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I£Ü^.*i>*Sl-
lOR-^'NWERSnT
Q
Völkerpsychologie
Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze
Sprache, Mythus und Sitte
Wilhelm Wundt
Zweiter Band
Mythus und Religion
Dritter Teil
Leipzig
Verlag von Wilhelm Engelmann
1909
Alle Rechte, besonders das der Obenetznng, werden vorbehalten.
117283
Meiner treuen Gefährtin
im Urwald der Mythen und Märchen
zugeeignet.
Vorwort
Daß in dem folgenden, die Betrachtungen über Mythus und Reli-
gion abschließenden Teil der Völkerpsychologie das Märchen
durch den Raum, der ihm gewidmet ist, unverhältnismäßig bevorzugt
erscheint, wird, wie ich nicht zi^eifle, manchen Leser befremden. Ist
man doch gewohnt, es in den Werken über Mjthologie entweder
überhaupt nicht oder höchstens beiläufig, aus Anlaß der Heldensage,
in die es da und dort deutlich hereinragt, oder aber in dem Sinne er*
^-ähnt zu finden, daß es als ein letzter, eigentlich bereits außerhalb des
M>^us liegender Rest mythologischer Überlieferung betrachtet wird.
Man pflegt ihm so ungefähr eine ähnliche Stellung zu den Mj-then-
überliefenmgen des Epos einzuräumen, wie dem vereinzelten aber-
gläubischen Brauch zum Götterkultus, Und je mehr so der Märchen-
held zu einem letzten, ins Kindliche und Volksmäßige übertragenen
Nachkommen der epischen Helden und Götter der Vorzeit wird, um
so mehr ven\'ischen sich dann zugleich die Grenzen zwischen dem
mit seinen letzten Wurzeln in das Gebiet des M^'thus hereinreichenden
und dem in freier Phantasiedichtung entstandenen Märchen. Wo die
als ursprünglich anerkannten Formen von Mythus und Sage märchen-
hafte Bestandteile bieten, da werden daher diese selbst nicht selten
als poetische Zugaben angesehen, die nicht mehr dem eigentlichen
Mythus angehören.
Nun hat sich freilich seit den epochemachenden Arbeiten der
Brüder Grimm manches ereignet, was diese an sich ältere, aber
hauptsächlich durch sie begründete Auffassung des Verhältnisses von
Mythus und Märchen zu erschüttern vermochte. Und gerade die
Beobachtungen, die diese Forscher als überzeugende Belege für die
Nachwirkung uralter, aus Götter- und Heldensage stammender mytho-
logischer Motive im Märchen ansahen, mußten wohl gelegentlich schon
VI Vorwort.
den Verdacht erwecken, daß hier nicht die Sage, sondern umgekehrt
das Märchen die mythologische Anschauung in ihren primäreren
Formen enthalte. Begünstigt wurde dieser Verdacht durch die von
der vergleichenden Märchenforschung immer klarer ans Licht gestellte
Tatsache des Vorkommens gewisser in den höheren Mythenformen
anklingender Märchenmotive in so weiter Verbreitung und unter so
abweichenden Ursprungsbedingungen, daß die Annahme ihrer Ent-
stehung auf dem Wege der Rückbildung im höchsten Maße zweifel-
haft wird, vielmehr auch hier die Vermutung eines umgekehrten Pro-
zesses sich aufdrängt. Am entscheidendsten wird aber endlich dieser
Wandel der Anschauungen durch die Mythentraditionen der Natur-
völker unterstützt. Noch freilich spielen in diesem Fall bei den Ethno-
logen selbst die aus der Mythologie der Kulturvölker übernommenen
Voraussetzungen von einer Himmelsmythologie, aus der in abstei-
gender Entwicklung alle weitere Mythenbildung entsprungen sei, oder
auch die Hypothese zweier einander parallel gehenden Mythologien,
einer höheren und niederen, von denen die letztere den Seelen- und
Zaubervorstellungen entstamme, die herrschende Rolle. Wer jedoch
den Schatz von M}rthenerzählungen, den die Sammelarbeit der letzten
Jahrzehnte zutage gefördert hat, frei von den Vorurteilen der tradi-
tionellen Mythologie betrachtet, wird sich kaum der Überzeugung
verschließen können, daß bei den primitiven Völkern die gesamte
Mythenüberlieferung die Form des Märchens besitzt, und daß demnach
diesem Material gegenüber die Aufgabe, einen ursprünglichen Mythus
zu finden, aus dem es hervorgegangen sei, von vornherein hinfällig
wird. Statt dessen erhebt sich so die andere, aus dem oft ver-
worrenen Material dieser Märchen diejenigen herauszufinden, die als
wahre > Mythenmärchen €, d. h. als geglaubte und auf Leben und
Kultus einflußreiche Überlieferungen anzusehen sind. Natürlich ließ
sich nun aber eine überzeugende Begründung dieser wesentlich ver-
änderten Anschauungen über Mythenentwicklung nicht ausfuhren,
ohne auf die Tatsachen selbst etwas ausfuhrlicher einzugehen und
zugleich die schwachen Seiten der herkömmlichen mythologischen
Theorien zu beleuchten. Demgegenüber glaubte ich mich in dem
Abschnitt über den Mythus in Sage und Legende um so kürzer
fassen zu können, da es sich hier um ein allgemeiner bekanntes und
leicht zugängliches Gebiet handelt, wo es wesentlich nur darauf ankam.
Vorwort. VII
den gesamten Zusammenhang der Mythenentwicklung an einzelnen
hervorragenden Beispielen zu schildern und auf die Punkte hinzu-
weisen, wo sich auch hier die Tatsachen einer solchen vom Mythen-
märchen aufsteigenden viel eher als einer zu ihm herabsteigenden
Entwicklung einreihen lassen.
Aus einem andern Grunde schien es mir angemessen, dem letzten,
der religiösen Entwicklung gewidmeten Kapitel der Darstellung engere
Grenzen zu ziehen. Einerseits sind die einzelnen Gestaltungen des
religiösen Denkens so sehr von den besonderen Bedingungen der
Kultur und Geschichte abhängig, daß sie durchaus der historischen
Betrachtung anheimfallen. Anderseits sind die Grundmotive, die in
der Stufenreihe der Kultformen und der religiösen Kulthandlungen
hervortreten, im ganzen so übereinstimmender Art, daß hier der Ver-
such, das Bild dieser Entwicklung mit Rücksicht auf die ihr imma-
nenten psychologischen Motive in seinen Hauptumrissen zu zeichnen,
einer eingehenden Schilderung der einzelnen geschichtlich gewor-
denen Religionsformen und ihrer Unterschiede vorzuziehen schien.
Das um so mehr, da sich von einer solchen allgemein vergleichenden
Betrachtung aus wohl am ehesten der Zugang zu einer Beantwortung
der von der Religionsgeschichte meist grundsätzlich beiseite gescho-
benen, von der Philosophie in einer von bestimmten metaphysischen
oder ethischen Voraussetzungen aus behandelten Frage nach dem
Wesen der Religion und ihrem Verhältnis zum Mythus gewinnen ließ.
Je mehr nun diese letzte Frage von dem theologischen Religions-
historiker, welcher Richtung er im übrigen in dem Streit der theolo-
gischen Meinungen folgen mag, begreiflicher und berechtigter Weise
vom Standpunkte derjenigen Religion aus behandelt zu werden pflegt,
der er selbst angehört, und je mehr auch die philosophische Be-
arbeitung der Probleme ihrerseits wieder direkt oder indirekt, in
zustimmender oder ablehnender Tendenz durch diesen theologischen
Standpunkt beeinflußt ist, um so entschiedener muß sich hier, wie
ich meine, die Psychologie bemühen, eine neutrale Stellung zu be-
haupten. Sie darf an das Christentum keinen andern Maßstab psy-
chologischer Betrachtung anlegen als an jede andere Religion. Sie
muß wie überall die Erscheinungen aus den hinter ihnen stehenden
allgemein menschlichen Motiven und im Zusammenhang mit den
sonstigen Erscheinungen religiöser Entwicklung zu begreifen suchen.
VUl Yonrort-
DaÖ «iieser. wcmi ich mkii des Ausdrucks bedienen darf, nicht irre-
ligiöse, aber, sotcm man unter Religion eine bestimmte positive
ReÜgion \*efsteht auöcnrcligiöse Standpunkt im allgemeinen nicht der
dies Theolog«! sein kann, \-crsteht sich von selbst. Dennoch scheint
es mir nirftt unmöglich, daü auch er sich mit dieser objektiven
Betrjbohcungsweise befreunden kann, wenn er wahrnimmt, wie im
Lichte einer solchen psychologischen Entwicklungsgeschichte der Rc-
ag:ioa dos Christentum in der Abstufung der relativen Werte, von
vienen in diesem Fall freilich allein die Rede sein kann, an allgemein
meoschUcher Bedeutxmg vielleicht mehr gewinnt, als von jenem ab-
s«>luten Wert aller Werte aus, den es als inspirierte, damit aber auch
wiutikMrhdlb der allgemeinen religiösen Entwicklung stehende Religion
be4AS|Mruoht.
Ich w kirne dieses Buch meiner Tochter Eleonore. Ohne ihre treue
Milhilte in der Durcharbeitung der reichen Sammlungen von Märchen
uiivi Mythen» namentlich der Naturvölker, würde es mir unmöglich
gewesen *ein> es &\\ x-ollenden.
l.eip^iir* im Ociembcr 1008.
W. Wundt.
Inhalt.
Ka|HtrL Der Natomiytiuis i
L OEe BescaJKdieile des N&tmrsTC&x« i
1. Ei€e ■vthotcf^KbcA SfitenK i
2. Dfie Fms9R!& <&er Myäteaaitw ick lang. 5
L £iM2*üfae£Ie lad iHjenciae Emd3S5< 5
3. Ine nrräteaoildeade z&i <£e käBsdeiische Phantasie im G<biec
<1EI Jk^fiK lliV hdlB ..................... 10
c Der «rspcte^Q^e Xaznrarrthos 32d df« Mvthe&dichtnig .... 17
d. MT:&n awi KbIcbs jo
e^ Dce IffTti— g STtbo Ionischer GesamaBsdiains^cn 26
3- JucücB. Sage md Lebende als Entwuckhingsiomcp dc$ Myttcs . 3^
1. AÜfcsaeBCS Verbälra£s d:«Kr Foratea 29
b. Du Märzes 33
c- Ke S«2«- - - 3<i
d- EH.« Legcad« . . 44
4. Der Xaanajthos zni cie Himmrlsmythologi« . 49
II- Dai Mjthenaiärehen öo
1. I>ai praemnve Mythen ir.ärchc 3 60
2. Das Mrdieamarchen als geschlossene Erzlhiong 75
a. Allgemeiner Charakter der entwickelteren Mirckenenihhmg . . 73
b. Hurptformen de* Mythenmirchens S4
3. Du GLick^siirchcn .... Sq
a. Allgemeine Movxve des Giicksmärckec^ So
b. Das reine Abentenermirchen 01
c. Das MotiT der Vergelnmg im Glücksmirchen 101
d. Wandlungen des Glücksmärchens anter dem Einfloß der Knltnr . 107
e. Das Rätsel- nnd das Wettmixchcr. llö
4. Das mvtholcglsche Tiermärchen .122
a. Verhältnis des arspninglichen Tiermärchens znm Toteniismus . . 122
b. Das legendarlsche Märchentier und das Scherrmärchen .... 12S
c. Das Tiermärchen auf der Stufe der Gleichstellung von Mensch
and Tier. Tiervem^ag aod Sühnopfer 151
d. Heiligung der Tiere Tind Versohnangsopfer. Das Motiv der hüf-
refchen Tiere 137
e. Die Ehe zwischen Mensch und Tier und ihre Sproblinge. . . . 144
Inhalt.
Seite
f. Tierwerdung des Menschen 149
g. Der Mensch als Tierahne. Die freiwillige Tierwerdang. Das
Motiv der dankbaren Tiere 152
h. Die Tierverwandlang als Bosheitszauber und dessen Vergeltung . 158
i. Die Tierverwandlang als Strafe 163
k. Die Tierverwandlang als mjrthologische Wurzel der Seelen-
wandemngslehre 167
1. Die mythologischen Fabeltiere: der Drachentypos 171
m. Untergang des mythologischen Tiermärchens. Sein Übergang in
die Fabel 180
5. Die Pflanze im Mythenmttrchcn 185
a. Die Pflanze als Zaubermittel 185
b. Die Zauberverwandlong von Menschen in Pflanzen 190
c. Das Vegetationsmärchen 195
6. Das Himmelsmärchen and seine irdischen Parallelen 207
a. Die Himmelserscheinangen und die mythenbildende Phantasie. . 207
b. Der Aufstieg zum Himmel und der Abstieg zur Erde 218
c. Das Verschlingungsmärchen 230
d. Das Tmhenmärchen 254
e. Das Zwillingsmärchen 271
f. Zerstreute Motive von Himmelsmärchen 288
7. Das Kulturmärchen 294
a. Allgemeine Entwicklung des Kulturmärchens 294
b. Das Kulturmärchen als Urform der Legende 302
8. Die Wandlungen des M3^enmärchens 310
m. Der Mythus in Sage und Legende 323
1. Götter, Helden und Dämonen 323
2. Orts- und Stammessagen 341
a. Die Ortssage 341
b. Die Stammessage 346
c Die Wandersage 354
3. Die Heldensage 357
a. Die Stoffe der Heldensage 357
b. Die mythische Heldensage: der Heraklestypus 363
c. Die mythische Heldensage: der Argonautentypus 372
d. Die hutorbche Heldensage: Nibelungen- und Dietrichstypus . . 376
e. Die Varianten der Nibelungensage 382
f. Die Ilias. Obergänge der Helden- in die Göttersage 387
4. Die Göttersage 393
a. Anfänge der Göttervorstellungen bei den Naturvölkern 393
b. Die Hypothese eines ursprünglichen Monotheismus 404
c. Die Götter der ältesten Kulturvölker 407
d. Die Entwicklung der Göttervorstellungen bei den Israeliten . . 415
e. Die Göttersage unter dem Einfluß der Heldensage. Einzelgötter
und Götterstaat 420
f. Schöpfungssage und Theogonie 432
g. Sintflut- und Sintbrandsagen 453
Inhalt. XI
Seite
h. Die apokalyptische Weltimtergangssage 465
5. Die Legende 47«
a. Allgemdne Entwicklang der Legende 472
b. Der Heflbringer als titiger ond als leidender Held 482
c. Die Boddhalegende 485
d. Die christliche Heiligenlegende 490
e. Der Motirwandel in der Legende 496
6. Die Wandenmgen des Mythos 500
a. Wandenmgen ond Wandlangen der Mythen 500
b. Allgemeine Kriterien der Mythenwandenmg 508
c Die mythologischen Analogien 514
d. Die Formen der mythologischen Oberliefemng 519
e. Ursprang and Wandernng der heiligen 2^1en 530
f. Die heilige Drei 533
g. Sieben, Nenn and Zwölf als heilige Zahlen $40
h. Die heiligen Zahlen der Neuen Welt 546
rV. Die JenseitsTorstellangen 552
1. Allgemeine Entwicklung der Jenseitsvorstellungen 55^
2. Die Unterwelt und ihre Götter 560
a. Die Vorstellungen von der Unterwelt 560
b. Die Unterweltsgötter 569
3. Der Himmel als Ort der Seligen 574
a. Die Himmelsgötter als Heilsgötter 574
b. Die Himmelfahrt der Seele 578
4. Das Jenseits als Ort der Vergeltung und die Seelenwanderung . . 583
a. Himmel und Hölle 583
b. Die Seelenwanderung 587
Sechstes Kapitel. Der Ursprung der Religion 593
I. Der religiöse Kultus 593
1. Die Entwicklung des Kultus 593
a. Mythus und Kultus 593
b. Vorreligiöscr und religiöser Kultus. Merkmale des religiösen
Kultus 595
c. Der Bedeutungswechsel der religiösen Symbole 602
d. Die Kultlegende 605
2. Die Kaltformen 611
a. Die primitiven Zauber- und Dämonenkalte 611
b. Vegetationskalte und Jahresfeste- 619
c. Der Kampf der Kulte. Ackerbauer und Nomade 632
d. Heils- und Heiligungskulte 643
e. Der Kultus der chthonischen Götter 646
3. Die Kulthandlungen 656
a. Das Gebet. Allgemeine Charakteristik der Gebetsformen . . . 656
b. Die psychologische Entwicklung der Gebetsformen 661
c Die Ausgangspunkte der religiösen Opferhandlungen 667
d. Das Opfermahl. Die Heiligung des Opfernden 674
Xn Inhalt.
Seite
e. Das Opfer als Geschenk an die Gottheit. Der Opfertod .... 679
f. Die Heilignngszeremonien. Reinigung and Sühne 683
g. Pie Vergöttlichang als vollendete Heilignng 696
4. Die Formen der Kaltlegende 709
a. Die Kaltlegenden der Ackerbanlcnlte. Demeter- nnd Dionysos-
typas. Die Mithraslegende 709
b. Die Christaslegende. Christas and Baddha 715
II. Das Wesen der Religion 726
1. Die Religion als psychologisches Problem 726
2. Die metaphysische and die ethische Warzel der Religion 746
3. Gegenwart and Zakanft der Religion 755
Register 767
Fünftes Kapitel.
Der Naturmj^hus.
I. Die Bestandteile des Naturms^hus.
I. Die mythologischen Systeme.
Unter den Bestandteilen des mythologischen Denkens sind es vor
andern die Naturmythen, die jenem Zusammenhang mythischer Vor-
stellimgen sein Gepräge geben^ den man mit einem die systematische
Darstellung des mythologischen Inhalts auf diesen Inhalt selbst über-
tr^enden Ausdruck die »Mythologie« eines Volkes zu nennen pflegt.
Nachdem in den Mythologien der Kulturvölker Göttervorstellungen
entstanden sind, die entweder unmittelbar in bestimmten Naturgegen-
ständen verkörpert oder als deren unsichtbare Beweger gedacht wer-
den, gehen diese Vorstellungen mit den sonstigen Bestandteilen des
mythologischen Denkens, insbesondere mit den Erzeugnissen des
Seelenglaubens mannigfache Verbindungen ein. Dabei bilden vor-
nehmlich die Dämonenvorstellungen gewissermaßen ein Zwischenreich,
das aus dem Gebiet der Seelen und Geister in das der Naturgötter
hinüberreicht, und das eben damit zugleich eine Vereinigung aller
dieser Bestandteile zu einem einheitlichen Ganzen möglich macht.
Schließlich findet dann diese Einheit ihren Ausdruck in den Götter-
vorstellungen, die, zu idealen Ebenbildern menschlichen Wesens
erhoben, den besonderen Charakter des Volkes, dessen Phantasie
diese Gestalten geschaffen hat, am treuesten widerspiegeln. Darum
bewahren die Geister und Dämonen, soweit sie nicht selbst durch
die Verbindung mit Göttervorstellungen beeinflußt werden, an den
verschiedensten Orten und unter abweichenden Kulturbeding^ngen im
ganzen übereinstimmende Züge. Die Psyche, die Seele im Blut, die
Ahnengeister, die Dämonen der Berge und Einöden, der Wolken
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. I
Der Natarmythas.
und Winde, sie kehren nicht minder wie die Formen des Zaubers
überall wieder, und selbst die primitivsten unter diesen Vorstellungen
leben, wenn sie der fortschreitenden Kultur weichen, noch als Rudi-
mente im Aberglauben fort, oder sie erhalten sich in Handlungen,
die, auch wenn sie durch ihren Bedeutungswandel einen neuen In-
halt gewonnen haben, immer noch die Spuren jenes übereinstimmen-
den Ursprungs an sich tragen. Dem gegenüber sind die Gestalten
des Naturm}rthus ungleich veränderlicher, und selbst wenn die Mo-
tive, aus denen sie entsprungen, verwandter Art sind, unterscheiden
sich die Wirkungen dieser Motive in so vielen Zügen, daß namentlich
da, wo gegenüber dem in den Vordergrund tretenden ethischen
Charakter der Göttervorstellungen die ursprüngliche Naturanschauung
allmählich verblaßt, die Beziehungen dieser mythologischen Bildungen
in den M}rthotegien stammesfremder und zum Teil selbst stammver-
wandter Völker verhältnismäßig zurücktreten. Wenn man darum wohl
sagen kann, daß die allgemeinen Eigenschaften des Menschen mehr
vielleicht als nach irgend einer andern Seite seines geistigen Lebens
in der Übereinstimmung der Seelen- und Dämonenvorstellungen zum
Ausdruck kommen, so gilt nicht minder, daß die fundamentalen
Unterschiede der Rassen- und Volkscharaktere in der Verschiedenheit
der Göttervorstellungen hervortreten. Dieser tiefgreifende Gegensatz
zwischen beiden Hauptbestandteilen des Mythus steht aber offenbar
in engster Verbindung damit, daß die Geister und Dämonen eines
persönlichen Charakters entbehren, während die Naturgötter immer
mehr zu persönlichen Wesen von spezifischer Eigenart sich erheben.
In diesem Charakter der Naturgötter liegt zugleich der Grund, daß
sie die eigentlichen Träger der mythologischen Systeme werden, die
dann auch über die aller Mythologie gemeinsamen animistischen Be-
standteile ihre Herrschaft ausdehnen.
Dieses Verhältnis bringt es mit sich, daß man nun auch bei
der Untersuchung der Mythenentwicklungen von jener Vereinigung
mythischer Vorstellungen zu einem mehr oder minder geschlossenen
m}rthologischen System auszugehen pflegt, um dann in ihm den
einzelnen Mythengebilden, aus denen sich ein solches System zu-
sammensetzt, ihre Stellung anzuweisen. Der einzelne Mythus erscheint
so von vornherein als Glied eines Systems, aus dessen ganzem Zu-
sammenhang er in seiner Eigenart erst verständlich wird. Auch wird
Die mythologischen Systeme.
diese Betrachtungsweise dadurch wesentlich unterstützt, daD die Um-
wandlungen der Mythen und die Aufnahme von außen zugefiihrter
Stoffe nicht minder wie ihre Neubildung Prozesse sind, bei denen
ursprünglich geschiedene mythische Elemente sich verbinden, indes
die fremden oder neuen Bestandteile durch eine bereits vorhandene
ältere Tradition assimiliert werden, so daß sich der Umfang des
mythologischen Systems fast ins unbegrenzte erweitem kann, ohne
daß doch jene Verbindung zu einem einheitlichen Ganzen im
wesentlichen beeinträchtigt würde. In der Mythologie muß eben
schließlich, so gut wie in Sprache und Sitte, die geistige Einheit
eines Volkes, wie sie sich unter dem Einfluß des gemeinsamen Ur-
sprungs und des fortdauernden Verkehrs ausgebildet hat, ihren Aus-
druck finden.
Inwieweit diese Einheit eine ursprüngliche oder eine gewordene,
selbst erst unter dem Einfluß der sprachlichen Mitteilung imd des Ver-
kehrs entstandene sei, bleibt aber immerhin eine offene Frage, um so
mehr, da eben jene Verbindungen und Assimilationen, die fortan
zwischen ursprünglich einander fremden Mythenbildungen zu beob-
achten sind, deutlich auf ein solches Zusammenwachsen heterogener
Bestandteile hinweisen. Auch darf die Analogie mit Sprache und Sitte
nicht dazu verfuhren, die Eigentümlichkeiten zu übersehen, die die Pro-
dukte der m}rthenbildenden Phantasie von andern geistigen Erzeug-
nissen scheiden. Ist doch hier schon die eine Tatsache bezeichnend,
daß es mythologische Vorstellungen in großer Zahl gibt, die sichtlich
an den verschiedensten Orten unabhängig entstanden sind und dennoch
wesentlich übereinstimmende Züge aufweisen. Hierher gehören ins-
besondere auch, wie wir später sehen werden, manche der Beziehungen
zwischen den Mythen verschiedener Völker, auf die sich die Wander-
hypothese in ihren mannigfachen Wandlungen berufen hat'). Wäre
hier die Übereinstimmung der Vorstellungen allein schon entscheidend,
so würde man genötigt werden, in erster Linie dem Seelen- und
Dämonenglauben eine solche alle Schranken des Raumes und der
Zeit überschreitende und alle Stufen der Kultur überdauernde Macht
der Übertragung zuzuschreiben, während es innerhalb der Natur-
mythen bei den mannigfachsten Analogien doch an weitreichenden
') Vgl. TeU I, S. 566 ff.
Der XatQrmythas.
Unterschieden nicht fehlt Gleichwohl sind es gerade die Natur-
mythen, die zumeist zu jener Zurückiiihrung auf ein einziges System
einer ursprünglichen Naturreligion Anlaß gaben, indem man vor allem
den Naturgöttern eine übereinstimmende Bedeutung zuschrieb, die auf
eine einstige Identität bezogen wurde. Wird eine solche Wander-
hypothese, wie es nicht selten geschehen ist, auf das Ganze oder
wenigstens auf die Grundbestandteile eines mythologischen Systems
ausgedehnt, so ist damit aber notwendig auch die Voraussetzung ver-
bunden, die ursprüngliche Entstehung der Mythen selbst sei schon
in der Form der Schöpfung eines mythologischen Systems vor sich
gegangen. Denn nur dann läßt sich ja diese Schöpfung als eine ihrem
eigensten Wesen nach einmalige verstehen, wenn der komplexe Cha-
rakter des Ganzen die mehrmalige Entwicklung aus den gleichen
Motiven von vornherein ausschließt So läßt sich denn auch von
einer einzelnen Geister- oder Dämonenvorstellung niemals behaupten,
sie könne nicht an sehr verschiedenen Orten unabhängig auftreten.
Aber ein Götterreich wie das babylonische oder ägyptische würde,
wenn es sich an einem andern Ort der Erde im wesentlichen mit
den gleichen Göttergestalten und in Begleitung der gleichen Mythen-
erzählungen wiederholen sollte, nur einmal entstanden sein können,
und selbst größeren aus diesem Ganzen gelösten Bestandteilen würden
wir, so lange nur die Zahl der übereinstimmenden Züge groß genug
ist, den gleichen Anspruch auf singulären Ursprung zuerkennen
müssen. Freilich würde man dann aber auch, da ein komplexes Ge-
dankensystem solcher Art unter allen Umständen eine planmäßige Ent-
stehung fordert, unvermeidlich zugleich zu jener Erfindungstheorie ge-
drängt, die entweder mit dem aufgeklärten Rationalismus alle Religion
und Mythologie als Priesterweisheit deutet, oder mit dem romantischen
Symbolismus in ihnen Erzeugnisse einer uralten Philosophie sieht*).
Eine so große Rolle daher bei der Entstehung der Mythen die Über-
tragung einzelner mythischer Stoffe und Motive gespielt haben mag,
die Wanderung der mythologischen Systeme als solcher ist nach
allen Zeugnissen der Geschichte und der Mythenvergleichung eine
verhältnismäßig späte, überall erst unter dem Einfluß religiöser Be-
weggründe auftretende Erscheinung. So waren in den ersten Jahr-
») Vgl. TcU I, S. 551 ff.
Die Faktoren der Mythenentwicklang.
hunderten unserer Zeitrechnung die verschiedensten Kulte mit den
ihnen zugehörigen Göttervorstellungen nach Rom gewandert. Aber
das konnte nur geschehen, nachdem jede dieser Religionen zu einem
Lehrsystem geworden war, das eine bestimmte Glaubensordnung für
seine Bekenner forderte. Als solche Lehrsysteme konnten dann diese
religiös-mythologischen Systeme auch ohne weiteres mit philosophi-
schen Lehrsystemen in Konkurrenz treten oder mit ihnen eigenartige
Verbindungen eingehen. Beispiele dieses philosophisch-religiösen Syn-
kretismus bietet schon die indische Spekulation in ihren auf der gleichen
religiösen Grundlage sich erhebenden Weltanschauungen, und in der
griechischen Philosophie der Stoizismus und Piatonismus, besonders in
ihren späteren Wandlungen.
Indem auf solche Weise der Zusammenschluß zu einem System
überall, wo er uns in der Geschichte begegnet, als ein letzter Vor-
gang erscheint, der über die Mytholog^ie hinaus und in die sie fort-
fuhrende religiöse und philosophische Entwicklung hineinreicht, wird es
zugleich verständlich, daß die mythologischen Systeme um so mehr,
auf je früherer Stufe wir sie antreffen, aus losen Verbindungen ein-
zelner Mjrthen bestehen, die meist nur durch irgend welche in ihnen
wiederkehrende handelnde Wesen äußerlich zusammenhängen, während
von einer inneren Einheit solcher an Zahl anscheinend unbegrenzter,
nicht selten von Ort zu Ort und von einem Erzähler zum andern
varürender Mythen nicht die Rede sein kann. Das um so weniger,
als in dem frühesten Stadium solcher Mythenbildung, wie es in den
Märchen und Legenden der primitivsten Völker vorliegt, selbst die
einzelne mythische Erzählung häufig durchaus nicht in sich geschlossen
ist, sondern in einer phantastischen Folge von Ereignissen besteht,
die ohne ein erkennbares Motiv anfangt und aufhört.
2. Die Faktoren der Mythenentwicklung.
a. Individaelle und allgemeine Einflüsse.
Sind die mythologischen Systeme überall erst die späten Erzeug-
nisse einer langen Entwicklung und ist das Ganze eines solchen
Systems aus einer Menge ursprünglich isolierter oder nur äußerlich
verbundener einzelner Mythen zusammengewachsen, so fuhren nun
aber doch diese Elemente selbst schon mancherlei äußere und innere
Der Xi
Bedingungen ihrer Verbindm^ in der ihre Ansbfeitimg begleitenden
wechselseitigen Angleichiii^ verschiedener Mydicn und in der qatür-
liehen, in übcreiastimmmrien Motiven begründeten Verwandtschaft
mit sich. An dieser allmählichen Ausbildung der urspnii^[lich überall,
wie wir voraussetzen dürfen, losen und fragmentarischen Mytfaener-
zählimgen ist nun von frühe an die Dichtung stark beteiligt. Nach-
dem unter ihrem Einflüsse die einzelne mydiische Begebenheit eine
einheitliche Gedankenform gewonnen, greift ihre gestaltende Macht
mehr und mehr in den Zusammenhang der Handlui^nen ein. Sie ver-
bindet so einzelne Mythen zu einem größeren Mytiienzyldus. Die
ersten Aniange dieser dichterischen Formung des Mythus entziehen
sich unserer Nachweisung. Denn sie fließen ununterscheidbar mit der
Mythenbildung selbst zusanmien, wie sie sich infolge der allgemeinen
Bedingungen der Naturanschauung ohne deutlich unterscheidbare indivi*
duelle Einflüsse ent\^4ckelt. Doch läßt schon hier jene Einheit des
Gedankens, die eine ursprünglich zusammenhanglose Folge von Be-
gebenheiten verbindet, mit Sicherheit auf solche Einflüsse zurück-
schließen. Denn mag auch die einzelne Naturanschauung infolge der
gleichartigen Bedingungen der äußeren Umgebimg wie der geistigen
Anlage in sehr vielen Individuen unabhängig entstehen und so der Ge-
samtheit von vornherein als gemeinsamer Besitz sich mitteüen, — von
dem eine Reihe solcher Naturanschauungen verknüpfenden Gedanken
ist es lun so wahrscheinlicher, daß er zuerst nur in einem Einzelnen
entstanden sei, je eigenartiger er ist. Dieser Vorgang der poetischen
Fortbildung der Mythen wiederholt sich nun aber in gesteigertem
Maße, sobald er sich über eine Mehrheit von Einzelmythen ausdehnt
Damit tritt dann der Einfluß der schöpferischen Macht der dichte-
rischen Persönlichkeit so überzeugend hervor, daß selbst da, wo sich
diese der geschichtlichen Erinnerung entzieht, oder wo, wie das bei
den weiteren Verbindungen zahlreicher Einzelmythen geschehen kann,
durch das Zusammenwirken vieler Individuen die letzte Einheit eines
gfrößeren Mythenzyklus zustande kommt, die Tradition selbst sich eine
mythische Persönlichkeit schafit, auf die sie jene Einheit zurückführt
Unvermeidlich ereignet es sich aber bei einer solchen poetischen
Verarbeitung des überlieferten Mythenstoffis, daß die in der Volks-
phantasie entstandenen Mythengebilde selbst neue Sprossen treiben,
die aus jenen dichterisch umgewandelten Mythen ihre Nahrung
Die Faktoren der Mythenentwicklnng.
empfangen. So entsteht eine Kette von Wechselwirkungen, durch
die sich die ursprünglich zerstreuten mythischen Elemente unter dem
Einfluß einer zuerst frei wuchernden und dann kunstmäßig gepflegten
Dichtung allmählich zu einem Ganzen ordnen. So wird die Frage,
was hier der ursprünglichen mythenbildenden Phantasie, und was der
willkürlich verknüpfenden und ausschmückenden Dichtung angehörte,
immer schwieriger und für die letzten Stadien dieses Prozesses schließ-
lich unlösbar, weil es eine von der poetischen Umgestaltung unbeein-
flußte mythische Tradition überhaupt nicht mehr gibt und selbst die
etwa neu einsetzende Mythenbildung sofort von der Dichtung in
Besitz genommen wird.
Wenn darum Herodot schon bemerkt hat, von Homer und Hesiod
seien den Griechen ihre Götter gegeben worden, so ist das freilich
nicht wörtlich zu nehmen. Denn die epische und theogonische Dichtung
würde ohne ein im allgemeinen Bewußtsein lebendes mythologisches
Substrat nicht möglich gewesen sein. Aber selbst die ursprüng-
lichen, von den Dichtem verbundenen und weitergeführten Mythen
waren, schon bevor sich ihrer die kunstmäßige Dichtung bemächtigte,
von einer ungezählten Menge anonymer Volksdichter, die meist ohne
es zu wollen und zu wissen diesen Stoff* veränderten, indem sie ihn
erzählend weitergaben, geformt und da und dort mit einem neuen
Gedankeninhalt erfüllt worden. Gegen diese wechselseitige Assimi-
lation von Mythus und Dichtung, die, wo sie, wie im Epos, unbeschränkt
walten kann, schließlich beide ununterscheidbar zusammenfließen läßt,
bildet nun der Kultus durch die Heilighaltung der Tradition, die ihn
umgibt, eine Schutzwehr. Darum bietet noch für lange Zeit auch
da, wo der Kultus selbst von den Wirkungen poetischer Umgestaltung
imd theosophischer Spekulation keineswegs frei geblieben ist, die
Kultushandlung in ihrer Beziehung auf bestimmte Göttergestalten und
die ihnen zugeschriebenen Eigenschaften und Schicksale das einzig
sichere Kriterium, an dem sich die Mythen, an deren Wahrheit
der Volksglaube festhält, von jener unbeschränkten Zahl poetischer
Mythenbildungen scheiden, die wohl auch noch gelegentlich geglaubt,
in der Regel aber doch wegen der allzu spürbaren Einflüsse poetischer
Ausschmückung bereitwillig als dichterische Phantasiegebilde anerkannt
werden. Diese reichen dann höchstens in einzelnen Zügen, in denen
sie mit den kultischen Vorstellungen zusammentreffen, in jene höhere
g Der Natiirm3rthii8.
Wirklichkeit der geglaubten Mythen hinüber. Gleichwohl bleibt auch
der Kultus vor der Einwirkung der Dichtung nicht ganz geschützt
Schon das Kultlied fordert in den Attributen, mit denen es die Götter
ausrüstet, und in den Taten und Wundem, auf die es anspielt, die
poetische Ausschmückung heraus. Nicht minder betätigt sich diese
in den Kulthandlungen, die der bildenden Kunst wie der Dichtung
reiche Motive künstlerischer Fortbildung bieten. Das zeigt deutlich
die mythologische Kunst der Griechen, in der aus der Kulthandlung
gerade diejenige Form der Dichtung hervorging, die schließlich in
noch höherem Grade als das Epos den mythischen Stoff der freien
dichterischen Gestaltungskraft dienstbar gemacht hat: das Drama.
Zugleich ist es aber der Kultus, der seine erhaltende Kraft gegen-
über den von ihm getragenen mythischen Vorstellungen vornehmlich
dadurch betätigt, daß seine Tradition an eine aus dem äußeren Be-
dürfnis einer Leitung der Kultusordnungen und aus dem inneren eines
den Interessen der Gesamtheit dienenden näheren Verkehrs mit der
Gottheit entstandene Priesterschaft gebunden ist. Indem diese vor
allem auf früheren Stufen der Kultur die natürliche Trägerin der
geistigen Bildung wird, ist sie es, die ebensowohl die Tendenz zu
einer planmäßigen Ausgestaltung und Verbindung der überlieferten
mythischen Stoffe wie zu spekulativen Fortbildungen in sich birgt.
Aus diesen entspringen dann schließlich die Anfange einer in erster
Linie den religiösen Interessen zugewandten Philosophie. Auch für
die hier eingreifende Form der lehrhaften, zwischen Dichtung und
Philosophie die Brücke schlagenden Weiterbildung des mj^hologi-
schen Denkens bietet die griechische Geistesgeschichte in den aus
den Mysterienkulten hervorgewachsenen philosophischen Richtungen
sprechende Belege. Wo immer aber solche von dem Kultus ge-
tragene mythologische Bildungen sich zu allgemeinen Weltanschau-
ungen entwickelt haben, da steht das Streben im Vordergrund, den
Naturmythus mit den Seelenvorstellungen in eine innere Beziehung
zu setzen. Die auf den Grundton solcher Kulte gestimmten theo-
sophischen Ideen treten daher nun in einen scharfen Gegensatz zu
den aus dem reinen Naturmythus hervorwachsenden Systemen einer
der Interpretation der wirklichen Welt zugewandten Naturphilosophie,
mag auch dieser Gegensatz eine allmählich eintretende Verbindung
und Verständigung nicht ausschließen. Dies zeig^ wiederum das
Die Faktoren der Mythenentwicklang.
wechselnde Verhältnis dieser beiden Strömungen, die ursprünglich ab-
weichenden mytholc^ischen Motiven entstammen, in der griechischen
Philosophie. So heftig hier die Philosophie von Xenophanes an bis
auf Plato die dem Naturmythus entstammende homerische Götterwelt
bekämpft, so folgt doch die spätere Spekulation mehr und mehr dem
Vorbild jener Verbindungen himmlischer und unterirdischer Götter,
das ihr die Mythologie gibt. Nirgends freilich haben auch diese
beiden umbildend und vereinend auf die im Volke lebenden my-
thischen Stoffe einwirkenden Kräfte, die weltlich gerichtete epische
Dichtung auf der einen und die den mystischen Kulten entstammende
Theosophie und Philosophie auf der andern Seite, in so ausgeprägter
Scheidung der Motive das mythologische Denken beeinflußt wie bei
den Griechen. Für den auf die strenge Ordnung des Lebens gerich-
teten Sinn der Römer überwogen so sehr die Motive des Kultus, daß
sich bis in die späteren Zeiten die ursprünglich bei ihnen heimischen
und die von außen eingeführten Kultformen trennten. Das Bedürfnis
nach Einheit der mythologischen Anschauungen konnte sich darum
hier nur in den Beziehungen und Verbindungen geltend machen, die
man zwischen den Göttervorstellungen verschiedenen Ursprungs meist
ziemlich willkürlich herstellte. Die römische Dichtung aber, wie sie
überhaupt griechischen Vorbildern folgte, lebte von den Schätzen,
die ihr aus dem Reichtum der griechischen Mythenwelt zuströmten.
So trennten sich hier die Einflüsse des Kultus und der Kunst frühe
schon in dem Sinne, daß der erstere die einheimische Tradition gegen-
über den eindringenden fremden Elementen zu wahren, die letztere
die Assimilation des Eigenen an die fremde Kultur zu fördern suchte.
Wieder in anderer Weise hat sich endlich ein analoger Prozeß bei
den germanischen Völkern gestaltet. Hier war entscheidend, daß die
fremde Kultur diesen Völkern in der Form einer neuen Religion zu-
geführt wurde, die unbedingt die Vertilgung der heimischen Götter
verlangte. Damit wurde der Kultus auf einer Stufe seiner Entwicklung
jäh unterbrochen, auf der ihm der Übergang zu theosophischer Ge-
dankendichtimg noch fem lag. Die weltliche Dichtung aber, die sich
der in der heimischen Sage lebenden mythischen Stoffe verhältnis-
mäßig spät erinnerte, stand selbst schon unter dem Einfluß der ein-
gedrungenen christlichen Kultur, so daß unvermeidlich die aus dieser
übernommenen Ideen mit in die Mythendichtung eingehen und die
lO I^er Natnrmythns.
aus den Überlieferungen der Vorzeit entnommenen GöttervorsteUungen
teilweise verändern mußten. So ist das, was wir heute germanische
Mythologie nennen, zu einem wesentlichen Teile ein Werk der Dich-
tung und besonders in allem dem, was hier die zerstreuten Mythen
zu einem Ganzen verbindet, einer Dichtung, die nicht, wie die home-
rische, selbst noch mitten in den Vorstellungen lebt, die sie darstellt,
sondern eine untergegangene Welt schildert, in die sie Züge hinein-
trägt, die ihrer eigenen Zeit und Umgebung angehören. Im vollen
Gegensatze zu diesen unter sich wieder mannigfach abweichenden,
überall aber durch den wechselnden Widerstreit von Kultus und Dich-
tung entspringenden Motiven, die die mythologische Entwicklung 'im
Abendlande bestimmten, hat allem Anscheine nach bei den orien-
talischen Völkern von frühe an der Kultus die Grundlage jener überall
mit der Erhebung zu einer höheren Kultur eintretenden Verbindung
ursprünglich zerstreuter Mythen zu einem mythologischen System ge-
bildet. Im Zusammenhange damit hat aber hier der Einfluß eines alle
Gebiete des geistigen Lebens beherrschenden Priesterstandes eine Ver-
bindung von Mythus, Dichtung und Philosophie hervorgebracht, in
der alle diese Erzeugnisse den Interessen des Kultus sich unter-
ordneten, der auf solche Weise die ihm von frühe an innewohnende
erhaltende Kraft auch auf Mythus imd Dichtung übertrug. Wo sich
gleichwohl, wie in Indien, aus einem solchen mythologischen System
eine den Mythus überwindende Philosophie emporrang, da sind darum
auch diese Regungen religiöser Spekulation aus den Priesterschulen
hervorgegangen, und sie haben, im Unterschiede von der abend-
ländischen Philosophie, durchweg die äußere Verbindung mit dem
Kultus aufrecht erhalten. Freilich konnte es nicht ausbleiben, daß
auch sie wieder auf Mythus und Kultus zurückwirkten, indem vor
allem in die dem letzteren dienende religiöse Hymnendichtung die
Elemente einer solchen vertieften Spekulation übergingen.
b. Die mythenbildende und die künstlerische Phantasie im Gebiet
des Natarmythus.
So Stellen sich denn jene mythologischen Systeme, die uns in
den Mythologien der Kulturvölker entgegentreten, überall als relativ
späte Produkte einer Verschmelzung ursprünglicher mythischer Ele-
mente mit den Erzeugnissen der Dichtung und eines mehr und mehr
Die Faktoren der Mythenentwicklnng. 1 1
aus dieser sich loslösenden philosophischen Nachdenkens dar, wobei
vornehmlich die Bestandteile, die in diesem Mythengewebe der um-
gestaltenden und frei erfindenden Dichtung angehören, von den eigent-
lichen Grundlagen der Mythenbildung nicht mehr zu trennen sind.
Bei der Verwandtschaft zwischen der künstierischen und der mythen-
bildenden Phantasie lag es daher nahe, beide überhaupt als identisch
anzusehen, woraus man dann ohne weiteres das Recht entnahm, die
dichterischen Weiterbildungen des Mythus prinzipiell dem Mythus
selbst zuzuzählen. Betrachtet man demnach, wie es unter den neueren
Forschem am ausgesprochensten wohl Ludwig Uhland getan hat, alle
Mythenentwicldung von Anfang an als einen integrierenden Teil einer
nie aufhörenden und, soweit wir ein Volkstum zurückverfolgen können,
immer dagewesenen Volksdichtung, so ist damit von selbst gegeben,
daß man nun auch das Zusammenwachsen zu einzelnen Mythenzyklen,
die sich weiterhin zu einem mythologischen System vereinigen, als
einen dem Mythus immanenten Vorgang ansieht, der teils offen teils
latent in den ursprünglichsten Anschauungen eines Volkes bereits vor-
gebildet sei*). Mit dieser Idee der Einheit von Mythus und Dich-
tung verbindet sich so fast unvermeidlich die Vorstellung, die Mytho-
logie eines Volkes sei von Anfang an ein Ganzes, das zwar fortan
wachsen und sich innerlich umbilden könne, das aber doch auf jeder
Stufe dieser Entwicklung wenigstens im Keim jene Einheit bereits be-
sitze, die sich in der späteren Mythendichtung nur in reicherer Ent-
faltung darbiete.
Doch so wahr es ist, daß die Funktionen der Phantasie im letzten
Grunde übereinstimmender Art sind, wo und wie sie immer sich
äußern mögen, so sind doch diese Äußerungen selbst von den all-
gemeinen Bedingungen geistiger Entwicklung abhängig, unter denen
sie zu Stande kommen. So besteht das wesentliche Merkmal der
Phantasie in der sinnlichen Anschauung, dasjenige zugleich, durch
das sie sich hier als die einfachste, nie fehlende und deshalb im
allgemeinen unerkannt bleibende Form ihrer Funktion erweist, darin,
daß sie unmittelbar aus den psychophysischen Elementen der Wahr-
nehmung, den Empfindungen und Bewegungsimpulsen, entspringt und
») Ludwig Uhland, Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage, Bd. 6,
1868, S. 5 fr.
12 Der Naturmythus.
von den mit beiden wieder unlösbar verbundenen assimilativen
Wirkungen reproduktiver Vorstellungsbestandteile unmittelbar getragen
ist, so daß eben darum die Phantasiebestandteile der Wahrnehmung
zugleich mit den Empfindungselementen objektiviert werden und so,
mit diesen zusammenfließend, unmittelbar in dem Wahmehmungs-
bilde enthalten sind'). Den vollen Kontrast hierzu bildet auf der
andern Seite die Phantasie in der Kunst. Ihre Erzeugnisse dokumen-
tieren sich vor allem dadurch als Gebilde einer spezifischen, von dem
Anschauungsobjekt selbst verschiedenen geistigen Tätigkeit, daß sie
als willkürliche Veränderungen eines in der Natur gegebenen, aber
von der Phantasie bearbeiteten Stoffs erscheinen, mag nun dieser
Stoff ein bildsames Material der äußeren Natur sein, wie bei der
bildenden Kunst, oder in den in der menschlichen Sprache enthaltenen
Klang- und Bedeutungsinhalten bestehen, wie bei den musischen
Künsten, insonderheit bei der der Mythenbildung nächstverwandten
unter ihnen, der Dichtkunst'). Zwischen der Phantasie in der un-
mittelbaren Anschauung und der künstlerischen Phantasie steht nun
die mythenbildende in der Mitte. Auch sie verbindet sich ur-
sprünglich unmittelbar mit der sinnlichen Wahrnehmung. Denn nur
so kann es kommen, daß ihre Produkte selbst als Objekte der An-
schauung gelten, die, soweit die Bedingungen der Umgebung und
der geistigen Entwicklung einer Gemeinschaft übereinstimmende sind,
in dem Bewußtsein der Einzelnen in den wesentlichsten Zügen ein-
ander gleichen. So ist der ursprüngliche Mythus nicht die Schöp-
fung eines Einzelnen, und die objektive Wirklichkeit, die ihm bei-
gelegt wird, schließt den Gedanken an seine willkürliche Erzeugung
aus. Ganz anders bei dem Kunstwerk und demgemäß schon bei
der in ihren primitiven Formen dem Mythengebilde verwandtesten
Kunst, der des Dichters. Wo immer die Dichtung ursprünglich selb-
ständig auftritt, oder wo sie in jene Produkte mythologischer Apper-
zeption, denen eine ähnliche unmittelbare Wirklichkeit wie den An-
schauungsobjekten zukommt, verändernd eingreift, da erscheint sie als
Ganzes oder bei den mannigfachen Übergängen, die hier möglich
sind, in den einzelnen dichterischen Bestandteilen eines mythologischen
") Vgl. Teil I, S. lyff.
») Ebenda S. 590 ff.
14 Der Natimnythns.
werden. Psychologisch aber wird das Kriterium der Unterordnung
unter einen nach aller Wahrscheinlichkeit eine individuelle Entstehung
voraussetzenden Gedanken in seiner Anwendung auf das Ganze eines
Mythengebildes um so schwieriger, je mehr das letztere die Spuren
der Zusammensetzung aus vielen, ursprünglich disparaten Bestandteilen
an sich trägt. Denn kaum läßt sich dann ermitteln, welche Elemente
einer solchen Komposition direkt unter dem Einfluß eines leitenden Ge-
dankens entstanden sind, und auf welche dieser etwa nachträglich erst
übertragen worden ist. Hier macht eben die wechselseitige Assimila-
tion von Mythus und Dichtung die Scheidung beider zu einer Aufgabe,
die nie auf Grund der Betrachtung des aus beiden Elementen gemischten
Produktes, sondern immer nur an der Hand der Vergleichung vieler
Erzeugnisse verwandten Ursprungs, die die gleichen Motive bald in
einfacherer Form bald in veränderter Mischung enthalten, gelöst
werden kann. Eine solche Aufgabe ist nun weder eine ausschließ-
lich historische noch eine rein psychologische, sondern sie bedarf
freilich in erster Linie der Feststellung der zeitlichen Verhältnisse der
MythenstofTe und ihrer geschichtlichen Zusammenhänge; sie kann
aber, wenn diese Fragen erledigt sind, niemals der psychologischen
Kriterien entbehren, die Mythus und Dichtung voneinander scheiden.
Sobald man nun in diesem Sinne die Elemente von Mythus imd
Dichtung voneinander und beide wieder von den philosophischen
Ideen zu sondern sucht, die sich der mythologisierenden Dichtung
als eines Hilfsmittels fiir ihren Ausdruck bedienen, so verwandelt
sich auch jener Begriff eines mythologischen Systems, das von An-
fang an den Inhalt der innerhalb einer Volksgemeinschaft lebenden
Vorstellungen in ein zusammenhängendes Ganzes verbunden habe,
von selbst in das Produkt dichterischer Verarbeitung und Ergänzung
eines in zerstreute Teile zerfallenden mythologischen Stoffs, auf den
an sich der Begaff eines Systems oder, wie man dieses auch aufzu-
fassen pflegt, einer den späteren philosophischen Systemen voraus-
gehenden mythologischen Weltanschauung schlechterdings nicht an-
wendbar ist. Hat doch neben der Dichtung und symbolisierenden
Philosophie schließlich auch noch die wissenschaftliche Mj^ologic
das ihrige getan, um jene Teile zu einem systematisch geordneten
Ganzen zu verbinden, indem sie die zerstreuten mythischen Stoffe
nach Kategorien, die zumeist der Naturphilosophie entlehnt waren,
Die Faktoren der Mythenentwicklnng. le
in eine Systematik der einzelnen Götter, eine Theogonie, Kosmo-
gonie^ Eschatologie usw. sonderte, ein Unternehmen, für das vor
allem die theogonische Dichtung bereits die Wege geebnet hatte.
Hier liegt zugleich der Punkt, wo die spekulative Mythologie der
Romantik, die jedes jener angeblichen mythologischen Systeme als
ein philosophisches Lehrgebäude in symbolisch-poetischer Form an-
sah, zum Teil heute noch nachwirkt "]. Denn solange die empirische
Mythenforschung an der Idee der Einheit von Mythus und Dichtung
festhielt, mußte auch, da die dichterische Verarbeitung der Mythen
überall schon eine Verbindung der einzelnen mythischen Stoffe in
sich schließt, die Idee einer systematischen Einheit erhalten bleiben.
Die rein philologische Behandlung des Mythus sah sich aber um so
weniger veranlaßt, diesen Standpunkt zu verlassen, als fiir sie eben
jene poetischen Bearbeitungen des Mythus die Hauptquellen waren, aus
denen sie ihre Vorstellungen schöpfte. Werke wie Ludwig Prellers
griechische und römische oder Karl Simrocks deutsche Mythologie
bezeichnen deutlich diesen Standpunkt, der von der Voraussetzung
einer Identität von Dichtung und Mythus aus an sich konsequent
ist, wenn er sich auch von vornherein in die Schwierigkeit ver-
wickelt, M3^hendichtungen von widerstreitendem Inhalt und von sehr
abweichendem literarischem Ursprung zu verbinden, während außer-
dem dichterische Gewebe späteren Ursprungs den mythischen Ein-
schlag beinahe ganz überdecken, so daß solche Darstellungen viel-
mehr eine Literaturgeschichte der mythologischen Dichtung als eine
Geschichte der Mythenbilduug selbst enthalten. Die Göttervorstel-
lungen, die in den Werken der Dichter vorkommen, und von diesen
selbst zum Teil erst ausgebildet worden sind, die Mythen, Märchen
und Sagen, die von ihnen erzählt werden, sie bilden den wesent-
lichen Bestand jener mythologischen Systeme. Je mehr sich daher
in solchen Dichtungen ein einheitlicher Götterkreis und zusammen-
hängende Mythenzyklen herausgebildet haben, um so mehr erscheint
natürlich auch die Mythologie als ein einheitliches Ganzes, das sich
in mancher Beziehung den dogmatisch abgeschlossenen Religions-
systemen oder den philosophischen Systemen späterer Zeiten an die
Seite stellen und demnach als deren Vorstufe betrachten läßt. Nun
') Vgl. Teil I, S. 535.
,6 Der N
mußten sich freilich unabhängig von der Frage, was in cmem solchen
S>'stem urspnii^cbe ni\'thok)giscfae Vorsreliong und was Dichtung
%cif schon vom Standpunkt philologisch-historiscfacr Mediodik aus
Bedtakca erheben, sobald nachweislich eine soldie im wesentiidien
aas der Dichtung geschöpfte M>-thol(^e ganz verschiedenen Orten
und Zeiten entstammte. Dies trat am offensten bei der sc^;enannten
> deutschen Mythologie« zutage, die sich, al^^esehen von den in ihrer
mythologischen Deutung viel umstrittenen Überiebnissen in Sagen und
Märchen, auf Entlehnungen aus der nordischen Mythologie stützte^
deren Berechtigung um so zweifelhafter war, als diese sich selbst
wieder aus sehr abweichenden und zum TeO unter q>ateren Kultur-
einflüssen umgewandelten Bestandteilen zusammensetzt Nidit anders
verhielt es sich aber schließlich doch auch mit der römischen und
griechischen Mythologie, wo in der römischen Religion vor allem im
Kultus noch deutlich die Kluft zwischen den heimischen und den ein-
geführten, vornehmlich dem griechischen Pantheon entlehnten Göttern
zutage tritt, während die griechische in den mannig&ch abweichen-
den L/ikalkulten und in den Beeinflussungen diu-ch auOeifaellenische
Stämme, das überlieferte mythologische System nicht minder als eine
synkrctistische Bildung späterer Zeit erkennen läßt. So war es denn
eine Tat von epochemachender Bedeutung, daß Jakob Grinmi, mehr
durch die Not der dürftigen Überlieferung gedrängt als im prinzipiellen
Gegensatze zu der seitherigen Auffassung, den entgegengesetzten W^
einschlug, indem er die mythologischen Anschauungen der deutschen
Vorzeit aus den Spuren, die sie in Dichtung und Sage, in einzelnen
Sitten und Bräuchen und in abergläubischen Vorstellimgen zurück-
gelassen, zu erschließen suchte. Als sich nun aber diese Methode,
eine in ihrer Totalität verloren gegangene Mythologie aus ihren
zerstreuten Resten zu rekonstruieren, mit der Erkenntnis des be-
schränkten und im einzelnen sehr verschiedenen Wertes der poetischen
Überlieferung verband, da mußte sich ein ähnlicher Umschwimg voll-
ziehen, wie ihn ungefähr gleichzeitig die historische Methode in ihrer
Anwendung auf die Geschichte des Altertums erlebte. Statt der
literarischen Überlieferung zu vertrauen, suchte man die erhalten ge-
blichenen Denkmäler als Selbstzeugnisse vergangener Kultur zu ver-
werten und auf der ho gewonnenen Grundlage nun erst die literarische
Überlieferung selbst von ihren mythischen und dichterischen Bestand-
Die Faktoren der Mythenentwicklnng. ly
teilen zu reinigen. Konnte jedoch die historische Forschung Dich-
tung und Mythus, die hier beide nur in ihrer negativen Bedeutung,
als Entstellungen der historischen Wirklichkeit, in Betracht kamen,
immer noch als zusammengehörige und darum ihrem Wesen nach
übereinstimmende Erscheinungen behandeln, so änderte sich die Situa-
tion, sobald man die nämlichen Prinzipien auf die historische Mytho-
logie übertrug. Denn hier handelte es sich nun nicht mehr um die
objektive Wirklichkeit überlieferter Tatsachen, sondern einzig und
allein um ihre subjektive Wahrheit und Allgemeingfültigkeit, das
heißt darum, ob irgend eine mythologische Vorstellung oder Mythen-
erzählimg jemals als geglaubte Wirklichkeit im Volksbewußtsein
gelebt habe, oder ob sie dichterische Erfindung oder aber auch
dichterische Ausschmückung eines ursprünglichen mythologischen Ge-
bildes sei. Damit verbindet sich dann zugleich die andere Frs^e, in-
wieweit jene Vereinigung verschiedener Bestandteile zu einem Ganzen,
die man ab ein mehr oder minder in sich geschlossenes mytho-
logisches System zu betrachten pflegt, selbst in der im Volksbewußt-
sein lebenden mythologischen Anschauung bereits vorgebildet, oder
inwiefern sie das Produkt der zu ihr hinzugetretenen Dichtung und
einer aus dieser wieder hervorwachsenden primitiven philosophischen
Spekulation sei.
Hiemach zerlegt sich die Untersuchung jenes subjektiven und
zugleich innerhalb der mythenbildenden Gemeinschaft allgemeingültigen
Wahrheitsgehaltes der mythologischen Anschauungen naturgemäß in
die Beantwortimg dreier Fragen: erstens in die nach den wesent-
lichen Unterschiedsmerkmalen der im engeren Sinne mythischen von
den dichterischen Bestandteilen des Mythus, zweitens in die nach den
Kriterien des Glaubens an die Wirklichkeit eines mythischen Inhalts,
und endlich in die nach der Entstehung einer mythologischen Ge-
samtanschauung.
c. Der ursprüngliche Naturmythas and die Mythendichtang.
Die Antwort auf die erste der obigen Fragen läßt sich nun natur-
gemäß nicht dem ursprünglichen Mythus entnehmen, der uns in
seiner von der Dichtung unabhängigen Gestalt zunächst unbekannt
ist. Vielmehr kann sich diese erst ergeben, wenn aus der von An-
fang an mit der mythologischen Vorstellung verbundenen poetischen
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 2
l8 Der Naturmythas.
Form die Elemente der Dichtung eliminiert sind. Als das Merkmal^
das die Dichtung von dem mythologischen Kern, den sie in sich
birgt, unabänderlich scheidet, haben wir aber jene Einheit des Ge-
dankens anzusehen, die überall in der Erfahrung auf eine singulare
Entstehung hinweist, die bei geistigen Erzeugfnissen in der Regel zu-
gleich mit einem individuellen Ursprung zusammenfällt. Dabei steht
hier das Singfuläre an sich nicht anders als wie in der Sprache dem
Regulären, das in- den gemeinsamen Bedingungen der Anschauung
seine Quelle hat, gegenüber. Obgleich sie als Erzeugt eines indivi-
duellen Bewußtseins die Spuren dieses Ursprungs bewahrt, kann sich
daher die singfuläre Erscheinung mit den auf allgemeinen Bedingimgen
beruhenden regulären Bildungen der mythologischen Phantasie so innig
verbinden, daß sie aus diesem Zusammenhang nicht gelöst werden
kann, ohne daß man das mythologische Gebilde selbst zerstört, um
bloß noch zerstreute und zusammenhanglose Bruchstücke zurückzu-
behalten. Auch werden wir bald sehen, daß gerade hierin zwischen
den singulären Bestandteilen des Mythus und denen der Sprache ein
charakteristischer Unterschied besteht, durch den sich die Sprache als
die ursprünglichere, der Mythus wenigstens in seiner ims zug^änglichen
Konstitution als die spätere Bildung kennzeichnet. Damit hängt dann
zugleich der weitere Unterschied zusammen, daß zwar beide sich un-
aufhörlich verändern und weiter entwickeln, daß dabei aber doch
innerhalb der unserer Nachweisung einigermaßen zugänglichen Peri-
oden geistiger Entwicklimg der Mythus ungleich mehr in dem Fluß
fortwährenden Werdens und Vergehens begriffen ist. Bei ihm können
wir noch unmittelbarer in die Werkstätte des geistigen Zusammen-
wirkens der Einzelnen mit den in der Gemeinschaft verbreiteten An-
schauungen hineinblicken. Mag bei der Sprache der individuelle Anteil
an der gemeinsamen Schöpfung dereinst nicht geringer gewesen sein,
als allgemeines Hilfsmittel des geistigen Verkehrs drängt sie von frühe
an zur Stabilisierung der einmal in den Gebrauch der Gemeinschaft
übergegfangenen Bildungen, so daß die individuellen Einwirkungen
auf diese Bildungen bald sich verwischen. Als Ausdrucksform des
geistigen Lebens ist daher der Mythus das wandelbarere Gebilde.
Er nimmt nicht bloß neue Inhalte in sich auf, ähnlich dem Wort, das
seine Bedeutung ändert, sondern er geht schließlich selbst unter, um
die durch seinen Zerfall zu selbständigem Leben erwachte Dichtung zu
Die Faktoren der Mythenentwicklong. ig
befruchten und aus seiner Verbindung mit der Dichtung die Anfange
der Philosophie aus sich entspringen zu lassen. Auf diese Weise
bezeichnen die von der willkürlichen dichterischen Fortbildung noch
unberührten Bestandteile des Mythus und die poetischen Fortbildungen
des letzteren ähnliche Anwendungsformen der allgemeinen völker-
psychologischen Begriffe des Regulären und des Singulären, wie sie
ims zuerst bei der Sprache b^egnet sind; aber das Verhältnis dieser
Formen ist hier ein wesentlich anderes geworden, und in dieser seiner
Eigenart beleuchtet es zugleich die Natur des Mythus selbst, wie er
uns stets in der Überlieferung in jener Mischung aus Bestandteilen
allgemeinen und individuellen Ursprungs begegnet. Suchen wir aus
dieser Mischung diejenigen Elemente zu gewinnen, die die Merkmale
ursprünglicher, von allen Einflüssen der Dichtung noch unberührter
mythischer Elemente an sich tragen, so bleiben als solche lediglich
die einzelnen Vorstellungen der mythenbildenden Phan-
tasie, die das Substrat abgeben, mit dem dann die dichterische
Phantasie in einer überall die Spuren individueller Willkür an sich
tragenden Weise schaltet. Indem dann aber die so entstandenen
Gebilde mythologischer Dichtung selbst allmählich zu relativ festen
Mythen von allgemeiner Geltung erstarren, wirken sie einerseits zu-
rück auf die ursprünglichen mythologischen Vorstellungen, die so
neue und neue Züge aus der Dichtung herübernehmen, und werden
sie anderseits zu Kernpimkten neuer dichterischer Weiterbildungen,
an denen sich nunmehr derselbe Prozeß wiederholen kann.
Mit der Frage nach Entstehung des Mythus aus ursprünglichen
mythologischen Vorstellungen und ihrer Verbindung und Weiterbildung
durch die Dichtung ist jedoch die andere nach dem allgemein-
gültigen Wahrheitsgehalt der mythologischen Anschauungen noch
nicht beantwortet. Denn man darf keineswegs etwa annehmen, eine
ursprüngliche mythologische Vorstellung, wie sie aus den innerhalb
einer Gemeinschaft verbreiteten Bedingungen der Anschauung ent-
springt, gelte eben wegen dieses generellen Ursprungs zugleich als
allgemeingültige Wahrheit, während eine solche umgekehrt den dichte-
rischen Elementen des Mythus abgesprochen werde. Vielmehr besteht
eine allgemeine mythologische Anschauung selbst niemals in einer
Summe fest gefugter Überzeugungen; sondern sie bewegt sich zu-
nächst in fluktuierenden, von den Einflüssen des Augenblicks bestimm-
20 ^Cf Natarmythas.
baren Vorstellungen, aus denen erst allmählich und nie ohne die Mit-
hilfe dichterischer Verarbeitung stabilere mythische Gebilde hervor-
gehen. Diese gewinnen dann erst jene subjektive Wahrheit, die für
den Gläubigen selbst zugleich als objektive Wahrheit gilt, weil sie
die für eine naive Glaubensstufe hierzu ausreichende allgemeine An-
erkennung genießen. An dieser Entstehung der zu Glaubenswahr-
heiten erhobenen Anschauungen ist nun die Dichtung mit der aus
ihr entspringenden primitiven Philosophie selbst wesentlich beteiligt.
Darum bildet nicht einmal der relative Gehalt an dichterischen Be-
standteilen des Mythus einen für den Glaubenswert desselben gültigen
Maßstab. Vielmehr kann es eben infolge jener fortwährenden Rezep-
tion individueller poetischer Schöpfungen durch das allgemeine Be-
wußtsein um so leichter geschehen, daß Erzeugnisse der Dichtung zu
den wesentlichsten Bestandteilen geglaubter Mythen werden, als es ja
die dichterische Verbindung ursprünglich zusammenhangloser m5rthi-
scher Vorstellungen ist, die die Stabilität und Erhaltung des Mythus
sichert, damit aber auch eine wesentliche Grundlage seiner Wert-
schätzung im Sinne allgemeiner Glaubensnormen abgibt. Denn als
eine solche gilt für das naive Bewußtsein in erster Linie der Inhalt
dessen, was seit unvordenklicher Zeit in Geltung gewesen und da-
durch zum Bestandteil einer von menschlicher Willkür imberührbar
scheinenden Satzung geworden ist.
d. Mythus and Kultus.
Ist es so nicht die Entstehungsweise mythologischer Vorstellungen
und ihrer Verknüpfung im Mythus, was den subjektiven Wahrheits-
gehalt des letzteren ausmacht, so ist es demnach eine andere, mit
der Bildung solcher in der Stabilisierung mythologischer Inhalte
begfründeter Normen eng zusammenhängende Seite der mytholo-
gischen Entwicklung, die hier maßgebend wird. Nun äußern sich
Normen des Fürwahrhaltens irgend welcher Vorstellungs- und Gefuhls-
inhalte in dem Handeln des Menschen, das diesen Normen ent-
spricht, oder das, wenn es ihnen widerstreitet, der allgemeinen Miß-
billigung unterworfen ist. Darum ist die Norm selbst zunächst nicht
darauf gerichtet, was geglaubt oder nicht geglaubt wird, sondern sie
bezieht sich direkt auf eine von der Gemeinschaft allen Einzelnen als
Pflicht auferlegte Handlung. In diesem Sinne ist sie eine Lebens-
Die Faktoren der Mythenentwickltmg. 21
norm, die erst dadurch zur Glaubensnorm wird, daß sie von den
äußeren Wirkungen der Motive auf diese selber zurückgeht. Hierin
liegt denn auch der Gnmd der vor allem auf mythologischem Gebiet
luis in weitester Ausdehnung begegnenden Tatsache, daß bestimmte
Bräuche und Sitten als feste J-ebensnormen fortbestehen können, die
als Glaubensnormen längst zu existieren aufgehört haben, weil die
mythologischen Vorstellungen, denen sie dereinst ihren Ursprung ver-
dankten, vergessen sind.
Die Gesamtheit der aus bestimmten mythologischen Motiven ent-
sprungenen Handlungen nennen wir, so lange die ihnen zugrunde
liegenden Glaubensnormen noch eine lebendige Bedeutung bewahren,
mit einem Ausdruck, den dereinst die Römer für die Ordnung ihrer
religiösen Feste und Opfer einführten, den Kultus. Dieses in fast
alle Kultursprachen übergegangene Wort, ebenso wie der dem
römischen Kultus entstammende, mit ihm nahe zusammenhängende
Begriff der Religion weist nicht bloß auf den besondem Wert hin,
den man der strengen Befolg^ung der äußeren, in Handlungen sich
betätigenden Normen als einer »Pflege der Götter« beilegt, sondern
es verrät sich darin auch die in der Rechtssprache der Römer mit
so großer Virtuosität bewährte Gabe, aus der Fülle der Merkmale
eines Begfriffs das vor andern entscheidende herauszugreifen. Indem
der Kultus alle die Handlungen umfaßt, die innerhalb einer Gemein-
schaft als solche gelten, die den Schutz und die Hilfe der Götter
vermitteln sollen, verleiht er dem enger begrenzten Umkreis mytho-
logischer Vorstellungen, die sich auf dieses Schutzverhältnis und auf
die aus ihm für den Menschen entspringende Pflicht beziehen, einen
höheren, sie über die Menge aller andern Mythenbestandteile empor-
hebenden Wert. Dieser Wert selbst gründet sich aber wiederum auf
zwei Eigenschaften der die Grundlage des Kultus bildenden mytho-
logischen Vorstellungen, von denen die eine praktischer, die andere
theoretischer Art ist. Praktisch liegt der Wert des Kultus und
der in ihm zum Ausdruck kommenden Anschauungen in dem Ver-
trauen auf die schützende und helfende Macht der Götter oder
auch in der Erwartung einer durch magische Handlungen bewirkten
Abwendung eines von ihnen gefürchteten Unheils. Theoretisch be-
steht dagegen die Bedeutung der von dem Kultus getragenen
Mythengebilde in dem unbedingten Wahrheitsgehalt, der ihnen zu-
22 I^er Naturmythus.
geschrieben wird. Ein Zeugnis dieser zur Überzeugung gesteigerten
Form des Glaubens lieg^ eben in den Kultushandlungen selbst:
Verrichtungen, die das Tun und Lassen des Menschen in allen
Lebenslagen beherrschen, und die vielfach in der Hingabe seiner
wertvollsten Güter oder seines eigenen I^bens bestehen, können ihren
Ursprung nur in Beweggründen haben, deren Wirklichkeit keinem
Zweifel ausgesetzt ist. Damit erhebt sich aber der Inhalt jener
Glaubensvorstellungen, von denen der Kultus getragen ist, nach
Wertgehalt wie äußerer Geltung weit über den Umkreis der übrigen
fortan schwankenderen und der Zerstörung oder Umwandlung un-
gleich mehr ausgesetzten Bestandteile des mythologischen Denkens.
Hier liegt daher zugleich die Grenze, die den Mythus in der um-
fassenderen Bedeutung dieses Begriffs scheidet von der Religion«
Wie der Kultus in der in äußeren Handlungen sich betätigenden
Pflege der Götter und damit in der Pflicht gegen sie besteht, so
enthält die Religion das Motiv der inneren Gebundenheit an die
durch den Wahrheitsgehalt, der ihnen beigelegt wird, geschützten
Glaubensnormen. Darum gehören Religion und Kultus zusammen:
jene verhält sich zu diesem wie das Denken zum Handeln. Wie
wir überall nur aus dem Handeln auf das Denken zurückschließen
können, da schon die sprachliche Äußerung ein Handeln ist, das zu-
dem im Gebet zu einem wichtigen Bestandteil des Kultus wird, so
bildet anderseits der Kultus das einzige Kriterium, nach dem wir die
Elemente des religiösen Glaubens von dem gesamten Inhalt des
mythologischen Denkens zu scheiden imstande sind. Die Frage, wie
diese Entwicklung der Religion aus dem Mythus im einzelnen erfolgt,
und unter welchen äußeren und inneren Bedingungen Mythus und
Rebgion selbst sich scheiden, dies wird uns erst im nächsten Kapitel
beschäftigen können. Hier, wo es sich bloß um die allgemeinen
Eigenschaften des Mythus handelt, mußte nur als eines wesentlichen
Momentes der Mythenbildung dieser von frühe an sich ausbilden-
den Differenzierung der Inhalte des mythologischen Denkens in den
Kulthandlungen gedacht werden. Insofern aber die Anfange des
Kultus schon zu den primitiven Stufen der Mythenentwicklung zurück-
reichen, bildet der in ihm zum Ausdruck gelangende Wertunter-
schied, wenn auch seine deutlichere Ausbildung erst einer späteren
Zeit angehört, doch einen integrierenden Bestandteil der Mythen-
24 I^cr Naturmythus.
giösen Glaubensinhalten nahe berühren oder auch völlig außerhalb der-
selben liegen können und gleichwohl in weiten Kreisen als unzweifel-
hafte Wahrheiten gelten. Insbesondere gehören hierher solche Mythen,
die mit der Vorgeschichte der Völker verwebt sind, oder denen die
in sie eingehenden Göttervorstellungen einen Teil des Wahrheits-
gehaltes mitteilen, die jene selbst durch den ihnen geweihten Kultus
empfangen. So entsteht ein mehr oder minder großes Gebiet ge-
glaubter Mythen, die in kultischer und religiöser Beziehung gleich-
gültig sind, deren Wahrheitsgehalt sie aber dennoch nur dem Grade
nach von den durch den Kultus geschützten Vorstellungen scheidet
Immerhin besitzen solche religiös gleichgültige Mythenbestandteile
insofern einen niedrigeren Wahrheitswert, als von frühe an eine
ungleich größere Freiheit besteht, sie zu glauben oder nicht zu glauben,
imd als sie durchweg einer veränderlicheren Tradition anzugehören
pflegen. So gruppieren sich um den Kultus und die in ihm leben-
den Glaubensvorstellungen nach jeder der ^n ihm vereinigten Seiten
Handlungen und Vorstellungen von fortschreitend abnehmendem Werte.
Auf der einen Seite leben abgeblasste und verwandelte Kulthandlungen
in überkommenen Sitten und Gewohnheiten weiter. Auf der andern
erhalten sich zahlreiche Mythen von religiös gleichgültigem Inhalt, denen
gleichwohl die Überlieferung einen Wahrheitswert zugesteht. Was in
beiden Fällen mangelt, das ist aber das Attribut der Heiligkeit,
das allein den eigentlichen Kultushandlungen und den mit ihnen ver-
bimdenen Glaubensvorstellungen zuerkannt wird, und das nach beiden
Richtungen erhaltend auf ihren mythisch-religiösen Inhalt einwirkt.
Denn die peinliche Beachtung der überlieferten Kulte schließt zugleich
ihre unveränderte Bewahrung als eine religiöse Pflicht in sich; und
die Heiligung der Glaubensvorstellungen macht sie den Einflüssen
dichterischer Ausschmückung, denen alle Mythengebilde unterworfen
sind, schwerer zugänglich.
Das Verhältnis dieser von dem Glorienschein der Heiligkeit um-
gebenen Kulthandlungen und der von ihnen getragenen Bestandteile
des Mythus zu den unverbindlicheren Normen des profanen Brauchs
sowie zu den gleichgültigen und dennoch geglaubten Mythen erweist
sich nun aber schließlich als ein ebenso veränderliches, wie die Grenze
eine fließende ist, die beide voneinander scheidet. Auf den frühesten
Stufen mythologischer Entwicklung hat jeder Brauch von irgend
Die Faktoren der Mythenentwicklang. 25
weiterer Verbreitung einen kultischen Wert. Denn der Zauberglaube,
der die primitive Mythologie durchdringt, macht jede wichtigere
Handlung zum Bestandteile eines magischen Kultes, und indem in
die Mythenbildung die gleichen Zaubervorstellungen eingehen, fehlt
es noch völlig an Merkmalen, die das Heilige von einem außerhalb
liegenden Gebiet geglaubter Mythen sondern. Wie die Zauberhand-
lung deshalb, weil sie sich auf alle Ereignisse des täglichen Lebens
beziehen kann, eine noch nicht durch feste Normen geregelte primi-
tivste Kulthandlung ist, so breitet sich daher auch die subjektive
Überzeugung von der Wirklichkeit der Zaubervorstellungen über alle
die m)^ologrischen Inhalte aus, die, ähnlich dem Tun und Lassen
des Menschen selbst, von Zaubervorstellungen erfüllt sind. Besonders
sind es hier die früher geschilderten Tabubräuche, in denen sich, zu-
nächst noch gebunden an bestimmte äußere Gegenstände, die Idee
einer spezifischen Heiligkeit ausbildet, die sich dann alsbald auch auf
die Handlungen ausdehnt, die zu solchen geheilig^ten Objekten in
Beziehung stehen '). Es wird später unsere Aufgabe sein, diese Ent-
wicklimg des Kultus näher zu verfolgen. Dann wird sich zeigen, daß
es wesentlich der Hinzutritt der Götter des Naturmythus zu dem in-
mitten der Seelenvorstellungen entspringenden primitiven Zauberkultus
ist, der mit den höheren Kultformen auch jene Scheidung der Mythen
und der. mythologischen Vorstellungen in einen durch den Götter-
kultus geheiligten und in einen profaneren Teil hervorbringt. Nach-
dem diese Grenze einmal gezogen ist, geschieht dann die weitere Ent-
wicklung hauptsächlich im Gefolge der mit der fortschreitenden Er-
hebimg der Göttervorstellungen verbundenen Beschränkung der durch
den Kultus geschützten Glaubensinhalte, wobei nun, in dem Maße,
als aus diesen allmählich Bestandteile sich ausscheiden, um in die
Region der gleichgültigeren Mythen hinüberzuwandern, der Wahr-
heitsgehalt der . letzteren mehr und mehr auch in der subjektiven
Schätzung abnimmt, indes sich gleichzeitig der Anteil der Dichtung
an aller Mythenbildung zunächst bei diesen gleichgültigeren Mythen
der Beobachtung aufdrängt. Damit wird die Einordnung einzelner
Mythen unter die anerkannten Erzeugnisse der Dichtung zu einem
bedeutsamen Moment mythologischer Entwicklung, das wiederum bei
«) Vgl. Teil n, S. 300 ff.
26 ^^f Natarmythus.
der Ausbildung der Religion eine wichtige Rolle spielt Freilich
wird bei der Auffassung dieses Verhältnisses zumeist übersehen, daß
es überhaupt keinen Mythus gibt, an dem nicht die Dichtung ihren
Anteil hätte. Darum wird dem fortan durch die Kultushandlungen
in die Sphäre der Wirklichkeit erhobenen Mythus die bloß in der
Sage und Legende fortlebende Dichtung im Sinne willkürlicher Er-
findung gegenübei^estellt, während doch auch hinter der dichte-
rischen Ausgestaltimg ein Kern mythologischer Vorstellungen ver-
borgen ist, der erst die dichterische Fortbildung und Ausschmückung
herausgefordert hat. In dieser Scheidung, bei der die Ansprüche der
Dichtung an den mythischen Inhalt auf der einen Seite ebenso ver-
kürzt wie auf der andern übertrieben werden, liegt aber immerhin ein
wichtiger Impuls für die Entfaltung einer selbständigen Dichtung, die
erst von dem Augenblick an frei sich betätigen kann, wo sie sich die
Macht zutraut, den Mythus selbstschöpferisch umzugestalten oder sogar
aus eigener Kraft Werke, die den Erzeugnissen der mythenbildenden
Phantasie gleichen, zu schaffen.
e. Die Bildung mythologischer Gesamtanschaaungen.
Zwischen den den Mythus zuerst bereichernden und dann allmäh-
lich zerstörenden Einflüssen der Dichtung und der erhaltenden, den
subjektiven Wahrheitswert der mythischen Gebilde steigernden Kraft
des Kultus liegt die Entstehung einer mythologischen Ge-
samtanschauung mitten inne, als ein Ergebnis der Mythenent-
wicklung, das von jenen beiden Faktoren gleichzeitig bestimmt wird.
Denn auf der einen Seite ist es die Dichtung, die die einzelnen
mythologischen Vorstellungen mehr und mehr zu Inhalten eines zu-
sammengesetzten mythischen Geschehens verbindet, und die in der
Unterordnung der einzelnen Begebenheiten unter bestimmte herr-
schende Motive umgestaltend auf die mythischen Inhalte selbst ein-
wirkt. So entstehen größere Mythenzyklen, die, indem die ihnen ge-
meinsamen Götter- und Heroenvorstellungen vornehmlich die m)rthen-
bildende Phantasie beherrschen, die einzelnen Mythen mehr und mehr
zu einer einheitlich verbundenen Schilderung ihrer Taten und ihres
Lebens gestalten. Auf der andern Seite ist es jener Inhalt m)^o-
logischer Vorstellungen, der sich, getragen von dem Kultus, durch
einen die sonstigen Gebilde des Mythus überragenden praktischen
Die Faktoren der Mythenentwicklang. 27
Glaubenswert auszeichnet, der vor allem jene stabileren Göttervor-
stellungen liefert, die der dichterischen Verwebung und Verbindung
der Mythen ihre Richtung geben.
Treffen in dieser Weise Dichtung und Kultus in ihrem EinfluD
auf die Entstehung einer mythologischen Gesamtanschauung zusammen,
so wirken nun aber dennoch beide gleichzeitig nach divei^ierenden
Richtungen auf die so sich herstellende Einheit der mythischen Stoffe
ein. Indem die dichterische Phantasie die Fäden des Mythengewebes,
dessen sie sich bemächtiget, weiterspinnt, erweitert sie unablässig den
Umfang der mythologischen Anschauungen. Indem dagegen der Kultus
den wertvollsten Kern der Mythenbildung unverändert zu bewahren
strebt, übt er eine konzentrierende und gleichzeitig auf solche Gebilde
der dichterischen Weiterfuhrung des Mythus, die für den Vorstellungs-
inhalt des Kultus selbst gleichgültig sind, eine abstoßende Wirkung
aus. So entsteht aus diesem Wechselverhältnis schließlich jene Los-
lösung der Dichtung von dem Mythus, durch die sich die dichterische
Phantasie völlig der Fesseln entledigt, die ihr durch die im Kultus
konzentrierten Glaubensvorstellungen auferlegt waren, während sie
dabei freilich zugleich ihren eigenen Einfluß auf diese Vorstellus^en
mehr und mehr einbüßt. Allerdings verschwindet dieser Einfluß
nicht ganz. Namentlich setzen die Wechselwirkungen des an über-
lieferte Normen gebundenen Kultus und der über solche Begrenzungen
immer wieder hinausstrebenden Dichtung r^dniaßfg da wieder an^
wo in dem Kultus selbst unter der Wirkui^ neuer Kukurbedingungen
oder infolge der Mischung bis dahin geschiedener Kulte Umwälziingen
eintreten, die wiederum die Mitarbeit der Diditung herausfordern.
Auch dann strebt aber dieses Wideispiel zwischen der konservieren-
den Kraft des Kultus und der weiterfuhrenden der dichterischen
Phantasie immer wieder einem Gleichgewicht zu, bei dem ein fester
Bestand von Mythen als die durch den Kultus geschützte mytho-
logische Gesamtanschauung feststeht, während die sonstigen in i^
Tradition fortlebenden oder als dichterische Neubildungen neu auf-
tauchenden Mythen im einzelnen ein fortwährendes Otztllieren um
diesen Gleichgewichtszustand veranlassen.
Das System, in das die wissenschaftliche Mytbdog^ie <2e G^rsarc^
heit der in einem Volke lebenden Mythen und mydiologifcfaen V<«^
Stellungen bringt, gründet sich nun naturgemäß zmOdmi acf oe» ^*
28 I^cr Natarmythns.
dem Kultus getragenen Inhalt. Aber indem man gleichzeitig darauf
ausgeht, ein möglichst vollständiges Bild jener mythologischen Vor-
stellungswelt zu geben, pflegt man sich doch um so weniger auf
das engere Gebiet der Kultusvorstellungen und Kultushandlungen
zu beschränken, als naturgemäß die Grenze gegenüber der eigent-
lichen, den Mythengehalt willkürlich umgestaltenden oder neue Mythen
erfindenden Dichtung nicht selten schwer zu ziehen ist. So pflegt
denn das mythologische System neben den unlösbar mit dem Mj^us
verbundenen dichterischen Elementen auch solche Dichtungen zu
enthalten, die freie Weiterfiihrungen eines ursprünglicheren mythi-
schen Stoffes sind. Kann auf diese Weise die Einheit des mytho-
logischen Systems schon um deswillen keine ursprüngliche sein,
weil sie eine grossenteils willkürliche ist, so bildet nun aber auch
alles das, was zu der als Grundlage dieses Systems dienenden
mythologischen Gesamtanschauung gehört, keine ursprüngliche Ein-
heit. Vielmehr kann hier im Hinblick auf den Anteil, den Kultus
wie Dichtung auf die Ausbildung dieser Gesamtanschauung ausgeübt
haben, das Ursprüngliche nur in den einzelnen Mythen und mytho-
logischen Vorstellungen bestehen. Denn einerseits ist der Kultus aus
einzelnen Handlungen hervorgegangen, die für zauberkräftig oder auf
einer höheren Stufe für heilig gelten; und anderseits beruht jene
Bildung von Mythenzyklen, die durch bestimmte ihnen gemeinsame
Vorstellungen zusammengehalten werden, überall bereits auf weit
reichenden Assoziationen und auf einer verhältnismäßig hoch ent-
wickelten Fähigkeit poetischer Verknüpfung. Demnach kann mm
auch der Versuch einer psychologischen Entwicklungsgeschichte des
Mythus und vor allem des die höheren Stufen der Mythenbildung
beherrschenden Naturmythus nicht von den Systemen der Mythologie,
und er kann nicht einmal von den mythologischen Grundanschau-
ungen oder den sie tragenden Kultordnungen, sondern er muß von
den Einzelmythen und den in ihnen auftretenden mythologischen
Vorstellungen ausgehen. Dabei ist aber der Einzelmythus wieder
unserer Beobachtung zunächst gegeben. Denn die Helden, Götter
oder Dämonen, die in solchen Mythen vorkommen, sind zimächst
nicht für sich isoliert gegeben, sondern nur in den mythischen Er-
zählungen, deren handelnde Personen sie sind.
Nun stimmen die Einzelmythen in ihren allgemeinen Eigenschaften,
Mlrchen, Sage und Legende als Entwicklangsformen des Mythus. 29
wenn man von ihrer Entstehimgsweise und ihrem Zusammenhang mit
Zauber- und Kulthandlungen absieht, durchaus mit den bekannten
Formen der poetischen Erzählung überein. So sehr jedoch
dieser Umstand auf die von Anfang an vorhandene Beteiligung der
Dichtung und ebenso umgekehrt auf den Ursprung der frühesten
Formen der Dichtung aus dem Mythus hinweist, so besitzen doch
diese Formen als Gebilde der mythenbildenden Phantasie ihre be-
sonderen Eigentümlichkeiten, die mehr und mehr verloren gehen, so-
bald sich ihrer die freie dichterische Nachbildung bemächtiget. Diese
dem Mythus und der Dichtung gemeinsamen Formen der Erzählung,
die wir demnach, da unter jenen beiden der Mythus das Frühere ist,
zugleich als die ursprünglichen Grundformen des Mythus betrachten
dürfen, sind das Märchen, die Sage und die Legende. Es gibt
keinen einzigen Mythus, der nicht einer dieser drei Formen zuge-
hörte. Durch die fortgesetzte Einwirkimg freier dichterischer Umge-
staltung entstehen dann aber aus ihnen zunächst mythisch-poetische
Mischformen, bis endlich die nach diesen Vorbildern frei erfindende
poetische Phantasie die reinen Märchen-, Sagen- und Legendendich-
tungen hervorbringt.
3. Märchen, Sage und Legende als Entwicklungsformen
des Mythus.
a. Allgemeines Verhältnis dieser Formen.
Daß Märchen, Sage und Legende zu dem Mythus in enger Be-
ziehung stehen, ist längst anerkannt. Dennoch sind die Anschau-
ungen über ihr Verhältnis zu diesem in der neueren Entwicklung
der Mythologie nicht unbeträchtlichen Wandlungen unterworfen ge-
wesen. Während man zu den Zeiten Jakob Grimms geneigt war,
alle drei als Überiebnisse und Umgestaltungen des Mythus zu be-
trachten, wobei Sage und Legende wieder diesem am nächsten
stünden, das Märchen dagegen als sein letzter, einer kindlich naiven
Stufe der Anschauung angepaßter Ausläufer zu betrachten sei, scheinen
heute die ethnologische wie die historische Erweiterung der Studien
über Mythenentwicklungen immer mehr einer Auffassung entgegen-
zuführen, nach der alle Mythenbildung von Anfang an einer dieser
Formen oder mehreren zugleich angehört, so daß Märchen, Sage und
ßo Der Naturmythus.
Legende nicht sowohl abgeleitete als vielmehr selbst mehr oder
minder ursprüngliche Formen des Mythus sein würden. In der Tat
wird sich niemand, der die einzelnen Mythen, die sich in der Tradi-
tion irgend eines Volkes vereinigt finden, auf ihr rein ästhetisches
Verhältnis zu den künstlerisch ausgebildeten mustergültigen Beispielen
jener drei Formen prüft, der Überzeugung verschließen können, daß
jeder Einzelmythus entweder den Charakter des Märchens oder der
Sage oder Legende oder endlich einer Mischung einiger dieser Formen
an sich trägft. Hiemach würde der Mythus nicht als der Vater jener
in die erzählende Dichtung übergegangenen Formen, sondern als der
Oberbegriff zu betrachten sein, dem sich diejenigen Märchen, Sagen
und Legenden unterordnen lassen, die der ursprünglichen Mythen-
bildung und der mit ihr verwachsenen Volksdichtung, nicht erst der
späteren Kunstdichtung angehören. Wir werden dann zwar das
Mythenmärchen und die mythologische Sage und Legende den Kunst-
dichtungen von verwandtem ästhetischem Qiarakter, aber nicht den
Mythus als solchen dem Märchen, der Sage und Legende gegenüber-
stellen können.
Offenbar hat jedoch besonders das Märchen dieser Auffassung
Schwierigkeiten bereitet. Wer von den Mythologien der Kulturvölker
ausgeht, der ist zwar sofort bereit, der Sage und Legende ihre mytho-
logische Bedeutung zuzugestehen, und in diesem Sinn bezeichnet man
auch wohl ohne weiteres den Hauptinhalt solcher Mythologien ak
Göttersage, kosmogonische Sage und dergl. Aber das Märchen soll
in dem Umkreis, dieser Mythenbildungen keinen oder doch höchstens
einen sehr zurücktretenden Platz einnehmen, da es schon innerhalb
der mythologischen Zusammenhänge mehr als freie Erfindung und
Ausschmückung denn als wirklich geglaubter Mythus auftrete. Da-
her denn auch vor allem das Märchen ebensowohl als Mythenmärchen,
also nach der gewöhnlichen Annahme als kindliche Einkleidung und
Umgestaltung eines im sogenannten »höheren Mythus« vorhandenen
mythischen Stoffes, wie als vollkommen freie Kunstdichtung vorkommt,
wogegen Sage und Legende auch noch in den epischen Bearbeitungen,
die sie finden, zumeist irgend einen mythischen Kern erkennen lassen.
Nun ist allerdings der letztere Gegensatz mehr ein scheinbarer als
ein wirklicher, wie besonders die Legendendichtung älterer und neuerer
Zeit und die Vorliebe beweist, mit der sie bis herab auf Goethe und
Mlrchen, Sage nnd Legende als Eotwicklungsformen des Mythas. 31
Gottfried Keller auch als reine Kunstdichtung gepflegt worden ist.
An sich ist also jede dieser Formen ebensowohl als dichterische Ge-
staltung eines überlieferten Mythus wie als freie poetische Schöpfung
möglich. Daß aber da, wo diese Formen einen mythischen Inhalt
in sich beigen, dem Märchen von frühe an sein reichlicher Anteil
an der Ausgestaltung auch jener »höheren Mythologie« zukomme,
dieser Überzeugung hat sich schließlich auch die Untersuchung
vieler Mythen der Kulturvölker nicht entziehen können. Man erinnere
sich nur der unverkennbaren Märchenzüge der Argonauten- und
Heraklessage, der Märchenepisoden der Odyssee oder auf germa-
nischem Gebiet an den Baidermythus, dessen Analyse einen reichen
Einschlag weitverbreiteter Märchenmotive zeigt.
Gleichwohl hat es nicht den Anschein, als wenn die mythologische
Forschung darin einig wäre, was man, ganz abgesehen von den An-
schauungen, die über das genetische Verhältnis dieser Formen mög-
lich sind, also schon im rein ästhetischen Sinne, innerhalb irgend
einer gegebenen Mythensammlung als Sage, Legende oder aber
auch als Märchen zu bezeichnen habe. Das lehrt hinreichend der
schwankende Sprachgebrauch, der uns hier überall begegnet. Ich
kann mich begnügen auf zwei Beispiele neuesten Datums hinzuweisen.
Paul Ehrenreich gibt einer Schrift, in der eine Menge gemeinsamer
Züge in den Volkserzählungen weit entlegener Gebiete der Neuen Welt
mit solchen der Alten Welt nachgewiesen wird, den Titel: »Mythen
und L^enden der südamerikanischen Urvölker« (Berlin 1905). Es
kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß die Mehrzahl der Stoffe,
deren weitgehende Wanderungen hier wahrscheinlich gemacht sind, der
Märchentradition angehört. Oskar Dähnhardt gibt dem ersten Bande
einer Sammlung »naturdeutender Sagen, Märchen, Fabeln und Legen*
den« den Titel: »Natursagen« (Leipzig 1907). Aber wenn man dai
mit musterhaftem Fleiße zusammengetragene Material des voriiegenden
ersten Bandes überblickt, so kann wiederum kein Zweifel idn, daß
in dieser ganzen Sammlung dem Märchen der Löwenanteil zufällt^ ot>-
gleich auch im Einzelnen diese märchenhaften Stoffe in der Regel alu
»Sagen« bezeichnet werden. Ich bin natürlich weit davon entfernt,
diese Vermengung den verdienten Verfassern beider Bücher 2^jm
Vorwurf zu machen: ich führe die Tatsache nur an als ein 2^eichf:n
des durchweg in der mythologischen Literatur herrschenden viel-
7 2 Der Naturmythus.
deutigen Gebrauchs dieser Benennungen. Dennoch scheint es mir
nicht ganz gleichgültig zu sein, wie man in diesem Fall die Bezeich-
nungen anwendet. Hinter den Namen verbergen sich ja stets die
Begriffe selbst, und so willkürlich und gleichgültig daher die Be-
nennung irgend einer Erzählung an sich sein mag, so überträgt sich
doch unvermeidlich etwas von dem herkömmlicher Weise durch den
Namen gedeckten Begriff auf die Sache selbst, oder wenn die Be-
zeichnungen immer mehr ineinanderfließen, so verwischen sich schließ-
lich auch die Unterschiede der Dinge. Mag aber auch dieser Gefahr
durch eine nähere Erläuterung vorgebeugt werden, so wird es immer-
hin zweckmäßiger sein, einem gegebenen Thema von vornherein
den Namen zu geben, auf den es nun einmal nach der geschicht-
lichen Entwicklung unserer wissenschaftlichen Terminologie Anspruch
erheben kann. Gleichwohl genügt in diesem Fall der Hinweis auf
die ursprüngliche Bedeutung keineswegs, um der Vermengung der
Formen zu steuern. Denn erstens sind auch hier die Namen einem
unvermeidlichen Bedeutungswandel unterworfen gewesen, der meist
die Nötigung herbeiführte, sie über ihre einstigen Grenzen zu er-
weitem; und zweitens ist jener Zustand des Ineinanderfließens der
Begriffe kein willkürlich oder zufällig herbeigeführter, sondern er be-
ruht darauf, daß sich gerade die Formen des Mythus am allerwenigsten
an eine Regel binden, durch die Verschlingungen und Verschmelzungen
der Formen vermieden würden. Weit mehr ist das natürlich noch
bei jenen kunstmäßigen Formen der Dichtung der Fall, die den aus der
Volksüberlieferung hervorwachsenden Märchen, Sagen und Legenden
nachgebildet sind. So ist denn überhaupt die Frage nach ihrer an-
gemessenen Begrenzung und nach den Merkmalen, die jeder von
ihnen eigentümlich sind, keineswegs eine bloß geschichtliche oder
gar mythengeschichtliche, sondern sie ist zugleich eine psychologisch-
ästhetische Frage. Die folgenden Bemerkungen sollen daher zunächst
von der letzteren Seite als der einfacheren ausgehen; und im An-
schlüsse daran soll dann versucht werden, das so sich ergebende all-
gemeine Verhältnis jener Formen erzählender Dichtung auf die Be-
ziehungen anzuwenden, in denen sie als Entwicklungsformen des
Mythus zueinander stehen.
Märchen, Sage und Legende als Entwicklnngsformen des Mythus. 33
b. Das Märchen.
Unter den genannten Formen haben wir das Märchen als die-
jenige kennen gelernt, die nach den ethnologischen Zeugnissen wie
nach den psychologischen Merkmalen als die ursprünglichste gelten
muß *). Bei den primitivsten Völkern ist es die verbreitetste und
neben den Anfangen des Liedes die einzige Form der Dichtung,
und noch bei den Kulturvölkern weisen mannigfache Spuren darauf
hin, daß sich die höheren epischen Formen auf einer ursprüng-
licheren Grundlage märchenhafter Erzählungen entwickelt haben.
Diese Ursprünglichkeit ist aber zugleich eine unmittelbare Folge der
psychologischen Natur des Märchens. Ein Kind des Augenblicks
bedarf es keiner in ferne Vergangenheit zurückreichender Erinnerung,
sondern wandelt die Eindrücke der täglichen Umgebung unter der
Wirkung der Affekte des Wunsches und der Furcht, von denen sie
begleitet sind, mit phantastischer Willkür in eine erträumte Wirklich-
keit um. Eben darin, daß die Märchenerzählung nichts als dieses
freie Spiel der Phantasie voraussetzt, das sich an einem einfachen,
keine längere Tradition und Reflexion erfordernden Stoff betätigt, liegt
der Grund, daß das Märchen noch heute die der kindlichen Phantasie
adäquate Form epischer Dichtung geblieben, ebenso wie es der-
einst der Anfang einer solchen gewesen ist, und sich auf primitiven
Kulturstufen noch heute diese Stellung bewahrt hat. In der Ähnlich-
keit, die in dieser Beziehung das Bewußtsein des Kindes mit dem
des primitiven Menschen trotz aller auch hier nicht zu übersehender
Unterschiede besitzt, liegt denn auch das zwingende Motiv dafür, daß
gelegentlich ein einer höheren epischen Gattung angehörender Stoff
in der Kindererzählung wieder zum Märchen werden kann. Doch
ist das weder ein Beweis, daß das Märchen überhaupt auf diesem
Wege der Rückbildung entstanden sei, noch auch, daß in den Fällen,
in denen wir einem und demselben Stoff sowohl in der Form der
höheren epischen Dichtung wie in der des Märchens begegnen, jene
erste Form die primäre sei. Vielmehr kann nicht minder ein ur-
sprünglicherer Märchenstoff unter der Einwirkung äußerer Bedingungen,
besonders solcher, die mit der Entwicklung einer geschichtlichen
') Vgl. Teil I, S. 326 fr.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3.
7 4 I^cr Natarmythas.
Tradition verbunden sind, entweder nach seinem ganzen Inhalt oder
in einzelnen seiner Bestandteile in die höheren epischen Formen
übergegangen sein. Daß von diesen beiden möglichen Fällen der
zweite im ganzen der häufigere und unter zweifelhaften Umständen
der wahrscheinlichere ist, dies ergibt sich aber aus der Vorherr-
schaft der Märchendichtung bei primitiveren Völkern und aus den
bei ihnen zu beobachtenden direkten Übergängen zu Stammessagen,
in die neben den fortan bestehen bleibenden Märchenmotiven dunkle
Erinnerungen an Wanderungen der Völker und an Helden der Vor-
zeit verwebt sind, sowie aus der überaus häufigen Aufnahme völlig
märchenhafter Züge oder einzelner Märchenepisoden in das ausge-
bildete Epos. Man denke nur an die noch völlig zwischen Märchen
und Sage mitten inne stehende Epik der Serben und Kirgisen oder
auch auf einer höheren Stufe epischer Kunst an die Märchenepisoden
der Odyssee').
Indem zwischen dem Märchen und den in der Entwicklung der
Gattungen der Dichtung nach ihm kommenden Formen der poetischen
Erzählung die Sage ein wichtiges Mittelglied bildet, kann auch sie
sowohl in der allgemeinen Volksüberlieferung wie in Erzählungen
vorkommen, die sich lange vor ihrer etwaigen schriftlichen Fixierung
mit mannigfachem Wechsel der Form und nicht selten mit mannig-
fachen Variationen des Inhalts in der mündlichen Tradition fortpflanzen.
Oder sie kann als reine Kunstdichtung entstehen, die entweder an
die überlieferten Stoffe sich anlehnt oder vollkommen freie Erfindung
ist, die nur in ihrer Form jene im Volke lebenden Erzählungen nach-
ahmt. In allen diesen Fällen ist aber das Märchen von der Sage
und ihrer Nebenform der Legende, durch Merkmale geschieden, die
es an sich schon als die ursprünglichere Form erscheinen lassen.
Was das Märchen erzählt, ist überall und nirgends geschehen. Es
fehlen ihm die Beziehungen auf Ort und Zeit, soweit sich solche
nicht in dem Kolorit der allgemeinen Kultur verraten, der der Ur-
sprung oder die spätere Gestaltung des Märchens angehört, durch
die der einer älteren Kulturgeschichte angehörende Inhalt lebens-
fähig bleibt. In der Verknüpfung der Ereignisse folgt aber dieses
*) Vgl. Teil I, S. 3 26 ff. und hinsichtlich der Übergangsfonncn des Märchens
zum Epos, ebenda S. 366 f.
4 Märchen, Sage und Legende als Entwicklangsformen des Mythus. 3 j
nicht den Gesetzen der Wirklichkeit, sondern den Eingebungen der
von den Affekten der Freude an Glück und Glanz und der Furcht
vor dem Unheimlichen erregten Phantasie. So gibt es denn auch
keine Grenze, die hier den Menschen von den durch die Phantasie
belebten Gegenständen seiner Umgebung trennt. Menschen verwandeln
sich in Tiere und Tiere in Menschen oder beide sogar in Steine und
Bäume, und demnach können in dieser Zauberwelt nebeneinander
Menschen, Tiere und gelegentlich selbst Pflanzen und andere Natur-
objekte als redende und handelnde Wesen auftreten. Die Samm-
lungen der Volksmärchen wie die ihnen nachgebildeten Kunstdichtungen
bieten hier eine Fülle von Beispielen, nur weichen die letzteren nicht
selten in doppelter Richtung von dem echten Volksmärchen ab.
Bald nehmen sie bestimmtere Beziehungen zu Ort und Zeit auf und
werden so zu Mischformen aus Märchen und Sage, bald verwenden
sie die in dem echten Märchen nur sparsam vorkommende Belebung
lebloser Natur- und selbst Kunstobjekte im Übermaß. Zur ersteren
Gattung gehören manche Stücke aus Tausend und eine Nacht samt
ihrer das Ganze bereits in die Sphäre der Sage erhebenden Rahmen-
erzählung. Die zweite Form wird durch nicht wenige neuere Dichtungen
besonders auch solche des trefflichen Andersen vertreten. Duieii
gegenüber bilden die bekannten und zumeist in vielen Parallelen über
andere Länder verbreiteten Stücke der Grimmschen Sammlung^ wie
Rotkäppchen, Aschenputtel, Tischlein deck dich, Allerleibraiih^ Dom-
röschen und viele andere treffende Beispiele echter Märdiendicbtimg.
Daß das Volksmärchen diese Züge des reinen Märchens treuer be-
wahrt hat als die Kunstdichtung, ist wohl weniger in dem individuelleren
Ursprung der letzteren als vielmehr darin begründet, daß der Stoff
solcher Volksdichtung in den Umwandlungen, die er bei der Tradition
von einem Erzähler zum andern erfahrt, weit mehr den allgemeijiea
Bedingungen sich anpassen muß, unter denen die aller Sdiranken
spezifischer Bildungseinflüsse ledige Phantasie eines Volkes iteht
Dieser Zustand ist aber in der Phantasie des Kindes am meiiliea rer-
u-irklicht, weil diese am wenigsten von den besonderen getdiiftglichrto
Einflüssen berührt wird, die die Erhebung des Märchent im Ssi^^
veranlassen. Darum trägt das echte Märchen den NaflKS »lünr^-
märchen« im Grunde zu Unrecht. Denn seine ÜbereiMtiHMnc^ -zsc
der kindlichen Phantasie ist nur eine Folge jener hmfmmmg 42. *
r
^5 ^^cr Naturmythas.
allgemeinsten, von besonderen Bildungseinflüssen unabhängigen B<
dingungen, unter denen die Volksphantasie steht. Darum kann ;
auch der erwachsene und vor allem der gebildete Mensch so gi
wie das Kind den Zauber des Märchens genießen, nicht weil er, w
das eine verbreitete Meinung ist, seine Phantasie künstlich auf d
Stufe des Kindes zurückversetzt, sondern weil er sich an ihrem freie
Spiel erfreut, bei dem er des Zwangs entledigt ist, den Wirklichkc
und Reflexion sonst auf ihn ausüben.,
c. Die Sage.
Vom Märchen scheidet sich nun die Sage durch die Beziehui
der erzählten Begebenheiten auf einen bestimmten Ort und eine b
stimmte Zeit, wozu als drittes Merkmal auch noch die Beziehung a
wirkliche Persönlichkeiten der Geschichte hinzutreten kann. Do<
dieses letztere Merkmal ist zwar ein sehr häufiges, aber es ist keine
wegs ein notwendiges. Vielmehr genügen Ort und Zeit, wenn s
auch nur als allgemeine geschichtliche Orientierungspunkte gegeb<
sind, vollständig, um der Erzählung einen gewissen Grad historisch
Glaubwürdigkeit zu geben. Gesteigert wird dann dieser noch d
durch, daß im Hintergrund der Sage bestimmte in der Traditic
fortlebende Ereignisse stehen. So würden die Beziehungen auf d
Kämpfe um Troja in dem griechischen oder die auf die Bui^^d<
und Hunnen in dem deutschen Epos der Erzählung den Qiarakti
der Sage verleihen, auch wenn keiner der Fürsten, die nach Trp
zogen, und keiner der Helden der Nibelungensage jemals gele'
haben sollte. Die Sage kann demnach vollkommen erdichtete E
eignisse berichten, und ihre Helden können ganz und gar erfund<
sein, der Umstand, daß sie sich als Erzählung eines der Geschieh
angehörenden Ereignisses gibt, genügt vollständig, um sie vom Märch<
zu scheiden. Dagegen hat sie mit diesem noch jene Kausalität d
Zaubers gemein, die auch hier im Grunde nichts anderes als d
Projektion der eigenen Wünsche und Befürchtungen in die Begebe;
heiten ist. Nur zieht allerdings der Schein des Geschichtlichen, d<
sich die Sage gibt, dieser Phantastik des Zaubers engere Schranke
Die Tierverwandlungen und die grotesken Naturwunder treten zurü<
gegen die mit den Vorstellungen der Wirklichkeit eher vereinbart
Talismane und Amulette der von dämonischen Wesen geschmiedet«
;
Märchen, Sage und Legende als Entwicklungsformen des Mythos. 37
Zauberwaflfen, der Zaubermittel, die den Körper unverwundbar machen
und der Seele magische Kräfte verleihen. So werden in der Sage
zumeist nur Erscheinungen, wie sie auch das wirkliche Leben bietet,
ins Wunderbare gesteigert, und insonderheit der Sagenheld selbst
besitzt nur die allgemein menschlichen Eigenschaften in einem die
natürlichen Grenzen menschlicher Kraft weit überschreitenden Maße.
Diese Tendenz, die im Märchen unbeschränkt waltende Macht der
Phantasie auf eine Steigerung natürlicher Eigenschaften zu beschränken,
erscheint so als eine unmittelbare Folge jener Beziehung der Sage
auf bestimmte Länder und Zeiten, auf geschichtliche Ereignisse und
Persönlichkeiten. Sie fuhrt damit aber zugleich zu einer energischeren
Ausbildung der persönlichen Eigenschaften des Sagenhelden. Bietet
auch der Märchenheld schon in den typischen Figuren des Starken
und des Schlauen die ersten Anfange einer solchen Charakteristik,
so bleibt er doch im übrigen weit mehr ein Spielball äußerer Zauber-
kräfte, als daß er selbstätig die Handlung bestimmte'). Ganz anders
der Sagenheld, in dem sich nicht nur jene allgemeinen Typen in
der mannigfaltigsten Weise individualisieren, sondern der vor allem
auch ungleich mehr durch sein eigenes Handeln in die Ereignisse
eingreift. Mit dieser zunehmenden Vermenschlichung des Helden geht
die Scheidung von der Tierwelt, wie sie schon in dem Schwinden
der höchstens in spärlichen Märchenresten stehen gebliebenen Tier-
verwandlungen sich ausspricht, Hand in Hand. Die Tiere werden,
indem auch sie die Wirklichkeit nur in einer phantastisch gesteigerten
Form spiegeln, zu treuen und durch die Zauberkräfte, mit denen sie
gleichfalls ausgestattet sind, hilfreichen Begleitern des Menschen, unter
ihnen vor allen das Roß des Helden, oder sie werden zu furchtbaren
von ihm bekämpften Ungeheuern, in deren Schlangen- und Vogel-
gestalten die alten Seelendämonen noch fortleben. Die Pflanze aber
kann ein belebend oder tötlich wirkendes Mittel in der eigenen Hand
oder in der der feindlichen Mächte sein, deren Nachstellungen der
Held unterliegt.
Wie das Märchen, so ist schließlich auch die Sage ebensowohl
in der Form der Volksdichtung wie als individuelle Kunstdichtung
möglich. Doch die im ganzen höhere Stufe der Kultur und die
«) Vgl. Teil I, S. 3S2f.
38 ^cr Natnrmythtu.
geschichtliche Perspektive, die die Sage im Gegensatz zum Märchen
eröflfnet, begünstigen hier eine engere Verbindung der Kunstdichtung
mit der in der Tradition lebenden Volkssage und eine dichterische
Fortbildung und Umwandlung der letzteren, wie sie bei dem Volks-
märchen infolge seiner scharfen Sonderung von der es nachahmenden
Kunstdichtung bei weitem nicht in gleichem MaDe besteht. Der in
der allgemeinen Überlieferung lebende Sagenstoff pflegft freilich, so
gvit wie der des Märchens, zunächst ein einzelnes Ereignis zu sein.
Die von Mund zu Mund sich fortpflanzende Sage behandelt ein eng be-
grenztes Thema, sie erzählt einen an einen bestimmten Ort gebimdenen
oder in eine bestimmte geschichtliche Umgebung versetzten phan-
tastisch ausgeschmückten Vorgang. Aber indem gewisse über längere
Zeiten sich erstreckende Ereigfnisse und einzelne sagenhafte Persön-
lichkeiten sich durch eine größere Zahl solcher Erzählungen hindurch-
ziehen, regen sie die Phantasie einzelner Dichter an, diese zunächst
wohl nur äußerlich zusammengehaltenen Stücke zu einer Einheit zu
verbinden und ihnen eine rhythmisch und melodisch zu gesteigertem
Eindruck erhobene künstierische Form zu geben. Ob es ein einziger
Dichter ist, der in dieser Weise einen zusammenhängenden Sagen-
stoff gestaltet, ober ob aus den Liedern vieler Rhapsoden schließlich
wiederum durch die endgültige Bearbeitung eines einzelnen das Ganze
sich mehr mosaikartig zusammensetzt, ist fiir den allgemeinen Charakter
des letzteren gleichgültig. Das Wesentiiche, das hier die zum Epos
werdende Sage von dem Märchen scheidet, ist eben dies^ daß die
Sage an bestinunte Ort- und Zeitbeziehungen und in ihren höheren
Formen an bestimmte der Geschichte zugezählte Helden geknüpft ist,
und dadurch bereits das Motiv zur Zusammenfugfung einer Menge
an den gleichen Ort, die gleiche Zeit und vor allem an die gleichen
Helden geknüpften Sagenstoffe in sich schließt, damit aber auch eine
ungleich eingreifendere dichterische Verarbeitung herausfordert Als
das Material solcher Verarbeitung dienen jedoch sichtlich nicht bloß
jene in der Tradition lebenden und zum Teil selbst schon märchen-
haft umgestalteten Erinnerungen, sondern auch die im Volke gleich-
zeitig lebenden Märchenstoffe, die der Sage inkorporiert und so aus
jener ursprünglichen Beziehungslosigkeit zu Zeit und Raum gelöst
werden. Ein sprechendes Zeugnis dafür ist die Tatsache, daß nunmehr
in die Sage zahlreiche Züge eingehen, die selbst nach dieser Aufnahme
Märchen, Sage und Legende als Entwicklnogsformen des Mythus. ^q
in einen epischen Sagenzyklus ihren märchenhaften Qiarakter beibe-
halten, nur daß dieser, gemäß der Stimmung einer kriegerischen Um-
gebung und der höheren Kultur, der der epische Sänger angehört,
gleichfalls auf einen erhabeneren Ton abgestimmt ist. Hierdurch er-
klärt es sich auch, daß jene Zauberwelt des ursprünglichen Märchens
in den vereinzelten Volkssagen, obgleich ihnen dem epischen Sagen-
zyklus gegenüber im allgemeinen die größere Ursprünglichkeit zu-
geschrieben werden muß, doch eine viel geringere Rolle spielt als in
dem kunstmäßig ausgebildeten Epos. Die Einzelsage entfernt sich
oft nur wenig von dem Boden des geschichtlich Möglichen. Ihre
mjrthologischen Ingredienzien sind zumeist die der niederen Gattung.
Es sind die Geister, die in einsamen Burgen ihr Wesen treiben, die
Wald- und Bergdämonen und die Zaubermittel der Befschwörungen
und Amulette, die in dem Volksglauben heute noch ihre Rolle
spielen. Erst in dem Sagenzyklus, der die Schicksale von Helden
und Heldengeschlechtem poetisch verherrlicht, steigern sich mit der
Größe der Aufgabe die Mittel, deren die dichterische Phantasie bedarf,
um die Ereignisse in eine das Maß des alltäglichen Lebens über-
ragende Höhe zu heben. Damit steigern sich notwendig auch die
Ansprüche an die Zauberwelt, die den Hintergrund der bereits vom
ersten Dämmerlicht der Geschichte beleuchteten Handlungen bildet,
auf dem sich das durch diesen weiteren historischen Horizont selbst
schon vergrößerte Bild der Helden und ihrer Taten bewegt. So
nimmt hier der in der Einzelsage nicht selten zu einem kümmer-
lichen Rest geschwundene mythologische Apparat immer mächtigere
Formen an. Die Geister und Dämonen der Einzelsage mit ihrem auf
den momentanen Eindruck des Unheimlichen oder Überraschenden
gestinmiten Eintagsleben genügen der dichterischen Phantasie nicht
mehr. An die Stelle jener an Zahl unbegrenzten, aber eines indivi-
duellen Charakters entbehrenden Zauberwesen treten die persönlichen
Götter, wie sie indessen im Kultus zur Herrschaft gelangt sind und
unter dessen Einfluß jene niedere Dämonenwelt mehr und mehr
zurückgedrängt haben. Sie mischen sich nun in die Kämpfe der
menschlichen Helden, womit sich dann dieses von der epischen Sage
entworfene Bild auf die Götterwelt selbst überträgt. In der epischen
Ausgestaltung der Göttersage wiederholt so die dichterische Phantasie
gerade hier, wo sie wiederum den geschichtlichen Boden ganz unter
40 Der Naturmythus.
sich verliert, das in ort- und zeitloser Phantastik schweifende Märchen
auf einer höheren Stufe. Hiermit kehren aber auch vornehmlich in
der Göttersage die alle Grenzen überschreitenden Zauberwirkungen
wieder, die das Märchen in seinen noch durch keine Bande einer
geschichtlichen Wirklichkeit gefesselten, nur von dem schrankenlosen
Walten der Phantasie eingegebenen Gebildeti geschaffen hat. So
verliert die Göttersage wieder den Charakter der eigentlichen Sage.
Auch sie schwebt nun über Raum und Zeit, als ein Geschehen, das
sich überall und nirgends ereignet, und das eben dadurch seine
Wiederholung im Kultus herausfordert, eine Nachahmung, hinter der
allezeit das dem Zauber immanente Motiv steht, auf den Nachahmen-
den selbst die Zauberkräfte zu leiten, die den göttlichen Wesen zu-
geschrieben werden. Nur darin, daß die Göttergeschichte mit einzelnen
bevorzugten Helden, die in die geschichtliche Vergangenheit des
Volkes verlegt werden, in Verbindung tritt, schiebt sich zwischen die
Götter- und Heldensage in der Heroensage ein Zwischengebilde ein,
das, an den Eigenschaften beider teilnehmend, Übergänge vermittelt
und die Grenzen zwischen beiden um so zweifelhafter machen kann,
als die Grenzen zwischen den Heroen und den Göttern selbst unsichere
zu sein pflegen.
Indem nun aber die Göttersage überall da, wo sie solcher Be-
ziehungen zu menschlichen Helden und durch sie der Verbindungen
mit irgend einer sagenhaften Vorgeschichte entbehrt, den Qiarakter
des Märchens mit allen seinen grotesken Zauberwundem auf einer
höheren, die Züge des Märchens ins Ungeheure steigernden Stufe
wiederholt, wird der Ausdruck >Sage« besonders da, wo selbst die
Bestandteile der Heroensage aus ihr verschwinden, immer unanwend-
barer. Ebenso entfernt sie sich sowohl durch den Schauplatz ihrer
Handlung wie durch die Größe der Göttergestalten und endlich
durch die von dem Sagenzyklus herübergenommene Verknüpfui^
der geschilderten Vorgänge von dem in allen diesen Beziehungen
auf einer primitiveren Stufe verbliebenen Märchen. Demgemäß pflegt
man denn auch beiden, der Helden- und Heroensage auf der einen
und dem Märchen auf der andern Seite, den Göttermythus als
eine dritte Form der Volksdichtung gegenüberzustellen, die mit der
Sage die Verbindung zu einem epischen Ganzen, mit dem Mär-
chen das freiere Spiel der Phantasie und die Entrückung über die
Märchen, Sage und Legende als Entwicklirngsformen des Mythus. 41
Schranken von Raum und Zeit gemein hat, über beide aber durch
seinen erhabeneren Inhalt emporragt. Damit pflegt man dann auch
noch die weitere Voraussetzung zu verbinden, der auf solche Weise
gleichzeitig zwischen und über jenen andern Formen stehende Götter-
mythus sei die ursprüngliche Quelle beider, indem der Mythus
zur Sage werde, sobald er zu bestimmten Landschaften und histo-
rischen Erinnerungen mit den dazu gehörigen Begebenheiten in Be-
ziehung trete, und daß er zum Märchen herabsinke, wenn sich die
Mythenerzählung zur Stufe der kindlichen oder der ihr ähnlichen
naiven Volksphantasie herablasse. Diese Annahme gründet sich aber
auf mythologische und ästhetische Voraussetzungen, die allen Ge-
setzen psychologischer Wahrscheinlichkeit widerstreiten, und die ge-
schichtlich mit einem gewissen Schein der Wahrheit nur dann auf-
recht erhalten werden können, wenn man die historische Entwicklung
überhaupt erst bei dem Punkte beginnen läßt, bis zu dem im all-
gemeinen die Tradition der Kulturvölker zurückreicht. Auf diese
Weise kommt man zu der Vorstellung, alle Mythologie habe mit
einem Göttermythus begonnen, aus diesem sei durch die Aufnahme
geschichtlicher Erinnerungen die Sage, und aus beiden sei dann
wieder durch eine mit dem Verfall des Götterglaubens Hand in Hand
gehende Degeneration das Märchen entstanden. So bewegen sich hier
Mythus wie Dichtung in absteigender Richtung. Der den Mythus
und die älteste Dichtung beherrschende Glaube an erhabene Himmels-
götter soll auf der einen Seite der Heldensage Platz machen, in der
die Götter in ihrer Größe mehr und mehr auf das menschliche Maß
herabsinken, und auf der andern in dem aus dunkeln Erinnerungen
an die einstige Helden- und Götterwelt und aus willkürlichen phan-
tastischen Einfallen zusammengesetzten Kindermärchen ausklingen.
In dieser nach zwei Seiten hin rückwärts gerichteten Entwicklung
erblickt man zugleich einen unmittelbaren Ausdruck der Tatsache,
daß überall, wo sich dieser Prozeß in der Geschichte verfolgen läßt,
mit dem schwindenden Götterglauben auch der Göttermythus allmäh-
lich verblaßt oder höchstens in den nie ganz erlöschenden niederen
Dämonen- und Zaubervorstellungen noch fortlebt.
Doch so unzweifelhaft solche Erscheinungen regressiver Entwick-
lung vorkommen, und so wahrscheinlich es daher ist, daß, ähnlich wie
sich alte Kultformen in bedeutungslos gewordenen Bräuchen erhalten,
^2 Ücr Naturmythus.
SO auch gelegentlich in zerstreuten Einzelsagen und Märchen Reste
einer vormaligen höheren Mythologie anzutreffen sind, so unmöglich
ist es, daß mit einem solchen höheren Göttermythus die mytho-
logische Entwicklung begonnen habe. Der Annahme, daß die Sagen-
oder Märchendichtung überall auf jenen als die ursprünglichere
mythologische Form zurückführe, widersprechen nicht nur die zahl-
reichen Volksdichtimgen dieser Art, die eines mythologischen Zu-
sammenhangs völlig entbehren, sondern dem widerspricht vor allem
auch die Mythendichtung primitiver Völker. Hier fallen, wie wir
bald sehen werden, Naturmythus und Naturmärchen völlig zusammen.
Einen Göttermythus gibt es überhaupt nicht, oder wenn man von
ihm reden wollte, so würde man als solchen nur gewisse Märchen
und Märchenzyklen bezeichnen können, die sich ganz in jener
niederen Sphäre phantastischen Zaubers bewegen, wie sie unseren
Zaubermärchen noch eigen ist, ebenso wie auch die Kulte solcher
Völker den Zauberbräuchen, die in dem Aberglauben der Kultur-
völker als Reste früherer ausgebildeterer Kulte vorkommen können,
verwandt sind. Nehmen wir zu diesen ethnologischen Tatsachen
die mannigfachen Spuren, die uns auch in den Göttermythen der
Kulturvölker als Hinweise auf einen ursprünglicheren, den Märchen-
charakter ausgesprochener an sich tragenden Zustand des Mythus
begegnen, so wird jene naturmythologische Theorie eines anfang-
lichen Göttermythus, aus dem durch eine Art fortschreitender De-
generation die niederen Formen mythologischer Dichtung hervor-
gegangen seien, unwiederbringlich zerstört. Sie entspricht so wenig
der Wirklichkeit wie der Mythus vom goldenen Zeitalter. Vielmehr
eröffnet sich uns der Ausblick auf eine auf- und eine absteigende
Phase mythologischer Entwicklung, die sich in der Mythenerzählung
wie im Kultus sowohl in dem Nebeneinander der Kulturstufen wie
in dem den Zeugnissen der Überlieferung zu entnehmenden Nach-
einander der Zustände erkennen lassen. Freilich bringen es dabei
zugleich die wesentlich abweichenden Bedingungen der gesamten
geistigen Kultur, die diese Entwicklung begleiten, mit sich, daß weder
die uns heute gegebenen Zustände niederer Rassen als ganz über-
einstimmend mit den ursprünglichen der Kulturvölker, noch daß
vollends die aufsteigenden Phasen in der Entwicklung der letzteren
als übereinstimmend mit den absteigenden gelten können. Was den
Märchen, Sage nnd Legende als Entwicklnngsfonnen des Mythos. /^^
primitiven Zustand gegenüber dem späteren, abgesehen von der Fülle
der sonstigen Kultureinflüsse, hier vor allem kennzeichnet, das ist die
enge Beziehung, in die im primitiven Glauben der in Zaubermärchen
und einzelnen märchenhaften Sagen niedergelegte mythologische und
poetische Inhalt zu dem Kultus und den einzelnen Zauberriten tritt,
die das Tun imd Lassen des Naturmenschen auf Schritt und Tritt
begleiten. Je inniger diese Kultelemente mit den primitiven Mythen-
erzählungen teils ihrem unmittelbaren Inhalte nach teils in ihrer all-
gemeinen Gesinnung zusammenhängen, um so mehr überträgt sich
naturgemäß auch der Glaube an die Wirksamkeit der einzelnen Riten
auf die Mythenerzählungen. • So sehr diese daher in ihrem ganzen
Kolorit dem Volksmärchen der Kulturvölker gleichen mögen, das
Motiv des Glaubens unterscheidet viele von ihnen mindestens ihrem
Hauptinhalte nach. Freilich gilt das nicht von jeder einzelnen der-
artigen Erzählung. Dem widersprechen schon die zahlreichen Vari-
anten, die in der Regel umlaufen, und die die willkürliche Weiter-
dichtung und Ausschmückung zu deutlich verraten, als daß nicht von
Anfang an vieles ganz imd anderes wenigstens zum Teil als freie
Dichtung gelten müßte. Vielmehr ist es auch hier nicht sowohl der
einzelne Zug als der ganze Charakter der Erzählung, durch den diese
als ein Bild der Weltanschauung des Naturmenschen erscheint. Mit
der Loslösung von der letzteren gehen denn auch alle diese Formen
der Erzählung eines mythischen oder im Geiste der mythenbildenden
Phantasie erdichteten Inhalts sichtlich mehr und mehr in eigentliche
Dichtungen über, die mit dem Mythus fortan nur noch die Eigen-
schaften gemein haben, die den Schöpfungen der Phantasie über-
haupt zukommen. Dazu gehört innerhalb der ganzen Entwicklimg
der mythologischen Dichtung und ihrer späteren Nachwirkungen
insbesondere auch der Zauber, der, abgesehen von dem ihn etwa
begleitenden Glauben an seine Wirklichkeit, eben nichts anderes als
ein willküriiches, von den Affekten der Furcht und Hoffnung ge-
tragenes Spiel der Phantasie ist, und für dessen äußere Erscheinungs-
formen es daher vollkommen gleichgültig bleibt, ob er ganz oder
teilweise geglaubt, oder ob er bloß als eine dichterische Erfindung
angesehen wird.
Sind nun aus diesem Grund, nicht minder wie infolge der oben
erörterten engen Verwebungen beider, die Grenzen zwischen Mythus
44 ^cr Naturmythus.
und Dichtung fließende, so scheitert auch jene angeblich direkt aus
dem Mythus in die Dichtung führende Reihe der Begriffe Götter-
mythus, Heroensage und Märchen im Hinblick auf das tatsäch-
liche Verhältnis der gewöhnlich zu ihnen gezählten Formen der Er-
zählung. Erstens gibt es keinerlei äußere Kriterien, durch die sich
die Dichtung von der unter ihrer Mithilfe zustande gekommenen
mythologischen Form scheiden ließe. Der Göttermythus kann so-
wohl die Form des Märchens wie die der Sage besitzen; und eine
dieser beiden Formen besitzt er immer. Wo die selbst der theo-
gonischen Sage zumeist eigene, wenn auch noch so unbestimmte Be-
ziehung auf Raum und Zeit fehlt, da wird eben der Mythus zum
reinen Zaubermärchen, für das die hier in den meisten Fällen vor-
kommende Steigerung ins Gewaltige und Übermenschliche oder die
Verlegung über die Erde imd unter die Erde, deren sich auch das
gewöhnliche Märchen bedienen kann, keinerlei Unterscheidungsmerk-
mal abgibt. Zweitens ist der Glaube an den mythischen Inhalt ein
subjektives, vor allem von den Beziehungen zum Kultus abhängendes
Merkmal, das fiir den objektiven Inhalt des Erzählten nach keiner
Richtung maßgebend sein kann, und über dessen Vorhandensein wir
bei den namentiich aus älterer Tradition stammenden Mythen kaum
mehr urteilen können. Ob die nordischen Skalden den Inhalt der
Eddalieder, die sie poetisch geformt, durchweg geglaubt haben, darf
man wahrscheinlich bezweifeln. Anderseits kann das Märchen, das
einem Kinde erzählt wird, für dieses heute noch als eine irgendein-
mal geschehene Wirklichkeit gelten. Fassen wir alle die Formen der
Erzählung, deren Inhalte irgend welche mythologische Vorstellungen
bilden, unter dem allgemeinen Begriff des Mythus zusammen, so
kann daher dieser in den beiden Gestalten des mythologischen
Märchens und der mythologischen Sage auftreten. Der Götter-
mythus ist aber keine dritte Gattung neben ihnen, sondern er ist ent-
weder Märchen oder Sage, oder er kann aus beiden gemischt sein.
d. Die Legende.
Als eine für die Entwicklung des Mythus besonders wichtige
Unterart der Sage tritt uns endlich in der Mythendichtung der ver-
schiedensten Länder und Zeiten die Legende entgegen. Der heutige
Gebrauch des Wortes schwankt zwischen einer engeren und dner
. k^ Der Sasannwunm.
<»<U:i hiiitci' dem firobcn Hasen 5cr AcTmknnroQzr wmät sidi dann
uu*|jlUtu^i Webe irgend tsn messdmiaier Hdd oocr FrfmVr in
iiirti* tMJiihiifmi LfmbüIiiiÄgca ital^e^oL Aber was. wx TJscuct schon
«Mti{4MliJUtr4 hat, von ^!er ongdcKsncs Jfaäxrsibl dc i1iit%lTM3if.n HcQ^cn
^ilt*), (U* 0h tnt redzr ric rnfsrr jsgcncaiiadiCB Hciocn der
Niluivolk#Tf «ie mik!, so» grr vic osr ISväms Tom goüdcBcn Zcit-
rtll^jr, \'rit\tiMfmi/:n fiet eagesKa Wänsiaic mct des Wales gcsosscncr
(/lilur ifi /I^n M/thc»- In oc=z AugeaSÄct. wo ädi &se WvBcb-
MM(t W^rfUf^^if^ ^ <iscr 3l2r=sea- :«5cr Sagoigestalt Tcdräpon,
(U wird rJI^SÄ-^ G-^öitait zzsn Hcüöes cäncr Les^esdc, ob am <Scscr
Hrl/I iirif^r "^^n ViaSiJi tocesaadschc VorsacIhn^eB an Ticnlinc,
*#rWjr ^#fi ^'f ^^f ^^ Groacja^ cärscBcäicr \ ürsarThmgoi ein kirdi-
Il^^^^r \M\m^ f^ L'ard »5« ^5car:^ Aasaicgäoi wät vnTinandrr
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H< »M^t/t/ f»h^i^ \f^:^^MtSMit macrc G^in.äu Igfag: 5er Helden der Lesende
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^^UU'^H ^M^ J*Ärch«ir>'kkai voa kgcaiartÄ Oamkter & mdsten
iy,UfAffuiff^t$^h *J»^ ^^ rcgcasü% poeg:: iäer der m^ als Heß-
\,nHi//f i£^i^:P^^ ffeJ^ zagSödi 5e Z^f^HSrfSr des Spottes za sein.
W/Mi ^^-»»f rif/fj^^* ^itr Möc*Ä£- :=3f de: VSkswir in der kmisciien
A,M^t»frMvJ^i*ftjf ^i«- He2g:€Ä«:ea5ei .aii ii 5eT EnSdita^ eigens
Ml*i^'U^'f ^^*rf^tfeÄ^ SpocScgooea ^««rsfct rtaSm ia ia bekannL
j^ th^^f ^^^ f.>yifiieferte ge^Iacbc -wrd. :s:i » Vv^tfer leiil es dazu
^h ^^ff kU^ifr^'^' 'i^ fifdbätJt 'm äc=L Wecrsael iroa Eznse load Scheix
m MffM^f9 'V' J*« <^ 5axr£ä^ta5t cfae rresae F^ialkäe n der
Uf-\ i^rm^'/^ff Voilotm dta Zaabertaaz sb^^eoSa Imh&Ien Futo-
/o»fo^. f^A^r '^^f ti^^tertn Sfcifcn ci c3ca S3r>Ts?oeien des giieihfaUieu
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', »,*AM^ 0/v**^/A*m««; -^
1163
Der Natnrmytliiis nnd die I^mmelsmythologie. 40
4. Der Naturmythus und die Himmelsm3^hologie.
Alle Mythenbildung besteht, wie oben bemerkt wurde, aus ein-
zelnen mythischen Vorstellungen, die zunächst zu Märchen, dann zu
Sagen und Legenden verbunden werden, und die erst verhältnismäßig
spät durch die Vereinigfung zahlreicher solcher Mythengebilde zu
einem Ganzen zusammenwachsen, das wir ein »mythologisches System«
nennen. Dabei soll dieser Ausdruck keinerlei logische Ordnung,
sondern lediglich den innerhalb einer Volksgemeinschaft mehr und
mehr zur Ausbildung gelangenden psychologischen Zusammenhang
solch ursprünglich ganz oder großenteils disparater Mythengebilde
bedeuten. Nennen wir diesen Zusammenhang das »natürliche System«
einer solchen Summe von Mythenbildungen, so stellen sich dem nun
schon in sehr früher Zeit künstliche Systeme gegenüber, die nicht
in dem tatsächlichen Zusammenhang der Mythenbildungen oder doch
nur zum Teil in diesem bestehen, sondern eine von außen, nach
Gesichtspunkten, die ihnen selbst möglicher Weise fremd sind, hin-
eingetragene logische Ordnung enthalten. Hierbei pflegt dann diese
Ordnung nach irgend welchen Hypothesen über den Ursprung der
Mythen orientiert zu sein, die in den seltensten Fällen einer direkten
Prüfung an den Tatsachen zugänglich sind. Für den Charakter dieser
Hypothesen sind daher in erster Linie die allgemeinen, früher be-
sprochenen Anschauungen über Ursprung und Entwicklung des Mythus
entscheidend, und sie sind demnach von vornherein von dem Bestreben
geleitet, die einzelnen wirklich existierenden Mythen einer solchen
Grundanschauung unterzuordnen ').
In der neueren Mythologfie sind solche »künstliche Systeme« im
allgemeinen in einer doppelten Form vertreten. Die verbreitetste, für
die Prellers »Griechische Mythologie« ein klassisches Beispiel ist, geht
von der vermuteten ursprünglichen Naturbedeutung eines Helden,
eines Gottes oder eines Mythus aus und schildert im Anschlüsse
daran die einzelnen Züge, wie sie in der mythologischen Überlieferung
neben- und nacheinander enthalten sind. Dabei werden dann die
einzelnen Bestandteile der Tradition entweder auf jene hypothetische
Ursprungsbedeutung zurückgeführt oder, falls dies nicht gelingt, als
spätere Umgestaltungen, Anlagerungen weiterer Mythenstoffe oder
«) Vgl. Teü I, S. 527 ff.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 4
CO I^cr Natiumythas.
poetische Umdichtungen und Ausschmückungen der Sage betrachtet.
Zweifellos ist das die unschädlichere Form eines künstlichen Systems.
Die tatsächliche Überlieferung kann hier zu ihrem Rechte gelangen,
wenn auch die Ordnung und Verbindung der Tatsachen kaum von
der vorangestellten Hypothese unbeeinflußt bleiben wird. Denn es
ist ja klar, daß z. B. derjenige, der in Herakles von vornherein einen
Sonnengott sieht, dem unter dem Namen dieses Heroen überlieferten
Sagenzyklus nicht mehr völlig unbefangen gegenübersteht, sondern
geneigt sein wird, den Mythus, wo es angeht, in der Richtung jener
Hypothese zu deuten. Weit bedenklicher noch ist aber die zweite
Form künstlicher Systeme. Den Mythologen dieser Richtung ist es
nämlich eingestandenermaßen überhaupt nicht darum zu tun, die
Geschichte des Mythus selbst darzustellen oder gar mit den jeweils
bestehenden Kulturbedingungen in Beziehung zu bringen, sondern sie
sehen ihre wesentliche, wenn nicht einzige Aufgabe in der Ermittel-
ung seines Ursprungs. Die Tatsachen der Mythengeschichte werden
daher nur insoweit herbeigezogen, als sie eben auf diesen Ursprung
Licht werfen können, und es gilt dabei meist als ziemlich gleichgültig,
ob solche Zeugnisse der Götter- oder Heldensage oder dem Volks-
märchen angehören. Hier läßt schon die Art der Problemstellung eine
durch die unmittelbar gegebenen Tatsachen bestimmte systematische
Ordnung, sei es eine natürliche oder künstliche, kaum aufkommen.
Eher läßt sich daran denken, alle irgendwo existierenden Mythen
nach den Naturobjekten zu klassifizieren, auf die sie zu beziehen sind
oder, was hierbei als die Regel anzunehmen ist, hypothetisch bezogen
werden, also von Sonnenmythen, Mondmythen, Stemenmythen usw.
zu reden. Diese Begriffe pflegt man dann freilich nicht bloß auf
solche Mythen anzuwenden, in denen wirklich diese Himmelsobjekte
eine noch im Bewußtsein erhalten gebliebene oder zu irgendeiner
Zeit unzweifelhaft nachzuweisende Rolle spielen, sondern auf alle,
als deren ursprüngliche Ausganspunkte die betreffenden Himmelser-
scheinungen angenommen werden. Dabei pflegen jedoch die Mytho-
logen dieser Richtung wieder jeweils irgendeine einzelne Himmels-
erscheinung, sei es den Mond, sei es die Sonne, sei es irgendein
Sternbild, wie z. B. den Orion, als den einzigen oder doch nahezu
einzigen Gegenstand anzusehen, der zu mythologischen Vorstellungen
angeregt habe. Höchstens darin wird von diesem Standpunkte aus
Der Natarmytlins and die Himmelsmythologie. ^I
dem geschichtlichen Wandel der Vorstellungen einigermaßen Rech-
nung getragen, daß man teils einen später eingetretenen Übergang
von einer dominierenden Vorstellung zur andern, z. B. vom Mond
auf die Sonne, annimmt, teils auch eine allgemeine Tendenz sol-
cher Wandlungen zugesteht, wodurch die ursprünglich alleinherr-
schende Himmelsmythologie durch die Projektion der Himmelser-
scheinungen auf die Erde allmählich Sagen, Legenden und Märchen
Platz gemacht habe, die der Hauptsache nach einen irdischen Schau-
platz haben. Da nun, wenn man von gewissen, unter verwickelten
Bedingungen des Kultus und des kosmogonischen Mythus entstandenen
Göttersagen absieht, die Mythen in ihrer gfroOen Mehrheit tatsächlich
ihren Schauplatz auf der Erde haben, darunter insbesondere auch
diejenigen, denen man irgendeinen solaren, lunaren oder sonstigen
himmlischen Ursprung zuzuschreiben pflegt, so bewegt sich der größte
Teil dieser Mythologien in einer hypothetischen mythologischen Ver-
gangenheit. Das kann nicht wundernehmen, da ja hier nicht die
wirklich existierenden oder irgendwann geschichtlich nachweisbaren,
sondern die vor jeder Geschichte liegenden ersten Ausgangspunkte
mythologischer Vorstellungen die Probleme dieser mythologischen
Systeme bilden^).
') Der Mond wird z. B. von E. Siecke (Mythologische Briefe, 1902, Drachenkämpfe,
1907), die Sonne, die in den früheren Himmelsmythologien dieser Art aber auch bei
den Natarmythologen der ersten Klasse, z. B. bei Preller, die Hauptrolle za spielen
pflegt, neuerlich besonders von L. Frobenius (Das Zeitalter des Sonnengottes, I, 190J)
endlich, wenigstens in der großen Mehrzahl der Fälle, der Orion, meist zugleich in
seinen Beziehungen zu andern Sternbildern, namentlich den Plejaden, von Ed. Stucken
als der Ausgangspunkt aller Mythenbildnng betrachtet (Astralmythen, 1896 — 1907).
So verschieden diese in den einzelnen Hypothesen vorherrschenden Objekte an sich
sind, so betrachten doch deren Vertreter und andere einer solchen ausschließlichen
Himmelsmythologie zugeneigte Gelehrte diese Unterschiede nicht selten als verhältnis-
mäßig gleichgültig. (Vgl. Hugo Winckler, Kritische Schriften, V, 1905/6, S. 88.)
Übrigens erkennt man in den Richtungen dieser Hypothesen deutlich die verschiedene
Richtung der spezielleren Studiengebiete der Mythologen: die Astralmythologie wird
im allgemeinen von den Babylonisten , die Mond- und Sonnenmythologie von den
Vertretern der griechischen Mythologie und meist auch von den Ethnologen bevorzugt,
soweit diese der Himmelsmythologie huldigen. So schließt Äch P. Ehrenreich in der
Annahme einer Priorität des Mondes an Siecke an, während Frobenius die Sonnen-
mythologie bevorzugt. Außerhalb dieses Kreises stehen dann noch meist, aber der
vorsichtigeren Methode Prellers folgend, die Vertreter der indischen und der ger-
manischen Mythologie, die neben Sonne und Mond auch dem dereinst von W. Schwartz
in den Vordergrund gestellten Gewitter die herrschende Bedeutung zuweisen.
4*
6 2 Der Natnrmythas.
Es kann an dieser Stelle nicht unsere Aufgabe sein, den Inhalt
der Hypothesen näher zu erörtern, die unter diesem alle andern Fragen
gegen die des Ursprungs der mythologischen Vorstellungen zurück-
stellenden Gesichtspunkt ans Licht getreten sind. Der allgemeine
Charakter dieser Hypothesen ist in der in Kap. III (Teil I, S. 543 flF.)
gegebenen Übersicht der naturalistischen Formen »konstruktiver
Mythologie« geschildert worden, und auf das Einzelne wird erst bei
den verschiedenen Gruppen von Naturmythen eingegangen werden
können. Wohl aber wird hier, vor dem Eintritt in die spezielleren
Probleme des Naturmythus, insofern eine kurze kritische Orientierung
über die erwähnten Hypothesen erforderlich sein, als gerade sie sich
in ihrem Zurückgehen auf die letzten Motive des Naturmythus, die
doch wohl in gewissen allgemeingültigen geistigen Eigenschaften ihre
Quelle haben müssen, äußerlich am nächsten mit der psycholog^ischen
Betrachtung zu berühren scheinen. Demnach kann die von den
Mythologen dieser Richtung geübte Methode in gewissem Sinne als
der Versuch einer Psychologie des Mythus betrachtet werden, und es
ist daher zu erwägen, inwiefern vom völkerpsychologischen Stand-
punkte aus einer solchen Methode zu vertrauen sei oder nicht. Diese
Frage kann um so weniger zurückgestellt werden, als von ihrer Beant-
wortung ebenso die Stellung der einzelnen Aufgaben wie der einzu-
schlagende Weg abhängt.
Hier fällt nun zunächst die Gleichförmigkeit in die Augen , mit
der in diesem Fall die vergleichende Methode auf die verschiedensten
Gegenstände angewandt wird, und noch mehr die, mit der sie immer
und immer wieder zu demselben Resultat fuhrt. Das erhellt deutlich
aus irgend einem beliebig herausgegriffenen Beispiel. Eine Unter-
suchung E. Böklens über die Paradiesessage kommt schließlich zu
der folgenden Reihe von Gleichungen: Mond = Adam = Eva =
Schlange = Paradies = Lebensbaum = Baum der Erkenntnis =
Cherub mit flammendem Schwert = Kain = Abel *). Ähnlich be-
trachtet E. Siecke in seiner Deutung der Heraklesmythen den Herakles
selbst, die sämtlichen Ungeheuer , die er bezwingt, seine Keule ^ den
Augias samt dessen Stall usw. alles als ursprüngliche Verkörperungen
') Erast Böklen, Adam und Qain im Lichte der vergleichenden Mythenforsdning,
1907.
Der Natnrmythas und die Himmelsmythologie. ^3
des Mondes ']. Nun ist es selbstverständlich nicht die Meinung dieser
Autoren, daß diese Gleichungen jemals gleichzeitig gültig gewesen
seien, sondern es müßte fiir jede solche Mondgleichung eine andere
Epoche angesetzt werden, so daß also z. B. zur Zeit, als Adam Mond-
wesen war, Eva noch nicht existierte, und Adam seine Mondnatur
bereits eingebüßt hatte, als sich in jener der Mond verkörperte usw.
Aber gesetzt, man ließe diese Annahme gelten, so würde doch erstens
deutlich gemacht werden müssen, was aus den älteren Mondwesen
geworden sei, als die jüngeren an ihre Stelle traten, und sodann,
jn welcher Reihenfolge überhaupt diese Ablösung geschah, nament-
lich da, wo die betreffenden Vorstellungen gar nicht voneinander
zu trennen sind. War Adam Mensch, als Eva in Gestalt der Mond-
sichel apperzipiert wurde? Ist Adam oder ist das Paradies das frühere
Mondwesen? Oder ist vielleicht Adam irgend einmal der Mann im
Monde gewesen? Auf alles das erhalten wir nur die dürftige und
offenbar nicht für alle diese Fälle zureichende Auskunft , eine spätere
Zeit habe im allgemeinen die Tendenz, ein ursprüngliches Mond-
wesen zu einem Sonnenwesen zu befördern. Wann und wie diese
Rangerhöhung erfolgt sei, bleibt aber unbestimmt, da diese Frage
außerhalb des Ursprungsproblems liegt, mit dem sich diese mytho-
logischen Theorien allein beschäftigen.
Schlimmer als mit der Frage des Wechsels und der Verbindung
dieser ursprünglich gleichartigen Vorstellungen steht es jedoch mit
der ihrer eigenen psychologischen Wahrscheinlichkeit. Alle Mythen
der Indogermanen sind nach Siecke vom Monde ausgegangen. Das
gleiche gilt nach Böklen auch für die Semiten und nach den An-
hängern der Mondhjq)othese unter den Ethnologen für die Natur-
völker. Offenbar neigt man sich also zu der Ansicht, es handle
sich hier um ein ftir die gesamte Menschheit gültiges Gesetz geistiger
Entwicklung. Nun ist es psychologisch schon im höchsten Grade
unwahrscheinlich, daß es jemals eine Zeit gegeben habe, in der allein
der Himmel die mythenbildende Phantasie angeregt habe; und wenn
für irgend eine Zeit, so ist sie für die des beginnenden Mythus am un-
wahrscheinlichsten. Ist dies doch die gleiche Zeit, in der auch
Seelen-, Dämonen- und Zaubervorstellungen, von denen die einen
') Ernst Siecke, Drachenkämpfe, Untersachungen zur indogermanischen Sagen-
knnde, 1907, S. 59 ff.
54 Der Natnrmythus.
ganz, die andern wenigstens g^roOenteils auf Erden ihren Schauplatz
haben, herrschend gewesen sind. Wenn es aber etwas gibt, was
die Hypothese, der primitive Mensch sei einzig und allein vom Himmel
zu seinen mythologischen Vorstellungen angeregt worden, an Un-
wahrscheinlichkeit übertrifft, so ist es die weitere Aimahme, es sei
außerdem der gleiche Gegenstand gewesen, dem sich überall zunächst
das Interesse zugewandt habe, mag nun als dieses bevorzugte Objekt
der Mond, die Sonne oder der Orion gelten. Eine solche Ver-
engerung der Aufmerksamkeit ist allenfalls bei einem einzelnen In-
dividuum denkbar. Es ist also möglich, daß ein Mythologe nach
einem einzigen Objekt sein mythologfisches Denken orientiert. Daß
aber die ursprüngliche Naturanschauung der Menschheit in dieser
Weise orientiert sei, das schließt eine an das Unmögliche g^renzende
UnWahrscheinlichkeit in sich.
Dem entspricht nun auch die Beweismethode, deren sich diese
Richtimg der Naturmythologie bedient. Nicht die objektiv vorliegenden
Zeugnisse über die Bedeutung bestimmter mythologfischer Objekte,
wie wir sie ja z. B. bei der Beziehung des Gottes Helios auf die Sonne
oder der Selene auf den Mond ohne weiteres gelten lassen werden,
pflegen dabei entscheidend zu sein, sondern, abgesehen von andern, im
allgemeinen schon erheblich zweifelhafteren Namenbeziehungen, sind
es fast ausschließlich subjektive Analogien, die man erst willkürlich
in die Objekte hineindeuten muß, um sie dann wieder aus ihnen her-
auszudeuten. Daß die Mondsichel jemals für die Keule des Herakles
gegolten habe, ist weder durch die Überlieferung noch durch irgend-
welche objektive Analogien sichergestellt. Wenn man einmal subjektiv
diese Analogie gebildet hat und etwa noch die Verbindung von Schwert
und Keule als Waffen wirksam werden läßt, so mag es wohl sein,
daß man auch die entferntere Assoziation zwischen einer Sichel und
einer Keule vollziehen kann. Daß sie jemals in der mythenbildenden
Phantasie selbst existiert habe, dafür liegt aber nicht der geringste
Beweis vor. Ähnlich verhält es sich mit andern Zeugnissen« Wo
positive Gründe nicht ausreichen, da werden dann wohl auch negative
ins Feld geführt: weil der Drache ein Wesen ist, das auf Erden nicht
vorkommt, während die Mondphasen und vollends die Verfinsterungen
des Mondes Phänomene bieten, die als Verschlingungen durch ein
Ungeheuer gedeutet werden können, so sollen die Drachenkämpfe
Der Natnnnytlitis und die Hirilmelsmythologie. ec
Überhaupt nur vom Himmel und hier wieder vom Monde ausgegangen
sein. Das einzige was in dieser Beweisreihe im wirklichen Mythus
sicher nachzuweisen ist, das ist die in der Tat weit verbreitete Vor-
stellung vom Verschlungenwerden der großen Gestirne bei den Ver-
finstenmgen, wobei übrigens der Mond vor der Sonne keinerlei Vor-
zug genießt, sondern eher das Gegenteil zutrifft. Daß auch das
Schwinden des abnehmenden Mondes in ähnlicher Weise aufgefaßt
werde, ist schon eine sehr viel seltener vorkommende Erscheinung
(siehe unten 11, 7). Und daß der Drache eo ipso ein Himmels- oder
gar ursprünglich ein Mondwesen sein müsse, ist vollends eine ganz
und gar willkürliche Annahme. Man braucht nur die lebhaft an den
primitiven Gorgonentypus erinnernden Masken indianischer Krank-
heitsdämonen oder die vielköpfigen Bilder der Malayen und anderer
Stämme asiatischer Abkunft von gleicher Bedeutung anzusehen, um
an die Möglichkeit eines irdischen Ursprungs der Drachengestalt zu
glauben, abgesehen davon, daß diese jedenfalls in der Tradition der
Völker vorwiegend der Erde angehört *j. Da es weder wahrscheinlich
ist, daß Krankheitsdämonen am Himmel lokalisiert, noch auch, daß
sie jemals vom Himmel zur Erde gewandert sind, so ist also auch
hier der ausschließlich lunare, solare oder stellare Ursprung eine will-
kürliche Hypothese. Ähnlich überall sonst, wo solche Schlüsse nicht
auf direkte Zeugnisse, sondern bloß auf mehrdeutige Ähnlichkeiten
gegründet werden. Bei dem primitiven Gorgonentypus z. B. wird
man wohl eher an die erschreckenden Bilder des Fratzentraumes er-
innert als an das stille Antlitz des Mondes, dessen Ebenbild nach der
Meinung vieler Naturmythologen die Gorgone sein soll (vgl. Teil I,
S. 150, Fig. 21 A und Teil II, S. 114 ff.). Oder die Schilderung der
Symplegaden gfibt so unmittelbar den Eindruck wieder, der dem auf
schwankem Boot durch eine felsige Stromenge steuernden Schiffer
sich aufdrängt, daß auch der gelegentlich einmal im primitiven
Märchen vorkommende Zug vom plötzlichen Heraustreten der auf-
gehenden Sonne aus einem alsbald wieder zuklappenden Spalt am
Horizont offenbar die Übertragung des irdischen Bildes auf den
himmlischen Vorgang wahrscheinlicher macht als das umgekehrte
usw. (vgl. unten II, 6, b).
*) VgL TeU n, S. 388 ff. und Fig. 58 S. 390.
«6 I^cr Natarmythas.
Doch, wie es auch immer mit der Haltbarkeit einer solchen
Einheitshypothese bestellt sein mag, gesetzt, sie wäre durchführbar
und besser begfründet, als sie es wirklich ist, was würde für die
psychologische Erkenntnis des Mythus imd seiner Entwicklung damit
gewonnen sein? Wir würden uns dann im Besitz einer sehr merk-
würdigen Tatsache befinden, nämlich in dem einer Einheit und
Gleichförmigkeit des primitiven mythologischen Bewußtseins, wie sie
sich oflFenbar nirgends sonst wiederholt, weder in Sprache noch
Sitte noch selbst im Gebiet der gegenüber den heute bestehenden Er-
scheinungen der Naturmythologie sehr viel übereinstimmenderen Seelen-
vorstellungen. Doch die tatsächliche Entwicklung dieses mytho-
logischen Denkens würde um so rätselhafter bleiben, je merkwürdiger
jene hypothetische Gleichförmigkeit ist. Gleichwohl bleibt für die
psychologische wie für die historische Betrachtung das Hauptproblem
dies: wie ist das mythologische Bewußtsein auf den verschiedenen
Stufen seiner Entwicklung tatsächlich beschaffen gewesen, und wie
sind diese Stufen auseinander hervorgegangen? Mit dem Versuch,
diese Frage zu beantworten, löst sich nun aber zugleich das, was
wir das »natürliche System« der Mythologie nennen können, in eine
Entwicklungsgeschichte des Mythus auf, imd für die Völkerpsychologie
steht hier, wie für die Geschichte, nicht das im Vordergrund des
Interesses, was möglicher Weise jenseits der geschichtlich erreich-
baren Grenzen der wirklich im Völkerbewußtsein lebenden Vorstel-
lungen liegt, sondern was den Inhalt dieser Vorstellungen selbst bildet.
Der Standpunkt des Völkerpsychologen unterscheidet sich aber von
dem des Historikers nur dadurch, daß jenem im Interesse der psycho-
logischen Verbindung der verschiedenen mythologischen Entwick-
lungsstufen die vergleichende Betrachtung und deshalb die Berück-
sichtigung der Völker verschiedener Kulturstufen in umfassenderem
Maße vorgezeichnet ist, während der Historiker zunächst in der Be-
schreibung der einzelnen Mythologfien seine Aufgabe sieht, für deren
Lösung er dann die Vergleichung nur aushilfsweise herbeizieht.
Die teils in Überlieferungen teils noch im mythologischen Bewußt-
sein der Gegenwart erhaltenen Zeugnisse des mythologischen und
insonderheit des naturmythologfischen Denkens sondern sich nun all-
gemein in drei Formen: erstens in einzelne Aussagen über die Be-
deutung der einzelnen Naturobjekte, zweitens in Erzählimgen, in
Der Natarmythixs and die Himmelsmythologie. ^n
denen Naturvorgänge oder Begebenheiten, die in die Naturvorgänge
eingreifen, eine das mythologische Denken kennzeichnende Rolle
spielen, und die, wie erörtert, wieder in Mythenmärchen, Sagen und
Legenden zerfallen, endlich in Handlungen, die auf irgendwelche
naturmythologische Motive zurückweisen, und die in Kulten oder Kult-
rudimenten zu bestehen pflegen. Von diesen Quellen ist im allge-
meinen die erste die unsicherste. Einzelne Aussagen, die nicht von
einem zusammenhängenderen Ganzen getragen sind, pflegen überaus
schwankend zu sein, und es besteht daher bei ihnen meist wenig
Sicherheit darüber, ob sie Produkte eines beliebigen vorübergehenden
Einfalls eines Einzelnen oder von allgemeinerer Bedeutung sind. Auch
Kulte und namentlich Kultrudimente können aber bestehen bleiben,
wenn die Erinnerung an die Naturanschauung, innerhalb deren sie ent-
standen, verblaßt oder ganz verschwunden ist. Sie gewinnen daher,
soweit sie nicht der später zu betrachtenden Entwicklungsgeschichte
des Kultus zugehören, erst da eine Bedeutung, wo sie in direktem
Zusammenhang mit der Mythentradition selbst stehen, in welchem
Fall sie dann entscheidende Kriterien dafür abgeben können, ob der
Inhalt einer Mythenerzählung als Wahrheit geglaubt wird oder nur
noch in der Tradition neben andern rein erdichteten Geschichten
fortlebt. So bleiben uns hier als die festeren Orientierungspunkte
für die Entwicklung des mythologischen Denkens eben jene Formen
von Märchen, Sage und Legende übrig, deren allgemeinere mytho-
logische Bedeutung oben erörtert wurde. Sie geben in der Tat, wenn
sie mit Rücksicht auf die ihnen zugemessene Glaubwürdigkeit und die
etwa stattfindende Einmengung rein dichterischer Bestandteile sowie
auf ihren schlieOlichen Übergang in reine Formen der Dichtung zu
Rate gezogen werden, das treueste Bild der zu einer bestimmten Zeit in
einem Volke herrschenden wirklichen Naturanschauung. Dazu müssen
sie aber freilich jeweils als das hingenommen werden, was sie un-
mittelbar sind, nicht als Produkte einer hypothetischen, in der wirk-
lichen Mythenentwicklung überhaupt nicht mehr nachweisbaren Ver-
gangenheit. Wie die Psychologie der Sprache die wirkliche Sprache,
so hat eben auch die des Mythus den wirklichen, geglaubten Mythus
zu ihrem eigentlichen Inhalt. Und wenn es jemals in Frage kommen
kann, von den in der Geschichte erreichbaren Vorstellungen auf
ihre für uns nicht mehr erreichbaren Vorbedingungen zu schließen.
eg Der Naturmythns.
dann werden wir immerhin erwarten dürfen, der Wahrheit um so
näher zu kommen, zu je primitiveren Stufen wir in der tatsächlichen
Entwicklung des Mythus zurückgehen. Merkwürdiger Weise ist es
jedoch gerade dieser Gesichtspunkt, der von den Vertretern der
naturmythologischen Ursprungshypothesen in der Regel vernach-
lässigt wird. Man geht etwa von der babylonischen, g^echischen
oder auch der germanischen Mythologie aus und sucht nun von den
hier auftretenden, nach allen Anzeichen unter dem Zusammenfluß
der verwickeltsten Bedingungen entstandenen Göttergestalten wo
möglich direkt auf das Urphänomen zurückzugehen, das ihnen zu
Grunde liegen soll.
Nun ist unter den oben erwähnten drei Formen der Mythen-
erzählung die des Märchens die ursprünglichste. Wir besitzen hier-
für vor allem das unwiderlegliche Zeugnis in der Mythenerzählung
der primitiven Völker, die, wenn wir die ihnen imter dem Namen
von »Naturvölkern« manchmal zu Unrecht zugezählten Polynesier,
viele amerikanische und die meisten afrikanischen Stämme ausnehmen,
eine Mythologie überhaupt nur in der Form des Mythenmärchens
besitzen. Ein entfernteres Zeugnis bieten aber auch die märchen-
haften Bestandteile der Helden- und Göttersagen, die wenigstens in
vielen Fällen den Charakter größerer Ursprünglichkeit zeigen als die
ausgebildeten Sagen selbst. Danach ist, wenn auch, wie bereits
bemerkt, rückläufige Bewegungen hier so wenig wie anderwärts aus-
geschlossen sind, der einzuschlagende Weg von selbst vorgezeichnet.
Er kann nur von dem im allgemeinen Ursprünglicheren zum Späteren
fuhren, also vom Mythenmärchen zur Helden- und Göttersage und
zu der ihnen gleichgeordneten Legende. Dementsprechend wird aber
hier der Begriff des Naturmythus selbst aufzufassen sein. Wenn da
und dort die Ausdrücke »Naturmythus« und »Himmelsmythus« im
wesentlichen in identischer Bedeutung verwendet werden, so beruht
das schon auf der im Hintergrund stehenden Hypothese, jeder Mythus,
der nicht etwa direkt den Seelenvorstellungen einzuordnen ist, ge-
höre zu dem weiten Bereich der Himmelsmythen. Das ist an sich
ebensowenig berechtigt, als wenn man in der Astronomie die einzige
Naturwissenschaft sehen wollte. Für den Mythus gilt vielmehr,
ebenso wie für das menschliche Bewußtsein überhaupt, der Satz, daß
wir in ihm alles das zur Natur zu rechnen haben, was außerhalb
Der Natnrmythas nnd die Himmelsmytbologie. jq
unseres eigenen Bewußtseins liegt. Der Naturmythus hat daher Tiere
und Pflanzen, Steine und Berge, Flüsse und Meere und die Wesen,
mit denen die Phantasie diese Umgebung beleben mag, ebenso zu
seinem Inhalt wie die Himmelserscheinungen. Seelenmythen und
Naturmythen bilden in diesem Sinne allein die im allgemeinen deut-
lich geschieden einander gegenübertretenden Gebiete des Mythus,
wobei freilich auch diese, wie es sich bereits bei den Seelenvor-
stellungen gezeigt hat, imd wie uns die Entwicklung der Jenseits-
vorstellungen weiterhin zeigen wird, maimigfach aufeinander einwirken.
Unter den genannten Formen des Naturmythus bedarf nun inner-
halb der Aufgaben der psychologischen Entwicklungsgeschichte die
primitivste und, wie wir sehen werden, auf lange hinaus wirksamste,
die des Mythenmärchens einer besonders eingehenden Betrachtung.
Dazu fordert schon der Umstand heraus, daß gerade diese Form
in den systematischen imd historischen Darstellungen der Mythologie
überaus stiefmütterlich behandelt zu werden pflegt. Hierin wirkt noch
immer die Vorstellimg nach, das Märchen sei, soweit es überhaupt
mythologische Elemente enthalte, nichts als eine rudimentäre Form
vormaliger Götter- und Heldensage. Doch abgesehen davon ver-
langt das Mythenmärchen auch noch deshalb eine besondere Berück-
sichtigfung, weil naturgemäß die primitivste Form der Mythenerzählung
zugleich diejenige ist, die uns über Ursprung und Anfänge der Mythen-
bildung am ehesten Aufschluß geben kann, und weil es für das Ver-
ständnis der Weiterentwicklungen des Mythus wichtig ist, schon hier
auf die Beziehungen imd die Verbindungsglieder hinzuweisen, die sich
von diesen ursprünglichen zu den entwickelteren Formen erstrecken.
Dagegen werden wir uns bei den letzteren selbst dann um so mehr
auf eine Übersicht der allgemeinen Entwicklungsmomente und auf
ihre Erläuterung an einzelnen typischen Beispielen beschränken können,
ak es sich für die psychologische Seite der Aufgabe nur um die
in aller Mythenbildung im wesentlichen übereinstimmend wieder-
kehrenden Motive handeln kann, während hinwiederum die Differen-
zierung der einzelnen Mythologien der Kulturvölker eine so überaus
vielgestaltige und von den spezifischen Kulturbedingungen der Völker
abhängige ist, daß ihre eingehende Betrachtung den Einzelgebieten
der historischen Mythologie überlassen bleiben muß.
Gerade im Hinblick auf jene allgemeine psychologische Aufgabe
6o I^cr Naturmythos.
fuhrt aber die Untersuchung des Mythenmärchens noch einen be-
sonderen Vorteil mit sich. Begreiflicherweise sind es nämlich diese
primitiven Formen des Mythus und der ihnen nahestehenden Er-
zeugnisse frühester Dichtung, die gewisse allgemeine, auch der Sage
und Legende nicht fehlende Eigenschaften eben wegen der relativen
Einfachheit der mythischen und poetischen Stoffe besonders deutlich
hervortreten lassen, während sie sich bei den höheren Formen in-
folge ihrer verwickeiteren Zusammensetzung und der größeren An-
zahl abändernder Bedingungen leichter verbergen können. Dahin
gehören in erster Linie die Verwebungen verschiedener Mythenstoffe
zu komplexeren Gebilden sowie die nicht selten in ihrem Gefolge
wiederum eintretenden Vereinfachungen, Erscheinungen, die sich
beim Märchen oft mit der größten Sicherheit nachweisen lassen, und
deren psychologische Analyse nun uns als Vorbild für die Lösung
der gleichen Aufgabe bei der Götter- und Heldensage dienen kann.
Nicht minder bieten Märchen und Fabel die günstigsten Objekte für
die Verfolgung der Mythenwanderungen, da hier ebenfalls die rela-
tive Einfachheit des Inhalts bei gleichwohl klar erkennbarer Eigenart
bald die ursprüngliche Indentität zweier Mytheninhalte bald die Ein-
wirkung des einen auf den andern in vielen Fällen unzweifelhaft machen
kann, während der Nachweis der gleichen Beziehungen bei der Helden-
und Göttersage wegen der größeren Zahl der Faktoren, aus denen sie
sich zusammensetzen, meist unsicherer ist. Den sprechenden Beleg
hierfür bildet die Tatsache, daß M5rthenwanderungen in früher un-
erwartetem Umfang wirklich zuerst bei Märchen und Fabel exakt
nachgewiesen worden sind.
II. Das Mythenmärchen.
I. Das primitive Mythenmärchen.
In Formen, die das Gepräge größter Ursprünglichkeit an sich
tragen, begegnet uns die Märchenerzählung bei den Eingeborenen im
Innern des australischen Kontinents und bei manchen Stämmen an
der Nordwestküste Amerikas. Diese Völker, die bis in eine nahe
Vergangenheit und zum Teil heute noch von äußeren Kultureinflüssen
wenig berührt worden sind, führen zumeist ein unstetes Jj^er- und
Das primitive Mythenmärchen. 6l
Fischerleben, das sie wohl seit undenklicher Zeit nahezu auf der
gleichen Stufe primitiver Kultur zurückgehalten hat, während sie ihre
soziale Organisation und die mit dieser zusammenhängenden Sitten
imd Kultfeste verhältnismäßig treu bewahrt haben. Auf einer ähn-
lich ursprünglichen Stufe findet sich die Märchenerzählung noch bei
den Waldindianem Südamerikas und den melanesischen Urbevölke-
rungen; doch verdanken wir den beiden erstgenannten Gebieten die
verhältnismäßig reichsten Sammlungen. Dabei hat freilich die be-
kannte Eigenschaft des Märchens, weite Ländergebiete zu durchwandern
und an den entlegensten, anscheinend außerhalb jedes Kulturzu-
sammenhangs stehenden Orten in oft auffallend übereinstimmenden
Zügen wiederzukehren, offenbar auch an den Grenzen jener dem
sonstigen Kulturverkehr fast ganz entzogenen Gebieten nicht Halt
gemacht. So bieten insbesondere die Mythenmärchen der südameri-
kanischen Urbevölkerungen zahlreiche Beziehungen zu denen Nord-
amerikas und der Alten Welt. Nicht minder reichen einzelne Mythen-
motive von Nordwestamerika über die ozeanische Inselwelt bis nach
Südafrika; imd selbst in der Märchentradition Australiens begegnen
uns einzelne Züge, die weitverbreiteten Mythen angehören, so daß
hier äußere Beeinflussungen keineswegs ausgeschlossen sind'). Die
von Mund zu Mund gehende Erzählung, die den überall im wesent-
lichen gleich gerichteten Anlagen der mythenbildenden Phantasie ent-
g^enkommt, ist eben in ungleich höherem Maße der Verbreitung
fähig als Waffen und Werkzeuge oder gar als die sonstigen Erzeug-
nisse der Kultur, denen zudem ererbte Sitten und Anschauungen einen
unvergleichlich größeren Widerstand entgegensetzen. Aber der Grund-
ton der Märchen- und Mythenwelt eines Volkes ist doch schließlich
auf den Gesamtzustand seiner eigenen Kultur abgestimmt, und so
bewahrt denn auch das mythologische Märchen überall, unbeschadet
einzelner Züge oder ganzer Episoden, die ihm von außen zugeflossen
sein mögen, seinen eigenartigen Charakter. Da übrigens die Tradition
im allgemeinen um so lückenhafter wird, auf einer je niedrigeren Stufe
poetischer Gestaltungskraft sich der das fremde Gut aufnehmende
*) P. Ehrenreich, Die Mythen und Legenden der südamerikanischen Urvölker und
ihre Beziehungen zu denen Nordamerikas und der Alten Welt, 1905. Über Analogien
zwischen nordwestamerikanischen, ozeanischen, australischen und afrikanischen Mythen
▼gl. Frobenius, Die Weltanschauung der Naturvölker, 1898, S. 94ff.
02 I^cr Naturmythus.
Stamm befindet, so ist es wiederum begreiflich, daO sich unter diesen
Bedingungen die Übertragung meist nur auf vereinzelte besonders
eindrucksvolle Züge beschränkt. Hiermit kann dann freilich auch die
Entscheidung, ob eine bestimmte Übereinstimmung auf Übertragung
oder spontaner Entstehung aus verwandten Anlagen und Anschauungen
beruhe, unsicher werden. Jedenfalls ist es überall erst der durch eine
größere Zahl koinzidierender Merkmale zu erschließendfe singulare
Charakter, der auch hier für eine Wanderung überzeugend eintritt.
Wo eine solche Koinzidenz fehlt, da kann höchstens noch die dem
sonstigen Medium fremdartige, auf eine höher entwickelte Kultur hin-
weisende Beschaffenheit eines einzelnen Zuges für eine solche Annahme
eintreten. Darum können wir bei den komplizierten Motiven gewisser
über Kultur- und Halbkulturvölker verbreiteter Fabeln und Märchen
sicherlich mit der größten auf diesem Gebiete erreichbaren Wahr-
scheinlichkeit annehmen, daß die Motive gewandert sind. Für das
Bild des mythologischen Denkens der primitiven Völker ist aber die
Frage solcher vereinzelter Beimengungen relativ unerheblicher, weil
doch nur das dauernd festgehalten werden kann, was ihrer eigenen
Stufe mythologischen Denkens entspricht. Darum können wir diese
für die Ethnologie sehr wichtige, für die Völkerspychologie und
namentlich für die Entwicklungsgeschichte der Mythenbildung ver-
hältnismäßig gleichgültigere Frage um so mehr bei Seite lassen, weil
die Eigenschaften, durch die sich die Mythen bestimmter Völker als
primitive kennzeichnen, dieselben bleiben, ob sie zum Teil durch Ver-
mischungen mehrerer Traditionen zustande gekommen sind oder
nicht. Denn auf alle Fälle, mögen sie selbständig geschaffen oder
teilweise von außen assimUiert sein, entsprechen sie der niederen
Kulturstufe der Menschen, die die Träger solcher Überlieferungen
sind, sowie dem zurückgebliebenen Inhalt der Mythenbildungen selbst.
Immerhin bringen es diese Wechselwirkungen mit sich, daß es
ein vergebliches Bemühen sein würde, wenn man etwa ii^fend einen
abgelegenen Winkel der Erde aufsuchen wollte, in welchem das
primitive Naturmärchen völlig unberührt von äußeren Einflüssen und
unvermischt mit anderweitigen Elementen zu finden wäre. Dazu
kommt, daß neben den in der Tradition fortlebenden primitiven Formen
bereits Motive einer verhältnismäßig weiter reichenden Mythenent-
wicklung einwirken können, die gleichwohl ebenfalls autochthonen
Das primitive Mythenmärchen. 63
Ursprungs ist. In der Tat werden wir unten sehen, daß gewisse zu den
frühesten Stufen zurückreichende Kultzeremonien teils durch die Vor-
stellungen, aus denen sie hervorgewachsen, teils wohl auch durch andere,
die aus ihnen selbst erst entsprungen sind, die Quellen einer Klasse von
Mythenmärchen bilden, die als primitive Formen der Legende eine
die sonstigen Erzählungen überragende Stellung einnehmen, und
die, schon weil sie infolgedessen treuer im Gedächtnis bewahrt werden,
leichter zu größeren Märchenzyklen zusammentreten. Überdies werden
sie aber durch die Beziehung zum Kultus oder zu Stammesüberliefe-
rungen von kultischer Bedeutung bereits von bestimmten Zweckvor-
stellungen getragen, die nun auch in einem einheitlichen Gedanken-
zusammenhang, der sonst dem primitiven Märchen ganz fehlt, ihren
Ausdruck finden. Übrigens pflegen auch solche weiter entwickelte
Bestandteile des Mythenschatzes in den Gebieten, wo das primitive
Naturmärchen zu Hause ist, noch einen ursprünglicheren Charakter
zu bewahren. Vor allem gilt das von der Stellung der Tiere zum
Menschen, in der namentlich die Stammeslegende die Vorstellung
der Tierahnen mit großer Zähigkeit festhält. Aus dieser doppelten
Komplikation der Bedingungen, aus dem Einfluß der Zuwanderung
und aus der Vermischung mit Legenden, die bereits einer höheren
Stufe der Mythenbildung angehören, bedarf es nun selbstverständlich
auch da, wo das primitive Naturmärchen noch in unverfälschter Form
zu finden ist, einer Sonderung von solchen anderweitigen Mythenbe-
standteilen. Dabei können dann aber nur diejenigen Eigenschaften
der durch eine solche Auslese gewonnenen Mythenmärchen maßgebend
sein, die zunächst durch zwei Bedingungen negativ bestimmt sind:
erstens durch den Mangel zugewanderter Mythenstoffe, und zweitens
durch ihre Unabhängigkeit von der Kult- und Stammeslegende, die
sie von frühe an begleitet. Die Zulässigkeit einer derartigen Aus-
lese ergibt sich übrigens vornehmlich auch daraus, daß solche Ge-
biete, die der Zuwanderung von außen zugeführter Mythenstoffe am
unzugänglichsten geblieben sind, umgekehrt durch die größte Ver-
breitung solcher primitiver Naturmärchen sich auszeichnen, wie das
schon ihr ausschließliches Vorkommen bei den am längsten der
Kultur unzugänglichen Völkern Australiens und Melanesiens, sowie
bei verschiedenen Stämmen der nordpazifischen Küste Amerikas be-
weist. Vergleicht man hier die von F. Boas mitgeteilten Märchen-
64 I^cr Naturmythas.
Sammlungen mit den statistischen Ermittelungen des gleichen Autors
über die Zuwanderung von Mythen aus größerer Feme, so ergibt
sich, daß im ganzen der primitive Typus bei solchen Stämmen am
häufigsten ist, die der Zuwanderung am wenigsten zugänglich ge-
wesen sind ^.
Durch zwei Eigenschaften unterscheidet sich nun das primitive
Naturmärchen von den Mythenbildungen fortgeschrittener Art, Erstens
ist es, gegenüber dem ausgebildeteren, von irgend einem einheitlichen
Gedanken getragenen Märchen, die lose, manchmal eine Reihe selt-
samer Begebenheiten nur äußerlich aneinander reihende Form der
Erzählung, die in die Augen fallt. Ohne leitende Motive scheinen
die berichteten Vorgänge zu einem Ganzen zusammengefügt, so daß
eine solche Erzählung unter Umständen bei einem früheren Punkte
endigen, aber auch beliebig weitergeführt werden könnte. Dies* ist eine
Eigenschaft, die sichtlich zugleich die Verbindung mehrerer, ursprüng-
lich getrennter Stücke zu einem größeren Ganzen begünstigt. Denn
solche Verbindungen müssen sich hier beinahe von selbst einstellen,
wenn etwa ähnliche Vorstellungen in beiden Erzählungen anklingen,
oder wenn sich gewisse in der Handlung eine Rolle spielende Wesen
aus der einen in die andere herüberziehen. Die zweite Eigenschaft
dieser primitiven Märchen besteht in dem Ineinanderfließen der Unter-
schiede von Tier und Mensch, eine Eigenschaft, in der hier der Glaube
an die tierischen Ahnen und die Schutztiere der Einzelnen wie der
Stammesabteilungen in drastischer Weise zum Ausdruck kommt").
Nicht bloß daß, ähnlich wie im späteren Märchen, Tiere und Menschen
nebeneinander oder, wie in der eigentlichen Fabel, Tiere in der Über-
zahl oder allein auftreten, sondern Tier und Mensch vermischen sich
derart, daß ein Tier zu Zeiten ganz mit den Organen und den künst-
lichen Werkzeugen des Menschen ausgerüstet sein kann, um im
nächsten Augenblick in einem Vogelnest zu hausen oder als Vogel
davonzufliegen, als Fisch zu schwimmen oder als Hase über Berg
und Tal zu eilen. Eigentliche Verwandlungen von Menschen in
Tiere und von Tieren in Menschen fehlen darum zwar keineswegs,
aber sie treten doch im Vergleich mit dem späteren Zaubermärchen,
') F. Boas, Indianische Sagen von der nord- pazifischen Küste Amerikas, 1895,
S. 340 ff.
«) Vgl. Teil II, S. 238 ff.
Das prünidve MyChcnmäTcbcn,
65
in dem sie eine HauptJoUe spielen, verhältnismäßig weit zurück.
Offenbar sind sie hier gewissermaOen noch gegenstandslos, weil
die meisten dieser handelnden Wesen Tiere ond Menschen zugleich
sind. Möglicherweise ist es der dem Erzähler gelegentlich selbst
aiifetoßende Widerspruch dieser Doppelnaturen, der ihn zur Ver-
wandlung als dem naheliegenden Mittel greifen läüt, jenen auszu-
gleichen; und wenn wir annehmen, aus solchen primitiven Formen
seien die späteren entwickelt worden, so erscheint es wohl mög-
lich, daü auf diesem Wege überhaupt zum erstenmal das Motiv der
Verwandlung in das Zaubermärchen gekommen sei, worauf es dann
freilich selbständig weiter geiiuchert hat und dadurch erst ein so
wichtiger Bestandteil der Mythendichtung, namentlich auch auf der
Stufe des Gottermythus geworden ist. Gleichzeitig mußte sich aber
dann dieses zwischen Tier und Mensch schwankende Bild mehr und
mehr zur ruhenden Vorstellung verdichten, indem die Märchenphan-
tasie jene die spätere Mythologie erfüllenden Misch gestalten schuf^
die mit der menschlichen Form wesentliche Attribute der tierischen
verbinden. Hier hat dann sichtlich besonders die Entwicklung der
bildenden Kunst eingegriffen, die durch die eigenste Natur ihrer
Schöpfungen znt Fixierung dieser Phantasiegebilde gezwungen wurde,
damit aber auch selbst wieder im gleichen Sinne die mythologischen
Vorstellungen beeinflußte. Wohl fehlt auch auf der primitiven Stufe
die Gestalt des Ungeheuers nicht ganz; aber sie gehört hier weniger
dem Naturmärchen als dem all verbreiteten Dämonenglauben an. Sie
entbehrt daher, sei es als Schreckgespenst der Nacht oder des Sturms^
sei es als ein irgendwo auf Erden oder im Himmel weilender Dämon,
der fest umrissenen Gestalt, die das eigentliche Ungeheuer des späteren
Naturmärchens auszeichnet; und ähnlich unbestimmt sind die Vorstel-
lungen, die besonders in der australischen Legende von einem an
Kraft und Zaubermacht die heutigen Menschen übertreffenden früheren
Geschlecht erzählt werden').
Kaum in eine andere Eigenschaft dieser primitiven Märchenmytho-
logie können wir uns so schwer hineindenken wie in diesen Polymor-
phismus von Wesen, die weder Tiere noch Menschen, sondern beides
zugleich sind, ohne daß doch, wie bei den späteren Tierungeheuem
'J N.W, Thomas, Nativei of AustrtlU, p.aaiff. DaEU auieu e.
Wtt«dt« VJJlkerpfycholofi« H, 3. 5
66 ^^^ Naturmythüs.
und Tiergöttem, eine Scheidung dieser Eigenschaften nach Körper-
teilen und Organen existierte, und ohne daß meist auch nur die
späterhin zur Verstärkung des Eindrucks so oft verwendete Ver-
grössening der Gestalten eine erhebliche Rolle spielte. Die Blütezeit
der Riesen und Ungeheuer gehört im allgemeinen einer späteren Stufe
der Mythenphantasie an. In jenen Anfangen vollbringen aber das
Kaninchen, der Rabe, selbst das Insekt Taten, die menschliche Kraft
weit hinter sich lassen, ohne dass von einer ungewöhnlichen Größe
dieser Tiere die Rede wäre. Es ist, als ob ein Unterschied zwischen
groß und klein überhaupt noch nicht existierte. So ist es denn
wohl begreiflich, daß manche Ethnologen in den Tiemamen der
primitiven Mythen durchweg Totemnamen gesehen haben, hinter denen
sich Menschen verbergen sollen, in welchen man die Ahnen und
Stammeshelden der den gleichen Namen tragenden Totemabteilungen
der Stämme verehre. Aber dieser Annahme widerspricht, mindestens
wenn sie fiir alle diese Erzählungen gelten soll, die Art, wie in
vielen Fällen solchen Wesen gleichzeitig menschliche und tierische
Eigenschaften beigelegt werden. Daher denn auch die halb tier-
halb menschengestaltigen Symbole, mit denen die Bilderschrift der
Amerikaner die Totemabteilungen bezeichnet, erst spätere Überleb-
lebnisse einer mythologischen Anschauung zu sein scheinen, die in
jenen Naturmärchen noch in ihrer vollen Lebendigkeit erhalten ge-
blieben, und die der Wurzel der Totemvorstellungen näher steht als
jene Symbole. Diese Wurzel ist aber, wie wir früher sahen, der
Glaube an den Übergang der Seelen in Tiere mit dem hieraus sich
entwickelnden Kultus der als Schutzdämonen geltenden Tierahnen*).
Gerade bei den australischen Stämmen, wo jene phantastisch zwischen
Mensch und Tier hin und her spielenden Märchengestalten noch be-
sonders lebenskräftig sind, spielt daher der Tiertanz in den ernsten
wie burlesken Episoden der Kultzeremonien eine bevorzugte Rolle.
Mag auch dieser Tanz als Scherzspiel, wie die Geschichte der
griechischen Komödie zeigt, noch weit über primitive Zustände hinaus
erhalten bleiben, so verhält sich das doch sicherlich anders auf einer
Stufe, wo sich die Burleske noch nicht völlig verselbständigt hat,
sondern wo die komische und die ernste Seite solcher Vorstellungen
Vgl. Teil II, S. 268 flf.
Das primitive Mytbeomärchen. 67
und Handlungen, wie dies ihre Verbindung mit den Kultzeremonien
zeigt, noch eng zusammenhängen. Da ist eben der Tiertanz nur
ein Ausdruck des gleichzeitig fremdartig und doch auch durchaus
menschenähnlich anmutenden Wesens und Treibens der Tiere, eine
Doppel Wirkung, zu der die Vorstellung der Tierahnen noch einen
Schinuner religiöser Scheu hinzubringt. Wenn daher vor allem
die Märchenhelden mit Tiemamen genannt werden, so ist das nur
ein Reflex jener Rolle, die der Tierahne im Volksglauben spielt.
Dieser Name will zunächst weder sagen, daO ein solches Wesen ganz
Mensch, noch daß es ganz Tier sei. Wohl aber deutet er an, daß
die Tiervorstellung hier noch den stärkeren Eindruck auf die mythen-
bildende Phantasie ausübt, wobei dann diese das Tier mit mensch-
lichem Denken und Fühlen ausstattet. Immerhin verhalten sich in
dieser Beziehung die Erzählungen, die nach ihren sonstigen Eigen-
schaften der primitiven Märchendichtung zuzurechnen sind, nicht ganz
übereinstimmend, sondern es scheinen sich in einzelnen Märchen be-
reits nach zwei Richtungen hin die Vorstellungen mehr und mehr zu
fixieren. Auf der einen Seite begegnen wir nämlich Erzählungen,
in denen der Märchenheld allem Anscheine nach wirklich nur noch
den Namen dem Tier entlehnt, selbst aber durchaus als Mensch ge-
dacht ist: hier ist, wie in der Bilderschrift, der Name in der Tat
schon völlig zum Totemzeichen geworden. Anderseits kommen jedoch
in den gleichen Gebieten Märchen vor, die ganz die formalen Eigen-
schaften dieser frühen Stufe an sich tragen, und bei denen die han-
delnden Wesen äußerlich durchaus als Tiere auftreten, wetin sie auch
in ihrem Denken und Tun und in dem Besitz der Sprache dem
Menschen gleichen: hier haben wir also offenbar bereits Urformen
der Tierfabel vor uns. Bei allem dem bleibt es für die primitive Stufe
bezeichnend, daß diese drei Formen noch nicht durch feste Grenzen
geschieden sind.
Im Vergleich mit den Tieren, besonders mit solchen, die in den
Stammestraditionen eine Rolle spielen, nehmen schließlich die Pflanzen
und andere Naturgegenstände, darunter selbst der Himmel und die
Gestirne, in dem primitiven Naturmärchen eine verhältnismäßig zu-
rücktretende Stellung ein. Auffallend geformte Steine, die isoliert
oder in geringer Zahl am Wege liegen, können frühe schon nament-
lich als Schlußpunkte einer solchen Märchenerzählung vorkommen:
5*
68 ^^T^ Naturmythas.
sie sind dann verwandelte Menschen oder Tiere , die gewissermaßen
zur Bestätigung des erzählten Inhalts an der betreffenden Stelle liegen
geblieben sind. Das sind Ansätze eigentlicher Verwandlungsmythen,
die gerade in der Form der Verwandlung in Steine noch in die
spätesten Zeiten der Märchen- und Sagendichtung hinreichen und
augenscheinlich teils der Menschen- oder Tierähnlichkeit der Objekte
teils ihrem fremdartigen Vorkommen an bestimmten Orten das fort-
wirkende Motiv ihrer Erhaltung oder Erneuerung verdanken. Unter
den Gestirnen bilden bloß Sonne und Mond Bestandteile dieser
Märchendichtung. Wo kleinere Sterne oder Gruppen von ihnen, wie
die Plejaden, je einmal vorkommen, da darf man dies wohl auf Ein-»
Wirkungen eines entwickelteren Astralmythus zurückbeziehen. Selbst
Sonne und Mond spielen aber eine verhältnismäßig zurücktretende
Rolle, wie dies vor allem die Mythen der Australier und mancher
Stämme der nordpazifischen Küste Amerikas zeigen. Das ist ange-
sichts der großen Bedeutung, die beide Gestirne auf der Stufe des
späteren Mythenmärchens gewinnen, um so bemerkenswerter, weil
ein eingreifenderer Bedeutungswandel, der die astralen Vorstellungen
allmählich verhüllt oder ganz aus dem mythologischen Bewußtsein ver-
drängt haben könnte, hier nach dem ganzen Charakter der Mythen-
erzählung noch ausgeschlossen ist. Dem entspricht es auch, daß
die beiden großen Gestirne hauptsächlich in zwei Formen vor-
kommen, die später mehr und mehr zurücktreten. Nach der einen
sind sie überhaupt keine lebenden Wesen, sondern glänzende Gegen-
stände, etwa die Sonne aus einem Ball glänzender Federn bestehend,
eine Form, in der offenbar die Sonnenstrahlen apperzipiert werden,
oder aber Scheiben oder Lichter, die von einem Mann am Himmel
herumgeführt werden. Nach der andern Form sind sie Wohnstätten
von Menschen oder von Tiermenschen, die irgendeinmal zum Himmel
gewandert sind. Hier ist die letztere Vorstellung sichtlich von der
Mondfigur ausgegangen; sie wird dann aber auch auf die Sonne
übertragen. Dagegen fuhrt die Anschauung, daß Sonne und Mond
selbst lebende Wesen seien, schon zur folgenden Entwicklungsstufe
des Natiu-märchens hinüber, wie das namentlich die Märchen von den
Himmelswanderungen eines Brüderpaares, von der Pfeilleiter, die ein
Märchenheld nach dem Himmel geschossen hat, imd andere zeigen.
Dasselbe gilt von der Beziehung der Mondphasen auf Kampf und
Das primitive Mytbenmärchen. 69
Tod oder andere Erlebnisse eines Mondwesens, die später zu An-
knüpfungspunkten von Himmelsmärchen werden. Freilich ist zu be-
merken, daß einzelne der hierher gehörigen Züge, wie namentlich
die sehr verbreiteten von der Pfeilleiter und die ihr ähnlichen, durch
die Himmel und Erde zu einander in Beziehimg gebracht werden, da
und dort schon in die primitive Märchendichtung hineinragen. Doch
die vereinzelte Weise, in der namentiich in den australischen Mythen-
märchen diese Vorstellungen auftreten, macht es nicht unwahrschein-
lich, daß auch sie von außen importiertes Gut sind. Gerade bei
diesen Himmebmärchen wird man, wie bei manchen andern Bestand-
teilen primitiver Naturmythologie, zu der Annahme gedrängt, daß es
keinen von Verkehr und Kultur noch so weit entlegenen Stamm
gibt, dessen Mythenschatz nicht bis zu einem gewissen Grad aus
primitiveren und aus höher entwickelten Elementen gemischt ist, so
daß wir aus solchen Sammlungen wieder notwendig die Erzählungen
von primitiverer Gestalt herausnehmen müssen, um die ursprüngliche
Form des Naturmärchens zu gewinnen.
In diesem Sinne einer Auswahl des Typischen und zugleich ver-
möge der weiten Verbreitung analoger Traditionen bei primitiven Völkern
mutmaßlich Autochthonen mögen die folgenden Erzählungen, die ich
zunächst den Berichten über australische Mythen entnehme, als Bei-
spiele solcher Mythenmärchen dienen. Ich gebe sie in abgekürzter
Form, von allem für den mythischen Kern Unwesentlichen ab-
strahierend. Die Namen der Märchen wesen sollen dabei in die ent-
sprechenden deutschen Tiernamen übersetzt werden *j.
Ein australisches Märchen erzählt: »Die Elster war eine böse
alte Frau, die sich viel Grassamen gesammelt hatte. Einst kampierte
ein benachbarter Stamm in ihrer Nähe. Als nun die Männer zur
*} Die folgenden australischen Beispiele sind den Sammlungen von K. L. Parker,
Australian legendary Tales, 1907, nnd N. W. Thomas, Natiyes of Anstralia, 1906, die
amerikanischen der reichen Sammlang von F. Boas, Indianische Sagen von der nord-
pazifischen Küste Amerikas, 1895 (Zeitschrift für Ethnologie, 1888 und 1891 — 95) ent-
nommen. In diesen Sammlungen, besonders in den beiden letztgenannten finden sich
übrigens außerdem zahlreiche Stücke, die der später zu erörternden Legendenerzählung
angehören, und andere, die Bestandteile der weit verbreiteten Wandermärchen ent-
halten. Als Beispiele primitiver Naturmärchen sind hier selbstverständlich nur solche
ausgewählt, die außerhalb dieser weiterreichenden Entwicklung liegen, und für die
auch sonst die oben besprochenen Merkmale des Primitiven zutreffen.
70 I^er Nftturmythus.
Jagd gezogen waren, ging die Elster hin und überredete die Frauen
Honig und Früchte zu suchen. Sie wollte indessen die Kinder hüten
und ihnen Grassamen zu essen geben. Als aber die Frauen fort
waren, brachte die Elster die Kinder in ihr Haus, einen hohlen Baum,
das sie verschloß. Die zurückkommenden Frauen hörten das Weinen
der Kinder, konnten aber nie mehr eine Spur von ihnen entdecken«
(Parker, p. 15 ff.). Neben dem fragmentarischen Charakter der Er-
zählung ist hier besonders die zwittei^estaltige Natur der Heldin zu
bemerken, die völlig als Mensch handelt und doch, gleich dem Vogel,
in einer Baumhöhle nistet. In dem folgenden Beispiel, das übrigens
schon etwas in das Gebiet der Heilbringerlegenden herüberreicht,
nähern sich die Tiernamen noch mehr den bloßen Totembezeich-
nimgen: »Als Kranich und Känguruhratte sich heirateten, gab es
noch kein Feuer auf Erden. Da entdeckten sie zufallig die Kunst es
durch Reiben hervorzubringen. Dadurch lernten sie dann auch, die
Speisen am Feuer zu bereiten, statt sie, wie es bisher geschehen
war, bloß an der Sonne zu trocknen. Sie beschlossen aber die Sache
geheim zu halten. Als die Leute jedoch merkten, daß ihre Speise
anders aussah als die anderer Leute, so wurden die Nachteule und
der Papagei ausgesandt, sie zu beobachten, und diese entdeckten nun
ihre Feuerhölzer. Man veranstaltete jetzt ein großes Korroborri.
Bei diesem wurden auch jene beiden vom Tanze hingerissen, so daß
sie alles vergaßen und den Sack mit den Feuerstäben verloren. Seit-
dem kennen alle Stämme das Feuermachen« (Parker, p. 24 ff.). Dem
mag der folgende primitive Sonnenmythus sich anreihen; »Ehe die
Sonne die Erde erhellte, war beständig Streit zwischen den Vögeln
und den andern Tieren. Einmal wurden dem Emu alle seine Eier
zerstört bis auf eines. Das warfen die Feinde an den Himmel. Da
stieß es an einen Holzhaufen, den ein Himmelswesen gesammelt
hatte, entzündete ihn, und die Erde war nun von Licht erfüllt. Seit-
dem entzündet ein Himmelswesen täglich das Feuer wieder und sammelt
nachts Holz dafür« (N. W. Thomas, p. 247 ff.) *).
Diesen australischen Erzählungen kommen die folgenden amerika-
*) Weitere Beispiele zentralaustralischer Märchen von primitivem Charakter bietet
die Sammlang von C. Strehlow und M. von Leonhardi, Mythen, Sagen und Märchen
des Arando- Stammes, VeröfTentlichnngen des städt. Völkermuseums in Frankfurt a. M.
1907 (Nr. 4, 20, 21, 23 u. a.).
Das primitive Mytheomärcheo. yi
nischen Ursprungs in ihrem Aufbau ziemlich nahe: »Ein Mädchen
war sehr eitel imd wollte den Sonnenmann heiraten. Sie suchte ihn
daher in seinem unterirdischen Hause auf. Des Abends kam er
zurück imd steckte die Sonne an einem Pfahl neben sich auf. Der
Mann hatte aber nie eine Frau zuvor gesehen und war deshalb an-
fanglich sehr zornig. Allmählich gab er sich jedoch zufrieden und
heiratete das Mädchen. Sie hatten einen Sohn; nach einiger Zeit
kehrte sie dann in ihre Heimat zurück« (Boas, S. 15 f.). In dem
Sohn der Sonne kann man hier möglicherweise den Hinweis auf
die Sonne des nächsten Tages erblicken. Ein anderes primitives
Sonnenmärchen ist dieses: »Ein Knabe wurde wegen seines zänki-
schen Wesens von seinen Eltern verlassen, und er blieb allein mit
einer alten Frau im Dorfe zurück. Er erlegte Tiere, ernährte damit
sich und die Alte und machte Mäntel aus ihren Fellen. Da kam
eines Tages der Sonnenmann zu ihm herab und bot ihm seinen
Bogen für die Mäntel an. Der Knabe war das zufrieden. Er erl^e
von mm an alles was er haben wollte, wurde sehr reich und ver-
teilte, als sein Stamm wieder zurückgekehrt war, viele Nahnmgsmittel
unter die Leute« (Boas, S. 17J. In dem Bogen, den der Sonnen-
mann mit sich fuhrt, klingt hier offenbar schon die auch in der
späteren Himmelsmythologie weit verbreitete Vorstellung der Sonne
als eines Schützen an, der in den Sonnenstrahlen seine Pfeile ver-
sendet. In den Mänteln, die der Sonnenmann als Gegengabe
empfängt, darf man vielleicht ein Bild der Sonnenflecken sehen, die
auch sonst noch im Mythus als Verhüllungen eines Sonnenhelden
erscheinen. In allem dem steht diese Erzählung bereits deutlich dem
Übergang zur entwickelteren Märchenform nahe. Wie die Sonne,
so ist auch der Mond vielfach der Held des primitiven Märchens.
Aber noch scheinen hier die Phasengestalten des Mondes, die, wie
wir sehen werden, in dem späteren Naturmärchen eine wichtige Rolle
spielen, gegenüber der allgemeinen Form des Gestirns wenig beachtet
zu werden; daher diese Märchen bald von einem geköpften Mond-
mann, bald von einem im Monde sitzenden Menschen oder Tier er-
zählen, wobei die Assoziation mit einem Geköpften wohl durch die
Ähnlichkeit der Mondfigur mit einem menschlichen Gesicht unter-
stützt wird, während eine anders gerichtete Assimilation die in der
Mythenbildung fast aller Zeiten und Völker wiederkehrende Vor-
7 2 I^c Naturmythus.
Stellung vom »Mann im Monde € wachruft (vgl. die Märchen bei Boas,
S. 15, 247).
Schließlich sei noch ein amerikanisches Tiermärchen hier an-
gereiht, das auf der Ubergangsstufe zur Fabel steht: »Ein Kaninchen
lebte mit seiner Großmutter in einem unterirdischen Hause. Neben
ihnen wohnte der Bär, der zwei Kinder hatte. Als der Bär eines
Tages ausgegangen war, plünderte das Kaninchen dessen Wohnung
und ließ nichts darin als einen Korb voll Wespen und einen voll
Ameisen. Das Kaninchen und seine Großmutter aber kochten und
brieten und gaben ein großes Fest. Als der Bär heimkam und sein
Versteck geplündert fand, ging er zum Kaninchen, um sich zu er-
kundigen, wo sein Vorrat hingekommen sei. Als nun das Kaninchen
ihn auslachte, da wurde er sehr zornig und wollte mit ihm kämpfen.
Das Kaninchen steckte jetzt seine Großmutter in einen Korb, legte
deren Mantel an und riß sich ein Bein aus, das es als Hammer ge-
brauchte. Mit dem schlug es den Bären tot, und ebenso tötete es
auch die jungen Bären« (Boas, S. 1 1).
Diese Beispiele mögen genügen, um den allgemeinen Charakter
dieser primitiven Märchen zu kennzeichnen. Das augenfälligste
Merkmal bleibt der Mangel eines in sich abgeschlossenen, einem be-
stimmten Zweck sich unterordnenden Gedankeninhalts. Selbst da,
wo der Erzähler auf Naturphänomene hinweist, die als Folgen der
berichteten Vorgänge angesehen werden können, wie z. B. auf den
Mann im Mond, oder auf einen Stein, der früher einmal ein Mensch
gewesen, da entspringen solche Erscheinungen aus der unmittelbaren
mythologischen Apperzeption, ohne daß sie zu einem in sich ge-
schlossenen Zusammenhang von Handlungen verknüpft werden. So
wenig daher im übrigen der oft gebrauchte und noch öfter miß-
brauchte Vergleich des Naturmenschen mit dem Kinde zutrifft, so
besteht doch in der Form dieser primitiven Mythen insofern eine
gewisse Ähnlichkeit mit den ersten Mitteilungen des Kindes, als
auch das Kind, das zum erstenmal etwas erzählen will, noch nicht
über eine lose Aneinanderreihung von Vorstellungen hinauskommt.
Hinter der äußeren Folge der Begebenheiten tritt in beiden Fällen
die Frage nach dem Warum der Erscheinungen zurück. Hieraus
erklärt es sich wohl, daß die Zauberverwandlung, die zuerst eine
gewisse Kausalität des Gedankens einfuhrt, in dem primitiven Märchen
Das Mythenmärchen tls geschlossene ErztUnng. y)
noch eine geringe Rolle spielt. Immerhin liegt hier der Punkt, wo
da und dort bereits die primitive in entwickeltere Formen hinüber-
reicht.
2. Das Mythenmärchen als geschlossene Erzählung.
a. Allgemeiner Charakter der entwickelteren Märchenerzählnng.
Das Wesen der entwickelteren Formen des Märchens hat man
nicht selten in ihrem ätiologischen Charakter gesehen. Indem man
eine gewisse ursächliche Verknüpfung der erzählten Ereignisse auch
dem Märchen zuerkennt, nimmt man an, insbesondere stets der in
Märchenform gekleidete Naturmythus trage den Zweck in sich,
irgendeine Naturerscheinung auf ihre Ursachen zurückzuführen oder
zu erklären. Nun scheitert aber diese Auffassung, wenn man sie auf
die Zauberwelt des Märchens anwenden will, fast überall. Denn die
für das Märchen und besonders das Mythenmärchen geltende Ver-
knüpfung der Erscheinungen hat mit dem durch die Wissenschaft
geläuterten KausalbegrifT so gut wie nichts gemein. Immerhin kann
man es wohl ein ätiologisches Motiv nennen, wenn z. B. nach einer
nordamerikanischen Fabel der Rabe schwarz ist, weil er sich dereinst
einmal an einem Feuer, an dem er eine Mahlzeit braten wollte, aus
Ungeschicklichkeit die Flügel verbrannt hat, oder weil er mit den
andern Farben, mit denen ihn die Himmelsgötter bemalen wollten,
unzufrieden war und daher zur Strafe von ihnen schwarz angestrichen
wurde '). In Wahrheit bewegen sich jedoch diese Märchen ebensogut
auf dem Gebiet der Zauberverwandlung wie etwa die Erzählung, daß
sich ein Knabe in einen Adler verwandelte, der zum Himmel flog
und hier zum Morgenstern wurde, oder die andere, nach der sieben
Geschwister, die dereinst auf Erden gelebt, als Plejaden an den
Himmel versetzt wurden '). In diesen und unzähligen ähnlichen Mythen
herrscht im allgemeinen eine ebensolche Verknüpfung der Vor-
stellungen wie in jenen Märchen vom Schwarzwerden des Raben.
Der einzige Unterschied besteht darin, daß die Berußung am Feuer
und die Bemalung Vorgänge sind, die den uns geläufigen Ent-
') Boas, Indianische Sagen, S. io6 u. 241.
*) G. Dorscy, The Pawnee, p. 497 f. Eine Plejadenmythe ebenda, p. 488f.
nA Der Naturmythus.
stehungsweisen schwarzer Färbungen näher liegen. So, wie sie im
Märchen geschildert werden, sind sie aber nicht weniger zauberhaft
wie die Verwandlung eines zum Himmel fliegenden Vogels in einen
Stern oder wie die Verwandlung von sieben Brüdern oder Schwestern
in ein Sternbild. Darum beruht hier der Begriff des Ätiologischen
selbst bei jenen explikativen Märchen im Grunde doch nur dar-
auf, daß wir geneigt sind, auch die Märchenphantasie allzusehr
unseren Gesetzen verstandesmäßigen Denkens unterzuordnen. Dieses
Streben scheitert aber unvermeidlich an der phantastischen Folge
der Erscheinungen, die die eigenartige Kausalität des Zaubers kenn-
zeichnet, und an deren Wesen es nichts ändert, wenn sie durch
irgendwelche Assoziationen in einzelnen Fällen einer uns geläufigen
Folge näher gebracht wird als in andern. Dazu kommt, daß solche
explikative Märchen und Märchenepisoden, denen man mit dem in
dem Charakter der Zauberkausalität begründeten Vorbehalt einen
ätiologischen Sinn zuschreiben kann, wie der Fabel vom Schwarz-
werden des Raben, gegenüber den Formen von rein mythologischer
Bedeutung eine Ausnahmestellung einnehmen, weil sie durchweg zu
den Scherzmärchen gehören, deren Motive von denen der ernsthaft
gemeinten Mythen in Märchenform wesentlich abweichen. In diesen
letzteren bewegt sich die Phantasie durchaus nur in dem freien Spiel
von Vorstellungen, die von den subjektiven Motiven des Wunsches,
der Furcht und des Hoffens geleitet sind, und in die die wirkliche
Erfahrung nur insoweit eingreift, als die von ihr ausgehenden Reize
erregend auf die Phantasie einwirken.
Betrachtet man das mythologische Märchen in diesem Lichte
einer von Zauberwirkungen und von Gefiihlsmotiven beherrschten
Phantasiewelt, so läßt sich demnach auch zwischen den oben ge-
schilderten primitiven und den entwickelteren Formen des Mythen-
märchens nur insofern eine Grenze ziehen, als in diesen die einzelnen
Vorgänge zu einem Ganzen verbunden sind, das, von einheitlichen
Motiven getragen, selbst zu einer Einheit sich abschließt. Nicht die
Zauberwirkung, die schon dem primitiven Märchen eigen ist, auch
nicht der Einfluß der Affekte auf den Inhalt macht daher das Wesen
des entwickelteren Mythenmärchens aus, sondern das von da an
immer entschiedener hervortretende Merkmal, daß das einzelne zauber-
hafte Ereignis Glied eines phantastischen Zusammenhangs ist, der
Das Mythenmärchen als geschlossene Erzfihlnng. ye
mindestens annähernd durch irgendeinen einheitlichen Gedanken be-
herrscht wird.
So bildet der Übergang von der primitiven zu der geschlossenen
Märchenform einen der wichtigsten Schritte nicht bloß in dem Fort-
gang von den niederen zu den höheren Formen der Mythenbildung,
sondern auch einen der bedeutsamsten in der Entwicklung des
menschlichen Bewußtseins überhaupt. Denn dieser Fortschritt von
einer Reihe lose zusammenhängender Vorstellungen, die nur durch
die äußere Aufeinanderfolge der erzählten Begebenheiten und durch
die Gleichheit der handelnden Personen verbunden sind, zu der ein-
heitlichen Erzählung, die in einem durch die dargestellten Ereignisse
vorbereiteten Ergebnis endet, ist genau das psychologische Bild des
allgemeineren Übergangs von der rein assoziativen zur apperzeptiven
Verbindung einer Gedankenreihe. Oder, genauer ausgedrückt, es
ist der Schritt von der Apperzeption einer Anzahl einzelner Vor-
stellungen, deren jede durch elementare Gleichheits- und Berührungs-
verbindungen zuilächst nur mit vorangehenden und folgenden Gliedern
verkettet ist, zu der Apperzeption einer durch ein beherrschendes
Motiv verbundenen Gesamtvorstellung, die durch die Erzählung in
ihre Teile gegliedert wird. Es ist dieselbe Entwicklung, wie sie
auch die Sprache in ihrem Übergang von dem den Anfang des
sprachlichen Denkens bildenden attributiven zu dem vollkomme-
neren prädikativen Aufbau der Sätze zurücklegt*). Wie bei der
Sprache, so ist aber auch beim Mythus dieser Übergang kein plötz-
licher. Bereitet er sich dort in assoziativen Verbindungen vor, die
mehr und mehr zu Bestandteilen einer einheitlichen Vorstellung zu-
sammenwachsen, so führen hier jene Märchen, die irgend eine Natur-
erscheinung, wie einen seltsam aussehenden Stein oder Baum, ein am
Himmel geschautes Bild u. dgl., mit den erzählten Begebenheiten ver-
weben, von der loseren primitiven zur fester geschlossenen Märchen-
form hinüber. Sobald eine solche Erscheinung nicht mehr bloß
äußerlich der Erzählung angefügt ist, sondern als deren Endzweck
erscheint, so vollzieht sich damit schon der Übergang zur geschlossenen
Erzählung. Der Umfang des so entstandenen Ganzen kann dann
wachsen und Umgestaltungen erfahren, indem Episoden aus ursprüng-
') Vgl. Bd. I, TeU n, S. 249 ff., 316 ff.
•7 6 ^^^ Natnrmythus.
lieh selbständigen Märchen aufgenommen werden oder auch aus dem
Fortspinnen loser Assoziationen hervorgehen, wie es schon beim
primitiven Märchen wirksam ist. Solche assoziativ entstandene Epi-
soden lassen sich dann gewissermaßen als Rückfalle in die primitive
Märchenform betrachten. Sie können aber auch selbst wieder zu einem
relativ in sich geschlossenen Ganzen zusammenwachsen. Diese Ver-
vielfältigung der Motive durch die Assimilation weiterer MärchenstofTe
oder durch die Verdichtung zufallig hervorschieOender Assoziations*
reihen zu neuen Einheiten, die den Aufbau der Erzählung ver-
wickelter machen, bildet daher den Übergang zu der Entstehung von
Märchenzyklen, die, wenn die Beziehung auf bestimmte Zeiten und
Orte oder auf kultische Einrichtungen und deren mythologfische Träger
hinzukommt, zu den Formen der Sage und Legende überfuhren.
Kündet nun das geschlossene Märchen durch die bei ihm zum
erstenmal hervortretende umfassendere Verbindung einen überaus
wichtigen Fortschritt in der Entwicklung des Denkens an, so zeigt
aber diese Stufe immer noch zwei Merkmale, durch die sie mit dem
primitiven Mythenmärchen zusammenhängt, und in denen sie gewisse
der Märchenstufe des Mythus zukommende Eigenschaften zum Teil
sogar zu gesteigerter Geltung bringt. Das eine dieser Merkmale ist
die auch hier noch bestehende völlige Unabhängigkeit von Raum und
Zeit. Wo und wann sich die erzählten Begebenheiten ereigfnet haben,
bleibt unbestimmt: sie lassen sich höchstens indirekt mit Hilfe des
gesamten Kolorits der Kultur, der sie angehören, einigermaßen lokali-
sieren. Das zweite Merkmal besteht in der Art, wie Mittel imd Zweck,
UrsachjB und. Wirkung in diesen Erzählungen verknüpft sind. Noch
ist diese Verbindung eine durchaus phantastische: sie ist von Zauber-
vorstellungen beherrscht, neben denen der aus der gewöhnlichen Er-
fahrung vertraute Verlauf der Erscheinungen als ein selbstverständ-
licher gilt, darum aber auch unbeachtet bleibt. Ihm gegenüber
kommen die Begriffe Ursache und Wirkung, Mittel und Zweck über-
haupt nicht in Frage; oder sie beginnen sich doch erst von jener
Grenze an, wo das Mythenmärchen in die biologische Fabel über-
geht, oder wo es sich gar dem kosmogonischen Mythus zuwendet,
allmählich hervorzuwagen'). Daß der Vogel fliegt und der Fisch
»j Vgl. Teil II, S. 177fr.
Das Mythenmärohen tls geschlossene Erzählung. nn
schwimmt, daß ein schwerer Körper fallt oder durch menschliche
Kraft in die Höhe geworfen werden kann, diese und die vielen andern
ähnlichen Dinge, die sich alltäglich ereignen, bedürfen in den Augen
des Naturmenschen keiner Erklärung. Das Ungewöhnliche oder das
durch die Macht des Eindrucks Auffallende dagegen, wie Donner und
Blitz, Auf- und Untergang der Sonne, die Mondgestalten, der Regen-
bogen, die Stürme und Winde in ihrem aller Voraussicht spottenden
Wechsel, endlich die Gestalten und Färbungen der Tiere, die um so
fremdartiger anmuten, je menschenähnlicher sonst das Tun und Trei-
ben der Tiere erscheint, — dies und manches andere, was, so häufig
es begegnen mag, immer wieder Furcht oder Neugier und Interesse
erregt, beschäftigt auf dieser Stufe der Mythenbildung vor allem die
Phantasie. Für die Art aber, wie diese die Dinge verknüpft, sind
auf der einen Seite doch die aus der alltäglichen Erfahrung ge-
schöpften Anschauungen, nur ins Groteske gesteigert, und auf der
andern alle jene vom Seelenglauben ausgehenden Zauber- und Dä-
monenvorstellungen maßgebend, die auch den Gedanken über Krank-
heit und Tod, über Erfolg ini Kampf, den Ertrag der Jagd und das
Gedeihen der Nährfrüchte ihre Richtung geben. Wie die Zauber-
wirkung die früheste Form ist, unter der sich der Naturmensch über-
haupt eine Verknüpfung von Ursachen und Wirkungen denkt, so
trägt er daher diese Zauberkausalität auch in die Schöpfungen seiner
Phantasie hinüber, und hier waltet sie um so schrankenloser, weil sie
nirgends durch den Zwang, den die Wirklichkeit auf das Spiel der
AfTekte ausübt, gehemmt wird.
So ist denn gerade der Beginn des entwickelten Mythenmärchens
die Blütezeit des eigentlichen Zaubermärchens und damit zugleich ein
Symptom des Zauberglaubens selbst auf seinem Höhepunkt. Mag
auch zu keiner Zeit jeder einzelne Zug in einem solchen Märchen
für wirklich gehalten werden, als möglich erscheint er auf alle Fälle;
oder wo etwa die alles Maß überschreitenden Übertreibungen der
Märchenphantasie an dieser Möglichkeit Zweifel erwecken, da reichen
immerhin Erscheinungen von ähnlichem Charakter durchaus auch in
den Bereich des allgemein geglaubten Zaubers hinein. Das erhellt
ohne weiteres aus der Übereinstimmung, die in dieser Beziehung
zwischen dem Charakter des Zaubermärchens und den wirklich ge-
übten Zauberbräuchen und Zauberkulten besteht. Nicht minder bietet
^g Der Natnrmythns.
das sonstige Verhalten des Menschen auf dieser Stufe, besonders auch
die Art, wie er selbst über die Glaubwürdigkeit seiner Märchen urteilt,
sprechende Belege. So erzählt K. von den Steinen von einem Fall,
wo ein flüchtiger Negersklave von den Bakairi verfolgt wurde. Man
konnte ihn nicht erwischen, aber in einem der nächsten Büsche fand
sich eine Schildkröte: da beruhigten sich die Bakairileute, in der
festen Überzeugung, der Knabe habe sich in die Schildkröte ver-
wandelt'). Von den Pawnee-Indianem berichtet Dorsey, sie unter-
schieden sehr bestimmt zwei Kategorien ihrer Märchen, solche, die
wahr, und solche, die zu irgend eineni Zweck von den alten Männern
erfunden seien; zu den wahren Geschichten rechneten sie aber in erster
Linie diejenigen, die von himmlischen Wesen erzählt würden, und die
mit alten Zeremonien in Verbindung stünden"). Das letztere ist schon
deshalb verständlich, weil die irdischen, in der unmittelbaren Umgebung
des Menschen sich ereignenden Zaubergeschichten, namentlich die
wunderbaren Tierverwandlungen, den Eindrücken der Wirklichkeit
gegenüber nicht auf die Dauer Stand halten können, wogegen die
Himmelserscheinungen fem genug sind, um sich einer solchen Ver-
gleichung zu entziehen. Auch beschränken sich gerade die Himmels-
märchen von frühe an weit mehr auf die Erscheinungen selbst, wenn
diese auch von der Phantasie mannigfach umgestaltet werden, wäh-
rend der Verwandlungszauber, zu dem vor allem das Verhältnis des
Menschen zur Tierwelt Anlaß gibt, zunächst bei ihnen zurücktritt.
Wie fließend übrigens überhaupt die Grenzen zwischen dem Ge-
glaubten und dem Erdichteten sind, das bezeuget die Tatsache, daß
die nämlichen Indianerstämme, die die gewöhnlichen Tierverwand-
lungsgeschichten fiir erfunden halten, dennoch der Erzählung vieler
dieser Märchen geradezu eine Zauberwirkung zuschreiben. So wird
von manchen, analog wie der Rezitation von Beschwörungsformeln
und Zauberliedern, den Erzählungen, die von der Unterwerfung der
Büflel unter den Menschen handeln, die magische Kraft zugeschrieben
der Verminderung der Büffelherden vorzubeugen^).
Hiernach darf man sich durch den Ausdruck »Märchen«, den diese
frühesten Mythen ihrem ganzen Charakter nach verdienen, durchaus
') K. von den Steinen, Unter den Naturvölkern Zentralbrasiliens, S. 350.
') G. Dorsey, Mythology of the Pawnee, p. 10 ff.
3) Dorsey a a. O., p. 437, 503 ff.
Das Mjdieiimirchen als geschlossene Erziblnng. jq
nicht verfuhren lassen, in ihnen von vornherein Dichtungen zu sehen,
die das Gepräge phantastischer Erfindungen allzu deutlich an sich
trügen, ab daß jemals an sie geglaubt werden könnte. Bei dieser
Annahme übersieht man völlig, daß die Art, wie der Naturmensch
die Dinge der Wiridichkeit auffaßt, mit der im 2^ubermärchen herr-
schenden Verbindung der Erscheinungen übereinstimmt Das Zauber-
märchen ist eben die Form der Erzählung, die der Stufe des Zauber-
glaubens wirklich entspricht; und natürlich gibt es auf dieser Stufe
gerade so gut wie später Geschichten, die als wahr geglaubt werden,
und andere, die für erfundene gelten. Aber nicht Zauber und Wun-
der bflden die Merkmale, die Wahres und Falsches scheiden, sondern
diese werden lediglich dem Inhalt dessen entnommen, was als wahr
überliefert und unter die allgemein geltenden Glaubensnormen auf-
genommen ist Wie dieser Maßstab noch heute der in der allge-
meinen Anschauung gültige ist, so ist er es natürlich auch für den
primitiven Menschen. Für diesen ist aber eben der Zauberglaube die
überlieferte Norm des Denkens und Handelns. Darum besitzen hier
selbst die extravagantesten Zaubermärchen nicht an sich, sondern
höchstens infolge ihrer vielleicht allzu starken phantastischen Über-
treibungen oder wohl noch häufiger wegen ihres gleichgültigen In-
halts eine verminderte Glaubwürdigkeit Selbst diese kann aber wie-
derum dadurch beseitigt werden, daß die erzählten Ereignisse in eine
entfernte Zeit oder an weit entfernte Orte verlegt sind. Das ist
der Grund, weshalb der Übergang des Märchens in die Sage und
L^ende weder die 2^uberwirkungen an sich noch auch namentlich den
Glauben, den sie finden, zu vermindern pflegt, sondern daß vielmehr
die Beziehung auf bestimmte Orte und Zeiten und auf wirkliche oder
für wirklich gehaltene Personen diesen Glauben unterstützt.
Gilt so das Zaubermärchen, wie im Grunde schon diese Über-
gänge in die noch auf lange hinaus mit der wirklichen Geschichte
zusammenfließenden Formen der Sage und Legende bekunden, in
seinem Ursprung keineswegs als Schilderung einer bloßen Phantasie-
welt, sondern als ein treues, höchstens da und dort etwas gesteigertes
Abbild der wirklichen Welt, so trägt nun aber gerade das Mär-
dien in seiner übersprudelnden Phantastik zugleich die Kraft fort-
währender Umbildungen und Neubildungen in sich. Freilich kann
nicht alles, was die märchenbildende Phantasie in dieser Weise schafit
8o Der Natarmythiis.
oder was ihr von außen zugeführt wird, fortan den gleichen Wert
beanspruchen; doch entfaltet hier nun das Zaubermärchen in einem
von keiner andern Form des Mythus wie der Dichtung übertroffenen
Grade die Macht, für die verlorenen Werte neue zu schaffen. So
hat es neben seiner Eigenschaft, die Anschauungswelt des Natur-
menschen widerzuspiegeln, von Anfang an noch die andere, ein er-
freuendes Spiel der Phantasie zu sein. Neben dem Tanz, der in
seinen Übergängen von der kultischen Handlung zur erheiternden
Pantomime die gleichen Wandlungen bietet, gehört darum die Märchen-
erzählung aller Orten zu den gesuchtesten Beschäftigungen des Natur-
menschen. Das verrät sich auch noch in einer andern Parallele mit
dem Tanz: wie dieser in den burlesken Tiertänzen und Pantomimen
den Höhepunkt ausgelassener Freude bezeichnet, so schafft das
Märchen komische Gestalten und ergötzliche Szenen, unter denen
vor allem die Tierverwandlungen burleske Formen annehmen, die
den Tiertänzen und Tierpantomimen auch ihrem Inhalte nach genau
entsprechen können. Gilt aber in der Blütezeit des Zaubermärchens
die Erzählung gelegentlich ganz so wie der Tanz als ein Zauber,
der den Regen beschwören oder Tiere bändigen kann, so bleibt,
nachdem der Glaube an diesen objektiven Zauber längst geschwunden,
der subjektive, der die Phantasie des Hörers fesselt, fortan be-
stehen. Darum ist unter allen Formen des Mythus das Zauber-
märchen die unvergänglichste, wenn ihm auch sein Übei^ang in ein
freies Spiel der Phantasie verhältnismäßig frühe jene ernstere Be-
deutung geraubt hat, die auch hier selbstverständlich die ursprüng-
liche ist. Durch diesen Übergang sind nun aber längst schon die
Verbindungen gelöst worden, die bei Sage und Legende den Glauben
an die Wirklichkeit ihres Inhalts infolge ihrer Beziehungen zu Ge-
schichte und Kultus lebendig erhielten. So ist es gekommen, daß das
Märchen schließlich bei den Mythologen fast zu einem verstoßenen
Stiefkind des Mythus geworden ist, obgleich es mit besserem Recht
seine Mutter genannt werden könnte.
Diese Eigenschaft, das dauerndste und dabei das wandlungs-
fahigste mythische Gebilde zu sein, gewinnt jedoch das Märchen
erst von dem Augenblick an, wo es sich zur geschlossenen Erzäh-
lung erhebt. In seiner primitiven Form mit ihren ziellos schweifen-
den Assoziationen ist es allzu vergänglich, als daß es sich in dem
82 ^er NatormTthns.
gleichförmigen Bedingungen des Zauberglaubens ihre Quelle haben
können, sondern g^nze komplexe Verwebungen von Motiven, die
in dieser Verbindung jedenfalls nur einmal entstanden sind, kehren in
den Märchenerzählungen weit entlegener Ländergebiete und Zeiten
wieder, nur jedesmal eingetaucht in das besondere Medium der
Kultur und Gesittung, dem ein solcher Mythenstoff zugewandert ist
Je größer aber die natürliche Verwandtschaft ist, die vermöge ihres
Zusammenhangs mit den allgemeinen Eigenschaften menschlichen
Denkens und Fühlens die Märchenstoffe schon vor diesem Austausch
besitzen, und je größer zugleich die Kraft der Assimilation, die
jede Kultursphäre ausübt, um so schwerer wird es natürlich fest-
zustellen, welches der erste Ursprungspunkt solcher Wandermärchen
gewesen sein mag. In der Tat ist diese Frage nur da mit zureichen-
der Wahrscheinlichkeit zu beantworten, wo der Mytheninhalt Züge
bietet, die entweder auf eine Naturanschauung von lokal beschränkter
Ausdehnung oder auf spezifische Kulturbedingungen hinweisen, die
sich anderwärts nicht wiederfinden, und die nun gleichwohl mit der
solchen Traditionen eigenen Zähigkeit in der neuen Umgebung als
unverständlich gewordene Elemente festgehalten werden. Diese
Ausdauer verdankt eben hier wiederum das entwickelte Märchen
der in ihm herrschenden Zweckverknüpfung, die nach bekannten
Gesetzen der Wiedererinnerung auch der Bewahrung der bloß äußer-
lich und zufällig assoziierten Bestandteile zu statten kommt. So
wichtig daher nicht bloß in ethnologischer und historischer, sondern
mit Rücksicht auf diese allgemeinen Bedingungen der Erhaltung und
Aneignung auch in psychologischer Hinsicht die Wandermärchen
sind, so gewinnen sie doch ihre psychologische Bedeutung wesent-
lich erst durch die weitere Tatsache, daß auch die Bedingungen zu
autochthoner Märchenbildung überall existieren, weil diese mit der
geistigen Natur des Menschen ebenso eng verwebt ist wie der
Geister- und der Zauberglaube selbst, der das ursprüngliche Medium
dieser mythologischen Form ist. So läßt es sich denn auch nicht
verkennen, daß, wie groß die Zahl der Wandermythen immerhin
sein mag, die in der Märchenerzählung der verschiedenen Völker
nachzuweisen sind, doch neben ihnen immer noch zahlreiche vor-
kommen, die entweder nur einzelne, zweifelhafte Elemente mit den
Mythen anderer Regionen gemein haben, oder die, abgesehen von
Das Mythenmärchen als geschlossene Erzählung. 83
den aus allgemein menschlichen Bedingungen abzuleitenden Analogien,
offenbar auf ein bestimmtes engeres Gebiet beschränkt sind. So
setzt sich neben der Aufnahme von außen zugeführter Stoffe eine
autochthone Mythenbildung, die diese Aufnahme selbst erst ermög-
licht, sichtlich von der Stufe des primitiven auch in die des späteren
Märchens fort, bei dem dann außerdem die Bedingungen der Wan-
derung von Ort zu Ort und der Übertragung durch viele Genera-
tionen neu hinzutreten').
So weit nun aber schließlich jene Kausalität des Zaubers, die an
der Wiege des mythologischen Naturmärchens steht und dieses bei
seinen Wandlungen und auf seinen Wanderungen begleitet, von
dem entfernt ist, was das gereifte und vollends das wissenschaft-
liche Denken Kausalität nennt, so trägt doch schon der Zauber
das Merkmal an sich, das nicht bloß iiir die erste Entstehung ur-
sächlicher Verknüpfung, sondern allezeit für deren Anwendung das
entscheidende bleibt: das ist die Zerlegung nach Grund und Folge.
Gerade auf dieser Stufe der Zauberkausalität ist sie übrigens stets
zugleich mit dem Gedanken verbunden, daß die Folge der irgend-
wie gewollte Zweck des Geschehens sei. Dieser Zweck eben gibt
der Märchenerzählung jene Einheit des Gedankens, auf der die
epochemachende Stellung beruht, die das Zaubermärchen in der
Geschichte des Denkens wie der erzählenden Dichtung einnimmt.
Nach diesen beiden Richtungen besitzen nun aber die verschiedenen
Formen, in die sich von nun an das Märchen mit Rücksicht auf die
in ihm vorherrschenden Motive sondert, wieder eine verschiedene
nythologische Bedeutung. Während nämlich in dem primitiven Mär-
hen die verschiedenen Zaubermotive noch ohne deutliche Sonderung
leinanderfließen, scheiden sich jetzt die die Erzählung beherrschen-
m Affekte und Triebe schärfer voneinander. So wird hier das
meinsame Zaubermotiv wieder von abweichenden psychologischen
>tiven getragen, die auf die verschiedenen Richtungen allgemein
nschlicher Affekte zurückgehen. Innerhalb jeder dieser Formen
inen dann ebensowohl weit verbreitete Wandermythen wie andere
commen, denen mit Wahrscheinlichkeit ein autochthoner Ursprung
schreiben ist. Da nun aber die Übertragung von Ort zu Ort
) Näheres über die Wanderung der Mythen überhaupt vgl. unten III, 6.
6*
84 ^cf Natnnnythus.
wieder besondere ethnologische und psychologische Bedingfungen vor-
aussetzt, so sollen hier die wichtigeren Gattungen des Mythenmärchens
zunächst noch ohne Rücksicht auf diese Bedingungen der Übertragung
betrachtet werden.
Handelte es sich nun bloß darum, die allgemeinen psychologischen
Motive des Mythenmärchens und seiner verschiedenen Formen zu
ermitteln, so würde es vielleicht genügen, sich die Volksmärchen der
heutigen Kulturvölker zu vergegenwärtigen, die, so sehr sie sich durch
Umdichtung und Anpassung gewandelt haben, doch die Grundmotive,
aus denen das Märchen als mythologische Form dereinst entstanden
ist, noch mehr oder minder deutlich erkennen lassen. Immerhin hat
sich selbst da, wo die Überlieferung uralte Züge verhältnismäßig treu
bewahrt, die Naturanschauung, von der jene Motive getragen sind,
wesentlich verändert, und wenn sie auch in den Zauberverwandlungen
und den phantastischen Gestalten der Zauberwesen in dem späteren
Märchen nachwirkt, so hat sie doch hier die reale Bedeutung verloren,
die ihr in ihrer ersten Entwicklung zukommt, und die auf die Be-
schaffenheit der Motive, auf ihre Qualität wie auf ihre Stärke, nicht
ohne Einfluß sein kann. Denn vor allem als das, was sie heute nicht
mehr sind, als Motive, die an der Bildung der mythologischen Welt-
anschauung selbst mitgewirkt haben, besitzen die im Märchen zimi
Ausdruck kommenden menschlichen Stimmungen und Affekte einen
dauernden Wert fiir die Entwicklungsgeschichte des Mythus; und nicht
nur das, was etwa unter der Herrschaft solcher Affekte als erstrebens-
oder als hassenswert gilt, sondern auch der Umkreis der Mittel, zu
denen die mythenbildende Phantasie greift, um die Affekte in Hand-
lungen und äußere Erlebnisse umzusetzen, wird um so mehr zu einem
treuen Ausdruck der mythenbildenden Kräfte, je mehr solche Hand-
lungen noch als die treibenden Kräfte der Natur selbst angesehen
werden.
b. Hauptformen des Mythenmärchens.
In jener von dem späteren Bedeutungswandel der mythischen
Motive noch relativ unberührten Form, in der das Märchen, wenn auch
nicht in jedem einzelnen Zug, so doch in dem allgemeinen Cha-
rakter der in ihm herrschenden Verknüpfung der Erscheinungen die
Naturanschauung wirklich widerspiegelt, aus der es entsprungen ist,
Das Mytbeninttrcheii als geschlossene Erzfthlnng. ge
läßt es nun in der Differenzierung der Motive zugleich ein stufen-
weises Aufsteigen über die einer deutlich ausgeprägten Gedanken-
einheit noch entbehrende primitivste Form erkennen. Freilich handelt
es sich hier in Anbetracht der fließenden Natur aller dieser Entwick-
lungen nirgends um feste Grenzlinien. Vielmehr, wie die lose und
al^erissene Handlung vielfach neben den entwickelteren Erzählungen
bei den gleichen Völkern zu finden ist, so und noch in höherem
Maße gilt wiederum von den einzelnen Formen der letzteren, daß sie
alle nebeneinander vorkommen, und daß die verschiedenen Motive,
die diesen Formen entsprechen, in einer und derselben Erzählung sich
mannigfach durchkreuzen und mischen, daher es gerade bei den ur-
sprünglichen Mythenmärchen sehr oft zweifelhaft bleibt, zu welcher
Gruppe man ein einzelnes zählen soll. Diese Verhältnisse gestalten
sich dadurch noch verwickelter, daß auch das Mythenmärchen be-
reits nicht bloß Motive verschiedenen Inhalts, sondern infolge der
zunehmenden Macht der Tradition solche verschiedenen Alters ent-
halten kann, die demnach nicht mehr einem einheitlichen Kul-
turmedium angehören. So läßt sich denn keines der Märchen-
motive an bestimmte, fest umgrenzte Kulturstufen binden, sondern
höchstens ist innerhalb gewisser Kulturkreise ein relatives Überge-
wicht der einen oder andern Form festzustellen. Insbesondere gilt
das auch von dem weiteren Bedeutungswandel, der bei dem allmäh-
lichen Übergang des Mythenmärchens in die poetische Märchener-
findung eintritt, einem Übergang, bei dem einzelne der ursprüng-
lichen Mythenmotive ihren Inhalt völlig verlieren, und andere ihn
im wesentlichen unverändert bewahren können, unter allen Um-
ständen aber die Macht der einzelnen Motive bedeutende Verschie-
bungen erfährt. Gewisse Märchengattungen, die zuerst verhältnis-
mäßig zurücktreten, werden auf diese Weise allmählich die herr-
schenden, während andere, die anfänglich im Vordergrund stehen,
verschwinden oder eine Umwertung erfahren. Für das erstere Ver-
hältnis bietet das Glücksmärchen mit dem unverwüstlichen Reiz,
den es mit seinen Abenteuermotiven ausübt, für das zweite das Tier-
märchen mit dem ungeheuren, ein weites Gebiet der Geschichte
menschlicher Geisteskultur in engem Rahmen widerspiegelnden
Wandel seiner Bedeutungen einen sprechenden Beleg. Findet sich
das Glücksmärchen in den Anfängen mythologischer Märchenbildung
86 I^cr Natnrmythus.
selten in seiner reinen, von andern objektiveren, sei es biologfischen
sei es kosmologischen, Motiven freien Form, so ist es umgekehrt in
der späteren Märchendichtung durchaus zum herrschenden Typus ge-
worden, und vor allem in dieser Form der reinen, leicht von mytho-
logischen Elementen ganz sich lösenden Abenteuergeschichte ist es
dann in die weitern Formen erzählender Dichtung, die Anekdote,
Novelle, das Epos, übergegangen. Das Tiermärchen dagegen, das
in seinem Ursprung mit dem Seelen- und Totemglauben auf das
engste verwachsen ist, hat in der Tierfabel nicht nur den Zusammen-
hang mit diesen mythischen Motiven fast ganz verloren, sondern
es ist in der scherzhaften und in der moralischen Form der Fabel-
dichtung neuen Zwecken dienstbar geworden, die nicht einmal mehr
in den Affekten, die die Erzählung auslöst, mit dem ursprünglichen
Tiermärchen etwas gemein haben. Darum können wir uns in die
Stimmung, die das primitivste Glücks- und Abenteuermärchen spiegelt,
noch heute zurückversetzen, denn diese Stimmung ist uns noch immer
nicht nur aus unsern Kindermärchen, sondern aus allen möglichen
andern Formen erzählender Dichtung geläufig. Aber in die Gefiihls-
und Vorstellungswelt des primitiven mythologischen Tiermärchens
können wir uns nicht mehr versetzen, oder es ist das doch nur dann
einigermaßen möglich, wenn wir uns in jene Naturanschauung einzu-
leben suchen, für welche die von uns heute gezogene Grenze zwischen
Mensch und Tier noch nicht existierte, und der Glaube an die
wechselnden Verkörperungen der Psyche, an die Ahnengeister und
Schutzdämonen in Tiergestalt dem Leben und Treiben der Tiere ein
erhöhtes Interesse zuwandte.
Versuchen wir es hiernach die psychologischen Grundformen des
Mythenmärchens, entsprechend den in ihm herrschenden und für die
ursprüngliche Bedeutung wie für die späteren Wandlungen maß-
gebenden Motiven aus der Fülle der bei Natur- und primitiven Kultur-
völkern vorkommenden Märchenstoffe zu sondern, so muß freilich
von vornherein darauf verzichtet werden, eine solche Einteilung nach
fest bestimmten logischen Gesichtspunkten vorzunehmen. Das Mär-
chen überhaupt und vollends das Mythenmärchen mit seiner noch
lebendig gebliebenen Zauberkausalität ist eine Phantasieschöpfung, die
so sehr jeder verstandesmäßigen Logik widerstrebt, daß hier auch
die unterscheidenden Merkmale nur psychologische sein können, und
Das Mythenxnärchen als gfeschlossene Erzählung. gy
daß man eine streng durchzuführende Scheidung der Motive schon
deshalb nicht erwarten darf, weil eine solche in der Wirklichkeit
nirgends vorhanden ist. Immerhin stehen sich in dieser Mischung
der Elemente deutlich solche von subjektiver Natur und andere
objektiven Ursprungs gegenüber. Jene wurzeln in den unver-
gänglichen Eigenschaften des menschlichen Gemüts. Die Motive,
die aus dieser Wurzel erwachsen sind, reichen daher von den
frühesten Anfangen der Mythenbildung bis in die spätesten Formen
der Märchendichtung und ihrer novellistischen und epischen Weiter-
bildungen hinein: es ist das menschliche Schicksal mit seinem
Wechsel von Glück und Unglück, von Erfolg und Mißgeschick, das
von unvordenklichen Zeiten her das unerschöpfliche Thema mensch-
lichen Sinnens bildet und als solches in die Mythenbildung und in
die aus ihr entspringende Dichtung aller Zeiten und Völker übergeht.
Darum ist diese erste, subjektive Klasse der Schicksalsmotive höch-
stens insofern von den andern, aus objektiven Eindrücken herstam-
menden zu scheiden, als es von frühe an Mythenmärchen gibt, in
denen jene stark überwiegen. Wir können sie die Glücksmärchen
nennen. Schon in ihren Anfängen sind es vorzugsweise mensch-
liche Helden, die handelnd und leidend in ihnen auftreten, und
dieser Zug, der mit ihrem Ursprung aus dem Wechsel menschlicher
Schicksale auf das engste zusammenhängt, ist es zugleich, der ihnen
ihre Unvergänglichkeit weit über das Zeitalter des Mythus hinaus
sichert. Als mitwirkender Faktor geht aber das Schicksalsmotiv zu-
meist auch in solche Märchenformen ein, in denen objektive, in
der Naturanschauung und dem Verhältnis des Menschen zu seiner
Umgebung wurzelnde Bedingungen die entscheidende Bedeutung be-
sitzen. Diese sind gerade in der Periode des Mythenmärchens um so
mehr die vorwaltenden, als die selbständige Betätigung des eigenen
Seins hier noch zurücktritt gegenüber den übermächtigen Einflüssen
der Naturumgebung. Solcher objektiver Motive gibt es vornehmlich
zwei, die, in der ursprünglichen Naturanschauung nicht deutlich ge-
schieden, vielfach ineinanderfließen, da jene beseelende Apperzep-
tion, die die Objekte der Natur in menschenähnlich handelnde Wesen
verwandelt, hier zwischen dem wirklich Lebendigen und dem lebendig
Vorgestellten höchstens Grad-, aber keine Wesensunterschiede kennt.
Immerhin ist schon in der Aufeinanderfolge, in der die Objekte in
88 I^er NaturmythDS.
bevorzugter Weise in den Blickpunkt der mythologischen Apperzep-
tion treten, ein Weg vom Nahen zum Femen erkennbar, der mehr
und mehr von den durch unmittelbaren Kontakt das Leben des
Menschen fördernden oder gefährdenden Wesen seiner Umgebung
zu den mehr indirekt, daher aber freilich um so tiefer sein Wohl
und Wehe berührenden Objekten der großen Welt, zu den Gestirnen,
Wolken und andern Himmelserscheinungen, hinüberführt. So treten
zwei objektive mythische Motive einander gegenüber: die biolo-
gischen und die kosmologischen. Beide sind sowohl vermöge
der ihnen gleichförmig zugeteilten Attribute des Lebens wie infolge
der Nähe, in der die Objekte der irdischen Welt, die Berge, Felsen,
die hochwachsenden Bäume und die in weite Feme schweifenden
Vögel in solche der himmlischen übergehen, nirgends durch scharfe
Grenzen geschieden. Abstrahieren wir hier zunächst von diesen in
den Eigenschaften der mythologischen Apperzeption begründeten
Mischungen und Übergängen, so lassen sich aber, jenen objektiven
Motiven entsprechend, die Tiermärchen, die Pflanzenmärchen
und die Himmelsmärchen als die drei von den Eindrücken der
Umwelt ausgehenden Formen mythischer Erzählungen unterscheiden.
In sie alle reichen, von frühe an mehr oder minder ausgesprochen
die Schicksalsmotive hinüber. Zugleich zeigen sie in der Reihen-
folge, in der sie im mytholog^chen Denken die Herrschaft ftihren,
eine bestimmte Gesetzmäßigkeit, in der sich deutlich die Entwicklung
der Naturanschauung selbst spiegelt. Zuerst steht das Tiermärchen
durchaus im Vordergrund. Wie in der Geschichte der bildenden
Kunst das Tier der Pflanze vorangeht und die Darstellung der letz-
teren bei der Entwicklung des Ornaments vielfach sich in der Um-
bildung tierischer zu pflanzlichen Formen betätigt, so ist auch das
Pflanzenmärchen, abgesehen von nebensächlichen Verwendungen von
Bäumen und andern Pflanzen in sonstigen Märchenformen, allem
Anscheine nach ein später Ableger des Tiermärchens, der sich
aus diesem zumeist erst unter dem Einfluß der Kultur des Bodens
und des mit diesem verbundenen Kultus entwickelt hat. Mit dem
Pflanzenmärchen gleichzeitig ist die Herrschaft der dritten Gattung,
der Himmelsmärchen, zu denen die Ansätze zwar in einzelnen
Mythen von frühe an nicht fehlen, die aber doch erst die Überhand
gewinnen, wo auch im Kultus und im kosmogonischen Mythus die
Das Glttcksmärchen. 89
Bedeutung der Himmelsgötter in den Vordergrund tritt. Neben diesen
Gattungen entwickelt sich endlich, in seinen Anfangen bis in die
frühesten Stadien der Mythenbildung zurückreichend, das Kultur-
märchen, eine Form mythologischer Erzählung, *3ie gewisse Kultur-
güter, wie die Verwendung des Feuers, die Erfindung von Waflfen
und Werkzeugen, die Bebauung des Ackers usw., zu ihrem Gegen-
stande hat, und die schließlich in die der Sage parallelgehende Form
der JL»egende überführt.
3. Das Glücksmärchen.
a. Allgemeine Motive des Glücksmärchens.
Im Vordergrund der mythenbildenden Motive stehen von frühe
an die Wechselfälle des Geschicks. Der Erfolg in Jagd und Krieg,
das Bestehen der Gefahr und der Sieg im Wettkampf um Besitz und
Ruhm, — das sind die Fragen, die das Interesse des Menschen zu
allen Zeiten beschäftigen und seine Affekte erregen. Die subjektiven
Gefühle, die diese Erlebnisse begleiten, objektivieren sich aber der
naiven Phantasie als Zauberwirkungen, über die der Erfolgreiche
verfLigft, und die ihm durch die Hilfe schützender Zauberwesen zu-
teil werden, oder als solche, die dem Unterliegenden dämonische
Ungeheuer oder haßerfüllte dämonische Tiere und menschliche Zau-
berer bereiten. So erweckt das mythologische Zaubermärchen die
Gebilde des primitiven Dämonenglaubens zu gesteigertem Leben.
Es läßt sie mannigfaltigere Formen annehmen und verleiht ihnen
einen dauernderen Bestand. Denn die der unmittelbaren Umgebung
angehörenden Träger dieser magischen Kräfte sind immer gegen-
wärtig; und wo die Wahrnehmung ihres gewöhnlichen Tuns und Trei-
bens Zweifel an der Wirklichkeit einer solchen Zauberwelt erwecken
könnte, da wird diese durch den Traum und die Fiebervision wach
erhalten, oder da kommt das Vertrauen in die Überlieferung zu Hilfe,
die von gewaltigen Ungeheuern und Zauberern der Vergangenheit
oder von einer Vorzeit erzählt, in der die Tiere dem Menschen noch
näher standen, und in der ihm ihre Sprache verständlich gewesen sei ').
*) James Mooney, Myths of thc Cherokecs, Ethnol. Rep. Washington, XIX, i,
1900, p. 249 f.
QO I^" Naturmythus.
Jene Wechselfalle des Geschicks, die das unermüdlich wieder-
kehrende Thema des Märchens bilden, begegnen uns nun vornehm-
lich in zwei Gestaltungen, in denen sie in der Märchendichtung
aller Zeiten fortwirken: die eine hat die wunderbare Errettung aus
Not und Gefahr, die andere den durch unwiderstehliche Zaubermächte
herbeigeführten Untergang in Schmach oder Tod zum Inhalt. Darin,
daß beide Wendungen des Geschicks in der Regel neben- und
nacheinander in Szene treten, bleibt das Glücksmärchen ein phan-
tastisches Bild des wirklichen Lebens, indes zugleich die verstärkende
Wirkung zur Geltung kommt, die die Aflfekte nach dem Gesetz des
Kontrastes der Gefühle aufeinander ausüben. Hierin besteht das
Motiv psychologischer Steigerung, das sich von hier aus in die
höhere epische und dramatische Dichtung fortsetzt, die beide noch
jenen Wechsel menschlicher Schicksale mit dem Zaubermärchen
gemein haben. Ebenso bekundet sich darin, daß die Tüchtigen und
Guten schließlich siegen und die Schlechten untergehen, schon in
der frühesten Märchendichtung ein Gegensatz der Charaktere und
Handlungen, in dem man immerhin die Keime einer sittlichen Wert-
beurteilung erblicken kann; nur daß freilich hier die Begriffe des
Guten und Schlechten überall von dem umgebenden Medium primi-
tiver Zaubervorstellungen bestimmt sind. Auch macht das ursprüng-
liche Märchen seine Lieblinge meist erst dadurch als solche kennt-
lich, daß es sie tatsächlich siegen läßt, indes sich die Gegenstände
seines Hasses von frühe an durch ungeheuerliche Gestalt und ab-
scheuerregende Eigenschaften zu verraten pflegen. So kehren der
Riese und das vielköpfige Ungeheuer überall wieder, um die über-
wältigende Macht und die vielfache von allen Seiten drohende Ge-
fahr zum unmittelbarsten sinnlichen Ausdruck zu bringen. Unter
den Eigenschaften aber sticht als die hassenswerteste die des Men-
schenfressers hervor, ein Zug, der wiederum der Märchendichtung
aller Kulturstufen geblieben ist. Mag in ihm ursprünglich wohl
der einst bestehende wirkliche Kannibalismus anklingen, so bleibt
doch auch da, wo eine solche Erinnerung längst verschwunden ist,
diese Vorstellung des menscheovertilgenden Ungeheuers in mensch-
licher Gestalt durch das Entsetzen, das sie erregt, unauslöschlich dem
Gedächtnis eingepräg^t. Dabei bleiben übrigens die Zaubermittel,
über die alle Gattungen von Märchenwesen, die Lieblinge des Er-
Das Glücksmärchen. qi
Zählers wie die gefiirchteten oder verspotteten Ungeheuer verfiigen,
im wesentlichen die nämlichen, unter ihnen vor allem die zauber-
hafte Verwandlung. Ist sie doch sichtlich der einfachste Weg, auf
dem die Märchenphantasie ihren Günstlingen Glück und Rettung aus
der Gefahr, den ihr Verhaßten oder von ihr Verhöhnten Untergang
und Mißgeschick bereiten kann. Darin unterscheidet sich wieder
das ursprünglichere Mythenmärchen nicht von seinen späteren Nach-
kömmlingen. Nur ist jenes noch reicher an wunderbaren und doch
wie selbstverständlich erscheinenden Verwandlungen, während in
diesen meist spezifische Zaubermittel nötig sind, um Verwandlungen
oder sonstige Wunder hervorzubringen. Die Zauberwaffen und Zauber-
schilde, die Talismane und wundertätigen Kräuter, die der Medizin-
mann mit sich führt, fehlen freÜich auch in den frühesten Zauber-
märchen nicht ganz; aber im Vergleich mit der späteren Mär-
chendichtung treten sie noch zurück gegenüber den ohne solche
Zwischenmittel geschehenden, gewissermaßen selbst zu den natür-
lichen Vorgängen gezählten wunderbaren Ereignissen.
b. Das reine Abentenermärchen.
Die allgemeinste Form, in der diese Motive des Glücksmärchens
in der Volkserzählung zum Ausdruck kommen, ist die des reinen
Abenteuermärchens. Das Abenteuer als solches, ohne besondere
Rücksicht darauf, ob es dem Guten gut oder dem Schlechten schlecht
geht, fesselt hier die Phantasie. Die moralischen Eigenschaften
des Helden spielen überhaupt noch keine Rolle. Nur fordert es der
Wunsch nach einem befriedigenden Zusammenschluß der Geschichte,
daß diese glücklich endet. So entgeht in einer Kaffirerzählung der
Märchenheld Sikulume den Nachstellungen mehrerer Kannibalen da-
durch, daß er auf den Rat einer alten Frau einen Stein mit Fett
beschmiert. Die Kannibalen, die das Fett riechen, streiten sich um
den Stein. Der eine von ihnen verschlingt ihn, worauf dann die
andern ihren Genossen verschlingen. Dieser Kunstgriff, der die
Kannibalen in der Verfolgung aufhält, wiederholt sich nun zunächst noch
mehrmals. Hierauf wirft Sikulume seinen Mantel weg und läßt ihn
in entgegengesetzter Richtung davon fliegen, um die Kanniba en le
dem Mantel nachjagen, irrezuführen. Endlich begegnet ^^^^^^^""^^^
seinen Freunden, von denen der eine, ein kleiner z^^ ^^ "" *^^^
Q2 Der Natnrmythns.
Mann, als die verfolgenden Kannibalen sich wieder nahen, einen
Stein in eine Hütte verwandelt, die alle aufnimmt, aber für die
Kannibalen ein Stein bleibt. Als diese sich an dem Stein die Zäline
ausgebissen haben, lassen sie endlich von der Verfolgung ab. Dem
nach diesen Abenteuern mit seinen Gefährten nach Hause zurück-
gekehrten Sikulume teilt nun eine alte Frau mit, das ganze Dorf
sei von einem Wasserungeheuer verschlungen worden. Darauf springt
Sikulume ins Wasser, läßt sich ebenfalls von dem Ungetüm auf-
fressen, bohrt aber dann von innen ein Loch in dieses, so daß es
stirbt und das ganze Dorf, Menschen und Vieh wieder aus ihm
hervorkommen. Aus dem Fell des Ungeheuers macht Sikulumes
Schwester ihm einen Mantel und Sandalen, mit denen er auszieht,
um die Tochter eines fernen Häuptlings zu freien, der, ebenfalb ein
Zauberer, bis dahin alle, die in dieser Absicht zu ihm kamen, ge-
tötet hat. Sikulume gewinnt aber die Liebe des Mädchens, und
nach einigen Verwandlungen, bei denen er zuerst von der Mutter
in ein Elentier, dann von dem Mädchen selbst, die ihn ins Feuer
wirft, in ein Stück Kohle und endlich, indem sie diese Kohle ins
Wasser wirft, wieder in einen Menschen verwandelt ist, ergreift er
mit ihr die Flucht. Auf diese nimmt das Mädchen ein Ei, einen
Milchsack, einen Topf und einen Stein mit. Als der Vater die
beiden verfolgt, wirft sie zuerst das Ei hin, das wird zu einem dichten
Nebel, der die Fliehenden verbirgt, dann den Milchsack, der wird
zu einem großen Wasser, dann den Topf, der verbreitet ringsum
Finsternis, endlich den Stein, der sich zu einem mächtigen Fels er-
hebt. Da muß der Verfolger umkehren, Sikulume aber kehrt mit
seiner Frau in sein Dorf zurück und wird ein großer Häuptling*).
Diese Erzählung, deren Grundthema in den Märchentraditionen der
verschiedensten Ländergebiete bald mit dem Nebenmotiv der rück-
wärts geworfenen Zaubergegenstände bald ohne dasselbe und noch
sonst mit mannigfachen Variationen des Inhalts wiederkehrt, ist
ein typisches Beispiel für diese Stufe des Mythenmärchens'). Der
') G. Mc CaU Theal, Kaffir Folk-Lore, p. 85 fr.
^) Parallelen der obigen Erzählung finden sich bei den Buschmännern, den AI-
gonkins in Nordamerika. Aber auch in ozeanischen und asiatisch-enropäuchen Mär-
chen klingt das gleiche Thema an: so in der g^riechischen Jasonmythe, in der be-
sonders auch die beiden verbreiteten Motive, die Gewinnung eines von Zanberwesen
Das Glücksmärcben. 93
Held wie seine Gegner verfugen über alle erdenklichen Zauberver-
wandlungen meist ohne weiter hinzukommende magische Mittel.
Der HeU ^tgtj weil er durch stärkeren Zauber seine Feinde zu
betören oder abzuwehren weiß. Aus den bei der rettenden Flucht
gebrauchten Zauberverwandlungen ersieht man deutlich, wie schon
die phantastische Steigerung natürlicher Eigenschaften der Objekte
oder von ihnen erregter Assoziationen genügt, um die Objekte zu
Zaubennitteln zu machen. Das Feuer zerstört: demzufolge vernichtet
CS auch das durch Verzauberung entstandene Tier, das es zu Kohle
verbrennt Die glühende Kohle wird aber durch Wasser gelöscht:
demnach wird diese auslöschende Wirkung zum Gegenzauber, der
die ursprüngliche Natur des Verzauberten wiederherstellt. Das zer-
brechende Ei, das seinen Inhalt über die Umgebung ergießt, assoziiert
sich mit der Vorstellung eines aufsteigenden Nebeb, der flüssige
Inhalt des Sacks mit einem ausgedehnten See, der dunkle Innen-
raum des Topfes mit der Finsternis und der kleine Stein mit der
eines gewaltigen Febblocks. Das sind sicherlich nicht etwa ab-
sichtliche Symbolisierungen, sondern in diesen Steigerungen und
Assoziationen betätigt sich lediglich das unwillkürliche Spiel der
Phantasie, das durch die Eindrücke §elbst und die von ihnen ausgelösten
Vorstellungen gelenkt wird. In diesen Prozeß greifen dann noch Er-
innerungen an leicht verfügbare, in der gleichen Erzählung verwendete
oder durch Tradition geläufige Motive ein. Zu der ersten und ein-
facheren, der Märchendichtimg überaus geläufigen Art der Er-
innerungsmotive gehören in dem obigen Beispiel die Verdoppelung
der Kannibalenszene und das wiederholte Zurückwerfen von Zauber-
gegenständen. Weit verbreitete und darum möglicher Weise ganz
oder teilweise von außen aufgenommene Bestandteile sind femer das
Motiv der Rettung durch die Verzauberung dieser zurückgeworfenen
Gegenstände sowie das des verschlingenden Ungeheuers, das zuerst
in den Kannibalenszenen und dann in der Rettung des Helden und
seines Dorfes aus dem Bauche des Ungeheuers noch einmal in einer
bei zahlreichen Natur- und Kulturvölkern vorkommenden Komplikation
auftritt. Sie wird uns unten in anderem Zusammenhange bei der
bewachten Schatzes und die Hilfe der zauberkundigen Tochter seines He.itzer», v^ieder-
kehren. Noch andere Parallelen zu dem gleichen Thema hut Andrew Lang genammelt
(A far travcUed Tale, Custom and Myth, 1885, P- 87 ff-)-
QA Der Naturmythus.
Betrachtung der »Verschlingungsmythen« näher beschäftigen. Bei
allen diesen sei es selbständig entstandenen, sei es zugewanderten
Motiven der Bedrohung durch verfolgende Feinde und Ungeheuer
und der wunderbaren Rettung spielt übrigens der Angsttraum und
seine Lösung, dessen Bedeutung auch fiir die Vorstellung von Un-
geheuern bereits früher betont wurde, wiederum eine unverkennbare
Rolle '). Noch jetzt beobachten wir in unseren Träumen nicht selten,
wie sich die Angstgefühle, die aus verstärkten Herz- und gehemmten
Atembewegungen entspringen, zur Bedrängnis durch verfolgende
Tiere oder Feinde und, wenn die Angstgefühle sich lösen, zu Vor-
stellungen wunderbarer Errettung aus der Gefahr gestalten. Auch das
Motiv der Wiederholung der Vorgänge hat hier in regelmäßig sich
wiederholenden, durch die gesteigerte Erregbarkeit der Sinneszentren
phantastisch umgestalteten Eindrücken sein physiologisches Substrat*).
In der obigen Fluchtszene begegnen sich dann dieses aus dem Angst-
traum stammende, in die Märchendichtung hinübergewanderte Motiv
sich häufender Hindernisse mit dem andern des Zaubers durch rück-
wärts geworfene, dadurch dem eignen Anblick entzogene, und so
einer geheimnisvollen Verwandlung fähig gewordene Gegenstände. Es
ist die gleiche Vorstellung, die unj in anderer Verbindung in dem weit
verbreiteten Mythus von der Entstehung der Menschen aus zurück-
geworfenen Steinen begegnet^). Eine Wirkung dieser Verlegung eines
Zaubervorgangs ins Unsichtbare ist auch das meist sie begleitende
Verbot, nach dem geheimnisvollen Vorgang sich umzusehen. Eine
weitere Folge ist es dann, daß der Verstoß gegen dieses Verbot den es
Übertretenden selbst verzaubert: man vergleiche die Verwandlung von
Lots Weib in eine Salzsäule, als sie sich nach den durch Gottes Rat-
schluß untergehenden Städten umsieht ti. Mos. 19, 26). Die Erstarrung,
die psychologische Begleiterscheinung des Staunens und Schreckens,
objektiviert sich hier unmittelbar zur Verwandlung in Stein, deren
weite Verbreitung im Märchen in der Bedeutung einer Strafwirkung
') Teil n, S. 109 ff.
«) Vgl. Physiolog. Psychologie^, III, S. 652 ff.
^) Einen ähnlichen Behindeningszauber durch zurückgeworfene Gegenstände wie
in dem obigen Kaffirmärchen vgl. in einem solchen der Menomini-Indianer, W. J. Hoff-
mann, Ethnol. Rep. Washington, XIX, 1896, p. 196 ff. Desgleichen im neugriechischen
Märchen (von Hahn, Neugriech. und alban. Märchen II, Nr. 68), im litauischen (Leskien
und Brugmann, Litauische V^olkslieder und Märchen Nr. 9) und sonst noch.
Das Glücksmärchen. gc
sich teils aus diesem psychologischen Moment, teils aus der natür-
lichen Assoziation mancher Steine mit menschlichen Formen erklärt.
DaO der Schluß der Erzählung, der Held sei ein großer Häuptling
in seinem Dorfe geworden, in keinem andern Zusammenhang mit den
vorangegangenen wunderbaren Abenteuern steht, als in der glück-
lichen Rettung, ist endlich diesem mit der großen Mehrzahl der
Märchen gleicher Art, bei denen es die Herrschaft der Zauberwirkung
zu einer individuellen Gestaltung des Helden nicht kommen läßt,
gemein. Wo eine Geschichte überhaupt einen Helden hat, da pflegt
sie mit der Versicherung zu schließen, dieser sei ein großer Krieger,
J^er oder Häuptling geworden. Noch steht aber dieser Schluß in
keinem inneren Zusammenhang mit den vorangegangenen Aben-
teuern. Diese selbst könnten auch ganz anders beschaffen sein oder
sich ins unbegrenzte weiter fortsetzen, wie denn nicht selten solche
Märchen offenbar aus mehreren, die ursprünglich getrennt waren,
zusammengeschweißt sind. Die einzige Bedingung ist, daß der Held
aus allen seinen Abenteuern als Sieger hervorgehe. Da der Hörer
nicht mehr verlangt, als dieses glückliche Ende zu erfahren, so schließt
sich jedoch in dieser Versicherung das noch lose zusammengefügte
Märchen zu einem Ganzen zusammen.
Eine besondere Färbung gewinnen solche Schicksalsmärchen da,
wo sie unter dem Einfluß der Geister- und Dämonenvorstellungen
stehen, so daß sich ihnen nun besonders stark der Zug des Spuk-
haften mitteilt. Dies mag das folgende, auch sonst einem von dem
der vorigen Erzählung wesentlich abweichenden Kulturmedium an-
gehörende Märchen der Odschibwä-Indianer veranschaulichen: >In
einem Wald wohnte eine Hexe, die hatte einen Zauberball, mit
dem sie Kinder fing, indem der von ihr fortgeworfene Ball die
Eigenschaft hatte, stets wieder zu ihr zurückzukehren. Auf diese
Weise fing sie eines Tages auch den Knaben eines im selben Walde
wohnenden Jägers, den sie nun die Kunst lehrte, über die Geister,
namentlich über die der Tiere und Vögel die Herrschaft zu ge-
winnen, um mit ihrer Hilfe zu zaubern. Als der Knabe, um das
zu erreichen, 50 Tage lang gefastet hatte, gehorchten ihm in der
Tat alle Geister, und er machte sich jetzt auf den Weg, um einem
bösen Dämon das Geld, das er besaß, und eine Zauberbrücke, die
sich auf Befehl beliebig verlängern oder verkürzen ließ, wegzunehmen.
q6 I^cr Natnrmythas.
Die hilfreichen Geister verliehen dem Knaben wunderbare Kräfte: er
konnte seine Gestalt verändern und alles sehen und hören was in
weiter Entfernung vor sich ging. Um das Haus des Dämons zu fin-
den, befestigte er auf den Rat der Hexe den Zauberball an seinem
Fuß und erreichte so, dem Ball nachgehend, einen reißenden Fluß,
an dessen anderm Ufer er das Haus des Dämons erblickte. Er kam
mit Hilfe des Balls glücklich hinüber. Dort saß der Böse in einem
Zimmer, die kleine Brücke und die Goldsäcke bewachend, die von
den Querbalken des Hauses herabhingen. Um ihn aus dem Hause
zu entfernen, befahl nun der Knabe seinen hilfreichen Geistern, ihn
hungrig zu machen. Nachdem sich infolgedessen der Dämon entfernt
hatte, um Essen zu holen, nahm der Knabe die Goldsäcke und die
Brücke weg und versteckte sich damit in einem Kleid, das in der Ecke
der Hütte hing. Als nun jener bei der Rückkehr sein Gold gestohlen
fand, suchte er lange nach dem Dieb und fand ihn endlich in seinem
Versteck. Indessen hatte sich dieser mit Hilfe der Geister ganz klein
gemacht und das Gold samt der Brücke, die sich entsprechend
verkleinert hatten, in seiner Achselhöhle festgeklebt. Dennoch ent-
deckte sie hier der Böse und, nachdem er sie abgekrazt, befahl er
seiner Dienerin, den Knaben zu kochen. Er selbst ging dann, seine
Freunde, die Wasserdämonen, dazu einzuladen. Da schlug ihm der
Knabe vor, er solle ihn doch, da er gar zu dünn geworden, erst
einige Tage füttern, damit die Mahlzeit zureiche. Diesem Rat folgte
er, und nach zwei Tagen schon war der Knabe so unfömilich dick,
daß er seinen Kopf nicht mehr bewegen konnte. Als nun, während
der Dämon gegangen war seine Freunde einzuladen, die Dienerin
den Knaben kochte, bewirkte dieser mit Hilfe seiner Geister, daß ihn
das kochende Wasser nicht verbrannte, sondern ihm seine frühere
Gestalt wiedergab. Sobald dies geschehen war, sprang er aus dem
Wasser, übergoß damit die Magd, nahm das Geld und die Brücke mit
und zündete die Hütte an. Wie nun der Dämon zurückkehrte und den
Untergang seiner Hütte sah, merkte er, daß er dem BaUträger nichts
anhaben könne. Er lief daher zum Fluß und bot dem Knaben, der be-
reits diesen überschritten hatte, seine Dienste an. Dieser ging schein-
bar auf das Anerbieten ein und legte die Brücke über den Fluß. In
dem Augenblick, wo der Verfolger mitten darauf stand, ließ sie nun der
Knabe zusammenschrumpfen, und jener fiel ins Wasser und ertrank.
Das Glücksmärchen. gy
Auf der Heimreise vergaß jedoch unser Held die Hilfe seiner Geister
anzurufen. Infolgedessen verirrte er sich und legte sich hungrig und
müde nieder. So traf ihn ein Zauberer, der machte aus einem Stück
Pappelholz eine Frau, der er befahl den Ballträger zu speisen, worauf
er verschwand. Mit ihr verheiratete sich dann der Knabe, und sie
lebten eine Zeitlang einträchtig in ihrer Hütte, bis ihn eines Tages
die Wanderlust weiterführte. Da fiel die Frau plötzlich um und war
wieder ein Stück Holz. Nun erlebte der Ballträger noch mancherlei
Abenteuer. Zuerst kam er zu einer Hütte, in der eine Frau mit
rotem Haar wohnte, die Menschenfleisch aß und mit ihm spielen
wollte. Aber die Vögel warnten ihn vor ihr. Sie trug, wie ihm der
Specht verriet, ihr Herz nicht in der Brust, sondern unter dem roten
Haar verborgen. Darauf tötete sie der Ballträger nach kurzem Kampf
und schenkte dem Specht ihren Skalp, den er heute noch trägt.
Dann traf er im Wald eine fliehende Frau. Die sagte ihm, ein
Riese komme hinter ihr her, der ihr halbes Dorf bereits aufgefressen
habe. Auch zeigte sie ihm in einem Felsen das Haus des Riesen.
In dieses begab sich der Ballträger, verrammelte die Tür und er-
wartete den Riesen. Als dieser die Tür geschlossen fand und zum
Fenster hereinstieg, hieb er ihm den Kopf ab. Den Körper ver-
brannte er, und dabei kamen nun aus ihm die Reste derer zum Vor-
schein, die er verzehrt hatte. Da schoß der Ballträger sechsmal seinen
Pfeil gen Himmel empor. Die Reste wurden jetzt wieder lebendig
und kehrten in ihr Dorf zurück, wo der Häuptling dem Ballträger
seine Tochter zur Frau gab. Dieser konnte aber nicht lange still
liegen, sondern zog bald weiter. Er kam abermals in einen Wald
zur Hütte einer Hexe, die Menschenfleisch aß und ihm einen Wett-
lauf vorschlug, wobei der Gewinnende den andern töten sollte. Zu-
nächst war die Hexe dem Ballträger immer voraus. Aber dieser
überhohe sie endlich, indem er sich abwechselnd in einen Wolf, eine
Taube, eine Krähe, einen Habicht und in einen Kolibri verwandelte,
sobald er in einer dieser Gestalten ermüdet war. Nun tötete er die
Hexe und wanderte weiter. Da begegnete er, nachdem er noch einen
Kampf mit einem zaubergewaltigen weißen Bären siegreich bestan-
den hatte, einem Wasserungeheuer, das er zu fangen suchte, das
aber eine giftige Flüssigkeit gegen ihn ausspritzte. Jetzt wußte er,
daß er an dieser sterben werde. Er eilte daher nach Haus und be-
Wandt, Völkerpsychologie II, 3. 7
q8 Der Natarmythns.
fahl seine Leiche, wenn er gestorben sei, auf einem Baumgerüst aus-
zusetzen. Ak das geschehen war, rollte sein Ball von selbst zu dessen
früherer Besitzerin zurück. So wußte diese, daß er gestorben sei,
und sie verwandelte nun den Geist des Toten in einen Rotvogel, der
sich in einer benachbarten Hütte niederließ und dort für die Seinigen
Nahrung sanunelte, bis die Frau des Ballträgers ihn eines Tages auf
Befehl ihres Schwiegersohns tötete und Herz und Kopf ihren Knaben
zu essen gab. Als diese die Teile gegessen hatten, wurden sie zornig
gegen die Mörder ihres Vaters und verließen die heimische Hütte,
um nie wiederzukehren. Unterwegs übernachteten sie bei einer alten
Frau, und diese entdeckte nun, nachdem jene am Morgen gegangen
waren, Gold auf dem Boden ihrer Hütte, das im Augenblick ver-
schwand, als sie danach griff. Das war das Gold, das der Rotvogel
als Geist noch unter seinen Armen getragen, imd das die Knaben mit
ihm verzehrt hatten. Indessen war der Ball wiederum zu seiner ur-
sprünglichen Besitzerin zurückgerollt, die daraus erkannte, daß. aber-
mals dem Ballträger Unglück begegnet sei. Sie ließ den Ball vor
sich herrollen und kam so zu dem Gerüst, auf dem jener lag. Da
erweckte sie ihn zum Leben, und er gab ihr nun die Brücke und
das Gold zurück, die er dem Dämon abgenommen hatte. Hierauf
vei^[rub sie beide in die Erde, so daß sie den Menschen nie wieder
sichtbar geworden sind. Der Ballträger aber kehrte zu seiner Familie
zurück, von der er so lange getrennt gewesen, und unterstützte seinen
Vater, der jetzt ein alter Mann geworden wäre ").
Auch diese Geschichte ist ein reines Abenteuermärchen, in der
spezifischen Form, wie sie sich bei wandernden Jäg^erstämmen als
phantastisches Bild der eigenen Lebensweise wohl ausbilden kann, wie
sie dann aber weit über diese Stufe hinaus infolge der natürlichen
Affinität, in der Wanderlust und Abenteurerleben, der überraschende
Wechsel der Umgebung und der Eindruck des Wunderbaren zuein-
ander stehen, erhalten bleibt. Freilich gehört dazu eine Phantasie,
wie sie durch das einsame Streifen in Wald und Steppe, den Ver-
kehr mit der Tierwelt und die stete Wachsamkeit g^en drohende
Gefahren geweckt wird, um das Wandermotiv zu einer solchen Fülle
V W. J. Hoffinann, The Menomini Indians, Ethnol. Rep. WasUngton, XIV, 1896,
p. 223«:
Das GlücksmKrchen.
99
Wechselnder Bilder und Zauberverwandlungen zu gestalten wie es hier
geschehen ist. Zugleich sieht man deutlich, wie dieses Wandermotiv
dazu herausfordert, ursprünglich unabhängig entstandene Erzählungen
oder Varianten der gleichen Geschichte zu verbinden. So sind be-
sonders die beiden Berichte vom Ende des Ballträgers, die Verwand-
lung seiner Seele in einen Rotvogel und seine Wiederbelebung, außer-
dem aber auch die wiederholten Begegnungen mit Hexen, die ihn zum
Spiel auffordern, ursprünglich wohl nebeneinander erzählte Varianten
gewesen. Das eigentümliche Greistesleben der Indianer Nordamerikas,
wie es noch in zahlreichen ähnlichen Abenteuermärchen zu erkennen
ist, tritt uns aber, abgesehen von dem allgemeinen Medium des Geister-
und Dämonenglaubens dieser Rasse, in manchen einzelnen Zügen
entgegen: so in dem Zauberball, der an die auch in manche Kult-
zeremonien hereinreichende Bedeutung des Ballspiels erinnert, sowie
in dem hier wie in andern Mythen sehr häufigen Motiv des Wett-
laufs, das gleichfalls im Spiel wie im Kultus bei diesen Stämmen
eine große Rolle spielt*). In manchen Fällen sind es, entsprechend
der von den Indianern heilig gehaltenen, von den Weltrichtungen
hergenommenen Vier- oder Sechszahl, vier oder sechs Bälle, die
bei den magischen Zeremonien und Behexungen verwendet werden.
Ebenso wird der Wettlauf nach den vier Windrichtungen unter-
nommen*). Nicht minder schießt in der obigen Erzählung der Ball-
träger seinen Pfeil sechsmal nach dem Himmel. Die Stellung, die das
Spiel in den Kultzeremonien dieser Völker einnimmt, und die an die
analoge des Tanzes erinnert, steht überhaupt wohl in enger Verbin-
dung mit jener Neigung zum Geister- und Dämonenglauben, der auch
im Märchen einen breiten Raum einnimmt, und der die amerika-
nische Rasse noch in jüngster Zeit dem aus den Kreisen der weißen
Bevölkerung zugewanderten Spiritismus besonders zugänglich ge-
macht hat ^). Die intensive Spannung, die das Wett- und Glücksspiel
wachruft, ist in der Tat in ihrem subjektiven Gefühlston eoenso der
*) W. J. Hoffmann, a. a. O. p. 127 ff. Zur allgemeinen Verbreitung des Ball- und
Laufspiels, sowie der mit ihnen zusammenhängenden Zeremonien vgl. Stewart Culin,
The Games of the North American Indians, Ethnol. Rep., XXIV, 1907, p. 561 ff. Über
deren kultische Bedeutung vgl. Kap. VI.
«) Dorsey, The Pawnee, p. 480, 536.
3) Vgl. Teil I, S. 406.
7*
lOO ^^^ Naturmythus.
atemlosen Erwartung des dem Wilde auflauernden Jägers wie der
bangen Furcht verwandt, die den einsamen Wanderer bei den un-
heimlichen Geräuschen und vorüberhuschenden Schatten des Waldes
beschleicht. So begreift es sich wohl, daß dem Spiel mit seinen au
die Chancen von Gewinn und Verlust gebundenen Affekten auf einer
Stufe naiver Naturanschauung, die noch unmittelbar die subjektiven
Regungen des Gemüts nach außen trägt, der gleiche unheimliche
Zauber innewohnt, der in der Geister- und Dämonenwelt den Men-
schen bald sichtbar bald unsichtbar umgibt. Zu allem dem gesellt
sich endlich in imserer Erzählung ein letzter, über die Alte wie
die Neue Welt verbreiteter Zug des Seelenglaubens, der möglicher-
weise von außen zugewandert, freilich aber auch eben wegen seiner
naheliegenden Beziehungen zu überall wiederkehrenden Seelenvor-
stellungen selbständig entstanden sein kann: das ist die rothaarige
Hexe, die ihr Herz im Haar trägt. In ihr mischen sich zwei una
schon bekannte Motive des Seelenmythus, der Sitz der Seele im
Herzen und im Haar, und die Vorstellung von den Translokationea
der Seele*). Daß beide einander ohnehin verwandte Vorstellungs-
kreise sich assimilieren, liegt um so näher, da sich in den zwei Vor-
stellungen des Menschen ohne Herz und der Seele im Haar die
beiden Hauptseiten des Zauberglaubens, das unheimliche Grauen und
die magische Wirkung nach außen, vereinigen. Wie sich in der
Vorstellung des Seelenlosen, aber scheinbar Beseelten die Furcht vor
dem Toten mit der vor dem Dämon verbindet, so ist das Haar, wie
sein bis in späte Zeiten herabreichender Gebrauch in Amuletten
zeigt, vor andern Teilen des Körpers der Träger magischer Zauber-
wirkungen*).
So wenig hiernach solche Glücksmärchen, wie sie uns die beiden
obigen Beispiele, das afrikanische in einer mehr nach außen ge-
wandten, das amerikanische in einer innerlichen, von dem Seelen-
und Geisterglauben getragenen Form darbieten, wahrscheinlich jemals in
ihrem ganzen Zusammenhang geglaubt worden sind, so erscheinen
sie doch in allen ihren Bestandteilen als Produkte jenes wirklich
noch lebendigen oder doch in verhältnismäßig naher Vergangenheit
*) Vgl. Teil n, S. 123 f. Dazu Frazcr, The golden Bough, m, p. 351fr,
») Vgl. Teil n, S. 270 ff.
Das Glücksmärchen. loi
lebendig gewesenen Glaubens, der sich in den Zauberriten und Kult-
zeremonien zu erkennen gibt. Ist auch das Ganze des Märchens iiir
den Erzähler selbst nicht selten eine Dichtung, die er willkürlich ab-
ändert, so ist doch das Material, aus dem er sie formt, das allgemein
geltende, dem er in der ihn umgebenden Welt und in seinem eigenen
Schicksal überall als Wirklichkeit zu begegnen glaubt. Dabei entfernt
diese Erzählungen gerade das, was sie gegenüber dem primitiven
Märchen zu vollkommeneren dichterischen Formen macht, nämlich
die Lust am Fabulieren, die sich in der Häufung der abenteuerlichen
Erlebnisse nicht genug tun kann, in ihrem ganzen Zusammenhang
von dem Boden der geglaubten Wirklichkeit. Je mehr sich die Aben-
teuer durch ihre Verbindung steigern und verwickeln, umsomehr wird
daher das Ganze zu einer primitiven Form kunstmäOiger Dichtung.
c. Das Motiv der Vergeltung im Glücksm&rchen.
Über das Abenteuermärchen erhebt sich eine Reihe anderer Zauber-
märchen, die ebenfalls der allgemeinen Klasse der Glücksmärchen
zugezählt werden können, in denen sich aber mit den Wechselfallen
von Glück und Unglück die Motive der Vergeltung, der Rache
für widerfahrenes Übel oder der Belohnung für empfangene Wohltat
verbinden. In dem reinen Abenteuermärchen verteilt der Erzähler
Glück und Unglück gewissermaßen nach eigenem Gefallen: seinen
Lieblingen, den großen Jägern, Kriegern und Häuptlingen, bescheert
er den Erfolg; die Gegenstände seines Hasses, die Kannibalen, die
Ungeheuer, die bösen Dämonen läßt er unterliegen oder untergehen.
Wo die Gefühle der Vergeltung hinzutreten, da geht nun diese
Verteilung von Gunst und Ungunst von dem Erzähler auf die handeln-
den Personen der Erzählung selbst über. Der Mitleidige oder Hilf-
reiche wird aus der Gefahr gerettet oder mit Glücksgütem belohnt;
den Mißgünstigen oder Neidischen ereilt die Strafe. Das sind Motive,
die in das Märchen von dem Augenblick an eingehen, wo innerhalb
dieser Zauberwelt das Wollen und Streben der handelnden Wesen eine
Anteilnahme beansprucht, während doch dieses Wollen noch ganz
inmitten des allgemeinen Zaubermediums verbleibt.
So erzählt ein im übrigen der primitiven Stufe noch nahestehen-
des Eskimomärchen: »Eine alte Frau und ihr Enkel lebten in einer
Hütte. Der Enkel hatte ein Kleid von Vogelfedem, über das ihn die
I02 I^cr Naturmythns.
Leute verspotteten. Darüber erzürnte sich die Großmutter, und da
sie eine Zauberin war, so verwandelte sie den Jungen in einen
schönen Seehund, den alle Männer zu jagen suchten. Der Seehund
aber schwamm immer weiter weg von der Küste. Dann ließ die
Alte einen Sturm entstehen, in dem alle Männer ertranken, während
der Seehund wieder in einen schönen Knaben verwandelt ans Land
zurückkehrte. Unter den ausgezogenen Männern entkam nur ein
einziger, der mit dem Knaben freundlich gewesen war. Er kehrte
nach manchen weiteren Abenteuern (deren Erzählung wohl ursprüng-
lich ein selbständiges Zaubermärchen gebildet hatte) wohlbehalten in
seine Heimat zurück*)«.
Ein weiteres Beispiel, in welchem das Vergeltungsmotiv noch
deutlicher hervortritt, ist das folgende von der pazifischen Küste
Nordamerikas: >Ein Knabe wurde, weil er heimlicher Weise allerlei
Zauberei trieb, von seinen Angehörigen verlassen. Diese schifften
sich während seiner Abwesenheit ein. Nur die Großmutter hatte
Mitleid: sie verbarg in einer Ecke eine Muschel mit etwas Speise
und glühender Kohle und wies einen Hund, den sie zurückließ, an,
ihrem Enkel die Muschel zu zeigen. Als dieser nun zurückkehrte
und von dem Hund zu dem Essen gefuhrt wurde, weinte er und
dachte nach, wer wohl Mitleid mit ihm gehabt habe. Darüber
schlief er ein und träumte, ein Mann befehle ihm aufzustehen und
sich zu baden. Als er das tat, sah er- wieder den Mann, wie er
über den Rücken des Hundes strich. Da verwandelte sich der Hund
in eine Frau mit schönem, schwarzem Haar, und der Knabe selbst
war durch das Bad ein schöner junger Mann mit langem rotem
Haar geworden. Er nahm nun den verwandelten Hund zur Frau.
In einer folgenden Nacht erschien ihm aber wieder der Mann und
sagte zu ihm: ,ich will dir Nahrung und gutes Wetter geben und
dich an denen rächen, die dich verlassen haben. Nimm den Zeder-
bast, mit dem du dich zu waschen pflegst, mit dem schlage ins
Wasser, so werden viele Heringe herbeikommen*. Also geschah es,
und der junge Mann hatte Heringe im Überfluß. Da erschien
ihm in einer andern Nacht wieder der Fremdling und sagte: , deine
Großmutter hatte Mitleid mit dir, sie hat dir Speise und Kohle ge-
F. Boas, The Central Eskimos, Ethnol. Rep. VI, 1888, 621 ff.
Das Glttcksmirelien. 103
geben*. Jetzt rief der junge Mann, als er erwacht war, den Raben
und schickte ihn mit vielen Heringen zu seinen* Verwandten. Die
Großmutter erkannte sofort, daß die Fische von ihrem Enkel waren,
und als der Rabe dreimal mit seinen Fischen kam, da erkannten
auch die andern, daß der Zurückgelassene nun reich geworden sei,
und sie beschlossen zu ihm zurückzukehren. Hier schlug der junge
Mann, den sie zuerst wegen seiner Verwandlung gar nicht erkannten,
jeden Morgen mit seinem Zederbast so viel Fische aus dem Wasser,
als sie nur immer begehrten. Eines Nachts erschien ihm aber end-
lich der Fremdling abermals im Traume und gab ihm an, wie er
sich an denen, die böse gegen ihn gewesen waren, rächen sollte.
Am nächsten Morgen rief er, nachdem er wieder die Heringe her-
beigelockt, einen Wal, der alle Fische auffraß. Als nun die Leute
den Wal verfolgen wollten, sagte der junge Mann: ,laßt das, ich
werde den Wal rufen und in eure Hände geben*. Das geschah so.
Als aber der Wal gekommen war und ihn die Leute zerlegen wollten,
ließ der junge Mann diejenigen, die gut gegen ihn gewesen, auf die
eine, und die, die böse gewesen waren, auf die andere Seite treten
und rief dem Wal zu: ,räche mich!* Darauf schlug der Wal mit
seinem Schwanz um sich imd tötete alle, die bös gegen den Knaben
gewesen, die andern ließ er leben« ").
Die Traumerscheinung, die hier als die treibende Macht der
Zauberverwandlungen und der schließlichen Rache des Helden auf-
tritt, weist deutlich auf die Rolle hin, die Traum und Vision im
Glauben wie im Zauberbrauch der nordamerikanischen Indianer
spielen. Auch in dieser das Leben eines der Fischerei obliegenden
Küstenvolkes spiegelnden Erzählung ist darum, ähnlich wie in dem
obigen Wander- und Abenteuermärchen, weniger der Held selbst
als der ihn schützende Geist der eigentliche Träger der Handlung.
Direkter noch gehört die folgende, gleichfalls das Thema der
strafenden Vergeltung variierende Erzählung der Pawnee- Indianer
in das Gebiet der Geistervorstellungen: Ein geheimnisvoller Knabe,
der sich später als der Geist des Windes zu erkennen gibt, geleitet
einen am Grabe seiner Frau trauernden Mann in das Geisterland.
*) F. Boas, Indianische Sagen von der nordpazifischen Küste Amerikas, 1895,
S. Siff.
I04 ^c' Naturmythus.
Auf dem Wege dahin versieht ihn eine alte Hexe mit allerlei Zauber-
mitteln, die ihn den Zugang in das im Süden gelegene Totenland
finden lassen und den Geist wieder ins Leben zurückfuhren sollen.
Die Hauptrolle spielen dabei Lehmbälle, die nach viermaliger Be-
rührung den Geist auf die Erde zurückrufen. Nach der Überwin-
dung verschiedener Hindemisse durch die mitgebrachten Zaubermittel,
unter denen rote Bohnen, deren Genuß den Verkehr mit Geistern
möglich macht, eine Rolle spielen, kehrt der Mann mit der dem
Geisterreich Entrissenen in seine Heimat zurück und lebt glücklich,
bis er ihr eines Tages untreu wird. Da stirbt die Frau sofort zum
zweiten Male. Nach einer Variante der gleichen Erzählung findet der
nach Hause zurückgekehrte Mann statt seines Weibes nur noch ihre
Gebeine auf dem Bett*).
Wie diese und viele andere Beispiele zeigen, tritt das Vergeltungs-
motiv in den Märchen der primitiveren Völker fast nur in der
Form der Rache auf. Der Märchenheld entgeht durch die über-
l^ene Zaubermacht, die er von Haus aus besitzt, oder die ihm durch
wohlwollende Zauberwesen mitgeteilt wird, den Nachstellungen seiner
Feinde, den Gefahren, die ihm von Ungeheuern und boshaften Hexen
drohen, und diese selbst ereilt das Mißgeschick, das sie ihm bereiten
wollten. Dabei ist es bemerkenswert, wie frühe schon in diesen
Märchen das menschenfressende Ungeheuer und die menschenfressende
Hexe eine Rolle spielen. Mag es sein, daß in diesem Zug die Er-
innerung an anthropophagische Sitten fortlebt, so ist doch augen-
fällig, daß frühe schon der Abscheu gegen diese sich zu regen be-
ginnt. Nicht minder bedeutsam ist die Gestalt der Hexe, in der
sich die Vorstellung einer besonderen Zaubermacht, die meist in
bösem, selten nur in gutem Sinne ausgeübt wird, in der Märchen-
dichtung aller Zeiten und Völker verkörpert. Immerhin scheint es,
daß dieses Bild des menschenfressenden Ungeheuers und des boshaften
alten Weibes sowie die Verbindung beider in der menschen- und be-
') G. A. Dorsey, The Pawnee Mythology, I, 1906, p. 536. Mit den Seelenvor-
stellangen, die in diese nnd einige andere von Dorsey a. a. O. mitgeteilten Erzählnngen
hineinspielen, hängen wahrscheinlich die an die Entstehung des Menschen aas Lehm
erinnernden Lehmbälle sowie möglicherweise der Gebrauch der Bohne als Zauber-
mittel zusammen (vgl. Teil 11, S. 212), während die Vierzahl bei den Amerikanern
allgemein als die heiligste Zahl gilt (s. unten III, 6).
Das Glücksmärchen. 105
sonders kinderfressenden Hexe in dem Märchen' der Kulturvölker häu-
figer als in dem der Naturvölker wiederkehrt. Das mag in erster Linie
mit der schon erwähnten Tatsache zusammenhängen, daß die andern in
primitiven Zuständen noch vorherrschenden Märchengattungen, denen
biologische und kosmologische Motive zu Grunde liegen, später mehr
und mehr schwinden, so daß das Glücksmärchen von einer gewissen
Stufe an die Vorherrschaft behauptet. Anderseits prägt sich darin
auch der lange nachwirkende tiefe Abscheu gegen den Menschen-
fraß aus, der diesen selbst dann noch für sein Opfer als ein schweres
Schicksal empfinden läßt, wenn nicht der Lebende, sondern der
Leichnam, und wenn dieser nicht von Menschen, sondern von Vögeln
und wilden Tieren verzehrt wird. Hier wirken wohl mehr als der
natürliche Instinkt, die schon den fleischfressenden Tieren eigene
Scheu vor dem Fleisch der eigenen Gattung, bei dem Menschen die
Motive der Seelenvorstellungen. Wie diese durch das Streben nach An-
eignung der fremden Lebenskraft die Entstehung anthropophagischer
Sitten begünstigen, so rufen sie auf der andern Seite in der Über-
zeugung, daß alles Übel, das dem Körper widerfahre, auch die Seele
schädige, ein mit der wachsenden Schätzung der Persönlichkeit sich
steigerndes Widerstreben hervor, das sehr bald über jene primi-
tiveren Motive die Oberhand gewinnen muß. Befremdlicher mag
die Beharrlichkeit erscheinen, mit der die böse Zauberin in der Ge-
stalt eines alten Weibes in zahlreichen weit voneinander entfernten
Ländergebieten durch lange Zeiten erhalten geblieben ist. So all-
gemein wie die des menschenfressenden Ungeheuers ist diese Ge-
stalt freilich nicht. Der orientalischen Märchenliteratur scheint sie
fremd zu sein, und auch in den Mythen und Märchen der Mittel-
meerländer tritt sie zurück. Wo sie aber auch in der Märchentradition
der Kulturvölker vorkommt, da dürfen wir wohl annehmen, daß sie
in längst entschwundenen Vorstellungen ihren Ursprung hat. Durch
seinen Kampf gegen heidnischen Aberglauben mag das Christen-
tum dazu beigetragen haben, die göttlichen Wesen weiblichen Ge-
schlechts, denen das griechische und römische und vornehmlich das
germanische und keltische Altertum die Vorausbestimmung der Zu-
kunft und die Teilnahme an menschlichen Schicksalen zuschrieb, so-
wie die im Besitz einer besonderen Sehergabe oder Zauberkraft ge-
glaubten Frauen in böse Zauberinnen zu verwandeln und so an der
Io6 ^^^ Naturmythas.
ungeheuren Ausdehnung des späteren Hexenglaubens mitschuldig
sein ; die bösen Zauberwesen fehlten aber schon dem ursprünglichen
Volksglauben keineswegs, und speziell die Gestalt der Hexe, des
alten, über bösen Zauber gebietenden Weibes ist bei den veiiiältnis-
mäßig spät erst vom Christentum berührten Völkern des Nordens
von Europa, Asien und Amerika weit verbreitet. Denn die Hexe ist,
wenn nicht ausschließlich, so jedenfalls vornehmlich eine Schöpfung
des Nordens. Wo der Mensch am schwersten um die Not des
Daseins kämpft, da ist sie zu Hause, und man darf vielleicht sagen:
wo das Weib in der Arbeit um diese tägliche Not frühe altert, der
Mann, der in Kampf und Gefahr täglich sein Leben aufs Spiel setzt,
selten alt wird, da bildet das durch die Arbeit verbrauchte, ver-
schrumpfte und verbitterte, nach dem Verlust ihrer Angehörigen in
die Einsamkeit verstoßene alte Weib die Züge, deren die Phantasie
zur Ausmalung des Bildes der Hexe bedarf. Sie wird aber ein be-
sonders wirksames Ingredienz des Zaubermärchens von dem Augen-
blick an, wo in diesem das Motiv der Rache hervortritt, deren durch
bösen Zauber vermitteltes Werkzeug sie ist.
Wie sehr aber auch in der frühesten Märchenerzählung dies
Motiv im allgemeinen vorwaltet, so fehlt es doch schon hier
nicht ganz an der ergänzenden Seite der Vergeltung, an der Be-
lohnung für empfangene Wohltat Häufig ist sie freilich mehr
negativer als positiver Art. Die rächende Strafe, die den Bösen trifft,
wird von dem Gutgesinnten abgewandt, der mit jenem die gleiche
Gefahr teilt. Doch in einzelnen Märchen schlägt schon auf einer
sehr frühen Stufe auch diese die Rache begleitende Schonung in die
doppelseitige Vergeltung um, bei der Lohn und Strafe gerecht
zwischen Guten und Bösen verteilt werden. Hier ist es dann freilich
sehr oft nicht mehr der Märchenheld selbst, der Lohn und Strafe
zuerkennt; sondern ein Zauberwesen, ein bald rächender bald lohnen-
der Dämon hält Umschau unter den Menschen und verleiht ihnen
nach ihren Taten Glück oder Untergang. So erzählen die Cowitchin-
Indianer von der nordpazifischen Küste Amerikas von einem Manne
mit Namen Qals, der vom Himmel gestiegen und durch alle Länder
gewandert sei, die Guten belohnend, die Bösen bestrafend. Die, deren
Tun ihm mißfiel, verwandelte er in Steine oder Tiere. Eines Tages
traf er zwei Männer im Walde, von denen ihm der eine freundlich,
Das Glücksmärchen. 107
der andere unfreundlich begegnete. Jeder von beiden hatte einen
Hirsch erlegt. Da wurde der Hirsch des freundlichen Mannes, als
er ihn nach Hause trug, immer schwerer, imd als er zerlegt wurde,
zeigte es sich, daß das Hirschfett viele Kisten füllte. Als aber der
unfreundliche Mann nach Hause kam, war sein Hirsch zu einem
Haufen vermoderten Holzes geworden. Einmal kam Qals zu Fischern,
die Flundern fingen und sie an der Sonne brieten. Da lehrte er sie
Feuer durch Reiben von Holz zu entzünden'). Es ist bemerkens-
wert, wie in dieser Erzählung, ebenso wie in andern ähnlichen Mythen,
die Rache immer noch die überwiegende Rolle spielt. Doch geht
diese über die primitiveren Vergeltungsgeschichten auch darin hinaus,
daß der Träger der Handlung, der Lohn und Strafe verteilt, über den
Handelnden selbst steht, so daß in ihm gewissermaßen die Idee der
vergeltenden Gerechtigkeit selbst verkörpert erscheint Damit hängt
dann noch ein anderer Zug zusammen. Dieser Lohnende und Strafende
tritt nun gelegentlich auch als ein Wohltäter der Menschen auf, der
sie, selbst wo sie es nicht durch besondere Taten verdient haben, mit
den Gütern früher Kultur, zu denen als eine der wertvollsten die Feuer-
bereitung gehört, bekannt macht. Damit entfernen sich aber diese
M5rthen aus dem Bereich des eigentlichen Märchens: sie reichen in
die Legende hinüber, als deren primitivste Formen sie uns noch
beschäftigen werden (vgl. unten 7 und III, 5.)
d. Wandlungen des Glücksmärchens unter dem Einfluß der Kultur.
Spiegelt sich in der allmählichen Steigerung der Motive des
Glücksmärchens vom reinen Abenteuer mit glücklichem Ausgang zur
Rache, Strafe und endlich zur doppelten Vergeltung unverkennbar
die allmähliche Entwicklung eines sittlichen Gewissens aus vorsitt-
lichen Affekten, so ist Cur die weitere Entwicklung das Ver-
hältnis, in dem in der Märchenerzählung die strafende und die loh-
nende Seite der Vergeltung zu einander stehen, nicht minder be-
zeichnend. Das ursprüngliche Mythenmärchen kennt nur die Rache,
und allein in die bereits frühe neben dem Mythenmärchen entstan-
dene Legende von wohltätigen, nun zum Teil schon in Kulten ge-
feierten Zauberwesen der Vorzeit gehen auch die Lohnmotive in
*) Boas, Indianische Sagen, S. 45ff.
Io8 ^cr Natunnythns.
gutem Sinne mit stärkerer positiver Betonung ein. Hier hat sich
nun in der Märchendichtung der Kulturvölker das Verhältnis wesent-
lich verändert. Wohl reichen auch in sie zusammen mit den nie
verschwindenden Ungeheuern, Menschenfressern und bösen Dämonen
als uralte Überlebnisse die Rachemotive mit ihren als Strafmitteln
vorkommenden Zauberverwandlungen in Tiere, Steine und Bäume
hinüber. Doch vielfach regt sich schon die Tendenz zu jener scherz-
haften Verwendung dieser strafenden Zaubermittel, wie sie in paro-
distischer Form, aber mit dem gesamten Zauberapparat des helle-
nistischen Aberglaubens ausgestattet Apulejus in seinem Roman
vom goldenen Esel künstlerisch nachgebildet hat. In dem wirklichen
Volksmärchen gewinnen dagegen die Motive der Dankbarkeit und
der Belohnung erwiesener Wohltat im allgemeinen die Oberhand.
Sprechende Zeugen dafür sind zwei der meistgewanderten Märchen-
stoffe der abendländischen Kulturwelt: das Märchen von dem dank-
baren Toten und das von den dankbaren Tieren').
Neben diesen nächsten Motiven der Rache und Dankbarkeit bilden
sich nun aber zugleich die weiteren moralischen Kontraste aus: der
Hochmut, der gedemütigt, und die Bescheidenheit, die erhoben wird,
wie in dem weitverbreiteten Aschenputteltypus (Grimm, Nr. 112), oder
der standhaften Treue, die die boshafte Verleumdung zu Schanden
macht, wie in dem verwandten Rapunzelmärchen (Grimm, Nr. 9) usw.
Daneben fehlt der Übergang zur Legende auch hier nicht. Er voll-
zieht sich innerhalb der christlichen Kultur überall von selbst, wo
Christus, ein Heiliger oder Gott lohnend und strafend eingeführt wer-
den (vgl. Grimm, Nr. 87 und die Kinderlegenden im Anhang der
Sammlung). Endlich aber bewahrt auch das reine Abenteuermärchen
durch alle Zeiten seine unverwüstliche Lebensdauer, und gerade bei
ihm erscheint neben uraltem Gut, das vielfach gewandert ist und sich
gewandelt hat, neu Geschaffnes, das die einstmals ernst geglaubte
Zauberverwandlung in ein Phantasiespiel umbildet, in dem die bunte
Mischung der Überlebnisse einer weit entlegenen Vergangenheit mit
*) über die Verbreitung dieser Märchenmotive vgl. K. Simrock, Der gute Gerhard
und die dankbaren Toten, 1856. R. Köhler, Kleinere Schriften, I, S. isSflf. Das Thema
der dankbaren Tiere bildet übrigens nur eine Unterform des allgemeineren der hilf-
reichen Tiere (z. B. Grimm, Nr. 33, 107). Über den Typus der Märchen von den
dankbaren Tieren vgl. unten 5.
Das Glücksmärchen.
109
Zügen aus dem Leben und Treiben einer bis in die Gegenwart her-
einreichenden Kultur allein schon dazu herausfordert, den Ernst in
Scherz umzukehren. So bildet neben der Zunahme der reinen Glücks-
und Abenteuermärchen die Vermischung mit absichtlicher Komik,
die sich in lächerlichen Gestalten und Situationen und in der Ver-
spottung gewisser Stände, Berufe und Charaktertypen betätigt, ein
bezeichnendes Merkmal, das die spätere Märchendichtung von dem
Mythenmärchen, aus dem sie dereinst hervorgegangen ist, scheidet.
Diesem Wandel der psychologischen Motive, den der Fort-
schritt der Kultur mit sich fuhrt, geht parallel die Bereicherung der
äußeren Hilfsmittel wie die Verfeinerung der intellektuellen Waffen,
deren sich die Helden wie ihre Gegenspieler bei ihren Abenteuern
bedienen. Das Märchen ist eben auch hier ein phantastisch ge-
steigertes Abbild des Lebens. Wo es sich bei dem Naturmenschen
um die Gewinnung von Jagdtieren, ihr Fett zum Nahrungsvorrat und
ihre Bälge zur Kleidung für den Winter oder zum Schutz der Hütte
handelt, da dreht sich das Märchen der Kulturvölker um Schätze aus
Gold, Silber und Edelstein. Besonders das Gold und der vergrabene
Schatz, nicht selten beide vereint in der Form des verborgenen Gold-
hortes, bilden einen immer und immer wiederkehrenden Stoff in
Märchen und Sage. Daß der Schatz unter einem Baum vergraben
oder in einen See oder Fluß versenkt wird, ist nicht minder ein
aus dem Leben gegriffener Zug dieser Erzählungen. In der Un-
sicherheit barbarischer Kriegszeiten bietet der Wald und in ihm der
einzelne nur dem Kundigen erkennbare Baum den günstigsten Ort für
die Bergung eines Besitzes; auf der andern Seite ist der in Wind
und Wetter erlittene Schiffbruch eine so häufige Ursache zum Unter-
gang des auf schwankem Kahn mitgefiihrten Gutes, daß man sich
nicht wundern kann, wenn auf diese entgegengesetzten Anlässe der
sichersten Bergung und des drohendsten Verlustes auch das Schatz-
märchen in seinen verschiedenen Variationen immer wieder zurück-
kommt. Daneben wirkt das Zaubermotiv, das die Erwerbung des
Schatzes zu umgeben pflegt, auf diesen selber zurück. Besonders
mit dem Edelstein und dem Golde assoziiert sich so die Zauber-
wirkung, mit beiden freilich infolge der Bedingungen ihres Vor-
kommens wie ihres Gebrauchs in abweichender Weise. Der Edel-
stein, der durch sein spärliches Vorkommen in kleineren Stücken sich
HO Der Natarmythas.
auszeichftet, wird zum Talisman, der seinem Besitzer entweder im Ver-
borgenen Macht verleiht oder der sich infolge einer eingetretenen
Verschiebung dieser Vorstellung ihm hilfreich erweist, indem er die
Gabe der Rede annimmt, die seinen Besitzer vor Gefahren warnt, ihm
den Ort verrät, wo ein Gegner verborgen ist usw.').
Wie dem Edelstein die Kleinheit, so verleiht dem Golde die An-
häufung zu großen Massen eine die Seltenheit steigernde Anziehungs-
und Zauberkraft, wobei das Gold außerdem durch seine Ähnlichkeit
mit dem strahlenden Glanz der Sonne in das Himmelsmärchen hin-
überspielt und ihm nun der Mond als das silberne Gestirn gegen-
übertritt. So birgft die verstoßene Königstochter in »Allerleihrauh«
in ihrer wunderbaren Nußschale ein Kleid so golden wie die Sonne,
eins so silbern wie der Mond und eins so glänzend wie die Sterne
(Grimm Nr. 65). Schwerlich ist es gerechtfertigt, solche naheliegende
Assoziationen auf einen Ursprung dieses Goldmotivs aus einem eins-
tigen Himmelsmärchen zu deuten. Dagegen spricht schon der Um-
stand, daß gerade diese Art der Verwendung der Himmelsmotive erst
mit der Periode des Kulturmärchens und vor allem in dem Moment
hervortritt, wo das Gold in dem Glücksmärchen eine zunehmende
Rolle zu spielen beginnt. Dies weist deutlich darauf hin, daß das
Gold und nicht der Glanz des Himmelslichtes hier das primäre Glied
der Assoziation ist. Die Anziehung, die das Gold auf den Schatz-
gräber und die schmuckbegehrende Prinzessin ausübt, breitet sich
dann als zauberhafte Kraft auch auf dessen sonstige Eigenschaften
aus. Im goldenen Regen befruchtet Zeus nach dem griechischen
Mythus die Danae. Goldene Äpfel wachsen im Zaubergarten der
Hesperiden. Die goldenen Äpfel der Idun sind die Speise der
nordischen Götter, ohne die sie ihre immerwährende Jugendkraft ein-
büßen. Der von Odin auf Balders Scheiterhaufen gelegte Goldring
läßt jede neunte Nacht acht gleiche Goldringe herabtropfen. In dem
»goldenen Zeitalter«, wie es schon Hesiod schildert, und wie es
später die Komödie zu einem Bild schwelgerischen Überflusses aus-
gestaltet hat, heftet sich endlich an das glänzende Metall das Bild
') Ober Edelsteine als Talismane vgl. Teil II, S. 217 fif. Der Talisman als
führender and mfender Fingerring eines blinden Riesen findet sich z. B. in einem
rumänischen Stück der von W. Grimm gesammelten Märchen der Polyphemgmppe
(W. Grimm, Abhandl. der Berliner Akademie, 1857. S iSf-) vgl. über diese unten XU, 6.
Das Glücksmärchen. i j x
einer aller Mühe und Plage entrückten und alles nur denkbare Glück
genießenden seligen Zeit^). Wo aber das Gold nicht als allge-
meiner Ausdruck des Überflusses erscheint, sondern selbst zauber-
hafte Eigenschaften annimmt, da ist es wiederum das Tier, sein gol-
denes Fell, seine goldenen Haare und Hörner oder die goldenen Eier,
die der Wundervogel legt, denen solche Zauberkraft vom Märchen
zugeteilt wird. So rettet der goldene Widder, der durch die Lüfte
und über das Meer fliegt, Phrixos und Helle (Apollodor, I, 9, i).
Die Gans mit den goldenen Federn im deutschen Märchen hält jeden
fest, der sie oder einen andern, der bereits von ihr gefangen ist, an-
rührt (Grimm, Nr. 64). Der goldene Wunderfisch, den der Fischer
aus dem Wasser zieht, verleiht ihm Reichtum in Fülle: an der Stelle,
wo ein Stück des Fisches auf die Erde geworfen wurde, wachsen
zwei goldene Lilien, das Pferd, das ein Stück verzehrt hat, gebiert
zwei goldene Füllen, die Frau, die den Rest gegessen, zwei goldene
Kinder (Grimm, Nr. 85). Die beiden Tiere, die bei den Kulturvölkern
der alten Welt neben dem Goldvogel und dem Goldfisch andern
voranstehen, sind besonders noch der goldene Esel und Ziegen-
bock. In Indien reicht der Ziegenbock, bei den Semiten der Esel
als theiliges Tier« bis in ein hohes Altertum zurück'). So begegnet
uns denn auch der Esel als bevorzugtes Tier in den wichtigsten
Momenten der Legende vom Leben Jesu: bei der Geburt, bei der
Flucht nach Ägypten, beim Einzug in Jerusalem. Kein Wunder da-
her, daß in der Zeit der Christenverfolgungen die Anhänger der
neuen Religion gelegentlich als Eselsanbeter verspottet wurden^). Da
solcher Spott selbst von Seiten der Gläubigen mit Vorliebe auf heilige
Tiere wie auf heilige Personen sich entlädt, so figuriert aber auch
') Hesiod, Werke and Tage, 109fr. Daza Fragmenta Comicoram graecorum,
Kratinos Fr., 161, Pherekrates Fr., 106, Meineke. Das Leben des Überflusses, das
die antike Komödie in die ferne Zeit der Herrschaft des Kronos verlegt, ist be-
zeichnenderweise dem Zeitalter der geographischen Entdeckungen ein der Gegenwart
angehöriget, aber räamlich fem gelegenes »Schlaraffenland«. An diese räumliche Um-
deatnng der »goldenen Zeit« streift aber allerdings schon im Altertum das Phäaken-
land der Odyssee (Od. 6, S. 293 fr.], wie ja auch die Irrfahrten des Odysseus bereits
eine Art phantastischer Entdeckungsreisen sind.
') Über die Beziehung des Ziegenbocks zu dem Gotte Agni und dem Opferfeuer
f. Oldenberg, Religion des Veda, S. 75 f. Über den Eselskultus der Semiten R. Smith,
IMc Religion der Semiten, S. 225 f.
3) H. Reich, Der König mit der Domenkrone, 1905, S. 5 ff.
112 Der Natunnythns.
noch in den Weihnachtsspielen des Mittelalters besonders der Esel
als komisches Tier. Schon der goldene Esel im Roman des Apu*
lejus ist aber ein sprechender Zeuge der Verspottung eines Tieres,
das zur Zeit des Dichters wohl von vielen für zauberkräftig gehalten
wurde. In dem Schicksal des Heiligen, dem Spott anheimzufallen,
konkurriert nun mit dem Esel der Ziegenbock, wie er auch das Vor-
recht auf ein goldenes Fell oder auf goldene Haare mit ihm teilt;
und die Neigung des Märchens, den von dem naiven Hörer noch
geglaubten Zauber zum Scherz zu wenden, fehlt auch hier nicht
In den goldenen Tieren des Märchens, die später besonders im
Scherzmärchen verwendet werden, wirkt daher wahrscheinlich das
Gold noch nach, mit dem der Mythus die Götter, und die Kunst
deren Bilder, sowie die der heiligen Tiere ausstattet. So darf man
denn auch in den goldenen Tieren des heutigen Märchens noch
späte Nachwirkungen einstiger Kulttiere sehen. Gleichwohl hat sich
hier wahrscheinlich frühe schon das Streben nach seinem Besitz in
eine dem Edelmetall selbst innewohnende Zauberwirkung umgesetzt,
die sich mit den dem Tiere ohnedies beigelegten magischen Eigen-
schaften verband. In weiterer Fortführung dieser Assoziationen macht
dann das Märchen zuweilen die Tiere selbst, während es ihnen ihr
gewöhnliches Äußere läßt, zu goldspendenden Zauberwesen, wie
im Märchen vom Goldesel (Grimm, Nr. 36), oder vom Groldvogel
(Nr. 60) wo dann freilich die persönliche Gunst, die bei dem Glücks-
zauber nie zu fehlen pflegt, darin sich äußert, daß die Eier des
Vogels und die Exkremente des Esels nur für den rechtmäßigen Be-
sitzer von Gold sind, nicht für den betrügerischen Wirt oder Gold-
schmied, die sich das Wundertier aneignen wollen. Wie die gold-
spendende Wunderkraft ausbleibt, wo sie nicht am Platze ist, so kann
sie sich aber auch umkehren. So läßt in einem Zigeunermärchen
der Teufel eine Frau mit einem kleinen Ziegenbock niederkommen,
der die üble Eigenschaft hat, alles Gold im Hause zu verzehren, so-
daß seine Angehörigen verarmen, bis endlich der Ort an den Tag
kommt, wo der Bock das Gold wieder von sich gibt und so der böse
Anschlag des Teufels zu nichte wird '). Ist in diesem Fall das gold-
fressende Tier ein Bosheitszauber des Teufels, so hat übrigens in
^} WlUlocki, Märchen and Sagen der transsylvanischen Zigeuner, Nr. 42.
Das Glücksmärchen.
113
zahlreichen andern Märchen die dem Teufel selbst beigelegte Bocks-
gestalt dazu geführt, die Beziehung des Ziegenbocks zum Golde auf
ihn zu überträfen: so in dem Märchen von seinen drei goldenen
Haaren, die das Glückskind aus der Hölle holt. Dabei ist an diese
Haare ein Zauber gebimden, sodaO der Teufel bei jedem, das man
ihm ausreißt, eines der Geheimnisse verraten muß, die nur ihm be-
kannt sind (Grimm, Nr. 29). Mit dieser ist endlich noch eine letzte
Form des Goldzaubers verwandt, darin bestehend, daß sich dem
Glückskinde selbst alles was es berührt in Gold verwandelt, eine Gabe
die dann freilich ihrem Besitzer zum Fluch wird, so daß hier die
moralisierende Wendung entsteht, die dem Wunschmärchen nicht
selten gegeben wird. Man kennt dieses, wie die ganze Gattung, der
es angehört, jedenfalls späte Motiv aus einem der Märchen, die um
die Sagengestalt des Königs Midas gewebt sind. Ihm ist auf seinen
Wunsch von Dionysos jene verhängfnisvoUe Gabe verliehen. Aber
er ist froh sie wieder los zu werden und die goldspendende Eigen-
schaft durch ein reinigendes Bad auf den vorüberfließenden Strom
übertragen zu dürfen (Ovid Met. XI, 100 ff.).
Mit dem Gold und den Edelsteinen gehen natürlich auch alle
andern Güter, die eine fortgeschrittene Kultur kennt, Schlösser mit
Gärten, in denen wunderbare Früchte reifen, prachtvolle Gewänder
und Waffen und vieles andere in das Märchen ein. Aus den großen
Jägern und Häuptlingen der primitiveren Märchen werden Könige,
Prinzen und Prinzessinnen, oder arme Glückskinder, die diese heim-
führen; und mit diesen äußeren Wandlungen verbinden sich neue
Formen zauberkräftiger Mittel, die das Märchen erfindet. Dahin
gehören vor allem die Zaubergeräte, die in unerschöpflicher Fülle
Früchte und Speisen, die sonst in ihnen aufbewahrt oder auf ihnen
daigeboten werden, auf den Wunsch des Besitzers hervorbringen,
wie das Ochsenhorn der Amalthea, das Speise wie Trank schafft
(Apollodor n, 7, 5). Es findet in dem Mehltopf und dem Ölkrüg-
lein der Witwe von Zarpath, die nach der Verkündigung des Pro-
pheten Elia niemals leer werden sollen, sein bescheideneres Gegen-
stück (i. Könige 17, 10). Die moderne Fassung des gleichen Motivs
beg^net uns in dem »Tischleindeckdich« des deutschen Märchens,
auf dem, sobald ihm der Befehl zugerufen wird, sofort ein leckeres
Mahl bereit steht, eine Form, in der dieser Wunschzauber in zahl-
W u n d t , Völkerpsychologie II, 3. 8
IIA Der Natarmythns.
reichen Varianten in den Glücksmärchen anderer Völker wiederkehrt
(Grimm, Nr. 36)').
Im selben Maße, wie diese äußeren Hilfsmittel vollkommener wer-
den, erheben sich neben der heldenhaften Ausdauer Klugheit und
listige Erfindungsgabe zu vornehmlich geschätzten Eigenschaften.
Damit zugleich nehmen Kampf und Streit edlere Formen an, und
auch ihnen kommen neue Zaubermittel zu statten. Die Kunst sich
unsichtbar zu machen, entweder durch unmittelbare Magie oder durch
Tamhelme oder Tarnkappen greift wirksam in die Maschinerie des
Zaubers ein"*). Dabei wird dann die Fähigkeit sich augenblicklich
an beliebige ferne Orte zu versetzen entweder den nämlichen 2^uber-
mitteln zugeschrieben, oder es treten wohl auch noch besondere
Flügelschuhe oder Siebenmeilenstiefel dafür ein. Mit der Ausbil-
dung der Waffentechnik kommt hierzu noch das Schwert, das, von
einem dämonischen Schmied gefertigt, Wundertaten vollbringen hilft,
oder in späterer Zeit die unter teuflischer Mithilfe gegossene Frei-
kugel, die nach dem Willen des Schützen jedes Ziel trifft. Ihnen
stehen das Zauberhemd und die unverwundbar machende Zaubersalbe
zur Seite, an deren Stelle dann auch das Blut eines dämonischen
Drachen treten kann.
Nehmen viele dieser Zaubermittel, wie besonders die Zauberwaffe
und das Zauberhemd, bereits Formen an, die eine besondere er-
finderische Tätigkeit voraussetzen, so gewinnen nun im gleichen Maße
die Intelligenz als solche, die Klugheit, die Gefahren zu en^ehen
und den Gegner zu überlisten versteht, der Scharfsinn, der gestellte
Aufgaben zu lösen und Fragen zu beantworten weiß, eine immer
mehr wachsende Bedeutung. Diese Eigenschaften lassen nicht bloß
den Typus jener Märchenhelden zunehmen, die durch ihre Ver-
schlagenheit über den physisch Stärkeren, aber geistig Beschränkteren
obsiegen, sondern sie erzeugen auch neue Märchenmotive. Ein be-
sonders dankbares, das zugleich deutlich das Übergewicht bezeichnet,
*) Vgl. dazu die Parallelen in Bd. 3 der Grimmschen Sammlung. Mit Flügelpferd,
Tarnkappe und zahlreichen andern weit verbreiteten Märchenmotiven vereinigt in einem
neugriechischen Märchen bei J. G. von Hahn, Nr. 15, S. 131 ff.
') Somadeva Bhatta, Indische Märchen, übersetzt von H. Brockhaus, I, S. 6 (Ver-
schwinden durch unmittelbare Magie). J. G. von Hahn, Griechische und albanesische
Märchen, Nr. 15, S. 136, Nr. 114, S. 163. Dazu die altgriechische Perseusmythe
(Apollodor n, 4, 4).
Das Glücksmärchen.
"5
das hier allmählich die verstandesmäOige Reflexion über die Phantasie
gewinnt, bildet der glückliche Handelsgewinn, der ohne ein
weiteres Mittel als das der schlauen Berechnung aus nichts oder aus
einem wertlosen Gegenstand Reichtümer schafft, und dem dann frei-
lich als sein Gegenstück das Scheitern solcher Spekulationen und Pro-
jekte durch Unbedachtsamkeit gegenübersteht. Eine Geschichte der
letzteren Art ist die bekannte vom »zerbrochenen Topf«, die schon
in den indischen Märchensammlungen steht und wahrscheinlich von
hier aus in verschiedenen Varianten ihre Runde fast über die ganze
zivilisierte Welt gemacht hat. Ein Brahmane ist glücklicher Besitzer
eines mit Reisbrei gefüllten Topfes. Er hängt ihn an die Wand und
berechnet, was er, wenn eine Hungersnot entsteht, durch den Ver-
kauf dieses Topfes und darauf gegründete weitere glückliche Käufe
gewinnen wird: ein paar Ziegen, dann Rinder, Gold, endlich ein
Haus, Frau und Kinder. Vertieft in diese Ausmalung seiner Zukunft
schlägt er um sich — und der Topf mit dem Reisbrei liegt zer-
brochen auf der Erde^). Das positive Seitenstück dazu findet sich in
einem nubischen Märchen, zu dem ebenfalls zahlreiche, möglicher-
weise auch unabhängig entstandene Varianten über alle Welt zerstreut
sind: ein armer Mann besitzt eine Flasche, mit der er, allerdings nicht
ohne gelegentlich bedenkliche Aufschneiderei zuhilfe zu nehmen,
Handel treibt: so gewinnt er nacheinander mit der Flasche eine
Nadel, mit dieser einen Milchtopf, mit dem Milchtopf eine Ziege, mit
ihr ein Schaf, mit dem Schaf eine Kuh, mit der Kuh ein Kamel, mit
dem Kamel ein Pferd, endlich mit dem Pferd eine ganze Viehherde').
Je mehr dieses Motiv der Schlauheit überhand nimmt, um so mehr
verdrängt es natürlich die Zaubermittel des Märchens: was vorher
der Glückszauber geleistet, das erreicht nun die kluge Berechnung
mit natürlichen Mitteln. Damit tritt eigentlich schon das Märchen
selbst vom Schauplatz ab, um der abenteuerlichen Novelle zu weichen.
Ein bezeichnendes Beispiel bietet hier die altägyptische Erzählung
vom »Schatz des Rampsinit«. In ihrem äußeren Aufbau, in dem
verborgenen Schatz und vor allem in der Königstocher, die dem
glücklichen Entdecker des Raubes als Lohn versprochen wird,
Benfey, Panschatantra, II, S. 345 f.
Leo Reinisch, die Bilinsprache, I, S. 181 f.
8*
Das Glücksmärclien. nj
da an ist der Dämon besänftigt'). Statt des Dämons kann aber auch
bloß menschlicher Übermut zur Stellung der verhängnisvollen Rätsel-
frage fuhren, wie im deutschen Rätselmärchen, wo nebenbei die kluge
Königstochter als eine Art umgekehrter Sphinx auftritt, da sie sich
anheischig macht, jedes Rätsel, das man ihr aufgibt, zu lösen oder
den Freier, der es gestellt hat, zu heiraten, wogegen diesem im
Fall der Lösung das Haupt abgeschlagen wird (Grimm, Nr. 22).
Übrigens braucht sich die überlegene Klugheit nicht immer in der
I eigenen Lösung des Rätsels zu äußern, sondern sie kann auch darin
bestehen, daß diese Lösung irgendwie erlauscht wird: so im vorigen
Beispiel, wo die Königstochter den Freier im Traum ausfragt, oder
in einem der vielen Märchen, in denen der Teufel von seiner dem
Bedrängten hilfreich beistehenden Großmutter ausgefragt wird (Grimm,
Nr. 125).
Einen besonders häufigen Bestandteil des Rätselmärchens bildet
das Zahlenrätsel: es ist fiir den Erfinder die leichteste, fiir den
Befragten aber je nach Umständen eine sehr leichte oder eine sehr
schwere, ja meistens, wenn er des Rätsels nicht von vornherein
kundig ist, eine gar nicht zu lösende Aufgabe. So ist das Sphinx-
fätscl, das von Oedipus gelöst wird, von so naiver Einfachheit, daß
schon unsere Kinder, denen wir es erzählen, sich einigermaßen dar-
über wundem können, wie sich so viele vergeblich um seine Lösung
bemüht haben sollen "*]. Das andere Extrem findet sich in einem
neugriechischen Märchen, wo eine Reihe von zehn Rätselfragen, die
ein Drache den Wanderern, die vor seinem Schlosse anlangen,
stellt, nach einander lauten: was ist das erste Wort? was das zweite?
was das dritte? usw. bis zum zehnten. Hier errät dann natürlich der
Held diese Fragen wieder nicht aus eigener Klugheit, sondern die
Antworten sind ihm von einer weisen Frau verraten worden. Bei
der zehnten Antwort aber zerplatzt der Drache, und der Held zieht
*) Somadeva Bhatta I, S. 38.
j *) Ludwig Laistner (Das Rätsel der Sphinx, Bd. I, S. 4 ff.) hat das Sphinxmärchen
- som Ausgangipankt aller der Mythen und Märchen genommen, in denen überhaupt
l die Motive der Furcht und der Pein eine Rolle spielen, wie der Märchen von der
iMittagtfran, der Empusa, dem Namensgeheimnis usw. Infolge der so von ihm etwas
wQIkaxlieh hergestellten Verbindungen zwischen diesen verschiedenen Märchentypen
hAben aber die meisten der Erzählungen, die I-aistner auf den Sphinxtypus zurück-
fthrt, kanm überhaupt etwas mit dem Rätselmärchen zu tun.
1 1 8 Der Natnrmythus.
nun als dessen Erbe in das Schloß ein'). Obwohl Rätselmärchen
dieser verschiedenen Gattungen weit verbreitet vorkommen, so ist
übrigens ihre Zahl im ganzen nicht sehr groß. Das erscheint auf-
fallend, wenn man einerseits die Bedeutung in Betracht zieht, die ge-
rade der Rätsellösung als einer fiir die naive Auffassung besonders
sinnenfalligen Klugheitsprobe zukommt, und anderseits die reiche
Entwicklung, die das Rätsel als selbständige Form bei vielen Völkern
erfahren hat, und in der es mit dem ii^endeine Klugheitsmaxime in
epigrammatisch zugespitzter Form enthaltenden Sprichwort ungefähr
gleichen Schritt hält. In der Tat sind ja beide auch insofern ver-
wandt, als das Sprichwort nicht selten als Imperativ ausspricht, was
das Rätsel als Frage aufgibt. Nun ist es eine im allgemeinen be-
greifliche Tatsache, daß Rätsel wie Sprichwort ihre Blütezeit in
einer gewissen Übergangszeit zwischen Unkultur und Kultur haben.
Sie sind vorzugsweise da zu Hause, wo in dem Menschen die Freude
an der Verstandesübung bereits erwacht und wo er doch der Natur
noch nahe genug ist, um sofort das verstandesmäßig Erfaßte in ein
anschauliches Bild oder Beispiel zu formen. So reichen bei den alten
Kulturvölkern sprichwörtliche Lebensmaximen, wie sie die griechische
Tradition den sieben Weisen zuschrieb, oder geheimnisvolle Rätsel-
sprüche, wie sie auf religiösem Boden Prophetie und Orakelwesen mit
sich brachten, in eine sehr frühe Zeit zurück. Bei den Indern sind
in der spätem Märchen- und Fabeldichtung diese Formen in oft breit
ausgesponnene moralische Betrachtungen übergegangen, die den Er-
zählungen angefügt werden"). In üppigster Blüte treffen wir endlich
heute noch Sprichwort und Rätsel bei den Negervölkem Zentral-
afrikas und bei den kuschitischen Mischbevölkerungen im Norden des
gleichen Erdteils^). Um so auffallender ist es, daß bei denselben
Völkern unter den aus dem Märchen hervorgegangenen novellistischen
Erzählungen Stoffe, die sich um eine Rätselfrage drehen, kaum zu
*) J. G. von Hahn, Griechische und albanesische Märchen, II, S. 3iof.
^) Die Sammlang »Pantschatantra« ist in diesem Sinne sogar nach gewissen
moralischen Motiven geordnet, wie z. B. »Verfeindnng von Freunden«, »Erwerbung
▼on Freunden«, »Verlust von Besessenem« usw. (vgl. Benfey, Pantschatantra Bd. a).
3) Vgl. die reiche Sprichwörter- und Rfttselsammlung der Ewe-Stämme Deutsch-
Togos bei J. Spieth, Die Ewe-Stämme. Material zur Kunde des Ewe- Volkes in Deutsch-
Togo, I, 1906, S. S9^^) sowie für die kuschitischen Stämme L. Reinisch, Texte der
Saho-Sprache, 1889, S. 299 flf.
Das Glücksmärchen. ng
finden sind. Möglicherweise hat hier gerade die reiche Ausbildung
von Rätsel und Sprichwort zu selbständigen und sehr eindrucksvollen
Formen ihre Verflechtung in die Erzählung zurückgedrängt. Nicht
minder hat die Tendenz zu verständiger Reflexion, die in diesen
Formen sich ausspricht, bei allen afrikanischen Völkern mit Ausnahme
der Bantustämme das eigentliche Mythenmärchen bis auf geringe
Reste zurückgedrängt und es in novellistische Erzählungen übei^e-
führt.
Häufiger als das Rätsel bildet die Wette, namentlich wenn man
auch noch die Mischform der Rätselwette hierherzieht, den Inhalt
der durch die intellektuelle Kultur beeinflußten Märchenstofle. Dies
hängt wohl damit zusammen, daß d^ Motiv der Wette auf Fähig-
keiten sehr verschiedener Art zurückgehen kann. Das Rätsellösen
bleibt immer eine Verstandesleistung; die Wette beginnt zwar auf
rein physischem Gebiet, wie bei dem Wettlauf, dem Obsiegen des
Stärkeren im Ringkampf, aber auch sie endet in dem Wettstreit
um die höchsten Leistungen des Scharfsinns. So findet sich denn
namentlich das Thema des Wettlaufs, meist zugleich mit dem der
klugen Überlistung vermischt, in oft übereinstimmenden Formen
in den Märchen und Fabeln der verschiedensten Völker der Erde.
Wird der Wettkampf mit geistigen Waffen gekämpft, so verbindet
er sich häufig mit dem in dem Glücksmärchen überhaupt sehr ver-
breiteten Nebenmotiv, den Schwachen über den Starken, oder auch
den Dummen, aber vom Glück Begünstigten über den Klugen ob-
siegen zu lassen. In diesem Fall pflegt dann das Wettmotiv nicht
selten noch den Zauber zu Hilfe zu nehmen: eine gütige Fee oder
ein 'mit Zauberkraft begabtes Tier verschafft dem Kleinen und Ver-
achteten den Sieg über den Starken und Übermütigen. Daneben
bietet das Wettmärchen eine besonders gfünstige Gelegenheit, gewisse
auch sonst nach alter mythischer Tradition bevorzugte Zahlen, vor
allem die Dreizahl anzuwenden. Drei wetten miteinander und drei
Wetten folgen einander, und erst der Gewinn der dritten ent-
scheidet. Dieser Vorzug bleibt der Dreizahl, auch wenn das Wett-
märchen selbst den Zaubermotiven entwächst, und das letztere ge-
schieht natürlich in dem Maße, als die überlegene Klugheit zur
entscheidenden Ursache des Gewinns wird. So gehen in einem neu-
griechischen Märchen drei Königssöhne aus, sich Gemahlinnen zu
1 20 Der Natnrmythus.
suchen. Es ist ihnen aber aufgegeben, sie da zu finden, wohin
der von jedem abgeschossene Pfeil fallt. Durch diesen Loswurf er-
ringt der älteste eine Königstochter, der mittlere eine Fürstentochter
und der jüngste eine Äffin. Dann sollen drei Wetten entscheiden,
wer das Königreich vom Vater erhält. Alle drei gewinnt der jüngste,
weil ihm die verachtete Äffin zu allem verhilft, was die Wette for-
dert: ihr Haus ist das reinlichste, die Früchte, die sie herbeibringt,
sind die schönsten, und selbst als bei der dritten Wette der Besitz
der schönsten Frau vom Gewinnenden gefordert wird, da verwandelt
sie sich durch die magische Kunst der Äffin-Mutter in die schönste
Frau'). Demgegenüber steht ein anderes, echt griechisches Lügen-
märchen ganz auf natürlichem Boden. Ein König ist so arm, daß
er bei seinem Tode nichts hinterläßt als ein gesatteltes Roß. Er
vermacht dem ältesten seiner drei Söhne den Zaum, dem mittleren
den Sattel und dem jüngsten das Pferd. Alle machen sich nach-
einander auf, ihr Erbteil zu verkaufen, und sie kommen alle zu einem
und demselben Manne, der dem, der am stärksten lügen könne, sein
Haus gegen ihr Erbe zur Wette setzt. Die beiden älteren verlieren,
aber der jüngste gewinnt, denn er schneidet so gewaltig auf, daß
dagegen die Lügen des Gegners nicht aufkommen können*).
Eine höchst ergiebige mythologische Quelle solcher Wettmärchen
ist endlich der Alten Welt aus den Vorstellungen guter und böser
Wesen zugeflossen, die um die Herrschaft über die Welt und den
Menschen kämpfen. Die Idee dieses Kampfes hat vielleicht schon
von alteranischer Zeit her zu Scherzmärchen herausgefordert, die sich
dann in jene Teufelsmärchen des Mittelalters fortsetzten, in denen
Volkswitz und Mönchswitz mit einander wetteiferten. Da wettet S. B.
der Teufel mit Gott, wem von ihnen das Schöpfungswerk besser ge-
linge, und nun erschafft Gott den Adam, der Teufel die Eva. Oder Gott
erschafft den Schwan, der Teufel die Gans, Gott die Biene, der Teufel
bringt nur die Wespe zustande. Oder der Teufel wettet mit Jesus, wer
die beste Pflanze schaffen könne : da schafft Jesus den Weinstock, der
Teufel aber den Brombeerstrauch usw.^). Diese überaus zahlreichen
Wettmärchen, die sich an die Schöpfungssage anlehnen, sind zumeist
*) J. G. von Hahn, Griechische und albanesische Märchen, II, S. 31.
^} Ebenda I, S. 313 ff.
3) O. Dähnhardt, Natursagen, I, S. 89 ff., 170 ff.
Das Glücksmärchen. 121
Varianten des gleichen Themas: der Teufel macht alles schlechter
als Gott, oder er bringt nur mehr oder minder Mißlungenes zustande.
Das hindert freilich nicht, daß in dieser Gattung von Märchen, die
teils weit gewandert, teils wohl auch wahrscheinlich aus der gleichen
mythologischen Vorstellung heraus selbständig entstanden sind, der
Teufel gelegentlich als der an List überlegene Ratjgeber Gottes bei
der Schöpfung mitwirkt. Hier schließen sich dann jene zahlreichen
Märchen an, in denen ein Mensch einen Pakt mit dem Teufel schließt,
aber im letzten Augenblick diesen zu überlisten und seine Seele zu
retten weiß. Goethe hat in seinem Faust dieses Vertragsmotiv wieder
mit dem Thema, aus dem es hervorgegangen, mit der Wette zwischen
Gott und Teufel, vereinigt und so aus beiden seine große Tragödie
des Menschenlebens mit seinem Streben und Irren und seiner end-
lichen Erlösung gestaltet.
Alle diese Entwicklungen, mag bei ihnen ein mytholog^ischer
Hintergrund beibehalten sein, wie bei dieser letzten Verwertung des
Motivs der Wette, oder mag er völlig ver§chwinden, wie bei den
ganz auf den Boden menschlichen Tuns gestellten novellistischen
Fortbildungen des ursprünglichen Märchens, überschreiten nun an
sich die Stufe des ursprünglichen Mythenmärchens. Vor allem gilt
das von jenen MärchenstofTen, bei denen menschlicher Verstand und
Erfindungsgeist zu dem die Handlung tiagenden Hauptmotiv werden.
Weit mehr gehen die äußeren Elemente, die an den höheren Stand
der Kultur geknüpft sind, wie Gold, Edelsteine und raffiniertere
Zaubermittel, in den Dienst der ursprünglichen mjrthischen Märchen-
motive über, so daß, wenn man sich diese Hilfsmittel hinwegdenkt,
kaum ein nennenswerter Unterschied zwischen dem primitiveren
Mythenmärchen und dem Zaubermärchen der Kulturvölker übrig
bleibt. Trotz dieser Übereinstimmung sind aber diese durch die
Kultur hervorgebrachten Veränderungen in doppelter Hinsicht von
großer Bedeutung für die weitere Mythenentwicklung. Erstens sind
es begreiflicherweise ganz besonders die bereits vom Glanz der
äußeren wie zum Teil der inneren, geistigen Kultur umstrahlten
Märchenmotive, die in die späteren mythologischen Formen der Sage
und Legende hinüberreichen. Um die Frage zu beantworten, was
in dem mythologischen Inhalt dieser Formen aus dem Märchen
übernommen, und was etwa selbständig durch die Wirkung neuer
122 ^cr Natarmythas.
Beding^gen hinzugekommen sei, gewinnen daher solche von der
beginnenden Kultur beleuchtete Motive eine besondere Bedeutung.
Zweitens erzeugt die Kultur mit ihren neuen, eigenartigen Inhalten
wesentlich auch neue Hilfsmittel des Verkehrs und der Tradition,
durch die sich nun die mythischen Stoffe über entlegene Völker
und ferne Zeiten verbreiten. Für das Problem der Wanderung der
Mythen sind daher die Mythenmärchen dieser Stufe von großem
Werte. Da sie aber hier hauptsächlich in ihren Verbindungen mit
Sage und Legende wirksam werden, so soll diese Frage erst im
Zusammenhang mit den Wanderungen der Sage erörtert werden
(vgl. III, 6).
4. Das mythologische Tiermärchen.
a. Verhältnis des nrsprünglichen Tiermärchens zum Totemismus.
Schon im primitiven Märchen sind neben dem Menschen die
Tiere die bevorzugten Träger der Handlung. Sie überragen hier weit
alle andern Naturobjekte, wie Steine, Flüsse, Bäume, und selbst die
Himmelserscheinungen treten weit zurück, obgleich gerade sie oft
kaum von den Tieren geschieden und durch mannigfache Meta-
morphosen von Tieren und Menschen in Gestirne mit ihnen ver-
bunden sind. Diese bevorzugte Stellung der Tiere im primitiven
Mythus und Kultus bleibt nun bei dem Übergang zu den ent-
wickelteren Formen nicht bloß unvermindert bestehen, sondern sie
empfangt durch die regelmäßigeren Beziehungen, in die bestimmte
Tiere zum Leben des Menschen gebracht werden, eine festere Grund-
lage. Denn hier gerade tritt nun die Verbindung dieser Tiergestalten
des Märchens mit den Totemvorstellungen deutlich hervor. Die
Zweckverknüpfungen, in die die Erzählung die Tiere mit dem Men-
schen bringet, sind eben ein unmittelbarer Ausdruck der engen Be-
ziehungen, die der Totemglaube zwischen bestimmten Tieren und der
Stammesgeschichte sowie der Kultur der Völker und deren Entstehung
herstellt*). Wie der Glaube an tierische Ahnen gewisse Tiere zu
Schutzdämonen der Sippen und Stämme erhoben hat und diese
letztere Vorstellung auch dann noch bestehen läßt, wenn jener Ur-
«) Vgl. Teü n, S. 241 ff.
Das mythologische Tiermärchen. 123
Sprung aus dem Seelenglauben längst verdunkelt ist, so erweckt
dieses spezifische Schutzverhältnis nun weiterhin im Kontrast hierzu
die Vorstellung des feindlichen Tieres. Das wechselnde Ver-
hältnis von tätigem Schutz und feindseliger Verfolgung, das die
Sippen und Stämme bald zu gemeinsamen Zwecken zusammenfuhrt,
bald in Kämpfen um Besitz und Herrschaft entzweit, wird so auch
auf die Tierwelt übertragen. Tier und Mensch bleiben aber dabei
eng verbunden, ui>d die Vorstellung, daß die hilfreichen wie die
feindseligen Tiere den Menschen zum Gegenstand ihrer Unterstützung
wie ihres Hasses nehmen, ist so überwiegend, daß die Tiere unter-
einander in der Regel nur wieder in bezug auf dieses entgegenge-
setzte Verhältnis zum Menschen auch sich wechselseitig helfen oder
bekämpfen. Losgelöst von diesem Verhältnis gehören die Freund-
schaften und Feindschaften der Tiere einem sehr viel späteren Sta-
dium an, in dem sich das Tiermärchen zur Tierfabel und damit
zu einer seinem ursprünglichen mythologischen Boden längst ent-
fremdeten Form der Dichtung gewandelt hat. Diese Beziehung
zum Menschen, die aus der Zeit der schützenden Totemtiere her-
stammt, reicht aber in den weitverbreiteten Vorstellungen über die
gute oder böse Natur bestimmter Tiere noch weit über die Zeiten
des Mythenmärchens hinaus bis in den Aberglauben der Gegenwart
und die unwillkürlichen Zu- und Abneigungen, denen viele Tiere
noch heute begegnen. Dabei sind dann freilich an die Stelle der
ursprünglichen Totembeziehungen Assoziationen getreten, bei denen
bald die Lebensweise der Tiere bald später entstandene Gebilde
tiergestaltiger Götter oder Dämonen eine Rolle zu spielen pflegen.
So brachte der nächtliche Flug der Fledermaus diese mit dem spuk-
haften Treiben finsterer Dämonen und vollends den Maulwurf und die
Maus ihr unterirdisches Wirken mit der Hölle in Verbindung, ein
Schicksal, in das durch die Maus auch noch die sie verschlingende
Katze verwickelt wurde. Auf der andern Seite ist das Johannis-
würmchen zum Ruf eines glückbringenden Tierchens gekommen,
wahrscheinlich weil sein Halsschild zusammen mit den Flügeldecken
annähernd der Figur eines Kreuzes gleicht').
*) Über Rudimente Älterer mythologischer Vorstellungen in solchen Volksunter-
scheidungen guter und böser Tiere vgl. Jacob Grimm, Deutsche Mythologie 4, *
S. S45ff., ni, S. 189 ff.
124 ^*' Naturmythus.
Nun sind zweifellos schon in viel früheren Stadien der Mythen-
entwicklung die Ursachen, die ursprünglich diese Vorstellungen über
das freundliche und feindliche Verhältnis der Tiere zum Menschen
bestimmten, vergessen oder durch andere ersetzt worden, bei denen
solche Eigenschaften überhaupt nicht mehr maßgebend waren, son-
dern umgekehrt zu der einmal fixierten Vorstellung von der freund-
lichen oder feindlichen Natur eines Tieres irgendwelche Ipse Asso-
ziationen die Motive hergaben. So sind viele der in solchem Sinne
mit Gott und Christus, mit den Aposteln und Heiligen oder dem
Teufel und seinen Unterdämonen in Verbindung gebrachten Tiere
aus alten heidnischen Vorbildern hervorgegangen. Wie die Satyrn
und Faune dem Bild des mittelalterlichen Teufels ihre Züge liehen,
so ist der Ziegenbock zu einem spezifischen Teufelstier geworden.
In andern Fällen sind es wohl mehrere sich durchkreuzende Mythen-
motive gewesen, die eine bestimmte Form fixierten. So hat der
Schlange wohl zum Teil noch die Nachwirkung der alten Drachen-
märchen, dann aber vor allem die Rolle, die ihr die biblische Para-
diesessage zuteilt, in den Märchen und Sagen der vom Christentum
beeinflußten Gebiete die Bedeutung einer Inkarnation des Satans
gegeben. Der Rabe aber, bei den germanischen wie griechisch-
italischen Völkern wegen seiner weissagenden Bedeutung und seiner
Beziehungen zu den höheren Göttern als ein heiliges Tier geltend,
hat sich infolge des allgemeinen Gegensatzes zu den heidnischen Vor-
stellungen und zu einem nicht geringen Teil wohl auch wegen seines
schwarzen Gefieders, ähnlich wie die Eule als Vogel der Nacht und
der Pfau wegen seiner mit der christlichen Demut kontrastierenden
Eitelkeit, in ein dem Teufel dienstbares Tier verwandelt*). Mögen
nun auch so tiefeingreifende Einflüsse wie die durch Christentum
und Islam in ihrer Vereinigung mit den alteranischen Anschauungen
in den Vordergrund gerückten Gegensätze eines guten und bösen
Prinzips anderwärts kaum wieder in gleicher Stärke vorgekommen
sein, so haben doch analoge Bedeutungsänderungen wahrschein-
*) Eine Menge von Beispielen, in denen Tiere nnd Pflanzen in den vom Christen-
tnm nnd Islam beeinflaßten Gebieten teils wohl darch derartige Assoziationen teils
unter der Herrschaft der Teufelsvorstellnngen nnd biblischer Reminiszenzen ihre noch
heute nachwirkenden spezifischen Eigenschaften angenommen haben, findet man bei
Dähnhardt, Natursagen, I, 1907, S. 146 ff.
Das mythologische TiennXrchen. X25
lieh nii^ends gefehlt. Schon in relativ frühen Formen des mytho-
log^hen Tiermärchens kann daher der Zusammenhang mit den
die ursprüngliche Auffassung der Tiere bestimmenden Totemvor-
stellungen zurücktreten und durch andere, direkt dem Leben der
Tiere und des Menschen entlehnte Züge überwuchert sein. Nur
in zwei Fällen bleiben offenbar noch auf lange hinaus die ur-
sprünglich das Interesse an der Tierwelt in erster Linie bestimmen-
den Märchenzüge erhalten. Der eine ist der, wo das Tier zur
Fristung des menschlichen Lebens unentbehrlich ist, wie der Büffel
bei den Prärie-Indianern Nordamerikas, und wo es nun in seiner
Eigenart und seiner ins Menschliche umgewandelten Lebensweise zu
einem Hauptthema der Märchenerzählung wird. Dabei hat aber diese
keineswegs, wie man nach der Analogie der späteren novellistischen
Dichtung erwarten könnte, das Jagdabenteuer als solches zu ihrem
Inhalte, sondern sie berichtet, wie das Tier zuerst dem Menschen
dienstbar geworden, wie es infolge irgendwelcher Zaubereinflüsse frei-
willig unter seine Herrschaft gekommen, wie es durch Opfer ge-
wonnen oder durch Verträge gebunden worden sei usw.'). Der
zweite Fall einer solchen Beziehung von anscheinend ursprünglichem
Charakter ist der, wo ein bestimmtes Tier entweder in unmittelbarer
Anlehnung an die Totemvorstellungen als der Urahne einer Völker-
schaft bezeichnet wird, oder wo man ihm die Herbeibringung gewisser
primitiver Kulturgüter, wie des Feuers, der Waffen und Jagdgeräte
oder bestimmter Zeremonien und Zaubermittel, zuschreibt. Dahin
gehört z. B. der Rabe bei den Stämmen der pazifischen Küste Nord-
amerikas oder das Kaninchen, der »g^roße Hase« bei den Algonkin-
indianem. Hier treten in der Regel Tiere, die nicht der Ernährung
des Menschen dienen, die aber wohl ursprünglich mit Seelen- und
dadurch indirekt mit Ahnenvorstellungen in Verbindung stehen, als
die Helden der Tiermythen dieser zweiten Kategorie auf. Die große
Bedeutung, die gerade diese Klasse der Mythenmärchen in der
Tradition vieler relativ primitiver Völker einnimmt, erhellt übrigens
daraus, daß sie sich vor allen andern zu ganzen Märchenzyklen ver-
binden, indem das als Ahne oder »Heilbringer« geschilderte Tier in
einer größeren Zahl einzelner Märchen auftritt. Zugleich bilden die
'; Charakteristische Beispiele bei Dorscy. The Pawnee, p. 480 ff.
128 Der Natnrmythiu.
beharrlichsten Bestandteilen des Zaubers, und die Tierverwandlung
des Menschen überdauert hier wieder verhältnismäßig lange den um-
gekehrten, auf primitiveren Stufen häufigeren Übergang vom Tier
zum Menschen. Mögen auch die Veränderungen, die dieser Glaube
erleidet, sichtlich seiner allmählichen Auflösung entgegenführen, so
beweisen sie doch ebenso zweifellos, daß dieser Märchenzauber, in
welcher Richtung er immer stattfinden mag, das Spiegelbüd einer
dereinst geglaubten Wirklichkeit ist. Was eine spätere Zeit als bloße
dichterische Erfindung preisgibt und dabei doch noch halb wider-
strebend festhält, das ist eben dereinst einmal volle Wirklichkeit
gewesen. Auch hier gUt\ was von der Mythenentwicklung überhaupt
gilt: der Glaube an die unmittelbare sinnliche Wirklichkeit der mytho-
logischen Vorstellungen beruht nicht, wie die rationalistische Mythen-
deutung annimmt, auf einer Korruption ursprünglicher religiöser
Symbole, sondern er ist selbst das Ursprüngliche, das allmählich
zuerst einer Beschränkung und dann einer Umdeutung seines In-
haltes Platz macht.
b. Das legendarische Märchentier und das Scherzmärchen.
Jene Tierverwandlungen, die durch ihre Verbindung mit dem
verbreiteten Zauberglauben selbst in die Sphäre einer geglaubten
Wirklichkeit hineinreichen, treten mm bemerkenswerter Weise bei
einer Gattung von Tiermärchen verhältnismäßig zurück, die im
übrigen die Spuren des ursprünglichen Zusammenhangs mit den
totemistischen Vorstellungen am treuesten bewahrt hat. Dies ist
die Gattung der legendarischen Tiermärchen. Indem in ihnen
ein bestimmtes Tier als Stammesahne und als Kult- und Kulturbringer
geschildert wird, ist es offenbar gerade die bevorzugte Stellung, die
ein solcher Ahne und Kulturbringer in Tiergestalt in einer meist
über ein größeres Ländergebiet sich erstreckenden Überlieferung ein-
nimmt, die ihn in der Regel gegen Verwandlungen schützt. Der
Rabe und der Präriewolf (Coyote) der pazifischen Küstenstämme
Amerikas, der Hase der Algonldnindianer sind feststehende, zugleich
mit den in den Geheimbänden dieser Völker gepflegten Kulten in
engster Verbindung stehende Gestalten. Diese Gestalten sind daher
vor dauernderen Verwandlungen ebenso gut geschützt wie die
typischen Gestalten der christlichen Apostel und Heiligen. Wo
Dts iBTthdiociidie Tiennlrcheo. 12g
solche Verwandhingen bei jenen Tierahnen dennoch vorkommen, da
mögen sie durch ÜbertF^rm^en anderer Märchenstoffe oder durch
eine freie Weiterdichtung entstanden sein, bei der jene Kultur-
und Kultbedeutung der legendarischen Tiere in den Hintergrund tritt.
Das verrät sich auch darin, daß zahlreiche Einzelmärchen solcher
Gruppen in der Tat ganz außer Zusammenhang mit der l^enda-
tischen Bedeutung der Tiere liegen. Auch das findet ja seine Paral-
lele in den Mythen der Kulturvölker, wo z. B. die Heraklesm>-then
bunt geni^ aus wirklichen Kultur- und Heilbringersagen und aus
andern Erzählungen gemischt sind, die lediglich das verbreitete
Märchenmotiv von den Abenteuern eines allgewaltigen Helden weiter
ausspinnen.
Noch ein fernerer Zug ist aber für diese legendarischen Tiere
schon auf der frühesten Stufe charakteristisch: das ist die Neigung,
diese Ahnen- und Schutztiere nebenbei zugleich in einer beson-
deren Märchengruppe zu scherzhaften Wesen zu machen, denen
allerlei komische Unfälle begegnen, die geprellt werden und dafür
Spott ernten usw. So sind namentlich der Rabe und der große
Hase für die Indianer Nordamerikas die Helden zahlreicher Scherz-
und Spottmärchen geworden, und sie sind das geblieben, nach-
dem sie ihrer ernsthaften Bedeutung zumeist verlustig gegangen
waren. Auch dieser Zug findet seine Parallele in der Mythendichtung
aller Zeiten. So sind noch im christlichen Mythus der hinkende,
der dumme und der geprellte Teufel bekanntlich beliebte Spottfiguren.
Ebenso sind die Heiligen und Apostel, unter den letzteren nament-
lich der heilige Petrus, der Scherzlust des Volksmärchens und seiner
ParaUelen in Legende und kirchlichem Drama nicht ^"^^^"^^^
ja im Märchen, das auch in dieser Beziehung die ^^^"^^^*^^
freiesten schalten läßt, wagt sich dieser Scherz S^^^^^,^^\J^n. Be-
die Personen Gottes, Christi und der heiligen F^"^*^,*^\^^^ beliebte
sonders ist es das in der Märchcndirhtung aller ^c»^^^ ^^^^^^ ^^^
Wettmotiv, das in dem Thema, wer von beiden, ^^'J^ ,j.^^^j^., ^.^
Teufel, die Schöpfung besser besor^^cu, oder ^^ \.i^^\vi ilurch
Werke des Schöpfers stören, und ob solche ^^^^"^^^^"'j^f jene Spott-
die größere List Gottes vereitelt werden können, *^*^^^j^ j^^f den
lust, die sich am Teufel auszulassen liebt, nun ^^^^^^ ^.^^^ .^
Herrn selbst überträgt. Vollends geschieht daSi ^
W u n d t , Völkerpsychologie II, 3.
I70 I^er Naturmythus.
einer einfachen Weiterbildung dieses Wettmotivs der Satan in einen
Ratgeber Gottes umwandelt, ein Verkehr, in den dann auch noch
mit Vorliebe die komische Figur unter den Aposteln, der heilige
Petrus, hineingezogen wird. Nicht selten bildet gerade er durch die
Ungeschicklichkeit, mit der er sich überlisten läßt, eine Art Pendant
unter den Himmelsbewohnern zu der Gestalt des dummen und ge-
prellten Teufels*). In diesen noch in das Gebiet der christlichen
Legenden- und Märchendichtung hereinreichenden Umbiegungen eines
ernsten und heiligen Stoffes in den Spott wiederholt sich jenes schon
mehrfach berührte Motiv des Kontrastes, das nach einer Ausgleichung
der durch die ernste Handlung erweckten Spannung des Gemüts
verlanget. Dieser Prozeß, der auf allen Stufen der mythologischen
Entwicklung wiederkehrt, läßt sich in solchen Auswüchsen der bib-
lischen Legende zum Scherzmärchen in seinem Werden und Wachsen
besonders deutlich verfolgen, weil er sich hier einigermaßen im Licht
der Geschichte, nicht bloß in der Tiefe der im Volke lebenden Über-
lieferungen vollzieht. Da kann es nun aber keinem Zweifel unter-
liegen, daß den Ausgangspunkt für das Einsetzen der Spottmotive
diejenige Persönlichkeit der Überlieferung bildet, auf die die Gefühle
der Furcht und des Grauens vor allem gerichtet sind, weil sie selbst
nichts anderes als eine Verkörperung dieser Gefühle ist: der Satan.
Die biblische Teufelsgestalt hat diese Neigung zur Umbiegung des
Furchtbaren in das Burleske schon aus seiner eranischen Heimat mit-
gebracht, wo das von dem späteren Parsismus in märchenhaften
') Zahlreiche Märchen dieser Art, die sich teils an die Schöpfungs- teils an die
Paradies- und die Sintflutsage anlehnen vgl. bei Dähnhardt, Natnrsagen, I, S. 90 ff.,
164 ff., 257 ff. Daß der heilige Petnis als komische Figar in diesen Scherxm&rchen
nicht selten mit dem Teufel konkurriert oder geradezu dessen SteUe einnehmen kann,
führt Dähnhardt darauf zurück, daß die Paulicianer, Bogomilen und andere Sekten
orientalischen Ursprungs den Petrus im Gegensatz zu Paulus als den Repräsentanten
des strengen Judenchristentums für einen falschen Apostel erklärten (S. 205). Aber
für die Verkehrung dieser Apostelgestalt ins Scherzhafte gibt es doch wohl noch
andere mehr psychologische Gründe, die bis in die Evangelien zurückreichen. Der
Apostel, der sich zuerst vermißt, mit dem Herrn sterben zu wollen und ihn gleich
darauf dreimal verleugnet, ehe der Hahn zweimal kräht (Marcus 14, a6ff.), und der
sich, weil er in blinder Leidenschaft dem Knecht Malchus das Ohr abhaut, einen
gerechten Verweis zuzieht (Joh. 18, 10), dieser Apostel hat in solchen Taten
selbst schon einen Zug ins Komische, und so ist denn auch in den mittelalterlichen
Mysterienspielen da, wo von der Einwirkung paulicianischer Lehren nicht wohl die
Rede sein kann, Petrus mit Vorliebe als komische Apostelfigur verwendet worden.
Das mythologische Tiermärchen. I ^ I
Legenden ausgebildete Motiv der Rivalität zwischen Ormuzd und
Ahriman bei der Erschaffung der lebenden Wesen mit seinem
Übergang in das Wettmotiv bereits auf ältere Überlieferungen
zurückgeht. Ihre Seitenstücke findet diese mythische Gestalt in
den Tierdämonen aller Zeiten und Völker, von den primitiven
Formen an, die in Tiertänzen von bald kultisch ernsthafter, bald
burlesker Natur gefeiert werden, wie sie auch diesen in den schon
äußerlich den Übei^fang zur Burleske vermittelnden tierischen Zügen
gleicht Die Teufelsgestalt, diese bei den Kulturvölkern der Alten
Welt letztüberlebende unter diesen zwitterhaften Dämonenformen,
zeigt aber zugleich in den an sie anknüpfenden Märchenbildungen
deutlich, wie jener Übergang von Furcht in Spott mit innerer
Notwendigkeit eine Art ansteckender Wirkung ausübt, teils indem
dieser Spott durch die Handlung auch auf die ihm an sich unzugäng-
lichen Personen übergeht, wie bei dem Wettmotiv zwischen Gott
und Teufel, teils indem der einmal losgelassene Humor auf solche
übergreift, denen die legendarische oder märchenhafte Tradition selbst
schon Züge leiht, die zu ihm herausfordern.
c. Das Tiermärchen auf der Stafe der Gleichstellung von Mensch
und Tier. Tiervertrag und Sühnopfer.
Suchen wir von diesen relativ allgemeingültigen, dabei aber
doch sekundären Umbildungen zum Scherzmärchen absehend, die
Formen des mythologischen Tiermärchens nach den Motiven seiner
ursprünglichen Entstehung zu scheiden, so läßt sich hierzu als das
äußerlichste, eben darum aber auch als das am deutlichsten erkenn-
bare Merkmal das in ihm vorausgesetzte Verhältnis der Tiere zum
Menschen verwenden, ein Merkmal, hinter dem sich gleichwohl
tiefere Unterschiede verbergen. Im Hinblick auf diese lassen sich
dann die verbreiteten Märchenstoffe in zwei große Gruppen zerlegen,
von denen die zweite wieder in zwei Untergruppen zerfällt, so daß
demnach im ganzen drei Spielarten solcher Märchen entstehen.
Sie bilden sichtlich eine Entwicklungsreihe, wie auch ihre Ver-
breitung über Völker verschiedener Kulturstufe zeigt. Hiemach
können wir diese drei Arten wohl als die drei Stufen der Ent-
wicklung des Tiermärchens bezeichnen. Dabei fehlen freilich
Übergänge um so weniger, als die verschiedenen Formen in einem
9*
1^2 I^cr Naturmythus.
und demselben Gebiet nebeneinander vertreten sein können, woraus
sich dann von selbst Mischungen infolge des Zusammenwachsens
verschiedener Märchenstoffe ergeben. Außerdem greifen natürlich
in jede dieser Formen von Tiermärchen die Grundmotive der Hoff-
nung und Furcht wiederum ein, so daß mit Rücksicht hierauf jedes
Tiermärchen zugleich irgend einer der oben erörterten Formen der
Glücksmärchen zugehört.
Als erste Stufe der Entwicklung können wir demnach diejenige
betrachten, auf der Tiere und Menschen einander gleich-
geordnet gegenüberstehen, wobei aber doch im ganzen die Neigung
besteht, dem Tier höhere Kräfte als dem Menschen, insbesondere
Zauberkräfte zuzuschreiben. Über diesen Märchen, die vorzugs-
weise bei Völkern vorkommen, bei denen sich auch noch die losere
Form primitiver Märchenerzählung findet, liegt eine Stimmung,
die der des ursprünglichen Totemglaubens, wie wir ihn uns nach
seinen mehr oder weniger deutlich erhaltenen Resten denken müssen,
gleichkommt. Vielleicht darf man annehmen, daß sich gerade in
der Märchentradition, vermöge ihrer den lebendigen Glauben an
deren Inhalt unter Umständen lange überdauernden Beharrlichkeit,
die Züge der ursprünglichen Totemvorstellungen noch deutlicher
bewahrt haben als in Glauben und Kultus. Zauberverwandlungen
aus Bosheit oder Rache von Mensch in Tier kennt diese Märchenart
nicht. Eine solche Verwandlung setzt eben schon ein gewisses
Bewußtsein vom Wesensunterschied der Geschöpfe voraus, wie es
auf dieser Stufe anscheinend noch nicht vorhanden ist. Wohl aber
kann es vorkommen, daß Menschen, die als Zauberer gelten oder
Tiere, die über Zauberkräfte gebieten, an andern Wesen, Menschen
oder Tieren, sonstige Zauberverwandlungen bewirken, sei es um
sie vor Nachstellungen zu schützen, sei es auch aus Rache oder zur
Strafe: die letztere Bedeutung hat offenbar frühe schon die Verwand-
lung von Menschen in Steine. Dagegen gehört die als Strafe be-
wirkte Verwandlung von Menschen in Tiere offenbar durchgehends
einer sehr viel späteren Stufe an, auf der die totemistischen Quellen
des Tiermärchens bereits versiegt sind.
Das folgende Eskimomärchen, das der primitiven Erzählungsform
noch sehr nahesteht, zeigt an einem einfachen Beispiel diese Zu-
sammengehörigkeit von Mensch und Tier: >Eine junge Frau erhielt
Das mythologische Tiermärchen. 133
einen jungen, zwei oder drei Tage alten Polarbär. Da sie keine
Angehörige hatte, so nährte und behandelte sie ihn wie ihr eigenes
Kind. Als er etwas größer geworden war, ging er auf die Jagd
und versorgte sie reichlich mit Nahrung. Darob wurde sie von
ihren Stammesgenossen beneidet, und diese wollten den Bären töten.
Hierauf beriet sich die Frau mit ihrem Bären. Beide schieden unter
Tränen, und er wanderte aus. Die Frau aber traf sich noch oft mit
ihm, und er versorgte sie fortan reichlich mit Speise«'). Dem mag
sich das folgende, bei Indianern der nordpazifischen Küste aufgezeich-
nete Märchen anschließen: »Es waren einmal acht Brüder, die gingen
aus, Bergziegen zu jagen. Der älteste schlug den andern vor, jeder
solle für sich die Tiere verfolgen, und sie wollten sich dann an einem
bestimmten Platz am Fuß des Berges wieder treffen. Als sie sich
aber getrennt hatten, jagte er keine Ziegen, sondern sammelte Fam-
wurzeln. Wie er nun nichts als diese zum Versammlungsort mitbrachte,
wurden die Brüder zornig. Sie nahmen ihm seinen Mantel und banden
ihn an einen Baum, um ihn verhungern zu lassen. Zu Hause sagten
sie, der Bruder sei den Berg herabgestürzt und tot liegen geblieben.
Zu dem Verlassenen kamen nun aber die Tiere mit Speise, um ihn
zu nähren, und eine zauberkundige alte Frau tat etwas Fett in eine
kleine Muschel und beschmierte damit die Seile, mit denen der junge
Mann festgebunden war. Darauf lockerten sich die Bande, er wurde
frei, fing viele Bergziegen und kehrte wohlbehalten zu seiner Frau
zurück«^). In beiden Erzählungen sind die Tiere hilfreiche, den
Menschen schützende und rettende Wesen. Auch das Motiv der
Dankbarkeit, das in dem Märchen von den dankbaren Tieren in der
späteren Märchendichtung so weitverbreitet vorkommt, spielt vielleicht
schon herein; nur ist der Ton der Erzählung ungleich primitiver, und
es fehlen die besonderen Begebnisse, die in dem späteren Märchen
den Dank der Tiere motivieren. Zugleich als Zauberwesen erscheint
das rettende Tier in der folgenden australischen Erzählung: »Die
Schwarzen zogen einst zu einer Weihezeremonie aus. Nur ein Hund
blieb im Lager zurück. Da kamen andere Schwarze, um jene
in ihrem Lager zu überfallen. Als sie es leer fanden, fragten sie den
') F. Boas, The Central Eskimo, Ethnol. Rep. VI, 1888, p. 638 f.
') Boas, Indianische Sagen von der nordpazifischen Küste, S. 96.
11^ Der Natnnn3rthiis.
Hund, wohin die Leute gezogen seien. Zuerst gab dieser keine
Antwort. Als sie ihn aber mehrmals fragten, antwortete er endlich;
im selben Augenblick verwandelten sich jedoch die Feinde in Steine,
und als solche stehen sie noch jetzt in dieser Gegend« ').
Eine entwickeltere Form der gleichen Klasse tritt uns in solchen
Erzählungen entgegen, die in der Art des Verkehrs zwischen Mensch
und Tier noch ganz der vorigen Märchengruppe gleichen, wo aber
die Erzählung selbst auf eine frühere Zeit hinweist, in der Mensch
und Tier einander näher gestanden, das Tier noch nicht Jagdtier
oder sonst dem Menschen dienstbar gewesen sei. Unter, dem Ein-
fluß dieser Erinnerungen an einen ursprünglichen Totemismus werden
nun besonders solche Tiere, denen der Mensch seine Ernährung ver-
dankt, und die außerdem der Zauber schützender Totemtiere umgibt,
neben dem Menschen zu bevorzugten Trägem der Handlung. Die
Nachwirkung jener früher geschilderten Zeremonien, bei denen das
gleichzeitig als Tierahne und Schutzdämon verehrte Tier von dem
Tabu, das auf dem Genuß seines Fleisches ruht, bald durch die
wechselseitige Aushilfe der Stammesabteilungen, bald" durch die Dar-
bringung von Opfern und durch andere Kulthandlungen befreit wird,
findet hier ihren Ausdruck in mannigfachen Märchen. In diesen wird
erzählt, wie sich aus irgend einem Anlaß die Tiere freiwillig dem
Menschen untergeordnet, oder wie sie durch einen Vertrag ihm
dienstbar geworden seien, oder wie endlich die Einwilligung sie zu
töten dereinst durch ein Opfer erkauft wurde. In allen diesen Zügen
ist bei dieser Gruppe noch deutlicher als bei der vorigen der Zu-
sammenhang mit den alten Totemvorstellungen erkennbar; aber sie
enthalten daneben, in die phantastische Märchenform übertragen,
zugleich eine Art abgekürzter Geschichte der weiteren Wandlungen
der Totemvorstellungen, die sie bewahren, während in der sonstigen
Tradition möglicherweise jede Spur einer solchen Erinnerung ge-
schwunden sein kann. Eine merkwürdige Rolle spielt dabei gelegent-
lich die Idee des Vertrags, die hier von der menschlichen Gesell-
schaft auf das Verhältnis zwischen Mensch und Tier übergeht, und
die ja an sich schon eine reifere Entwicklung bezeichnet Wie
verführerisch diese Übertragung noch lange erschienen ist, lehren
*) K. L. Parker, Australian legcndary Tales, p. 50 f.
Das mythologische Tiermärchen. j sc
Übrigens die vorbeugenden Verträge mittelalterlicher Magistrate mit
Heuschrecken und andern schädlichen Tieren sowie das gegen Tiere
wegen des von ihnen gestifteten Schadens eingeleitete Prozeßverfahren.
Endlich findet sich wohl auch in dem noch nahe an die Gegenwart
heranreichenden Brauch, den Kühen, Pferden und Bienen den Tod
des Hausherrn anzukündigen, ein letzter Schimmer dieser altüber*
kommenen Vorstellungen der Gleichheit von Mensch und Tier').
Natürlich darf man in diesen Erscheinungen nicht Beweise dafür
erblicken wollen, daß bei ihnen die Anschauungen lebendig gewesen
seien, aus denen dereinst solche Rechtsnormen und Sitten hervor-
gingen, sondern auch hier hat, wie so oft, der äußere Brauch die
Motive, denen er entsprungen war, lang überdauert. Immerhia
wäre das kaum möglich gewesen, wären nicht die alten durch neue
Motive ersetzt worden, die vermöge der Stetigkeit dieser Vorgänge
des Bedeutungswandels immer noch in einer gewissen Affinität mit
jenen geblieben waren. So hat sich bei dem Tiervertrag und Tier-
prozeß die Vorstellung der bindenden Kraft des Vertrags und der
Wirkung der Strafe von dem Tier, dem man dereinst ein Bewußt-
sein für diese Rechtsakte zuschrieb, auf die mit feierlichen Formen
umgebene Rechtshandlung selber zurücl^ezogen. Nicht freiwillig^
sondern durch die Zauberkraft des feierlichen Vertrags waren nun die
Heuschrecken an diesen gebunden, und ebenso barg wohl die unter
der Anwendung altehrwürdiger Rechtssymbole vollzogene Strafe die
Zauberkraft in sich, schädlichen Handlungen der Tiere von ähnlicher
Art künftig vorzubeugen^). Übrigens kann sich diese Idee des Ver-
') K. von Amira, Tierstrafen und Tierprozesse, Mitteil, des Österreich. Instituts
für Geschichtsforschang, Bd. 4, 189 1, S. 545 ff. Ober die Sitte des Totansagens Wnttke,
Der deutsche Vollcsaberglaube', S. 429f.
') von Amira faßt in etwas abweichendem Sinne den Tierprozeß als eine Art
von »Gespensterprozeß« auf, da es sich bei ihm um ein zauberisches Bannen der
im Tiere tätig gedachten Dämonen gehandelt habe. Aber obgleich dies als gelegent-
lich mitwirkender Nebengedanke nicht ausgeschlossen ist, so scheint mir doch gegen
einen solchen Dämonenzauber als Hauptmotiv der Umstand zu sprechen, daß sich
dieser Prozeß nicht in den sonstigen Formen der Dämonenbeschwörung oder auch
der Hexenverfolgung, sondern in den üblichen Rechtsnormen vollzieht. Die Kraft
des Zaubers kann ja auch dann Unheil verhüten, wenn dieses nicht selbst von dämo-
nischen Zaubermächten ausgeht, und in diesem Sinne kann auch der feierlich ge-
schlossene Vertrag und der Richterspruch einen Zauber auf den ausüben, der an den
Vertrag gebunden, oder über den das Urteil gesprochen worden ist, ohne daß der
136 Der Naturmythas.
trags zwischen Mensch und Tier auch zu der eines Abkommens
zwischen Tieren verschiedener Gattung erweitern. In dieser Form
begegnet sie uns, zum erdichteten Gleichnis für die Darstellung
menschlicher Verhältnisse umgewandelt, gelegentlich in der Tierfabel.
Obgleich diese dem Bereich geglaubter Mythen ferne liegt, so
kann sie doch zuweilen noch etwas von dem frischeren Hauch des
ursprünglichen Mythenmärchens erkennen lassen. Das geschieht
besonders da, wo der Mensch als Mithandelnder auftritt und so die
alte Vorstellung der Wesensgleichheit von Mensch und Tier wieder
zum Durchbruch gelangt. So schließen in einem indischen Märchen
des Somadeva Bhatta die Schlangen und die Vögel einen Vertr^,
nach welchem dem Adler, dem König der Vögel, alltäglich et'ne
Schlange zur Speise geliefert werden muß, gegen welchen Trbut
dann die Schlangen von den Vögeln außerdem nicht mehr gefährdet
werden sollen. Da kommt eines Tages ein Mensch, der sich der
Schlangen erbarmt und sich statt einer solchen dem Adler als Opfer
darbietet. Als aber der Adler entdeckt, daß es ein Mensch ist, den
er zerfleischt, macht er ihn wieder lebendig. Seitdem ist der einstige
Tribut aufgehoben'). Hier erfahrt offenbar die Idee der Ablösung
des Opfers eine eigentümliche Umkehrung. Nicht das Tier löst den
Menschen, sondern dieser das Tier von dem Opfer, — eine Um-
kehnmg, die wohl für die indische Auffassung, daß die Hingabe
nicht bloß für den Nebenmenschen, sondern für alle lebende Kreatur
vor allem menschliche Pflicht sei, höchst bezeichnend ist.
Mit jener Verwebung von Traditionen über die dereinst einmal
durch Opfer, Verträge oder geheimnisvolle Zauberwirkungen ein-
getretenen neuen Beziehungen zwischen Tier und Mensch, die diesem
diesem Zaaber Unterliegende selbst ein dämonisches Wesen ist. Aach für die Sitte
des Totsnsagens gilt der gleiche Gesichtspunkt. Das Unterlassen des Braachs bringt
nach dem Volksaberglanben Unglück, ein Motiv, das natürlich zu seiner Erhaltung
beiträgt, wenn jede sonstige Erinnemng an seine Bedeatong geschwanden ist. Aber
die Tiere, bei denen die Totansage unterlassen wird, haben dabei keinen direkten
Anteil an dem drohenden Unheil, sondern dieses beruht lediglich darauf, daß die An-
sage die allgemeine Bedeutung einer Beschwörungsformel gegen irgendwelches, zu-
weilen mit den Tieren selbst in gar keiner Beziehung stehendes Unheil besitzt, z. B.
gegen den Tod des neuen Besitzers oder eines seiner Angehörigen.
') Die Märchensammlung des Somadeva Bhatta aus Kaschmir, deutsch von
H. Brockhaas, 1843. IT, S. 100 f.
Das mythologische Tiermärchen. I 7 y
die Jagd und den Genuß des Fleisches der Tiere zu erlaubten Hand-
lungen machten, oder die ihm Zaubermittel in die Hand gaben, deren
sich besonders der Medizinmann zum Behuf der notwendigen Erhaltung
und Vermehrung der Tiere zu bedienen weiß, pflegen nun zumeist
noch andere Veränderungen des Tiermärchens Hand in Hand zu
gehen, durch die es sich allmählich der folgenden Stufe anzunähern
beginnt. Die Erzählung wird verwickelter, die Motive des reinen
Glücksmärchens treten in größerer Menge hinzu. Im Gefolge dessen
steigern sich die Zauberverwandlungen; und unter diesen kommen
mehr und mehr auch Tierverwandlungen, besonders solche in der
Richtung vom Tier zum Menschen, vor. Endlich mehren sich die
Vermischungen mit Zügen des Himmelsmärchens; und damit beginnt
der Übergang zum Kulturmärchen. Mit jenem vorwaltenden Motiv
der ersten Bezwingung der Jagdtiere verbindet sich dann zuweilen
schon das andere der ersten Gewinnung der Komfrüchte sowie der
frühesten Jagd- und Ackergeräte (siehe unten 7).
d. Heiligang der Tiere and Versöhnangsopfer. Das Motiv der hilf-
reichen Tiere.
Auch für diese Übergangsformen zu den nächsten Stufen bieten
die Märchenschätze der nordamerikanischen Indianer zahlreiche Bei-
spiele. Einige von G. Dorsey bei den Pawnee gesammelte mögen
hier angeführt werden*): »Ein Knabe ging aus, um nach Büffeln zu
sehen. ' Als er unterwegs Artischocken aß, kam im Wind eine Stimme
zu ihm, die sagte ihm, er sei von seiner Geburt an beschützt worden.
Weiter begegnete ihm nun ein Mann, der ihm die Kopfbedeckung
eines Habichts verlieh und dafür rote Farbe, blaue Perlen, Adler-
fedem und Tabak als Opfer verlangte. Damit hatte er die Macht
erlangt, zu jeder Zeit die Büffel zu rufen« (Dorsey, p. 482.) Bezeich-
nend für den reinen Zaubercharakter dieser Erzählung ist einerseits
der Genuß der Artischocke, die bei vielen Indianern als Zauberkraut
gilt, anderseits das der heiligen Vierzahl der Winde entsprechende
aus vier Gegenständen zusammengesetzte Opfer. Ist es doch auch
die Stimme des Windes, die die Wundergabe dem Knaben ankündigt.
Ähnliche Erzählungen, in denen beim Rufen der Büffel der Wind als
') G. A. Dorsey, The Pawnee, I, p. 473 ff.
138 ^cr Natnrmythus.
Schutzgeist und die Artischocke als Zauberkraut Verwendung finden,
kehren in dem gleichen Gebiet noch in verschiedenen Varianten wieder
(Dorsey, p. 484, 486 f.). In andern Erzählungen bringt ein Knabe
dadurch, daß er eine Büffelkuh heiratet, die Büffel in die Gewalt des
Menschen: >Ein Jüngling vermied die Weiber, verkehrte aber mit
einer Büffelkuh, und diese brachte ein Kalb zur Welt Als nun
Frau und Kind in die Hütte des Mannes kamen, da wurden sie
nach vier Tagen wie andere Menschen. Doch durfte das Kind
nicht fallen, sonst würde es wieder zum Büffel geworden sein.
Dagegen brachte es seinem Vater täglich Wasser — vermutlich,
wie man wohl hier interpolieren darf, um selbst durch das Bad die
Menschengestalt zu bewahren. Da verweigerte der Vater eines Tages
die Annahme dieses Wassers, und nun g^gen die Frau und ihr Kind
in das Büffellager. Der Maim folgte ihnen. Er bestand dann mit
Hilfe seines Kindes verschiedene Proben, durch die er sich die Er-
laubnis erwirkte zu bleiben. Er erkannte nun seine Frau aus den Kühen
heraus und wurde selbst durch Magie in einen Büffel verwandelt.
Schließlich kehrte er zu seinen Stammesgenossen zurück und lehrte
sie, wo man Büffel finden und wie man sie töten und zugleich heilig
machen könne« (Dorsey, p. 487, eine Variante der gleichen Erzählimg
p. 486). Durch die Erzählung dieses Märchens glaubt man, wie Dorsey
berichtet, die Büffel herbeizulocken, damit sie sich selbst deirbieten,
um getötet zu werden. Bemerkenswert ist der Zug, daß die Berührung
mit der Erde dem zum Menschen gewordenen Büffelkind seme ur-
sprüngliche Gestalt wiedergibt, ein Zug, der an die bei Natur- wie
Kulturvölkern weitverbreiteten Vorstellungen von den magischen
Beziehungen zu »Mutter Erde« erinnert'). Die Kraft des Wassers
dagegen, Verwandlungen zu bewirken oder solche, wo sie auf magische
Weise entstanden sind, zu bewahren, begegnet uns mannigfach auch
sonst in der Märchendichtung; sie steht offenbar in naher Affinität,
zu den Lustrationsvorstellungen (Teil II, S. 321 ff.).
Noch deutlicher tritt die auch in der vorigen Erzählung an-
klingende Opferidee in der folgenden hervor: >Ein Knabe hatte
einen roten und einen schwarzen Pfeil. Mit denen schoß er auf
eine Büffelkuh und folgte ihr, um den in ihr steckengebliebenen
') A. Dieterich, Mutter Erde, 1905, S. 8ff.
Das mythologische Tiermärchen. 13Q
Pfeil wieder zu bekommen. Da wurde sie in der Nacht zur Frau
und sie heirateten sich. Im Büffeldorf angelangt entging er den
Feindseligkeiten ihrer Verwandten, indem er sich in eine Feder
verwandelte. Dann aber nahm er aus dem Büffeldorfe mehrere Büffel
nach Hause mit: hier wurden sie getötet und ihr Fleisch geheiligt
Infolgedessen kehrten ihre Geister mit der Nachricht hiervon in
das Büffeldorf zurück« (Dorsey, p. 502). Auch diese Geschichten
werden nach Dorsey bei den Büffelzeremonien erzählt, damit die
Tiere kommen und sich anbieten. Nun kann natürlich die Er-
zählung diese magische Kraft nur aus den in ihr berichteten Hand-
lungen selbst schöpfen. In allen diesen Märchen spiegelt sich also
die Vorstellung, daß die Tiere irgend einmal durch die Ehe
von Menschen mit Büffelkühen und durch andere zauberhafte Hand-
lungen bewogen worden seien, Jagdtiere zu werden, wobei wahr-
scheinlich das Erscheinen im nächsten Jagdgebiet als freiwilliges
Anerbieten hierzu aufgefaßt wird. Dieses Verhältnis wird aber von
dem Menschen dadurch gewahrt, daß er das Fleisch bei der Tötung
der Tiere heiligt, d. h. einen Teil davon unter Weihezeremonien
den Göttern oder, was offenbar das ursprünglichere ist, den Geistern
der Büffel selbst opfert, um ihnen die Rückkehr in ihre Heimat
möglich zu machen. Auf diese Weise gewinnt die Sache zugleich
den Charakter eines Vertrags. Der Büffel, der sein Fleisch dem
Jäger darbietet, hat das Recht, dafür eben jene »Heiligung« zu
fordern, die seinem Geist die Wiedererstehung als Büffel möglich
macht. Wahrscheinlich ist es vor allem das bei dem Opfer vergossene
Blut, das eine solche neue Verkörperung des Geistes hier möglich
macht. Darauf weist deutlich eine Erzählung der Cherokesen hin,
die sich in verwandten Vorstellungen beweget, nur daß statt des
Büffels der Bär das noch immer von dem Schimmer der Heiligkeit
umgebene, zum Jagdwild gewordene Totemtier ist. In dieser Erzählung
sagt ein Bär einem Manne, der in seine Höhle gekommen ist, am
nächsten Tag würden Jäger kommen; sie würden ihn, den Bären,
töten und sein Fleisch zerschneiden. Dann solle der Mann das aus-
fließende Blut mit Blättern bedecken. So geschah es, und als der
Mann mit den Jägern die Höhle verließ, sah er noch, wie der Bär
wieder lebendig unter den Blättern hervorkam. Wir sehen uns
hier mitten hineinversetzt in jene Gedankenverbindungen, durch die
140 -Der Naturmythus.
dem Jagdtier seine heilige Bedeutung gewahrt bleibt, während es
doch zugleich ein Nutztier geworden ist. Zugleich wirft aber die
Wiedererstehung des Tieres aus seinem Blute ein bezeichnendes Licht
auf den engen Zusamenhang, in dem das Blut als Opfer für das
getötete und verzehrte Fleisch mit der Bedeutung des Blutes als eines
Trägers der Seele steht '). Dabei ist es unverkennbar bei diesen noch in
totemistische Vorstellungen hineinreichenden Opferriten das geschlach-
tete, aber heilig gehaltene Tier selbst, dem geopfert wird, und der
Sinn dieses primitiven Opfers besteht wesentlich in der von der Blut-
seele ausgehenden Wiederbelebung des Tieres. Diese geht, wie jeder
fiir die Anschauung des Menschen unfaßbare Zaubervorgang, unsichtbar
vor sich : daher das Blut des toten Bären mit Blättern bedeckt werden
muß'). Wahrscheinlich sind auf der Kulturstufe, auf der sich die
Cherokesen oder die Pawnee befanden, als diese Erzählungen bei
ihnen gesammelt wurden, schon lange zuvor alle diese Totem- und
Opfervorstellungen teils ganz verblaßt, teils nur noch in schwachen
Resten vorhanden gewesen. Aber das Märchen hat die Vorstellungen
bewahrt, die sich im wirklichen Leben längst verdunkelt hatten.
Was übrigens diese und ähnliche Vorstellungen immerhin verhältnis-
mäßig lange lebendig hielt, das ist wohl der Umstand, daß sich in
ihnen die erfinderische Phantasie der Indianer ein Mittel geschaffen
hat, um das ererbte Gefühl heiliger Scheu vor dem einstigen Totem-
tier mit dem Bedürfnis, es der eigenen Lebensfristung zu opfern, ins
Gleichgewicht zu bringen: die Geister der Tiere, die ins Büffellager
oder in die Bärenhöhle zurückkehren, werden, wie viele glauben,
wieder zu wirklichen Büffeln oder Bären, so daß diese mehrmals
nacheinander geopfert und gegessen werden können, ehe sie das
ihnen zugemessene Alter erreichen. Nach einer Erzählung der Caddo,
eines den Pawnee verwandten Stammes, der aber mehr den Ackerbau
als die Jagd betreibt, waren alle Wesen ursprünglich gleich. Da
beschlossen die Götter, weil die Nahrung knapp wurde, einige zu
Tieren zu machen. So entstanden die Bären, Büffel, Hirsche usw.
Werden sie getötet, so werden sie aus ihrem Blute zehnmal wieder
lebendig. Die Bären sind dabei immer wilder geworden, bis sie
') James Mooney, Myths of Cherokee, Ethnol. Rep. Washington, XIX, i, 1900,
p. 327^-
«) Vgl. hierzu Teil II, S. 15 f.
Das mythologische Tiermärchen. I^I
schließlich Menschen auffraßen'). Ähnlich wie hier^ so ist auch
bei den Cherokesen die Vorstellung der Wiederbelebung der Tiere
mit den Mythen von einem seligen Zeitalter, in dem Mensch imd
Tier noch nicht verschieden waren oder noch friedlich miteinander
lebten, verwebt. Auch die Tiere haben noch jetzt Stämme, Häupt-
linge, Spiele, sie leben in einem Totenland weiter usw. Wer ein
Tier jagft, muß, wie bei Menschen, den Stamm versöhnen. Das
geschieht durch das Opfer, durch das dann zugleich bewirkt wird,
daß das Tier aus seinem Blute wiedererzeugt wird. So entsteht ein
getötetes Tier so lange von neuem, bis die ihm bestimmte Lebens-
zeit ohnehin abgelaufen ist, worauf es dann in das Tötenland eingeht^].
Diese Tradition beleuchtet das die Tötung der Tiere begleitende Opfer
noch von einer andern Seite: indem das Tier durch das Blut wieder-
belebt wird , sichert dies zugleich die Versöhnung der Sippe , der es
angehört. Auch dies bestätigt aber, daß es ursprünglich die getöteten
Tiere selbst sind, denen das Opfer dargebracht wird. Dieses ver-
einigt jedoch hier schon den offenbar ursprünglicheren Gedanken
eines Zaubers, der das Getane ungeschehen macht, mit der bereits
in die Rechtsvorstellungen hineinreichenden Idee der Sühne für
begangene Schuld. Wir begegnen diesem Opfermotiv direkt in dem
folgenden Märchen der Pawnee: »Ein Mädchen gelangte dereinst mit
Hilfe ihrer vier Brüder Adler, Krähe, Habicht und Elster in das Land
der Büffel. Jene schwangen sie nämlich an einem vom Himmel
herabhängenden Seil nach Westen, von wo zurückkehrend sie dann
einen reichen Vorrat an Büffeln mitbrachte. Da war sie eines Tages
verschwunden, und die Brüder suchten sie. Mit Hilfe des Coyote
(des bald als schützender Zauberdämon, bald als komische Figur
auftretenden Präriewolfs) fanden die Brüder das Mädchen bei den
Büffeln, wie es gerade mit ihnen das Ringspiel spielte, und
brachten es wieder nach Hause. Seitdem ließen sich die Büffel
töten. Es mußte ihnen aber jährlich ein junges Mädchen ge-
opfert werden« (Dorsey a. a. O., p. 505 f.). In der Vierzahl der
Brüder, die den auch sonst in Vogelgestalt vorgestellten vier Winden
entsprechen, und noch mehr in dem vom Himmel herabhängenden
') Dorsey, Traditions of thc Caddo, 1905, p. iio.
') James Mooney a. a. O., p. 261 f.
IA2 I^cr Naturmythus.
Seil reicht diese Erzählung zum Teil in das Gebiet der Himmels-
märchen hinüber, aus dem ihm diese Züge übrigens nur äußerlich
angehängt scheinen. Das Hauptmotiv ist auch hier offenbar, wie in
so vielen andern Märchen der gleichen Indianer, die Gewinnung der
Büffel. Natürlich ist das Menschenopfer selbst, das dereinst dieser
Gewinnung dienen sollte, längst verschwunden; aber es würde kaum
denkbar sein, wie es in die Erzählung gekommen sein sollte, wenn
es nicht einmal wirklich geübt worden wäre. So ist in diesem Zug
und in dem oben erwähnten von der Hingabe des Blutes der
geschlachteten Tiere die Erinnerung an zwei Urformen des Opfers
erhalten geblieben: bei der einen wird die Tötung des Tieres
durch die Hingabe seines Blutes oder anderer Teile seines eigenen
Leibes gesühnt, bei der andern bietet der Mensch sich selbst in der
Gestalt einer stellvertretenden Person dar, um durch solchen Tausch-
vertrag das Tier zu gewinnen*).
Lassen uns diese Märchen und Traditionen der Nordamerikaner
noch tief in die Vorstellungswelt einer Urzeit hineinblicken, in denen
das Tier als Ahne und Beschützer oder mindestens als gleichberech-
tigtes Wesen dem Menschen gegenüberstand, so verblassen nun
natürlich diese Vorstellungen auch im Märchen , wenn sie im Leben
und Kultus seit lange schon hinfallig geworden sind. So finden sich
in der sonst überaus reichen Märchen- und Fabeldichtung der afri-
kanischen Stämme ähnliche Erzählungen kaum vertreten, ein Mangel,
der dem in diesen Ländern zu bemerkenden Zurücktreten sonstiger
Reste totemistischer Vorstellungen durchaus entspricht. Eine gewisse
Ausnahme bilden nur die Bantuvölker, bei denen auch die weiteren
Stufen des Tiermärchens noch in reicherer, ihrem Ursprung offenbar
näher gebliebener Form erhalten sind. Aber auch hier ist jener auf
amerikanischem Boden noch so oft zu beobachtende Gedanke eines
auf der Anerkennung gleicher, wenn nicht älterer Rechte der Tiere
beruhenden Verhältnisses bereits zu der bloßen Vorstellung hilfreicher
Tiere abgeblaßt, die durch eine ihnen verliehene Zauberkraft dem
Menschen in Not und Gefahr beistehen. Sie bilden in dem an Un-
geheuern und boshaften Menschenfressern reichen Abenteuermärchen
*) Vgl. hierzu die nnten (Kap. VI) folgenden Bemerkungen über die Entwicklung
des Opferkultus.
Das mythologische Tiermärchen. 143
dieser Stämme ein wirksames Mittel, um den dem Hörer erwünschten
glücklichen Ausgang herbeizuführen. Als Beispiel mag eine kleine
Kaflfirerzählung angeführt werden, die zugleich durch die Häufung
der in ihr vorkommenden Zauberverwandlungen zu der nächsten
Stufe überleitet. Doch sind es auch hier noch zumeist nicht Ver-
wandlungen der Tiere selbst, sondern Verwandlungen anderer Gegen-
stände, die solche hilfreiche Tiere zur Rettung ihrer Schützlinge
hervorbringen. »Während einer Hungersnot wurde eine Frau zur
Kannibalin. Sie zog mit ihrem Sohn in ein anderes Dorf, fraß zuerst
die Einwohner des Dorfes auf und begann dann auch die Tiere zu
jagen. Ihr Bruder, der im Heimatdorf zurückgeblieben war, hatte
zwei Töchter, die einmal zum Wasserholen fortgegangen waren. Sie
zerbrachen aber den Topf und liefen nun aus Angst zu der Hütte
ihrer Tante. Diese versteckte sie. In dem Versteck fanden sie aber
einen halben Menschen, dessen andere Hälfte gefressen war, und in
der Nebenkammer hörten sie die Tante ihre Axt schleifen. Da ent-
flohen sie, während die Kannibalin schlief, und ließen an ihrer Stelle
zwei Holzklötze zurück. Als das Weib statt der Mädchen die Klötze
fand, wurde sie wütend und verfolgte die Kinder, die, um sich zu
retten, auf einen hohen Baum kletterten. Das Weib wollte diesen
abhauen, um sich der Mädchen zu bemächtigen. Da erscholl plötz-
lich der Gesang eines Vogels, und bei jedem Ton des Gesangs
kehrte das Holzstück, das die Hexe eben abgeschlagen hatte, wieder
an seine Stelle zurück, so daß der Baum unversehrt blieb. Die Hexe
verschlang nun wütend den Vogel. Aber dabei fiel eine Feder zu
Boden. Diese sang weiter, bis die Alte erschöpft hinfiel. Indessen
kam der Vater der Kinder mit drei großen Hunden, die fraßen
die Hexe auf, und die Mädchen kehrten unversehrt mit ihrem Vater
nach Hause zurück c '). Diese Geschichte zeigt bereits ausgeprägt das
Motiv der »hilfreichen Tiere«, wie es dann weiterhin in die Märchen-
literatur der Kulturvölker, als ein letzter Rest jener auf dem Unter-
grund der Vorstellungen tierischer Ahnen- und Schutzgeister erwach-
senen Mythenmärchen, zurückgeblieben ist. Daß ein Vogel das
hilfreiche Tier ist, kehrt ebenfalls in den weiteren Variationen .dieses
Motivs häufig wieder. Denn wo die Beziehungen zu den alten Jagd-
') Mc Call Theal, Kaffir Folk-Lore, p. 122 ff.
144 '^ Xacaxamhns.
und TotcmÜeicn zurüdctreten und das Tier nur noch ak Zaubenvesen
ciae Roüc spielt, da wird der im Flug unerwartet erscheinende und
■MTcosr vcrscfavindeode Vogel bevorzugt, und sein Gesang wird
r=32 ZazbenzzEiel. das anaLc^ der gesprochenen Zauberformel wirkt.
Bc»c»5er5 rerkörpcrt sich aber diese Zauberkraft des Vogels wieder
^ scsea :eae vmkferinre Eigenschaft des plötzlichen Kommens und
•jeaesK vcri'srrmicti Federn, die darum überall im Zauberglauben
ct-ijücr V-Kker. a!s Ausstattungen der Stäbe der Medizinmänner
▼3E raxn lasbersirkeaien Kopfputz der Priester und Krieger und
bcL 5er Zere=3cnkn der amerikanischen Medizingesellschaften als
beÖKriasgsT-rtjer Schmuck der Altäre dienen. Als eine Art Vor-
Mcr ITrccg^s^ssr-re lu ica spateren Ausgestaltungen des Themas
ic bifräräjca TÄre ra dem Märebenschatz der Kulturvölker ist
üanj«»^ 5ie röc^i Erzählung auch daran zu erkennen, daß in ihr
5c Kandmac iss Vogels nicht näher moti\-iert ist; namentlich fehlt
DccSL ;rs=i iÄ? spärcy gewissermaßen als Ersatz für die geschwun-
ÄüK Vx^ceSrac Ärschcr Schutzgeister, eingeführte Motiv des
Tmääs fir «^BCöseae WohhaL wie es in den Varianten des Märchens
T^Q^ 5-^ >.iatf±kc:^s TKrea« und dann, nachdem erst der Mensch
imr iEosöiafc ier HiaclTi:^ geworden ist, in denen vom »dank-
:ai;jx ricsrv. ar Geä-.2i§ kommt s. oben S. ioS\ Eher klingt, dem
5fcäam: i< Gmascsircfeats entsprechend in dem sich die Erzählung
^TTC-rr: insr ä GegeaRÜ der Beweggrund der Rache an, die der
V^i£jr. fir ier Hok 2C2xaK. da dkse. nachdem sie das ganze Dorf
wi^!(SX>Cäs«sK. Äjci OS? P.ere vefichitc.
; Tt,« li* :vitrlt^ M«XJ^\ "i Tier mnd ihre Sprößlinge.
I^ ^««^tt vescrxte« Cbergangrformen mit den zuweilen in
s« ««samiaVarwÄäacgea vcoTicr zu Mensch und umgekehrt,
ndnen ^aä: sn üt Äs« BesaadÄacn bcrdts der zweiten Stufe
n- -:K.vX?^«äer TÄiwccäex Ä iuOerjch durch das Merkmal ge-
«nuccoiM!: Ä ifti i«ä — » Zaubervcrwandlung in der beson-
^-rr» ^:nr •«- V-'w«^«^ vcc Tieren in Menschen eine für
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«fl—SR^h^ ^Jukxr ncit Aber acch tritt er zuhick und meist be-
*^ * V ^^ ^^ «cffichc Komplement der Menschwerdung,
Das mythologische Tiermärchen. 145
lieh gewesen war. In dem Hervortreten solcher Verwandlungen,
die daneben wohl auch durch die Verbindung mit den jeder Art
von Zauber forderlichen Motiven des Glücksmärchens begünstiget wer-
den, gibt sich bereits das zunehmende Bewußtsein der Unterschiede
zwischen Mensch und Tier zu erkennen. Aber die Nachwirkungen
der alten Vorstellungen sind noch mächtig genug, um diese Unter-
schiede eher in eine geheimnisvolle Überlegenheit der Tiere als in
eine solche des Menschen zu verlegen. Demgemäß gestaltet sich
auch hier der Verkehr im ganzen auf dem Fuße der Gleichheit. Dies
findet seinen sprechenden Ausdruck darin, daß gerade auf dieser
Stufe die Ehe zwischen Mensch und Tier, namentlich junger Männer
mit weiblichen Tieren, sehr häufig den Mittelpunkt der Handlung
bildet. Meist tritt hierbei die Verwandlung unter dem Einfluß des
so geschlossenen Ehebundes ein, und es kann dann die Rückver-
wandlung des zum Menschen gewordenen Weibes in das Tier aus
irgend welchen die Ehe störenden Gründen erfolgen. Ein Beispiel
dieser Art bildet die oben (S. 138) erzählte Geschichte der Pawnee-
Indianer, bei der jedoch die Ehe selbst gegenüber den Hauptmotiven
der Versöhnung und Heiligung noch zurücktrat. Als spezifisches
Motiv erscheint sie dagegen in der folgenden Erzählung: >Ein Knabe
wanderte aus unglücklicher Liebe aus, ging in die Prärie und heiratete
dort einen Hund. Auf Bitten seiner Mutter kehrte er später in sem
Dorf zurück. Der Hund, den er geheiratet, wälzte sich, als er mit
ihm das Dorf betrat, im Staube und wurde zu einer Frau. Der junge
Mann aber wurde ein großer Krieger. Als er sich jedoch spater
wieder mit seiner früheren Liebe zusammenfand, verließ ihn die
frau mit ihrem Kinde, und von da an war es auch mit sein ^^^
folgen zu Ende* (Dorsey ebenda, S. 499). Beachtenswert is^^ ^^^^
hier, ähnlich wie in einer oben mitgeteilten ^^^^^^^^^^^^^ Folgen
Führung mit der Erde die Verwandlung vermitteln hilft. I^ ^^vandlung
der durch die Untreue des Mannes verschuldeten R^^ ^ ^^ Zauber-
klingt neben dem Motiv der Rache deutlich auch das ^^^^^^.^^^^i^^g
macht des Tieres an, wie ja eine solche schon in d^^
selbst sich betätigt. ^^^^^ i^, einen
Von der Vorstellung der Ven\'andlung eines ^^-eiteren: der
Menschen führt aber nur ein kleiner Schritt zu ^^^^^^ppelgestaltige
Übergang gelingt nur halb, und es entstehen daher ^^
Wundt, Völkerpsychologie II, 3.
146 Der Nattinnythns.
Wesen, halb Tiere, halb Menschen. Indem diese nun als eine eigene
Spezies erscheinen, die man sich schon infolge ihrer wunderbaren
Gestalt mit besonderen Zauberkräften ausgestattet denkt, bilden die
Erzählungen solcher Art nicht selten Episoden von Schöpfungsmärchen
und Stammessagen. In dieser doppelten Verbindung kommen sie
schon auf primitiven Kulturstufen vor. Ein Beispiel g^bt die folgende
Eskimogeschichte: »Ein alter Mann lebte mit seiner Tochter, die alle
Freier ausschlug. Endlich heiratete sie einen rot- und weißgefleckten
Hund. Beide bekamen zehn Kinder; fünf davon waren Hunde, die
fünf andern oben Menschen und unten Hunde. Der alte Mann mußte
aber für die ganze Familie sorgen. Da ihm nun die Kinder zu viel
Lärm machten, so schaffte er sie alle auf eine einsame Insel und
befahl dem Hund, jeden Tag herüberzuschwimmen und für die Familie
Essen zu holen. Zu diesem Zweck hatte die Frau diesem ein paar
Stiefel um den Hals gehängt, um das Esstn hineinzutun. Doch der
Alte füllte die Stiefel mit Steinen statt mit Speise, so daß der Hund
ertrank. Jetzt schickte die Frau aus Rache ihre fünf jungen Hunde
zu ihrem Vater, damit sie ihm Füße und Hände abnagten. Der
schnitt ihnen jedoch die Fingerglieder ab, aus denen Seehunde und
Wale wurden. Um die Kinder vor den weiteren Nachstellungen des
Alten zu schützen, schickte endlich die Frau die einen in das Innere
des Landes, die andern in einem Boot übers Meer, wo sie die Ahnen
der Europäer geworden sind. « *) Es ist nicht unwahrscheinlich, daß
der offenbar durch die Berührung mit europäischen Reisenden ver-
anlaßte Schluß erst ein späterer Zusatz zu dem ursprünglichen, wohl
mit der Entstehung der Seehunde und Wale endenden Märchen ist.
An die Vorstellung der aus der Ehe von Mensch und Tier ent-
sprossenen Doppel wesen schließt sich endlich eng eine andere an,
die das Grundmotiv zahlreicher Mythenmärchen der Neuen Welt ab-
gibt imd auch unter den Märchenstoffen der Alten Welt nicht fehlt:
es ist das Motiv der zeitweisen Verwandlung der aus jener
Mischehe entsprungenen Tiere in die menschliche Gestalt und —
eine Vorstellung, die meist mit dieser verknüpft ist — der Ver-
hinderung ihrer Rückverwandlung. Entlang der pazifischen
Küste Amerikas findet sich dieses Märchen in manchen Varianten. Die
') Boas, The Central Eskimo, Ethnol. Rep. Washington, VI, 1888, p. 637.
Das mythologbche Tiermärchen. I^y
typische Form ist die folgende: »Eine Frau heiratet einen Hund und
gebiert eine Anzahl junger Hunde. Darauf wird sie von ihren An-
gehörigen verlassen. So muß sie denn allein durch das Suchen von
Wurzeln und Muscheln sich und ihre Kinder ernähren. Da trifft sie
Spuren von Kinderfiißen im Sande, kann aber nirgends etwas anderes
als ihre jungen Hunde entdecken. So legt sie sich denn eines Tages
in ein Versteck und merkt mm, daß ihre Hündlein ihre Felle ab-
geworfen haben und in Menschenkinder verwandelt im Sande spielen.
Sie springt hinzu, nimmt die Felle weg und wirft sie ins Feuer. Die
Kinder laufen schreiend umher, suchen überall nach ihren Kleidern,
finden sie aber nicht und müssen so die menschliche Gestalt bei-
behalten. Die Knaben wachsen nun auf und werden tüchtige Jäger
und Fischer, die sich und die Mutter ernähren.«*) Charakteristisch
ist, daß die durch das Ablegen der Felle bewirkte Verwandlung auch
hier im Verborgenen vor sich geht, und daß die Kinder zuerst
schreiend nach ihren Fellen suchen, also den bleibenden Übergang
in menschliche Kinder als eine Art Zwang empfinden. Noch wird
demnach diese Verwandlung nicht, wie bei der der folgenden
Stufe eigenen Umkehrung dieses Verwandlungsmotivs, der Über-
gang von Tier zu Mensch als eine Erlösung empfunden, was sie
eben auch nach der Anlage der Erzählung durchaus nicht sein kann.
Immerhin regt sich in dem Grauen vor den von einem mensch-
lichen Weibe geborenen Hunden, wodurch das ganze Dorf zur Flucht
veranlaßt wird, ein Gefühl des Abscheus gegen diese Ehe zwischen
Mensch und Tier. In einigen Varianten der Erzählung erscheint
aber auch dieser Abscheu noch als ein Unrecht, das die Rache
herausfordert. Als die Mutter der Hunde der Großmutter, die Mit-
leid mit ihr gezeigt, in die Ferne melden läßt, ihre Kinder seien
junge Männer und glückliche Jäger geworden, da beschließt das aus-
gewanderte Dorf wieder heimzukehren. Doch wie die Knaben sie
kommen sehen, gehen sie ans Wasser, ihre Haare zu waschen, und
dies erregt nun einen so heftigen Wind, daß die Ankommenden er-
^) Boas, Indianische Sagen von der nord-pazifischen Küste, S. 1 14^-5 340' ^gj*
femer Boas, American Folklore, X, 1897, p. 37ff. Dasselbe Motiv auch sonst weit
verbreitet: so in neugriechischen Märchen: von Hahn, Griech. und alban. Märchen, I,
Nr. 14, 31 (Var. U, Nr. 100), 52, ü, Nr. 102. Leskien und Bnigmann, Litauische
Volkslieder und Märchen Nr. 23 usw.
148 ^cr Naturmythus.
trinken und sich in viele kleine Inseln verwandeln'). Auch hier be-
wahren, wie man sieht, die verwandelten Tiere den Charakter von
Zauberwesen. In dem Bericht, daß das Waschen der Haare den
Sturm und die Verzauberung der Ankommenden bewirkt, klingt aber
das uralte Motiv der dämonischen Kraft der Haare an, das wir als
ein eigenartiges Produkt der Seelenvorstellungen kennen gelernt
haben*). Ein weiteres Motiv, das weit über diese längst verblaßten
Vorstellungen hinaus gerade diesem Märchenstoflf seine Dauer
gesichert hat, ist endlich wohl der Gedanke, daß der Verlust des
Felles oder beim Vogel des Gefieders, der mit dem Verlust des
schützenden Kleides beim Menschen in Parallele gebracht wird,
die Tiernatur unwiederbringlich aufhebt. Es erscheint beinahe wie
eine Anwendung des Sprichwortes >Kleider machen Leute«. Als
solche bleibt der Vorgang auch da noch ein ergötzliches Verwand-
lungsmotiv, wo an die Verwandlung selbst längst nicht mehr geglaubt
wird. Für das primitive, dem Glauben an Zauberverwandlungen noch
nicht entwachsene Bewußtsein liegt ein zureichender Grund, das Tier
durch den Verlust seines FeUes zum Menschen \verden zu lassen,
schon darin, daß das Fehlen der behaarten oder befiederten Körper-
bedeckung fest mit der Vorstellung des Menschen verbunden ist.
Unter die Märchenstoffle der Kulturvölker ist das gleiche Motiv in
der Erzählung von der Zauberjungfrau gedrungen, die sich in einen
Schwan verwandeln kann, und die von dem Helden gezwimgen wird,
die seine zu werden, indem er ihr Gewand oder ihren Schleier raubt
und es ihr dadurch unmöglich macht, sich wieder in den Vogel zu
verwandeln^). Aber die alte Vorstellung von der Ehe zwischen
Mensch und Tier ist hier offenbar verschollen. Darum ist der Schwan
ursprünglich schon eine menschliche Jungfrau gewesen, die sich
erst in das Tier verwandelt hat oder zu verwandeln vermag. So
tritt denn an die Stelle des einst vielleicht auch hier vorhanden
gewesenen Schwanenkleides ein sonstiger Zauberschleier oder ein
Zauberkleid, und der Raub führt eigentlich nicht mehr eine dauernde
') Boas, Indianische Sagen, S. 115. Varianten dieses Märchens bei verschiedenen
Stämmen der pazifischen Küste ebend. S. 167 ff., 263 f.
») Vgl. Teil II, S. 23, io8.
^) Vgl. über die Verbreitung dieses Märchens R. Köhler, Kleinere Schriften, I,
s. 444.
Das mythologische Tiennärchen. I^q
Umwandlung, sondern nur den Verlust einer . Zaubergabe herbei.
Dadurch spielt die Erzählung schon stark in die Motive der folgenden
Entwicklungsstufe hinüber, aus deren Mischung mit einem älteren
Stoff das Märchen vielleicht entstanden ist.
f. Tierwerdung des Menschen.
Die dritte Stufe mythologischer Tiermärchen ist dadurch ge-
kennzeichnet, daß auf ihr im Gegensatze zu der vorigen die Ver-
wandlung von Menschen in Tiere die vorherrschende Rolle
spielt, indes der entgegengesetzte Prozeß in der Regel erst in der
Form der Rückkehr aus der tierischen in die menschliche Gestalt
vorkommt. Innerhalb der weiteren Entwicklung der dabei wirksam
werdenden Motivreihe wird dann diese Rückverwandlung als die Er-
lösung aus einem erzwungenen Zustand, und endlich in einer hier
einsetzenden rückwärts gerichteten Assoziation die Tierverwandlung
selbst zuerst als eine Erniedrigung und dann als Strafe für irgend
eine begangene Schuld betrachtet. Doch wie diese Vorstellung
der Tierwerdung des Menschen nur allmählich aus der vorigen
hervorgegangen ist und anfanglich in mannigfachen Verbindungen
mit ihr vorkommt, so bilden auch jene drei Momente des ein-
fachen, noch durchaus nicht mit dem Gefühl der Erniedrigung ver-
bundenen Verwandlungszaubers in der primären Richtung vom Men-
schen zum Tier, der diesen Vorgang begleitenden Erlösung aus
einem naturwidrigen Zustand, und endlich der Auffassung des Zauber-
zustandes als einer Strafe sichtlich die aufeinanderfolgenden Stadien
einer zusammenhängenden Entwicklung. Die einfache Zauberver-
wandlung, bei der sich das Selbstgefühl des Menschen erst in der
Neigung ankündigt, den menschlichen Zustand als den ursprünglichen
zu denken, ist das Primäre; und oft genug kreuzt sich daher noch
dieses Selbstgefühl mit den entgegengesetzten Motiven der voran-
gegangenen Stufe. Märchen dieser gemischten Gattung kommen
zuweilen schon in der Tradition mancher Stämme vor, in denen
auch der Tiervertrag und die Ehe zwischen Mensch und Tier eine
Rolle spielen. In dem zweiten Stadium ist das schon wesentlich
anders geworden. Hier wird die Verwandlung in ein Tier entweder
durch einen feindlichen Zauberer oder durch ein sonstiges Verhängnis
herbeigeführt, und die Rückkehr zur menschlichen Gestalt, die durch
I^O I^cr Natormythas.
einen wirksamen Gegenzauber erfolgt, wird als befreiende Erlösung
gefühlt Aber wie jenes Schicksal ohne Schuld über den Menschen
verhängt wird, so hat es naturgemäß auch noch nicht den Charakter
der Strafe. Diesen gewinnt es erst durch die rückwärts gerichtete
Wirkung, die das die Rückkehr zum menschlichen Zustand be-
gleitende Gefühl der Befreiung begleitet. Das Böse, das zuerst
noch der äußeren Zaubermacht zugeschrieben wurde, verlegt der
Mensch nun in diesem letzten Stadium ebenso in sich selbst, wie er
zuvor schon die Erlösung als eine selbsterlebte empfunden hat. Dabei
bleibt freilich in beiden Fällen der Zauber, der die Verwandlung wie
die Rückverwandlung bewirkt, auch wenn der Verwandelte selbst
über den Zauber gebietet, doch eine jenen inneren Gefühlserlebnissen
fremd gegenüberstehende Macht. So werden denn auch diese sub-
jektiven Erlebnisse niemals zu direkten Ursachen der Verwandlungen
und Rückverwandlungen, sondern der ganze Prozeß entfaltet sich zu
einer zusammengesetzten kausalen Vorstellungsreihe: eine begangene
Schuld erregt die strafende Zaubermacht, und die Erlösung des Ver-
zauberten wird wieder durch die gleiche oder eine ähnliche äußere
Macht bewirkt. Als eine letzte Folge schließt sich dann hieran noch
die an, daß der Zustand, der durch die Tierverwandlung herbei-
geführt wird, irgendwie der begangenen Schuld adäquat ist und da-
durch die Sühne für dieselbe in sich trägt. Führt nun auch dieser
Schritt im allgemeinen über das mythologische Märchen in seinen
volksmäßigen, nicht durch die religiöse Dichtung veränderten Formen
hinaus und zu den religiösen Vergeltungsformen hinüber, so liegt
doch unverkennbar die Anlage zu dieser letzten Frucht der fortschrei-
tenden Ausbildung von Vorstellungen über das Verhältnis von Mensch
und Tier schon im Tiermärchen selbst. Bietet doch dieses von An-
fang an in seinen einzelnen Stadien sprechende Zeugnisse für die
sukzessive Entstehung der in die Märchenerzählung hereinscheinen-
den sittlichen Vorstellungen mit dem sie beherrschenden Gesetze, daß
jeweils eine vorangehende Stufe die ihr nachfolgende latent bereits in
sich schließt, oder daß, wie wir dieses Prinzip auch ausdrücken können,
die Entwicklung den Vorstellungen selbst immanent ist. Gleichwohl
würde sie ohne den Hinzutritt der als Reize und auslösende Kräfte
wirkenden äußeren Bedingungen niemals eintreten.
Für das erste der hier kurz gekennzeichneten Stadien bietet die
Das mythologische Tiermärchen. jci
Märchenerzählung der gleichen Indianerstämme, die sich durch eine
so große Fülle von Tiermärchen der vorigen Stufe auszeichnet,
bemerkenswerte Beispiele, an denen besonders auch die allmähliche
Loslösung der reiferen Vorstellungsweise von den vorangegangenen
hervorleuchtet In manchen dieser Erzählungen gewinnt ein Knabe
Macht über die Tiere und damit zugleich die Fähigkeit, Menschen
in Tiere zu verwandeln. So in der folgenden, außerdem stark mit
den Zügen des Abenteuermärchens ausgestatteten Geschichte: »Ein
Mann hatte zwei Söhne, von denen der eine Macht über Steine, der
andere über Tiere besaß, daher der letztere auch der Tierknabe
genannt wurde. Bei einer Hungersnot tötete er den Fuchs, der alles
Wild zur Seite gebracht, und führte es dem Volk wieder zu. Im
gleichen Volk lebte aber ein mächtiger Zauberer, Krähenfeder genannt,
der nahm dem Tierknaben die Kleider und verwandelte ihn dann in
einen Adler. Aber dieser verwandelte sich selbst wieder zurück in
ein kleines Kind, und als solches fand ihn eine alte Frau, die ihn
aufzog. Als er nun erwachsen war, verrichtete er viele Wundertaten
und gewann dadurch alles Volk für sich. Einmal waren die Büffel
selten geworden, und die Leute baten den Steinmann, der an einer
fernen Quelle hauste und viele Büffel besaß, ihnen solche zu über-
lassen. Dieser erklärte aber, sie nur dem zu geben, der die hin-
reichende magische ICraft habe. Hatte er diese nicht, so warf er ihn
in das kochende Wasser der Quelle. Als jedoch der Tierknabe kam,
bestand er alle Prüfungen, denn alle Tiere halfen ihm. Dann gab
ihm der Häuptling der Büffel den Stein, aus dem der Steinmann
seine Kraft zog. Diesen Stein zerschlug der Tierknabe in Stücke
und tötete damit den Steinmann. Eines der Stücke wurde aber zu
dem Steinaltar der Medizinhütte genommen, die der Tierknabe grün-
dete« (Dorsey, Pawnee, p. 513). Ein anderes Märchen erzählt von
einem Manne, der einen sterbenden Wolf trifft. Dieser hinterläßt ihm
sein Fell. Dieses Fell, in dem der Geist des Wolfes wohnt, verleiht
dem Mann dessen Stärke, und er wird ein großer Krieger. Ahnlich
gewinnt ein anderer von einem sterbenden Pferd, dem er begegnet,
die Kraft nie zu ermüden (Dorsey a. a. O., p. 532). In diese Erzäh-
lungen spielt unverkennbar zugleich die weitverbreitete Vorstellung
hinein, daß die Seele Sterbender beim letzten Ausatmen in Lebende
übergehen könne. Wenn diese Mitteilung der ausgehauchten Seele,
I c 2 I^^ Nattirmythus.
die sich gewöhnlich auf Angehörige oder Kinder beschränkt, hier
auf das Tier übertragen wird *) , so ist es offenbar gleichzeitig ein
Fortwirken totemistischer Anschauungen und die naheliegende Ver-
gleichung menschlicher mit tierischen Eigenschaften, wodurch sich
hier der Gedanke einer Vererbung reg^. Auf diese Weise kann sich
dann auch schließlich in den Abstammungsmythen die Vorstellung
von tierischen Ahnen des Menschen umkehren, indes der Totemismus
selbst und seine Nachwirkungen nichts desto weniger daneben fort-
bestehen und in andern Traditionen sich widerspiegeln. So sind
nach einem australischen Märchen die Fliegen und die Bienen
ursprünglich nebeneinander angesiedelte Völker gewesen. Die einen
verbrachten ihre Zeit mit Spiel und Müßiggang, die andern waren
arbeitsam und sammelten Vorräte für die Zukunft. Schließlich wurden
aber die Fleißigen es müde, mit für die Trägen zu sorgen. So
trennten sie sich, und jene verwandelten sich in Bienen, diese in
Fliegen "*). Diese Geschichte nähert sich schon allzusehr der exem-
plifizierenden Fabel, als daß sie für ein wirkliches Mythenmärchen
genommen werden könnte. Aber sie macht deutlich, wie frühe
gerade die Differenzierung der Eigenschaften der Tiere zu einer
Umkehrung der Vorstellungen von den Tierahnen heraus-
fordert. Auch ist nicht zu übersehen, daß eine solche zunächst
vielleicht als Scherzfabel entstandene Erzählung bei der nahen Ver-
wandtschaft, die auf dieser Stufe Tier und Mensch verbindet, immer
auch leicht den Scherz in Ernst verwandeln kann.
g. Der Mensch als Tierahne. Die freiwillige Tierwerdung. Das Motiv
der dankbaren Tiere.
In der Tat bezeugen auf einer den australischen Zuständen bereits
beträchtlich überlegenen Kulturstufe manche ursprünglich jedenfalls
ernsthaft gemeinte Traditionen der nordamerikanischen Stämme
deutlich eine Tendenz zur Umkehrung der ursprünglichen Ab-
stammungsvorstellungen. Es beschränkt sich dabei allerdings die
Überlieferung, daß die Tiere dereinst Menschen gewesen, in der Regel
auf die Totemtiere. Hier darf man aber eine solche Tradition immer-
hin bereits als ein erstes Symptom der absoluten Höherschätzung des
') Vgl. Teil II, S. 46 f.
') Parker, Australian legendary Tales, p. 106 f.
Das mythologische Tiermärchen. i ^ ?
Menschen betrachten. Ist nach dem Totemglauben ein Tier der
Stammvater eines Menschenstammes, so fuhrt schon deshalb nur
ein kleiner Schritt zu der umgekehrten Vorstellung, daß Menschen
die Ahnen gegenwärtiger Tiere gewesen seien, weil die Tierverwand-
lung der Seele an sich ebensogut von der verwandelten Seele wie
von dem Menschen, dem sie anfanglich angehörte, ausgehen kann.
Beide Vorstellungen sind Kinder des gleichen Glaubens, und es hängt
wohl wesentlich nur von der relativen Wertschätzung der Totemtiere
ab, ob sie oder ob der Mensch selbst an den Anfang gesetzt werden.
So sind nach vielen Erzählungen der Cherokesen die Bären ver-
wandelte Vorfahren des Cherokesenstammes. Darum sind sie auch
nach Stämmen und Sippen geordnet, ein Häuptling steht über ihnen,
ganz nach menschlichem Vorbild. Die folgende Erzählung, in die
zugleich das früher besprochene Motiv des Vertrags mit dem Jagdtier
hineinspielt, gilt als eine Art Tradition dieser Verwandlung: »Ein
Knabe aus einem Cherokesenklan trieb sich fortwährend im Walde
herum, und wenn seine Angehörigen Boten zu ihm schickten, um
ihn zur Heimkehr aufzufordern, so behauptete er, im Walde auch
ohne Arbeit Essen genug zu finden. Als aber die Boten mehrmals
wiederkehrten, da fanden sie, daß ihm Haare aus seinem Körper
woichsen. Nun beschloß der ganze Klan, zu ihm in den Wald zu
ziehen, nachdem sie zuvor sieben Tage lang gefastet hatten. Als
die andern Cherokesen wiederum Boten schickten, um die Aus-
gewanderten zur Rückkehr zu bewegen, waren diese gleichfalls mit
Haaren bedeckt; und sie weigerten sich zurückzukehren, da sie
Essen genug hätten. Vielmehr forderten sie jedermann auf, zu ihnen
zu kommen, dann würden sie ihm von ihrem Fleisch geben. Auch
solle man sich nicht furchten, sie zu töten, denn sie lebten immer.
Endlich lehrten sie die Leute die Gesänge, mit denen man sie rufen
sollte, und diese Gesänge werden von den Bärenfängern noch heute
gesungen« '). Hier sehen wir das Vertragsmotiv der früher bespro-
chenen Erzählungen mit diesem neuen Motiv des menschlichen Ur-
sprungs der Tiere sich mischen. Als eine sonst noch wiederkehrende
Vorstellung begegnet uns außerdem die, daß vorausgegangenes Hungern
solche Umwandlungen befördere. Wie die Nahrung den Bestand des
'j Mooney, Myths of Cherokee, p. 325 f.
I c ^ Der Naturmythus.
Körpers erhält, so wird umgekehrt ihr Mangel als ein Mittel gedacht,
das ihn leichter der Zauberverwandlung zugänglich mache, eine Vor-
stellung, die wahrscheinlich noch weit in die späteren Motive der
Askese hineinreicht. Übrigens ist sie von der Richtung der Verwand-
lung unabhängig. So erklärt in einem andern Märchen der Chero-
kesen ein in einer Bärenhöhle zum Bären gewordener Mami den
Jägern, die ihn auffinden, sie müßten ihn sieben Tage und Nächte
ohne Essen und Trinken einsperren, damit er seine Menschennatur
wieder annehmen könne. Als aber die Frau des Mannes ihn schon
nach fünf Tagen wieder herausholt, stirbt er bald, denn er hatte
zwar die Bärennatur abgelegt, konnte aber noch nicht als Mensch
leben ').
Verbreiteter noch als diese Erzählungen, nach denen ein ganzes
Tiergeschlecht, besonders das der Totemtiere, dereinst aus Menschen
entstanden ist, sind jedoch solche Märchen, die von der zauberhaften
Verwandlung einzelner Menschen berichten. Dabei ist zimächst
auch dieser Gruppe singulärer Verwandlungen mit der vorigen
die Grundbedingung gemeinsam, daß der Mensch, der sich ver-
wandelt, freiwillig oder gezwungen unter die Tiere gegangen ist,
um mit ihnen zu leben. Ähnlich wie sich die Annahme der Tier-
natur ohne weiteres darin ausspricht, daß dem Menschen Haare oder
Flügel wachsen, so wird er, wenn er unter die Tiere geht, allmählich
selber zum Tier; ja dies wird in solchem Fall beinahe als eine selbst-
verständliche Folge angesehen, so daß es gar nicht mehr als Wimder
oder Zauber erscheint. Unterstützt wird dieser gewissermaßen natür-
liche Übergang, wenn die Tiere menschenähnliche Züge an sich tragen.
Darum ist es in den Gebieten, in denen die menschenähnlichen Affen
leben, ein verbreiteter Glaube, diese seien einst Menschen gewesen,
oder sie seien von Anfang an eine eigenartige Menschenrasse. Auch
kommt es leichter vor, daß ein Mensch unter die Bären oder unter
die Seehunde geht, um allmählich selbst einer der ihren zu werden,
als daß er etwa auf ähnliche Weise zum Vogel wird. Vielmehr
ist der letztere Übergang in der Regel die Folge einer plötzlichen
Zauberverwandlung. Darum ist nun aber auch in diesem Fall der
sich verwandelnde Mensch entweder von Hause aus ein zwiespältiges
*) Mooney, a. a. O. p. 327 fF.
Das mythologische Tiermärchen. jee
Zauberwesen, oder er unterliegt wider seinen Willen einer äußeren
Zaubermacht. Ganz anders bei jenen Verwandlungen, nach denen
ein Ticrgeschlecht seinen Ursprung auf menschliche Ahnen zurück-
fuhrt oder ein Einzelner unter die Tiere gegangen ist. Wie hier die
Verwandlung eine freiwillige zu sein pflegt, so wird sie auch nicht
im geringsten von denen, die sie erleiden, als ein Übel empfunden.
Wohl suchen ihre Angehörigen sie nicht selten zu überreden, wieder
zu den Menschen zurückzukehren, womit sich dann die Vorstellung
verbindet, daß sie in diesem Fall von selbst wieder zu Menschen
würden. Es kann dabei aber leicht vorkommen, daß der Ausgewan-
derte vorzieht, unter den neuen Genossen zu bleiben. In einem an
der nordpazifischen Küste Amerikas aufgezeichneten Märchen begegnen
wir diesem Kampf der Motive in einer Weise, die eine gewisse Hin-
neigung des Menschen zum Tier nicht verkennen läßt. Ich gebe
das für uns Wesentliche aus der durch Wiederholungen weiter aus-
gesponnenen Erzählung: »Eis war einmal ein Mann, der übte einen
Zauber auf Seehunde aus, so daß sie herbeigeschwommen kamen
und sich freiwillig seinen Pfeilen stellten. Eines Tags aber ergriff
ihn ein Seehund und zog ihn in die Tiefe. Seine Angehörigen
fuhren nun auf Booten aus, ihn zu suchen. Da sahen sie ihn aus
der Feme mitten unter den Seehunden liegen. Ein zweites Mal trafen
sie ihn wieder unter diesen, er hatte aber schon Haare auf dem
Rücken und Bartborsten angenommen. Ein drittes Mal bemerkten
sie, daß er auf dem Bauche gezeichnet war wie ein Seehund. Da
fing sein Bruder, um ihn nach Hause zu locken, einen großen Wal-
fisch und legte ihn vor dem Hause an den Strand, hoffend, daß der
Verlorene herankommen werde. Das geschah auch, aber es gelang
weder diesmal noch bei weitern ähnlichen Versuchen, ihn festzuhalten.
Endlich wandte der Bruder Zaubermittel an. Da kam eines Tags
der zum Seehund gewordene von selbst zum Dorfe zurück und
brachte auch eine Frau, die er unter den Seehunden genommen, und
das Kind, das sie von ihm hatte, mit. Er übernachtete in seinem
Hause, doch am andern Morgen war er wieder verschwunden. Da»
wiederholte sich mehrmals. Da drangen sein Bruder und die andern
Leute inständig in ihn, doch bei ihnen zu bleiben. Er aber spra/:h
zu ihnen: trauert nicht mehr um mich; ich lebe glücklich bei 'J^n
Seehunden im Wasser, denn drunten ist es schöner als bei euch Un^r
156 Der Naturmythus.
auf Erden. Da ließen sie ihn ziehen und achteten seiner nicht mehr,
wenn sie ihn auf den Klippen oder im Wasser erblickten« ^. So
merkwürdig diese Geschichte an Goethes bekannte Ballade vom
Fischer anzuklingen scheint, so dürfen wir doch nicht übersehen,
daß wir hierbei in die Seele des Erzählers nicht ohne weiteres die
Motive verlegen dürfen, die die Handlung in uns selbst erweckt.
Gewiß mag in einem oft genug von Hungersnot heimgesuchten
Fischervolk gelegentlich in diesem und jenem der Gedanke sich
regen, daß es die Seehunde besser haben als er. Von der tiefen
Naturstimmung des Goetheschen Gedichts weiß er sicherlich nichts.
Dagegen zeigen solche Erzählungen deutlich, daß der Übergang von
Mensch zu Tier immer noch kein allzugroßer Schritt ist, der sogar
ohne spezifische Zaubermittel getan werden kann, falls nur der Mensch
sich entschließt, selbst unter die Tiere zu gehen. Darum wird nun
aber auch der Vorgang von dem Verwandelten kaum als ein Übel
aufgefaßt. Seine Stammesgenossen mögen den Verlust des Gefährten
beklagen, dieser scheint seine neue Umgebung kaum anders zu
empfinden, als wenn er einer fremden Sippe sich anschlösse. Noch
verkehren also Mensch und Tier gewissermaßen auf dem Fuße der
Gleichheit. Nur darin, daß sich der Mensch, der die Tiere als seine
ausgewanderten Brüder betrachtet, immerhin selbst als den Erst-
geborenen der Schöpfung (lihlt, kündet sich ein Wandel der An-
schauungen an.
Aus dem hier sich ergebenden neuen Verhältnis, bei dem die Ge-
fühle der Abhängigkeit des Tieres vom Menschen und der treuen
Genossenschaft beider gemischt sind, gewinnen nun zugleich die so
zur Entwicklung gelangten Motive die Kraft, weit über dieses Sta-
dium ihrer Entstehung hinaus anzudauern, um in einzelnen Zügen
bis tief in die spätere Märchendichtung der Kulturvölker und in
der Beschränkung auf die treuen Genossen des Menschen, die Haus-
tiere, schließlich bis in die Gegenwart zu reichen, indem die aus dem
täglichen Umgang entspringenden gemütvollen Beziehungen zwischen
Mensch und Tier, die dabei mehr und mehr in den Vordergrund
treten, einen immer neuen Reiz ausüben. So läuft jenes Thema vom
Menschen, der unter die Tiere geht, um selbst die Tiernatur anzu-
'; Boas, Indianische Sagen, S. 90 ff.
Das mythologische Tiermärchen. I57
nehmen, allmählich in das andere von den hilfreichen Tieren aus,
die dem Helden ihre physische Kraft oder noch häufiger ihre Zauber-
kraft leihen, um ihn aus Not und Drangsal zu befreien und ihm zu
Glück und Reichtum zu verhelfen. In diesem Thema, das in den
weiten Wanderungen, die es in der Märchenerzählung der Kulturvölker
gemacht hat, seine unverwüstliche Anziehungskraft bekundet, wirkt auf
solche Weise in verwandelter Form ein Motiv nach, das schon auf
frühen Stufen der Kultur in das Verhältnis zwischen Mensch und Tier
einen Zug der Freundschaft und der wechselseitigen Hilfe hineinträgt
(vgl. oben S. 132 flf.). Als ein Beispiel jener späteren Wandlungen sei
hier ein skandinavisches Märchen erwähnt, in dem allerdings das hilf-
reiche Tier nur als ein Nebenmotiv erscheint, wo aber die innere Ver-
wandtschaft zwischen der frühen Vorstellung eines Vertrags, den der
Mensch mit seinen Jagdtieren schließt, und dem des Freundschafts-
bundes zwischen Mensch und Tier in die Augen fallt. Eine dänische
Version des Märchens lautet: »Ein Junge findet im Wald einen toten
Hirsch: den teilt er zwischen einem Bären, einem Falken, einer Ameise
und einem Hund. Zum Dank dafür verleiht ihm jedes dieser Tiere
die Gabe, seine Gestalt anzunehmen. Da kommt der Junge in ein
Schloß. In diesem wohnt eine Prinzessin, die verurteUt ist, vom Troll
geholt zu werden, sobald sie von einem Sonnenstrahl beschienen wird.
Der Junge heiratet die Prinzessin. Aber das Verhängnis ereilt diese:
ein Sonnenstrahl trifft sie, und sie wird von dem Troll geholt und in
einer Berghöhle gefangen gehalten. Zum Berg folgt ihr der Junge
als Hund, dringt dann als Ameise in die Höhle ein und kriecht in
das Ohr der Prinzessin. Hier rät er ihr, den Troll auszufragen. Da
sagt ihr dieser, daß sein Leben in seinem Herzen sitze, das weit weg
in einem See verborgen sei. In diesem See hause ein Drache; in
diesem befinde sich ein Hase, in dem Hasen eine Ente und in der
Ente ein Ei, in dem Ei aber das Herz. Darauf fliegt der Prinz als
Falke zu dem See. Hier tötet er als Bär den Drachen, als Hund
den Hasen, als Falke die Ente und entnimmt dieser das Ei, das er
zurückbringt und am Kopf des Trollen zerschlägt, worauf dieser augen-
blicklich stirbt. <^J Das Hauptmotiv beruht hier augenscheinlich auf
') Grundtvig, Dänische Volksmärchen, übersetzt von A. Strodtmann, II, 1879,
'^. 194 ff. F. Kauffmahn hat die Varianten dieses Märchens mit Rücksicht auf das Motiv
des Tcrsteckten Herzens verfolgt (Balder, Mythus und Sage, 1902, S. 143 ff)- Als
jcg Der XatnmiTthiis.
der verbreiteten Vorstellung vom Sitz der Seele im Herzen, wobei
diese, vielleicht im Zusammenhang mit dem Klopfen des Herzens,
als wandernde Seele gedacht wird*), — eine Vorstellung, die zu
der weiteren von ihrem verborgenen Ort und dadurch zu dem
auch sonst verbreiteten Einschachtelungsmotiv geführt hat. Die
weiter hinzukommenden dankbaren Tiere aber, die dem Jungen
ihre eigene Gestalt leihen, erinnern lebhaft an den Bären, der dem
Cherokesen seine Stärke, und das Pferd, das ihm seine Ausdauer im
Laufen vererbt, wenn man nur zu dieser Vorstellung noch die andere
nimmt, daD der Verkehr mit dem Tier den Menschen selbst die
Tiematur annehmen läßt Das spätere Märchen substituiert nur
diesen allmählichen Verwandlungen, die dem Naturmenschen als natür-
liche erscheinen, überraschende Zauberwirkungen, und es fiigt das
an und fiir sich einer höheren Kultursphäre angehörende Motiv der
Dankbarkeit hinzu (vgl hierzu oben S. io8, 144).
h. Die Tieryerwandlang als Bosheitszaaber nnd dessen Vergeltnng.
Wesentlich anders als bei diesen noch spät in dem Motiv von
den hilfreichen Tieren nachwirkenden Vorstellungen gestaltet sich
die Tierverwandlung in dem zweiten Stadium dieser Entwicklung.
Hier ist sie zu einer Schädigung geworden, die ein Mensch nur da
freiwillig auf sich nimmt, wo ihn etwa die Tiergestalt leichter vor
verfolgenden Feinden verbergen kann, oder wo ihm die Eigenschaften
des Tieres vorübergehend nützlich sind. In den weitaus meisten
Fällen ist es aber ein böser Zauber, der ihm dadurch zugefugt wird,
und der anderes Leid im Gefolge haben kann, bis ihn endlich ein
heilsamer Gegenzauber wieder aus der lästigen Tierhülle befreit So
weitere Beispiele zu diesen bei den KoltniTölkem aller 2^iten verbreiteten Motiven
der hilfreichen nnd der dankbaren Tiere seien angefUhrt: Masp^ro, Les contes popn-
laires de r£g3rpte ancienne^, p. 8. Somadeva Bhatta, Indische Märchen Sammlung,
deutsch von H. Brockhaus, 1846, I, S. 186 ff., U, S. 198, 204 ff. Brauns, Japanische
Märchen, S. 92ff., 167 ff (Letztere Erzählung geht zugleich in einer Tierehe ans,
wobei freilich der Hundegatte sich nachträglich als Gott offenbart, während die
Behaarung des Volkes der Ainos, die die Sprößlinge des Paares sind, hieraus ab-
geleitet wird.) Femer Grundtvig, Dänische Märchen, I, S. 115 ff., II, S. 10 ff. Grimm
Nr. 27, 60. von Hahn, Griech. und alban. Märchen, I, Nr. i, 9 (Var. II, 9), 37, 61.
Leskien und Brugmann, Litauische Märchen Nr. 6, 11.
«) Vgl. Teil n, S. 31 ff., 208 f.
Das mythologische Tiermärchen. 1 en
wird unter allen Umständen die Rückkehr zur menschlichen Form
als eine Erlösung betrachtet, ausgenommen, wenn die Metamor-
phose der eigenen Gestalt ein willkürlich zu handhabendes Hilfsmittel
in den Händen des Zauberers ist Übrigens sind beide Arten der
Verwandlung zumeist miteinander verbunden. Denn der Zauberer,
der die Fähigkeit besitzt, andere in Tiere zu verwandeln, kann natür-
lich davon auch zu eigenem Vorteil Gebrauch machen. In den
Zaubermotiven, die aus der Märchendichtung in die sogenannte höhere
Mythologie der Kulturvölker hineinreichen, treflFen wir ja vor allem
auch die Götter selbst mit dieser doppelten Fähigkeit ausgerüstet.
Die Götter, in der 'griechischen Mythologie allen voran Zeus, der
Vater der Götter, in der nordischen Odin, können ebensowohl selbst
Tiergestalt annehmen wie Menschen in Tiere verwandeln. Doch in
dem Märchen sind die ursprünglichen, durch die Vorstellung der
überragenden Macht der Götter später verdunkelten Motive beider
Verwandlungen deutlicher erkennbar, und sie lassen sich auch in ihrer
völkerpsychologischen Entwicklung besser übersehen.
Hier tritt uns nun vor allem die für den allmählichen Wandel der
Anschauungen über das Verhältnis zwischen Tier und Mensch höchst
bezeichnende Tatsache entgegen, daß die Tierverwandlung des
Menschen im Sinne der Zufiigung eines schweren Übels, dessen Be-
seitigung durch die Rückverwandlung in die menschliche Gestalt heiß
begehrt und als Erlösung empfunden wird, bei primitiveren Völkern
überhaupt kaum vorkommt, sondern daß dieses Märchenmotiv überall
erst von einer gewissen Kulturhöhe an wirksam wird. So häufig in
den Mythenmärchen der Eingeborenen Amerikas Verwandlungen in
Steine als furchtbare Zauberwirkungen und zuweilen sogar schon als
Strafen für begangene Schuld sich finden, einer Tierverwandlung in
gleicher Bedeutung begegnet man nicht, oder wenn sie vorkommen
sollte, so ist sie jedenfalls höchst selten oder verbirgt sich hinter
andern Motiven, die noch dem ersten Stadium dieser Entwicklung
angehören. Nicht anders verhält es sich bei den Neger- und Bantu-
völkem. So reich die phantastischen Abenteuermärchen der Bantus
an allen möglichen Verwandlungen, darunter auch solchen Tierver-
wandlungen sind, bei denen irgendwelche Zauberwesen, um Glück
oder Unheil zu bringen, selbst die Tiergestalt annehmen, und so
üppig vor allen bei den eigentlichen Negervölkern die Tierfabel sich
'■ . .. .:\ 5ich ;:iiTicioh
• ' ^ '•• :i '-'^.n-ch un :
.'-- ^■--:. .;:::e I>rco-h:ir-
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. .'M! .ius/.uiihen, sei es uir.
" : ,:v'\ nie zweite I'.i^en-
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...:vr. r. d.er die X'env.iii.:-
. -v'-^e besitzt, in dem Tier
• . -er V >r der X'erwandiun.;-
"•.' v\.e;:de AiiSf.lehnunL^ vier
.,;-:•.',: \\«n d^n Objekten,
. < ^ :>: CS im zweiten eine
\un l{.:nde'.n imd Wissen.
l6o J^er Naturmythus.
entwickelt hat, jenes Motiv der Erniedrigung, das diese Verwandlui
als Unheil und die Rückkehr zur menschlichen Gestalt als eine E
lösung empfinden läßt, fehlt ganz, wo die Fähigkeit der Selbstve
Wandlung ein Vorzug ist, dessen sich der Zauberer erfreut, oder w
wie in der Tierfabel, die Tierwelt zu einem Abbild der Menschei
weit wird. So ist es wesentlich nur die passiv erduldete Tie
Verwandlung, an die in ihren einander ablösenden Phasen die Gefüh
des Erduldens und der Erlösung geknüpft sind, in denen sich zugleic
der Wandel der Vorstellungen über das Verhältnis von Mensch ur
Tier spiegelt. Allerdings muß hier noch jene gesteigerte Erregba
keit der Phantasie hinzukommen, wie sie, außer in der Neigung :
Vision und Ekstase, auch in dem erfinderischen Reichtum phanta
tischer Zauber- und Abenteuermärchen sich äußert. Diese Neigut
findet aber in dem Wechsel zwischen Dulden, Hoffen und übe
strömendem Jubel, der die Tierverwandlungen begleitet, ein i
passendes Substrat, weil sich auf das Tier leichter als auf de
Stein oder den Baum die peinlichen Gefühle übertragen lassen, d
das Bewußtsein der hilflosen Hingabe an einen erniedrigten Zustar
begleiten. Diese enge Verbindung mit den Motiven des Glück
märchens bringt endlich noch zwei weitere Eigenschaften mit sie
deren erste dem Verwandlungsmärchen in diesem Stadium fast nie fei
und deren andere ihm mindestens häufig zukommt. Die erste bes^
darin, daß die passiv erduldeten und die von einem bösen oder g»
Zauberwesen bewirkten aktiven Selbstverwandlungen meist in (
und derselben Folge von Erlebnissen sich mischen. Namentlicl-
Zauberer, der aus Bosheit andere in Tiere verwandelt, ist ver
dieser Gabe fast immer auch imstande, sich selbst beliebig zu
wandeln, sei es um seinen Spuk im geheimen auszuüben, sei
auch auf diese Weise seine Macht zu betätigen. Die zweite
Schaft, die aus einer minder offen liegenden, aber ähnlichen /
tion entspringt, besteht darin, daß der Zauberer, der die V
lung hervorzubringen vermag, zugleich die Gabe besitzt, in d
den Menschen wieder zu erkennen, der dieser vor der Verv
gewesen. Ist es im ersten Fall eine naheliegende Ausdeh
Vorstellung einer spezifischen Machtbetätigung von den
auf die sie wirkt, auf das tätige Subjekt, so ist es im zw
nicht minder natürliche Assoziation zwischen Handeln ur
l62 üer Naturmythus.
schlief endlich müde und hungfrig unter einem Baume ein. Da fühlte
er auf einmal vor seinem Gesicht einen heißen Atem, der ihn er-
weckte, und er sah einen gewaltigen Tiger an seiner Seite. Entsetzt
sprang er auf. Aber der Tiger besänftigte ihn und bat, ihm eine
Drahtschlinge zu lösen, die um sein Bein geschlungen war und ihn
am Gehen hinderte. Das gelang auch dem Burschen mit vieler Mühe.
Der Tiger, um sich dankbar zu erweisen, rief nun den Elephanten
und noch andere Tiere herbei, die dem Flüchtigen ein Zelt bauten
und ihn täglich mit Nahrung versorgten. So lebte der Jüngling eine
Zeitlang glücklich und zufrieden unter den Tieren des Waldes. Doch
endlich überkam ihn das Heimweh, und er teilte seinem Freund, dem
Tiger, seinen Entschluß mit heimzukehren. Dieser erklärte, als er
sich nicht abbringen ließ, ihn begleiten und schützen zu wollen. So
langte der junge Mann nach manchen Fährlichkeiten in der Heimat
an. Da traf er aber alles verändert. Die Häuser waren leer und
verfallen. Das Haus seiner Eltern stand zwar noch, aber auch die
Eltern waren nicht mehr. Dagegen kam ihm seine Schwester ent-
gegen und empfing ihn scheinbar freundlich. Sie bat, es sich im
Hause bequem zu machen, während sie fortgehe und ihm seine Lieb-
lingsgerichte bereite. Er hatte aber schon vor dem Betreten des
Dorfes auf den Rat seines Tigers ein Kraut gepflückt, das ihm,
wenn er es aufs Herz legte, die Fähigkeit gab, verzauberte Personen
wiederzuerkennen und sie zu entzaubern, wenn er ihnen etwas von
dem Kraut ins Gesicht warf. Als nun der junge Mann so einsam
da saß, näherten sich ihm aus einem Winkel mit betrübten Mienen
zwei Ratten, in denen er erschreckt seine Eltern erkannte. ,Fliehe*,
riefen sie ihm zu, ,ehe deine Schwester wiederkommt. Sie hat uns
und noch viele Leute im Dorf verwandelt oder aufgefressen. Fliehe,
damit du nicht das gleiche Schicksal teilst^ Gleichzeitig sah der
Jüngling schon seine Schwester in Drachengestalt sich dem Haus
nähern. Da enteilte er aus der Hintertür, doch wäre es um ihn ge-
schehen gewesen, wenn nicht in diesem Augenblick der treue Tiger,
der mittlerweile im Hinterhalt gelegen, herbeigeeilt wäre und den
Drachen gepackt hätte. Er biß diesem den Hals durch, so daß er
sterbend in seinem schwarzen Blute sich wälzte. Der Jüngling
aber umarmte den Tiger, entzauberte unter seinem Beistand mit dem
Wunderkraut seine Eltern, sowie die andern Einwohner des Dorfes,
Das mythologische Tiermärchen. 159
die als Vögel und andere Tiere im benachbarten Walde umherirrten.
Auch die Ausgewanderten kamen zurück, im Dorfe kehrten wieder
Glück und Freude ein, und der Jüngling samt seinem Tiger werden
bis zimi heutigen Tage von dem dankbaren Volke gepriesen.«*) In
dieser Erzählung ist das gesamte Inventar vereinigt, aus dem sich
die Zaubermärchen dieser Gattung zusammensetzen: die von bösen
Zauberwesen bewirkte Verwandlung von Menschen in Tiere und die
Erlösung aus diesem Zustand, wobei als ein bedeutsamer, durch die
Häufigkeit seines Vorkommens den inneren Zusammenhang der Vor-
stellungen verratender Zug hinzukommt, daß die Erlösungstat schließ-
lich von dankbaren Tieren herrührt. Zu dem Bosheitszauber tritt
aber auch schon, in unmittelbarer Verbindung mit der Erlösung, das
Motiv der Vergeltung, womit der Übergang zu dem folgenden
Stadium gegeben ist').
i. Die Tierverwandlang als Strafe.
In diesem dritten Stadium tritt schließlich zu der Erlösung als
deren Bedingung die vorausgegangene Strafe, imd allmählich löst
sich das letztere Motiv selbständig ab. So erreicht in der als Strafe
für begangene Schuld eintretenden Tierverwandlung diese ganze Ent-
wicklung ein Ziel, bei dem sie der Assimilation durch die religiösen
Vergeltungsvorstellungen fähig geworden ist. Doch spricht für den
allmählichen Verlauf dieses Prozesses schon die Tatsache, daß auf
den weiter zurückliegenden Stufen der Kultur immer und zumeist
auch noch auf derjenigen, die durch die Märchenwelt der Kultur-
völker vertreten ist, der bloße Bosheitszauber mit darauf folgender
Erlösung weitaus überwiegt. Dazu kommt außerdem, daß das Motiv
der Strafe zunächst noch in unmittelbarem Anschlüsse an den Bos-
heitszauber aufzutreten pflegt, indem nach der Erlösung des ohne
seine Schuld Verzauberten nun sofort auch der böse Zauberer, der
') C. W. E. Brauns, Japanische Märchen, S. 92 f.
') Beispiele von Bosheitszauber finden sich besonders zahlreich in den orienta-
lischen Märchensammlnngen, z.B. Somadeva, I, S. 55 ff. looi Nacht, z.B. i. Nacht
die Geschichte vom Scheich und der Gazelle, 2. Nacht die des Scheichs mit dem Maul-
tier, 751. Nacht u. a. Analoge Beispiele im Märchenschatz der Zigeuner (H. von Wlis-
locld, Märchen und Sagen der Transsylvanischen Zigeuner, 1S86, N. 13, 14, 15, 16,
42). Dazu Grundtvig, Dänische Märchen, I, S. 51 ff., 11, S. 95 ff. Grimm, Nr. 49.
II*
:"_ -'...'..r :i A..-rdin^5 ist
: r- : .." f.: -er. .-i-ber: in dem
1 z'... :=: r:t:;er.- und Teufel.svor-
- 7: i ^-.' \?.iz\: ha:, ist zumeist aucli
..::.re j;:i'A .r-iwii: c:e böse Ilexc
: l:--iern:irc::en Grimm, Nr. 60.,
. \: :::'::•:!< ver.vani-j'.re Kind wird er-
- -.r.-r An.r:::l.ire rjfjjcben und in
.' ::: 7:-:".? ibzichen. wie in dem
- ^- ::f iiun? ::::: ien sieben Brüdern
.. : 11. :l: 7e.::e! iie .Macht haben
- izz: 'J':z'. 5:!chcr X'crvvandlung-
:_• .•- >:.•.-:_•>:!. :::a^ wohl in diesem
.\.; jTw :i-e:i haben. Freier be-
•-;r.:r..5v:he Marchemiichtung, in
.:.^i:i /.trr.-chenien Geister an und
..:.: n.jh: iurch einen mächtigeren
^. • . :: 5::i. Hier pfiegt sich sehr regei-
.::c Verwandlung in einer Gegen-
. • : . sen Zauberer selbst womöglich in
^ -•^' verset.:t als den. den er über .sein
.,, •..-'1 d.e Kr-:ählungen des itrabischen
• f -.: Tvich an solchen Gegenverw and-
. -.r ^jhcichs das Kind, das diesem von
*. i::: K.iib und die Sklavin in eine
>: Si'.bst :rur Strafe in eine Gazelle
.-. i::;.n Gcschiclite wird ein Scheich
, ••..::: S<..:vtn im Bett ertappt, in einen
• • - .•.:" ::.■.-?«-' ^<-.'*'*5^ ^^^^'^*- ^^^^" ^^ sich
' ;*:-us benachbarten Kaufmanns ver-
. . ^- l\\*b.:cr des Kaufmanns in ihm
• '- •>::: '.^i-dcr n:ensch!ichc Gestalt, und
' • .; unc---^'-«-' Weib in ein Maui-
. .,;j \Vc:^^ sr:t*.wn sich alle Gcgenver-
:- • -Vv::*: .ib »G'.;..chts um Gleichc^'. Das
.• .'<'"::c; ist in diesen orientalischen
.,. ,^,v Wasser, über dem eine
n ' »'«^^ ^ * *
Das mythologbehe 'nermlrchen. ige
Zauberformel gesprochen worden ist, — eine Verbindung des Wort-
und Wasserzaubers, bei der, diesem besonderen Fall angepaßt, das
Wort die magische, das Wasser die umwandelnde Seite des zaube-
rischen Vorgangs repräsentiert').
Sichtlich ist es nun an sich schon ein wesentlicher weiterer Fort-
schritt über diese Anwendung der Tierverwandlui^ als strafender
Vergeltimg für den gleichartigen Bosheitszauber, wenn jene zu einer
selbständigen Strafe wird, die fiir eine Verschuldung von völlig
abweichender Art eintritt, so daß sich hier jenes im Gebiet der
höheren Dämonenvorstellungen nicht selten bestehende Verhältnis,
daß die Zauberverwandlung aus Bosheit durch ein anders geartetes
Übel bestraft wird, gewissermaßen umkehrt: eine irgendwie beschaffene
größere oder geringere Verschuldung wird in der Form der Tier-
verwandlung bestraft, woran sich dann in natürlicher Folge die
weitere Wirkung anschließen kann, daß, sobald durch die eine Zeit
lang erduldete Erniedrigung zum Tier die Schuld gesühnt ist, die
Erlösung durch Rückverwandlung erfolgt. In der psychologischen
Entwicklung dieser primären strafenden Verwandlungen ist es nun
aber wieder ein bedeutsamer Zug, daß es zunächst nicht die großen,
sondern die kleineren Sünden sind, die auf solche Weise gestraft
werden. Der Lucius im Roman des Apulejus, der zur Strafe für
seine Neugier imd für den vorwitzigen Wunsch, Glückszauber zu
üben, durch ungeschickte Verwechslung der Zaubermittel in einen
Esel verwandelt wird, ist ein typisches Beispiel, mit dem der Dichter
wohl zugleich die in seiner Zeit umlaufenden Märchenerzählungen
ähnlicher Art parodiert haben mag. Hatte doch in der hellenistischen
Literatur diese Form der Wundererzählung, die in Ägypten schon in
frühe Zeiten hinaufreicht, weit in den Mittelmeerländem und über sie
hinaus sich ausgebreitet. Ihr bot der üppig aufschießende Dämonen-
glaube des Zeitalters einen besonders günstigen Boden. Gerade mdem
sich aber die Volkserzählungen dieser Art im Gebiet der kleineren Ver-
schuldungen oder solcher, die als kleinere geachtet wurden, wie Lüge,
listiger Betrug, eheliche Untreue und dergl, bewegten, eröffneten sie
zugleich dem zu allen Zeiten geschätzten Scherzmärchen eine ergiebige
Quelle des Witzes, da schon der Kontrast der Tiergestalt mit den
') Cbcr Wortzauber vgl. Teil II, S. 195 f., über Wuierzaober ebenda S. 321 ff.
i66
Der NatnrmTtbns.
Gefühlen und Neigungen des Kulturmenschen jener
sicher ist, wie sie seit Urzeiten in dem komisch
Triumphe gefeiert hat *). Noch in unsern heute umi^
bietet die Geschichte von den >sieben Raben« (Gi
Bild solcher Tiervenvandlungen um leichter Vl
Bringt man in Abzug, was aus dem Gebiet der i
diese Erzählung übergegangen ist, so bleibt
Handlung der folgende: »Ein Elternpaar schickt
aus, um Taufwasser fiir die eben geborene
Jenen fallt der Krug in den Brunnen, und si-
nicht nach Hause. Da ruft der Vater im /
wollte, daß die Jungen zu Raben würden*. Ka
auch schon sieben schwarze Raben über
Die Schwester, die, als sie herangewachsei
hört, macht sich nun Gewissensbisse darüb
des Unglücks ihrer Brüder sei. Sie zieht ?
kommt nach langer Wanderung an einen I
geweissagt ist, die Brüder finden wird. D
zu der ihr der Schlüssel fehlt. Da schi
Fingerchen ab und schließt damit auf.
Abend die sieben Raben geflogen. Ihr
erlöst werden, wenn ihr Schwesterlein
wo dieses hinter der Tür hervortritt, ni
Gestalt an, und alle kehren fröhlich nac ^
ist, wie man sieht, die Verschuldung, u- ^'
mde
. herr-
Furcht
i. Diese
.ndeni die
j K^ungen
^ des Völkcr-
r bestimmten,
sr bedeutsamen
i-rlösang, das
,5 Her lum ersten-
erhiDdet sidi unter
jaaibirkeit gqfcn-
.^j^ dum durch die
SV (kr anfopfernden
^stfier Emiedriguiig.
Motivwandd
;^3rti«Venwidhii«cn und
j|,flrt«l»ta RadicmotTO
':A ^ ""^ cntenmal das
\- der Strafe Mnübcr; und
sokhen
^ b glekkcm Maße
^ — ^^ Venchiebuiig
tritt
sehr unerhebliche, ein unbedachter z^
höchstens noch von Seiten der Knabi^
Kruges und die aus Angst unterUu
Dafiir tritt nun aber ein neues Motivcl
besteht darin, daß die Erlösung dun
werden muß. Die Schwester gibt il#
zu finden. Auch das ist, ähnlich c
Strafe verhängten V^erwandlung, ber-
^.> Wie diese Neigung zu komischen Ep;
die die christlichen SchriftsteUer von sol
zum Teil stark herübergewirkt hat, beir
erzählungen. 1906. S. 32f.
M der ktite Schritt,
Godiiclite des
lyil, in der
ifchen.
i6q
erst gestreift wird. Das ist
Strafe für schwere religiöse
*» sich hier vermöge einer nahe-
zu dem gegenwärtigen Leben
'»; afe für ein der bloßen Befrie-
»MVA ' " '" ' ' s Leben. In dem Märchen, so
'^ ^Uit . '*' ' Ibstlose Hingabe und der Dank-
■ •^■•»Hi4 " '^*^ kennt, ist es durchweg erst
•<#iiM. ""' ein unbedachtes Wort, eine leicht-
jy^jj • " Ticrvenvandlung als direkte Strafe
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'^ * ' ''■ 'rf j, an denen vermöge der psychischen
^:he Gebiet so reich ist, daß gerade
r ethisch höchststehenden Form des
rgang in das Scherzmärchen besonders
Mythenmärchen und nicht der Volks-
ctzten Schritt getan, der das Motiv der
iier letzten Ausbildung entgegenfuhrte,
irund eines ausgebildeten Göttermythus
iystik, die in der Idee der Seelenwan-
i er Verwandlung als Strafe erst konsequent
/m dieses Ziel zu erreichen, mußte frei-
-.»gisches Motiv die in dem Seelenglaubcn
\'orstellung von der Psyche und ihrer Ver-
armen, und es mußte außerdem eine unter
Göttervorstellungen stehende Ausbildung der
i'enden Vergeltung hinzukommen. Das Mythen-
irenzen beider Vorstellungen, aber es über-
'^n seinen Tierverwandlungen haben die Seelcn-
<t:inen Anteil, oder sie klingen höchstens da
•icbe an, mit der z. B. in den abendländischen
*-ing die Verwandlung in Vogelgcstalt gewählt
xnnbare Erinnerung an den Seelenvogel. Doch
rohen kennt durchweg diese Bevorzugung nicht,
i^urchweg die Vorstellung, daß dem Übergang in
Trennung der Psyche vom K^irpcr, also der Tod
-sgehe. Vielmehr verwandelt sich der Mensch
l68 I^CT Naturmythns.
Gefühle erheben, indem sie diese in die ihnen ursprünglich fremde
Zauberwelt eindringen läßt. Dabei werden die in der letzteren herr-
schenden Motive des egoistischen Strebens nach Glück und der Furcht
vor schädlichem Zauber selbst in sittliche Motive umgewandelt. Diese
Entwicklung vollzieht sich aber nicht mit einem Male, sondern die
einzelnen Motive, aus denen sich schließlich die sittlichen Regungen
zusammensetzen, bilden sich, wie diese die Entwicklung des Völker-
bewußtseins spiegelnde Volksdichtung zeigt, in einer bestimmten,
für die Psychologie des sittlichen WoUens höchst bedeutsamen
Aufeinanderfolge. Zuerst entsteht das Motiv der Erlösung, das
an sich nur die Erhebung des Menschen über das Tier zum ersten-
mal energisch zum Ausdruck bringt. Diese verbindet sich unter
besonderen Bedingungen mit dem Gefühl der Dankbarkeit gegen-
über der erlösenden Handlung, imd hieraus erwächst dann durch die
Rückwirkung auf den Handelnden das Motiv der aufopfernden
Hingabe für die Rettung eines andern aus seiner Erniedrigung.
Dazu kommt in der Folge als ein selbständiger weiterer Motivwandel
die Rücklenkung des schon bei den primitiveren Verwandlungen und
namentlich bei dem Bosheitszauber stark hervortretenden Rachemotivs
auf den Zaubernden selbst. Damit zieht sich zum erstenmal das
Motiv der rächenden Vergeltung in das der Strafe hinüber; und
dieses verselbständigt sich endlich, indem die Strafe aus einem solchen
sekundären zu emem primären Motiv wird. In gleichem Maße
verschwindet dann aber unter dem Einfluß dieser letzten Verschiebung
der Vorstellungen die niedere Zauber- und Dämonenwelt, und es tritt
entweder ein übermenschliches, im übrigen aber nur unbestimmt
gedachtes Zauberverhängnis, oder es treten höhere Göttervorstellungen
an ihre Stelle. So ist diese glänze Entwicklung sittlich und religiös
zugleich, und sie ist daher auch bereits mit jenen persönlichen Götter-
vorstellungen verflochten, die schon weit über das Gebiet der dem
Mythenmärchen ursprünglich eigenen Vorstellungen hinausliegen, so
sehr die letzteren noch vermöge des alle diese Wandlungen über-
dauernden Zauberglaubens an zahlreichen Stellen in die höhere Götter-
welt hineinreichen.
Hierin liegt es nun offenbar begründet, daß der letzte Schritt,
der hier möglich ist, imd der in der weiteren Geschichte des
menschlichen Denkens eine bedeutsame Rolle gespielt hat, in der
Das mythologische Tiermärchen. i6q
Entwicklung des Mythenmärchens kaum erst gestreift wird. Das ist
die Tierverwandlung des Menschen als Strafe für schwere religiöse
und sittliche Verschuldungen oder, wie sich hier vermöge einer nahe-
liegenden Beziehung des zukünftigen zu dem gegenwärtigen Leben
das Verhältnis meist gestaltet, als Strafe fiir ein der bloDen Befrie-
digung sinnlicher Triebe hingegebenes Leben. In dem Märchen, so
rührende Züge der Erlösung durch selbstlose Hing^abe und der Dank-
barkeit für erfahrene Wohltat es bereits kennt, ist es durchweg erst
das kleine, entschuldbare Vergehen, ein unbedachtes Wort, eine leicht-
sinnige Tat und ähnliches, was die Tierverwandlung als direkte Strafe
auf das Haupt des Schuldigen lädt. So geschieht es denn infolge
eines jener merkwürdigen Sprünge, an denen vermöge der psychischen
Kontrastgesetze das mythologische Gebiet so reich ist, daß gerade
hier, auf der Schwelle zu der ethisch höchststehenden Form des
Verwandlungszaubers, der Übergang in das Scherzmärchen besonders
häufig vorkommt. Nicht das Mythenmärchen und nicht der Volks-
mythus überhaupt hat den letzten Schritt getan, der das Motiv der
Strafe in dieser Form seiner letzten Ausbildung entgegenführte,
sondern es ist die auf Grund eines ausgebildeten Göttermythus
gepflegte philosophische Mystik, die in der Idee der Seelenwan-
derung das Motiv der Tierverwandlung als Strafe erst konsequent
zu Ende geführt hat. Um dieses Ziel zu erreichen, mußte frei-
lich als weiteres mythologisches Motiv die in dem Seelenglauben
selbständig entwickelte Vorstellung von der Psyche und ihrer Ver-
körperung in neuen Formen, und es mußte außerdem eine unter
dem Einfluß höherer Göttervorstellungen stehende Ausbildung der
ethischen Idee der strafenden Vergeltung hinzukommen. Das Mythen-
märchen streift die Grenzen beider Vorstellungen, aber es über-
schreitet sie nicht. An seinen Tierverwandlungen haben die Seelen-
vorstellungen noch keinen Anteil, oder sie klingen höchstens da
und dort in der Vorliebe an, mit der z. B. in den abendländischen
Märchen dieser Gattung die Verwandlung in Vogelgestalt gewählt
wird, — eine unverkennbare Erinnerung an den Seelenvogel. Doch
das orientalische Märchen kennt durchweg diese Bevorzugung nicht.
Vor allem fehlt aber durchweg die Vorstellung, daß dem Übergang in
die Tiergestalt eine Trennung der Psyche vom Körper, also der Tod
des Menschen vorausgehe. Vielmehr verwandelt sich der Mensch
lyo I^c^ Naturmythus.
ganz und bei lebendigem Leibe in das Tier und wird ebenso aus
diesem bei der Erlösimg wieder in seine einstige Gestalt zurück-
verwandelt. Eben darum fehlt es auch hier an einer Reihe von
Verwandlungen, wie sie die Seelenwanderung voraussetzt In ethischer
Beziehung scheidet sich endlich die Strafe der Tierverwandlung im
Mythenmärchen von der Seelenwanderungsidee nicht bloß dadurch,
daß jene stets für einmalige Verschuldungen eintritt, womit eben
zusammenhängt, daß sie selbst nur in einer einmaligen Verwand-
lung besteht, während die Strafe bei der Seelenwanderung von der
gesamten Lebensführung abzuhängen pflegt. Dadurch tritt nun auch
hier erst eine besondere Assoziation zwischen der Art des schuld-
haften Lebens und den Eigenschaften des Tieres hervor, in dessen
Körper die Seele eingeht, eine Zuteilung, die der Tierverwandlung
des echten Mythenmärchens fremd bleibt. So weiß das »Gesetzbuch
des Manu« nicht bloß das einzelne Tier anzugeben, in das der Mensch
für eine bestimmte Verfehlung verwandelt wird, sondern es zählt die
ganze Reihe der Tiere auf, die er in allmählich aufsteigender Richtung
durchwandern muß, um endlich als Mensch wiedergeboren zu werden.
In allem dem bekundet sich die Seelenwanderung als eine philoso-
phische Konzeption, die zwar von den TierverwandluAgen des Volksr-
mythus in ihrer Verbindung mit dem Seelenmythus ausgegangen ist,
selbst aber diesem Mythus nicht mehr angehört.
Betrachtet man jedoch diese in der Seelenwanderungslehre zum
Durchbruch gelangte Vorstellung der Tierverwandlung als einer Strafe
für schwere Verschuldung, die nach dem Prinzip der vergeltenden
Gerechtigkeit abgestuft ist, als das Endziel, dem die Mythologie
der Tierverwandlungen zustrebt, ohne es selbst zu erreichen, so
bewegt sich diese ganze Entwicklung zwischen zwei Punkten, bei
deren letztem die im Anfang und am Ende herrschenden Anschau-
ungen über das Verhältnis zwischen Mensch und Tier als Gegen-
sätze erscheinen. Im Anfang ist das Tier in der Gestalt der als
Ahnen- und Schutzdämonen verehrten Totemtiere der Vater oder
mindestens der ältere Bruder des Menschen, der sich vor allem da,
wo er dem Menschen hilfreich nahetritt, selbst vorübergehend in einen
Menschen verwandeln kann. Dann wird allmählich das Schutzverhältnis
ein wechselseitiges, das durch Verträge oder durch Opfer, die aus
dem vorangegangenen Stadium übernommen sind, gefestigt ist.
•^ Das mythologische Tiermärchen. lyi
Jetzt erscheinen namentlich die in Heerden lebenden Tiere als eigen-
artige Stammesverbände. Aus dem älteren wird so das Tier zum
»jüngeren Bruder« des Menschen. Als solcher hat es diesem nütz-
liche Dienste zu leisten ; aber seinem Wesen nach bleibt es ihm gleich,
wenn es auch immer noch infolge der ihm zugeschriebenen Ver-
wandlungen über besondere dämonische Kräfte verfugt. Von da an
bewegt sich nun die Schätzung des Tieres immer mehr abwärts:
in einen Menschen wird es nicht mehr verwandelt, außer, wenn es
zuvor ein solcher gewesen ist, in der Form der Erlösung. Die Tier-
verwandlung des Menschen wird daher jetzt als eine Erniedrigung
imd zuletzt als eine Strafe empfunden, worauf dann in der Fortbildung
dieser Anschauung die sich anschließende mystische Theosophie in
ihr ein Mittel findet; durch das sich die Strafe in einem jenseits des
gegenwärtigen Daseins liegenden Leben nach der Schwere der reli-
giösen Verschuldung abstuft.
1. Die mythologischen Fabeltiere: der Drachentypas.
In naher Beziehung zu jenen partiellen Tierverwandlungen, wie
sie nach dem Mythenmärchen bald die Ehe zwischen Mensch und
Tier bald der Aufenthalt unter den Tieren hervorbringt, scheinen
äußerlich jene Mischgestalten zu stehen, die schon eine frühe Kunst
in den Verbindungen menschlicher und tierischer Formen erzeugt,
und die dann auch die Sage teils bei der Schilderung der Kämpfe
der Götter und Helden mit Ungeheuern zur Darstellung dieser letz-
teren, teils zur Ausstattung der Götter und Heroen selbst mit Tier-
attributen verwendet. Man denke nur an die Giganten und Heka-
toncheiren, die Zyklopen und Zentauren, an die Sphinx- und die
Greifgestalten, endlich an die tierköpfigen oder von ihren »heiligen
Tieren« umgebenen Götter *). Auf den wahrscheinlichen Zusammen-
hang dieser Vorstellungen mit einem uralten, freilich in den Gebieten,
wo sich in Kunst und Kultus diese Mischformen erhalten haben, längst
dem Gedächtnis entschwundenen totemistischen Seelen- und Ahnen-
kult ist schon früher hingewiesen worden (Teil II, S. 283 ff.). Zur Be-
wahrung dieser Nachwirkungen vergessener Vorstellungen mochten
') M. W. de Visser, Die nicht menschengestaltigen Götter der Griechen, 1903,
bes. S. 183 ff.
iy2 I^er Natarmythug.
wohl später hinzugetretene Motive das ihrige mit beitragen. Be-
sonders aber hat hier eine Wanderung der Vorstellungen eingegriffen,
bei der diese in bereits fest ausgebildeten Formen in fremde Gebiete
übertragen wurden, innerhalb deren die ursprünglichen Motive selbst
wohl niemals vorhanden gewesen waren. Auf diese in den meisten
Fällen sehr komplexen und zumeist auch infolge der Mythenwande-
rungen einer sicheren Nachweisung ihres Urspmngs sich entziehen-
den Erscheinungen näher einzugehen, liegt hier um so weniger ein
Grund vor, als die meisten dieser Gestalten erst in der Helden- und
Göttersage zur Ausbildung gelangen, während das Mythenmärchen
im allgemeinen nur in den unbestimmteren Vorstellungen von
furchtbaren Tier- oder Menschenungeheuern und von der Zauber-
macht gewisser Tiere die Vorbereitung dazu bietet. Nur eine unter
diesen Formen gibt es, die, obgleich auch sie sich offenbar erst
in der Götter- und Heldensage voll entwickelt hat, doch infolge
ihrer großen Verbreitung neben den ursprünglich schon dem Märchen
eigenen Riesen, Zwergen und Spukdämonen zu einer beliebten
Märchengestalt gieworden ist, wenn sie auch weniger dem eigent-
lichen Mythenmärchen als seinen späteren Umbildungen angehört:
das ist die Gestalt des Drachen. Ihre, freilich keineswegs nach
allen Richtungen zureichend geklärte Entstehungsgeschichte mag uns
zugleich als Beispiel iiir die Komplikation der Bedingungen dienen,
die bei der Entstehung dieser Gattung mythologischer Vorstellungen
zusammenwirken.
Die Drachengestalt ist bekanntlich ein Mischgebilde aus min-
destens zwei, zuweilen aber auch drei und mehr Tierformen, die
in ihr in einer sonst selten wieder erreichten VoUkonmienheit zu
einer organischen Einheit verbunden sind. Den Rumpf bildet die
gewundene Schlange, deren Haut aber in ihren stacheligen Schuppen
an den Panzer des Krokodils oder Alligators erinnert. Auch Kopf
und Gebiß sind zum Teil diesen Riesentieren nachgebildet, während
die spitze, geringelte Zunge wieder der Schlange entnommen ist, da-
gegen die Zehen und Krallen an den Raubvogel, der lange Schweif
und die zuweilen vorkommenden Homer an die eines großen Zwei-
hufers gemahnen. Dazu kommen als weitere, nicht regelmäßige, jedoch
häufige Attribute, ein feuersprühender Rachen, mehrere Köpfe und
zuweilen gewaltige aus dem Rumpf hervorwachsende Flügel. Das
Das mythologische Tiermärchen. ij^
ist die typische Gestalt des Drachen, wie sie, mit geringen haupt-
sächlich zwischen den Grundgestalten der Schlange und des Kroko-
dils sich bewegenden Variationen, in der Alten Welt von dina und
Japan an bis in den hohen Norden überall wiederkehrt, und wie sie
in der Neuen Welt und im Süden des afrikanischen Kontinents
wenigstens in der verwandten Form einer fabelhaften Riesenschlange
verbreitet ist Gerade diese einfacheren, noch enger an eine wirk-
liche Tiergestalt sich anschließenden Märchenwesen bei Naturvölkern
zeigen aber deutlich, wie sich bei der Ausbildung der spezifischen
Drachengestalt allgemeine psychologisdie Motive mit historischen
Bedingungen verbunden haben, um der Form in dieser besonderen
Eigenart bei den Kulturvölkern die Vorherrschaft über die andern,
ähnlichen furchterregenden dämonischen Wesen zu sichern. Weist
die Eigenart dieses Gebildes auf eine singfuläre Entstehung und auf
geschichtliche Wanderungen hin, so würde anderseits die weite
Verbreitung schwerlich möglich gewesen sein, wären nicht gewisse
überall selbständig wiederkehrende psychologische Motive, die in
der gleichen Richtung liegen, zu Hilfe gekommen. Dadurch ge-
hört der Typus des Drachen zu jenen mythologischen Vorstellungen,
die weder ausschließlich von einem bestimmten geschichtlichen Ur-
sprungspunkt ausgegangene, noch auch überall unabhängig aus den
gleichen psychischen Motiven entstandene Bildungen, sondern eben
beides zugleich sind: mythische Gebilde aus allgemeingültigen Motiven,
aber in der Eigenart ihrer Entwicklung doch zugleich innerhalb der
Kulturwelt durch singulare geschichtliche Einflüsse bedinget.
Unter den allgemeinen psychologischen Motiven stehen hier vor
allem zwei im Vordergrund, die auf diese typische Verkörperung
des Furchtbaren hindrängen. Das eine lieget in der schrecken-
erregenden Wirkung der das gewöhnliche Maß weit überschreitenden
Größe einer Tier- oder Menschengestalt überhaupt, die durch die
monströse, aus verschiedenen Formen gemischte Bildung gesteigert
wird. Das »Ungeheuer« in dieser allgemeinsten Bedeutung des
Wortes spielt schon im frühen Mythenmärchen, besonders im Glücks-
märchen als Verkörperung der Gefahren, die den abenteuernden
Helden bedrohen, eine hervorragende Rolle. In der Gestalt des
Riesen wird das Ungeheuer mit Vorliebe in menschlicher Form ge-
dacht. Der riesenhafte Kannibale, der Menschen, Viehherden und ganze
1^4 ^*' Naturmythus.
Dörfer verschlingt, ist so der verbreitetste Repräsentant des Ungeheuer-
typus bei den Naturvölkern, der sich dann zum Teil noch weit in die
Sage und in das spätere Märchen erstreckt (S. 5 4 f., 90 ff., 104 f.). Das
zweite Motiv entspringt aus dem Eindruck der Schlange mit dem ihr
eigenen Charakter des Unheimlichen und Dämonischen. Aus den
Affekten, die an die Auffassung dieser Tiere bald als schützender
Ahnen- oder Hausgeister, bald als furchtbarer dämonischer Wesen
geknüpft sind, entspringt ein Schwanken der Gemütslage, wie es dem
Gebiet des Dämonischen überall eigen ist, und wie es besonders bei
der Schlange durch die Bewegungsweise und den versteckten Aufent-
haltsort des Tieres den Übergang der Seele in den furchterregenden
Dämon begünstigt (vgl. Teil II, S. 61 f.). In der Riesenschlange ver-
binden sich nun diese beiden Eigenschaften des gewaltigen Unge-
heuers und des dämonischen Tieres zu einem Ganzen, das die wesent-
lichsten Eigenschaften des Drachen bereits an sich trägt. Indem
vollends die Riesenschlange in der mythologischen Vorstellung zu
einem nie gesehenen, der Vorzeit angehörenden Wesen wird, kann
sie sich, wie dies bei den australischen Waramunga geschieht, zum
Gegenstand eines Zeremonienkultus erheben, bei dem die Furcht
vor der dämonischen Macht der gewöhnlichen Schlange durch diese
mythologische Vergrößerung ins Ungeheure sichtlich gesteigert ist ').
Weiter ausgebildet findet sich dann dieselbe Vorstellungsreihe in
Amerika, wo die Schlange als Kult- und Zaubertier überhaupt wohl
die ausgedehnteste Bedeutimg gewonnen hat. So sind nach dem
Mythus der Cherokesen die Schlangen die Herrscher über alle andern
Tiere und sogar über die Pflanzen, eine Vorstellung, die möglicher-
weise durch das beiden zuweilen gemeinsame Merkmal des Giftigen
veranlaßt sein mag. Als der Häuptling des Stammes aller Schlangen
gilt aber eine riesige Klapperschlange, die dereinst — vielleicht eine
dunkle Erinnerung an die Seele in Schlangengestalt — ein Mensch
gewesen sein soll, und die als Zeichen ihrer Macht Hörner am Kopfe,
einen strahlenden Diamantj^g^ der Stirn und glänzende Schuppen
am übrigi^^^Ba* trag^^^^^^ — bereits ein deutliches Hinüber-
spiekii j^^l^^^fung^^^^^^Kte, wie sie sich in der historischen
Drache^^L^Hi^^'i^^^^^^l Schon die Ausstattung dieses
Tdbes of Cenlml Anstralia, p. 227 ff.
okccs, Ktlin. Eep. ^X, 1900, p. 256 ff.
Das BjtfMlogiselie Tiennlrdieii. i-c
Schlangenkönigs mit strahlenden Attributen, mit der wohl audi die
Vorstellung zusammenhangt, daß sein Anblick todbringend sei, weist
jedoch außerdem auf die Assimilation anderer Vorstellui^ren hin,
die in das. Gebiet des Himmelsmarchens hineinreichen. In der Tat
erzählt ein Märdien der Cherokesen, die Tochter der Sonne habe
dereinst einmal durch ihre Strahlen ein Fieber erzeugt, an dem \iele
Menschen starben. Da sei die gehörnte Riesenschlange zum Himmel
gesandt worden; sie habe die Tochter der Sonne getötet, und das
Fieber sei verschwunden'). Wie hier die Riesenschlange das leuch-
tende Himmel^estim tötet, so assoziiert sich nun auch umgekehrt
die Vorstellung einer feurigen Riesenschlange mit andern Himmelf»-
erscheinungen, wie mit dem Blitz und dem Regenbogen, und damit
treten dann wohl noch jene weiteren Mythen in Beziehui^,
nach denen beim Sonnenuntergang und bei den Verfinsterungen der
großen Gestirne diese von einem dunkeln Dämon verschlungen
werden, während das Feuer der verschwindenden Sonne zugleich als
der feurige Rachen des verschlingenden Ui^feheuers appendpiert
wird. Von hier aus li^ eine weitere Verbindung nahe, wie sie
unter den Kulturvölkern der Alten Welt die Chinesen in ihren
übrigens den sonst verbreiteten Formen verwandten Drachenunge-
heuern zum Ausdruck gebracht haben: das ist die Verbindung mit
dem Bilde eines riesigen, aus seinen Augen Blitze schleudernden^
mit seinen gewaltigen Schwingen den Donner erzeugenden Raub-
vogels*). So wahrscheinlich es hiemach aber ist, daß der spätere
Drachentypus seine Eigenschaft Feuer zu speien und seine Vogelattri-
bute zum Teil diesen himmlischen Projektionen irdischer Schlangen-
und Vogelgestalten verdankt, so bleibt das doch immer ein neben-
sächlicher Zug. Der eigentliche Vorfahre des Drachens, namentlich
seiner die abendländische Kulturwelt beherrschenden Form ist un-
verkennbar die irdische Riesenschlange, deren Bild dann, außer in
Himmelserscheinungen, auch in andere irdische Naturerscheinungen
hinüberwandem oder mit andern Riesentieren von ähnlichen furcht-
') Mooney, a. a. O. p. 252 ff.
*) Über den Blitz als Schlange bei den Algonkins u. a. vgl. Brinton, The Myths
of the New World^j'igos, p. 134 ff. Über den Regenbogen als Schlange bei den
Aostraliem in Queensland Howitt, The native Tribes etc. p. 434, bei den Cherokesen
Mooney a. a. O., p. 408. Über das Verschlingrungsmotiv überhaupt vgl. unten 6, e.
iy6 I^cf Natnrmytiias.
errufenden Eigenschaften in Konkurrenz treten konnte. In der Tat
ist es allem Anscheine nach eine Mischung dieser beiden Bedin-
gungen, die schließlich der zur Vorherrschaft gelangten Drachengestalt
ihren Ursprung gegeben hat.
Im Vordergrunde steht hier zunächst die Aufiiahme des Bildes
der Schlange in den Kreis der kosmogonischen Mythen, wie sie uns
am ausgeprägtesten in der babylonischen Schöpfungssage des Epos
Enuma elisch begegnet*). Der Vorstellung der Urmutter Tihamat,
die sich mit Schlangen, Molchen, Hunden, Skorpionen und anderen
schrecklichen Tieren umgibt, spiegelt unverkennbar das Bild der
am fernen Horizont die Küste begrenzenden Meerflut; und der Gott
Marduk, der auf den Leib der Tihamat tritt und diesen in die zwei
Teile spaltet, aus deren einem der Himmel und aus deren anderem
die Erde wird, ist das deutliche Bild des durch den kosmogonischen
Maßstab ins Übergewaltige vei^ößerten Drachentöters. Jene Welt-
schlange selbst ist aber wohl zu einem Vorbild des furchtbaren Meer-
ungeheuers geworden, das bei den orientalischen Völkern in einen
G^ensatz zu dem Fisch tritt, der als ein dem Menschen wohl-
gesinntes, ihn aus der Gefahr der stürmischen Seeflut rettendes Wesen
erscheint. So ist in China und Japan der Fisch das verbreitete
Symbol der Erlösung aus Not und Schuld. In der indischen Flut-
sage ist es der Gott selbst, der in Fischgestalt die Arche lenkt;
und wenn in Griechenland der Delphin die ähnliche Rolle des
Retters übernimmt, so ist es wohl das mit dem Seetier überhaupt
sich verbindende Bild der sicheren Bewegung durch die den Menschen
gefährdende Meerflut, das diese Vorstellungen en^eckte, ein Bild,
das ja auch in dem christlichen Fischsymbol lange nachgewirkt und
hier, nachdem seine ostasiatische Heimat längst vergessen war, die
merkwürdigsten Deutungen gefunden hat (vgl. unten 6 c). Freilich
können die Riesen unter den Fischen oder fischartigen Tieren, der
Walfisch, der Haifisch, wohl auch als Seeungeheuer gedacht werden.
Bei der Schlange mag aber gerade der mythische Charakter eines
solchen in der Tiefe des Meeres verborgenen Fabelwesens diesen
Eindruck des Furchtbaren begünstigt haben. Dabei hat mm die
') Vgl. die Obersieht seines Inhalts nnd die Hanptstellen bei O. Weber, Die
Literatur der B- mcr, -^ "
Das mythologische Tiermfirchen. I*?^
Riesenschlange in der orientalischen Mythen- und Märchenwelt frühe
schon in dem Krokodil einen Konkurrenten gefunden. Während die
Meeresschlange vor allem in Babylon ihre mythische Heimat hat, wird
das Riesenkrokodil seit alter Zeit in Ägypten gleichzeitig als heiliges
Tier verehrt und als Zauberwesen gefürchtet. So begegnet uns denn
in den biblischen Anspielungen auf uralte mesopotamische Mythen-
märchen, im Buche Hiob, im Psalm, in einzelnen Versen des Propheten
Jesaja eine Mehrheit solcher Ungeheuer unter den Namen Leviathan,
Behemoth, Rahab, wobei es freilich bei der gegebenen Schilderung
einigermaßen unsicher bleibt, welche der beiden Tiergestalten, Schlange
oder Krokodil, oder vielleicht neben beiden auch das Nilpferd, als
Vorbilder gedient haben (Hiob 26, 40 — 41, Psahn 74, 89, Jes. 27, 51) ').
Wie es sich aber auch mit der Verteilung der Rollen zwischen diesen
schon in ihren Namen auf eine Mehrheit solcher Fabelwesen hin-
weisenden Vorbildern verhalten möge, die zwei Tatsachen scheinen
sicher, daß einerseits eine Verschmelzung der Eigenschaften ver-
schiedener Tiere hier bereits eingeg^iTen hat, und daß anderseits
unter den wirklichen Vorbildern die Riesenschlange und das Riesen-
krokodil im Vordei^rrund stehen. So entspricht die Mischform des
Drachen, die in jenen biblischen Anspielungen noch zwischen den
verschiedenen Urtypen schwankt, genau den zwei großen Kultur-
völkern, die auf die vorderasiatische Welt den entscheidenden Ein-
fluß geübt haben: Babylon und Ägypten. Aber lange noch hat in
der Konkurrenz der diesen Gebieten angehörenden Riesentiere die
Schlange den Vorrang behauptet. Vor allem da, wo Sümpfe und
Wassertiefen dem Ungeheuer als Wohnstätten angewiesen werden,
bleibt der Schlangentypus der vorherrschende, während die aus
Schlange und Eidechse gemischte Form mehr an den Aufenthalt in
Höhlen und Erdschluchten gebunden ist. Darum kehrt die Vor-
stellung von der Riesenschlange der Urzeit auch anden^ärts besonders
in kosmogonischen M>'then wieder, vermöge der Bedeutung, die
in ihnen der Wassertiefe zukommt: so in der Midgardschlange,
die nach der nordischen Sage das ganze Erdenrund tmispannt
Daneben drängt sich aber auch überall da die Schlange in den
Vordergrund, wo das Ungeheuer als eine Verkörperung der Bos-
* H. Gunkel. Schöpfung and Chaos in Urzeit nnd Endzeit. 1895. ^- ^9^-
Wandt. V : Ikcrpsychologic D, 3. 12
1^3 ^^^ Natarxnythns.
heit gedacht ist, eine Vorstellung, die sichtlich durch die un-
heimlich schleichende Bewegung des Tieres und das tötliche Gift
ihres Bisses unterstützt wird. So bilden nach dem Avesta und im
Bundehesh Schlangen, Kröten und Skorpionen das Gefolge Ahrimans,
des bösen Weltschöpfers, Vorstellungen, mit denen die Verkörperung
Satans in der biblischen Paradiesesschlange entweder von Anfang an im
Zusammenhang steht, oder mit denen sie sich jedenfalls in der von
dem eranischen Mythus in weiter Ausdehnung beeinflußten christ-
lichen und mohammedanischen Mythen- und Märchendichtung vielfach
verbunden hat. Doch der Charakter dieser in der äußeren Gestalt
des Ungeheuers sich ausprägenden Bosheit ist nun selbst dem Wandel
unterworfen. Bei den früheren Formen, wie sie uns in den Vor-
fahren des Drachen bei den Naturvölkern begegnen, ist das Unge-
heuer lediglich der zum Objekt gewordene Schrecken selbst Für
den Märchenhelden ist es böse, weil es ihm nach dem Leben trachtet.
Über diese naiv egoistische Stufe erhebt sich erst der Sagenheld.
Er sucht Ungeheuer auf, um, wie Perseus oder Herakles, ein unschul-
diges Opfer zu retten, oder um die Welt von den Schrecken zu er-
lösen, die es verbreitet. In dieser Folge der Kampfmotive gehören
die des großen kosmogonischen Kampfes der Lichtgötter gegen die
Ungeheuer der Finsternis ihrem allgemeinen Charakter nach der letzten
Stufe der Mythenbildung an. Bezeichnend bleibt es aber für die
Gleichförmigkeit der Mittel, über die in allen diesen Fällen der
Mythus verfugt, daß das Tierungeheuer, nachdem es einmal in dem
Drachentypus seine endgültige Gestaltung gefunden, weiterhin von
der ethischen Entwicklung, die den Motiven des Drachenkampfes eigen
ist, unberührt bleibt.
Unter den Stufen dieser Entwicklung drängt sich nun besonders
eine in den Vordergrund, die, der Grenze zwischen Mythenmärchen
und Sage angehörend, deutlich die allgemeinen Bedingungen erkennen
läßt, aus denen die Motive des Drachenkampfes hervorgehen. Nach-
dem es sich nämlich in den roheren Anfangen dieser Kampfesmythen
nur um das Leben selbst gehandelt hatte, beginnen mehr und mehr
der Held und das Ungeheuer um den Besitz eines äußeren Gutes
zu kämpfen. Dieses Gut ist ein Schatz aus Gold und Edelsteinen,
den der Drache hütet, und den der Held durch Erlegung des
Ungeheuers zu erringen trachtet. Darum liegt jetzt der Drache
Das mythologische Hermirchen. lyn
fest in seiner Erdhöhle, in der der Schatz vergraben ist, oder er
bewacht die Bäume, die die goldnen Früchte tragen. Auch über-
fallt er nicht unvermutet die ihm B^egnenden, sondern der Held
sucht das Ungeheuer auf, um ihm den Schatz zu entreißen.
So wehrt ein furchtbarer Drache den Zugang zu dem Garten der
Hesperiden, so schützt der Drache Fafner den Hort der Nibelunge.
Auch die biblische Paradiesesschlai^e ist möglicherweise, als sich die
Sage vom Lebensbaum in den Baum der Erkenntnis des Guten und
Bösen umgewandelt hatte, aus dem Wächter des Gartens zu dem Ver-
führer geworden, in welchem nun die Schlangen- mit der Satansgestalt
verschmolz. Dieser Kampf des Helden mit dem Drachen, der einen
Schatz hütet, weist aber unmittelbar auf das Glücksmärchen in der
spezifischen Form hin, die es unter dem Einfluß der Edelmetalle und
Edelsteine gewonnen hat (vgl oben S. 109 f.). Von hier aus überträgt
sich dann der Ruhm des Drachentöters vom Märchenhelden auf den
Sagenhelden, und es beginnen nun auch die dem Glücksmärchen
ebenen Zaubervorstellungen in einer diesem Zaubertier angepaßten
Form auf den Drachen überzugehen: sein Blut macht unverwundbar,
es verleiht dem, der es trinkt, die Gabe, die Sprache der Tiere zu ver-
stehen. Die Furchtbarkeit des Ungeheuers selbst wird zauberhaft ge-
steigert, indem jedem abgeschlagenen Kopf neue Köpfe nachwachsen,
wie bei der Lemäischen Hydra, oder indem die gewaltigen Zähne des
Ungeheuers, nach rückwärts geworfen, durch die Hinzimahme des all-
gemein an solchen Wurf ins Blinde gebundenen Zaubers furchtbare
gewaflfnete Streiter erstehen lassen, wie in den Drachenmythen von
Kadmos und Jason (siehe oben S. 92). Auf solche Weise läßt die
Besiegrung des Drachen den Sieger selbst dessen Zauberkraft gewinnen,
und je furchtbarer der Drache durch die Ausstattung mit jenen Eigen-
schaften erscheint, in um so hellerem Lichte strahlt die Macht und
der Ruhm des sieghaften Helden. Darum gewinnt die Drachengestalt
ihre abschreckendsten Züge in der Heldensage, und sie wächst sich
zur gewaltigsten Größe aus in der Göttersage, wo sie dann freilich
in dem Streben, den Göttern ebenbürtige Gegner hervorzubringen,
wieder an dem Polymorphismus der Göttergestalten teilnimmt.
Vielleicht unter der Nachwirkung der Vorstellungen solcher Götter-
kämpfe und in der christlichen Welt unter der besonderen Wirkung,
die die AfiRnität der Teufels- zur Drachengestalt ausübte, hat sich
igO ^^^ Naturmythas.
endlich das Ungeheuer in eine Verkörperung des Bösen überhaupt
umgewandelt. Damit ging dann auch der Drachenkampf vom welt-
lichen Helden auf den Glaubensstreiter über. Es ist die letzte Wen-
dung, die das Motiv dieses Kampfes erfuhr. Sie steht imter dem
doppelten Einfluß der Verbindung der Drachen- mit der Teufelsvor-
stellung und der im Gefolge der Kriege gegen die Ungläubigen ent-
standenen Gestalt des christlichen Kämpfers, der Held und Heiliger
zugleich ist. So entstanden die Typen des heiligen Georg, des heiligen
Michael, des heiligen Longinus u. a. Die Drachen, die sie bekämpfen,
sind samt und sonders Verkörperungen des Satans. Der Drachen-
kampf bedeutet jetzt den Sieg über den Teufel und seine Höllen-
genossen. Daneben bewahren aber doch auch noch in Märchen und
Sage die alten Bedeutungen ihre Lebenskraft. Vor allem das Märchen
hat dabei gegenüber dem Drachen, diesem Inbegriff der Furchtbar-
keit und Bosheit, auch die Unschuld bewahrt, mit der es das Furcht-
bare mildert und die Bosheit gelegentlich in Harmlosigkeit umwandelt.
Wie es aus den Riesen und Trollen zuweilen gutmütige Gesellen und
aus den tückischen Kobolden hilfreiche Spukgeister macht, so werden
in der neugriechischen Variante unseres Schneewittchenmärchens
sogar die sieben g^uten Zwerge durch vierzig Drachen ersetzt, die das
arme Schneewittchen schützen (Grimm, Nr. 53; von Hahn, Nr. 103).
Das konnte freilich nur unter dem mitwirkenden Einfluß der großen
Verbreitimg geschehen, die gerade im griechischen Märchen die
Drachengestalt gefunden, und die diesen Bedeutungswandel des
Furchtbaren in das Barocke, aber Harmlose möglich macht, nach der
allgemeinen Regel, daß das Furchtbare aufhört furchtbar zu sein,
sobald es zur Gewohnheit geworden ist.
m. Untergang des mythologischen Tiermärchens. Sein Übergang
in die Fabel.
Mit den äußeren Umwandlungen des Tiermärchens, die wir bis
dahin verfolgt haben, geht eine innere, verborgenere Umbildung, die
aber doch an mancherlei Symptomen erkennbar ist, Hand in Hand:
das geglaubte Mythenmärchen geht mehr und mehr in eine poetische
Erzählung über, die von vornherein als Erfindung gilt, und die damit
zugleich den spezifischen Zwecken dienstbar wird, die sich mit der
ästhetischen Wirkung einer solchen naiven Erzählung verbinden können.
Das mythologische Tiermttrchen. l3x
Alle diese Ausläufer des animalischen Mythenmärchens tragen den
Namen der Tierfabel, die wieder die älteste Gattung der Fabd
überhaupt ist. Die frühe Ausbildung, die sie als kunstmäOige Form
vor allem in Griechenland gefunden, und die sie nahe an die Ent-
stehungszeit des Epos heranrückt, hat bei ihr jene natürlichen Quellen
der Volksüberlieferung vergessen lassen, die bei dem Epos in der
neben ihm fortbestehenden Volkssage noch offen zu Tage liegen.
Denn der Überlieferung des Volksmärchens war längst schon der
Glaube an seine Wirklichkeit abhanden gekommen, den sich die Volks-
sage fortan bewahrte. Um dem der poetischen Umbildung voran-
gehenden Ursprung des Märchens und vor allem auch seiner nach
Ausdehnung wie Bedeutung wichtigsten Form, des Tiermärchens, auf
die Spur zu kommen, muß man daher notwendig über die Märchen-
überliefenmg der Kulturvölker zurückgehen zu jener Stufe, wo das
Märchen noch in der mythologischen Gesamtanschauung, von der
es getragen ist, als geglaubte Wirklichkeit gilt. Auf dieser Stufe ist
aber das Märchen ohne allen Zweifel ebensogut Mythus wie die Sage,
und es ist zugleich dessen primitivere Form. So bilden denn das
mythologische Tiermärchen und die poetische Fabel die beiden
Endstationen einer Entwicklung, zwischen denen an sich kaum ein
kürzerer Weg liegt als zwischen der Volkssage und dem kunstmäOigen
Epos, nur daß dieser Weg in frühere Zeiten zurückreicht und sich
darum nicht der direkten geschichtlichen Nachweisung, sondern erst
der psychologischen Betrachtung erschließt.
Diese Betrachtung hat uns nun gezeigt, daß das Tiermärchen
genau so lange die Form bleibt, in der die von Mund zu Munde
gehende Volkserzählung die mythologische Anschauung widerspiegelt,
als die Vorstellungen über Tierahnen und Schutztiere, über Tier-
verträge und Sühnopfer für erworbenes Jagdrecht noch in wirklicher
Geltung stehen, imd als im allgemeinen die Tierverwandlung des
Menschen noch nicht als ein Übel, die Rückverwandlung als eine
Elrlösung aufgefaßt wird. Demzufolge gehören nun aber auch alle jene
Stadien, wo solche Verwandlungen zunächst in der Form des Bos-
heitszaubers und seiner rächenden Vergeltung und endlich gar der
Strafe für begangene Schuld auftreten, bereits einer Bewegung an,
die mehr und mehr aus dem Gebiet des Mythus in das der reinen
Dichtung überführt. Erst in dem Seelenwanderungsglauben erfahrt
l82 Der Naturmythus.
diese Bewegung wieder eine Rücklenkung gegen ihren Ausgangs-
punkt Aber dies geschieht im Gefolge starker philosophisch-reli-
giöser Einwirkungen, bei denen die ursprünglich hier fem liegenden
Vorstellungen von der Psyche und ihren Schicksalen eine entschei-
dende Rolle spielen.
Mit dem Übergang des mythologischen Tiermärchens in die poe-
tische Fabel verschwinden jedoch keineswegs die Motive, aus denen
einst das erstere hervorgegangen ist. Die Lust am Abenteuer als
solche wirkt freilich, weil in ihr ursprünglich schon der Mensch selbst
als handelnde Person in den Vorderg^rund tritt, mehr in den novel-
listischen Weiterbildungen des Glücksmärchens als in der Fabel fort,
wie sie ja von Anfang an außerhalb des Tiermärchens Uegt. Doch
auch die bei den Tierverwandlungen des letzteren wirksamen Trieb-
federn der Rache, der Bosheit und ihrer Vergeltung, endlich der
Strafe erfahren bei ihrer allmählichen Umbiegung in die Tierfabel
nicht an sich, wohl aber in der Art, wie sie zur Darstellung kommen,
eine wichtige Verändenmg. Bei dem Mythenmärchen bleiben sie
der Handlung immanent, der Erzähler und Hörer werden zwar mit
von ihnen ergfriffen, aber es geschieht das nicht anders, als wie
sie auch im wirklichen Leben von den ähnlichen Handlungen be-
rührt werden. Je mehr die märchenhaften Vorstellungen noch als
Wirklichkeit gelten, umsomehr erregen sie daher auch durch dieses
Miterleben die eigenen Affekte. Mit dem Übergang zur poetischen
Erfindung dagegen wird die Erzählung zur beabsichtigten Schildenmg
der Folgen bestimmter Motive und der aus ihnen entspringenden
Handlungen. Damit gewinnt sie mehr und mehr einen lehrhaften
Charakter, und indem der Erzähler diese Lehre andern mitteilt,
herrschen naturgemäß nicht mehr, wie im ursprünglichen Tiermärchen,
geglaubte Motive der Tiere selbst, sondern rein menschliche Motive,
die aber den Tieren untergeschoben werden. Daraus ergeben sich für
diese letzte poetische Umbildung des Tiermärchens zwei Folgen:
erstens werden die Handlungen der Tiere nicht bloß tatsächlich,
sondern absichtlich zu Abbildern menschlichen Tuns; und zweitens
verschwinden die dem mythologischen Tiermärchen eigenen Be-
ziehungen zwischen Mensch und Tier völlig. Damit verschwindet
dann auch der Mensch selbst aus der Handlung, deren lehrhaftes
Wesen eine zureichende Gleichartigkeit der handelnden Personen und
Das mythologische Tiennärchen. igß
daneben eine stark in die Augen fallende Kennzeichnung ihrer ver-
schiedenen Charaktere fordert. Dies geschieht, indem in der Fabel
die Träger der Handlung nur noch dem Tierreich angehören, wobei
sich zugleich in den stark hervortretenden Unterschieden der Tiere
das einfachste und anschaulichste Mittel zur Darstellung bestimmter
Charaktertypen bietet. So kommt es, daß die Fabel äußerlich zur
reinen Tierhandlung wird, während sie doch innerlich durchaus die
Bedeutung einer Schilderung menschlichen Tuns und seiner Folgen
gewinnt Hierin liegt von vornherein eine auf das Moralische zu-
steuernde Tendenz, die sich denn auch aus den anfanglich noch in
das mythologische Tiermärchen hereinreichenden sonstigen Motiven
immer entschiedener herausarbeitet. Daraus entspringt dann end-
lich jene der lehrhaften Tendenz der Fabel anhaftende verstandes-
mäßige Nüchternheit, die zu der Phantastik der Urform, aus der sie
sich entwickelt, dem mythologischen Tiermärchen, im stärksten
Kontraste steht.
Hier ist nun der Punkt, wo die früher (s. Teill, S. 3 52 ff., 2, Aufl.
373 ff.) bei den Formen erzählender Dichtung geschilderte > biologische
Fabel« die Brücke bildet, die von dem Mythenmärchen zur Tierfabel
hinüberfuhrt. Verfolgt man nämlich diese explikative Fabelgattung
zurück auf ihre ersten Anfange, so bieten sich solche durchgehends
zunächst nur als Nebenepisoden echter Mythenmärchen, die anscheinend
einem augenblicklichen, von dem Eindruck der Gestalt, der Farbe
oder der Zeichnung eines Tieres angeraten Einfall ihre Entstehung
verdanken. Namentlich werden solche Züge nicht selten einem echten
Mythenmärchen als nachträgliche Ergänzungen angefügt, die ohne
Beeinträchtigung des sonstigen Inhalts hinwegbleiben könnten. Ein
einfaches Beispiel bietet hier das früher (Teil I S. 353, 2. Aufl. 374)
erwähnte Bantumärchen von dem Mond und dem Hasen, wo dem
Himmelsmärchen vom Ursprung des Todes das explikative Motiv der
Hasenscharte ganz äußerlich beigefügt ist *). Indem sich dieses Motiv
') Weitere charakteristische Beispiele solcher Übergänge vgl. Dorsey, Pawnee,
p. 497. W. J. Hoffmann, The Menomini Indians, Ethnol. Rep., XIV, p. 229. A. F.
Chamberlain, Journal of Amer. Folklore, IX, 1896, p. 45 nsw. Zahlreiche biologische
Episoden dieser Art finden sich aach in den von Dähnhardt gesammelten Aus-
schmückungen der biblischen Schöpfungs- und Flutsage in der asiatisch-europäischen
Märchentradition. Besonders die Tiere im Kasten Noahs und das beliebt gewordene
ig^ ^c' Naturmytlius.
verselbständigte, hat es dann der mit verstandesmäßiger Reflexion
gepaarten fabulierenden Phantasie jene Fülle einzelner Stoffe geliefert,
die der biologischen Fabel in manchen Gebieten ein überaus reiches
Feld der Erfindung erobert haben. Auf der einen Seite neigt sie
sich so der Scherzfabel zu, auf der andern geht sie allmählich durch
die Verbindung mit Motiven des Glücksmärchens in die moralische
Fabel über. In ihr hat sich jene nach außen gerichtete explikative
Tendenz der biologischen Fabel psychologisch verinnerlicht, damit
aber diese zugleich am meisten ihrem mythologischen Ursprung ent-
fremdet Wie eng hier mit dem Wechsel der Motive ursprüngliche
Verschiedenheiten und durch die Kultur eingetretene Veränderungen
der geistigen Anlage zusammenhängen, das erhellt übrigens deutlich,
wenn man die verhältnismäßig spärlichen und überdies meist noch
mit wirklichen m3^ologischen Zügen vermischten biologischen Fabel-
motive amerikanischer Mythenmärchen mit der ungeheuren Fülle der
reinen biologischen und moralischen Fabeln der Afrikaner, namentlich
der in dieser Richtung besonders begabten Negerstämme, vergleicht,
und wenn man beachtet, wie in diesen Gebieten das Mythenmärchen
überhaupt zurücktritt und insbesondere das mythologische Tiermärchen
fast ganz verschwunden ist. So treffend der Neger in Sprichwort
und Tierfabel einen reichen Schatz von Lebensklugheit niederzulegen
weiß, und so stark bei ihm in Glauben und Kultus uralte Dämonen-
und Zaubervorstellungen fortleben, so arm entwickelt oder, wie wir
vielleicht auch sagen dürfen, so stark zurückgedrängft sind bei ihm
durch die selbst den Zaubei^lauben durchdringende verstandesmäßige
Reflexion jene mythologischen Ausgangsmotive der Tierfabel, die
eben auch hier, nach einem Schicksal, dem die mythologischen Ent-
wicklungen so oft anheimfallen, durch ihre eigenen Produkte vernichtet
werden').
Motiv von dem Eindringen des Teafels in diesen bieten hier naheliegende Assozia-
tionen (Dähnhardt, Natorsagen, I, S. 25 7 ff.). Ebenso haben sich an die Gestalt Salomos,
als des weisen Richters über Tiere und Menschen, die im Orient eine große RoUe
spielt, eine Menge biologischer Märchen nnd Märchenepisoden angeschlossen (ebenda
S. 321 ff.). Da aber hier die biologischen Motive als Ausschmückangen eines von
anßen zugewanderten Sagenstofis auftreten, so ist es bei der weiten Verbreitung dieser
Gattung explikativer Tiermärchen nicht unwahrscheinlich, daß sie aus beliebigen vor-
her vorhandenen Märchen assimiliert worden sind.
') Vgl. als Beispiele biolo|;ischer und itioralisierender afrikanischer Fabeln außer
Die Pflanze im Mythenmärchen. 185
5. Die Pflanze im Mythenmärchen.
a. Die Pflanze als Zanbermittel.
Wie in der Entwicklung der bildenden Kunst das Tier zu den
frühesten Objekten bildlicher Darstellung gehört, dem in sehr viel
späterer Zeit und nicht selten erst durch die Umbildung von Tier-
formen vermittelt die Pflanze nachfolgt, so begegnet uns diese auch
im M3^enmärchen zumeist erst auf der Schwelle einer bereits fort-
geschrittenen Kultur. Sie tritt aber selbst dann noch weit zurück
gegenüber dem Tier, das durch seine mit denen des Menschen über-
einstimmenden Triebe und Handlungen, seine Verwendung als Jagd-
und Nutztier und endlich durch die Gefahr, die von dem Tier der
Wildnis droht, fortan in ungleich höherem Grade die Affekte anregt
und das Interesse fesselt'). So verdankt denn auch die Pflanze ihre
Stellung im Mythus vor allem der ihr zugeschriebenen Zauberwirkung,
die, offenbar aus der Beobachtung der bald giftigen bald günstigen
Wirkungen gewisser Pflanzen auf den Menschen hervorgegangen,
im Märchen durch allen Wandel der Zeiten hindurch an das
Zauber kraut gebunden bleibt, das dann von hier aus in Sage
imd Legende übergeht. Daneben kommt dann auch der an einem
Zauberbaum gewachsenen Zauberfrucht eine größere Bedeutung zu.
Doch für die Zauberzwecke, deren der primitive Medizinmann im
täglichen Leben bedarf, ist das Kraut geeigneter als die Frucht. Teils
entspricht es in der Vielheit seiner Formen und Wirlomgen besser
der Mannigfaltigkeit der Bedürfnisse, teils entzieht es sich leichter
dem Auge, falls die Zauberwirkung unscheinbare Träger verlangt.
Daher denn auch das Zauberkraut von den allverbreiteten Pflanzen-
formen äußerlich nicht verschieden zu sein pflegt, wogegen der
Zauberfrucht auffallende, ihre Wunderkraft kennzeichnende Eigen-
schaften beigelegt werden, wie den goldenen Äpfeln der Hesperiden
oder der nordischen Idun oder den dem Smaragd gleichenden
Früchten der Sykomore im Reich der ägyptischen Nut. Die Früchte
den in Teil I a. a. O. angegebenen Sammlungen besonders noch Jakob Spieth, Die
Ewe-Stämme, I, 1906, S. 572 ff. Ferner L. Reinisch, Texte der Saho-Sprache, 1889,
S. 178 ff. Texte der Bilin-Sprache, 1883, S. 198 ff.
*) Vgl. Teil I, S. 186 ff, 2. Aufl. 206.
l86 I^*' Naturmythus.
des Baums der Erkenntnis in der biblischen Paradiesessage machen
hier allerdings eine scheinbare Ausnahme. Denn hier ist nicht
sowohl an den Genuß der Frucht an sich als an die Nichtachtung
des göttlichen Verbots die nachfolgende Strafe gebunden. Also
nicht weil die Frucht eine Zauberwirkung ausübt, sondern weil
der Baum »tabu«, das heißt ein heiliger Baum ist, wird das Ur-
eltempaar geächtet, ähnlich wie auf den polynesischen Inseln der
Genuß geheiligter Speisen oder der Anblick geheiligter Stätten
dem Übertreter Ausstoßung aus der Gesellschaft zuzog. Der »Baimi
der Erkenntnis« erweckt aber außerdem durch seinen Namen schon
den Verdacht, daß er kein ursprünglicher Besitz der Legende
ist. Möglich, daß er mit dem inmitten des Paradieses stehenden
»Lebensbaum« dereinst zusammenfiel, dessen Früchte den Göttern,
denen sie ewiges Leben spendeten, vorbehalten waren. In dieser
Form würde er sich der weit verbreiteten Vorstellung einfugen, daß
die Götterspeise für den sterblichen Menschen »tabu« sei. Eine
spätere Umbildung, welche auf die schon im Märchen vielbehandelte
Frage nach dem Ursprung des Todes zurückging, mochte dann das
Bedürfnis nach einem Wunderbaum erwecken, der umgekehrt durch
die Nichtachtung des Tabugebots den Tod in die Welt gebracht
habe, und den nun eine stark nach priesterlicher Erfindung aus-
sehende Umdeutung zum Träger einer höheren göttlichen Erkenntnis
machte. So wurden die Früchte des Lebensbaums, deren Genuß
ausschließliches Vorrecht der Götter gewesen, auch dem Paradieses-
menschen zugeteilt, der erst durch die Vertreibung aus dem Paradies
dieser Früchte und damit des ewigen Lebens verlustig ging. An
diese sichtlich schon in der biblischen Sage eingetretenen Um-
wandlungen des ursprünglicheren und einfacheren Mythenmotivs hat
sich schließlich später noch eine Fülle weiterer Legendenbildungen
über den Lebensbaum und seine wunderbare Geschichte angeschlossen,
durch die dieser Mythus zur Wurzel einer vielverzweigten Mythenent-
wicklung geworden ist').
Gegenüber diesen späteren, bereits mit dem kosmogonischen
Mythus zusammenhängenden Baumlegenden reicht nun das Zauber-
') Vgl. über diese A. Wünsche, Die Sagen vom Lebensbaum und Lebenswasser,
1905. (Ex Oriente Lux, herausgeg. von Hugo Winckler, Bd. i, S. 51 ff.)
Die Pflanze im Mythenmftrclien. 187
kraut schon in das frühe Mythenmärchen zurück. Es bildet daher
allem Anscheine nach die ursprünglichste Form, in der die Pflanze
überhaupt in den Mythus eindringt Denn jene Vorstellungen von
heiligen Bäumen, von Lebensbäumen imd Zauberfrüchten gehören,
ebenso wie die nachher zu erörternden Zauberverwandlungen in
Pflanzen einer späteren Stufe an. Die Wunderwirkungen des Zauber-
krautes erfüllen dagegen von früh an ebenso die Märchendichtung,
wie in der Wirklichkeit der » Medizinmann € einen hervorragenden
Einfluß ausübt (vgl. Teil U, S. 103). Allerdings kommt die Gestalt
dieses berufsmäßigen Zauberers nicht allzuoft im Märchen vor. Dazu
gehen ihm zu sehr die sonstigen Eigenschaften, besonders der Ein-
druck des Seltenen und Unheimlichen ab, den hier der Zauber um
so mehr fordert, als seine Wirkungen phantastisch gesteigert sind.
Der gewöhnliche Medizinmann heilt Krankheiten oder sucht sein
Opfer mit solchen heim. Das Zauberkraut des Märchens macht
Menschen unverwundbar, verwandelt sie in Tiere oder Steine oder
erlöst sie aus solchen Verwandlungen. Immerhin spiegelt sich der
Einfluß des primitiven Medizinmanns darin, daß das Zauberkraut
überall nur in den Händen menschlicher Zauberer Verwendung
findet. Der Dämon oder gar der Gott bedarf seiner nicht. Zeus
tötet oder verwandelt ohne weiteres durch einen Machtspruch. Auch
bevorzugt das Märchen von frühe an das Weib, das, wie anderer
Zauberkünste, so der Zauberkräuter und der Bereitung der Zauber-
säfte kundig sein soll. Unverkennbar ist es die frühe Arbeitsteilung
zwischen Mann und Weib, die sich hierin ausspricht. Indem sie dem
Weib die häusliche und heimliche Arbeit zuweist, macht es dieses
auch zu solchen im Verborgenen sich vorbereitenden Künsten ge-
eigneter. Bei dem Manne müssen besondere Bedingungen des Berufs
hinzukommen, wie bei dem Schmied, dessen kunstreiche Arbeit, oder
bei dem Henker, dessen Verkehr mit den Toten den Eindruck des
Unheimlichen fördert.
Nicht bloß die Steigerung der Wirkungen ins Groteske und Über-
menschliche scheidet aber das Zauberkraut im Märchen von den
Kräutern und andern Pflanzenmitteln des wirklichen Lebens, sondern
auch die Unbestimmtheit, die in jenem über der Natur der zauber-
kräftigen Pflanze schwebt. Der Medizinmann ist immerhin nicht bloß
Zauberer, sondern er ist zugleich der primitive Arzt, der von Er-
igg Der Natannythas.
fahnmgen über die Wirkung gewisser Pflanzen geleitet wird, und der
mit Rücksicht darauf je nach Umständen eine Auswahl unter den
Mitteln trifft, die er in seiner Tasche mit sich fuhrt. So hat die
Apotheke des amerikanischen Medizinmannes uns nicht bloß den
ursprünglich als Zaubermittel gebrauchten, aber schon bei den In-
dianern zum Genußmittel entarteten Tabak, sondern auch wertvolle
Droguen, wie die Rinde des Cinchonabaumes und die Jalapewurzel
geschenkt. Dem gegenüber ist dem Märchen und dem sich in
ihm spiegelnden Volksglauben die Natur des Krautes oder Saftes,
denen die Zauberwirkung zukommt, meist gleichgültig. Wenn sich
bei der wirklichen Medizin von früh an und noch bis in eine ver-
hältnismäßig fortgeschrittene Kultur Zauberwirkung und natürliche
Wirkung zu verbinden pflegen, so hat das Märchen mit dem primi-
tiven Aberglauben nur die erstere bewahrt. Eine merkwürdige
Folge davon ist es, daß nicht bloß ein und dasselbe Zauberkraut zu
jedem möglichen Zauber, sondern daß es auch ebenso wieder zur
Entzauberung dienen kann. So verwandelt sich in dem japanischen
Märchen die böse Schwester mit Hilfe desselben Ringelkrautes in
einen Drachen, mit dem sie ihre Eltern und das ganze Dorf in Tiere
umwandelt, und mit dem dann diese wieder durch den heimkehren-
den Bruder entzaubert werden (S. 162). Im deutschen Märchen von
den zwei Brüdern verwandelt die Hexe zuerst den Jäger und seine
Hunde durch die Berührung mit der Zauberrute in Steine, um sie
dann, von dem Bruder des Jägers bezwungen, durch die gleiche
Berührung wieder in ihre ursprüngliche Gestalt zurückzuverwandeln
(Grimm, Nr. 60). Verliert das Märchen diese naivste Form, wie es
bei der Assimilation durch die Heldensage zu geschehen pflegt, so
erwacht dann freilich auch das Bedürfnis einer gewissen Differen-
zierung, die jedoch immer noch unbestimmt genug bleibt. Jetzt gibt
Medea dem Jason eine Salbe, die ihn für die Dauer eines Tages
gegen Feuer und Eisen sichert, den vor dem goldenen Vließ Wache
haltenden Drachen aber versenkt sie durch ein Zauberkraut in Schlaf
(Apollodor I, 9, 23); und Kirke mengt ihren unheimlichen Zaubersaft
mit Honig und Wein, womit sie die Gefährten des Odysseus in
Schweine verwandelt, doch nimmt sie einen andern Saft (q)dp)iaK0v
äXXo), um ihnen durch Bestreichimg mit diesem nicht nur ihre mensch-
liche Gestalt wiederzugeben, sondern sie jünger zu machen, als
Die Pflanze im Mythenmärchen. 189
sie zuvor gewesen (Od. 10, 391 fF). Oder, wie Ovid die Geschichte
variiert: sie berührt, um die durch die erste Berührung mit der Zauber-
rute bewirkte Verzauberung aufzuheben, mit der rückwärts gewende-
ten Rute das Haupt der Verzauberten (Ovid Met. 14, 300). Eine
ähnliche Doppelwirkung kann neben andern Zaubermitteln sogar die
Zauberwaffe ausüben: so heilt der Speer des Achilleus durch seinen
Rost nach dem Spruch des Orakels die Wunde des Telephos, die er
selber geschlagen*).
In der Verwendung der Zauberrute statt des Krautes liegt nun
aber eine weitere Übertragung. Die Zweige, aus denen die Rute
gebunden ist, haben die Beziehung zu einer spezifischen, der medi-
zinischen einigermaßen analogen Wirkung vollends eingebüßt, um
ganz und gar in ein magisches Zaubermittel überzugehen. Die Rute
wirkt nur noch durch eine entweder von dem Zaubernden selbst oder
von einem dämonischen Wesen in sie geleg^te Kraft Darum dient
sie nicht bloß als ein Mittel andere zu verzaubern, sondern, ähnlich
dem Talisman, um dem Zaubernden selbst wunderbare Kräfte zu
verleihen, wie der eine Abart der Zauberrute bildende Besen der
Hexe das Vermögen zum Schornstein hinaus zu fliegen, oder wie
die Wünschehiite durch ihre Bewegungen dem glücklichen Besitzer
anzeigt, wo Schätze oder Wasserquellen verborgen liegen. Unter
diesen abergläubischen Varianten der Zauberrute ist die der Wünschel-
rute die dauerndste geblieben: sie erstreckt sich gelegentiich noch
heute bis in die Kreise der wissenschaftlich Gebildeten').
Eine letzte Metamorphose erfährt endlich die Reihe dieser dem
PHanzenreiche entstammenden Zaubermittel in dem Zauberstab, in
den die Zauberrute von selbst übergeht, wenn das in ihr zur Herr-
schaft gelangte Motiv der magischen Berührung die Erinnerung
an die mitwirkende Zauberkraft der Pflanze zurückgedrängt hut.
Darum kann der Zauberstab am Ende ebensogut aus Metall wie u\iä
Holz bestehen. Auch schließen sich an ihn leicht weitere As»o/.Uw
tionen an. So taucht etwa bei dem Szepter de» Koni(?B dunkel die Vt>r.
Stellung eines Zauberstabs, ebenso wie bei dicHCf« die des HerrRchcrft
über das Reich der Geister im Hintergrund den BewußtsciiiH i^^f^
') Prellen Griech. Mythol. H^, S. 148.
': Vgl. L. Weber, Die Wünschclrnte, 1905.
IQO Der Natunnythas.
Seinem Ursprung aus der Pflanze wird aber der Zauberstab durch
diese Verbindungen um so mehr entfremdet. Er repräsentiert nur
noch die magische Wirkung durch körperliche Berührung, und selbst
diese kann sich endlich zu einer pantomimischen Gebärde verflüch-
tigen: der auf einen fernen Gegenstand hinweisende Stab reicht hin,
um auf jenen den Zauber auszuüben — eine Handlung, die als letzte,
zu einer halbvergessenen Symbolik verflüchtigte Zaubervorstellung,
wieder auf die primitiven Erscheinungen eines direkten Zaubers
zurückweist, bei der etwa der gegen die Hütte des Feindes geschwun-
gene Speer diesen verderben soll (vgl. Teil 11, S. i88 ff.).
b. Die Zauberverwandlang von Menschen in Pflanzen.
Gewinnt die Pflanze als Zaubermittel, wie im Glauben des Natur-
menschen, so im Mythenmärchen, schon in früher Zeit eine zwar im
Vergleich mit, der Bedeutung des Tieres zurücktretende, inmierhin
aber eigenartige Stellung, so verhält sich dies nun wesentlich anders
da, wo sie mit einer der vornehmsten Seiten des Tiermythus in
Konkurrenz tritt: im Gebiet der Zauberverwandlungen. Auf den
frühesten Stufen der Märchenerzählung fehlen die Pflanzenverwand-
lungen des Menschen gänzlich. Denn wenn in vereinzelten Fällen
ein Baum oder Holzblock ähnlich wie irgend ein anderes bewegtes
Objekt als menschenähnlich handelndes Wesen vorkommt, wenn z. B.
in einem Esldmomärchen der Schwiegersohn einer Frau ein Stanmi
von Treibholz ist, der mit den an ihm hervorstehenden Ästen See-
hunde fangt, die er den Seinigen täglich als Nahrung bringt'), so
spielt bei solchen anthropomorphen Apperzeptionen beweglicher
Gegenstände die Pflanzennatur keine Rolle. Auch handelt es sich
meist überhaupt nicht um Verwandlungen, sondern die Gegenstände
sind von Anfang an Menschen in absonderlicher Gestalt. Selbst noch
in dem Märchen der Kulturvölker ist aber die Pflanzenverwandlung
ein seltenes Vorkommnis, und es kann kaum zweifelhaft sein, daß sie
hier erst nach dem Vorbild der Tierverwandlungen eingedrungen ist,
während immer zugleich spezifische, ihrem allgemeinen Charakter nach
an verwickeitere Kulturbedingimgen gebundene seelische Stimmungen
dazu gefuhrt haben, der gewohnten Verwandlung in ein Tier die in
*) Boas, The Central Eskimos, Ethnol. Rep. Washington, VI, p. 621 ff.
Die Pflanze im MythenmärcHen. igi
eine Pflanze oder in eine Frucht zu substituieren. So werden wir es
noch kaum als eine eigentliche Pflanzenverwandlung anzusehen haben,
wenn in der nordischen Riesensage Loki die Idun in eine Nuß ver-
wandelt, um sie als Falke in seinen Klauen dem Riesen, der sie
geraubt, zu entfuhren (Snorra Edda 26, 56). Hier wie in zahlreichen
ähnlichen Märchenstofien ist nicht die Pflanze als solche bedeutsam,
sondern es handelt sich um ein Versteckenspiel, bei dem ein mög-
lichst kleiner Raum als Ort des Verstecks gewählt wird. Als solcher
kann aber ebenso gut eine Nuß wie ein Ei dienen, das noch häufiger
in der gleichen Rolle vorkommt. Auch die Nuß ist in diesem Fall
nicht die Persönlichkeit selbst. Wo diese im ursprünglichen Märchen
empfindend und handelnd gedacht wird, da wird sie, wenn sich dies
mit dem Motiv der Verborgenheit verbindet, zur Ameise, Fliege und
dergl., niemals zur Pflanze oder Frucht. Eme Pflanzenverwandlimg,
die auch in dieser Bewahrung der persönlichen Eigenschaften der
Tierverwandlung gleicht, gehört erst der späteren Märchendichtung an,
und wo sie in die Volkssage zurückreicht, da ist sie ebenfalls wahr-
scheinlich eine relativ spät entstandene dichterische Ausschmückung.
-Selbst in dieser Einschränkung steht sie übrigens noch immer weit
hinter der Tierverwandlung zurück. So finden sich in einer von
dem römischen Schriftsteller Antoninus Liberalis (2. Jahrh. n. Chr.)
angelegten Sammlung von 41 Verwandlungen nach älteren Quellen
nur vier Verwandlungen in Pflanzen, fast alle andern sind Tier-
verwandlungen. Eine besondere Neigung zu ihnen hat unverkennbar
Ovid. Immerhin bleiben sie auch bei ihm Ausnahmen, und es
befinden sich unter ihnen manche, die anderwärts nicht bezeugt,
also möglicherweise freie Erfindungen des Dichters sind'). Die
Geistesrichtung der hellenistischen Zeit, die sich hier in dem römi-
schen Dichter spiegelt, ist auch in dieser Beziehung wohl zum
') Ich erwähne als Pflanzenverwandlungen bei Ovid Met, I, 545 flf. (Daphne in
einen Lorbeer); II, 367 (Die Schwestern des Phaeton in Pappeln); III, 475 ff. (Nar-
zissQS in die Blume gleichen Namens); IV, 234 ff. (Leokothoe in eine Weihrauch-
staude); VIII, 6S5 ff. (Philemon und Bancis in Bäame); IX, 334ff. (Dryope in eine
Lotosstaude) ; X, 196 (Hyanzinthus in die gleichnamige Bltime); X, 480 (Myrrha in
den gleichnamigen Baum). Weiterhin lassen sich noch hierher zählen HI, 113 (Pyramas
und Thisbe, deren Blut der Blüte des Mandelbaoms, unter dem sie sterben, die rote
Farbe verleiht, ein nur bei Ovid vorkommendes Mibrchen), und X, 725 die aus dem
Blut des Adonis hervorsprießende Blume.
ig2 Der Natunnjrthas.
Teil direkt von dem nächst Griechenland wichtigsten Boden der
Kultur dieser Zeit, von Ägypten, beeinflußt. Schon in den altägyp-
tischen Märchenstoflen ist aber mit nüchterner Verständigkeit eine
alle Schranken überfliegende Phantastik gemischt. Als Beispiel der
ersteren vergleiche man die früher erwähnte Erzählung vom Schatz
des Rhampsinit Innerhalb der phantastischen Gruppe bildet aber die
Pflanzen- mit der Tierverwandlung zusammen ein wirksames Mittel zur
Steigerung dis Wunderbaren '). Die hellenistische Zeit scheint dann
anderseits wieder bis zu den heutigen Griechen nachzuwirken. Denn
in keiner der Märchensammlungen der heutigen Kulturvölker flnden
sich wohl so zahlreiche Pflanzenverwandlungen wie in denen der Neu-
griechen "*). Von Wunderbäumen, die Wünsche erfüllen, oder in denen
gute oder böse Geister verborgen sind, oder die plötzlich zu riesen-
hafter Größe emporwachsen, erzählen aber auch indische wie poly-
nesische Märchen'). Der Baum, der zum Himmel wächst, um lebende
Menschen oder auf einer späteren Stufe ihre Seelen zu jenem empor-
zutragen, wird uns als eine schon bei primitiven Völkern verbreitete
Form von Himmelsmärchen unten begegnen (6). Noch in der
mittelalterlichen Sage kehrt im Anschluß an den Baum im Paradies
die gleiche Vorstellung in dem am Ende der Tage zum Himmel
emporwachsenden Wunderbaum wieder^). Hier fließen dann aber
sichtlich die Motive zum Teil mit andern uralten, über die ganze
Erde zerstreuten Kulten zusammen, in denen einzelne Bäume teils
wegen ihrer auffallenden Eigenschaften, teils weil sie als Kultstätten
dienen, die Bedeutung »heiliger Bäume € gewinnen. So gilt bei den
Cherokesen und andern nordamerikanischen Stämmen die Zeder als
ein geheiligter, in Kultliedem angerufener Baum. Auf Raiatea und
') Vgl. bei Masp6ro, Les Contes popalaires de TEgypte ancienne, das Märchen
von den zwei Brüdern, p. 17 ff.
'] Vgl. z. B. J. G. von Hahn, Griechische und albanesische Märchen, I, S. 73,
163 f. (Variante II, S. 214), I, S. 271 (Variante des eben erwähnten altägyptischen
Märchens). Züge neugriechischen Aberglaubens, der sich an einzelne Pflanzen
knüpft and dahin gehörige Märchen, K. Dieterich, Zeitschr. des Vereins für Volks-
kunde, Bd. 15, 1905, S. 390 ff., über deutsche volkstümliche Vorstellungen, die zum
Teil in das Gebiet des Pflanzenmärchens hineinreichen, Franz Sohns, Unsere Pflanzen^,
1904.
^) Märchensammlung des Somadeva, übers, von Brockhaus, II, S. 84 f. W. W.
Gill, Myths and Songs of the South Pacific, 1876, p. 49 ff.
^) Wünsche, Die Sagen vom Lebensbaum, S. 73 ff.
Die Pflanze im MjrthenmXrclien. 103
andern polynesischen Inseln brachte man am Fuße des wunderbaren
Aoabaumes Opfer dar und wagte im Dunkeln nur mit Zittern sich
ihm zu nahen *). Das sind deutliche Hinweise auf die Stellung, die
der Baum in den späteren anthropogonischen und kosmogonischen
Mythen bald als erster Ursprungsort des Menschen, bald als der in
der Tiefe der Erde wurzelnde und mit seiner Krone den Himmel
tragende Weltbaum einnimmt "*). So treffen hier zwei Motive zu-
sammen, um dem Baum seine Bedeutung in den Kosmogonien vieler
Völker zu sichern: das eine, das in die frühesten Anfänge des
Mythenmärchens zurückreicht, entsteht aus jener Vorstellung des
Emporragens zum Himmel, die dann die weitere der Wanderung zu
diesem und der Verbindung zwischen Himmel und Erde hervorbringt;
das zweite, spätere, ist der Baum als Kultstätte. Hier bietet er
sich unter günstigen Naturbedingungen als ein weithin sichtbares
Merkzeichen für den Ort, wo das Opfer dargebracht und die Kult-
handlung abgehalten wird, ähnlich wie in andern Fällen der Opfer-
pfahl oder der Opferstein. Er ist wie diese von dem Gefühl der
Heiligkeit umgeben und vor ihnen durch sein eindrucksvolleres Bild
ausgezeichnet. Doch eben der Zusammenhang mit dem Kult und
mit den kosmogonischen Mythen macht zugleich die Vorstellungen
vom Weltbaum zu verhältnismäßig späten Erzeugnissen der mythen-
bildenden Phantasie. Nicht minder entfernen sie sich aber infolge-
dessen mehr und mehr von jenen Verwandlungsmythen, mit denen
sie nun fast nur noch durch den allgemeinen Charakter des Zauber-
haften in Beziehung stehen. Weit näher bleiben hier manche anthro-
pogonische Mythen dem eigentlichen Mythenmärchen mit seinen
einzelnen Zauberverwandlungen. Dies spricht sich schon darin aus,
daß beide Verwandlungen, die eines Menschen in einen Baum und
die umgekehrte des Baumes in einen Menschen, von denen die letztere
bereits in die anthropogonischen Mythen hinüberreicht, im Wechsel
miteinander auftreten können. Auch ist es in beiden Fällen vorzugs-
') J. Mooney, Myths of Cherokee, Ethnol. Rep., IX, p. 42off. W. Ellis, Poly-
nesian Researches, II, 1829, p. lögfF.
») Vgl. Mannhardt, Der Baumkultus, S. 7 ff-, «ler übrigens in diese Beziehungen
wohl zu sehr die verhältnismäßig späten Vorstellungen von einer Pflanzenseele hinein-
legt. Über den Weltbaum in altorientalischen und abendländischen kosmogonischen
und apokalyptischen Mythen vgl. Wünsche, a. a. O. S. 5 1 ff.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. '3
ig^ Der Naturmythus.
weise der einzeln stehende Baum, wie die Pappel, der Lorbeer, der
mit der Menschengestalt wechselt. Eben deshalb, weil eine solche
Formassoziation und mit ihr die Möglichkeit jenes Wechsels fehlt,
kommt auch offenbar die Verwandlung eines Menschen in eine
Blume nur selten imd erst in den späten dichterischen Umbildungen
des Mythenmärchens vor. Dieses geht hier bereits in die biologische
Pflanzenfabel über, indem besonders die Farbe der Blüte aus dem
Blute des Verwandelten abgeleitet wird, wie denn auch meist nicht
der Mensch selbst, sondern bloß das von ihm vergossene Blut in die
Pflanze übergehen soll.
Mit dieser späten, vorwiegend schon dem Einfluß dichterischer
Fortbildung des Mythenmärchens unterworfenen Verwandlung stehen
nun auch die Motive solcher Metamorphosen wieder in nahem
Zusammenhang. Diese Motive gehören durchweg bereits einer
reifen Kultur an, die in empfindsamen lyrischen Stimmungen und
in einem in den Gefühlen der Wehmut und Entsagung schwel-
genden Naturgefiihl ein Gegengewicht gegen das aufregende Getreibe
des Lebens und seiner Genüsse zu finden strebt. Da ist es die
stille Einsamkeit der Pflanzenwelt, die solchen lyrischen Stimmungen
entgegenkommt So stehen denn unter den Motiven dieser Ver-
wandlungen in erster Linie das Mitleid und das gnädige Erbarmen,,
das die Götter dem Bedrängten oder Leidenden ihren Schutz gewähren
läßt, indem sie ihn der Gefahr oder dem Schmerz durch die Ver-
wandlimg entziehen. So wird Daphne, um dem sie verfolgenden
Liebesgotte zu entgehen, auf ihr Flehen zum Lorbeer. Die drei
Schwestern des Phaeton, untrösüich über den Tod des Bruders,
werden von Zeus in Pappeln verwandelt, aus denen fortan goldene
Tränen fließen. Die in Verzweiflung den Tod ersehnende Myrrha
wird durch der Götter Mitleid zum Baum, aus dem später der Knabe,
den sie im Schöße trägt, geboren wird. Philemon und Baucis werden
gleichzeitig zu Bäumen, weil die Götter von dem Wunsch der Gatten,
keines von ihnen möge das andere überleben, gerührt sind. Selbst
wo die Verwandlung den Charakter einer Strafe annimmt, da ist es
das Mitgefühl mit dem zum Tode Bestimmten oder die Bewunderung
seiner Anmut, was die Götter bewegt, sein Gedächtnis zu bewahren,
indem sie ihn in eine Blume verwandeln: so den Narzissus, der zu
dem eigenen im Fluß geschauten Bild in törichter Liebe entbrennt,
Die Pflanze im M3rtlieimiärchen. ige
oder Dryope, die, weil sie die in einer Lotosstaude lebende Najade
durch Abpflücken der Blume leichtsinnig getötet hat, selbst in eine
Lotos verwandelt wird« Alles das sind Stimmungen, die dem ur-
sprüi^lichen Märchen fremd sind, imd von denen selbst das spätere
volkstümlich gebliebene nichts weiß. Sie sind poetische Umbildungen
der alten Tierverwandlimgen, die mit diesen nichts als die äußere
Analogie gemein haben, und die, so bemerkenswert sie für die
Dichtung der Zeit, der sie angehören, sein mögen, den Bereich des
eigentlichen Mythenmärchens längst überschritten haben.
c. Das VegetationsmärcHen.
Anders verhält es sich mit der dritten und letzten Form, in der
die Pflanze in das Märchen eingeht, und in der sie sogar der Haupt-
träger seiner Handlung zu werden scheint. Sie entsteht da, wo der
erste Ursprung oder das Wachstum der Pflanze selbst das Thema
der Erzählung abgibt. Auch solche »Vegetationsmärchen«, wie
wir nach diesem wesentlichen Inhalt die Gattung nennen können,
gehören freilich ebenfalls einer bereits fortgeschrittenen Stufe der
Mythenentwicklung an. Bei primitiveren Völkern findet sich von
ihnen keine Spur. Wohl begegnet uns hier in manchen Mythen-
märchen die Erinnerung an die Anfange der Kultur des Bodens und
an den ersten Erwerb der Produkte des Ackerbaus: so z. B. bei den
Eingeborenen Nordamerikas an die Gewinnung der Komfrüchte und
an die des als Kult- wie Genußpflanze hochgeschätzten Tabaks.
Aber die Mythenmärchen solcher Art gehören ganz in das Gebiet
der unten zu erörternden »Kulturmärchen«: mit der Vegetation selbst
haben sie nichts zu tun. Denn durchgehends wird hier die Ein-
fuhrung der Früchte und Pflanzen als ein den Urvätern von irgend
welchen Zauberern oder Kulturheroen gemachtes Geschenk erwähnt.
Das Werden und Wachsen der Pflanze selbst kommt dabei in der
Regel nicht in Frage (vergl. unten 7).
Unter den einfachsten Bedingungen begegnet uns dagegen ein
solches Vegetationsmärchen wohl da, wo das üppige Gedeihen der
Nährfrüchte, auch ohne daß ihnen eine besondere Pflege zu teil wird,
das Interesse auf sich lenkt. Kommt dann außerdem, wie in der
polynesischen Inselwelt, die Armut der einheimischen Säugetierfauna
hinzu, so wird es begreiflich, daß, einigermaßen ähnlich, wie der In-
13*
ig6 r)cr Naturmythus.
dianer dem nötigen Vorrat an Jagdwild, so der Bewohner dieser Inseln
dem Gedeihen der Früchte, die seine Hauptnahrung abgeben, sein
Sinnen und Trachten zuwendet. Wie dort die Büffel und Bären, so
werden darum hier der Brodfruchtbaum und die Kokospalme bisweilen*
zu Gegenständen von Mythenmärchen, die sich mit deren Entstehung
und Vermehrung beschäftigen. Trotzdem lassen sich diese beiden
Fälle nicht ganz in Parallele bringen. Erstens spielen die Baum-
märchen in den Traditionen der Polynesier bei weitem nicht die
Rolle, die dem Tiermärchen bei den amerikanischen Jägervölkem zu-
kommt; und zweitens sind diese Vegetationsmärchen höchst einförmiger
Art: es fehlen ganz die reichen Beziehungen, die dort aus den tote-
mistischen Ahnenvorstellungen und aus der unmittelbar sich auf-
drängenden Verwandtschaft von Mensch und Tier hervorgehen. Diese
Vegetationsmärchen besitzen daher, wenn ihnen auch die mythologische
Grundlage nicht fehlt, doch einen wesentlich explikativen Charakter,
dem ähnlich, der in dem rein biologischen Tier- und Pflanzenmärchen
über die Grenze des Mythischen hinausfuhrt, um mehr und mehr zu
einem verstandesmäßigen Spiel auszuarten. Selbst in dieser Beschrän-
kung ist aber das polynesische Baummärchen keineswegs gleich primi-
tiven Rangs wie das aus dem Totemismus hervorgewachsene und
überall noch dessen Spuren zeigende mythologische Tiermärchen,
sondern es trägt das Gepräge der phantasiereichen kosmogonischen
Dichtung, die diese Völker unter dem Einfluß des südlichen Himmels
und der gewaltigen Eindrücke des Meeres entwickelt haben. Dazu
kommt, sicherlich nicht als das Letzte, die hohe Begabung der Rasse,
deren weit ausgedehnte Wanderungen nicht minder wie ihre mannig-
fach variierenden physischen Eigenschaften auf Mischungen eingewan-
derter mit eingeborenen Völkern schließen lassen, während die poly-
nesischen Idiome überdies auf geneologische Beziehungen zur indischen
Halbinsel hinweisen*). Darum ist vor allem die polynesische Rasse,
wie schon W. v. Humboldt auf Grund der Zeugnisse ihrer Sprache
und Dichtung bemerkt hat, keineswegs eine primitive zu nennen,
sondern sie zeigt deutlich die Spuren einer alten, aber durch Wan-
') G. Gcrland, in Waitz-Gerland, Anthropologie der Naturvölker, VI, S. 4iSff.
Gastav Fritsch, Globus, Bd. 21, 1907, S. 8ff. Über die linguistischen Fragen vgl.
P. W. Schmidt, Die Mon-Khmer- Völker ein Bindeglied zwischen Völkern Zentralasiens
und Anstronesiens, 1906.
Die Pflanze im Mythenmarclien. 107
derungen, Mischungen mit Urbevölkerungen und durch die insulare
Lage in Verfall geratenen Kultur.
So bilden denn auch die Pflanzenmythen der Polynesier keine
Ausnahme von der Regel, daß diese Märchengattung überhaupt relativ
späten Ursprungs ist. Dagegen unterscheiden sie sich allerdings darin
von den Pfianzenmärchen der Griechen und Römer, daß sie offenbar
nicht bloß dichterische Übertragungen der Tierverwandlungen sind,
sondern wirklich den Charakter von Mythenmärchen besitzen, die
wahrscheinlich dereinst geglaubt wurden. Wenigstens deutet darauf
die Tatsache hin, daß sich die meisten dieser Märchen auf »heilige
Bäume« beziehen, denen man sich nur mit religiöser Scheu zu nahen
wagte (S. 193).
Die typische Form, in der das Vegetationsmärchen in Polynesien
mehrfach wiederkehrt, ist in der folgenden Tahitischen Erzählung ent-
halten: »Zur Zeit als es noch keine Nährpflanzen gab, sondern die
Leute sich mit roter Erde nährten, sah ein Ehepaar seinen Sohn,
dem diese Speise nicht genügte, täglich mehr abnehmen. Da sprach
der Mann: ,ich will sterben und zur Speise für ihn werden*. Er betete
daher zu den Göttern imd starb. Seine Frau aber pflanzte seinen
Kopf, Herz, Magen und andere Teile an verschiedenen Orten in die
Erde. Nach einiger Zeit hörte sie Blätter, dann Blüten, endlich
Früchte fallen. Da war aus dem Kopf des Gestorbenen der Brot-
fruchtbaum geworden.« Nach andern Erzählungen soll aus den
Nieren die Kastanie, aus den Beinen die Yamswurzel entstanden
sein'). Eine auf den Hervey-Inseln aufgezeichnete Variante dieses
Märchens ersetzt den Menschen durch einen Fisch und verbindet sich
außerdem mit einer Tierverwandlung: »Ein Mädchen badete täglich
in einem Strom, in dem es viele Aale gab. Da verwandelte sich
plötzlich einer von ihnen in einen schönen Jüngling und erklärte ihr
seine Liebe. Er war der Gott der Aale. Täglich, wenn sie kam,
wurde er zum Menschen, und wenn sie fortging wieder zum Fisch.
Eines Tages erklärte er ihr, sie müßten sich nun scheiden: es werde
ein großer Regen kommen, in diesem werde er zu ihrem Hause
schwimmen, dann solle sie ihm den Kopf abschneiden und vergraben.
So geschah es. Aus den beiden Gehirnhälften des Fisches wucKs
") Ellis, Polynesian Researches, I, p. 381 f.
Iq8 Der Natnrmythxis.
aber ein Zwillingsbaum hervor, aus dem die beiden Arten der Kokos-
nuß entstanden. Darum sieht man an jeder Nuß eine Zeichnung der
Augen und des Mundes, und der Kern der Nuß wird das Gehirn
genannt. Auch werden Kokosblätter auf den Fischfang mitgenommen,
und menschliche Köpfe werden bildlich , Kokosnüsse des Gottes
Rongo* genannt. Frauen aber ist es verboten Aale zu essen« *). In
diesem Märchen klingt möglicherweise noch eine versprengte und
dem übrigen Inhalt fremd gewordene Erinnerung an die indische
Flutsage an mit dem wunderbaren Fisch, der die Arche des Urvaters
Manu aus den Fluten rettet. Im übrigen erscheint sie, gleich andern,
ihr ähnlichen polynesischen Baum- und Pflanzenmythen, schon
stark im Übergang vom echten Mythenmärchen zur biologischen
Pflanzenfabel. Auf den Zusammenhang mit deni ersteren deutet noch
der Brauch, Kokosblätter, wie man wohl vermuten darf ab Be-
zauberungsmittel, auf den Fischfang mitzunehmen, vielleicht auch
das Verbot für die Frauen Aale zu essen. Die explikative Tendenz,
die sich in der Vergleichung der Kokosfrucht mit den Teilen des
Kopfes ausspricht, nähert aber das Ganze bereits sehr der biologischen
Fabel, so daß sie wohl schon im Volksglauben mehr der poetischen
Erfindung als dem geglaubten Mythus sich zuneigt. Auch ist
es unverkennbar, daß das Vegetationsmärchen in den durch diese
Erzählungen vertretenen Formen dem Verwandlungsmärchen so nahe
verwandt ist, daß es fast wie eine besondere Spezies desselben er-
scheint. In der Tat konunen gerade auf polynesischem Gebiet da
und dort Verwandlungsmärchen vor, die fast ebenso gut bei. Ovid
stehen könnten — wiederum ein Beweis, daß wir es hier mit
einem ungleich fortgeschritteneren Zustand mythologischer Tradition
als bei den sonstigen sogenannten »Naturvölkern« zu tun haben. So
erzählt ein neuseeländisches Märchen, das sich an die dortige Wander-
sage anschließt, die Tochter eines der Auswanderer aus Hawaii sei
hier zurückgeblieben, weil sie mit einem Häuptling verheiratet war.
»Als sie aber mit ihrem Gatten in Zwist geriet, sandte sie ihre
eigene Tochter mit mehreren ihrer Gefährtinnen den übrigen Aus-
wanderern nach. Sie landeten an der Nordinsel von Neuseeland. Jene
geriet jedoch mit zwei ihrer Gefährtinnen in Streit, und als diese vor
') W. W. Gill, Myths and Songs from thc South Pacific, 1876, p. 77 f.
Die Pflanze im MythenmXrclieii. Iqq
ihr flohen, verwandelte sie die Fliehenden in Ti-Bäume, die, wenn
man sich ihnen in der Ebene zu nahen glaubt, immer femer zu rücken
scheinen« *). Auch dieses Verwandlungsmärchen trägft ganz den
Charakter einer sinnig erfundenen Fabel, die die bekannte perspek-
tivische Täuschung veranschaulicht, daß hohe Bäume aus weiter Feme
zu nahe gesehen werden und sich daher bei der Annäherung des
Beobachters zu entfernen scheinen.
Ein ähnliches Hervorwachsen von Bäumen aus dem Kopf eines
Menschen, wo dieser Kopf selbst die Wurzel des Baumes ist,
kommt vereinzelt auch in den Märchenerzählungen anderer Völker
vor. Doch wird dabei im allgemeinen nicht, wie in Polynesien, von
der ersten Entstehung einer ganzen für den Menschen besonders
wichtigen Pflanzenspezies berichtet, sondem es ist ein einzelner Baum,
dem dieser Ursprung zugeschrieben wird, so daß dadurch der Vor-
gang dem einer Verwandlung noch näher rückt. So findet sich z. B.
in der Tradition der Mayas in Guatemala eine solche Erzählung, die
im übrigen, abgesehen von dieser individuellen Beschränkung, ganz
den Baummythen Polynesiens gleicht. Aber die nahe Beziehimg zu
einer bloßen Metamorphose tritt hier darin hervor, daß neben ihr
eine der raffiniertesten Verwandlungen steht: die in eine Baumblüte,
in die das Herz des Helden übergeht "*).
Damit sind wir schließlich einer Form nahe gekommen, in der
uns weitverbreitet auch in der Alten Welt ein letzter Anklang an
den anthropogonen Ursprung gewisser Pflanzen begegnet. Er be-
steht in dem Übergang eines einzelnen Körperteils in einen
Pflanzenteil, in ein Blatt, eine Blüte oder eine Frucht. Auf die wahr-
scheinliche JBeziehung der Niere zur Frucht der Bohne, die hierher
gehört, ist früher schon hingewiesen worden -(Teil II, S. 12). Vor
allem ist es aber das Herz, das, ein Seelenträger wie die Niere,
nur diese in der Herrschaft über die Seelenvorstellungen lang
überdauernd , der am häufigsten eine solche Verwandlung erleidende
Seelenteü ist. Hier ist es die Vorstellung von dem > wandernden
Herzen«, die unter dem gleichzeitigen Eindruck der leicht wahraehm-
') G. Grey, Polynesian Mythology and ancient traditional History of the New
Zealand Race, 1885, p. 102 f.
') Brasseur de Bourboar, Popol Vuh, Le livre sacr^ et les mythes de l'antiquit^
am^ricaine avec les livres hdroiques et historiques des Quich^es, 1861,'p. 92f., I39ff.
200 ^c' Natonnythus.
baren Herzbew^^ungen und gewisser, der Herzform ähnlicher Tiere
in dem konservativen Totenkultus der Ägypter inmitten einer hoch
entwickelten Kultur lange erhalten geblieben ist (Teil II , S. 208 f.).
Begreiflich daher, daß auch in dem Märchenschatz der Ägypter das
wandernde Herz nicht fehlt. So erzählt eines dieser Märchen von
zwei Brüdern, von denen der jüngere auszog und nach mannigfachen
Abenteuern in das zauberhafte »Tal der Akazien« gelangte. Dort
wurde sein Herz aus seinem Leibe genommen und in eine Akazien-
blüte verwandelt. Das hinderte ihn aber nicht weiterzuleben, bis
eines Tages die Akazie gefallt wurde. Im gleichen Augenblick sank
er tot nieder. Drei Jahre sucht mm der ältere Bruder das verloren
gegangene Herz vergebens. Endlich im vierten findet er am Fuß
der Akazie ein Samenkorn, in dem er das Herz des Bruders erkennt
Er legt es in frisches Wasser, und während es in diesem anschwillt,
schlägt der Bruder die Augen auf und wird wieder lebendig. Das
Herz gibt ihm der ältere dann zu trinken, und so wandert es an
die ihm gebührende Stelle im Körper zurück *). Diese Vorstellung
von dem imabhängfigen Fortleben des Herzens außerhalb des Körpers
und dem an seine Erhaltung gebundenen Leben dieses Körpers, die
einigermaßen an die »Buschseele« mancher Naturvölker (Teil 11, S. 245}
erinnert, findet sich übrigens auch unabhängig von irgend welchen
Pflanzenverwandlungen. So erzählt ein samojedisches Märchen von
sieben Brüdern, die des abends, ehe sie schlafen gingen, ihre Herzen
aus der Brust nahmen und sie auf die Zeltstangen legten, um sie am
nächsten Morgen wieder zu sich zu nehmen. Eines Tages aber nahm
ein anderer Samojede, um sich fiir den von den Brüdern begangenen
Mord seiner Mutter zu rächen, die sieben Herzen hinweg« Am näch-
sten Morgen kommt er dann wieder und wirft die Herzen der sechs
jüngeren Brüder auf den Boden, worauf sie sofort sterben. Das Herz
des ältesten behält er zurück imd verspricht es ihm wiederzugeben,
wenn er die Mutter wieder zum Leben erwecke. Der tut es, indem
er ihren in einem Beutel verschlossenen Geist über ihre Gebeine
wehen läßt. Die wiedererweckte Alte gibt dann schließlich allen ihre
Herzen zurück, die indes zum Himmel emporgefahren und gereinigt
') Masp^ro, Les contes populaires de TEgypte ancienne^, Le conte des deax
fthieSy p. 14 f.
Die Pflanze im MytHenmMrclien. 20I
worden waren. So können auch ihre Besitzer gen Himmel fahren,
wo sie an einer schönen und warmen Stelle heute noch leben'). In
diesem Märchen gehen, wie man sieht, die Vorstellungen von dem
Herzen als Seelenträger und von der Hauchseele , ganz so wie in
vielen primitiven Kulten, friedlich nebeneinander her.
Noch eröffnen aber diese Pflanzenverwandlungen einzelner Körper-
teile, namentlich des Herzens, einen Ausblick in anderer Richtung,
auf die schon das obige altägyptische Märchen hinweist Einge-
schlossen in eine Frucht, einen Kern oder ein Samenkorn entzieht
sich ein solches aus dem Körper gewanderte Herz zugleich der Wahr-
nehmimg. So tritt an die Stelle der Verwandlung die heimliche
Bergung, sei es nun, daß diese aus jener hervorgeht, oder daß sie
unmittelbar aus der Vorstellung des wandernden Herzens entsteht.
Mit diesem Übergang kann dann natürlich auch an die Stelle der Nuß,
des Kerns und ähnlicher der Pflanze entstammender Bergungsmittel
irgend ein anderes treten, wie das Ei oder ein Tier, und imter
der Macht dieses Bergungsgedankens werden noch andere Hinder-
nisse, ein Berg oder ein See, zwischen das verborgene Herz und die
Möglichkeit seiner Erreichung gesetzt So entsteht jene Gattung von
Märchen, deren Held, mag er nun ein böser 2^uberer oder ein zu
Ruhmestaten bestimmter glänzender Jüngling sein, durch den in tiefe
Verborgenheit begrabenen Träger seiner Seele gegen alle Gefahren
geschützt ist, nur daß freilich auch er, solange es überhaupt einen
Ort in der Welt gibt, wo sein Leben bedroht werden kann, an der
Vergänglichkeit des Irdischen teilnimmt Das oben aus Anlaß des
Motivs der »dankbaren Tiere« erzählte dänische Märchen mit seinen
Varianten ist ein Beispiel dieser Art In einer nochmaligen, wahr-
scheinlich aus dieser hervorgegangenen Wendung begegnet uns das-
selbe Motiv in dem germanischen Baidermythus. Nichts was auf der
Erde wächst, kann Balder etwas anhaben. Nur die Mistel ist unbe-
achtet geblieben, als man die Pflanzen und alle andern Wesen zu
seinem Schutze in Pflicht nahm. Gerade mit der Mistel tötet dann
aber der blinde Hödur den Göttersohn. Auch dieser Mythus dürfte
auf eine ältere Form zurückgehen, bei der die im Winter einsam
') A. Castr^n, Ethnologische Vorlesungen über die altaischen Völker, deutsch
von Schiefner, 1857, S. 172 ff.
202 I^cr Naturmythus.
reifende Frucht der Mistel selbst das Leben Balders in sich barg,
so daß er zwar nicht zu den Unsterblichen gehörte, aber doch
gegen die gewöhnlichen Fährlichkeiten des Lebens geschützt blieb').
Eine spätere Zeit, der dieses Märchenmotiv unverständlich geworden
war, oder die es, was vielleicht noch wahrscheinlicher ist, zu der in
den Vegetationskulten entstandenen Heiligung bestimmter Pflanzen
in Beziehung brachte, führte dann jenes Verbergungs- in das ihr ge-
läufigere allgemeine Zaubermotiv über. Indem sich, wofür gerade die
Mistel ein hervorragendes Beispiel ist, die heilige Pflanze in die gefahr-
bringende Zauberpflanze verwandelte, genügfte nun die magische
Wirkung der letzteren, um dem Märchen- oder Sagenhelden den
Untergang zu bereiten, — eine Anschauung, die wohl irgend ein
rationalisierender Dichter wiederum in einen Treueid verwandelte,
von dem die Zauberpflanze unglücklicherweise ausgenommen worden
war. Nachdem endlich auch die Zauberwirkung der Pflanze unver-
ständlich geworden, sehen wir in der Darstellung Saxos die Mistel
durch ein Schwert ersetzt (Saxo, Gest. Dan. III, 77). Nach einer
andern Richtung veränderte sich dagegen das Verbergungsmotiv da,
wo es seine Geltung bewahrt hat, wie im Märchen. Hier bleibt die
Vorstellung der Entfernung der Seele oder ihres Trägers, des Herzens,
aus dem Menschen, dem sie gehören, die vorherrschende. Statt der
Pflanze und ihrer Frucht kann daher nun ein anderer Seelenträger
eintreten, wie das die mannigfachen Varianten dieses Märchenmotivs
zeigen. Immerhin bildet höchstwahrscheinlich die Pflanze den Aus-
gangspunkt, teils weil es vornehmlich die älteren MärchenstofTe dieser
Art sind, die sie bewahrt haben, teils weil es in diesen Fällen zugleich
heilige Pflanzen, wie im Norden die Mistel oder in Ägypten die Akazie
zu sein pflegen, die als Bewahrer des Herzens gelten. Gerade in Ägypten
') Auf den Znsammenhang des Baldermythus mit den Verbergnngsmythen haben
schon J. G. Frazer und F. Kaoffmann hingewiesen (Frazer, The golden Bough, IH,
p. 326 ff., Kauffimann, Texte and Untersachangen zur altgermanischen Religionsge-
schichte, I, 1902). Weitere Parallelen zum Motiv des verborgenen Herzens oder
Lebens ebenda S. 136 ff. Das Motiv des in einer Pflanze oder ihrer Fracht verbor-
genen bildet übrigens nur eine Unterart des weit verbreiteten Motivs vom außerhalb
des Körpers lebenden Herzen. Als weitere Beispiele hierzu vgl. z. B. ein samoje-
disches und ein tartarisches Märehen bei Castr^n, Vorlesungen, S. 172 ff., 226 ff.
Auf die nahe Beziehung dieses Motivs zu den Seelenvorstellungen (Teil II, S. 208 f.)
braucht hier kaum noch besonders hingewiesen zu werden. .
Die Pflanze im Mythenmärchen. 203
liegt außerdem die Beziehung dieses Märchenmotivs vom »wandernden
Herzen« zu den im Volksglauben verbreiteten Seelenvorstellungen
offen vor Augen. Abgesehen von dem hohen Alter würde bei der
ägyptischen Erzählung schon dieser Umstand zureichen, der Pflanze und
besonders ihrer zur Bergung der Seele vor andern geeigneten Frucht
den Vorrang vor sonstigen Bergungsarten zuzusprechen. Diese sind
daher umsomehr für spätere Übertragungen zu halten, als sie keinerlei
Beständigkeit mehr wahrnehmen lassen. So fuhrt dieses verbreitete
und zum Teil weit in die höheren Mythenformen hineinreichende
Märchenmotiv auf eine Verwebung von Seelen- und Zaubervor-
stellungen zurück, die wieder bis zu einem gewissen Grade imabhängig
von einander die weiteren Gestaltimgen des Mythus bestinmit und
so einen mehr oder minder tief eingrreifenden Bedeutungswandel er-
zeugt haben. Infolge dessen hat sich dann bald das Bergungsmotiv
zum alleinherrschenden erhoben, wie in zahlreichen der späteren
Märchen dieser Art, bald aber ist auch die Vorstellung der zauber-
haften Wirkung der Pflanze zur dominierenden geworden, wo nun
der einstige Zusammenhang mit den Seelenvorstellungen nur noch
leise anklingt: so besonders bei dem Übergang des Märchens in die
Helden- und Göttersage, bei denen wir auf diesen Entwicklungsprozeß
noch näher zurückkommen werden.
Bilden so in den geschilderten Fällen bis herab zu diesen letzten
durch ihren Bedeutungswandel imkenntlich gewordenen Verzweigfungen
die Mythen über den Ursprung gewisser Pflanzen oder einzelner
Pflanzenindividuen und Pflanzenteile im wesentlichen nur Modifikationen
des allgemeinen Verwandlungszaubers, so könnte man vielleicht er-
warten, ein eigentliches Vegetationsmärchen in reiner Form etwa
noch in solchen Gebieten zu finden, in denen die Kultur des Bodens
das Wachstum der Nährpflanzen zu einer der dringendsten Sorgen
des Menschen gemacht hat. Doch diese Erwartung findet sich
nicht bestätiget. So sehr bei den Kulturvölkern der Alten Welt der
einstige Kultus der Vegetationsgeister in Erntebräuchen, Festzeiten
und einzelnen abergläubischen Vorstellungen noch nachwirkt, in das
Märchen sind solche Elemente kaum eingedrungen. Aber auch bei
jenen Halbkulturvölkem der Neuen Welt , bei denen die Dämonen
der Fruchtbarkeit zum Teil bis in die Gegenwart herein in Kultus
und Sitte lebendig geblieben sind, wird das eigentliche Märchen davon
204 ^*' Natnrmythns.
allem Anscheine nach nicht berührt. So ist bei den Zufiis, Navajos
und andern von der mexikanischen Kultur beeinflußten Stämmen
Neu-Mexikos und Arizonas, bei denen die Vegetationskulte den Haupt-
bestand der jährlichen Feste bilden, trotzdem in den zahlreichen
mythischen Traditionen, die von ihnen gesammelt worden sind, das
eigentliche Vegetationsmärchen nicht vertreten. Das würde vielleicht
zu verwundem sein, wenn nicht eben der Kultus selbst überall die
Kraft in sich trüge, den Mythus aus dem Gebiet des Märchens in
das der Sage und Legende hinüberzufuhren. Höchstens als Reste
früherer Legenden würden also vielleicht solche Märchen zu er-
warten sein. Hier fuhrt dann aber die für daä eigentliche Märchen
charakteristische Isolierung der einzelnen Erzählung, die mit ihrer
Loslösung von zeitlichen und räumlichen Bedingungen zusammen-
hängt, die etwa vorhandenen Ansätze zu einem Vegetationsmärchen
in ein gewöhnliches Zaubermärchen über, in welchem der Träger
der Handlung nicht mehr die Pflanze, sondern der Mensch selbst ist.
So kommen in der Tat bei jenen Ackerbauvölkem Märchen vor, die
sich um die Gewinnung der Nährfrüchte und um die innerhalb einer
primitiven Kultur so dringende Hungerfrage bewegen. Aber die
Nährfrucht scheint in ihnen keine andere Rolle zu spielen, als das
Gold und andere Schätze im Glücksmärchen. Diese Erzählungen sind
also keine Vegetationsmärchen ; auch sind sie schwerlich aus solchen
hervorgegangen. Ein Märchen, das K. Th. Preuß bei den Huichol-
Indianern in Neu-Mexiko aufgezeichnet und »die Hochzeit des Maises c
überschrieben hat, kann wohl als ein Beleg hierfür angesehen werden.
Es lautet im wesentlichen folgendermaßen: »Als einmal große Hungers-
not herrschte, ging ein Mann aus, Mais zu kaufen. Eine Taube, die
Maisteig im Schnabel trug, zeigte ihm zuerst den Weg. Dann traf
er Leute, die ihn weiter nach der Maishütte führten, ihn schoren,
dann aber plötzlich verschwanden. Jetzt öffnete die Besitzerin der
Hütte die Tür und frag^ nach seinem Begehr. Er will Mais kaufen.
Da fragt sie dep gelben, den roten, den punktierten, endlich den
weißen Mais, ob sie mit ihm gehen wollen. Die drei ersten wollen
nicht, aber der weiße Mais sagt ja. Da sagt die Frau dem Mann: ,Nimm
dieses Mädchen mit, aber halte es g^ut^, und sie gibt ihm verschie-
dene Vorschriften, die er alle genau befolgen soll. Doch als er zu
Hause ankam, behandelte seine Mutter sie schlecht. Das Mädchen
Die Pflanze im Mythenmärchen. 205
mahlte Mais, bis ihm das Blut aus den Händen floß und diese ver-
brannten. Da verschwand es plötzlich^ und als der Mann versuchte,
es wiederzuholen, ging es nicht mehr mit ihm. Nun kehrte er nach
Hause zurück und sagte zu seiner Mutter: ,du hast sie ausgezankt,
und wir werden Hungers sterbende '), Preuß gibt folgende Interpre-
tation dieses Märchens: die Leute, die den Helden scheeren und
dann verlassen, sind die Ameisen, die im Maisfeld die herabhängenden
Narbenbüschel der jungen Maiskolben abfressen. Der Held selbst
ist also der hervorsprießende Maiskolben, der noch keinen Mais ent-
hält Da die Ameisen dem Helden die Haare abfressen, während er
auf der Suche nach Mais ist, so ist damit sein Hungertod besiegelt
Die begegnende Taube weist zugleich auf das diesen Völkern heilige
Tier der Erd- und Maisgöttin hin, nach welchem der Mais selbst
zuweilen die »Taubec genannt wird. Preuß bemerkt, das Märchen
werde nicht mehr verstanden. Das ist in der Tat um so be-
greiflicher, da die Erzählung offenbar infolge dieser Verdunkelung
Bestandteile aufgenommen hat, die ihm den Charakter eines Vege-
tationsmärchens, wenn es je ihn besaß, genommen haben. Denn in
der jetzigen Fassung ist nicht mehr der Maiskolben, sondern der
hungernde Mensch der Held, und die Weisungen der alten Frau
gleichen Zaubervorschriften, die befolget werden müssen, wenn der Mais
wachsen und keine Hungersnot eintreten soll. Die personifizierende
Schilderung der Vegetation scheint also zu einem gewöhnlichen
Zaubermärchen geworden zu sein, in das sich aus jener nur Rudi-
mente gerettet haben. Wollte man aber aus diesen jene Schilderung
zu rekonstruieren versuchen, so würde nicht ein Märchen, sondern
eine Allegorie oder ein allegorisches Rätsel zurückbleiben, eine Form
rationalisierender Dichtung, die von dem Märchen und vor allem von
dem Mythenmärchen weit ablieget. Hinter ihr steht eben schon ein
entwickelter Kultus, und hinter diesem ein Priesterstand, wie er über-
all in der Rätselallegorie die ihm adäquate Dichtungsart findet, weil
sie die sinnvolle Beziehung mit dem Reiz des Geheimnisvollen ver-
einigt. Man braucht sich nur die Ausschmückung der Festplätze mit
ihrer Fülle symbolischer Bilder bei den Zufiis und andern Stämmen
zu vergegenwärtigen, um eine solche allegorische Rätseldichtung als
*) K. Th. Preuß, Globus, Bd. 91, S. 189.
2o6 ^c*" Natnrmythus.
einen diesem Kultus durchaus entsprechenden Ausdruck zu ver-
muten, wie er uns ja auch auf einer etwas höheren Stufe des
Götterkultus in dem meist ebeiifalls in eine allegorische Rätsel-
form gefaßten Orakelspruch begegnet. Geht nun eine solche alle-
gorische Dichtung in die Volkstradition über, so sucht sich diese
hier wie überall das Unverständliche verständlich zu machen, nicht
indem sie es rationalisiert, sondern indem sie es in eine den ge-
wohnten Betätigfungen der Volksphantasie adäquatere Form überfuhrt.
Diese ist aber auch hier wieder das Zaubermärchen. Wer den
nötigen Vorrat an Früchten ernten will, der muß die Zaubervor-
schriften beachten, die ihm eine weise alte Frau oder die Über-
lieferung vorschreibt, sonst stirbt er Hungers: das wird möglicher-
weise der Sinn sein, der nun einer solchen unverständlich gewordenen
Allegorie untergeschoben wird.
Blicken wir hiemach auf die Stellung zurück, die die Pflanze über-
haupt im Mythenmärchen einnimmt, so ist ersichtlich, daß sich diese
Stellung in doppelter Weise als eine untergeordnete kundgibt. Einmal
darin, daß die früheste und primitivste Verwendung, die der Pflanze
als Zaubermittel, zugleich die dauerndste bleibt. Hier hängt diese
Verwendimg auf das engste mit der Zähigkeit zusammen, mit der
der Zauberglaube in wenig veränderten Formen alle Kulturstufen
begleitet. Dagegen scheint die Pflanzenverwandlung kaum
mehr als eine verhältnismäßig späte poetische Nachbildung der Tier-
verwandlungen zu sein, in der sich die Herrschaft eines feiner ge-
stimmten Geftihlslebens verrät. Das Vegetationsmärchen endlich
ist wohl nur eine unter ausnahmsweisen Bedingungen entstehende
Abzweigung derartiger Verwandlungfsmythen, oder es ist eine durch
populäre Umbildung entstandene Degeneration einer Rätselallegorie
zum Zaubermärchen. Die Vegetation als solche, vor allem die an
ihre geordnete Pflege sich anschließenden Kulte wachsen eben von
Anfang an über die Sphäre des Mythenmärchens hinaus, indem sie
den Mythus zu der Stufe der Sage und Legende erheben. Dabei
fehlen freilich die ursprünglichen Märchenmotive nicht; aber diese
werden sofort in den Zusammenhang einer von dem Kultus getra-
genen Götterlegende aufgenommen, in der sie die Gebundenheit an
bestimmte Raum- und Zeitbedingungen, zu der schon die regelmäßige
Wiederkehr gewisser Naturvorgänge gehört, dem Gebiet des Märchens
Das Himmelsmärchcn und seine irdischen Parallelen.
207
entzieht. Diese Bedingungen sind es zugleich, die, wie wir sehen
werden, gerade die Vegetationskulte zu einer Grundlage der höheren
Kultformen machen. Dabei bilden freilich in jenen Kulten noch
andere mythologische Vorstellungen eine wichtige Quelle des Mythus,
die ihrerseits von frühe an schon in das Märchen einströmt. Es
* ist die Klasse der Himmelsmärchen, die so eine der wichtigsten
Brücken, wenn auch keineswegs die einzige, darstellt, die von dem
Mythenmärchen zu den mythologischen Formen der SsLgt hinüber-
führt. Die ursprüngliche Zugehörigkeit dieser Form zum Märchen
kann aber um so weniger bezweifelt werden, als sie hier bis zum
primitiven Mythenmärchen zurückreicht, um erst beim Übergang in
die spätere Märchendichtung allmählich zu verschwinden,
6. Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen.
a. Die Himmelserscheinnngen und die mythenbildende Phantasie.
Die Erscheinungen des Himmels, als belebte handelnde Wesen
gedacht, reichen bis in die allerersten Anfange des Mythenmärchens
zurück. Aber weder hier noch auf den zunächst folgenden Stufen
sind sie irgendwie vorherrschende Inhalte. Vielmehr werden sie weit
zurückgedrängt von den mannigfaltigen Gestaltungen des Tier- und
des Glücksmärchens. Der alle Märchendichtung beherrschende Zauber
hat daher zumeist auch die Erde, nicht den Himmel zu seinem Schau-
platz. Für das quantitative Verhältnis, in welchem im allgemeinen
das Himmelsmärchen zu den übrigen Märchengattungen von Anfang
an steht, geben übrigens schon die oben {S.67ff.) angeführten Beispiele
primitiver Mythenmärchen ein ungefähres Maß ab. Zugleich ist hier
wie in der ganzen folgenden Entwicklung die Bedeutung der Himmels-
erscheinungen auch insofern eine beschränkte, als sie niemals für
sich allein den Inhalt der Erzählung ausmachen, sondern teils gemischt
mit irdischen Erscheinungen, teils in unmittelbarer Anlehnung an diese
in sie eingehen. Auch in dieser Hinsicht steht das Himmelsmärchen
in einem augenfälligen Gegensatz zu dem Tiermärchen, bei dem nicht
nur in zahlreichen Erzählungen die Tiere von Anfang an eine allein-
herrschende Rolle spielen, sondern das selbst in der Zeit seines
Verschwindens noch zur Quelle einer neuen eigenartigen Form der
Dichtung, der Tierfabel, wird.
2o8 ^cr Naturmythus.
Dem gegenüber erscheint das Bild des Himmels in der primitiven
Mythologie der Völker als ein je nach Naturanlage und Natur-
umgebung mannigfach wechselndes. Im allgemeinen aber pflegt
sein Anteil da am reichsten zu sein, wo das Märchen bei Beginn
einer höheren Kultur in die Formen der Sage einmündet, und wo
nun insonderheit die kosmogonische Sz^e den Himmelserscheinungen
neue Motive entnimmt. Dagegen schwindet von da an in dem
Märchen selbst, soweit es nicht eben in diese höhere Form des
Mythus aufgenommen wird, der Anteil des Himmels mehr und mehr
bis auf geringe Reste, von denen zweifelhaft bleibt, ob sie überhaupt
noch mit dem ursprünglichen Himmelsmärchen zusammenhängen
und nicht bloß, wie die sonnenglänzenden und sternbesäten Kleider
der Märchenprinzessinnen, wahrscheinlich erst ein spät entstandener
Schmuck der Dichtung sind. Wenn z. B. in dem deutschen Märchen
von den sieben Raben (Grimm, Nr. 25) das seine Brüder aufsuchende
Schwesterchen zuerst die Sonne, von der sie heiß und zornig, dann
den Mond, von dem sie kalt und feindlich empfangen wird, und
schließlich die ihr freundlich begegnenden Sterne um Rat fragt, so
haben solche Ausschmückungen, in denen sich durchaus die Natur-
stimmung einer jüngeren Vergangenheit spiegelt, mit dem ursprüng-
lichen Himmelsmärchen sichtlich nichts mehr gemein *).
Um die Bedeutung zu würdigen, die den Himmelserscheinungen
für die Mythenbildung zukommt, ist es nun, besonders auch im Hin-
blick auf solche bereits außerhalb liegende Motive, nützlich, sich zu-
nächst über die Vorstellungen im einzelnen zu orientieren, die das
menschliche Bewußtsein innerhalb der verschiedenen Stadien der
Mythenentwicklung überhaupt mit den Himmelserscheinungen ver-
binden kann. Diese Vorstellungen lassen sich teils den Mythen-
bildungen selbst, teils auch den Aussagen entnehmen, die über die
Erscheinungen gemacht werden. Die Antworten, die man auf beiden
Wegen gewinnt, stimmen freilich durchaus nicht immer mitein-
ander überein; und auch die in den Mythen und namentlich den
Mythenmärchen enthaltenen Vorstellungen können ziemlich weit aus-
einandergehen. Aus diesen Schwankungen ergibt sich von selbst
') Als solche Berater des Menschen erscheinen Sonne, Mond und Sterne des
öfteren in dem späteren Märchen: vgl. z. B. in einem litauischen, Leskien und Bmg-
mann, a. a. O. S. 441.
D«s fgmnnfTnmirc^gA t»i scdK dc<£sciMft F^wc«U«l«tit. >sH>
schoQ ein Polymorphismus der VorsteUuiig«»^ wk er uivk ja Awch
bd den andern Fonnen des M>-theninärcli^[i$^ obwohl ttioht im
gietdicn Grade begegnet ist Dieser Unterschied mag haui>t^chlk^h
daraus entspringen, daß die einzelnen Angaben die ax^nbUckUch
bestdiende Au£E2ssung repräsentieren, wiihrend der Mythw» viele»
bewahrt, was durdi Tradition überkonunen ist. Im ganaen läßt »toh
aber wohl aus beiden Quellen zusammen über den Umfang, innerhalb
dessen sich die mythologischen Vorstellungen bewegen, ein Anhalt
gewinnen. Freilich lassen sich dabei die einzelnen Stadien iler
Mythenbildung nur unsicher scheiden. Zwar gibt ea primitivere
Formen der Auffassung, die nur den Anfingen des Mythenn>ärchenii
eigen sind, und andere, eine reichere Kultur vorau»«etxcnde, die
in der Regel erst in der Sage auftreten. Aber auch hier «ind
teils wohl infolge der Wanderungen mancher Vorstellungen, tclU
vermc^e der Beharrungstendenz anderer die Grenzen unheütlnmU,
so daß wir die hier möglichen Scheidungen der folgcntlcn lictrwch-
tung der einzelnen Formen des Himmelsmhrchcna und Heiner C^ber*
gänge in den späteren Naturmythus überlassen müssen.
Die Stellung der verschiedenen Himmelscrschcinungcn im Mythrn-
märchen ist nun außerdem offenbar von äußeren IkdlnuiinKcn ah-
bängig. Namentlich variiert danach der Anteil der Wolken und dr«
Gewitters. Wo sich dieses mit großer Regelmäßigkeit wietlerholf,
wie in den tropischen Regionen der ICrdc, da scheint es gcwUsur-
maßen als eine selbstverständliche Zugabc des I^t)eni hlnK^nonmien
zu werden, ohne im Mythenmärchen merklich bcrvorÄUtretön, Wo
^gegen, wie in manchen subtropischen (icbictett, z. H. In den Puchlo-
ländern Zentralamerikas, die Wasaerarmut dtn J^>dc«s r*'flM/^MIyu
Niederschläge zu einer der ersten Lebensfragen umhi^ t\a y^^winiien
die meteorologischen Vorgänge eine vorberrw:bciidir \^ei\fMim^ Vn-I
gleichmäßiger bilden begreiflicherweise über die {^'^um l,nU' tiin *v/iM»t
und Mond Objekte des Himmelsmärchcns, Ua/i Ih^-tUi int>\,iuinfiuU
der Mond der Sonne in der Herrschaft vorangc«ang*rn m v/m - moj/*.
Forscher annehmen, bestätigt sich aber nicht '). Vklfin Jm if.i mh
Gegenteil nicht bloß im primitiven Mythenmärcbcn, i^^,t$^U nt Wi^U
n Fritz Schultze, Psychologie der xNatnrvölker 1900, ^' ^»•' Kr«^ *>-v^ M,-^v'
logische Briefe, 1901, S. 248.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3, M
2 I o ^^ Naturmythtts.
weit Über dieses hinaus die Sonne höchstens im Verein mit dem
Monde das herrschende Gestirn. Erst von dem Augenblick an, wo
die Mondphasen als Hilfsmittel zur Messung der Zeit verwendet werden,
beginnt auch die mythologische Bedeutung des Mondes in den Vorder-
grund zu treten. Vorher bilden die Erscheinungen des Mondwechsels
allem Anscheine nach nur Gegenstände einer unregelmäßigen Beob-
achtung, die gegenüber dem leuchtenden Tagesgestirn und seinen
bald ersehnten, bald gefiirchteten Wirkungen nicht aufkommen können.
Weit zurück hinter Sonne und Mond stehen endlich die Sterne. Am
ehesten spielt hier die Venus, durch ihr spätes Verschwinden am
Morgen, ihr frühes Erscheinen am Abend gekennzeichnet, eine her-
vortretende Rolle; neben ihr noch solche Sterne, die, wie die Gruppe
der Plejaden, durch ihr zeitweises längeres Verschwinden vom Himmel
die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Wo sie freilich bestimmt in
der Siebenzahl aufgefaßt werden , da darf man dies bei Naturvölkern
sicher als ein versprengtes Fragment aus der Astralmythologie der
Kulturvölker ansehen, da die Siebenzahl keine unmittelbar sinnen-
fallige Eigenschaft dieser Stemgruppe, sondern erst aus anderweitigen
astronomischen und astralmythologischen Vorstellungen auf sie über-
tragen ist (vgl. unten f und III, 6). Ähnlich verhält es sich mit gewissen
Sternbildern, an die mit einer gewissen Regelmäßigkeit bestimmte
Vorstellungen gebunden werden, wie Orion, großer Bär, südliches
Kreuz u. a.*). Daß die Sterne eines solchen Bildes als ein Ganzes
aufgefaßt werden, mag an verschiedenen Orten unabhängig geschehen
sein. Wo aber der große Bär als Bär oder gar der Orion als Jäger
erscheint, da haben wir dies um so sicherer auf ein Eindringen von
außen verschlagener astrologischer Vorstellungen zu beziehen, je
weniger das Bild dem zu ihm in Beziehung gebrachten Gegenstand
ähnlich ist, oder je mehr es, wie z. B. die Auffassung des Orion als
Jäger, direkt auf eine fremde Mythologie hinweist. Eher als diese
Sternbilder kommt schon frühe die Milchstraße als ein zusammen-
hängendes Gebilde zur Geltung. Sie variiert dann aber auch sehr
in ihrer Bedeutung: bald ist sie ein mit Sand bestreuter Pfad, bald
ein das Himmelsland durchziehender Strom, bald verspritzte Milch,
bald endlich ein Baum, der sich in mächtige Äste verzweigt.
*) Andree, Ethnographische Parallelen und Vergleiche, I, S. 103 fF. P. Ehrenreich,
Mythen und Legenden der südamerikanischen Urrölker, S. 38 ff.
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 2 1 1
Wie diese Vorstellungen, in die die Volksphantasie das Bild der
Milchstraße kleidet, so kann nun auch die Auffassung des Himmels
selbst, und können noch weit mehr die beiden Hauptgestime Sonne
und Mond nicht bloß innerhalb verschiedener Völker und Zeiten,
sondern in einem und demselben Mythenkreise außerordentlich in der
Auffassung wechseln. Zwischen engeren Grenzen bewegt sich natür-
lich diese beim Himmel. Er ist entweder ein Land, in das sich am
Horizont die ferne Ebene fortsetzt, oder in das sich die Berge er-
heben, oder häufiger noch ein Meer, in dem die großen Gestirne
dahinsegeln, eine Anschauung, die durch das Bild eines Kahnes, das
die Mondsichel darbietet, unterstützt wird. Zuweilen scheint sich
auch frühe schon der Gedanke zu regen, daß über dem sichtbaren
Himmel ein Geisterreich, noch mehr aber der andere, daß unterhalb des
Horizonts eine unsichtbare Welt liege, in der die Gestirne verschwinden,
wenn sie für uns untergehen, wobei übrigens diese Anschauung mit
der Vorstellung eines künftigen Lebens zunächst noch nicht in Ver-
bindung steht. Ungleich mannigfaltiger sind die Auffassungen über
Sonne und Mond. Bei der Sonne sind hier in erster Linie die Strahlen
wirksam, die sie aussendet, und die bald als Haare, bald als Pfeile
gesehen werden, bald die Sonne selbst als eine mächtige Spinne
erscheinen lassen, die im Mittelpunkt ihres Netzes sitze. Hierbei
bietet vor allem das Bild der Pfeile den Anlaß zu einer weitverbrei-
teten Umkehrung, indem jene als eine nach der Sonne gerichtete
Pfeilkette geschaut werden, auf der sich der Verkehr zwischen den
Gestirnen und der irdischen Welt bewege. Andere Auffassungen der
Sonne sind die eines himmlischen Feuers, eines glänzenden Schildes,
eines Federballs usw., wobei diese Objekte von einem Menschen,
Vogel oder von andern Tieren über den Himmel gefuhrt werden.
Daraus scheint sich dann erst weiterhin die Vorstellung eines Sonnen-
hauses zu entwickeln, in welchem der Sonnenmann oder die Sonnen-
frau wohne. Einer späteren Stufe gehört endlich die Auffassung der
Sonne selbst als eines himmlischen Wesens an, wobei aber immer
noch die Vorstellung von Tieren, Pferden oder Vögeln, die den Sonnen-
wagen ziehen, herübergenommen wird. Hier reicht das Sonnen-
märchen bereits in die Sphäre des aus der Vorstellung eines Sonnen-
gottes entwickelten Mythus hinüber.
Nicht minder mannigfaltig sind die Vorstellungen, die das i^jl'i
14*
212 I^cr Natnrmythas.
des Mondes erweckt. Teils wird hier von frühe an das Gestirn selbst
in seiner wechselnden Gestalt als ein lebendes Wesen geschaut. Teils
regt die eigentümliche Zeichnung seiner Oberfläche an, den Mond
als die Wohnstätte von Tieren oder Menschen zu sehen. Unter den
Tieren sind der Hase und Frosch die häufigsten. Wird dieses Bild
mit dem andern verbunden, daß der Mond selbst ein lebendes Wesen
sei, so werden dann gelegentlich jene Tiere zu Boten, die er aus-
sendet. Überhaupt aber unterstützt die wechselnde Lichtgestalt vor
allem bei ihm einen großen Polymorphismus der Vorstellungen.
Hinter dem Mondmann, der Tiere zu seinen Begleitern oder Ein-
wohnern und Boten hat, steht offenbar hauptsächlich die Gestalt des
Vollmondes, während der Halbmond als Profil eines Gesichts ohne
Nase, die Sichel im ersten und letzten Viertel leicht auch als Schiff
oder Wagen gesehen wird, je nachdem der Himmel selbst als Meer
oder Land erscheint. Das Bild des Gesichts scheint im Anfang das
vorherrschende zu sein; das andere der auf dem Himmelsozean
schwimmenden Barke hat dann von zwei Seiten her einen Einfluß
auf die spätere Mythenbildung gewonnen, wobei in beiden Fällen
geläufige Vorstellungen der irdischen Umgebung nicht bloß mit-
wirkten, sondern auch das himmlische Bild selbst derart assimilierten,
daß es selbst frühe schon verdrängt wurde. So kann denn auch
auf seine Mitwirkung meist nur mit einer gewissen Wahrscheinlich-
keit zurückgeschlossen werden. Die eine Richtung, nach der sich
diese Vorstellung des Himmelskahnes entwickelt, ist die des Seelen-
schiffs, auf dem nach dem Tode die Seele einer jenseitigen Welt
zugeführt wird. Bei ihr hat wohl die Anschauung des Auf- und
Niedergangs der Gestirne als des Verschwindens in einer solchen
jenseitigen Welt wesentlich mitgewirkt (Teil II, S. 74). Die andere
Richtung ist die des rettenden Schiffes, das über den alles be-
deckenden Ozean hinsteuert, eine Anschauung, die uns bei der
Flutsage noch beschäftigen wird (s. unten III, 4). Seltener und
durchweg erst späteren Mythen zugehörig sind die Vorstellungen
des Halbmondes als einer Trinkschale, der Mondsichel als eines
goldenen Horns, eines Schwertes usw., Vorstellungen, von denen es
überdies oft zweifelhaft bleibt, ob sie wirklich mit den Mondphasen
in Beziehung stehen. Eine letzte Erscheinung, die beim Mond wie
der Sonne verwandte Anschauungen wachruft, ist endlich die Ver-
finstenmg diese: grafksn f^t»ai ■■ Zz^ itr ■■srhraäi 5iii£ 2?c iner dis
des vcisciiingcnaen YiigassKSS^ zas bes3iia=5 bsE äst ^rcsjet
5%ontw nfi f»g!y*-ny»«»n JurJl ny Tm^lig" igyiin^T '^tn-T-r*^ OST ZVxaÜireL--
heit »iilnsaiitr: ^irir± 1miifcf"irm cacaiazic& \nrr Ss, Vernsceraotgc:
bei Sonne und Moof 23 sd vsrwan^st Vjr£imgg» ^2-^ s^c^ der
spatere iadisdie llrdcB bone zxxf cxbcs imf 3rn^rbra Däcxn Rj2i=l
zurückfolnt*. Zweäeüfazaesr ss es. oö. trie szaa sswrrjfa rTilmmf!.
auch das Vcisdivinden des Moaass ii äsa T^ca rvscbca sesaer
Ab- und Zunahme, jemals asf den giexbea Vocgaa^ bcxogcn virc.
Wohl aber mag jenes BQd des TCxsciiBDgcsdea Ungrfaeaers darch
die venrandte AufEassong des *^ »■■■*■ ■-in^n^jm;<> ssta^tJEtzt v>erdcn«
die wir unten c als die Grundlage einer kkr ansgeps igten Gattm^
primitiver Himmelsmarchen von ^^n^'^^^tn Cliaiakter kennen lernen
werden, und die skh. gieid: den Vcfinsteim^en. schon durdi die
Plötzlichkeit ihres Eintiitts und Veiiaa& Ton jenen Eiscfaeinui^en des
regelmäßigen Mondwechsels urvnlTirh unterscheiden. Bei der Selten-
heit der eigentlichen Verönsteraogen spiekn äbi^cns diese selbst im
Himmdsmardien kaum eine TjciiiMUMicitL RoDe. Mehr scheint bei
der Sonne ein anderes, rein sob^cklnes FlBnomen zuweilen hen-or-
zutreten: das ist die durch die y arhhiHci i eguug des in die Sonne
blickenden Auges vorübergehend erfolgende whrinlme Verfinsterung
der Sonnenscheibe. Sie dürfte sich in der öfter wiederkehrenden
Vorstellung eines Felles oder Schleiers, mü dem die Sonne bedeckt
wird, verrateiL
Geringer sind, der Gieichfc^nnigkeit der Fndifinin^ gemäß, die
Schwankungen in der Auflassung der Stane. Anf pfimitiver Stufe
werden sie zuweilen mit dem Neumond m Bcxidiui^ gebracht und
als die zerschl^enen Bruchstücke des vorigai Mondes gedeutet, an
dessen Stelle in der wieder wachsenden SchcBie ein neuer trete. Im
Märchen erscheinen sie am häufigsten ak zum Hinmid gcuanderte
oder von höheren Wesen an ihn versetrte Mnrlun oder Tieren
namentlich als Vögel Im späteren Marrhf wmdda sie sich dai^
zuweilen in gütige Ratgeber des Märcbenhdfc» md seinen Irrfahrt^
um, ohne übrigens in der Regel ander» ak «Mbt iem unbestimsi^
' Kern. Der Baddhismos nnd »e;ne C^efCfcid*^ m ^f tters. von H- j
I. 1S82, S. 340 ff.
214 ^^^ Naturxnythus.
Begriflf »Sterne« zu erscheinen. In jener ursprünglicheren Form sind
sie aber offenbar vorbildlich für die in späteren Ss^en vorkommende
Himmelsentrückung des Helden, mit der dessen irdische Laufbahn
abschließt. Noch nach einer andern Richtung gewinnt endlich das
Sternenheer eine mehr aushilfsweise Bedeutung, indem es das aus
der wechselseitigen Assimilation der Vorstellungen des himmelauf-
rs^enden Baumes und der am Himmel dahinziehenden Milchstraße
entstehende Bild des Himmelsbaumes vervollständigt. Denn wahr-
scheinlich werden hierbei den Sternen zunächst die den Baum
schmückenden Lichter entlehnt. Auch diese Vorstellungen reichen
aber bereits in die Sphäre des kosmologischen Mythus hinüber, in der
sie mit andern astrologischen Elementen zusammentreffen, und unter
deren Einwirkung dann jenes ursprüngliche Bild starke Veränderungen
erfährt, wie das der wohl aus solchen Vorstellungsverbindungen ent-
sprungene »Lebensbaum« des babylonischen Weltbildes zeigt (vgL
unten III, f).
Am schwankendsten unter den Bildern der Himmelserscheinungen
sind schließlich die der Winde und Wolkeit sowie des Gewitters.
Beide, die Winde und Wolken, werden nicht selten verschmolzen,
indem die am Himmel dahineilende, vom Wind getriebene Wolke
selbst als Winddämon aufgefaßt wird. Frühe bildet sich sodann die
Unterscheidung der vier Hauptrichtungen der Winde aus, nach denen
besonders auf amerikanischem Boden die Vierzahl überhaupt die
Bedeutung einer »heiligen Zahl« empfangen hat (vgl. unten IE, 6 h).
Die Wolken sind uns bereits als die Substrate gewisser Dämonen-
vorstellungen begegnet, wie sie zusammen mit den Eindrücken der
Berge und des Gewitters wahrscheinlich die Riesen, Titanen, Gi-
ganten und ähnliche Wesen entstehen ließen (Teil 11, S. 384). Der
Blitz erscheint selbst ursprünglich als ein feuriges Ungeheuer, das
teils wohl infolge der gezackten Form des Blitzstrahls teils ver-
möge der Assoziation mit der die Dämonen- mit den Seelen-
vorstellungen verbindenden Schlangengestalt als eine rasch beweg-
liche Schlange apperzipiert wird. Daß dieser als Schlange gesehene
Blitz zusammen mit dem Kriechen der Schlange auf dem Boden,
das an ein Hervorkommen aus verborgenen Erdhöhlen denken läßt,
ihr wie dem ihr nachgebildeten Drachen auch noch im Märchen
die Rolle von Hütern eines geheimen, gleich dem Feuer gold-
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 215
glänzenden Schatzes zuweist, hat schon W. Schwartz hervorge-
hoben'). Mag auch seine Auffassung allzu einseitig von dem natur-
mythologischen Faktor dieses Einflusses bestimmt sein, so darf man
doch annehmen, daß sie imter dem Vorbehalt einer solchen Bei-
mischung von Elementen des Seelenglaubens mit einem Teil der
hier wirksamen Motive übereinstimmt. Daß das Bild des Blitzes
durch jene andern Elemente verdrängt wurde, das konnte aber um
so leichter geschehen, als in der Auffassung des Blitzes selbst offen-
bar frühe schon an die Stelle der Schlange ein anderes Bild trat: das
des Geschosses, des Pfeils oder Speers, wie ihn überall die Götter
schleudern, und wie er uns bereits in den Anfangsstadien dieser
Bildung von Wettergöttem in den kultischen Darstellungen der nord-
und zentralamerikanischen Stämme begegnet ist (Teil 11, S. 423 ff.).
Eine gewisse Mithilfe hat hierbei vielleicht die gelegentliche Auf-
findung von Meteorsteinen geleistet, die der Volksmund noch heute
» Donnersteine € nennt, und in denen man die beim Blitz geschleuderten
Geschosse sah. Der Hauptschritt ist aber wohl durch den Übergang
zu einem kriegerischen Leben geschehen , durch das Pfeil und Speer
zu geläufigen, äußerlich so verwandte Erscheinungen leicht assimi-
lierenden Bildern wurden. Damit ist dann weiterhin die Verbindung
nahegelegft, in die von nun an diese Bilder mit der Vorstellung per-
sönlicher, über den Wolken thronender Götter treten, daher sie auch
mehr der Göttersage als dem Mythenmärchen angehören. In diesem
spielen überhaupt die Winde, Wolken und Blitze eine verhältnismäßig
geringe Rolle. Sie sind in den unterhalb der Göttersage liegenden
Regionen mehr im Volksglauben und in der Lokalsage verbreitet, als
im eigentlichen Märchen. Ähnlich verhält es sich mit Licht und
Dunkel, die an das Erscheinen und Verschwinden der großen Ge-
stirne allzu eng gebunden sind, als daß sie zu selbständigen mythischen
Wesen werden könnten. Wo sie überhaupt neben den Gestirnen
vorkommen, da werden sie als unlebendige Dinge aufgefaßt, die in
eine Truhe gesperrt sind, und die sich, sobald diese geöffnet wird,
über die Umgebung verbreiten.
Reichen schon diese Verschlingungs- und Truhenmärchen in ihren
mannigfachen Umwandlungen, in denen sie teils von vornherein dem
'] W. Schwartz, Der Ursprung der Mythologie, 1860, S. 46 ff.
2i6 I^cr Naturmythus.
irdischen Leben angehören, teils vom Himmel wieder zu diesem
zurückgewandert sein mögen, weit in die späteren Entwicklungen der
Helden- und Göttersage hinüber, so gilt dies nun nicht minder von
andern Himmelsmärchen, die nicht nur ebenfalls, wie sich von selbst
versteht, Projektionen irdischer Vorgänge an den Himmel sind,
sondern bei denen überdies Motive ähnlichen Inhalts vorkommen,
von denen die einen am Himmel, die andern dauernd auf Erden
ihren Schauplatz haben können. So treten sich Sonne und Mond
als Gatte und Gattin, als Zwillinge, als Bruder und Schwester, oder
als beides zugleich gegenüber. Spiegelt sich in den hier wirksam
werdenden Motiven zum Teil an sich schon eine höhere Stufe der
Kultur, so tritt diese nun auch in dem umfassenderen Umfang der
Stoffe dieser fortschreitenden Himmelsmythologie hervor. Neben
Sonne und Mond erscheint die Venus als ein drittes wichtiges Ge-
stirn, dann die Reihe der übrigen Planeten, besonders Jupiter und
Saturn und in weiterem Anschlüsse Merkur, unter den Sternbildern
die Zwillinge, der Stier, Orion und die Plejaden. Überall sind hier
schon in den Namen der Sterne und Sternbilder die mythologischen
Grundlagen ai^edeutet, auf denen einerseits die älteste astronomische
Beobachtung ruht, während es anderseits wesentlich die geschärfte
Beobachtung des Himmels ist, die diese Erweiterung des mytho-
logischen Horizontes möglich gemacht hat.
Der Polymorphismus dieser Erscheinungen wird überdies noch
dadurch gesteigert, daß, nachdem das Himmelsmärchen aus der
Projektion der irdischen Umgebung an den Himmel entstanden ist,
nun auch das unter der Mitwirkung der kosmischen Phänomene
ausgestaltete Bild wieder zur Erde zurückkehrt, ein Vorgang, der
namentiich auf den früheren Stufen des Mythenmärchens in den
Wanderungen von Menschen und Tieren zum Himmel und ihrer
Rückwanderung hervortritt. Aber auch wo diese äußeren Bedingungen
fehlen, da kümmert sich das Himmelsmärchen so wenig wie das auf
dem festeren irdischen Boden spielende Zaubermärchen um Wider-
sprüche. Auch sein Reich gehört der von den Impulsen des Augen-
blicks geleiteten Phantasie, nicht der logischen Reflexion. Diese pflegt
höchstens der Mythologe hinzuzubringen, der damit freilich auch den
wirklichen Charakter des Naturmärchens um so gründlicher beseitigt,
je mehr er die Phantastik des Märchens entweder nach seinen Ver-
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen.
217
Standesbedürfnissen oder nach irgend welchen leitenden Vorstellungen
zurechtrückt, von denen er selbst beherrscht ist.
Um die Verbindungen und Verschlingungen himmlischer und
irdischer Motive in dieser Klasse der Mythenmärchen zu verfolgen,
wird es hiemach zweckmäßig sein, wenn wir aus der Fülle dieser
MärchenstofTe vprnehmlich solche Gruppen herausgreifen, in denen
von Anfang an entweder himmlische und irdische Erscheinungen direkt
zu einander in Beziehung gesetzt sind, oder in denen ähnliche mythische
Vorgänge sowohl am Himmel wie auf Erden spielen können. Als
solche Gruppen sind die folgenden vier hervorzuheben: i) die Märchen,
deren Hauptthema in dem Aufstieg von Menschen und Tieren
zum Himmel, namentlich zu Sonne und Mond, oder im Herab-
stieg zur Erde besteht; 2) die Verschlingungsmärchen, die
in ausgeprägter Weise den Charakter von Parallelmärchen be-
sitzen, da die Erzählungen sowohl am Himmel wie auf Erden spielen
können; 3) die Verbergungs- oder Truhenmärchen, und end-
lich 4) die Zwillingsmärchen, für die beide das nämliche gilt.
Diese vier Gruppen bilden übrigens keineswegs eine Entwicklungs-
folge. Sie bilden sie vor allem deshalb nicht, weil gewisse ein-
fachere Motive der folgenden Gruppen schon zur ersten zurück-
reichen, ebenso aber diese, wenn auch spärlicher, später sich
wiederholen können. Dennoch sind sie insofern für die Entwick-
lung des Himmelsmärchens kennzeichnend, als auf primitiven Stufen
Erzählungen vom Aufstieg zum Himmel und vom Herabstieg zur
Erde der Menge wie der Wichtigkeit nach die Hauptmasse der
Himmelsmärchen ausmachen, während später die Verschlingungs-
und Truhenmotive eine wachsende Bedeutung gewinnen und im
Verhältnis zu ihnen das Auf- und Abstiegsmotiv zurücktritt. Zu
ihnen kommt dann durchgängig erst später das Zwillingsmärchen.
Aber auch daran ist diese Reihenfolge als eine einigermaßen der
Ausbildung psychologischer Motive parallel gehende zu erkennen,
daß die erste Gruppe mit wenigen Ausnahmen durchaus in das Gebiet
der eigentlichen Mythenmärchen fällt, wogegen sich in die zweite
Gruppe dieses mit den wohl ursprünglich ebenfalls dem Märchen ent-
lehnten, aber auf eine höhere Stufe gehobenen Sagenstoffen teilt,
und endlich die dritte und vierte zumeist einer Kultur angehören,
innerhalb deren Sage und Legende das einstige Mythenmärchen
2iS ^r Naturmythus.
zurückgedrängt haben, so daß hier im wesentlichen nur noch von
solchen Himmelsmärchen geredet werden kann, die bereits von der
Sage assimiliert sind. Gleichen Schritt damit hält das Schwinden der
Himmelsmotive in der zurückbleibenden reinen Märchenerzählung.
In dieser fehlen sie von nun an bis auf schattenhafte und in ihrer
Bedeutung gewandelte Reste gänzlich. Sonne, Mond und Sterne sind
höchstens noch warnende oder freundliche Berater des Märchen-
helden, oder es werden wohl auch einmal Kinder in Sterne ver-
wandelt. Aber diese Gestirne selbst haben jenen Qiarakter wirklicher
Tier- oder menschenähnlicher Wesen verloren, den sie dereinst im
Mythenmärchen besaßen. Solche Züge sind vielmehr innerhalb dieser
späteren Zeit nur noch in den von der Sage assimilierten Märchenstoffen
erhalten geblieben. Doch indem der Inhalt der letzteren, nachdem er
zuerst von der Erde zum Himmel gewandert, nun umgekehrt in eine
dem Menschen nähere, zwischen Himmel und Erde schwebende
Region zurückgekehrt ist, geht der wirkliche Himmelsmythus schließ-
lich auch der Sage wieder verloren.
b. Der Aufstieg zum Himmel und der Abstieg zur Erde.
Auf einer primitiven Stufe der Kultur begegnet man den Himmels-
erscheinungen, vor allem den Gestirnen, fast durchweg in Erzählungen,
in denen sie mit einer Wandenmg von Tieren oder Menschen nach
dem Himmel in Verbindung gebracht sind. Die Gestirne erscheinen
dabei sehr häufig selbst als solche nach oben gewanderte Geschöpfe
irdischer Herkunft. An den Aufstieg schließt sich dann oft ein Ab-
stieg an: die zum Himmel gewanderten Menschen oder Tiere kehren
nach einiger Zeit wieder von dort zur Erde zurück. Viel seltener
kommt es vor, daß dieser Abstieg der primäre Vorgang ist. Beide
Wanderungen stehen aber in naher Verbindung mit der bei allen
primitiven Völkern verbreiteten und zum Teil noch in die Frühzeit
der Kulturvölker hineinreichenden Vorstellung, daß Himmel und Erde
ursprünglich einander berührten und erst durch die Arbeit früherer
Kulturträger voneinander getrennt wurden, immer aber noch sich
nahe genug seien, um einen Verkehr leicht zu gestatten. So berichtet
schon die Ahnensage der australischen Dieri von einem Heroenpaar,
welches das Feuer gebracht, die Verfertigung der Steinäxte und die
Zeremonien gelehrt, und es zugleich den Menschen möglich gemacht
Dm Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen.
219
habe aufrecht zu gehen, indem diese Urahnen ein Känguruhfell durch
Pflöcke am Boden befestigften und in der Mitte durch eine Stange
erhöhten, so daß es zum Himmel geworden sei*). Es sind, wie
man sieht, im kleinen dieselben Bilder, die wir in einer in die
Göttersage herübergenommenen und darum etwas gesteigerten Form
aus Hesiod kennen (Theog. 722 ff.). Innerhalb dieser naiven Vorstel-
lungen von den räumlichen Dimensionen des Kosmos besitzen nun
auch die Vögel in ihrem Flugvermögen das immer bereitstehende
Mittel, sich zum Himmel zu erheben und dort als Grestime zu bleiben.
Es sind hauptsächlich die Gruppen der kleineren Sterne, die, wie
die Plejaden und Hyaden, zeitweise verschwinden und wieder
hervortreten, die auf solche Weise als Schwärme von Tauben oder
von andern Vögeln gelten, die zum Himmel gelangt sind. Größere
Vögel, wie der Adler, erscheinen vielmehr als Gewitterwesen, indem
ihr Körper wohl als Wolke, ihr Flügelschlag als Wehen des Windes
aufgefaßt wird, indes die an den Sturm und an den Eindruck des
gewaltigen Raubvogels gebundenen Gefühle der Furcht hier sich
assimilieren. Dieses noch lange da und dort im Märchen stehen-
gebliebene Bild der Sterne als Himmelsvögel hat sich, als die alten
totemistischen Vorstellungen erloschen waren, in der eranischen und
der späteren jüdisch-christlichen Mythologie in das Bild der zwischen
Himmel und Erde schwebenden Engel verwandelt. Von der in dieser
Verbindung der Attribute zum Ausdruck kommenden Idee der
Steigerung über das Irdische ist aber das primitive Märchen, aus
dessen Vorstellungssphäre diese Bilder schließlich hervorgewachsen
sind, bei dem engen Horizont, der seine Welt umgrenzt, noch weit
entfernt. Darum kann wohl hier gelegentlich an die Stelle des Vogels
ein anderes Tier treten, das, weil es des Flugfvermögens entbehrt,
von einem gewaltigen Jäger an den Himmel geworfen wird, wo es
zerplatzte, so daß aus ihm ein Sternbild, wie etwa das des großen
Bären, entstand, — offenbar eine frühe Form eines explikativen
Naturmärchens, das vielleicht einen Einblick in die Entstehung von
Sternbildern aus einer solchen Ordnung der Sterne gewährt').
Für den Menschen, der den Himmel ersteigen will, bieten sodann
^] Howitt and Siebert, Legcnds of the Dieri and kindrcd Tribes of Central
Australia, Journal of the Anthropological Institute, Vol. 24, 1904, p. 106 ff.
') Boas, Indianische Sagen, S. 20.
220 ^cr Naturmythus.
die himmelanstrebenden Bäume die Wege, an die zunächst gedacht
werden kann. Entweder ist der Baum an und für sich schon hoch
genug, um an ihm empor- oder herabklettemd den Verkehr zwischen
Erde und Himmel herzustellen. Oder ein herabhängender Ast schnellt
durch seine elastische Kraft den Himmelswanderer nach oben. Im
Notfall hilft auch der Zauber, der plötzlich den Baum zum Himmel
wachsen läßt'). Diese Vorstellung vom Himmelsbaum reicht, unter-
stützt durch den teilweise wohl selbst in ihr wurzelnden Glauben an
heilige Bäume und an die später sich ausbildende Idee vom Welt-
baum, der Himmel und Erde trägt, nach zwei Richtungen in die
weitere mythologische Entwicklung hinein. Auf der einen Seite
sollen, nachdem der Himmel für gewöhnliche Sterbliche unzugänglich
geworden ist, Baumranken, die an geheimnisvoller Stätte vom Himmel
zur Erde gingen, die Wege gewesen sein, auf denen die Helden der
Vorzeit dereinst zu den Göttern eingingen, oder auf denen nach der
Kosmogonie von Tonga die Götter selbst zur Erde herabstiegen "), —
eine Vorstellung, die ebenso an die Erzählungen der Nordwest-
amerikaner von den an Bäumen zum Himmel steigenden oder zur Erde
gekommenen Menschen wie an die griechische Sage von Herakles
erinnert, der auf dem Berge Öta in dem von seinem Scheiterhaufen
aufsteigenden Rauch zum Himmel gehoben wird (ApoUodor II, 7, 7).
Auf der andern Seite sollen es nach einer Vorstellung, die sich eben-
falls besonders in Polynesien findet, unter andern Wegen heilige
Bäume von gigantischer Größe sein, an denen die Seelen zum Himmel
aufsteigen ^).
Weiter verbreitet ist jedoch unter diesen Vorstellungen eines Hin-
überwanderns von Menschen oder, auf einer späteren Entwicklungs-
stufe, von Seelen zum Himmel die andere, nach der eine solche Wande-
rung auf dem sichereren Boden der festen Erde zum Horizont fuhrt,
wo nach naiver Anschauung Himmel und Erde zusammenstoßen.
Hier eröffnen sich dann zwei Wege der Weiterwandenmg: einer, der
aufwärts zum Himmel, und ein anderer, der, dem Lauf der unter-
gehenden Sonne folgend, abwärts in ein Totenreich fuhrt. Auf diesen
') Boas, a. a. O. S. 17, 53. Frobenius, Weltanschauung der Naturvölker, S. 131.
') Grcy, Polynesian Mythology", 188$, p. 40 ff. Bastian, Inselgruppen in Ozeanien,
»883, P. 30.
3) Grey, a. a. O. p. 159 f.
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 22 1
früh sich regenden Gedanken eines Doppelweges, der später nament-
lich für die Wanderungen der Seele nach dem Tode wichtig wird,
kommen wir bei den Jenseitsvorstellungen zurück (IV). Ursprünglich ist
die Vorstellung der Himmelswanderung auch hier die vorherrschende
und zumeist die alleinherrschende. Sie findet sich in der Form von
Erzählungen über den Ursprung von Sternen aus ehemaligen Menschen
mehrfach bei den Eingeborenen Zentralaustraliens*), und in Verbin-
dung mit den täglichen Bewegungen von Sonne und Mond, zum
Teil aber auch bloß in der Form einer abenteuerlichen Wanderung
bei amerikanischen Stämmen. So wandern in einem Märchen der
nordpazifischen Indianer drei Brüder, die im Gebirge jagen, immer
weiter bei^an. Da entdecken sie plötzlich, daß sie hoch oben auf
einem flachen Felde angelangt sind. Die zwei ältesten suchen wieder
herabzuklettern und kommen dabei ums Leben. Der jüngste aber
läßt sich an einem Seil, das er oben befestigt, zur Erde herab und
kommt wohlbehalten hier an^). In einem Märchen der Cherokesen
ziehen verschiedene junge Leute aus, um die Sonne aufzusuchen.
Schließlich kommen sie an den Ort, wo der Himmel die Erde be-
rührt Hier bewegt sich aber der Himmel fortwährend auf und ab,
wobei sich jedesmal auf ganz kurze Zeit eine Art Tür öffnet, aus
der die Sonne in menschlicher Gestalt hervortritt. Die Männer suchen
ebenfalls durch diese Öffnung zu schlüpfen. Dies gelingt aber nur
einem von ihnen. Die andern müssen zurückkehren, und ihre Reise
dauert so lange, daß sie als alte Männer wieder in ihrem Dorfe an-
kommen^). Die hier mitspielende Vorstellung von der auf- und zu-
klappenden Öffnung begegnet uns vielfach auch auf dem irdischen
Schauplatz des Mythenmärchens bei der Schilderung gefahrvoller
Durchfahrten durch enge Felsschluchten: so in der Argonautenfahrt,
wo dann der von der zuerst hindurchfliegenden Taube ausgehende
Zauber die fortwährend gegeneinander schlagenden Symplegaden zu
dauerndem Stillstande bringt (Apollodor, I, 9, 20). Zu drohenden
Ungeheuern umgewandelt finden sich diese Felsen schließlich in
') C. Strchlow, Die Aranda- und Loritja-Stämme in Zentralaustralien, Veröffent-
lichungen des Stadt. Vülkermuseums in Frankfurt a. M. I, 1907, S. 20.
") Boas, Indianische Sagen, S. 290.
3) J. MÄ)ney, The Myths of Cherokee, Ethnol. Rep. Washington, XIX, 1900,
p. 35s f.
222 ^C"" Naturmythus.
der Skylla *und Charybdis der Odyssee (Od. 12, 234ff.). Es liegt
natürlich kein Grund vor, in dieser Übereinstimmung etwas anderes
zu sehen als eine mythologische Objektivierung der bei dem gefahr-
vollen Durchgang empfundenen Furcht, die überdies bei der Schiff-
fahrt die Schwankungen des Fahrzeugs auf die steil ansteigenden
Felswände hinüberträgt. Wahrscheinlich ist also diese weit verbreitete
Vorstellung irdischen Ursprungs und erst sekundär auf den als Felsen-
enge gedachten Übergang zwischen Himmel und Erde übertragen.
Nicht selten verschmäht nun aber die Märchenphantasie die natür-
lichen Mittel, die ihr zu Gebote stehen, den Flug des Vogels, die
emporragenden Bäume, endlich die Wanderung zu den Grenzen der
Erde. Sie ersinnt künstliche Werkzeuge, die den zum wirklichen Auf-
und Absteigen an irdischen Gegenständen gebrauchten nachgebildet
sind, ohne sich freilich an die beschränkenden Bedingungen der
Wirklichkeit im geringsten zu halten. Da ist es denn für den Auf-
stieg zum Himmel die Leiter, für den Herabstieg das Seil, die vor
allem als Verkehrsmittel dienen. Es ist bezeichnend, beruht aber
offenbar auf naheliegenden Assoziationen, daß sich beide in diesen
Himmelsverkehr teilen : das Seil ist für den, der auf eigene Hilfe an-
gewiesen ist, das zunächst bereit stehende Mittel, sich an ihm von
einer Höhe herabzulassen; zum Aufstieg muß er sich der Leiter be-
dienen. Sie bedarf einer festen Wand, an die sie angelehnt werden
kann, während für das Seil eine Befestigung in der erst zu erklim-
menden Höhe unmöglich ist. Beruht demnach die früheste Himmels-
leiter im Mythenmärchen von Hause aus auf den praktischen Er-
fahrungen des täglichen Lebens, so ist sie doch in nicht geringerem
Grade eine reine Phantasieleiter, wie das Ersteigen des Himmels ein
Phantasieuntemehmen ist. Es ist die Pfeilleiter, die von dem Be-
steiger des Himmels, ehe er sein Unternehmen ausführt, hergestellt
und dann sofort wieder abgebrochen wird. Ein Mensch, in ganz
seltenen Fällen auch eines der mit menschlichen Eigenschaften be-
gabten Tiere, schießt einen Pfeil gegen den Himmel. Nach dem
Punkt, wo dieser stecken geblieben, sendet er einen zweiten, diesem
läßt er einen dritten in derselben Richtung folgen, und das setzt
er fort, bis die so gebildete Kette bei der Erde anlangt. Nun steigt
er an ihr zum Himmel empor , um oben angekommen die Kette
abzubrechen. Die Regionen, in denen diese Pfeilleiter im Himmels*
Das Ifimmelsmärchen und seine irdiscben Parallelen. 223
märchen eine Rolle spielt, sind ziemlich ausgedehnt, aber sie bleiben
doch streng auf primitive Jägervölker beschränkt: ihre Hauptgebiete sind
Amerika, namentlich der Nordwesten des Kontinents, und die mela-
nesischen Stämme Ozeaniens. In Polynesien fehlt die Pfeilleiter ganz,
nicht minder in Australien und Afrika, wo überall der Aufstieg zum
Himmel in einer der vorhin erwähnten Formen, sei es als Empor-
klettem an Bäumen, sei es als Wanderung zum Horizont, vorkommt,
Vorstellungen, von denen namentlich die letztere den Vorzug genießt,
daß sie wohl die dauemste Form ist, in der man sich die Möglich-
keit einer solchen Wanderung denkt : reicht sie doch von den Stam-
meslegenden der Dieri und anderer australischer Stämme bis in die
Anschauungen der späteren griechischen Orphiker von dem Weg, den
die Seele zum Himmel einschlägt*). Demgegenüber gehört die Pfeil-
leiter durchaus nur jener frühen Lebensstufe an, wo Pfeil imd Bogen
das Leben beherrschen. In spätere Zeiten reicht sie höchstens noch
in Spuren hinüber. Eine solche kann man vielleicht in freilich ge-
wandelter Form in der Geschichte von Herakles sehen, der es wagt
gegen den Sonnengott selbst seinen Bogen zu spannen, dem aber
Helios, statt ihn zu strafen, in Anerkennung seines Mutes einen gol-
denen Kahn zur DurchschifTung des Ozeans schenkt (Apollodor ü,
5, 10). Mehr als solche Spuren finden sich auch unter den Ein-
geborenen Australiens und Afrikas nicht, obgleich hier gelegent-
lich nach der Stammeslegende der Himmelsgott eine Strickleiter
herabließ, an der die Vertreter des Stammes zum Himmel gestiegen
sind"). Obwohl demnach das Verbreitungsgebiet der Pfeilleiter trotz
') Howitt and Siebert, Legends of the Dieri, Jonrn. of the anthropol. Inst.
XXXrV, 1904, p. 119 f. Howitt, The native Tribes of Sonth East Australia, p. 47« f-»
p. 413 ff. Über die Vorstellungen der späteren neuplatonischen Orphiker von den
Pfaden der Seele bei ihrer Himmelswanderung vgl. O. Gruppe, Griechische Mythologie
und Religionsgeschichte, Bd. 2, S, 1036 ff.
») Howitt, The native Tribes of South East Australia, 1904, P- 4*3 f- Frobenin»
nimmt auf Grand solcher Züge eine immerhin spurweise oder in ihren Anfilngen vor-
handene Vorstellung von der Pfeüleiter auch in Australien and Afrika an (Die Welt-
anschauung der Naturvölker, S. 169 ff.). Aber die Erzählung von cmem einzelnen
gegen die Sonne oder gegen eine Wolke gerichteten PfcUschuß, wie m dem oben
erwähnten Fall des Herakles, zu der die Parallelen auch in Afrika vorkommen, kann
doch deshalb nicht hierher gezählt werden, weil es sich bloß um em Kampfeamotiv,
nicht um die Herstellung einer Himmelsleiter handelt. Eine solche ist ^"^'^"^8* di^
von einem Gott herabgelassene Strickleiter. Ihr fehlt aber wieder das der PfcilleUex
2 24 ^^^ Natunnythus.
seiner geographischen Ausdehnung ein verhältnismäßig beschränktes
ist, so liegt darin doch keineswegs ein zureichender Grund zu der
Annahme, die Vorstellung der Pfeilleiter habe sich von einem ein-
zigen Punkt über die Stämme verbreitet, bei denen wir sie vorfinden.
Dagegen spricht vielmehr vor allem die relative Unabhängigkeit
dieser Verbreitung von der räumlichen Nähe und ihre direkte Ab-
hängigkeit von dem Leben des wandernden Jägers. Die melanesi-
schen Stämme haben es nicht vermocht, den polynesischen Völkern
Ozeaniens die Märchen dieser Gattung mitzuteilen. Ebenso sind die
Kulturvölker der Anden und die unter ihrem Einflüsse stehenden
Halbkulturvölker von ihnen unberührt geblieben. Nicht minder fehlt
die eigentliche Pfeilleiter in Australien, wo Bumerang und Wurfkeule,
und in Afrika, wo Speer und Schwert die Handhabung von Pfeil
und Bogen verhältnismäßig zurückgedrängt haben. Nur da, wo diese
die Hauptwaffen sind, mit denen der Mensch durch die Jagd sein
Leben fristet, und wo daher die Treffsicherheit beim Gebrauch dieser
Waffe die über alles andere geschätzte Eigenschaft geworden ist,
lieget jene uns so fremdartig anmutende Vorstellung nahe genug, um
in der Phantasie eine Brücke nach dem Himmel zu schlagen. Sie ist
hier, vollends in der baumlosen Ebene, die vielleicht nächstliegende
Ergänzung des am Himmel festgebundenen Seils, mit dem man sich
von diesem zur Erde herablassen kann.
Die Form, in der, abgesehen von den seltenen Fällen, in denen
sich ein Tier oder ein Mädchen ihrer bedient, die Pfeilleiter vor-
kommt, ist nun durchweg eine doppelte: entweder ist es ein einzelner
Knabe oder Mann, der sie abschießt, oder es sind zwei Brüder, die
das Unternehmen zusammen wagen. Dabei können dann in beiden
Fällen die Besteiger des Himmels entweder gewöhnliche Menschen
sein, die dieses Abenteuer unternehmen, um nun mit den Himmels-
bewohnem in Verkehr zu treten, die Töchter der Sonne zu heiraten, den
täglichen Transport der beiden großen Gestirne zu übernehmen und
wesentliche Merkmal, daß sie nicht von dem Hinaufsteigenden selbst hergestellt ist.
Sie kommt daher anch nur auf gleicher Linie mit andern Formen der Entrückong
zum Himmel in den Ahnenlegenden vor. Abgesehen von Nordamerika hielt sich da-
gegen die Pfeilleiter als Mittel des Aufstiegs zum Himmel sporadisch und weit getrennt
von ihrem Hauptverbreitungsgebiet im Nordwesten noch in Südamerika: so bei den
Jägerstämmen der Tupis im Guyanagebiet. (P. Ehrenreich^ Mythen und Legenden der
südamerikanischen Völker, S. 49.)
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 225
dergl., oder sie können selbst von einem Himmelsmenschen abstammen
und ihren Vater aufsuchen wollen. Zu der letzteren Gattung gehört z. B.
die folgende Erzählung aus Britisch-Kolumbien: »Ein Knabe wohnte
mit seiner Mutter allein. Er fragte sie eines Tages, ob er keinen Vater
habe. Sic erwiderte ihm, sein Vater sei weit fort. Da weinte der
Knabe und machte sich auf ihn zu suchen. Ein Schütze b^egnete
ihm, der ihm Bogen und Pfeile gab. Nun schoß er gen Himmel, und
der Pfeil blieb stecken. Einen zweiten ließ er folgen, der blieb in
der Kerbe des ersten, und so fuhr er fort, bis die Kette vom Himmel
zur Erde reichte. Er stieg hinan und kam zum Sonnenhaus. Da
saß seine Stiefmutter vor der Tür. Sein Vater freute sich aber sehr,
als er am Abend nach Hause kam. Es war ihm lästig geworden,
das Licht des Tages zu tragen. Er gab daher dem Jungen seine
Kleidung und seine Schmucksachen und ließ ihn statt seiner die
Sonne tragen, pr^e ihm aber ein, nicht zu schnell zu gehen. Doch
dieser gedachte der Warnung nicht. Als er am Morgen aufbrach,
ward er ungeduldig und begann immer schneller zu laufen. Da
wurde es so heiß auf Erden, daß die Felsen zerbarsten, das Meer
auszutrocknen anfing und die Muscheln schwarz gebrannt wurden.
Nun wurde sein Vater zornig, ergriff ihn, schleuderte ihn zur Erde
herab und rief: du bist zu nichts zu gebrauchen, werde zum Nerz,
damit fortan die Menschen dich jagen«*). Dem mag in kurzen Um-
rissen der Hauptinhalt eines Brüdermärchens an die Seite gestellt
werden, wobei die indianischen Eigennamen nach ihrer Wortbedeu-
tung übersetzt werden sollen: > Dereinst lebte ein Häuptling am
Himmel, der hieß Sonnenmann, er hatte zwei sehr schöne Töchter,
wollte aber nicht, daß sie heirateten, und tötete daher alle Freier.
Gleichzeitig lebte auf Erden ein Häuptling mit Namen Schönwetter,
der hatte zwei Söhne, die ihre Zeit mit Ifichtstun verbrachten. Da
wurde ihr Vater zornig und rief: warum verbringt ihr eure Zeit mit
unnützen Dingen und macht euch nicht lieber auf, die Töditer des
Sonnenmanns zu freien ? Nun gingen sie hin mit ihren Bogen und
Pfeilen und fingen an den Himmel zu beschießen, llit flcli eine Kette
gebildet hatte, die bis zur Erde reichte. Daran Uctterten sie
*) Boas, Indianische Sagen, S.234. Eine VarUntc dimatMmttAtm ebtmd. i. 1^
Ein verwandtes, aber weiter ausgeführtes melanesischc« !■■■■• ■■Cidrlngr^a- •■*
Melanesians, p. 169 ff.
Wundl, Völkerpsychologie II, 3. 15
226 ^«^ Natnnnythns.
Himmel empor.« Zuerst treffen dann die Brüder, als sie am Himmel
weitergehen, eine Anzahl blinder Frauen. Sie machen diese durch
ein Zauberkraut sehend, worauf sich die Frauen in Enten verwandeln
und davonflattern, zuvor aber den Brüdern Rat erteilen, wie sie den
Nachstellungen des Sonnenmanns entgehen können. Weiteren Rat
gibt ihnen noch ihr Großvater, der Kranich, den sie unterwegs treffen.
Er verwandelt ihren Steiß durch Zaubermittel in Stein und gibt ihnen
noch andere Schutzmaßregeln vor dem Sonnenmann und seinen
Töchtern an. So kommen sie zu diesen, denen die Jünglinge ge-
fallen, und die ihrem Vater erklären: wir wollen lieber die Söhne
von Schönwetter als die von Schlechtwetter heiraten. Bei dem Sonnen-
mann müssen diese nun aber allerlei Prüfungen bestehen. Er läßt sie
z. B. auf einem Stachelschwein Platz nehmen, was den Brüdern in
Anbetracht ihres steinernen Gesäßes keine Beschwerde macht. Ebenso
bestehen sie alle andern Proben, die ihnen der Sonnenmann auferlegt.
Dieser wird vor Schreck über die Zauberkunst der beiden Freier
krank und liegt zu Hause bei seinem Feuer, das nur noch niedrig
brennt, da ihm das Holz ausgegangen ist. Nun läßt er seine Schwie-
gersöhne zuerst Holz, dann, obgleich es Winter ist, allerlei Früchte
holen, und als sie alles das durch Zauberei herbeigeschafft, ver-
langt er auch noch einen Zauberspecht und eine doppelköpfige
Schlange, um durch sie die Brüder zu verderben. Doch die Tiere
gehorchen diesen mehr als dem Sonnenmann. Jene befehlen
daher dem Specht, ihrem bösen Schwiegervater die Augen auszu-
hacken, und der doppelköpfigen Schlange, ihn aufzufressen. Das
geschieht, und die Brüder werfen nun seinen Leichnam auf die Erde").
Hier endet die Geschichte. Man darf aber vielleicht nach Analogie
anderer, in den gleichen Gebieten verbreiteter Erzählungen annehmen,
daß nun die beiden Brüder selbst die Herrschaft über den Himmel
antreten, indem der eine zum Sonnen-, der andere zum Mond-
menschen wird.
Märchen wie diese sind echte Beispiele indianischer Phantastik.
Hier Zug für Zug auf ein Naturphänomen beziehen zu wollen, würde
^) Boas, ebenda S. 65 fT. Ein anderes wesentlich einfacheres Brüdermärchen mit
dem Pfcilleitermotiv ist als Beispiel primitiver Märcbenerzählang schon Teil I, S. 337
mitgeteilt.
Das Himmelsmärchen and seine irdiscben Partllelen. 227
darum sicherlich verkehrt sein. Denn es würde mit eben dieser
Phantastik im Widerspruch stehen, die, ihres Ausgangspunktes ver-
gessend, leicht einen irgendwo angeknüpften Faden beliebig weiter-
zuspinnen pflegt. So mögen denn die Qualen, die den Brüdern
durch den Sitz auf dem Stachelschwein zugedacht sind, vielleicht
noch an die stechenden Strahlen der Sonne, die begegnenden blinden
Frauen mit ihren Ratschlägen an die dem Tag feindliche Nacht
erinnern, aber schon hier sind wahrscheinlich mehr nur die allge-
meinen Gefiihlstöne dieser Vorstellungen als diese selbst lebendig ge-
blieben. Darf man doch nie vergessen, daß die Naturmärchen primi-
tiver Völker keine Allegorien sind, aber daß in ihnen die mytho-
logische Phantasie die ursprünglichen Naturanschauungen allmählich
ganz aus dem Bewußtsein verdrängen kann, indem mythische Ge-
bilde verschiedener Herkunft umgestaltend aufeinander einwirken.
Nur zwei zum ursprünglichen Motiv des Himmelsmärchens zurück-
kehrende, eng miteinander zusammenhängende Vorstellungen treten
wieder am Schluß der Geschichte hervor: der Sonnenmann wird
zuerst geblendet, dann durch ein Ui^eheuer getötet und endlich in
die Tiefe geworfen. Damit reicht das Märchen sichtlich in einen
Vorstellungskreis zurück, innerhalb dessen jeder neue Tag eine neue
Sonne bring^. Doch ist damit selbstverständlich nicht gesagt, daß
der spätere Märchenerzähler, bei dem ohnehin die Himmelsmotive,
soweit sie nicht, wie das Bild der Pfeilleiter, eine gewisse Sta-
bilität in sich tragen, verdunkelt sind, selbst noch jenem primi-
tiven Anschauungskreise angehört. Der Tod, den der Sonnenmensch
durch die zweiköpfige Schlange erleidet, verbindet aber diese Erzäh-
lung außerdem mit den Motiven der im Folgenden zu erörternden
Verschlingungsmärchen. Indem sich nun von eben jener Vorstel-
lung aus, nach der die Sonne des neuen Tages ein neuer Licht-
herrscher ist, leicht auch das geläufige Bild des Kampfes um die
Herrschaft in die Himmelsphänomene hineintragen läßt, wird damit
nicht nur die Verbindung mit dem Verschlingungsmotiv, sondern
auch die weitere nahegelegt, daß der künftige Sonnenhäuptling
oder das Brüderpaar, das sich in die Herrschaft des Himmels teilt,
zwar ursprünglich auf Erden weilte und zumeist von einer irdischen
Mutter geboren ist, selbst aber schon .von einem Sonnenmann ab-
stammt. Immerhin ist diese Vorstellung vielen Märchen, in denen
IS*
2 28 ^cr Natnrmythns.
die Pfeilleiter ihre Rolle spielt, fremd, und selbst wo ein Himmels-
bewohner ausdrücklich als der Vater des auf der Pfeilleiter auf-
steigenden Menschen erscheint, da wird doch vorausgesetzt, daß
dieser selbst auf Erden geboren sei. Darum ist es nun aber schwer-
lich gerechtfertigt, diese Märchen derart allegorisch umdeuten zu
wollen, daß das Aufsteigen zum Himmel bereits die Bewegung
der Gestirne bedeute und demnach die ganze Erzählung von An-
fang bis zu Ende ein reines Himmelsmärchen sei '). Das Mythen-
märchen des Naturmenschen ist vor allem als das aufzufassen, ab
was es sich gibt. Auch wo uns irgend ein mythisches Bild als eine
Umdeutung erscheint, da ist sie dem Naturmenschen Wirklichkeit,
und da muß sie darum selbst für uns noch deutlich als solche er-
kennbar sein. Nie und nirgends hat aber das Bild der Pfeilleiter eine
andere unmittelbar verständliche Bedeutung als die, daß sie ein der
Phantasie des primitiven Jägers naheliegendes Hilfsmittel ist, durch
das der Erdbewohner zum. Himmel gelangen kann. Dabei liegen
Himmel und Erde einander noch nahe genug, um auf mannig-
fachen Wegen, durch die Wanderung zum Horizont, das Empor-
klettem an Bäumen, für den Vogel durch den Flug und endlich für
den geübten Schützen auf der Pfeilleiter, den Himmel erreichbar
erscheinen zu lassen. Unter den Mitteln, die diesen Verkehr ermög-
lichen, überwiegen nun wieder weitaus diejenigen, die von der Erde
zum Himmel führen. Das ist nach dem Charakter des Himmels-
märchens begreiflich genug: dem abenteuernden Sinn, der diese
Phantasiewelt erfüllt, ist es viel wichtiger, in jene unbekannten Femen
zu wandern, als zu fragen, wie irgend einmal Tiere oder Menschen
zur Erde herabgestiegen seien. Solche Fragen erheben sich erst
beim Übergang zur kosmogonischen Dichtung. Mit ihr und noch
mehr mit der Entwicklung persönlicher Göttervorstellungen bleiben
höchstens die Bilder vom welttragenden Himmelsbaum oder auch
von den Enden der Welt, wo sich Erde und Himmel berühren,
bestehen. Die Pfeilleiter ist dann mit der primitiven Kultur, aus der sie
entsprungen, längst verschwunden. Dennoch hat auch jetzt der vom
Bogen abgeschossene Pfeil nicht ganz aufgehört, den Raum zwischen
Himmel und Erde zu durchmessen. Nur hat sich seine Richtung
') So Frobenius, Die Weltanschauung der Naturvölker, S. 1690".
Das Himmelsmärchen and seine irdbchen Parallelen. 22()
umgekehrt. Nicht der Mensch richtet mehr seine Pfeile gen Himmel,
oder wo das geschieht, v/ie bei dem zürnenden Herakles, da erreget
solch wahnsinniger Übermut nur das wohlwollende Mitleid des
Gottes; vielmehr ist es nun der Sonnengott selbst, der seine
Pfeile gegen die Erde richtet, um einzelne zu verderben oder um
Pest und Vernichtung über die Länder zu senden. So bleibt auch
in dieser Umkehrung das Motiv des geschossenen Pfeils bestehen.
Immerhin ist in dieser Beziehimg der eingetretene Wandel bezeich-
nend. In der Pfeilleiter überwiegt ganz die Vorstellung des selbst
gehandhabten Bogens, mit dem der geübte Schütze sicher sein Ziel
trifft: die weitere Vorstellung des Sonnenstrahls, der die Bahn eines
so geschossenen Pfeils sein könnte, klingt höchstens leise daneben
an. In dem Bild des Pfeile sendenden Gottes dagegen ist diese Vor-
stellung zur herrschenden geworden, die die Gestalt des irdischen
Schützen assimiliert hat. So zeigt dieser Wandel der Anschau-
ungen, wie die mythologische Entwicklung nicht von den Himmels-
erscheinungen ausgeht und diese allmählich auf die Erde verlegt,
sondern wie sie umgekehrt auf irdischem Boden beginnt und dann
erst den Himmel in ihren Bereich zieht, gerade so wie bei den primi-
tiven Himmelswanderungen der Aufstieg nach oben die vorherrschende
Rolle spielt. Diese Einbeziehung der Himmelsphänomene in den
Kreis des irdischen Lebens vollzieht sich aber gerade auf primitiver
Stufe um so leichter, je näher hier beide auch noch räumlich einander
erscheinen, so daß die Vorstellung sich aufdrängt, jenes der Erde be-
nachbarte Himmelsland durch eine ausdauernde Wanderung erreichen
oder auf Bäumen und Leitern erklettern zu können. In dem Maße
als in der Anschauungswelt des Menschen Himmel und Erde einander
ferner rücken, beginnt daher auch der Gedanke an die Himmels-
wanderung, namentlich an die auf den direkt nach oben fuhrenden
Wegen, zu verblassen. Jetzt erst wird der umgekehrte Weg der
vorherrschende : die Götter steigen zur Erde herab und ihre Geschosse
richten sich gegen die Erdbewohner, denen sie zürnen. Zu einer
näheren Anteilnahme an den Geschicken der Menschen bedürfen aber
auch sie mindestens zeitweise der irdischen Wohnsitze, die sie zwischen
Himmel und Erde auf den Gipfeln unzugänglicher Berge aufschlagen.
Der primitive Jäger, der seinen Pfeil gen Himmel sendet, um zuerst
auf seiner Pfeilleiter hinaufzuklimmen und sich dann wieder am Seil
230 ^er Naturmythus.
zur Erde herabzulassen, ist auf solche Weise selbst ein Repräsentant
dieser Entwicklung der Himmelsmythologie.
Aber auch das Bestehen der Himmelsleiter ist mit dem Unter-
gang ihrer frühesten Form, der Pfeilleiter, nicht beendet, so wenig
wie der Drang des Menschen zum Himmel zu kommen jemals ganz
verschwindet. Neben den Wunderbäumen und der Wanderung zum
Horizont oder zu einem andern irgendwo an einem fernen Ort ge-
legenen Eingang in eine andere Welt bewahrt für den Verkehr der
Seele mit dem Himmel, wo das Bedürfnis zu einem solchen sich
einstellt, die Leiter ihren Wert als ein überall bereitstehender Weg,
auf dem sich jene in Traum und Ekstase zum Himmel erheben kann,
oder mit dessen Hilfe die Geister der Höhe dem Menschen nahe
treten. So sieht Jakob nach der Erzählung des Elohisten im Traum
eine Leiter, deren oberes Ende zum Himmel reicht und auf der die
Engel auf- und abgehen (i. Mos. 28, 12). Diese Phantasieleiter ist
freilich keine Pfeilleiter mehr. Auch fuhrt sie nicht den Visionär
selbst zum Himmel empor, sondern sie läßt ganz im Sinne jener
Umkehrung in der Richtung der direkten Himmelswanderung die
Bewohner des Himmels zu ihm herabkommen ; und so dient sie denn
auch, wie die spätere Dichtung das Bild noch weiter ausschmückt,
der Wanderung dieser höhern Wesen durch die Regionen des Himmels,
wo sie als »Himmelskräfte auf- und niedersteigen und sich die
goldenen Eimer reichen« (Faust, I. Teil, 449). Doch in der christ-
lichen Märtyrer- und Heiligenlegende, der der Dichter dieses bei-
nahe schon zur Metapher verblaßte Bild wohl entlehnt hat, ist auch
die Himmelsleiter ein auf- wie abwärtsführender Weg geblieben: der
Visionär sieht den Himmel offen, von wo die Engel zu ihm herab-
kommen, um ihn in das Reich der Seligen emporzufiihren').
c. Das Verschlingangsmärchen.
Ist der Schauplatz der Himmelswanderungen seiner Natur nach
ein doppelter, halb irdischer, halb himmlischer, so sind die drei nun
folgenden Gattungen von Märchen dadurch gekennzeichnet, daß sie
') Sehr anschaolich ist dieser Vorgang, worauf mich mein verehrter Frennd
G. Heinrici aufmerksam macht, in dem Martyrium der heil. Perpetua geschildert.
(Passio Sanctarum Martyrum Perpetyae et Felicitatis. Superior. permiss. ed. Luc.
Holstenias. Romae 1663, p. 9).
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 23 1
sowohl auf der Erde wie im Himmel spielen können, daß aber die
einzelne Erzählung auf einen einzigen Schauplatz, sei es auf den
irdischen oder den himmlischen, beschränkt zu sein pflegt. Dies
liegt in der Natur der diesen Märchengattungen zu Grunde liegenden
Vorstellungen. Ungeheuer, die Menschen und Tiere verschlingen,
gibt es auf Erden, kann es aber auch am Himmel geben, so lange
die Gestirne nnd Wolken als lebende Wesen gedacht werden; imd
nicht anders verhält es sich mit den Erscheinungen, die den Inhalt
der Zwillings- und der Truhenmärchen bilden. Der Kampf mit dem
Ungeheuer, der am Himmel spielt, kann aber nicht gleichzeitig auf
Erden stattfinden. Hier überall handelt es sich daher nur um Mythenin-
halte, die in ihren irdischen und hinmilischen Formen einander parallel,
nicht wie bei den Himmelswanderungen ineinander übergehen. Wir
können daher diese drei Märchengnippen auch unter der Bezeichnung
der Parallelmärchen zusammenfassen. Als ihr gemeinsames Merk-
mal können jedoch die engen Assoziationen betrachtet werden, die
zwisclien den himmlischen und irdischen Formen dieser Erzählungen
bestehen, und die ihre wechselseitige Assimilation begünstigen, ein
Merkmal, das sie im allgemeinen von den unten zu erörternden
Kampf- und Verfolgungsmärchen trennt, bei denen sich die Himmels-
motive deutlich von den irdischen, die natürlich auch hier die Aus-
gangspunkte abgeben, scheiden. Doch fehlt es natürlich auch hier
nicht an Übergängen, und besonders die Verschlingungsmärchen
bilden solche Übergangsglieder, insofern sie in der Regel zugleich
Motive des Kampfes enthalten. Was sie auszeichnet und den Parallel-
märchen einordnet, das ist aber die große Ahnlichkcft der irdischen
und der himmlischen Märcheninhalte, die zugleidi eine wechselseitige
Assimilation der Elemente auf Erden und der am Himmel spielenden
Erzählungen begünstigt.
Daß nun bei diesen Parallelmärchen die irdischen den hnmnlischen
Motiven vorausgegangen sind, kann selbstverständlich aicbt bezv. eiftlt
werden. Wenn nicht auf Erden Krokodile, All^^atoieii, Wale, Haifische
und andere Tiere vorkämen, die gelegentlich MciMchcD verschür.g-en-
so könnte natürlich auch der Untergang der Sonne Uiler einer c-öitlÄ
Wolke oder das Verschwinden des Mondes und der Sonne \,'z. -yeß
Mond- und Sonnenfinsternissen nicht als Venddagaog d'jr:r. ^
Ungeheuer aufgefaßt werden. Ein chanldcrirtiKfcer Ur.:er=£Ü^
232 I^cr Natnnnythas.
zwischen der mythologischen Apperzeption dieser außergewöhnlichen
Ereignisse und des täglichen Sonnenuntergangs besteht nun vor allem
darin, daß die Verfinsterui^en und die allerdings seltener unter dem
gleichen Bild erscheinende abnehmende Mondphase auf ein Ver-
schlingen durch gewaltige Landtiere, meist riesige Hunde oder Wölfe,
bezogen wird, während es ein Seeungeheuer, ein fisch- oder schlangen-
gestaltiger Drache zu sein pflegt, der die Sonne bei ihrem Untergang
verschlingt. Diese Verschiedenheit der Tiere, die ihr Bild zu der
Erscheinui^ des die Sonne verschlingenden Ungeheuers leihen, spricht
sich auch darin aus, daß die den Verfinsterungen entsprechenden
Verschlingungsmythen unregelmäßig über die Regionen der Erde
zerstreut sind, indes die Sonnenuntergangsmythen hauptsächlich am
Seestrand und an großen Flußläufen ihren Ursprung zu nehmen
scheinen. Zugleich ist es offenbar die Regelmäßigkeit des Phänomens
sowie die größere Ähnlichkeit des sich aufdrängenden Bildes mit dem
des verschlingenden Ungeheuers, die in diesem Fall die Schildenmgen
zu Parallelmärchen gestaltet, bei denen das irdische und himmlische
Bild sich wechselseitig durch Austausch ihrer Elemente assimilieren
können, wogegen die Verfinsterungsmärchen vermöge der Eigenart
der Himmelserscheinungen nur in unregelmäßigere und unbestimmtere
Beziehungen zu irdischen Vorgängen treten. Darum m^ zwar von
frühe an das Bild eines solchen Ereignisses in verschiedene Mythen-
gebilde eingehen ; dennoch scheint es nicht, daß dieses Himmelsphä-
nomen zu einer fest ausgeprägten Mythenform geführt hat. So
bleiben als typische und zugleich charakteristische Verschling^ungs-
märchen nur die Sonnenuntergangsmythen zurück, die zugleich den
Charakter von Parallelmythen in dem obigen Sinne besitzen.
Verschlingungsmärchen in diesem weiteren Sinne, d. h. Erzählungen,
in denen überhaupt Menschen von gewaltigen Tieren oder Ungeheuern
verschlungen werden, sind nun über die ganze Welt verbreitet, ohne
daß man natürlich berechtiget wäre, dies ohne weiteres auf eine solare
oder auch lunare Bedeutung solcher Mythen zu beziehen. Auch die
spätere Befreiung aus dem Ungeheuer bietet dazu kein Motiv. Sie fehlt
begreiflicherweise stets auf jener primitiven Stufe, wo die aufgehende
Sonne als eine neue erscheint, etwa wie in dem obigen Aufstiegs-
märchen, wo ein junger Sonnenmensch mit Hilfe eines Drachen den
alten besiegt (S. 226). Außerdem fehlt aber das Befreiungsmotiv, wie
Das Himmelsmärchen mid seine irdischen Parallelen.
233
wir sogleich sehen werden, regelmäßig bei den reinen Sonnenunter-
gangsmythen. Endlich darf man ja erwarten, daß die Gefahr, von
wilden Tieren verschlungen zu werden, auch in der Märchendichtung
des Naturmenschen sich spiegelt, indes ihm hier zugleich das Glücks-
motiv der Errettung aus dem Bauch des Ungeheuers zu Hilfe kommt,
so selten auch ein solches Ereignis in der Wirklichkeit vorkommen
mag. In der Tat gfibt es eine sehr große Zahl von Verschlingungs-
märchen, bei denen wir keinerlei Grund haben, an einen Sonnen-
untergangsm)^us zu denken, gerade so wie nicht jeder Kampf, den
eine phantastische Märchenerzählung schildert, ursprünglich ein Kampf
am Himmel gewesen sein muß. Vielmehr wird es in jedem einzelnen
Fall einer besonderen Prüfung bedürfen, um zu entscheiden, wo ein
solches den Parallelformen angehöriges Märchenmotiv seinen nächsten
Ursprung hat. Natürlich ist eine solche Prüfung nicht dadurch
zu erledigen, daß man, ähnlich wie bei den Aufstiegsmythen, dem
Himmel zuweist, was das Märchen selbst in den Himmel verlegt, und
der Erde, was es auf Erden geschehen läßt. Denn bei den Parallel-
märchen ist es immer möglich, daß ebensogut eine ursprünglich am
Himmel spielende Geschichte auf die Erde wie umgekehrt eine irdische
an den Himmel verlegt wird. Aber es kann auch vorkommen, daß
Motive von beiderlei Art ineinander geflossen sind. Um zu ent-
scheiden, welcher dieser Fälle wahrscheinlich ist, wird man daher
gut tun, zunächst von den Mythenmärchen auszugehen, die sich ohne
weiteres dadurch als Sonnenuntergangsmythen zu erkennen geben,
daß sie direkt auf den Himmel und die Sonne bezogen werden.
Dann erst wird zu untersuchen sein, inwieweit etwa Motive, die ihnen
entlehnt sind, in solchen Mythenmärchen und ihren Umbildungen
wiederkehren, die nach dem Märchen selbst und ohne Zweifel auch
nach dem Glauben des Märchenerzählers auf Erden spielen, während
doch ihr ursprünglicher Schauplatz wegen der bei den Parallel-
märchen vorkommenden Verbindungen von Elementen möglicher-
weise der Himmel sein kann.
Nun gribt es reine Sonnenuntergangsmärchen nur wenige,
und sie kommen offenbar bloß in einer sehr frühen Zeit der Mythen-
entwicklung vor, in der auch noch das Aufstiegmärchen in seiner
ursprünglichen naiven Form besteht, mit dem jene meist in un-
mittelbare Verbindung gebracht sind. Solche reine Sonnenunter-
234 ^®' Naturmythns.
gangsmärchen treffen wir also in keiner der Mythologfien der Kultur-
völker, und selbst bei den Naturvölkern Nordwestamerikas und Mela-
nesiens, wo sie hauptsächlich zu finden sind, leben sie nur noch in
wenigen vereinzelten Erzählungen. Ein Beispiel dieser Art haben
wir oben als Abschluß einer Himmelswanderung kennen gelernt
(S. 226). Es repräsentiert den wahrscheinlich regelmäßigen Typus
eines primitiven Sonnenuntergangsmärchens, bei welchem das ver-
schlingende Ungeheuer die Sonne des abgelaufenen Tages für immer
tötet. Zugleich spiegelt sich in dem mythologischen Bild über-
aus deutlich die Naturanschauung, mit der es hier sichtlich noch
völlig zusammenfällt: die zweiköpfige Schlange umfaßt den Sonnen-
menschen von zwei Seiten her, sie verschlinget ihn aber nicht ganz,
sondern, nachdem sie ihn getötet, werfen ihn die Brüder ins Meer.
Das ist das unverkennbare Bild einer die Sonne rechts und links um-
fassenden Wolke, die schließlich von ihr nur noch ein kleines Stück
übrig läßt, das dann anscheinend mit plötzlicher Geschwindigkeit ver-
sinkt. Dieses Versinken wird hier unmittelbar als ein Herabsturz
zur Erde geschaut.
In einer interessanten Variante dieses Märchens, die aber in
mehreren wichtigen Stücken abweicht, ist es nur der eine der beiden
Brüder, der auf der Pfeilleiter zum Himmel steiget. Er trifft hier
zuerst einen Tintenfisch, der ihm seinen Mantel leiht, und mit dem
er unbemerkt in das Haus des Sonnenmanns gelangt, um, während er
als Sklave bei diesem dient, heimlich seine jüngste Tochter zu freien.
Als er sich nun wegen der ihm widerfahrenden schlechten Behand-
lung an dem Schwiegervater rächen will, zaubert er, da er hört, daß
sich dieser vor Fischen furchtet, durch seinen Speichel mehrere Wale
herbei, worauf nun der Sonnenmann, ähnlich wie in der vorigen
Erzählung, von ihm getötet und in die Tiefe geworfen wird"). Hier
haben wir es aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer der in ähnlichen
Formen so oft wiederkehrenden Verbindungen verschiedener Erzäh-
lungen von verwandtem Inhalt zu tun. Der Tintenfisch, der Wal, die
Schlange, sie alle sind verschiedene Formen, in denen das Bild der
hinter Wolken untergehenden Sonne apperzipiert werden kann. Alle
diese Bilder konnten um so leichter vermenget werden, je mehr ihre
*) Boas, a. a, O. S. 68 flf.
Das Himmelsmärchen nnd seine irdischen Parallelen. 235
eigentliche Bedeutung in der Tradition verblaßte. Charakteristisch
ist aber in dieser Erzählung noch der Zug, daß sich der Sonnen-
mann vor den großen Fischen furchtet: er weist darauf hin,
wie in dieses Bild der untergehenden Sonne verschiedene solche
Fische hineingesehen werden können. In der Erzeugung der den
Sonnenmenschen bedrängenden Wale aus dem Speichel hat sich end-
lich noch ein Motiv aus dem uns bereits bekannten Seelenzauber dem
Ganzen beigemischt (vgl. Teil II, S. 20 ff.).
Das hier berichtete Märchen ist, wie man sieht, in seinen
beiden Varianten ein Sonnenuntergangsmythus. Mit dem Tod des
Sonnenmenschen ist die Geschichte abgeschlossen : am nächsten Tag
tritt der neue Sonnenmensch seine Herrschaft an. Diese Vorstellung,
daß jeder Tag eine neue Sonne bringt, mag in den Gebieten, in
denen heute noch die Erzählung in der Überlieferung fortlebt, längst
nicht mehr geglaubt werden, in der Zeit, in der das Märchen ent-
standen ist, muß dieser Glaube bestanden haben. In der Tat erzähl-
ten noch Togoneger, die gegenüber den nordpazifischen Indianern einer
erheblich höheren Kulturstufe angehören, an Spieth, in alten Zeiten
habe bei ihnen die Ansicht bestanden, jedes Dorf habe seine be-
sondere Sonne und seinen besonderen Mond; in neueren Zeiten sei
aber die Ansicht durchgedrungen, daß diese Meinung falsch sei*).
Die Vorstellung, die im Osten erscheinende Sonne sei dieselbe, die
am Abend zuvor im Westen untergegangen, ist aber wohl noch
weniger einleuchtend als die andere, an verschiedenen Orten scheine
die gleiche Sonne. Es ist also wohl begreiflich, daß, solange der
Sonnenuntergangsmythus seinen ursprünglichen Inhalt bewahrte, er
sich unmöglich mit der andern Vorstellung einer unmittelbaren Er-
rettung des Sonnenhelden aus dem Ungeheuer verbinden konnte.
Das wäre höchstens in den Polarregionen im Hochsommer möglich
gewesen, in Gegenden, in denen die spärlichen Reste solch un-
mittelbarer Sonnenuntergangsmärchen heute wenigstens nicht mehr
aufzufinden sind, wogegen sie uns, abgesehen von den südlicheren
Küstenländern Nordwestamerikas, noch in Melanesien begegnen.
Wohl aber ist es möglich, daß dasselbe Motiv in umgekehrter Form,
als Sonnenaufgangsmythus, erscheint: die über den Horizont aut-
') J. Spieth, Die Ewe-Stämme, S. 355.
236 ^cr Naturmythus.
steigende Sonne als ein Mann, der aus dem Rachen eines Unge-
heuers hervorkommt. Doch wo diese Vorstellung anklingt, hat sie
sich zu einem selbständigen Mythus gestaltet, der nicht an einen un-
mittelbar vorausgegangenen Sonnenuntergangsmythus gebunden ist,
wenn er auch in einem psychologischen Zusammenhang mit dem
letzteren steht, insofern die Vorstellung des Verschlungenwerdens
jedenfalls die näherliegende ist. In der Tat hat Codrington eine sehr
altertümlich anmutende Erzählung von einer der melanesischen Inseln
(Ysabel Island) bewahrt, in der uns diese Umwandlung eines Sonnen-
untergangs- in ein Sonnenaufgangs- oder eines Verschlingungs- in
ein Befreiungsmärchen sprechend entgegentritt: »Ein Fischer saß auf
einem Hügel nahe dem Strand und blickte auf die See herab. Da sah
er, wie das Wasser des Meeres schwarz wurde und Blasen trieb. Nun
ging er hinab, legte am Ufer Keule und Schild nieder und schwamm
in die See. Dann steckte er einen Obsidian in sein Ohr und tauchte
unter. Da kam ein großer Fisch auf ihn zu, verschlang ihn und
schwamm mit ihm ostwärts, bis sie an eine seichte Stelle kamen.
Hier legfte sich der Fisch hin, der Fischer aber erinnerte sich an den
Stein in seinem Ohr, schnitt damit den Bauch des Fisches von innen
auf und schlüpfte heraus. Da sah er, wie dicht neben ihm plötzlich
der Sonnenmann aus einer Öffnung emporstieg. Er befahl dem
Fischer ihn auf seinem Weg am Himmel zu begleiten. Als sie eine
Zeitlang gegangen waren, kamen sie im Dorf der Sonnenkinder an,
bei denen der Fischer blieb, und die er lehrte, wie man aus roher
Nahrung mittels des Feuers gekochte bereite. Dann zogen auch die
Sonnenkinder ihres Weges, verboten aber dem Fischer ihnen zu
folgen. Als er es dennoch tat, ließen ihn jene durch ein Loch des
Himmels herabblicken, und er bemerkte nun, daß er wieder gerade
über dem Hügel seines Heimatdorfes war. Da versorgten die Sonnen-
kinder ihn noch mit Samen, machten eine Kiste und banden ein Seil
daran. Der Fischer setzte sich in die Kiste, und die Sonnenkinder
ließen das Seil zur Erde herab, wo jener wohlbehalten wieder bei
den Seinigen ankam').
Daß diese Geschichte aus einer Mischung verschiedener Märchen-
motive besteht, die erst verbunden wurden, als die ursprüngliche Bedeu-
') Codrington, The MeUnesians, p. 365 ff.
Das Himmelsinärclien nnd seine irdischen Parallelen.
237
tung teilweise verdunkelt war, ist unverkennbar. Sie beginnt als ein
gewöhnliches Verschlingungsmärchen, das, wie es auf Erden spielt, so
auch möglicherweise ursprünglich nichts mit einem Sonnenmärchen
zu tun hatte. Dann hat offenbar eines jener Sonnenaufgangsmärchen
herübergewirkt, nach denen die Sonne des Morgens plötzlich aus der
Tür ihrer Hauses tritt. Mit dieser Vorstellung hat sich aber noch
die andere des Sonnenuntergangs als einer Verschlingung der Sonne
durch ein Fischungeheuer verwebt. Zu beiden ist endlich die einer ver-
borgenen Rückwanderung der Sonne während der Nacht von Westen
nach Osten hinzugetreten: das klingt in dem Schwarzwerden des Meeres
imd in dem Weg des Fisches von Westen nach Osten an. Gleich-
wohl ist es nicht der Sonnenmann selbst, der sich aus dem Fisch
befreit, sondern die Erscheinung des Sonnenaufgangs wird einer
andern, wohl noch früheren Gruppe von Sonnenmärchen entnommen,
in der die Sonne des Morgens aus der Türe ihres Hauses tritt*). Der
Fischer ist daher zu einem bloßen Begleiter des Sonnenmanns nach
seinem Hause geworden, das irgendwo sonst am Himmel gedacht
wird. In dem Herablassen in einer Kiste spielt endlich aus einer
andern Märchengfruppe , die wir unten kennen lernen werden, das
Truhenmotiv herein. Ebenso klingt aus einer verbreiteten Gruppe
von Kulturmärchen das Feuerholen aus dem Himmel mit der damit
verbundenen Unterweisung in der Nahrungsbereitung an (vgl. unten 7).
Aber da diese Tat im Märchen meist einem menschlichen Urahnen
zugeschrieben wird, so hat sich die Anwendung des Motivs umge-
kehrt: nicht der Fischer lernt von den Sonnenkindern die Kunst des
Kochens, wie man erwarten sollte, da doch sie das Feuer besitzen,
sondern jener unterweist diese, — eine Umstellung, in der sich
wiederum die Verdunkelung der ursprünglichen mythischen Motive
verrät. Nicht minder zeigt sich diese auch in der Mischung der
verschiedenen, ganz abweichenden mythischen Vorstellungen ange-
hörigen Züge, wobei dann diese Mischung jedenfalls ihrerseits wieder
die Verdunkelung begünstigen mußte. Dabei tritt nun ein neues
Moment hervor: das Märchen bringt das Sonnenuntergangsmotiv der
Verschlingung durch ein Ungeheuer mit dem Sonnenaufgang in
Verbindung, und es führt zu dem Ende zwei Hilfsmotive ein, die
') VgL hierzn das primitive Himmclsmärchcn auf S. 71.
238 ^c' Naturmythus.
verborgene Wanderung von Westen nach Osten und die gewaltsame
Öffnung des Fischbauchs, die in einem früheren Stadium vielleicht
durch den Sonnenmenschen selbst erfolgte, und die jetzt dem be-
gleitenden Fischer überlassen geblieben ist Dann müssen aber
schon in der ursprünglichen Fassung des Märchens der Unter- und
der Aufgang der Sonne Inhalte Verschiedener Erzählungen oder
mindestens ganz verschiedene Teile einer einzigen gebildet haben.
Auch spricht alles dafür, daß das Verschlingungsmotiv zunächst nur der
Erscheinung des Sonnenuntergangs zugeteilt war und erst später durch
das von irdischen Vorbildern des gleichen Märchenstoffes stammende
Motiv der gewaltsamen Öffnung des Fischbauchs mit dem Sonnen-
aufgang in Verbindung gebracht wurde. Immerhin blieben beide
Vorgänge vermöge der räumlichen und zeitlichen Trennung einander
noch fem genug, daß hier leicht Verdunkelungen und Verschiebungen
eintreten konnten, wie sie unverkennbar bei dem obigen melane-
sischen Märchen stattfanden.
Diesen außerordentlich spärlichen und selbst an den Orten, wo sie
sich vorfinden, nie vollkommen rein erhaltenen Beispielen unzweifel-
hafter Sonnenunter- und Sonnenaufgangsmärchen gegenüber ist nun
die Zahl der nach ihrem unmittelbaren Inhalt auf der Erde spielen-
den Verschlingungsmärchen geradezu Legion, und ihre Formen sind
zugleich überaus mannigfaltig je nach der besonderen Art, wie die
Verschlingung geschieht, wie der Aufenthalt des Helden im Fisch-
bauch, und wie endlich seine Rettung aus diesem geschildert wird.
Nur in dem einen Punkt stimmen alle diese Märchen überein, daß
der Verschlungene wieder gerettet wird, mag ihm nun ein Befreier von
außen zu Hilfe kommen oder er selber sich den Weg bahnen, und mag
er aus dem Rachen des verschlingenden Ungeheuers oder durch ein in
dessen Eingeweide gebohrtes Loch hervorkriechen. Man pflegt mm
gerade diese Verbindung der Verschlingung mit der nachherigen Rettung
als einen Beleg dafür anzusehen, daß es sich hier überall um einen ur-
sprünglichen Sonnenmythus handle, da nur die Sonne dieses Schauspiel
des Verschwindens und Wiedererstehens nacheinander biete, während
auf Erden der von einem Untier Verschlungene kaum jemals wieder
aus diesem gerettet werde. Aber das Märchen schildert ja nicht die
Wirklichkeit selbst, sondern die auf Grund allgemein menschlicher
Triebe und Wünsche phantastisch umgedichtete. So gehören denn
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. ^^g
auch vor allem die Verschlingungsmärchen zugleich zur gfroßen
Klasse der Glücksmärchen, und da ist es denn schlechthin undenkbar,
daß der Erzähler den Glückshelden im Bauch des Ungeheuers stecken
läßt Auf irgend einem Wege muß dieser wieder heraus, und als
der befriedigendste wird natürlich der vorgezogen, daß sich der Held
durch eigne Kraft befreit, und das geschieht wieder am vollkom-
mensten, wenn er sich selbst mit der Waffe, die ihm zu Gebote steht,
seinen Weg bahnt. Auf der andern Seite haben wir oben gesehen,
daß die ursprünglichen solaren Verschlingungsmärchen nur Sonnen-
untergangsmärchen sind, und daß die Übertragung auf den Sonnen-
aufgang aus begreiflichen Gründen wahrscheinlich nie eine voll-
ständige gewesen ist, ja daß sie in der Form einer unmittelbaren
Verbindung der Verschlingung und der darauf folgenden Befreiung
eines und desselben Sonnenmenschen möglicherweise niemals bestan-
den hat. Und doch bildet gerade dieser Fall bei den auf der Erde spie-
lenden Verschlingungsmärchen die Regel. Demnach ist es offenbar weit
wahrscheinlicher, daß hier das Wiederbefreiungsmotiv in dem irdischen
Märchen entstanden und, wenn es je in dem himmlischen vorge-
kommen sein sollte, aus jenem in dieses herübergewandert ist, nicht
umgekehrt. Auf der andern Seite läßt sich nicht verkennen, daß in vielen
der Verschlingungsmärchen, die auf Erden ihren Schauplatz haben,
einzelne Züge vorkommen, die an die Sonnenuntergangsmärchen
erinnern. Dahin gehört nicht die Errettung aus dem Bauch des Un-
geheuers, auch nicht die auf einem gewaltsam eröffneten Weg, wo-
bei dann meist das Ungeheuer selbst zu Grunde geht. Wohl aber
gehört hierher der merkwürdige Zug, daß sich in manchen dieser
Erzählungen der Verschlungene in dem Bauche des Ungeheuers ein
Licht anzündet, oder daß in andern Fällen von der großen im Fisch-
bauch herrschenden Hitze geredet wird, wobei dann beidemal der
Gerettete durch die Verbrennung seine Haare verliert. Mag nun
auch die erhöhte Temperatur im Innern des Ungeheuers an sich noch
nicht als eine zwingende Analogie angesehen werden, da sie möi»-
licherweise auf die natüriiche Wärme der inneren Organe eines Tinr-i
bezogen werden kann, die auch dem primitiven Menschen bekannt
ist, so liegt es doch nahe genug, sie mit jener Feuerentzündunj: im
Fischbauch in Verbindung zu bringen und als eine Abschwarhunj^
dieses kräftigeren Motivs zu betrachten, die möglichen^'eisc «pülrr
2/fo Der Nätarmythns.
eben unter dem Einfluß einer gewissermaßen rationalisierenden Um-
deutung des Feuers in die wirklich beobachtete innere Wärme ent-
standen sein könnte. Jedenfalls ist aber das Feueranzünden selbst
einer solchen Übertragung aus dem Sonnenuntergangsmärchen um
so dringender verdächtig, je unmotivierter diese Handlung im ganzen
sonstigen Zusammenhang der Erzählung erscheint. So gibt es denn auch
begreiflicherweise Fälle, in denen eine solche assimilative Wirkung
der himmlischen Form des Verschlingungsmythus auf eine irdische
möglich, aber unsicher ist. Dahin gehört z. B. das folgende mela-
nesische Märchen: »Einst lebte ein Kannibale so groß wie ein Baum,
der alle Menschen, deren er habhaft werden konnte, verschlang, so
daß schließlich das ganze Dorf entfloh mit Ausnahme einer Frau,
die sich in einer Höhle verborgen hielt und hier einen Sohn gebar.
Nachdem dieser zwanzig Jahre alt geworden, beschloß er das Unge-
heuer zu töten. Er baute sich ein Haus auf einem hohen Baum und
wartete ab, bis der Kannibale herankam. Dann warf er ihm zuerst
Steine, hierauf Felsblöcke und endlich, nachdem er ihm auch noch
das eine Auge ausgestochen hatte, ein brennendes Scheit Holz in
den Schlund. Da verendete der Riese, das Volk aber kehrte, als es
die Kunde vernahm, zurück, der Knabe heiratete die Tochter des
Riesen und wurde ein großer Häuptling«*). So verführerisch es er-
scheinen mag, hier nach bekannten Mustern einen Sonnenmythus
oder allenfalls auch, indem man das dem Riesen ausgestochene Auge
zu Hilfe nimmt, einen Mondmythus zu konstruieren, so wird man
doch, wenn man die oben geforderten Kriterien anwendet, in diesem
Fall selbst eine assimilative Einwirkung der Sonnenuntergangsvor-
stellung auf das irdische Verschlingungsmärchen zweifelhaft lassen
müssen. Denn der dem Ungeheuer in den Rachen geworfene Feuer-
brand kann immerhin auch als eine natürliche Wafie zu dessen Tötung
gelten, die eine solche Assoziation nicht unbedingft nötig macht, sie
aber freilich auch nicht ausschließt.
Doch abgesehen von diesen an sich seltenen zweifelhaften Fällen
ist die Zahl der Mythenmärchen, in denen ohne solche direkte Motive
im Innern des verschlingenden Ungeheuers ein Feuer entzündet wird,
zwar ansehnlich genug, um den Zufall auszuschließen ; aber sie bleibt
*) H. H. Romilly, From my Verandah in New Guinea, 1889, p. 120 ff.
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 24 1
klein gegenüber der Masse von Verschlingungsmärchen, bei denen
ii^endwelche Beziehungen zu Himmelserscheinungen überhaupt nicht
vorhanden sind. Wo nun das Merkmal der unmotivierten Entzün-
dung des Feuers fehlt, wo nicht einmal der Wärme im Fischbauch
gedacht ist, sondern die ganze Erzählung einfach als eine wunderbare
Rettung aus einer den Menschen oft genug auf Erden bedroh-
enden Gefahr auftritt, da liegt natürlich nicht der geringste Grund
vor, in dem Verschlingungsmotiv als solchem einen auf die Erde über-
tragenen Sonnenmythus zu sehen. Die folgenden Beispiele werden
genügen, dies an den drei typischen Formen irdischer Verschling-
ungsmärchen zu veranschaulichen. Die erste Form besteht in der
Verschlingung und nachherigen Errettung aus dem Bauche des
Ungeheuers durch gewaltsame Öffnung desselben, ohne daß je-
doch dieser Flucht das Anzünden eines Feuers vorangeht. Hier-
her gehört eine schon oben unter den Glücksmärchen angeführte
Kaffirerzählung (S. 91 fT.). Als Sikulume von seiner ersten mit andern
Knaben xmtemommenen abenteuerlichen Wanderung nach Hause
kommt, findet er das ganze Dorf ausgestorben. Nur ein altes
Weiblein ist übrig geblieben, das ihm erzählt, alles sei von einem
furchtbaren Ungeheuer verschlungen worden. Da steigt er in
den Fluß, in dem das Ungeheuer lebt und läßt sich ebenfalls von
diesem verschlucken. In dem Magen des Tieres trifft er seinen Vater,
seine Mutter und alle andern Leute des Stamms samt ihrem Vieh.
Er nimmt dann sein Messer und durchsticht das Ungetüm von innen
nach außen, so daß dessen Blut hohe Wellen treibt und es selbst
stirbt. Sikulume aber erweitert die Wunde, bis alle, die gefangen
gewesen waren, Menschen und Vieh, wieder aus dem Bauch des
Tieres hervorkommen. Diese Geschichte trägt oiTenbar kein ein-
ziges Merkmal, das veranlassen könnte, sie auf einen Himmclsvorgang
zu beziehen. Auch würde es gezwungen sein, bei dem Blut des
Ungeheuers etwa an die Abendröte zu denken. Denn -dieser Zug
ist ja in dem Inhalt der Erzählung selbst zureichend begröndet, und
es liegt daher kein Anlaß vor, hierzu eine andere ErscheiBiiig her-
beizuziehen, die mit diesem Inhalt in keiner Verbindung Miüd.
Als Beispiel des zweiten Typus, der Errettung des Vcadumigenen
in Verbindung mit der Erwähnung der inneren Hitasc fl ^W^^'-rs
mag das folgende Märchen der Kawitchin-Indianer Vf^ ■ördpazi-
Wundt, Volkerpsychologie II, 3.
2A2 I^cr Naturmythus.
fischen Küste dienen: »Zwei Knaben fuhren eines Tags auf ihrem
Boot in die See. Da erblickten sie aus der Feme einen Walfisch.
Sie überhäuften nun diesen mit Schmähreden und hörten auch dann
nicht auf, ak das Tier näher kam und sie bedrohte. Da, als sie zum
viertenmal auf seine Warnung nicht hörten, verschlang sie der Wal
samt ihrem Boote. Als sie nun so im Magen des Wals saßen, er-
laubte ihnen dieser von seinem Fleische zu essen. Nur seinen Magen
sollten sie nicht angreifen, sonst müsse er sterben. Die Knaben aber
fürchteten, der Wal möchte sie zu weit ins Meer hinaustrs^en. Sie
schärften also ihre Steinmesser und zerschnitten seinen Magen. Da
starb der Wal , trieb auf den Wellen umher und strandete schließlich
an der Mündung eines Flusses. Hier schrieen die Knaben, damit
die Leute sie hörten, und als diese herbeikamen, erkannte ihr Vater
sie an ihren Stimmen. Da nahmen die Leute ihre Steinmesser, öff-
neten den Wal, und die Knaben kamen heraus. Es war aber so heiß
im Bauche des Wals gewesen, daß sie ihre Haare verloren hatten« *).
Eine in das Binnenland von einem Fischer- auf ein Jägervolk über-
trs^ene Variante dieser Erzählung ist die folgende der Cherokesen:
»Ein riesiger Fisch verschluckte dereinst einen Jäger. In dem Magen
des Tieres war es sehr heiß und der Jäger suchte daher zu ent-
kommen. Er nahm eine Muschelschaale und bohrte sich mit ihr
einen Weg nach außen. Als er hervorkam, war er aber durch die
Säfte des Fisches für immer kahl geworden«'). Auch diese Erzäh-
lungen würde man, wenn sie fiir sich allein stünden, wohl nur
für gewöhnliche Abenteuermärchen halten, die von Anfang an so
gut wie sonstige See- und Ungeheuergeschichten keinen weiteren
Inhalt hatten als den, der noch jetzt zu erkennen ist. Dennoch fallt
ein Zug auf, der andern wunderbaren Errettxmgen ähnlicher Art
fehlt: das ist die Hitze im Innern des Ungeheuers, die in der einen,
wahrscheinlich ursprünglicheren Version ausdrücklich als so groß ge-
schUdert wird, daß sie die Haare der Verschlungenen verbrannte, —
eine Hitze, bei der man, da sie denn doch die gewöhnliche innere
Wärme eines Tieres überschreitet, unwillkürlich an eine Beimischung
fernerer Motive denken wird.
») Boas, a. a. O. S. 51.
') James Mooney, Myths of thc Cherokee, Ethnol. Rep. Washington, XIX, i,
1900, p. 320.
Das Himmelsmärchen and seine irdischen Parallelen.
243
Dieser Verdacht gewinnt nun in der Tat durch die Märchen des
dritten Typus, bei denen im Bauch des Ungeheuers ein Feuer
brennt, das meist von dem Verschlungenen selbst entzündet wird,
eine Stütze. Dahin gehört z. B. die folgende , dem weitverbreiteten
Kreis der Rabenmärchen entnonmiene Geschichte der Tlinkitindianer:
»Einst ließ sich Jelch der Rabe von einem Walfisch verschlucken.
Er machte es sich in dem Magen des Untiers bequem und zündete
ein kleines Feuer an.* Da bat ihn der Wal, sich in Acht zu nehmen,
daß er nicht sein Herz verletze, sonst müsse er sterben. Doch Jelch
konnte der Versuchung nicht widerstehen und pickte von Zeit zu
Zeit trotz der wiederholten Bitten des Tieres an dem Herzen. So
starb der WaL Aber der Rabe wußte nicht, wie er wieder hoaus*
kommen sollte. Da strandete der Körper des Wals, und die Leute
kamen, den Speck von ihm abzulösen. Jelch dachte jetzt bei sich:
wenn niu- einmal jemand bis zu mir herabschnitte. Kaum gedacht,
so ging sein Wunsch in Erfüllung, und Jelch flog von dannen«').
Hier ist die Bitte des Wals, sein Herz zu schonen, dieser mit der
obigen Erzählung von den zwei Knaben gemein, was eine Beein-
flussung sehr wahrscheinlich macht und daher die Vermutung verstärkt,
die Hitze im Bauch des Fisches, von der dort die Rede war, sei eine
bloße Abschwächung des Feuers in ihm. Dagegen fehlt das Ver-
brennen der Haare, wenn nicht etwa der in andern Märchen der
Tlinkit und auch sonst häufig vorkommende Zug, daß der Rabe erst
durch die Berührung mit Feuer schwarz geworden sei, ursprünglich
ei^nzend für das Motiv der Enthaarung eingetreten ist. Dies macht
eine Variante dieser Erzählung nicht unwahrscheinlich, in die zugleich
die in der Regel mit diesem Schwarzwerden im Zusammenhang
stehende Rolle des Raben als Feuerbringer hineinspielt. Sie stammt
von den Eskimos der Behringsstraße und ist überdies durch die
Beimischung des Gespensterhaften für diese nördlichsten Stämme
charakteristisch: »Als der Rabe sich (nach manchen zuvor erzählten
Abenteuern) wieder aus einem Menschen in einen Vogel verwandelt
hatte, sah er einen Wal vorbeischwimmen, und er flog in dessen
offenen Rachen. Da fand er sich in einem wohnlichen Raum, in
dem eine Lampe brannte. An der Lampe saß eine schöne Frau,
') Boas, a. a. O. S. 315 f.
16*
244 ^^^ Naturmythus.
die sich ihm als der Geist des Wals zu erkennen gab. Sie verbot
ihm, ein Rohr zu berühren, aus dem beständig Öl in die Lampe
träufelte. Er gehorchte aber nicht, sondern brach ein Stück von
dem Rohr ab und verzehrte es, da es süß schmeckte. Da kam die
Frau nie wieder, der Wal aber starb und trieb ans Land. Männer
kamen, fanden ihn und bohrten ein Loch in seinen Leib. Aus
diesem entfloh der Rabe. Als er fort war, fiel ihm aber ein, daß er
seinen Feuerbohrer vergessen hatte, und er kehrte zurück, diesen zu
holen« '). Hier ist das Verschlingungsmotiv deutlich mit einer Episode
der Feuerbringungslegende zusammengeflossen, als deren Träger in
diesen Gegenden in der Regel der abwechselnd sich in Vogel oder
Mensch verwandelnde Rabe gilt, und es mag sein, daß diese Asso-
ziation mit dem Feuerzauber durch die Vorstellung des Feuers
im Fischbauch angeregt worden ist Dieses selbst erscheint jedoch
hier wie in den andern Erzählungen gleicher Art so wenig durch
die Verschlingung an sich motiviert, daß die Annahme, sie sei
von einem andern Mythenkreis her hinzugekommen, mindestens sehr
wahrscheinlich ist. Daß aber dann, sobald einmal bei den gleichen
Völkern Sonnenuntergangsmärchen umgingen, wie wir sie oben kennen
lernten, vor allem an eine Einwirkung der letzteren gedacht werden
muß, ist einleuchtend.
Aus diesem Verhältnis pflegen nun diejenigen Mythologen, die
in den Himmelserscheinungen überhaupt die ursprünglichsten Quellen
der Mythenbildung sehen, zweierlei zu schließen: erstens soll der
Sonnenuntergangsmythus in toto in jene irdischen Formen des Märchens
übergegangen, diese sollen also lediglich in die nähere Umgebung
des Menschen projizierte Sonnenuntergangsmythen sein; und zweitens
sollen wahrscheinlich auch die andern Verschlingungsmärchen, so
lange nur, wie bei den Erzählungen des ersten der drei oben geschil-
derten Typen, eine wunderbare Rettung aus dem Innern des Ungeheuers
stattfindet, als abgeblaßte Umwandlungen des gleichen Sonnenunter-
und Sonnenaufgangsmotivs zu deuten sein. Daß zu der letzteren
Annahme keinerlei Berechtigung vorliegt, weder in den objektiven
Bedingungen beider Naturerscheinungen, noch auch in den subjek-
*) E. W. Nelson, The Eskimo about Bering Strait, Elhnol. Rep. XVIII, i, 1899,
p. 464 f.
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen.
245
tiven der Mythenentwicklung, wurde oben schon bemerkt. Objektiv
bilden die Sonnenuntergangs- und die Sonnenaufgangsmythen ge-
trennte Mythenstoffe, und psychologisch ist es undenkbar, daß die
unzähligen Anlässe, die die irdische Umgebung zur Ausbildung von
Verschlingungs- und Rettungsmärchen gibt, vor dem einen, himm-
lischen gänzlich in den Hintergrund getreten seien. Dies ist um so
undenkbarer, als man ja doch schließlich zugestehen muß, daß die
Verschlingung durch das Ungeheuer überhaupt ein irdischer Vorgang
ist, der die mythologische Apperzeption der Himmelserscheinung
bestimmt hat, nicht umgekehrt. Aber auch in den Fällen, wo
das Feuer im Bauch des verschlingenden Ungeheuers oder in
abgeblaßter Form dessen innere Wärme auf eine Beziehung zum
Sonnenuntergang hinweist, ist durchaus nicht anzunehmen, damit sei
auch der ganze Märchenstoff aus einer Umwandlung des himmlischen
in ein irdisches Phänomen hervorgegangen. Vielmehr zeigft gerade
das Märchen überall und so auch das Verschlingimgsmärchen in
andern begleitenden Zügen, wie leicht hier bloß einzelne Motive
herüber- und hinüberwandern, und wie ofl sogar aus einem an sich
verschiedenen Mythengebiet einzelne Elemente assimiliert werden
können. So bieten die obigen Beispiele des dritten Typus, besonders
das letzte, eine unverkennbare Assoziation mit den die Feuerbringung
behandelnden Kulturmärchen, ohne daß irgend daran zu denken wäre,
nun die ganze Erzählung als eine Feuerbringungsmythe aufzufassen.
Nicht minder haftet aber das Feuer im Bauch samt dem mit ihm
in direkter Verbindung stehenden Verlust des Haares dem übrigen
Märcheninhalt viel zu äußerlich an, als daß es hier zu einem
wesentlichen Grundmotiv des Vorgangs gemacht werden könnte.
Auch hier handelt es sich daher augenscheinlich um eine Assimi-
lation der Elemente verschiedener Märchengruppen, nicht um einen
Übergang der einen Gattung in die andere. Dabei ist diese Assimi-
lation hier wie in den meisten andern Fällen offenbar eine wechsel-
seitige. Zunächst hat das geläufige terrestrische Verschlingfungsmärchen
den himmlischen Vorgang in seinen allgemeinen Zügen sowie in ein-
zelnen besonderen Vorstellungen, wie in der Apperzeption der Wolke
als eines Fisches, einer Schlange, eines Drachen, assimiliert, und dann
ist das beim Sonnenuntergang im Innern des verschlingenden Un-
geheuers gesehene Feuer hinwiederum von einer Anzahl irdischer
246 I^er Nataimythas.
Verschlingungsmärchen assimib'ert worden. In den ^>^i"t^—
heute noch beide, die solaren und die terrestriscfacn !
einander vorkommen, in den Ländern des noidwcsÜidKi
gind sie so von den Eskimos der Behringsstiaße an bis
Califomien oft noch unmittelbar nebeneinander zu finda. so da0 es
bei der großen Ähnlichkeit dieser Mythenstoffe zu vcnnBHkni väie.
wenn sie nicht aufeinander gewirkt hätten.
Aber auch noch in den Mythologien der curopaischijiijtHrlten
Kulturvölker sind Mythen und Mythenfragmente eilialtBii gcbKcbrn,
die auf solche Einwiricungen hinzuweisen scheinen, obgleich hier
sichere 5>puren jener nur noch bei primitiven Völkern vorkommenden
rein solaren Verschlingungsmythen nicht zu finden sind. Deim cfie
drei oben angeführten terrestrischen Verschlingui^ismäidien sind
Über die ganze Weit verbreitet, darunter vereinzelt andi (fie, in
denen der Held im Bauch des Ungeheuers ein Feuer anzündet, oder
in denen er durch die Hitze im Innern desselben seines Haares
verlustig geht Noch viel zahlreicher sind freilkji die andern, bei
denen zu einer Einwirkung von Himmelsmärchen kein Anhahsponkt
voriiegti weil sie sich, ganz wie das Kaffirmärchen von Siknhnnc,
dufchMim nur im Kreis des gewöhnlichen Abenteuer- und Glödc»-
märebens bewegen V Gleichwohl bieten manche unter den Mythen
^ 'MhUt^nhn iJeUpIHe fisd ^cMmmelt ron Leo Frobeans, Das Zdtahcr des
ti^^hmftfi*9^Ht%^ f, ifff$4, i^. $9 ff. Einzelne ron ihnen nebst Analogien ans der Bfytiio-
f//gU( 4^f AlUfk Kultmrwi^lktr bat aoeh Hans Schmidt erörteit in seinem Backe: Jona,
tf\ftM i^HlMfm^hm$n zur Tergleiebenden Religionsgeschichte, 1907. Beide ^oiscber
l^/tftscft 4mM 1fni\Uth rMi d^:r aoeh sonst in mythologischen Untersachnngen sehr hlnfig
MtfUt^ff idAMimut aas: wenn einzelne FiUe einer größeren Grappe von Mythen ein
tH\$ WalkfiNvMfilUsbiMtit aaf eine HbaoMlserscheiniing za beziehendes Merkmal entbnlten,
*tf n4^MH mhU 4i« ttbfff eo FiUe, denen dieses Me^mal fehlt, die aber sonst ihrem
kUuttHiMt^h Cht^ßkUr Mich zar selben Klasse gerechnet werden können, anf das
ifiMMkM iiimm^kmdi¥ zar««kzafahren. Demzofolge betrachten sie nicht nm* Acjcnigen
yßf^itUHunnuimytkim, die den Zog des Feneranzündens oder erentnell aneh solehe,
m0 lt\f*ik nntt rt«r U^ttsrw Hitze nnd des Haarrerlastes des Geretteten enthalten, son-
n^fH Hit**U /IU, In ntfnttn *\ch dieser selbst einen Weg nach aiil>en bahnt und schHeßlich
l^hßfUttfii^t äIU, Ut nuntm ein Ungehener einen Menschen rerschlingt nnd der letztere
l^$fß^4il ¥^fn, »U «ftprttBgllche .Sonnenmitergangsmythen. Das wire nnr erlaubt, wenn
VifMfKllftirffffflr*'* ^^^^^ Ungeheuer auf Erden nicht rorklmen, oder wenn sich das
Ml^ffiU^h »♦*! i«/l«f k«tftiog«geschichte genan an die Wirklichkeit hielte. Da von
M4$m rt*»* 0#»j(^.fi»«JI '/nfflfft, «o Ut klar, daß diese Art der Mjthenxnterpretation den
»H H^tktitt(U9t HhI4. U^nSi* aU Axiom Toranssetzt.
Das Himmelsmärchen nnd seine irdischen Parallelen.
247
dieser Art insofern ebenfalls interessante Belege für die große Verbrei-
tung jener Assimilationswirkungen zwischen solaren und terrestrischen
Mythenelementen, als gerade hier Beispiele vorkommen, in denen
sich die Märchentradition in verschiedene Richtungen zu verzweigen
scheint, so daß die eine Gruppe eine assimilative Einwirkung von einem
bestimmten mythischen Inhalte her erfahren hat, während eine andere
davon freigeblieben ist. So ist die Erzählung von der Rettung der
Hesione durch Herakles, wie wir sie bei ApoUodor lesen, und wie sie
nach sonstigen Andeutungen die geläufige war, ein einfaches Helden-
abenteuer, bei dem nur eine absolut willkürliche Mythendeutung an
einen solaren Ursprung denken kann : Hesione wird, um dem Befehl
des Orakels zu genügen, am Meeresstrand an einen Felsen gefesselt
und hier dem Fischungeheuer als Opfer dargeboten. Da kommt
Herakles des Weges und befreit sie , indem er das Ungeheuer tötet
(ApoUodor, II, 5, 9). Weder Hesione noch Herakles werden aber
von dem Fisch verschlungen; die Geschichte gehört also überhaupt
nicht in den Kreis der Verschling^ngsmythen. Nun scheint freilich,
worauf nicht bloß Lykophron, ein spät hellenistischer Dichter, dessen
Zeugnis für den Ursprung des Mythus an sich nichts beweisen würde,
sondern auch ein Fragment des Hellanikos hindeutet, eine andere
Version dieser Erzählung im Umlauf gewesen zu sein, nach welcher
Herakles selbst in den Bauch des Ungeheuers sprang und die Jung-
frau befreite, indem er jenem die Bauchwände von innen durchschnitt.
Hans Schmidt schließt daraus, diese Version sei wahrscheinlich die
ursprünglichere und die andere aus ihr durch Abschwächung ent-
standen *). Selbstverständlich ist es aber nicht nur ebensogut möglich,
sondern nach dem Vorbilde der oben besprochenen Wechselwirkungen
auf diesem Gebiete sogar wahrscheinlicher, daß andere umlaufende
Märchen, in denen das Hereinspringen des Helden in den Rachen des
Fisches und das gewaltsame Herausdringen aus diesem vorkamen,
auf den Heraklesmythus assimilierend gewirkt und so diese Variante
erzeugt haben. Doch wie dem auch sei, ob die gewöhnliche Form
oder die allem Anscheine nach mehr sporadische die ursprüngliche
gewesen ist, jedenfalls wird damit die Heraklessage noch nicht zu
einem Sonnenuntergangsmythus, sondern sie bleibt, was sie zuvor
Hans Schmidt, Jona, S. 3 ff.
248 ^€' Naturmythus.
war, ein Heldenabenteuer, das nur im zweiten Fall in jene Reihe
zahlreicher Verschlingungsmythen terrestrischen Ursprungs aufge-
nommen ist, wie wir sie in dem Sikulumemärchen oben kennen lernten.
Ähnlich verhält es sich mit der Sage von Perseus und Andromeda,
die ja, wie man mit einigem Grund vermutet, das ältere Vorbild jener
Heraklesmythe ist. In ihr fehlt es vollends sowohl bei den früheren
Schriftstellern wie in den Überlieferungen der Kunst an jeder Andeu-
tung des Verschlingungsmotivs *). Ebensowenig ist die rettende Tat
mit den astralen Deutungen, die man der Gestalt des Perseus zu geben
sucht, in eine Beziehung zu bringen. Vielmehr ist es diesmal nur
jener späthellenistische Dichter Lykophron, der auch hier den Helden
durch das Meerungeheuer verschlingen läßt*). Wahrscheinlich ist
also die Perseussage überhaupt nie ein Verschlingungsmythus gewesen,
') Vgl. hierza E. Knhnert in Roschers Mytholog. Lexikon, lU, S. 2000 ff.
') Hans Schmidt, a. a. O. S. I9f. Schmidt weist übrigens noch auf ein Vasen-
bild des Moseom Greg. Welcker, Taf. 24, reproduziert bei Schmidt S. 23, hin, anf
welchem anscheinend auch in die Jasonsage ein Verschlingxmg^mythos verwebt wird,
wahrscheinlich indem Jason, statt in Zaaberschlaf zu verfallen, wie in der gewöhn-
lichen Sage, von dem Drachen, den er nachher tötet, verschlangen worden ist nnd in
dem auf dem Bilde dargestellten Moment eben wieder aasgespieen wird. Aach hier
fehlt übrigens das Feuer- so gut wie das Haarmotiv. Vielmehr zeigt im Gegenteil
Jason lang herabhängendes Haupthaar. Ist demnach dieses Bild kein Zeugnis für
einen Sonnenuntergangsmythus, so läßt es dagegen vermuten, daß die Verwebung des
Verschlingungsmythus mit andern Mythenstoffen in Gegenden, in denen überhaupt die
Ungeheuermythen eine Rolle spielten, auch sonst sich einstellte. Übrigens hat
H. Schmidt aus einer Handschrift der Biblia Pauperum des 14. Jahrhunderts auch zwei
interessante Jonabilder wiedergegeben, wo auf deren erstem, anscheinend vor der
Verschlingung, Jona mit üppigem Lockenhaar, auf dem zweiten, eben aus dem Bauch
des Fisches heraussteigend, völlig kahlköpfig abgebildet ist. Daraus wird man schwer-
lich mit dem Verf. schließen können, in diesen Bildern habe noch irgendwo der
Sonnenuntergangsmythus nachgewirkt, und dieser müsse daher an einem Punkt der
Erde entstanden sein, wo die Sonne mit Strahlenkrone unter-, aber ohne solche
wieder aufgehe, was bei den Inselbewohnern des indischen Ozeans zutreffen soll
(Frobenius, a. a. O. S. 194 ff.). Vielmehr liegt es doch wohl auch hier erheblich näher
an das irdische Motiv zu denken, das in der Geschichte selbst liegt und nicht dazu
nötigt, alle möglichen Verschlingungsmärchen auf die Sonne zurückzuführen nnd
zugleich vorauszusetzen , alle diese Mythen seien von einem einzigen Punkt der Erde
ausgegangen; sondern man wird annehmen dürfen, daß wer nach der Vorstellung des
Märchenerzählers, wo immer dieser zu Hause sein mag, von einem Ungeheuer >niit
Haut und Haaren« verschlungen wurde, mindestens >die Haare lassen« mußte, vollends
wenn es im Inneren des Untiers heiß ist oder ein Feuer in seinem Bauche brennt.
Damm wird das Kahlwerden höchstens allenfalls indirekt, insofern es eine Folge
dieses Feuers ist, auf eine Beziehung zu der solaren Form des Mythus hinweisen.
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Pandlelen. 249
und wenn sie das Vorbild der ihr Zug um Zug gleichenden Hesione-
sage war, so verliert für beide, selbst bei der weitherzigsten Neigung,
in allen Abenteuermärchen, in denen die Verschlingung durch ein
Ungeheuer vorkommt, einen Sonnenmythus zu sehen, dieses Motiv
seine Bedeutung.
Stellen sich so alle diese angeblich aus der gleichen Quelle eines
solaren Mythus entsprungenen und, wie nicht selten außerdem an-
genommen wird, von einem einzigen Ort ausgegangenen Mythen-
stoffe als Inhalte weltverbreiteter Märchen heraus, die unzweifelhaft
an vielen Orten entstanden und teilweise assimilierend aufeinander
wirkten, so wird es nun auch verständlich, daß analoge Assimi-
lationen noch andere, ursprünglich davon weiter abliegende Märchen
umgewandelt haben. Eine der bemerkenswertesten dieser Verbin-
dungen ist die mit dem Motiv der hilfreichen Tiere. Angesichts
der großen Verbreitung, deren sich dieses Motiv in der Märchen-
tradition aller Zeiten erfreut, ist allerdings eine solche Verbindung
verständlich genug. Merkwürdig bleibt sie aber deshalb, weü sie
einen vollständigen Wandel in dem Charakter des verschlingenden
Ungeheuers und dadurch in der Handlung selber herbeiführt. Daß
unter den Rettungen, die ein hilfreiches Tier vollbringen kann, auch
das sichere Geleit über die Untiefen von Strom und Meer nicht fehlt,
sahen wir schon. In dem japanischen Märchen (S. 161 f.) trägt sogar
ein Tiger seinen Schützling ungefährdet über das Wasser. In der
indischen Flutsage ist es ein Wunderfisch, der die Arche Manus dem
rettenden Berge zuführt (S. 176). Die Griechen haben dieses Motiv
in der schönen Sage von Arion zu einer Verherrlichung der be-
zaubernden Macht der Musik ausgebildet: die herbeischwimmenden
Delphine erretten den Sänger, sobald er seine Leier ertönen läßt, vor
dem arglistigen Anschlag der Bootsleute (Herodot, I, 14). Klingt schon
in dieser Geschichte das Motiv der dankbaren Tiere an, so erscheint
es nun vollends deutlich in einer späteren Delphinsage, der die
Arionsage möglicherweise als Vorbild gedient hat, indes außerdem
das aus zahlreichen andern Märchen geläufige Thema der Vergeltung
für erfahrene Wohltat einwirkte: »Koiranos der Parier hatte in Byzanz
Delphine gekauft, sie aber, als sie geschlachtet werden sollten, aus
ihren Netzen befreit. Als nun kurz darauf sein Schiff bei einem See-
sturm scheiterte, kamen alle seine Begleiter um, ihn selbst nahm
2 CO ^*' Natunnythus.
jedoch ein herbeigeeilter Delphin auf den Rücken und trug ihn sicher
an den Strand« (Plutarch, De soUert. animal. 36, 12). Aber noch
von einer andern Seite her hat sichtlich das Motiv der hilfreichen
Tiere auf die alten Ungeheuermythen eingewirkt. Schon die indische
Flutsage zeigt nach dieser Richtung, denn der rettende Wunderfisch
erweist sich schließlich selbst als eine Verkörperung des Gottes
Brahman. Ebenso sind im griechischen Sagenkreis die Delphine
gleichzeitig rettende und heilige Tiere. So liegt denn hier noch ein
weiterer Wandel der Motive nahe genug: das Tier handelt nicht aus
eigenem Antrieb, sondern unter dem Gebot eines rettenden Gottes.
Das ist die Form, in der uns der Delphin mit einer dem Märchen
so oft eigenen Vertauschung der Rollen in der Dionysoslegende be-
gegnet: »Als der junge Dionysos von Ikarien nach Naxos übersetzen
wollte, mietete er von tyrrhenischen Piraten ein Schiff. Die Räuber
aber steuerten nach der asiatischen Küste, um dort ihren Fährgast
als Sklaven zu verkaufen. Da ließ der Gott im Schiffsraum Weinranken
und Epheu sprießen und verwandelte die Ruder und Mastbäume in
Schlangen, die Bootsleute, die sich erschreckt ins Meer stürzten, in
Delphine (Homer. Hymnen VI, 3 2 ff.; Ovid, Met. III, 650 ff.)"). Ganz als
Werkzeug des Gottes und als Retter zugleich erscheint endlich das
Tier in dem Walfisch des Jona der biblischen Legende, in der so durch
den Zusammenfluß und die Wechselwirkung aller dieser Märchen-
motive das einstige Ungeheuermärchen einen religiös- moralischen
Inhalt gewonnen hat, während es zugleich wieder zu dem ursprüng-
lichen Verschlingungsmotiv zurückgekehrt ist. Nur ist jetzt die Ver-
schlingung selbst zur rettenden Tat geworden. Als Jona, um sich
dem ihm von Jahwe gewordenen Auftrag zu entziehen, von Japho
nach Tarsis übers Meer setzt, erregt Jahwe einen Sturm. Die Schiffer
werfen Lose, um zu erfahren, wer das Unheil verschuldet habe, und
das Los trifft Jona. Aber als er auf sein eigenes Verlangen ins Meer
geworfen wird, um den Sturm zu beruhigen, da hat Jahwe Erbarmen
mit ihm und beordert einen großen Fisch, Jona zu verschlingen.
Drei Tage und drei Nächte bringt Jona im Bauch des Fisches zu,
dann wird er von ihm ausgeworfen und begibt sich nun nach Ninive,
') Vgl. hierzu auch Usener, Die Sintflatsagen, 1899, S. 115 ff. Hans Schmidt,
Jona, S. 96 S,
252 Der Natarmythas.
deutschen Märchen vom >Wolf und den sieben Geißlein«: der Wolf
verschafft sich durch allerlei List in Abwesenheit der Mutter Geiß
Eingang in deren Wohnung, und er frißt hier die jungen Geißlein
mit Ausnahme des jüngsten, das sich im Uhrkasten versteckt hat.
Als die Geiß heimkommt, erfahrt sie von ihrem Jüngsten das Unheil.
Beide finden den Wolf nach seiner Mahlzeit auf der Wiese schlafend,
und in seinem Bauch rumoren die sechs Geißlein. Da schneidet die
Mutter Geiß ihm den Bauch auf Die Jungen spazieren heraus , und
statt ihrer füllt sie den Bauch mit sechs Wackersteinen, die den Wolf,
als er an der nächsten Quelle seinen Durst löschen will, durch ihre
Schwere ins Wasser ziehen, so daß er ertrinkt (Grimm, Nr. 5, vgl. auch
das Märchen vom »Rotkäppchen«. Grimm, Nr. 26). Vielfach hat man
das Verschlingungsmotiv in der griechischen Kronossage auf einen
Import aus phönikischen Kulten bezogen, in denen insonderheit
Kinderopfer im Gebrauch waren '). Der Mythus pflegt ja auch sonst
noch Kultformen in Göttergeschichten umzuwandeln, wobei dann in
der Regel dem Kult die primäre, dem Mythus die sekundäre Stellung
zukommen wird. Außerdem faßt man aber auch diese Kronossage
als einen Sonnenuntergangsmythus auf: der Stein bedeute die Sonne,
und Kronos sei der Herr über Licht und Dunkel, der die Sonne
wie die andern Gottheiten des Lichts verschlinge und wieder von
sich gebe'). Damit würde hier die Mythenbildung wieder zu einer
allegorischen Dichtung. Auch ist es bezeichnend für diese Mythen-
deutung, die eigentlich selbst schon die ursprüngliche Mythenbildung
begleitet haben müßte, daß sie zwei Sageninhalte von so gänzlich
abweichendem Oiarakter, wie die Legende vom Propheten Jona und
den theogonischen Mythus vom kinderverschlingenden Kronos auf
ein und dasselbe äußere Grundmotiv zurückfuhrt. Betrachtet man
aber beide Sagen nicht, wie es bei diesen naturmythologischen
Deutungen geschieht, bloß darauf bedacht, welchem Himmelsvoi^^g
sie allenfalls ähnlich seien, sondern jede im Zusammenhang mit den
verschiedenen Abwandlungen der allgemeinen Mythengattung, dem
sie angehört, so erhellt zunächst, daß beide innerhalb dieser Gattimg
der Verschlingungsmythen gewissermaßen an entgegengesetzten Polen
*) Preller-Robert, Griechische Mythologie*, I, S. 53 f.
*) A. Kuhn, Entwicklungsstufen der Mythenbildung, 1874, S. 148.
Das Himmelsmärchen nnd seioe irdischen Parallelen.
253
liegen: die Jonageschichte ist eine Legende von scharf ausgeprägtem
religiös-sittlichem Charakter, die die Bergung des Propheten im Fisch-
bauch bloß als ein nebensächliches Mittel der erforderlichen Wunder-
maschinerie zu Hilfe zieht, ein Mittel, das sie natürlich den in zahl*
reichen Märchenerzählungen verbreiteten Verschling^ungsepisoden ent-
nahm, oder, was wohl noch wahrscheinlicher ist: der priesterliche
Dichter der Jonalegende mag eines der zahllosen Märchen von den
hilfreichen Tieren aufgegriffen und zu seinen Zwecken umgestaltet
haben. Daß er aber an den Sonnenuntergang gedacht haben sollte,
dazu liegt nicht der allergeringste Anhaltspunkt vor. Fehlen doch der
Sage gerade die Momente, die, wie die Feuerentzündung oder die
Hitze im Fischbauch, auch nur auf eine assimilative Nebenwirkung
der Sonnenuntergangsmärchen bezogen werden könnten. Ganz anderer
Art ist die Kronossage. Sie enthält keine Spur vom Motiv der hilf-
reichen Tiere. Vielmehr ist das menschenfressende Ungeheuer des
primitiven Märchens sein unverkennbares Vorbild. Darin folgt jedoch
diese Sage nur dem allgemeinen Charakter kosmogonischer Mythen,
denen die Steigerung nicht nur ins Übermenschliche, sondern in das
Groteske, Furchtbare und nicht ganz selten sogar in das Abscheuliche,
wie wir später sehen werden, als ein gemeinsamer Zug zukommt (III, 4).
So ist auch der seine Kinder verschlingende Kronos zu einem gro-
tesken Bilde geworden, das, wie so manche andere Bestandteile der
Theogonie, schon auf die Griechen abstoßend und sicherlich nicht
im mindesten, wie die Jonageschichte auf die Hebräer, erbaulich
gewirkt hat. Nur eines hat sie allerdings mit dieser gemein: das ist
dies, daß auch sie das Verschlingungsmotiv verwendet. Aber sie hat
es nicht mit dem hilfreichen Tier, sondern direkt mit dem furchtbaren
Ungeheuer in Verbindung gebracht. Daß Kulte wie der des phöni-
kischen »Moloch« auf die Ausbildung dieser Mythen eingewirkt
haben können, ist gewiß nicht zu bestreiten. Doch das Material zur
Bildung solcher mythologischer Vorstellungen fand der mythologische
Dichter viel unmittelbarer als am Sternenhimmel in seiner Umgebung
vor, in den allverbreiteten Ungeheuermythen. In der Tat fehlen auch
bei der Kronossage alle Merkmale, die etwa auf assimilative Wechsel-
wirkungen mit solaren Verschlingungsmythen bezogen werden könnten.
Sollten sie stattgefunden haben, so sind sie also jedenfalls nicht mehr
zu finden, und ihre Annahme bleibt eine willkürliche.
2 54 ^®' Naturmythxis.
d. Das Trahenmärchen.
Unter dem Namen »Truhenmärchen« sollen hier alle die Erzäh-
lungen zusammengefaßt werden, die sich um die Vorstellung eines
in irgendeinem Behälter, einer Truhe, Kiste, einem Korb oder Netz
geborgenen Wesens, eines Menschen oder Tieres, in den meisten
Fällen aber eines Kindes oder eines Zwillingspaars von Kindern, be-
wegen. Es mag die einheitliche Bezeichung als »Truhenmärchen«
hier erlaubt sein, weil in der Tat in der Mehrzahl der Fälle eine
Truhe oder Kiste der bergende Behälter ist, weil aber auch da, wo
ein Korb, ein Netz oder irgend ein anderes Gehäuse an dessen
Stelle tritt, dadurch der Inhalt dieser Art von Erzählungen nicht ge-
ändert wird. Dieser Inhalt besteht im allgemeinen darin, daß das in
dem Behälter eingeschlossene Wesen oder Paar aus unbekannter Feme,
sei es von der See oder auf einem Fluß geschwommen kommt oder
auch durch die Lüfte vom Himmel herabgelassen wird. Die An-
kömmlinge sind daher in der Regel zugleich wunderbaren Ursprungs
und besitzen selbst den Charakter von Wunderwesen oder, wenn sie
Menschen sind, von Kulturheroen. Mit diesem allen Truhenmärchen
gemeinsamen Moment der wunderbaren Erscheinung kann sich dann
auch das der wunderbaren Errettung der Insassen des Behälters
verbinden, an welcher Errettung zumeist irgendwelche höhere Wunder-
wesen beteiligt sind. In dieser ihnen nicht ausnahmslos, aber sehr
häufig zukommenden Eigenschaft stehen die Truhenmärchen in
einem gewissen Gegensatz zu den Verschlingungsmärchen, bei denen
die Vorstellung der Vernichtung durch das verschlingende Ungeheuer
zunächst im Vordergrund steht, während der Gedanke der Errettung
erst als eine weitere sekundäre Folge hinzutritt. Dagegen stehen
die Truhen- mit den Verschlingungsmärchen darin auf gleichem
Boden, daß auch sie Parallelmärchen sind. Auch sie zerfallen in
zwei Gruppen, von denen die eine ihren Schauplatz am Himmel, die
andere auf der Erde hat. Wie bei der vorigen Klasse, so kann
übrigens auch hier die Handlung ein Himmelsmärchen sein, das auf
der Erde beginnt oder endigt, indem sie sich, ähnlich wie bei
den Verschlingungsmärchen, mit einer Himmelswanderung verbindet.
Insbesondere kann das in dem Sinne geschehen, daß die Truhenge-
schichte selbst zum Bestandteil einer Wandererzählung wird: der
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 255
Hdd steigt etwa an der Pfeilleiter oder an einem Baume, oder er
fliegt als Vogel zum Himmel empor und wird dann zuweilen später
in einem Korb wieder zur Erde herabgelassen. Im letzteren Fall ist
das Truhenmotiv offenbar nur eine Modifikation des für den Abstieg
vom Himmel mit Vorliebe verwendeten Seiles.
In seinen einfachsten Gestaltungen schließt sich das solare Truhen-
märchen an jene als Episoden der Himmelswanderung bereits erwähn-
ten Sonnenaufgangsmythen primitivster Art an, in denen der Sonnen-
mann als Träger der Sonne oder diese selbst als menschenähnliches
Wesen aus einer Hütte oder einer plötzlich sich öffnenden und rasch
wieder schließenden Pforte hervortritt (S. 221 und 237). Dieses der
Plötriichkeit des Sonnenaufgangs entiehnte mythische Bild pflegt nun
aber doch erst dem eigentlichen Truhenmärchen Platz zu machen,
wenn das Erscheinen der Sonne zugleich als eine Tat der Befreiung
aufgefaßt wird, durch die das Tageslicht der Finsternis entrissen wor-
den sei. Dadurch spielen diese als Sonnenaufgangsmythen auftreten-
den Truhenmärchen teils in die kosmogonischen Mythen teils in die
Kulturmärchen hinüber. Beides fällt anfänglich schon deshalb leicht
zusammen, weil zwischen der Entstehung gewisser Naturordnungen
und der Herbeischaffung von Kulturgütern, also z. B. zwischen der
Herbeibringung des Tageslichts und der Kunst der Feuerbereitung,
nicht streng geschieden wird, indem man beides auf legendenhafte
Kulturheroen zurückführt. Wo als solche früheste Wohltäter des
Menschen gewisse Tiere oder pseudomorph zwischen Tier und Mensch
stehende, bald die Gestalt des einen bald die des andern annehmende
Wesen erscheinen, da knüpft dann auch das solare Truhenmärchen
an diese Tierheroen an; und es können hier schon die Gegensätze
des feindlichen, dem Menschen das Licht vorenthaltenden und eines
andern, jenes durch Gewalt oder List befreienden Wesens sich aus-
bilden. Daß dabei das Licht in einem Behälter, einer Truhe ver-
borgen ist, aus der es herausgeholt wird, ist dann die nächstliegende
Vorstellung. So in dem folgenden, zur Klasse der nordamerikanischen
Rabenmythen gehörenden einfachen Märchen : > Einst gab es noch kein
Tageslicht, denn die Möwe bewachte es in einer Kiste. Ihr Vetter
der Rabe wünschte es aber zu bekommen. Da bewirkte er eines
Tages, daß sich die Möwe einen Dorn in den Fuß trat. Der Rabe
erbot sich, sie davon zu befreien, dazu aber müsse er etwas sehen.
256 Der Natnrmythns,
So veranlaßte er die Möwe, ein wenig ihre Kiste zu öffiien. Er stieß
ihr jedoch den Dom nur tiefer in den Fuß, denn er behauptete, er
müsse noch mehr Licht haben, um zu sehen. Da schrie die Möwe
und öffnete endlich die Kiste ganz. Seitdem gibt es Tag und Nacht« ').
In einem weiter ausgeführten, ebenfalls in das Gebiet primitiver kos-
mogonischer Vorstellungen hereinreichenden Märchen der Eskimos
ist es der Rabe selbst, der die Sonne wegen der Bosheit der Men-
schen in einen Sack steckt. Durch die ihm gebrachten Opfer er-
weicht, gibt er sie dann von Zeit zu Zeit auf zwei Tage heraus, »Da
beschloß der Bruder des Raben, den Leuten zu helfen. Er verwan-
delte sich in ein kleines Blatt, das seines Bruders Frau mit dem
Wasser trank. Sie gebar infolgedessen ein Kind, das beständig nach
der Sonne verlangte, so daß der Vater nicht umhin konnte, sie ihm
von Zeit zu Zeit zum Spielen zu geben. Einmal aber legte das Kind
plötzlich sein Rabengewand an, nahm die Sonne und flog mit ihr
zum Himmel. Hier setzte es diese fest und bewog den Himmel, sich
mit der Sonne und den Sternen um die Erde zu drehen. Seitdem
wechseln Tag und Nacht regelmäßig miteinander. Der junge Rabe
aber heiratete später und hatte viele Kinder, die allmählich ganz ge-
wöhnliche Raben wurden«*). In einer andern Version der Rabenmythe
bei den Tlinkit Britisch-Kolumbiens sind es drei Kisten, in denen
ein Häuptling dereinst Sonne, Mond und Sterne gefangen hielt. Sein
Enkel Jelch, der in der Kulturlegende der Tlinkit bald als Mensch
auftritt bald sich in einen Raben verwandelt, erhält vom Großvater
auf sein Bitten zuerst den Kasten mit den Sternen zum Spielen, imd
er läßt sie an den Himmel entweichen. Dann erhält er auch den
Kasten mit dem Monde, mit dem dasselbe geschieht. Endlich nimmt
er den dritten mit der Sonne heimlich weg, als der Großvater aus
der Tür gegangen ist. Jelch selbst verwandelt sich nun in einen
Raben und fliegt von dannen. »Da hörte er Stimmen von Menschen,
aber er sah sie nicht, weil noch keine Sonne war. Jelch fragte sie:
,wollt ihr, daß Licht werde?* Sie antworteten: ,du betrügst uns, denn
du bist nicht Jelch, der allein das Licht bringen kann*. Jetzt öffnete
Jelch, um sie zu überzeugen, seinen Kasten, und die Sonne erschien
') Boas, Indianbche Sagen, S. 55.
') E. W. NelsoD, The Eskimo about Bering Strait, Ethnol. Rep., XVIII, 1899,
p. 457 ff.
Das Himmelsmärclien und seine irdischen Parallelen^.^ 257
am Himmele. An diese Erzählung schließt sich unmittelbar eine an-
dere, die berichtet, wie Jelch von einer fernen Insel das Feuer geholt
habe, — also wiederum die Verschmelzung kosmogonischer und
kulturmythologischer Elemente in einem einzigen legendarischen
Helden«).
Nun würde es auch hier sicherlich nicht gerechtfertigt sein, wollte
man diese Märchen von der Verwahrung der Sonne und der andern
Himmelslichter in Kisten für irgendwie festliegende und bei den Stäm-
men, unter denen sie erzählt werden, heute noch geglaubte Geschichten
halten. Abgesehen davon, daß mindestens viele der heutigen Eski-
mos und der Indianer der kolumbischen Küste der Stufe jener kind-
lichsten Anschauungen offenbar entwachsen sind, widerspricht dem
schon die fluktuierende Natur dieser halb Natur- halb Kulturmärchen.
Immerhin gilt auch hier, was für das Verhältnis des späteren Mär-
chens zum Mythenmärchen gilt: spi^elt jenes im allgemeinen die
mythologische Anschauung einer fernen Vergangenheit, so beweget
sich dieses in der Sphäre einer wohl im ganzen ebenfalls schon vor-
übei^^angenen, aber in ihrem Gesamtcharakter und in manchen
einzelnen Zügen noch bestehenden oder doch vor kurzem erst unter-
gegangenen Mythologie (vgl. oben S. 59, 63 fr.). Unter diesem Ge-
sichtspunkte bietet nun das Truhenmotiv im reinen und namentlich
im solaren Himmelsmärchen zwei hervorstechende Züge, durch die es
sich von den Verschlingungsmythen gleicher Art scharf unterscheidet.
Wie diese in allen ihren ursprünglichen Gestaltungen dem Sonnen-
untergang, so ist das Truhenmotiv ganz und gar dem Sonnenauf-
gang zugewandt. Ein zweiter, vieUeicht nicht gleich durchgreifender,
aber gerade in diesen primitiven Mythenbildungen sehr häufiger
Gegensatz besteht darin, daß der Sonnenuntergangsmythus m der
Zugehörigkeit zu den Verschlingungsmärchen zugleich ein biologischer
Mythus ist, indes der Sonnenaufgang als ein Vorgang erscheint, bct
dem die Sonne selbst als ein Gegenstand aufgefaßt wird, dem un-
mittelbar keine Lebenseigenschaften beigelegt werden. Hier geht
vielmehr die Handlung ganz allein von dem Wesen aus, das bts da-
hin die Sonne in Verschluß gehalten hat. Das Truhenmarchcn ist
'J A. Krause, Die Tlinkit-Indianer, ,885, S. 261 ff. Über VariaBten dicscH TciU
der Rabensage vgl. Ijoas, Indianische Sagen, S. 276.
Wundt, VölkerpsycholüKic II, 3. *^
258 I^er Naturmythus.
SO nur eine Variante jener andern primitiven Sonnenmärchen, in denen
die Sonne als ein Schild, Federball u. dergl. geschildert ist, der von
einem Manne am Himmel herumgetragen werde. Dieses Bild hat hier
nur unter dem Eindruck der Plötzlichkeit des Hervortritts die An-
schauung des Hervorholens aus einer Truhe assimiliert. Dadurch
wird nun aber zugleich die Assoziation mit der in sonstigen Märchen-
motiven verbreiteten und in den gleichzeitigen Kulturmärchen aus-
gebildeten Gestalt des Feuerbringers nahegelegt. Die Bringung des
Tageslichts und die Verbreitung der Kunst der Feuerbereitung er-
scheinen als verwandte Handlungen, daher denn auch vielfech noch
im späteren Mythus das Herabholen des Feuers vom Himmel durch
einen Helden der Vorzeit zur Quelle auch des irdischen Feuers wird.
Als eine ähnliche frühe Wohltat gilt aber die erste Spendung des
himmlischen Feuers, und so hat der Kulturheld, der im Anfang das
Feuer gebracht, auch die Finsternis beseitigt, die dereinst die Erde
bedeckte. Damit ist zugleich das Bild, das der einzelne Sonnen-
aufgang erweckt, zu einer weit an den Anfang der Dinge gerückten
halb kosmogonischen halb kulturmythologischen Anschauung ge-
worden; und dieser Wandel vollendet sich, sobald die Vorstellung
von einer Wanderung der Sonne während der Nacht sich ausbildet,
wie auch im übrigen diese Vorstellung anfänglich noch beschaffen
sein mag.
Unter dem Einfluß dieser letzteren Anschauung nimmt nun aber
auch das solare Truhenmotiv wiederum andere Formen an. Zu-
nächst wird die Sonne selbst, indem hier wohl zugleich die Sonnen-
untergangsvorstellungen herüberwirken, auch bei ihrem Aufgang als
ein lebendes Wesen gedacht. Dann verbinden sich nicht nur die
anfänglich oft noch den verschiedenen Standorten am Himmel zuge-
teilten verschiedenen Sonnen, sondern selbst die der aufeinanderfol-
genden Sonnenauf- und Sonnenuntergänge zu einem einzigen zu-
sammenhängenden Bilde: zu der einen Sonne, die nach einer zu-
weilen noch vorkommenden Anschauung am Horizont hinter den
Bergen herumwandert, oder die des Nachts einer von den Toten
bewohnten Unterwelt leuchtet. In dem Maße, als sich dieser Wandel
der Anschauungen, an dem naturgemäß die allmählich sich fester
konsolidierenden Jenseitsvorstellungen beteiligt sind, Bahn bricht,
beginnen das Verschlingungsmotiv des Sonnenuntergangs und das
Dms Hnnmelssilrchcn «ad seine irdiscIieB PinlMen« j^g
Tnihenmotiv des Sonnenaufgangs abzublassen. Während aber \^>n
jenem immer noch Spuren in einzekien Verschlingungsmärchen irdisd)cn
Ursprungs zu finden sind, die frühe schon das Element der Feucrcnt«
zündui^ im Bauch des verschlingenden Ungeheuers assimiliert haben»
^-ändert das Truhenmotiv zumeist wohl in einem noch früheren Stadium
ganz an den Anfang der Dinge zurück : es wird zu einem primitiven
kosmogonischen Mythus, der, nachdem der anfängliche tierische oder
halbtierische Lichtbringer von den späteren Göttern abgelöst ist, auch
das ursprüngliche Truhenmotiv zimicktreten und schließlich ganz ver-
schwinden läßt Immerhin ist uns ein interessantes Übergangsstadium
in dem kosmogonischen Mythus der Polynesier erhalten geblieben.
Hier ist zunächst freilich die Sonne selbst zum Sonnengott geworden
und damit natürlich die ursprüngliche naiv kindliche Form des Iler-
vorgehens aus der Truhe verschwunden. Ebenso ist die Vorstellung
hinfällig geworden, die Sonne sei erst von einem andern Licht-
wesen herbeigebracht. Aber der polynesische Maui, der die Eigen-
schaften des Gottes, des Kulturbringers und des Urahnen der Mcnnch-
heit in sich vereinigt und als der oberste Ordner der Dinge verehrt
wird, hat dem Sonnengott Ra, der anfänglich in unregelmäßiger l^ilr
über den Himmel lief, seine regelmäßige Bahn und »einen geordneten
Lauf angewiesen. Maui hat sich aufgemacht mit seinen Wrüdern, \nn
den Sonnengott zu bezwingen. Sic wandern mehrere Nächte laug,
bis sie an den Abgrund kommen, wo am Morgen der Gott uun der
Unterwelt emporsteigt. Maui mahnt die Brüder, »ich vor den t/«-
lichen Pfeilen des Gottes zu hüten. Dann lehrt er nie, Stricke xu
Schlingen zu flechten — nach einer andern Vcniion »Ind cn die Umrc
von Mauis Schwester, die hier verwendet werden, — und al» nun der
Sonnengott hervorkommt, da fangen sie ihn in dem Nct/c. Muul
schlägt ihm zahlreiche Wunden. Er blutet, »eine Mü^^el bri-chni
und er schreit entsetzlich. Zugleich fliegen seine Pfeile, und er zli'ht
mit Macht an den Stricken, sich zu befreien. Doch Maui übcrwüllj^^i
den Gott, und hinfort zieht er nur noch langsam »eine h^hu\.
') W. W. Gill, Myths and Songs of the South Pacific, iSV^, ^^JLJ^'J'^*'*^'- f ,
Te Tohunga, Alte Sagen aus Maoriland (1907) S.61 f. Ir^ ^^^^!TtMä^^^ ''" '*
und andere Maorisagen in einer die einheimischen Sänger **^ «^ ^|^ ,„4^ ^''* *'• '^ U
ausgeschmückt, aber in den Grundzügen übereinstimmend "*^. '^ '^"^ - .-n^
wiedergegeben. Das Motiv des Einfangens der Sonne kommt ttwif •'H» w.*^^
17* ^^
200 Der Naturmythus.
Sichtlich ist auch diese lebendige Schilderung der im Morgenrot
blutig über den Seespiegel aufsteigenden Sonne von dem täglichen
Schauspiel auf den kosmogonischen Mythus übertragen worden.
Auch ist .der Gott Maui, so gut wie der primitivere Jelch der
Rabe, Feucrbringer und Bringer des Tageslichtes zugleich. Doch
hat sich die letztere Tat wohl unter dem gleichzeitigen Einfluß
der Erhebung der Sonne zur selbständigen Gottheit und der Vor-
stellung des Tagesumlaufs der Gestirne sowie unter dem Herein-
spielen anderer Kampfessagen in einen Streit der Götter verwandelt,
nach welchem dem unterlegenen Gott von dem Sieger, der sich
darin wieder als Kulturheros bewährt, das Gesetz vorgeschrieben wird,
nach dem er von nun an seine Bahn zu wandeln habe. Doch in
dieser ganzen Schilderung klingen deutlich genug Motive wieder an,
die uns schon bei viel primitiveren Märchen begegnet sind: so in
der Vorstellung eines einst rascheren Laufs der Sonne die Ge-
schichte von dem Sonnenknaben, der von dem alten Sonnenmann
herabgeworfen wird, weil er durch seinen rasenden Lauf die Erde
verbrennt (S. 225), vor allem aber in den Schlingen, in denen die
Sonne festgehalten und zu langsamerem Gang gezwungen wird, das
alte Motiv der in einer Kiste verwahrten und aus ihr befreiten Sonne.
Liegt nun in dem völb'gen Auseinandergehen der Inhalte ursprüng-
licher Sonnenaufgangs- von denen der Sonnenuntergang^smythen ein
erneuter Beweis, daß, wo überhaupt bei den Verschlingungsmärchen
die Wiederbefreiung aus dem verschlingenden Ungeheuer hinzutritt,
diese Verbindung nicht himmlischen, sondern irdischen Ursprungs ist,
so fehlt es aber natürlich nicht an weiteren Umgestaltungen auch
des Truhenmotivs, durch die dessen Ursprung verdunkelt werden
kann. Besonders können solche Umgestaltungen an jene früher er-
wähnten Beziehungen anknüpfen, in denen die Mittel des Auf- und
Abstiegs bei der Himmelswanderung zu einander stehen. Einer der
häufigsten Wege der Herabkunft ist hier, wie wir oben sahen, das
herabgelassene Seil. An dem Seil befestigt sich leicht auch ein
fach sonst vor. Dabei können dann andere, damit leicht assoziierbare Vorstellnngen,
wie z. 6. die der Abschniirung des Sonnenhalses, die von der Auffassung der Sonne
als Gesicht oder Kopf ohne Körper ausgeht, das Truhenmotiv verdrängen and das
Ganze in eine explikative Fabel umwandeln: so in einem an früherer Stelle (Teil I,
S- 349) erwähnten Märchen der Menomini-Indianer.
202 I^w Naturmythus.
im Himmelsmärchen, vollständig zur Episode einer Himmelswanderung
geworden, wo das herabgelassene Seil nebst Korb ebenso das nächst-
liegende Hilfsmittel des Abstiegs wie der Baum oder die Pfeilleiter
ein solches des Aufstiegs bildet. An einen Sonnenuntergang bei dem
Korb zu denken liegt daher ebenso wenig ein Grund vor, wie bei
der Pfeilleiter an einen Sonnenaufgang. Dasselbe gilt von den andern,
die primitiven Himmelsvorstellungen widerspiegelnden Zügen, die
sonst noch in die Erzählung verwebt sind: von den buckeligen
Töchtern des Mondes, bei denen man wohl an eine äußere Assozia-
tion mit der gekrümmten Halbmondform denken darf, von den dem
Mond ins Angesicht geworfenen Bären, worin sich die Zeichnung der
Vollmondscheibe spiegelt, endlich von dem Zerkratzen des Mond-
gesichts, das wohl den Mondwechsel andeutet usw. Alle diese Züge
tragen aber, ebensowenig wie sie Auf- und Untergangsmythen sind,
einen »explanatorischen« Charakter an sich. Sie entspringen einer
phantastisch schwärmenden Märchenphantasie, die von den durch die
verschiedenen Eindrücke angeregten Assoziationen geleitet wird, ohne
daß damit die Absicht verbunden wäre, den einzelnen Naturvorgang
oder auch nur den einzelnen Eindruck selbst mythologisch zu deuten.
Dasselbe gilt schließlich von der Bergrung der Sonnentochter in ihrem
Haus, ihrem Widerstreben Menschen zu sehen oder von diesen, die
sie blendet, gesehen zu werden. Dies sind, samt den imter dem
Sonnenhaus wohnenden Spinnen, in deren Fäden das Bild der Sonnen-
strahlen mit dem der zur Erde gehenden Stricke zusammentrifft,
Vorstellungen, die alle dem Gewebe wechselnder Mythenmotive an-
gehören, und bei deren Verbindung in diesem Fall, wie in so vielen
andern, offenbar um so weniger an die zusammenhängende Schil-
derung irgend eines Himmelsvorganges gedacht wird, als sich wohl
bei vielen der einzelnen Elemente, aus denen dieses Ganze zu-
sanmiengesetzt ist, das ursprüngliche Motiv bereits verdunkelt hat.
Diesen bald ganz, bald zum Teil im Himmel spielenden Erzählungen
von einer Truhe, in der die Sonne verborgen ist, um plötzlich aus
ihr zu Tage zu treten, gehen nun wieder mannigfache, ihrem unmittelr
baren Inhalte nach irdische Märchen parallel von Menschen, die, in
einer Truhe ausgesetzt, nach längerer Zeit aus diesem Gewahrsam
befreit werden. Nach dem Charakter dieses Motivs und nach der
Natur des Märchens ist dies ebenso begreiflich, ja selbstverständ-
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Paridlelen. 263
lieh wie die Tatsache, daß das Bild der Verschlingung durch ein
Ungeheuer in einer irdischen und in einer himmlischen Form vor-
kommt. Allerdings bieten beide Fälle offenbar von Anfang an und
in den verschiedenen Perioden der Märchenentwicklung etwas ab-
weichende Bedingrungen ihrer Verbreitung. Mag für die Himmels-
phänomene das eine und das andere Bild ursprünglich vielleicht gleich
nahe liegen, für die umgebende irdische Welt verhält es sich nicht
ganz so. Da bedroht die Gefahr, von Ungeheuern verschlungen zu
werden, den Menschen jedenfalls früher, als für ihn die Vorstellung
der Truhe und vollends die, daß ein Mensch in eine solche ein-
geschlossen sei, Bedeutung gewinnt. Vielmehr tritt diese Vorstellung
wohl am frühesten in der allgemeinen Form eines in der Truhe ent-
haltenen Gegenstandes, der aus ihr hervorgeholt werden kann, in
seinen Gesichtskreis ein. Dem entsprechen nun in der Tat die ur-
sprünglichen Gestaltungen des himmlischen Truhenmärchens, die wir
oben kennen lernten, und die freilich nur der primitivsten Stufe mytho-
logischer Anschauungen angehören, während sie später völlig ver-
schwinden. Auf einem ganz andern Boden steht dagegen das irdische
Truhenmärchen. Hier tritt die Truhe überhaupt erst von dem Augen-
blick ihre Rolle an, wo sie einen lebenden Inhalt, meist einen zu
künftigen Taten berufenen Helden birgt. Das ist eine Vorstellung,
die von vornherein verwickeitere Kulturbeding^ngen voraussetzt, und
die bereits deutlich auf Heroensage und Legende hinweist, mytho-
logische Formen, die zwar immer noch einen reichen Einschlag
von Märchenelementen enthalten können, selbst aber jenseits der
Grenzen des Märchens liegen. Darum sind nun auch die irdischen
Truhenmärchen durchaus nicht etwa im selben Sinne Parallelbildungen
zu den himmlischen, wie das von den Verschlingungsmärchen gilt,
wo beide auf der gleichen Stufe naiver Naturanschauung stehen und
emander eine lange Strecke begleiten und aufeinander einwirken
können. Für die beiden Formen des Truhenmärchens gilt viel-
mehr genau das Gegenteil. Das himmlische gehört einer längst ent-
schwundenen Urzeit an, aus der nur noch spärliche Reste in das
Himmelsmärchen der primitiven Völker hereinragen. Das irdische feKlt
auf dieser Stufe ganz. Es beginnt in der Märchendichtung erst von
dem Zeitpunkt an, wo das Truhenmotiv in der Sage und gau^ ^ie-
sonders in der Legende seine Bedeutung gewinnt. Beide MärcVi^n-
264 ^^^ Naturmythus.
gattungen sind also hier eigentlich von vornherein unvergleichbar.
Außer dem Truhenmotiv haben sie nichts miteinander gemein,
und auch dieses enthalten sie in wesentlich abweichender Fassung.
Dennoch besitzt dasselbe auch in seinen irdischen Anwendungen
durchaus den Charakter eines Märchenmotivs. Es reiht sich hier
ganz jener verbreiteten Gattung von Aussetzungsmärchen an, in
denen ein ungerecht oder um böswilliger Verläumdung willen ver-
stoßenes Weib seiner Kinder beraubt oder mit ihnen in die Wildnis
verstoßen wird, um schließlich wieder zu Ehren erhoben zu werden,
während das ausgesetzte Kind meist zu großen künftigen Taten
bestimmt ist So ist diese allgemeinere Form des Aussetzung^
märchens eine Gestaltung des Glücksmärchens, die freilich vermöge
der besonderen Kulturbeding^ngen, die es fordert, auf primitiven
Stufen nicht vorkommen kann, die aber doch in ihrer Unabhängig-
keit von besonderen Raum- und Zeitbeziehungen ebenso wie in ihrer
psychologischen Motivierung durchaus noch der Sphäre des eigent-
lichen Märchens angehört. Dieses Aussetzungsmärchen verbindet sich
nun vor allem da mit dem Truhenmotiv, wo die Vorstellung der Hilf-
losigkeit des Ausgesetzten hinzukommt, also beim ausgesetzten Kind
oder kindlichen Zwillingspaar. Wahrscheinlich sind daher die Fälle,
wo ein Kind samt seiner Mutter, ein Liebespaar oder überhaupt ein
der Kindheit entwachsener Mensch in der Truhe ausgesetzt wird,
erst aus der Übertragung jener ursprünglicheren Form entstanden.
Fördernd auf diese Übertragrung hat namentlich wohl die besondere
Bedingung eingewirkt, daß als Ort der Aussetzung ein Strom oder
die See gewählt wurde. Dadurch kann dann leicht auch wieder
an die Stelle der Truhe die Barke treten, oder es können sogar
vermöge der naheliegenden Assoziation des rettenden Schiffs mit dem
Fisch als dem hilfreichen Tier Übergänge in die Märchen vom Arion-
oder grar in die vom Jonastypus stattfinden, wie wir ja solche Über-
gänge und Verbindungen auch in den Vorstellungen vom Toten-
schiff bereits angetroffen haben (Teil II, S. 44). So fem demnach das
solare Truhenmärchen der Urzeit und das irdische, von mannigrfachen
Bedingungen einer höheren Kultur umgebene äußerlich einander
stehen, so fordert immerhin der Reichtum der sich bietenden und
darum möglicherweise weit zurückreichenden Assoziationen auch hier
eine sorgsame Prüfung der Frage, inwiefern hinter den äußeren
Das Himmelsmärchen and seine irdischen Parallelen. 265
Unterschieden innere, auf wechselseitigen Assimilationen dieser ver-
schiedenen Vorstellungskreise beruhende sich verbergen, oder ob
etwa die übereinstimmende Vorstellung der Truhe selber aus dem
einen Gebiet in das andere durch die Vermittlung irgendwelcher
historischer Beziehungen gewandert ist.
Schon im Märchen bildet nun das Truhenmotiv durchweg nicht
den Hauptinhalt, sondern einen Nebenbestandteil oder eine vorberei-
tende Episode zur Haupthandlung einer Geschichte. So erzählt eine
griechische Variante des Aschenputtelmärchens, wie die zwei bösen
Schwestern, nachdem der Prinz Aschenputtel geheiratet hat, diese
besuchen, gerade als sie der Geburt eines Kindleins entgegensieht
Da die Schwestern sie allein antreffen, so stecken sie sie schnell in
einen Kasten und werfen sie in den Fluß. Der Kasten wird aber
ans Ufer getrieben, wo eine alte Frau, mit deren Verstand es nicht
mehr ganz richtig ist, sie findet Sie trägt den Kasten heim, um ihn
als Brennholz zu verwenden. Wie sie aber mit der Axt darauf
schlägt, springt die Kiste auf, und die junge Königin tritt heraus.
Hierauf wandelt sich, als sie in der Wildnis eine Höhle findet, diese
in ein Schloß um, in dem alles enthalten ist, dessen sie bedarf. Der
junge König sucht und findet sie, und beide wandern samt dem
Wunderschlosse nach der Hauptstadt, die bösen Schwestern werden
bestraft und das Paar lebt glücklich bis an sein Ende *). In ähnlicher
Weise ist das Truhenmotiv überall, wo es noch sonst vorkommt,
Bestandteil eines Glücksmärchens: die Einschließung in die Truhe
und die Aussetzung in ihr bildet hier eine der mannigfachen Gefahren,
die dem Glückskind bei seinen Abenteuern begegnen. So in dem
deutschen Märchen von dem »Teufel mit den drei goldenen Haaren«.
Dem Söhnlein einer armen Frau wird geweissagt, daß er mit vier-
zehn Jahren die Tochter des Königs zur Frau bekommen werde.
Der König, der davon hört, kauft, um dies Schicksal abzuwenden,
den armen Eltern ihr Kind ab, tut es heimlicherweise in eine Schachtel
und wirft diese in den Fluß. Die Schachtel geht aber nicht unter,
sondern strandet bei einer Mühle. Da wird das Glückskind von den
Müllersleuten, die selbst keine Kinder haben, entdeckt und liebevoll
aufgezogen. Nachdem gerade vierzehn Jahre verflossen sind, betritt der
*) J. G. von Hahn, Griechische und albanesische Märchen, I, S. 73»-
266 I^eif Naturmythus.
König zufallig einmal die Mühle. Als ihm die wunderbare Auffindung
des Knaben berichtet wird, merkt er, daß er das Glückskind vor sich
hat. Er sucht dieses abermals zu beseitigen, um die unerwünschte
Heirat zu nichte zu machen. Aber das Glückskind entgeht auch
dieser Gefahr, und es besteht außerdem alle die Proben, die ihm der
König aufgibt, unter ihnen die, die dem Märchen seinen Namen
gegeben hat, den Raub der drei goldenen Haare des Teufels, und
führt am Schluß die Prinzessin heim (Grimm, Nr. 29). Wie hier, so
pflegt übe»^all das Truhenmotiv eine episodische Ausschmückung,
kein wesentlicher Inhalt des Märchens zu sein, und es kann daher
in einzelnen Versionen vorkommen, während es in andern fehlt. In
der Regel ist es, wie in den angeführten Beispielen, Bosheit oder
Mißgunst, die die Einsperrung in die Kiste veranlaßt, und diese wird
den Wellen preisgegeben, um den darin Ausgesetzten umkommen zu
lassen. In seltenen Fällen kann aber auch die Truhe oder ein an-
derer ihr ähnlicher Verschluß als rettendes Asyl dienen, durch das
das Glückskind einer drohenden Gefahr entzogen wird. So in einer
neugriechischen Variante von > AUerleihrauh« , in der allerdings die
Truhe durch einen Schacht ersetzt ist: die Prinzessin erbittet sich,
um der Werbung ihres Vaters, der sie zur zweiten Frau nehmen
möchte, zu entgehen, außer einem Anzug von Gold und einer Tasche
voll Dukaten auch ein Bett und einen Schacht, der zehn Klafter tief
in die Erde geht. Als das alles beschafft ist, steigt sie in den Schacht
und ruft: ,Erde tu dich noch weiter auf*, worauf sie tief hinimter-
fahrt und an einem ganz andern Ort wieder herauskommt. Das
weitere verläuft dann im wesentlichen ähnlich wie im deutschen
Märchen *).
Genau mit denselben Zügen, nur ins Heroische vergrößert, be-
gegnet uns das Truhenmotiv in der Heldensage. So wird Perseus
mit seiner Mutter Danae in eine Kiste eingeschlossen ins Meer ge-
') J. G. von Hahn, Griechische und albanesische Märchen, I, S. 191 f. Dazu
Grimm, Nr. 65. Das sonst seltene Truhenmotiv ist bemerkenswerterweise im griechi-
schen Märchen ungewöhnlich häufig, übereinstimmend mit seinem ebenfalls relativ-
häufigen Vorkommen in der griechischen Heroensage. Außer den xwei oben
angeführten Beispielen vgl. noch in von Hahns Sammlung Nr. 4, 8, 27, 42, unter
denen die letztere ein drollig erfundenes Scherzmärchen dieser Gattung ist, in der das
bei den Griechen besonders beliebte Motiv der schlauen Überlistung die Hauptrolle
spielt.
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen.. 267
worfen, und diese wird dann an einem fernen Strande in einem
Fischernetz aufgefangen (Pherekydes fr. 26). Ein Seitenstück zur
Sage von Perseus und Danae ist die von Telephos imd seiner Mutter
Auge, nicht minder die Ödipussage in einer von der gewöhnlichen
abweichenden Version, nach der das Knäblein nicht ausgesetzt,
sondern ebenfalls in eine Kiste eingeschlossen und ins Meer geworfen
wird*). Es ist sehr wahrscheinlich, daß hier das Truhenmotiv von
einem Sagenstoff zum andern hinübergewandert ist. Jedenfalls beweist
aber seine Verbreitung die bei einem Volk, das fast überall das Meer
vor Augen hat, begreifliche Neigung, unter den Märchenmotiven, die
dem Wechsel von Gefahr und Errettung entspringen, auch dieses in
die Sage zu verweben. Im Binnenland ist natürlich die einfache Aus-
setzung des Kindes mit oder ohne seine Mutter weit häufiger als die
den Wellen übergebene Truhe. Der deutsche Sagenschatz zeigt dies
an einem Beispiel, auf das schon Usener als eine offenbare Umbildung
des obigen Märchens vom Glückskind hingewiesen hat. Vor Kaiser
Konrad dem Franken flieht Graf Leopold von Calw in eine öde Mühle
im Schwarzwald, weil er den Landfrieden gebrochen. Da kommt
eines Tags der Kaiser zufallig in dieselbe Mühle. Leopold flieht in
das Dickicht. Seine Hausfrau aber muß in der Mühle bleiben, weil
sie ein Kind gebären soll. Indessen hört der Kaiser eine Stimme,
die spricht zu ihm: heute kommt hier ein Kind zur Welt, das soll
dein Tochtermann werden. Da gebietet der Kaiser, das Kind zu
töten. Seine Dienstleute aber haben Erbarmen mit dem Knäblein
und setzen es im Walde aus. Hier findet es zufallig Herzog Heinrich
von Schwaben. Er bringt es seiner Gemahlin, und sie nehmen es,
da sie selbst keine Kinder haben, an Kindesstatt an. Später wird
dem jungen Heinrich seine unbekannte Herkunft verraten. Auch
Kaiser Konrad erfährt davon und sucht den unwillkommenen Tochter-
mann zu beseitigen. Aber da sein Anschlag mißlingt, fügt er sich
schließlich in das Unvermeidliche. Heinrich heiratet des Kaisers
Tochter und wird nachmals Kaiser Heinrich III. (Grimm, Deutsche
Sagen, Nr. 480J. Diese Sage ist schon deshalb von hohem Interesse,
weil sie Zug für Zug eine sagenhafte Umbildung des zweifellos älteren
Märchens ist, also deutlich veranschaulicht, wie hier, entgegen der
Vgl. Usener, Die Sintflutsagen, 1899, S. 83 fr.
268 ^c' Naturmythas.
geläufigen Auffassung dieser Formen, nicht die Sage zum Märchen,
sondern umgekehrt das Märchen zur historischen Sage geworden ist
Diese hat in allem wesentlichen die Züge des Märchens beibehalten;
nur hat sie die phantastischen Wundertaten des Glückskinds beseitigt,
die dem geschichtlichen Stoff nicht mehr adäquat sind. Zugleich ist
aber an die Stelle der Truhe die einfache Aussetzung getreten.
Ein bekanntes Beispiel der Rettung in der Truhe aus dem Gebiet
der Legende ist die Aussetzungsgeschichte Moses. Als der Ägypter-
könig das Gebot hat ausgehen lassen, von allen neugeborenen Kindern
der Hebräer sollten nur die Mädchen am Leben bleiben, die Knaben in
den Nil geworfen werden, verheimlicht die Mutter Moses drei Monate
lang seine Geburt, dann, da sie ihn nicht länger verbergen kann, ver-
fertigt sie ein Kästchen aus Papyrusschilf, in das sie ihn legt, und das
sie am Ufer des Flusses birgt. Dort findet es die Tochter des Pharao,
die nun den Knaben aufzieht (2. Mose 2). Solange sich, wie hier, dies
Motiv nur innerhalb der anscheinend natürlichen menschlichen Macht-
mittel bewegt, bleibt jedoch die Rettung in der Truhe immerhin ein
gefahrvolles Mittel, dem ein glücklicher Zufall zu Hilfe kommen muß.
Erst mit dem Übergang in das Gebiet des schrankenlosen Glücks-
zaübers oder des göttlichen Wunders kann die Truhe, ähnlich wie
der Fisch des Jona, von Anfang an die Rettung sichern. So ver-
birgt Aphrodite den Adonis, als er eben aus seiner in einen Baum
verwandelten Mutter Smyrna geboren wird, von seiner Schönheit ge-
rührt in einer Truhe (ApoUodor in, 14, 4). In dieser Bedeutung des
rettenden Schutzes vor drohender Gefahr verwendet dann auch die
griechische Dionysos- und die ägyptische Osirislegende das Truhen-
motiv. Nach der verbreiteten Fassung der ersteren birgt Zeus den
vorzeitig geborenen Götterknaben in seinem eigenen Schenkel, um
ihn aus diesem, wenn seine Zeit gekommen, noch einmal zu gebären
(Ovid M. in, 287 ff.). Diese Bergung ist freilich eine Abänderung des
Truhenmotivs, aber sie ist diesem immerhin verwandt genug, daß
aus ihr in einer Version der Legende auch die wirkliche Truhe ent-
stehen konnte'). In der Osirislegende, wie sie Plutarch berichtet, ist
die Truhe in ein späteres Stadium der Lebensgeschichte des Gottes
verlegt. Hier ist es Typhon, der feindliche Bruder, der durch List
') Uscncr, a. a. O. nach Pansanias, III 24, 3.
Das Himmelsmiürchen nnd seine irdischen Parallelen.
269
den Osiris veranlaßt, sich in dem Kasten zu bergen, und dann diesen
ins Meer wirft (Plutarch, De Iside et Osiride, 1 2 ff.). Die Dionysos-
und die Osirislegende sind einander nahe verwandt. Bei beiden duldet
es keinen Zweifel, daß sie mit Vegetationskulten und, nach einer bei
diesen überall sich einstellenden Beziehung, mit Seelenkulten und Jen-
seitsvorstellungen in Verbindung stehen. Beide haben zugleich eine
lange Geschichte hinter sich: sie enthalten eine Fülle mythologischer
Motive, an deren Verbindung unter dem Einfluß der Mysterien, in
deren Dienste sie traten, schließlich theosophische Spekulation und
priesterliche AUegorisierung teilgenommen haben. Zu erörtern, wie
das geschehen ist, muß einem späteren Orte vorbehalten bleiben
(Kap. VI). Daß das Truhenmotiv in der Gestalt, in der es in beiden
Fällen vorkommt, zu den in die Legende aufgenommenen Märchen-
zügen gehört, ist aber nicht zu bezweifeln. Ob er ihr angehört
hat, ehe der Mythus seine kultischen Umbildungen erfuhr oder
nicht, kann hier dahingestellt bleiben. Sicher ist nur, daß es schon
in alter Zeit eine Deutung erfuhr, die, nachdem der Mythus erst
zum Substrat des Vegetationskultes geworden war, nahe genug lag:
der den strahlenden Osiris in die Truhe einschließende Typhon
wurde zum Sinnbild des Winters, die Wiedererstehung des Gottes
aus der Truhe zum Symbol der wiederkehrenden Frühlingssonne.
Dem Kultus ist hier überall die ausschmückende Dichtung gefolgt.
Diese ist aber kein ursprünglicher Mj^hus mehr, sondern hinter ihr
steht die priesterliche Allegorie, die dann erst, indem sie sich im
Kultus befestigt und teilweise selbst wieder in die Volkssage über-
geht, nochmals zum Mythus wird. Um so merkwürdiger ist es,
daß am Ende dieser verwickelten Umbildungen das irdische Truhen-
motiv in gewissem Sinne bei dem Punkte wieder angelangt ist, von
dem auf der primitiven Stufe des Himmelsmärchens das solare aus-
ging. Die den jungen Sonnengott verschließende Truhe ist zum Bild
der kommenden Frühlingssonne geworden, das sich in dem täglichen
Sonnenaufgang in kleinerem Umkreise wiederholt. Gleichwohl kann
davon nicht die Rede sein, daß jene frühesten Sonnenaufgangsmythen
etwa auf diese späten Erzeugnisse einer von Symbolik und Allegorie
durchsetzten Kultlegende herübergewirkt haben. Beide liegen nahezu
an entgegengesetzten Polen mythologischer Entwicklung, und zwischen
ihnen erstrecken sich weite Gebiete von Märchen und Sage, inner-
270 I^cr Naturmythns.
halb deren auch nicht mit einem Schatten von Wahrscheinlichkeit
ein Zusammenhang der durch allbekannte Motive des Glücksmärchens
nahe gelegten Vorstellung einer Bergung in der Truhe mit Himmels-
erscheinungen angenommen werden kann. Dennoch ist jener schein-
bare Kreislauf kein bloß zufalliger. Wie dem naiven Naturmenschen
das Bild der am Horizont aufsteigenden Sonne als ein Hervorholen
der leuchtenden Sonnenscheibe aus einem sie zuvor bergenden Ver-
schluß erscheint, so steht am Ende dieser Entwicklung die kultische
Verehrung der Frühjahrssonne, die in einem dem winterlichen Ver-
schlusse entsteigenden Götterjüngling symbolisch verkörpert wird;
und die allegorische Übertragung dieser Jahrsmythe auf das mensch-
liche Leben und Fortleben läßt schließlich das gleiche Mittel als
Ausdruck der Unsterblichkeitshoffnungen erscheinen. Das Bild ist
dasselbe, aber der dem Bilde zugrunde liegende Anschauungfskreis
ist ein anderer geworden, wenn auch die immer und immer wieder-
kehrende Rückverwandlung der Symbole in eine geglaubte Wirklich-
keit nachträglich Anfang und Ende einander nahe bringen kann.
Gleichwohl kann das Truhenmärchen in keiner seiner beiden Formen,
der himmlischen und der irdischen, in dem Sinne zu den > Parallel-
mythen« gezählt werden, daß assimilative Einwirkungen von dem
einen auf das andere Gebiet nachzuweisen sind.
Dagegen fuhren von dem Truhenmärchen aus Assoziationen nach
andern Richtungen, die zunächst zwischen den irdischen und dann
durch deren Vermittlung wohl auch zwischen gewissen himmlischen
Motiven Ausgleichungen bewirken. Solche erstrecken sich nament-
lich von jener Form aus, bei der die Bergung in der Truhe die
Rettung zum Zweck hat. Hier scheinen sich die Fäden einer im
Bewußtsein verdunkelten, aber immer noch wirksamen Verbindung
der Vorstellungen von der Truhe zum bergenden Fisch wie zum
rettenden Schiff zu erstrecken. Mose und Jona, beide sind von Gott
erwählte Werkzeuge, und nur durch den Grad des Wunders unter-
scheidet sich ihre Rettung. Als Arche, die den Stammvater der
Menschen mit allem was zu ihm gehört vor den Fluten der Urzeit
sichert, wird aber die Truhe zum rettenden Schiff. Hier ist es dann
zugleich, wie wir sehen werden, gerade die letztere Vorstellung, die
der assimilativen Beeinflussung durch Himmelsmotive wahrscheinlich
nicht ganz entbehrt. Doch das sind Beziehungen, die bereits weit
Dms Hbrnnelsmirchen and seine iidiselieik Pmrmllelen. 27 1
über das Gebiet des Märchens hinaus- und in das der Sage und
Legende hinüberreichen (vgl. unten ÜI, 5).
e. Das Zwillingsmftrchen.
Da im Gebiet des Mythenmärchens und seiner Weiterbildungen
der Begriff der Zwillinge von dem allgemeineren der Geschwister und
endlidi sogar von dem der zwei durch gemeinsame Schicksale ver-
bundenen Genossen weder tatsächlich noch insbesondere nach den
bestimmenden Motiven strenge zu scheiden ist, so soll hier auch der
B^jiff des »Zwillingsmärchens« in einem weiteren Sinne genommen
werden, indem wir darunter alle die Märchen- und Mythenstoffe
zusanunenfassen, in denen zwei Persönlichkeiten, die der gleichen
Generationenstufe angehören, durch ihre Handlungen in ein freund-
liches oder feindliches Verhältnis treten oder endlich überhaupt al»
stets verbundene Teilnehmer der gleichen Unternehmungen vor-
kommen, ohne daß sich damit ein bestimmtes Verhältnis wechsel-
seitiger Gesinnung verbände. Übrigens pflegt gerade in diesem letzteren
Fall rein äußerlicher Verbindung das Geschwisterverhältnis nicht zu
fehlen: so namentlich bei manchen Brüdermärchen primitiver Völker,
bei denen schon der unbestimmt bleibende psychologische Chaniktcr
der Helden eine solche innere Beziehung ausschließt. Dagegen »Ind
andere die Zweiheit der Personen mit sich flihrcndc Verhältnisse, wie
das von Gatten und Gattin, Vater und Sohn, Oheim und Neffen usw.,
hier um so mehr fernzuhalten, als die jenem weiteren Begriff der
» Zwillingsmärchen c zugrunde liegenden Motive in diesen Fällen durch-
weg andern Platz machen, die höchstens äußerlich an jene erinnern
können *).
Auch das Zwillingsmärchen in dem oben bezeichneten Sinne ge-
hört nun zu der Gattung der Parallelmythcn , und cn Hc:blicßt «ich
hier insofern am nächsten an das Truhenmärchen an, als bei ihm
ebenfalls die ausgesprochenen Himmelsmotivc nur auf den frUhc:*vt#:n
') Solche Erweiterungen pflegen dann auch nicht die »» MärchCÄ Md H«^^ ^^^^
mittelbar vorliegenden Beziehungen, sondern die sehr ^^P^^j^^^vI^Lj^ *^•^^•
tungcn zur Grundlage zu nehmen, die erst die Mythologcn y^^^TZ^^ ''•'^>r.-,
lichkeiten geben: so z. B. wenn Stucken Abraham und Lot und ■~^**^* ^ .j^
Merkmal der Zweiheit gekennzeichnete Gestalten als rHo*ktiren tmmm VM, ?>♦.,.. v
Astralmythen, S. 81 ff.).
2*7 2 I^cr Natnrmythas.
Stufen der Mythenentwicklung vorkommen, indes sich die auf der
Erde spielenden Erzählungen über alle Zeiten erstrecken. Dabei
findet sich höchstens insofern ein charakteristischer Unterschied, als
von frühe an Mythen von ausgesprochen zwiespältiger Natur nicht
fehlen: solche, die zwar zuerst und im weiteren Verlauf zum größten
Teil auf der Erde spielen, denen aber doch innerhalb der Mythen-
entwicklung selbst schon eine Beziehung zu bestimmten Himmels-
phänomenen zugeschrieben wird. Nun legt allerdings, wie wir sahen,
die nachträgliche Interpretation der Mythen auch dem Truhen- und
dem Verschling^ngsmotiv und vielen andern eine solare oder astrale
Bedeutung unter. Doch hier, im Gebiet der Zwillingsmärchen und
ihrer Weiterbildungen zur Helden- und Göttersage, ist es der Mythus
selbst, der auf einer gewissen Stufe seiner Entwicklung die Zwillings-
helden in manchen Fällen als irdische und himmlische Wesen zugleich
auffaßt, indem er zwar ihr Leben und ihre Taten auf die Erde ver-
legt, dann aber den Abschluß dieser Taten in ihrer Versetzung unter
die Gestirne sieht. Freilich ist diese Erhebung irdischer Helden zu
Himmelswesen nicht den Zwillingsgestalten allein eigen, sondern diese
teilen das mit noch sehr vielen andern Sagenhelden. Ein weiteres
Moment verleiht jedoch hier der Erscheinung ein besonderes Interesse.
Während den sonstigen mit einer Apotheose endenden Märchen und
Mythen analoge Formen, die von vornherein am Himmel ihren Schau-
platz haben, nicht gegenüberstehen, gehören die Zwillingsmärchen
eben darin zugleich zu den Parallelmythen, daß den Erzählungen, die
auf Erden beginnen und enden, besonders innerhalb der primitiven
Naturmärchen solche gegenüberstehen, die ihren Hauptschauplatz am
Himmel haben.
Hierbei sind nun diese ursprünglichen himmlischen Zwillings-
märchen, ganz so wie die himmlischen Verschlingungs- und Truhen-
märchen, nur den frühesten Formen der Mythenbildung eigen. Auch
ihre nächsten Ausgangspunkte bilden die beiden großen Gestirne,
Sonne und Mond. Doch wirken der Geschwistervorstellung mannig-
fache andere Motive entgegen. Auf der einen Seite ist ja, wie wir
.sahen, die Anschauung, beide Gestirne seien selbst belebte Wesen,
ursprünglich keineswegs die vorherrschende (S. 211); und sobald die
Sonne nur als glänzender Federball, oder als Feuerscheibe, der
Mond je nach seiner Gestalt als Wohnstatt eines Tieres, als Schiff,
Dss HxzzmicIsmSFclieB «nd seine irdbchen Parallelen, ^-s
Schale, gebomtes Ai^esicht u. dergl. gesehen wird, oder gar alle
diese VofsteDui^eii fiMtwahrend ineinander fließen, liegt das ZwUIings-
modv fern (S. 212). Aber auch wenn die Belebung eintritt, hemmt
offenbar die Verschiedenheit beider Gestirne in ihrem Aussehen wie
im Wedisel ihrer Erscheinung das Aufkommen einer Vorstellung,
dfc eine gewisse Gleichartigkeit voraussetzt; daher auch auf dieser
Stufe der Personifikation das Geschwister- namentlich durch das
Gattenverhältnis zurückgedrängt werden kann, oder aber beide Ge-
stirne innerhalb primitiver Anschauung vielleicht noch häufiger als
selbständige, in keiner näheren Beziehung stehende Himmelswesen
erscheinen. ENe spärlichen himmlischen Zwillingsmärchen, die so
noch übrig bleiben, schließen sich in der Regel an den Aufstieg zum
Himmel an, wie mehrere der dort (S. 221, 225 f.) betrachteten primi-
tiven Mythenmärchen zeigen. Auch sehen wir in diesen Beuipiclen
schon die beiden Formen repräsentiert, in denen die zwei groikia
Gestirne als Geschwister erscheinen. Im einen Fall ist es ein Hrlidef'
paar, das, selbst vielleicht schon himmlischen Urtprui^^ zum Himmel
aufsteigt und die Lenkung der beiden Himmdflschter übernimmt,
nachdem deren bisherige Beherrscher gestürzt sind ^S, 226;, f:iiu:
Anschauung, bei der übrigens wohl meist die Sonne die ffcMJj/t^
rolle spielt, und die wahrscheinlich mit der andern, daß j^uier
Tag eine neue Sonne bringe, nahe zusammenhangt. iJtm Mefit aU»
andere typische Form eine Himmels Wanderung gegenüber, bei der
ein Erdensohn, in diesem Fall wohl meist kein BrUderpa^; '/ben
allerlei Erlebnisse hat, in denen er mit dem Sanoco- oder M/yfi/1'
mann in Verkehr tritt, Dienste bei ihnen verriditco muüf Vr^Aß^u
unterworfen wird, schließlich aber eine Tochter des S€mmMts)^an/it^$
heiratet usw. (S. 234). Hier werden sichtlich Somic und M^^ in e;»
Verhältnis gebracht, das dem von Genossen und, weim 6m y,^S:
nicht ausgesprochen wird, dem von Geschwistern catsprcoM» V^ur^_
Wir haben es also in diesen Fall, da der Erdenwandcrcr «r h^ .-^
am Himmel bereits bestehendes Verhältnis cingr^^ ^^fMfid'. -^j^
einer primäreren Form des Zwillingsmärchens a» HBÄd z^ *i«»,
bei welchem zugleich der abweichende GefühlstoOf *■?••• r>-a^raBÄ:
beider Gestirne innewohnt, charakteristisch hcnrort Mßtm ^aoHi^
menschen ist der Mond nicht, wie einem späten Z* •■fear^^^dh
Mondscheinstimmung, ein befreundetes, der Sä '•»^..:>^
Wundt, Volkerpsychologie II, 3.
2<7 4 ^cr Naturmythns.
Wehmut und ähnlichen Gefühlen verwandtes Gestirn, sondern, wie
die Nacht selbst für ihn nur Furcht und Schrecken birgt, so ist er
der kalte, neidische Nebenbuhler der Sonne. Freilich erscheint auch
das Sonnenwesen häufiger furchtbar als wohlgesinnt. Aber sein
Übelwollen ist von anderer Art, mehr gewalttätig imd drohend, dem,
der sich ihm naht, Qual oder jähen Untergang bereitend. Das sind
Züge, die noch ganz dem Eindruck und seinen Gefühlswirkimgen ent-
sprechen, und die darum auch namentlich bei der Sonne plötzlich
zwischen Gegensätzen wechseln können. So gilt denn von diesen
himmlischen Zwillingsmärchen überhaupt, daß sie mehr unmittelbare
Gefühlsreaktionen des entgegengesetzten Eindrucks dieser Himmels-
erscheinungen als irgendwie fester ausgebildete Anschauungen sind.
Das zeigt ja schon deutlich genug die Tatsache, daß neben ihnen
alle jene vagen Vorstellungen bestehen, in denen die gleichen Ge-
stirne als Feuerbälle, Schilde, Tierwohnungen usw. apperzipiert wer-
den. Der Wilde verhält sich eben anders auf die an ihn gerichtete
Frage, was ein solcher Hinmielsgegenstand sei, und da, wo er, dem
Lauf seiner Phantasie folgend, die Himmelserscheinungen als Hand-
lungen mit erlebt. Dort ist er ganz und gar intellektuell gerichtet,
hier waltet ebenso einseitig seine durch eigene Erlebnisse und augen-
blickliche Gemütsstimmungen bestimmte kombinierende Phantasie.
Aber da er in Wirklichkeit zwischen diesen Zuständen selbst schwankt,
und da jedesmal die momentane Wahrheit für ihn die ganze Wahr-
heit ist, so darf man gewiß in einem solchen Mythenmärchen auch
niemab die volle geglaubte Wirklichkeit sehen. Immerhin darf man
annehmen, daß diese in der Richtung jener fabulierenden Erzäh-
lungen liege, und daß, wo die letzteren in mannigfaltiger Weise
variieren oder mit den nüchternen Vergleichungen der Gestirne und
irdischer Objekten wechseln, der Glaube des Naturmenschen selbst
schwankt, ohne daß er darum diesen Zweifel als einen quälenden
Gemütszustand empfände. Dazu kommt endlich noch ein anderes
Moment, das die Bedeutung dieser Himmelsmärchen überhaupt un-
sicher macht. Zerstreute Fragmente aus den astronomischen An-
schauungen der Kulturvölker sind wohl fast aller Orten in den Vor-
stellungskreis der Primitiven eingedrungen, und sie lassen sich natür-
lich nicht immer so sicher als von außen zugeführte Fremdlinge
ansehen, wie in den Fällen, wo sie geradezu die Sternbilder der
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen.
275
altweltlichen Astronomie voraussetzen. Können wir sicher sein,
daß, wo in australischen oder amerikanischen Mythenmärchen die
PIejaden in der Siebenzahl vorkommen, das kein autochthoner Be-
standteil in dem sonst vielleicht durchaus ursprünglichen Märchen
ist, so ist es schon zweifelhafter, ob etwa die Auffassung von
Moi^n- und Abendstem als Zwillingen auf eigener Anschauung be-
ruht, oder ob auch sie äußerer Anregimg ihren Ursprung verdankt.
Sicher ist aber jedenfalk, daß, abgesehen von Sonne und Mond, bei
denen sie überdies, wie oben bemerkt, meist durch andere Assozia-
tionen zurückgedrängt wird, die Zwillingfsvorstellung im ursprüng-
lichen Himmelsmärchen keine irgend nennenswerte Rolle spielt. Ins-
besondere gilt das auch von dem Sternbild der Zwillinge, das erst
in der Heldensage der Kulturvölker als Abschluß der Laufbahn
zweier Helden vorkommt, hier aber, wie wir sogleich sehen werden,
offenbar ebenfalls, so gut wie die PIejaden im Märchen der Natur-
völker, einen sekundären Bestandteil bildet.
Verhältnismäßig am frühesten gewinnt nun das Brüder- und Ge-
schwisterpaar eine erheblichere Bedeutung in den kosmogonischen
Mythen und in den Zwischenformen zwischen ihnen und den Kultur-
bringerlegenden, die bei zahlreichen Naturvölkern vorkommen. Wo
immer aber solche Mythen näher bekannt sind, da erweisen sie sich
als sehr zusammengesetzte, weit über die Stufe des Mythenmärchens
hinaus liegende Bildungen, wie denn die Schöpfungssagen, abgesehen
von einzelnen der äußeren Beeinflussung dringend verdächtigen Fällen,
späte Produkte sind, die eine ausgebildete Götter- und Heroensage
voraussetzen. Das gilt nicht bloß von den hierher gehörigen Mythen
der Polynesier, sondern auch von denen der Irokesen und vieler
Präriestämme Nordamerikas, die nach ihrer Mythenbildung so wenig
wie nach ihrer sozialen Organisation den Namen von »Naturvölkern«
verdienen. So darf denn auch der Umstand, daß sich bei diesen
Völkern zumeist noch Mythenmärchen erhalten haben, die einer
primitiveren Stufe des mythologischen Denkens angehören, nicht dazu
verführen, die Gestalten, die in ihren kosmogonischen Dichtungen
vorkommen, mit den Trägern solcher in den gleichen Gebieten um-
laufenden primitiven Mythenmärchen zusammenzuwerfen. Hier läßt
durchweg das einzelne mythische Gebilde selbst schon erkennen,
welcher der innerhalb eines bestimmten Gebietes umlaufenden Mj'then-
18»
2^6 ^c' Naturmythus.
bildungen es zuzurechnen sei. So wenig man daher die Hesiodische
Theogonie mit den einzelnen Mythenmärchen der Odyssee oder die
Osirislegende in der verwickelten Gestah, in der sie Plutarch erzählt,
mit andern außerhalb des Kultus liegenden altägyptischen Zauber-
märchen auf gleiche Linie stellen kann, ebensowenig darf man die
Kosmogonien der Polynesier oder der Irokesen mit beliebigen, bei
den gleichen Völkern umlaufenden einzelnen Märchen vermengen. Bei
den primitiveren Stämmen der nordpazifischen Küste Nordamerikas
und der südamerikanischen Bakairi, Tupi u. a., endlich bei den Pueblo-
völkern wird das Problem infolge der unverkennbaren Mischung ur-
sprünglicher MärchenstofTe mit von außen hinzugekommenen kosmo-
gonischen Elementen wo möglich noch verwickelter. Hier kann dann
allenfalls noch das einzelne Mythenmärchen als Maßstab der ver-
breiteten mythologischen Denkweise gelten. Ein Ganzes ^ wie die
wahrscheinlich aus unzähligen solchen Mosaikstücken heimischen und
fremden Ursprungs zusammengesetzte Rabenlegende oder der Kom-
plex der Sagen vom großen Hasen läßt sich aber unmöglich als ein
einziger Mythus behandeln, noch lassen sich die in solchen Märchen-
und Mythenzyklen auftretenden Gestalten immer als die gleichen
betrachten. Alle diese mythologischen Formen, die teils ausge-
sprochen dem Gebiet der kosmogonischen Sagen, teils dem Über-
gangsgebiet zwischen ihr und der Kulturlegende angehören, werden
uns daher, so groß der Einschlag primitiver Mythenmärchen ist, den
sie enthalten, doch erst an einer späteren Stelle beschäftigen können
(III, 2 und 5).
Sieht man von diesen einer abgesonderten Entwicklung angehö-
renden Schöpfungs- und Ursprungsmythen ab, so bleiben nun noch
als eigenartige Zwillingsmythen, die zwischen jenen spärlich vor-
kommenden reinen Himmelsmärchen und den weitverbreiteten, ganz
auf irdischem Boden spielenden Brüder- und Geschwistermärchen in
der Mitte stehen, jene Formen der Heroensage, in denen bald Zwil-
lingsbrüder, bald Bruder und Schwester, bald endlich engverbundene
Genossen in Kampf und Gefahr einander gegenüberstehen. Die
Blüteperiode des Zwillingsmotivs in diesem weiteren Sinne fallt ge-
rade in das Zeitalter der Heroensage. Vor allem die Gestalten der
hilfreichen und mehr noch die der feindlichen Brüder wiederholen
sich hier überall. So in dem Freundespaar Gilgamesch und Eabani
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 277
des babylonischen Epos oder, indem die Individuen durch ganze
Fürstengeschlechter ersetzt werden, in den Kam und Pandu des
indischen Epos. Ähnlich begegnen uns als schärfer ausgeprägte
Persönlichkeiten in der griechischen Sage ein Kastor und Polydeukes,
Achilleus und Patroklos, und als feindliche Paare ein Atreus und
Thyestes, Eteokles und Polyneikes u. a.; nicht minder in der israe-
litischen Vätersage neben den verbündeten Brüdern Simeon und Levi
( I.Mose 34, I ff.) und dem Freundespaar David und Jonathan, als
Repräsentanten des frühen Kampfes um Besitz und Recht die feind-
lichen Paare Kain und Abel, Esau und Jakob. Dabei ist es ein
stehender Zug in aller Mythendichtung, daß sie mit Vorliebe das
Freundespaar dem feindlichen Brüderpaar gegenüberstellt: Der
Freund sucht sich den Freund nach freier Wahl; der Bruder dagegen
ist besonders in der orientalischen Sage der geborene Feind des
Bruders. Dies hat seine natürlichen Gründe in eben jenem Streit
um Besitz und Herrschaft und um die Vorrechte der Erstgeburt, der
vor allem die Fürstengeschlechter, die Hauptträger der Sage, entzweit.
Daneben mögen poetische Motive noch mitwirken. Wie die Ver-
schiedenheit der äußeren Abstammung den Eindruck der inneren
Zusammengehörigkeit, so verstärkt umgekehrt die Verbindung durch
gleiche Abstammung den des seelischen Gegensatzes. Daher denn
auch dieser Kontrast erhöht wird, wenn ein ursprünglich verbundenes
Brüderpaar sich erst in ein feindliches umwandelt, wie bei dem Kampf
um Theben Eteokles und Polyneikes oder in der römischen Grün-
dungssage Romulus und Remus, bei denen außerdem das Truhen-
motiv der Aussetzung in einer beide umschließenden Wanne und
das verbreitete Märchenmotiv des die Zwillinge säugenden hilfreichen
Tieres mitwirken. Wo im Gegensatze hierzu die Feindschaft zwischen
den Brüdern als eine angeborene erscheint, da kann der Mythus
den Streit der feindlichen Zwillinge bis in den Schoß der Mutter
zurückverlegen: so bei Esau und Jakob (i. Mose 25, 22) oder in
der argivischen Sage bei Akrisios und seinem Bruder Proitos (Apol-
lodor II, 2, i).
Die naturmythologische Deutung pflegt auch diese Freundes- oder
Feindespaare der Heldensage, ähnlich wie die Verschlingungsmythen
und die Aussetzungen in der Truhe, mit ursprünglichen Himmels-
märchen in Verbindung zu bringen. In der Tat stehen ja Himmels-
278 I^cr Naturmythus.
motive der mannigfaltigsten Art zur Verfügung, wenn man nicht die
wirkliche Entwicklungsgeschichte des Märchens zu Rate zieht, sondern
äußeren Analogien folgt. Ist doch unter den Sternbildern das der
»Zwillinge« schon von den alten Dichtern und Mythographen mit dem
sagenhaften Vorbild festverbundener Heldenbrüderschaft, Kastor und
Polydeukes, in unmittelbare Beziehung gebracht worden. Auch der
unabänderliche Wechsel von Morgen- und Abendstem wird zuweilen
im Sinne einer treuen Geleitschaft aufgefaßt. Und wie reich ist vollends
die Fülle der Bilder, die der Hirtimel fiir das Verhältnis der feind-
lichen Brüder bietet! Da sind es vor allem Sonne und Mond, die
sich fortwährend verfolgen und nie erreichen, ja von denen der Mond
in dem Moment, wo ihn die Sonne demnächst zu erreichen scheint,
als Neumond verschwindet, also, wie man sich vorstellen kann, von
seinem Verfo^er getötet wird. Das Bild der feindlichen Brüder wird
hier nur dadurch einigermaßen zurückgehalten, daß man das andere
des die Gattin oder Geliebte verfolgenden Gatten oder Freiers bevor-
zuget. Um so bereitwilliger bieten sich die beiden Sternbilder des
Orion und der Plejaden wiederum als Ebenbilder eines feindlichen
Geschwißtcrpaares. Wenn Orion und Plejaden zur Zeit der Sonnen-
wende nacheinander verschwinden imd, sobald dies geschehen, die
Äquinoktialstürme losbrechen, wird dies auf die Verfolgung feind-
licher Brüder oder auch sonst sich befehdender Wesen gedeutet;
und in ähnlichem Sinne werden dann auch sonstige Sternbilder oder
Sterne herbeigezogen'). Versucht man jedoch von diesen mytho-
logischen Deutungen aus eine Brücke zu dem in den primitiven
Himmelsmärchen enthaltenen Zwillingsmotiv zu schlagen, so mißlingt
dieser Versuch. Zwischen jenen naiven Erzählungen, in denen zwei
Brüder auf der Pfeilleiter oder auf einem der andern primitiven Wege
zum Himmel wandern, um dort die Führung von Sonne \md Mond
zu übernehmen, einer Mythe, in der von Freundschaft und Feind-
schaft überhaupt nicht die Rede ist, oder in denen ein Himmels-
besucher von dem Sonnenmann gastlich empfangen, von dem Mond-
mann ^aber feindlich verfolgt, oder wo er umgekehrt von jenem mit
allerlei Gefahren bedroht wird, — von solchen echten und primitiven
') £. Siecke, Die Liebesgeschichte des Himmels, 1892. Ed. Stacken, Attral-
mythen, S. 88 ff.
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen.
279
ZU diesen hypothetisch erfundenen Himmelsmythen führt kein Weg.
In den Zwillingsmythen der Heldensage selbst findet sich aber nur
bisweilen die eine Beziehung zum Himmel, daß die Helden schließ-
lich unter die Sterne versetzt werden, wofür vor allem das Sternbild
der »Zwillinge« das klassische Beispiel ist. Diese Versetzung an den
Himmel bietet in gewissem Sinne wohl ein G^enstück zu der primi-
tiven Wanderung zum Himmel. Doch dieses Gegenstück ist so be-
schaffen, daß es unmöglich jene Wanderung zum Vorbild haben kann.
Sie ist in der lakonischen Weise, in der sie meist ohne nähere An-
gabe der Mittel imd Wege erzählt wird, offenbar ein bereits die
Wunder der Göttersage voraussetzendes Hilfsmittel, das dem Bedürfnis
des Hörers nach unvergänglicher Fortdauer des Helden genügen will.
Man müßte also annehmen, es habe einmal in einer gänzlich verloren
gegangenen Vorgeschichte der Heldensage eine Form des Himmels-
märchens gegeben, die zu dieser irdischen Vermenschlichung die Vor-
stufe gebildet habe. Das ist aber in diesem Fall im allgemeinen nur
dann möglich, wenn man tatsächlich später entstandene Vorstellungen
auf den Ausgangspunkt der Mythenentwicklung zurücküberträgt. Im
griechischen Mythus bildet das bereitstehende Hilfsmittel die Ver-
setzung unter die Sterne, die hier einen so geläufigen Abschluß des
Heldenlebens bildet, daß Hygin in seiner Statistik von Aufnahmen
in die Götterwelt ungefähr zwölf solcher Erhebungen verzeichnet,
ohne damit wahrscheinlich alle vorkommenden erschöpft zu haben
(Hygin fab. 124). Der Held gehört — das liegt in der Natur seines
Tuns — zimächst der menschlichen Welt an. Die Erhöhung zum
Gott bildet die Vollendung seines Lebens, nicht dessen Anfang. Doch
die dichterische Ausschmückung der Sage läßt nun gern dieses Ende
auf den Anfang zurückstrahlen: so wird der schließlichen Erhebung
zum Gott die göttliche Geburt hinzugefügt. Diese poetische Ver-
bindung von Geburt und Tod macht dann wiederum den Mythologen
geneigt, das was tatsächlich nur als ein Erzeugnis später Entwicklung
nachzuweisen ist, seiner Deutung der Sage zu Grunde zu legen. Bei
diesem Unternehmen erweisen sich auch hier jene Assimilationen
weitverbreiteter Märchenstoffe, wie wir sie schon bei den Verschlin-
gungs- und Truhenmythen kennen lernten, besonders wirksam. Um
der späteren Betrachtung der Heldensage nicht vorzugreifen, mag es
genügen, hier auf ein einziges Beispiel hinzuweisen, das für die stellare
28o ^cr Naturmythus.
Hypothese besonders günstig gewählt ist, auf den schon in früher
Zeit in der Sage selbst auf das Sternbild der Zwillinge bezogenen
Dioskurenmythus. ApoUodor und Hygin haben im wesentlichen
übereinstimmend die Hauptzüge der Sage wiedergegeben, wie sie
sich schließlich in der Dichtung gestaltet hatten (ApoUodor III, lo, 7;
Hyg^n fab. 80). Danach wird die Mutter der Dioskuren, Leda, in
einer und derselben Nacht von Zeus und von ihrem Gatten Tyndareos
umarmt : der eine der Zwillinge, Polydeukes, ist daher von vornherein
zur Unsterblichkeit bestimmt, der andere, Kastor, ist sterblich. Nach-
dem beide auf Erden den Heldentod gestorben, erbittet Polydeukes
von Zeus auch für seinen Bruder die Unsterblichkeit. Sie wird ihm
in dem Sinne gewährt, daß jeder von ihnen abwechselnd mit dem
andern am Himmel erscheinen und in der Unterwelt weilen solle, —
ein Zug, der, wie schon Welcker bemerkte, eher auf den Moi^en-
und Abendstern, als auf das Sternbild der Zwillinge zu passen scheint *).
Später wird dann aber auch dem Kastor die dauernde Unsterblich-
keit zuteil, imd so leuchten jetzt beide den Schiffern auf hoher See
als rettendes Zwillingsgestim. Indem man nun dieses Bild zum
Ausgangspunkt der mythologischen Dichtung nahm, wurde die ur-
sprüngliche Naturbedeutung der Dioskuren darin gesehen, daß sie
Lichtgötter seien, die sich erst in der Heldensage zu irdischen Helden
umgewandelt hätten^). Die Geschichte der Sage unterstützt diese
Annahme nicht im geringsten. Wohl aber zeigt sie ein Ineinander-
greifen ursprünglich offenbar unabhäng^iger Mythenmärchen, die hier
jener Erhöhung der Dioskuren zu Himmelswesen zu Hilfe kamen.
In der Ilias nennt Helena beide ihre leiblichen Brüder, von einer
Mutter geboren (II. 3, 236). In der Odyssee werden sie Söhne des
Tyndareos und der Leda genannt, und nur darin klingt hier ihre
Erhebung unter die Sterne an, daß Zeus sie noch »unter der Erde
mit Ehre begabt hat, so daß sie einen um den andern Tag leben
und sterben und gleich den Göttern Ehre genießen« (Od. 11, 298 ff.).
') Welcker, Griechische Götterlehre, I, S. 309 ff.
') Preller, Griechische Mythologie, II^, S. 94. O. Gruppe, Griechische Mytho-
logie und Religionsgeschichte, II, S. 727 f. Die Vermutungen über die nähere Natur
dieser Lichtgötter und über ihren orientalischen Ursprung, wie sie sich bei Gruppe
zusammengestellt finden, können hier als für die vorliegende Frage unwesentlich außer
Betracht bleiben.
Das Htmmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 28 1
Daß jene Sage von der göttlichen Abstammung des Polydeukes
entweder späteren Ursprungs ist oder jedenfalls aus einer andern in
die kyklische Epik übergegangenen Mythenquelle stammt, kann wohl
nicht zweifelhaft sein. Wie das geschehen, mag hier dahingestellt
bleiben. Sicher ist nur, daß dabei zwei Mythenmärchen zusammen-
geflossen sind, die erst in ihrer Verbindung die Dioskurensage in
ihrer späteren Form erzeugt haben (ApoUodor in, 10, 7). Beide, von
Apollodor nebeneinander gestellt, erzählen die Geburt der Helena in
verschiedener Weise. Nach der einen, einem echten Mythenmärchen,
hat sich die Nemesis, um den Nachstellungen des Zeus zu entgehen,
in eine Gans verwandelt. Darauf verwandelt sich Zeus in einen
Schwan und bringt sie zu Fall. Das Ei, das sie legt, findet ein Hirte
und bringt es der Leda, die es in einer Kiste verwahrt. Aus dem
Ei wird Helena geboren. Nach der zweiten Mythe wohnt Zeus der
Leda selbst als Schwan bei, imd diese gibt zwei Zwillingspaaren das
Leben: dem Polydeukes und der Helena, die den Gott, dem Kastor
und der Klytämnestra, die den Tyndareos zum Vater haben. Es ist
das so oft vorkommende Märchenmotiv von der Bergimg entweder
des im Herzen wohnenden oder auch des keimenden Lebens an
einem verborgenen Ort, namentlich in einem Ei, das uns in beiden
Versionen zugleich in Verbindung mit dem Truhenmotiv begegnet.
Das unverkennbare Zeugnis dafür, daß diese Erzählungen aufeinander,
insbesondere die erste auf die zweite eingewirkt hat, liegt hier vor
allem in dem Schwan, der in der ersten wohl motiviert, in der zweiten
ein heterogener Bestandteil ist. Nachdem jedoch, wie sonst noch so
oft in den Genealogien der Heroensage, abweichende Versionen über
die Abstammung der Helena in Umlauf waren, lag die Verbindung
dieser Elemente nahe genug; und so wirkte nun der göttliche Cha-
rakter der Helena naturgemäß auf ihren Zwillingsbruder Polydeukes,
und von diesem aus ergriff er auch dessen Bruder und Genossen
Kastor, — ein Übergang, den die Dichtung weiterhin durch die
Fürbitte des ersteren motivierte. So ist die stellare Natur der Dios-
kuren offenbar keine ursprüngliche, wie ja denn auch das Sternbild
gleichen Namens nicht bloß zwei, sondern mindestens drei deutUclv
sichtbare Sterne erster und zweiter Größe enthält. Es mochte also
wohl geschehen, daß die Zwillingskinder, nachdem sie einmal von
der Sage ausgebildet waren, in das Sternbild hineingesehen wurd^tv-^
2S2 I^er Naturmythus.
dagegen ist so gut wie ausgeschlossen, daß sie selbst zuerst am
Himmel als Heldenpaar existiert haben sollten, um dann von da aus
nach der Erde zu wandern. Erblickte man einmal in dem Sternbild
das zum Himmel erhobene Heldenpaar, so mochte nun immerhin
auch dieses himmlische Bild wieder auf die Gestalten der Heldensage
zurückwirken, ähnlich wie in andern Fällen, wo die Erhebung zu
den Unsterblichen in dieser besonders ansprechenden Form geschah.
Der unter die Sterne versetzte Held bleibt sichtbar, man kann zu
ihm vertrauensvoll aufblicken, und zugleich strahlt der Glanz des
Gestirns auf die Sagengestalt des irdischen Helden zurück, dem sich
so der Gefiihlston der Himmelserscheinung mitteilt. Darum sind in
diesen Fällen die der Himmelswelt entlehnten Attribute weder bloß
dichterische Metaphern noch wirkliche Himmelserscheinungen, wie die
hier einander entgegentretenden Richtungen euhemeristischer und
astraler Mythendeutung annehmen, sondern sie besitzen jene Wirklich-
keit der Phantasieschöpfung, die ihre Gestalten aus allen den Ele-
menten zusammensetzt, die in ihre Entwicklung eingegriffen haben.
Der Mythus von den Zwillingen selbst ist daher nicht vom Himmel
auf die Erde gewandert, sondern die Heldensage hat, indem in ihr
Züge des Mythenmärchens und der Göttersage zusammenflössen,
beide schließlich zu einem eigenartigen Gebilde vereinigt, das in der
Geburtsgeschichte der Helden hier, wie auch sonst noch, den Ein-
schlag der Märchenbestandteile, in der Erhöhungsgeschichte, die die
Heldenlaufbahn abschließt, die Einwirkung der Göttersage erkennen
läßt. Jene Theorie von der Entwicklung der Mythen, die sie zuerst
am Himmel entstehen und dann in irgendeinem späteren Zeitpunkte
zur Erde wandern läßt, steht aber nicht bloß im Widerspruch mit der
Geschichte des Mythus, die von einer solchen Wanderung nichts
weiß, sondern auch mit der Psychologie der M}^henbildung, die
jene Translokation als eine innerlich unmögliche zurückweisen muß.
Weder plötzlich und mit einem Male haben Himmelserscheinungen
auf irdische MythenstofTe Einfluß gewonnen, noch auch hat es je eine
Zeit gegeben, wo die letzteren nicht vorhanden gewesen wären,
sondern in fortwährend hin- und hergehenden Assimilationen, die
äußerlich unkenntlich bald die Himmelserscheinungen nach irdischen
Vorbildern umformten, bald auch Vorstellungs- und nicht selten
bloße Gefiihlselemente ursprünglich geschiedener Anschauungen ver-
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 283
banden, hat sich überall die Entwicklung vollzogen. Dabei gehört nun
vor allem die Zwillingssage zu den m3^ologischen Bildungen, die
sichtlich zunächst auf irdischem Boden stehen und erst sekimdär unter
dem Einfluß der Göttersage in assimilative Wechselwirkungen mit
dem Himmelsmythus treten. Daher denn auch von den spärlichen
primitiven Zwillingsmärchen der Naturvölker, die der Doppelheit der
großen Gestirne ihren Ursprung verdanken, keinerlei Brücke zu diesen
Formen der Heroensage hinüberfuhrt. Diese sind in allem Wesent-
lichen Produkte ihrer eigenen, der Helden- und Göttersage gleich-
zeitig angehörenden Mythenperiode. Wo ursprünglichere Elemente
in sie hinüberreichen, da sind dies die alten Motive des Glücks- und
Zaubermärchens, nicht die des primitiven Himmelsmärchens.
Das Ähnliche gilt nun, wenn wir den in der Märchentradition
selbst enthaltenen Zeugnissen vertrauen dürfen, von der dritten und
letzten Entwicklungsphase, in der uns das Zwillingsmotiv en^egcn-
tritt: von dem Brüdermärchen der neueren Kulturvölker, das
allerdings mit den ähnlichen Erzählungen der Naturvölker in der
Märchenform zusammentrifft, das aber im übrigen nicht weniger weit
wie die heroische Zwillingssage von diesem abliegt. Anderseits teilt
das heutige Brüder- und Geschwistermärchen zwar mit der heroischen
Zwillingssage den irdischen Schauplatz, in seinem Inhalt weicht es je-
doch so weit von ihr ab, daß an einen direkten Übergang wiederum
nicht zu denken ist, und die gemeinsamen Züge zumeist viel wahr-
scheinlicher auf eine Übereinstimmung in den allgemein menschlichen
Motiven als auf Nachwirkungen der Sage bezogen werden können.
Schon die spärliche Anzahl der noch lebendig gebliebenen oder
der jüngsten Vergangenheit angehörenden Zwillingsmärchen scheidet
diese von den Kampfgenossen, den hilfreichen und den feindlichen
Brüdern des Heroenmythus*}. Viele der neueren Brüdermärchen ent-
halten überdies das Zwillingsmotiv nur episodisch, ohne daß es in
ihnen von entscheidender Bedeutung ist. Wo das letztere zutrifft,
da sind es aber auch hier die Motive der hilfreichen und der feind-
') In der im ganzen 114 Stücke umfassenden Sammlung neugriechisclier Märchen
von V. Hahn zähle ich einschließlich derer, in denen das Geschwisterverhältnis nur
eine nebensächliche und episodische Rolle spielt, höchstens sechs Brüder- oder Ge-
schwistermärchen, und doch scheint die neugriechische Märchenliteratur daran noch
verhältnismäßig reich zu sein im Vergleich mit andern Ländern.
284 ^^^ Natarmythus.
liehen Brüder oder Geschwister, die einander gegenüberstehen. Unter
den Stoffen der ersteren Art ist vor allen das speziell sogenannte
»Brüdermärchen« (Grimm, Nr. 60) durch seine Wanderungen be-
kannt. Zwei Zwillingsbrüder, meist Söhne eines armen Mannes, die
sich so ähnlich sehen wie ein Ei dem andern, ziehen aus, um
ihr Glück zu machen, jeder begleitet von drei hilfreichen Tieren,
die ihnen durch den Zauber ihrer Geburt zugeteilt sind. Bei der
Trennung verabreden sie ein Zauberzeichen, das, wenn der eine in
Gefahr ist, dies dem andern verraten soll. Nun gelang^ der eine
der Brüder in eine Stadt, wo er eine Prinzessin erlöst, als sie eben
einem das Land verwüstenden Drachen geopfert werden soll, indem
er diesen tötet. Er entlarvt einen Hofmann, der sich für den Be-
freier ausgegeben, vollbringt nach den meisten Varianten des Mär-
chens mit Hilfe seiner Tiere auch sonst noch allerlei Glückszauber
und erringt so die Prinzessin und das Königreich. Eines Tages geht
er dann mit seinen Tieren auf die Jagd. Hier trifft er im Wald eine
Hexe, die ihn durch List in ihre Gewalt bekommt und samt den
Tieren in Stein verwandelt. Als man ihn schon verloren gibt, kommt
nun sein jüngerer Bruder des Weges gezogen, wird von der Königin
seiner Ähnlichkeit wegen für den Gemahl gehalten. Als er mit ihr
des Nachts das Lager teilt, legt er sein Schwert zwischen sich und
sie. Am nächsten Tag zieht auch er mit seinen Tieren in den
Wald, trifft ebenfalls die Hexe, überlistet aber diesmal sie und zwingt
sie, alle, die sie in Steine verwandelt, wieder zum Leben zu er-
wecken. Dann wird die Hexe verbrannt, und die Brüder kehren mit
den andern Erlösten fröhlich nach Hause zurück. Dieses Märchen
existiert in vielen Varianten, deren Unterschiede sichtlich zumeist aus
Vermischungen mit andern Märchenstoffen entstanden sind'). Aber die
Hauptmotive kehren überall wieder: die Ähnlichkeit der Brüder, die
drei hilfreichen Tiere, die Bekämpfung des Drachen, endlich die beiden
Abenteuer mit der Hexe und mit der Erlösung des älteren Bruders
durch den jüngeren. Variabler sind einige andere Bestandteile, wie
die Entlarvung des Betrügers, der sich für den Besieger des Drachen
ausgibt, die z. B. dem griechischen, und das Schwert, das der
*) Vgl. z. B. das dänische Märchen'bei Grundtvig, I, S. 277 fF.; das neugriechische
bei von Hahn, S. 166 ff. (Nr. 22); das litauische, Leskien und Brugmann, S. 389 fr.
Das Himmelsmärcben und seine irdischen Parallelen.
285
jüngere Bruder zwischen sich und die Königin legft, das dem litauischen
Märchen fehlt, wo auch die Zahl der Brüder auf drei vermehrt
ist. Nun sind viele dieser Züge, der konstanten wie der variableren,
dem Zwillingsmärchen mit der Heldensage gemein: so vor allem
das Hauptmotiv des Drachenkampfes. Dieser ist jedoch ein so ver-
breiteter Bestandteil des Mythenmärchens überhaupt, daß man darum
noch nicht an ein Fortleben der Perseus-, Herakles- oder Sieg-
friedsage denken muß. Ebenso pflegt der Drache, der sich wenig
verändert vom primitiven Märchen bis in die Helden- und Göttersage
hinübererstreckt, die Züge seines früheren in sein späteres Dasein mit-
zunehmen; und auch die Tat der Befreiung aus der Gewalt des
Ungetüms ist ein Motiv, das zu allen Zeiten wiederkehrt. Sind
darum hier Verbindungen zwischen den Erzählungen verschiedener
Kulturzeitalter immerhin möglich, so verbietet doch eben die Gleich-
artigkeit eines solchen überall wiederkehrenden Themas, alle Er-
zählungen, die dies Motiv enthalten, als Abwandlungen einer und
derselben ursprünglichen Geschichte anzusehen. Würden doch jene
leisen Erinnerungen an vorausgegangene Erzählungen schwerlich aus-
reichen, den gleichen Stoff neu zu gestalten, wenn nicht die Motive
dazu selbst gegenwärtig blieben, die eben deshalb aber auch ohne
solche Assoziationen einen in den Grundmotiven übereinstimmenden
Inhalt neu erzeugen können. Wo nicht besondere singulare Merkmale
oder äußere Zeugnisse hinzukommen, da haben wir daher bei solchen
Märchenepisoden noch kein Recht, direkte Beziehungen anzunehmen.
Und selbst wo diesen die Bedeutung hilfreicher Assoziationen zu-
kommen sollte, ist das für den Inhalt der mythischen Tradition, wie
er zu irgendeiner Zeit sich gestaltet hat, gleichwohl nebensächlich,
w^eil es, um die Bedeutung solcher permanenter mythischer Motive
zu würdigen, in erster Linie auf die konkrete Gestaltung des Inhalts
ankommt. Dieser ist es aber, der bei dem späteren, heute noch
in der Volksüberlieferung fortlebenden Zwillingsmärchen wieder ein
neuer, in seiner äußeren Gestaltung wie in den bewegenden Motiven
von dem der Heldensage abweichender ist. Nur einen Zug gibt
es, der wie ein erratischer Block aus einer fernen Kultursphäre hier
in ein gänzlich verändertes Medium hereinragt: das ist das Siegfried-
Brunhildenmotiv, das Schwert, das nach ritterlicher Sitte auch den
Brautwerber von der Braut trennt, wenn er da« Lager mit ihr te»l»
286 ^cr Naturmythus.
Aus diesem einen, nicht einmal konstanten Zug des Märchens zu
schließen, das Ganze sei ein Überlebnis der Heldensage, würde aber
natürlich um so weniger berechtiget sein, als solche Beimischungen auf
vereinzelte Fragmente beschränkt zu sein pflegen. Das trifft im allge-
meinen um so mehr zu, je fremdartiger die Welt, aus der sie stammen,
der Lebensphäre des Märchens selbst ist. Diese ist aber hier in ihren
Grundmotiven durchaus die kleinbürgerliche Welt der Gegenwart und
jüngsten Vergangenheit. Nicht Fürsten und Ritter, sondern Jäger
und Handwerker, Wirte und Kaufleute sind die handelnden Personen.
Prinzessinnen und Königreiche bilden nur die Ideale, in denen sich
den Glückskindern dieser modernen Abenteuermärchen ihre Wünsche
verwirklichen müssen.
Das nämliche gilt von der zweiten Gattung der noch gegenwärtig
unter den Kulturvölkern lebendig gebliebenen Zwillingsmärchen, in
der das Motiv der feindlichen Brüder oder Geschwister den Mittel-
punkt der Handlung bildet. Auch diese Gattung zeiget ein völlig
verändertes Aussehen gegenüber der Heldensage. Schon äußerlich
tritt dies darin hervor, daß nicht mehr, wie durchweg in dieser,
ein feindliches Brüderpaar mit Gaben und Hilfsmitteln, die im allge-
meinen gleich verteilt sind und daher auch imgefahr die gleiche
Teilnahme des Hörers jedem der Helden zuwenden, um die Herrschaft
kämpft, sondern daß auf eine Persönlichkeit, die meist als die unter-
drückte und verfolgte dasteht, das Hauptinteresse gelenkt wird. So
ist es der Kampf der Bosheit gegen die Unschuld oder des prahle-
rischen Dünkels und äußeren Scheins gegen Bescheidenheit und
wahre Tüchtigkeit, die zur eigentlichen Domäne des Themas von
den feindlichen Geschwistern geworden ist. Damit hängen noch
zwei andere neue Eigentümlichkeiten zusammen: es sind mindestens
ebenso oft Schwestern wie Brüder, die einen solchen anfanglich un-
gleichen, dann aber durch die glänzenden Gaben des unscheinbaren
Glückskindes oder durch die Gunst der Zaubermächte für dieses sieg-
reichen Kampf führen; und es kämpft in der Regel auch nicht mehr
bloß einer gegen einen, sondern viele gegen einen, meist die älteren
g^en den jüngeren, — wieder im Gegensatz gegfen die Heldensage,
wo vornehmlich der jüngere es ist, der dem altem sein Erstgeburts-
recht sei es durch Gewalt sei es durch List streitig zu machen
sucht. Die Mehrzahl der feindlichen Geschwister ist hier ein wirksames
Das Himmelsmärchen und seine irdischen Parallelen. 287
Mittel, durch das die Erzählung das Mitgefühl mit dieser gehäuften
Unterdrückung des Schwächeren und den schlieOlichen Eindruck
seines Sieges zu steigern weiß. Dabei ist der Sieg, wie besonders
in den verbreiteten Märchen vom Aschenputteltypus, aus einem
physischen zu einem moralischen geworden: die gedemütigte Schwester
will zuerst selbst verborgen bleiben und muß schließlich fast mit Ge-
walt zu den ihr gebührenden Ehren erhoben werden*). Hier reichen
keine andern Motive mehr als die allgemein menschlichen aus
dem primitiven Mythenmärchen in die Heldensage hinüber. Auf
der primitiven Stufe tritt der einzelne hinter der Horde oder Sippe
zurück. Das Verhältnis der Brüder fehlt zwar nicht, aber es kann
zumeist erst unter dem Einfluß äußerer Bedingungen eine in den
Mythus eingreifende Bedeutung gewinnen. Einen solchen Einfluß
kann nun besonders die Zweiheit der beiden großen Gestirne Sonne
und Mond ausüben. So ist das primitive Zwillingsmärchen im
allgemeinen Himmelsmärchen. Aber es hat wegen der Fülle der
sonstigen Assoziationen, die die gleichen Himmelsmotive anregen,
nur eine episodenhafte Bedeutung, und keine irgend nachweisbare
Beziehungen reichen von diesen spärlichen Himmelsmärchen zu den
folgenden Zeitaltem hinüber. Erst in der Heldensage gewinnt das
Geschwister- und besonders das Zwillingsverhältnis den ihm eigenen
Motivwert. Dieser gehört aber ganz und gar dem irdischen Leben,
den Triebfedern von Liebe und Haß, von der Hilfe der Genossen
in Kampf und Ge&hr, dem Streit um Besitz, Ehre und Vorrechte
an. Es ist das Blütezcitalter des ZwOlingsnaärchens sowohl nach
der Fülle der Stoffe wie nach der Variation der Motive, die einer
Periode angehören, wo auf der einen Seite die treue Genossenschaft
von Mensch zu Mensch, auf der andern der Zweikampf als Mittel
zur Schlichtung der Streitigkeiten einzelner wie feindlicher Sippen
und Stämme gepflegt wird. Wieder ein eigenartiges Aussehen ge-
winnt endlich das Zwillingsmotiv in der späteren Märchendichtung.
Teils spielt es hier nur noch eine episodenhafte Rolle, teils löst es
sich in dem allgemeineren der hilfreichen oder der feindlichen Gc-
'] Grimm, Nr. 21. von Hahn, Nr. 2. Einige andere zu dieser GittÄg d-r ferne-
liehen Brüder oder Geschwister gehörige Märchen Grimm, Nr. O, 97. rr,^ Kaün.
Griechische Märchen Nr. 3, 26, 51, episodenhaft ebenda Nr. ja U1I6» i^.^ j,^^.
mann, Litauische Märchen Nr. 11 ;S. 389 ff.;.
2QO I^cr Naturmythu».
Zu- und Abnahme und Verschwinden des Mondes bewegen sich daher
vorzugsweise die Vorstellungen der primitiven Himmelsmythologrie.
Aber auch diese Erscheinungen nehmen an der zusammenhängenden
Mythenerzählung nur wenig teil, sondern die Äußerungen über sie
beschränken sich auf einfache Aussagen oder auf Episoden anderer
Märchen, namentlich der Aufstiegsmythen. Nicht selten findet sich
hier, vielleicht noch in einer entfernten Assoziation mit der Vor-
stellimg, daß Sonne und Mond an den Himmel geworfene Bälle seien,
unter dem Eindruck der größeren Sternenhelle zur Zeit des Neu-
mondes die Vorstellung, bei einem solchen Wurf sei der Mond zer-
sprungen, und es seien dadurch die Sterne enstanden. Bei den
Zentralaustraliem sind solche Traditionen in verschiedenen Varianten
mit der Anschauung verbunden, die großen Gestirne seien von
Himmelsmenschen getragene Schilde oder ähnliche Objekte. So trägt
nach einer Erzählung der Arunta der Mondmann allnächtlich seinen
glänzenden Schild am Himmel herum, während er Opossums fanget.
Klettert er bei dieser Jagd auf einen Baum, so stellt er seinen
Schild unten ab. Der Glanz des Schildes wird aber von einer Nacht
zur andern geringer, und schließlich begegnet dem Mondmann ein
anderer Himmelsmensch, der in seinem Schild einen viel kleineren,
lebhaft glänzenden Stern trägt. Er nimmt den Mond aus dem
Schild des ersteren heraus, setzt seinen Stern hinein und flieht dann,
nachdem beide miteinander gerungen haben*). Solche Erzählungen,
bei denen sich das Bild des Verschwindens der Mondscheibe und
des lebhafteren Erstrahlens des Sternhimmels durch die Umformung
in einen Streit des Mond- und Sternenmannes umgewandelt hat,
bilden übrigens in der Fülle der andern Mythenmärchen dieser
Stämme eine verschwindende Minderzahl. Bei den Verfinsterungen
der beiden großen Gestirne ist endlich die noch bei den Indem er-
halten gebliebene Vorstellung der Verschlingung durch ein Unge-
heuer auch bei den Naturvölkern das Bild, unter dem die Erscheinung
aufgefaßt wird, ohne übrigens wegen ihrer Seltenheit eine erhebliche
Bedeutung zu gewinnen (vgl. oben S. 213).
Unter den andern Phänomenen des Sternhimmels sind wohl die
Plejaden und neben ihnen einzelne Doppelsterne am häufigsten
*) Strehlow und von Leonhard, a. a. O. p. 17, mit einer Variante ebenda p. 18.
Das Himmelsmärchen and seine irdischen Parallelen. 20 1
noch Objekte dieser primitiven, mehr in zerstreuten Vorstellungen
als in ausgeführten Erzählungen enthaltenen Himmelsmythologie. Es
ist wahrscheinlich der durch die dichte Anhäufung der Sterne ent-
stehende lebhafte Eindruck, dann auch ihr zeitweises Versehwinden
am nächtlichen Himmel, was diese Bevorzugung bewirkt Dabei wird
übrigens in den ursprünglicheren Anschauungen die Zahl der Sterne
des Bildes nur als eine unbestimmte Vielzahl aufgefaßt. So sind es
nach einem zentralaustralischen Märchen Mädchen, die mit Feuer-
bränden einen Tanz ausführten und dann zum Himmel emporstiegen').
Auch hier reiht sich demnach das Motiv dem der Himmelswande-
rungen ein. Wo ausdrücklich die Siebenzahl angegeben ist, wie
das außer in mehreren amerikanischen Plejadenmärchen auch in
einem australischen geschieht, da kann man natürlich sicher sein,
daß diese Zahlenangabe entweder von außen übertragen oder von
dem Berichterstatter hinzugefügt ist"*). Das um so mehr, als das
Sternbild nur sechs deutlich sichtbare Sterne, der kleineren, imdeut-
licheren aber sehr viel mehr zählt, so daß die Siebenzahl offen-
bar überhaupt erst unter der Herrschaft der Heiligkeit dieser Zahl
in das Sternbild hineingesehen, nicht an ihm selbst beobachtet ist.
Schon bei den meisten Kulturvölkern und noch viel mehr bei den
Naturvölkern haben wir es also hier mit einem versprengten Frag-
ment astrologischer Wissenschaft zu tun, das irgend einmal auf un-
bekannten Wegen von außen eingedrungen ist. Die griechischen
Dichter haben diesen Widerspruch der Beobachtung mit der tradi-
tionellen Siebenzahl auszugleichen gesucht, indem sie den sinnigen
Mythus von der Merope erfanden, die, weU sie als die einzige
unter den sieben Schwestern einem Sterblichen, dem Sisyphos, ver-
mählt gewesen, sich aus Scham den Blicken entziehe (Ovid Fast. IV,
175 f.) ^). Mit den Plejaden in enger Verbindung steht der Orion,
dieses prachtvolle Sternbild, in dem vielleicht schon die Baby-
lonier, dann aber besonders die Griechen, das Bild eines gewaltigen
*: Strehlow, a. a. O. S. 20.
') Vgl. z. B. Mooney, Myths of Cherokee, a. a. O. p. 255. Parker, Australian
legendary Tales, p. 40 ff.
3) Nach einer andern ebenda von Ovid erzählten Version ist diese siebente der
Plejaden die trojanische Elektra, die sich aus Schmerz über den Fall von Troja die
Hand über die Augen legt.
202 I^er Natarmythas.
Kriegers oder Jägers erblickten. Er bietet zugleich einen Fall dar,
wo nicht erst, wie bei dem Zwillings- und selbst dem Siebengestim,
die mythologische Anschauung in den Sternen den ruhenden Ab-
schluß einer irdischen Laufbahn sieht, sondern wo allem Anscheine
nach von Anfang an das Bild als das eines himmlischen Helden auf-
gefaßt wird. Um so bezeichnender ist es, daß es offenbar lange
gedauert hat, bis die mythologische Dichtung auch diesem Helden
etwas von dem wechselvollen Leben mitteilte, das irdische Helden
auszeichnet. Die einzige Beziehung bleibt die zu den Plejaden,
in denen die Phantasie zuerst Vögel und dann Nymphen erblickte,
die der himmlische Jäger drohend mit geschwungener Keule ver-
folgt (U. 22, 29; Od. II, 572 f., Hesiod W. u. T. 6i8flF.). Es ist
das Bild des um die Wintersonnenwende vor ihm im Meer ver-
schwindenden Siebengestims, das im Verein mit den nun los-
brechenden. Äquinoktialstürmen diese Vorstellung des verfolgenden
Jägers erzeugt hat, in die hier unter dem wachsenden Einfluß des
Sternenhimmels auf die Anschauung vielleicht das alte Bild des im
Wolkenflug dahinstürmenden wilden Jägers übergegangen ist. Aber
wie sich jenes Schaiispiel Jahr für Jahr und Tag um Tag wiederholt,
so birgt es auch kein reicheres Leben in sich. Es gleicht in seiner
Einförmigkeit noch ganz jenen isolierten mythologischen Bildern,
in denen bei den Naturvölkern auch die Erscheinungen an Sonne
und Mond zumeist als Augenblickshandlungen ohne inneren Zu-
sammenhang aufgefaßt werden. Erst die spätere Dichtung hat dieses
himmlische Jagdbild mit der übrigen Götterwelt in Beziehung ge-
setzt und es so allmählich in das bewegte Leben dieser hineinge-
zogen *).
In ähnlicher Weise, wie selbst in der unter dem Einfluß der
Götter- und Heldensage so reichbelebten Mythologie der Griechen
gerade diejenigen Gestalten des späteren Mythus, die von Anfang an
am gestimten Himmel ihre Heimat haben, in diesen Fällen eine der
mythologischen Weiterbildung widerstrebende Stabilität zeigen, so
nehmen an dieser nicht minder jene frühen Himmelsgötter teil, die
durch ihre Fixierung in bestimmten Himmelsobjekten im Gegen-
satze zu dem Polymorphismus der sonstigen Göttervorstellungen relativ
»} PrcUer-Robert, Griechische Mythologie*, S. 449 ff.
Das Himmelsmärchen and seine irdischen Parallelen.
293
entvvicklungslos bleiben. So der in der gesamten griechischen Götter-
geschichte schon durch die Bindung seines Namens an das Objekt
stabilste aller Götter, Helios, mit der ihm beigeordneten Selene,
oder ihre Parallelgestalten im römischen Pantheon, Sol und Luna.
Diese Stabilität, die bei den Helden- und Göttermythen der Kultur-
völker aus der Gleichförmigkeit der Erscheinung hervorgeht, wird
nun innerhalb der primitiven Himmelsmythologie der Naturvölker
noch unterstützt durch die Flüchtigkeit der mythologischen Erinne-
rung, die eine inhaltsreichere Mythendichtung erst möglich macht,
wo ihr bestimmtere Assoziationen mit den fortwährend sich wieder-
holenden und dabei doch unendlich wechselvollen Ereignissen der
irdischen Umgebung zu Hilfe kommen, wie bei den Parallelmythen.
Darum beschränkt sich aber auch außerhalb des Umkreises der
letzteren das, was man primitive Himmelsmythologie nennen könnte,
auf vereinzelte Vorstellungen und schwache Ansätze zu Mythenmärchen,
deren große Gleichförmigkeit und Dürftigkeit gegenüber den von
frühe an unvergleichlich reicher sich gestaltenden Glücks- oder Tier-
märchen, die auf irdischem Boden spielen, in die Augen fallt So
versiegen denn auch auf einer vorgerückteren Stufe der Mythen-
erzählung sehr bald die Quellen des eigentlichen Himmelsmärchens
gänzlich, so weit nicht Teile desselben in Tiermärchen und Fabel
übergehen. Einen Beleg hierfür bilden besonders die mittel- und
südafrikanischen Völker, Neger- wie Bantustämme, bei denen dieses
Zurücktreten der Himmelsmythen sicherlich nicht auf Phantasie- oder
Erfindungsarmut bezogen werden kann, wie das die übersprudelnde
Phantastik des Glücksmärchens vor allem bei den Bantustämmen
und die durch ganz Afrika blühende Fabeldichtung bezeugen. Aber
die Quellen der Himmelsmythologie versiegen, weil jene einzelnen
Bilder, die sich in dem Wechsel von Tag und Nacht und in den
Erscheinungen der Mondphasen oder der seltenen Verfinsterungen in
wenig veränderter Form wiederholen, an sich keinen Ansporn zur
Entstehung neuer mythologischer Motive und zu ihrer Verbindung
in sich tragen.
So sind es denn vornehmlich zwei Bedingungen, die die weitere
mythologische Entwicklung mit sich führt, und die jenes Neuaufleben
der Himmelsmythen im Gefolge haben, das in den späteren Mythus
entscheidend eingreift. Die eine liegt in der Entstehung kosmo-
2QA Der Natarxnythus.
gonischer Mythen, die andere in der Ausbildung persönlicher
Göttervorst eilungen. Beide Erscheinungen stehen wieder in enger
Verbindung. Sie gehören aber einer verhältnismäßig späten Periode
der Mythenentwicklung an. Darum reichen aber auch kaum mehr
irgendwelche Erinnerungen von dem primitiven Himmelsmärchen zu
dieser in Götter- und Schöpfungssagen niedergelegten Himmelsmytho-
l<^ie hinüber. Höchstens finden sich leise Assoziationen, die von
dem einen zu dem andern Gebiet leiten, und die in der Überein-
stimmimg der Objekte des Mythus ihre Quelle haben. Aber diesen
Objekten steht die mythenbildende Phantasie doch beidemal so ganz
anders gegenüber, daß die Kontinuität der Entwicklung, die natürlich
auch hier nicht fehlt, zu einem großen Teil außerhalb der Himmels-
mythen selbst sich vollzieht. Die Probleme, die sich hier eröffnen,
fuhren daher unmittelbar zur Entwicklungsgeschichte der Sage und
Legende. Ehe wir uns ihnen zuwenden, bedarf jedoch eine Form des
Mythenmärchens noch einer näheren Betrachtung, die hier die Kon-
tinuität der Entwicklung namentlich nach der dem wichtigen Gebiet
der Legende zugekehrten Seite vermitteln hilft: das Kulturmärchen.
7. Das Kulturmärchen.
a. Allgemeine Entwicklang des Kaitarmärchens.
In der gesamten Mythengeschichte gibt es kaum eine Erscheinung,
die in gleicher Weise alle Phasen ihrer Entwicklung verbindet, wie
die Vorstellung von frühen Wohltätern der Menschen, die diesen
ihre vornehmsten Kulturgfüter gebracht haben. Ob diese Kulturgüter
der primitivsten Art sind, wie die Bereitung des Feuers, die Verfer-
tigung der täglichen Werkzeuge, die Einführung der Jagd imd der
Anfange des Ackerbaues, oder ob sie bereits in die Sphäre der
höheren geistigen Kultur hineüireichen, wie der Kultus der Götter, die
Kenntnis der Heilmittel, die Erfindung der Schrift, macht im Wesen
der Sache keinen Unterschied. Überall finden sich solche Kultur-
traditionen, nach denen an bestimmte Wesen von menschlicher oder
tierischer Art die Erringung der wichtigsten Lebensgüter gebunden
ist. Ein Kulturgut, das vor andern die Völker der verschiedensten
Abstammung und Kulturstufe verbindet, ist das Feuer. Fast alle
Kulturbringer sind daher Feuerbringer, sei es nun, daß auf sie die
Das Kulturmärchen.
295
Kunst der Feuerbereitung durch Reibung von Hölzern, das später
noch in germanischen Ländern sogenannte » Notfeuer c, zurückgeführt
wird, sei es, daß sie der Mythus dieses Feuer direkt vom Himmel
holen läßt, wie durchweg späterhin, wo jene primitive Feuerbereitung
in Vergessenheit geraten ist, nun aber die Vorstellung der Himmels-
götter auf die Sage herüberwirkt. Vorbereitet wird dieser Übergang
von einem der irdischen Umgebung angehörigen Lehrmeister in der
fortan geübten täglichen Kunst der Feuerbereitung zu einer dereinst
einmal geschehenen Segenspendung eines himmlischen Heros durch die
schon auf den ersten Stufen dieser Entwicklung hervortretende Ten-
denz, den Ursprung solcher Kulturgüter mit kosmogonischen Vorstel-
lungen, so dürftig diese auch in der frühesten Zeit noch sein mögen,
zu verbinden. Vielleicht daß diese Mythen von der Feuerbringung
an den ersten kosmogonischen Vorstellungen mitgewirkt haben, da
in vielen der frühen Kulturmärchen die Entzündung der himmlischen
Feuerspender, der Gestirne, und die des irdischen Feuers als ver-
wandte, von einem und demselben Wesen vollbrachte Taten ge-
schildert werden. Indem dann aber gerade der in Anlehnung an die
Göttersage sich entwickelnde kosmogonische Mythus beide Vorstel-
lungen scheidet, wandelt sich jener allgemeine Feuerspender einer
frühen Stufe in den Feuerräuber um, der das ursprünglich im
Alleinbesitz der Götter stehende Feuer den Menschen bringt. So
zieht sich hier das gleiche Thema in wechselnden, jeweils durch die
gesamte mythologische Umgebung bestimmten Wandlungen von den
»Muramurac der Australier, den wunderbaren Ahnen der jetzt leben-
den Menschen, die zuerst die Kunst der Feuerreibung verbreiteten,
über den Raben der nordpazifischen Indianer, der die himmlischen
Feuer aus ihrem Gefängnis befreit und daran die irdischen entzündet
hat, bis zu dem gewaltigen Feuerräuber Prometheus, der, ein Frevler
gegen die Götter, zum Wohltäter der Menschen wird.
Auf der frühesten dieser Stufen, wie sie sich noch deutlich genug,
aber da und dort schon im Schwinden begriffen, bei den zentral-
australischen Stämmen vorfindet, herrscht teils die Vorstellung, die
heutigen Zustände der Welt seien niemals geworden, sondern sie
hätten immer bestanden; teils sind aber auch Erzählungen verbreitet,
die von der Erschaffung der Ahnen der jetzigen Stämme durch andere,
menschenähnliche, nur meist an Größe überragend gedachte Wesett
**T' *«innr"tnis»
:i: 1^:=: senznen ^-.TnTiunigsr- du tult kaum zu den eigent-
.::r jir'r .ifitigaTrsricT Tijrliisx iziintüi inmr, ia hier noch die heu-
::ir -^^ir-r- ,:i> Msiszier sir. JJcsei :a jerr ?3egt, das man sich
^J3. -c-:'sr 3;r:± ar jniligs> Ilmirinj'a: 5ir Kraderkeime in Frauen
ji- ; - -.asr Wjsser nnir ?*fcaiÄa: r* dti^ikii sucht. Trotzdem
3-— sca: ;jraeral ät iaar^i m uirc -AVi^a xr Vorzeit auf die nicht
<:-!ä liurr ist araiscnsr Füsc^j rarickg^rjirt werden, die sich im
•«arr2?cr2t ibictl nss- xmcmacf fcoK: Was diese Wesen, die
•nuc :je«» rtr:-^ umr- r^cir J«ismrc3a=ÄQ ier Muramura zusammen-
üJl f-c .^r. ana>.xrct JieÄL.tK!i spörsrer Kulturstufen scheidet, ist
f jL'irs -ssÄv Ali st; 2io>c -xiiff' R,ir n einem sehr geringen Teile
-^oirtTT:—:^:?;:: sf»tu*urt r*fii ?ie vieLcnefar Zauberbringer sind, eben
,;ir.^ äX* iirr sr b.iitr jl> Wohltäter geschätzt werden. Überall
%iv.v *vv!'5ir»v: mar. «"ur A^gxS?. diese Wesen seien dereinst herum-
^-^3^:-r, ;in- iiu VnnuJc» i^r Zauberzeremonien, wie der Bcschnei-
,1:;^»^ iV" Kultr-jnjir. o?: Scschwömngen zur Vermehrung der Toteoc-
Ti?«^ uTw: Tot^mnflaiu«. -u lehren. Wohl in Verbindung dam::
n-.r, ihnen Twwctlon aüca üe Erschaffung der Totems selbst zuge-
^v-hTvhon*. Diese >Miri-:nura<, bei denen die Verdoppelung des
V .-»rr.-? vielleicht ihre iea Menschen überragende Größe, vielleicht
., ot hl(vß den Pluml beoeuten soll, die gattungsmäßige Benennung
.-.v^ Ak ITnhestimmhek ^eser Vorstellungen verrät sind so die ersten
t *^es»r> ühermeiwehlic^JCf v.Wheimnisse und darum selbst übermensch-
v^ ^x.N^A^'^hten l/'hrcr acr Medizinmänner, unter denen sich die von
v*vM sitwninv^iKk TrÄ.-cx-a von Generation zu Generation fbrtge-
•^5^** K^ >^ xv-N»iv.v*3 sich hier mit der Vorstellung aus früher
-:; .cV'vM«*»v-tk- x^^JUttisse auch schon die Anfänge einer Art
>i.KX»»^^K* ^Sc-^s-c**öi^. Ji^is vier auf einer etu^as höheren Stufe die
^jfciM*>» vv^v.x.-Mi«^r c«cspnagen. Nur ein einziger Zug, der zu-
*<Ml»fc .KSNk^t V* ,>>*lwfiwfc >xh: l'rseit eigen ist, verbindet sie bereits
J^ jl^ s^Hiik^v^ \4:Tja-^tvVÄ: neben den Zeremonien und Zauber-
vÄu WS>» >*v ^'»v^^ ^'»'f KcuerK^hrung kennen gelehrt. Doch ist
"es** ^ s>.H;vtOsto vv» ^^ \erbceiteter wie ihre Stellung als Zauber-
^Av%- ^:vv:i*v^K :<-V*«K «^^ -^^^« ^^« ^""^t, ähnlich der ge-
XNt;-i i'A^" Auxcral-a. 1904, p- 475 ff- N'- W. Thomas,
Das Knltnnnärehen.
2Q7
samten natürlichen Ordnung der Dinge, als eine immer vorhanden
gewesene zu gelten, so daß die Tradition vom Feuerbringer gelegent-
lich die Form annehmen kann, ein Mensch der Vorzeit sei irgend-
einmal zu den Menschen unter der Erde herabgestiegen, um diese in
der ihnen bis dahin unbekannten Feuerbereitung zu unterweisen *).
Daneben hat sich aber auch hier an die Märchen von der Himmels-
ersteigung die andere Vorstellung angeschlossen, das Feuer sei der-
einst von den Vorfahren der Urzeit vom Himmel geholt worden*).
Weit vielgestaltiger erscheint bereits die Klasse der Kulturmärchen
bei den Wald- und Prärie-Indianern Amerikas. Auch hier kehrt aller-
dings überall die Tradition wieder, einst seien die Menschen durch
Heroen oder göttliche Wesen in den Kultzeremonien, insbesondere in
Tanz und Ballspiel, die beide als besonders wichtige Bestandteile der
Kultfeier gelten, unterrichtet worden. Auch den Tabak und die Heil-
kräuter, die die Taschen des Medizinmannes füllen, fuhrt man auf
solche frühe Wohltäter zurück. Der Stand der Priester und Medizin-
männer hat den besonderen Beruf, diese in früher Zeit ihnen mitge-
teilten Zauber- und Kultgeheimnisse zu bewahren. Daneben breitet
sich aber diese Vorstellung auch über die Jagdtiere und die Produkte
des Ackerbaus aus. Der hierher gehörenden Erzählungen über die Ge-
winnung der Büffel und Bären ist schon bei dem Tiermärchen, von dem
sie eine besondere Gattung bilden, gedacht worden (S. 138 fr.). Doch
auch das Korn beginnt nun eine wichtige Rolle in diesen Berichten
zu spielen. Es tritt meist in der Form auf, daß rätselhafte Frauen,
die einem auf Abenteuer ausziehenden Märchenhelden begegnen,
diesem die Früchte übei^eben. Die Einleitung zu solchen Erzählungen
ebenso wie zu denen über das Heranlocken der Tiere bildet nicht
selten der Bericht über eine große Hungersnot, der auf diese Weise
gesteuert worden sei. Nirgends fehlt endlich der Mythus vom Raub
des Feuers vom Himmel, meist durch einen Vogel, der zum Himmel
flog, seltener in Verbindung mit den Auf- und Abstiegsmärchen 3).
Vornehmlich durch diese Mythen von der Gewinnung des Feuers
') C. Strehlow, Die Aranda- und Loritja-Stämme in Zentralaastralien, 1907,
S. 9 ff., 3^f-
') Howitt, a. a. O. p. 486.
3) Dorsey, The Pawnee, I, p. 484 ff., 501 ff. Vgl. auch Brinton, Myths of the
New World^, p. 191 ff.
2q8 I^cr Natnrmythas.
scheinen dann solche Kulturmärchen teils mit der Göttersage teils
mit den kosmogonischen Mythen in Verbindung getreten zu sein
und dadurch bei vielen Völkern, wie z. B. bei den Irokesen und
namentlich bei den Kulturvölkern der Anden und in den von ihnen
beeinflußten Gebieten Mittel- und Südamerikas, aus dem ursprüng-
lichen Kulturmärchen in die Schöpfungs- und Ursprungssagen über-
nommen zu sein. Daneben sind die Traditionen des Kulturmärchens
offenbar noch einer andern Form der Mythenbildung forderlich ge-
worden, die zu Zeiten bei den Kämpfen der roten gegen die sie
imterdrückende weiße Rasse eine Rolle gespielt haben: die Wohl-
täter der Vergangenheit werden in die Zukunft verlegt, zu Befreiem,
die den Unterdrückten ihren Heimatboden wieder zurückgeben sollen.
Diese besonders bei den Stämmen der Sioux gehegten Messiaserwar-
tungen wurden dann zu einem nicht geringen Teil durch die christ-
lichen Vorstellungen bestimmt, die den Eingebornen von den Ein-
dringlingen, gegen die sich die Bewegimg richtete, selbst mi^eteilt
waren. Aber daneben blieben doch auch hier jene Motive wirksam,
die, wie wir sehen werden, jederzeit den kosmogonischen Mythus
in einen Zukunftsmythus umkehren können, so daß nun Weltunter-
gang und zukünftige Welt nur die mehr oder minder veränderten
Widerspiegelungen des mythischen Ursprungs zu sein pflegen*).
Sehen wir von diesen durch die Verbindung mit mannigfachen
späteren mythologischen Elementen bedingten Verwicklungen ab,
so ist nun das Kulturmärchen in seiner davon noch frei geblie-
benen Gestalt offenbar zunächst eine vereinzelt dastehende Erzählung,
in die Bestandteile anderer Märchen eingehen können, der aber
jenes Zurückgehen auf den Ursprung bestimmter Kulturgüter oder
als Kulturgüter geschätzter Zaubermittel und Zeremonien ihre eigent-
liche Bedeutung gibt. In solchen Verbindungen lehnt es sich am
leichtesten auf der einen Seite durch die abenteuerlichen Erleb-
nisse, die der Gewinnung der Kulturgüter voranzugehen pflegen, an
das Glücksmärchen, auf der andern durch die Beziehungen, die
namentlich das Motiv der Feuergewinnung mit sich führt, an das
Himmelsmärchen an. Ein charakteristisches Beispiel dieser Art ist
das folgende Kulturmärchen der Pawnee- Indianer: >Ehe es Korn
*) James Mooney, Ethnol. Rep. Washington, XIV, 1896, p. 653 fr. Vgl. unten m, 4.
Das KnltnrmärcheD. 2QQ
und Büffel gab, lebte das Volk von Wurzeln und es herrschte daher
oft Hungersnot. Da wurde eines Tags einem Knaben vom Monde,
dessen Spiegelbild er im Meer sah, befohlen zu fasten und aus einer
Quelle zu trinken. Als er dann weiterzog, begegnete er zuerst drei
Frauen von verschiedenem Alter, einer jungen, einer mittleren und
einer alten. Dann kam er zu einer Höhle. In ihr saß ein Mädchen,
das sich in ähnliche Frauen von verschiedenem Alter verwandeln
konnte. Sie erklärte ihm, sie sei der Mond, gab ihm Jagdstöcke
und Würfelspiele für Männer und Frauen, zeigte ihm einen Ameisen-
hügel als Vorbild für die Hütten, die sein Volk bauen sollte, gab
ihm Korn, um es zu säen, und lehrte ihn Zeremonien, um Büffel zu
erlangen. So bekam das Volk zuerst Speise c*).
Wir sehen hier deutlich eine Mischung von Himmels- und Kultur-
märchen vor uns. Der Mond ist das hilfreiche Himmelswesen, das
dem Knaben zur Erlangung der seinem Volke noch fremden Kultur-
güter verhilft. Die drei Frauen sind unverkennbar die drei Phasen
des Mondfe, die für eine kindliche dessen Zu- und Abnahme noch
nicht scheidende Anschauung übrig bleiben: Neumond, Halbmond
und Vollmond. Die Höhle, in der der Knabe das Mondmädchen
findet, deutet auf die Region unter dem Horizont hin, aus der
der Mond beim Aufgang hervorkommt. Fasten und Trinken aus
einer mit magischer Kraft begabten Quelle sind endlich dem Indianer
geläufige Hilfsmittel für den Verkehr mit Geistern. Dies leitet zu-
gleich auf die mutmaßlichen Gründe hin, die, wie schon die früheren
Beispiele der Tier- und der Glücksmärchen zeigen, die Rolle des
Helden in der weit überwiegenden Zahl der Fälle einem Knaben
zuteilen, ein Zug, der allmählich in dem Maße zurücktritt, als die ge-
waltigere, ein größeres Maß von Kraft und Klugheit fordernde Aufr
gäbe den gereifteren Mann, und der besonnene Rat und der Seher-
blick in die Zukunft den lebenserfahrenen Greis fordern. Man denke
an einen Theseus und Herakles oder an die Helden des trojanischen
Kampfes, unter denen die Lieblinge des Dichters, ein Achill und
Hektor, gerade noch in dem Jünglingsalter stehen, das die Lebens-
frische des Knaben mit der Kraft des Mannes vereint, und im Gegensatz
zu ihnen an die auf ein langes Leben zurückblickenden oder, indem
^) Dorsey, The Pawnee, p. 473 f.
700 ^cr Naturmythus.
sich dieser rückwärtsgevvandte Blick in die Zukunft erweitert, über die
Gabe vorausschauender Weissagung gebietenden Greise, einen Nestor
und Teiresias. Dem kindlichen Volk ist die ehrfurchtgebietende Ge-
stalt dieser Greise unbekannt, und selbst die heldenhafte Manneskraft
tritt zurück gegen den von günstigen Schicksalsmächten geleiteten
Knaben, dem die Zaubermittel in die Hand gegeben sind, mit denen
er sich Glück erringt und seinen Stammesgenossen die Geheimnisse
mitteilt, durch die sie sich Vorrat an Wild und Früchten verschaffen
können. Daß sich der Naturmensch diese Gaben vor allem in dem
auf eine noch völlig ungewisse Zukunft blickenden und von Unterneh-
mungslust erfüllten Knaben verwirklicht denkt, ist psychologisch nicht
weniger verständlich wie die Verbindung des Greisenalters mit der
vorwärts wie rückwärts blickenden Gabe des Sehers; und wenn die
letztere Assoziation in primitiven Zuständen wenig bemerkbar ist,
so liegt das, abgesehen von der kürzeren Lebensdauer, teils in der
geringeren Wertschätzung des Alters, teils wohl auch darin beg^ndet,
daß die Stelle des weisen Beraters oder des Sehers auf dieser Stufe
noch ganz von dem Medizinmann eingenommen wird, der bei dem
aufreibenden Charakter seines Wanderberufs selten der höheren Alters-
klasse angehört. Aber es ist doch nicht bloß das zukunftsreichere
Leben des Knaben, das diesen zum Träger der Kulturgüter und der
ihre Erwerbung vermittelnden Geheimnisse geeignet macht. Auch
jene Sehergabe, die auf einer höheren Kulturstufe dem Greisen-
alter vorbehalten bleibt, wird von dem Naturmenschen mit Vorliebe
dem in die Ferne ziehenden abenteuerlustigen Knaben zugeteilt.
Was diesen Glücksknaben der Naturvölker von dem weiser Rat-
schläge kundigen Greis der Kulturvölker wesentlich scheidet, das ist,
daß jener über äußere Zaubermittel gebietet, die ihm zumeist von
hilfreichen Zauberwesen geschenkt oder gelehrt werden, während
dieser im Vorausschauen der durch höhere Schicksalsmächte be-
stimmten Ereignisse eine das sonstige menschliche Maß überragende
Erkenntnis betätigt. Was übrigens den Wunderknaben des Primi-
tiven, wie viele Erzählungen andeuten, und wie es auch in dem
obigen Märchen ausgedrückt ist, zum Gewinn jener Hilfe von Zau-
berwesen befähigt, das ist zugleich die besondere Gabe, in Träumen
und Visionen auf sie hingewiesen zu werden. Die der Psycho-
logie des Traumes bekannte Erfahrung, daß das Knabenalter ver-
Das Kulturmärchen.
301
möge eines Zusammenflusses verschiedener physischer und psychischer
Bedingungen zu Traum und Vision in höherem Grade veranlagt ist
als das spätere Leben, bildet daher wohl eine der Grundlagen für
die Entstehung dieser kindlichen Heroen auf primitiver Stufe. Die
Zauberwesen, die dem Glücksknaben die Gaben mitteilen, durch
die er dem Mangel seiner Volksgenossen steuert, sind aber nicht
Heroen oder Götter, sondern wimdertätige Frauen. Bald begegnen
schöne Frauen unbekannten Ursprungs dem Knaben im Walde und
versehen ihn mit Früchten; bald sind sie auf Erden wandelnde
Himmelswesen, die, wie in der obigen Erzählung der Mond, als
Frauen erscheinen. Auch hier spiegelt sich in dem Mythus das
wirkliche Leben des Naturmenschen. Während der Mann zu Jagd
und Kampf auszieht, ist es die Frau, die das Zelt aufschlägt, die
Speise vorbereitet und die erste dürftige Kultur des Bodens be-
sorgt: sie und nicht der Mann ist also in Wahrheit die Spenderin
der frühesten Kulturgüter. Das klingt noch an in den Feen imd
Elfen des späteren Märchens und nach einer andern Seite, gegen-
über den weit- und schicksalskundigen Greisen, in den weissagenden
und zaubermächtigen Frauen der Sage. So zeichnet der Mythus auf
jeder Stufe die Geschlechtscharaktere wieder in eigenartiger Weise,
während doch die verschiedenen Kulturen stetig untereinander ver-
bunden sind. Für die Art, wie die Kulturgüter geschätzt werden,
ist aber schließlich auch die verschiedene Art kennzeichnend, wie
ihr erster Erwerb im Märchen geschildert wird. Für den Bau der
Wohnstätten wird der Mensch in unserer Erzählung lediglich auf das
Beispiel gewisser Tiere, wie der Ameisen, hingewiesen, und Korn
zum Säen wird ihm geschenkt. Dagegen macht die Gewinnung der
Jagdtiere umfangreiche Zeremonien und Zaubermittel erforderlich,
die zu einem wesentlichen Teil dazu bestimmt sind, die Jagdtiere
selbst günstig zu stimmen und ihre Zahl zu vermehren. Hierdurch
wird die oben bemerkte Tatsache verständlich, daß die frühesten
Kultiirheroen nicht selbst die Spender der realen Kulturgüter sind,
sondern Wesen, denen der Primitive die erste Mitteilung von Zauber-
zeremonien, Kulttänzen und andern von ihm für heilbringend ge-
haltenen Bräuchen zuschreibt. So ist die Gestalt des Kulturhelden
in gewissem Sinne älter als die Kultur selbst, und erst mit dem Fort-
schritt dieser hat auch jene allmählich die Attribute gewonnen, die
^02 ^*' Natnrmythus.
sie zur Trägerin der wirklichen Kulturgüter macht, und durch die sie
sich dann schließlich zu einer rein menschlich gedachten Persönlich-
keit erhebt.
b. Das Kaitarmärchen als Urform der Legende.
Das Kulturmärchen ist nach allem, was wir über seine Entwick-
lung ermitteln können, ursprünglich, wie das Mythenmärchen über-
haupt, eine für sich bestehende Erzählung, neben der zahlreiche
andere den gleichen Inhalt in abweichender Weise behandeln
können. Die Helden einer solchen Erzählung besitzen zugleich einen
so unbestimmten Charakter, daß auch sie keinerlei Verbindung her-
stellen. Gleichwohl besitzt das Kulturmärchen vor andern die Ten-
denz, die Gestalten, die als die Kulturbringer gedacht werden, aus
einer Erzählung in die andere hinüberzutragen und so allmählich eine
Mehrheit von Erzählungen zu einer Art von Märchenzyklus zu ver-
binden. Dabei bleibt dieser allerdings lange Zeit noch sehr lose zu-
sammengefugt. Nicht bloß die einzelnen Inhalte können sehr ver-
schieden geartet sein, sondern auch die Hauptgestalt des Kultur-
bringers kann wechselnde Formen annehmen. In allem dem erkennt
man deutlich, daß eben hier ursprünglich voneinander unabhängige
Märchen verbunden worden sind, indem man sie auf den gleichen
Märchenhelden bezog, der selbst häufig kaum durch etwas anderes
als durch den gleichen Namen, den man ihm beilegt, als derselbe
gekennzeichnet ist. An den so einmal entstandenen losen Zyklus von
Erzählungen mochten dann andere sich anlagern, so daß sich ein
solcher Märchenzyklus mehr und mehr erweiterte und schließlich
einen großen Teil der MärchenstofTe eines Gebietes in sich aufnahm,
ohne dabei freilich die Verschiedenartigkeit und die lockere Verbin-
dung seiner Inhalte zu verlieren. Natürlich können wir diesen Prozeß
nicht mehr Schritt für Schritt verfolgen. Wir können nur aus seinen
Wirkungen, aus den in der Tradition gegebenen Märchen dieser Art
auf ihn zurückschließen. Da jedoch diese Märchen, abgesehen von
den zahlreichen Variationen, die sie bieten, doch nicht bloß durch
die Einheit des Helden oder wenigstens seines Namens, sondern
auch durch einen gewissen, nicht allen, aber vielen der Einzel-
stücke zukommenden analogen Inhalt zusammengehalten sind, so
darf man wohl voraussetzen, daß an der Entstehung solcher Zyklen
Das KalturmXrchen.
303
zwei Assoziationsmotive beteiligt waren: erstens eine Assoziation
des Inhalts, die vermöge der Verwandtschaft des letzteren leicht
auch zu einer Ubertrag^g des Helden der einen Geschichte in die
andere fuhren konnte; und zweitens eine Assoziation der Helden
selbst, die ihrerseits wieder eine Angleichung der Inhalte be-
wirkte, so daß diese beiden Motive sich wechselseitig unterstützten,
ohne daß das eine oder andere bei der einzelnen Erzählung un-
bedingt als das primäre angesehen werden kann. Nur die ursprüng-
liche Tendenz zur Verbindung überhaupt wird man imb^ingt
schon deshalb in den Inhalt wenigstens einer größeren Gruppe
solcher Märchen verlegen, weil eben der vorherrschende Charakter
der des Kulturmärchens ist Der Held ist Feuerbringer , er lehrt
Geräte und Waffen verfertigen, zdg^, wie man durch Zauber
Jagdtiere und Fische herbeilockt. Er bleibt endlich in der Regel
auch der erste, der die Medizinmänner in der Abhaltung von
Zeremonien, in der Gewinnung von Heilkräutern und in andern
Geheimnissen imterwiesen hat. Daneben mischt er sich in dürftigen
Anfangen kosmogonischer Mythen wohl auch in die Weltordnung ein :
er befreit das Tageslicht, lehrt die Gestirne ihren Wandel regeknäßig
vollbringen, versetzt Berge und Seen usw. Aber das bleiben doch
nur Nebenbestandteüe, wie sie auf einer Stufe der Anschauung, für
die Natur und Kultur noch nicht sicher geschieden sind, unvermeid-
lich sich aufdrängen. Schwerer wiegen jene Assoziationen, deren
Zentrum der Märchenheld selbst oder unter Umständen sein bloßer
Name ist, wenn dieser von dem Zentralgebiet solcher Kulturmärchen
sich loslöst und auf andere Märchenstoffe, auf Glücks- und Tier-
märchen und schließlich auch, indem die willkürlich fabulierende
Märchendichtung an das Mythenmärchen anknüpft, in Scherzmärchen
und Tierfabeln von explikativ- biologischem, von komischem und
schließlich von moralisierendem Inhalt übergeht. Namentlich aber
drängt sich neben diesen mehr oder minder veränderlichen Auswüchsen
ein durch assoziative Beziehungen mit dem Kulturmärchen nahe zu-
sammenhängender Märchenstoff in den Vordergrund: es ist der des
genealogischen Märchens, das die primitive Form der späteren
Stammessage bildet, und das in diesen seinen Anfangen wiederum
die Tendenz hat, sich mit noch unausgebildeten märchenhaften Frag-
menten kosmogonischer Mythen zu verbinden. So hebt sich aus der
304 ^^^ Naturmythus.
Fülle solcher bloß durch die Einheit des Märchenhelden verbundener
Erzählungen, die wieder den verschiedensten Formen des Mythen-
märchens angehören können, eine Anzahl heraus, die auf den Ur-
sprung des Stammes zurückgehen. Mit diesen lose aneinander ge-
reihten Beständteilen, die so eine Art von Ahnenlegende bilden, ver-
binden sich dann vorzugsweise auch die Erzählungen von jenem ersten
Erwerb der Kulturgüter, als deren Urheber jene Ahnen erscheinen.
Dabei bewahrt aber jedes dieser Stücke auch darin die Märchenform,
daß ^s die Ereignisse nur ganz unbestimmt in vergangene Zeiten
verlegt. Wo sich, wie z. B. bei den Polynesien!, festere Traditionen
über einstige Wanderungen vorfinden, da sind jene Stadien des
Mythenmärchens und der primitiven Ahnenlegende bereits weit über-
schritten, wie sich denn auch diese höhere Stufe in der Ausbildung
wirklicher kosmogonischer Mythen und einer eigentlichen Götter-
sage ankündigt Auf der andern Seite setzen sich dann an solche
Ahnenmärchen, die als die Anfange einer Stammeslegende gelten
können, alle möglichen Mythenmärchen und Märchendichtungen
andern Inhalts an, die, da sie nur durch den Namen des in seiner
Gestalt höchst veränderlichen Märchenhelden zusammengehalten wer-
den, wahrscheinlich unabhängig von dieser stehenden Fig^r ent-
standen und erst späterhin dem Inventar der unter seinem Namen
umgehenden Geschichten beigefügt worden sind, im übrigen aber
weder mit dem Ahnen- noch dem Kulturmärchen etwas zu tun haben.
In zwei verschiedenen, durch manche Übergänge vermittelten
Formen treten uns nun diese Gestalten in den beginnenden Ahnen-
und Kulturtraditionen primitiver Völker entgegen. Die eine ist die
von menschenähnlich, übrigens in sehr unbestimmten Umrissen
vorgestellten Wesen, denen der Besitz übermenschlicher Kenntnisse
und Kräfte und meist wohl auch eine übermenschliche Körper-
größe zugeschrieben wird. Dieser erste Typus wird vor allem durch
die »Muramura« der Australier vertreten, die als die Stifter der
Zeremonien, der Totems und der sonstigen Sitten und gesellschaft-
lichen Einrichtungen gelten. Bei der zweiten Form führt die Haupt-
figur der Märchen und besonders des Kulturmärchens einen Tier-
namen. Sie tritt in vielen Erzählungen auch als das entsprechende
Tier auf, in andern wird sie unverkennbar menschlich vorgestellt,
oder es wird auch ausdrücklich von ihren Metamorphosen aus der
Das Knltnrmärclien.
305
einen in die andere Gestalt berichtet. Das Hauptverbreitungsgebiet
dieser äußerlich als Tiermärchen erscheinenden, durch die polymorphe
Natur des Helden charakterisierten Ahnenlegenden ist Amerika, vor
allem der Norden dieses Kontinents. Dahin gehören der Rabe der
pazifischen Küste, der vom hohen Norden bis zur kalifornischen
Grenze herabreicht, der Hase der Algonkinvölker, der Coyote der
nördlichen Prärie- und Waldindianer, endlich eine Anzahl ähnlicher
Gestalten von beschränkterer Verbreitung, wie der Nerz, der Mink,
das Eichhörnchen u. a. Eine große Schwierigkeit in der Deutung
dieser Gestalten besteht vielfach darin, daß sie offenbar durch die
entwickeltere Ahnen- und Göttersage sowie durch ausgebildetere
kosmogonische Mythen zurückgedrängt worden, allem Anscheine nach
also in der Märchentradition erhalten gebliebene Reste urwüchsigerer
Legenden sind. Hierdurch haben diese stehenden Figfuren mehr und
mehr den Charakter von Kulturheroen eingebüßt und sind zu Helden
von Scherzmärchen geworden, an deren bald tollen bald tölpel-
haften Streichen man sich ergötzt. Eine charakteristische Figur dieser
Art ist der Mänäbush (Manabozo, auch Nunabozo) der Menomini-
Indianer, eines Irokesenstammes, bei dem die um diesen Helden sich
gruppierenden, nirgends mehr ernsthaft genommenen Märchen offen-
bar als eine tiefere Bodenschicht unter den später von den gleichen
Völkern ausgebildeten kosmogonischen Mythen und Heldensagen
erhalten geblieben sind. Indem die einzelnen Stücke dieses Märchen-
zyklus fast nur noch der scherzhaften Unterhaltung dienen, haben sie
dann eine Fülle weiterer phantastischer Märchendichtungen aus sich
entstehen lassen, die den ursprünglichen mythischen Kern so gut wie
ganz verhüllen*). Schon der Umstand, daß die Schicksale dieses
Helden großenteils Reiseabenteuer sind, die nicht selten an bestimmte
Lokalitäten geknüpft werden, entfernt sie von dem eigentlichen
Märchen und macht sie zu einer Sammlung ergötzlicher Novellen von
freilich noch roher Form oder zu einer Art primitiver und zugleich ins
grotesk Komische gewandelten Odyssee. Dabei hat sich der indivi-
duelle Charakter so verwischt, daß man meist unsicher bleibt, ob er
Tier oder Mensch oder beides zugleich ist. Auch der Name, der in
* W. J. Hoffmann, The Menomini Indians, Ethnol. Rep. Washington, XIV, 1896,
p. 162 ff.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 20
2o6 I^cr Natnrmythus.
der Sprache der Indianer einen närrischen Gesellen bedeuten soll,
und der demnach wohl erst nach dem Übergang in das Scherz-
märchen entstand, gibt darüber keine Auskunft. Dagegen besitzen
die Rabenlegenden unverkennbar einen weit ursprünglicheren Qia-
rakter, wenn auch über sie bereits verschiedene Wellen der M}^en-
bildung hinweggegangen sein mögen und ihre Niederschläge zu-
rückgelassen haben, so daß hier wirkliche Züge des primitiven
Kulturmärchens und der Ahnenlegende mit Stoffen des Scherz-
märchens und der Fabel gemischt sind*). Eben darum fließen
aber auch in diesen Erzählungen alle möglichen Stoffe sowohl des
eigentlichen Mythenmärchens, wie seiner dichterischen, auf indivi-
duellen Einfallen und Erfindungen beruhenden Weiterbildungen zu-
sammen. Alle diese Stücke deshalb, weil sie auf den Namen eines
und desselben fabelhaften Helden getauft sind, als einen einheit-
lichen Mythus oder auch nur als gleichwertige mythische Gebilde
zu betrachten, ist daher gewiß ebenso ungerechtfertigt, als wenn
man etwa die Anekdoten, die auf den Namen Friedrichs des Großen
umlaufen, für wahr halten wollte, weil sie von einer wirklichen
historischen Person erzählt werden und einzelne von ihnen wahr sein
mögen. Gegenüber der heutigen Anekdote läßt aber das Märchen
einer solchen Sammlung zerstreuter Stücke der Phantasie einen viel
freieren Spielraum, weil es eigentlich nur der Name, kein irgendwie
ausgeprägter Charakter des Helden ist, der die einzelnen zusammen-
hält. So werden Glücksmärchen und Tiermärchen, Himmelsmärchen
und Kulturmärchen und schließlich frei erfundene Scherzmärchen und
Fabeln, die unter den verschiedensten äußeren Bedingungen entstanden
und zum Teil von einem Stamm zum andern gewandert sind, schließ-
lich unter einen und denselben Nenner gebracht. Der Held, der
einen Tiemamen trägt und in einer Erzählung wirklich ein Tier ist,
braucht dies darum noch nicht in einer andern zu sein. Daneben
drängt aber doch eben diese Namengleichheit wohl schon frühe dazu,
solche aus dem verschiedenen Ursprung der einzelnen Stücke ent-
standenen Widersprüche gelegentlich auszugleichen. Da wird etwa
dem Raben in einer Reihe von Erzählungen eine menschliche Ahnen-
^) Diese Rabenlegenden sind verschiedentlich gesammelt: so von Aurel Krause,
Die Tlinkit-Indianer, 1885, S. 253 ff. und besonders, unter Berücksichtigung der Ver-
breitung der Mythen, von F. Boas, Indianische Sagen, S. 105 ff., 232 ff.
Das KultQrmärchen. ^07
reihe angedichtet, in einer andern ist er als Mensch geboren, hat
sich aber später in einen Raben verwandelt, und in noch andern
verwandelt er sich gelegentlich in den Vogel, um dann zur Abwechs-
lung wieder die menschliche Gestalt anzunehmen. So erscheint der
Polymorphismus dieses Helden der Urlegende als ein natürliches
Produkt der disparaten MärchenstofTe, aus denen sich seine Gestalt
zusammensetzt.
Ist nun die Gestalt solch legendarischer Helden primitiver Art
keineswegs auf das Gebiet des Kulturmärchens beschränkt, sondern
birgt sich hinter ihr ein Sammelname, der Mythen und Märchen
aller Gattungen, naturwüchsige und individuell erfundene, umfaßt, so
fallt damit von selbst auch die von Kurt Breysig aufgestellte Hypo-
these, in jener Gestalt reflektiere sich die Erinnerung an irgend
einen wirklichen Helden, dem der Mensch seine vornehmsten Kultur-
güter verdanke*). Abgesehen von allen andern Bedenken, denen
diese wie jede andere Art euhemeristischer Hypothese begegnet, steht
hier die Annahme solcher in der mythologischen Tradition nach-
wirkender wirklicher »Heilbringer« im schärfsten Widerspruch mit
der Geschichte dieser Mythenbildungen selbst. Die ersten und ur-
sprünglich allem Anscheine nach die einzigen Heilstaten solcher
Kulturheroen bestehen, wie wir sahen, nicht in der Mitteilung
') Kurt Breysig, Die Entstehung des Gottesgedankens und der Heilbriager, 1905.
Vgl. dazu auch P. Ehrenreich, Götter und Heilbringer, eine ethnologische Kritik,
1906. In seinem neuesten, besonders den Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens
mit großer Sorgfalt nachgehenden Werke (Die Völker ewiger Urzeit, Geschichte der
Menschheit, i. Bd., 1907) hat Breysig seine Auffassung vor allem durch den Nach-
weis zu stützen gesucht, daß von der oft behaupteten absoluten »Ungeschichtlichkeit«
der sogenannten Naturvölker nicht die Rede sein könne, sondern daß bei ihnen eine
historiche Tradition überall existiere, die in Sitten, Glaubensformen und sozialen Ein-
richtungen ihren Ausdruck finde (S. 91 fif.). Die Richtigkeit dieser Bemerkung ist gewiß
zuzugeben. Naturvölker im absoluten Sinne gibt es nicht auf der heutigen Erde und
hat es wahrscheinlich schon seit lange nicht mehr gegeben. Immerhin besteht
zwischen der in den vorhandenen Anschauungen und Einrichtungen fixierten Vorge-
schichte und der in den Überlieferungen über die Vergangenheit festgehaltenen ein
wesentlicher Unterschied. Die erstere ist, soweit sich aus ihr sichere Schlüsse ziehen
lassen, wirkliche Geschichte; die letztere ist im allgemeinen mythisch, nicht nur bei
den Natur-, sondern während einer sehr langen Zeit auch bei den Kulturvölkern, d. h.
sie besteht aus Märchen, Sagen und Legenden, die bei den Naturvölkern schon in einer
sehr nahen, bei den Kulturvölkern in einer etwas ferneren Vergangenheit die Ge-
schichte verdrängen.
20*
308 E)er Natarmythus.
wirklicher Kulturgüter, sondern von Zauberzeremonien, denen un-
mittelbar oder als Hilfsmitteln zur Vermehrung der Totems eine
magische Wirkung zugeschrieben wird. Solche Zeremonien, wie sie
die Muramura der Australier dereinst gelehrt haben sollen, sind in
ihrer komplizierten Zusammensetzung überhaupt so gut wie bei den
Kulturvölkern Produkte einer langen Entwicklung. Wie der Kultus
irgendeiner der geschichtlich entstandenen Religionen aus zahlreichen
Quellen verschiedener Zeiten zusammengeflossen ist, so und in noch
viel höherem Grade gilt das von den Zauberzeremonien der Natur-
völker, die in der Regel eine weit zurückreichende Vergangenheit,
immer aber eine Menge völlig anonymer Urheber hinter sich haben,
an die jede individuelle Erinnerung erloschen ist, weil eine solche
überhaupt nie existiert hat. Wie aber bei den Kulturreligionen die
Tradition das Gedächtnis an eine Persönlichkeit festhält, an deren
Namen sie die Einsetzung eines Kultus knüpft, so setzt der primitivere
Kultus an deren Stelle ein ganz und gar mythologisches Wesen oder
auf einer noch früheren Stufe, wie bei den Australiern, eine ganze
Klasse unbestimmter mythologischer Wesen der Vorzeit. Da die
Kultzeremonie eine in Glaube und Sitte unteilbare Einheit ist, so
wandelt die mythische Apperzeption diese Einheit in die eines Wesens
oder einer einstigen Generation zauberhafter Wesen um. Daß diese
Form mythologischer Apperzeption noch tief in die Kulturreligionen
hineinreicht und uns teilweise heute noch beherrscht, ist ja bekannt
genug. Innerhalb einer frühen Kultur breitet sich aber die Vor-
stellung eines solchen Erw^erbs von Zaubergütern um so leichter auch
auf die Güter des wirklichen Lebens aus, weil beides von frühe an
sich verbindet: so bei der Feuerbereitung, die gleichzeitig Kulthand-
lung und Befriedigung eines Lebensbedürfnisses ist; so bei der Herbei-
lockung der Jagdtiere, die durch Zauber dem Mangel an Nahrung
abhilft, usw.
Auffallender als diese Beziehung der frühesten Kulturgüter und der
als solche geschätzten Bräuche und Kulte auf einstige Zauberwesen
und Kulturbringer ist jedoch der andere, besonders bei den ein-
geborenen Stämmen Amerikas verbreitete und da und dort auch
in den frühesten Kulttraditionen der Alten Welt aus einer älteren
Mythenschicht durchscheinende Zug, daß Tiere als solche Heilbringer
auftreten. Dieser Zug kann auf den ersten Blick um so rätselhafter
Das Kalturmärchen. ^og
scheinen, als der Polymorphismus dieser Wesen zweifeln läßt, ob man
es wirklich mit Tieren oder mit mythischen Wesen zu tun habe, die
bloß mit den Namen einstiger Tiertotems genannt sind. Schwerlich
wird man nun diese Frage etwa deshalb im letzteren Sinne entscheiden
wollen, weil gelegentlich die Stammesangehörigen selbst versichern,
sie glaubten nicht an solche tierische Helden. Für die gegenwärtige
Generation mag das gelten. Aber dieser Generation selbst ist die
Erinnerung an die Entstehung solcher Vorstellungen längst abhanden
gekommen. Auch spricht mindestens gegen den unmittelbaren Ur-
sprung aus Totemnamen die Verbreitung dieser scheinbaren Tier-
heroen über weite Distrikte, in denen angesichts der schon bei den
verschiedenen Abteilungen eines und desselben Stammes wechselnden
Totemzeichen unmöglich jemals das gleiche Tier als Totemtier ge-
herrscht haben kann. Nichtsdestoweniger wird man einen Zusammen-
hang mit dem Totemismus um so sicherer annehmen dürfen, als im
großen und ganzen die Verbreitung dieser Tierhelden und die in
den Stammesnamen und vereinzelten Kulten nachwirkenden Totem-
vorstellungen einander parallel gehen. Um zu verstehen, daß ein
solcher Zusammenhang im allgemeinen besteht, ohne sich doch mit
den einzelnen Totembezeichnungen zu berühren, müssen wir uns
vor allem der komplexen Natur solch primitiver Kultürlegenden er-
innern. Sind diese aus einer Fülle von Märchen verschiedensten
Inhalts hervorgegangen, die offenbar vielfach nachträglich erst an den
Namen eines herrschend gewordenen Tierhelden geknüpft werden,
und denen daneben nur der einer Anzahl von ihnen zukommende
Charakter von Kult- und Kulturmärchen einen losen Zusammenhang
gibt, so nimmt unter den Teilen, aus denen ein solcher Zyklus be-
steht, naturgemäß in Regionen, wo das Tiermärchen verbreitet ist,
dieses auch hier eine herrschende Stellung ein. In das Tiermärchen
selbst ragen aber mannigfach schon, besonders in den Myth€;n von
der Gewinnung der Tiere, den Schutzverträgen mit ihnen usw., die
Erscheinungen des Totemismus herein. Nun besitzen die Totemtiere,
wie wir früher sahen, den doppelten Charakter von Ahnentieren
und Schutzdämonen, Vorstellungen, die wieder aller Wahrscheinlich-
keit nach auf den primitiven Seelenglauben zurückgehen (Teil II,
S. 264 ff.). Beide Seiten vereinigt auch die primitive Tierlegende
in dem ihrem Inhalt das Gepräge gebenden Kulturmärchen. Hier
^lo üer Natnrmythus.
ist sie teils Stammeslegende: der tierische Held eines solchen Mär-
chenzyklus ist, wenn nicht selbst der Ahnherr des Stammes, so doch
der Träger der ältesten Stammestradition. Besonders aber tritt in
der Tierlegende der Schutzgedanke in den Vordergrund: er ist es,
der den Hauptinhalt jener Kulturmärchen ausmacht, in denen die in
allen Perioden der Märchenerzählung eine so wichtige Rolle bewah-
rende Vorstellung der hilfreichen Tiere in der ursprünglichsten und
eindrucksvollsten Form hervortritt. Die Macht dieses Schutzgedankens
in der besonderen Beziehung auf die dem Menschen vor andern
unentbehrlich erscheinenden Zaubermittel und frühesten Kulturgüter
ist es denn auch, die diese Traditionen einserseits mit den Ahnen-
und durch sie indirekt mit den Seelenvorstellungen verbindet, ander-
seits an den so entstehenden Kern der Kult- und Kulturmärchen alle
möglichen andern Mythenmärchen sich angliedern und schließlich aus
ihnen freie Märchendichtungen aller Art, besonders Scherzmärchen,
hervorwachsen läßt. Dabei kommt als. ein wesentlich unterstützendes
Moment solchen Märchenzyklen noch die Wanderung dieser Mär-
chen zu Hilfe. Keine andere Märchengattung besitzt von frühe an
in höherem Grade diese Eigenschaft der Übertragung von Ort zu
Ort Sie häng^' mit dem alle diese Wanderungen beherrschenden
Gesetz zusammen, daß die Verbindung mit irgendeiner Zentralvor-
stellung, die einer Märchengruppe gemeinsam ist, die Ausbreitung
jedes einzelnen Bestandteils eines solchen Zyklus begfünstigt. Eine
derartige Zentralvorstellung besitzen aber die Kulturlegenden eben in
der Gestalt ihres Helden. Daher sich denn auch dieser über Ge-
biete verbreiten kann, die von den Totemvorstellungen, in denen
er ursprünglich wurzeln mag, weit abliegen, während er selbst durch
die Assimilation sonstiger Bestandteile einen immer unbestimmteren
Charakter annimmt, den endlich einzelne Erzählungen durch die der
Märchenphantasie zu Gebote stehenden Zaubervenvandlungen wieder
auszugleichen suchen.
8. Die Wandlungen des Mythenmärchens.
Die Beurteilung der mythologischen Bedeutung des Märchens kann,
abgesehen von den aus gewissen früher (S. 49 fr., 58 ff.) erörterten
naturmjrthologischen Theorien stammenden Vorurteilen, hauptsächlich
durch zwei Eigenschaften dieser ursprünglichsten Klasse von Mythen-
Die Wandlungen des MytHenmärchens. 3 1 1
erzählungen getrübt werden: durch die Verbindung verschie-
dener Märchenstoffe einerseits, und durch den im Anschlüsse daran
sich vollziehenden Wandel der Märchenmotive anderseits. Bei
allen Formen, die wir oben kennen lernten, ist uns trotz der Ver-
schiedenheit im einzelnen doch dies als ein gemeinsamer Zug be-
gegnet, daß das Märchen als Mythenmärchen beginnt oder mindestens
der Hauptsache nach einen geglaubten mythischen Inhalt birgt, und
daß es als freie Märchendichtung endet. Zwischen diesen Ausgangs-
und Endpunkten liegen aber alle möglichen Zwischenstufen, auf denen
Mythus und Dichtung mannigfaltig gemischt sind, indes das Märchen
mit der höheren, der Sage und Legende entsprechenden Form er-
zählender Dichtung, dem Epos, von frühe an das Streben teilt, den
vorgefundenen mythischen Inhalt durch freie poetische Erfindung zu
ergänzen. Der allgemeinen Merkmale, an denen bei allen diesen
Formen die mythologischen und die dichterischen Bestandteile über-
haupt zu erkennen sind, ist oben gedacht worden (S. 10 ff.). Zu ihnen
bringt nun aber das Märchen spezifische hinzu, die, weil sie ganz
und gar objektiver Natur und zugleich der besonderen Form der
Märchendichtung entnommen sind, einen sichereren Maßstab an die
Hand geben als jene im einzelnen Fall vermöge unserer Unkenntnis
der Entstehungsbedingungen zuweilen versagenden Kriterien. Solche
spezifische Merkmale, die sich der obigen Betrachtung der Haupt-
formen des Mythenmärchens entnehmen lassen, bestehen darin, daß
das letztere bei seinem Übergang in die Märchendichtung eigen-
artige Märchen formen erzeugt, die, weil sie überhaupt nur
als freie dichterische Schöpfungen möglich sind, ohne weiteres in
diesem Fall eine Unterscheidung begründen würden, wenn nicht auch
hier die Grenzen einigermaßen fließende, und Mischungen der Be-
standteile nicht ausgeschlossen wären. Hiervon abgesehen sind uns
aber als Formen, die überall die Endpunkte der Entwicklung des
Mythenmärchens und seinen Übergang in die freie Märchendichtung
kennzeichnen, die folgenden begegnet: das Lügenmärchen, das
Scherzmärchen, das biologische Märchen, endlich als Formen,
die über die Grenzen des Märchens überhaupt hinausreichen, die
Tierfabel und die Novelle. Anfänge zu diesen poetischen Weiter-
entwicklungen zeigen sich bei den drei ersten dieser Formen schon
in einer sehr frühen Zeit in Begleitung des Mythenmärchens selbst.
312 Der Naturmythus.
Man darf daher nicht erwarten, das letztere irgendwo in ausschließ-
licher Herrschaft zu finden. Sollte es je einmal eine Zeit gegeben
haben, wo dies zutraf, so ist sie jedenfalls nirgends mehr nachzuweisen.
Eine der frühesten der obigen dichterischen Abwandlungsformen
des Mythenmärchens ist nun das Lügenmärchen. Es ist das
natürliche Erzeugnis des Glücksmärchens, sobald durch absichtliche
Übertreibungen, wie deren nur die individuelle poetische Erfindung
fähig ist, die Abenteuer und namentlich die Zauberwirkungen so ins
Groteske gesteigert werden, daß sie schon in den Augen des naiven
Naturmenschen die Grenzen des Glaubwürdigen überschreiten und
den Verdacht der willkürlichen Erfindung erwecken. Doch sind diese
Grenzen, wie nicht bloß das Märchen selbst, sondern auch seine
Fortsetzungen in Sage und Legende lehren, so weite und zugleich
veränderliche, daß eine Entscheidung wohl nur von Fall zu Fall, ins-
besondere nach den sonstigen Verbindungen des erzählten Inhalts
und den Bedingungen seiner Entstehung zu treffen ist. Auch kommt
es gerade hier gewiß nicht selten vor, daß von gewissen Teilen
einer Bevölkerung ein Märcheninhalt geglaubt wird, während er einem
andern als reine Erfindung gilt, weshalb denn auch, sobald nur erst
eine Gattung von Lügenmärchen als solche anerkannt ist, für viele
dieser Begriff" auf die wirklichen Mythenmärchen zurückwirkt. So
vollzieht sich frühe schon in diesem Teil der Mythenentwicklung ein
Umschwung, ähnlich dem, den späterhin die Verstandesaufklärung
aller Mythologie gegenüber herbeizufuhren sucht. Der Mythus wird
in seinem ganzen Umfang als ein Gewebe von Lügenmärchen be-
trachtet. Das sind natürlich Vermengungen, bei denen der richtige
Begriff* dieser dichterischen Auswüchse des phantastischen Glücks-
märchens verschwindet In wie frühe Zeit diese selbst in ihrem klar
bestimmten Gegensatz zu dem wirklichen Mythenmärchen zurück-
reichen, dafür bietet übrigens die primitivste, fast ganz aus Mythen-
märchen bestehende Mythologie, die wir kennen, die der Eingebomen
Zentralaustraliens, ein sprechendes Zeugnis. Sie unterscheiden nach
dem Bericht C. Strehlows zwei Gattimgen der unter ihnen umlaufen-
den Erzählungen: die einen gelten ihnen als wahr, die andern als
erfundene Geschichten, die bloß dazu bestimmt sind, die Neugier
der Weiber und Kinder zu befriedigen, vor denen gewisse Zeremo-
nien, namentlich die der Männerweihe, geheim gehalten werden
Die Wandlnngen des Mytheninärclieiis. ^iß
müssen. In die gleiche Kategorie gehören dann bei diesen Stämmen
auch solche Geschichten, die man erzählt, um den Kindern Furcht
vor bösen Geistern einzujagen, nebst den zum allgemeinen Ergötzen
erfundenen Scherzmärchen ^). Sehi* erheblich scheint in diesem Fall
der Unterschied zwischen beiden Gattungen ihrem Inhalte nach aller-
dings nicht zu sein, was bei der grenzenlosen Phantastik, in der sich
auch das Mythenmärchen bewegt, begreiflich ist. Jedenfalls existiert
er aber im Bewußtsein des Stammes selbst; und ähnlich wird man
wohl voraussetzen dürfen, daß namentlich bei den reinen Aben-
teuermärchen primitiver Völker viele mit unterlaufen, die ziemlich
allgemein als erfunden gelten und daher zu beliebiger weiterer Aus-
schmückung herausfordern.
Das Scherzmärchen geht nicht selten unmittelbar aus dem
Lügenmärchen hervor, indem die groteske Übertreibung an sich schon
genügen kann, eine komische Wirkung hervorzubringen. Zu dieser
quantitativen gesellt sich aber bei ihm doch in der Regel auch eine
qualitative Komik, indem der Märchenheld in lächerlichen Situationen
geschildert, überlistet und da, wo er andern nachstellt, selber zu Fall
gebracht wird. Es ist schon oben bemerkt worden, wie solche Scherz-
märchen mit Vorliebe an die Helden der beginnenden Legende an-
knüpfen, um sich dann von da aus in die höheren Formen derselben
fortzusetzen. Sind die Scherzstücke anfanglich nur vereinzelte Episo-
den, so können diese schließlich so überwuchern, daß der ursprüng-
liche Märchen- und Legendenheld ganz zur komischen Figur und
damit zu einem Mittelpunkt freier erheitender Phantasiespiele wird.
Von den die Männer ergötzenden, Weiber und Kinder erschreckenden
Scherzen der Zentralaustralier erstreckt sich die Reihe dieser Schöp-
fungen über den Mänäbush, den Coyoten der Prärie-Indianer bis zu
dem Teufel und seiner eigens zur Ausschmückung seines scherz-
haften Hofstaates erfundenen Großmittter des christlichen Märchens.
Daneben sind vereinzelte Scherzmärchen, die das Mythenmärchen be-
gleiten und es überleben, über alle Länder verbreitet.
*) Streblow, Mythen, Sagen und Märchen des Aranda-Stammes, S. lOf. Strehlow
bezeichnet die fUr wahr gehaltenen Erzählungen als »Sagen«, die Lügen- und andere
erfundene Geschichten als »Märchen«. Beide sind natürlich nach der oben (S. 33 fr.)
gemachten Unterscheidung des Begriffs Märchen; als Mythenmärchen ist aber nur die
erste Art zu betrachten.
7 14. I^cr Natnrmythus.
Mit dem Scherzmärchen nahe verwandt ist die dritte, nicht selten
eine Unterform zu ihm bildende Gattung der Märchendichtung: die
des biologischen Märchens, dessen wichtige Übergangsstellung
zwischen Märchen und Fabel bereits früher erörtert wurde (Teil I
S. 352 ff.). Gleich dem Scherzmärchen trägt es von Hause aus die
Spuren willkürlicher Erfindung an sich. Man merkt ihm noch an, daß
es selbst ursprünglich scherzhaft gemeint ist. Aber daneben hat es
doch zugleich eine ernste Seite, die es von dem eigentlichen Scherz-
märchen scheidet und namentlich bei der weiteren Ausbreitung ge-
legentlich wohl einmal, so gut wie das bei dem Lügenmärchen ge-
schieht, zur geglaubten Erzählung machen kann. Diese ernsthafte
Seite besteht eben darin, daß es immerhin, in so absurder Weise dies
auch geschehen mag, Rechenschaft über die Entstehung natürlicher
Tierformen oder einzelner Eigenschaften gewisser Tiere gibt. In diesem
Sinne ist es die unbedingt früheste Form einer explikativen Mär-
chendichtung, also der erste Versuch einer Naturerklärung in märchen-
hafter Form. Daß eine solche die Tiere, seltener nur die Pflanzen,
Steine und andere Naturobjekte zu ihrem Inhalt hat, ist wiederum ein
bedeutsames Zeugnis für die wichtige Stellung, die das Tier in der
frühesten Märchenphantasie einnimmt. Als Versuch einer solchen
Naturerklärung des einzelnen Objektes ist aber zugleich das biolo-
gische Märchen kein reines Phantasieprodukt mehr, sondern es ent-
hält, mag es nun ernst- oder scherzhaft gemeint sein, einen erheb-
lichen Anteil verständiger Überlegung. Teils ist es offenbar die Rolle,
die manchen Tieren, wie dem Raben, dem Hasen, schon im Mythen-
märchen zukommt, teils die auffallende Körperform oder Zeichnung,
die zuerst eine solche explikative Märchenerfindung herausfordert.
So gibt es im Norden Amerikas und der nördlichen Gebiete der
Alten Welt wohl ein Dutzend Varianten über das Thema, wie der
Rabe schwarz geworden ^ei. Anderseits sind die Auster, die Schild-
kröte, die Schlange, gewisse auffallend gestaltete Fische die verbrei-
tetsten Gegenstände dieser primitiven Märchenzoologie'). Dabei be-
gleitet dieselbe das Mythenmärchen und seine Ausläufer von den
frühesten Anfängen an bis tief herab in die spätere Märchendichtung.
Ein besonders dankbares Feld für die hier sich betätigende Erfin-
*) Vgl. z. B. das Teil I, S. 352 f. (2. Aufl. S. 374) mitgeteilte melanesische Märchen.
Die Wandlungen des Mythenmärchens. 7ie
dungskraft bildet insbesondere auch der biblische Mythenstoff der
Paradieses- und Flutsagen'). Diese üppig wuchernden Schößlinge
der bereits ausgebildeteren kosmogonischen und anthropogonischen
Mythen zeigen deutlich, wie diese früh erwachte Naturdeutung ein
aus Phantasie- und Verstandestätigkeit gemischtes Spiel ist, mit dem
das Hereintragen solcher Reflexionsmotive in den Mythus vielleicht
am frühesten beginnt, um schließlich durch den Übergang in die
sinnreich erfundene Tierfabel den Verfall des Mythenmärchens selbst
zu überdauern. Keine Frage kann es aber sein, daß, wo immer
solche biologische Märchen oder Märchenepisoden vorkommen, sie
Produkte individueller Erfindung sind, die möglicherweise durch die
Tradition über weite Kreise sich ausbreiten können, während sie an
sich, so g^t wie etwa die moralisierende Fabel, die sich allmählich
aus ihnen abzweigt, außerhalb des eigentlichen, in allgemein ver-
breiteten Anschauungsmotiven wurzelnden Mythenmärchens liegen.
Reicht das biologische Märchen immer noch insofern in das Mythen-
märchen zurück, als es, ebenso wie das Scherzmärchen, von dem es ja
häufig nur eine besondere Spezies bildet, eine frei erfundene Episode
in einem im übrigen noch mythischen Stoff ist, so sind nun Novelle
und Fabel schließlich zu rein dichterischen Formen geworden, die
in Tendenz und einheitlichem Aufbau durchaus ihren individuellen
Ursprung verraten. Daß gleichwohl auch sie ursprünglich Ausläufer
des Mythenmärchens sind, zeigt aber deutlich die enge. Beziehung,
in der sie zu bestimmten Formen des Mythenmärchens stehen: die
Novelle zu dem Glücksmärchen, die Fabel zu dem Tiermärchen. Dort
bildet das allmähliche Verschwinden der Zauberhilfen und ihr Ersatz
durch die natürlichen Triebfedern menschlichen Handelns das äußere
Zeichen dieses Übergangs. Hier vollzieht er sich durch die in das
Tiermärchen von außen hineingetragenen verständigen oder moralischen
Zwecke.
Doch mit diesen Übergängen in bestimmte Formen der poetischen
Erzählung, die durch ihre Einfachheit immer noch eine gewisse Ver-
wandtschaft mit dem Mythenmärchen bewahren, vollzieht sich nun
noch ein zweiter Wandel, der zugleich dem mythischen Charakter
^; Vgl. die reiche Sammlung solcher biologischer Auswüchse der alttestament-
lichen Schöpfungs- und Flutsagen bei O. Dähnhardt, Natursagen, I, bes. S. 127 (f.,
206 ff., 257 ff.
3i6 I^er Naturmythus.
des Märchens eine längere Dauer sichert. Dieser Wandel wird durch
die Aufnahme der mythischen Bestandteile des ursprünglichen Mär-
chens in Sage und Legende bewirkt. Ist es dort die individuelle
künstlerische Erfindungskraft, die das Märchen aus der mythologischen
in die rein poetische Form überfuhrt, so ist es hier umgekehrt die
festere Beziehung auf bekannte Orte und geschichtliche oder für ge-
schichtlich gehaltene Ereignisse oder schließlich, bei dem Übergang
zur Göttersage, die Verbindung mit dem der Erringung der vor-
nehmsten Lebensgüter dienenden Kultus, die den Mythengehalt des
Märchens bewahren hilft. Zugleich ist es diese Verbindung, die
gewissen, bis dahin im Mythenmärchen selbst zurücktretenden und
in seinen Weiterbildungen zu Dichtung und Fabel nahezu ganz ver-
schwindenden Formen, vor allem dem Himmelsmärchen zu wachsender
Bedeutung verhilft. In diesen Übergang gereift dann wiederum die
kosmogonische Sage als ein wichtiges Glied ein. Doch an diese
Entwicklung zu den höheren Formen des Mythus schließt sich aber-
mals ein Übergang in frei erfundene Dichtungen an, die entweder in
die Märchenform zurücklaufen, oder die, den in Sage und Legende
eingetretenen Kulturbeziehungen treu bleibend, geschichtliche Über-
lieferungen aufnehmen. So sind schließlich Märchendichtung und
Novelle die beiden Formen, in die auf dieser höheren Stufe die
Mythenentwicklung ausläuft, nur daß freilich jene poetischen, mehr
und mehr kunstmäßig sich gestaltenden Umwandlungen nach den
veränderten Kulturbedingungen, aus denen sie hervorgegangen, selbst
sich gewandelt haben.
Hiemach läßt sich die Entwicklung des Mythenmärchens samt
diesen seinen Übergängen in die Dichtung in dem folgenden Schema
in ihren wensentlichsten Zügen zum Ausdruck bringen:
Mytiieomarchen
/ ' s
Mythus iD Sage und Legende ». Märchendichtung
Novelle Fabel
Die Wandlnngen des Mythenmärcliens. 7iy
Diese Entwicklung erscheint so zum Teil als ein Kreislauf, in wel-
chem das Märchen den Ausgangs- wie Endpunkt bildet. Nur ist frei-
lich das Märchen selbst dabei ein anderes geworden. Im Anfang steht
das reine Mythenmärchen, am Ende die reine Märchendichtung und
die ihrerseits wieder eine reiche Weiterentwicklung einleitende No-
velle. So schließt auch hier der scheinbare Kreislauf zugleich einen
wachsenden Reichtum neuer Erscheinungen in sich'). Der Fehler der
überlieferten Naturmythologie besteht nun darin, daß sie, eingeschränkt
im wesentlichen auf die Mythen und mythologischen Dichtungen der
alten Kulturvölker, die Bedeutung des Mythenmärchens übersieht
und daher nur den absteigenden Teil dieser Entwicklung beachtet
So wird ihr das Märchen, soweit es nicht freie Dichtung ist, zur
degenerierten Sage; und, da sie nun einmal in diese abwärts gehende
Konstruktion geraten ist, so wird ihr die höchste Form der Sage,
die Göttersage, zum Anfang der Mythenbildung. So haben in der
Anwendung dieses einseitigen Entwicklungsschemas die griechische,
die indische, die ägyptische und schließlich die babylonische Mytho-
logie einander abgelöst. Auch auf die Ethnologie ist diese Auf-
fassung übergegangen. Nachdem einmal die in den Mythologien der
Kulturvölker so reich angesammelten Märchenstoffe samt und sonders
zu Göttermythen gestempelt waren, lag es ja nahe, in den Mythen-
märchen der Naturvölker Anfange einer sogenannten »höheren Mytho-
logie«, also eines Göttermythus, zu erblicken, neben dem im wesent-
lichen unabhängig eine »niedere Mythologie« in den Seelen- und
Zaubervorstellungen zu allen Zeiten ihr Dasein fristen sollte. Wo sich
aber jemals Zweifel an dieser Konstruktion regten, da entschloß man
sich kühn, zwischen diesen beiden Gebieten, denen es ja natürlich an
Beziehungen nicht fehlt, eine Brücke zu schlagen, die von den Seelen-
und Zaubervorstellungen direkt und ausschließlich zum Göttermythus
führte. Hier wird dann die Naturanschauung mit der Fülle der aus
ihr entsprossenen Mythenmärchen überhaupt aus dem Schuldkonto der
Mythologen gestrichen oder höchstens unter die Rubrik späterer An-
leihen verwiesen. Meist bot dazu der dehnbare Begriff* des »Fetisch«
ein bequemes Mittel. Ließ er sich doch, wenn man ihn nur nach
^) Über die Entwicklung der hier erwähnten Formen der Dichtung vgl. Teil I,
S. 326 ff. (2. Aufl. S. 369 ff.).
5i8 Der Naturmythus.
Bedürfnis wendete, ebensogut auf ein dämonisches Zauberwesen wie
auf einen beginnenden Gott deuten').
Aber noch durch ein anderes Moment ist die Auflassung des
Mythus in diesen Anfängen seiner Entwicklung getrübt worden: es
besteht indem unterschiedslosen Zusammenwerfen des Mythen-
märchens mit der Märchendichtung, einer Vermengung, die
mit der aus der Romantik überkommenen Anschauung zusammen-
hing, jeder Mythus sei ursprüngliche Dichtung. Diese Ansicht kehrte
sich dann leicht auch in die andere um, jede Dichtimg, sofern
sie nur irgendwie phantastisch geartet sei, könne als Mythus be-
trachtet werden. Scheidet man daher unter den poetischen Weiter-
bildungen des Mythenmärchens im allgemeinen die Novelle, weil ihr
diese Phantastik allmählich abhanden kommt, und die Fabel wegen
ihres allzu lehrhaften Inhaltes aus, so ist man im allgemeinen geneigt,
alle innerhalb eines Volkes, namentlich eines primitiveren umlaufen-
den Lügen-, Scherz-, besonders aber alle biologischen Märchen den
Mythenbildungen zuzurechnen. Da nun vor allem die letzteren von frühe
an in üppig wuchernder Fülle das Mythenmärchen begleiten, so liegt
die Verführung nahe, den explikativen Charakter solcher Dichtungen
auch auf das wirkliche und, wie der Zusammenhang mit Leben und
Kultus lehrt, geglaubte Mythenmärchen zu übertragen. Dies geschieht
um so leichter, als es unter diesen zahlreichen explikativ-biologischen
Märchen manche gibt, in die als Nebenbestandteile irgendwelche
mythologische Vorstellungen, besonders Elemente des Himmels- und
des Tiermärchens, hereinreichen. Ein sprechendes Beispiel dieser Art
ist das in Südafrika verbreitete Märchen von dem Mond und dem
Hasen (Teil I, S. 153): der Mond schickt den Hasen, um den Men-
schen anzukündigen, daß sie, wie der Mond selbst, wieder aufleben
sollen, wenn sie gestorben sind. Der Hase richtet jedoch die
Botschaft verkehrt aus. Darum kann aus dem Versprechen nichts
werden, die Menschen müssen sterben, ohne wieder lebendig zu wer-
den. Der Mond ergrimmt über den Hasen, spaltet dessen Mund, ein
Zeichen der Strafe, das er von da an bewahrt hat. Diese Erzäh-
lung ist ein echtes biologisches Märchen von explikativem Charakter.
In der Vorstellung vom Sterben und Wiederaufleben des Mondes
»J Vgl. Teil I, S. 546 fif., n, S. 142 ff.
Die Wandlangen des MythenmSrcliens. 310
und in der Beziehung der Figur im Monde auf einen Hasen hat es
jedoch Züge des Himmelsmärchens in sich aufgenommen. Immerhin
sind gerade diese Züge so gewendet, daß sie die ganze Fabel deut-
lich genug in die Reihe der witzig erfundenen Scherzfabeln verweisen.
Daß solche halb phantastische halb verstandesmäßige Produkte indi-
vidueller Erfindung eine besonders g^oße Macht der Verbreitung be-
sitzen, lehren übrigens genugsam die Fabeln in der Weise des
Reineke Fuchs, von denen sich einzelne in unerheblichen lokalen
Variationen über alle Gebiete der Alten Welt verbreitet haben*).
Daß aber diese witzigen oder in ihren weiteren Umwandlungen in
eine moralische Tendenz ausmündenden Fabeln mit dem geglaubten
Mythenmärchen überhaupt nichts mehr zu tun haben, wenn sie auch
ursprünglich aus ihm hervorgegangen sein mögen und sehr frühe
schon sich mit ihm vermischen, ist augenfällig. Denn gerade hier
bilden die Merkmale der singulären, auf individuelle erfinderische Tätig-
keit zurückweisenden Entstehung die äußeren, und die Scheidung der
wirklich innerhalb einer bestimmten Bevölkerung geglaubten von den
nicht geglaubten Inhalten die inneren Kriterien für die Sonderung
des wirklichen Mythenmärchens von solchen rein dichterischen oder
stark mit Dichtung vermischten Bestandteilen der Volkstradition. Zu
diesen inneren Kriterien gehört insbesondere auch dies, daß das echte
Mythenmärchen stets ernsthaft gemeint ist, so daß, wenn einzelne
Figuren desselben zu Helden des Scherzmärchens werden, die letz-
teren Stücke eben damit auch sofort aus dem Bereich der eigent-
lichen Mythenmärchen ausscheiden. Solche Lügen-, Scherz- oder
halb scherzhafte halb explikative biologische Märchen kann dann
natürlich da und dort einmal ein einzelner fürwahr halten, wie denn
ja schon die Australier gewisse Lügenmärchen erfinden, um Kinder
und Weiber hinters Licht zu führen (S. 312 f.). Immer aber bleiben
dies Ausnahmen, die, aus der Vermischung dieser Gattungen hervor-
gehend, die Grenzlinien im ganzen nicht verwischen können.
Scheidet man nun nach diesen Kriterien alle jene mit dem eigent-
lichen Mythenmärchen unter dem Gesamtnamen des Märchens und
der Fabel vereinigten Stücke oder Episoden, die nicht wirkliche
Mythen, sondern unverkennbare dichterische Erfindungen einzelner
'} Vgl. Teil I, S. 343 ff. (2. Aufl. S. 361 ff.).
^20 I^er Naturmythus.
sind, aus, so wird damit auch die verbreitete Annahme, die ursprüng-
lichen Formen des Naturmythus seien zugleich die ersten Versuche
einer »Naturdeutung«, hinfällig. Sie trifft im Grunde nicht einmal
fiir die große Mehrzahl jener biologischen Märchen zu, die die Form,
Farbe oder Zeichnung eines Tieres mittels irgendeiner zu diesem
Zweck erfundenen Fabel zu erklären scheinen. Denn insoweit diese
Fabeln Scherzfabeln sind, haben sie tatsächlich nicht den Zweck,
eine solche Erklärung zu geben, sondern sie wollen lediglich durch
die Erdichtung einer womöglich komischen Entstehungsweise jener
Eigenschaften den Hörer und den Erzähler selbst ergötzen. Schwer-
lich ist z. B. jemals der Glaube verbreitet gewesen, der Mond habe
wirklich aus dem in dem obigen Märchen erzählten Gnmd dem Hasen
seine Scharte als Denkzeichen mitgegeben. Doch, sind auch diese
Erzählungen selbst keine Versuche einer wirklichen Naturdeutung, so
zeigen sie immerhin, daß sich das menschliche Denken hier in einem
Stadium befindet, in dem ihm eine kausale Verbindung der Erschei-
nungen, die sich auf dem Boden geläufiger Erfahrungen bewegt, nicht
fremd ist. Nur gehört das echte Mythenmärchen selbst der Kate-
gorie solcher Scheinerklärungen nicht an. Denn die biologische Fabel
entnimmt ihre Deutungen den außerhalb des Mythus liegenden prak-
tischen Lebenserfahrungen und wendet sie auch in keinem andern
Sinne als eben in dem einer witzig erdachten möglichen Entstehungs-
weise gewisser Eigenschaften der Tiere an. So gehört es zu
den gewöhnlichsten Lebenserfahrungen, daß eine Scharte durch den
Hieb mit einem Beil entsteht, oder daß ein Gegenstand durch die
Berührung mit einer Flamme schwarz wird. Nach diesen Erfah-
rungen hat der Urheber des biologischen Märchens seine Geschichte
von der Entstehung der Hasenscharte oder der schwarzen Farbe des
Raben erfunden, ohne natürlich selbst an sie zu glauben. Dagegen
ist der in einem wirklichen Mythenmärchen berichtete Vorgang ein
unmittelbar wahrgenommener, und die Kausalität, die allerdings auch
hier nicht fehlt, ist die des Zaubers, der sich von jenen Deutungen
des biologischen Märchens eben dadurch unterscheidet, daß er, un-
bekümmert um die Kausalverbindungen der wirklichen Erfahrung,
lediglich nach dem subjektiven Fürchten und Hoffen des Menschen
Erscheinungen verbindet, die einander beliebig ferne liegen, oder die er
aus sich selbst, durch die bloße Macht der Phantasie entstehen läßt.
Die Wandlangen des Mythenmärchens. 32 1
Gleichwohl bezeichnet das biologische Märchen, ebenso wie die aus
ihm entspringende Fabel, eine wichtige Station in der Entwicklung
des menschlichen Denkens: es zeigt, daß sich hier tatsächlich ein
verstandesmäßiges und von den subjektiven Gemütsbewegungen, die
den Zauber entstehen lassen, unabhängiger gewordenes Denken zu
regen beginnt, wobei es freilich bezeichnend genug ist, daß diese
erste Regung zunächst mehr in der Form scherzhafter Kombination
denn als ernstgemeinte Naturerklärung auftritt.
In die gleiche Kategorie ursprünglich singulärer Erfindungen ge-
hören dann offenbar ähnliche Deutungen einzelner lebloser Naturob-
jekte, die etwa wegen der Eigenart ihrer Form die Aufmerksam-
keit fesseln, und die sich nun gelegentlich mit den Inhalten des
Mythenmärchens verbinden. Sie können daher gleich diesen geglaubt
w^erden, ohne aber zunächst mit den an die Handlung des Märchens
gebundenen Motiven in eine engere Verbindui^ zu treten. Dahin
ist es wohl schon teilweise zu rechnen, wenn von frühe an so
vielen Erzählungen der Schluß angehängt ist, einer der Helden
der Geschichte sei in diesen oder jenen noch heute sichtbaren Stein
oder Felsblock verwandelt worden. Auch vereinzelte, außerhalb eines
Zusammenhangs mit eigentlichen Märchen stehende Vermutungen,
wie die über die Entstehung der Sonne aus einem glänzenden Ge-
genstand, einzelner Sternbilder aus einem an den Himmel gewor-
fenen Tier und andere ähnliche mögen hierher gehören. Sobald
solche Aussagen, gleich den biologischen Märchendeutungen, nicht
die unmittelbare Auffassung eines gesehenen Vorgangs wiedergeben,
sondern sich nur auf die Frage beziehen, wie irgendein Gegen-
stand, namentlich ein auffallend geformter, einmal geworden sein
könne, so scheiden sie mit dem rein explikativen Charakter, den sie
dadurch annehmen, aus dem eigentlichen Mythenmärchen aus, wie
sie denn auch aufhören, zu dem eigenen Fürchten und Hoffen des
Menschen in Beziehung zu stehen. Dagegen sind sie sporadische
Anfänge kosmogonis eher Mythen, die, lange vor den eigentlichen
und zusammenhängenderen Kosmogonien beginnend, diese darin vor-
bereiten, daß in ihnen zum erstenmal das intellektuelle Interesse das
vorherrschende ist, und daß daher in ihnen schön mythenbildende
Phantasie und dichterische Erfindung mit verstandesmäßiger Reflexion
sich vereinigen, — ein Bündnis, das, wie wir sehen werden, vor
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 21
3 22 ^^^ Natarmythas.
allem andern den Beginn des kosmogonischen Mythus kennzeichnet.
Denn dieser ist überall mehr Dichtung als Mythus; und als Dichtung
fuhrt er wiederum bis an die Grenze interpretierender Wissenschaft.
Das biologische Märchen und die ihm analogen sporadischen Natur-
deutungen sind so die ersten vereinzelten Anfange dieser mehr und
mehr über den Mythus selbst hinausfuhrenden Erzeugnisse. Sie
zeigen aber zugleich, daß die kosmogonische Dichtung nicht mit
Sonne, Mond und Sternen beginnt, sondern mit Tier und Mensch,
die, wie sie die nächsten Objekte des Mythus sind, so auch seinen
Übergang in die mythologische Dichtung der Kosmogonien vor-
bereiten. Im Gegensatz hierzu bleibt nun der Inhalt des eigentlichen
Mythenmärchens die unmittelbar geglaubte Wirklichkeit mit
ihrer an keine Schranken von Raum, Zeit und Erfahrung gebundenen
Zauberkausalität. Wie das im Traum erscheinende Bild eines Men-
schen dieser Mensch selbst als schattenhaftes Wesen, oder wie der
zuletzt ausgehauchte Atem die aus dem Leibe sich entfernende Seele
selbst ist, keine Theorie, durch die sich der primitive Mensch Leben
und Seele erklären will, so schildert das primitive Naturmärchen in
dem Sonnenuntergang oder in einer Sonnenfinsternis den wirklich ge-
sehenen Kampf zwischen dem Sonnenwesen und einem dunkeln Un-
geheuer. Ähnlich gilt oder galt wenigstens bis vor kurzer Zeit dem
Prärie-Indianer die Erzählung von dem Knaben, der dereinst einen
Vertrag mit den Büffeln geschlossen, für die Tradition einer wirk-
lichen Begebenheit, die die Vorfahren des Stammes erlebten. So
ist der Mythus in seiner ursprünglichen Gestalt keine Deutung der
Wirklichkeit, sondern die Wirklichkeit selbst, deren Bestandteile durch
die phantastische und völlig schrankenlose Kausalität des Zaubers
verbunden sind. Diese Vorstellungen gehen erst auf einer späteren,
über die Periode des Mythenmärchens hinausliegenden Stufe, auf der
des kosmogonischen Mythus, weiterreichende, allmählich das
Ganze der Natur umschließende Verbindungen ein, und diese bilden
schließlich wirklich die Anfänge einer aus der mythologischen Dich-
tung hervorwachsenden Naturphilosophie.
Götter, Helden und DXmonen. 323
III. Der Mythus in Sage und Legende.
I. Götter, Helden und Dämonen.
Die mythologischen Systeme pflegen, um in die Fülle der mytho-
logischen Vorstellungen eine gewisse Ordnung zu bringen, an die
Spitze dieser Ordnung die Götter zu stellen, unter denen die Himmels-
götter wieder den Vorrang behaupten. In die zweite Linie rücken
dann erst die Halbgötter und Helden, zu denen endlich als letzte die
niederen dämonischen Wesen hinzutreten, soweit solche überhaupt
noch hinreichend sicher begrenzte Formen erkennen lassen. Dieses
System schließt nun aber, mag es zunächst auch nur als eine Wert-
abstufung der Begriffe gemeint sein, eigentlich schon die Hypothese
einer abwärts gerichteten Entwicklung in sich. Diese, die bei den
alten Mythogfraphen zum Teil noch in dem Glauben an die wirkliche
Abstammung der herrschenden Geschlechter von den Heroen und
durch deren Vermittlung von den Göttern selbst wurzeln mochte, ist
dann in der späteren Deutung der Mythen in die bekannte Theorie
eines abwärts gerichteten Wandels der mythologischen Vorstellungen
übergegangen. Eine gewisse Schwierigkeit bereitete hier freilich die
Gattung der Dämonen. Schon die alten Mythographen hatten diese
Wesen nur teilweise ihrem genealogischen Schema einzuordnen ge-
wußt. Die spätere Mythologie vollends konnte sich der Einsicht
nicht verschließen, daß die theogonischen Mythen, mit denen jene
ihrem genealogischen Prinzip getreu die Göttergeschichte beginnen
ließen, verhältnismäßig späte Produkte mythologischer Dichtung seien,
und daß gleichwohl gerade die vermeintlichen Urgötter mit den
Gestalten der niederen Dämonenwelt eine merkwürdige Ähnlichkeit
zeigrten. So wurden denn mehr und mehr die Theogonien und
Kosmogonien in einen Anhang des mythologischen Systems ver-
wiesen, worauf nun dieses um so ungestörter die Reihe der Götter
durchlaufen und von ihnen zu den Heroen und Helden herabsteigen
konnte. Aus der Erzählung der Schicksale und Abenteuer der Helden
mit dem in sie eingreifenden mächtigeren Walten der Götter, zum
Teil auch aus den Schicksalen der Götter selbst setzte sich dann die
Götter- und Heldensage zusammen.
21*
^24 ^^^ Naturmythus.
In diesen Systemen bilden demnach Sage und Legende in ihren
Götter und Helden in mannigfachem Verkehr darstellenden Formen
den eigentlichen Inhalt des Mythus. Zu ihm gibt dann die vielgestal-
tige Welt der Dämonen einen wechselnderen Hinterg^rund ab, der erst
in seinen Beziehungen zu jenen Hauptträgern der Handlung seine Be-
deutung gewinnt und nur in einzelnen durch bleibendere Züge aus-
gezeichneten Gestalten einen bestimmteren Charakter annimmt. Geht
man von allen diesen in systematischer oder, wo es angeht, genea-
logischer Ordnung geschilderten Göttern, Heroen und Dämonen auf
die mythischen Erzählungen zurück, aus denen sie abstrahiert sind,
so bleibt als einzige Form schließlich die Heldensage übrig, deren
Hauptträger die zwischen Menschen und Göttern in der Mitte stehenden
Helden sind, und in die auf der einen Seite die Götter, auf der andern
die bald in uraltem Zwist mit den Göttern, bald als deren hilfreiche
Untergötter gedachten Dämonen eingreifen. Daß bei diesem nahezu
konventionell gewordenen Bilde eines sogenannten »Pantheon« mit
seinen mythologischen Nebengestalten nicht der Volksglaube selbst,
sondern in allen irgendwie wesentlichen Zügen die epische Dichtung
maßgebend gewesen ist, leuchtet ein. Daß aber das Epos keine
bleibende Form des Volksglaubens schildert, ja nicht einmal eine
solche, die auch nur innerhalb einer begrenzten Zeit in allen Schichten
eines Volkstums die herrschende ist, erhellt ohne weiteres aus den Ent-
stehungsbedingungen dieser Dichtung, die eine bereits in festgefügten
staatlichen Formen und in ritterlichen Sitten sich bewegende Vergan-
genheit voraussetzt und damit zugleich auf eine Zukunft hinweist, in
der sie mit dem Untergang dieses seiner Natur nach vergänglichen
Kulturzustandes selbst wieder schwinden wird"). Vor der im Epos
dichterisch gestalteten Sage liegt jedoch das Mythenmärchen, das wir
oben in seinen verschiedenen Entwicklungsformen verfolgt haben.
Auf die epische Form der Sage folgen dagegen die den Einfluß
der Wandlungen des religiösen Kultus und der ihn tragenden mytho-
logischen Anschauungen widerspiegelnden Formen der dramatischen
Dichtung. Indem nun auf jeder dieser Stufen die erhaltende Macht
der Überlieferung mit den vorwärtsstrebenden Einflüssen der neuen
Faktoren des geistigen Lebens zusammentrifft, ergibt sich so ein
') Vgl. Teil I, S. 362 ff. (2. Aufl. S. 383 ff.).
Götter, Helden and Dämonen. ^25
Nacheinander der mythologischen Bildungen, die dabei immer zugleich
infolge jener erhaltenden Macht der Überlieferung bis za einem ge-
wissen Grade als ein Nebeneinander sich darstellt.
Daß diesem unablässigen Fluß der Mythenentwicklung kein künst-
liches System gerecht werden kann, mag es nun irgend ein einzelnes
Stadium willkürlich herausgreifen oder, was das gewöhnliche ist,
die verschiedenen Stadien nach den sie verbindenden Götter- und
Heroennamen ohne Rücksicht auf den Wandel ihrer Bedeutungen zu-
sanmienwerfen, ist einleuchtend. So ist denn auch die Unhaltbar-
keit dieses Zustandes vornehmlich den Religionshistorikem, deren
Interesse nicht, wie das der Mythologen, in erster Linie den Ur-
sprüngen des mythologischen Denkens, sondern vielmehr umge-
kehrt seinen religiösen Weiterbildungen zugekehrt zu sein pflegt,
nicht verborgen geblieben. Bezeichnenderweise ist daher vornehm-
lich von Usener an Stelle jenes systematischen Verfahrens, das von
vornherein eine bestimmte Theorie mythologischer Entwicklung in
sich schließt, geradezu eine alphabetische Anordnung empfohlen
worden^). Freilich kann das nur gelten, solange es sich bloß um die
Sammlung und Sichtung des Stoffs handelt. Daß dagegen dieser
Standpunkt nicht mehr festgehalten werden kann, sobald die Frage
nach der Entwicklung von Mythus und Religion in den Vorder-
grund tritt, hat Usener selbst gezeigt, indem er den entscheiden-
den Schritt wagte, jenes überlieferte System mit seiner von oben
nach unten gerichteten Reihenfolge der Götter in die entgegen-
gesetzte umzukehren. Entscheidend war aber dieser Schritt nicht
deshalb, weil etwa der allgemeine Gedanke einer solchen aufsteigen-
den Entwicklung ein neuer gewesen wäre. Er lag ja für jeden,
der die innere Unhaltbarkeit der alten, wenn auch in neuen Formen
immer wieder neu auftauchenden Degenerationstheorie erkannt hatte,
eigentlich in dem Entwicklungsgedanken schon eingeschlossen. Neu
und für die Religionsgeschichte epochemachend war er vor allem
deshalb, weil Usener ihn von dem bis dahin mit der entwick-
lungsgeschichtlichen Betrachtung sich verbindenden Bemühen frei zu
') H. Usener, Götternamen, 1896, Vorwort. Die Stellung, die Roschers >Mytho-
logisches Lexikon« unter den neueren Darstellungen der klassischen Mythologie ein-
nimmt, zeigt, daß diese hier in eine positive Form gekleidete skeptische Ansicht heute
in weiten Kreisen geteilt wird.
^26 I^c Naturmythus.
halten wußte, den Naturmythus aus Motiven ableiten zu wollen, die
einem wesentlich andern Gebiete, nämlich dem der Seelen- und
Dämonenvorstellungen, angehören. Hier hatte die den philosophischen
Entwicklungstheorien eigene spekulative Tendenz, alles, was sich am
Ende einer Entwicklung als ein zusammenhängendes Ganzes darstellt,
womöglich aus einer einzigen Quelle entspringen zu lassen, verhäng-
nisvoll eingewirkt. Dem gegenüber bleibt es das g^roOe Verdienst
Useners, daß er von den Göttervorstellungen selbst, nicht von außer-
halb liegenden mythologischen Bildungen ausging, um die entwickel-
teren Formen jener womöglich aus ihren einfacheren imd ursprüng-
licheren zu begreifen. Daß er dabei die religionsphilosophischen
Spekulationen ebenso sehr wie alle mythologischen Systeme ab-
lehnte, war um so mehr ein gutes Recht des Historikers,^ als jene
wie diese durchweg die Tatsachen der geschichtlichen Entwicklung
allzusehr außer Acht gelassen hatten. Und wenn er in dieses ab-
lehnende Urteil stillschweigend auch die psychologische Analyse der
geschichtlichen Tatsachen und ihrer Aufeinanderfolge mit einschloß,
so kann man das dem exakten Historiker im Hinblick auf das Un-
vermögen der überkommenen psychologischen Doktrinen, den ge-
schichtlichen Problemen überhaupt irgendwie nahe zu kommen, kaum
verargen. Nichtsdestoweniger liegt eben hier der Punkt, wo die
Hilfsmittel, über die der Historiker auf seinem eigenen Gebiete ver-
fugt, nicht mehr zureichen, und wo er sich gezwungen sieht, nötigen-
falls selbst die psychologische Analyse vorzunehmen, die ihm die
dazu berufene Wissenschaft, in diesem Fall die Völkerpsychologie,
versagt. Das ist denn auch von Usener geschehen. Denn die
Theorie der Entwicklung der Göttervorstellungen, die er in seinen
»Götternamen« gegeben, gründet sich nicht bloß auf die verglei-
chende Betrachtung geschichtlicher Tatsachen, sondern nicht minder
auf eine psychologische ^alyse der Göttervorstellungen auf Grund
der Zeugnisse der Sprach- und Mythengeschichte; und seine das
überlieferte Schema von Grund aus umstürzende Lehre von der
aufsteigenden Entwicklung dieser Vorstellungen ist im wesentlichen
nichts anderes als eine auf jene Zeugnisse der Geschichte und
Völkerkunde gegründete psychologische Theorie. Auch geht diese,
indem sie die Entwicklung, als eine von spezifischen nationalen Be-
dingungen unabhängige, auf allgemeine geistige Eigenschaften des
Götter, Helden und Dftmonen. ^27
Menschen zurückzufuhren sucht, auf der einen Seite ebenso über
den unmittelbar gegebenen geschichtlichen Tatbestand hinaus, wie
sie anderseits in der Aufsuchung der Motive einer solchen psycho-
logischen Gesetzmäßigkeit selbstverständlich psychologische Erwä-
gungen zu Hilfe nimmt'). Bei diesem Ineinandergreifen der Faktoren
kann nun freilich von dem Historiker nicht erwartet werden, daD er
den psychologischen Anteil der Aufgabe in gleicher Weise wie den
historischen in einer auch nur vorläufig befriedigenden Weise zu Ende
führe, sondern er wird schließlich ebenso dem Psychologen über-
lassen müssen, was dessen Amtes ist, wie dieser sich gezwungen
sieht, aus den Quellen zu schöpfen, die ihm die Forschung des
Historikers erschlossen hat. Wo dieses Zusammenarbeiten aus irgend-
welchen Gründen nicht möglich ist, da pflegt eben entweder der
Psychologe in spekulative Konstruktionen zurückzufallen, die der tat-
sächlichen Grundlagen entbehren, oder der Historiker,, der hier immer-
hin die vorteilhaftere Position einnimmt, bei einer provisorischen
Erledigung der psychologischen Aufgabe stehen zu bleiben. Der
gemeinsame Charakter solcher provisorischer Lösungen pflegt aber
darin zu bestehen, daß man zu demjenigen Hilfsmittel greift, das
jedem aus eigenem Nachdenken über die Probleme vertraut ist: zur
Reflexion über die Erscheinungen, um dann in unmittelbarer An-
wendung dieses subjektiven Hilfsmittels auf die Objekte die ver-
bindende Tätigkeit der Reflexion an die Stelle der kau-
salen Verknüpfung der Tatsachen selbst treten zu lassen.
Begreiflicherweise bilden die Geisteswissenschaften, die Psychologie
nicht ausgeschlossen, das ergiebigste Feld für diese uneingeschränkte
Objektivierung der begriffsmäßigen Reflexion, weil ja ohne Frage
das reflektierende Denken eben mit zu den Erscheinungen gehört,
aus denen sich die geistige Welt zusammensetzt. Die Gefahr liegt
daher nahe genug, diese uns vertrauteste Form das allezeit bereit-
liegende Netz ihrer Subsumtionen und Distinktionen über die Dinge
auszubreiten. Statt der angestrebten psychologischen Interpretation
der Erscheinungen kommt so lediglich eine äußere logische Ord-
nung zustande, die das Problem selbst eigentlich unberührt läßt.
Ein einleuchtendes Beispiel dieser Art bietet die Geschichte des Be-
') Vgl. TeU I, S. 465 ff.
^28 ^^"^ Natnrmythus.
deutungswandels der Wörter und Begriffe. Die Sprachforscher pflegen
hier, wenn sie neben den rein historischen den psychologischen Fak-
toren des Vorgangs Rechnung tragen wollen, Verengerungen und Er-
weiterungen des Begriffsinhaltes, Übergang auf koordinierte, auf unter-
oder übergeordnete Begriffe zu unterscheiden^). Daß in einem solchen
Schema logfischer Kategorien jeder einzelne Fall von Bedeutungs-
wandel untergebracht werden kann, ist einleuchtend. Aber ebenso
gewiß ist es, daß diese logische Ordnung über die psychischen Vor-
gänge des BegTiffswandels gar keine Rechenschaft gibt, während man
sie doch zumeist in diesem Sinne aufgefaßt hat.
Nun ist allerdings die von Usener angewandte Scheidung der
Götterbegriffe in die Stufen der »Augenblicksgötter«, der »Sonder-
götter« und der »persönlichen Götter« einer solchen ganz äußerlich
bleibenden Auffassung des Bedeutungswandels schon deshalb über-
legen, weil ihr der Gedanke einer fortschreitenden Entwicklung des
Inhalts der Göttervorstellungen zugrunde liegt. Auch kommt in
dieser allgemeinen Gliederung eine Wertabstufung zum Ausdruck,
die in gewissen Grundzügen mit den uns in Brauch und Kultus
begegnenden Unterschieden übereinstimmt. Gleichwohl kann auch
ihr der Vorwurf nicht erspart bleiben, daß sie die Stufen einer
psychologischen Entwicklung in eine Aufeinanderfolge logischer
Begriffsbildungen umwandelt, eine Substitution, an der neben jener
allgemeinen Tendenz zu logischer Interpretation der Erscheinungen
die Unterordnung aller dieser mythologischen Gebilde unter einen
allgemeinen Götterbegriff, sowie die mit einer solchen begrifflichen
Auffassung notwendig verbundene Beschränkung auf eine bestimmte,
im Gnmde willkürlich bevorzugte Gruppe von Merkmalen die Schuld
trägt Diese Merkmale werden bei jener aufsteigenden Reihe teils
den äußeren Beziehungen zu Zeit und Raum, teils gewissen inneren
Eigenschaften der unter dem Allgemeinbegriff »Götter« zusammenge-
faßten Wesen entnommen. Die »Augenblicksgötter« verschwinden
rasch im Fluß der Erscheinungen; sie entspringen momentanen
furchterregenden Eindrücken, wie dem Blitzstrahl, oder sie äußern
sich in einzelnen, niemals an dem gleichen Gegenstand wieder-
kehrenden Handlungen, wie in dem Zurücklassen der letzten Garbe
*) Vgl. Bd. p, Teil n, s. 471 ff.
Götter, Helden und Dämonen. ^20
auf dem Emtefeld. Die »Sondergötter« sind von längerer Dauer,
aber sie sind an einen bestimmten Ort und innerhalb dieser räum-
lichen Grenzen meist auch noch an bestimmte Zwecke gebunden:
sie sind Beschützer der Städte und Landschaften, der Berufe und
Stände sowie einzelner Lebensgebiete. Die höheren oder »allge-
meinen Götter« überschreiten endlich die Grenzen von Zeit und Raum:
sie dehnen über die Natur und die Menschenwelt ihre Herrschaft aus,
wenn immerhin auch bei ihnen noch die Differenzierung der Sonder-
götter in einer Gebietsscheidung nachwirkt, vermöge deren dem ein-
zelnen Gott zugleich sein besonderes Funktionsgebiet zugeteilt ist.
Neben diesen äußeren Merkmalen von Zeit und Raum steht dann das
innere der von unten nach oben fortschreitenden Ausbildung des per-
sönlichen Charakters. Dieser ist nur bei der höchsten Götterklasse
ein vollständig entwickelter. Die Sondergötter zeigen ihn höchstens
in unvollkommenen Vorstufen, die »Augenblicksgötter« endlich sind
unbestimmte, ganz und gar unpersönliche Wesen.
Der Vorzug dieser Theorie vom Standpunkt geschichtlicher Be-
trachtung aus besteht vornehmlich darin, daß sie eine für die Ge-
schichte des Mythus überaus wichtige Tatsache in eine kurze Formel
faßt: dies ist die Erscheinung des Zusammenfließens ursprünglich
getrennter, oft an weit entlegenen Orten entstandener oder verschie-
dene Zweckgebiete beherrschender Göttergestalten in eine einzige
von weiterer Verbreitung und von umfassenderer Bedeutung, — eine
Erscheinung, der dann wiederum umgekehrt die Differenzienmg
einer solchen zu einer höheren Einheit erhobenen Göttergestalt in
einzelne nach räumlicher Verbreitung und an MachtfuUe beschränktere
Götter gegenübersteht. Diese bis dahin viel zu wenig beachtete Tat-
sache fand in der Gegenüberstellung der Sondergötter und der all-
gemeinen Götter einen glücklichen, wenn auch nicht für alle hierher
gehörigen Erscheinungen gleich zutreffenden Ausdruck, indes die
Klasse der »Augenblicksgötter« allerdings von vornherein mehr dem
logischen Bedürfnis, diese Reihe nach unten abzuschließen, als einer
in den Erscheinungen selbst gegebenen psychologischen Forderung
entgegenkam'). Aber auch die Trennung der Sondergötter und der
*) Rücksichtlich der zweifelhaften Stellung dieser »Augenblicksgötter« vgl. Teil II,
S. 465 ff.
7 10 I^cr Natnrmjrthus.
allgemeinen Götter bleibt an sich nur eine logische, die den verschie-
denen Umfang des Raum- und des Machtgebiets bezeichnet, über die
psychologischen Bedingungen des Übergangs aus der einen in die
andere Klasse dagegen um so weniger Rechenschaft gibt, als das
einzige außerdem noch maßgebende innere Merkmal, das der Persön-
lichkeit, in diesem Fall im Stiche läßt, da es schon gewissen Sonder-
göttem nicht ganz zu fehlen pflegt.
Hier liegt nun offenbar zugleich der für die psycholog^ische Seite
des Problems entscheidende Punkt. Wenn logisch ausgedrückt die
Entwicklung der Göttervorstellungen nach ihrer allgemeinen Richtung
dem Fortschritt vom Einzelnen, Beschränkten zum Allgemeineren,
Umfassenden entspricht, so erhebt sich psychologisch in erster Linie
die Frage, welches die inneren Motive sind, die diese vorwärts- und
unter besonderen Bedingungen wieder rückwärtsgerichtete Bewegung
veranlassen. Da über diese Motive nur auf Grund der spezifischen
Eigenschaften jeder dieser aus dem Fluß der Entwicklung herauszu-
hebenden Gruppen Rechenschaft gegeben werden kann, so geht aber
noch die andere Frage voran: sind wir überhaupt berechtigt, alle
jene Erzeugnisse der mythenbildenden Phantasie, die hier nach dem
Prinzip der logischen Überordnung in eine Stufenreihe gebracht wer-
den, auch wirklich als Formen eines nach seinen Hauptinhalten
immerhin noch übereinstimmenden Begriffs aufzufassen? Diese Frage
muß um so mehr erhoben werden, als uns tatsächlich überall in der
Mythenentwicklüng neben den Göttern andere von ihnen spezifisch
verschiedene Wesen begegnen, die sie in einzelnen Fällen an Be-
deutung so überragen, daß man hier an der Existenz eigentlicher
Göttervorstellungen überhaupt zweifeln kann. Mögen nun solche
Zweifel berechtigt sein oder nicht, jedenfalls stehen dem Wider-
streben, alles was im Gebiet des Natur- wie des Seelenmythus Ein-
fluß auf den Menschen gewinnt, als irgendeine Abwandlung des
Götterbeg^ffs anzusehen, gewichtige Gründe zur Seite. Die Dä-
monen, die die Gräber der Verstorbenen umschweben, oder die in
Krankheit, Wahnsinn und Ekstase vom Menschen Besitz ergreifen,
können wir schwerlich den Göttern zuzählen, nicht einmal den so-
genannten »Augenblicksgöttem«. Denn die kurze Dauer kommt
hier gegenüber der Verschiedenheit der inhaltlichen Merkmale kaum
in Frage. Ebenso verhält es sich mit den Naturdämonen der Berge,
Götter, Helden und DSmonen. ^^j
der Wälder, der Einöden und mit allen jenen andern gespenstischen
Wesen, die, zunächst der Naturstimmung entspringend, gelegentlich
in das Leben der Götter wie der Menschen eingreifen oder in ge-
wissen Fällen selbst zu Göttern sich erheben können. Trotz solcher
Übergänge, wie sie namentlich in den Vorstellungen der Schutz-
dämonen zur Entwicklung gelangen, bleibt es aber dabei, daß der
Dämon als solcher nicht mit dem Gott in die gleiche Entwicklungs-
reihe gebracht werden kann, weil er ein von diesem spezifisch ver-
schiedenes Wesen ist. Die beiden Merkmale, die den Dämon, nach-
dem sich dieser mannigfach schwankende Begriff einigermaßen fixiert
hat, von den andern Mythengebilden scheidet, sind offenbar der
völlige Mangel eines eigenen, persönlichen Charakters und seine aus-
schließliche Beziehung auf das Wohl und Wehe des Menschen.
Beide Eigenschaften hängen wieder auf das engste zusammen: der
Dämon hat eben ^ deshalb keinen ihm eigenen Charakter, weil sein
Tun und Treiben ganz und gar in den Stimmungen der Furcht
und der Hoffnung und in den aus diesen hervorgehenden Bedräng-
nissen und Förderungen aufgeht, die als sein Werk erscheinen. Ge-
hören nun von den sogenannten »Sondergöttern« offenbar zahlreiche
ihrem Wesen nach zu den Dämonen, so ist damit von selbst ihre
Einreihung in die gleiche Vorstellungsreihe mit den Göttern hin-
fallig, da das hierbei ausschlaggebende Merkmal der Einschränkung
auf bestimmte Orte oder Zweckgebiete in diesem Fall ein neben-
sächliches und nicht einmal durchgreifendes ist').
Aber noch eine andere Klasse mythologischer Gestalten findet in
jenem von den Sondergöttem zu den allgemeinen Göttern aufstei-
genden System keine Stelle, obgleich gerade diese Klasse bei der
Frage der Entstehung der Götter von hervorragender Bedeutung ist:
das sind die Gestalten der Helden, die im Mythus wie in der
mythologischen Dichtung, wenn man von der relativ spät entstan-
denen kosmogonischen absieht, eine den Göttern selbst nahezu eben-
bürtige, ja in den Motiven der Handlung ihnen gegenüber wichtigere
Stellung einnehmen. Hier hat ohne Frage das auch in den heutigen
mythologischen Anschauungen immer noch fortwirkende, einseitig
') Über die allgemeinen Eigenschaften und die Hauptgattungen der Dämonen
vgl. übrigens Teil II, S. 123 ff., 365 ff.
9^2 ^cr Nalurmythus.
den Himmels- und neben ihnen höchstens noch den Unterweltsvor-
stellungen zugekehrte Interesse der alten naturmythologischen Systeme
die unbefangene Würdigung der Gestalt des Helden und seiner hohen
Bedeutung fiir den Mythus beeinträchtigt. Es ist ja unleugbar, daß,
ebenso wie sich in einzelnen Fällen die Feld- und Wald-, die Wolken-
und Sturmdämonen zu Göttern erhoben, so in noch ausgedehnterem
Maße Helden zu Göttern geworden oder auch in späteren Wand-
lungen einstige Götter durch die Sage in Helden umgewandelt sind.
Vor allen hat hier Usener selbst in einer Reihe wertvoller mytholo-
gischer Forschungen solche Übergänge teils an den Kulten, die
vielen der bekannten Helden der Sage gewidmet waren, teils an den
auf die Götter und auf die Abstammung von ihnen zurückgehenden
Personennamen nachzuweisen gesucht*). Auch hier ist freilich ein
sicherer Nachweis nicht überall zu erbringen, weil bei den Kulten
;5tets die Frage sich erhebt, ob der Kultus früher sei als der Held,
und weil die Namengebung vornehmlich bei den Eigennamen im
allgemeinen häufiger ein Zeugnis für die Verehrung des Gottes, nach
dem ein Mensch benannt wird, als für die des so benannten selbst
ist"). Hat nun die der Sage wie der epischen Dichtung innewohnende
Tendenz, die Träger der Handlungen überall mit den gleichen mensch-
lichen Eigenschaften auszustatten, dahin gewirkt, Götter und Helden
auf gleiche Linie zu rücken und dadurch den Übergang der Götter
in Helden wie den der Helden in Götter zu erleichtern, so bleiben
gleichwohl zwischen beiden sehr bestimmte Unterschiede, die es
nicht gestatten, die Schranke, die sie trennt, zu beseitigen. Wollte
man dies, so würde damit nicht minder ein für die Entwicklung der
Göttervorstellungen unentbehrliches Motiv hinweggenommen, wie dies
dann geschieht, wenn man die Rolle, die dem Dämon durch seine
Eigenart in dieser Entwicklung vorbehalten ist, ignoriert. In das
Medium, aus dem die Götter hervorgehen, gehören eben Dämonen
und Helden, und viel eher können beide Gattungen sagenhafter
Wesen unabhängig bestehen, als man sich umgekehrt die Entstehung
der Göttervorstellungen ohne sie denken könnte. Für die Welt der
Dämonen ist das wohl schon allgemeiner anerkannt als fiir die Klasse
*) Usener, Sitzungsber. der Wiener Akademie, Phil.-hist. Klasse, Bd. 87, 1893,
S. 44 ff. Götternamen, S. 349 ff.
«) Vgl. hierzu Teil I, S. 390 f. (2. Aufl. S. 207 ff.).
Götter, Helden nnd Dämonen. 733
der Helden, deren Bedeutung für die werdenden Götter kaum zu-
reichend gewürdigt wird. Dennoch besteht diese Bedeutung weit
weniger darin, daß Helden gelegentlich zu Göttern oder auch Götter
zu Helden werden, als vielmehr darin, daß sich die Handlung der
Sage aus den Taten der Helden und Götter und aus dem hierzu
mehr sporadisch hinzutretenden Wirken der Dämonen zusammen-
setzt. So ist es gerade das Nebeneinander dieser nicht sowohl durch
eine quantitative Stufenfolge, als durch bestimmte qualitative Merk-
male geschiedenen Wesen, der Götter, Helden und Dämonen, das
der Sage in ihren wichtigsten mythologischen Formen ihr Gepräge
gibt. Für die Rolle, die hierbei dem einzelnen Helden zugeteilt ist,
bleibt es aber gleichgültig, ob er dereinst selber ein Gott war oder
nicht, oder ob er etwa am Ende seiner Taten zu den Göttern er-
hoben wird. Für seine Stellung in der Sage sind lediglich die Eigen-
schaften maßgebend, die er in ihr selbst besitzt, nicht die, die er in
andern Mythen oder in Kulten gehabt hat, oder die er dereinst noch
gewinnen mag. So ist die Tatsache, daß Herakles seit alter Zeit in
besonderen Kulten verehrt war, während ihn die griechische Sage
zu einem menschlichen Helden machte, der erst am Abschluß seines
Lebens zum Gott erhoben wurde, so interessant sie an sich ist, für
dieses Bild eines menschlichen Helden ohne wesentliche Bedeutung.
So bleiben denn auch die Merkmale, die den Gott und den Helden
scheiden, von jener Frage nach den letzten mythologischen Quellen
einer in der Sage lebenden Heldengestalt unabhängig. Der Held ist
Held und nicht Gott, was er auch in einer von der Sage selbst ver-
gessenen Zeit oder in einem unabhängig von ihr bestehenden Kultus
außerdem sein mag. Allerdings kann auch in der Sage seine schließ-
liche Erhebung unter die Götter, die hier wahrscheinlich unter dem
Einfluß des gleichzeitigen Kultus und gewissermaßen zur Erklärung
desselben entstanden ist, ein rückstrahlendes Licht auf die voran-
gegangene Heldenlaufbahn werfen, das diese Gestalt über das Maß
gewöhnlicher irdischer Helden erhebt. Immerhin handelt es sich
hier nur um einen Grad-, nicht um einen Wesensunterschied. Unser
Sprachgebrauch trägt diesem Unterschied Rechnung, indem er dem
gewöhnlichen Helden den Heros als die höhere, den Göttern nähere
Stufe gegenüberstellt! Die Werterhöhung, die das Wort von Homer
ab in der Sage und besonders in der kosmogonischen Dichtung er-
3^4 Der Naturmythus.
fahren, kommt dieser Unterscheidung zu Hilfe. »Held« ist danach
jeder durch seine Eigenschaften und Schicksale über das menschliche
Mittelmaß hinausreichende Mensch, der als solcher Mittelpunkt einer
Sagengeschichte werden kann. Er trägt bei Homer schlechthin den
Namen »Mann« (dvrip). Der »Heros« (fipuj^) dagegen ist ein Held,
der sich durch seine Taten den Göttern selbst nähert, und der meist
schon durch seine halb auf einen Gott oder eine Göttin, halb auf
einen Menschen zurückgehende Zeugung diese größere Annäherung
an die Götter verrät. »Halbgott« nennt ihn daher schon Homer
(IL 12, 23), und Hesiod verlegt in seinem die Erdbewohner nach Welt-
altem ordnenden System Halbgötter oder Heroen in das vierte dieser
Weltalter und läßt sie, nachdem dies Geschlecht in den in der Sage
geschilderten Kämpfen sich aufgerieben, auf die Inseln der Seligen
versetzt werden (Werke und Tage 156 ff.). Doch abgesehen von
solchen Gradunterschieden und von der damit in der Regel verbun-
denen Vorausbestimmung zum Gotte bewahrt in der Sage selbst der
Heros durchaus den Charakter des Helden, dessen Begrifisumfang
weit genug ist, um alle Stufen dieser Entwicklung zu umfassen. So
bezeichnen wir schon die Hauptperson des Märchens als den »Märchen-
helden«, und von ihm an reicht dann die Gestalt des Helden durch
alle Stadien der Sagen- und Legendenbildung hindurch bis zu den
Göttern. Aber die Grenze zu diesen überschreitet sie nicht, so lange
nicht nach dem Zeugnis der Sage selbst der Held zum Gott wird,
damit aber auch sein eigentliches Wesen völlig verändert.
So bleibt sich die Sagenüberlieferung selbst der Grenze, die den
Helden und noch den Heros vom Gott trennt, allezeit bewußt. Auch
die Erhebung unter die Götter bezeichnet in ihr ein abschließendes
Ereignis, mit dem die Laufbahn des Helden ihr Ende findet, imd
von dem an nun ein neues Leben für ihn beginnt, eben das Leben,
das nur den Göttern eigen ist, und das diese vom Menschen wie
vom Helden scheidet, so ähnlich sie sonst dem letzteren in ihrem
persönlichen Charakter, in ihren guten wie schlimmen Eigen-
schaften, ihren Leidenschaften wie Trieben sein mögen. In der
Tat sind es zunächst durchaus nicht die inneren Eigenschaften, die
den Gott auszeichnen: in ihnen ist auch er ein Mensch, vom Helden-
menschen in nichts unterschieden, nicht einmal in der Machtbeschrän-
kung, die selbst dem gewaltigsten Helden nicht erspart bleibt. Was
Götter, Helden nnd Dämonen. ^^e
den Gott vom Helden und damit vom Menschen trennt, das sind nur
die äußeren Bedingungen seines Lebens: der Wohnort und die
Lebensdauer. Der Held fuhrt sein Dasein auf Erden. Ihr gehört
in allem wesentlichen sein Kämpfen und Leiden und der Erfolg seiner
Taten. Wenn er je einmal es wagt, zum Himmel empor- oder
in die Unterwelt hinabzusteigen, oder endlich in ferne, sonst von
Menschen nicht erreichte selige Gefilde vorzudringen, so ist das,
abgesehen von jener letzten Entrückimg, die dem selbst zum Gott
werdenden Heros zuteil wird, eine Ausnahme, mit der der Mythus
das Übermaß heroischen Tuns ausdrückt, und die daher nicht selten
die Strafe der Götter auf das Haupt des Helden herabbeschwört,
der durch solche Übergriffe die Weltordnung aus ihren Fugen zu
bringen droht. Umgekehrt liegen die Wohnungen der Götter da,
wohin kein menschlicher Fuß zu dringen vermag: in und über dem
Himmel, auf hohen Bergen, unter der Erde, auf fernen Eilanden;
und wie der Mensch nur in unerhörtem Wagnis oder am Ende seines
Lebens diese Wohnimgen betreten darf, so wandeln die Götter nur
ausnahmsweise auf Erden, wenn sie ihr Begehren nach irdischen
Gütern befriedigen, die Kämpfe irdischer Helden mitkämpfen oder
irgendwie sonst durch ihre Gegenwart in das menschliche Leben ein-
greifen wollen, — Mythen, die schließlich in jenen Gestalten gött-
licher Heilbringer endigen, in denen die Legende auf der höchsten
Stufe dieser Entwicklung die in mannigfachen Wandlungen wieder-
kehrende Vorstellung der Erscheinung eines Gottes auf Erden schildert.
Ist es doch, nur in gesteigerter und vei^eistigter Form, im Grunde
derselbe Gedanke, der hier dem nie aufhörenden Hilfsbedürfnis des
Menschen, von dem Wunsch nach Jagdtieren und Erntesegen bis
zur Sehnsucht nach Überwindung der Mühsale und Übel des irdi-
schen Daseins selbst, seinen Ausdruck gibt.
Neben jenes erste des Wohnorts tritt nun als ein zweites Merkmal,
das Götter und Helden scheidet, dies, daß der Held auch in der
Beschränkung seines Lebens, so weit seine physische Stärke oder
seine geistige Macht andere überragen mag, immer ein Mensch
bleibt. Er muß kämpfen und dulden, um Sieg und Glück zu er-
ringen; er ist den Beschwerden des Alters und der Krankheit unter-
worfen und entgeht schließlich dem Tode nicht, es sei denn, daß
er von den Göttern in ihre Gemeinschaft aufgenommen wird, womit
^76 I^cr Naturmythus.
er dann aber selbst aus dem Kreis der eigentlichen Helden aus-
scheidet. Die Götter dagegen leben mühelos. Die Güter, nach
denen sie begehren, fallen ihnen von selbst zu. Sie altem nicht, und
kein Tod setzt dem Genuß des Daseins bei ihnen ein Ziel. So ist
die Unsterblichkeit das größte der Vorrechte, durch die sie sich über
den Helden, wie über alle andern sterblichen Menschen erheben.
Auch hier freilich fehlt es nicht ganz an Ausnahmen, die in diesem
Fall ebenso die Götter den menschlichen Helden näher rücken, wie
die letzteren vorübergehend jenen den Rang streitig machen oder
selbst dauernd sich zu ihnen erheben lassen. Sobald die Götter
nach irdischen Frauen oder andern irdischen Gütern begehren, sich
mit irdischen Helden messen oder in ihren Kämpfen Partei nehmen,
so gelten unvermeidlich auch für sie die Schranken, die irdischem
Tun und Treiben gesetzt sind. Der eine Gott kann vom andern
besiegt, er kann von sterblichen Helden überlistet oder gar über-
wunden werden. Indem der Mythus, abgesehen von jenen äußeren
Vorrechten des Wohnorts und der Freiheit von Krankheit und Tod,
alle inneren Eigenschaften des Helden auf den Gott überträgt, muß
er diesen notwendig auch mit den Bedürfnissen ausstatten, in denen
schon der Held nicht weniger wie an Stärke das menschliche Mittel-
maß überragt. Auch diese Bedürfnisse werden nun in gesteigertem
Grade auf die Götter übertragen. Daß ein Gott in der Menge der
Speisen und Getränke, die er zu vertilgen vermag, Übermenschliches
leisten kann, ist ein in der Göttersage der Kulturvölker überall
wiederkehrender Zug. Ebenso stattet aber die Sage die Götter aller
Orten, indem sie die Unsterblichkeit mit diesen ihren Bedürfnissen
in Verbindung bringt, mit einer besonderen, den Sterblichen ver-
sagten Götterspeise und einem Göttertrank aus, die die Eigenschaft
von Speise und Trank, das Leben zu erhalten, in jenem erhöhten
Maße besitzen, daß sie es dauernd in dem gleichen Zustand erhalten,
so daß, wer von der Götterspeise genießt, weder sterblich ist noch
altert. Aber auch hier wird wiederum dieser Vorzug der Götter-
speise, indem er nur das menschliche Maß der Bedürfnisse ins Unge-
messene vergrößert, zu einer Schranke des Götterdaseins. Die Götter
altern und werden vom Tode bedroht, wenn sie infolge irgend eines
die Bereitung oder Darbringung der Götterspeise störenden Ereig-
nisses diese entbehren müssen. Das ist ein Zug, der uns in grie-
Götter, Helden nnd Dämonen.
337
chischer wie germanischer Sage begegnet, und der bei den Indern
wahrscheinlich mitgewirkt hat, den Göttertrank Soma zu einem Gegen-
stand des Kultus und damit selbst zum Gott zu erheben. Und noch
ein anderer Gedanke entspringt schließlich dieser in der inneren
Übereinstimmung der Götter- und Menschenchäraktere wurzelnden
Bedürftigkeit der Götter, der von dem Augenblick an hervortritt, wo
die kosmogonische Sage auf die Götter einzuwirken beginnt: das ist
der Gedanke eines Wechsels von Göttergeschlechtem, der der Auf-
einanderfolge menschlicher Generationen gleicht, mag auch immerhin
noch, um die Eigenart der Götter so viel wie möglich festzuhalten,
jenen Göttergeschlechtem eine unermeßlich größere Lebensdauer
gegeben werden. Selbst auf das lebende Göttergeschlecht kann sieh
so die Idee ihres dereinstigen Untergangs erstrecken, wie das die
freilich wohl schon unter dem Einfluß der neu erstehenden christ-
lichen Götterwelt ausgebildete nordische Vorstellung einer »Götter-
dämmerung« zeigt. Aber auch wo diese Idee durch die Macht eines
noch lebendigen Götterkultus hintangehalten wird, da zeigft sie doch
in ihren rückwärts gerichteten Anwendungen deutlich die Grenzen,
bei denen die menschliche Beschränkung des Göttercharakters jene
äußeren durch Wohnort und Lebensbedingungen gesteckten Schranken
verschieben kann, so daß sie nicht bloß in der Richtung vom mensch-
lichen Helden zum Gott, sondern auch in der vom Gott zum Menschen
unsicher werden.
Alle diese Wechselbeziehungen finden nun in Sage und Legende
ihren Ausdruck, indem hierbei die letztere überall nur als eine
besondere, durch ihre Beziehungen zum religiösen Kultus ausge-
zeichnete Form der Sage erscheint. Beide aber scheiden sich da-
durch zugleich von dem Kultus selbst, der, wie er treuer als die
Sage von der Tradition festgehalten wird, so auch in seinem auf
die religiösen Bedürfnisse der Gegenwart gerichteten Streben aus-
schließlich einer, wie das Wort »Kultus« es andeutet, die unbedingte
Unterordnung einschließenden »Pflege« der Götter bei der An-
rufung ihrer Hilfe in der Not des Lebens zugewandt ist. Darum ist
er von frühe an darauf gerichtet, jene menschlichen Züge zu ver-
wischen; und unter ihnen widerstrebt ihm wieder vor allem der Ge-
danke an ein Versiegen dieser Quelle des Trostes und der Hoflhung
durch einen Untergang der Götter selbst. Weist so der Kultus von
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 22
ß^3 ^cr Naturxnythus.
frühe an auf eine Erhebung der vorhandenen Göttervorstellungen
hin, die diese möglichst der ihnen anhaftenden menschlichen Züge
entkleidet, so ist es dagegen die Sage, in der die Vorbedingungen
zu der ersten Ausbildung der spezifischen Göttervorstellungen zu
Tage treten. Das geschieht aber gerade dadurch, daß die Sage
überall Götter, Helden und Dämonen nebeneinander in jenen mannig-
fachen Wechselbeziehungen schildert, die sich auf einer niederen,
der eigentlichen Göttervorstellungen zumeist noch entbehrenden Stufe
schon in der Handlung des Mythenmärchens vorbereiten. Den
Mittelpunkt der auf solche Weise alle diese mythologischen Ge-
bilde zu einem Ganzen zusammenfassenden Erzählungen bildet so
diejenige Gestalt, die die Sage zunächst wenig verändert aus dem
Märchen herübernimmt: die des Helden. Ihn erhebt sie durch den
weiteren Hinterg^rund, vor den sie ihn stellt, zu einer höheren, vom
Menschen bis nahe zum Gott heranreichenden Stufe; und um ihn
bewegen sich fortan die Handlungen der Sage. Die Götter können
in die Begebenheiten hilfreich oder feindlich eingreifen. Sie selbst
aber sind durch ihr unwandelbares, über die alltäglichen Drang-
sale erhobenes Dasein jenem Wechsel der Geschicke entzogen, der
das Heldenleben zum idealen Vorbild menschlichen Strebens macht.
Erst innerhalb der Heldensage werden daher die Götter, indem sich
in ihrer Anteilnahme an den Schicksalen der Menschen und an den
Kämpfen der Helden der Charakter dieser auch auf sie überträgt,
mehr und mehr selbst zu persönlichen Wesen, auf die nun das
Interesse, das die ursprüngliche Sage nur für den Helden in Anspruch
nimmt, allmählich hinüberwandert. So teilen sich in die Gestaltung
der Göttervorstellung Kultus und Sage. Der Kultus sorgt dafür, daß
die Götter trotz der störenden Einwirkungen der Sagenzüge als
Helfer in der Not, aber auch als furchtbare Rächer der Schuld und
der ihnen versagten Ehrfurcht in Opfer und Gebet zu übermensch-
lichen Wesen erhoben werden. Die Sage dagegen bringt sie immer
und immer wieder dem Menschen menschlich näher, indem sie
alles das, was dieser an dem Helden als Eigenschaften verehrt, die
er an sich selber schätzt, auf sie überträgt. So kann sich denn
auch nur aus der Heldensage allmählich eine Göttersage entwickeln,
nicht umgekehrt. Dabei bildet aber ein wichtiges Mittelglied der
kosmogonische Mythus, der zuerst die Götter in den Fluß des Werdens
Götter, Helden nnd Dlmonen.
339
hineinzieht* und so den theogonischen Mythus als eine spezifische
Form der Göttersage hervorbringt. Ein wichtiges Zwischenglied
bildet hierbei jene dritte Gattung mythologischer Wesen, die auch
der Heldensage nicht fehlen, die jedoch bei diesem Hinübertragen aus
ihr in die Göttersage eine erhöhte, in den mythologischen Bildern
von Weltschöpfung und Weltuntergang mit den Göttern wetteifernde
Bedeutung gewinnen: die Dämonen. Denn während sie in den Un-
geheuern, den hilfreichen und feindseligen Zauberwesen der Helden-
sage nur als Nebenfiguren in eine Handlung eingreifen, die vor allem
von den Gestalten der Helden selber beherrscht wird, stellen sich in
der kosmogonischen und theogonischen Sage die Dämonen dicht
neben die Götter, und im Kampf mit ihnen können sie obsiegen
oder unterliegen, mag auch der letztere Ausgang durch die Stel-
lung, die sich die Götter unter der vereinten Einwirkung des Kultus
und der Heldensage errungen haben, schließlich der entscheidende
sein. Indem so die kosmogonischen Vorstellungen das bis dahin
zumeist ruhende Dasein der Götter in die dramatische Bewegung
von Kampf und Sieg hineinziehen, werden die Götter zu Helden
höheren Stils, die von den so erworbenen Eigenschaften manches
wiederum auf die Helden selbst übertragen können. Aber ohne das
ältere Vorbild einer Heldensage, in der der Sagenheld noch in
direkter Linie vom abenteuernden Märchenhelden abstammt, würde
diese Entwicklung schwerlich möglich sein. So steht denn auch
nach allen historischen Zeugnissen die kosmogonische und theo-
gonische Göttersage nicht am Anfang der Mythenbildung, wohin sie
die alten Mythographen verlegten, in der Meinung, mit dem Ursprung
der Dinge müsse auch der des Mythus zusammenfallen; sondern als
zusammengesetzte und selbständige Sagenform liegt sie erst nahe
dem Ende dieser Entwicklung, mag sie auch in einzelnen losen Frag-
menten von den Zeiten des primitiven Mythenmärchens an, das selbst
noch der eigentlichen Göttervorstellungen entbehrt, vorbereitet sein.
Die wirkliche Kosmogonie bedarf aber ihrerseits dieser Vorstellungen
in ihrer ausgebildeten Form; und in höherem Grade als die Helden-
sage steht sie bereits unter dem Einflüsse dichterischer Erfindung,
und in vielen ihrer Gestaltungen zugleich unter dem einer beginnenden,
auf dieser Stufe freilich noch untrennbar mit der Dichtung verwebten
philosophischen Spekulation.
240 I^cr Naturmythus.
Indem nun die Göttersage erst im kosmogonischen Mythus zu
eigenem Leben erwacht, ist die Heldensage naturgemäß früher als
die Göttersage, und der Held ist früher als der Gott. Erst der
Held und der Dämon zusammen müssen dem Gott die Züge leihen,
durch die er zum Träger einer selbständigen Sagengattung werden
kann. Darum ist es die Heldensage, die, indem sie dem Neben-
einander und den Wechselwirkungen aller dieser mythologischen
Wesen einen weiten Schauplatz eröffnet, die Götter ebenso zu
strebenden und handelnden, kämpfenden und siegenden, und darin
eben den Helden ähnlichen Wesen erhebt , wie in ihr wiederum die
Götter auf die Helden zurückwirken. Nicht minder greift jedoch die
dritte dieser Grestalten, die des Dämons, in die Helden- und Götter-
welt bestimmend ein. Der Held kommt vor allem im Kampf mit
dämonischen Wesen und in ihrer Überwindung den Göttern nahe.
Der Hauptcharakterzug, der den Gott von dem menschlichen Helden
scheidet, ist aber das dämonische Wesen des Gottes selbst, jene
Beziehung auf den Menschen und sein Schicksal, die das Wesen
des Dämons ganz, das des Gottes im Verein mit dem ihm vom
Helden mitgeteilten Charakter persönlicher Eigenart ausmacht In
der Heldensage greifen alle diese Einflüsse ineinander. Dem Helden
treten die Dämonen in ihren niedrigeren Formen, wie sie im Anschluß
an die allverbreiteten Spukgestalten als Ungeheuer und Zauberwesen
fast unverändert die gleichen Gebilde des Mythenmärchens fortsetzen,
gegenüber. In dem Kampf mit den Göttern erscheinen von Anfang
an nur die gewaltigeren Dämonengestalten der Wolken und Stürme,
der Berge und Wüsten, und sie erheben sich selbst in diesem Kampf
zu Wesen, die den Göttern ebenbürtig sind. Als solche gehen sie
dann vor allem in die selbständig werdende Göttersage ein.
So bilden die Dämonen in ihren überaus wechselvollen Gestal-
tungen, wie sie von dem Naturmythus zu den Seelenvorstellungen
zurückreichen, so anderseits Bindeglieder zwischen der Helden- und
der Göttersage. Daneben können sie aber gerade auch in der Sage
noch die Mittelpunkte oder selbst die einzigen Substrate der Erzäh-
lung sein. Dies geschieht bei jenen wechselnden Sagenbildungen
einfachster Art, die nur durch die Gebundenheit an bestimmte Orte
dem Typus der Sage angehören, im übrigen aber noch ganz in die
Sphäre des allverbreiteten Dämonenglaubens hinabreichen. Solche
Orts- und Stammessagen. 341
lokal beg^nzte Einzelsagen sind es, in die dann aber leicht auch
fragmentarische, mythologisch umgebildete Stammestraditionen und
mit diesen die Gestalten von Stammeshelden eingehen. So entsteht
in Anlehnung an diese Gestalten zunächst die Stammessage, die
sich im Gefolge des Verkehrs und der Wanderzüge der Völker zu
der nunmehr Ort- und Zeitbeziehungen miteinander verwebenden
Wandersage entwickelt. Von hier aus eröffnet sich dann ein er-
weiterter Schauplatz, auf dem Helden verschiedenen Ursprungs neben-
einander hervortreten. So bilden die Orts- und die Stammessage,
die Helden- und schließlich, aus ihr hervorgehend, die Göttersage
aufsteigende Formen einer Entwicklung, die freilich besonders auf
ihren höheren Stufen nicht mehr durch fest bestimmte Grenzen zu
scheiden sind, in ihrem allgemeinen Gang aber deutlich einander
gegenübertreten. Dabei ist es übrigens eine wichtige Eigenschaft
auch dieser M)^enentwicklung, daß die niederen Formen nicht aus-
sterben, wenn die höheren entstanden sind, sondern teils neben ihnen
fortbestehen und immer wieder neu entstehen, teils aber auch von
ihnen assimiliert werden. Wie sich die Helden- in die Göttersage
fortsetzt und trotzdem selbständig weiterlebt, so bilden daher alte und
neue Orts- und Stammesss^en dauernde Bestandteile der Mythen-
bildung. Vor allem das gemeinsame Produkt dieser beiden, die
Wandersage, wird nicht nur zu einem wesentlichen Faktor der Helden-
sage, sondern sie ist, über diese hinausreichend, schließlich diejenige
Form der Mythenerzählung, aus der die beginnende Kunstdichtung
ihre wichtigsten Anregungen geschöpft hat
2. Orts- und Stammessagen.
a. Die Ortssage.
Die reine Ortssage in ihrer Unabhängigkeit von Zeitbeziehungen
und geschichtlichen Erinnerungen bildet die einfachste Form der
Sage überhaupt, diejenige zugleich, die noch unmittelbar halb in das
Mythenmärchen halb in den allverbreiteten Dämonenglauben zurück-
reicht, von dem letzteren nur dadurch sich scheidend, daß sie eine
einzelne, an einen bestimmten Ort verlegne Begegnung mit einer
dämonischen Spukgestalt erzählt oder sogar nur allgemein einen Ort
als die Stätte solcher Begegfnungen bezeichnet. So alt und primitiv
^A2 üer Natnrmythus.
diese beginnende Sagenform ist, so unvergänglich ist sie. Allert
Wandel der Geschichte überdauernd reicht sie bis in die Gegenwart
herein, ohne dabei anders als in äußeren und nebensächlichen Zügen
von dem jeweiligen Zustande der Kultur berührt zu werden.
Schon das primitive Mythenmärchen endet nicht selten damit,
daß es von Menschen erzählt, die, nachdem sie dies und jenes er-
lebt, schließlich in Steine oder auch in Bäume verwandelt worden
seien. Namentlich die Verwandlung in Steine ist eine der häufigsten
Formen des Bosheits- und des Strafzaubers, denen man im Märchen
begegnet; und dem Bericht eines solchen Ereignisses pflegt, wenn
es den Ausgang der Geschichte bildet, noch die Bemerkung beigefügt
zu werden, diese Steine seien noch jetzt an einem bestimmten Ort zu
sehen. Sobald nun solche Berichte nicht bloß Episoden einer größeren
Erzählung bilden, wie etwa die Verwandlung von Lots Weib in eine
Salzsäule, sondern selbständige, sichtlich durch den Eindruck vereinzelt
stehender oder grotesk aussehender Steine, Felsen oder Bäume ent-
standene Mythen, so besitzen sie bereits den Charakter von Orts-
sagen. Indem dann bei ihnen der verwandelte Mensch mit dem
Gegenstand immer noch verbunden gedacht wird, mischt sich dem
Anblick des letzteren etwas von der Dämonenfurcht bei, die das Ge-
spenst einflößt. Daher man denn auch solchen Objekten namentlich
zur Nachtzeit zuweilen nur mit Zittern zu nahen wagt.
Dieser aus der unmittelbaren Wirkung auf die Motive des Dämonen-
glaubens entspringenden Form der Ortssage begegnen wir nun, bald
mit bald ohne den Hinzutritt von Märchenmotiven, überall und zu
den verschiedensten Zeiten. Die allgemeine Natur der Sage bleibt
dabei unverändert. Nur die Gegenstände, die den Ort des Dämons
fixieren, wandeln sich; dieser selbst besitzt aber denselben unpersön-
lichen Charakter, der den Spukdämonen überhaupt eigen ist. An
Stelle des Steins, auf den etwa der australische Eingeborene als auf
einen dereinst verzauberten Menschen hinweist, ist es eine zerfallene
Burg, ein verlassenes Haus, an die in späteren Zeiten die Sage das
Umgehen eines Geistes bindet, obgleich auch jetzt noch der einsame
Fels oder Baum gelegentlich seine alte Stelle behauptet. Natürlich
pflegt eine solche Ortssage primitivster Art auch darin den lokalen
Charakter zu bewahren, daß sie in der Regel auf ein begrenztes Ge-
biet, das der Umwohner des verrufenen Ortes, beschränkt bleibt.
Orts- nnd Stammessagen. ^a^
Solche engste Ortssagen werden infolgedessen meist gar nicht mehr
der Sage, sondern dem gewöhnlichen Gespensterglauben zugerechnet.
Hieran schließt sich nun eine zweite Gruppe. Sie wird durch
solche Sagen gebildet, die an fernhin bekannte Orte gebunden
sind, und die mit der Kunde dieser Orte selbst in weitere Gebiete
dringen. Ihnen haftet auch sonst die einem erweiterten Verkehr
entsprechende Kulturfarbung an. Es treten bereits bestimmte Be-
rufsgattungen in ihr hervor, besonders solche, denen irgendwie ein
Gefühl des Unheimlichen oder Zauberhaften anhaftet, wie die des
Bergmanns, des Scharfrichters, des Schmiedes. Gleichzeitig treten
jetzt die spezifischen Dämonengestalten auf, die mit solchen Berufen in
näherer Verbindung stehen, wie der Berggeist, der dem Bergmann
in der Tiefe Rettung oder Verderben bringen kann, die Zwerge, die
den Schmied Zauberwaffen fertigen lehren, der Waldschrat, der den
Jäger irre fuhrt usw. An die Gestalten der so in die lokale Sage ein-
greifenden Naturdämonen knüpfen dann, indem diese mit weithin be-
kannten Orten, einem berühmten Berg oder See, einer Stadt oder
Landschaft, in Verbindung gebracht werden, andere in der Tradition
sich fortpflanzende Sagen an, die das Tun und Treiben dieser Wesen
schildern, so daß meist auch die Erzählung zu einem größeren
Umfang wächst. Die Sagensammlungen und Volksbücher der ver-
schiedenen europäischen Kulturvölker, für Deutschland allen voran die
der Brüder Grimm, enthalten zahlreiche Stücke dieser Art, die nach
ihrem Charakter immer noch zwischen Märchen und Sage mitten
inne stehen, die aber durch die Beziehung auf bestimmte Lokalitäten
bereits der Ortssage angehören*).
Als eine dritte Gruppe tritt uns sodann diejenige entgegen, in
der außer einem bestimmten Ort auch einzelne entweder mythische
oder historische Personen in die Sage eingehen, aus der nun die
') Deutsche Sagen herausgegeben von den Brüdern Grimm, 4. Aufl. von R. Steig.
Viele unter den im ersten Teil dieser Sammlung zusammengestellten »örtlichen Sagen«
reichen übrigens schon in die folgenden Gruppen hinüber. Ebenso pflegen die
andern Sammlungen, von denen manche ebenda S. 173 ff. nebst den Quellen ver-
zeichnet sind, diese Gruppen weder voneinander noch von den geschichtlichen Sagen
zu sondern. Zahlreiche Einzelbeiträge aus dieser und den andern Sagengruppen
finden sich außerdem in der »Zeitschrift des Vereins für Volkskunde« in Berlin und
besonders in den »Hessischen Blättern für Volkskunde« und deren Literaturberichten,
für das Ausland in der reichen »Folklor« -Literatur.
344 ^^^ Natannythus.
dämonischen Wesen selbst verschwinden können, indem hier die
Personen, die die Träger der Sage bilden, deren Stelle vertreten.
Dahin gehören z. B. die Sagen vom Rodensteiner, vom wilden Jäger,
vom Jungrfrausprung bei Graz, dem Jettenbühl bei Heidelberg, end-
lich der Kaiser Rotbart im Kyffhäuser mit seinen Varianten, dem
Kaiser Karl im Unterberg und im Brunnen zu Nürnberg und zahl-
reiche andere (Grimm, Nr. 22, 23, 28, 138, 141, 136 usw.). Auch
diese Sagen gehören, wenngleich andere Mythen oder historische Er-
innerungen in ihnen anklingen mögen, noch zu den reinen Ortsss^en,
da in vielen von ihnen die Personen ohne jede Handlung gedacht
werden, in andern zwar eine solche erzählt wird, diese aber höchst
einfacher Art ist, wie der Rotbart im Kyfifhäuser, oder eine einmalige
Tat, deren Gedächtnis an den Ort gebunden bleibt, wie der Jung-
frausprung bei Graz und die ihm ähnlichen Erzählungen, oder end-
lich sich zu gewissen Zeiten in höchst einförmiger Weise wiederholt,
wie der Zug des wilden Jägers und seine Parallelen.
Diese Erzählungen bilden endlich den Übergang zu einer vierten
und letzten Gruppe, bei der zwar immer noch ein bestinmitcr Ort
oder mindestens eine Stadt, eine Landschaft den Mittelpunkt bildet,
wo nun aber mehr und mehr die Erzählung selbst mit den in sie
eingehenden Personen zur Hauptsache wird. Gleichwohl gehören
solche Stücke immer noch zu den Ortssagen, insofern auch sie ein
gewisses lokales Kolorit besitzen und die Zeitbeziehungen, selbst
wo die Sage an bestimmte Personen der Geschichte geknüpft ist,
diese aus ihrem wirklichen historischen Zusammenhang löst, um sie
zu Trägern einer novellistischen oder märchenhaften Erzählung zu
machen, die sich lediglich durch die Beziehung auf einen bestimmten
Ort von andern, ähnlichen Traditionen unterscheidet. Wir können
danach diese ganze Gruppe als die der novellistischen Ortssagen
zusammenfassen. Auch in ihnen treten übrigens wieder ebenso-
wohl sonst unbekannte, etwa bloß nach ihrem Stand und Beruf be-
zeichnete Personen wie solche der Geschichte in den Mittelpunkt der
Handlung. So sind die Sagen vom Glockenguß zu Breslau (Grimm,
Nr. 125), vom Teufelsloch zu Goslar (Nr. 182), vom steinernen Braut-
bett (Nr. 229) und andere ähnliche ebenso gut novellistische Ortssagen,
wie die von Kaiser Ottos Witwen- und Waisengericht (Nr. 474), vom
Bau der Wartburg (Nr. 442) nebst den vielen ihr venvandten Grün-
Orts- and Stammessagen. ^^e
dungssagen von Burgen und Städten. Das Merkmal der Ortssage
besteht in allen diesen Fällen darin, daß die Sage auf einen be-
stimmten Ort oder einen bestimmt lokalisierten Gegenstand bezogen
wird, wo nun durch den Eindruck dieser jeweils auch die Sage selbst
im Gedächtnis erneuert wird. So ist die Sage vom Glockengießer
an die Glocke der Breslauer Magdalenenkirche, die vom steinernen
Brautbett an ein in Deutschböhmen gelegenes Paar Felsspitzen ge-
bunden. An Kaiser Ottos Witwengericht sollen vier im Lümer
Bistum liegende Burgen erinnern, die der Kaiser nach der Sage
an die Witwe des unschuldig gerichteten Grafen abtrat, um sich
von der auferlegten Buße zu lösen. In allen diesen Fällen tritt das
novellistische Beiwerk so sehr in den Vordergrund, und es kann
derart mit mancherlei andern Sagen- und Märchenmotiven vermischt
sein, daß diese letzte Gattung weit über die Grenzen der andern
Ortssagen hinauswächst Da die Novelle selbst in der Märchen-
erzählung ihre Grundlage hat, so läßt sich übrigens diese Gruppe
zugleich darauf zurückfuhren, daß von den ihr aus den primitiveren
Formen überkommenen allgemeinen Bestandteilen der Ortssage, dem
dämonischen und dem märchenhaften, der letztere mit den aus ihm
weiter entsprungenen Novellenmotiven über den ersten das Über-
gewicht erlangt hat. Immerhin wird man zugeben, daß selbst in
Eindrücken, wie dem Klang der Breslauer Glocke oder dem steinernen
Brautbett, noch etwas von der Dämonenfurcht nachzittern mag, die
die ursprüngliche Ortssage erzeuget hat. Dafür, daß die novellistische
Ausschmückung auch hier auf das Märchen zurückgeht, bilden
übrigens manche dieser SagenstofTe, die noch deutlich märchenhafte
Züge an sich tragen, die Belege. Dahin sind namentlich die nicht
seltenen Stücke zu rechnen, in denen in mittelalterlichen und neueren
Ortssagen der Teufel, oder in denen Zauberverwandlungen eine Rolle
spielen. So in manchen der Sagen von Kaiser Otto, dieser in der
älteren deutschen Chronik besonders beliebten Sagengestalt (z. B.
Grimm Nr. 473, 475). Ein anderes Beispiel solcher Art ist oben
schon unter den Umwandlungen des Truhenmärchens besprochen
worden (S. 267): die Sage von Kaiser Heinrich III. (Grimm Nr. 480).
Sie hat fast in allen ihren Teilen die Züge des Märchens, dem sie
entstammt, beibehalten. Aber in ihrer Umwandlung zur Sage sind
an die Stelle der Märchenhelden bekannte Personen der Geschichte
^^6 ^c^ Naturmythus.
getreten, und jene hat trotzdem nicht sowohl den Charakter der
historischen Sage als den der Ortssage angenommen. Denn alles
was von den Personen erzählt wird, hat mit der wirklichen Geschichte
so gut wie nichts zu tun. Wohl aber schließt es, wie durchweg die
Ortssagen dieser letzten Gattung, mit dem Hinweis auf eine denk-
würdige Stätte, die an den Schauplatz der Handlung erinnert: an
der Stelle der Mühle, in der er dereinst zur Welt kam, soll Kaiser
Heinrich das Kloster Hirschau zum Gedächtnis an seine Geburt und
wunderbare Errettung errichtet haben (Grimm, Nr. 329).
Indem sich die Ortssage in dieser letzten Form mehr und mehr
durch die Aufnahme märchenhafter und novellistischer Züge erweitert,
verliert sie nun von selbst in dem Maße, als der Ort, an den die
Handlung gebunden ist, an Bedeutung zurücktritt und mit andern
Orten wechselt, den Charakter der Ortssage. Sie macht der ge-
schichtlichen und andern Formen Platz, in denen mehr und mehr
gewisse Zeitbeziehungen in den Vordergrund treten. So mündet sie
in Erzählungen ein, in denen weitere Quellen zusammenfließen. Unter
ihnen ragt als eine sehr ursprüngliche und zugleich dauernde Form
die der Stammessage hervor, die besonders in ihren Anfangen
ebenfalls in das Mythenmärchen zurückreicht.
b. Die Stammessage.
Die Anfänge der Stammessage sind wahrscheinlich so alt wie die
der Ortssage. Die frühesten Anklänge an eine solche begegnen
uns in jenen Erzählungen der Australier von den Muramura, den
fabelhaften Urwesen, auf die man die Kenntnis der Zeremonien
und Zauberbräuche, der Anfertigung der Jagdgeräte und der Ent-
zündung des Feuers zurückführt. Da diese Kulturbringer in unbe-
stimmter Vorzeit gelebt haben sollen, von der aus keinerlei weitere
Traditionen bis zur Gegenwart herabreichen, so bilden die Berichte
über sie offenbar nicht sowohl eine wirkliche Stammessage als An-
sätze zu einer solchen, in denen aber deutlich ein Hauptmotiv zu
Tage tritt, das jener auch in ihren späteren Gestaltungen erhalten
bleibt, in denen es sich dann mehr und mehr mit Sageninhalten
abweichenden Ursprungs verbindet. Dieses primäre Motiv ist, wie
man hier deutlich erkennt, der Stammessage mit dem Kulturmärchen
gemein. Es besteht in der mit dem Schimmer des Zaubers um-
Orts- und Stammessagen. ^^y
gebenen Verwunderung über die überkommenen Anschauungen und
Bräuche wie über die Erzeugnisse eigner Kunstfertigkeit, kurz über
alles das, was dem Naturmenschen nicht als ein von selbst in der
Natur Gegebenes, sondern als ein irgendwie Geschaffenes und Er-
worbenes entgegentritt. Er kann möglicherweise Himmel und Erde,
Menschen und Tiere als ein nie Gewordenes ansehen. Doch die
kultischen Tänze, die Mittel Feuer zu bereiten, die Waffen und Werk-
zeuge, sie müssen, da er sich seit Menschengedenken in deren Be-
sitz weiß, irgend einmal den Vorfahren mitgeteilt sein. So wenig
er sich aber selbst deren Gewinnung zutraut, ebenso wenig können
sie von früheren Menschen, die ihm gleich wären, erfunden sein. So
werden solche urzeitlichen Kulturbringer als Angehörige eines über-
menschlichen und doch menschenähnlichen Geschlechts von Wesen
gedacht, die man sich auch körperlich größer als die heutigen
Menschen und an Lebensdauer diese überragend, im übrigen aber
nur in sehr unbestimmten Bildern vorstellt. Ebenso besitzen diese
zwischen den späteren Urahnen und Göttern oder Halbgöttern in der
Mitte stehenden Wesen keine Geschichte. Nachdem sie ihr Werk
vollbracht, scheiden sie aus der Welt, um diese in jenem Zustand ge-
schichtslosen Beharrens zurückzulassen, in dem die Erinnerungen des
einzelnen selten über die zwei nächsten Generationen zurückreichen
(vgl. oben S. 307 f.).
Über diese erste Stufe, die, weil sie nur den Anfang, nicht den
Fortgang einer Stammesgeschichte enthält, auf den Namen einer
solchen kaum Anspruch erheben kann, geht nun eine zweite um
einen wichtigen weiteren Schritt hinaus. Sie bewegt sich zwar immer
noch in einer Wunderwelt seltsamer Zauberwesen; in diese selbst
aber bringt sie bereits Leben und Bewegxmg, indem sie an einzelnen
Punkten wenigstens ein späteres Geschehen an ein früheres anknüpft.
Es sind vornehmlich die Traditionen der melanesischen und der primi-
tiveren unter den amerikanischen Stämmen, wie der nordwestlichen
Küsten-, der Wald- und Prärie-Indianer, die dieses Stadium repräsen-
tieren. Der hervorstechende Zug dieser Fortentwicklung ist es, daß
nun nicht mehr einem in unbestimmter Mehrheit gedachten Geschlecht
urzeitlicher Wesen die Rolle der Kulturbringer zugeteilt wird, sondern
daß ein einzelner spezifischer Stammesheld aus der Menge der sonst
die Natur erfüllenden Zauberwesen emporragt, auf den jetzt mehr
7 4.8 ^c' Naturmythus.
und mehr auch Mythenmärchen übertragen werden, die ursprüng-
lich anderen Quellen entstammen. Die Sagen von Qatl, von Jelch
dem Raben, vom Nerz, vom großen Hasen, dem Coyoten und
den zahlreichen andern lokal beschränkteren Gestalten der ameri-
kanischen Stammestraditionen sind ausgesprochene Beispiele dieser
auf der gleichen Kulturstufe wohl allverbreiteten Form der Stammes-
sage. Die Stammeshelden sind Wesen, die bald zwischen Mensch
und Tier die Mitte halten, bald vermöge des Zaubers, über den sie
verfugen, zwischen beiden Formen wechseln können, bald endlich
in den unbestimmten Umrissen ihrer Gestalt an die Muramura der
Australier erinnern. Aber sie werden nicht bloß, wie diese, als ge-
schichtslos bleibende Urheber der primitiven Kultur- und vor allem
der Zaubermittel gedacht, sondern es werden mannigfache Ge-
schichten von ihnen erzählt, in denen sich teils das Leben und
Treiben der Stammesgenossen, teils und besonders der Glaube an
himmlische und irdische Dämonen, an Tier- und Ahnengeister spi^elt.
So setzt sich diese Stammessage aus zwei Bestandteilen zusammen,
deren einer in den Dämonenglauben hinüberreicht, während der
andere aus Märchen und Märchenfragmenten besteht, die in der Figur
des Stammeshelden um so leichter einen Kristallisationskern finden,
je proteusartiger diese Figxir ist. Dabei hat dann aber hier der
Dämonenglaube in der Regel eine eigenartige Form angenommen,
bei der durch die lebendiger gebliebene Vorstellung dereinstiger
Tierahnen die Gestalt des Sagenhelden und seiner Verwandlungen
bestimmt ist. Indem an diese weiterhin alle möglichen Märchen-
stoffe zum Teil fremden Ursprungs sich anlagern, steigert sich dessen
Wandelbarkeit. Er ist Feuerbringer, lehrt die Jagdtiere locken, Werk-
zeuge und Waffen verfertigen, Zaubermittel anwenden. Die meisten
dieser Helden werden endlich, indem Scherzmärchen des verschie-
densten Ursprungs auf sie übertragen oder neu gebildet werden,
eine unerschöpfliche Quelle der Erheiterung (vgl. S. 313). Der
Sagenheld bewahrt jedoch dabei um so mehr den unbestimmten,
jeder persönlichen Färbung entbehrenden Charakter des Märchen-
helden, als er eben vermöge dieses Zusammenfließens der Märchen-
motive und des Polymorphismus seiner Eigenschaften alles zugleich
ist: hilfreicher Dämon und Bringer der Kulturgüter, manchmal selbst
des Himmelslichtes und der Nacht, und außerdem Hauptperson von
Orts- und Stammessagen. ^aq
mancherlei Abenteuern. Hinter allem diesem Beiwerk von außen
zuströmender und von innen herausgesponnener weiterer Märchen-
stofTe kann dann schließlich die Natur solcher Helden als Stammes-
helden in doppeltem Sinne zurücktreten: einmal insofern, ^s ein
solcher Märchenzyklus nunmehr zahlreiche Stoffe enthält, die mit
dem Kern aller dieser Sagen, dem Glauben an einstige Kulturbringer
und Wohltäter des Stammes, nichts mehr zu tun haben; und sodann
dadurch, daß sich eine solche Sage mit ihrem typischen Helden über
zahlreiche Stämme verbreitet, so daß sie einen Teil einer allge-
meineren Märchentradition bildet. So ist die Rabensage im hohen
Norden Amerikas zum Teil zu den asiatischen Stämmen hinüber-
gewandert, bei denen sie dann freilich den Charakter der Stammes-
sage völlig verloren hat.
Ein weiter Zwischenraum scheint nun auf den ersten Blick diese
primitiven, noch eng mit dem Mythenmärchen verketteten Formen
von den Stammessagen der Kulturvölker zu trennen. Dennoch
bleiben, wenn wir dort die Märchenphantastik, hier die freilich meist
spärlichen Anklänge an wirkliche Geschichte in Abzug bringen, die
treibenden Kräfte zumeist die nämlichen. Vor allem gilt das von
jenen Motiven, die ursprünglich in dem Staunen über die auf un-
bekannte Weise dem Menschen zuteil gewordenen Kulturgüter und
dann, besonders nachdem der Charakter des Stammeshelden festere
Formen angenommen hat, wohl auch in der Dankbarkeit für den
Genuß solcher Güter ihre Quelle haben. Dazu gesellt sich aber
innerhalb der Kulturwelt nicht minder allverbreitet, wenn auch sicht-
lich später, noch eine zweite Gattung von Stammessagen, in denen
ein neues, den primitiveren Völkern unbekannt gebliebenes oder doch
in dem Ahnenkultus erst leise anklingendes Motiv wirksam wird: das
der Abstammung eines Volkes und der Abteilungen, in die es sich
gliedert, von gewissen Stammeshelden, die als die Urväter der Stämme
betrachtet werden. Wir können danach diese beiden Gattungen der
entwickelteren Stammessage als die Kultursage und die Abstam-
mungssage unterscheiden.
Von beiden ist die Kultursage die weitaus ältere. Wenn auch
eine Tradition, die etwa die hierher gehörigen Sagen der geschicht-
lichen Völker mit den analogen der Naturvölker verbände, längst er-
loschen ist, so weist doch die Unvergänglichkeit der psychologischen
3 CO Der Naturmythus.
Motive auf einen solchen Zusammenhang hin. So ungeheuer uns in
der Tat die Kluft erscheinen mag, die den Raben der pazifischen
Indianer von dem griechischen Prometheus, oder die gar einen
Apollon und Dionysos als Begründer der ihnen geweihten Kulte von
den Muramura der Australier scheidet, die Grundmotive des Gedächt-
nisses an die segensreiche Wohltat der Feuerentzündung und an
die magischen Kräfte, die die kultische Zeremonie dem Menschen
selbst mitteilt, bleiben schließlich die gleichen. Doch mit den ge-
waltigen Veränderungen des Mediums, in das diese Vorstellungen
dereinstiger Kulturheroen gestellt sind, haben sie sich selbst und mit
ihnen die mythischen Traditionen, deren Mittelpunkte sie bilden, ge-
wandelt. Die nächste, scheinbar äußerlichste, aber die Mannigffaltig-
keit der Kulturbedingungen schon deutlich zum Ausdruck bringende
Veränderung besteht hier in der Vervielfältigung der Kulturheroen,
die der wachsenden Mannigfaltigkeit der Kulturgüter entspricht. Da
stehen neben Prometheus, dem Feuerbringer, Herakles als Besieger
der Ungeheuer und als Vorbild in Kampf und Kampfspiel, Theseus,
der Städtegründer, die Dioskuren, die Schützer der SchiflTahrt usw.
Dazu fügt besonders die spätere Sage, zum Teil unter Verwendung
fremder Kulturheroen, die Begründer der Künste, einen Orpheus und
Dädalus, oder sie wählt sonstige Gestalten der Heldensage, die in
dieser nicht einmal eine besonders hervortretende Rolle zu spielen
brauchen, wie aus dem troischen Sagenkreis den Palamedes, den
sinnreichen Erfinder der Würfel und des Brettspiels. In solchen
Helden spiegelt sich vor allem die Eigenart der Völker selbst. So
ist es bezeichnend, daß in der römischen Ursprungssage die Stelle
dieser bei den Griechen von einer Fülle episch ausgestalteter Sagen
umgebenen Heldengestalten die mythischen Könige einnehmen, mit
denen die Stadtchronik beginnt. Romulus wird als Gründer der Stadt
und des Staates, sein Nachfolger Numa als Stifter des religiösen
Kultus verehrt, und um den verschiedenen Stämmen innerhalb der
römischen Bevölkerung gerecht zu werden, verschmilzt noch die
spätere Sage den Romulus mit dem sabinischen Quirinus. So ist
jener von frühe an stark ausgeprägte Sinn der Römer für staat-
liche und rechtliche Ordnung auch dem Charakter ihrer Kulturheroen
eigen, die gewissermaßen wie abstrakte, des individuellen Lebens
entbehrende Personifikationen der beiden Hauptgebiete der Kultur,
Orts- and Stammessagen. ß c i
der bürgerlichen und der religiösen, erscheinen. Daneben werden
dann die märchenhaften Zugaben, mit denen die Geburt des Romulus
und der Verkehr des Numa mit dämonischen Wesen ausgestattet
sind, dem Vorrat allverbreiteter Märchenmotive entnommen. Aber-
mals völlig anderer Art sind die Kulturheroen der Israeliten. Auch
sie entbehren fast ganz des individuellen Charakters; aber sie sind
Typen, in denen sich die beiden Lebensformen des herumschweifenden
Beduinen und des stabileren Viehzüchters seit früher Zeit ausgeprägt
haben, daher uns diese Gestalten durchweg in Gegensätzen begegnen,
wie in Kain und Abel, Ismael und Isaak, Esau und Jakob. Daraus
hat dann der Mythus jenes Motiv des Kampfes entwickelt, in welchem
zuerst in der Sage von Kain und Abel der Jäger über den Nomaden,
und dann endgültig in den Gestalten der Patriarchen der Nomade
über den Jäger obsiegt. Es ist der Sieg der friedlichen, höheren über
die wildere, niedere Kultur, die inmitten dieses Bildes einer Mischung
beider uns entgegentritt. Damit erheben sich aber vornehmlich die
Träger dieser höheren Kultur zu den eigentlichen Stammeshelden.
Daß unter den Mitteln in diesem Kampfe nicht Stärke und Tapfer-
keit, sondern besonnene Überlegung, nicht ohne eine Zugabe listiger
Verschlagenheit, die Hauptwaffen des Siegers sind, ist wiederum
ebenso für den Charakter dieser Kulturheroen wie für den des Volkes
selbst bezeichnend. Zugleicht bringt es jedoch dieser Charakter mit
sich, daß hier Kultursage und Abstammungssage zusammenfließen:
die Patriarchen sind beides zugleich, Kulturhelden und Vorväter des
Volkes.
Abgesehen von solchen auch anderwärts, am ausgesprochensten
wohl in der chinesischen Ursprungssage unter dem Einfluß der patri-
archalischen Formen des Lebens entstandenen Verbindungen, hat
nun die Kultursage vor allem nach zwei Richtungen hin sich weiter
ausgedehnt und dadurch in die Entwicklung der Helden- wie der
Göttersage eingegriffen. Einerseits übernehmen die Götter nicht
weniger wie die Helden da, wo sich eine reichere Helden- und
Göttersage entfaltet hat, selbst die Rolle von Kulturheroen. Sie
verdrängen die menschlichen Helden um so mehr aus dieser Stel-
lung, je stärker ihr eigener persönlicher Charakter unter dem Ein-
fluß der Heldensage sich ausgebildet hat. So treten neben die
Kulturhelden die Kulturgötter, die nun in Kulten gefeiert werden.
352 Der Natunnythns.
bei denen der Schwerpunkt der Feier auf ihrer Verehrung als Kultur-
bringer ruht. So sind Apollon, Hermes, Dionysos, Demeter bei den
Griechen vor andern als Kulturgottheiten verehrt worden. Dabei
wirkte dann die Vorstellung von der überredenden Macht der Götter
auf die religiöse Wertschätzung der Kulturgüter selbst zurück. Ge-
rade bei den Kulturvölkern ist es darum selten bloß eine einzelne
Seite der Kultur, als deren spezifische Träger die Götter gelten,
sondern mit ihrer Macht und mit der veränderten Schätzung der
Lebensgüter erweitert sich zugleich ihr Wirkungskreis.
Nach einer zweiten Richtung verändert sich femer mit ein-
tretender Kultur die Stellung der Kulturheroen: diese werden nicht
mehr bloß, wie in der primitiven Kultursage, als Spender, sondern
als Schützer der von ihnen verliehenen Güter gedacht. Doch
diese Vorstellung des Schutzhelden oder Schutzgottes geht hier außer-
dem noch auf jene frühere des Schutzdämons zurück, den der
Krieger und Jäger zunächst in seiner Waffe, der Handwerker in
seinem Werkzeug tätig glaubt, und der, indem er über eine Sippen-,
Stammes- und Ortsgemeinschaft sich ausdehnt, bald mit den Orts-
dämonen zusammenfließt, bald sich ihnen in den verschiedenen
Formen der Schutzdämonen der Stände, Handwerke und sonstigen
Berufe gegenüberstellt 'J. Indem diese örtlichen Schutzgeister von den
Heroen und Göttern, die die Sage zu Kulturbringem erhoben hat,
assimiliert werden, teilt sich nun auch den Göttern wiederum etwas
•von dem dämonischen Wesen jener niederen Schutzmächte mit. So
bildet dieser Prozeß, wie wir vermuten dürfen, selbst einen Bestand-
teil jenes allgemeineren Vorg^angs der Verschmelzung von Heros
und Dämon, der die Götter entstehen läßt. Indessen dauert frei-
lich zugleich das Bedürfnis fort, gerade in dieser besonderen Eigen-
schaft als Schützer der Orte und Landschaften, der Berufe und
Stände den Gott selbst gegenwärtig zu haben. So fehlt es an
Rückverwandlungen nicht, und in die so wiederbelebten lokalen
Dämonen geht abermals etwas von der Natur der Heroen und Götter
ein, auf die sie einen Teil ihres Wesens durch diese unmittelbare
Beziehung auf das Wohl und Wehe des Menschen übertragen haben.
Sie werden nun erst im eigentlichen Sinne zu >Sondergöttem«,
') Vgl. Teil n, S. 459 ff.
Orts- und Stammessagen. 3^3
ZU Wesen, die den Gott und den Dämon in sich vereinigen, in
denen aber der Dämon den Gott stark beeinträchtigt, indem er ihn
nicht bloß seines sonstigen außerhalb jenes Schutzinteresses ge-
legenen Wesens entkleidet, sondern ihn auch durch die Beschrän-
kung seiner Sphäre wieder nahe auf das Niveau der primitiven Orts^
dämonen herabdrückt. Wo besondere Beding^gen, wie der Einfluß
des Gemeinwesens oder die Macht eines Herrschergeschlechts, als
deren Beschützer ein Gott verehrt wird, einer solchen Rückbildung
entgegenwirken, da kann dann freilich umgekehrt die lokale Bedeu-
tung auch den allgemeinen Kultus solcher Schutzgötter begfünstigen.
So bei der Hera von Argos, den Dioskuren von Sparta u. a., und
vor allem bei der attischen Athena. Vollends in Babylon und
Ägypten werden die Schutzgötter der Hauptstädte als die Haupt-
götter des Reiches verehrt. Marduk, der Stadtgott von Babylon, er-
hebt sich zum Herrscher im babylonischen Pantheon. In Ägypten
aber bilden die Götter von Memphis, von Theben und von noch
andern Städten und Landschaften Gruppen, die jeweils die Haupt-
götter des Ortes sind. So vereinigt ja auch der israelitische Jahwe
mit den Eigenschaften eines Stammes- und Landes- die eines Schutz-
gottes des Volkes Israel.
Gegenüber der Kultursage, von der diese Vorstellung göttlicher
Schutzmächte einen letzten, wenn auch in der Sagengeschichte der
Kulturvölker frühe schon hervortretenden Ausläufer bildet, ist nun die
zweite Gattung der Stammesmythen, die Abstammungssage, von
untergeordneter Bedeutung, und sie ist mindestens in den ausgebil-
deten Formen, in denen wir sie bei den Kulturvölkern kennen, überall
späten Ursprungs. Die ersten Keime zu dieser Sagengattung sind
freilich schon in jenen Sagen von Tierahnen und andern Wesen der
Vorzeit enthalten, in denen die Stammessage eben noch ungeteilt
Kultur- und Abstammungssage zugleich sein kann, wenngleich diese
zweite Seite zurücktritt. Anders bei den Kulturvölkern, wo sich zu-
nächst einseitig die Stammessage ganz zur Kultursage zu entwickeln
pflegt, auf die dann abgesondert und in abweichenden Sagengestalten
verkörpert die Abstammungssage zu folgen pflegt. Je später sie
auftritt, um so unverkennbarer erscheint sie aber auch als das Pro-
dukt einer Reflexion, die bereits mancherlei Beobachtungen und An-
schauungen über Völkerverschiedenheiten und Stammesgliederungen
Wu n d t , Völkerpsychologie II, 3. 23
oe^. I^er Natürmythas.
voraussetzt. Dabei werden dann die Völker- oder Stammesnamen, in
Personennamen umgewandelt, zu Stammvätern. So die Noachiden in
der Völkertafel der Genesis, die zwölf Söhne Jakobs in der Stammes-
tafel der Israeliten, oder die Söhne des Hellen in der griechischen,
die des Mannus nach dem Taciteischen Bericht in der deutschen
Ahnensage. Schon die abstrakte Natur dieser Ahnennamen, die
außerhalb jeder Beziehung zur sonstigen Heldensage stehen, und zu
denen höchstens noch der Name ihres eigenen Ahnen, wie etwa zu
dem des Hellen der des Menschenbildners Deukalion genannt wird,
verrät die sekundäre Natur solcher Personifikationen. Nur wo die
Ahnensage zugleich Kultursage ist, wie in der israelitischen Patriarchen-
legende, gewinnen diese Namen etwas mehr Leben, das ihnen eben
dann von der begleitenden Kultursage mitgeteilt wird. So haben
wir im ganzen in allen diesen Abstammungssagen lediglich späte,
der Ausbildung der eigentlichen Sage bereits entwachsene SchöD-
linge des aus ihr nachwirkenden mythologischen Triebes zu sehen,
in der zugleich das namentlich in der späteren Heldensage üppig auf-
schießende Motiv genealogischer Verbindung der Helden untereinander
imd mit den Göttern noch einmal hervortritt, um sich dann freilich
auch in dieser einen Personifikation des Namens zu erschöpfen.
c. Die Wandersage.
In der Stammessage verbindet sich frühe schon mit dem Bericht
über Taten des Stammeshelden, zunächst nur in einzelnen Episoden,
dann aber mehr und mehr in eine fortlaufende Reihe umgestaltet,
die Erzählung von dessen Wanderungen. Einzelne Züge solcher
Wandersagen begegnen uns bereits bei den Heilbringem der Natur-
völker. Mit dem Eintritt in die Kultur werden nun diese Wande-
rungen zu einem wesentlichen Inhalt in dem Leben des Kulturheros,
imd ihre Erzählimg nimmt daher mit diesem Leben eine zusammen-
hängende Form an. So durchwandert Herakles die Länder und
vollbringt seine Taten, je nachdem Ort und Gelegenheit es fordern.
Nur da, wo die Götter als Helfer und Schützer menschlichen Tuns
eingreifen, geht mit ihrer keiner Motivierung bedürftigen Allgegen-
wart auch der Kultursage wieder diese Kontinuität des Heldenlebens
verloren. Aber eben damit wandeln sich auch die Götter zugleich
in dauernde Beschützer der von ihnen gestifteten Ordnungen und
Orts- and Stammessagen. ^ec
Kulturgüter um. So ist die Wandersage in dieser besonderen Form
der Kultursage nur ein Reflex des geschichtlich fortschreitenden
Lebens der Völker, und sie bildet als solcher einen Teil der zahl-
reichen Sagen, in denen der Held, wie vor ihm schon in unbestinmi-
teren Formen der abenteuernde Märchenheld, in mancherlei Fahrten
über Länder und Meere Wagnisse besteht, Feinde und Ungeheuer
überwindet, um schließlich ruhmvoll sein Leben zu endigen oder,
wenn er sich zum Heros erhebt, selbst zu den Göttern entrückt zu
werden. Nicht minder gereift aber die Wandervorstellung auf die
Abstammungssage über, der dieses Motiv der Verbreitung der ver-
schiedenen Völker oder ihrer Stämme auf getrennte Ländergebiete
immanent ist. Nim ziehen die Stammväter eines Volkes von einem
einzigen Orte aus in die Länder, die sie dann dauernd bewohnen.
Gegenüber den in lebendiger Schilderung vorgeführten Wanderungen
des Kulturheros pflegen freilich diese Züge in der Abstammungssage
ebenso schattenhaft und unbestimmt zu sein, wie die Stammes-
helden selbst.
In allem dem bildet die Wandersage eine natürliche Verbindung
zwischen Orts- imd Stammessage. Sie ist an bestimmte Orte als die
Ausgangs- und Zielpunkte der Wanderungen gebunden. Die Wan-
dernden selbst sind die Stammväter, die das Volk in die neue Heimat
geführt, die alten Heiligtümer und Kulte in diese verpflanzt und
den aus Schiffbruch oder gefahrvoller Wüstenwanderung Geretteten
die Segnungen einer neuen Kultur ak Lehrer und Gesetzgeber
mitgeteilt haben. Das sind die Grundzüge der Wandersage, wie
sie in unabhängiger Übereinstimmung die Wandersage der Neusee-
länder wie die der Israeliten unter Mose entwickelt hat. Es ist
wahrlich kein geringes Unternehmen, das die Vorfahren der Maori
vollbrachten, als sie auf schwankenden Kähnen die 60 Breitegrade
umfassende Strecke von Hawaii nach Neuseeland durchmaßen. Freilich
ist nach den Erinnerungen der Sage auch dieser Wanderzug nicht
mit einem Male, sondern über zahlreiche Zwischenstationen der insel-
reichen pazifischen See erfolgt, unter denen die Tradition namentlich
Tahiti festgehalten hat. Entweichen die Israeliten dem Druck der
ägyptischen Zwingherrschaft in die alte, ihnen verheißene Heimat, so
wollen die Ahnen der Maori aus den Kämpfen und Kriegen ihrer
Heimat ausziehen, um sich eine neue, friedlichere in unbewohntem
23*
356 ^^^ Natürmythus.
Lande zu suchen. Auch sie nehmen den alten Götterkult in das neue
Land mit. Beim Abschied aus Tahiti stellt der Oberpriester durch
Gebet und Übung heiliger Gebräuche die Fahrt unter den Schutz der
Götter. Der kühne Führer nimmt, um sich diesen Schutz dauernd
zu sichern, den heiligen Mann, während er seine Zeremonien ver-
richtet, wider dessen Willen auf die Fahrt mit. Stürme und gewal-
tige Seeungeheuer bedrohen die Wanderer, als der Priester sich mit
dem Führer entzweit, bis jenen des jammernden Volkes erbarmt, und
er sie weiterhin ungefährdet nach der fernen Küste fuhrt, wo sie nun
den Göttern der alten Heimat und den Geistern des neuen fremden
Landes Opfer darbringen. In diese Erzählung sind dann noch man-
cherlei Mythen eingeflochten, die teils der reichen polynesischen
Mythologie, teils der Assoziation sonstiger Märchenstoffe mit dem
Thema der Wandersage ihren Ursprung verdanken').
Die Beziehung zu bestimmten wirklichen Orten und Landschaften
ist es nun auch, die in die Wandersage wahrscheinlich früher als in
jede andere Sagengattung historische Züge mit eingehen läßt. Die
Personen können mythisch sein, und sobald sich die Sage auf eine
ihrem allgemeinen Charakter nach vorgeschichtliche Vergangenheit
bezieht, sind sie es wohl immer. In noch höherem Grade mythisch
sind die Handlungen dieser Personen, wie die Wunder- und Märchen*
elemente, mit denen sie ausgestattet sind, ohne weiteres verraten.
Sie pflegen es zu einem großen Teile selbst da zu sein, wo die
Wandersage so neu ist, daß ihre Hauptpersonen der Geschichte an-
gehören. Am sichersten festgehalten wird der Ort der Handlung
und mit ihm die Tatsache der Wanderung selbst. Der Wanderzug
israelitischer Stämme kann als historische Tatsache bestehen bleiben,
auch wenn es vielleicht nie einen Mose gegeben hat, und ob-
gleich die Sagen von seiner Erwählung durch Jahwe und von den
Wundem, in denen sich der Gott ihm offenbarte, zweifellos Mythen
sind. Nicht minder bürgt die Treue, mit der in der Tradition der
Maori die Namen von Hawaii, Tahiti und andern Inseln festgehalten
worden sind, daß eine solche Wanderung stattgefunden hat, wenn
auch alles andere, was von ihr erzählt wird, den Stempel des Mythen-
märchens an sich trägt. Freilich liegt darin noch keineswegs der
') Grey, Polynesian Mythology, p. 76 flf. Dittmer, Te Tohonga, S. 95 ff.
Die Heldensage. lej
Beweis, daß jede Wandersage überhaupt einen historischen Kern in
sich berge. Insbesondere verliert sie in der Regel da ihren ge-
schichtlichen Charakter, wo die Wandervorstellung von einem ganzen
Stamm oder Volk auf einen einzelnen Helden übertragen wird. Hier
bildet sie vielmehr einen Hauptbestandteil gerade der märchenhaften
Züge der Handlung, wie uns das schon beim Glücksmärchen ent-
gegengetreten ist. Mit dieser Individualisierung geht dann zugleich
die Wandersage in der allgemeinen Heldensage auf, zu deren fast
ausnahmslosen Eigenschaften es gehört, daß der Held wandert, um
die Taten zu vollbringen, die in der Sage weiterleben.
3. Die Heldensage.
a. Die Stoffe der Heldensage.
Dreierlei Quellen können zusammenfließen, um aus ihrer Mischung
die Heldensage entspringen zu lassen: der Mythus, die Geschichte
und die Dichtung. Die erste und die letzte dieser drei Quellen fehlen
keiner Sage. Auch wo eine solche noch nicht durch einzelne Dichter
ausgeschmückt ist, sondern nur in der Volkserzählung lebt, wird sie,
von Mund zu Munde gehend, poetisch umgestaltet, so daß ja eben
deshalb der Mythus schon in seiner ursprünglichsten uns zugäng-
lichen Form in Wahrheit eine Mischung aus Mythus und Dichtung
ist (S. 6). An das so entstandene Produkt, das in der Sage den
Ausgangspunkt aller weiteren Mythenentwicklung bildet, schließen
sich aber weitere Umbildungen innerhalb beschränkterer Gemein-
schaften und durch einzelne Dichter an. Als eine mehr oder minder
zusammengesetzte Erzählung entbehrt die Sage, ähnlich wie schon
das Märchen, niemals einer gewissen poetischen Formung, mit der
sich solche Ausschmückungen imd Zudichtungen verbinden, mögen
diese nun aus andern mythischen Quellen beigefügt oder nach mythi-
schen Vorbildern frei erfunden sein. Nur um das Maß solcher freier
poetischer Zugaben kann es sich daher handeln, wenn das Verhältnis
beider zueinander in Frage steht.
Anders verhält es sich mit jenem mittleren Bestandteil, der der
Heldensage spezifisch eigen ist, und der sie sowohl von dem unter
ihr liegenden Märchen wie von der über ihr sich erhebenden Götter-
sage scheidet: mit dem geschichtlichen Hintergrund, auf dem
358 I^cr Naturmythns.
sie sich bewegt, und der, wenn er auch selbst niemals fehlt, doch
in sehr verschiedener Weise auf die Sage herüberwirken kann.
Im Hinblick auf diese für den Gattungscharakter der Heldensage
wesentlichen geschichtlichen Faktoren können wir sie in zwei spezi-
fisch verschiedene Arten unterscheiden, zwischen denen es zwar an
Übergängen nicht fehlt, die aber doch in vielen Fällen deutlich in
ihren Eigenschaften einander gegenübertreten: wir wollen sie als die
Formen der mythischen und der historischen Heldensage be-
zeichnen. Beide stehen unter dem Einfluß der Geschichte. Das
trennt sie eben, abgesehen von der niemals ganz zu beseitigenden
Kulturatmosphäre, von dem noch geschichtslosen Märchen und von
der in ihren allgemeinsten Eigenschaften wieder relativ geschichtslos
gewordenen Göttersage (vgl. oben S. 40, 338). Aber bei jeder dieser
Formen ist die Beziehung zur Geschichte wieder eine wesentlich
andersartige. Die mythische Heldensage unterliegt den geschicht-
lichen Einflüssen nur indirekt, teils in den allgemeinen, den Ver-
hältnissen der Länder, Völker und Zeiten, in denen die Sage ent-
stand, entsprechenden Eigenschaften ihrer Helden, teils darin, daß
die geschichtlichen Bedingungen , die dem Zeitalter eigen sind,
einen Verkehr der Stämme und Völker mit sich fuhren, der auf
die Ausbreitung der Sage und auf ihre Gestaltung von entscheiden-
dem Einflüsse ist. Die historische Heldensage ist natürlich diesen
indirekten geschichtlichen Einflüssen nicht minder unterworfen. Doch
drängen sich bei ihr zugleich die direkten Wirkungen bestimmter
geschichtlicher Begebenheiten und Personen in den Vordergrund. Die
Sage selbst liefert so entweder ein dichterisch ausgeschmücktes Bild
der wirklichen Geschichte, oder die von ihr erzählte Handlung g^bt
sich als eine Episode der letzteren, die von den im Hintergrund
stehenden großen geschichtlichen Ereignissen unmittelbar beeinflußt
ist. Daneben fehlt es auch hier so wenig an mythischen Begeben-
heiten wie an mythischen Personen, und gerade die Haupthelden
der Sage gehören zumeist der letzteren Gruppe an. Oder, wo das
nicht zutrifft, wo der Hauptheld selbst einen historischen Namen trägt,
da pflegt seine Person so sehr von mythologischen Zügen durch-
setzt zu sein, daß von seinem geschichtlichen Wesen oft nur wenig
mehr übrig bleibt. So ist es denn eine bemerkenswerte Eigenschaft
auch der historischen Heldensage, daß der Hauptheld oder die die
Die Heldensage. 3^0
Handlung beherrschende Gruppe führender Helden mythisch ist,
während die Nebenpersonen nicht bloß in ihren Namen, sondern
auch in ihren sonstigen äußeren wie Qiaraktereigenschaften historische
Züge treuer bewahren können. Diese Erscheinung hat nichts Auf-
fallendes: auf ihren Helden häuft die Sage, was immer der Phantasie
an Mitteln, sein Bild ins Übermenschliche zu heben, zur Verfügung
steht. Die Nebenpersonen der Handlung können dann umso eher
innerhalb der natürlichen Schranken bleiben, mit denen sie die Ge-
schichte umgeben hat.
Bekanntlich ist es die germanische Heldensage gewesen, die zu-
erst diese Beziehungen zwischen Sage und Geschichte, und die damit
schon deutlich genug die oben bezeichneten Unterschiede der rein
mythischen und der historischen Form der Sage ins Licht gestellt
hat, wenn diese auch infolge der von der klassischen Mythologie
überkommenen Tendenz, der Heldensage überhaupt ganz und gar eine
mythologische Grundlage zu geben, kaum die zureichende Beachtung
fanden. Hier, auf germanischem Boden, liefen ja Sage und geschicht-
liche Aufzeichnung so unmittelbar einander parallel, daß es nicht an-
ging, etwa die Kämpfe der Burgunden und Hunnen, ähnlich wie die
um Troja, für Mythengeschichte zu halten. Außerdem bot sich hier
die für das allgemeinere Verhältnis zur Geschichte sehr bedeutsame
Tatsache, daß die Heldensage überhaupt, also insbesondere auch ihre
mythische Form, in den Eigenschaften, mit denen sie selbst in das
Licht der Geschichte und der dichterischen Überlieferung tritt, genau
mit den großen geschichtlichen Bewegimgen der sogenannten Völker-
wanderung zusammentrifft. Das schließt natürlich nicht aus, daß
gewisse Elemente derselben, vor allem die rein mythischen, zuvor
schon längst vorhanden waren. Aber sie entbehrten eben jenes um-
fassenderen Schauplatzes, dessen die Heldensage bedarf. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach bestanden sie also nur als Einzelmythen, die nun
erst, als jene gewaltigen geschichtlichen Bewegungen die Anregung
gaben, in größere Mythengebilde von der Form der Heldensage zu-
sammenflössen. Auch für das griechische Altertum, für das eine ähn-
liche, relativ mythenfreie Tradition der älteren Geschichte, die der
Sc^e parallel geht, nicht vorhanden ist, besitzen wir übrigens in
den Denkmälern der mykcnischen und der kretischen Kultur unver-
werfliche Zeugnisse dafür, daß hier das Verhältnis kein wesentlich
360 I^cr Natnrmythus.
anderes gewesen ist; und deutlich treten auch hier den rein mythischen
die historischen Sagen gegenüber. Man denke an die germanische
Wieland- und die griechische Heraklessage als mythische Sagen-
gebilde auf der einen, an die Nibelungensage und den troischen
Sagenkreis als historische Sagen auf der andern Seite.
Nun fließen freilich diese beiden Sagenformen nicht bloß dadurch
ineinander, daß in die historische Sage mythische Gestalten hinein-
ragen und sogar deren Hauptträger sein können, sondern, wo ims
die Geschichte von vornherein nur als sagenhafte Tradition vorliegt,
da pflegt die Sage als solche mythisch und historisch zugleich zu
sein: mythisch, insofern die Helden und ihre einzelnen Taten zu-
meist Schöpfungen des Mythus sind; historisch, weil sich außer-
dem in den Erzählungen geschichtliche Ereignisse spiegeln. In
solchen Fällen kann es natürlich immer nur zu jener Form der
Heldensage kommen, die wir oben als die mythische bezeichnet
haben, während die historische stets bestimmtere geschichtliche Er-
innerungen voraussetzt. So wird denn auch die mythische Form
im allgemeinen als die ältere, die historische als die jüngere an-
gesehen werden können, wenngleich dies im einzelnen Fall wohl
nicht immer zutrifft. Wie dem aber sein möge, überall, wo sich eine
Heldensage überhaupt entwickelt hat, wirken Mythus und Geschichte
in dem Sinne zusammen, daß Mythen, die an sich besonderer Orts-
und Zeitbeziehungen entbehren, und die daher in den verschiedensten
Sagengebieten wiederkehren können, die Grundbestandteile bilden,
während die besonderen geschichtlichen Bedingungen, die die Ent-
stehung der Sage umgeben, teils die Verbindung dieser mythischen
Elemente vermitteln, teils Nebenbestandteile liefern, die der Sage
selbst noch auf lange Zeit historische Glaubwürdigkeit verschaflfen.
Indem so die historische Sage die geschichtliche Überlieferung durch
mythische Beimengungen fälscht, strebt sie aber selber zugleich nach
größerer Annäherung des sagenhaften Bildes der Begebenheiten, die
sie schildert, an die Wirklichkeit. Hieraus entspringen dann weiterhin
wesentliche innere Unterschiede der beiden Formen. Die mythische
ergeht sich freier. Sie läßt schrankenloser die Phantasie walten;
Wunder und Zauber spielen in ihr fortan eine vorwiegende Rolle.
Dadurch ist sie noch unmittelbarer dem Märchen verwandt. Die
historische Heldensage verschmäht zwar die alten Zaubermotive nicht
Die Heldensage. ^6l
ganz, und namentlich den Hauptheiden sucht sie noch inuner in das
Reich des Wunders zu heben. Aber sie wird realistischer, indem
sie im ganzen die Ereignisse nach dem Vorbild des wirklichen Ge-
schehens gestaltet. Diese Unterschiede können so groß werden, daß
sie sich scheinbar zu Gegensätzen erweitem: dann wird die historische
Heldensage ganz oder in ihren wesentlichen Teilen für Wirklichkeit,
die mythische völlig für eine mythische imd dichterische Erfindung
gehalten. Schon die stetigen Übergänge zwischen beiden Formen
verbieten jedoch eine solche einseitige Unterscheidung. In Wahrheit
sind beide mythisch und historisch beeinflußt. Ihr Unterschied liegt
nur darin, daß der vorwaltend indirekte Einfluß der geschichtlichen
Bedingungen bei der mythischen Form von selbst der Phantasie
einen freieren Spielraum läßt, so daß hier gegenüber dem Märchen
der erweiterte historische Gesichtskreis und der größere Reichtum
an Kulturgütern, der sich der Sage erschließt, nur steigernd auf die
Triebe der Mythenbildung selbst einwirkt. Dem gegenüber nimmt
die historische Heldensage zwar ebenfalls an dem fördernden Einfluß
teil, den der größere Gesichtskreis des geschichtlichen Lebens ihr,
nicht zum wenigsten in den in sie eingehenden historischen Be-
gebenheiten, eröffnet. Doch daneben machen sich hier in hohem
Maße jene retardierenden Kräfte geltend, die das Streben nach An-
näherung an das wirkliche Geschehen um so mehr ausübt, je mehr
einzelne geschichtliche Tatsachen in den Mittelpunkt der Sage treten.
Man vergleiche die Sage von der Eroberung Trojas mit der Herakles-
oder der Argonautensage oder auch die oberdeutsche Fassung der
Nibelungensage mit der Wielandsage.
In diesem Zusammenwirken von Mythus, Geschichte und Dichtung
bedürfen nun die geschichtlichen Einflüsse weder da, wo sie den Schau-
platz der Handlung erweitem und zugleich an bestimmte Orte binden,
noch auch da, wo sie den Flug der mythologischen Phantasie durch
die Tradition der wirklichen Ereignisse einschränken, einer besondern
psychologischen Motivierung. Ebenso ist die Dichtung bei der Um-
formung und Ausschmückung des sagenhaften Inhaltes hier in keiner
andern Weise als wie überall sonst, und namentlich bereits in der
Märchenerzählung, bei der Verarbeitung mythischer Stoffe tätig. Um
so mehr drängt sich die Frage auf, wie jener Stoff des Mythus
selbst beschaffen gewesen sei, der durch das Zusammenwirken von
^52 ^c' Natunnythus.
Geschichte und Dichtung zur Sage umgebildet wurde. Da die Helden-
sage überall erst unter den Einwirkungen des geschichtlichen Lebens
entsteht, so kann jene ihr vorausgehende Grundlage natürlich nicht
selbst schon die Form der Sage besitzen. Sie kann aber auch nicht,
wie die Theorie der Identität von Dichtung und Mythus annimmt, in
einer freien dichterischen Produktion bestanden haben, da eine solche
einen bereits vorhandenen Stoff fordert, an dem sie sich betätigen
kann: dieser ist eben hier der Mythus selbst oder jener Kern mytho-
logischer Vorstellungen in ihren in wesentlich übereinstimmender Weise
innerhalb einer Gemeinschaft entstandenen Verbindungen, an den sich
dann erst die Einzeldichtung, das Überlieferte weiterführend, anschließt.
Bei der Beantwortung der obigen Frage waren nun alle Richtungen
der Mythologie, mochten sie unter den beiden andern Faktoren
mehr der Geschichte oder der Dichtung den Vorzug geben, im all-
gemeinen darin einig, daß sie als diesen der Heldensage vorausgehen-
den mythischen Stoff die Göttervorstellungen und demnach als die
Grundlage der Heldensage die Göttersage betrachteten'). Dann bleibt
kaum eine andere Wahl, als entweder, wie dies heute noch in weiten
Kreisen der Mythologen geschieht, die Wanderungen und Kämpfe
der Helden als Projektionen himmlischer Erscheinungen auf die Erde
anzusehen, oder überhaupt zu leugnen, daß die Heldensage ein mytho-
logisches Substrat habe, und also die Taten der Helden wie der
Götter auf die Erinnerung an wirkliche Taten geschichtlicher Personen
zurückzuführen. Oder man kann höchstens mit W. Grimm in einer
ursprünglichen Verwebung geschichtlicher und poetischer Elemente
das Wesen der Sage erblicken, während der Göttermythus in ihr bloß
das allgemeine Medium bilde, in der sich die poetische Erfindung
bewege. Da nun aber, wie auch W. Grimm zugab, die Existenz rein
mythischer Sagen ohne jeden geschichtlichen Kern nicht zu bestreiten
ist, so bleibt auch dann als die Hauptquelle der Sage nur die Dich-
tung übrig, die in Verbindung mit der geschichtlichen Überlieferung
die historische, für sich allein die poetische Sage erzeuge'). Damit war
im Sinne der mythologischen Anschauungen L. Uhlands das Haupt-
gewicht wieder auf die Dichtung gelegt, und es blieb unbeachtet, daß
*) W. Grimm, Über die Entstehung der altdeutschen Poesie und ihr Verhältnis
zur nordischen, Kleine Schriften, I, S. 98 ff.
*) W. Grimm, a. a. O. S. 133 ff.
Die Heldensage. 363
die Dichtung jederzeit eines Stoffes bedarf, der ihr irgendwie gegeben
sein muß, und der ihr, wenn sie ihn nicht der Wirklichkeit entnimmt,
schließlich aus dem mythologischen Denken zufließen wird. Es war
aber auch außerdem von jenen indirekten Wirkungen abstrahiert
worden, die das geschichtliche Leben schon auf die rein mythische
Heidensage ausübt. So zweifellos es daher keine Sage gibt, die eine
dichterische Formung vermissen ließe, so wenig ist es psychologisch
möglich, daß der ursprüngliche mythische Sagengehalt lediglich ein
Erzeugrnis freier dichterischer Produktion sei. Eine voraussetzungslose
Dichtung gibt es nirgends, imd gibt es am wenigfsten in den Anfangen
der Mythen- und Sagenbildung. Ist nun der ursprüngliche mythische
Stoff der Sage weder Geschichte noch Dichtung, so kann er, da die
Heldensage überall auf eine ihr vorausgegangene mythologpische Ent-
wicklung zurückweist, nur eine andere Form des Mythus selbst sein.
Welcher Art ist aber dieser ursprüngliche Stoff, aus dem sich unter
der Macht historischer Einflüsse, zunächst der indirekten, dann der
direkten, und natürlich nicht ohne die mitwirkenden der Dichtung die
Heldensage gestaltet? Liegt dieses mythologische Substrat über ihr,
in der Region der Göttersage? Oder liegt es unter ihr, im Mythen-
märchen? Der einzige Weg, auf dem wir hier Aufschluß gewinnen
können, besteht in der psychologischen Analyse der Sage. Ge-
lingt es, diese Analyse an typischen Sagenbeispielen in solcher Weise
vorzunehmen, daß sich mit zureichender Wahrscheinlichkeit die Ein-
wirkungen der Geschichte wie der Dichtung aussondern lassen, so
muß als Rest notwendig eben jener ursprüngliche mythische Stoff
zurückbleiben, aus dem jene die Heldensage entwickelt haben. Eine
solche Analyse wird sich nun zunächst mit Aussicht auf Erfolg am
ehesten da vornehmen lassen, wo die geschichtlichen Einflüsse am
geringsten, wo sie also im wesentlichen bloß indirekte sind: bei der
mythischen Heldensage.
b. Die mythische Heldensage: Der Heraklestypus.
Die mythische Heldensage tritt uns überall, wo es eine voll aus-
gebildete Heldensage gibt, in zwei charakteristisch verschiedenen,
wenn auch durch mancherlei Zwischenstufen verbundenen Formen
entgegen. Bei der einen, wahrscheinlich der ursprünglicheren, voll-
bringt der Held die mannigfaltigsten Taten, die sich zwar in ver-
764 ^^^ Naturmythris.
verschiedene Episoden gliedern und auch durch eine Art Rahmen-
erzählung in einen äußeren Zusammenhang gebracht sein können,
ihrem Wesen nach aber unabhängig nebeneinander stehen. So er-
scheint hier der Sagenheld als der echte Nachfolger des Märchen-
helden, wie er uns namentlich im Glücksmärchen begegnet ist (vgl.
S. 89 ff.). Nur sind seine Taten gewaltiger. Sie entbehren zwar
nicht der alten Zaubermittel, und noch weniger fehlen bei ihnen die
Zauberwesen, die den abenteuernden Helden bedrohen oder ihm zu
Hilfe kommen. Dennoch ist der Sagenheld in höherem Maße auf
sich selbst gestellt: es ist die eigene Kraft oder, wo es not tut, die
eigene erfinderische Klugheit, durch die er seine Leistungen vollbringt.
Dazu sind nun diese an bestimmte Orte gebunden. Er zieht durch
Länder, die im Umkreis bekannter Städte und Herrschaftsgebiete
liegen, um Ungeheuer zu bezwingen, Bedrängte zu befreien oder
feindliche Streiter zu besiegen. So tritt uns hier das Bild eines Helden
entgegen, der im wesentlichen noch planlos, ohne eine andere als eine
ihm äußerlich aufgenötigte Verbindung seine Taten vollbringt, der
aber in jeder dieser Taten das Ideal widerspiegelt, das sich das Volk,
dem die Sage angehört, von einem Menschen macht, wie der Erzähler
der Sage und sein Zuhörer beide zu sein wünschten. Darum ist immer-
hin schon diese Gestalt des wandernden Helden, im Gegensatze zu
idem ganz als Spielball des Zufalls erscheinenden Märchenhelden, eine
Persönlichkeit von bestimmt ausgeprägtem Charakter, so äußerlich die
Eigenschaften dieses Charakters noch sein mögen. So wird er durch
diese beiden einander ergänzenden Züge, die Beziehung seiner Taten
zu Orten und Landschaften und die Auspräg^ung eigener persönlicher
Eigenschaften, zum Repräsentanten des Volkes, dem die Sage ange-
hört; und indem sich allmählich die Charakterzüge eines solchen in
der späteren Tradition fortlebenden Helden weiterhin verändern, spie- ,
geln diese Wandlungen seines Bildes zugleich den Wandel der all-
gemeinen Anschauungen. Ein typisches Beispiel der mythischen
Heldensage dieser ersten Form ist die griechische Heraklessage. Es
mag daher gestattet sein, solche Sagen als die des Heraklestypus
zu bezeichnen.
Ihnen stellt sich eine zweite Gattung zur Seite, deren wesent-
liches Merkmal darin liegt, daß die gesamte Handlung, die die Sage
schildert, durch einen einzigen Zweck, auf den das Streben des Helden
Die Heldensage. ^^5
gerichtet ist, zusammengehalten wird. Dabei können zwischen den
Beginn der Erzählung, der jene Handlung vorbereitet, und ihrer Voll-
endung mancherlei ganz abseits liegende Episoden treten, die als
selbständige Abenteuer aus ihr loszulösen sind: jene Einheit des Zwecks,
die die Hauptglieder verbindet, hebt diese Sagenform von vornherein
scharf von der vorigen ab. Dies bringt nun aber weiterfe Verände-
rungen mit sich, die sie im allgemeinen als die entwickeltere kenn-
zeichnen. Schon äußerlich wird das Kolorit der Orte und Land-
schaften, mögen auch diese selbst zum Teil sagenhaft sein, ein be-
stimmteres, indem sie in den Einzelheiten, die auf die Handlungen
von Einfluß sind, näher geschildert werden. Dazu treten nun neben
den Helden andere, sein Tun unterstützende oder mit ihren eigenen
Plänen durchkreuzende Persönlichkeiten. So nimmt die Handlung
statt des rein episodischen, in einzelne an sich zusammenhanglose Be-
gebenheiten zerfallenden Verlaufs einen dramatischen Charakter an;
und wenn die Sage auch zumeist noch, wie im vorigen Fall, die Form
einer individuellen Wandersage bewahrt, so ist es doch nicht mehr
ein anscheinend planloses Hin- und Herwandern, durch das das Ganze
in eine Mehrheit unabhängiger Wanderzüge zerfallt, sondern wie das
Ziel, so ist der Weg einheitlicher, wenn es auch an zwischenliegenden
Abwegen und Irrfahrten, die die Abenteuerepisoden mit sich führen,
nicht fehlt. Ein Beispiel dieser Sagenform ist die Argonautensage.
Wir wollen daher diese Gattung mythischer Heldensagen als die des
Argonautentypus bezeichnen.
Die Gestalt des Herakles nimmt bekanntlich eine so bevorzugte
Stellung in der Heldensage der verschiedenen griechischen Stämme ein,
und die Beziehungen, in die diese Sagengestalt von frühe an zu andern
griechischen und außergriechischen Sagen gebracht wurde, sind so
mannigfaltige, daß nicht von einer einheitlichen Heraklessage, sondern
nur von einer großen Gruppe solcher Sagen geredet werden kann, die
zwar, obgleich sie in dem Namen des Helden und in vielen Zügen, mit
denen das Bild seines Lebens ausgestattet wird, übereinstimmen, noch
auf keine Einheit des Ursprungs, wohl aber auf einen Zusammenhang
der griechischen Landschaften und auf einen Verkehr mit den klein-
asiatischen Gebieten hinweisen, über die diese Sagen verbreitet sind.
So spiegeln sich denn auch diese weitreichenden Beziehungen der
griechischen Stämme in der Periode der mythischen Sage in dem
ß66 ^^T^ Natnrmythus.
Helden selbst, der in jeder der Varianten seiner Sage immer wieder
der wandernde, ungeheure Taten vollbringende Mensch ist, dessen her-
vorstechendste Eigenschaft vor allem in seiner unüberwindlichen, all-
bezwingenden Stärke besteht. Nach dem ganzen Charakter des um
die Gestalt des Herakles geschlungenen Mythenkranzes kann natürlich
in der Form, mit der die Mythologie aus der Gesamtheit der Tradi-
tionen ein Bild der Heraklessage zu konstruieren suchte, diese Sage
selbst nirgends existiert haben, sondern sogar auf dem Punkte ihrer
höchsten Ausbildung kann sie immer nur jeweils und an jedem Ort
ein Ausschnitt aus jenem Gesamtbilde gewesen sein. Doch dürfen
wir wohl annehmen, daß die gemeing^riechische Tradition mit der
Form der argivischen Heraklessage, wie sie in kurzen Umrissen
ApoUodor erzählt, übereinstimmte. Da es sich hier nicht um die
Frage handelt, welchen Ursprungs diese Sage überhaupt sei, und
wie sie sich an verschiedenen Orten gewandelt habe, sondern um die
andere, in welcher Weise eine mythische Heldensage von dieser typi-
schen Form psychologisch entstehen könne, und welche Beschaffen-
heit der primäre mythische Stoff vermutlich hatte, der durch die
Einflüsse der Erweiterung des geographischen Gesichtskreises imd des
Völkerverkehrs aus ihm die Heldensage erzeugte, so wird diesem
Zweck jene verhältnismäßig einheitliche Form, die zugleich viele Züge
alten Ursprungs an sich trägt, am besten entsprechen.
Nun ist es aber auch hier, so sehr der Held noch die Züge einer
ursprünglichen Kultur an sich tragen mag, offenbar von vornherein
ausgeschlossen, daß die Sage selbst in jener traditionellen Form etwas
Ursprüngliches sei. Ein Held, der seine Wanderungen von der Grenze
Thessaliens durch ganz Griechenland bis in die Küstenländer Klein-
asiens, vom Hellespont bis zu den »Säulen des Herakles«, diesen nach
ihm so genannten Grenzen der Alten Welt, ausdehnt, ein solcher
Held mag in seinem Charakter noch so ursprünglich, die Sage
. kann es natürlich nicht sein, sondern sie ist nur ein Zeugnis dafiir,
daß man in der Zeit, in der sie sich in dieser Form ausbildete, von
jenen Ländern Kunde hatte; und höchstens mag in einzelnen dieser
Wanderungen daneben die Tradition anklingen, daß Erzählungen von
solchen Helden auch noch anderwärts umliefen. Je treuer der ur-
sprüngliche Heraklescharakter das Heldenvorbild einer frühen Kultur
spiegelt, um so mehr wird das in Wirklichkeit zutreffen; denn je ver-
Die Heldensage. 767
wandter die Züge solcher Helden sind, von denen an verschiedenen
Orten derartige Wundertaten erzählt werden, um so leichter wird dann
mit eintretendem Verkehr die Gestalt des einen dieser lokalen Sagen-
helden mit der eines andern benachbarten zusammenfließen; insbe-
sondere die mächtigere oder durch ihre Verbreitung bereits bevor-
zugte kann auf diese Weise die andern in sich aufnehmen. Kaum
wird man sich in der Tat die Ausbreitung einer Heldengestalt über
weitere Ländergebiete anders denken können, als in dieser Form einer
Verdrängung des minder hervorragenden durch den mächtigeren, ein-
drucksvolleren Helden, ein Vorgang, der übrigens immer zugleich,
wie wir das deutlich in neueren Sagen- und Legendenbildungen ver-
folgen können, ein Prozeß der Assimilation ist. Bei ihr gehen dann
von diesem und jenem Helden einzelne Züge in das resultierende
GesamtbUd ein, während eine bestimmte unter den so aufeinander
wirkenden Gestalten dem Ganzen den Namen g^bt. Auch hier kann
sich dann eine dunkle Erinnerung daran, daß Traditionen verschie-
dener Orte zu einer einzigen Erzählung zusammengeflossen sind, darin
erhalten, daß nun einzelne unter diesen Orten in der Sage als solche
erscheinen, die der Held auf seinen Kreuz- und Querzügen berührt
habe. Besonders die Marien- und die Heiligenlegenden bieten augen-
fällige Beispiele solcher offenbar sekundärer Wanderungen, aber auch
der Übertragfungen der Taten eines dieser Glaubfenshelden auf einen
andern. Besonders an der Mutter Gottes hat sich hier das über-
ragende Ansehen, dessen sie in der katholischen Kirche genoß und
noch genießt, auch darin bewährt, daß die Legende sie an den ver-
schiedensten Orten erscheinen und Wunder verrichten läßt. Nicht
minder wird die Reliquie nun als ein das Leben des Heiligen über-
dauernder Ersatz für seine unmittelbare Anwesenheit gedacht, ähnlich
wie schon die Heldensage nicht selten auf bestimmte örtliche Denk-
mäler der einstigen Heldentaten hinweist. In diesem Sinne läßt sie
auch den Herakles die nach ihm benannten Säulen am Ende der be-
wohnten Welt zum Zeugnis seiner Wanderung errichten. In diesen
Zügen, die von der alten Heldensage bis zur neueren Legende herab-
reichen, wirken zugleich offenbar noch jene primitiveren Ortsdämonen
leise nach, die gerade in solchen Verbreitungsmotiven die Orts-
sage mit der Heldensage so gut wie mit der Legende verbinden.
Eine Spur jener Verschmelzung einer Mehrheit von Helden in einen
368 I^er Naturmythus.
einzigen hat sich übrigens in der Heraklessage vielleicht noch in
dem seltsamen, außer jeder Beziehung zum übrigen Inhalt stehenden
Zug erhalten, wonach der Held erst von der delphischen Priesterin
mit dem Namen Herakles angeredet worden sei, vorher aber Alkides
geheißen habe (Apollodor II, 4, 12). Noch deutlicher weist die
ganze Einkleidung der Sage und die Art, wie durch sie die einzelnen
Erzählungen geordnet sind, auf ein solches Zusammenwachsen der
Sage hin. Die Ordnung der Taten des Helden unter einen leitenden
Gedanken kommt in ihr, wie bekannt, durch eine Art Rahmen-
erzählung zustande, nach der der Held seine berühmten zwölf Ar-
beiten im Auftrag des Eurystheus, Königs von Mykene, verrichtet
habe, nachdem er zum Zweck der Entsühnung von dem im Wahnsinn
begangenen Frevel der Tötung der eigenen Kinder vom delphischen
Gotte dazu die Weisung empfangen. Zunächst sind es zehn Helden-
taten, die er so im Auftrag des Eurystheus vollbringt. Da dieser
zwei davon aus ziemlich nichtigen Gründen nicht gelten läßt, so
steigert sich dann erst ihre Zahl auf zwölf. Dieser Bericht ist so
unverkennbar nachträglich erfunden, um die Reihe der auf Herakles
Namen umlaufenden Taten zu verbinden, daß darüber wohl kein Wort
zu verlieren ist. Als die anfänglich angegebene Zehnzahl nicht zu-
reichte, um die ganze Reihe zu fassen, mögen dann noch die Ein-
wände des Eurystheus gegen die zwei hinzuerfunden und so die Zahl
auf zwölf gebracht worden sein. Weitere, wie die des Streits mit den
Kentauren, der Befreiung der Mnesimache, der Rettung der Hesione
durch Tötung des Seeungeheuers, dem sie zum Opfer bestimmt ist,
werden dann überdies noch als Abenteuer, die ihm beim Auszug zu
seinen Arbeiten begegnen, episodisch eingefügt.
Streift man nun jene äußere und augenscheinlich sekundäre Ein-
kleidung ab, so ist das, was als der eigentliche Stoff der Herakles-
sage zurückbleibt, eine Anzahl von Wundertaten, zu denen der Held
Kreuz- und Querzüge durch die Länder unternimmt, und die sich in
nichts von den uns bekannten der abenteuernden Helden des Glücks-
märchens unterscheiden, außer in den zwei Punkten, daß die Taten,
die im Märchen im allgemeinen von verschiedenen Helden erzählt
werden, hier an den Namen eines einzigen geknüpft sind, und daß
bei ihnen die unbezwingliche Kraft des Helden selbst im Vorder-
grund steht, während Zaubermittel und hilfreiche 2^uberwesen zurück-
Die Heldensage. ^59
treten. Doch die durch diese Merkmale gezogenen Grenzen sind
fließende. Schon das Mythenmärchen kennt Helden, die durch eine
größere Reihe von Erzählungen konstant bleiben : so, abgesehen von
den sogenannten Heilbringermärchen primitiver Völker, die vermöge
der Zaubernatur der Hauptfiguren hier abseits liegen, namentlich wieder
die der Heraklesgruppe verwandten Abenteuermärchen: man erinnere
sich z. B. des südafrikanischen Zyklus der Sikulumemärchen (S. 91 ff.).
So bleibt nur die dieser Form der Heldensage in besonders hohem
Maße innewohnende Tendenz, den Helden aus eigener Kraft seine
Taten vollbringen zu lassen. Doch auch hier zeigt sich, daß die Sage
nur die Motive verschiebt, nicht beseitigt, die schon dem Märchen
eigen sind. Diese Verschiebung vollzieht sich aber vornehmlich
durch die Umgebung der Heroen- und Göttervorstellungen, in die die
Sage gestellt ist. So ist Herakles schon durch seine göttliche Ab-
stammung ausgezeichnet, die ihn, das Zeuskind, im Alter von zwei
Monaten bereits zwei mächtige Schlangen mit den Händen erwürgen
läßt, und die sich ebenso in seiner ungeheuren Körpergröße wie in
dem aus seinen Augen sprühenden Feuer verrät. Heroen unterrichten
ihn in allen Künsten und Fertigkeiten. Apoll gibt ihm seine Pfeile,
Hephästos schmiedet sein Schwert, Athena rüstet ihn mit dem Waffen-
rock aus, und wo er später in Bedrängnis gerät, da stehen ihm hilf-
reiche Götter zur Seite. Besonders ansprechend tritt uns das in dem
halb komischen, an primitive Sonnenmärchen erinnernden Zuge ent-
gegen, daß ihm Helios, als der Held zürnend seinen Pfeil gegen ihn
richtet, um seines Mutes willen verzeiht und ihm noch dazu einen
goldenen Kahn schenkt, um darin über den Ozean zu fahren (Apol-
lodor II, 5, 10). Die berühmten zwölf Arbeiten selbst bewegen sich da-
gegen durchaus in den Bahnen des alten Mythenmärchens. Ungeheuer
wie die Lernäische Hydra, wilde Tiere wie der Nemeische Löwe, der
Erymantische Eber, zuletzt sogar der höllische Kerberos werden teils
getötet, teils als Siegeszeichen lebend zur Stelle gebracht; dazu
wunderbare Schätze, wie der Gürtel der Hippolyta, die Äpfel der
Hesperiden errungen, endlich unerhörte Kraftleistungen mit unglaub-
licher Schnelligkeit ausgeführt, wie die Ausräumung des Augiasstalls
im Lauf eines einzigen Tages, die Überwindung des Riesen Antäus,
die Übernahme des Himmels von den Schultern des Atlas auf die
eigenen. Wiederholen sich die vorangegangenen Wundertaten in
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 24
370 ^*r Natnrmythus.
analogen Erzählungen in den Märchen aller Zeiten und Völker, so
tragen besonders die zwei letzten das Gepräge frühester Mythen-
märchen, die sich hier noch in die Heldensage gerettet haben. In
dem Riesen Antäus, der aus der Berührung der Erde mit seinen
Füßen immer neue Kraft schöpft, spiegeln sich die Vorstellungen,
die seit früher Zeit in Glauben und Brauch den Menschen mit der
Mutter Erde verbinden, oder nach denen auch vermöge der häufigen
Umkehrung solcher Vorstellungen die Angehörigen eines der Erde
entrückten Reiches der Geister sterben müssen, sobald sie die Erde
berühren ^). Der Starke, der den Himmel auf seine Schultern nimmt,
fuhrt uns endlich weit zurück zu dem primitiven Himmelsmärchen,
nach dem der Himmel ein leicht erreichbares Land ist, das dereinst
die Erde berührte, dann aber durch einen Riesen oder durch irgend
ein Zauberwesen in die Höhe gehoben wurde"). Auch darin weht
uns aber aus der Heraklessage noch ganz der Erdgeruch des Märchens
entgegen, daß die Taten des Helden an sich betrachtet zum aller-
größten Teil zwecklos sind. Wohl mag sein Kampf gegen wilde
Tiere an Zeiten erinnern, in denen solche noch in großer Zahl in
Griechenland herumstreiften. Doch den Kulturheros, der dem Land
durch die Vernichtung solcher Tiere und Ungeheuer seine Sicherheit
gegeben, hat sichtlich erst eine viel spätere Zeit in ihm gesehen.
Den erymantischen Eber, den kretischen Stier bringt er lebendig zur
Stelle, und es kümmert ihn offenbar wenig, wenn der letztere, nach-
dem er ihn wieder freigelassen, von Sparta bis nach Attika hinüber
das Land verwüstet (Apollodor II, 5, 7). Noch weniger gehört natür-
lich das Idealbild des bedürfnislosen. Mühe und Drangsal mit Ruhe
ertragenden Helden, zu dem die Kyniker und Stoiker den Herakles
umgestalteten, oder gar das Vorbild besonnener Klugheit, das Pro-
dikos in seiner Fabel von Herakles am Scheideweg aus ihm machte,
der ursprünglichen Sage an. In dieser ist er noch ganz der durch seine
*) Vgl. die Nachweise über die Verbreitung dieser Vorstellung bei A. Dieterich,
Matter Erde, 1905. Die Umkehrung derselben im primitiven Geistermärchen. Dorsey,
The Pawnce, p. 489 f. und oben S. 138.
') Hierher gehörige Mythen schon bei den Australiern: Howitt, Native Tribes of
South East Australia, p. 426f. Howitt and Siebert, Dieri-Legends, p. 43. Ähnliche
kosmogonische Vorstellungen bei den Zunis (Cushing, Ethnol. Rep. Xm, p. 379), den
Polynesiem (Grey, Polynesian Mythology, p. i ff.) u. a.
Die Heldensage. 371
Stärke und seine wunderbaren, aber im übrigen zwecklosen Taten
die Bewunderung des Erzählers und Hörers fesselnde Held, der uns
überall schon im Glücksmärchen begegnet, nur gehoben durch die
Erweiterung des geographischen Gesichtskreises und durch den Kultur-
hintergrund, von dem er sich abhebt Gleichwohl sind auch jene
Umwandlungen des Märchenhelden in phflosophische Ideale beredte
Zeugnisse für die Fähigkeit der Anpassung an veränderte Anschau-
ungen, die solche Gestalten der m)rtfaenbfldenden Phantasie besitzen,
eine Anpassung, wie sie ja schon bei dem Übergang des Märchen-
helden in den Sagenhelden nicht gefehlt bat.
Gehen wir mm von solchen letzten, in die Philosophie hinein-
reichenden Ausläufern der Sage auf ihre wahrscbeinlscben Anfänge
zurück, wo sie selbst noch in eine Anzahl voneinander unab-
hängiger Ortssagen zerfiel, deren Held schwerlich nach Charakter
wie Namen derselbe sein konnte, so dürfte von hier aus auch noch
auf das Ende dieser wie so mancher ähnlicher Sagen, auf die Er-
hebung des Helden zu den Göttern, ein etwas verändertes Licht
fallen. Daß an verschiedenen Orten Griechenlands frühe schon
ein Herakleskultus bestanden, daß also unter den Gestalten, die
schließlich in diesem Namen zusammenflössen, nicht bloß solche von
Lokalhelden, sondern auch von Lokalgöttern, von Schutzdämou
der Landschaften, an die sich ähnliche Mythen knüpften, die
dem Heraklesmythus assimiliert werden konnten, nicht gefehlt habcfl
werden, ist angesichts der Verbindung, die sich so leicht zwil
dem Ahnenkult und dem durch die Sage bewahrten
der Helden herstellt, sicherlich nicht unwahrscheinlich. Kzam
aber freilich aus solchen Kulten die Sagengestalt selbst cnt m
gegangen sein. Sonst wäre es schwer begreiflich, wie
stalt so durchaus die Züge des menschlichen Helden
Doch waren auch nur vereinzelte Beziehungen zu
banden, so mußte nun umgekehrt dieser Zug auf die
zurückwirken. Nicht in dem Sinne, daß sich diese flS <
sage ver\vandelt hätte: dem widerstrebte ihr Stoff,
von seiner ursprünglichen Märchenform her auf
Helden angelegt war. Wohl aber konnte nun dl
einer Verbindung dieses kultischen Herakles und dflfl ■
durch dessen Erhebung zu den Göttern beim Abad ■
r
7^2 ^*^ Naturmythns.
Taten genügt werden. So ist die Selbstverbrennung auf dem Oeta
vielleicht ähnlich wie jene Rahmenerzählung von den zwölf Aufgaben
des Eurystheus eine dichterische Zugabe, die, wie hier der Verbindung
der einzelnen Sagenzüge, so dort der Verbindung der einzelnen
Sagengestalten dienen sollte. Das ist ein Vorgang, der uns deut-
licher noch in einer andern Heldensage begegnet, deren Gestalten
im übrigen an Bedeutung hinter der des Herakles zurückstehen: bei
der Dioskurensage. Auch die Dioskuren sind in allen ihren übrigen
Taten durchaus menschliche Helden. Der Stoff ihrer Sage weist auf
das weitverbreitete Zwillingsmärchen in jener Form zurück, in der
die Brüder in Kampf und Not einander treu zur Seite stehen. Aber
daneben war das Zwillingsgestirn für den Schiffer an der griechischen
Küste seit alter Zeit ein Wahrzeichen, das ihn gefahrvolle Klippen
vermeiden ließ. So wurde durch eine natürliche mythologische Asso-
ziation dieses Wahrzeichens mit der Vorstellung der Schutzdämonen
und Schutzgötter das Gestirn selbst zu einem besonders von den
Seefahrern kultisch verehrten göttlichen Wesen. Als sodann die
sonstigen, in das Gebiet des irdischen Heldentums gehörenden Zwil-
lingssagen mit dieser Vorstellung der schützenden Zwillingfsgötter ver-
schmolzen, drängte dies dazu, in dem Bild der Dioskuren, die nach
ruhmvoller Laufbahn zu den Göttern erhoben werden, beide Vor-
stellungen zu verbinden.
c. Die mythische Heldensage: Der Argonautentypus.
Gegenüber diesen Sagen vom »Heraklestypus«, führt die zweite
Form mythischer Heldensagen, die wir oben als die des Argonauten-
typus bezeichnet haben, obgleich sie nicht aus einer Fülle relativ
unabhängiger Erzählungen, sondern aus der Tradition eines einzigen,
allerdings zusammengesetzteren Abenteuers besteht, wesentlich ver-
wickeitere Bedingungen mit sich. Denn auch hier zerfällt ja das
Ganze in eine Anzahl von Einzelbegebenheiten, deren jede einem
jener unabhängigen Abenteuer der ersten Form gleichkommt; dabei
ist aber außerdem jede dieser Begebenheiten mit dem Ganzen in eine
festere innere Verbindung gebracht. Dadurch fordert die Handlung von
vornherein schon durchweg eine größere Zahl handelnder Personen.
Zwar bleibt die Sage immer noch an einen Haupthelden gebunden.
Ihm treten jedoch weitere teils hilfreiche, teils ihn bekämpfende Helden
Die Heldensage. ^j^
gegenüber, die dann vorübergehend oder infolge irgendwelcher Wen-
dungen der Erzählung sogar von einem bestimmten Punkte an blei-
bend das größere Interesse in Anspruch nehmen können. Diese Ver-
vielfältigung der Personen sowie die g^rößere Verwicklimg der Hand-
lung bringen es mit sich, daß die Variationen der Sage von Ort zu
Ort und ihre Veränderungen im Laufe der Zeit mannigfaltigere sind,
um so mehr, als diese Form überall dem Einfluß der umgestalten-
den und erweiternden Dichtung ungleich mehr Angriffspunkte bietet.
Wächst die Sage vom Heraklestypus mehr von außen, durch Appo-
sition neuer lokaler Sagen, durch die ihr Grundbestand und der Cha-
rakter des Helden nicht wesentlich alteriert wird, so verändert sie
sich beim Argonautentypus hauptsächlich von innen, durch Hinzu-
fiigung neuer Motive und durch Assimilation anderer Sagenelemente,
die, mögen sie auch ursprünglich von außen entlehnt sein, ver-
ändernd in den Gang der Haupthandlung eingreifen. Dazu kommt,
daß diese Sagenform durch die größere Zahl der Helden, nicht
minder aber durch die Motivierung des Zusammenhangs dazu drängt,
Beziehungen zu andern Sagen und Sagenkreisen herzustellen, so daß
jede einen ganzen Sagenkomplex voraussetzt, an dessen mannigfachen
Fluktuationen sie teilnimmt Darum läßt sich aus den mythologischen
Schilderungen der Argonauten-, noch weniger als aus denen der
Heraklessage ein einheitliches Bild gewinnen, das in der Tradition
irgendwo und zu irgend einer Zeit in dieser Form bestanden hat.
Hier mögen diese, dort jene Züge aus Lokalsagen hinzugekommen
sein. Vor allem aber war die Dichtung frühe schon geschäftig, die
ursprünglich vielleicht einfache Erzählung der altberühmten Fahrt
zuerst in der Motivierung ihres Ursprunges, jener Vorgeschichte vom
fabelhaften goldenen Vließ, und später besonders in ihrer Nach-
geschichte, in den von den Tragikern aller Zeiten mit Vorliebe be-
handelten Schicksalen der Medea, zu verändern. Wir müssen uns
hier auf den von diesen Wandlungen verhältnismäßig unberührt
gebliebenen Kern der Sage beschränken. Er ist vielleicht am treu-
esten in einer Form, in der sie wirklich einmal wenigstens in der
Umgebung des Dichters gelebt hat, in der Erzählung des Pindar
(Pyth. 4) erhalten geblieben. Nach ihm verspricht Pelias dem Jason
die von diesem nach angestammtem Recht geforderte Herrschaft über
Jolkos, wenn er die Seele des Phrixos samt dem goldenen Vließ
7^4 Der Natarmythus.
des Widders, der ihn dereinst nach dem fernen Kolchis vor den
Nachstellungen der bösen Stiefmutter gerettet, nach der Heimat
bringe, nach der sie sich, wie ihm Phrixos selbst im Traume offen-
bart, zurücksehne ^). Jason verspricht, das Abenteuer zu unternehmen,
und dieses geht nun unter der Teilnahme aller möglichen berühmten
Helden von statten. Auch Herakles, Theseus, die Dioskuren fehlen
unter ihnen nicht. Mit Zauberkraft ausgestattet ist schon das Schiff
Argo, das die Helden trägt: sein Kiel enthält einen Zweig der Dodo-
näischen Eiche, der die Gabe der prophetischen Rede verliehen ist, —
ein Seitenstück zu den redenden und weissagenden Wunderbäumen der
Mythen Südafrikas und Polynesiens, in weiterem Abstand dem Wunder-
ring verwandt, der sich seinem Besitzer aus der Feme zu erkennen
gibt (s. unten 6). In Bithynien treffen sie in dem König des Landes
den bekannten starken Mann des Märchens, der jeden zum Faustkampf
zwingt und überwältigt, bis er an dem Märchenhelden seinen Meister
findet Unter den Helden der Argo übernimmt der eine der Dioskuren,
Polydeukes, diese Rolle. Dann treffen sie am thrakischen Chersones
den von den Harpyien geplagten Seher Phineus, dessen Befreiung durch
zwei der Helden, Zetes und Kaläis, bewirkt wird, die, da sie selbst
geflügelte Zauberwesen sind, die Harpyien verjagen. Dann besteht
die Argo die Fahrt durch die Symplegaden, dieses, wo es eine Schiff-
fahrt zwischen gefahrvollen Klippen gibt, vielfach wiederkehrende und
im primitiven Märchen schon auf das Aufklappen des Himmelstors
beim Sonnenaufgang übertragene Abenteuer (S. 221 f.). Als der Held
auf Kolchis angelangt ist und vom König Äetes das Vließ verlangt,
wird ihm dies nach bekannter Märchensitte unter der Bedingung ver-
sprochen, daß er gewisse Proben bestehe. Diese gelingen ihm dann
wiederum in Übereinstimmung mit den Prototypen frühester Aben-
teuermärchen mit Hilfe der zauberkundigen Tochter (S. 92 f.). Der
Held wird mit einer Salbe gesalbt, die ihn fiir einen Tag unverwund-
'] Der Scholiast bemerkt hierzu, die Znrückholong der Seele sei ein Zusatz des
Pindar, da die gewöhnliche Sage nur vom goldenen Vließ etwas wisse. Aber schwer-
lich ist dieser Zug eine Erfindung des Dichters. Vielmehr trägt gerade er ein alter-
tümliches Gepräge an sich, das die spätere Sage vergessen konnte. Daß die Seele
vor oder nach dem Tode außerhalb des eigenen Körpers, und daß sie besonders im
Haar, hier also in dem Vließ des Widders ihren Sitz habe, ist ein Stück uralten
Seelenglaubens, der uns schon in den mannigfaltigsten Formen begegnet ist. Vgl.
Teil n, S. 23 f. und oben S. 97, 157 f., 200 flf.
Die Heldensage. ^y^
bar macht. Die aus der Saat der Drachenzähne erstehenden be-
waffneten Männer bilden sodann eine der Jason- mit der Kadmussage
gemeinsame Abart der Zauberverwandlung zurückgeworfener Gegen-
stände (ebend.). Dem Angriff der Bewaffneten entzieht aber die
Zauberin den Helden durch den zwischen sie geworfenen Stein, der
wahrscheinlich dereinst ein Gegenzauber war, in der Umdeutung
rationalisierender Mythographen aber zu einem natürlichen Streit-
objekt geworden ist, das die Wut der Streitenden gegen sie selber
kehrt. Den Kampf mit dem Drachen, der ebenfalls auf einer älteren
Stufe schwerlich gefehlt hat, beseitigt ebenso die überlieferte Fassung
durch das einfachere Mittel eines das Ungeheuer einschläfernden
Zauberkrautes. Auf der Rückfahrt mit dem geraubten Fell kommt
ferner bei der Verfolgung der Fliehenden wiederum der Zauber der
zurückgeworfenen Gegenstände in etwas veränderter Fassung zur
Anwendung: statt Berge oder Untiefen entstehen zu lassen, wird das
besonders in den griechischen Märchenmythen eine verbreitete Rolle
spielende Zerstückelungsmotiv herübergenommen. Medea hat ihren
Bruder Absyrtus mitgenommen, dessen Glieder sie ins Meer streut,
so daß Äetes, sich bei deren Aufsammlung verspätend, die Flüch-
tigen nicht mehr einholt. Auf der weiteren Rückfahrt wiederholen
sich nun die ähnlichen Gefahren, wie sie die Ai^o auf dem Hinweg
bestanden, noch vermehrt durch den ihnen von ihrem redenden Schiff
verkündeten Zorn der Götter, den sie durch die Entsühnimg wieder
abwenden, die ihnen die Zauberin Kirke gewährt. In dieser wie in
den Sirenen, deren Zaubergesang durch den die Fahrt begleitenden
Orpheus überboten wird, sowie in der Skylla und Charybdis be-
gegnen uns die auch aus den Märchenepisoden der Odyssee be-
kannten Gestalten. Nach der Rückkehr wiederholt sich schließlich
noch einmal das Zerstückelungsmotiv, diesmal in der an die Thyestes-
sage erinnernden Fassung, in der sie außerdem mit der schon im
Mythenmärchen verbreiteten zauberhaften Wiederbelebung des zer-
stückelten Leichnams verbunden ist '). Um den Tod des Aeton, des
Vaters ihres Gatten, an dem Mörder Pelias zu rächen, bereitet Medea
diesem den Untergang durch die eigenen Töchter. Sie zerstückelt
vor deren Augen ein Lamm, erweckt es dann mit Hilfe von Zauber-
Vgl. das ähnliche Motiv im indianischen Mythenmärchen oben S. 97.
376 I^er Naturmythtts.
kräutern wieder zum Leben und überredet die Mädchen mit ihrem
alten Vater das gleiche zu tun, damit er wieder jung werde.
Das sind, abgesehen von sonstigen Zügen, mit denen teils die
Lokalsage, teils die Dichtung diesen Stoff ausgestattet haben mögen,
und von den weiteren Schicksalen des Jason und der Medea, wie sie
besonders die Dichtung gestaltet hat, die Hauptzüge der eigentlichen
Argonautensage. Abgesehen von dem Kulturhintergrund, auf dem
sie sich erhebt, gleicht diese Zug um Zug dem Abenteuermärchen,
wie wir es aus den früher (S. 91 ff.) geschilderten Beispielen kennen.
Sie trägt, neben der Beziehung auf bekannte Orte und Länder, nur
darin das besondere Kolorit der Kultur, der sie angehört, daß uns
in ihr die allverbreiteten Märchenmotive besonders auch in solchen
Abwandlungen begegnen, in denen sie noch in andern griechischen
Mythen wiederkehren. So kann denn schließlich die mythische
Heldensage überhaupt ein Märchenzyklus genannt werden, der, in
seinem Stoff im wesentlichen unverändert bleibend, durch die Aus-
bildung bestimmterer persönlicher Eigenschaften der Helden und durch
das Walten einer in deren Handeln eingreifenden Götterwelt über die
Sphäre des Mythenmärchens und seiner Fortsetzungen in die Märchen-
dichtung emporgehoben ist. Doch selbst diese beiden Haupteigen-
schaften, der Charakter der Helden und die Teilnahme der Götter,
treten in der mythischen Heldensage noch verhältnismäßig zurück.
Sie werden erst zu Hauptmotiven der Handlung, sobald der Über-
gang zur historischen Heldensage vollzogen ist.
d. Die historische Heldensage: Nibelangen- und Dietrichstypas.
Obgleich uns für die historische Heldensage nicht bloß wegen
ihres im allgemeinen jüngeren Ursprungs, sondern auch infolge des
mächtigeren Anreizes, den sie auf die epische Dichtung von frühe an
ausübte, zahlreichere und treuere Zeugnisse überliefert sind, als fiir
die mythische, so liegt doch gerade in diesen Bedingungen zugleich
eine Erschwerung fiir die Erkenntnis ihrer psychologischen Entwick-
lung. Das Epos hat diese Sagen nicht bloß bewahrt, sondern es hat
sie auch durch poetische Ausschmückungen und Zugaben nicht
weniger wie durch innere Umwandlungen der mythischen Stoffe ver-
ändert. Dazu kommt, daß die direkte Vermischung mit historischen
Tatsachen in der notwendigen Abgrenzung des mytl^ischen Stoffs
Die Heldensage. ^nn
nach diesen zwei Seiten, der Dichtung und der Geschichte, eine neue
Verwicklung mit sich führt, die fiir die rein m}^ische Heldensage
noch nicht vorhanden ist*).
Demnach kann nun vor allem auch aus der Entstehungsweise des
Epos nicht auf die der Sage zurücl^eschlossen werden. Das würde
ebensowenig möglich sein, wenn das Epos von einer Mehrheit von
Dichtem, als wenn es von einem einzigen geschaffen sein sollte. In
beiden Fällen bleibt die Sage selbst ein der dichterischen Verarbeitung
vorausgehender Stoff, von dem nur das eine mit Sicherheit ausgesagt
werden kann, daß er ursprünglich nicht die zusammengesetzte Form
besessen haben kann, die er im Epos angenommen. Denn dieser
Stoff ist überhaupt nicht durch eine mehr oder minder ausgebildete
epische Kunst, sondern zunächst in mündlicher Tradition entstanden,
die nicht minder wie bei der mythischen Sage aus einer Reihe lokaler
Traditionen zusammengeflossen sein muß. Nur sind die dereinst vor-
handen gewesenen Lokalsagen in noch höherem Grade als bei der
mythischen Sage durch das Epos selbst verdrängt worden. Darum
können wir uns über die Entstehungsweise einer historischen Helden-
sage überhaupt kaum anders als dadurch Rechenschaft geben, daß
wir dieser Sagenbildung da nachgehen, wo sie noch heute einiger-
maßen unserer Beobachtung zugänglich ist. Auch fordert dazu die
historische Sage selbst heraus. Denn bei ihr ist es eben der geschicht-
liche Stoff, der überall, in der Gegenwart so gsxt wie in einer unserer
Erforschung unzugänglichen Vergangenheit, zur Sagenbildimg ange-
regt hat, während die Motive der mythischen Sage allmählich über-
haupt schwinden oder sich auf die unter der Grenze der eigent-
lichen Sagenbildung liegenden Gebiete des Dämonenglaubens zurück-
ziehen. Bei der historischen Sage ist das wesentlich anders. Hier
sichert der geschichtliche Kern, den die Sage birgt, auch dieser
schon in der mündlichen Überlieferung ein g^rößeres Beharrungsver-
mögen. Indem bei ihr zu den bereits in der mythischen Sage fixierten
Namen von Orten und Landschaften noch die Erinnerung an ge-
schichtliche Personen und Ereignisse hinzukommt, wird aber dadurch
außerdem die weitere Verbreitung der lokal entstandenen Sagen und
ihr Zusammenfließen mit andern ähnlichen Inhalts begünstigt. Das
Vgl. hierzu Teil I, S. 362 ff. (2. Aufl. Bd. 3, S. 383 ff.).
37^ ^cf Natnrmythas.
können wir selbst bei jenen oben erörterten Ortssagen beobachten,
die wieder ganz in die Sphäre der Dämonenvorstellungen herabge-
sunken sind, weil in ihnen lediglich irgendein Ortsdämon den Namen
einer historischen Person angenommen hat. So verdankt die Sage
vom Kaiser Rotbart im KyfThäuser offenbar nur dem Namen des
alten, im Gedächtnis des Volkes weithin bekannten Hohenstaufen ihre
Verbreitung und ihre Dauer gegenüber andern, mehr oder minder
anonymen Berg- und Höhlengeistern, von denen sie ihrem sonstigen
Wesen nach kaum verschieden ist. Das gilt natürlich in weit ver-
stärktem Maße von der historischen Heldensage, bei der außer ge-
schichtlichen Personen und Landschaften auch geschichtliche Ereig-
nisse auf die Mythenbildung gewirkt haben.
Unter jenen einfacheren Formen der zwischen Dämonenvorstellungen
und geschichtlicher Mythenbildung mitten inne liegenden Erzählungen
bildet nun diejenige, die wir oben als die der novellistischen
Ortssage bezeichnet haben, offenbar die nächste Vorstufe bei der
Entstehung des Stoffs historischer Heldensagen (vgl. oben S. 344).
Außer Person und Ort ist in ihr in der Regel nichts oder höchstens
ein einzelner Zug historisch. Aber sie ist mit irgend einem, meist
zuvor schon in der Tradition vorhandenen novellistischen oder märchen-
haften Inhalt verbunden, so daß sich das durch die Tradition ver-
stärkte Beharrungsvermögen solcher Erzählungsstoffe auch auf die
Ortssage überträgt. Da nach der allgemeinen Entwicklung dieser
Erzählungsformen die Novelle aus dem Märchen entsprungen ist,
so dürfen wir demnach vermuten, daß in der Übertragung histo-
rischer Personen und Ortschaften in das Märchen ursprünglich diese
Vorstufe historischer Heldensage entstanden sei, wie sich denn ja
auch in einzelnen Fällen ein solcher Zusammenhang mit weitverbrei-
teten Märchenmotiven noch unmittelbar nachweisen läßt (S. 345 f.).
Doch die aus der Erinnerung an eine einzelne Persönlichkeit und
aus einem geläufigen mythischen oder novellistischen Stoff zusammen-
gesetzte Erzählung kann ihrer Natur nach nicht von dauerndem Be-
stand sein. Sobald die Erinnerung an jene Person aus dem Ge-
dächtnis der lebenden Generation ausgelöscht ist, wird auch die Sage
allmählich vergessen oder aber auf eine andere, dem Kreis der ge-
schichtlichen Überlieferung näher liegende Persönlichkeit übertragen.
So sind die historischen Ortssagen, die an die Namen der alten
Die Heldensage. %»iq
deutschen Kaiser, besonders der Ottonen, geknüpft waren, sämtlich
verschollen. Von ihrer einstigen Verbreitung zeugen zumeist nur
noch die alten Städtechroniken und sonstige Berichte mittelalterlicher
Schriftsteller. Dennoch ist diese Quelle der Sagenbildung heute noch
nicht versiegt. Nur hat sich die gleiche Mythenbildung der noch in
der Erinnerung lebenden, der Gegenwart näher liegenden historischen
Personen bemächtigt. So sind von Friedrich dem Großen, Joseph IL
und Franz I. von Österreich, von Napoleon, endlich von Kaiser
Wilhelm I. und Bismarck bekanntlich mancherlei Erzählungen in
Umlauf gewesen und sind es zum Teil noch heute, die den näm-
lichen sagenhaften Charakter besitzen. Doch zeigen solche ursprüng-
lich wohl aus lokaler Tradition entstandene Sagen, genau wie so viele
Märchen, die Neigung zur Wendung ins Scherzhafte: die Sage wird
dann zur Anekdote. Immerhin kann sie gelegentlich auch einen
ernsthaften Charakter bewahren und sich sogar der dämonenhaften
Abart solcher Lokalsagen wieder nähern*). In derartigen novel-
listischen oder anekdotenhaften Einzelsagen kommt nun besonders
die Übertragung des sagenhaften Stoffs von einer Persönlichkeit auf
eine andere der Erhaltung des Inhalts der Sage zu Hilfe. Und da
solche Übertragungen auch bei der vorgeschichtlichen Entstehung
*) So erzählt W. Bode in seinen > Stunden mit Goethe« (1908) folgende Ge-
schichte, die in Weimar noch lange nach Goethes Tode im Volke verbreitet gewesen
sei: >Dereinst machte einmal Großherzog Karl Aagnst mit seiner Geliebten einen
Spazierritt, wobei diese vom Pferde fiel and sofort tot war. Der Tod ging dem
Fürsten sehr zu Herzen, und er wünschte noch einmal ihren Geist sprechen zu
können. Er bat daher Goethe, diesen zu zitieren. Nur widerstrebend gab Goethe
nach. Beide schlössen sich nächtlicher Weile in dem bekannten Borkenhänschen im
Weimarer Park ein. Goethe las die Beschwörung unter allerlei geheimnisvollen Sym-
bolen aus einem Buche vor. Endlich erschien der Geist in weißem Schleier unter
den Bäumen. Aber Karl August erschrak so sehr, daß er Goethe dringend bat, den
Geist wieder verschwinden zu lassen, was diesem, da er das dazu nötige Wort lange
nicht finden konnte, nur mit vieler Mühe gelang. Karl August soll aber gesagt haben :
einmal einen Geist zitiert und nie wieder!« Diese Geschichte läßt uns die Bildung
einer solchen Einzelsage, der es sogar an uralten mythologischen Motiven nicht fehlt,
noch deutlich inmitten ihrer Entstehungsbedin^ngen sehen. Ein ähnlicher Sturz vom
Pferde, der sich in irgendeinem andern Fürstenhause ereignete, hat nach Bode, indem
er auf den Weimarer Hof übertragen wurde, wahrscheinlich den Stoff zum ersten Teil
der Geschichte geliefert. Die in der Weimarer Bevölkerung verbreitete dunkle Kunde
von der Beschwörungsszene im Faust ließ dann die Vorstellung des beschwörenden
Zauberers auf den Dichter selbst übertragen. Das Übrige tat die poetische Aus-
schmückung hinzu, die der glücklichen Lösung der Geisterszene bedurfte.
ß3o Der Natnnnytliiis.
historischer Sagen nicht gefehlt haben werden, so erklären sich zum
Teil hieraus schon die Übereinstimmungen, die wir in Sagen von
sonst verschiedenem Inhalt antreffen, während andere bald in den all-
gemein verbreiteten Motiven der Mythenbildung, bald endlich in jenen
Mythenwanderungen ihren Grund haben können, die uns so vielfach
schon bei dem Mythenmärchen begegnet sind.
Zu diesen Bedingungen kommt nun, als die fiir die Entstehung
der historischen Heldensage entscheidende, der Eintritt großer geschicht-
licher Ereignisse, deren Erinnerung weit über die Grenzen einzelner
Orte und Landschaften hinausreicht, und die den Personen, die im
Mittelpunkt solcher Ereignisse stehen, auch bei der Nachwelt ein
länger dauerndes Gedächtnis sichern. Was hierbei, wie uns die ge-
schichtlich kontrollierbaren Beispiele zeigen, am treuesten bewahrt
bleibt, das sind, neben den Städten und Landschaften, die den Schau-
platz der Ereignisse gebildet haben, die Namen einzelner Persönlich-
keiten, die bei diesen Ereignissen eine entscheidende Rolle spielten.
Hier folgt also die Heldensage durchaus den Spuren der ihr voraus-
gehenden vergänglicheren historischen Ortssage. Sie folgt ihr aber
auch darin, daß alles, was außerhalb dieser Beziehung auf historische
Orte und Personen liegt, vor allem also die Vorgänge selbst und
ihr Zusammenhang, der Mythenbildung angehört, in die höchstens
noch einzelne, vom Licht geschichtlicher Erinnerung bestrahlte Er-
eig^sse verwebt sind, wie etwa in der troischen Sage die Eroberung
Ilions, in der Dietrichsage die Ravennaschlacht, in der Nibelungen-
sage der Untergang des Burgundenreichs und der Tod Attilas. Aber
die Erzählung solcher der wirklichen Geschichte angehörender Be-
gebenheiten ist sagenhaft, und ihre Verknüpfung liegt zumeist gänz-
lich außerhalb der Geschichte. Dagegen kann das einzelne Ereignis
leicht Assoziationen mit andern, fernliegenden historischen Vorgängen
anregen, die nun die Sage in sich aufnimmt, wiederum nach Ana-
logie jener Verwebungen, die schon bei den novellistischen Ortssagen
beobachtet werden.
So besteht die ausgebildete historische Heldensage aus einer Ver-
bindung von Mythus, Geschichte und Dichtung, in der jeder dieser
Bestandteile auf den andern, neue Verbindungen auslösend, zurück-
wirkt, alle zusammen aber die dichterische Phantasie zu gesteigerter
Tätigkeit anregen. Gerade da, wo sich der Sage der Zugang zur
Die Heldensage. 381
Geschichte eröffnet, fallt darum nicht dieser selbst, sondern der Dich-
tung die führende Rolle zu. Die mythische Heldensage mag lange
Zeit, ähnlich dem Märchen, nur in mündlicher Tradition leben; der
historischen bemächtigen sich, unter dem Antrieb des Eindrucks der
• geschichtlichen Vorgänge, Romanze und Epos. Darum läßt sich
aber auch hier die Sage von ihrer dichterischen Gestaltung über-
haupt nicht mehr loslösen, sondern diese bildet einen integrierenden
Bestandteil der Sage selbst. Immerhin müssen in der psychologischen
Entwicklung die mythischen und die historischen Bestandteile als die
primären Elemente vorausgesetzt werden, aus deren Verbindung
durch die Dichtung dann die Sage selbst erst entsteht. Hiemach
sondern sich denn auch die historischen Sagen nach der Stellung
jener beiden Bestandteile in zwei Gruppen, die wir nach ihren Re-
präsentanten in der deutschen Dichtimg als die Sagen vom Nibe-
lungentypus und vom Dietrichstypus unterscheiden können.
Bei der ersten Form bildet eine mythische Heldengestalt und ein mit
dieser verbundener mythischer Stoff, der nach allen seinen Eigen-
schaften ursprünglich ein Mythenmärchen ist, den Kern der Sage.
Um diesen Kern haben sich dann geschichtliche Erinnerungen neben
Spuren ursprünglich vielleicht selbständig gewesener Lokalsagen ge-
lagert. Bei dem zweiten Typus bildet eine geschichtliche Persönlich-
keit mit irgendwelchen an sie geknüpften Erinnenmgen oder aber,
und dies vor allem bei den ausgebildeteren Formen dieses Typus,
ein in der Tradition lange nachwirkendes geschichtliches Ereignis,
um das sich eine Mehrheit historischer wie mythischer Helden grup-
pieren kann, den Kern der Sage. Hier lagern sich dann um diesen
historischen Kern teils mythische Elemente teils andere, urprünglich
unabhängige Lokalsagen, worauf diese einzelnen Züge wieder durch
die Dichtung weitergeführt und zu einem Ganzen verbunden werden.
Damit, daß gerade bei der vollkommeneren Form dieser Sagen der
historische Kern nicht durch eine einzelne Persönlichkeit, sondern
durch ein einzelnes besonders eindrucksvolles Ereignis gebildet werden
kann, hängt zugleich die wachsende Zahl der Helden zusammen, die
an jenem geschichtlichen Vorgang teilnehmen. In diesem Sinne
entspricht der Inhalt der Ilias offenbar dem im eigentlichsten Sinne
historischen Typus, wenn es auch zweifelhaft ist, welche und wie
viele ihrer führenden Helden historisch oder mythisch sind, und ob-
332 ^cf Natarmythns.
gleich sich auf die wahrscheinlich mythische Gestalt des Achilleus
ein großer Teil des Interesses konzentriert. Denn auch die Taten
des Achill besitzen in dem Epos nur mit Rücksicht auf jenes histo-
rische Ereignis, den Kampf um Troja, ihre Bedeutung. Und dasselbe
gilt schließlich für die Odyssee, die in ihrem die Heimkehr aus-
Troja an einem einzelnen der Helden behandelnden Hauptthema die
Schlußepisode des großen Ereignisses zum Inhalt hat. Mag aber
der Held selbst vielleicht eine mythische Gestalt sein, in den Augen
der Dichter und in denen der Hörer und Leser noch lange nach ihm
war er jedenfalls eine historische Persönlichkeit, die in der Erzählung
sogar den Zauberabenteuem, die ihm widerfahren, als ein wirklicher
Mensch gegenübersteht. Zugleich zeigt dieses Beispiel, wie übrigens
nicht minder die noch unausgebildete, nicht über die lose Aneinander-
reihung einzelner Abenteuer hinausgelangte Dietrichssage, daß der
Reichtum an mythischen Episoden von der Frage, ob der Kern der
Sage selbst mythisch oder historisch sei, relativ imabhängig ist.
e. Die Varianten der Nibelangensage.
Unter den erwähnten typischen Formen läßt nun die Nibelungen-
sage nicht bloß den mythischen Kern, sondern auch die Einflüsse,
die eine wechselnde Kulturumgebung auf die Sagenbildung ausübt,
besonders deutlich hervortreten, weil sie uns bekanntlich in mehreren,
darunter hauptsächlich zwei schon äußerlich sehr abweichenden Fas-
sungen vorliegt, der nordischen der Edda und der oberdeutschen
des Nibelungenliedes, die beide aus der ursprünglichen fränkischen
Heimat der Sage nach weit entfernten Ländergebieten zu verschiedenen
Zeiten gewandert und in wesentlich verschiedene Kulturumgebungen
verpflanzt worden sind. Dies sind Bedingungen, die vor allem auf die
poetische Behandlung und Ausschmückung der Sage, dann aber doch
auch auf diese selbst vor allem in jenen mehr fluktuierenden Be-
standteilen zurückwirken mußten, in denen Glaube und Sitte der Zeit
jeweils für sie bestimmend wurden. Was in diesen verschiedenen
Fassungen der Sage innerhalb der ihr von Hause aus mitgegebenen
geschichtlichen Umrahmung als der gemeinsame Kern der Erzählung
zurückbleibt, das wird demnach um so mehr als ihr ursprünglicher
Inhalt betrachtetet werden können, der hier nur jedesmal gewisser-
maßen von einem verschiedenen Standorte aus auf jenen historischen
Die Heldensage. ^33
Hintergrund projiziert wurde. Dieser Kern der Sage, der in allen
ihren Fassungen, unabhängig von jenem historischen Hintergrund, den
eigentlichen Inhalt der Handlung bildet, ist aber ein rein mythischer:
es ist der Held, der sich selbst ein Schwert von zauberkräftiger
Macht schmiedet, damit einen furchtbaren, einen Goldhort hütenden
Drachen besiegt, durch den Zauber, der dem Blut des Drachen eigen
ist, unverwundbar wird, und dann auf Abenteuer ausgeht, um hehre
und holde Frauen zu gewinnen, die stolze Brunhild, die alle Freier
abweist, und die liebliche Gudrun-Kriemhild , deren neidvolle, nach
seinem Goldschatz lüsterne Brüder ihm den Untergang bereiten, wo-
rauf sie endlich selbst der solchem Frevel gebührenden Strafe verfallen.
Dieser mythische Kern ist als Ganzes wie in seinen einzelnen Zügen
das echte Abenteurmärchen, wie es, von Stufe zu Stufe der wechseln-
den Kulturumgebung sich anpassend, in seinen Grundmotiven wenig
sich ändert. Aber diese uralten Motive des Glücksmärchens sind
durch die Erhebung der Helden in die Höhe nordischer Recken und
mittelalterlicher Ritter, durch die Züge heroischen Frauentums und
schwärmerischer Frauenverehrung, durch die aus christlichen Vor-
stellungen und altheidnischem Heldentum seltsam gemischten Ehr-
und Tugendbegriffe der Zeit, endlich nicht zuletzt durch jenen Hinter-
grund gewaltiger Völkerkämpfe, auf den der alte mythische Stoff
projiziert ist, zu imponierender Höhe gehoben; und neue, einer
reicheren Geisteskultur angehörende, rein menschliche Triebfedern
des Handelns sind mit den alten Zaubermotiven verwebt worden.
So die Motive der Liebe und Eifersucht, wie sie besonders im Streit
der Fürstinnen das tragische Ende wirkungsvoll vorbereiten, und vor
allem der tragische Ausgang selbst, der von jenem Streite an, ganz
im Gegensatz zu dem die Erwartung des glücklichen Endes niemals
täuschenden ursprünglichen Abenteuermärchen, den Ereignissen als
düstere Ahnung voranschleicht. Das ist natürlich nicht das ursprüng-
liche Mythenmärchen mehr. Aber es ist sein Inhalt in der Form,
die er unter dem Einflüsse dieser christlich-heidnischen Kultur an-
nimmt, die die christliche Frömmigkeit mit dem streitbaren und ge-
walttätigen, nächst der eigenen Ehre die Treue gegen den Genossen
auf das höchste schätzenden Germanentum vereinigt.
Wie weit entfernen sich nun aber trotz des gemeinsamen mythischen
Kerns und des übereinstimmenden historischen Hintergrundes diese
^34 Der Natunnythus.
auf dem Boden des alten Mythenmärchens entsprossenen Sagen in dem
besonderen Kolorit der Zeit und ihrer Kultur! Dieses besondere
Kolorit besteht jedoch nicht etwa darin, daß der Inhalt der Sage
selbst oder die geschichtliche Umgebung, in die der Inhalt ge-
bracht ist, wesentlich andej-e wären; sondern das mythologische
Medium ist ein anderes geworden, in das beidemal der eigene
mythische Gehalt der Sage gehüllt ist. In der nordischen weht noch
der Hauch der nordgermanischen Göttersage. Freilich nicht in ihrer
ursprünglichen, lebenskräftigen Gestalt — in ihr kennen wir sie ja
überhaupt nicht — sondern in der Form jener Dichtung, in der
die nordischen Skalden die Erinnerung an sie in einer christlich
gewordenen Welt festzuhalten suchten. So bildet denn die Sieg-
friedssage dieser nordischen Überlieferung nur einen Ausläufer der
inmitten des Göttermythus beginnnenden Sage vom Geschlecht der
Wälsungen, dessen letzter Sproß der Held selbst ist. Der Schatz
der Nibelungen ist zur Goldsühne geworden, den die Götter für be-
gangene Blutschuld dem Vater des den Schatz hütenden Drachen der-
einst geboten. Odin selbst greift, soweit das auch ihn bindende
Schicksal es gestattet, hUfreich in die Unternehmungen des Helden
ein : dessen Schwert ist ein Geschenk des Gottes an seine Ahnen, sein
Roß stammt von dem Zauberroß des Gottes ab. Die im verzauberten
Schloß schlafende Königstochter des Märchens ist zur Walküre, ihr
Schloß zu dem von der Waberlohe umgebenen Fels geworden, in der
jene zur Strafe ihres gegen das Gebot des Göttervaters begangenen
Fehls so lange in Schlummer versenkt bleibt, bis ein Held sie be-
freit, der das Fürchten nicht kennt.
Ganz anders die oberdeutsche Fassung der Sage. Wohl fehlt
es auch hier nicht an mythologischem Beiwerk, das der eigenen Um-
gebung entstammt. Aber wie das Christentum selbst in der Zeit, in
der hier die Sage durch die Dichtung geformt wurde, die alten heid-
nischen Götter ausgetilgt hatte, während es die niedrigere Dämonen-
welt bestehen lassen mußte, so hat die deutsche Dichtung das Ge-
schlecht der Elbe, Zwerge, Riesen und Drachen, die Nebelkappen
und Zauberwaffen bewahrt. Gleichwohl werden auch diese Bestand-
teüe zurückgedrängt. Das Drachenabenteuer mit dem zauberkräftigen
Bad im Drachenblut wird nur als ein Ereignis vergangener Tage
erzählt. Dafür sind die rein menschlichen Züge besonders in den
Die Heldensage. ^g^
Charakteren der Frauen und in der Schilderung des Werdens und
Wachsens ihrer Leidenschaften um so lebendiger. In nichts tritt
aber dieser Unterschied der beiden Gestaltungen der Sage wohl so
sprechend hervor wie in der abweichenden Fassung desjenigen Zugs^
den beide mit den verwandten Märchenformen gemein haben, und in
dem sie doch ebenso voneinander wie von diesen abweichen. Das
ist die Erzählung, wie Siegfried um Brunhilde wirbt. Das Märchen
kennt hauptsächlich drei Arten von Abenteuern, in denen der Held
eine Jungfrau, um die sich andre vergebens bemühen, gewinnen kann.
Bei der ersten Form schläft die Jungfrau in einem unzugänglichen
Schlosse so lange einen über sie verhängten Zauberschlaf, bis der
für sie bestimmte Jüngling, vor dem alle Hindemisse zurückweichen,
sie erlöst. Das ist das Märchen vom Dornröschen- und Schnee-
wittchentypus, wie es sich in zahlreichen Varianten in der Märchen-
literatur der Kulturvölker vorfindet '). Bei der zweiten Form stellt
eine vielumworbene stolze Jungfrau Aufgaben: der Held, der diese
löst, gewinnt sie ; wer sie aber nicht löst, ist dem Tode verfallen. Das
ist der Typus der ebenfalls über die ganze Welt verbreiteten Auf-
gaben- und Rätselmärchen ^). Endlich bei der dritten Form ist die
Jungfrau von einem Drachen oder andern Ungeheuer geraubt, und
der Held befreit sie aus dessen Gewahrsam. Das ist das besonders
in altindischen und ägyptischen Märchen vorkommende Motiv, das
aber in mannigfaltigen Varianten auch anderwärts nicht fehlt ^). Nun
ist es bemerkenswert, daß jeder dieser Märchentypen in einer der über-
lieferten Fassungen der Nibelungensage vertreten ist: der Typus der
Erweckung der Jungfrau aus dem Zauberschlaf in der nordischen,
der Typus der für ihre Gewinnung das eigene Leben als Spielpreis
einsetzenden Freier in der deutschen Nibelungensage, und endlich
der dritte Typus, die Befreiung der Jungfrau aus dem Gewahrsam
des Ungeheuers, das sie geraubt, im »Lied vom hürnen Seyfried»
und dem mit ihm in wesentlichen Zügen übereinstimmenden Sieg-
') Grimm, Nr. 50, 53, 62, 97 (S. 57). Dazu von Hahn, Neugriechische Märchen
Nr. 13, 32. Grundtvig, Dänische Märchen, S. 133 — 170.
^) Grimm, Nr. 12, 114. von Hahn, Nr. 63, 114. Grundtvig, S. 14 — 15. Wlis-
locki, Märchen und Sagen der transsylvanischen Zigeuner, Nr. 47.
3) Vgl. z. B. Grimm, Nr. 12, 88, 129, 163 (S. 259). von Hahn, Nr. 22, 64, 70
(S. 53;. Schott, Walachische Märchen, Nr. 10. Wlislocki, Nr. 12, 13 (S. 33), 23.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 2$
ß86 ^^^ Naturmythus.
friedslied des c kleinen Heldenbuchs», wo demnach der Held zweimal
einen Kampf mit Drachen besteht, zuerst, indem er den den Goldschatz
hütenden Drachen erlegt, dann, indem er Kriemhild, die hier zu-
gleich an Brunhildens Stelle getreten ist, aus der Gefangenschaft
eines geflügelten Drachen befreit, der sie geraubt hat. So gehört dies
Motiv des siegreich freienden Helden zwar zu den konstantesten Be-
standteilen der Sage; aber es variiert zugleich in den verschiedenen
Fassungen in einer das jedesmalige mythologische Medium spi^elnden
Weise: an die Stelle des Feuerzaubers, der vor dem zur Befreiung
bestimmten Helden nach göttlichem Ratschluß von selbst schwindet,
tritt in der mittelalterlichen deutschen Heldensage das Kampfspiel, bei
dem die Tarnkappe zum Zweck der trügerischen Verwechslung mit
dem König ihre Zauberdienste tut, im übrigen aber die Stärke des
Helden über die der gewaltigen Jungfrau den Sieg davonträgt; end-
lich in der später verbreiteten Sage wiederholt sich auch hier das
weiten Volkskreisen besonders zusagende, in der Legenden- und
Sagendichtung darum immer wiederkehrende Motiv des Kampfs
mit dem Drachen. In diesen Variationen entspricht nun jede der
drei Gestaltungen dieser Episode einem jener viel gewanderten
Märchentypen, die, nur jeweUs wechselnd nach Zeit und Umgebung,
ohne alle Frage existiert haben, lange bevor es eine Nibelungen-
sage in den uns heute überlieferten Formen gab. Nicht minder gilt
das von den andern Elementen der Sage, die zu diesem Motiv der
durch Kampf oder Überwindung eines Zaubers zu erringenden Braut
hinzutreten. So anscheinend von dem Feuerzauber, der die schlafende
Brünhild gefangen hält, wo die Feuerlohe der Dornhecke entspricht,
der Schlafdom, den Odin in Brunhildens Gewand stößt, der Spindel,
die Dornröschen samt ihrem Schloß in Schlaf versenkt. Mag es auch
zweifelhaft scheinen, ob diese spezifischen Züge, die das von den
Brüdern Grimm im hessischen Lande aufgezeichnete Märchen mit
der Sage der Edda gemein hat, in die nordische Heldensage, oder ob
sie umgekehrt aus dieser in eine der zahlreichen Varianten des
Märchens von der schlafenden Königstochter übergegangen seien, —
dieser Märchentypus überhaupt ist so verbreitet und in den meisten
seiner Einzelgestaltungen offenbar so unabhängig von der Sage, daß
hier so gut wie in den andern Fassungen des Motivs der Gewinnung
der Braut das Märchen mindestens in seinen allgemeinen von der
Die Heldensage. 38^
Sage verwerteten Zügen dieser vorangegangen ist. Auch hier ist
dann bei diesem Übergang nicht der eigentliche StofT des Märchens
verändert, sondern nur teils durch die Verbindung vieler Märchen-
motive miteinander, teils durch die Versetzung in eine veränderte
Kulturumgebung umgestaltet worden.
f. Die Ilias. Obergttngre der Helden- in die Göttersage.
Liegen diese Bedingungen des Werdens und Wachsens aus ihren
mythologischen Vorstufen bei der deutschen Heldensage durch die
neben einander hergehenden geschichtlichen und sagenhaften Über-
lieferungen verschiedenen Ursprungs deutlich genug vor Augen, um
auf den allgemeinen Gang dieser Entwicklung zurückschlieOen zu
können, so verhält sich dies nun freilich anders bei der an sich auf
einer höheren Stufe dichterischer Gestaltung des ursprünglichen
mj^hischen und geschichtlichen Inhaltes stehenden historischen Helden-
sage der Griechen. Sie ist uns für den troischen Sagenkreis vor-
nehmlich in den die zwei Hauptepisoden, den Kampf um die Stadt
und die Heimkehr der Helden, schildernden Dichtungen der Hias
und Odyssee erhalten. Hier ist vor allem in der Ilias deutlich
jener Typus historischer Sage vertreten, bei dem das Geschichtliche
den Kern bildet, zu dem das Mythische in einer Fülle wechselnder
Bilder hinzutritt. Von ihnen sind dann einzelne anscheinend mehr
durch das Bedürfnis nach poetischer Einheit als durch ein in den
historischen oder mythischen Bestandteilen selbst liegendes Motiv in
den Vordergrund gestellt: so in der Ilias der Zorn des Achilleus,
in der Odyssee das Streben des Helden nach der seiner harrenden
heimischen Insel. Gerade das sind Züge, die wahrscheinlich ganz
und gar der poetischen Erfindung angehören. Mag diese auch
in ihrer allgemeinen Richtung durch den natürlichen Gang der Er-
eignisse bestimmt sein, im einzelnen schaltet sie vollkommen frei
mit ihrem Stoff. So bildet in der Hias das Motiv des Streits der
führenden Helden um die erbeuteten Frauen mit den weiteren Folgen,
die sich daran anschließen, das Mittel, durch das die Dichtung den
historischen Stoff zu einem Ganzen verbindet. Demgegenüber be-
sitzen die mythischen Elemente eine sekundäre Bedeutung. Die
Handlung als solche würde auch ohne sie möglich sein, wenngleich
allerdings dadurch der eigentümliche Charakter des Epos, durch den
25»
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: . - ; thische Gestalt ist. Seine
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. • • Ml 1 lephiistos selbst ge-
; . 'iingere Sage noch jene
.-:h die Z.iubersalbe seiner
• :vjr die Kori'er>telle aus-
:': Pfeil c'.^s Paris wirklich
;• ■.•.■>r allem dieser letzte Zug
^ ^ •- >i--.g*-') ^lidi man sich versucht
. . r vermittelten Zusammenhang
r.jh dieser nicht, wenn er auch
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' .?:::>age begegnete, ist weit ver-
• . ;• ".i'. "^o der Kampf mit den Waffen
•. • -T-i^enie Rolle spielen, das natür-
. : -^tir./.chen Zauberwaffen. Wo aber
- V:ie verfällt, da ist wiederum das
ie> Korpers von dem schützenden
iin mythologisches Auskunftsmittel,
. j^-«cn in Märchen und Sage ein Zauber
-i>.c verwandt ist. So wird im Zauber-
.-.ii Zauberrute durch einen Gegenzauber
Die Heldensage. ^3q
wieder aufgehoben (S. 162 f., 188), oder der Held ist, wie im nordischen
Baidermythus, gegen alle Geschosse gefeit, nur der einsam wachsenden
Mistel, die bei dem Schutzzauber übersehen wurde, muß er erliegen.
Die spätere epische Dichtung der Griechen hat nicht nur diese
mythischen Züge, sondern sie hat auch die Anzahl der Helden, die
solche an sich tragen, immer mehr gesteigert, und sie hat schließlich
ganz mythologische Gestalten, wie den äthiopischen Memnon und die
Amazone Penthesilea, hinzutreten lassen. Dabei eröffnen sich nun
vornehmlich zwei Wege, um die Helden der historischen Sage zu
Heroen zu erheben: der eine besteht in der von den Griechen mit
Vorliebe gepflegten Genealogie, die den Helden unmittelbar oder
mittelbar durch seine Ahnen auf einen göttlichen Erzeuger zurück-
führt; der andere darin, daß man ihn bei seinem Tode zu den
Göttern entrückt werden läßt. Geburt und Tod werden dann aber
wieder in dem Sinne in Verbindung gebracht, daß die göttliche
Herkunft auch die Anwartschaft auf die endliche Apotheose in sich
schließt. So wurden in der späteren Ausgestaltung der trojanischen
Sage die Helden der Achäer wie der Troer nach und nach in solchem
Umfange heroisiert, daß schließlich nur wenige übrig blieben, denen
nicht diese Umwandlung zu teil geworden wäre. Zwei Umstände
mochten diesem Vorgang zu Hilfe kommen: die natürliche Neigung
zur Verstärkung der Heldeneigenschaften ins Übermenschliche, die
an den schon vorhandenen Heroen ihre Vorbilder fand, und das
Streben der einzelnen griechischen Landschaften, die Helden, als
deren Heimat sie sich nach der Sage betrachten durften, als göttliche
Beschützer ihrer Gaue und Städte zu verehren. So mochten vielfach
die im Epos verherrlichten Heroen die alten Ortsdämonen als deren
einer kriegerischen Zeit besser entsprechende Nachfolger ablösen.
Dieser zweite Weg der Heroisierung konnte aber endlich in einzelnen
Fällen noch mit einem dritten zusammentreffen. Unter den teils
historischen teils mythischen Namen der Helden mochten wohl auch
solche sein, die, schon bevor sie in die große historische Heldensage
aufgenommen waren, als lokale Heroen eine kultische Verehrung
genossen, so daß sie, ihrem Ursprung aus dem Ahnenkult gemäß,
auch in der Sage zunächst mehr die Bedeutung von Repräsentanten
der an dem Krieg beteiligten Stämme als die individueller Helden
besaßen, wobei ihnen dann der Anspruch auf kultische Verehrung
7QO Der Natnrmythas.
um SO mehr erhalten blieb. Daß auf diese wachsende Entwicklung
des Heroentums schließlich das Epos selbst und das ihm aus dem
alten Ahnenkultus überkommene Streben nach einer Verherrlichung
der Ahnen der Fürsten und Vornehmen, vor denen der Sänger seine
Heldenlieder erklingen ließ, mitwirkte, entspricht einem natürlichen
Zug aller Volksepik*). Kann sich der Angehörige eines hervorragenden
Geschlechts, dem das Lied zu gefallen sucht, selbst nicht mehr
eines unmittelbaren göttlichen Ursprungs rühmen, so will er diesen
doch seinem Urahnen gesichert wissen. Welche Bedeutung dieses
genealogische Moment bei den Griechen überhaupt besaß, ersieht
man noch aus den späteren Mythographen, die sorgfaltig alle An-
gaben der Dichter über solche Abstammungen zusammentragen.
Göttlichen oder halbgöttlichen Ursprungs ist nach ApoUodors Genea-
logien jeder Held. Schließlich aber fuhren alle diese Stammbäume
auf Zeus zurück, der hier im buchstäblichsten Sinne zum »Vater der
Götter und Menschen« wird.
Wichtiger als dieses der Heldensage immanente Streben der Er-
hebung des Helden zum Heroen, das von der Sage aus auf das Epos
und von diesem wieder auf die Sage zurückwirkt, ist jedoch eine
zweite, diese erste besonders in der älteren Sagenüberlieferung, wie
sie die Ilias bietet, sichtlich einschränkende Eigenschaft. Sie besteht
in dem Zurücktreten jener Wunder- und Zaubermotive, die vor allem
die mythische Sage, dann aber auch noch die historische, so lange
sie einen mythischen Kern birgt, beherrschen. Daß diese Vermensch-
lichung, die in gewissem Sinne eine Rationalisierung derselben genannt
werden könnte, zu dem Streben nach Heroisierung der Helden in
einem Gegensatze steht, zeigt sich auch darin, daß, sobald die
letztere Tendenz die Oberhand gewinnt, wie es in der späteren
Sage und Dichtung geschieht, auch die alten Motive des Zauber-
märchens abermals stärker hervortreten. Das geschieht ja schon in
den Märchen der Odyssee, wenngleich diese immerhin hier bloße^
noch dazu nachträglich erst von dem Helden seinen phäakischen
Gastfreunden erzählte Episoden einer sonst dieses Zauberapparates
entbehrenden Haupthandlung sind. In der Ilias, die wir hier als
die typische Gestaltung dieser historisch-poetischen Form der Helden-
«) Vgl. TeU I, S. 386 ft (2. Aufl. Bd. 3, S. 407 ff.).
Die Heldensage. 3Q1
sage betrachten dürfen, sind es dagegen durchaus nur menschliche,
wenn auch in noch so leuchtenden Farben geschilderte Züge, die
uns an den Helden begegnen. Selbst die am ehesten mythisch
angehauchte Gestalt des Achill macht davon im Verlauf der Begeben-
heiten keine Ausnahme. So sind Zauber und Wunder aus der
Lebenssphäre der Helden selber so gut wie ganz beseitigt. Doch
sie sind nur verschwunden, um zu den Göttern hinüberzuwandem,
die diesem Kampf mit leidenschaftlicher Teilnahme zusehen, die einen
den Achäem, die andern den Troern geneigt, so daß der Streit der
Helden zugleich ein Wettstreit der Götter ist, bei dem nur Zeus
zwischen den beiden Parteien steht, um, auf welcher Seite es auch
sei, allzu großem Frevel zu wehren, im übrigen aber das voraus-
bestimmte Geschick sich erfüllen zu lassen. Darum treten hier un-
gleich mehr als in der rein mythischen Heldensage, wo der Held
selbst über Zauberkräfte gebietet oder zauberhafte dämonische Wesen
bekämpft, die Götter mit in den Vordergrund der Handlung, und
dies geschieht nicht mehr in vereinzelten Taten, die hier dieser,
dort jener Gott vollführt, sondern die Götter bilden einen wohl-
geordneten Götterstaat, der, wenn auch erhaben über dem Men-
schen, doch nach dem Vorbild menschlichen Zusammenlebens gedacht
ist. In dieser Göttergemeinschaft erscheint nun jeder Gott mit be-
stimmten persönlichen Eigenschaften ausgestattet, von den gleichen
Motiven der Liebe und des Hasses, des Wohlwollens und des Neides
bewegt wie die Helden selbst, die die Vorbilder dieser Götterwelt
sind. So ist es vor allem die historische Heldensage, die die Götter
in dem Maße menschenähnlicher macht, als sie aus der eigenen
Sphäre menschlichen Tuns das übermenschliche Wunder verschwinden
läßt. Indem sie nun aber dieses den Göttern zuteUt, erhebt sie die-
selben, während sie sie vermenschlicht, gleichzeitig zu übermensch-
lichen Wesen, zu denen der Mensch in der Not seine Zuflucht nimmt,
und deren Hilfe er durch Opfer imd Gebet erringen kann. So ent-
wickelt sich das Bild des Gottes, wie es unter der unmittelbaren Wirkung
der Heldensage und ihrer dichterischen Wiedergabe im Epos sich
gestaltet hat. Der Held der Sage mit allen ihn über das Mittelmaß
der Menschen erhebenden und dennoch rein menschlichen Eigen-
schaften ist das Urbild des persönlichen Gottes. Auf diesen sind nun
aber nicht bloß die Heldeneigenschaften nochmals in einem das Maß
^gz Der Naturmythus.
des menschlichen Helden übersteigenden Grade hinübergewandert, son-
dern es sind ihm auch die Mittel von Wunder und Zauber um so mehr
zu eigen gegeben, je mehr sie aus der Sphäre des menschlichen Tuns
verschwanden. Doch bei diesem Übergang sind auch sie zu einer
höheren Stufe erhoben worden: der niedrige Zauber der irdischen
Dämonen und zauberkundigen Menschen hat dem über die gewaltigen
Kräfte der Natur gebietenden, an keine menschlichen Schranken ge-
bundenen göttlichen Wunder Platz gemacht. So vollendet die Helden-
sage in der Übertragung des Charakters der Persönlichkeit von einer
der bedeutsamsten Seiten her die Ausbildung der Göttervorstellungen.
Es vollzieht sich aber zugleich in jenem Herüberwandem des Wunders
vom Menschen zum Gotte eine allmähliche Sonderung der Götter-
sage von der Heldensage und in ihr eine erste Scheidung zweier
großer Gebiete der Überlieferung. Die eine dieser Überlieferungen,
die mit dem spezifisch menschlichen Anteil der historischen Helden-
sage beginnt, eröffnet den Zugang zur Geschichte. Die andere,
die in der Göttersage wurzelt, vereinigt die ursprünglich aus zerstreuten
Elementen der Ortssage, des Lokalkultus und der Dämonenvorstel-
lungen vereinigte Glaubensüherlieferung. Darum ist den Griechen
noch für lange Zeit Homer die älteste Quelle ihrer Geschichte wie
ihres Glaubens gewesen. Die Kämpfe um Troja galten ihnen ebenso
für historische Wahrheit, wie sie an die Wirklichkeit der homerischen
Götter glaubten, wenn man auch manches, darunter namentlich die
allzu menschlichen Taten der Götter, in Abzug bringen mochte, was
der Dichtung zugute gehalten wurde. Hierin hat jedoch das griechische
Denken nur in der ihm eigenen Richtung einen Weg eingeschlagen,
der bei allen Kulturvölkern schließlich der gleiche ist Die aus
Mythus, Dichtung und einem wechselnderen Anteil wirklicher Ge-
schichte gewebte älteste Überlieferung gilt gleichzeitig als Stammes-
und als Glaubensüberlieferung; und wie der Mythus noch fiir ferne
Generationen die Geschichte der Vergangenheit der Völker umhüllt,
so bleiben Mythus und religiöser Kultus, ähnlich wie sie in jenen
Anfangen einander ergänzen, so auf unabsehbare Zeit, wenngleich in
mannigfach umgewandelten Formen, aneinander gebunden.
Die Göttersage. ag^
4. Die Göttersage.
a. Anfänge der Göttervorstellungen bei den Natnrvölkern.
Das Problem des Ursprungs der Göttervorstellungen pflegt leider
durch den Umstand verdunkelt zu werden, daß man über diese Frage
reflektiert und Beobachtungen beibringt, die sie entscheiden sollen,
ohne zuvor darüber ins Reine gekommen zu sein, was denn über-
haupt unter einem Gott zu verstehen sei. Viele Autoren ziehen den
Umfang des Begriff's dermaßen weit, daß sie alles, was der Mensch
irgendwie als eine ihm rätselhafte Macht scheut, einen Gott nennen.
So rechnet man nicht bloß die Wolken und Winde, Blitz und Donner,
insofern in ihnen das Walten segenspendender oder unheildrohender
Kräfte gesehen wird, sondern auch Fetische, Ahnengeister, Totemtiere
zu den Göttern. Der Begriff" des Gottes fallt also hier vollständig
mit dem des Zauberhaften zusammen. Da für den primitiven Menschen
die ganze Natur von Zauber erfüllt ist, so müßte man demnach folge-
richtig annehmen, den Beginn der mythologischen Vorstellungen bilde
eine unendliche Vielheit von Göttern, die sich dann erst allmählich
auf eine beschränkte Anzahl solcher, die in einzelnen besonders
machtvollen Naturerscheinungen verkörpert seien, reduziere. Indem
man jedoch diese allzu weit führende Konsequenz scheut, pflegen
die Anschauungen zwischen zwei entgegengesetzten Extremen zu
schwanken. Nach der einen sind die Seelen von den Göttern aus-
zunehmen; diese entwickeln sich aber aus den Seelenvorstellungen
infolge der Furcht vor den Seelen Verstorbener: das ist die ani-
mistische Variante des allgemeinen Götterbeg^flTs. Nach der andern
ruht im Hintergrund des an sich außerhalb der Gottesvorstellungen
stehenden Zauberglaubens und selbst der Vorstellungen einer Viel-
heit niedrigerer Naturgötter die Idee einer höchsten, in der Regel
unsichtbar gedachten Gottheit: das ist die monotheistische oder —
wie man sie, da sich diese reinere Gottesidee meist hinter sonstigen
mythologischen Zugaben verbergen soll, vielleicht auch nennen könnte
— die kryptomonotheistische Variante der Allgöttertheorie. Beide
Ansichten bekämpfen sich wieder auf das äußerste. Die Animisten
sehen in dem Monotheismus eine späte, erst auf der letzten Sprosse
der Stufenleiter religiöser Ideen entstandene Anschauung. Die Mono-
2 04. Der Natarmythns.
theisten ziehen zwischen Seelenglauben und Gottesglauben eine scharfe
Grenze, die sie für eine unüberschreitbare halten. Bei diesem Streit
kommt jedoch eine Vorstellung zu kurz, die in Wirklichkeit weder
Seelen- noch Göttervorstellung ist, wenn sie auch nach beiden Seiten
Beziehungen bietet: die des Dämons. Dies hängt sichtlich damit zu-
sammen, daß weder die Animisten noch die Monotheisten oder Krypto-
monotheisten darüber Rechenschaft zu geben suchen, was man unter
einem Gott zu verstehen habe. Daß aber dieser Begriff vor allem nicht
mit dem des Dämons verwechselt werde, das ist, da nun einmal
in den tatsächlichen Vorstellungen aller Völker diese Unterschiede
existieren, und da sich, wie wir oben (S. 331, 339 f.) gesehen haben,
sehr bestimmte Kriterien für beide angeben lassen, sicherlich eine be-
rechtigfte Forderung, Gibt man dies zu, so muß diese Forderung
selbstverständlich auch in jedem einzelnen Fall erfüllt sein, wenn man
entscheiden will, ob irgendein in der mythologischen Anschauung
vorkommendes Wesen ein Gott sei oder nicht.
Suchen wir nun, von jenen drei Merkmalen des getrennten Wohn-
orts, der unbegrenzten Lebensdauer und des selbständigen persön-
lichen Wesens ausgehend, die Mythen der Naturvölker auf ihren
Inhalt an wirklichen Göttern zu prüfen, so kann es keinem Zweifel
unterliegen: selbst das, was in diesen Mythen den Göttern am nächsten
kommt, fallt seinem Hauptinhalte nach noch ganz in die Sphäre der
Dämonenvorstellungen, wie die Wolken und Winde und die Gestirne.
Denn es fehlt diesen Naturwesen, ebenso wie den Märchenhelden,
die dem Menschen das Feuer oder andere primitive Kultiu^üter ge-
bracht, den als Schutzmächten verehrten Totemtieren, Ahnengeistern
usw., nicht bloß durchaus der persönliche Charakter der Göttervor-
stellungen, sondern auch die äußeren Merkmale des außerirdischen
Wohnsitzes und des unsterblichen Daseins treffen in der Regel nicht
für sie zu. Freilich ist die Behauptung, daß alle diese Vorstellungen
schützender oder drohender Mächte, von den Totemtieren bis hin-
auf zu den wirklichen Göttern, in direkter Linie vom Seelenglauben
herstammen, nicht minder unvereinbar mit den Tatsachen. Wohl
wirken hier die Seelenvorstellungen überall mit, da schließlich auch
die Götter beseelte Wesen sind. Aber das eigentliche Wesen des
Gottes wird durch diese Eigenschaft der Beseelung, die er mit dem
Menschen selbst und mit allen andern Objekten mythologischer Apper-
Die Göttersage. 395
zeption teilt, nicht im geringsten erklärt, wie denn ja gerade jene
drei Hauptmerkmale des Gottesbegriffs gänzlich außerhalb des Um-
kreises der allgemeinen Seelenvorstellimgen liegen.
Nun kann natürlich eine alle Naturvölker umfassende Prüfung der
Frage nach dem Vorkommen von GöttervorsteUungen hier nicht
unternommen werden. Wir müssen ims auf einige typische Beispiele
beschränken. Dabei wird es zweckmäßig sein solche zu wählen, die
speziell als Zeugnisse theistischer Ideen betrachtet worden sind. Unter
den von äußeren Berührungen relativ frei gebliebenen wilden Stämmen
ist es zunächst die wohl der tiefsten Kulturschicht angehörende austra-
lische Rasse, bei deren Legenden von den »Muramura« um so
mehr an wirkliche Götter gedacht werden könnte, als von diesen
Wesen zuweilen erzählt wird, sie lebten in Sternen weiter und be-
straften die Nichtbefolgung der von ihnen eingesetzten Zeremonien
und die Übertretung ihrer Gebote. Dennoch ist die Vorstellimg vom
Übergang in Sterne hier offenbar eine sekundäre. Die eigentliche
Heimat dieser Urwesen und vor allem die Stätte ihres Wirkens ist
dereinst die Erde gewesen. Ihre Versetzung an den Himmel ist
allem Anscheine nach nur ein dem alten Märchenmotiv der Himmels-
wanderung entnommener Zug, der durch das Verschwinden dieser
Wesen von der Erde nahe gelegt wird. Sie selbst aber sind ganz
nach dem Vorbild der Medizinmänner, nur gewaltiger als diese ge-
dacht. Ihrem allgemeinen Charakter nach sind daher die Muramura
Kulturbringer, nicht Götter. Sie gehören derselben Gattung von
Fabelwesen an, wie der Rabe der nordpazifischen Indianer und andere
Helden des primitiven Kulturmärchens'). Wenn dann bei einigen
Stämmen, wie bei den Dieri, unter diesen im allgemeinen in der
Mehrzahl gedachten Urwesen ein einzelnes wieder besonders hervor-
tritt, das neben anderm, ähnlich wie Prometheus, auch Menschen ge-
formt hat, so liegt selbst das noch ganz in der Sphäre solcher den
Glauben an die 2^uberkraft der Medizinmänner ins Große und Gro-
teske übertreibenden Mythenmärchen*). Dasselbe gilt von den legen-
darischen Wesen der Melanesier, den Mana der Bank-Islands, den
Vui auf Neu-Guinea, dem Qatl u. a., Zauberdämonen, die nicht bloß
') Howitt, The native Tribes of South East Australia, p. 394 ff- Siehe oben
S. 295 ff., 305.
*) Howitt and Siebert, The Legends of Dieri, Joum. of Anthropol. XVIII, p. 102 f.
3g6 Der Naturmythus.
in ihrem Wirken ganz und gar der Erde angehören, sondern die
man auch, nachdem sie verschwunden sind, in der Regel in irdischen
Objekten, meist in Steinen, erhalten denkt. Die den australischen
verwandten sogenannten »Schöpfungsmythen«, die von ihnen er-
zählt werden, besitzen aber durchaus den Charakter jener Mythen-
märchen, wie sie auch von andern fabelhaften Kulturhelden, dem
Hasen, Raben, Coyoten usw., umlaufen').
Einen Schritt weiter führen uns hier schon die in den Mythen-
märchen der Prairie-Indianer Nordamerikas niedergelegten Vorstel-
lungen, namentlich solcher, die durch die Pflege des Ackerbaus über
die Stufe von Jägervölkern hinausgeschritten sind. Auch läßt sich
hier deutlich die mit der Kultur Hand in Hand gehende Ausbildung
der Mythen verfolgen. Wir beschränken uns darauf, aus den Mit-
teilungen G. Dorseys über die Pawnee, Caddo und Wichita sogleich
die höchste dieser Stufen herauszugreifen. Bei den ackerbauenden
Wichita trifft man nicht bloß die im ganzen Norden verbreiteten
Dämonen der vier Winde und der Wolken, des Gewitters, sondern
auch Legenden von einem »Mann, der nie bekannt war auf Erden«.
Neben ihm steht die »Frau, die Macht hat im Wasser«. Beiden unter-
geordnet werden die vier Götter der Winde, ferner der Südstem als
der Schützer der Krieger, der Nordstern als der der Medizinmänner,
endlich der Mond als Helfer der Frauen '). Von diesen Wesen g^lt
dann der erste, der »große Unbekannte«, als der Weltschöpfer. Er
scheidet Wasser und Land, findet im Osten einen Mann in einer
lichten Höhle, der aus dieser befreit zur Sonne wird. Er gründet
dann Dörfer und Städte und belehrt zusammen mit der Frau, »die
Macht im Wasser hat«, die Menschen über den Gebrauch von Bogen
und Pfeil, in der Darbringung von Opfern usw. Beide schenken das
Korn als Nahrung. Dann verschwinden sie: die Frau wird zum Monde,
der Mann zum Morgenstern; er heißt daher von nun an »Bringer des
Tageslichts«^). Danach ließe sich wohl diese Mythologie als eine Ver-
bindung von Himmelsgöttern mit spezifischen Schutzgöttern einzelner
Gebiete menschlichen Lebens auffassen, in welchem System die
*) Codrington, The Melanesians, p. 124 ff. Das Märchen, wie Qatl Menschen,
Tiere und Tag und Nacht schuf, vgl. Teil I, S. 349 f. (2. Aufl. Bd. 3, S. 370 f.).
") Dorsey, Wichita Mythology, p. 7 ff.
3) Dorsey, a. a. O. p. 315 ff.
Die Göttersage. ^gj
Himmelsgötter wieder als die übergeordneten und danach zugleich
als die Weltschöpfer gelten würden. Betrachtet man aber die Mythen-
märchen, in denen diese Himmelswesen eine Rolle spielen, näher, so ge-
mahnen sie doch noch stark an jene Erzählungen von den Himmels-
wanderungen, bei denen ein Mensch Sonne, Mond oder ein Stern ge-
worden sei, und es gewinnt ganz den Anschein, als wenn auch hier
dieses uralte Märchenmotiv mit dem andern schon bei den Australiern
beobachteten zusammentreffe, nach welchem die im übrigen als ge-
waltige Menschen und Medizinmänner gedachten Wesen der Vorzeit
gewissermaßen als Gestirne zur Ruhe gesetzt sind, nachdem sie ihre
Mission auf Erden erfüllt haben. Auch in diesem Fall besitzen also
die Götter halb die Bedeutung von Schutzdämonen halb die von
Kulturbringem der Vorzeit, wie sie, bald als Menschen bald als Tiere
oder in einer zwischen beiden wechselnden Form gedacht, in dem
Kulturmärchen aller primitiven Völker vorkommen. Indem nun unter
der Wirkung der früher (S. 303) erörterten Verschmelzungsmotive die
ursprünglich wohl meist verschiedenen Zauberhelden solcher Kultur-
märchen zusammenfließen, kann schließlich, wenn die groteskeren
Züge dieser Märchenhelden mehr zurücktreten, gelegentlich wohl ein-
mal ein solches Wesen das Ansehen eines obersten Gottes gewinnen.
Auch der >Mann der nie bekannt war auf Erden«, und der doch
nach den von ihm erzählten Geschichten dereinst nur auf der Erde
gewaltet hat, erinnert noch allzu sehr an den Raben Jelch, den
Coyoten und den Mänäbusch, als daß er sich mit den wirklichen
Göttern unter einen und denselben Begriff bringen ließe. Er ist halb
ein menschlich gedachter Kulturheld, halb ein Dämon, der, nachdem
er dem Gesichtskreis der Lebenden entschwunden ist, als Stern nicht
anders wie in andern Fällen als Stein zu einem bleibenden Denkmal
seines früheren Daseins geworden sein kann. Die Schutzgötter des
Krieges, der Jagd, der Frauen usw., die unter jener obersten Gottheit
stehen und im wirklichen Leben offenbar die größere Rolle spielen,
entbehren endlich als unmittelbare Objektivierungen der Wünsche und
Befürchtungen des Menschen so sehr der persönlichen Eigenart, daß
sie auf dem Wege, der von dem Dämon zum Gott hinüberfuhrt, sicht-
lich dem ersten noch allzu nahe stehen, um sie als eigentliche Götter
bezeichnen zu können.
Verwickelter wird diese Frage, wenn die ursprünglichen Vor-
ßog Der Natunnythus.
Stellungen in früher Zeit schon durch äußere Kultureinflüsse verändert
und mit fremden Elementen durchsetzt worden sind. Unter den
Indianern Nordamerikas trifft das wohl vornehmlich bei den Irokesen
zu, dieser in mehrere Stämme zerfallenden Völkerschaft, die, dereinst
einen großen Teil des heutigen Staates New York bewohnend, von
der Zeit des Kolumbus an dem Import fremder Ideen vor andern
zugänglich gewesen ist, und die schon damals auf einer Stufe sich
befand, die sie das Fremde leicht dem eigenen Mythenschatz assimi-
lieren ließ, daher es nur noch an wenigen Punkten möglich ist, solche
heterogene Beimengungen auszuscheiden. Immerhin ist in den Erzäh-
lungen von der Erschaffung der Tiere, von der des Weibes aus der
Rippe des Mannes und andern biblischer Einfluß unverkennbar').
Aber auch da, wo solche Beziehungen nicht so unmittelbar hervor-
treten, fehlen sie schwerlich. So erweckt schon der fast ausschließ-
lich kosmogonische Charakter dieser irokesischen Mythologie den
Verdacht, daß hier unter den biblischen Traditionen die Schöpfungs-
geschichte einen besonderen Eindruck gemacht habe, wie sie das ja
noch heute bei unseren Kindern zu tim pflegt. Alles was die Irokesen
an einheimischem Mythenmaterial besaßen, suchten sie daher, wie es
scheint, möglichst in diese kosmogonische Form einzukleiden. Aus
dem im einzelnen unserer Analyse sich entziehenden Gewirre solcher
Mythenmärchen leuchten so vor allem zwei Motive hervor, durch die
diese auf den ersten Blick fremdartig erscheinende Mythologie mit
den sonst bei den verwandten Indianerstämmen sich vorfindenden
Mythenkreisen zusammenhängt. Das eine dieser Motive ist das in
Amerika weitverbreitete Mythenmärchen vom Aufstieg zum Himmel.
Nur tritt es hier, vielleicht unter dem Einfluß der christlichen Himmels-
vorstellungen, in der umgekehrten Form auf: das Ureltempaar hat
im Himmel gewohnt. Die Tochter dieser Ureltem wird nach einer
langen Himmels Wanderung von dem »Häuptling«, der die Erde hält,
samt dem Kinde, das sie von ihm geboren hat, in die Tiefe gestürzt.
Doch die Erde selbst existiert noch nicht. Sie entsteht erst, indem
Wasservögel aus der Tiefe eines Sees Land holen, um damit das
einzige Tier, das die Erde tragen kann, die Schildkröte, zu belasten —
Züge, in denen neben dem orientalischen Märchen von dem Tier,
*) Hewitt, Iroqnojan Cosmology, Ethnol. Rep. XXI, 1903, p. 137.
Die Göttersage. 3^9
das die Erde trägt, deutlich genug auch die Sintfluterzählung mit den
ausfliegenden Vögeln anklingt*). Wenn femer der Häuptling der Erde
für die Menschen durch die geöffneten Dächer ihrer Hütten Korn in
Fülle herabströmen läßt, so erinnert das außerdem an die zahlreichen
Kulturmärchen der Neuen Welt, deren Thema die Gewinnung der
Komfrucht ist. Die Zauberwirkungen endlich, mit deren Hilfe die
Götter oder »Verwalter und Aufseher«, wie sie in der Sprache dieser
Stämme genannt werden, die Welt lenken, läßt vermuten, daß auch
diese nach dem Vorbild der irdischen Medizinmänner, nur unum-
schränkter gedacht werden. Als solche Personifikationen nach mensch-
lichem Vorbild nähern sie sich freilich den Göttern. Aber ihr Wirken
liegt noch so ganz in der Sphäre des Dämonischen, daß man sie
wohl eher »werdende Götter« als wirkliche nennen könnte").
Ein etwas geklärteres Bild der Entwicklung, die eine ursprünglich,
wie man annehmen darf, relativ primitive Mythologie unter dem
Einfluß von außen hinzutretender Elemente erfahren kann, bieten
schließlich vielleicht jene Stämme des Pueblogebietes, die vormals
innerhalb der Kultursphäre Mexikos gelegen waren. Indem sie über-
dies durch das Zusammenströmen verschiedener Bevölkerungsschichten
aus zum Teil weit entlegenen Gebieten Anregungen mannigfacher Art
empfingen, haben sie diese, wie es scheint, selbständiger zu eigentüm-
lichen Kulten weitergebildet, als dies den unter den Einwirkungen
des Christentums stehenden Völkern möglich war. Ein besonderes
Interesse bietet hier unter den Mythologien dieser in ihrer Denk-
') Hewitt, a. a. O. p. 180 fF. Verschiedene Varianten dieser Erzählung bei Boas,
Indianische Sagen, S. 337. Brinton, Myths of the New World^, p. 197.
^) Der neneste sachkundige Erforscher der Irokesbchen Mythologie, Hewitt,
scheint mir das von ihm mitgeteilte Mythenmaterial doch allzasehr nach dem Vorbild
biologischer Abstraktionen zu deuten, wenn er als den ursprünglichen Gedanken den
BegjrifF eines die Welt und alle Dinge in ihr durchdringenden Lebensprinzips be-
zeichnet, das aus der Erde auf den Menschen selbst übergehe usw. Die Natur-
belebung des Mythus ist, wie ich glaube, von derartigen halb pantheistisch ange-
hauchten Lebenskräften ebensoweit entfernt, wie die Zauberkausalität von dem natur-
wissenschaftlichen Kausalbegriff. Ist aber das »Orenda« der Irokesen nichts anderes
als eine solche nach dem Vorbild der vermeintlichen Begabung des Medizinmannes
gedachte Zauberkraft, so steht es als solche wieder mit den Seelenvorstellungcn in
engem Zusammenhang. Denn magische Femwirkungen, die ein persönliches Wesen
wie der Medizinmann ausübt, sind stets zugleich seelische Wirkungen, vgl. Teil I,
S. 549.
402 Der Natnrmythtis.
der Tanzenden wurde auf die Wolken selbst übertragen, die nun als
Masken die zum Himmel gewanderten Ahnen hinter sich verbei^^en.
So sind der in den Prozessionen vom Ahnendorf zum Festplatz
ausgeübte Regenzauber und die Tänze der Wolkenmasken gleich-
zeitig Bestandteile eines den Wettermächten geweihten Naturkultus
und eines Ahnenkultus geworden. Auch in dieser Vereinigung
bleiben aber diese Mythengebilde echte Naturdämonen; und unver-
kennbar bestimmt diese im Kultus dominierende Grundschicht des
mythologischen Denkens auch die darüber gelagerten Göttervorstcl-
lungen. So zunächst die Gestirn-, Wind- und Wettergötter, die sich
nunmehr jenen als sie beherrschende oder ihnen helfende dämonische
Wesen zugesellen. Nicht minder besitzen die Kri^^öttcr, die Tier-
götter, die Kommädchen den Charakter von SchutzdämoneUi während
es der über dieser Dämonenwelt stehende esoterische Gott zu einer
lebendigen Bedeutung in Glauben und Kultus überhaupt nicht ge-
bracht hat.
Ich übergehe hier die relativ primitiv gebliebenen eingeborenen
Stämme Afrikas, bei denen die meist an Sonne und Mond gebun-
denen Götter\*orstellungen noch mehr zurücktreten, indem sie bei den
.eigentlichen Negern von Fetisch- und Zauber-, bei den Bantus von
Seelen- und Ahnenkulten so über\i*uchert sind« daß sich das, was man
hier Gv^tten-orstellungen nennt, auf ziemlich unbestimmte und offenbar
unsichere Angaben zu beschränken pflegt'.. Dag^[en bedarf das
am reichsten ausgebildete unter den m\'thol<^rischen Systemen der
sogenannten »Natur\*ölker«. das der PohTiesier, noch einer kurzen
Betrachtung. Wie die Pol\~nesier allein über eine verfaaltnismäOig
weit zurückreichende Sagengeschichte x-erfugcn. so sind sie auch aflem
Aiisdieine nach die einzigen unter allen Natorvolkeni, die eine den
Kosxnogonien und Theo^-^nicn cer Kulturvölker verwandte »Götter*
sage* besitzen. Da die M>thoIogie der Polynesicr, abgesdien von
den L'bertebnissen eines dereins: u-ahrscheinli<ji reidier entwickelten
Ahnenkuhus und wn den Zauber* und TabuvorsteQongen^y bst ganz
in ihrer Schöpfungssage autgeh:, so wird sie uns ab ein typiscbes
Beispiel der letzteren unten Seschxtigen. Für Ä Bedeutm^ der
Die Göttersage. 403
manchmal wohl stark überschätzten Göttervorstellungen dieser Völker
sind nur zwei Momente hervorzuheben. Erstens ist die Schöpfungs-
sage hier, wie anderwärts, offenbar weit mehr das Erzeugnis ein-
zelner Dichter und Denker, an denen es diesen zum Teil hoch be-
gabten Völkern nicht fehlt, indes die große Masse ganz von dem
in alle Lebensverhältnisse eindringenden Zwang des Zauber- und
Tabuglaubens beherrscht war. Zweitens besitzt die Kosmogonie der
Polynesier den allgemeinen Charakter fast aller Kosmogonien, wie
wir ihn auch aus der Hesiodischen Göttersage kennen: die Wesen,
die in ihnen auftreten, mögen sie nun Götter oder Titanen oder
Ungeheuer der Urzeit genannt werden, besitzen durchweg noch
nichts von dem persönlichen Wesen der Götter. Sie sind ihrem
eigensten Charakter nach dämonische Ungeheuer, die allerdings die
Anlage haben, unter dem Hinzutritt weiterer Bedingungen zu Göttern
zu werden, und in denen, wie wir sehen werden, eine wichtige Seite
des späteren Götterbegriffs zur Entwicklung gelangt, die aber, eben
weil diese Seite nicht die einzige ist, selbst eigentliche Götter noch
nicht sind. Übrigens geht auch hier diese Mischung der polynesischen
Mythologie aus bodenständigen, Seelen-, Ahnen- und Zaubervorstel-
lungen enthaltenden Teilen und aus einer darüber sich erhebenden
halb großartigen, halb grotesken Kosmogonie, durchaus der Mischung
der Bevölkerungen selbst parallel, von denen die Rassencharaktere
wie die Sprachverhältnisse Zeugnis ablegen. Hat auch die Götter-
sage der Polynesier mit den Mythologien der asiatischen Kultur-
völker, von denen einst die malayo-polynesische Einwanderung aus-
gegangen ist, kaum mehr als die allgemeinen Züge der Schöpfungs-
sagen gemein, so haben doch diese Stämme wahrscheinlich aus ihrer
alten Heimat die dichterische Anlage mitgebracht, die sich in diesen
kosmogonischen Dichtungen ausspricht').
So läßt sich denn das Ergebnis dieser Untersuchung der Anfänge
der Göttervorstellungen bei den Naturvölkern in die beiden folgenden
Sätze zusammenfassen. Erstens: bei den primitivsten Völkern existieren
überhaupt keine Götter, sofern wir an diesen Begriff den oben (S. 332,
335 ff.) aufgestellten, den Göttern der Kulturvölker entnommenen Maß-
stab anlegen; die Wesen, die man hier Götter zu nennen pflegt, sind
'i Vgl. oben S. 259 f.
26*
402 Der Natunnythus.
der Tanzenden wurde auf die Wolken selbst übertragen, die nun als
Masken die zum Himmel gewanderten Ahnen hinter sich verbergen.
So sind der in den Prozessionen vom Ahnendorf zum Festplatz
ausgeübte Regenzauber und die Tänze der Wolkenmasken gleich-
zeitig Bestandteile eines den Wettermächten geweihten Naturkultus
und eines Ahnenkultus geworden. Auch in dieser Vereinigung
bleiben aber diese Mythengebilde echte Naturdämonen; und uüver-
kennbar bestimmt diese im Kultus dominierende Grundschicht des
mythologischen Denkens auch die darüber gelagerten Göttervorstel-
lungen. So zunächst die Gestirn-, Wind- und Wettergötter, die sich
nunmehr jenen als sie beherrschende oder ihnen helfende dämonische
Wesen zugesellen. Nicht minder besitzen die Kriegsgöttcr, die Tier-
götter, die Kommädchen den Charakter von Schutzdämonen, während
es der über dieser Dämonenwelt stehende esoterische Gott zu einer
lebendigen Bedeutung in Glauben und Kultus überhaupt nicht ge-
bracht hat.
Ich übergehe hier die relativ primitiv gebliebenen eingeborenen
Stämme Afrikas, bei denen die meist an Sonne und Mond gebun-
denen Göttervorstellungen noch mehr zurücktreten, indem sie bei den
.eigentlichen Negern von Fetisch- und Zauber-, bei den Bantus von
Seelen- und Ahnenkulten so überwuchert sind, diaß sich das, was man
hier Göttervorstellungen nennt, auf ziemlich unbestimmte und offenbar
unsichere Angaben zu beschränken pflegt*). Dagegen bedarf das
am reichsten ausgebildete unter den mythologischen Systemen der
sogenannten »Naturvölker«, das der Polynesier, noch einer kurzen
Betrachtung. Wie die Polynesier allein über eine verhältnismäßig
weit zurückreichende Sagengeschichte verfugen, so sind sie auch allem
Anscheine nach die einzigen unter allen Naturvölkern, die eine den
Kosmogonien und Theogonien der Kulturvölker verwandte »Götter-
sage« besitzen. Da die Mythologfie der Polynesier, abgesehen von
den Überlebnissen eines dereinst wahrscheinlich reicher entwickelten
Ahnenkultus und von den Zauber« und Tabuvorstellungen*), fast ganz
in ihrer Schöpfungssage aufgeht, so wird sie uns als ein typisches
Beispiel der letzteren unten beschäftigen. Für die Bedeutimg der
') Vgl. z. B. die Mitteilungen von J. Spieth, Die Ewe-Stämme, 1906, S. 5S4ff.
») Vgl. darüber Teil II, S. 300 ff., 350.
Die Göttersage. 403
manchmal wohl stark überschätzten Göttervorstellungen dieser Völker
sind nur zwei Momente hervorzuheben. Erstens ist die Schöpfungs-
sage hier, wie anderwärts, offenbar weit mehr das Erzeugnis ein-
zelner Dichter und Denker, an denen es diesen zum Teil hoch be-
gabten Völkern nicht fehlt, indes die große Masse ganz von dem
in alle Lebensverhältnisse eindringenden Zwang des Zauber- und
Tabuglaubens beherrscht war. Zweitens besitzt die Kosmogonie der
Polynesier den allgemeinen Charakter fast aller Kosmogonien, wie
wir ihn auch aus der Hesiodischen Göttersage kennen: die Wesen,
die in ihnen auftreten, mögen sie nun Götter oder Titanen oder
Ungeheuer der Urzeit genannt werden, besitzen durchweg noch
nichts von dem persönlichen Wesen der Götter. Sie sind ihrem
eigensten Charakter nach dämonische Ungeheuer, die allerdings die
Anlage haben, unter dem Hinzutritt weiterer Bedingungen zu Göttern
zu werden, und in denen, wie wir sehen werden, eine wichtige Seite
des späteren Götterbegriffs zur Entwicklung gelangt, die aber, eben
weil diese Seite nicht die einzige ist, selbst eigentliche Götter noch
nicht sind. Übrigens geht auch hier diese Mischung der polynesischen
Mythologie aus bodenständigen, Seelen-, Ahnen- und Zaubervorstel-
lungen enthaltenden Teilen und aus einer darüber sich erhebenden
halb großartigen, halb grotesken Kosmogonie, durchaus der Mischung
der Bevölkerungen selbst parallel, von denen die Rassencharaktere
wie die Sprachverhältnisse Zeugnis ablegen. Hat auch die Götter-
sage der Polynesier mit den Mythologien der asiatischen Kultur-
völker, von denen einst die malayo-polynesische Einwanderung aus-
gegangen ist, kaum mehr als die allgemeinen Züge der Schöpfungs-
sagen gemein, so haben doch diese Stämme wahrscheinlich aus ihrer
alten Heimat die dichterische Anlage mitgebracht, die sich in diesen
kosmogonischen Dichtungen ausspricht*).
So läßt sich denn das Ergebnis dieser Untersuchung der Anfänge
der Göttervorstellungen bei den Naturvölkern in die beiden folgenden
Sätze zusammenfassen. Erstens: bei den primitivsten Völkern existieren
überhaupt keine Götter, sofern wir an diesen Begriff den oben (S. 332,
335 ff.) aufgestellten, den Göttern der Kulturvölker entnommenen Maß-
stab anlegen; die Wesen, die man hier Götter zu nennen pflegt, sind
'/ Vgl. oben S. 259f.
26*
404 ^^^ Natunnythus.
samt und sonders Dämonen: insbesondere gehören dahin die Vor-
stellungen von Schutzdämonen bestimmter Lebensgebiete und von
einstigen Kulturbringern. Zweitens: bei den höher stehenden Natur-
völkern finden sich Anfange von Göttervorstellungen. Sie sind aber
teils unausgebildet, immer noch stark in das Dämonenhafte hinüber-
spielend, teils sind sie auf engere Kreise beschränkt und unter dem
Einfluß benachbarter Kulturen entstanden, daher auch sie im Volks-
glauben durch die hier noch alleinherrschenden Dämonenvorstellimgen
überwuchert werden, die fortan im Kultus wie in Brauch und Sitte
voranstehen.
b. Die Hypothese eines ursprünglichen Monotheismus.
Diesem Ergebnis wird nun freilich von vielen Ethnologen wider-
sprochen. Sie erklären entweder Göttervorstellungen überhaupt oder
sogar solche, die einen einzigen, in vielen Fällen als ein rein geistiges
Wesen gedachten Gott zu ihrem Objekt haben, für einen allgemeinen
und darum mutmaßlich ursprünglichen Besitz des menschlichen Be-
wußtseins. Daß, abgesehen von den Tatsachen, auf die sie sich stützt,
dieser Ansicht religiöse Motive zugrunde liegen, dafür spricht wohl
der Umstand, daß die zweite, monotheistische Form dieser Hypo-
these die meisten Vertreter gefunden hat. So hat sich, wenn auch
mit vorsichtiger Zurückhaltung, schon Th. Waitz für sie ausgesprochen;
Vi»r allem aber hat Andrew Lang sie auf Grund der gegenwärtigen
i*thn(il()tjischen Kenntnisse durchzuführen versucht '"j. Lang hat dabei
vor^uj^Hwrise den Gegensatz zur animistischen Hypothese mit den
von IC. H. Tylor, Spencer u. a. für diese beigebrachten Argumenten
im Auj{c. Seine Verteidigung eines ursprünglichen Monotheismus
/rrlalll daher wesentlich in einen negativen und in einen posi-
lIvi'H Teil. In dem ersten sucht er darzutun, daß es zahlreiche
hilmltlvr Völker gebe, bei denen man weder Seelen- noch Ahnen-
Kultur tuule, und bei denen gleichwohl Göttervorstellungen existieren*).
\\v\\\\ 1 r >*lrh dabei insbesondere gegen Tylors Behauptung wendet,
*||*' Mri' rlurs t?inÄigcn höchsten Gottes sei durchweg erst von Mis-
Mlouiuru vIru Mingeborenen untergeschoben, so ist er dabei wohl
»» \\s NVhIi*, Anthropologie der Naturvölker, Bd. i. Andrew Lang, TheMaking
*^ \ AUg, H H, i». p. 44 <^'
Die Göttersage. 405
insofern im Rechte, als diese Behauptung in ihrer Allgemeinheit gewiß
nicht aufrecht zu halten ist. Daß in manchen Fällen solche An-
gaben über primären Monotheismus mit Vorsicht aufzunehmen sind,
leidet freilich keinen Zweifel. Insbesondere ist ein Mißtrauen da
gerechtfertigt, wo es sich oflfenbar um Antworten handelt, die die
Eingeborenen auf an (sie gerichtete Fragen gaben. Wenn z. B.
berichtet wird, irgendwo bestehe die Tradition, vor Zeiten sei ein
höchstes Wesen verehrt, sein Kultus sei aber vergessen worden^), so
trägt eine solche Angabe, schon im Hinblick auf die kurze, meist
nur über wenige Generationen zurückreichende geschichtliche Erin-
nerung primitiver Völker, alle Merkmale einer durch Ausfragen [er-
zielten Antwort an sich. Immerhin wird man dem Satze von Lang,
daß es bei Völkern, bei denen ein Seelen- oder Ahnenkult nicht
besteht, gleichwohl Vorstellungen von Naturgöttem gebe, beistimmen
können, ohne damit dieses negative Argument zwingend zu finden.
Denn die ihm zu Grunde liegende Alternative »entweder sind die
Götter ursprünglich Seelen gewesen, oder sie sind selbst mindestens
ebenso ursprünglich wie die Vorstellungen von der Seele«, — diese
Alternative ist deshalb nicht zutreffend, weil eine solche Einteilung
in Seelen und Götter die überhaupt vorkommenden mythologischen
Bildungen durchaus nicht erschöpft Die Dämonen der Wolken und
Winde, der Berge und Einöden usw. sind weder Seelen noch Götter.
Sie würden ohne die Einwirkung der Seelenvorstellungen gewiß ebenso
wenig enstanden sein, wie es Götter gibt, denen man nicht seelische
Eigenschaften beilegt. Damit ist jedoch eine geradlinige Abstammung
dieser Naturdämonen aus Seelen ebensowenig wie die der Götter aus
solchen gerechtfertigt. Denn nirgends läßt sich ein Beweis dafür
beibringen, daß eine individuelle Seele, z. B. die eines Häuptlings,
wie die Animisten annehmen, direkt in einen Gott übergegangen sei.
Hier steht eben die animistische Hypothese unter dem Vorurteil einer
linearen Entwicklung aller mythologischen Vorstellungen aus der ein-
zigen Wurzel der Seelenvorstellungen. Die theistische Hypothese
möchte nun diese Wurzel ausreißen, um an ihre Stelle die der
Gottesidee einzupflanzen. Demzufolge ist sie geneigt, den Animismus
als ein Unkraut im Garten des Mythus anzusehen, der erst nach-
Lang, a. a. O. p. 189 f.
4o6 ^^ Natarmythns.
träglich jene Idee dfer Gottheit überwuchert habe. So mündet die
theistische Hypothese wieder in die Degenerationstfaeorie aus, die
schließlich den Mythus überhaupt für die Entartung einer einstigen
Urreligion ansieht In der Tat, memt A. Lang, die >einfache Theo-
logie« der australischen Wilden sei noch frei von den Fehlem der
griechischen Mythologie. Sie ist ihm also eigentlich die reinere
Religion*).
Wendet man sich nun von dieser negativen zu der positiven Seite
der Argumente Längs, so steht auch diese von vornherein unter der
Alternative »entweder Seelen oder Götter«, — ein drittes gibt es
nicht. Demzufolge bilden die Götter Längs eine außerordentlich
bimte Gesellschaft: neben den Muramura der Australier der meia-
nesische Vui und Qatl, die Windgötter der nordamerikanischen In-
dianer, die abgeblaßten Sonnen- imd Mondhelden der N^[er, die
Götter der polynesischen Schöpfungssage bis herauf zu dem hebrä-
ischen Jahwe und den andern Göttern der Kulturvölker. Alle diese
Wesen, die bald Naturdämonen, bald primitive Kulturhelden , bald
Produkte einer Mischung autochthoner und von außen zugeströmter
Elemente, priesterlicher Spekulation oder phantastischer Dichtui^
mit ursprünglichem Volksglauben sind, — alle diese Wesen werden
als Götter oder eventuell auch als mythologische Umgestaltungen
und Trübungen der Idee eines rein geistigen Gottes betrachtet Was
man sich aber unter, einem Gott überhaupt zu denken, wie man
einen Gott von andern mythologischen Gebilden zu scheiden habe,
davon ist nicht die Rede. Nun hat uns die psychologische Analyse des
Gottesbegriflfs bereits zu dem Ergebnis geführt, daß dieser, abgesehen
von der direkt oder indirekt auf alle andern Gebiete herüberwirkenden
Psyche, als weitere mytholog^ische Vorstellungen besonders die der
Naturdämonen und der menschlichen Helden voraussetzt, da sich
deren Eigenschaften, nur im allgemeinen gesteigert, in den Götter-
vorstellungen wiederfinden. Demnach kann das Problem der Ent-
stehung der Götter unmöglich dadurch aus der Welt geschafft werden,
daß man die Gottesidee samt den ihr in den entwickelten Religionen
beigelegten Attributen überhaupt für niemals entstanden erklärt. Denn
auch für die Entwicklung der Religion wird schließlich doch wohl der
') Lang, a. a. O. p. 182 ff.
Die Göttersage. 407
Satz wahr bleiben, daß ihr Weg nach aufwärts, nicht nach abwärts
fuhrt. Daraus begreift es sich aber auch, daß der Mythologie der
Naturvölker nennenswerte Aufschlüsse über jene Frage nach der
Entstehung der Götter nicht zu entnehmen sind. Damit sehen wir
uns zunächst auf diejenigen mytholog^chen Entwicklungen hinge-
wiesen, in denen sich dem Anscheine nach am frühesten klar aus-
geprägte Göttervorstellungcn ausgebildet haben: auf die Mythologien
der ältesten Kulturvölker.
c. Die Götter der ältesten Knitarvölker.
Unter Mythologen wie Historikern ist es bekanntlich eine weit
verbreitete, ja vielleicht die vorherrschende Ansicht, daß, in ein je
höheres Altertum die Kultur eines Volkes zurückreiche, um so eher
man berechtigt sei, bei ihm die Spuren der Anfange der Kultur
überhaupt und so vor allem auch der höheren, von der Kultur un-
zertrennlichen mythologischen und religiösen Vorstellungen aufzu-
finden. Dennoch zeigt die Geschichte der Göttervorstellungen, daß
diese Ansicht mindestens für diese wichtigen Grundlagen des religiösen
Denkens nicht zutrifft, und daß sie wohl nahezu in ihr Gegenteil um-
gekehrt werden kann. Denn über die Ursprünge nicht nur, sondern
auch über die früheren Entwicklungsphasen der mythologischen
Systeme der großen Kulturvölker des Orients, der Babylonier,
Ägypter und selbst der Indo-Eranier sind in historischer und wahr-
scheinlich noch weit mehr in vorhistorischer Zeit so viele und so
mächtige Kulturströmungen hingegangen, daß uns überall hier die
Mythenbildungen bereits in Formen begegnen, in denen sie höchstens
in einzelnen Spuren auf ihre mögliche Entstehung oder auf voran-
gegangene, ursprünglichere Formen zurückweisen. So auffallend, wie
es auf den ersten Blick scheinen könnte, ist diese Tatsache nicht. Je
älter eine Kultur, um so mehr haben verändernde Einflüsse Zeit ge-
funden, noch ältere Kulturen zu zerstören. Der später eindringenden
Forschung kann es so höchstens gelingen, vereinzelte Trümmer auf-
zufinden, die auf jene untergegangenen Kulturen zurückweisen. Wo
sich dagegen eine Entwicklung noch verhältnismäßig im Licht der
Geschichte vollzieht, da mag es immerhin eher gelingen, den Spuren
des Ursprungs nachzugehen. Das Altertum ist eben nicht, wie Bacon
es nannte, das »Jugendalter der Menschheit«, sondern es ruht auf dem
^o8 I^cr Naturmythas.
tiefsten, in seinen ältesten Schichten uns zumeist unzugänglich ge-
wordenen und von weit zurückliegenden Umwälzungen veränderten
Kulturboden. Das gilt vor allem von jenen großen Kulturreichen des
Morgenlandes, die seit alter Zeit Bedingungen unterworfen waren, die,
so hilfreich [sie der Entwicklung und Ausbreitung der Kultur ent-
gegenkamen, doch zugleich ihrem ganzen Wesen nach auf die Zer-
störung älterer Kulturformen wirken mußten. Dahin gehört zunächst
die Ausbildung despotischer Herrschaftsformen, die, indem sie mit der
äußeren Rechtsordnung auch den Götterkultus an feste Normen binden,
alles was außerhalb dieser Normen steht und damit auch das, was
ihnen vorausgeht, zu zerstören suchen. Vor allem aber pflegt die
Entstehung eines geschlossenen, von übereinstimmenden Zwecken
geleiteten Priesterstandes, je mehr dieser, aus den Bedürfnissen des
Kultus hervorgegangen, die intellektuelle Macht und die religiöse
Führung im Besitz hat, nicht nur umgestaltend, sondern in hervor-
ragendem Maße auch austilgend auf die außerhalb der eigenen
Kultgemeinschaft liegenden Glaubensformen und Mythen einzuwirken.
So läßt schon der eine Umstand, daß die babylonische Mytho-
logie bereits in der frühesten uns bekannt gewordenen Form von
Anschauungen erfüllt ist, die auf einer verhältnismäßig hoch aus-
gebildeten Beobachtung des Sternhimmels beruhen, darauf zurück-
schließen, daß dieses mythologische System eine lange Vei^angen-
heit hinter sich hatte, und daß wir daher in keiner Weise berechtigt
sind, die Göttervorstellungen, die uns in diesen zumeist kosmogo-
nischen Mythen begegnen, als ursprüngliche anzusehen. Nicht minder
fehlt hier eine Heldensage, aus der sich etwa Beziehungen zwischen
Helden und Göttern ergeben. Denn selbst das berühmte Gilgamesch-
epos, die vollendetste m)rthologische Dichtung, die die Literatur
der Babylonier aufzuweisen hat, zeigt, mag ihm nun eine noch ältere
Heldensage zugrunde liegen oder nicht, in seiner überlieferten Ge-
stalt so sehr die Spuren einer von astrologischen Ideen geleiteten
Überarbeitung, daß es wenigstens in seiner endgültigen Fassung
einer unter spezifisch theologischen Einflüssen entstandenen Priester-
legende ähnlicher sieht als einem aus volksmäßiger Sage entstandenen
Heldengedicht^). Nicht minder gilt das von den überlieferten Schöp-
') Vgl. die eingehende Darlegung des Inhaltes bei P. Jensen, Das Gilgamesch-
Epos in der Weltliteratur Bd. i, 1906, S. iff. In kürzerem Aaszag gibt denselben
Die Göttersage. ^09
fungsmythen der Babylonier, von denen einzelne ^ wie die merk-
würdige Legende vom Ursprung des Zahnschmerzes, ganz und gar
einer frei nach kosmogonischen Vorbildern komponierten Erfindung
ähnlich sehen. Andere Züge in diesen Mythen, wie der über die
Herrschaft unter den Göttern entscheidende »Raub der Schicksals-
tafeln c in der Sage vom Sturmvogel Zu oder die im Mittelpunkt der
Etana-Legende stehende Suche nach dem >Kraut des Gebarens«,
tragen unzweideutig die Spuren eines Priesterstandes an sich, der sich
den Besitz geheimnisvoller Offenbarungen zuschreibt, und der, wie
überall im alten Orient, in der Pflege einer zu einem g^uten Teil noch
in den Banden des Zauberglaubens liegenden Heilkunde der Rechts-
nachfolger der primitiven Medizinmänner ist *). Schon der Umstand,
daß diese ganze Mythologie im wesentlichen Kosmogonie ist, macht
übrigens nicht bloß ihre Urprünglichkeit unwahrscheinlich, da aus-
gebildete Schöpfungssagen, wie wir unten sehen werden, nirgends
einen Inhalt primitiver Mythologie bilden, sondern er zeigt insbe-
sondere auch, daß uns diese Mythen über den Ursprung der Götter-
vorstellungen keinerlei Aufschluß geben können, da in diese Kosmo-
gonien bereits fertige Göttervorstellungen eingehen, mögen diese
auch immerhin einseitig, mehr nach der Seite des Dämonenhaften
als im Sinne einer nach Analogie des menschlichen Helden sich
betätigenden Persönlichkeit der Götter entwickelt sein. Man ge-
winnt so von diesem Götterhimmel, abgesehen von dem, was man
unbedenklich der von dem Priesterstande gepflegten Astrologie zu-
schreiben kann, etwa den Eindruck, den uns die griechische Mytho-
logie machen würde, wenn uns von der ganzen Überlieferung nichts
geblieben wäre als die Hesiodische Theogonie. So manches Ur-
sprüngliche eine solche Dichtung bewahrt haben mag, sie selbst
ist nicht der Anfang des Mythus, und am allerwenigsten sind die in
ihr auftretenden Götter echte Repräsentanten der Göttervorstellungen,
wie sie sich bei den abendländischen Völkern unter dem Einfluß der
historischen Heldensage entwickelt haben. Auch die Hesiodischen
Götter der Griechen, die nicht, wie die der Heldensage, der Um-
O. Weber, Die Literatur der Babylonier und Assyrer, 1907, S. 71 ff. Über seine Be-
ziehungen zu andern Legenden vgl. unten 6.
^' Vgl. die kurze Inhaltsangabe der angeführten Mythen bei O.Weber, a. a. O.
S. 59 f., 65 ff., 68 ff
^lO I^cr Natuntaythns.
gebung eines ritterliche Künste und Kampfesüberlieferungen pflegen*
den Adels, sondern den Kreisen einer in alten Zauber- und Märchen-
traditionen befangen gebliebenen Landbevölkerung entstammen, sind
ja übrigens mehr Dämonen als wirkliche Götter, gleichen Ursprungs
mit den Titanen, mit denen sie um die Weltherrschaft kämpfen.
Vollends das Titanengeschlecht selbst verrät in der bunten Mischung
seiner Gestalten durchaus jene Eigenart der Dämonen, in der sich
ebenso die furchterregenden äußern Naturerscheinungen wie die dem
Menschen unsichtbar nahenden, im Reflex wechselnder Gemüts-
stimmungen bald drohenden bald glückbringenden Schicksalsmächte
verkörpern (Hes. Theogonie 207 ff".) ').
Wie der babylonische, so ist nun auch der ägyptische Götter-
himmel augenscheinlich nicht der Ausbildung persönlicher Götter
günstig gewesen, wenngleich andere Ursachen als dort eine solche
Entwicklung hintanhalten mochten. Aus einer Unzahl ursprünglicher
Lokalkulte hervorgewachsen, deren Mittelpunkte zunächst schwerlich
etwas anderes als dämonische Sondergötter und an sie geknüpfte
Ortssagen waren, mit denen sich uralte, zu jeder Zeit einen so
hervorstechenden Zug der ägyptischen Religion bildende Seelenvor-
stellungen und Überlebnisse totemistischer Ahnenverehrung verbanden,
hat hier allerdings in sehr früher Zeit schon der Sonnenkult diese
Lokalkulte um sich gesammelt. Aber das ist bei der sehr viel
größeren Selbständigkeit, die sich politisch die Vasallenstaaten des
Reiches im Vergleich mit Babylonien bewahrten, vielmehr in der
Form einer Differenzierung erfolgt, die an die heute noch bei einigen
afrikanischen Völkern bestehende Tradition erinnert, von den Vor-
fahren seien Sonne und Mond in jeder Landschaft als besondere, ihr
allein zukommende Gestirne angesehen worden (vgl. oben S. 235).
Auch der Sonnengott Ra wurde zwar in jeder Landschaft mit dem
gleichen Namen benannt, aber er galt doch zugleich als ein beson-
derer Gott"). Er hatte sich, wie man dies Verhältnis wohl ausdrücken
darf, den einstigen Lokaldämon assimiliert, und er hatte damit etwas
vom Wesen des letzteren in sich aufgenommen. So vereinigte
dieser Sonnenkult nun beide, den allgemeinen und den Lokalgott,
^) Vgl. Teil II, S. 365 ff.
') A. Wiedemann, Die Religion der alten Ägypter, S. 9 ff.
Die Göttersage. ^ 1 1
in sich, genau so wie wir das heute noch bei den lokalen Marien-
und Heiiigenkuiten beobachten können. Dabei führte nun aber, ab-
gesehen von dieser in das Gebiet der Ortsdämonen hinüberfuhrenden
Differenzierung, auch der Charakter des Sonnengottes selbst Eigen-
schaften mit sich, die seiner Fortbildung zu einer persönlichen Gott-
heit im Wege standen. Sie mußten auf die übrigen altägyptischen
Götter um so mehr herüberwirken, da diese zumeist in noch höherem
Grade ihre ursprüngliche lokale Natur und den uralten Zusammen-
hang mit dem Tierkultus bewahrt hatten. Der Sonnengott bleibt,
wie sehr auch der Mythus sich bemühen mag, ihn zu andern Natur-
göttem, insbesondere zum Mond und zu den Gestirnen in Beziehung
zu setzen, immerhin ein einsam am Himmel dahinwandelndes Wesen.
Er muO, wie in Iran und Indien und wahrscheinlich auch im alten
Mexiko, mit andern himmlischen oder irdischen Feuererscheinungen
in Verbindung gebracht werden, wenn er als lebendig handelnder
Gott hervortreten solP). Übrigens scheinen auch die abgeblaßten
Gestalten der alten indo-eranischen Sonnengötter, des indischen Surya
ebenso wie des Mithras der Veden und des Avesta zu zeigen, daß die
festere Fixierung der Vorstellung eines Gottes in einem bestimmten
Naturobjekt, namentlich einem solchen, das, wie die Sonne, einem
Wandel der Gestalt nicht unterworfen ist, der Ausbildung eben jener
Eigenschaften, die in der Richtung persönlicher, selbständig handeln-
der Wesen liegen, zunächst hemmend im Wege stehen. Auch der
griechische Helios macht ursprünglich davon keine Ausnahme. Er
steht, in so hohes Altertum der Glaube an seine göttliche Natur
zurückreicht, schon bei Homer außerhalb der eigentlichen Götter-
welt. Er besitzt zwar seine Rinderherden und greift da und dort
einmal in das Leben irdischer Helden ein. Doch, wie er in der
Ratsversammlung der Götter fehlt, so bleiben seine Handlungen die
eines Einzelgottes. Als ein Sohn des Titanen Hyperion, des »Hoch-
wandelnden« , wird er gelegentlich selbst zu den Titanen gezählt
(ApoUodor I, 4, 2). Das ändert sich erst, als in der hellenistischen
*) Über die Feuergötter im alten Mexiko vgl. K. Th. Preuß, Mitteilnngen der
antbropolog. Gesellschaft in Wien, Bd. 23, 1903, S. 129 ff., der besonders auch nach
dem Zeugnis bildlicher Darstellungen in diesem Fall in vulkanischen Eruptionen die
Quelle einer solchen Verbindung zwischen himmlischen und irdischen Fenererschei-
nungen vermutet.
412 I^cr Naturniythiis.
Zeit orientalische und griechische Kulte aufeinander zu wirken be-
ginnen, und nun in der gesamten von dem römischen Imperium be-
rührten Welt der persische Mithras und neben ihm in Griechenland
selbst und in den von hellenischer Kultur tiefer beeinflußten Gebieten
Helios zu herrschenden Gottheiten sich erheben. Hier gewinnt nun
der eine dieser Sonnengötter, Mithras, vor allem unter dem Ein-
fluß griechischer Göttervorstellungen persönliches Leben; der andere,
Helios, übernimmt von seinem orientalischen Rivalen jene Züge eines
spezifischen Imperatorengottes, die den Kaiser als irdischen Sonnen-
gott, ebenso wie die himmlische Welt als Abbild und Vorbild des
römischen Imperium erscheinen lassen *). Damit waren aber auch
die Schranken durchbrochen, die Mithras wie Helios ursprünglich als
Einzelgötter von einer sie umgebenden und in lebendiger Wechsel-
wirkung mit ihnen stehenden Götterwelt geschieden hatten. In die
Tempel des Mithras zogen neben ihm andere orientalische Götter, vor
allem avestische und ägyptische ein; der griechische Helios vollends
umgab sich außer mit ihnen auch noch mit der ganzen griechischen
Götterwelt, und schließlich nahmen sich die beiden Sonnengötter
selbst samt ihrem Gefolge wechselweise in ihre Götterkreise auf").
So entspricht hier der im Gefolge der Orientzüge Alexanders ein-
getretenen Mischung der Kulturen ein internationales Pantheon, wie
ja Kaiser Hadrian einen der Vereinigung der Götter aller Völker
bestimmten Tempel wirklich errichten ließ. Darum könnte es auf
den ersten Blick scheinen, als wiederhole sich hier auf einer um-
fassenderen Weltbühne das Schauspiel des griechischen Olymp:
eine Versammlung von Göttern, die, einem obersten Gott Untertan,
die verschiedenen Richtungen der Weltordnung und dabei zugleich
durch die Beziehungen, in die sie zueinander gesetzt sind, deren
Einheit repräsentieren. Doch diese Neubildung eines Götterstaates
*) Vgl. F. Cumont, Die Mysterien des Mithra, deutsch von G. Gehrich, 1903.
^) A. Dieterich, Eine Mithraslitnrgie, 1903, S. 64ff. Ein bezeichnendes Dokoment
für diese Mischung der m3rthologischen Elemente, in den Kreisen, in denen die
spezifisch hellenische Richtnng prävalierte, ist Kaiser Julians >Rede auf König Helios«
(A. Man, Die Religionsphilosophie Kaiser Julians, 1907, S. 127 ff.), in der freilich
außerdem die philosophischen Ideen des Neuplatonismus eine stark hervortretende
Rolle spielen. Doch lassen sich die letzteren wohl überhaupt ans der hauptsächlich
in den Kreisen der Gebildeten verbreiteten griechischen Abart des allgemeinen Sonnen-
knltus dieser Zeit kaum ausschalten.
Die Göttersage. 413
würde nicht möglich gewesen sein, hätte sie nicht in dem dereinst
unter dem Einfluß der Heldensage entstandenen griechischen Götter-
staat ihr Vorbild gefunden. Mithras Geburt aus einem Felsen inmitten
der ihre Herden weidenden Hirten trägt das bekannte Gepräge der
märchenhaften Heldengeburten, sein Kampf mit dem Urstier das
einer frei nach den Motiven der Herakles- und anderer Heroensagen
erfundenen Fabel; die Götterkämpfe endlich, die er siegreich besteht,
sind offenbare Nachdichtungen der alten kosmogonischen Mythen,
die einen Kampf der Götter an den Anfang der Weltordnung stellen.
Hier ist nirgends eine Spur ursprünglichen mythologischen Werdens
zu finden, sondern, wie diese ganze Religion synkretistisch ist, so
sind ihre Mythen künstlich zusammengetragene Motive aus ver-
breiteten Märchen- und SagenstofTen. Wo aber die Mythen, mit
denen die unter der Ägide des Sonnengottes entstandene Theosophie
diesen pflichtmäßig ausstattet, hinter den Kultzwecken zurücktreten,
denen er seine wirkliche Macht verdankt, da löst er sich wieder ganz
von jenem Hintergrund einer ihn umgebenden Götterwelt. Er wird,
gerade so wie jedes andere der Mitglieder dieses Pantheon, zu einem
Einzelgott, der des persönlichen Charakters entbehrt. Man ruft ihn
an und bringt ihm Opfer dar, weU er in Wahrheit wiederum nur
als ein in der Sonne oder, was sehr bald diese selbst verdrängt,
als ein in seinem Bilde oder Heiligtum wohnender Dämon gedacht
wird, von welchem Wohl oder Wehe des Gläubigen abhängt. Indem
nun aber unter den Wandlungen des Geschicks schließlich überall
jene Motive den Vorrang gewinnen, die nicht dem irdischen Leben
des Menschen, sondern einem nach dem Tode beginnenden, dem er
zustrebt, angehören, tritt hier allerdings ein Neues hervor, was der
alten Göttersage gefehlt hat: der neue Gott ist in erster Linie Herr
über Leben und Tod, und er wird zum Mittelpunkt einer religiösen
Legende, die in dem eigenen Leben, Sterben und Wiederauferstehen
des Gottes die Erlebnisse vorbildlich schildert, deren letztes, von der
Mühsal und dem Schmerz des Daseins fiir immer erlösendes Ziel der
Gläubige selbst zu erringen hoffl. So endet diese auf dem Mithras-
und dem neuen Helioskult sich aufbauende Mythologie in Wahrheit
in einem Aufgehen der Mythologie in der Kultlegende. Dies
aber ist ein Übergang von universalhistorischer Bedeutung ersten
Rangs, auf den wir, da er im Vordergrund des Problems der Ent-
^14 Der Natnrmythus.
stehung der Religion überhaupt steht, später zurückkommen werden
(Kap. VI). Es ist derselbe Vorgang, der sich schon vor dieser
Zeit auf ägyptischem Boden in der Verdrängung der alten dämo-
nischen Naturgötter durch den jenen hellenistischen Sonnen- und
Mysterienkulten wesensverwandten Osiriskult mit seinem neuen Götter-
kreis vollzogen hatte. Wenn daher zu Mithras und Helios vornehm-
lich noch Osiris und Serapis in der aus den Kulten aller Nationen
gemischten Götterwelt dieses Zeitalters hervortraten, so hatte das
wohl nicht bloß in dem Streben, sich womöglich alle göttlichen
Mächte dienstbar zu machen, sondern mehr noch darin seine Quelle,
daß der religiöse Gedankengehalt dieser Kulte im wesentlichen ein
übereinstimmender war. In der Tat bilden die Osiris- und die
Mithraslegende Variationen desselben Themas, das uns auch in den
gfriechischen Demeter- imd Dionysoslegenden begegfnet, und das
schließlich in den Kultlegenden aller entwickelteren Religionen wieder-
kehrt. Gerade hierin aber zeigt es sich zugleich, daß aus dieser
M)^enbildung, die die überlieferten Vorstellungen neuen religiösen
Ideen dienstbar macht, für die Erkenntnis der Entstehung der Götter-
vorstellungen keinerlei Aufschluß gewonnen werden kann. Denn eben
die Kultlegende in ihrem in diesem Zeitalter in mannigfach variierenden
Formen über die Kulturvölker verbreiteten und zuletzt im Christen-
tum zur dauernden Herrschaft gelangten Inhalt bezeichnet ihrem
eigensten Wesen nach das Ende eines Prozesses, der mit der Ent-
stehung der Götter aus vorangegangenen niedrigeren mythologischen
Vorstellungen seinen Anfang genommen hat.
Nicht wesentlich anders als mit den mythologischen Traditionen
der übrigen altorientalischen Kulturvölker verhält es sich endlich mit
den in den Veden und dem Avesta niedergelegten Anschauungen
der alten Inder und der ihnen stammverwandten Eranier. Hier wie
dort haben die ursprünglichen Naturgötter tiefgreifende Umwand-
lungen durch die Hand in Hand gehenden Einflüsse theosophischer
Spekulation und religiöser Hymnendichtung erfahren. Über die hinter
diesen von mystisch -religiösen und teilweise von ethischen Motiven
geleiteten Umbildungen stehende ursprüngliche Naturbedeutung ge-
wisser Göttergestalten sind daher mehr oder minder sichere Ver-
mutungen möglich; doch über die historischen und die psycho-
logischen Bedingungen, unter denen die von den Einflüssen des
Die Göttersage. 415
späteren religiösen Kultus noch unabhängigen, ihm vorangegangenen
Göttervorstellungen entstanden sind, enthalten selbst die ältesten Über-
lieferungen nur dürftige Andeutungen. Nichts bezeugt dies sprechender
als die Tatsache, daß in den Veden nicht bloß die ursprüi^lichen
Naturgötter durch den Kultus umgebildet wurden, sondern daß sich
aus diesem, insbesondere aus dem Opfer, neue Götter, wie der zu-
nächst den Opfertrank bezeichnende indische Soma, entwickelt haben.
Die Vorherrschaft, die diese Opfergötter hier schon in der frühesten,
durch die geschichtliche Überlieferung erreichbaren Zeit erlanget haben,
zeigt aber deutlich, daß diese glänze uns zugängliche Entwicklung mit
einem Stadium beginnt, wo die Götter, die dem Kultus den Ur-
sprung gegeben, bereits zurücktreten, und wo nun umgekehrt der
Kultus selbst mit dem ihn beseelenden Bedürfnis nach Trost und Er-
lösung die Götter erzeugt, deren der Betende und Opfernde bedarf,
— dasselbe Schauspiel in uralter Zeit, das ims, vom Licht der Ge-
schichte beleuchtet, der Mithras-, der Osiris- und die ihnen verwandten
Kulte bieten. Nicht minder ist endlich der alteranische Mythus von
dem Kampf der Götter des Lichts und der Finsternis zweifellos seinem
einstigen kosmogonischen Inhalte entfremdet worden. War dieser
wohl nur eine Variante der weitverbreiteten Mythen gewesen, die
die Weltschöpfung als einen Kampf von Göttern oder Dämonen
schildern, so hat der eranische Kultus frühe schon dieser Naturbedeu-
tung einen ethischen Sinn untergelegt, der nun mächtig in die weitere
Ausbildung der Göttervorstellungen eingriff und dadurch wieder auf
den kosmogonischen Anteil der Mythen zurückwirkte. So sind hier
überall die Götter nicht nur in den uns zugänglichen Gestalten, die
sie in der Überlieferung angenommen, wesentlich erst aus dem Kult
hervorgegangen, sondern dieser hat auch, um so mehr, je strenger
er von frühe an von festen Satzungen umgeben und von ethischen
und religiösen Gedanken getragen wurde, die Spuren verwischt, die
auf den einem solchen Kultus vorausgehenden Ursprung der Götter-
vorstellungen zurückweisen.
d. Die Entwicklung der Göttervorstcllungcn bei den Israeliten.
Nur eines unter den alten Kulturvölkern des Orients scheint in
dieser Beziehung auf den ersten Blick eine merkwürdige Ausnahme
zu bilden. Von den Israeliten könnte man glauben und hat bekannt-
4l6 Der Natunnythas.
lieh lange geglaubt, bei ihnen sei das einzigartige Beispiel einer rein aus
sich selbst entstandenen Gottesidee gegeben, ohne andere Bedingungen
als solche, die in dem unmittelbaren religiösen Erlebnisse selbst
liegen. Doch je mehr hier die Glaubensüberlieferung mit den Tra-
ditionen der Stammesgeschichte zu einem Ganzen verbunden ist, um
so deutlicher trägt dieses die Merkmale einer Zusammensetzung aus
ursprünglich gesonderten Bestandteilen und einer Überarbeitung an
sich, die die Widersprüche der einzelnen Urkunden auszugleichen
suchte. Dennoch hat diese im Geiste des Jahwekultus und der ihn
stützenden Vätersage unternommene spätere Redaktion die Spuren
nicht tilgen können, die weit über die durch die Jahwe- und Elohim-
namen des Stammesgottes gekennzeichneten Scheidungen hinaus eine
Entwicklung verraten, aus der sich freilich nur vereinzelte Sagen-
trümmer in jenen späteren Kanon gerettet haben. Solche Sagen-
trümmer treten uns sowohl in der Geschichte der Väter wie in der
des Gottes selbst entgegen. Wie sehr stechen doch die verschie-
denen Erzählungen, die den Haupthelden der Vätersage, Jakob, zu
ihrem Mittelpunkte haben, von dem Bild des ehrwürdigen Patriarchen
ab, wie er zuletzt in der Josephssage hervortritt! In der Szene am
Bnmnen (i.Mos. 29, i ff), in der er den Stein, den die andern Hirten nur
mit vereinten Kräften zu heben vermögen, allein hinwegwälzt, um La-
bans Schafe zu tränken, ist er der starke, andere Menschen überragende
Held; in der nächtlichen Szene an der Furt des Flußes (32, 23 ff.), in
der er mit dem Gott selbst bis zum Morgengrauen kämpft und dieser
ihn nicht zu bezwingen vermag, scheint er einem himmelstürmenden
Titanen verwandt. Und dann wieder, wie menschlich schwach, Feig-
ling und Betrüger zugleich, erweist er sich in den Händeln mit Esau
und Laban ! Da liegt es denn nahe genug zu vermuten, daß in dem
Bilde dieser Patriarchengestalt ursprünglich ganz verschiedene Sagen-
gebilde zusammengeflossen seien, und daß sich möglicher Weise
sogar hinter der Reihe dieser Patriarchen Abram, Isaak, Jakob Ge-
stalten einer ehmaligen Helden- oder Göttersage verbergen *). Auch
Adam, dessen menschliche Natur in der Paradiesessage der Genesis
nachdrücklich betont ist, wird in Schriften, die einer älteren Schicht
der Überlieferung angehören, in Farben geschildert, die ihn als einen
') Vgl. H. Gnnkel, Die Sagen der Genesis (Sonderabdruck aus Handkomm, zum
A. T.), 1901, S. 48. Ed. Meyer, Die Israeliten und ihre Nachbarstämme, 1906, S. 251.
Die Göttersage.
mit Gott verkehrenden Halbgott erscheinen lassen (Hiob 15, 7
28, 12 fr.)*). So ist dieser erste der Menschen vielleicht selbst erst
dem Einfluß der Vätersage zum Menschen geworden. Wie den
auch sein möge, daD die israelitische Vätersage eine gewordene,
ursprüngliche ist, erhellt deutlich aus diesem widerspruchsvollen
in das überdies noch Märchen- und Novellenmotive verschic
Ursprungs verwebt sind. So in dem Streit Esaus imd Jakobs u
Erstgeburtsrecht das uralte Märchenmotiv von dem Streit der
liehen Brüder, oder in den Liebesäpfeln, die Rüben auf dem
findet, und mit deren Hilfe Lea dem Jakob einen Sohn gebie
32], ein Zug, der an das babylonische »Kraut des Gebarens
verwandte Zaubermittel anklingt. Auch die Geschichte von d<
sprenkelten Stäben, mit denen Jakob durch einen Augenzaub
Zeichnung der geworfenen Schafe bestimmt und dadurch
Schwiegervater Laban übervorteilt (30, 32 ff,) gehört hierher; c
nicht zuletzt die Josephslegende, die in ihren wesentlichsten
einem altägyptischen Märchen nacherzählt scheint, die aber t
Einfügung in die Jakobstradition zugleich in einer moralischen
anwendung gipfelt und nebenbei zu einer Verherrlichung des
archen als liebenden Familienvaters benützt wird*).
Nicht weniger wie der Typus des Patriarchen der Vätersag
jedoch das Bild des Stammesgottes selbst, das uns in jener be
auf eine Vorgeschichte hin, die in der Überlieferung bis auf
Züge verwischt ist. Immerhin können wir hier nach dem n
liehen Alter solcher sporadischer Zeugnisse drei Phasen d
Wicklung wohl unterscheiden. Die erste zeigt uns Jahwe mii
Lieblingen unter den Menschen verkehrend. Er erscheint deir
als Wanderer in menschlicher Gestalt mit andern ihm ähnlich<
derern bei den Terebinthen Mamres. Sara wäscht ihm die F
bäckt für ihn Kuchen, und er verspricht beiden eine gesegne
kommenschaft (i. Mos. 18, ifT.). Dieses wahrscheinlich der
Schicht angehörende ganz und gar menschliche Bild steht jed
') H. Gunkel, Schöpfung und Chaos, 1895, S. 148.
») A. Erman, Ägypten, S. 505 ff. Masp^ro, Contes de VEgypte anciem
Das ähnliche Motiv findet sich übrigens auch in einer indischen EraÖünB
also wahrscheinlich einer weit verbreiteten orientalischen Märchentra^tioii ci
Somadeva Bhatta, 11, S. 59.
W u n d t , Völkerpsychologie II, 3. *•
4l3 Der Nftturmythns.
einzelt da. Feierlicher erscheint der Gott schon, als er mit Abram
den Bund stiftet, dieser sich vor Jahwe niederwirft, um ihn als Stammes-
gott zu verehren und selbst das Versprechen zu empfangen, daß er
,der Stammvater eines Haufens von Völkern werden solle (17, iff.).
In einem zweiten Stadium tritt nicht Jahwe selbst auf, sondern er
sendet einen Boten, der seine Befehle oder Weissagungen verkündet:
so der Hagar bei der Quelle, als sie aus dem Hause Abrams in die
Wüste flieht (16, yflF.). Ebenso erscheint dem Mose der Engel in der
Feuerflamme des Domstrauchs, und dann erst spricht aus diesem Jahwe
selbst zu ihm (2. Mose 3, i ff*.). Es ist ein weiter, immerhin aber durch
diese Zwischenstationen vorbereiteter Weg, der von jenen Mj^cn, in
denen der Gott unter Menschen wie unter seinesgleichen wandelt,
endlich zu der dritten Stufe fuhrt, wo er sich nur noch dem gott-
begeisterten Seher in Vision und Traum offenbart, pnd wo nun
auch jene Stimme, die zu Mose aus dem Dombusch redete, zu einer
inneren Stimme geworden ist, die erst durch den Mund des Propheten
die Mahnungen und Weissagungen des Gottes kundgibt. Doch so
bedeutsam diese Entwicklung für die weitere Ausbildung der Gottes-
idee ist, auf die Frage nach der Entstehung der ursprünglichen
Vorstellungen kann sie um so weniger eine Antwort geben, da die
Stammessage, in deren Mittelpunkt dieser Stammesgott steht, oflTen-
bar einen vorangegangenen Mythus voraussetzt, dessen Spuren durch
sie bis auf spärliche Reste ausgetilgt worden sind. Denn mögen
nun ein Abram und Jakob ursprünglich Helden, Titanen oder selbst
Götter gewesen sein, schon die früheste Überlieferung hat sie nur
übemommen, um aus ihnen die Vorväter zu machen, auf die die
israelitischen Stämme ihren Ursprung, und auf deren Bündnis mit
dem siegrreichen Stammesgott sie ihren Kultus und ihre Eigenart
gegenüber den andem Nationen zurückführten. Dabei mögen wohl
im einzelnen Orts- und Völkemamen zu Namen persönlicher Stamm-
väter geworden sein, die Hauptgestalten dieser Sage tragen die Züge
eines Mythus, der durch die Stammessage verdunkelt wurde, indem
diese jene mythischen Gestalten sich assimilierte. So ist auch hier,
analog wie in der griechischen Sage, die genealogische Tendenz
nicht das Frühere, sondern das Spätere: sie ist zugleich mit dem
Stammesgott entstanden. Sie hat an ihm, wie dieser wieder an
jener sich aufgerichtet. Während aber in Griechenland, wo die Hei-
Die Göttersage. ^.iq
densage und ihre freie dichterische Gestaltung weiterblühte, der
genealogische Trieb der Vergöttlichung der Helden diente, ist er in
Israel dem Kult des einen Stammesgottes dienstbar geworden, der
die Heroen und Nebengötter, die ihm dereinst vielleicht die Herrschaft
streitig machten, entweder zurückwies oder, wo sie in der Volks-
tradition lebendig geblieben waren, in die Ahnen der kommenden
Geschlechter verwandelte. Das war aber um so leichter möglich,
wenn die Heldensage, wie man aus den dürftigen Anfangen epischer
Dichtung bei den heutigen Nomadenstämmen schließen darf, hier,
falls sie überhaupt bestanden, kaum die Grenzen des Märchens über-
schritten hatte. In der Tat sieht die Begegnui^ Jahwes mit Abram
bei den Terebinthen von Mamre einer Märchenerzählung ähnlicher
als einem Heldenabenteuer; und der starke und der kluge, moralischer
Bedenken noch völlig ledige Held, diese beiden Typen, die die
Jakobsgeschichte in einer Person vereinigt, sie gleichen den bekannten
Märchentypen mehr als den Gestalten einer eigentlichen Heldensage.
Aller dieser Erinnerungen, die das im Anfang dieser Entwicklung
stehende Mythenmärchen bewahrt haben mochte, bemächtigte sich
nun aber jenes genealogische Motiv, das, ein natürliches Erzeugnis
des gemeinsamen StammesbewuDtseins, gleichzeitig in dem Kultus
des Stammesgottes seinen Ausdruck fand, der nun seinerseits wieder
die Fortentwicklung der vorangegangenen Mythenbildungen zu einer
hier die Stelle der eigentlichen Heldensage vertretenden Vätersage
begünstigte. Während demnach die Griechen unter dem Einfluß
ihrer zahlreichen und vielgestalteten Kulte, dem nämlichen genealogi-
schen Motiv nachgebend, den höchsten ihrer Götter zum Vater der
Götter und Menschen machten, verband sich in Israel frühe schon
mit dem Streben, den Stammesgott zum alleinigen Träger des natio-
nalen Kultus zu erheben, das andere, diesen Stammesgott ebenso von
den Göttern anderer Nationen wie von den Gestalten der aus Mythen-
märchen und beginnenden Legenden sich bildenden Vätersage zu
sondern. Nicht auf Jahwe selbst, sondern auf die Väter, die mit
diesem Gott ihren Bund geschlossen, dem sie geopfert, und auf
dessen Befehl sie, wie die Abram-Isaaklegende andeutet, das bei be-
nachbarten Völkern noch länger bestandene blutige Menschenopfer
durch das Tieropfer ersetzt hatten (i. Mos. 22, 10), führten daher die
Israeliten den Ursprung ihrer Stämme zurück.
27*
420 I^cr Naturmythtis.
e. Die Göttersage unter dem Einfluß der Heldensage. Einzelgötter
und Götterstaat.
Nach allem dem sind es weder die Naturvölker noch die Völker
der ältesten Kultur, die uns, wie man vermutet hat, einen sicheren
Aufschluß über die Entstehung der Göttervorstellungen gewähren
können. Die Naturvölker versagen ihre Hilfe, weil sie zu Gröttem
überhaupt noch nicht oder höchstens zu unausgebildeten Anfangen
solcher gelangt sind. Bei jenen Kulturvölkern der alten Welt, deren
geschichtliche und religiöse Traditionen in die entfernteste Vergangen-
heit zurückreichen, sind umgekehrt die Urkunden, die über die Ent-
stehung der Götter Aufschluß geben könnten, unter den Trümmern
einer Vergangenheit begraben, die den uns zugänglichen geschicht-
lichen Zeugnissen, mögen diese auch noch so alt sein, lai^e voraus-
ging. Die primitiven Völker — so ließe sich wohl dieses Ergebnis
zusammenfassen — sind zu jung, die ältesten Kulturvölker zu alt in
ihrer Kultur, als daß sie uns auf diese Frage Rede stehen könnten.
Ihre Beantwortung weist vielmehr auf eine Zeit beginnender und
reich erblühender Kultur zurück, in der die Heldensage noch frische
Wurzeln treibt, indes zugleich die Göttersage schon alle jene Eigen-
schaften entwickelt, die uns den Gott von den Helden- und Dämonen-
gestalten, die ihn umgeben, in deutlich ausgeprägten Bildern vor
Augen fuhrt Es sind vor allem die Griechen und die Germanen,
für die in den uns zugänglichen älteren Quellen der Sage und Dich-
tung die Bedingungen einer Göttersage erfüllt sind, indem für die
Götter die oben geforderten Merkmale eines eigenen, von der irdischen
Welt abgesonderten, aber zu einem Verkehr in beiden Richtungen
Raum lassenden Wohnorts, eines unsterblichen Daseins und end-
lich eines persönlichen, menschenähnlichen Wesens zutreffen (S. 335 f.)»
Zugleich steht hier aber der Götter- eine Heldensage gegenüber,
die in dem Ineinandergreifen beider die Eigenart der Götter selbst
ermessen läßt. Von diesen beiden Formen führt die griechische
Sage wieder die günstigeren Bedingungen mit sich, so wenig man
natürlich die schon in vorhistorischer Zeit beginnenden und in der
späteren sich steigernden Einflüsse fremder Kulte übersehen darf.
Denn die Freiheit, mit der sich in diesem Fall die Göttersage von
früh an, wenig gehemmt durch zwingende Kultnormen, entwickeln
Die Göttersftge. a2i
konnte, bietet ein Beispiel so unbeschränkter Bewegung der mj^en-
bildenden Phantasie innerhalb der Göttersage, wie sie sonst nur im
Mythenmärchen und in der Heldensage vorzukommen pflegt. Hier-
gegen muß insbesondere auch die germanische Göttersage weit zurück-
stehen, da die Dichtung, die sie in ihrer ursprünglichen Form zu ge-
stalten suchte, bereits innerhalb des Gedankenkreises einer neuen
Weltanschauung, der christlichen, steht, von der ungewiß bleibt, wie
viel von ihr in jene Lieder nordischer Skalden, die die einstige Götter-
welt dem Gedächtnis bewahren oder auch als Grundlagen freier epi-
scher Dichtung benutzen wollten, übergegangen ist. Rückschlüsse
vollends, die man in der deutschen Mythologie aus den in Märchen
*und einzelnen Ortssagen erhaltenen Zeugnissen auf eine frühere Götter-
sage zu machen sucht, sind schon um deswillen unsicher, weU sie auf
der Voraussetzung ruhen, solche M)^enbildungen seien Reste einer
einstigen Göttersage, eine petitio principii, die in vielen Fällen er-
weislich falsch, in andern wenigstens zweifelhaft ist, keinenfalls aber
über den Ursprung der Götter etwas lehren kann, da diese selbst
nach der gemachten Voraussetzung von Anfang an existieren sollen.
Dies ist zugleich der Punkt, der einer vorurteilsfreien Behandlung des
Problems im Wege zu stehen pflegt. Hat es, wie die klassische
Mythologie und in ihrer Gefolgschaft in der Regel auch die Ethno-
logie annimmt, Götter zu jeder Zeit und bei allen Völkern gegeben,
so braucht man natürlich nach deren Ursprung überhaupt nicht zu
fragen, sondern es kann sich höchstens darum handeln, zu ermitteln,
welche Eigenschaften die Götter zu verschiedenen Zeiten gehabt haben.
Hier ist man nun aber außerdem mehr als in einem früheren
Stadium der Forschung heute geneigt, gerade der grriechischen Sagen-
geschichte ernste Bedenken entgegenzubringen. Wo ist, so kann
man fragen, die griechische Götter- oder Heroengestalt, über deren
Herkunft wir nicht Zweifeln begegneten? Ist nicht vielmehr der
griechische Mythus von vorgeschichtlicher Zeit an ebensosehr durch
äußere Einflüsse wie durch die Wechselwirkung der hellenischen
Landschaften untereinander bestimmt worden, so daß wir vor allem
über die Anfange seiner Entwicklung völlig im Ungewissen sind?
Man denke nur an die Ausblicke, die die neu sich erschließende
mykenische und kretische Kultur, und die die ungeahnte Verbreitung
orientalischer Mythenstoffe eröffnet haben! Wer unterstünde sich da
A22 ^^' Natnrmythas.
noch mit Sicherheit zu sagen, wo ein Dionysos oder Herakles ihre
ersten Kultstätten gehabt, oder wie diese Kulte ausgesehen haben?
So unzweifelhaft richtig gestellt nun diese Fragen sind, so beruht
aber doch die absolute Skepsis, mit der man gegenwärtig in man-
chen Kreisen die mythologischen Fragen überhaupt einer fernen,
dereinst vielleicht weiter zurückblickenden Zukunft überlassen möchte,
auf der gleichen einseitigen Auffassung, wie sie den früher (S. 50 fr.) be-
sprochenen Astraltheorien zugrrunde liegt, nur daß diese imverzagt über
die Frage Rechenschaft geben, auf deren Beantwortung man hier und
in der R^el wohl vorläufig mit Recht verzichten möchte. In beiden
Fällen wird das mythologische Problem auf die Frage eingeschränkt:
wo ist ein Gott, eine mythologische Vorstellung oder ein Mythus zuerst
entstanden, und welche Bedeutung haben diese Objekte ursprünglich
besessen? Nun ist diese Frage gewiß von hohem Interesse; doch
weder erschöpft sie die Aufgaben mythologischer Betrachtung, noch
ist sie kulturgeschichtlich oder psychologisch die wichtigste. Hier
steht vielmehr im Vordergrund die andere Frage: wie ist die mytho-
logische und religiöse Weltanschauung eines Volkes zu einer be-
stimmten, im Licht der Geschichte liegenden Zeit beschaffen, und
welche Faktoren sind bei ihreti geschichtlich eingetretenen Wand-
lungen wirksam gewesen? Zu ihrer Beantwortung tragen aber etwaige
Aufschlüsse über irgendwelche weit entlegene Vorbedingungen des
späteren Zustandes verhältnismäßig wenig bei. So lehrreich es für
die Erkenntnis der Wandlungen mythologischer Vorstellungen z. B.
sein mag, wenn ein Dionysos und ein Herakles an den Orten, wo
ihre Kulte entstanden, eine ganz andere Bedeutung besaßen, als zur
Zeit, da der Dionysoskult einen wichtigen Teil des religiösen Lebens
der Griechen beherrschte, oder da Herakles zum Urbild eines Helden
geworden war: zunächst und vor allem sind doch diese mytho-
logischen Gestalten selbst und die Kulte, die sich an sie anschlössen,
für den psychologischen Charakter und Zusammenhang dieser Vor-
stellungen von Interesse. Und hier fallt nun allerdings zugunsten der
mythologischen Überlieferung der Griechen das doppelte Gewicht
in die Wagschale, daß sie immerhin im Vergleich mit den Völkern
des alten Orient im ganzen die jüngere, verhältnismäßig noch mehr
in ihrer Entwicklung zu verfolgende Kultur vertreten, und daß bei
ihnen jene stabilisierenden Mächte fast ganz gefehlt haben, die im
Die Göttersage. 423
Orient frühe schon besonders das mythologische Denken der Leitung
einer durch ihre führende Stellung das gesamte geistige Leben be-
herrschenden Priesterschaft oder dem Zwang einer despotischen Staats-
ordnung unterwarfen. Die Griechen sind trotz der zuzeiten ver-
breiteten Anklagen der Asebie, wie gerade der diese Anklagen
begleitende unbestimmte Hinweis auf den Kultus der »heimischen
Götter« beweist, frei von solchem hierarchischem Zwang gewesen.
Weltliche Dichter haben ihre Götter- und Heldensage gestaltet. Welt-
liche Philosophen sind später die Führer ihres religiösen Denkens ge-
worden. Das läßt auch die natürlichen psychologfischen Bedingungen
ungehemmter zu Tage treten, die die Entwicklungen des Mythus be-
gleiten, und die Wirkungen, die seine einzelnen Bestandteile aufein-
ander ausüben. Unter den letzteren stehen aber hier Helden- und
Göttersage in erster Linie. Freilich muß man dann auch dieser Be-
trachtung die psychologisch unmögliche Vorstellung fernhalten, als
sei der Mythus ein einmal, wenn möglich an einem einzigen Ort Ent-
standenes und Erfundenes — eine Anschauung, die sich so oft eben
mit jener Einschränkung der mythologischen Aufgabe auf das Ur-
sprungsproblem verbindet. Vielmehr müssen wir uns stets gegen-
wärtig halten, daß auch der von außen zugefuhrte Mythenstoff eine
zu seiner Assimilation befähigte Phantasie voraussetzt, die eben des-
halb einen solchen Stoff nach eigenen Bedürfnissen und Anlagen
umformt. Darum offenbart sich nun aber auch diese nie erlöschende,
weder in die Grenzen eines Volkstums noch einer Zeit eingeschränkte
mythenbildende Tätigkeit naturgemäß am deutlichsten da, wo die
äußeren Herrschafts- und Kultusformen der freien Betätigung des
mythologischen Triebes am wenigsten Hindemisse bereiten.
Nun zeigt gerade die griechische Götterwelt so überzeugend wie
möglich, daß diese Welt, wo immer wir ihrer in der Sage und ihren
dichterischen Ausgestaltungen habhaft werden können, unmöglich
etwas Ursprüngliches sein kann. Und wo uns auf griechischem Boden
aus vorhistorischer, der in der Dichtung lebenden Sage vorangegangener
Zeit sogenannte Götteridole begegnen, da ist es so gut wie anderwärts
zweifelhaft, ob es sich um ausgebildete Göttervorstellungen, ja ob es
sich um Götter überhaupt handelt. Mindestens die oben (S. 420)
geltend gemachten Kriterien dürften schwerlich für sie zutreffen. Hier
sind und bleiben daher die Götter Homers die ältesten uns zugäng-
^24 ^^' Natnrmythns.
liehen Zeugen. Sie treten uns freilich bereits in so ausgebildeter Ge-
stalt entgegen, daO auch sie natürlich unmittelbar über ihre Herkunft
keine Rechenschaft geben können. Wohl aber können sie durch
die Beziehungen, in die sie zur Heldensage gesetzt sind, wenigstens
nach einer Seite, nämlich eben in der Richtung der in dieser Sage
wirksamen Motive, Richtlinien abgeben, die auf die in unverkenn-
barer Relation stehenden Vorgänge der Entstehung des Heldentypus
und des Göttertypus zurückschlieOen lassen. In dieser Beziehung
springt nun vor allem in die Augen, daß von jenen drei Eigen-
schaften, die in ihrer Vereinigung den Götterbegfriff nach unten wie
nach oben abgrenzen, dem besonderen Wohnort, dem unsterblichen
Dasein und der Persönlichkeit, nur die letztere, die einzige zugleich,
die der Gott mit dem Helden teilt, ganz aus der Heldensage hervor-
gegangen ist. Schon der Held besaß jedoch diesen Charakter nur
deshalb, weil in ihm allgemein menschliche Eigenschaften über das
gewöhnliche Maß hinaus gesteigert waren; und auch diese Erhebung
war auf den Sagenhelden wieder vom Märchenhelden übergegangen,
indem sich dieser eines g^roßen Teils der Zauberapparate entledigte,
mit denen die Phantastik des Märchens ihn ausgestattet hatte, während
sich gleichzeitig die Steigerung des Heldencharakters auf die Eigen-
schaften konzentrierte, die in der durch allgemein menschliche und
nationale Motive bestimmten Wertbeurteilung als die höchsten ge-
schätzt wurden. Damit bildet der Sagenheld in der Ausbildung seines
persönlichen Wesens das natürliche Mittelglied zwischen dem Märchen-
helden und dem Gott. Jene Steigerung, die mit einer Einschrän-
kung auf die am höchsten bewerteten Eigenschaften verbunden ist,
führt in ihrer weiteren Fortsetzung zum Gott, bei dem nur, unterstützt
durch die beiden andern Merkmale des abgesonderten Wohnorts und
des unsterblichen Lebens, allmählich noch die Ausscheidung der einem
höchsten Wertmaße widerstreitenden Elemente imd die Ausdehnung
der göttlichen Macht ins Unbeschränkte hinzukommt. Doch die beiden
letzten Eigenschaften sind auch fiir die Götter keine ursprünglichen:
sie erwerben sie, nachdem sie sich lange schon von den Helden ge-
schieden haben, erst durch die der Gottesvorstellung imd ihrer Wirkimg
auf das Gemüt immanenten, vornehmlich im Kultus sich entfaltenden
Kräfte. Die griechische Götterwelt zeigt uns den Gott auf dem Wege
zu diesem Ziel. Aber sie zeigt ihn uns eben deshalb noch mit allen
Die Göttersage* a2K
den menschlichen Zügen ausgestattet, die er aus der Heldensage über-
nommen hat. Wie der Held, so ist hier der Gott weder unbeschränkt
an Macht noch über menschliche Schwächen und Leidenschaften
erhaben. Das würde kaum begreiflich sein, wäre die Gottesvor-
stellung ein ursprünglicher Besitz des Bewußtseins, der dem eigenen
Wesen des Menschen und des menschlichen Helden von seinem Ur-
sprung an fremd gegenüberstünde. Und das würde außerdem der
Tatsache widerstreiten, daß die persönlichen Eigenschaften der Götter
nicht nur ursprünglich menschliche Eigenschaften sind, sondern daß
sie das in dem Sinne allezeit bleiben, als jene Einschränkung auf
das Wertvolle niemals einen andern Maßstab als den menschlichen
an die Werte anlegen kann. Darum entlehnen die Götter, so lange
sie überhaupt als Persönlichkeiten gedacht werden, diese Seite ihres
Charakters der menschlichen Persönlichkeit; und sobald sie dieser
Eigenschaft entkleidet werden, drohen sie sich in das zurückzuver-
wandeln, was sie vor ihrer Erhebung zu persönlichen Göttern ge-
wesen sind: in Dämoaen. Das Mittelglied, das jene Erhebung mög-
lich macht, ist aber der Held; und eben weil er dies ist, schafft die
Heldensage, wo immer neben ihr eine reicher entwickelte Göttersage
besteht, den Helden, wenn er wiederum über andere seinesgleichen
hervorragt, zum Heros und schließlich zum Gotte um. So wird hier
der Übergang vom Helden zum Gott ein fließender, ähnlich wie die
historische Heldensage nach abwärts die Unterschiede zwischen Men-
schen und Helden ausgleicht.
Mitten hinein in dieses Stadium eines die Götter nach ihrem per-
sönlichen Wesen als Menschen von gesteigerten Heldeneigenschaften
vorstellenden Götterglaubens versetzen uns nun die homerischen Ge-
dichte. Mögen selbst den Zeitgenossen des Dichters bereits ein-
zelne Züge der hier in die Heldensage eingeflochtenen Göttersage
als dichterische Ausschmückungen gegolten haben, in der Auffassung
der Götterpersönlichkeiten hat die Dichtung sicherlich nur den all-
gemeinen Vorstellungen Ausdruck gegeben, die sich in ihr mehr als
im Volksglauben zu plastisch gestalteten Bildern verdichteten, worauf
diese nun wieder auf jene Vorstellungen selbst erhaltend und, gegen-
über den durch Ort und Zeit bedingten Schwankungen, befestigend
zurückwirkten. Schon die Vielheit der Götter läßt hier die Vor-
stellung einer unbeschränkten Macht nicht aufkommen. Ist diese
^20 ^^^ Naturmytlins.
Vielheit eine natürliche Folge der Teilung der Lebensgebiete, deren
jedes seine besonderen Schutzmächte fordert, die, aus den Dämonen
der Ortssage übernommen, auch in der Göttersage nicht entbehrt
werden können, so fuhrt nun notwendig auch in ihr eine solche, die
menschliche Arbeitsteilung innerhalb der Götterwelt widerspiegelnde
Sondenmg der Machtgebiete zugleich eine Einschränkung der letzteren
mit sich. Freilich bleibt daneben immer das Bedürfnis bestehen, diese
Vielheit göttlicher Kräfte wieder in einer obersten Gottheit, einem
nach dem Vorbild des menschlichen Herrschers gedachten Götter-
fiirsten, zur Einheit zusammenzufassen. Doch eben diese Herrschaft
ist im Hinblick auf die Ansprüche anderer Einzelgötter keine ab-
solute. Darum kann auch die Göttersage der unpersönlichen dämoni-
schen Mächte noch nicht entbehren. So stehen als Schicksalsdämonen
die Moiren neben den Göttern, als ein Rest alten Dämonenglaubens,
der von der Göttersage assimiliert ist, um alles zu umfassen, was sich
außerhalb des Willens der Götter in der Menschen- wie in der Götter-
welt ereignet. Es ist die gleiche aus der Dämonen- in die Götter^
weit hineinragende Vorstellung, die in wechselnden Formen überall
wiederkehrt, wo eine solche Teilung der Lebensgebiete in der Götter-
sage vorkommt. Hat erst die Gewohnheit, die Kult- und die Rechts-
normen in der Schrift zu fixieren, um sich gegriffen, so nimmt diese
Vorstellung vollends auch darin eine unpersönliche Form an, daß nun
der die Anfange der Schreibekunst begleitende Schriftzauber auf sie
herüberwirkt. Immerhin haben die Schicksalstafeln der Babylonier
so wenig wie die sibyllinischen Bücher der Römer und die Schick-
salsrunen der Germanen die hinter ihnen stehenden dämonischen
Schicksalsmächte verdrängt. Vielmehr differenzieren sich diese fortan
ebenso wie die Götter selbst, so daß schließlich jeder irgend wichtigere
Lebenszweck von einer besonderen dämonischen Macht beschützt ist.
Alle diese Wesen, wie die Bellona, die Fax, der Bonus eventus,
die verschiedenen Virtutes der Römer, entbehren völlig des persön-
lichen Charakters: sie sind Dämonen, nicht Götter, auch nicht »Per-
sonifikationen des praktischen Lebens«, wie sie zuweilen genannt
werden''). Denn es fehlt ihnen jener Charakter der Persönlichkeit, der
den Gott von dem Dämon scheidet. So kommt es, daß sie vor
') Preller-Jordan, Römische Mythologie^, II, S. 228 ff.
Die Göttersage. 427
allem auch in dieser äußersten Beschränkung und Vervielfältigung
ihrer Bedeutungen Produkte eines untergehenden Götterglaubens sind,
der innerhalb einer von mannigfaltigen Interessen beherrschten Kultur
für die verlorenen Götter Ersatz bei den Dämonen sucht. Anders in
der noch unter dem vollen Eindruck des Heldentypus stehenden
Göttersage. Hier sind es vornehmlich die in der eigenen Seele
lebenden Affekte der Schuld und der Rache, der Furcht und der
Überhebung, die Erinyen, die Ate, die Hybris, die Nemesis, die neben
den allgemeinsten Verkörperungen des dunkeln Verhängnisses und des
unberechenbaren Glückszufalls, den Moiren und der Tyche, als solche
dämonische Wesen fortbestehen. Ihr Verhältnis zu den Göttern
spricht sich aber schon darin aus, daß sie deren Walten ei^änzen,
so daß fortan die Weltordnung beide voraussetzt, während ander-
seits die Götter, insofern ihre Ratschlüsse dem Menschen verborgen
sind, selbst an der Natur der Dämonen teilnehmen. So fuhrt vornehm-
lich Zeus den Beinamen des bai)ui6vio?, während umgekehrt die unter den
Menschen finster schleichende Ate nach dem Mythus eine Tochter
des Zeus ist, die dieser, weil sie dereinst ihn selber bestrickt, vom
Himmel auf die Erde geschleudert hat (IL 19, 91 ff.). Hausen die
Dämonen, wie dieser Mythus andeutet, im allgemeinen auf Erden, nicht
im Himmel, so entbehren sie, wie ihre Beschränkung auf das Wohl
und das Wehe des Menschen und auf deren Reflexe in dessen eigenen
Gemütsstimmungen zeigt, ganz und gar des selbständigen persönlichen
Lebens, das die Götter ihrer engen Beziehung zur Heldensage ver-
danken. In solchem Sinne darf man wohl sagen, daß nach dieser
Seite, die ja allerdings nicht als die einzige gelten darf, der Held
der Vater des Gottes ist, nicht umgekehrt der Gott der Vater des
Helden, wie die Heroensage es nachträglich umdeutet. Der Held
ist der idealisierte Mensch, der Gott aber als persönliches Wesen ist
der idealisierte Held.
So ist denn auch die Göttersage vor allem da, wo das persön-
liche Wesen und Walten der Götter in ihrem Verkehr miteinander
und mit menschlichen Helden hervortritt, keine selbständige Sagen-
form, sondern sie ist so sehr mit der Heldensage verwebt, daß sie,
von dieser gelöst, in eine Reihe einzelner Züge zerfallt, die zwar den
Charakter eines Gottes beleuchten können, nie jedoch eine zusammen-
hängende Handlung bilden. Das gilt selbst da, wo die Göttersage
A2S ^cr Naturmythas.
offenbar mit Absicht nach dem Vorbild der Heldensage von der
Dichtung umgeformt ist, wie im nordgermanischen Mythus; es gilt
aber vor allem von dem griechischen Epos, das hier sichtlich treuer
das ursprüngliche Verhältnis bewahrt hat. Dies zeiget deutlich die
nachhomerische Hymnendichtung. In ihr besteht die Technik des
Dichters durchweg darin, daß er aus dem, was im Epos von einem
einzelnen Gotte erzählt ist, mehrere Züge zu einem Gesamtbild
vereinigt, um dann mit der Lobpreisung des Gottes zu enden. So
in den Hymnen auf den delischen und pythischen ApoUon (Hom.
Hynm. I, 11), oder in dem köstlichen Hymnus auf Hermes, der diesen
erfindungsreichsten der Götter als Meister der Diebe, als Beschützer
der Viehherden und als Schöpfer kunstvoller Musik in einer Erzählung
schildert, die den eben erst den Windeln entstiegenen Gott zu ihrem
Helden hat (III). Kommt es darauf an, die kultische Bedeutung einer
Gottheit ins Licht zu setzen, so greift dann wohl auch der Dichter
eine einzelne Handlung heraus, in der ihre segenspendende Macht
besonders sich kundgibt. So in dem Hymnus auf Dionysos mit der
Schilderung der Meerfahrt des durch seinen Zauber Mast und S^el
mit Reben umkränzenden, die feindlichen Piraten aber zur Strafe
in Delphine verwandelnden Gottes (VI); oder in dem die Perle
dieser Dichtungen bildenden Hymnus auf Demeter. Mit der Schil-
derung der allgemeinen Züge ihres im Kult lebenden Mythus ist
hier die ihres wohltätigen Wirkens im einzelnen in dem Bilde der
als Pflegerin des eben geborenen Kindes im Hause des Keleos
mütterlich waltenden Göttin verbunden (V, 91 ff.). Deutlich erkennt
man aus diesen Dichtungen, daß, so wirksam solche Züge zu einem
Loblied auf den Gott verwertet werden können, nimmermehr aus
ihnen ein Götterepos sich gestalten ließe. Dieses bedarf gerade der-
jenigen Eigenschaften, durch deren Mangel die Götter von mensch-
lichen Helden verschieden sind, der Wandelbarkeit des Schicksals,
die selbst den gewaltigsten Helden mit dem Untergange bedroht Für
die Götter gibt es, mag auch ihre Macht durch ihren eigenen Wett-
streit und schließlich durch das Schicksal begrenzt sein, keine dauernde
Trübung des Daseins durch solch vorübergehendes Scheitern ihrer
Wünsche, weil es keinen Tod für sie gibt, der ihrem Wollen und
Wünschen für immer ein Ziel setzt. Diese Gleichförmigkeit ihres
Daseins gestattet ihnen wohl an den Wechselfallen des mensch-
Die Göttersage. ^20
liehen Lebens teilzunehmen und in sie einzugreifen. Doch eben weil
sie solche über dem Menschen stehende, ihn schützende xmd von
ihm zu furchtende Mächte sind, fehlt ihnen das eigene selbständige
Leben. Wenn sie trotzdem keineswegs jener individuellen Persön-
lichkeit entbehren, die die einzelne Göttergestalt von jeder andern
scheidet, so hat dies wiederum darin seinen Gnmd, daß sich ihr
Wollen und Handeln, wie dies das Epos und die ihm entsprungene
Hynmendichtung zeigen, in den fortwährenden Beziehungen zum
menschlichen Leben, vor allem zum Leben der Helden betätigt.
Darum scheiden sich nun aber auch diese unter dem Einfluß der
historischen Heldensage entstandenen Göttertypen von ihren roheren
Vorfahren, wie sie auf weiter ziuückliegenden Kulturstufen als beson-
dere sogenannte Schutzgötter des Krieges, der Jagd, des Ackerbaues
oder einzelner Handwerke und Künste entstanden sind. Diese noch
ganz in die Sphäre der Ortssage hereinreichenden Wesen sind in
Wahrheit mehr Dämonen als eigentliche Götter: sie gehen ganz in
der ihnen im Kultus angewiesenen Bestimmung auf und entbehren
daher der selbständigen Eigenart, die zum Wesen des Gottes ge-
hört. Vermöge dieser Eigenart der Einzelgötter ist aber endlich die
Götterwelt auch darin ein Abbild der Menschenwelt, daß zwar jede
Gottheit ihren besonderen Beruf und ihre eigene Wirkungssphäre hat,
daß diese jedoch keineswegs fest abgegrenzt ist, sondern, wie es
die Natur frei handelnder Wesen mit sich bringet, nach allen Seiten
in das Wirken anderer Götter hinüberreicht. Wie dem Apollon uiid
der Athena in besonderen Fällen die Blitzwaffe des Zeus zu Gebote
steht, so sind beide neben Ares Beschützer der kämpfenden Helden;
neben Apollon pflegt Hermes Gesang und Saitenspiel usw. Wie dem
Helden, so bleibt eben auch dem Gott nichts fem, was unter Men-
schen begehrenswert und rühmlich erscheinen kann. Sein Gegen-
gewicht findet jedoch der Widerstreit der Bestrebungen, der dieser
göttlichen so wenig wie der menschlichen Gesellschaft fehlen kann,
in dem Götterstaat, der auch darin ein Abbild des menschlichen
Staates ist, daß unter dem Vorsitz des Herrschers eine Ratsversamm-
lung oberer Götter über das Volk der übrigen sich erhebt. Daß
diese Versammlung bei den Griechen zuerst zehn, dann zwölf Mit-
glieder umfaßte, entspricht der Bedeutung, die beide Zahlen auch in
der Ordnung des bürgerlichen Lebens besaßen. Wenn dabei die
430 Der Natarmytlias.
Zwölfzahl schließlich obsiegte, so war gerade hier wohl die spezifische
Heiligkeit maßgebend, die man ihr vor andern beilegte. Daher denn
auch bei den Babyloniern vor der Zwölf- die ihnen noch heSig^ere
Siebenzahl als Ausdruck für die Göttergesamtheit den Vorrang be-
hauptete, obgleich das überaus reichhaltige babylonische Pantheon
durch keine dieser Zahlen zu erschöpfen war und man daher ent-
weder aus der Fülle der Götter ein engeres KoUegrium auswählte
oder geradezu an die Stelle von sieben Götterpersonen sieben Grötter-
gruppen treten ließ. Hierin liegt zugleich ein sprechender Bewds
daftir, daß es nicht sowohl darauf ankam, die Götter selbst zu zahlen,
als vielmehr ihre geschlossene Einheit hervorzuheben^.
Doch die feierlichen Formen, in die sich in dem Götterstaat das
Leben der Götter kleidet, können es nicht hindern, daß dieses Leben,
sobald es nicht mehr bloß in der Teilnahme an Heldenkämpfen und
Menschenschicksalen aufgeht, sondern auf die Götterwelt selbst sich
zurückzieht, keinen selbständigen Inhalt hat, und daß darum, je mehr
die Dichtung diese Lücke durch Übertragung alter Märchenmotive
oder durch freie Erfindung auszufüllen sucht, nun um so mehr jenes
Bild einer bald schwelgerischem Nichtstun bald unnützem Zank und
Streit sich hingebenden Gesellschaft entstehen muß, wie es schon
Xenophanes und Plato an den homerischen Schilderungen gerügt
hatten, und wie es später Lukian in seinen >Götte]^esprächen<
verspottete. Hier tritt dann aber frühe schon ein anderer , völlig
außerhalb der Heldensage liegender Gedanke an diese Götterwelt
heran: er besteht in der Vorstellung eines Wettkampfes mit andern
gleichgearteten, jedoch den Göttern feindlichen Mächten
und einer aus diesem Kampf entspringenden Einsetzung eben jener
Weltordnung, zu deren dauernden Beschützern sich die Götter er-
heben. Dieser Kampf, bei dem nun die Götter nicht bloß die Kämpfe
der Helden unsichtbar lenken und Lohn oder Strafe über diese ver-
hängen, sondern in dem sie selbst, ganz wie die Helden unter ein-
ander, um Leben oder Untergang ringen, ist der Kampf mit den
Naturdämonen, mit jenen Mächten, die vom Menschen schon zu einer
Zeit, da es für ihn noch keine Götter gab, gefürchtet wurden, und
^) J. Hchn, Siebenzahl und Sabbat bei den Babyloniern and im Alten Testament,
1907, S. 19 ff.
Die Göttersage. a^j
die fortan neben diesen von ihm gescheut werden. So entsteht
hier von selbst der Gedanke einer Übertragung des Kampfes der
Helden, der die Heldensage und das aus ihr entstandene Epos erfüllt,
auf jene beiden übermenschlich vorgestellten Wesen. Doch dieser
Kampf kann sich naturgemäß erst zu einem Götterkampf gestalten,
nachdem die Götter selbst unter dem Einfluß der Heldensage zum
Leben erwacht sind; und auch dann ist es gerade das ihnen voraus-
gehende Walten der furchtbaren Naturdämonen der Berge, der Felsen
und Einöden, der Stürme, der Wolken, des Donners und der Blitze,
dem die Bilder eines solchen Götter- und Dämonenkampfes ent-
nommen werden. Diese Motive liegen weit von jenen andern ab,
die in der Heldensage die Götter zu persönlichen Wesen gestaltet
haben. Denn die dämonischen Naturmächte widersetzen sich ver-
möge ihrer alle andern Motive zurückdrängenden Gewalt über das
menschliche Gemüt der Ausbildung jener Vorstellung einer menschen-
ähnlichen, zwischen mannigfachen Färbungen des Naturells und der
Begabung wechselnden Götterwelt. Darum tragen nun auch die
Götter, solange sie in dem Kampf um die Welt und ihre Herr-
schaft sich betätigen, durchaus den Charakter von Dämonen, nicht
den von Göttern an sich. Selbst da, wo uns sonstige Zeugnisse an-
nehmen lassen, die Götter seien längst zum Leben erwacht, und
wo sie in andern Gebieten der Sage wirklich ihrer persönlichen
Natur gemäß handeln, da verwandeln sie sich unter dem Zwang jenes
Themas vom Kampf mit den Naturdämonen um die Ordnung der
Welt selbst wieder in Dämonen. Nachdem sie unter der Einwirkung
der Heldensage zu den persönlichen Wesen geworden sind, als die
sie der Mythus und insbesondere der Kultus festhält, können dann
aber auch die Attribute, die einst den Dämonen eigen waren, an die
Götter übergehen: so der Blitz und der Donner, die Wolken und die
Winde, die nun zu Hilfsmitteln werden, deren sich die Götter teils
als Waffen teils als Warnungszeichen bedienen. Alles das weist dar-
auf hin, daß in der Vorstellung des Gottes zwei Züge sich vereinigen,
die ihm von jetzt an eigen bleiben: den einen, die Persönlichkeit, ent-
nimmt er dem Helden; den andern, die überwältigende Macht, ent-
nimmt er dem Naturdämon, der nicht bloß dem Gott, der ihn be-
siegt, sein eigenes Wesen mitteilt, sondern der ihm auch schon auf
der Märchenstufe des Mythus vorausgeht und so, wie es die Theogonie
432 I^er Natuimythas.
in nicht gewollter und mythologisch verhüllter, aber dem allgemeiiien
Sinne nach zutreffender Übereinstimmimg mit der wirklichen Ent-
wicklung schildert, nach allen Richtungen seines Wirkens der Vor-
fahre des Gottes ist. Wirklichkeit gewinnt aber der Gott doch erst
in dem Augenblick, wo zu dem Dämon auch noch der Held hinzu-
kommt, der sich, wie wir nach allem Vorangegangenen annehmen
dürfen, in dem gleichen Augenblick aus dem Märchenhelden zum
Sagenhelden erhebt, wo der Dämon allmählich menschliche Züge
annimmt und damit zum Gott wird. Darum eben ist die Heldensage
von frühe an zugleich Göttersage, während im ursprünglichen
Mythenmärchen zwar Dämonen von mancherlei Art ihr Wesen treiben,
Götter aber noch nicht vorhanden sind.
f. Schöpfangssage and Theogonie.
Es ist bekanntlich eine alte Gewohnheit der Mythographen, die
vielfach auch auf die Mythologen übergegangen ist, daß sie ihre
Darstellungen der Götter- und Heldensage eines Volkes mit der
Schöpfungssage beginnen lassen. So begreiflich dieses Verfahren
ist, sobald man die Gesamtheit solcher Mythen als ein zusammen-
gehöriges Ganzes betrachtet, für das ein Früher oder Später nicht
existiere oder wenigstens nicht mehr aus der Überlieferung fes^^e-
gestellt werden könne, so verhängnisvoll wird es für die Auf&ssung
des Mythus, sobald man in dieser Anordnung nach der Reihenfolge
der im Mythus erzählten Begebenheiten zugleich ein Bild der chrono-
logischen Entstehung der Mythen selber erblickt. Diese Verwechs-
lung, die aus einer Zeit herstammt, in der man den Mythus ganz
oder mindestens in seinen wesentlichsten Bestandteilen noch für wirk-
liche Geschichte hielt, wird natürlich unhaltbar, sobald einmal der
außerhalb jeder historischen Kunde liegende Charakter desselben an-
erkannt ist. Dann wird es im Gegenteil beinahe zu einer ebenso
selbstverständlichen Sache, daß die Schöpfungsberichte relativ späte
Bestandteile der Mythologie sind, wie es dereinst der naiven Auf-
fassung selbstverständlich erschienen war, daß der Bericht über die
Entstehung der Welt das älteste Dokument religiöser Überlieferung
sein müsse. Darum wird es stets eines der merkwürdigsten Zeug-
nisse für die große Beharrlichkeit von Vorurteilen, deren Daseins-
berechtigung längst aufgehört oder sich in ihr Gegenteil verkehrt
Die Göttersage. 477
hat, bleiben, daß die Theologie bis in eine verhältnismäßig nahe
Vergangenheit den mosaischen Schöpfungsbericht im Anfang der
Genesis für den ältesten oder mindestens für einen der ältesten
Teile des Pentateuch überhaupt ansah. Heute ist wohl im Gegen-
satze hierzu die Überzeugung durchgedrungen, daß dieser Schöpfungs-
bericht ein spätes Produkt priesterlicher Abstraktion ist, das höch-
stens die schematischen Grundlinien älterer kosmogonischer Mythen
beibehalten hat
So bemerkenswert nun aber auch die Ausnahmestellung sein
mag, die dieser biblische Bericht durch seine verstandesmäßige, die
mythologischen Bilder auf das notdürftigste Maß einschränkende
Form und durch seine den sonstigen kosmogonischen Dichtungen
der Kulturvölker meist fehlende religiöse Tendenz einnimmt, so
stimmen doch die andern Schöpfungsmythen mit dem biblischen
darin überein, daß sie gleichfalls die Spuren eines relativ späten Ur-
sprungs an sich tragen. Daneben ist dann freilich für die Eigen-
art, in der sich bei den einzelnen Kulturvölkern der kosmogonische
Teil ihrer Göttersage entwickelt hat, die Verschiedenheit der Merk-
male besonders bezeichnend, in der sich jeweils die späte Ent-
stehung verrät. Übrigens ergibt sich diese schon daraus, daß bei den
eigentlichen Naturvölkern zwar einzelne Elemente eines Schöpfungs-
mythus, namentlich in den Formen der bei ihnen verbreiteten Himmels-
und Kulturmärchen, vorkommen, daß aber eine zusammenhängende
Kosmogonie ebensowenig existiert, wie der Natur der Sache nach
von einer Theogonie die Rede sein kann, wo es Götter überhaupt
noch nicht gibt, oder wo mindestens nur in einem die Grenzen der
mythologischen Begriffe verwischenden Sinne Göttervorstellungen an-
genommen werden können. Wenn uns Ausnahmen von dieser Regel
des Mangels einer eigentlichen Kosmogonie begegnen, so handelt es
sich in Wahrheit entweder um Stämme, auf die Einflüsse benach-
barter oder eingewanderter Kulturvölker stattgefunden haben, wie bei
den Irokesen und den der mexikanischen Kultursphäre angehörenden
amerikanischen Völkern, oder aber um solche, die sich tatsächlich,
offenbar ebenfalls unter dem Einflüsse vorhistorischer Kulturzusammen-
hänge, über das Niveau eigentlicher Naturvölker erheben, wie bei den
Polynesiern. Was bei denjenigen Naturvölkern, denen die Vorbedin-
gung der Ausbildung wirklicher Göttervorstellungen fehlt, an kosmo-
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 28
4.34 ^^^ Naturmythns.
gonischen Elementen aufgezeigft werden kann, das beschränkt sich
schließlich auf den Ursprung von Sonne und Mond im Zusammen-
hang mit den Märchen von der Himmelswanderung, auf die primi-
tiven himmlischen Verschlingungsmotive, auf die in einzelnen Fällen
sich findende Vorstellung, der Himmel habe dereinst die Erde berührt
und sei durch ein Wesen der Vorzeit oder durch einen in die Höhe
wachsenden Baum gehoben worden, endlich auf die Entstehui^ der
Menschen aus Erde, aus Steinen oder Bäumen, die Umwandlung
von Menschen in Tiere und umgekehrt usw., — Einzelzüge, die zum
Teil wohl in den späteren kosmogonischen Mythus übei^^rangen
sind, die aber für sich allein doch höchstens Vorbereitungen zu einem
solchen bilden. Als solche kommen hier namentlich die anthropo-
gonischen Mythen in Betracht, die offenbar am frühesten in Formen,
die den späteren Schöpfungsmythen verwandt sind, innerhalb dieser
vorkosmogonischen Stufe sich ausbilden*).
Bezeichnender als der Mangel einer eigentlichen Kosmogonie bei
den primitiven Völkern ist jedoch für den relativ späten Ursprung
dieser Systeme von Göttersagen der Inhalt der Systeme selbst, wie
ihn, im einzelnen zum Teil sehr abweichend gestaltet, aber im glänzen
wieder auf nahe übereinstimmende mythologische Grundanschauung^en
zurückführend, die Schöpfungssagen der Kulturvölker der alten Welt
uns vorführen. Überblickt man diese Kosmogonien im Zusammen-
hang, so fällt auch hier in die Augen, was schon oben von der Götter
sage überhaupt gesagt wurde: die nach der historischen Tradition
und den weit zurückgehenden Anfangen ihrer Kultur ältesten Völker
sind keineswegs in der Ausgestaltung ihrer Mythen die ältesten,
sondern sie repräsentieren im Gegenteil verhältnismäßig späte Ent-
wicklungsstufen. Gerade die kosmogonischen Mythen lassen sich so,
wenn wir sie nach den in ihnen selbst hervortretenden psychologi-
schen Motiven, ohne Rücksicht auf das Alter der Kulturumgebung
und der äußeren geschichtlichen Verhältnisse, in eine gewisse Ent-
wicklungsfolge zu bringen suchen, deutlich in drei Gruppen scheiden,
wobei freilich beachtet werden muß, daß hier umsoweniger feste
Grenzen zu ziehen sind, als die Hauptmotive, die zumeist diese Schei-
') Vgl. hierza die früheren Abschnitte über das Tier- ond Himmelsmärchen,
S. iiyff.
Die Göttersage. 433
düng bedingen, eigentlich sämtlich von Anfang an vorhanden sind und
nur jeweils in verschiedener Stärke gegeneinander wirken. Die erste
dieser Gruppen können wir als die der rein mythologischen, die
zweite als die der philosophisch-mythologischen, endlich die
dritte als die der religiösen Kosmogonien bezeichnen. Was allen
diesen Formen, besonders aber den beiden ersten gemeinsam ist, und
was sie von den vereinzelten Naturmythen unterscheidet, die das
Material bilden, aus dem sich die Schöpfungsmythen aufbauen, das
ist der starke Anteil der Dichtung, die sich ebenso in der phan-
tastischen Ausgestaltung der einzelnen Vorstellungen, wie in der Kom-
position »des Ganzen betätigt, das sich eben infolge dieser dichterischen
Verarbeitung eines Komplexes von Naturmythen als eine Art plan-
mäßiger und einheitlicher Urgeschichte der Welt und der Götter dar-
stellt.
Deutlich tritt uns dieser Charakter vor allem bei der ersten der
oben unterschiedenen Gruppen, bei den rein mythologischen
Kosmogonien entgegen. Sie alle bieten poetische Schilderungen
der Entstehung des Kosmos aus einem imgeformten und ungeordneten
Chaos, Schilderungen, deren einzelne Bilder teils unmittelbar den
Einzelmythen der vorangegangenen, vorkosmogonischen Stufe ent-
nommen, teils wohl aus Umgestaltungen derselben hervorgegangen
sind, die dem Motiv ihrer Verbindung und Ergänzung entstammen.
Dieses Motiv liegt nun aber selbst schon auf der Grenze zwischen
Naturmythus und Naturphilosophie. Von der Frage nach dem Wie
und Warum der Weltordnung, um die sich die Schöpfungssage von
Anfang an dreht, weiß in der Tat der primitivere Mythus noch
nichts, mögen auch in den Einzelmythen, die in der mythologischen
Apperzeption gewisser Naturerscheinungen ihre Quelle haben, immer-
hin schon Elemente gegeben sein, die man im Hinblick auf ein
solches kosmogonisches Weltbild als eine noch unbeabsichtigte, der
mythenbildenden Phantasie von selbst sich darbietende partielle Lö-
sung des kosmogonischen Problems betrachten könnte. Doch in
dem umfassenden Sinne, in dem es die Schöpfungssage beantwortet,
kann dieses Problem, wenn auch seine Lösungen hier noch ganz
auf dem Wege der Mythenbildung erfolgen, nicht ohne die Mit-
wirkung des reflektierenden Denkens entstehen, und dieses Denken
zwingt daher von Anfang an zu dichterischer Erfindung, die die vor-
28*
A'i() Der Natarmythas.
handenen vorkosmogonischen Mythenstoffe dem neuen Zweck dienstbar
macht. Darum gewinnen schon diese rein mythisch-poetischen Kosmo-
gonien in ihrem ganzen Aufbau den Charakter einer aus M3^us und
Dichtung zusammengewebten Geschichte, in der sich zug-leich von
frühe an, aus dem Einheitstrieb dieser mythologischen Systeme ge-
boren, philosophische Ideen hervordrängen, die, zuerst selbst noch in
ein mythologisches Gewand gehüllt, da und dort bereits nach begrifT«
lieber Gestaltung ringen. So entstehen Schöpfungssagen, wie sie uns
in dem babylonischen Epos Enuma elisch, in der Hesiodischen Kosmo-
gonie, in den Liedern der älteren Edda, der Völuspa und Gyifagiiming,
oder in einer noch etwas mehr auf der Stufe der Einzelni3rthen ver-
bliebenen Form in den kosmogonischen Mythen der Poiynesier er-
halten geblieben sind. Jede dieser Mythendichtungen trägt die deut-
lichen Spuren des Natur- und Kulturmediums an sich, in dem sie
entstanden ist; und doch ziehen sich gewisse Züge der Verwandt-
schaft, die offenbar dem kosmogonischen Thema als solchem eigen
sind, durch alle hindurch. Dahin gehören in erster Linie die Vor-
stellungen der Urfinsternis und des Chaos, woran dann die weitere
geknüpft ist, daß mit dem Hervortreten des Lichts auch die Ordnung
jenes Chaos beginne. So bildet schon in der offenbar am meisten
ausgebildeten unter den zahlreichen, im allgemeinen der vorkosmo-
gonischen Stufe noch relativ naheliegenden polynesischen Schöpfungs-
sagen den Anfang dieses großen Werdeprozesses die Scheidung von
Himmel und Erde und die damit gleichzeitige Entstehung des Lichts,
die jedoch hier wie anderwärts keineswegs mit der Entstehung der
Gestirne in direkte Beziehung gebracht ist. Himmel und Erde werden
in diesem Mythus als das in liebender Umarmung begriffene Ureltem-
paar, Rangi und Papa, geschildert, eine Vorstellung, die ja auch in
der Hesiodischen Theogonie (127) und, freilich gänzlich gelöst von
jenem Bild des Ureltempaares, in dem ȟber den Wassern schweben-
den« Geist Gottes der Genesis leise noch anklingt. Vergeblich suchen
die Söhne jenes Paares, die bereits von Anfang an als Schutzgötter
der verschiedenen Lebensgebiete und als die direkten Nachfolger
der alten, vorkosmogonischen Kulturheroen auftreten, die Eltern zu
trennen. Endlich gelingt es dem stärksten unter ihnen, Tane, dem
Gott der Wälder, als er sich — eine unverkennbare Erinnerung an
die Gestalt des Baumes und an den Mythus von dem Himmel und
Die Göttersage. ^^y
Erde trennenden und vereinigenden Weltbaum — auf den Kopf stellt,
um seine Füße gegen den Himmel zu stemmen. Da wird es Licht
auf Erden. Doch der eine der Söhne^ der Gott der Winde, ist
unzufrieden mit der Trennung der Ureltem. Er wütet mit seinen
Wolken- und Sturmdämonen gegen Tane und gegen Tangaroa, den
Gott des Ozeans und der Seetiere').
Damit ist ein weiteres Motiv in den Schöpfungsmythus eingetreten,
das in den meisten Kosmogonien eine entscheidende Bedeutung ge-
winnt: das Motiv des Götterkampfes. Dieser Kampf dauert nach der
Anschauung der Polynesier in seinen Nachwirkungen immer noch fort:
in der Bedrohung des Menschen und seiner aus dem Holz der Wälder
gezimmerten Kanoes durch den Gott der Meerfahrt, wie in der Jagd
des Menschen auf die Seetiere. Unter den Göttern aber haben sich vor
allen zwei zu Vollendern der Schöpfung erhoben: Tangaroa und Maui,
die beiden Götter, welche die fiir das Leben des Ozeaniers wichtigsten
Elemente, das Meer und die Sonne, zu ihren Trägem haben. In den
verschiedenen Regionen dieser Inselwelt ist es bald die eine bald die
andere dieser Göttergestalten, die im Vordergrund steht, und an die
dann andere von der obigen oft weit abweichende Sagen von ihrer
Beteiligung an dem Schöpfungswerk geknüpft sind. Hier ist es na-
mentlich auch die dem Inselbewohner naheliegende Vorstellung, aus
der im Anfang alles bedeckenden Meerflut sei dereinst das Land durch
den Gott an der Angel emporgezogen worden, was in den ver-
schiedenen Gebieten bald auf Tangaroa bald auf Maui bezogen wird').
Zuweilen wird dann dieser über den Wassern schwebende Welt-
schöpfer auch infolge der hier naheliegenden Assoziation mit dem
Lichtreich als Vogel gedacht, und das feste Land wird in Weiter-
fiihrung der so angeregten Vorstellungsreihe als das von diesem
Urvogel gelegte Ei geschildert. Das sind Beziehungen, denen, neben
der Kugelgestalt des Himmels, die Idee vom »Weltei« ihren Ursprung
verdankt, wie sie uns an vielen Orten, unter andern auch noch in
') G. Grey, Polynesian Mythology», 1885, p. i ff. Dittmer, Te Tohunga, S. 14 ff.
^) Vgl. die Übersicht von Gerland in Waitz' Anthropologie der Naturvölker, VI,
S. 230 ff., dazu Bastian, Inselgruppen in Ozeanien, 1883, S. 42ff. (Samoanische Sage),
und dessen Heilige Sage der Polynesier, 1881 (Tahiti und Neuseeland), S. 17 ff. Die
vielfach in Ozeanien mit der Kosmogonie verwebten Sagen über Totenreich und
Seelenweg lassen wir hier als einem andern Gebiet zugehörig beiseite. Vgl. unten IV.
^ß8 Der Natarmythas.
der orphischen Kosmogonie begegnet. Sie scheint übrigens im ganzen
relativ späten Ursprungs zu sein, wie dies ja auch die Verwicklung
der Assoziationen begreiflich macht, die ihr zugrunde liegen. Wenn
übrigens Vorstellungen dieser Art neben jenen den Hesiodiscben
Göttergenealogien ven^'andten Vorstellungen vom Ureltempaar und
seinen Söhnen in die polynesische Schöpfungssage hereinragen, so
hängt diese Vielgestaltigkeit sichtlich zugleich mit der ungeheuren
Ausdehnung dieses Inselgebiets zusammen. Sie ist wohl auch die Ur-
sache, daß hier in großer Zahl noch primitivere, dem vorkosntogoni-
schcn Stadium angehörige M}'thenstofre, die nur verhältnismäOig lose
mit der Schöpfungssage verwebt sind, in diese eingehen. Dahin ge-
hören namentlich Himmclsmärchen mit den uns bekannten Motiven des
Aufstiegs zum Himmel und des Herabstiegs zur Erde, die Verscfalin-
gungs- und Truhenmärohen in ihren astralen Formen usw. (S. 218 f.).
Besonders ist aber Maui, der Hauptgott Neusedands, Hawaiis und
.uiderer Inseln« der Held einer Fülle einzelner Legenden, die ihn ab
Kulturbringcr und Wohltäter der Menschen feiern. Das alles sind
Reste alter Himmels- und Kulturm:irchen. die nur äuOeriich mit der
)a>smogonischcn S«)ge in Verbindung gebracht scheinen, und in denen
sich der Gott bald :n ein dämonisches Zaubem-esen bald in einen
sterblichen HeU'.cn lurücjcvenvandelt. So trägt er auf der einen Seite
ebenso in den k:v^*.en. üo ihn car>tellen. wie in einzelnen Elementen
.U"s M\thus die .deutlichen Züge eines Sonnengottes an sädi. Ander-
se;^? is: er. \voK"h><r>,i .-w-ischcn Vc^'- und Menscfaengestak, der
rAuberhittc He'v'. J.cr — e.r.v Verrlniun^ \"ielle:cht von a&tialem und
x-ulVAri.soVr.': Kc-.crr.rxihus — .vis Feu;rr riubt. ias seine e^enc Ahn-
!rÄu in r.^.s^^:vT Vr.-.r.cfe *:^,.n:. uti.". .:cr endlich x3»t srinm Tod
r^aiec. iricetv. «:: a:< Wx'i ''- -'1^? Htr: i-sr sc&lafeaden Goctm der
V,ns:>frÄ2äi eiTj^'^-r:*:-. ur.: j^r ^'.crischic VrsccrbcchkeÄ xa emi^cn,
OJiV<* iNrr \vx* .'>r er.i^rir^jrii"*. v.r. n^. erv\r5:t wiri. — mieoei ein
*:^:,\ sV*> :-ft'tfciNrr. r'/,*.i':v S. r.rriur.^fr-rir^rsr.>"Ä:25 ~.;3i 5er Tat eines
K-:, >c\^> -^r:^- .r.'>r!Cr>: -n-i j^cr. Vij «rrsc bsü ais der Sohn
.'.■^ ^vn.cScr l*:v :^--y»ü'xri^ rc.- i^ IV-lcnc vor HcvaE aa der
S^v jirv-c*: ^••v S." c'>c ^ «^2:.^ -^ -?*■*- xe^ea a«ea Natur-
Die Göttersage. 43 q
mythen Erzählungen, in denen die Gestalten dieser in überaus wech-
selnden Farben spielenden polynesischen Kosmogonie ganz jenen
Gestalten der Mythenmärchen gleichen, die, wie Jelch der Rabe
oder der große Hase der Algonkin, halb Zauberwesen halb Kultur-
heroen sind, die außerhalb eines jeden Zusammenhangs mit dem
Gedanken der Weltschöpfung stehen.
Nichtsdestoweniger würde es offenbar im Hinblick auf den späten
Ursprung aller kosmogonischen Mythen unwahrscheinlich sein, wollte
man annehmen, diese Helden des Mythenmärchens seien erst aus
den großen Naturgöttem der Schöpfungss^e entstanden. Vielmehr
gilt das Umgekehrte: in die Schöpfungssage haben sich die Ge-
stalten des primitiveren Mythenmärchens hineingerettet, aber sie
haben unter der Wirkung des gewaltigen Stoffs erhabenere Formen
angenommen, innerhalb deren freilich Überlebnisse aus jenen früheren
Stadien nicht fehlen. Eben darum sind auch die an sich dem
Inhalt der späteren Schöpfungssage näher verwandten Himmels-
und Kulturmärchen vor andern von jener assimiliert worden; doch
haben neben ihnen gelegentlich noch weitere, ihrem Thema ferner
liegende Mythenstoffe Aufnahme gefunden. Gerade da, wo diese
kosmogonische Mythenform so deutlich noch die älteren Spuren er-
kennen läßt, wie dies bei den polynesischen Kosmogonien teils der
allgemeine Zustand der Kultur, teils die große durch die insulare
Verbreitung bedingte Zersplitterung der Mythenbildungen mit sich
bringt, fällt dies besonders deutlich in die Augen. Um so be-
merkenswerter ist es und um so bezeichnender für den philosophi-
schen Trieb, der sich schon in dieser grotesken Phantastik der rein
mythologischen Kosmogonien zu regen beginnt, daß hier bereits in
einzelnen Varianten der Schöpfungssage die Götter oder Dämonen,
die sich an der Weltbildung beteiligen, teils als Naturmächte, teils als
mehr oder minder abstrakte oder geistige Potenzen erscheinen. Dabei
findet dann meist zugleich in der an und für sich schon zu einer
gewissen Stufenordnung herausfordernden Reihenfolge ein Übergang
von den allgemeinsten, ganz unvorstellbaren oder zwischen Vorstel-
lung und Begriff unsicher schwankenden Prinzipien der Dinge zu
den konkreteren, in einzelnen Naturgöttern verkörperten Wesen statt
Hier ist vor allem die spekulative Phantasie der Maoris, dieses be-
gabtesten Stammes der polynesischen Rasse, der Grenze der (diilo-
4.40 Der Naturmythas.
sophisch- mythologischen Mythenbildung nahe gekommen. Besonders
bemerkt man dies an den späteren Umgestaltungen des oben be-
richteten Mythus vom Ureltempaar, die, wenn auch wahrscheinlich
zunächst Erzeugnisse Einzelner, doch zu sehr im Geiste der all-
gemeinen Tradition gehalten sind, als daß man sie etwa für impor-
tiertes Gut halten könnte*). Da wird in einer dieser Versionen die
göttliche Urkraft oder, wie Taylor übersetzt, der Gedanke das Erste,
die allen Raum erfüllende Dunkelheit das Zweite genannt, woraus zu-
ecst die Nacht, dann das Licht, endlich Himmel und Erde ge-
boren werden, worauf dann erst die Geburt der Götter folgte, unter
denen nun in ziemlich bunter Mischung neben den allgemein ver-
breiteten Naturgöttern der Winde, des Meeres, der Wälder, auch
ein Gott des Guten und der heiligen Sprüche, ein Erschaffer der
Nahrung und der Kunst des Kochens und andere mehr auftreten —
ein deutliches Zeichen, wie sich hier Überlebnisse alter Kultur-
märchen mit begrifflichen Abstraktionen verschwistern. Ähnliche
Erscheinungen kehren zum Teil in weit abweichenden, zunächst wohl
überall der individuellen Erfindung eines einzelnen Insulaners ent-
sprungenen Formen mannigfach wieder. In dieser charakteristischen
Verschmelzung primitiver Märchenelemente mit spekulativen Abstrak-
tionen verraten sich aber deutlich allgemeinere Motive von überein-
stimmender Arf).
') Dittmer, Te Tohunga, S. 13 f.
') Als einer merkwürdigen, ebenfalls in den südpazifischen Gebieten vorkommen*
den halb mythologischen, halb spekulativen Dichtung sei hier noch der Vorstellung der
Welt als einer Kokosnuß gedacht, in deren Mittelpunkt die unsichtbare, rein geistige
»Wurzel aller Dinge« ist, und in deren Innerem eine Frau lebt, die Stücke aus ihrem
eigenen Körper beißt, aus denen dann die Götter hervorgehen (W, W. Gill, Myths and
Songs from the South Pacific, 1876, p. iff.). Das Bild erinnert an den Riesen Ymir
der nordgermanischen Sage, aus dessen Körperteilen die Dinge geschafien werden.
Im übrigen ist es eine analoge Parallele zu dem in Polynesien und auch sonst ver-
breiteten Bilde vom Weltei, wie die mythologische Dichtung der Inder und Ägypter
dem Ei gelegentlich die Lotosknospe substituiert hat (Brugsch, Religion und Mytho-
logie der alten Ägypter, 1891, S. 103 ff.). Alle diese Bilder tragen, gegenüber den
gewöhnlichen Vorstellungen vom Chaos und vom Kampf der Götter, das Geprftge
eines relativ jungen Ursprungs an sich. Offenbar ist dabei jedesmal eine doppelte
Assoziation, nämlich einerseits die der äußeren Form jener Gebilde mit der Weltkugel,
und anderseits die mit dem Ursprung des Lebens aus dem Ei oder der Knospe, wirk-
sam gewesen.
Die Göttersage. aai
Die gleiche Verbindung primitiver Märchenzüge mit Vorstellungen,
in denen sich bereits ein Streben nach philosophischer Begriffsbildung
kundgibt, kehrt in der Tat innerhalb der reinmythologischen Form
der Schöpfungssage überall wieder* Man begegnet ihr, die man, weil
ihre Elemente halb dem beginnenden imd halb dem bereits seinem
Untergang zuneigenden Mythus anzugehören scheinen, beinahe eine
Verbindung von Gegensätzen nennen könnte, ebenso in der grie-
chischen oder babylonischen wie in der polynesischen Kosmogonie
und Theogonie. Höchstens daß die letztere diese Zusammensetzimg
infolge des stärkeren Überwucherns der primitiven Märchenmotive
noch etwas deutlicher erkennen läßt. Doch beim Lichte besehen ist
hierin die Hesiodische Kosmogonie nicht wesentlich anders geartet.
Dabei mag ja allerdings auch hier das wechselnde Übei^ewicht der
einen oder andern Elemente zum Teil auf der Komposition des
Ganzen aus verschiedenen Textfragmenten von abweichendem Cha-
rakter beruhen. Für die allgemeine Natur dieser Mythengattung ist
es aber im Grunde gleichgültig, ob solche divergierende Motive von
Anfang an sich verbinden, oder ob sie teU weise gesondert von ein-
ander Dichtungen hervorbringen, die später sich mischen, weil die
einen der andern zu ihrer Ergänzung bedürfen. Die in der histo-
rischen Heldensage bis auf wenige typische Formen in den Hinter-
grund gedrängten Ungeheuer leben daher innerhalb der Kosmogonie
in einer Üppigkeit der Formen wieder auf, wie sie zuvor nur dem
phantastischen Zaubermärchen angehörte, das hier durch die Steige-
rung ins Gewaltige und Dämonische noch überboten wird. So wird
der im Mythenmärchen als Einzelgestalt verbreitete Typus des ein-
äugigen Ungeheuers zu einer Dreiheit furchtbarer Gesellen. Die mehr-
köpfigen und mehrarmigen Unholde des Märchens werden zu hundert-
armigen Riesen mit fünfzig Köpfen (Hes. Theog. i39ff.). Ebenso hat
aber das liebliche Bild der dem Meerschaum entsprossenen Aphrodite
sein Vorbild in der Quellnymphe des Märchens (190 ff.). Vollends
in Kronos, der, durch die List der Göttermutter Rhea getäuscht, den
in eine Windel gewickelten Stein statt des Zeuskindes verschlingt,
kehrt das weitverbreitete Märchenmotiv von dem menschenfressenden
Ungeheuer wieder, das unschädlich gemacht wird, indem man es
Steine statt Menschen verschlingen läßt (485; vgl. oben S. 251 f.).
Neben diesen wenig verändert aus dem Mythenmärchen in die
^^2 ^er Natnrmythus.
Kosmogonie aufgenommenen Zügen begegnen uns aber andere, bei
denen umgekehrt die so mannigfacher Verwandlung fähigen Dä-
monengestalten in Verkörperungen allgemeiner Begriffe und geistiger
Eigenschaften übei^ehen, aus denen die anschauliche m}rtfaische Vor-
stellimg verschwunden ist. So, wenn in einem freilich auch sonst sich
etwas fremdartig ausnehmenden Stück die Nacht neben den dunklen
Schicksalsmächten der Tyche, der Keren und Moiren den Tod, den
Schlaf und die Träume, das Alter, die Nemesis, die Eris und diese
wieder die Arbeit gebiert (Hes. Theog. 211 ff.); und wenn unter den
Titanen, die sich sogleich bei Beginn des Götterkampfes der Seite
des Zeus zuwenden, des Zelos, der Nike, des Kratos und der Bia
gedacht wird (383 ff.). Hier bietet eben das Gebiet der Dämonen-
vorstellungen, wie es ohne deutiiche Grenze Titanen und Götter in-
einander übergehen läßt, so auch einen weiten Spielraum für die Vcr-
einig^g von Gestalten des frühesten Naturmythus mit den unheim-
lichen Schicksalsmächten oder den rätselhaften Regungen der eigenen
Seele. Darum vereinigen sich hier Vorstellungen, die auf der einen
Seite tief in das primitive Zaubermärchen zurückreichen, und die
sich auf der andern der begrifflichen Gestaltung geistiger Potenzen
nähern. Dämon ist ebensowohl das im Sturm daherbrausende oder
in finsterer Felskluft hausende Ungeheuer wie der Schlaf oder Traum^
die unerwartete Wendung des Glücks oder die Pein des Gewissens
und die wild aufflammende Leidenschaft. Für die Vereinigung dieser
Extreme des Dämonenbegriffs bildet aber vor allem die Kosmogonie
das geeignete Terrain. Deshalb erscheint sie ebenso gegenüber der
historischen Heldensage als ein Rückfall in die Regionen des primi-
tiven Mythenmärchens, wie sie in der allmählichen Ausbildung des
Gedankens einer allgemeinen Weltordnung einen mächtigen Fort-
schritt über jene bedeutet. Mag es daher immerhin teilweise be-
rechtigt sein, diesen Kontrast der abgeklärten homerischen Götter-
welt mit der auf einen niedrigeren Märchenton gestimmten hesio-
dischen Theogonie zu Kultur- und Stammesunterschieden in Beziehung
zu bringen, der tiefere Grund liegt doch in dem Thema der Kosmo-
gonie selbst, das, weil es mit dem menschlich gedachten Helden
nicht ausreicht, zu den Wundergestalten des Mythenmärchens zurück-
greifen muß, die es in ihrer dämonischen Macht über das menschliche
Maß hinaus steigert, wobei ihr nun aber das Märchen die Vorbilder
Die Göttersage. 443
und Stoffe liefern muß. Wie hier das alle Wechselfälle des Helden-
lebens weit übersteigende Wunder der Schöpfung die kosmogonische
Dichtung zum Zaubermärchen zurückdrängt, so treibt sie jedoch
anderseits das Bedürfnis, in dieser unendlichen Mannigfaltigkeit der
geschaffenen Dinge Ordnung zu schaffen, nach aufwärts, zu ordnen-
den Prinzipien > die freilich an sich das für solche Zwischenstufen
Raum lassende Gebiet der Dämonenvorstellungen noch nicht über-
schreiten, in denen sich aber immerhin eine strengere Begriffsbildung
bereits vorbereitet. So begegnen wir denn auch in dem baby-
lonischen Schöpfungsepos, trotz der weit abweichenden Kulturbedin-
gungen, unter denen es entstanden, im wesentlichen der nämlichen
Mischung der Gegensätze. Auf der einen Seite in der die Eigen-
schaften der Göttermutter und des urweltlichen Ungeheuers in sich
vereinigenden Tihamat einem Fabelwesen, in dessen Begleitern sich
die aus dem Mythenmärchen bekannten Schrecken wiederholen: die
wütende Schlange, die giftgeschwollene Natter, der tolle Hund, der
Skorpion- und der Fischmensch usw. (Taf. 11); und es ist eine echte,
nicht einmal die üblichen Märchendimensionen überschreitende Zauber-
probe, wenn Marduk, um zu beweisen, daß er der rechte Held im
Streit gegen die wütende Rotte sei, vor den Augen der andern Götter
ein Kleid durch ein Zauberwort zuerst vernichtet und dann wieder
entstehen läßt (Taf. IV). Aber sobald nun nach Vollendung des
großen Kampfes Marduk zur Begründung der neuen Weltordnung
übergeht, gewinnt die Dichtung einen von solchem Zauberspuk des
Märchens weit abliegenden Inhalt. Da ist es nicht mehr bloß der
in den rohesten Scheidungen von Himmel und Erde, von Land und
Meer sich betätigende Weltordner der primitiveren Kosmogonien,
sondern der Gott, der nach festen Zahl- und Zeitgesetzen die Ge-
stirne verteilt und ihren Lauf regelt, der die Sternbilder der zwölf
Monate am Himmel errichtet, die Tage des Jahres bezeichnet und
den Mond zum Messer der Zeit macht (Taf. V). In diesem großen
Bild einer gesetzmäßigen Weltordnung, die den Göttern selbst in den
sie repräsentierenden Sternbildern ihre Standorte anweist, nähert sich
diese Schöpfungssage der Grenze, wo der Mythus zur symbolischen
Einkleidung eines wissenschaftlichen Weltbildes wird. Von ihr unter-
scheidet er sich freilich immer noch dadurch, daß er, so weit wir sehen
können, in der babylonischen Kosmogonie diese Grenze nie über-
AAA Der Naturmythus.
schritten hat'). Um so greller erscheint in dieser Sage der Kontrast
zwischen jenen beiden von frühe an dem kosmogonischen Mythus
eigenen Bestandteilen: zwischen den märchenhaften Elementen, die
noch ganz der Region des Zaubermärchens angehören, imd den
spekulativen Zügen, die schon nahe an die philosophischen Mythen
heranreichen, wie wir sie etwa aus dem Platonischen Timäos kennen.
Auch hier werden wir aber diese Mischung scheinbar heterogener
Elemente zugleich als ein Zeugnis für die relativ späte Entstehung
der kosmogonischen Dichtungen überhaupt ansehen müssen. Denn
mag das astrologische Weltbild der Babylonier, das jene Kosmo-
gonie einschließt, noch so alt sein, es setzt unter allen Umständen
eine wahrscheinlich schon Jahrhunderte hindurch geübte planmäßige
Beobachtung des . gestirnten Himmels voraus. Ist also auch dieses
Weltbild, an den analogen Mythen der jüngeren Kulturvölker ge-
messen, uralt, es rückt die Kultur, auf der es ruht, nur in eine um
so entlegenere Vergangenheit. Wir müssen uns eben auch hier daran
erinnern, daß die für unseren Standpunkt ältesten Überlieferungen
darum noch keineswegs Erzeugnisse einer zu ihrer Zeit jungen, son-
dern einer sehr alten Kultur sein können, deren Trümmer fiir uns
völlig verschüttet oder höchstens in solchen Fragmenten erhalten ge-
blieben sind, wie sie noch später aus uralten Mythenmärchen in die
Göttersage hereinragen.
Ein augenfälliges Zeugnis bietet nun hier insbesondere auch jene
zweite Gruppe kosmogonischer Sagen, die oben als die der philo-
sophisch-mythologischen bezeichnet wurden. Zu ihnen ge-
hören vornehmlich die Schöpfungssagen der Inder und der Eranier.
Hier ist, soweit sich die Mythenentwicklung übersehen läßt, der kos-
mogonische Teil der Göttersage überhaupt nicht als selbständiger
Mythus entstanden, sondern er hat sich aus dem religiösen Hym-
nus entwickelt. Dabei tragen aber gerade die ältesten Lieder so-
wohl des Rigveda wie des Avesta einen in hohem Grade spekulativen
Charakter an sich, imd dieser betätigt sich wieder vornehmlich in
jenen Hymnen, die sich auf die letzten Fragen des Seins beziehen,
und in denen der Hymnendichter sichtlich nach einem letzten Ein-
*) Übersetzungen des babylonischen Schöpfongsepos vgl. bei P.Jensen, Die Kosmo-
logie der Babylonier, 1890, S. 261 ff. und H. Gunkel, Schöpfung und Chaos, 1895,
S. 401 ff.
Die Göttersage. 445
heitsgedanken ringt, der die Mannigfaltigkeit der Dinge noch unge-
schieden enthalten, und dem sie darum unaufhörlich wieder zustreben
soll. Daß solche Hymnen, wie der berühmte 129. des X. Buches
des Rigveda oder die Gathas des Zarathustra, weder mythische Kos-
mogonien noch überhaupt eigentliche Mythen sind, bringt schon
ihr Charakter als religiöse Preislieder mit sich. Ebenso erklären
sich daraus die Züge priesterlicher Spekulation, die sie an sich
tragen, und durch die sie ohne weiteres zu persönlichen Werken
individueller Dichter gestempelt werden. Daß hinter dem philo-
sophischen Einheitsgedanken, der sich in diesen ältesten Religions-
urkunden der Inder und Eranier spiegelt, die Götter selbst zurück-
treten, gibt ihnen einen abstrakt religiösen Zug, während das M3rthische,
das sie doch nicht ganz abstreifen können, ihnen den Charakter kos-
mogonischer Spekulationen verleiht. Was zurückbleibt, wenn die
Götter zu philosophischen Abstraktionen werden, das ist eben, wie
sich hier und in aller späteren Philosophie offenbart, das All-Eine,
das von göttlicher Kraft erfüllte Universum selbst oder eine nicht
mehr als Persönlichkeit, sondern nur noch als dämonisches Urwesen
zu denkende Gottheit, die jenes gestaltet. So ziehen denn in diesen
ältesten Dokumenten indischer und eranischer Kosmogonie die my-
thischen Vorstellungen fast wie Schatten an uns vorüber, und wo sich
die Idee einer Vielheit göttlicher Wesen regt, da stehen solche zwischen
ethischen Begriffen und mythischen Wesen mitten inne*). Doch schon
in den jüngeren Hymnen des Rigveda (z. B. X 190, X 72) macht sich
das Streben geltend, diesen Gedanken des AU-Einen mit dem der
Vielheit der Volksgötter in Beziehung zu bringen und so eine mytho-
logisch-phantastische Kosmogonie zu gestalten, in die überdies als
Nebenmotive gelegentlich auch die Märchenvorstellungen vom Weltei
und von der Lotosknospe als dem Ursprung der Dinge hereinreichen.
Noch bunter und farbenreicher gestaltet sich aber das Bild der
Schöpfung in der späteren Sagenüberlieferung der Parsen, wie sie in
der Sammlung des Bundehesh und in den Schriften der zahlreichen
persischen Sekten erhalten ist und in weitem Umfang auch die
*) L. Scherman, Philosophische Hymnen aus der Rig- und Atharva-Veda-Sam-
hitd, 1887, S. I ff. Max Müller, Essays, I, 1879, S. 77. Martin Hang, Die fünf Gathas
oder Sammlungen von Liedern und Sprüchen Zarathustras, 1858 — 60. Abh. zur
Kunde des Morgenlandes Bd. i. F. von Spiegel, Eranische Altertumskunde, I, 1871.
4^8 Der Naturmythus.
mahnen, daß es alles als gut erkenne, was Gott geordnet hat, und
daß es heilig halte, was von Gott geheiligt ist. Doch so sehr dieser
Schöpfungsbericht darin wieder mehr den Charakter eines religiösen
Hymnus als den einer eigentlichen Kosmogonie hat, so beweisen doch
jene älteren Zeugnisse, in denen der Sieg Jahwes über die Ungeheuer
der Tiefe poetisch verherrlicht wird, daß auch hier dieser mit allen
Merkmalen einer abstrakten religiösen Spekulation ausgestatteten Lob-
preisung des Gottes in seiner Schöpfung andere echt mythologische
Sagen vorausgingen. Daß in ihnen überdies der Gegensatz eines
guten und bösen Prinzips, wie ihn der eranische Mythus zu einem
religiösen Dualismus ausgebildet, in die israelitische Sagenüberliefe-
rung hineinreicht, das erhellt deutlich aus dem auf jenen abstrakt
monotheistischen Schöpfungshymnus in der Genesis unmittelbar fol-
genden Mythus von Paradies und Sündenfall.
So bleiben, wenn wir von den mehr der spielenden Vergleichung
als dem ernsthaften Mythus angehörenden Bildern der Welt als
Kokosnuß, als Lotosknospe oder als Weltei absehen, das Chaos und
der Dämonen- und Götterkampf die beiden regelmäßigen Be-
standteile der kosmogonischen Sage. Unter ihnen ist das Chaos wieder
in seiner Bedeutung der unveränderlichste. Das ihm überall zu-
kommende Merkmal, das von den kosmogonischen Anfangen des
Mythenmärchens bis in die spekulativen und spezifisch religiösen Ge-
staltungen hinaufreicht, ist das der Finsternis. Daher das Auf-
treten des Lichts, vor dem die Finsternis verschwindet, stets zugleich
den Beginn der Schöpfung bezeichnet. Der in der Finsternis ver-
borgen liegende StofT des Chaos kommt dann aber in einer doppelten
Form vor, die wahrscheinlich jedesmal von den Naturbedingungen
abhängt, unter denen der Mythus entstand: er ist entweder ein
leerer, meist als gähnender Abgrund geschilderter Raum, wie in der
Hesiodischen und der nordgermanischen Kosmogonie, oder er ist
eine ungeheure Wassertiefe, wie in der polynesischen, der babyloni-
schen und der biblischen Sage. Doch kann auch die Anschauung
zwischen beiden Vorstellungen schwanken, ein Fall, der wohl bei den
verschiedenen Versionen der griechischen Schöpfimgsmythen sowie
bei der späteren Vorstellung der Israeliten von einer »Schöpfung aus
Nichts« anzunehmen ist. Denn unter dem Nichts wird hier aller Wahr-
scheinlichkeit nach der leere Raum verstanden. Die psychologischen
Die Göttersage. 44 q
Motive dieser allgemeinen Vorstellungen vom Chaos liegen ziemlich
offen zutage. Was jeder Weltordnung vorausgeht, ist naturgemäß das
völlig Unbestimmte und Ungeordnete. Dieses Unbestimmte ist aber
für das naive mythologische Bewußtsein die alle Gegenstände gleich-
mäßig umhüllende Finsternis. Dem entsprechend erscheint dann der
Anfang der Schöpfung als ein erstes Morgengrauen: die Weltschöpfung
ist der Weltmorgen, bei dessen Anbrechen die Finsternis weicht und
die einzelnen Dinge aus dem Dunkel allmählich deutlich geschieden
hervortreten. Über den Inhalt dessen, was vor dem Eintritt dieser
Scheidung das Dunkel des Chaos birgt, herrschen jedoch zwei ab-
weichende Vorstellungen. Der Binnenlandbewohner überträgt hier
wohl zunächst das Bild des leeren, finstem Abgrunds auf jenes noch
von Finsternis umhüllte Weltganze: der in Nacht gehüllte unendliche
Raum, der nirgends eine Grenze erkennen läßt, wird ihm zum An-
fang der Dinge. Dem Strand- oder Inselbewohner ist die ins Un-
begrenzte sich erstreckende Meerflut das Urbild der noch ungeschie-
denen Mischung der Dinge. Denn diese ungeheuere Wassermasse
setzt sich ihm am Horizont unmittelbar in das himmlische Wasser
fort, das alles umschließt, so daß das kleine Stück Erde, das er be-
wohnt, aus dieser Masse irdischer und himmlischer Gewässer nur als
ein isoliertes, dereinst ebenfalls überflutetes Eiland hervorragt. Darum
spaltet in dem babylonischen Epos der siegreiche Gott Marduk den
Leib der Tihamat in zwei Hälften, deren eine er zum Dach des
Himmels macht, dem er einen Riegel vorschiebt und Wächter vor-
setzt, die das Wasser zurückhalten; und in der biblischen Schöpfungs-
sage errichtet Gott den Himmel als eine Scheidewand zwischen den
oberen und den unteren Gewässern. Beidemal ist es das Bild eines
irdischen und eines himmlischen Ozeans, die sich zur Vorstellung
eines ursprünglich alles in sich bergenden Meeres verbinden. Mit
diesem abweichenden Ursprung der Chaosvorstellungen ist natürlich
nicht auch vermacht, daß sie uns nur da begegnen werden, wo für
jede von ihnen die besonderen Bedingungen der Naturumgebung voll-
kommen erfüllt waren. Denn partiell sind diese Bedingungen für
beide überall soweit gegeben, daß jede bei ihrer Wanderung leicht
assimiliert werden kann, oder beide sich zu Vorstellungen umbilden,
die aus ihren Motiven gemischt sind.
Einer ganz andern Seite gehört dagegen der zweite Gnindbestand-
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 29
ACQ Der Naturmythas.
teil der kosmogonischen Sage, der Götterkampf, an. Er ist un-
verkennbar zunächst ein Bild gewaltiger Naturkatastrophen, wie sie
großen Veränderungen der Oberflächengestaltung der Erde voran-
zugehen pflegen. Sturm, Gewitter, Erdbeben und Überschwemmung
erscheinen als Verkörperungen dämonischer Gewalten, und in der Ruhe,
die nach solchen Katastrophen eintritt, sieht daher der Mensch das
Ergebnis eines Sieges über die Sturm- und Wetterdämonen, den er
vor allem den Schutzgöttern seines Landes zuschreibt. Dennoch ver-
hält sich dieses den alljährlich sich wiederholenden Ereignissen ent-
nommene äußere Kampfmotiv aller Wahrscheinlichkeit nach zu den
endgültigen kosmogonischen Vorstellungen nicht wesentlich anders als
wie das tägliche Morgengrauen zu dem ersten Weltmorgen, an dem
sich das Chaos zu ordnen beginnt. Auch jenes ist eine Projektion
der alltäglichen Eindrücke, die Sturm und Wetter begleiten, in die
Vorstellungen vom Weltmorgen, eine Projektion, die zugleich die
vorübergehende Naturkatastrophe ins Ungeheuere vergrößert In ihr
wachsen daher die Gestalten der Dämonen, die im täglichen Gewitter-
sturm hausen, im selben Maße ins Übermenschliche, wie die Schöpfung
der Welt selbst eine Tat ist, die an unermeßlicher Größe die wirk-
lich erlebten Naturkatastrophen überbietet. Darum ist es vielleicht
ebenso sehr diese Übertragung des relativ Kleinen ins Große wie die
an sich schon gereiftere Stufe eines auf die Entstehung der Welt ge-
richteten mythologischen Denkens, was die Kosmogonie ihrer Natur
nach zu einem späten Erzeugnis macht. Dem andern Bestandteil
dieser Sagen, dem Chaos gegenüber setzt dann aber außerdem der
Götterkampf, wie er mannigfaltigere Gestaltungen annimmt, so auch
verwickeitere, überall von vorangegangenen Mythenbildungen ab-
hängige Bedingungen voraus. So sind es neben jenen schon in den
Dämonenvorstellungen wirksamen Naturmotiven teils die bis zum
primitiven Mythenmärchen zurückreichenden Züge des Kampfes mit
Ungeheuern, teils aber auch die Kämpfe der Heldensage, die hier auf
den weltumfassenden Schauplatz eines Wettstreits um die Herrschaft
über Götter und Menschen verpflanzt werden. Darum sind die Götter
in diesen Sagen halb Sagen- halb Märchenhelden. Wie jene sind sie
durchaus menschenähnliche, nur noch mehr über das menschliche
Maß erhobene Persönlichkeiten; diesen gleichen sie in den grotesken
Wunder- und Zaubertaten, die sie ausfuhren, und in der die Hilfs-
Die Göttersage. 451
mittel der Sage weit übersteigenden Phantastik der Schilderungen, die
nur gegenüber dem Märchen wieder ins Ungeheuere vergrößert sind.
So ist die kosmogonische Sage mehr Märchen ab Sage, und doch
werden in ihr bereits ethische und religiöse Motive wirksam, die selbst
in der Heldensage noch zurücktreten. Dabei überragt sie aber die
letztere vor allem auch darin, daß die Götter in ihr nicht mehr bloße
Zuschauer oder gelegentliche Teilnehmer der von den Helden ge-
führten Kämpfe sind, sondern daß sich ihnen hier ein ungeheuerer
Schauplatz selbständiger Tätigkeit eröffnet hat, der ihnen einen eigenen
Lebensinhalt gibt, und auf dem sie sich nun erst die Stellung dauernder
Beschützer der natürlichen wie der sittlichen Weltordnung erringen
können. Hat die Heldensage die Götter dem Menschen als ihm ver-
wandte persönliche Wesen nahe gebracht, so werden sie hier durch
dieses gewaltige Schauspiel der Götterkämpfe weit über die Sphäre
menschlichen Tuns erhoben. Auf diese Weise ergänzt die Kosmo-
gonie die Vorstellung des göttlichen Schutzes, die die Kämpfe der
Helden entstehen ließen, durch die andere einer die menschliche
Fassungskraft übersteigenden Erhabenheit, indem sie die Qötter selbst
als Kämpfer um die Herrschaft der Welt einfuhrt.
Nachdem so die Götter zu Helden auf einer Himmel und Erde
umspannenden Schaubühne geworden sind, verändern sich nun aber
auch die Motive dieses Streites, soweit es dieser umfassendere Schau-
platz zuläßt, nach den Vorbildern, die der Kampf der Helden ge-
liefert hat. Zunächst sind zwar überall noch jene unmittelbar aus der
Naturanschauung geschöpften Motive vorwaltend, wie sie aus den all-
täglichen Erscheinungen von Sturm und Wetter auf die große Kata-
strophe der Weltentstehung übertragen werden : der Kampf um die
Welt ist ein siegreicher Streit der erhabenen Himmelsgötter gegen die
furchtbaren Ungeheuer und die zerstörenden Dämonen der Tiefe.
Doch mit dem einmal errungenen Sieg kommt dieser Kampf nicht
zu dauernder Ruhe. Die Vorstellung, daß unter Göttern so wenig
wie unter Menschen die Anlässe aufhören, die solchen Streit fort-
zusetzen gebieten, ist, sobald der Schöpfungsmythus in der weiteren
Göttersage nachwirkt, unab weislich. Damit werden nun notwendig
die überwundenen Ungeheuer mehr und mehr zu Wesen, die selbst
den Göttern gleichgeartet sind. Wird dann trotzdem der Gegensatz
zwischen beiden festgehalten, so kann es kommen, daß, wie in den
29*
452 I^c' Natunnythus.
älteren Traditionen der Eranier, die zerstörenden Mächte nicht zu-
erst die Welt beherrschen, um dann von den g^ten Himmelsgöttem
besieg^ zu werden, sondern daß jene umgekehrt erst nachträglich sich
erheben, um das gute Werk des Weltschöpfers zu stören, bis sie end-
lich in einem zweiten endgültigen Kampfe besieget werden. Aber auch
•wo das dem Wettersturm entnommene Bild des Sieges der welt-
schaffenden Götter über ein vorweltliches Geschlecht dämonischer
Wesen die Oberhand behält, da übt doch die hieraus sich ent-
wickelnde Vorstellung einer im Wechsel der Zeiten eingetretenen
Folge weltbeherrschender Mächte die Wirkung aus, daß nun auch
auf diese göttliche Herrschaftsfolge die von den irdischen Heroen und
Herrschern entnommenen Anschauungen übertragen werden. Die
einstigen Dämonen werden zu Göttern einer vorangegangenen Genera-
tion, und der Mythus gibt dem Ausdruck, indem er die späteren
siegreichen Götter zu Kindern und Enkeln jener Urwesen macht
Nebenbei können diese freilich immer noch ihre einstigen Ungeheuer^
eigenschaften bewahren: so die drachengestaltige Göttermutter Tihamat,
der seine Kinder verschlingende Kronos u. a. Immerhin können nun
in dieser Verbindung von Eigenschaften die ursprünglichen kosmo-
gonischen Vorstellungen allmählich zurücktreten, um jenem Motiv des
auf die Götterwelt übertragenen Wechsels der Generationen den Vor-
rang zu lassen. Das geschieht namentlich, sobald sich entgegen-
gesetzte Motive in den Vordergrund drängen, die schließlich sogar
den Wertcharakter, den der Mythus den verschiedenen Götter-
geschlechtern beilegt, umkehren können. So hat sich im späteren
griechischen Mythus unter dem Einfluß der Sage vom goldenen Zeit-
alter die Herrschaft des Kronos oder bei den Römern des Satumus
in eine Zeit ungetrübter Glückseligkeit venvandelt. Doch auch der
Zukunft kann sich jetzt die Vorstellung von dem Wechsel der Götter-
geschlechter zuwenden. Ein prophetischer Zug solcher Art spricht
schon aus den Liedern des Avesta und den Mythen des späteren
Parsismus, in denen der völlige Untergang der Werke Ahrimans und
der Sieg des guten Gottes vorausverkündet wird; und eng verbunden
mit Ideen von einer neuen besseren Weltschöpfung oder Welt-
erneuerung begegnet man diesem Gedanken in der jüdischen und
christlichen apokalyptischen Literatur. Dabei ist diese merkwürdige
Form mythologischer Dichtung freilich ihrem ganzen Charakter nach
Die Göttersage. ^53
ein spätes Produkt mystisch -phantastischer Spekulation. Immerhin
bleibt sie für gewisse Seiten der mythologischen Entwicklung in
hohem Grade bedeutsam. Verwandte Töne klingen uns endlich, an-
knüpfend an die germanische Göttersage, aus der nordischen Völuspa
und den zu ihr gehörigen Ausfuhrungen in der jüngeren Edda ent-
gegen, Dichtungen, bei denen freilich gerade hier der Hinweis auf
den noch unbekannten, Gott, der die Zukunft beherrschen wird, die
Vermutung christlichen Einflusses naheleg^. Indem in allen diesen
Fällen die Weissagung einer in der Zukunft neu erstehenden Welt
einen Untergang der alten vorausgehen läßt, bilden aber diese Mythen
zugleich eine eigentümliche Abart kosniogonischer Sagen: die Welt-
untergangssagen, zu denen, als ihre ältesten, in der Mythen-
geschichte noch auf die Vergangenheit zurückweisenden Formen, die
Sintflut- und Sintbrandsagen gehören.
g. Sintflut- nnd Sintbrandsagen.
Die Weltuntergangssage bildet das mythologische Komplement
zur Weltschöpfungssage. Dieses Verhältnis schließt zwar die Not-
wendigkeit ein, daß eine Schöpfungssage vorhanden sei, wo eine
Weltuntergangssage entstehen soll, aber keineswegs die andere, daß
wir auch umgekehrt überall, wo sich ein kosmogonischer Mythus aus-
gebildet hat, einen solchen vom Untergang der Dinge vorfinden
müßten. Wie vielmehr die Schöpfungssage selbst nach allen ihren
Merkmalen verhältnismäßig späten Ursprungs ist, so ist die Welt-
untergangssage, besonders in ihrer ausdrücklich auf die Zukunft be-
zogenen oder, wie wir sie kurz nennen wollen, in ihrer apokalyp-
tischen Form noch späteren Datums. Sie setzt besondere historische
Bedingungen voraus, die keineswegs so allgemeiner Art sind, wie die-
jenigen, die auf einer bestimmten Stufe mythologischer Entwicklung
zur kosmogonischen Sage führen. Weit verbreiteter als diese in die
Zukunft verlegten eigentlichen Weltuntergangssagen sind die Sintflut-
und die ihnen verwandten Sintbrandsagen, in denen ein solches
Ereignis der Zerstörung der Welt durch Wasser oder durch Feuer als
ein vergangenes erzählt wird. Sie stehen weniger unter bestimmten
historischen als unter geographischen Einflüssen, da offenbar Natur-
ereignisse, die in den betreff*enden Ländergebieten vorkommen können,
den nächsten Anstoß zur Entstehung solcher Sagen zu geben pflegen,
454 ^^^ Naturmythus.
Dabei besitzen übrigens alle diese Sagen und besonders die Flut-
sagen, infolge der weiten Verbreitung der ihre Assimilation be-
günstigenden Bedingungen, eine eminente Wanderfahigkeit, die die
Beurteilung der Herkunft der einzelnen Sagengebilde um so mehr er-
schwert, je leichter zugleich das Grundthema dieser Mythen mit
Märchenstoffen anderen Ursprungs sich verweben und dadurch die
Frage, was in einem solchen Mythengebilde ^utochthon und was zu-
gewandert sei, erschweren kann. Da jedoch die psychologischen
Eigenschaften der Sage von dieser im einzelnen außerordentlich
großen Variation der Bedingungen wenig berührt werden, so können
wir uns hier um so mehr auf die Hervorhebung der allgemeinen
psychologischen Züge dieser Sagengattungen beschränken, als jene
Unterschiede mehr von ethnologischem und historischem als von
psychologischem Interesse sind.
Daß nun hier die nächste äußere Bedingung für die Entstehung
der Sintflutsagen das gelegentliche Vorkommen von Regengüssen
und Überschwemmui^en sei, dafür bildet die Tatsache ein sprechendes
Zeugnis, daß die Flutsage, außer wo sie nachweisbar zugewandert ist,
in solchen Ländergebieten fehlt, in denen Regengüsse und Über-
schwemmungen selten sind : so in ganz Afrika und in den dem Nor-
den dieses Erdteils gegenüberliegenden Gebieten der arabischen Halb-
insel, ferner in Ost- und Zentralasien. Ds^egen findet sie sich sdt
früher Zeit in Indien, in ganz Vorderasien, in Europa, wo vor allem
Griechenland eine eigentümliche Variante der Sage hervorgebracht
hat, endlich fast überall in Amerika und in Ozeanien einschließlich
Australiens''). Daß unter jenen lokalen Bedingungen der Regen eine
größere Rolle spielt als die Überschwemmung, dafür scheint übrigens
das regenarme Ägypten zu sprechen, dem trotz seiner regelmäßigen
Nilüberschwemmungen die Flutsage ursprünglich fehlt Ein weiteres
Zeugnis für diesen Einfluß der Naturbedingungen bietet aber die Er-
scheinung, daß besonders in Südamerika weit verbreitet statt der
Sintflut- oder noch häufiger neben ihr eine Sintbrandsage vor-
kommt"). Wie der den Austritt der Flüsse verursachende Regen die
Flutvorstellung auslösen kann, so lieg^ es offenbar nahe^ bei dem
') Vgl. die ZasammenstellaDg bei R. Andree, Die Flntsagen, 1S91, S. I25ff.
^) Ehrenreich, Die Mythen and Legenden der südamerikanischen Urrölker, 1905,
S. 30.
Die Göttersage. 4c 5
Weltbrand an die verheerenden Prairie- und Waldbrände zu denken,
die weithin die Erde verwüsten können. Wo aber außerdem, wie vor
allem im mexikanischen Kulturkreis, die Jahreszeiten zwischen dem
lebenvemichtenden Sonnenbrand und neu belebenden, aber nicht selten
auch durch ihr Übermaß furchtbaren Regengüssen wechseln, da ist
dann die Gelegenheit zur Ausbildung dieser Zerstörungssagen in
doppelter Richtung gegeben: zuerst wird die Welt durch Feuer, dann
durch Wasser zerstört, oder es wechseln im Lauf der Geschichte
solche Katastrophen mehrmals miteinander. Die Vorstellung von
diesem teils gegensätzlichen teib ergänzenden Verhältnis von Feuer
und Wasser, die in der fast über die ganze Erde verbreiteten kulti-
schen Verwendung beider als Lustrationsmittel ihren Ausdruck findet,
hat offenbar in jenen Gebieten Zentral- und Südamerikas unter dem
Einfluß der hier herrschenden starken Gegensätze von Sonnenbrand
und Regen und ihrer Wirkungen auf die Vegetation der ganzen Mytho-
logie ihr Gepräge gegeben*). Um so deutlicher tritt aber die innere
Verwandtschaft von Sintflut und Sintbrand zutage, die, wie wir unten
sehen werden, auch in ihrer häufigen Verbindung bei den apokalyp-
tischen Weltuntergangssagen zu bemerken ist
Doch in diesen weiteren mythologischen Beziehungen liegt schon
ausgesprochen, daß weder die Flut- noch die Feuersage ausschließ-
lich auf lokale Bedingungen zurückgeführt werden kann. Diese
müssen natürlich vorhanden sein, wenn die eine oder die andere ent-
stehen soll ; aber an sich wirken solche Bedingungen doch wiederum
nur als auslösende Reize, die eine Fülle weiterer mythischer Vor-
stellungselemente in Bewegung setzen, denen nun erst die Sage ihren
wesentlichen Inhalt entnimmt. Unter ihnen stehen hier die Himmels-
erscheinungen in erster Linie, um so mehr, da ja sie es zugleich sind,
die bereits bei den das Vorbild zu allen Weltuntergangsmythen ab-
gebenden Schöpfungssagen eine hervorragende Bedeutung besitzen.
Vielleicht mehr noch als der Savannenbrand ist es in der Tat der
Menschen und Tiere dahinraffende und die Felder versengende Sonnen-
strahl, der das Bild der Weltzerstörung durch Feuer, nachdem es
erst einmal durch solche vereinzelte Erdkatastrophen entstanden ist,
immer und immer wieder von neuem erweckt. Und mehr als Regen
') K. Th. Preuß, Die Feuergötter usw. Mitteilungen der Wiener anthropol. Ges.,
ßd. 33, 1903, S. 2 10 ff.
^.56 I^cr Natarmythus.
und irdische Überschwemmung ist es der himmlische Ozean, der
durch seine ungeheuere Ausdehnung die Vorstellung der alles ver-
schlingenden Flut unterstützt. So begreift es sich auch, daß die
polynesische Inselwelt, auf der die terrestrischen Bedingungen zur
Entstehung von Flutsagen verhältnismäßig wenig ins Gewicht fallen
dürften, gerade die Flutsage überall ausgebildet oder, was wahrschein-
lich für viele dieser Gebiete gilt, die von außen zugefiihrte sich an-
geeignet hat*). Wie mit der Sonne in der heißen Zone die Vor-
stellung des zerstörenden Feuerbrandes assoziiert wird, so erhöht aber
die Mondgestalt, besonders in der ab- und zunehmenden Phase, den
Eindruck des das All umfließenden Himmelsozeans. Denn der Mond
als ein auf dem Himmelsmeer sich bewegender Kahn gehört zu den
verbreitetsten Vorstellungen, die zudem mit der andern von dem Boot,
auf dem die Seele in ein jenseits des Himmels gelegenes Land ge-
tragen wird, auf das engste zusammenhängt. Durch die Beziehungen
der Seelenvorstellungen zu Schlange und Schiff und beider, des
Schiffs wie der Schlange, zum Fisch wird so eine Menge von Bildern
angeregt, die wir bald übereinstimmend bald nach verschiedener
Richtung weiter entwickelt in den Sintflutsagen antreffen. So ist, wie
Usener schon wahrscheinlich gemacht hat, die Arche, das rettende
Schiff der babylonischen, hebräischen und anderer Flutsagen ein Pro-
dukt der Assimilation jenes Mondbildes durch die Vorstellung des
rettenden Schiffs, und der Wunderfisch der indischen Flutsage ist
höchst wahrscheinlich eine variierende Verdoppelung der nämlichen
Vorstellung, die durch die nahe Beziehung des Schiffs zu dem rettenden
Fisch, wie sie in zahlreichen andern Märchen und Legenden eine
Rolle spielt, gehoben wird';. Vielleicht darf man noch einen Schritt
weiter gehen und vermuten, daß die in diesen imd andern Flutsagen
vorkommenden Vögel, die ausgesandt werden, um zu erkunden, ob
Land in Sicht sei, auf die Assoziation des Schiffes mit dem durch
die Lüfte fliegenden Vogel zurückgehen, wie sie uns ebenfalls in
jenen Darstellungen des Seelenschiffes entgegentritt^).
*) Über polynesische Flutsagen W. EUis, Polynesian Researches, II, p. 58 ff.
G. Grey, Polynesian Mythology, p. 37. A. Bastian, Die heilige Sage der Polynesier,
S. 154 ff. Eine melanesische Flutsage bei Codrington, The Melanesians, p. 166.
") H. Usener, Die SintOutsagen, 1899, S. 115, 138 ff.
3) Vgl. Teil II, S. 74, Fig. 55.
Die Göttersage. ^cy
So wenig nun aber die Sagen von einer einstigen Weltflut oder
einem einstigen Weltbrand ohne jene Vorbilder auf Erden und am
Himmel jemals entstehen könnten, so macht es doch gerade dies
Zusammenwirken verschiedener Bedingungen wenig wahrscheinlich,
daß bei irgend einer dieser Sagen die geschichtliche Erinnerung an
ein einzelnes Naturereigjnis im Spiele gewesen sei, wie dies vielfach
angenommen worden ist*). Daß Überschwemmungen im unteren
Euphrattal stattgefunden haben und zu dem Bilde der großen Flut
das ihrige beigetragen haben können, ist ja kaum zu bezweifeln.
Aber die Sage auf ein einzelnes solches Ereignis zu beziehen, dazu
liegt um so weniger ein Grund vor, als die übrigen Züge des Mjrthus,
die Rettung in der Arche, die Aussendung der Vögel, die Landung
auf einem Berge, die noch in andern Varianten der Sage wieder-
kehren, jedenfalls außerhalb solcher historischer Erinnerungen liegen,
während manche von ihnen, wie besonders die Vorstellungen vom
Schiff, dem Vogel oder dem Fisch, sich aus andern mj^ologischen
Assoziationen erklären. Zugleich bildet die Flutsage in diesem Zu-
sammenwirken so vieler Komponenten wieder eine treffende Wider-
legung jener verbreiteten Formen mythologischer Hypothesen, bei
denen man aus einem einzigen Motiv alles abzuleiten sucht. Die
Mondsichel würde für sich allein schwerlich die Vorstellung der
rettenden Arche entstehen lassen, wenn nicht alle jene andern Ele-
mente, das Bild des wirklichen Bootes, das in dieses hinüberspielende
des rettenden Fischs, die Vorstellung von der Wanderung der Seele
über den Himmelsozean, endlich die kosmogonische Scheidung der
»unteren und oberen Gewässer« hinzukämen, und wenn nicht die
Fülle dieser Vorstellungen schließlich noch durch das Grundmotiv
der Erneuerung der Schöpfung und damit einer Widerspiegelung der
Schöpfungssage bestimmt würde. Daraus begreift sich denn auch,
daß irgendein einzelnes unter diesen Motiven, wie z. B. die Assozia-
tion der Mond- mit der Schiffsgestalt, nicht bloß in der Tradition ver-
gessen wurde, sondern daß sie schon in der unmittelbaren Anschauung
wahrscheinlich nie und nirgends als eine deutliche Vorstellung ent-
halten war. Denn sie hat zusammen mit allen jenen andern Asso-
ziationsmotiven ihre Wirkungen ausgeübt, und sie konnte daher wohl
') So z. B. noch von Ed. Süß, Das Antlitz der Erde, Bd. i, S. 25 ff., für die baby-
lonisch-biblische Sage.
^c8 Der Nattirmythas.
hebend und verstärkend auf den ganzen Komplex der Elemente, aus
denen sich das mythische Bild des rettenden Schiffes zusammen-
setzte, einwirken, ohne daß deshalb jemals in der Mondgestalt selbst
die Arche der Sintflut gesehen worden wäre. Wurde doch der M}^us
überhaupt von Anfang an in eine ferne Vergangenheit verlegft, so
daß dadurch schon die unmittelbare Projektion der Erzählung in das
fortwährend sich wiederholende Schauspiel am Himmel unmöglich
war. Bietet aber die Flutsage das Bild einer Weltemeuerung , die
Untergang und Neuschöpfung als ihre untrennbar zusammengehörigen
Teile enthält, so liegt darin von selbst, daß sie ein erweitertes Spiegel-
bild des kosmogonischen Mythus ist, das in seinem ersten Teil den
Wiedereintritt eines chaotischen Urzustandes, in seinem zweiten eine
Wiederholung der Schöpfung darstellt. Die Verbindimg dieser beiden
sich ergänzenden Teile fuhrt jedoch außerdem dazu, das Motiv der
Neuschöpfung des Menschen und zumeist auch der Tiere durch das
der Rettung einzelner überlebender aus der zerstörenden Flut zu
ersetzen. Immerhin kann sich auch dieses Rettungs- mit dem Neu-
Schöpfungsmotiv verbinden, wie die griechische Version der Sage
zeigt, die hier den alten Märchenzug des Zaubers zurüd^eworfener
Objekte in sich aufgenommen hat. Das gerettete Paar, Deukalion und
Pyrrha, läßt aus den rückwärts geworfenen Steinen ein Geschlecht
neuer Menschen entstehen, — ein Bild, bei dem neben jenem allge-
meineren Zaubermotiv noch die Assoziation mit der ausgeworfenen
Saat und mit der Allmutter Erde, der diese Saat entnommen ist, mit-
gewirkt haben mag (Ovid, Met. I, 381 ff.). An die Vorstellung der
Rettung knüpft sich endlich unmittelbar die der bergenden Arche
und der Landung auf einem Gebirge, wie sie in allen Flutsagen wieder-
kehrt, und weiterhin wohl auch die der Aussendung von Vögeln, die
das Sinken der Flut erkunden. Darum beweisen diese Nebenumstände
erst da mit Sicherheit eine Wanderung der Sage, wo sich die Motive in
so übereinstimmenden Zügen wie in der babylonischen und biblischen
Flutsage wiederholen. Dem entspricht es, daß bei den Sintbrand-
sagen die gleichen Motive der Rettung in entsprechend abgeänderter
Form wiederkehren: die Geretteten bergen sich hier entweder in Erd-
höhlen, oder sie klettern an einem Seil zum Himmel empor usw.*).
') Andree, a. a. O. S. 120. Dorsey, Traditions of the Caddo, p. 119.
Die Göttersage. 45Q
Läßt auf solche Weise die allgemeine Verbreitung sowohl der
Ursprung^ wie mancher der Nebenmotive der Flutsagen die Frage,
ob diese in dem Gebiet, in dem wir sie vorfinden, autochthon ent-
standen oder ob sie zugewandert seien, in vielen Fällen zweifelhaft,
so wird die Schwierigkeit einer Entscheidung noch dadurch vergrößert,
daß die gleichen Bedingungen, die die Entstehung der Sage erleichtem,
natürlich auch ihre Assimilation begünstigen, wo sie etwa von außen
zugeführt werden sollte. Da nun eine solche Assimilation in der
Regel zugleich mit der Zumischung anderer, teils einheimischer,
teils ebenfalls zugewanderter Märchen- und Sagenstoffe verbunden
zu sein pflegt, so können anderseits die Abweichungen im ein-
zelnen, da sie eben durch diese jede Assimilation begleitenden Erschei-
nungen bedingt sein können, eine Gegeninstanz gegen eine solche
äußere Aufnahme nicht bilden. So ist das auch in der sonstigen
Märchentradition der Griechen sich mehrfach wiederholende Motiv
des Rückwerfungszaubers noch kein Beweis gegen einen Zusammen-
hang mit der vorderasiatischen Sage; und nicht minder kann man in
der Rolle, die in der indischen Sage der rettende Fisch spielt, kein
Argfument fiir einen autochthonen Ursprung der ganzen Sage er-
blicken. Wenn endlich in den Flutsagen nordamerikanischer Prärie-
indianer gelegentlich an die Stelle der Arche eine große Rohrpflanze
tritt, in der die Geretteten Unterkunft finden, oder wenn sie auf einen
Berg fliehen, der dann immer höher wächst und so von der Über-
schwemmung verschont bleibt, so können das ebensogut ursprünglich
abweichende Formen der Sage selbst wie Assimilationen dieser durch
die bei jenen Stämmen heimische Mythe vom Ursprung des Men-
schen aus hohlen Bäumen und von Himmelswanderungen von zauber-
haft emporwachsenden Bäumen oder Bergen aus sein'). Wie mannig-
faltig solche Assimilationen hier umgestaltend einwirken können, das
zeigen namentlich Abweichungen, bei denen gleichwohl der Ursprung
aus einer bestimmten Sagenüberlieferung nicht zweifelhaft sein kann.
So findet sich unter den siebenbürgischen Zigeunern eine Variante
der Flutsage, deren Hauptquelle offenbar die biblische Sage ist, die
aber außerdem eine Reminiszenz an den rettenden Wunderfisch der
*) Vgl. solche Modifikationen der Flutsage bei Dorsey, The Mythology of thc
Wichita, p. 348 f., Traditions of the Caddo, p. 1 1 1 f.
460 I^w Naturmythus.
indischen Sage in einer teils durch das verbreitete Märchenmotiv der
bestraften Neugier, teils durch den entsprechenden Zug der Paradieses-
sage stark veränderten Form aufgenommen zu haben scheint Der
liebe Gott in der Gestalt eines alten Wanderers hinterläßt in einer
Hütte, in der er einkehrt, einen Fisch mit dem Gebot, ihn nicht zu
essen, sondern sorgfältig für ihn aufzubewahren. Der Mann hält
auch das Versprechen, das Weib kann nicht widerstehen: in dem
Augenblick, wo sie den Fisch auf die Kohlen wirft, wird sie aber
vom Blitz erschlagen, und eine Flut überschwemmt das Land. Nur
der Mann, der seinen Schwur gehalten, wird mit dem zweiten Weibe,
das er indessen geheiratet, und mit den Tieren und Kräutern, die er
nach der Anweisung des Alten in die Arche genommen, gerettet").
Diese Erzählung ist zugleich ein belehrendes Beispiel für die starken Ver-
änderungen, welche namentlich die in assimilative Wechselwirkung
tretenden Nebenmotive erfahren. So ist schon das Evamotiv durch
das ihm verwandte, aus andern zahlreichen Märchen herüberwirkende
der bestraften Neugier sehr abgedämpft, und an den Fisch der in-
dischen Flutsage würde man schwerlich noch denken, wenn nicht zahl-
reiche sonstige Traditionen der Zigeuner ein Fortleben solcher Er-
innerungen an ihre alte Heimat bezeugten. Gerade bei der Flutsage
bieten sich überdies in einer Fülle von Varianten der biblischen Über-
lieferung, die über einen großen Teil der Alten Welt verbreitet sind,
Beispiele solcher Verbindungen, bei denen nicht selten jene Sage
selbst nur den Hintergrund bildet, auf den ein anderer geläufiger
Märchen- oder FabelstofF aufgetragen ist. Besonders sind es dabei,
wie schon in dem obigen Zigeunermärchen, Verbindungen mit der
Paradiesessage, bei denen dann die Lieblingsfigur des mittelalterlichen
Volkshumors, der Teufel, eine bevorzugte Rolle spielt. Ebenso pflegen
hier die Eigenschaften der in die Arche mitgenommenen Tiere in der
Weise der allerwärts beliebten Stoffe der scherzhaften Tierfabel her-
überzuwirken. So ist aus der Verbindimg dieser Elemente eine ganze
weit verbreitete Klasse von Geschichten entstanden, in denen der
Teufel und Vater Noah einander zu überlisten suchen, indem jener
unerkannt, in der Regel als Maus, in die Arche eindringt, um sie
durch das Loch, das er bohrt, zum Sinken zu bringen, was Noah
') H. V. Wlislocki, Märchen und Sagen der transsylvanischen Zigeuner, 1886, S. 4 f.
Die Göttersage. 461
vereitelt, indem er der Schlange oder dem Igel befiehlt, das Loch
zu verstopfen. Oder nach einer andern Version: Noah schleudert
gegen den in Mausgestalt eingedrungenen Teufel seinen Handschuh,
der sich in eine Katze verwandelt, die die Maus auffrißt usw.').
Diese Aufnahme in die vcrbreitetste Gattung von Volkserzählungen,
in das Scherzmärchen, zeig^ deutlich, wie homogen der Stoff der
Flutsage selbst einer naiven mythologischen Phantasie ist, woraus
sich dann ebenso die große Wanderfahigkeit wie die überall daneben
vorhandene Möglichkeit einer unabhängigen Entstehung der gleichen
Sagenmotive ergibt.
Finden sich nun aber auch infolge dieser Verbreitung ihrer natür-
lichen Entstehungsbedingungen Flutsagen bei Völkern der verschie-
densten Kulturstufen, so sind darum doch keineswegs die psycho-
logischen Motive, die in der Sage als die Ursachen dieses ungeheueren
Ereignisses erscheinen, überall dieselben. Vielmehr lassen sich deut-
lich zwei Formen unterscheiden, die den uns bereits bekannten Ab-
stufungen in der Motivierung anderer Mythen, wie z. B. derer von
der Tierver^'andlung des Menschen, parallel gehen (S. 149 ff.). Auf der
ersten Stufe wird die Flut einfach als ein wunderbares Ereignis und
die Errettung einzelner aus ihr, falls sie überhaupt vorkommt, als ein
Zauber erzählt, dessen sich diese bedient haben. Dies ist die Form,
in der die Sage fast durchgehends bei den primitiveren Völkern
motiviert wird. So in vielen nordamerikanischen und in manchen
ozeanischen Traditionen. Auf der zweiten Stufe ist sie ein Straf-
gericht, das die Götter gegen die Verfehlungen eines von ihnen ab-
gefallenen oder durch seine Wildheit ihren Zorn erregenden Ge-
schlechts ergehen lassen. Die Geretteten aber entgehen dem Unheil,
weil sie sich der besonderen Gunst der Götter erfreuen. So in der
vorderasiatischen, jedenfalls der Mehrzahl der Traditionen zugrunde
liegenden Form der Sage. Selbstverständlich steht übrigens diese
Gradation der ethischen Grundmotive, so bedeutsam sie für die reli-
giöse Entwicklung ist, zu der Frage des Ursprungs und der Wande-
rung der Sage in keiner notwendigen Beziehung, da beidemal ein
mythischer Stoff eben nur in der Form Fuß fassen kann, in der er
der allgemeinen Bewußtseinsstufe adäquat ist. Wohl aber wird die
') O. Dähnhardt, Natursagen, S. 257 flf.
462 Der Naturmythas.
allgemeine Entwicklung der Sage aller Wahrscheinlichkeit nach in
dem Sinne erfolgt sein, daß auch hier die naivere, der ethischen
Motive noch entbehrende Stufe die ursprüngliche gewesen ist, in die
dann erst in weiterer Folge die Motive der Belohnung und Errettung
der von den Göttern bevorzugten Frommen Aufnahme gefunden
haben. In dieser Aufnahme des Rache- und des Strafmotivs, die
innerhalb jenes allgemeinen Übergangs wohl auch hier wieder eine
engere ethische Abstufung gebildet haben, bereitet sich jedoch schon
die zweite Hauptform der Weltuntergangsmythen, die apokalyp-
tische, vor. Sie projiziert das in der Sintflut- und Sintbrandsage
in eine ferne Vergangenheit verlegte Ereignis der Weltemeuenmg
in die Zukunft und pflegt dabei zugleich, den Motiven dieser in
Zukunftsbildern schwärmenden Phantasie folgend, namentlich in der
Ausmalung des Werkes der Zerstörung das Bild reicher und gewal-
tiger zu gestalten.
Eine Art Übergangsstellung zwischen diesen beiden Formen, der
der Vergangenheit angehörenden Flut- und der der Zukunft zuge-
wandten apokalyptischen Weltuntergangssage, nehmen die M}^en
von den Weltaltern ein. In ihnen kann freilich der Zusammenhang
mit den Weltuntergangsmythen zuweilen verblaßt sein, wie das be-
sonders die griechische Sage zeigt. In Hesiods »Werken und Tagen«
sind es bekanntlich vier Geschlechter der Menschen, das goldene,
silberne, eherne und eiserne, die in absteigender Folge von den
Göttern geschaffen werden, ohne daß von einer der neuen Schöpfui^
vorangehenden Katastrophe, die die frühere vernichtete, die Rede
wäre (Hes. W. u. T. 109 ff*.). Erst die spätere Sage hat^dem ehernen
Geschlecht die von Zeus in seinem Zorn über dessen Frevel ver-
hängte Flut folgen lassen (ApoUodor I, 7, 2), die hier ein wahrschein-
lich der zugewanderten asiatischen Sage entnommenes, an dieser
Stelle ziemlich willkürlich eingefügtes Glied bildet. In lebendigerem
Zusammenhang mit den Weltuntergangsmythen ist die gleiche Vor-
stellung von den Weltaltem bei den Kulturvölkern der Neuen Welt
geblieben, wo sie eine von dem peruanischen zum mexikanischen
Kulturkreis herrüberreichende Mythenkette bildet, die entweder auf
gemeinsamen Ursprung oder mindestens auf eine Wanderung vieler
einzelner Mythenelemente hinweist. Dabei scheint dann zugleich die
Vierzahl der Weltalter zu der über ganz Amerika verbreiteten Heilig-
Die Göttersage. ^63
keit der Vierzahl in Beziehung zu treten (vgl. unten 6, h). Sie hat
durch weitere mythologische Verbindungen mancherlei Verschie-
bungen erfahren. Am bekanntesten sind diese Verhältnisse aus dem
mexikanischen Kulturkreis, wo den vier Weltaltem vier Weltzerstö-
rungen entsprechen, die nacheinander durch furchtbare Ungeheuer,
durch orkanartige Winde, durch Feuer und durch Wasser geschehen,
ein Bild, das nun ebenso auf die Vergangenheit wie auf die Zukunft
bezogen wird, und in dem als treibendes Motiv wiederum der Zorn
der Grötter nicht fehlt. Wie in dieser Beziehung auf die Zukunft, so
tritt dann aber auch in den andern Vertilgungsmitteln, die zu Wasser
und Feuer hinzukommen, und bei denen statt der Ungeheuer auch
Hunger und Pest eine Rolle spielen, die innere Verwandtschaft der
Sagen gleichzeitig mit den Flut- wie mit den Weltuntergangsmythen
hervor*).
Ob zwischen diesen neuweltlichen Mythen und den Flut- und
Weltaltermythen der Alten Welt außer der allgemeinen Verwandt-
schaft der Motive noch engere, durch Wanderungen von Sagen-
elementen vermittelte Beziehungen stattfinden, wie man nach der
Bevorzugung der Vierzahl fiir die Weltalter vermuten könnte, mag
hier dahingestellt bleiben. Daß die eigenartige Verwebung dieser
Vorstellungen von Untergang und Neuschöpfung auf das engste mit
der mythologischen Vorstellungswelt der Völker zusammenhängt,
ist augenfällig. So nahe aber hier die südamerikanischen Kultur-
kreise einander stehen, so entfernt und im ganzen auf die oben her-
vorgehobenen allgemeinsten Motive der Flutsage, wie sie fast überall
vorkommen, beschränkt sind die Beziehungen zu den altweltlichen
Sagengestaltungen. Noch weniger läßt sich wohl mit irgend einem
Grad von Wahrscheinlichkeit der apokalyptische Charakter dieser
neuweltlichen Sagen auf äußere Einwirkungen zurückführen. Ja diese
mexikanische Apokalyptik erscheint um so eigenartiger, weil in ihr
der Zusammenhang mit der Flut- und durch diese mit der Schöpfungs-
sage, der in der apokalyptischen Literatur des Juden- und Christen-
tums ein weit verborgenerer ist, als eine völlige Einheit dieser Sagen-
typen erscheint: die neuweltlichen Sagen sind Weltuntergangs- und
Schöpfungssagen zugleich, und sie steigern, dem auch in ihnen
\ Brinton, The Myths of the New World^, 1905, p. 248 ff.
464 ^^^ Naturmythas.
lebenden Motiv des Zorns der Götter nachgebend, die einfache
Strafe des Untergangs der Menschheit durch eine Vielgestaltigkeit der
Strafmittel, bei der das Motiv der Strafe mit dem der Plage ver-
schmilzt. Es ist das gleiche Motiv, das uns auch in den apokalyp-
tischen Weltuntergangssagen, wie sie die jüdische und dann, ihren
Spuren folgend, die altchristliche Literatur erzeugt hat, begegnet
Zugleich spiegeln sich aber in dieser die geschichtlichen Beding^iingen,
die hier den allen Welterneuerungsmythen im letzten Grunde gemein-
samen Gedanken eines dem Wechsel der Jahre und dem Leben des
Menschen analogen periodischen Verlaufs zurückgedrängt haben. Den
äußersten Gegensatz zu dieser Apokalyptik der Schrecken und Plagen
mit der ihnen folgenden zukünftigen Herrlichkeit bildet dag^en der
da und dort an die Schöpfungssage geknüpfte Gedanke eines großen
»Weltjahres« oder die mit dem Mythus vom »Weltei« verbundene
Vorstellung einer unablässig sich folgenden Reihe zwischen Greburt
und Tod hin- und hergehender Entwicklungen, — Ideen, die, an
astronomische Betrachtungen anknüpfend, in der babylonischen Welt-
anschauung und dann, vielleicht begünstigt durch die Seelenwande-
rungslehre, im Atharwa-Veda der Inder und in den Schriften des
späteren Buddhismus vorkommen'). Überall aber, wo, wie hier und
in den ähnlichen Vorstellungen griechischer Philosophen, die Ana-
logien mit dem Jahresverlauf oder mit Zeug^ung und Tod maßgebend
sind, da wird nun die Weltkatastrophe zu einem sich wiederholenden
Naturvorgang, dem mit den geschichtlichen Bedingungen auch
die ethischen Motive fehlen, die den eigentlichen Weltuntergangs-
mythus beherrschen, und die noch in der Sage von den Weltaltem
anklingen. Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß sich diese
ethischen Gedanken mit jenen chronologischen Analogien assoziieren
können, eine Verbindung, die in der Tat in den babylonischen An-
schauungen wohl schon eingetreten ist und von hier aus auch auf die
jüdische Apokalyptik herübergewirkt haben mag.
') Hugo Winckler, in Schrader, Die Keilinschriften und das Alte Testament 3,
S. 316 ff. Deussen, Allgemeine Geschiebte der Philosophie, I, i, S. 208. Hardy, Der
Buddhismus, 1890, S. 53.
Die Göttersage. 465
h. Die apokalyptische Weltnntergangssage.
Daß die Weltuntergangssage auch in ihrer apokalyptischen Form
im wesentlichen zugleich eine Unterart der Schöpfungssage ist, lassen
nun auch die speziell diesen Namen tragenden Literaturerzeugnisse
der Alten Welt trotz ihrer nahen Beziehungen zur Zeitgeschichte deut-
lich erkennen. In der Schilderung des Endes wiederholt sich auch
in ihnen die des Anfangs der Dinge. Der Kampf der Lichtgötter
gegen die Ungeheuer der Tiefe, der bei der Schöpfung das Chaos
zerstört, setzt hier den Greueln ein Ziel, die den Weltuntergang be-
gleiten, damit eine neue, bessere Welt folgen könne'). Ob sich der
Apokalyptiker solcher Entlehnungen bewußt ist, kann man freilich
mit Recht bezweifeln. Schöpft doch seine Phantasie naturgemäß aus
dem Vorrat der ihm verfügbaren Märchen- und Mythenstoffe, aus
denen sich die kosmogonischen vermöge der Verwandtschaft ihres
Inhalts vor andern aufdrängen müssen, ohne daß dabei die assozia-
tive Mitwirkung sonstiger Elemente ausgeschlossen ist"*). Wie sehr
diese aus allen möglichen Regionen mythologischer Tradition zu-
') H. Gimkel, Schöpfung und Chaos, S. 386 ff.
^) Ein charakteristisches Beispiel solcher Assoziationen ist die Verwandtschaft des
Drachenkampfes in der Geburtsgeschichte des ApoUo (Hygin fab. 140) mit dem gebären-
den Weib in Apok. Joh. 12. A. Dieterich, der auf diese Analogie aufmerksam gemacht
hat, schloß daraus auf ein Eindringen jenes in hellenistiBcher Zeit weit verbreiteten
Mythenmärchens in das Werk des christlichen Verfassers (A. Dietericb, Abraxas, Stadien
zur Religionsgeschichte des späteren Altertums, 1891, S. iiyf.). H. Gunkel lehnt
hellenistischen Einfluß auf das in Palästina entstandene, in diesem Teil wahrscheinlich
aus der christlichen Überarbeitung einer jüdbchen Quelle hervorgegangene Werk ab
und ist geneigt, vielmehr für beide Mythen, den biblischen wie den griechischen, die
Einwirkung der babylonischen Drachensage zu statuieren (Schöpfung und Chaos,
S. 283 ff.). Aber es bleibt nicht zu leugnen, daß die Anklänge des apokalyptischen
Bildes an den Leto-ApoUomythus und den Drachen Python größer sind, als die an
den Kampf zwischen Marduk und Tihamat. Mag darum auch zunächst die Assozia-
tion mit dem Kampf gegen die Ungeheuer des Urchaos die Phantasie des Apokalyp-
tikers befruchtet haben, daß diese Vorstellung dann weiterhin die Assimilation eines
so verbreiteten Mythenmärchens, wie es in hellenistischer Zeit der ApoUo-Letomythus
gewesen, dem Bilde seine weiteren Züge gegeben habe, würde ganz dem Zusammen-
wachsen von Märchenelementen entsprechen, wie wir es in unzähligen andern Fällen
verfolgen können, um so mehr, da das Motiv des Drachenkampfes hier ein Bindeglied
bildet, das seine Zugkraft noch anderwärts oft genug in Märchen und Legende be-
währt hat.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 3®
466 I^cr Natarmythiis.
sammenströmen und sich mischen können, dafür bietet in der Tat
gerade die apokalyptische Literatur mannigfache Belege. Da ist z. B.
im Buche Daniel bei der Schilderung von Nebukadnezars Traum-
gesicht in die symbolische Darstellung der vier Weltreiche unter dem
Bilde einer aus Gold, Silber, Erz und Eisen bestehenden Statue sicht-
lich der Mythus von den vier Weltaltern eingedrungen (Dan. 2, 31),
während kurz darauf in der Erzählung von Nebukadnezars Wahn-
sinn, wie er mit den Rindern Grünfutter verzehrt und ihm Haare
wachsen und Nägel gleich Vogelkrallen, das über alle Welt ver-
breitete Tierverwandlungsmärchen nicht zu verkennen ist (Dan. 4, 30).
Was aber mehr als der auf die verschiedensten Quellen und Stadien
der Mythenentwicklung zurückgehende Synkretismus diese Gattung
der visionären Literatur kennzeichnet und sie von den Visionen der
eigentlichen Prophetie wie von sonstigen Schilderungen göttlicher
Strafgerichte scheidet, das ist die groteske Phantastik, in der sich
diese Dichtungen bei der Ausmalung der Schrecken und Strafen,
die der Endzeit vorausgehen, wie der Herrlichkeiten, die ihr folgen
werden, ergehen. Da ist keine Zahl groß genug, um auszudrücken,
daß das Gericht, das sich um den Thron des höchsten Richters ver-
sammelt, aus vielen Personen besteht: es müssen gleich tausendmal
Tausende und tausendmal Zehntausende sein (Dan. 7, 9). Über alle
Grenzen des Denkbaren erhebt sich vollends diese Phantastik in der
Beschreibung der Ungeheuer und der Schrecken, die das Weltende
bezeichnen. Von den vier Ungeheuern, die Daniel im Traume aus
der Tiefe des Meeres aufsteigen sieht, hat das vierte eiserne Zahne
und zehn gewaltige Hörner, über die ein elftes furchtbareres hervor-
wächst mit menschlichen Augen und einem Munde, der »hochfahrende
Dinge redet«! (Dan. 7, 2 ff.). Was sind die Plagen, die Jahwe den
Ägyptern sendet, die Viehpest, die Beulen, der Hagel und die Heu-
schrecken, die die Bodengewächse zerstören, gegen die Heuschrecken
der Johannesapokalypse, die wütenden Rossen gleichen, Zähne wie
Löwenzähne, Haare wie Weiberhaare und Schwänze wie Skorpionen
besitzen! (Ap. Joh. 9) Wie die Schrecken und Plagen, so sind aber
nicht minder die alten mythologischen Bilder göttlicher Offenbarungen
ins Ungeheuerliche und Geschmacklose gesteigert Man vergleiche
die erhabene Erscheinung Jahwes in der verhüllenden Wolke auf dem
Sinai mit dem gebärenden Weibe der Apokalypse, das, mit der Sonne
Die Göttersage. 467
bekleidet, den Mond zu seinen Füßen und auf seinem Haupte ein Dia-
dem von zwölf Sternen hat (Ap. 12, i), oder den Mannaregen, mit
dem Jahwe das Volk Israel in der Wüste erquickt (2. Mos. 16), mit
dem Buch des apokalyptischen Engels, das im Munde süß schmeckt,
aber im Magen bitter ist (Ap. 10), das gelobte Land, das von Milch
und Honig überfließt (2. Mos. 3, 8), mit dem künftigen Jerusalem,
das vom Himmel niederfahrt, dessen Mauern aus Edelsteinen, dessen
Tore aus Perlen sind, und in das alle Könige der Erde ihre Herr-
lichkeiten bringen (Ap. 21). Das sind weder urwüchsige mytho-
logische Bilder, noch gleichen sie den im wachen Zustand oder im
Traum geschauten Gesichten des ekstatischen Visionärs, sondern es
ist eine erkünstelte Übertreibung mythologischer Vorstellungen ins
Unvorstellbare, die eigentlich nur noch in Worten möglich ist. So
bilden diese apokalyptischen Mythen das dritte und letzte Glied in
einer Reihe, die, nachdem sie von der Wachvision des ursprünglichen
zur Traumvision des untergehenden Prophetentums geführt hat, nun mit
Erzeugnissen endet, die weder Wachvisionen noch Träume, sondern
aus verstandesmäßiger Reflexion geborene Dichtungen sind. Darum
läßt die Prophetie eines Sacharja immer noch das wirkliche Traum-
bild erkennen. Die Schilderungen des Apokalyptikers aber sind, ob-
gleich sie als Träume erzählt werden, keine Träume, sondern er-
fundene Allegorien, die ihren Inhalt überdies zu einem nicht geringen
Teil altorientalischer Mythendichtung entlehnt haben*).
') Vgl. A. Jeremias, Babylonisches im Neuen Testament, 1905, S. 34ff. Meine
Bemerkungen über die beiden Formen prophetischer Vision im vorigen Teil dieses
Werkes (Teil II, S. 98 ff.), an die sich hier die apokalyptische Dichtung als eine
dritte anschließt, sind, wie ich bemerkt habe, von einigen Lesern so mißverstanden
worden, als wolle ich überhaupt der Wachvision psychologisch die Priorität vor
dem Traum einräumen. Das ist natürlich nicht meine Meinung. Der Traum ist,
soviel wir wissen, eine allgemein menschliche Erscheinung, an der, nach verschiedenen
Symptomen zu schließen, bis zu einem gewissen Grade sogar die höheren Tiere, z. B.
die Hunde, teilhaben. Träumer und Träume hat es daher in aller Welt lange ge-
geben, ehe unter den besonderen historischen Bedingungen, wie sie die israelitische
und in etwas abweichender Gestalt auch die indische Geschichte sowie andere, diesen
ähnliche Völkerbewegungen mit sich führten, Propheten aufgetreten sind. Selbstver-
ständlich gilt daher der für das Prophetentum aufgestellte und zunächst ans dem
israelitischen Prophetentum abstrahierte Satz, daß in der Zeit der sinkenden Pro-
phetie der Traum und zum Teil schon die den Traum weiterführende Tendenidich-
tung die Wachvision der auf der Höhe ihrer Entwicklung stehenden Prophetie mblöst,
eben nur für diese Entwicklung. Hier schließt sich dann aber ebenso unmittelbar uud.
30*
468 I^cr Natarmythas.
Nun darf man freilich aus diesem starken Anteil der Reflexion
nicht schließen, der Aufbau einer solchen apokalyptischen Mythen-
dichtung sei auch im Einzelnen nur ein Produkt willkürlicher alle-
gorisierender Erfindung. Vielmehr ist es unvermeidlich, daß sich dem
apokalyptischen, wie jedem Dichter, viele seiner Bilder ungesucht ge-
stalten, oder aus dem geläufigen Mythen- und Märchenschatz zu-
fließen, ohne daß er sich dieser Quellen deutlich bewußt wäre. In
allem dem unterscheidet sich die apokalyptische namentlich nicht von
der allegorischen Dichtung, mit der sie die verstandesmäßige Reflexion
ebenso wie die Absicht der Verhüllung durch das Bild gemein hat
Was zur gewöhnlichen Allegorie hinzukommt ist nur die aus der
Prophetie übernommene, hier freilich zumeist zum äußeren Schein ge-
wordene und deshalb übersteigerte Ekstase. Nicht minder mengt sich
aber die aus uraltem Zauberglauben dunkel nachwirkende Vorstellung
vom Zauber des Geheimnisvollen ein, die gelegentlich wohl die Offen-
barungen des Apokalyptikers zu Rätseln für ihn selbst macht.
Zu diesem Komplex von Motiven steht schließlich noch eine an-
dere Erscheinung in naher Beziehung, die zugleich den apokalyptischen
Mythus in seiner Eigenart auch von der späteren Prophetie unter-
scheidet: das ist die Eigenschaft, daß alle Mythen vom Ende und
von der Erneuerung der Welt zugleich nach rückwärts gewandt
sind. Sie künden nicht bloß die Zukunft voraus, sondern sie erzählen
auch die Vergangenheit, soweit sie zu dieser Zukunft in der Gedanken-
welt des Apokalyptikers in Beziehung gesetzt ist. Man hat diese
Erscheinung im Hinblick auf die ihr vorangegangene oder sie be-
gleitende Prophetie als eine Art Entgleisung betrachtet. Der Apo-
kalyptiker sei seines prophetischen Berufs uneingedenk geworden,
und er habe wohl, um seinen Voraussagen über die Zukunft Glaub-
würdigkeit zu verleihen, seinen eigenen Standort in eine entfernte
Vergangenheit verlegt, so daß nun die wirkliche Geschichte als eine
wie man wohl sagen darf, in einer ebensolchen psychologischen Gesetzmäßigkeit an
die Propherie zweiter Art die Apokalyptik an, zwischen der und dem späteren Pxo-
phetentum bekanntlich auch bei den Israeliten die Grenzen fließende sind. Wie schon
im älteren Prophetentum neben den echten Wachvisionen der Traum eine RoUe spielen
kann (a. a. O. S. 100), so mögen übrigens auch einzelnen Erzählungen der Apokalyp-
tiker Träume und ausnahmsweise sogar einmal Wachvisionen zugrunde liegen. Im
allgemeinen tragen aber die apokalyptischen Bilder gerade in ihrer die Grenzen des
Vorstellbaren überschreitenden Phantastik deutlich die Merkmale der Erfindung an sich.
Die Göttersage. ^69
bereits eingetroffene Prophezeiung erscheine'). Aber bei aller Re-
flexion in dieser mythologisierenden Dichtung, und obgleich diese
Schriften, wie z.B. das apokryphe Buch Henoch, um den sie um-
gebenden Zauber des Geheimnisses zu erhöhen, zuweilen in Urväter-
zeit zurückverleg^ sind, so wird man doch so raffiniert ausgeklügelte
Zwecke hier um so weniger vermuten dürfen, als jene Eigenschaft allen
diesen Erzeugnissen in größerem oder geringerem Maße zukommt,
und als sie auch den weit entlegenen Weltuntergangsmythen der
Neuen Welt nicht fehlt. Der apokalyptische Mythus steht eben, wie
er dem Untergang eine Erneuerung der Welt folgen läßt, so seiner
eigensten Natur nach zwischen Vergangenheit und Zukunft mitten
inne. Es ist die gleiche Eigenschaft, die ihn, sobald die Weltkata-
strophen in einer gewissen, eventuell sich wiederholenden Folge
wiederkehren, in die Sage von den Weltaltern übergehen läßt. So
ist er denn auch seiner dichterischen Form nach nicht sowohl Weis-
sagung als Erzählung. Das Medium, in dem sich die Erzählung
in gleicher W^ise nach beiden Richtungen bewegen kann, ist aber
der Traum. Das Traumgesicht ist ja an sich unmittelbare Gegen-
wart. Doch in dieser Gegenwart kann sich die Vergangenheit ebenso
wie die Zukunft spiegeln, und da die Zukunft in der Vergangenheit
vorbereitet wird, so kann die apokalyptische Dichtung um so weniger
umhin, auch in ihren Schilderungen diesem Gang des Geschehens
zu folgen, als die Motive für das bevorstehende Weltende wie für
die folgende Welterneuerung teils in der schon durchlebten Ver-
gangenheit liegen, teils wenigstens durch sie vorbereitet sind. Darum
ist zwar die Apokalyptik in der spezifischen Form, in der sie das
Judentum unter dem Einfluß der in sein nationales und religiöses
Leben tief eingreifenden Weltereignisse erzeugt hat, und in der sie
dann wenig verändert in die christliche Apokalyptik übergegangen
ist, sichtlich von der Prophetie ausgegangen. Ihrem eigensten Wesen
nach ist sie aber ein Neues, ein Mythus, der Vergangenes und
Zukünftiges verknüpft und eben deshalb in der Traumerzählung die
ihr adäquate Form vorfindet. Während darum in der gewöhnlichen
Sage das Vergangene als ein fiir immer Entschwundenes berichtet
wird, ist in der Traumerzählung des Apokalyptikers die Vergangen-
H. Gunkel, Schöpfung und Chaos, S. 187 flf.
47 O ^^^ Natunnythus.
heit schwanger mit der Zukunft. So herrscht hier bereits eine Kau-
salität der Erscheinungen, die freilich nicht die der wirklicfaen Ge-
schichte, sondern ganz in dem Glauben und Hoffen des Dichters
beg^ndet ist. Alles das sind aber wieder trotz der vorherrschen-
den erfinderischen Reflexion nicht sinnreich erdachte Kunstmittel,
sondern Eigenschaften, die aus den inneren Bedingungen dieser
Weltemeuerungsmythen mit psychologischer Notwendigkeit hervor-
gehen.
Aus den gleichen Bedingungen ergibt sich nun auch die eigen-
artige Stellung, die der apokalyptische Mythus zwischen Dichtung
und Philosophie, zwischen Sage und Geschichte, endlich zwischen
Mythus und Religion einnimmt. Abgesehen von den Beziehungen
zur Mystik und zum magischen Aberglauben, der durch die folgenden
Jahrhunderte bis über die Schwelle der Gegenwart herabreicht, sind
es in der Tat vornehmlich drei Richtungen, in denen der apokalyp-
tische Mythus auf kommende Zeiten gewirkt hat. Wir können diese
Richtungen kurz die kosmologische, die geschichtsphilosophische und
die eschatologische nennen. Zunächst hat jeder Weltuntergangsmythus
ein kosmologisches Thema: er löst ein naturphilosophisches
Problem in mythologischer Form. Diese kosmologische Seite tritt
in der mexikanischen wie in der indischen Abart der Sage mit ihren
Vorstellungen von der unendlichen Wiederholung der Zerstönu^en
und Wiederemeuerungen der Welt besonders hervor; sie fehlt aber
auch in den andern Mythen nicht, wie dies die Beziehung zu der
Sage von den vier Weltaltern und gelegentlich , z. B. in dem Buche
Henoch, selbst die Naturschilderungen der jüdischen Apokalyptik
zeigen. Das ist die Richtung, in der die Naturphilosophie von einem
Anaximander und Heraklit an bis herab zur Gegenwart den Mythus
vom Weltende und der Weltverjüngung wiederholt entwickelt hat.
Mehr noch ist die Apokalyptik in dem Gemälde, das sie von Ver-
gangenheit und Zukunft entrollt, ein Vorbild der kommenden Ge-
schichtsphilosophie, die vor allem darin die Spuren ihres my-
thologischen Ursprungs an sich trägt, daß sie von Augustins »Civitas
Dei« bis zum Beginn der Neuzeit alle Geschichte unter dem Ge-
sichtspunkt der beim Volke Israel beginnenden Heilsgeschichte be-
trachtet, und daß sie auch noch in ihren späteren Entwicklungen nicht
minder der Zukunft wie der Vergangenheit zugewandt ist, — ein Rest
Die Göttersage. ^yi
der Apokalyptik, der in den Konstruktionen Fichtes, Schellings,
Hegels und ihrer Nachfolger bis in die Gegenwart herabreicht Die
dritte und wichtigste Seite ist endlich die eschatologische. Waren
schon im späteren Judentum die die ältere Apokalyptik beherrschenden
Vorstellungen von der Wiederaufrichtung des jüdischen Staats imd
dem Sieg Jahwes über die fremden Götter allmählich hinter dem
die ganze Menschheit umfassenden Gedanken eines göttlichen Straf-
gerichts und einer neuen Welt der Seligen und der Heiligen zurück-
getreten, so richtete sich die Zukunfthoffnung der Christen auf die
erwartete Wiederkunft Christi, an die man diese große Weltkatastrophe
geknüpft glaubte; und als endlich solche chiliastische Erwartui^en
verblaßt waren, da verschwand zwar die alte Apokalyptik, aber ein
guter Teil von ihr lebte in den Vorstellungen von der Auferstehung
der Toten und vom jüngsten Gericht fort. Nur wurde hier die Kata-
strophe des Weltendes mehr und mehr zu einem übersinnlichen Vor-
gang, der nun mit den allgemeinen Bildern von der jenseitigen Welt
in enge Verbindung trat. So ist es schließlich vornehmlich diese
dritte Seite, bei der die Apokalyptik in die religiöse Entwicklung
eingegriffen und zu einem wesentlichen Teil dazu beigetragen hat,
die mythologrische Form vorzubereiten, die im Christentum die Jen-
seitsvorstellungen angenommen haben. Nur hatte sich hier das Nach-
einander der Schrecken des Weltendes und der Herrlichkeiten der
Welterneuerung in das Nebeneinander eines Schreckens ohne Ende
und einer ewigen Herrlichkeit umgewandelt, ein Prozeß, bei dem die
Vorstellung des jüngsten Gerichts ein natürliches Übergangsglied
bildete, das zunächst noch beides, die Vorstellungen vom Weltende
und die von den Aufenthaltsorten der Abgeschiedenen, in sich ver-
einigte, um schließlich dem dauernden Nebeneinander der alten Vor-
stellungen von Hölle und Himmel den Vorrang zu lassen. Mit dem
Schwinden der chiliastischen Vorstellungen verblaßte so allmählich
auch der ihnen ursprünglich eng verbundene Gedanke vom Welt-
ende, indem dieses in immer unbestimmtere Fernen rückte. Die
apokalyptische Weltuntergangssage ist daher in dieser vom Christen-
tum aufgenommenen Form nicht ganz verschwunden; aber sie ist in
ihrer ursprünglichen Bedeutung so unbestimmt geworden, daß sie
hinter den Wirkungen zurücktritt, die sie auf die Jenseitsvorstellungen
überhaupt ausgeübt hat. Aus der einmaligen Weltkatastrophe sind
472 Der Natormythus.
die Bilder des Schreckens und der Herrlichkeit auf die längest vor-
handenen Bilder von Hölle und Himmel übergregangen. In dieser
letzten gewaltigen Wirkung hat Dantes großes Gedicht das apo-
kalyptische Weltbild des Mittelalters noch einmal in poetisch ge-
läuterter Form für die kommenden Jahrhunderte fes^ehalten.
5. Die Legende.
a. Allgemeine Entwicklung der Legende.
In jener allgemeineren Bedeutung, die eine entwicklungsgeschicht-
liche Betrachtung des Mythus dem Begriff der Legende beilegen muß,
wenn sie diese bis zu ihren letzten Quellen zurückverfolgen soll, er-
streckt sich, wie wir früher gesehen haben, die Legende von den
frühesten Anfängen des Mythus an bis herauf zu den höchsten Stufen
religiöser Entwicklung, wo schließlich die vollkommenste Form der
Legende, die Kultlegende, als ein letztes, alle andern Mythenbestand-
teile überlebendes mythologisches Substrat des religiösen Kultus
zurückbleibt. Das Gebiet der Legende in diesem allgemeinsten Sinne
ist daher umfassender als das des Mythenmärchens imd der Sage.
Aber es bildet keine spezifische mythologische Form neben beiden,
sondern fällt teils mit dem Märchen teils mit der Sage zusammen.
Da der auf die letztere kommende Anteil der größere und wichtigere
ist, so behält die Auffassung der Legende als einer Abart der Sage
immerhin eine relative Berechtigung. Doch weist schon das Merk-
mal, in welchem sie sich von andern Formen der Sage scheidet, auf
Bedingungen zurück, die selbst den primitiven Formen des Mythen-
märchens nicht fehlen, und die so allgemeiner Art sind, daß sie
schließlich alle Stufen des Mythus bis herauf zur Göttersage umfassen.
Dieses Merkmal läßt sich am zutreffendsten in dem Begriff des >Heil-
bringersc ausdrücken, wenn wir unter diesem ein Wesen verstehen,
dem die Überlieferung große, für das leibliche oder geistige Wohl
der Menschen unersetzliche Heilstaten zuschreibt. Natürlich ist ein
solcher Heilbringer zunächst ein mythisches Wesen. Wie der Mythus
auch sonst sich geschichtlicher Personen bemächtigen und deren
historisches Bild bis zur Unkenntlichkeit umgestalten kann, so ist
das aber auch bei dem Heilbringer, namentlich auf den späteren.
Die Legende. ^y^
mit der historischen Tradition in lebendigeren Kontakt getretenen
Stufen der Mythenentwicklung möglich. Ja der Heilbringer ist mehr
als irgendeine andere Sagengestalt geeignet, Mythisches und Wirk-
liches in sich zu vereinigen. Bis in die Gegenwart herab pflegt
daher die Legende leichter als andere Formen der Mythenerzählung
einen historischen Kern zu bergen. Gleichwohl gilt das nur für die
späteren Stadien der Legendenbildung und auch hier nicht ausschließ*
lieh. Auf weiter zurückliegenden Stufen sind die Heilbringer sicht-
lich rein mythische Gestalten. So treten sie vor allem besonders
im Mythenmärchen als Fabelwesen auf, die von der primitiven
Märchenphantasie in verschwenderischem Grade mit Wunder- und
Zauberkräften ausgestattet sind, und bei denen an geschichtliche
Erinnerungen um so weniger zu denken ist, als bei den Völkern, denen
solche Heilbringermärchen angehören, eine auf viele Generationen
zurückreichende historische Überlieferung überhaupt nicht existiert.
Noch weniger ist es möglich, alle Gestalten der Helden- und der
Göttersage auf den Typus des Heilbringers zurückzuführen. Vielmehr
kommt dieser spezifische Legendenheld zwar auf jeder Stufe der
Mythenentwicklung vor, im Mythenmärchen, in der Helden- und in
der Göttersage. Aber es gibt nicht nur zahlreiche Märchen- und
Sagenhelden, die durchaus keine Heilbringer sind, sondern auch die
Götter stehen in vielen ihrer Eigenschaften und Handlungen dem
Heilbringer fern. Sie sind ebenso oft die Urheber von Naturerschei-
nungen oder Schickungen, die dem Menschen verderblich, wie von
solchen, die ihm günstig sind, und wo sich unter der Wirkung reli-
giöser Motive, namentlich solcher, die mit den Jenseitsvorstellungen
in Beziehung stehen, sogar spezifische Heilsgötter ausgebildet haben,
da pflegen sich dann diesen um so bestimmter andere Wesen gegen-
überzustellen, die, wie der persische Angramainju und der christliche
Teufel, geradezu den Charakter von Unheilbringern besitzen. Mag
aber auch die Bedeutung noch so groß sein, die der Heilbringer
in diesen Fällen als einer der Hauptzeugen für den Übergang zum
religiösen Mythus hat, weder läßt sich nach ihm der Gottesbeg^fT
überhaupt orientieren, noch ist die Gestalt des Heilbringers selbst
von Anfang an anders als mythisch fundiert. Wo schließlich ein
Mensch als Heilbringer verehrt wird, da ist daher ein von Hause my-
thischer Charakter auf eine historische Persönlichkeit übertragen
474 ^^^ Naturmythus.
worden, nicht umgekehrt*). Für dieses Verhältnis ist es bezeichnend,
daß auch die ursprünglich der geschichtlichen Überlieferung' ent-
stammenden Heilbringer durch die Legende reicher als der gewöhn-
liche historische Sagenheld von einem Mythen- und Märchenkranz
umgeben werden, der sie mit Wunder- imd Zaubertaten ausstattet
Das ist eben ein Erbteil, das die Legende aus ihrer rein mjrthischen
Vergangenheit in das Gebiet der Geschichte mit herübemimmti und
das an der Gestalt des Heilbringers unabhäng^ig von seinen Bezie-
hungen zur Geschichte haften bleibt. Er ist fortan der Wunderheid,
weil das Heil, das er gebracht hat, in welchen Gütern es auch be-
stehen mag, als ein Wunder empfunden wird. Darum bewahrt die
Legende auf allen Stufen ihrer Entwicklung eine weit größere Affinität
zum Zaubermärchen, aus dem sie sich ursprünglich abgezweigt hat,
als die Helden- und selbst die Göttersage. Anderseits kann sie da-
gegen in der Gestalt ihres Helden in jedes dieser andern Gebiete
des Mythus hineinreichen: sie ist Märchen-, Helden- oder Götter-
legende, je nachdem der Heilbringer eine reine Märchengestalt, ein
mythischer oder ein historischer Held oder aber ein Gott ist; imd
gerade die Legende eröffnet ein weites Feld für die Übergänge dieser
verschiedenen Formen ineinander.
Um einen Einblick in die ursprünglichsten Motive der Legende
zu gewinnen, wird man hiernach vor allem auf ihre bereits früher
geschilderten Anfänge in dem » Kultur märchen« zurückgehen müssen
(S. 302 ff.). Denn dieses bildet zusammen mit den Ausläufern, die es
in die primitive Stammessage entsendet (S. 294, 346ff.J, sichtlich den
primitiven Mythenstoff, aus dem die Gestalt des Heilbringers hervor-
wächst. Der Keld des Kulturmärchens hat dereinst den Vätern des
Stammes die nötigsten Hilfsmittel ihres Lebens verschafft, er hat ihnen
das Feuer vom Himmel geholt oder sie zur Kunst seiner Bereitui^
angeleitet, er hat sie in der Herstellung von Waffen und Werkzeugen
unterrichtet, und endlich: er hat ihnen die Zeremonien gezeigt, durch
die man günstigen Zauber verrichten und sich vor bösem Zauber
schützen kann. Mit diesen Elementen des Kulturmärchens verbinden
sich nun die der Stammessage: die Spender der vornehmsten Heils-
^) Vgl. oben S. 307 sowie die dort zitierte Diskussion über das Verhfiltnis von
Gott und Heilbringer zwischen Kurt Breysig (Die Entstehung des Gottesgedankens
und der Heilbringer, 1905) und Paul Ehrenreich (Götter und Heilbringer, 1906).
Die Legende. ^y^
guter sind selbst die Urväter des Stammes. Sie sind im Besitz einer
Macht und Weisheit gewesen, die sie über die Geschlechter der
später Geborenen emporhebt. Das ist die Anschauung, die sich von
den Muramuralegenden der Australier bis zu den Ahnen- und Urväter-
traditionen der alten Kulturvölker erstreckt, um dann freilich hier
weiterhin in die Heroen- und Göttersage einzumünden oder durch sie
ersetzt zu werden. So ist es wesentlich die Verschmelzung dieser,
dem Kulturmärchen und der Stammessage angehörenden Elemente,
die der Legende ihre früheste Gestaltung gibt. Dem Kulturmärchen
entnimmt sie die Vorstellung von dereinst durch wunderbare Zauber-
wesen gebrachten Kulturgütern; die märchenhafte Stammessage macht
diese Kulturbringer zu Urahnen der lebenden Geschlechter. Von
beiden Quellen liefert die erste, das Kulturmärchen, den Inhalt, die
zweite, die Stammestradition, die Form der Legende. Von diesen
Faktoren ist aber der zweite der am meisten veränderliche. In dem
Maße als die Stammessage selbst in den Hintergrund gedrängt wird,
treten Heroen und Götter an die Stelle der einstigen Stammesahnen,
— ein Prozeß, bei dem übrigens die Auffassung der Heroen und der
Götter als der Ahnen der lebenden Geschlechter die mannigffaltigsten
Zwischenstadien erzeugt, vermöge deren allmählich die ältere in eine
jüngere Form dieser Vorstellungen übergehen kann. Demgegenüber
bleibt der der Heilbringerlegende aus dem ursprünglichen Kultur-
märchen zufließende Inhalt verhältnismäßig konstant: er verändert sich
nur insoweit, als der Wandel der Kultur auch einen solchen der Kultur-
güter mit sich fuhrt, die als wertvoll geschätzt werden. Dabei ist
übrigens die Abhängigkeit dieser Güter von der subjektiven Wert-
schätzung und der Wandel, der sich infolgedessen in dem Charakter
des Heilbringers vollzieht, ein Beweis dafür, daß die Gestalt des letz-
teren zunächst nicht einer in der Wirklichkeit vorhandenen Persön-
lichkeit ihr Dasein verdankt, sondern daß sie aus der Schätzung der
Güter selber entspringt, die die mythenbildende Phantasie auf per-
sönliche Geber solcher Güter bezieht. Darum hat der Mythus den
Heilbringer geschafifen, nicht umgekehrt der Heilbringer den Mythus.
Erst auf einer weit späteren Stufe und unter dem Einfluß weit
reichender geschichtlicher Bedingungen kann der so entstandene Heil-
bringermythus an eine historische Persönlichkeit gebunden werden,
um nun seinerseits von ihr Einwirkungen zu empfangen. Das sind
^^6 Der Natnrmjrthus.
Wandlungen des Legendenhelden, die durchaus dem Übergang des
mythischen in den historischen Sagenhelden parallel gehen (vgl.
oben S. 3768*.).
Jener Prozeß der Verschmelzung, durch den aus dem Kultur-
märchen durch die sukzessive Einwirkung zuerst der Ahnen- und
Stammessage, dann der Heroen- und Göttersage die Legende auf den
verschiedenen Stufen ihrer Ausbildung hervorgeht, läßt sich nun aber
auch an den Kulturgütern verfolgen, die jeweils das Thema der
Legende bilden. Während sich diese Güter mehr und mehr über den
Umkreis des alltäglichen Lebens und der natürlichen, keine außer-
gewöhnlichen Hilfsmittel voraussetzenden Vorgänge erheben, gehören
umgekehrt die Anfänge dieser Entwicklung noch ganz dem Medium
des Kulturmärchens an. Noch hat hier der Märchenheld, auf den eine
erste heilbringende Tat zurückgeführt wird, nichts von dem eigent-
lichen Heilbringer oder Legendenhelden an sich. Irgend ein Knabe ge-
winnt etwa nach dem Mythenmärchen der Prärieindianer die magische
Gabe, die Büffel herbeizulocken oder einen Vertrag mit ihnen zu
schließen, der sie unter bestimmten, in primitive kultische Formen ge-
kleideten Bedingungen dem Bedürfnis des Menschen dienstbar macht
(S. 136 ff.). Doch dieser Zauberknabe ist bereits in der nächsten Er-
zählung spurlos verschwunden: er wird von einem andern Märchen-
helden abgelöst, der entweder ähnliche Taten oder beliebige andere,
an sich zwecklose Glücksabenteuer besteht. Auch das Weib, das
Männern im Walde begegnet und ihnen die ersten Brodfrüchte reicht,
erhebt sich noch nicht über diese Sphäre (S. 297). Alle diese Erzäh-
lungen tragen zwar in ihrer Beziehung auf die für die Fristung des
Lebens geschätzten Güter einen legendarischen Zug an sich; aber sie
bleiben noch auf der Stufe des Kulturmärchens: ihr Held ist anonym,
jeder beliebige Stammesgenosse könnte die Tat vollbracht haben. Es
fehlt der wirkliche Legendenheld, der eine Reihe von Taten aus-
fuhrt, deren nur er fähig ist, und an dessen Gestalt daher nun eine
Reihe durch sie verbundener Erzählungen geknüpft ist. Dazu ist
eben jene Einwirkung der Stammessage erforderlich, mag diese selbst
sich auch noch so sehr in der Region des phantastischen Zauber-
märchens bewegen. So ist denn das erste die beginnende Legende
von ihren Vorläufern im Kulturmärchen scheidende äußere Merkmal
die Bildung eines Märchenzyklus, dessen einzelne Stücke durch die
Die Legende. 477
Gestalt des Märchenhelden zusammengehalten werden. Ausgesprochene
Beispiele dieser Art sind schon die Muramuralegenden der Australier,
dann die Raben-, Hasen-, Coyote- und Mänäbushmärchen der nord-
amerikanischen Indianer. Sie zeigen bei aller Verschiedenheit im
einzelnen auch darin einen gemeinsamen Charakter, daß die im Kulturr
märchen in engeren Schranken sich bewegenden Wunder- imd Zauber-
taten des Helden hier durchweg ins grotesk Phantasische gesteigert
werden. Dazu bietet die Tierverwandlimg, die bei vielen dieser primi-
tiven Legendenhelden wahrscheinlich unter der Mitwirkung uralter
totemistischer Vorstellungen für die gewöhnliche äußere Erscheinungs-
weise bestimmend ist, ein günstiges Hilfsmittel. Der Legendenheld
setzt gleich dem Hasen mit Windeseile über Berge und Täler, oder
er fliegt als Vogel durch die Luft, holt von der Sonne das Licht und
aus der Tiefe der Erde die Finsternis, und in diesen schrankenlosen
Zauberverwandlungen, deren er fähig ist, erhebt er sich bisweilen zur
Höhe eines Welt- und Menschenschöpfers oder sinkt in der sich über-
stürzenden Märchenphantastik zu einer Spottfigur herab, die nicht
zum wenigsten durch die Züge grotesker Lächerlichkeit, die sie an
sich trägt, zu einer Lieblingsgestalt des Märchenerzählers wird. So
wirkt der Nimbus des Zaubers, der die großen, als Wunder an-
gestaunten Kulturtaten umgibt, aus denen die Legende erwächst,
auf die Gestalt des Legendenhelden zurück. Je höher die Wunder
geschätzt werden, die dieser vollbringt, um so mehr gewinnt er selbst
die Natur eines Wunder- und Zauberwesens, bis die immer mehr in
wilde Phantastik ausartende Schilderung dieses Helden in das Lächer-
liche umschlägt. Das sind Motive, die, in der natürlichen Verkettung
der Gefühle und ihrer Kontraste begründet, schließlich noch bis in
späte Zeiten in den beiden scheinbar widerstreitenden, in Wahrheit
aber doch eng verbundenen Erscheinungen nachwirken, daß der Held
der Legende reicher als der der gewöhnlichen Sage mit Wunder- und
Zauberkräften ausgestattet und eben darum höher als dieser geschätzt
ist, daß er aber auch weit mehr zu parodistischen Verspottungen seiner
Person und seiner Taten herausfordert.
Unter den Taten, durch die sich der Legendenheld von früher
Zeit an sein Fortleben in dem Gedächtnis der Nachwelt sichert, stehen
nun zwei in erster Linie: sie sind diejenigen, die im allgemeinen auch
äußerlich den Übergang von dem Kulturmärchen zur eigentlichen
478 I^er Natnnnythus.
Legende bezeichnen. Die erste Tat ist die Bringung des Feuers.
Entweder hat es der Held direkt vom Himmel geholt, oder er hat
die Vorväter des Stammes in der Entzündung des Notfeuers durch
Bohrung oder Reibung eines Holzstabes unterwiesen. Wie diese beiden
Entstehungsweisen des irdischen Herdfeuers noch in alten Kultus-
überlebnissen zusammenfließen, indem zur Feier der wiederkehrenden
Frühlingssonne das Notfeuer an einem hölzernen Rad entzündet und
dieses als Bild der aufgehenden Sonne vom Berg ins Tal gerollt wird,
so kann der Feuerbringer der Legende diese beiden Eigenschaften
vereinigen: er hat zuerst das Feiier vom Himmel geholt imd dann
nach dem Vorbild des himmlischen Feuers das irdische erzeugt*). Auf
diese Weise hat hier das Himmelsmärchen zusammen mit dem an die
künstliche Feuererzeugung gebundenen Kulturmärchen die Grundlage
zu einer über den engeren Bezirk des letzteren sich erstreckenden
Legendenbildung abgegeben. Zugleich erhebt diese Assoziation des
irdischen mit dem himmlischen Feuer den Feuerbringer über die
sonstigen Helden des Kulturmärchens, um ihm auch noch in andern
Richtungen die Rolle eines erfinderischen Wohltäters der Menschen
zuzuweisen. Das sind Züge, die trotz des ungeheueren Abstandes der
Mythenentwicklung schließlich von Jelch dem Raben, dem primitiven
Feuerbringer der Tlinkit und anderer Indianerstämme der nordpazifi-
schen Küste, bis zur gewaltigen Gestalt eines Prometheus hinauf-
reichen. Der Rabe hat für die Menschen nicht bloß von einer fernen
Insel das Feuer geholt und sie belehrt, wie es aus Steinen und aus
Holz durch Schlagen und Bohren erzeugt werden könne, er hat auch
die Sonne und den Mond, die zuvor in einem Kasten verschlossen
waren, an den Himmel gesetzt; und er hat aus Menschen, indem
er sie über Wald und Meer und Berg und Tal verteilte, die ver-
schiedenen Tiere entspringen lassen, ähnlich wie umgekehrt Prome-
theus bald selbst Menschen schafft, bald seinem Sohn Deukalion, den
er aus der von den Göttern verhängten Flut gerettet, das Zauber-
mittel der rückwärts geworfenen Steine mitteUt, damit er die Erde
' ) Vgl. die trotz der Entfernang der Knlturkreise verwandten Verbindungen solcher
Art In den Oberlebnissen germanischer Vegetationsknlte bei Mannhardt, Wald- und
Feldknlte, I, S. 519, mit mexikanischen Oberliefemngen bei K. Th. Prenß, Der Ur-
sprung der Menschenopfer in Mexiko, Globus, Bd. 86, 1904, S. 109.
Die Legende. /^jg
bevölkere"). Darin freilich bringt der Prometheusmythus einen neuen,
jener aus totemistischer Stammessage imd primitivem Kulturmärchen
zusammengewebten Tierlegende noch fremden, erst durch den Ein-
fluß einer hoch entwickelten Göttersage möglich gewordenen Zug
hinzu: dieser Wohltäter der Menschen raubt den Göttern die Güter,
deren Genuß ihnen bisher allein vorbehalten war. Für die Seg-
nungen, die er bringt, trifft ihn daher die Strafe der Götter. So
erhebt sich hier die fiir die weitere Entwicklung der Legende überaus
folgenreiche Verbindung der Eigenschaften des tätigen und des
leidenden Helden, wie sie der g^echische Mythus in anderer Form
auch in der Herakleslegende kennt, in der sie besonders für die
spätere Entwicklung dieser Heroengestalt bezeichnend ist.
Die zweite Tat, die den Legendenhelden von frühe an über
den gewöhnlichen Märchenhelden emporhebt, ist die Gabe des
Zaubers, die er nicht bloß selbst besitzt, sondern von der er
den Voreltern des Stammes die erste Kunde gebracht hat, indem
er sie in den Zeremonien unterrichtete, durch die man sich Jagd-
beute und Erfolg im Krieg, Schutz vor Krankheit und Tod und
was sonst noch der Mensch begehrenswert finden mag, sichern
kann, wogegen die Unterlassung solcher Zeremonien Gefahr bringt.
Denn sie erregt den Zorn der Dämonen oder Götter, die durch
jene Handlungen gewonnen werden sollen. Unter diesen Zeremonien,
die die primitive Legende den übermenschlichen oder halb tierischen
halb menschlichen Urahnen zuzuschreiben pflegt, steht der Zauber-
tanz in erster Linie. Ihm zunächst kommt das damit verbundene
Zauberlied, endlich eine Reihe von Riten, durch die der einzelne
Stammesgenosse im Alter der Mannbarkeit in die Stammesgemein-
schaft oder in eine engere Kultgenossenschaft aufgenommen wird, wie
die Tätowierung, Bemalung, Beschneidung, das Herausschlagen von
Zähnen und ähnliches. Warum alle diese Riten und Zeremonien ge-
übt werden, oder welche Motive bei ihrer Entstehung wirksam waren,
das pflegt längst dem Gedächtnis entschwunden zu sein. Es ist genug,
daß solche Handlungen als heilig gelten, um ihre Befolgung zu einer
Pflicht zu erheben, deren Vernachlässigung schwere Gefahren mit
^J Zur Kabensage der Tlinkit vgl. F. Boas, Indianische Sagen, S. 311 ff. Aurel
Krause, Die Tlinkit-Indianer, S. 261 ff.
480 I^c Natunnythus.
sich bringt. Je unbekannter der Ursprung, um so bestimmter fuhrt
aber die Legende diesen auf die Einsetzung durch einen persönlichen,
von der mythenbilden Phantasie selbst mit wunderbaren Eigenschaften
ausgestatteten Träger zurück. So wird der Legendenheld zum Kult-
stifter, und als solcher kann er nun um so leichter selbst zum Gegen-
stand eines Kultus werden, als der Zauber, der von den durch ihn
vermittelten Zeremonien ausgeht, auf ihn zurückstrahlt. Vor allem in
dieser Eigenschaft als Kultstifter wird er daher verschwenderisch mit
Zaubereigenschaften ausgestattet. So kann, indem die auf primi-
tiveren Stufen den Zauberzeremonien beigelegte Wunderwirkung auf
den Helden der Legende übergeht, dieser selbst zum Objekt des von
ihm gelehrten Kultus werden. Darum macht bei der Weiterbildung
dieser primitiven Vorstellungen die Legende gelegentlich die Götter
selbst zu Stiftern der ihnen geweihten Kulte. Sie haben dereinst bei
der Gründung der Kultstätten, die ihrem Dienste bestimmt sind, die
Vorschriften gegeben oder den von ihnen erleuchteten Sendboten
mitgeteilt, nach denen ihr Beistand gewonnen werden kann. Dabei
sind es wieder hauptsächlich solche Göttei^estalten, in denen der
Charakter des Heilbringers besonders ausgeprägt ist, wie in der
griechischen Sage Apollo oder später Asklepios, in denen diese
Eigenschaften, Gegenstand und Stifter eines Kultes zu sein, sich ver-
einigen.
Diese Verbindung der Eigenschaften des Kultstifters und des im
Kultus gefeierten Gottes in einer und derselben Persönlichkeit hängt
nun aber enge mit einer andern Erscheinung zusammen, die in der
unbestimmten Begrenzung der Gestalt des Legendenhelden ihren
tieferen Grund hat. Der Held der Legende kann an sich ein Märchen-,
ein Sagenheld oder ein Gott, ja er kann alles dieses zugleich sein.
Doch in seiner gesamten Entwicklung folgt er Stufe ftir Stufe diesen
Formen des Mythus, und indem die Tendenz vorwaltet, die Ge-
stalt des legendarischen Helden höher und höher zu heben, ist die
Umwandlung des Heilbringers zum Gott ebenso das letzte Ziel dieser
Entwicklung, wie ihr Anfang der Märchenheld ist, der über die
Reihe anderer ähnlicher Gestalten nur durch die größere Bedeutung
seiner Zauberwirkungen emporragt. Indem so der Legendenheld
alle diese Stufen vom Märchen- zum Sagenhelden und schließlich
zum Gott sukzessiv durchläuft, behält er auf den folgenden immer
Die Legende. ^gi
gewisse Eigenschaften zurück, die er auf den früheren erworben hat.
Insbesondere bewahrt er den phantastischen Wunder- und Zauber-
charakter des Märchenhelden. Als Sagenheld wie als Gott ist der
Heilbringer in höherem Grade als andere Helden und Götter mit
der Gabe ausgerüstet, Wunder zu tun. In den sonstigen Eigen-
schaften, die ihm die Legende gibt, folgt er dagegen dem allge-
meinen Zuge der Zeit. Er kann ein allbezwingender Held wie
Herakles oder ein in Visionen schwärmender Asket wie der christ-
liche Eremit und der indische Büßer, oder er kann ein drachen-
bezwingender Recke sein wie der heilige Georg. Doch in der Gabe
Wunder zu tun ist er zu jeder Zeit derselbe. Daneben bleibt die
durchgehende Tendenz dahin gerichtet, den Helden der Legende
höher und höher zu heben, und dieser Prozeß ergreift wieder vor-
nehmlich jene Klasse der Heilbringer, die dem Menschen die Kenntnis
der Riten und Kulte vermittelten, die nicht bloß ein einzelnes Gut
in die Welt gebracht haben, sondern dem Schutz gegen Not und'
Gefahr und der Gewinnung des Heils in allen Lagen des Lebens und
schließlich noch über das Leben hinaus dienen. Solche Heilbringer
höchster Ordnung können aber nur die Götter selbst sein, die eben
darum gleichzeitig zu Schöpfern und zu Gegenständen des Kultus
werden. So steht der heilbringende Gott folgerichtig am Ende
dieser Entwicklung. Die Motive, die diesem Ende zustreben, liegen
jedoch einerseits in dem unbegrenzten Heilsbedürfnis des Menschen,
das sich nicht mit einzelnen Lebensgütem zufrieden gibt, sondern
alle zumal und neben den ihm in der Vergangenheit zuteil ge-
wordenen auch die zukünftigen begehrt. So bemächtigt sich der
Legendenbildung unter dem hier einsetzenden Einfluß des Kultus eine
doppelte Tendenz: die eine ist dahin gerichtet, den Heilbringer zum
Gott zu erheben, die andere dahin, den Göttern als die höchste ihrer
Eigenschaften die der Heilbringer zuzuteilen. Dieser doppelten Ten-
denz wirkt freilich ebenso unablässig ein anderes Motiv entgegen. Es
entspringt aus der in den natürlichen Bedingungen der Mythenent-
wicklung begründeten Vielheit der Göttervorstellungen. Da in dem
Götterstaat zwischen den Einzelgöttem ein ähnliches Verhältnis wieder-
kehrt, wie es die Arbeitsteilung der menschlichen Gesellschaft mit sich
führt, so verteilen sich auch die Segnungen, die der Mensch den
Göttern zuschreibt, und die er in der Zukunft von ihnen erwartet, auf
W u n (1 1 , Völkerpsychologie II, 3. 3 1
^82 I^c*" Naturmythus.
eine Vielheit göttlicher Heilbringer. So werden diese, indem zugleich
die alten, nie ganz ersterbenden Vorstellungen der Orts- und Berufs-
dämonen herüberwirken, zu spezifischen Schutzgötterny Ge-
stalten, die nunmehr die Motive des Dämons, des Legendenhelden
und des Naturgottes in sich vereinigen. Diese Verbindung bedingt
dann aber naturgemäß auch ein Schwanken, das auf der einen Seite
aus der fortwährenden Tendenz nach Vervielfältigung der hilfreichen
Mächte, und auf der andern aus dem Streben nach einer Vereinigung
vieler oder wo möglich aller heilbringenden Eigenschaften in einer
einzigen Göttergestalt entspringt. Einen charakteristischen Ausgleich
pflegen diese widerstreitenden Kräfte darin zu finden, daß sich die
Gestalten der Legendenhelden selbst wieder differenzieren, indem
die höchsten und allgemeinsten Interessen des Menschen der heil-
bringenden Fürsorge einer höchsten Gottheit, die kleineren, alltäglichen,
in Haus und Beruf sich regenden Schutzbedürfnisse beschränkteren
Schutzmächten unterstellt werden.
b. Der Heilbringer als tätiger und als leidender Held.
Der Held der Legende ist von Anfang an vor andern Helden von
Märchen und Sage mit den Zaubergaben ausgestattet, die ihn in den
Stand setzen, das Feuer und andere Kulturgüter dem Menschen zu
bringen. So lange er in der Sphäre des Märchenhelden verbleibt,
gehört diese seine Tätigkeit der Vergangenheit an: es sind Güter, die
irgend einmal erworben sein müssen, von deren erster Erwerbung aber
keine sichere Kunde mehr berichten kann, und die nun den Taten
des fabelhaften Heilbringers zugeschrieben werden. Die erste be-
deutsame Wendung, die in dieser Auffassung eintritt, gehört schon
einer sehr frühen Zeit an: sie ist sichtlich an die Vorstellung ge-
knüpft, nach der der Heilbringer zugleich Kulturbringer ist. Diese
Vorstellung ist aber, obgleich sie noch ganz in die Regionen des
Mythenmärchens zurückreicht, doch ihrer Natur nach ebenso in die
Zukunft wie in die Vergangenheit gerichtet. Die Kultzeremonien, die
der ersten Unterweisung jener legendarischen Helden zugeschrieben
werden, sollen die Güter, die die Vergangenheit gebracht hat, auch
für die Zukunft sichern: sie sollen der Vermehrung der Totems, der
Jagdtiere und Feldfrüchte dienen und dagegen Krankheit und Tod
ferne halten. Bei allem dem bleibt der Heilbringer ein Zauberwesen,
Die Legende. 483
das als solches noch manches außerhalb dieser spezifischen Eigen-
schaft liegende Wunder vollbringen kann, dessen eigenste Natur aber
nur in seiner fortan in Wunder und Zauber sich äußernden Tätigkeit
besteht, und dem eben deshalb ein persönlicher Charakter durchaus
abgeht. Mag die äußere Gestalt dieser Heilbringer primitiver Völker
noch so verschieden sein, der eigenen Persönlichkeit entbehren
sie alle. Darin sind sie eben die echten Märchenhelden, auf die
nun auch sonstige, besonders dem Abenteuer-, Tier- oder Himmels-
märchen entlehnte Stoffe übertragen werden können, so daß gerade
auf dieser Stufe der legendarische Held leicht andere, ursprünglich
neben ihm vorhanden gewesene Märchenhelden verdrängt.
Da ist es nun ein überaus wichtiger weiterer Schritt, der in dem
Augenblick geschieht, wo aus dem Märchen die Sage hervorwächst,
und wo nun, diesem Vorgange folgend, auch die Legende aus der
Region des Märchens in die der Sage hinüberwandert. Was der
Heilbringer als Märchenheld nicht besitzt, das gewinnt er als Sagen-
held. Er wird zu einem Wesen von ausgeprägter Eigenart, das mit
dem Menschen fühlt, an seinem Glück und Unglück teilnimmt, und
das darum selbst in um so höherem Grade durch das, was die Le-
gende von ihm erzählt, das eigene Mitgefühl des Hörers hervorruft.
Indem so der Heilbringer mehr und mehr menschliche Charakter-
züge annimmt, gewinnt er aber neben der ihm von Anfang an
zukommenden Eigenschaft zum Wohl des Menschen tätig zu sein
noch die andere, mit dem Menschen zu leiden; und aus dieser ent-
springt schließlich im Verein mit jener die höhere, für den Men-
schen zu leiden, so daß nun das Leiden selbst zur Tat wird. Das
ist der Wandel, den wir überall, anfanglich wohl nur in leisen An-
deutungen, dann aber mit fortschreitender geistiger Kultur immer
energischer, in der Natur des Helden der Legende und in seiner Be-
deutung als Heilbringer eintreten sehen. Er fehlt zumeist noch, so
lange das Heil, das er bringt, in äußerem Glück, in Vernichtung
drohender Ungeheuer oder in der Rettung vor ihnen besteht. Er
stellt sich um so sicherer ein, je mehr sich das Wirken des Heil-
bringers auf das Glück, die Ruhe oder die Rettung der Seele aus den
Stürmen der Leidenschaften richtet. Dieser Prozeß der Vergeistigung
vollzieht sich so in der Form einer Übertragung der dem Helden
selbst beigelegten persönlichen Eigenschaften auf jene, denen er
31*
aS^ Der Natnnnythas.
durch seine Taten Rettung und Heil bringt. Von diesem Punkte an
gewinnt daher der Heilbringer zugleich den Charakter eines Vor-
bildes für das eigene Tun und Lassen.
Deutlich tritt uns dieser doppelte Übergang, zuerst vom Heil-
bringer, der bloß um seiner Taten willen geschätzt wird, zum Helden,
dessen eigener in Mühe und Leid sich bewährender Charakter Be-
wunderung findet, und endlich zum sittlichen Heros, der in Tun und
Leiden ein ideales Vorbild ist, in der griechischen Sage entgegen.
Den ersten Übergang bemerken wir in der Gestalt des Prometheus.
Er ist in dem ursprünglichen Mythus schwerlich in wesentlich anderem
Sinne ein Feuerbringer gewesen, als in dem er aller Orten schon
im Heilbringermärchen vorkommt Aber die spätere, feiner emp-
findende Dichtung verweilt mit Vorliebe bei dem Bilde des gefesselten
Titanen, der, weil er mit menschlichem Mangel Mitgefühl empfunden,
selber unmenschliches Leid erdulden muß (Aeschylos Prometheus 749 ff.).
Den weiteren Übergang sehen wir sodann in der Sagengeschichte
des Herakles vor uns, die sich überdies auf dem Hintergrund einer
einfachen, vom Heilbringergedanken noch unberührt erscheinenden
Heldensage aufbaut. Vom Bild des starken Helden, dessen Wunder-
taten bloß um der gewaltigen sich in ihnen offenbarenden Kraft
willen zur Bewunderung nötigen, heben sich hier zunächst jene Rettungen
ab, die, wie die Tötung der Lernäischen Schlange und die Befreiung
der Hesione, die Natur der Heilbringerlegende besitzen; bis auch in
diesem Bilde die Züge der Mühsal und des Leidens in den Vorder-
grund treten, die schließlich in der Selbstverbrennung des vom un-
ermeßlichen Schmerz gepeinigten Helden einen überwältigenden Aus-
druck finden. Dieser duldende, doch über den Schmerz des sterblichen
Dulders zum schmerzlosen Dasein der Unsterblichen sich erhebende
Held der Herakleslegende ist es, der später den Kynikem und der
Stoa als ideales Vorbild eines von keinem Leid und keiner Leiden-
schaft berührten Charakters galt'). Auch der griechischen Götter-
sage ist diese Vorstellung, daß der mächtige Helfer das Mitleid, das
er übt, in eigenem Leid erprobt haben müsse, geläufig. Sie gehört
vor allem zum Wesen des heilbringenden Gottes. So muß Apollon
^) Über Herakles als Schutzpatron der Kyniker vgl. Zeller, Philosophie der
Griechen, IP, i, S. 261. Über legendarische Umdeutung der Heraklessage bei den
Stoikern, ebenda III^, i, S. 335.
Die Legende. ^Sk
begangene Blutschuld sühnen, indem er zur Dienstleistung bei einem
sterblichen Menschen gezwungen wird; und in Dionysos zeichnet der
Mythus das Bild des verfolgten und gequälten Gottes, der sich selbst
durch Schuld und Leid zum segenspendenden Heilbringer emporringt.
c. Die Baddhalegende.
Je mehr nun die Vorstellung des Helden der Legende schon von
Anfang an die geistigen Güter, deren Besitz oder Erwerb er ver-
mittelt, in den Vordergrund stellt, und sie nicht erst, wie das die
grriechischen Philosophen mit dem Heraklesideal getan, nachträglich
in sie hineindeutet, um so schärfer tritt in dem persönlichen Cha-
rakter des Heilbringers diese Verbindung von Tätigkeit und Leiden
hervor, die sich zu einer notwendigen Wechselbestimmung beider ge-
staltet. Typische Beispiele dieses Verhältnisses bieten vor allem die
indische und die christliche Heiligenlegende. Beide sind um
so lehrreicher, weil zwar in beiden das Ideal des Heilbringers ein
geistiges ist und sich infolge der Steigerung dieser Tendenz der Ver-
neinung der sinnlichen Natur des Menschen zuneigt, gleichwohl aber
hier wie dort Verschiedenheiten bietet, in denen die besondere Be-
schaffenheit der Völkercharaktere und des geistigen Mediums, in
welchem sich diese Ideale ausgebildet haben, zu erkennen ist. In
Indien hat viele Jahrhunderte hindurch der Brahmanismus in seinen
Wirkungen auf Religion, Philosophie und persönliches Leben der Idee
des Heilbringers eine Richtung gegeben, wie sie uns in charakte-
ristischer Form in der mit einem reichen Wunder- und Zauberapparat
ausgestatteten Buddhalegende entgegentritt. Mit ihr hat die christ-
liche Legende die Einheit einer der Geschichte angehörenden Persön-
lichkeit gemein, von der die Legendenbildung ausgeht. Doch während
sich diese in der Buddhalegende auf die Person des Buddha kon-
zentriert, von der nur ein schwacher Abglanz auf die Jünger des
großen Asketen zurückstrahlt, ist umgekehrt in der Jesuslegende das
Mythologische auf ein verhältnismäßig bescheidenes Maß zurück-
gedrängt, wogegen sich um so mehr der Apostel und der Schaar
der Bekenner, die sich ihnen anschließen, eine reiche und in zahl-
reiche Einzellegenden zerfallende Mythenbildung bemächtigt.
Was aber vor allem die Buddhalegende zunächst in einem auf-
fallenden Kontrast zu der christlichen Heiligenlegende erscheinen läßt,
4.86 I^er Natnrmythnt.
das ist der völlige Mangel jener schon im äußeren Leben h«
vortretenden Züge des Leidens, die dem christlichen HeiUgen des
halb eigen sind, weil er in seinen wichtigsten Repräsentanten nac
dem Vorbild Christi selbst und seiner vornehmsten Apostel Mäi
tyrer ist. Das Leiden der Märtyrer ist für sie selbst imd fiir di
Gläubigen, die ihnen vertrauen, der Weg zum Heil. Anders di
Buddhalegende. Der im Palast geborene Königssohn, der bis in sei
dreißigstes Lebensjahr im Besitz aller äußeren Glücksgüter lebt un
sich dann freiwillig in die Einsamkeit begibt, um der Betraditung un
Kasteiung zu leben, hat auch nach dieser großen, selbs^wähltc
Wendung seines Schicksals mit keinerlei äußeren Schwierigkeiten a
kämpfen. Die Seinen bewundern ihn, Jünger schließen sich ihm aj
und die von ihm eingeleitete asketische Bewegung hat sich über wei
Kreise verbreitet, als er hoch betagt und zufrieden mit seinem Wci
das Auge schließt, in der Zuversicht, mm in das ersehnte Nirwax
einzugehen. Die Versuche einiger Mönche feindlicher Sekten, ihn :
verleumden oder in den Schatten zu stellen, werden schmählich zi
nichte, der Neid ungetreuer Schüler gebührend bestraft, kurz: zu
Verfolgten und Gequälten fehlt dem äußeren Lebensbild dieses Held«
so gut wie alles. Und doch hat sich in ihm das Leiden selbst
der höchsten Steigerung, deren es fähig ist, verkörpert. Denn g
rade der Mangel dessen, was in der gemeinen Bedeutung des Wort
Leiden genannt wird, der äußeren Schmerzen und Qualen, läßt d
ihn erfüllende Leiden der Seele um so mehr als das wahre ui
einzige Übel erscheinen. Darum besteht nun aber auch das He
das dieser Held des Leidens bringt, nicht in äußeren Gütern, sende
in dem Mitleid und in der vom Mitleid eingegebenen Belehrung, d
andere zum Vergessen des Leidens anleitet. Es sind alte Züge i
discher Spekulation, die hier zu Grundlagen eines Kultus werde
dessen Gott der ideale Asket selbst ist, der in der Überwindung d
Leidens die Ruhe seiner Seele gefunden hat. Alles andere, die Grat
der Heiligkeit, die durchlaufen werden müssen, um dieses Ziel zu c
reichen, die Verbindung dieser Vorstellungen mit der Lehre von d
unablässig bis zu vollendeter Erlösung sich wiederholenden Wiedc
geburt, die mit der Lehre von der Wiederkehr unzähliger Buddh;
sich verbindet, dazu der scholastische Formalismus in der Auizählui
der Eigenschaften Buddhas, der Grade der Heiligkeit und der mor
Die Legende. ^gy
lischen Lebensregeln, mit denen die buddhistische Mönchsscholastik
diese Lehre ausgestattet hat, alles das gibt dem Kern dieser Tradi-
tion einen teils kühl verstandesmäßigen teils dem werktätigen Leben
abgewandten, stark der Meditation zugeneigten Charakter. Es sind
Züge, in denen diese in der Vorstellung des Gottmenschen sonst
dem Christentum nächst verwandte Religion von Anfang an wesent-
lich abweicht. Läßt sich doch nicht verkennen, daß diese ver-
standesmäßige, der äußeren Lebensklugheit zugewandte Reflexion
nicht etwa erst dem späteren Buddhismus zur Last fallt, sondern
schon in den dem Buddha selbst zugeschriebenen Reden und Gleich-
nissen ausgeprägt ist*).
Mit dieser kühlen Verständigkeit und nüchternen Moralität steht
nun die Wunder- und Zauberwelt, mit der die Legende das Leben
des Buddha von der Geburt an bis zu seinem Tode umgibt, in
einem merkwürdigen und doch wieder im Hinblick auf die Eigenart
des indischen Denkens, wie sie auch in Dichtung und Philosophie
sich ausspricht, sehr begreiflichen Kontrast Der Buddha tut nicht
nur selbst Wunder, sondern er teilt auch seinen Schülern seine
Wundergaben mit. Wo er mit den Mönchen anderer Sekten in Streit
gerät, da gestaltet sich dieser ohne weiteres zu einem Zauberwett-
kampf, in dem natürlich der Buddha als der mächtigere Zauberer
obsiegt*). Auch der ungetreue Schüler, der ihn zu verdrängen sucht,
bedient sich dazu zauberischer Kräfte. Aber als Strafe für seinen
Undank versiegt plötzlich seine Zaubergabe. Die Gedanken der
andern weiß der Buddha, noch ehe sie ausgesprochen sind. Wilde
Tiere, die auf ihn losgelassen sind, werden bei seinem Anblick sanft-
mütig. Dagegen öffnet sich auf sein Gebot die Erde, um seine
') K. E. Neamann, Baddhistische Anthologie, 1892. Als bezeichnendes Beispiel
buddhistischer Klugheitsmoral vgl. die dem Baddha zugeschriebene Fabel vom Kranich
und Krebs bei H. Kern, Der Buddhismos und seine Geschichte in Indien, deutsch Ton
H. Jacobi, I, 1882, S. 329 ff. Auch die Mtfrchen des Pantschatantra, die mindestens
zu einem großen Teil aus buddhistischen Quellen stammen, sind sprechende Zeugnisse
dieses Geistes indischer und insonderheit buddhistischer Moral. Ober Buddha und
den Buddhismus im allgemeinen siehe H. Oldenberg, Buddha, sein Leben, seine Lehre,
seine Gemeinde^, 1906. £. Hardy, Der Buddhismus nach älteren PMiwerken^ 1896.
Ober das Verhältnis zum Christentum E. Windisch, Abh. der sächs. Ges. der Wiss.,
Phil.-hist. Klasse, Bd. 26, S. 195 ff.
'} Vgl. die Sammlung der hauptsächlichsten Legenden bei Kern, Der Buddhismos,
I, S. 21 — 291.
^gg Der Natarm]rthiu.
Feinde zu verschlingen, und Himmel und Erde erzittern, wenn
Wunder tut. Des Fliegens ist der Buddha in jedem Augenbli<
mächtig. Aber er fliegt nicht nur über Berge und Flüsse, sonde
er weiß auch sich und seine Jünger, als ihnen der Fährmann d
Überfahrt weigert, unsichtbar von einem Ufer des Ganges zum ande
zu versetzen. Er kann sich abwechselnd so klein machen wie c
Senfkorn und so groß, daß er die ganze Erde bedeckt und in di
Schritten den Himmel erreicht. Wo es not tut, da kommen ih
endlich die alten Götter zu Hilfe, vornehmlich Indra, während Mai
der Dämon der Finsternis, seinen Feinden beisteht oder ihm seit
als Versucher naht*). Wie die Göttersage, so macht aber auch d
Legende, und das wohl noch in reicherem Maße, ihre Anleihen bei
Märchen. Da findet sich z. B. die allbekannte Geschichte vo
menschenfressenden Riesen, dem die Umwohner alltäglich ein Kij
zur Speise vorsetzen müssen. Der Buddha sucht ihn auf, um d
Opfer zu lösen. Jetzt stellt sich ihm der Riese in der andern b
kannten Rolle des sphinxartigen Märchenungeheuers vor: er rieht
an jeden Fremden drei Fragen, und wenn dieser eine Frage mc
beantwortet, so zerreißt er ihn. Merkwürdigerweise entpuppen si«
nun hier die drei Fragen als die der buddhistischen Heilslehi
Der Riese fragt, wie man sich aus dem Strom der Leidenschafte
wie aus dem Ozean der Existenzen retten, wie von allen schlimm«
Leidenschaften befreien könne. Als der Buddha diese Fragen b
antwortet, ist jener bekehrt und wird sofort in den ersten Grad d
Heiligkeit aufgenommen'). Gerade an der Hand solcher Entlehnung«
"") E. Windisch, Mara und Buddha, Abh. der sächs. Ges. der Wiss., Phil.-hUt«
Klasse, Bd. 15, 1895, bes. S. 204fr. Buddhas Geburt und die Lehre von der Seele
Wanderung, ebenda Bd. 26, 1908, S. 93 ff. H. Kern, Der Buddhismus, I, S. 197, 2I
Daß Kern in dieser Verbindung der Buddhalegende mit den altindischen Volksgötte
mit manchen andern Forschem ein Zeugnis für die Bedeutung Buddhas als ein
Sonnengottes, seiner Legende als eines Jahresmythus erblickt (S. 304 flf.), mag hier n
beiläufig erwähnt werden. Der strahlende Glanz, der von ihm ausgeht, mag ja hier, -w
in so vielen andern Fällen bei der Schilderung von Helden- oder Göttergestalten ei
Assoziation mit dem Tagesgestim leise mitspielen lassen. Das beweist aber no*
lange keine Identität (S. 54). Hier um so weniger, als, wie wir sogleich sehen werde
die Strahlungserscheinungen beim Buddha, wie überhaupt im indischen Asketentu
höchst wahrscheinlich auf die durch die Askese und Meditation erweckte Vision z
rückgehen.
*) Kern, a. a. O. I, S. 208 ff. Eine Variante der gleichen Geschichte ebend
S. 211.
Die Legende. a^q
erkennt man deutlich das Gefiige dieser Legenden. Auf der einen
Seite leben die überlieferten Worte des Meisters und seine Lehre
wenig verändert neben einzelnen Zügen seiner wirklichen Lebens-
geschichte in der Tradition fort und werden durch den Kultus, der
sich an seine Person knüpft, vor dem Untergang bewahrt. Auf der
andern nimmt die volksmäOige Erzählung aus Märchen und Götter-
sage die geläufigen Stoffe auf, um sie mit dem Bild des Heiligen
und seiner Wundergeschichte zu verweben. Zu diesen Verbindungen,
die überall auch schon bei der Helden- und Göttersage wirksam sind,
kommt nun neben der Lehrtradition, die in der Legende eine analoge
Rolle spielt wie die geschichtliche Erinnerung in der historischen
Heldensage, noch ein spezifisches, nur ihr eigenes Motiv hinzu: das
ist die Vision, die, aus der Ekstase erzeugt, teils die Erscheinungen
in einer eigentümlichen, dem visionären Zustande eigenen Beleuch-
tung erblicken, teils aber selbst traumartige Erlebnisse als Wirklich-
keiten schauen läßt. In der Buddhalegende sind allerdings diese
Einflüsse der Vision mehr indirekt als direkt zu erkennen. Das
hängt wohl damit zusammen, daß ihr Inhalt zur Überlieferung er-
starrt und daher nicht mehr in jenem Fluß des Werdens zu sehen
ist, wie er sich uns nur bieten kann, wo wir unmittelbare Schilde-
rungen der in der Vision gehabten Erlebnisse selbst antreffen. Das
geschieht naturgemäß nicht in der Legende, wohl aber in den Ver-
heißungen, die dem Asketen, der die Mittel zur Erlangung der Heilig-
keit gewissenhaft befolgt, zuteil werden. Hier ist es z. B. die brah-
manische Sekte der Yogin, die als Wirkungen tiefer Meditation die
folgenden aufzählt: die Fähigkeit sich unendlich klein oder unsichtbar
zu machen, durch die Luft zu schweben, sich in die Feme zu ver-
setzen, sich ins Ungeheure zu vergfrößem, den Lauf der Natur zu
ändern usw.*). Dazu kommt als stehender Zug, daß von dem in
tiefster Selbstbeschauung begriffenen Asketen ein übernatürliches Licht
ausstrahlt'). Alles das sind genau die Migenschaften und Zaubertaten,
^ (larbe, Samkhya ond Yoya, im Grundriß der indo-&rischen Philologie und
Altertumskunde, 1896, S. 46ff.
^; Auch in der Bnddhalegende tritt gelegentlich ein Brahmane anf, dessen Nabel
Licht wie der Mond verbreitet. Aber dieses Licht erlischt vor dem helleren des
Mei^^ters, er bekehrt sich daher za dessen Lehre. Der Brahmane glaabt, dieser ver-
danke seine Übermacht einer 2Uiaberformel. Doch der Buddha belehrt ihn, er habe
sich diese Kraft während der sieben Wochen erworben, die er anter dem Baom der
^QO Der Natunnythn
die uns in der Buddhalegende begegnet sind. Um den Glanz, der \
dem Buddha ausgeht, zu erklären, braucht man also diesen nicht c
in einen Sonnengott zu verwandeln, sondern es sind die spezifisch
auf die Vision abzielenden Formen der indischen Askese, in dei
diese wie die andern Eigenschaften ihre Quelle haben. Das schli«
freilich nicht aus, daß nicht auch hier, ähnlich wie in so vie
andern Fällen, die naheliegende Assoziation zwischen Glanz und G
und Sonne auf die Gestalt des Buddha zurückgewirkt hat, ind
seine Haut als golden, sein Körper als strahlend gleich der Sex
geschildert wird. Ja, in der Weiterfiihrung dieses Gedankens tr
er auf seiner Fußsohle ein goldenes Rad, das Symbol der Son
dessen zurückgelassene Spur an besonders geheiligten Stätten
einstige Anwesenheit des Erhabenen verrät*). Alle diese m)^tfaiscl
Züge erklären sich ohne weiteres aus jener rückwärts gerichte
Assoziation, die von den dem Buddha durch die Vision verliehei
Eigenschaften ausgeht, während für den umgekehrten Weg, für
Umwandlung eines Sonnengottes in den menschlichen Buddha, ni
die geringsten Beweise sprechen.
d. Die christliche Heiligenlegende.
Unter wesentlich andern Bedingungen hat sich die chrisÜic
Heiligenlegende entwickelt. Wir sehen hier ab von der Jcs
legende selbst, obgleich sie der ganzen Entwicklung der christlict
Legendenbildung ihre Richtung gegeben hat; sie wird uns als e
der wichtigsten religiösen Kultlegenden im nächsten Kapitel 1
schäftigen. Für die Psychologie der Legende als eines unter <
spezifischen Einwirkung der Heilsvorstellungen entstandenen Sagi
begriffs ist überdies die Heiligenlegende in der Mannigfaltigkeit ih
einzelnen Gestaltungen an sich lehrreicher, weÜ sie einen weit i
mittelbareren Einblick in die Bedingungen ihres Ursprungs und ih
ferneren Ausbildung eröffnet. Die christliche Legende überhaupt
aber infolge der geschichtlichen Bedingungen ihrer Entstehung 5
nächst Märtyrerlegende. Aus dem Konflikt des Christen mit d<
römischen Staat, der von allen seinen Untertanen den Kultus c
Erkenntnis in tiefer Meditation zugebracht. Darauf bekehrt sich der Brahmane (Ke
a. a. O. S. 224 f.).
') Kern, a. a. O. I, S. 344.
Die Legende. ^q1
Schutzgötter dieses Staates fordert, ist die Gestalt des Märtyrers her-
vorgegangen, der, wie dieses Wort andeutet, als Zeuge (ixäpjvq) seines
Glaubens sich weigert, den heidnischen Göttern und den Genien der
Cäsaren zu opfern. So steht hier, im Gegensatze zu dem indischen
Asketen, das äußere Leiden im Vordergrunde. Der Märtyrer wird
gesteinigt, gekreuzigt, mit dem Schwert gerichtet, den wilden Tieren
der Arena preisgegeben. Die Leiden, die er erduldet, geben ihm
aber um so höheren Anspruch auf die himmlischen Freuden, die ihn
erwarten, und deren er sich als Blutzeuge seines Glaubens schon hier
in ihrem Vorgenusse teilhaftig macht. Doch wie Christi Tod das
Opfer ist, durch das er alle, die an ihn glauben, von der Verdamnmis
erlöst hat, so wird nun auch der einzelne Heilige zum Heilbringer in
der höchsten Bedeutung des Worts, zum Retter der Seelen. In
diesem Einsetzen des eigenen Lebens liegt das Übergewicht des
Märtyrers über den in Selbstqual sich verzehrenden Asketen. Es
liegt aber darin zugleich die Quelle zu einer im letzten Grunde der
Selbstvergessenheit des meditierenden Asketen gleichgearteten und
dabei doch in ihrer momentanen Konzentration gesteigerten Ekstase,
die die visionäre Verzückung als ein plötzliches Erlebnis hervorbringt,
das der meditierende Asket in lange dauernder einsamer Hingabe er-
ringen muß. Unter den Qualen der Steinigung sieht der Märtyrer
den Himmel offen; sein verzücktes Auge läßt die Zuschauer die Vi-
sionen mit erleben, in denen die Engel zu ihm niederschweben. In
der Arena kann es sich wohl in seltenen Fällen wirklich ereignen,
daß das Tier vor seinem furchtlosen Blick zurückweicht, ähnlich wie
dies dem Wanderer in der Wüste noch heute begegnen kann. Wo
es ihn aber zerfleischt, da fiihlt er im Voi^enusse der in der Ekstase
geschauten Seligkeit keine Schmerzen noch Wunden; und was die
Berichte der Zuschauer eines solchen Schauspiels weiter tragen, das
gestaltet nun die Volksphantasie aus allen den Hilfsquellen, die ihr
in der biblischen Überlieferung und in landläufigen Zaubergeschichten
zu Gebote stehen, weiter und weiter aus. So wird auch diese Legende,
mag sie nun, wie das anfänglich wohl durchweg geschieht, von einem
wirklichen Ereignis ausgehen oder, wie das nicht ausbleibt, von An-
fang an mythischen Inhalts sein, mehr und mehr zu einer Sagenform,
die sich vor andern sagenhaften Traditionen durch ihren Überreich-
tum an Wundem auszeichnet, wobei diese vor allem darin von den
^Q2 Der Natarmythiis.
Wundem sonstiger Mythen verschieden sind, daß ihnen dauernd (
Spuren des Ursprungs aus Vision und Ekstase anhaften. Die Visi
wirkt in den Licht- und Himmelserscheinungen fort, die den Tod ci
Märtyrers umgeben, die Ekstase außerdem in der Empiindungslosi
keit gegen Leiden und Schmerzen, eine Erscheinung, die sich da
objektiviert, daß Schwert und Feuer und Wasser dem Märtyrer nid
anhaben können. Er ist imverwundbar und bleibt im Feuer, wie <
drei Männer im feurigen Ofen, unversehrt; den Tieren in der Are
verschließt ein Engel den Mund wie dem Löwen, in dessen Gm
Daniel geworfen wurde, und er schreitet ohne unterzusinken ül
den Fluß, in den man ihn wirft, ähnlich wie der Herr selbst auf de
Meere wandelte. Vor allem aber ist es hier die apokalyptische Litei
tur, deren Bilder in die Legende übergehen. In ihren beiden I
standteilen, in den Schilderungen der Engel und der Herrlichkeit
des himmlischen Jerusalem ebenso wie in den Vorstellimgen von d
höllischen Strafen und Qualen, gehen diese Bilder in die legendarisc
Weiterbildung der Märtyrervision ein: die Himmelsbilder geben d
Glorienschein her, der die Heiligen umstrahlt, in den ausgerissen
Zungen, den Feuerqualen und raffinierten Peinigungen mit ihrer stark
Übertreibung der geschichtlichen Wirklichkeit erkennt man unsch^
die apokalyptischen Höllenstrafen wieder, die den Gottlosen gewe
sagt sind. Daß diese Strafen sich gelegentlich auch auf die V<
folger zurückwenden, dafür sorgt dann das Rachemotiv, das mit jen
apokalyptischen Bildern ebenfalls in die christliche Legende herüb
wandert. Donner und Erdbeben verkünden den Zorn Gottes, d
Feuer und die Waffen, die gegen den Heiligen gerichtet sind, kehr
sich gegen den Kaiser oder Prokonsul, der dem Schauspiel zusiel
Die wilden Tiere der Arena legen sich dem Märtyrer zu Füßen, v
sich hierauf wütend auf die heidnischen Zuschauer zu stürzen. I
liegt jener dem Tode, so gehen aber von seiner Grabstätte uj
von seinen Überresten Wunder aus, von denen die weitere Legen
berichtet \
^) Eine kurze Zasammenfassang der Hauptmomente der christlichen MSrtyr
legende nach den »Acta martyrum« gibt H. Günter, Legendenstudien, 1906, eine kn:
Darstellung der allmählichen Entwicklung und Steigerung der Legendenwunder in i
Tradition G. Heinrici in seinem Aufsat«: Das altchristliche Märtyrertum, in dem Jak.
der Sachs. Missionskonferenz von 1904.
Die Legende. 4^3
Deutlich lassen sich in dieser Entwicklung die Wirkungen der
visionären Ekstase verfolgen, die sich in der Überlieferung noch
weiter durch die Assoziationen mit den geläufigen apokalyptischen
Wundervorstellungen steigern. Dabei überträgt sich dann zugleich die
Vorstellung des Wunders, dessen Gegenstand der Märtyrer gewesen
ist, auf diesen selbst: er wird zum Wundertäter, der durch seine
im Gebet zu erringende Fürbitte oder auch durch den direkten Zauber,
den seine Reliquien ausüben, Kranke heilen, der Not wehren und dem,
der sich in seinen Schutz begibt, in seinen Unternehmungen beistehen
kann. So wird der Märtyrer zum Schutzheiligen. Man wendet
sich an ihn in der Regel nicht um der ewigen Seligkeit willen, son-
dern in irdischen Dingen. Das ist die natürliche Folge davon, daß
der Märtyrer trotz der Gloriole, die sein Haupt umstrahlt, doch Mensch
bleibt. Darum gehört sein Wirken auch nach seiner Entrückung in
den Himmel der Erde an. Und eine weitere Folge dieses Verhält-
nisses ist es nun, daß die zahlreichen Heiligen, die die vielverzweigte
Märtyrerlegende schafft, solche Schutzleistungen unter sich teilen,
wobei dann Züge aus ihrer dem Martyrium vorausgegangenen Lebens-
geschichte, Beziehungen zu den Orten, an denen sie besonders ver-
ehrt werden, oder irgend ein anderer zufälliger Umstand dem ein-
zelnen seine Funktion anweist. Im gleichen Maße, wie der Heilige
eine solche praktische Bedeutung gewinnt, verblassen aber die Er-
innerungen an das Martyrium selbst und an seine Persönlichkeit. Nach-
dem das Zeitalter der Verfolgungen vorüber ist, das die Märtyrer
erzeugt hat, bleiben ihre Leiden und Taten eine gelehrte Beschäf-
tigung der Kleriker, dem Volk sind sie nur noch die Schutzheiligen,
die in dieser oder jener Krankheit beistehen, diesen oder jenen
Beruf oder Ort mit ihrem besonderen Schutz segnen, oder end-
lich den einzelnen, der an dem ihnen geweihten Tag, ursprünglich
wohl dem Tag ihres Martyriums, geboren ist, ihres besonderen
Schutzes würdigen. Damit sind die Heiligen wiederum zu jenen Orts-,
Berufs- und persönlichen Schutzdämonen geworden, die von den
Frühzeiten totemistischer Ahnenvorstellungen her noch kein Zeitalter
entbehren konnte. Jedes kleidet sie nur in das Gewand, in dem sie
sich der sonstigen mythologischen Umgebung einfügen. Eben darum
haben aber auch zu jeder Zeit diese zumeist der eigenen Persönlich-
keit entbehrenden, ganz und gar in ihren Schutzzwecken aufgehenden
^Q4 ^^ Naturmythat.
Wesen doch auch wieder einen eigenartigen Charakter. Er best<
bei diesen christlichen Schutzdämonen zumeist in dem Zug des L
dens, der ihnen durch ihren Ursprung aus dem Martyrium anhaf
und sich darin ausspricht, daß das Mitleid ihr hervortretendster Z
ist. Darum hat unter allen Obliegenheiten des christlichen Schu
heiligen der des Schützers vor Krankheit die vorwaltende Bedeutui
Weiterhin wirkt der Ursprung aus dem Martyrium noch darin na«
daß der Schutzheilige entschiedener als die ihm vorangegangen
verwandten Gestalten die Bezeugung seiner Würdigkeit und Wirksa
keit durch das Wunder verlangt. Wie der Märtyrer selbst ein Zct
seines Glaubens war, so wird von ihm gefordert, daß er durch \
Wunder, die er getan, oder die er fortan tut, ein Zeug^nis seil
Wertes ablege. An sich ist natürlich diese Wunderprobe zu je<
Zeit gültig gewesen. Aber erst das öffentliche Zeugnis des Märtyr
Wunders hat die Forderung entstehen und nach dem Verschwinc
des Martyriums erst recht an ihr festhalten lassen, daß der Heil'
nicht bloß auf dem unsicheren Weg populärer Meinung, send«
durch das von der Kirche selbst anerkaimte Wunder sanktioniert i
Damit hat die christliche Kirche einerseits eine Schutzwehr g^
ein allzu reiches Eindringen beliebiger, aus lokalem Abei^laut
hervorgegangener Wunderkulte errichtet, indem sie diese selbst ih
Organisation einfügte, anderseits aber sich die Möglichkeit offen j
halten, nach Bedürfnis neue Heilige zu schaffen*).
Dieses praktische Bedürfnis, dem der ursprünglich aus der M
tyrerlegende hervorgegangene Begriff des christlichen Heiligen e
gegenkam, ist es nun auch gewesen, das der Gestalt des Heilig
neue Formen gab, nachdem in der hellenistischen Zeit das im Kan
der Religionen zum Sieg durchgedrungene Christentum die E
stehung neuer Märtyrer unmöglich gemacht hatte. Denn weder v
damit das Bedürfnis des einzelnen, durch Leiden für seinen Glaub
zu zeugen, noch das der Menge nach wundertätigen Heiligen v
*) Nicht mit Unrecht pflegen darum die kirchlichen Schriftsteller zu betonen, «
die Kirche durchaus nicht ohne die allgemein bei der FeststeUung historischer 1
Sachen geforderte kritische Vorsicht verfahre. Man vergleiche z. B. die in dieser ',
Ziehung lehrreiche Schrift des Franziskaners Gisbert Menge, Haben die Legend
Schreiber des Mittelalters Kritik geübt? Münster i. W. 1908. Nur freilich wird l
immer zugleich die historische Möglichkeit des Wunders als selbstverständlich v
aasgesetzt.
Die Legende. ^g^
schwunden. So trat an die Stelle des Märtyrers der Anachoret. Statt
des Leidens der Verfolgfung wählt er das Leiden der Einsamkeit, der
Geißelungen und anderer körperlicher Qualen, die er sich selbst zu-
fügt. Der Eremit der Wüste kleidet sich, dem Beispiel des Täufers
Johannes und unbewußt den weit zurückliegenden Vorbildern der
unter die Tiere der Wildnis gehenden Helden des Mythenmärchens
folgend, in Tierfelle oder härenes Gewand. Der syrische Säulen-
heilige erzeugt in seiner durch Wochen und Monate unverrückt fest-
gehaltenen Körperlage, ein direktes Seitenstück zum indischen Nasen-
und Nabelbeschauer, die ekstatische Vision, die ihn erlöst und zum
Himmel emporhebt. Doch dieses einsame selbstquälerische Asketen-
tum, das auf indischem Boden der Legende, wie sie in reichster Aus-
bildung an die Gestalt des Buddha sich anschloß, den Weg bereitet
hatte, ist im Christentum im ganzen eine vorübergehende Erscheinung
geblieben. Immerhin hat sich, wie in dieser Form der Askese selbst,
so auch in ihrer Auflösung der Prozeß wiederholt, der in Indien von
den brahmanischen Büßersekten zum Buddhismus geführt hatte. Wie
Buddha die maßlose Askese der einsamen Büßer gemildert, indem
er mit den Scharen seiner Mönche, Hilfsbedürftigen Trost spendend,
von Ort und zu Ort zog, Klöster und Laienbrüderschaften gründete,
ganz so hat die christliche Kirche den seiner selbstgewählten Askese
lebenden Eremiten durch den der sanktionierten Ordensregel unter-
worfenen Mönch abgelöst, ein Parallelismus der Erscheinimgen, der
weder in zufalliger Ähnlichkeit noch in äußeren Einwirkungen, son-
dern in den mit innerer Notwendigkeit beidemal in gleicher Weise sich
regenden Trieben religfiöser Gemeinschaftsbildung seine letzte Quelle
hat. Darin freilich bleibt ein wichtiger Unterschied, daß sich zwar
der großen Ordensstifter, wie vor andern das Beispiel des heiligen
Franziskus zeigt, ungleich mehr als der meist anonym bleibenden
Anachoreten die Legende bemächtigt hat. Mit der die Mittel des
Zaubermärchens und der älteren Göttersage in sich vereinigenden
Buddhalegende kann sich aber doch keines dieser späteren christ-
lichen Heiligenleben messen. Hier war eben die Märtyrerlegende in
ihrer den christlichen LegendenstofT in eine reiche Anzahl von Einzel-
legenden zerlegenden Überlieferungen und in den Schutzheiligen, die
aus diesen Erzählungen hervonvuchsen , bereits zureichend dem Be-
dürfnis künftiger Zeiten zuvorgekommen.
Agt Der NatnrmjÜiiis.
Noch nach einer andern Richtung hat schlieOlicfa die Märt3rrei
legende eine lange Nachwirkung entfaltet Die L^^de hatte de
Tod der Märtyrer nicht bloß mit den Wundem des Himmels^ son
dem sie hatte ihn auch in den Strafen und Qualen der Heiligen m
den glühenden Farben der Hölle geschildert. Das entsprach nicli
der wirklichen Strafjustiz des römischen Staates, in der immerhin di
Preisgebung in der Arena wohl das grausamste Strafmittel gewese.
war. Doch das siegreiche Christentum kehrte einen guten Teil jene
apokalyptischen Strafen gegen die Ketzer und die mit dem Teuft
verbündeten Zauberer und Hexen. Die Tortur, das Gottesurteil mi
Feuer und kochendem Wasser, die peinigenden Todesstrafen ließe
die Qualen zur Wirklichkeit werden, die, von vereinzelten Pöbel
exzessen abgesehen, dem wirklichen Martyrium zumeist gefehlt hattex
Dem von der Lust an blutigen Schauspielen getragenen Rachemoti
stand hier immerhin auch eine diesem Wunderglauben immanent
Logik zur Seite. Galt doch nach der Anschauung der Zeit das » Aug
um Auge, Zahn um Zahne als Wahlspruch gerechter Vergeltung
Was konnte also der irdische Richter gerechteres tun, als die Straft
die der himmlische dem Ruchlosen im Jenseits bestimmt, so weit e
es vermochte schon im Diesseits vorauszunehmen? Und wenn beiu
Gottesurteil der Angeklagte über glühende Kohlen wandelte ode
einen glühenden Eisenstab in der Hand hielt, war dann nicht zu er
warten, daß ihm, falls er unschuldig war, ein Engel zur Seite steh«
und ihn vor Schaden bewahre, ähnlich wie dereinst die Märtyrer in
Feuer unversehrt geblieben waren?
e. Der Motivwandel in der Legende.
In der Beurteilung der Motive jener primitiven Legende, die nod
ganz der einstigen Erwerbung einzelner, vor andern hoch geschätzte
Güter zugewandt ist, wie der Bringung des Feuers, der Mitteilun|
der Zauberriten, würde man zweifellos fehlgreifen, wollte man etwa
wie das unserem eigenen Gefühl nahe liegt, die Dankbarkeit ab
das vorwaltende, ja überhaupt nur als ein mitwirkendes vermuten
Davon ist in den hierher gehörigen Mythenmärchen keine Spur zt
finden. Weder die Gestalt des Heilbringers noch der sonstige In-
halt liegt in dieser Richtung. Was jene Güter über die Mittel dei
täglichen Fristung des Lebens, die der Naturmensch als selbstver-
Die Legende. ^gy
Ständliche hinnimmt, hinaushebt, das ist das Rätsel ihrer Herkunft.
Daß die Art der Feuerbereitung, oder daß eine unverständliche
Zauberzeremonie irgend einmal erlernt worden sei, das gilt als zweifel-
los, weil diese Künste von denen, die sie sich aneignen wollen, immer
von neuem mühselig erlernt werden müssen. In zweiter Linie, wenn-
gleich wegen der größeren Verbreitung solcher Fähigkeiten seltener,
können dann auch die Gewinnung der Feldfrüchte, die Verfertigung
der Werkzeuge und Waffen in die nämliche Beleuchtung rücken.
Nichts anderes als die Verwunderung über den Besitz solcher Güter,
deren Erwerbung aus eigener Kraft sich niemand zutraut, ist es also,
was hier das Motiv mit sich fuhrt, nach einem Bringer dieser Gaben
zu fragen; und damit diese Frage entstehen könne, muß die Vor-
stellung hinzukommen, die Natur spende jene nicht von selbst, son-
dern die Art ihrer Erwerbung müsse erlernt sein. Darum fordert die
erste Ausübung solcher Künste eine über das menschliche Maß hinaus-
gehende Zauberkraft. So wird der Heilbringer zu einem Zauber-
wesen, besonders leicht zu einem Tier, weil das Tier in seinem In-
stinkt so manches übt, was dem Menschen versagt ist, während überdies
die Beziehung auf eine entfernte Vergangenheit zur Einreihung des
Heilbringers in die Stammessage mit ihren totemistischen Tierahnen
auffordert. Je seltsamer und zauberhafter, und je unpersönlicher in-
folgedessen die Gestalt des primitiven Kulturbringers ist, um so mehr
entzieht sie sich aber solchen Geiuhlen, die, wie die Dankbarkeit, ein
persönliches Verhältnis voraussetzen. Ein Wesen, das ganz und aus-
schließlich Zauberwesen ist, so daß ihm das Wunder nicht erst als eine
besondere Fähigkeit neben andern Eigenschaften zur Verfiig^g steht,
ein solches Wesen entbehrt seiner Natur nach der eigenen Persönlich-
keit. Die Verwunderung, welche die ihm zugeschriebenen Gaben
hervorbringen, objektivieren sich in diesem Wesen selbst: es kann
außer den Künsten, die es dereinst gelehrt hat, noch alle möglichen
wunderbaren Taten vollbringen, darunter namentlich auch scherzhafte,
in deren Ausmalung sich die Märchenphantasie mit Vorliebe ergeht.
Um so mehr wird aber in diesem Polymorphismus der Erscheinungen
sein Bild ein charakterlos wechselndes, wie das zumeist auch in dem
wirklichen Gestaltcnwechsel, den ihm das Märchen zuschreibt, zum
Ausdruck kommt.
Das wird anders in dem Augenblick, wo ein Sagenheld zum
Wundt, Völkerpsychologie II, 3, J2
498 I^cr Naturm^rtbcis.
Träger der Heilbringerlegende wird. Mag seine Leistung menschliches
Maß noch so weit übertreffen, er trägt doch in seinem ganzen Wesen
menschliche Züge an sich; und ändert sich sein Charakter im Ver-
lauf der Entwicklung, die er in der Sagengeschichte zurück!^, so
geschieht das stetig und in unmittelbarer Übereinstimmung mit dem
Wandel, den das Bild des idealen Helden überhaupt unter dem Ein-
fluß der allgemeinen Sinnesänderung erfahrt. Sobald der Held dei
Sage zu dem der Legende wird, so regt sich daher ihm gegen-
über das Gefühl der Dankbarkeit für die Güter, die er dauernd ver-
schafft hat; und im Hinblick auf die Befreiertaten, die den späte
Geborenen nicht mehr zugute komitien, wandelt sich jenes primitiv«
Gefühl der Verwunderung in das der Bewunderung um. Der Helc
wird nicht mehr bloß um seiner Taten, sondern zugleich um der Ge
sinnung willen geschätzt, die sich in seinen Werken ausspricht. Darun
ist es für die ethische Wirkung der Legende auf dieser Stufe bc
deutsam, daß an jener Art der Verehrung, die aus Dankbarkeit im«
Bewunderung gemischt ist, nur solche Sagenhelden teilnehmen, di
irgendwie die Züge des Heilbringers an sich tragen. So ist in de
griechischen Sage Herakles der ideale Held, dem jede Zeit die Zug
leiht, die sie vor andern bewundert, während eine Gestalt wie die d<
Argonautenfiihrers Jason immer die eines in die Sphäre der Sage e
hobenen abenteuernden Märchenhelden bleibt. Aber auch an Pr<
metheus, der in seinen Taten in ein älteres, gewissermaßen vo:
menschliches Stadium der Legende zurückreicht, haftet noch jeni
mehr Verwunderung als Dankbarkeit erweckende Zug des ursprünf
liehen Heilbringers. Darum die spätere Kunst mehr von dem Bilc
des leidenden Helden als von dem des feuerbringenden Titanen gi
fesselt worden ist.
Diese Motive verschieben sich nun weiterhin in dem Maße, a
der Heilbringer aus dem Helden zum Gott wird. Der Dankbark<
ist auch noch der Gott zugänglich, die Bewunderung aber wand<
sich ihm gegenüber zur Verehrung um, die, durch den Kultus g
steigert, wesentlich dazu beiträgt, den Gott trotz der menschlich«
Züge, die er bewahrt, ins Übermenschliche zu erheben. Dazu komn
daß mit dieser Vergöttlichung zugleich jene große Umkehrung vc
bunden ist, vermöge deren die Heilswirkung selbst gleichzeitig
die Vergangenheit und Zukunft verlegt wird. Bewahrt dabei auch d
Die Legende. 4qq
Legende ihrer Natur nach stets den Charakter einer Erzählung ver-
gangener Ereignisse, so geschieht dies doch zum geringsten Teil aus
dankbarer Erinnerung an die Taten des Heilbringers, sondern vor
allem, weil man von ihm künftiges Heil erwartet. Damit tritt der
Heilbringer in Verbindung mit den indessen aus noch andern Mo-
tiven des Kultus entsprungenen Vergeltungsvorstellungen. Er be-
wirkt die Belohnung der Frommen, die ihm ihre Verehrung bezeigen,
und die Bestrafung der Schuldigen, die ihn mißachten. So wird
die Legende zur Kultlegende, einer Form des Mjrthus, die ims
wegen ihrer engen Beziehungen zum religiösen Kultus später beschäf-
tigen wird (Kap. VI, I). Hier sei nur bemerkt, daß sie insofern
einen Schlußpunkt in der Entwicklung der Legende bildet, als sich
in ihr Anfang und Ende, die der Vei^^angenheit zugewandten, ur-
sprünglicheren Motive und die später entstandenen, nach der Zukunft
gerichteten vereinigen. Denn der Gott oder Heros der Kultlegende
wird ebenso wegen der Taten, die er vollbracht hat, wie um der
Wohltaten willen, die man von ihm erwartet, Gegenstand des Kultus;
und ein wesentliches Moment des letzteren besteht in der inneren
Angleichung dieser beiden Betätigungen, der künftigen und der be-
reits vollbrachten, wobei die letzteren, eben weil sie vollbracht sind,
zugleich eine Gewähr für den Eintritt ihrer zukünftigen Wirkimgen
bieten.
Innerhalb dieser aufsteigenden Entwicklung fehlt es nun aber frei-
lich auf keiner Stufe an jenen Rückbildungen, deren oben bei den
Ausgängen der Heiligenlegende gedacht wurde, und die, sobald nur
erst hinter dem erstrebten Heilszweck die Persönlichkeit des Heil-
bringers zurücktritt, allmählich die Legende selbst verschwinden läßt.
Der geschichtslose, schließlich nur noch in einem Namen oder einem
Bild fixierte Heilbringer ist dann zum Fetisch geworden, an den sich
dieselben von Zaubervorstellungen getragenen Wünsche und Hoff-
nungen knüpfen, wie an die ursprünglichen Fetische, die auf der
primitiven Stufe des Kultus unabhängig von einem solchen Hinter-
grund vorangegangener, aber vergessener Legenden lediglich aus den
Wünschen und Hoffnungen des Augenblicks heraus entstanden waren.
32*
>'.^-
eoo P^ Natnrmytfaa
6. Die Wanderungen des Mythus.
a. Wanderangen und Wandinngen der Mythen.
Märchen, Sage und Legende sind in ihrer Entwicklung zwei
wichtigen Einflüssen unterworfen, die, eng miteinander zusammen-
hängend, die Erkenntnis des Ursprungs dieser Formen in hohem
Grade erschweren können. Der eine dieser Einflüsse besteht in dei
Wanderung der Mythen, der zweite in den Wandlungen, die sie be
ihrer Ausbreitung und bei ihrem Zusammentreffen mit andern Mythen-
stoffen erfahren. Indem diese beiden Einflüsse einander begegnen
kann der zweite dem ersten so sehr entgegenwirken, daß ebensowoh
ursprünglich übereinstimmende Mythen sich trennen, wie ursprünglid
abweichende einander ähnlich werden können. Namentlich kann diej
dann geschehen, wenn Elemente verschiedener Mythen abweichender
Ursprungs sich mischen, wo es nun schwierig wird zu entscheiden
welches mythische Motiv das primäre sei, und wie die einzelner
Bestandteile des Ganzen verändernd aufeinander eingewirkt haben
Diese Verhältnisse lassen sich beim Märchen noch am leichteste!
verfolgen, da es die einfachste und die am meisten in sich abge
schlossene Form des Mythus ist. Bei der Helden- und Göttersag<
dagegen ist die Nachweisung solcher Wechselwirkungen wegen ihre
verwickeiteren Zusammensetzung und der Komplikation ihrer Bedin
gungen viel schwieriger. Dennoch wird man hier zunächst die all
gemeinen Gesichtspunkte, die bei dem Märchen für die Verbreitim|
mythischer Stoffe überhaupt zu gewinnen sind, auch auf Sage unc
Legende anzuwenden haben. Das um so mehr, als ja, wie wir ge
sehen haben, nicht bloß einzelne mythologische Vorstellungen, son
dem ganze Mythenmotive und Mythenepisoden wenig verändert ode
nur mit den entsprechenden Umwandlungen der Heldencharaktere au;
dem Märchen in die Sage und Legende übergehen. Die hierin be
gründete allgemeine Verwandtschaft bringt es schon mit sich, daß eil
einzelnes Märchenmotiv in der Regel nicht zureicht, um, wo es ar
verschiedenen Orten gefunden wird, auf eine Übertragung oder Wan-
derung schließen zu lassen, sondern daß eine Mehrheit von Elementer
in übereinstimmender Verbindung wiederkehren muß, um unter Um-
ständen einen solchen Schluß zu gestatten. Ebenso wird man frei-
Die Wanderungen des Marthas. cq!
lieh umgekehrt nicht erwarten dürfen, daß nun gleich eine umfang-
reiche, aus vielen Motiven zusammengesetzte Mythenerzählung von
einem Ort zum andern wandern werde, sondern es wird das immer
nur von beschränkteren in sich abgeschlossenen Episoden mit ein-
heitlichen Motiven zu vermuten sein. So sehen wir ja im Gebiet des
Märchens noch am ehesten die einfachsten Fabelstoffe oft über weit
entlegene Gebiete relativ unverändert sich verbreiten. Irgend zu-
sammengesetztere Märchenerzählungen sind aber regelmäßig an den
verschiedenen Orten so unverkennbar aus Mischungen einfacherer
Märchen oder auch nur aus Episoden solcher zusammengesetzt, daß
sie sich selbst bei gleichen Grundmotiven oft weit voneinander
entfernen können. So zeigen schon die einfachen Märchen vom
Aschenputtel- und Sneewittchentypus in ihren deutschen, nordischen
und neugriechischen Formen sichtlich infolge der wechselnden Auf-
nahme anderer Motive mannigfache Variationen (Grimm, Nr. 21,
von Hahn, Nr. 2). Etwas verwickeitere pflegen aber, je verbreiteter
sie sind, um so größere Abweichungen darzubieten. Ein auffallendes
Beispiel dieser Art ist das bekannte Brüdermärchen (Grimm, Nr. 60),
auf dessen weite Verbreitung und die damit parallel gehende Ein-
lagerung anderweitiger Märchenzüge Grimm schon hingewiesen hat.
Die Abweichungen des Inhalts, die dadurch entstehen, erstrecken sich
hier von den unbedeutenden äußeren Unterschieden, wie sie die ver-
schiedenen europäischen Varianten des Märchens zeigen, bis zu einem
so eingreifenden Wandel der Haupt- wie der Nebenmotive, daß der
Zusammenhang überhaupt zweifelhaft werden kann, wie z. B, ein in-
disches und ein altägyptisches Brüdermärchen beweisen*). Noch
zweifelhafter werden vollends solche Beziehungen, wenn sich irgend
ein nebensächlicher Zug anderwärts wiederfindet: so z. B. wenn der
aus dem deutschen Brüdermärchen bekannte Scherz mit dem in der
Eile verkehrt aufgesetzten und dann nachträglich erst richtig an-
geheilten Kopf des Jägers sich in indischen und amerikanischen
Mythen in ziemlich verschiedenen Variationen und in sonst ganz ab-
weichender Umgebung wiederholt').
M Brockhaus, Die Märchensammlang des Somadeva Baddha, II, S. 1^2 fL Bfatp^xo,
Contes popnlaires de TEgypte ancienne^, p. i ff.
') Auf solche Parallelen hat Ed. Stacken hingewiesen, Astralmjthen, I, S. 136 01
Wenn Stucken diese Übereinstimmnngen mit dem deutschen Brüdermirehen »anerhört«
eo2 Der Natnnnytfans.
In welchem Umfange übrigens auch in solchen Fällen, wo in An
betracht der Übereinstimmung des Hauptmotivs und vieler einzelne
Züge an dem einheitlichen Ursprung einer Mythengruppe nicht ge
zweifelt werden kann, Variationen im einzelnen durch Ausspinnen voi
Nebenmotiven, durch Hinweglassung solcher oder durch Einwiricun]
abliegender Mythenstoffe entstehen können, das hat schon vor lai^
Zeit W. Grimm an dem verhältnismäßig einfachen Beispiel des Poly
phemmärchens gezeigt*). Die Polyphemepisode der homerische
Odyssee (Od. 9, 172 ff.) ist ein echtes Mythenmärchen. Der klug
und besonnene Odysseus verwandelt sich in ihr in einen ws^ehalsige
und abenteuerlustigen Märchenhelden, der ungeachtet der vernünftige
Abmahnungen seiner Gefährten seiner Neugier den Kyklopen z
sehen und dem von vornherein ziemlich aussichtslosen Wunsch vo
ihm ein Gastgeschenk zu erhalten nicht widerstehen kann. Der Ii
halt des Märchens selbst, wie es sich in verschiedenen europäischei
tartarischen, arabischen und persischen Varianten verfolgen läßt, i
vornehmlich durch drei Züge als ein übereinstimmender gekeni
zeichnet: erstens durch die Gestalt des einäugigen menschenfressende
Riesen, zweitens durch seine Blendung mit einem in sein Auge g<
bohrten Baumstamm, und drittens durch das Entkommen der in d<
Kyklopenhöhle eingesperrten Fremdlinge, indem diese sich entwede
wie bei Homer, unter dem Bauch der zur Weide hinausgelassenc
Tiere oder unter dem Fell der Widder verbergen. Von diesen dr
Hauptmotiven kann nun jedes einzelne fehlen: so lange nur die übrige
erhalten bleiben und eventuell der so entstehenden neuen Fassun
angepaßt werden, bleibt die allgemeine Übereinstimmung gewahr
So fehlt in einigen Varianten, wie in einer lateinischen des Mitte
alters, die in die französischen »Romans de Dolopathos« übergegangc
ist, und in einer esthnischen, bei der übrigens der Teufel die Stelle d<
nennt, so bedarf dieser Ausdruck freilich einer starken Ermäßigung. Die Abweichui
ist, namentlich im Hinblick anf den sonst sehr verschiedenen Inhalt der Erzählnnge
groß genug, um die Frage, ob Wanderung oder zufällige Übereinstimmung, mindeste]
zweifelhaft zu machen.
') W. Grimm, Die Sage vom Polyphem, Abhandlungen der Berliner Akademi
1857, phil.-hist. Klasse, S. i ff. Wir beschränken uns hier auf die von Grimm gt
sammelten Beispiele, in denen die Übereinstimmung zweifellos ist, und sehen von de
zahlreichen Märchen ab, in denen das Polyphemmotiv nur entfernter anklingt, w
man sie bei L. Laistner (Rätsel der Sphinx, II, S. i ff.) zusammengestellt findet.
Die Wanderongen des Mythus. ^03
Kyklopen vertritt (Grimm 2, 7), das Motiv der Einäugigkeit; dem ent-
sprechend ist dann aber auch die Blendungsgeschichte abgeändert:
dem Unhold wird von seinem listigen Überwinder siedendes Öl oder
Blei über die Augen gegossen. In andern Varianten ist das Kyklopen-
motiv bewahrt, aber es fehlt die Bei^ng unter den Tieren (8, 9).
In noch andern Fällen wird der Riese schließlich durch den Helden
getötet (8), statt auf seiner Insel zurückzubleiben und, wie in der
Odyssee, von den glücklich Geretteten verspottet zu werden. Wie
einzelne Züge fehlen können, so treten nun nicht selten auch weitere,
andern bekannten Märcheng^uppen entnommene Motive hinzu. Da-
hin gehört in der Odyssee der scherzhafte Zug mit dem Namen
»Niemand«, den sich Odysseus beilegt, und der den Kyklopen des
Beistands seiner herbeigeeilten Gefährten beraubt, ein Zug, der sich
in ganz andern Verbindungen ähnlich noch in sonstigen Scherz-
märchen und Scherzlegenden findet. In der tartarischen Sage vom
Dep^ Ghöz, die, abgesehen davon, daß der Riese nicht in einer Fels-
höhle, sondern in einem Hause nahe bei andern Menschen wohnt, ein
echtes Polyphemmärchen ist, tritt das allverbreitete Märchenmotiv von
dem Ungeheuer, das zu bestimmten Zeiten ein Menschenleben als
Tribut verlangt, an die Stelle des Besuchs durch Fremde; daneben
spielt dann noch in dem Zug, daß der Einauge die auf ihn ab-
geschossenen Pfeile für Sandkörner hält, die bekannte Geschichte
vom starken Hans (Grimm K. u. H. Nr. 166), und in dem andern, daß
der Riese den Helden in einen seiner Stiefel steckt, aus dem sich
dieser durch Aufschneiden befreit, das Däumlingsmotiv hinein (3).
Die verbreitetste, dem homerischen Märchen fehlende Variante, die
sich selbst wieder durch mehrere Unterformen bewegt, entsteht aber
durch die Einführung eines Zauberrings, den der Riese als Talisman
besitzt. Dieser Ring hat sich in den verschiedenen Märchen der
Polyphemgruppe wieder mit den wechselnden Vorstellungen assoziiert,
in denen der Ring als Talisman überhaupt vorkommen kann. In der
Dolopathosvariante wirft der Riese dem Räuber, der ihn seiner Schätze
berauben will, einen Ring nach. Als der Räuber diesen an den Finger
steckt, ruft der Ring fortwährend >hier bin ich«, so daß dadurch der
geblendete Riese seine Spur finden kann. Wie der Räuber das
merkt, will er sich des Ringes entledigen, der jedoch am Finger kleben
bleibt, so daß ihm nichts übrig bleibt, als den Finger abzubeißen (2).
504 ^^ Natarmythus.
Das rumänische Polyphemmärchen enthält dasselbe Rii^^otiv, aber
der Held wirft den Ring ins Wasser, wo er zu rufen fortfahrt; so
daß der nacheilende Riese ertrinkt (5). In dem serbischen ist der
Ring durch einen Zauberstab ersetzt, der ebenfalls die Eigenschaft
hat, daß jeder der ihn berührt daran haften bleibt, nach dem be-
kannten Motiv des Märchens von der goldenen Gans (Grimm K. u. H.
Nr. 64]. Der Knabe schneidet sich dann auch hier den Finger vom
Stock ab, lockt den Riesen an einen See und stößt ihn hinein (5).
Endlich eine dritte dieser Ringvarianten bietet das tartarische Märchen
von Dep^ Ghöz. Dieser, ist im Besitz eines Zauberrings, der ihn am
ganzen Leibe, außer an seinem Auge, unverwundbar macht, daher nun
der Held aus diesem Grund dem Riesen das Messer ins Auge sticht (3).
Schon W. Grimm hat bemerkt, es sei unmöglich, diese Märchen
mit Bestimmtheit aus einer einzigen Quelle, also etwa die übrigen
aus der homerischen Erzählung, abzuleiten. Zwar wird man das
Hauptmotiv schließlich auf eine solche Quelle zurückfuhren müssen.
Aber wo diese liegt, das läßt sich nicht mehr entscheiden. Grimm
neigte sich daher, wie manche andere Mythologen, der Meinung zu,
der Riese mit dem runden Stirnauge sei eine der mannigfachen Ab-
wandlungen des Sonnenmotivs, der Kyklop also ein einstiger Sonnen-
heros'). Doch ist zu bedenken, daß das Auge überhaupt einer der
Körperteile ist, in deren phantastischer Variation sich die mythologi-
sche Phantasie bei den Ungeheuervorstellungen mit Vorliebe ergeht
Das ist an sich psychologisch begreiflich, weil es zu den eindrucks-
vollsten Teilen des menschlichen Angesichts gehört. Das fehlende,
überzählige oder in seiner Form abweichend gestaltete Auge ist daher
auch besonders geeignet, den Eindruck des Grausens zu verstärken.
In dieser Beziehung gehört also der Kyklop in dasselbe Gebiet wie die
vielköpfigen Drachen, die Hekatoncheiren und andere Mißgestalten,
und speziell unter den Augenungeheuern bildet er das eine Ende einer
Reihe, an deren anderem der Argus Panoptes steht, dessen ganzer
Körper mit Augen bedeckt ist, und zu dem sich Parallelbildungen ge-
legentlich in den phantastischen Zaubermänteln amerikanischer Medi-
zinmänner finden''). In einem japanischen Märchen, das im übrigen
*) W. Grimm, a. a. O. S. 27. Über die verschiedenen mythologischen Deutungen
des Polyphem vgl. außerdem Preller-Robcrt*, I, S. 48, 622.
•) Vgl. Teil I, S. 203, Fig. 47 (2. Aufl. Fig. 53, S. 223).
Die Wanderangen des Mythus. ^05
nicht zur Polyphemgruppe gehört, kommt ein Riese mit drei großen
Glotzaugen vor"). Auch sonst kennt das Märchen Unholde mit drei
Augen; nicht minder sind sie in den griechischen Mythus eingedrungen.
In allen diesen Fällen können sie ebensogut einer phantastischen,
den Eindruck des Schreckens erhöhenden Variation der Augenzahl
wie einer Reduktion der verbreiteten Gestalt des dreiköpfigen Un-
geheuers ihr Dasein verdanken"). Analoge schreckhafte Bilder sind
die drei im Dunkeln hausenden Graien des Aeschyleischen Pro-
metheus, die zusammen ein einziges Auge besitzen, das sie sich
abwechselnd reichen (Aesch. Prometheus 790 ff.). Der Eindruck wird
hier noch gesteigert, weil die drei auch nur einen einzigen Zahn mit-
einander teilen und in ihrer Nähe Gorgonen und Greife Wache
halten. Ein ähnliches Bild ist das der Lamia, der ruhelos umher-
wandemden nächtlichen Schrecl^estalt, die den Schlaf nur finden
kann, wenn sie die Augen aus ihrem Kopfe nimmt^). So liegt denn
auch bei dem Bild des Kyklopen das Hauptmotiv wohl in dem furcht-
baren Eindruck, den das große runde Stirnauge erweckt. Dieses Bild
mag dann weiterhin jene Vorstellung der Blendung durch den ein-
getriebenen Holzstamm erweckt haben, aus dem zusammen mit den
allverbreiteten Mythen vom Kampf mit Riesen und ihrer Überlistung
der Hauptstoff des Polyphemmärchens entstand. Daß daneben bei
dem einäugigen Ungeheuer noch eine leise Assoziation mit dem
Himmelsauge mitgewirkt habe, ist gewiß hier so wenig wie bei dem
einäugigen Odin ausgeschlossen, ohne daß deshalb Odin jemals ein
Sonnengott oder der Kyklop ein Sonnenheros gewesen zu sein braucht
Bei allen diesen mythologischen Vorstellungen müssen wir ja stets
dessen eingedenk bleiben, daß sie nicht aus einer einzigen Quelle ge-
flossen sind. Wie die Mondsichel bei der Entstehung der Vorstellung
von der Arche der Sintflut wahrscheinlich als assoziatives Element
beteiligt war, während doch sicherlich niemals in dem Monde selbst
jenes nach der Sage nur in ferner Vergangenheit dagewesene Schiff ge-
sehen wurde, so ist das Analoge überall vorauszusetzen, wo subjektive
^) Junker von Langegg, Japanische Teegeschichten, S. 67 ff., zitiert nach Stocken,
Astralmythen, S. 372.
'; Vgl. Usener, Dreiheit, Rhein. Museum für Philologie, N. F. Bd. 58, 1903,
S. 185, und unten f.
^; Vgl. StoU in Roschers mythol. Lexikon, II, S. i8i8f.
■■■rv
^06 ^^^ Naturmythos.
und objektive Motive zusammengewirkt haben, um ein besttinm
mythologisches Bild zu erzeugen. Das einzelne Element muO si
hier zumeist schon deshalb der deutlich bewußten Auffassung* e:
ziehen, weil es mit andern, unter Umständen wirksameren im Wid
streit liegen würde. So hat das Grauen, das sich an den Eindn
des stirnäugigen Riesen kettet, mit dem der Sonne nicht das gering
gemein, und schwerlich wird es daher jemals bei der Entsteht
dieser Gestalt im Vordergrund gestanden haben, während doch ue
den objektiven Motiven, die die Erweckung der Vorstellung unt
stützten, das Bild des einsamen Himmelsauges nicht gefehlt zu hal
braucht.
Diese Erwägungen, die für den einzelnen Teil einer m}^olc
sehen Anschauung gelten, sind nun um so mehr für den Auf!
eines ganzen Mythus maßgebend; und die Veränderungen, die
mythologischer Stoflf bei seiner Wanderung von Ort zu Ort du
die Verbindung und Wechselwirkung mit andern Bestandteilen
fährt, bestätigen durchaus diese Folgerung. Auch ein mythologisd
Gebilde ist kein beharrender Gegenstand, sondern, wie es sich sei
aus vielen Elementen zusammensetzt, so wechseln und verändern s
diese unter dem Einfluß unmittelbarer Eindrücke und reprodukti
Motive. Mit diesem Fließen der Vorstellungen hängt aber zugle
ihre Fähigkeit zusammen, aus einer Zeit in die andere und aus ein
Territorium in das andere zu wandern und sich dabei immer wie
den spezifischen Zeit- und Raumbedingungen anzupassen. An c
mythologischen Gebilden wiederholen sich so auf einem umfass
deren Schauplatz die Wandlungen der Einzelvorstellungen im ind:
duellen Bewußtsein. Wie in der sinnlichen Wahrnehmung eü
Gegenstandes direkte Eindrücke und reproduktive Elemente zusamm«
wirken und darum von einem Individuum zum andern und selbst \
einem Moment zum andern wechseln können, so wechseln im Volk
bewußtsein die Gebilde des Mythus. Sie stehen in jedem Aug<
blick unter dem Einfluß einer Fülle assoziativer Beding^ung
assimilieren dadurch Elemente und stoßen andere aus, um neue V
bindungen zu bilden. Jedes Wandern eines verwickelter gebaut
Mythus ist daher mit Wandlungen verbunden. Diese fehlen auch
nicht, wo er an einem Orte verbleibt, weil sich fortwährend, vor all<
aber mit jedem Wechsel der Kultur, die assimilativen Beding^ui^
Die Wanderangen des Mythos. JO7
ändern, denen die überkommenen Mythen unterworfen sind. Nicht
minder gibt es jedoch zahlreiche mythologische Motive, die unabhängig
an verschiedenen Orten wiederkehren und daher übereinstimmende
Gebilde erzeugen können, ohne daß diese notwendig einen gemein-
samen Ursprung haben müßten.
Eine eigentümliche Komplikation erfährt schließlich das Problem
der Mythenwanderung und Mythenwandlung da, wo die Vermutung
entstehen kann, daß einer Mythenerzählung ein geschichtlicher Kern
zugrunde liege, der aber unter dem Einfluß umgebender oder zu-
gewanderter Mythen seinen mythologischen Inhalt gewonnen habe,
wie dies bei der historischen Sage und Legende geschehen kann.
Diese Frage hat insbesondere auch für die Kritik der Überlieferungen
über das Leben Jesu aktuelle Bedeutung gewonnen. Vielleicht mit
größerem Recht, als man die Krankenheilungen und Totenerweckungen,
bei denen ein geschichtlicher Kern wohl überhaupt unwahrscheinlich
ist, gegenwärtig nicht selten nach dem Muster der alten rationa-
listischen Wundererklärungen auf Suggestion und Hypnose zurückfuhrt,
pflegt man andere Wunder, bei denen eine Beziehung zu bildlichen
Aussprüchen Jesu besteht, als eine Übertragung solcher Gleichnis-
reden in die Wirklichkeit zu deuten'). In Wahrheit handelt es sich
auch hier insofern um eine Mythenwandlung oder Mythenwanderung,
als dabei irgendwelche Mythen unter dem Einfluß einer wunder-
gläubigen Umgebung von dem historischen Kern assimiliert worden
sind. Dabei ist es dann freilich schwer und nicht selten unmöglich,
solche Fälle von den zahlreichen andern zu scheiden, in denen ein-
fach die ganze Mythcnerzählung aufgenommen worden ist, ohne daß
überhaupt ein historischer Kern existiert. Eine gewisse Wahrschein-
lichkeit für eine geschichtliche Grundlage kann daher auch nur dann
angenommen werden, wenn entweder verschiedene Traditionen einer
und derselben Begebenheit vorhanden sind, von denen die eine etwa
eine bloß bildliche Deutung zuläßt, während die andere das Bild
zum Mythus umgestaltet hat, oder aber wenn eine Gleichnisrede
und eine Wundererzählung einander so genau entsprechen, daß
jene bei wörtlicher Auslegung ohne weiteres in das Wunder übcr-
') Vgl. hierzu E. Bittlinger, Die Materialisierang religiöser Vorstellnngen, 1905.
bes. S. 52 ff.
■.k:71
r-.
eo8 ^^^ Natumiythiis.
gehf). OfTenbar ist übrigens in diesem zweiten Fall die Wahrschein
lichkeit einer solchen Umdeutung größer als im ersten. Denn es is
nicht zu übersehen, daß in der erzählenden Darstellung die Grenzei
zwischen Bild und m3rthologischer Anschauung fließende sind, uni
daß daher fiir uns als eine Metapher erscheinen kann, was für dei
naiven Dichter mythologische Wirklichkeit war*).
b. Allgemeine Kriterien der Mythenwanderang.
Daß mythologische Vorstellungen, die an verschiedenen Orte
vorgefunden werden, aber in ihren wesentlicheren Eigenschaften übei
einstimmen, dieses Zusammentreffen entweder einer Übertragimg vo
einem Ort zum andern oder einer Ähnlichkeit der äußeren 3i
') Vgl. besonders die Parallelen zwischen Worten und Taten Jesn in den B<
richten der Synoptiker bei Bittlinger, a. a. O. S. 70 ff. Ein w^en der einfachere
Lage der Tradition belehrendes Beispiel einer solchen nicht nnwahrscheinliehen Un
Wandlung bildlicher Reden in Taten bietet der Bericht des Philostrat Über die ii
dische Reise des Apollonins von Tyana, wo snm Teil anderwftrts überlieferte, offin
bar bildlich verstandene Aassprüche des Apollonins sich finden, nnd wo nun dei
wandernden Philosophen Wander zageschrieben werden, die sich wie eine Obersetzar
jener Gleichnisreden in die Wirklichkeit aasnehmen, während sie doch zugleich de
Mediam indischer Märchenphantastik gleichen, in welchem diese Erzählang spie
(Max Wandt, Apollonins von Tyana, Prophetie and Mythenbildnng, in Hilgenfelc
Zeitschrift für wiss. Theologie, Bd. 49, S. 309 ff.).
*) In dieser Beziehung dürften sich in der Tat manche nenere Versache, Wimd<
aas bildlichen Redeweisen abzuleiten, bedenklich wiedenun den alten rationaUstisch«
Wunderdeatangen nähern. So z. B. wenn Bittlinger (a. a. O. S. 37) das bekannte Wand
des Sonnenstillstandes Jos. 10, 12 dahin dentet, dorch die Hilfe Gottes sei der Tag s
inhaltsreich geworden, daß er zwischen Morgen nnd Abend keinen Platz hatte, od<
wenn er in ähnlicher Weise die Wander bei dem Zag der Israeliten durch d
Wüste a. a. als poetische Gleichnisse and Hyperbeln zn deaten sacht (a. a. O. S. 24 ff
Zweifellos ist es eine richtige Beobachtung, daß von den poetischen Anspielungen ai
solche Wunder in den Psalmen oder Propheten zn den prosaischen AasfÜhrangen d«
gleichen Begebenheiten in Weisheit Salomos, Chronika nsw. eine fortschreitenc
»Materialisiernng der Vorstellangenc im selben Sinne herrscht, in dem sie anch noc
heute zwischen der poetischen und der prosaischen Schilderung besteht. Aber di<
sind Unterschiede des Stils, die noch keineswegs beweisen, daß auch für jene früh
Dichtung bloße Metapher gewesen sei, was wir in der heutigen noch als eine solch
anwenden können. Denn der Mythus ist älter als die Metapher, und es können dami
wohl Metaphern sehr häufig abgeblaßte mythologische Vorstellungen sein, das Um
gekehrte dagegen wird nur unter besonderen Ausnahmsbedingungen möglich seil
Folgerichtig durchgeführt würde die Annahme offenbar wieder mit der bekannte
Hypothese vom Ursprung des Mythus überhaupt aus mißverstandenen Metaphern zu
sammentreffen (vgl. über diese Teil I, S. 546).
Die Wandernngen des Mythos. ^09
dingungen und der psychischen Motive verdanken müssen, ist ein-
leuchtend. Doch zu entscheiden, welcher dieser beiden Fälle, ob
selbständige Entstehung aus gleichen Bedingungen, oder ob äußere
Übertragung anzunehmen sei, kann große Schwierigkeiten bereiten.
Natürlich ist es nun von vornherein ebenso wenig erlaubt anzu-
nehmen, das Vorkommen zweier übereinstimmender Vorstellungen an
entfernten Orten beweise eine Wanderung, wie umgekehrt, es sei
irgend ein allgemeingültiger » Völkergedanke €, um hier einen von
A. Bastian geprägten Ausdruck zu gebrauchen, wirksam"). Vielmehr
kommt es in jedem einzelnen Fall auf die näheren Bedingungen an,
unter denen die Übereinstimmungen vorkommen. Diese Bedingungen
sind teils äußere, teils innere. Unter den äußeren stehen die Verkehrs-
beziehungen der Völker in erster Lim'e. Übereinstimmungen in be-
nachbarten Territorien lassen natürlich eher eine Übertragung ver-
muten als solche in weit entiegenen Gebieten. Doch ist dieses
Kriterium unsicher. Ein einzelner Wanderer kann eine Märchen-
erzählung in ferne Länder tragen, von denen aus sie dann wieder
weiter verbreitet wird. Ungleich wichtiger sind daher die inneren
Merkmale, die in gewissen Fällen für eine unabhängige Entstehung
an verschiedenen Orten oder umgekehrt für eine Wanderung von einem
einzigen Ursprungszentrum aus eintreten. Es ist klar, daß diese
Merkmale im wesentlichen ganz mit jenen Unterschieden zusammen-
treffen werden, die wir im Gebiet der Sprache und der Formen der
Kunst als die des Generellen und Individuellen oder in gewissen
Fällen auch als die des Regulären und Singulären bezeichnet
haben, nur daß die besonderen Eigenschaften des Mythus diesen Be-
') Bastian, Der Mensch in der Geschichte, I, 1860, SD., S. 166 ff. und an vielen
andern Orten. Verbreiteter ist gegenwärtig die entgegengesetzte Auffassung, wonach
jede Übereinstimmung eine Übertragung bedeuten soll. Sie findet heute vornehmlich
unter den Assyriologen, ähnlich wie um die Mitte des vorigen Jahrhunderts unter den
Ägyptologen, ihre Vertreter. Das ist insofern wohl begreiflich, als man, sobald einmal
alle Übereinstimmungen als Übertragungen gedeutet werden, jeweils in das Gebiet,
dessen Kultur als die älteste gilt, den Ursprung der mythologischen Vorstellangen
verlegen wird. Diese Ansicht führt daher leicht zur allgemeinen Wanderhypothete.
Vgl. zu dieser Kontroverse Hugo Winckler, Die babylonische Kultur in ihrer Bedehnng
zur unsrigen, 1902, und Alfred Jeremias, Die Panbabylonisten, der Alte Orient und
die Ajryptische Religion*, 1907. Dazu die Bemerkungen über die WanderhyiK>these
oben Teil I, S. 566 ff.
5IO Der Natnrmythns.
griffen wieder eine spezifische Färbung geben*). Namentlich unter-
scheidet sich hier der Mythus durch die schon bei den Seelen-
vorstellungen zu beobachtende Gleichförmigkeit der spontanen Ent-
stehungsbedingungen einerseits und durch die damit eng zusammen-
hängende Wanderfahigkeit anderseits sehr wesentlich von den einer
festeren Tradition unterworfenen Formen der Sprache, während zwi-
schen beiden die Gebilde der Kunst ungefähr die Mitte halten. Be-
sonders gewinnt dadurch der Begriff des Generellen oder R^ulären
für den Mythus einen ungleich weiteren Umfang. Bei der Sprache
gilt er nur für das einzelne Sprachgebiet oder höchstens für einen
Zusammenhang stammverwandter Sprachen; beim Mythus umfaßt er
entweder alle Mythenbildungen oder mindestens die Gesamtheit derer,
die unter übereinstimmenden äußeren Naturbedingungen entstehen.
Viel gleichförmiger verhält sich auf allen diesen Gebieten das Indivi-
duelle oder Singulare. Hier bleibt das Kriterium der Einzigartigkeit,
das den unabhängigen Ursprung einer und derselben Erscheinung an
verschiedenen Orten zwar nicht absolut unmöglich, aber nach em-
pirisch psychologischen Gesichtspunkten im höchsten Grade imwahr-
scheinlich macht, in allen drei Fällen mutatis mutandis das nämliche.
So gut wir etwa die Einführung des Wortes »Gas« für die fnihei
sogenannten Luftarten auf einen individuellen Urheber zurückfuhren
könnten, auch wenn uns ein solcher nicht zufallig aus der Geschichte
der Chemie bekannt wäre, oder so gut wir die Einführung des spitzen
Hutes für die närrische Figur der burlesken Komödie als einen ein-
mal und an einem bestimmten Ort zuerst geschehenen Vorgang be-
trachten dürfen, gerade so wird anzunehmen sein, daß die Projektion
der Zwillingsvorstellung in das Sternbild der sogenannten Zwillinge
am Himmel und die Beziehung dieses Sternbildes zu irdischen Zwillings-
sagen irgend einmal zuerst geschehen und dann mit verwandten astro-
logischen Vorstellungen übertragen worden sei. Dagegen bleibt es
bei solchen Erscheinungen, denen wir nach ihrem allgemeinen Cha-
rakter eine unabhängige Entstehung an verschiedenen Orten zu-
schreiben können, immer auch möglich, daß sie in einer bestimmter
Region früher entstanden und dann gewandert seien. Es muß daher
um den unabhängigen Ursprung wahrscheinlich zu machen, noch daj
') Vgl. Bd. P I, S. syaflf., 2, S. 515, 571fr. Bd. H, i, S. 466«'. (2. Aufl. S. 490fr.)
Die Wandeningen des Mythus. ^11
weitere Merkmal hinzukommen, daß sie sich an vielen Orten gleich-
zeitig vorfinden, zwischen denen Verbindungen nicht nachzuweisen
sind, und daß psychologisch eine ähnliche unabhängige Entstehung
naheliegt, wie wir sie etwa bei den Seelenvorstellungen in der Be-
ziehung der Seele auf den Hauch des Atems oder auf das Traumbild
anzunehmen berechtigt sind. Überhaupt aber dürfen wir niemals ver-
gessen, daß selbständige Mythenbildung und Aneignung von außen
keine Fähigkeiten sind, die sich ausschließen. So gut wir uns eine
Sprache nur aneignen können, weil wir überhaupt der Sprache fähig
sind, gerade so sind Neubildung und Assimilation im Gebiet des
Mythus eng aneinander gebunden. Darum sind, wie uns oben auf
einem begrenzteren Gebiet das Beispiel des Polyphcmmärchens gezeigt
hat, Wanderungen immer zugleich mit Wandlungen der Mythen ver-
bunden. Der zugefuhrte mythische Stoff wirkt zugleich als mythen-
bildender Reiz; und in vielen Fällen kann es daher zweifelhaft sein,
wie viel an einem gegebenen Mythus äußerer Aneignung und wie
viel eigener Mythenbildung seinen Ursprung verdankt. Es verhält
sich eben auch hier die Mythenbildung nicht wesentlich anders als
wie die Bildung einer einfachen Sinnesvorstellung. Es gibt keine An-
eignung mythischer Inhalte, die nicht selbst zum Teil selbständige
Mythenbildung wäre, ähnlich wie es keine Sinneswahmehmung aus
äußeren Eindrücken gibt, an die nicht eine Assimilation dieser Ein-
drücke durch bereit liegende Dispositionen des eigenen Bewußtseins
gebunden wäre.
So sind denn im allgemeinen die Eigenschaften, nach denen sich
gewanderte und selbständig entstandene Mythen sondern lassen, über-
aus fließende; und insbesondere kann jedes irgendwie zusammen-
gesetztere Mythengebilde autochthone und fremde Elemente und unter
den letzteren wieder solche ganz verschiedener Herkunft enthalten.
Im allgemeinen aber ist es von vornherein wahrscheinlicher, und die
Beobachtung dürfte es in weitem Umfange bestätigen, daß bei der
natürlichen, nicht durch berufsmäßige Rhapsoden oder durch litera-
rische Überlieferung geschützten Mitteilung, nur Mythen einfachster
Art relativ unverändert übertragen werden, während es sonst nur
einzelne Motive oder aus einzelnen Motiven gebildete Mythenfrag-
mente sind, die von einem Gebiet in das andere übergehen. Die so
entstehenden Mischungen von Elementen verschiedener Herkunft und
512 ^^^ Naturmythii
die damit Hand in Hand gehenden Neubildungen und Aneignunger
bedingen es, daß die Frage, ob eine gegebene Übereinstimmung mi
größerer Wahrscheinlichkeit auf selbständiger Bildung des gleichei
Motivs oder auf einer Übertragung von Ort zu Ort beruhe, nur in ge
wissen Grenzfallen mit Sicherheit zu beantworten ist, dagegen in vielei
andern Fällen zweifelhaft bleibt. So ist z. B, die Vorstellung voi
der Verschling^ng der Sonne oder des Mondes durch ein Ungeheue
bei den Verfinsterungen dieser Gestirne so weit über die Erde ver
breitet, daß man ihr fast unterhalb einer gewissen Grenze der Kultu
Allgemeingültigkeit zuschreiben könnte. Man wird aber unbedenldic
zugeben müssen, daß diese Vorstellung an den verschiedensten Orte:
der Erde unabhängig entstanden sein kann; und auch der ändert
nahe verwandten, nach der ein ähnlicher Vorgang bei dem tägliche
Untergang der Sonne stattfindet, werden wir, wenn sie sich auch bc
greiflicherweise im allgemeinen auf noch frühere Stufen der Mytihec
bildung beschränkt, nicht minder die Möglichkeit unabhängiger Bii
düng zugestehen. Wenn dagegen an verschiedenen Stellen derErd
die Plejaden als sieben in Sterne verwandelte Jungfrauen, Njmc
phen usw. aufgefaßt werden, so läßt sich, obgleich diese Siebenzal
zum Teil an sehr entlegenen Orten wiederkehrt, doch schwerlich a
eine wiederholte selbständige Entstehung denken, weil diese Zal
gegenüber dem wirklichen Bild willkürlich ist, und nur durch ein
Übertragung auf das für das bloße Auge in der Regel höchsten
sechs einzelne Sterne umfassende Sternbild möglich war. Darum e:
fanden ja die Griechen später den niedlichen Mythus, die eine d<
sieben Schwestern habe ihr Angesicht verhüllt, um nicht gesehe
zu werden (s. oben S. 291). Diese Übertragung auf die Gruppe de
Plejaden ist übrigens, selbst nachdem der Glaube an die Heiligkeit d<
Siebenzahl aus andern Quellen entstanden, kaum ein ursprüngliche
Vorgang, sondern es ist ihm mutmaßlich die Übertragung der Siebei
zahl auf die sogenannten sieben Planeten vorausgegangen, von der ai
dann weiterhin die ähnliche auf jene andere, besondere Stemgrupp
stattfand. Nun werden wir unten sehen, daß die Siebenzahl de
Planeten höchst wahrscheinlich auf der durch die Monatseinteilung ge
wonnenen siebentägigen Woche beruht (g). Die Voraussetzung eine
solchen doppelten willkürlichen Übertragung erhöht aber insbesondei
für die zweite die Wahrscheinlichkeit einer sing^lären Entstehung
Die Wanderangen des Mythos. & 1 ^
Denn es ist zu vermuten, daß diese zweite Übertragung dem gleichen
Ort angehört wie die erste, die ihr offenbar zum Vorbild gedient hat.
Fügte sich doch bei den Planeten die astronomische Beobachtung leicht
dieser Assoziation, während deren Anwendung auf eine Sterngruppe
von unbestimmterer Anzahl, wie die Plejaden, erst durch diese ander-
wärts gemachte wirkliche Erfahrung gestützt sein mußte. Da die aus
dem Mondlauf gewonnene Siebenzahl höchst wahrscheinlich in der
babylonischen Astronomie geschehen ist, so wird also auch die Sieben-
zahl des Plejadengestims auf babylonischen Ursprung zurückzuführen
sein, wobei dann freilich die speziellere mythologische Auffassung der
sieben Sterne, als Vögel, Frauen, Nymphen usw., nach den sonstigen
Einflüssen des mythologischen Mediums eine wechselnde blieb. Da-
bei können dann solche Differenzierungen sing^ulär entsprungener
Vorstellungen an verschiedenen Orten wieder übereinstimmend er-
folgen, ohne daß auch für sie ein singulärer Ursprung zu vermuten
ist. So lag einerseits das Bild von Schwestern, anderseits das von
Vögeln für die Gruppe der Plejaden nahe genug, daß jedes dieser
Bilder, wie es in der Tat wahrscheinlich ist^ an verschiedenen Orten
unabhängig entstehen mochte. Umgekehrt kann es aber auch ge-
schehen, daß eine mythologische Vorstellung in ihrem Hauptmerk-
mal auf allgemeingültigen Assoziationsmotivon beruht, während die
Differenzierungen dieses Motivs von beschränkterer X'erhreitung und
möglichenveise von singulärem Ursprunj^f sind. Si> ist z. B. die
Anschauung, daß irgend ein lebendos Wesen im Moml hause, wohl
über die ganze Erde und namentlich bei primitiven Völkern ver-
breitet. Ob aber dieses Wesen ein Mensch, ein l*>osch, eine Schild-
kröte, ein Hase sei, darüber bestehen verschiedene Traditionen, die
wieder auf enger begrenzte Territorien beschränkt zu sein pflegcm.
Ebenso gehören hierher die mannigfachen Varianten, die das Vcf-
schlingungsmotiv in seiner Anwemlung auf die Sonnenunte
mythen verschiedener Völker zeigt usw. Indem nun in jeder
kreten mythologischen Vorstellung und noch mehr in jeder
crzählung solche Elemente teils allgemeinen teils singiüärea "mi im
letzteren Fall nicht selten wieder abweichenden Ursprap «ch
mischen und assimilativ verändern, kann natürlich eine vdi^ Gfeio-
heit oder auch eine der Gleichheit nahe kommende AiÄAicec
der an verschiedenen Orten vorkommenden Mythen ^w n
Wundt, Völkerpsychologie H, 3. 9
^lA Der Natarmythtis.
fachsten Fällen erwartet werden. Am häufigsten noch findet sich
eine solche in Anbetracht dieser Einfachheit und zugleich Deut-
lichkeit des Motivs, wie schon bemerkt, bei der Fabel Besonders
gilt das von der Scherzfabel, deren Pointe gerade um des er-
finderischen Humors willen, der aus ihr spricht, trotz der weiten Ver-
breitung, die solche Fabeln gewonnen haben, einen singulären Ur-
sprung wahrscheinlich macht, wenn sich auch der Ort dieses Ursprungs
nicht mit Sicherheit nachweisen läßt. Natürlich ist es aber nicht ge-
stattet, aus diesen der Scherzfabel eigenen Bedingungen, vermöge
deren sie überdies schon außerhalb der Sphäre des Mythus liegt,
Schlüsse auf diesen zu ziehen. Bei dem Mythus tritt vielmehr in da
Regel infolge der größeren Komplikation der Motive an die Stelle
der Gleichheit die Analogie. Die Frage erhebt sich daher, untei
welchen näheren Bedingungen mythologische Analogien einen über-
einstimmenden und dann etwa weiterhin einen singulären, auf einer
einzigen Ausgangspunkt hinweisenden Ursprung mythischer Inhalti
erschließen lassen.
c. Die mythologischen Analogien.
Seit alter Zeit hat in der Mythologie die Analoge eine wichtig«
Rolle gespielt. Nun kann die Analogie verschiedener Mythen ebenso
wohl auf einem getrennten, wie auf einem einheitlichen Ursprung be
ruhen: ersteres, wenn es sich um mehr oder weniger allgemein
gültige Motive handelt; letzteres, wenn die Motive einen singulärei
Charakter besitzen. In beiden Fällen hat natürlich die Analog^ii
ihren Wert. Gleichwohl bleibt sie hier wie dort ein um so zweifei
hafteres Kriterium, je weiter sie sich von der Gleichheit entfernt
Da die Glieder eines Analogievcrhältnisses gleiche und disparat
Elemente enthalten, so wächst aber die Wahrscheinlichkeit, da/
sie auf einer bloß zufalligen, d. h. für den gegebenen Zusammen
hang irrelevanten Beimengung übereinstimmender Elemente beruhe
in dem Maße, als die Zahl und die Bedeutung der disparaten Ele
mente zunimmt. Soll vollends die Analogie verwendet werden, un
die urprüngliche Einheit verschiedener Mythen, also ihren Ausg^nj
von einem einzigen Kulturzentrum zu erweisen, so nimmt natürlich ii
um so höherem Grad die Möglichkeit einer Täuschung zu. Denn ein<
singulare Entstehung wird durch die Übereinstimmung zweier Mythei
Die Wandeniiigen des Mythus. jl^
offenbar nur dann wahrscheinlich, wenn entweder die Anzahl über-
einstimmender und voneinander unabhängiger Elemente so groß ist,
daß ein mehrmaliges Vorkommen der gleichen Kombination den
Gesetzen empirischer Wahrscheinlichkeit widerstreiten würde, oder
wenn die Beschaffenheit des mythischen Gebildes nur mit den inner-
halb eines bestimmten Gebietes vorhandenen Natur- und Kultur-
bedingungen übereinstimmt, oder wenn endlich — und das ist natür-
lich der günstigste Fall — diese beiden Eigenschaften zusammentreffen.
Nun ist es nach der Beschaffenheit dieser Prinzipien undenk-
bar, daß die Mythenvergleichung an einem einzigen in sich abge-
schlossenen Mythus zu einem Resultat fuhren kann, es sei denn,
daß ein solcher selbst schon aus einer größeren Anzahl zusammen-
hängender mythischer Motive besteht. Mit Recht hat daher die
neuere Mythologie vereinzelte Vergleichungen als unzulänglich ver-
worfen und statt dessen eine planmäßige, an einer großen Zahl
mythologischer Inhalte zur Anwendung kommende komparative Me-
thode gefordert. Diese planmäßige Vergleichung in weiterem Um-
fang kann aber wieder in einer doppelten Form ausgeführt werden,
so daß daraus zwei komparative Methoden von wesentlich verschie-
denem Charakter entstehen: wir wollen die erste als die der Ana-
logiegruppen, die zweite als die der Analogiereihen bezeichnen.
Bei der Methode der > Analogiegruppen« ordnet man die überhaupt
vorkommenden oder in dem speziellen Fall in Frage stehenden mytho-
logischen Motive derart in bestimmte Gruppen, daß die an den ver-
schiedenen Orten vorkommenden Mythen, in denen sich ein be-
stimmtes Motiv findet, je einer Gruppe zugezählt werden. Man erhält
dann eine mehr oder minder große Anzahl von Gruppen, deren
jede durch ein bestimmtes Motiv als das ihr zugehörige Gruppen-
merkmal gekennzeichnet ist. So hat z. B. Ed. Stucken in seinen
»Astralmythen« die Motive der »Gastlichkeit«, des »Beistandes«, des
»Lohn Verzichts«, der »unbegründeten Eifersucht« (Potipharmotiv), der
»Lahmheit«, der »Zwillinge« und sehr viele andere unterschieden und
unter jedem eine Fülle von Märchen, Sagen und Legenden auf-
geführt, die jedesmal in dem betreffenden Motiv übereinstimmen. Er
hat allerdings dabei diese Motive weder nach einem logischen noch
nach einem psychologischen Gesichtspunkt geordnet. Dächte man
sich aber das Unternehmen etwas systematischer ausgeführt, so könnte
33*
tauglich bleiben. Denn natürlich fallt jeder irgend zusammengcae
Mythus in mehrere dieser Gruppen, und die so sich ergebende
webung" der Motive macht es ganz unmöglich, über die Frag
singulären oder des allgemeineren Ursprungs eines Mythus zu
scheiden. In der Tat ist daher die Methode immer nur ange^
worden, indem man entu^eder die Hypothese der allgemeinen G
artigkeit des mythologischen Denkens oder aber umgekehrt die
einzigen Ursprungszentrums als gegeben annahm: das erstere ge
z. B. von A. Bastian, der sich zumeist in seinen Werken,
auch in mehr sporadischer Weise, der Gruppenmethode bediente
letztere von Stucken, der die Wanderhypothese mit der vom asi
Ursprung aller Mythen verbindet. Sein Werk bietet freilich zu§
ein warnendes Beispiel der Gefahren, die die Methode der Anal
gruppen mit sich fuhrt, wenn sie in dieser Weise von vornh
nach gewissen Hypothesen orientiert ist. Sie läßt dann leicht
logien da annehmen, wo nicht nur die Anzahl der disparaten
mente die der übereinstimmenden weit übertrifft, sondern wo
diese überdies auf gewisse äußere, relativ bedeutungslose Merl
beschränken ').
Mehr Erfolg verspricht die zweite Methode, die der Anale
reihen. Sie geht nicht, wie die vorige, auf eine Vergleichung
schiedener, eventuell weit voneinander abliegender Mythen nacl
in ihnen herrschenden Motiven aus, sondern sie beschränkt siel
engere Gebiete zusammenhängender Mythenbildung, etwa z
Die Wanderangen des Mythus. 517
jeder ein in sich geschlossenes Ganzes ist. Angenommen also, es
finde sich irgendwo eine Reihe zusammenhängender, eine fortlaufende
Geschichte bildender mythischer Ereignisse A B C D . . . und in einem
andern Gebiet eine Reihe A' F C D' . , ,, wobei jedes Glied der einen
dem entsprechend geordneten der andern analog ist, A' dem A^ ff
dem ^usw., so verstärkt sich offenbar die bindende Kraft des Schlusses
auf einen ursprünglichen Zusammenhang mit der Zahl solcher Ana-
logieglieder. Demnach wird man annehmen dürfen, daß auch in
solchen Fällen, wo die Analogrie je eines einzelnen Gliedes eine sehr
geringe ist, doch das Gesamtresultat einen bindenden Charakter be-
sitzen kann. Da jeder irgend verwickelter gebaute Mythus aus
mehreren Motiven zusammengesetzt ist, so beruht die Mythenver-
gleichung in der Tat meist auf einem solchen Verfahren der Analogie-
reihen. So begründet z. B. in dem Polyphemmärchen das Vorkommen
eines menschenfressenden Riesen fiir sich noch keinerlei Anspruch
auf einen einheitlichen Ursprung, da diese Gestalt sehr vielen Mythen
eigen ist, die mit jenem Märchen nicht das geringste zu tun haben.
Kommt aber als zweites Analogieglied hinzu, daß der Riese ein-
äugig ist, dann als drittes, daß er geblendet wird, als viertes, daß der
Held, der diese Tat vollbringt, unter dem Schutz einer Tierherde ent-
flieht usw., so verstärkt sich mit jedem Glied die bindende Kraft der
Analogie. Dabei ist jedoch nicht zu übersehen, daß neben der Zahl
der Glieder immerhin auch der, wenn auch nicht absolut singulare,
doch einem solchen sich in gewissem Grad annähernde Charakter
einzelner Züge, wie der Einäugigkeit, der Art der Blendung, der Ret-
tung durch die Tiere, eine sehr wichtige Rolle spielt. Wir würden
daher den Schluß zweifelhaft finden, wenn es sich um häufig vorkom-
mende Merkmale handelte. Um auch auf diese Fälle die Methode
der Analogiereihen anwenden zu können, müßte sie sich jedenfalls
über eine sehr viel größere Anzahl von Gliedern erstrecken, und auch
dann wäre sie nur unbedenklich, wenn nicht etwa die in Analc^e-
reihcn geordneten Ereignisse selbst schon vermöge ihrer inneren
Kausalverbindung eine häufige und daher in verschiedenen Fällen
möglicherweise unabhängig vorkommende Folge bilden. So können
z. B. in den Schilderungen zweier kriegerischer Unternehmungen
innerhalb der Kultursphäre, der die historische Heldensage angehört,
ähnliche Züge in übereinstimmender Reihenfolge vorkommen, ohne
fcXg Der Natormythas.
daß darum beide Erzählungen aus einer und derselben Quelle
schöpft haben müssen. Rinderherden werden erbeutet, Heilig
beraubt oder Wagengespanne weggenommen, beim Auszug zum K
wie beim Sieg werden den Göttern Opfer gebracht usw. Alles das
Züge, die, auch wenn sie sich häufen sollten, kaum die Anna
eines gemeinsamen Ursprungs zweier Sagen zulassen, wenn nicht i
andere Motive hinzutreten, die einen solchen Zusammenhang \ii
scheinlich machen. Auch büßen in diesem Fall einzelne Motive,
einen mehr oder minder singulären Giarakter an sich tragen, ge
durch die wachsende Zahl der Analogieglieder etwas von ihrer
weisenden Kraft ein, weil dann immer noch die Möglichkeit bl
daß der einzelne Zug oder die einzelne Sagenepisode gewandert
ohne daß man darum für das Ganze eine solche Einheit annefa
darf. Während also auf der einen Seite die geringe Beweiskraft
Analogien durch ihre große Zahl verstärkt wird, nimmt ander
mit dem Umfang der Analogiereihen die Möglichkeit zu, daß
einzelne auffallendere Analogie gleichwohl doch nur eine zußi
sei, oder aber daß sie allein auf einer vielleicht noch über an
Gebiete sich erstreckenden Mythenwanderung beruhe, an der
übrigen Handlungen der Sage unbeteiligt sind.
Diese Bedenken lassen sich auch angesichts der von P. Jen
dem konsequentesten Vertreter dieser Methode umfassender Mytl
vergleichung, aufgestellten Analogiereihen nicht unterdrücken,
frappant z. B. auf den ersten Blick die Kette der Analogien ersch<
die zwischen der israelitischen Königsgeschichte von Samuel und I
bis Salomon auf der einen und dem troischen Sagenkreis von Ne
und Agamemnon bis Orestes auf der andern Seite der in der i
suchung mythologischer Parallelen geübte Spürsinn des geleh
Verfassers aneinanderzureihen weiß *), so vermißt man doch in di
ganzen Reihe ein ähnliches Zusammentreffen von Motiven, wie wi
etwa in den verschiedenen Varianten des Polyphemmärchens in
Tötimg des einäugigen Riesen durch den ihm in sein Auge
triebenen Stamm oder auch in der Rettung durch die Verberg
unter den zur Weide gehenden Tieren oder gar in der meist ^
kommenden Kombination dieser Motive vorfinden. Auch ist die
*) P, Jensen, Von Nestor-Samuel bis Orestes-Salomo, Zeitschrift für Assyriol
und verwandte Gebiete, Bd. 21, 1908, S. 341 ff.
Die Wandernngen des Mythns. ^ig
legentliche Einschaltung von Zwischengliedern oder der Rollenwechsel
der Personen der Handlung in jenen Parallelen der jüdischen und der
griechischen Sage zu ihrer Durchführung unentbehrlich. Nun können
gewiß derartige Übertragungen und Vertauschungen im Mythus vor-
kommen. Immerhin vermindern sie im selben Maße die Triftigkeit
des Analogiebeweises. Vollends müssen aus diesem solche Parallelen
entfernt werden, bei denen die Übereinstimmung eine ganz und gar
äußerliche ist. So wenn z. B. der Tötung des Riesen Goliath durch einen
Wurf die Tötung eines Knaben durch Patroklos, der vorher mit ihm
gewürfelt hatte, analog gesetzt wird, während im übrigen die Parallel-
figur zu David nicht Patroklos sondern Achilleus ist. Wollte man in
diesem Fall auch die Personenverwechslung zulassen, so würde immer
noch die Ähnlichkeit des Riesen Groliath mit dem Knaben eine sehr
unsichere sein, während vollends die des Würfelspiels mit dem töt-
lichen Steinwurf eigentlich nur in einer Wortassoziation besteht.
Je weniger demnach in einer solchen Kette mehr oder aiinder
lockerer Analogien eine annähernd übereinstimmende Folge, nament-
lich falls sie in gewissen überall wiederkehrenden Motiwerknüpfungen
begründet ist, eine Einheit des Ursprungs der Sagenstoffe beweisen
kann, um so mehr tritt noch eine andere Frage in den Vordergrund,
die bei der Anwendung des Analogieverfahrens zumeist unberück-
sichtigt geblieben ist, aber gerade hier, wo der Beweis durch einzelne
schlagende Argumente versagt, eigentlich zuerst gestellt werden müßte.
Das ist die Frage, wie man sich die Überlieferung eines zusammen-
gesetzten Mythus überhaupt zu denken habe, und wie mfolgedessen
die Übertragung aus einem Sagengebiet in ein anderes möglich oder
wahrscheinlich sei. Kurz, es ist die Frage nach den Formen der
mythologischen Überlieferung, die bei der Beurteilung der
Mythenwanderung nicht vernachlässiget werden darf.
d. Die Formen der mythologischen Überlieferung.
Wo immer wir die Wege geschichtlich verfolgen können, auf
denen uns ein Mythus oder ein größerer Mythenzyklus überliefert
ist, da bieten sich zwei als die möglichen dar. Der erste und natür-
lich ursprünglichste ist der der Weitergabe von einem Erzähler zum
andern, bei der wohl der einzelne dieses oder jenes hinzudichten oder
hinweglassen kann, die aber im übrigen ungeregelt, nicht gebunden
.\r^
j20 I^cr Natarmjthns.
an bestimmte Normen oder an maßgebende Vorbilder vor sich geht
Wir wollen dies kurz die volksmäOige Überlieferung* nennen. Sc
wandert frei von einem Ort zum andern, von einer Generation zur
andern und wandelt sich dabei jedesmal nach den Bedingungen von
Ort und Zeit. Neben dieser Wandelbarkeit ist ihr Hauptmerkmal
die Beschränkung auf Einzelmythen oder auf verhältnismäßig
kleinere Mythenzyklen, wobei aber schon bei diesen eben durch jenes
Hinweglassen und Hinzufügen, das der freien Tradition von Mund
zu Mund eigen ist, mannigfache Variationen zu entstehen pflegen.
Die tjT)ischen Beispiele solch volksmäßiger Überlieferung bilden die
einfachen Mythenmärchen, von denen dann diese Eigenschaft auch
noch in das spätere Volksmärchen und unter den Sagen und L^fen-
den in die einfachsten, an einen bestimmten Ort oder an eine einzelne
Persönlichkeit gebundenen hinüberreicht, soweit diese ebenfalls der
freien mündlichen Übertragung überlassen bleiben. Die zweite Form
können wir ihr gegenüber als die kunstmäßige bezeichnen. Sie
fbciert einen mythischen Stoff dadurch, daß sie ihm eine bestimmte
dichterische Form gibt, worauf dann auch die bildende Kunst durch
die Darstellung einzelner Momente des Ganzen infolge der festeren
Gestaltung ihrer Darstellungen das ihrige beiträgt. Diese kunstmäOige
Tradition ist von Anfang an darauf angelegt, mehrere Mythen, die
durch die Einheit der Helden und ihrer Taten, vor allem aber durch
historische Ereignisse, die in ihnen anklingen, zusammengehalten
werden, zu verbinden und auf diese Weise größere Mythenzyklen
zu gestalten. Der Ursprungsort solcher zusammenhängender Mythen-
bildung ist daher die Heldensage, und diese gewinnt wiederum das
feste Gefüge, das den Zusammenhalt der einzelnen sagenhaften Tra-
ditionen sichert, in dem Epos. Das Epos aber setzt seinerseits eine
engere Genossenschaft von Aöden voraus, die den überlieferten Stoff"
dichterisch gestalten, und, wenn das Epos zu einem gewissen Ab-
schlüsse gelangt ist, den von Rhapsoden, die seine Verbreitung ver-
mitteln. Als letzter Schritt kommt dazu endlich noch die litera-
rische Fixierung der Überlieferung, die nun einen solchen mehr oder
minder geschlossenen Berufsstand, der die Tradition bewahrt, über-
flüssig macht, während sie um so sicherer den Inhalt der Sage in
eine Zeit rettet, in die ein Stand wandernder Sänger nicht mehr
hinüberreicht.
Die Wandenmgeii des Mythus. ^21
Nun kann es keinem Zweifel unterworfen sein, daO in dieser Ent-
wicklung die volksmäßige der kunstmäßigen Überlieferung vorausgeht,
und daß höchstens in einer ganz späten, bereits tief im Stadium der
literarischen Überlieferung . liegenden Zeit kunstmäßige Dichtungen
entstehen können, die der Grundlagen volksmäßiger Überlieferung
entbehren. Derartige Dichtungen pflegen übrigens auch in dem
Sinne reine Kunstdichtungen zu sein, als ihr Stoff nicht mehr der
Mythus, sondern entweder selbst eine frei erfundene Phantasieschöp-
fung oder ein dichterisch ausgeschmückter historischer Inhalt ist.
Das sind Nachwirkungen, die um so mehr die Grenzen unserer Be-
trachtung überschreiten, weil sie sogar in der Geschichte der Kunst
bereits jenseits der natürlichen Entstehungsbedingungen der für die
Bewahrung zusammenhängender Mythen imd Mythenzyklen bestim-
menden Kunstform, des Epos, liegen. Dieses entnimmt aber seinen
Stoff den Einzelmythen, die teils als Sagen teils als Märchen in
der volksmäßigen Überlieferung leben. Das Epos erst verbindet sie
zu einem größeren Ganzen, indem es nicht bloß die ursprünglich
schon in jener volksmäßigen Tradition nach ihrem Stoff verwandten
Sagen zusammenfügt und gewissen leitenden Motiven unterordnet,
sondern vielfach auch ursprünglich getrennte verwebt. Besonders
ist es das Märchen, das entweder in ganzen Märchenepisoden oder
in einzelnen ihm entlehnten Zügen an der dichterischen Gestaltung
des Epos mitwirkt und so den Inhalt der volksmäßigen als Material
der kunstmäßigen Überlieferung verwertet. Daher denn auch ein
Wechsel zwischen diesen beiden Formen der Übcrlieferui^ in dem
Sinne möglich ist, daß entweder, wie das dem regelmäßigen Gang
der Entwicklung entspricht, die einfachen, zunächst in volksmäßiger
Tradition lebenden Formen des Märchens und der Ortssage in epische
Dichtungen aufgenommen werden, oder daß umgekehrt der Inhalt
einer kunstmäßigen epischen Überlieferung sich wieder zu volks-
mäOiger Tradition umbildet. Gerade hier tritt dann aber um so
augenfälliger der wesentliche Unterschied beider Formen hervor,
indem in diesem Fall der epische Stoff stets wieder die einfachere,
der niedrigeren Stufe des Mythus entsprechende Märchenform an-
nimmt ').
' ; So sind z. B. manche in den troischen and den thebanischen Sagenkreis ge-
hörende Episoden, wie ans jenem das Polyphem-, ans diesem das Sphinzmirchen,
.--.>■
5 22 Der Natormytha
Dieser wesentliche Unterschied zwischen der volksmäOigeii un
der kunstmäßigen Überlieferung wird nun nicht selten auch voq he
vorragenden Mythologen unbeachtet gelassen, und zwar gescfaiel
dies meist in dem Sinne, daß man eine kunstmäßige oder selbst eio
zusammenhängende literarische Tradition stillschweigend da vorau
setzt, wo nach den gegebenen Bedingungen nur eine volksmäßig«
aus ursprünglich gesonderten Märchen und Einzelsagen zusammei
geflossene Überlieferung wahrscheinlich ist. Diese mag dann weite
hin in einem späteren Zeitpunkt einer das Einzelne verknüpfende
epischen Dichtung und endlich in einem noch weiteren Stadium ein«
literarischen Fixierung unterworfen worden sein. Solche sekundäi
Umgestaltungen, in die schließlich auch noch Tendenzen religiöse
politischer oder selbst wissenschaftlicher Natur eingreifen mochte
werden nun von jenem literarhistorischen Standpunkte aus in d
ursprüngliche Sage hineingedeutet. Wir besitzen für dieses früh«
sowohl von der rationalistischen wie von der romantisch-symbolisl
sehen Richtung der Mythologie mit Vorliebe angewandte Verfahre
noch zwei hervorragende Beispiele aus neuester Zeit in Sophus Bugg«
Behandlung der nordischen Götter- und Heldensage und in P. Jensa
ursprüDglich sehr wahrscheinlich selbständige Märchen gewesen, wie das übrige
bei dem Sphinxlhema schon die Zugehörigkeit za der weit verbreiteten Gruppe d
Rätselmärchen vermuten läßt. Doch hat B. Schmidt auf Zakynthos ein Sphinxmirchi
aus dem Volksmunde aufgezeichnet, das sich nicht bloß in der Übereinstimmong n
dem bekannten Inhalt des Sphinxrätsels, sondern auch darin, daß der Schauplatz na<
Theben verlegt ist, als eine Reminiszenz an die Oedipussage zu erkennen gibt. Nur i
die Sphinx in eine junge Königin verwandelt, die nach einem beliebten Motiv solch
Märchen ihren Bewerbern das Rätsel aufgibt, und Oedipus ist zu einem jungen Prin»
geworden, der durch die Lösung des Rätsels die Braut gewinnt. Auch gehen na«
dem die Dreizahl bevorzugenden Märchenschema zwei andere ziemlich nichtssagen«
Rätsel dem eigentlichen Sphinxrätsel voran (B. Schmidt, Griechische Märchen, Sag<
und Volkslieder, 1877, S. 143 f., 247 ff.). Übrigens ist es nicht unmöglich, daß, wei
auch das Rätselmärchen an sich älter als die Oedipussage und von dieser, ähnlich w
das Pol3rphemmärchen in der Odyssee, dem sonstigen Sagenstoff eingefügt ist, doch d
spezifische Form des Sphinxrätsels der Oedipussage angehört, da die sonst vorkomme!
den Rätsel durchweg andern Inhalts sind (vgl. z. B. Grimm, Nr. 114, Gmndtvij
Dänische Märchen, II, S. 14 u. a.). Näher steht die mittelalterliche Gregoriuslegenc
bei Hartmann von Aue der Oedipussage. Da sie der gelehrten Dichtung angehöi
so ist aber bei ihr eine Einwirkung der griechischen Sage wahrscheinlich (W. Creiz<
nach, Paul und Braunes Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache, II, i87<
s. 199 ff.).
Die Wanderangen des Mythns. C23
Werk über das Gilgamesch-Epos '). Beide Werke besitzen durch
ihre Nachweisung mythologischer Beziehungen zwischen weit von-
einander abliegenden Sagen- und Legendengruppen zweifellos einen
hohen wissenschaftlichen Wert, wenn sie auch den oben berührten
Gefahren der Analogie, bei der sich Bugge mehr der Gruppen-,
Jensen der Reihenmethode bedient, nicht entgangen sind. Beide
sind frei sowohl von den Verirrungen der alten rationalistischen
wie von den symbolistischen Einheitsbestrebungen der Mythologen.
Was ihnen in gleichem Grade eigen bleibt und ihrer Untersuchung
die spezifische, für viele Richtungen der gegenwärtigen philologischen
Geschichtsbehandlung charakteristische Richtung gibt, das ist aber
die stillschweigende, gewissermaßen als selbstverständlich betrachtete
Voraussetzung, die Geschichte des Mythus bestehe von Anfang an
in einer kunstmäßigen Überliefenmg, die von unserer heutigen lite-
rarischen Tradition nicht wesentlich verschieden sei. Indem auf solche
Weise diese Autoren ganze mythologische Systeme oder zusammen-
gesetzte Legendenreihen als verwandte, auf einen gleichen Ursprung
zurückgehende Erzeugnisse zu erweisen suchen, geschieht es dann
unvermeidlich, daß ihr Scharfsinn nicht bloß mit glücklichem Griff
da und dort Beziehungen entdeckt, die bisher übersehen wurden,
sondern auch solche, die höchst zweifelhaft oder ganz unzulässig sind,
oder daß sie in andern Fällen tatsächliche Analogien auf einen ge-
meinsamen Mythenursprung zurückführen, die in unabhängig vor-
kommenden psychologischen Beding^ungen übereinstimmender Art
ihre wahrscheinliche Quelle haben. Zwar gibt Bugge zu, daß den
verschiedenen Formen der Götter- und Heldensage, wie sie uns in
den beiden Edden und in der dänischen Geschichte des Saxo Gram-
maticus überliefert sind, ein einheimischer Mythus zugnmde liege.
Er nimmt aber an, vornehmlich die Lieder der älteren Edda
seien so sehr mit fremdem Sagen- und Legendenstoflf durchsetzt,
daß sich in ihnen überall teils die Einflüsse christlicher und jüdischer
Tradition teils auch solche der klassischen Literatur widerspiegeln*).
') Sophns Bugge, Studien über die Entstehung der nordischen Götter- und Helden-
sage, deutsch von O. Brenner, 1889. P. Jensen, Das Gilgamescb-Epos in der Weit*
literaiur, Bd. I: Die Ursprünge der alttestamentlichen Patriarchen-, Propheten- und
Befreiersage und der nentestamentlichen Jesossage, 1906.
') Als Beispiele solcher gmppenweisen Analogiebildungen bei Bogge seten hier
besonders die zwischen der Balder- ond der Jesnslegende (S. 45 E Haider «s Cliristns),
'-■ '^"^.-w^r^
e24 I^cr Naturmjthiis.
Diese Annahme setzt nun offenbar eine literarische Überlieferung
voraus, in deren Vollbesitz die Dichter der alten Eddalieder gewesen,
und bei deren Benutzung sie zugleich von der Tendenz einer Ver-
wertung dieser Schätze für den Zweck ihrer Dichtung erfüllt sein
mußten. Die erste wie die zweite dieser Hypothesen widerspridit
jedoch sowohl den geschichtlichen Bedingungen wie dem psycholo-
gischen Gesamtcharakter dieser Dichtungen. Jene Skalden der Wi-
Idngerzeit hätten gelehrte Philologen sein müssen, um nicht bloß die
Bibel und den Homer, sondern die apokryphen, die talmudischeii
Schriften und die Literatur der hellenistischen Zeit in dem Umfang
zu kennen, über den sich die aufgesuchten Analogien erstrecken;
und sie hätten den Zweck verfolgen müssen, aus diesen über di<
gelehrte Literatur der Zeit zerstreuten Teilen unter der Benutzung
der alten germanischen Göttemamen eine zu einem gfroßen Teil net
erfundene mythologische Dichtung zu gestalten. Beide Annahmen
sind nicht nur an sich unwahrscheinlich, sondern sie sind es voi
allem auch deshalb, weil sie für die Entstehung dieser Dichtungen
einen Betrieb literarischer Gelehrsamkeit fordern, wie wir ihn nadi
dem ganzen Kulturmedium, das sie umgibt, für unmöglich halten
müssen.
Augenfälliger noch ist diese Umkehrung der natürlichen Sagen-
entwicklung aus volksmäßiger Überlieferung zerstreuter mythischei
Stoffe in die durch die epische Dichtung vermittelte kunstmäOigc
und schließlich in die literarische Tradition in Jensens großem Werk
über das babylonische Gilgamesch-Epos und seinen Gang durch die
Weltliteratur. Hier wird vorausgesetzt, ein in sich abgeschlossenes,
verwickelt aufgebautes Epos, in dessen Komposition nicht nur eine
Fülle von Einzelerzählungen eingeht, sondern das sogar unter der
Leitung gewisser astronomischer Ideen steht, sei der letzte für uns
erreichbare Anfang einer mindestens über Vorderasien und die Mittel-
meerländer sich ergießenden Sagenbildung, die überall wieder in
ihren wesentlichen Grundzügen den Gang der Gilgameschsage wieder-
hole. Das wird zunächst an den hauptsächlichsten alttestamentlichen
Sagengruppen und dann an der Jesuslegende wesentlich mittels der
sowie der Balderlegende mit dem trojanischen Sagenkreis (S. 85 ff. Hoder = Paris)
hervorgehoben. Vgl. auch E. Mogk, Mythologie, in Pauls Grundriß, III, S. 3 24 ff. und
F. Kanffmann, Balder, Mythus und Sage, S. 13 ff.
Die Wanderangen des Mythns. C25
Methode der Analogiereihen nachzuweisen versucht. Es mag hier
unerörtert bleiben, inwieweit einzelne dieser Analogien hinreichend
bestimmt und singulär zugleich sind, um mit Wahrscheinlichkeit als
Parallelsagen gleichen Ursprungs betrachtet zu werden'). Hier sei
nur auf die allgemeinen Voraussetzungen hingewiesen, unter denen
in diesem Fall die Anwendung der Methode der Analogiereihen steht.
Das Gilgameschepos ist seinem allgemeinen Charakter nach ein Reise-
epos, etwa nach Art der Odyssee (die übrigens Jensen nach einer
kurzen Anmerkung direkt aus dem Gilgameschepos abzuleiten gedenkt).
'] Ohne mich auf die zur Kompetenz der Assyriologen nnd Theologen gehören-
den Einzelfragen einzulassen, über die mir ein Urteil nicht zusteht, möchte ich hier
lediglich vom Standpunkt der allgemeinen Kriterien der Mythenverbreitung aus be-
merken, daß mir in der außerordentlich verschiedenen Bewertung des Jensenichen
Werkes zwischen der fast uneingeschränkten Zustimmung H. Zimmems (Literar. Zen-
tralblatt, 1906, Nr. 50, S. 1 712 ff.) und der ebenso uneingeschränkten Ablehnung
von Hans Schmidt (Theologische Rundschau, X, 1907, S. 189 ff., 229 ff.) C. Bezold
die richtige Mitte zu halten scheint, wenn er zwar viele der von Jensen aufge-
stellten Parallelen als unzutreffend oder zweifelhaft ablehnt, aber dem Werk das
Verdienst zugesteht, in manchen Überlieferungen einen Sagenzusammenhang in viel
weiterem Umfange wahrscheinlich gemacht zu haben, als bisher angenommen wurde
(Archiv für Religionswissenschaft, X, 1907, S. 125 ff.). Wenn ich mir hier gestatten
darf, speziell aus der Jesuslegende einige derjenigen Analogien hervorzuheben, die
am meisten den Charakter wirklicher >Entsprechungen« an sich tragen dürften, so
sind das in erster Linie die Speisungswunder (Jensen, S. 870), das Auferstehungs-
und das Himmelfahrtsmotiv in der Jesus- und der Elias-Elisa- und mit allerdings etwas
entfernterer Ähnlichkeit in der Gilgameschlegende (S. 923, 994 f.), endlich die Parallelen
der Gethsemanelegende und der Elias-Elisa- nnd der Mosessage (S. 899 f.), dazu
einige Zahlenentsprechungen, die aber auch in der allgemeineren Verbreitung ge-
wisser »heiliger Zahlen« ihren Grund haben können (vgl. unten e). Zweifelhafter sind
wohl die Bergentrückungen und die WUstenflucht, da sie allgemeine Bestandteile
namentlich orientalischer Legendenstoffe sind. Dasselbe gilt in noch höherem Grade
von dem Schreiten auf dem Wasser, den Wundem der Totenerwecknng nnd Kranken-
heilang, die fast in aller Welt vorkommen. Auch die Gleichung Täufer Johannes ^
Eabani scheint mir im Hinblick auf die von den frühesten Stufen des Mythenmärchens
an verbreitete Gestalt des Wüsten- oder Waldmenschen, der unter die Tiere der
Wildnis geht, worauf sich dann sein eigener Körper mit Haaren bedeckt, zweifelhafL
In den älteren formen des Märchens wächst ihm selbst eine Tierhaut, in den späteren
der Legende zieht er sich ein Tierfell an, und zuletzt begnügt er sich, wie der Ein-
siedler und dessen Nachfolger, der Mönch, mit einem härenen Gewand. Übrigens ist
bemerkenswert, daß die zutreffenden oder einigermaßen plausibeln Analogien durch-
weg vereinzelt dastehen und meist von Reihen anderer, sehr unsicherer unterbrochen
sind. Das spricht nicht für die Probehaltigkeit der Methode der Analogiereihen, wohl
aber dafür, daß die Befolgung dieser Methode leicht zu gekünstelten Analogiebil-
dungen verführt.
C26 ^cf Naturmythiis.
Doch ist sie nicht, wie die Odyssee, ein reines Abenteuerepos, so»
dem sie ist zugleich — und in der nicht zu bestreitenden Nachweisai^
dieses Punktes besteht wohl Jensens hauptsächlichstes Verdienst —
eine Beschreibung des täglichen Sonnenlaufs, in die daneben ü
kunstvoller Weise die Elemente des Jahreslaufs der Sonne verweb
sind'). Der Held Gilgamesch ist daher der Hauptsache nach eii
Repräsentant der Sonne, sein Freund Eabani, in dessen Gestalt eil
ehemaliger Vegetationsdämon durchzuschimmern scheint, ein solche
der Erde. Auch andere Gestirne und die ihnen entsprechende
Götter, besonders Istar, als Tagesstern durch die Venus, als Jahressten
durch den Sirius vertreten, spielen in dem Epos eine Rolle. Nad
Jensen ist nun diese astrologische Form des Epos die ursprüngliche
Man braucht, wie er meint, nur auf den gestirnten Himmel zu bBcke
und das, was an ihm alltäglich und alljährlich geschieht, zu verfolget
um den ganzen Inhalt des Epos unmittelbar vom Himmel selbs
»abzulesen«. In dieser Form hat aber das ganze Epos einschlieOlic
der in ihm eine wichtige Episode bildenden Flutsage den Anfan.
aller der zahlreichen Mythen gebildet, in denen ihm entsprechend
Analogiereihen vorkommen, wenn auch in Babylonien selbst un
mehr noch anderwärts die Beziehungen zum Himmel vergessen wurde
und so die Sagen in irdische sich umwandelten. Nun ist in diese
Reihe von Voraussetzungen die erste sicherlich nicht in der allgemeifl
gültigen Weise zutreffend, in der Jensen sie ausspricht. In diese
künstlichen Verflechtung von Tages- und Jahreswechel im Lauf de
Gestirne kann allenfalls ein babylonischer Priester, der in astrologische
Vorstellungen lebte, und vielleicht auch ein moderner Babylonist, de
sich wieder in sie hineingelebt hat, die Himmelserscheinungen in de:
Inhalt einer Heroensage umdeuten. Nie aber kann das astrologisch
Bild das Frühere, der epische Inhalt das Spätere sein: das ist psy
chologisch unmöglich. Nicht minder ist es unmöglich, daß sich nui
eine solche Tradition, auch nachdem der sie zusammenhaltende Grund
gedanke verloren gegangen ist, im wesentlichen in der gleichen Ver
kettung der Begebenheiten in volksmäßiger Tradition fortpflanzei
sollte, wie dies die Methode der Analogiereihen voraussetzt. Viel
mehr führt die Hypothese in dieser Form geradezu auf eine Kom
') Jensen, a. a. O. S. Soff., 99 ff.
Die Wanderungen des Mythos. e27
bination beinahe aller Formen konstruktiver und spekulativer Mytho-
logie hinaus, die uns früher begegnet sind (Teil I S. 532 ff.). Mit der
Himmelsmythologie wird angenommen, jede ursprüngliche Sage sei
eine Schilderung von Himmelserscheinungen. Im Sinne der Erfin-
dungstheorie wird diese Schilderung als das Produkt einer planmäßigen
wissenschaftlichen Überlegung angesehen. Im Geiste der romantisch-
symbolistischen Auffassung soll der Mythus das tiefsinnige allegorische
Bild des Kosmos sein. Nach der Wanderhypothese soll sich dieser
allegorische Mythus von Babylon aus verbreitet haben imd in den
verschiedensten Mythologien anderer Völker wiederkehren. Endlich
fehlt auch die Entartungstheorie nicht ganz auf dem Plan: der ur-
sprüngliche rationalistisch-symbolistische Gehalt des Mythus soll bei
dessen Wandlungen und Wanderungen vergessen und so der Schau-
platz vom Himmel auf die Erde verlegt worden sein. Hier ist jedes
Glied der Konstruktion psychologisch unhaltbar. Aber diese Inter-
pretation scheitert nicht bloß an ihrer Psychologie, sie scheitert doch
auch an der mangelnden Berücksichtigung der mythologischen Tat-
sachen selbst, soweit solche über das Gebiet dieser uns erst in einem
bereits weit vorgerückten Stadium überlieferten babylonischen Kultur
und ihrer nächsten Ausstrahlungen hinausliegen. Gehen wir von
den bis dahin in ziemlich weitem Umfang bestätigten Tatsachen
allgemeiner Sagenentwicklung aus, so würde sich das Bild der Ent-
stehung des Gilgameschepos etwa folgendermaßen gestalten: eine
Fülle einzelner Märchen und Mythen ist von einem Dichter oder
vielleicht auch von mehreren Dichtem zu einem epischen Ganzen
verwebt worden, das an einzelnen Stellen, am deutlichsten wohl in
der Einfügung der Sintfluterzählung, die Aufnahme ursprünglich selb-
ständiger Sagen erkennen läßt. Der gleiche priesterliche Poet oder
vielleicht auch ein anderer, der nachträglich das überlieferte Epos
bearbeitete, hat dann den Stoff zu einem astrologischen Weltbild
umgestaltet. Das ist immerhin psychologisch möglich, ebenso möglich
wie die Tatsache, daß Goethe in die Faustsage nach seinem eigenen
Ausdruck allerlei »hineingeheimnist« hat, wovon in ihr ursprünglich
nichts enthalten war; und ich wüßte nicht, wie eine solche astrologi-
sche Schlußredaktion eines überlieferten epischen Stoffs mit den
philologischen Ermittlungen in Widerspruch treten könnte. Die Sagen-
ziige aber, die das Gilgameschepos mit andern vorderasiatischen
C28 ^c' Natarmythns.
Sagen und Legenden oder gar mit denen weiterer Gebiete gemeii
hat, mögen dann wohl aus jenem Schatz der Einzelmythen stammen
aus dem das Epos selbst geschöpft hat, oder es mag auch in ein
zelnen Fällen dieses wiederum zu ihrer Verbreitung beigetragen haben
— schwerlich wird sich das noch ermitteln lassen. Gewiß ist nui
daß in der Übertragung auf diese anderweitigen Sagen- und Legen
denstoffe die Methode der Analogiereihen versagt. Wie die Flutsagt
als Einzelsage und nicht als Teil des umfassenderen Epos gewandei
ist, so wird man dies im allgemeinen auch fiir die übrigen, in
ganzen noch vereinzelter dastehenden Sagenzüge annehmen dürfen
Es wird sich also damit wohl nicht wesentlich anders verhalten al
mit dem Polyphemmärchen, das, so sehr es an vielen Orten mit de
bekannten Episode der Odyssee übereinstimmt, doch nirgends au
dieses Epos als seine letzte Quelle zurückgeführt werden kann.
Noch in einem letzten Punkte legt endlich Jensens Darstellunf
der Jesuslegende vom Standpunkte der Psychologie des Mythus au
eine Korrektur nahe. Kein Unbefangener, der nur halbwegs mi
den Wegen der Mythenbildung vertraut und zugleich der fortschrei
tenden Erschließung der altorientalischen Sagenquellen einigermaßei
gefolgrt ist, wird heute mehr zweifeln, daß das äußere Leben Jesi
mit Ausnahme weniger historisch wohl zureichend beglaubigter Züg<
der Leidensgeschichte ein Gewebe von Legenden ist. Aber wai
von diesen Legenden nicht berührt wird und sich nirgends in ihrei
mythologischen Vorbildern wiederfindet, das sind die Aussprüche unc
Reden Jesu, wie sie in den synoptischen Evangelien überliefert sind
In der gesamten Religionsgeschichte gibt es nach beiden Seiten hin
in der legendarischen Beschaffenheit der Traditionen über das äußere
Leben und in der davon unabhängigen des geistigen Charakters dei
Persönlichkeit in ihren Reden und Gleichnissen, in formaler Bezie-
hung nur eine Parallele zur Jesuslegende: die Buddhalegende. Und
schlagender könnte diese Parallele nicht sein, nicht weil zwischen
den Aussprüchen Buddhas und denen Jesu irgend eine innere Ver-
wandtschaft existierte, sondern weil gerade das Gegenteil zutrifft und
doch jede dieser Persönlichkeiten als eine fest in sich geschlossene,
durchaus eigenartige uns entgegentritt. In den Reden Buddhas wie
Jesu liegt uns eine ernste, sittliche und religiöse Weltanschauung vor
Augen, die sich in diesen Menschen vielleicht um so mehr zum vollen
Die Wandenmgen des Mythus. ^29
Leben der Persönlichkeit selbst verkörpert hat, je mehr uns ihr wirk-
liches Leben durch die Legende verhüllt ist. Aber wie weit ent-
fernen sich die Charaktere dieser Persönlichkeiten! Es sind verschie-
dene Welten, denen diese Charaktere angehören, Welten, in deren
jeder das Denken ganz auf sittliche und religiöse Ideale gerichtet ist.
Doch diese Ideale selbst sind völlig verschiedene. Wenn nun Jensen
dieses Zeugnis der Aussprüche und Reden als ein historisches, nicht
aus mythologischen Quellen abzuleitendes anerkennt, aber dabei
gleichwohl die Frage nach der geschichtlichen Existenz Jesu auf
Grund des legendenhaften Charakters der in den Evangelien über-
lieferten Lebensgeschichte verneint*), so scheint mir das eine ebenso
ungerechtfertigte Bevorzugung der äußeren Zeugnisse geschichtlicher
Vorgänge vor den inneren zu sein, wie eine solche der Vernach-
lässigung der psychologischen Gesichtspunkte bei der Mythenver-
gleichung selbst zu gründe liegt. Jeder, der die uns erhaltenen Frag-
mente der vorsokratischen griechischen Philosophen gelesen hat,
würde den Heraklit auch ohne das Zeugnis seines Namens aus allen
andern heraus erkennen; und man kann hinzufügen: zu dem Bilde,
das wir uns nach diesen Aussprüchen des Philosophen von seinem
Charakter und von seiner Weltanschauung machen, würde es wenig
beitragen, wenn wir etwa von den politischen Parteikämpfen, inner-
halb deren er in seiner Vaterstadt Ephesus gestanden haben mag, und
von seinen sonstigen äußeren Lebensverhältnissen etwas mehr wüßten.
Wohl aber würde eine noch so vollständige Beschreibung seines
äußeren Lebens die uns erhaltenen Fragmente nicht ersetzen, wenn
auch sie verloren gegangen wären. Denn der Wert einer Persönlich-
keit, deren Wirken auf geistigem Gebiete liegt, prägt sich vor allem
in ihren geistigen Äußerungen aus. Ein »Sammler«, der, wie Jensen
meint, möglicherweise diese Reden aus zerstreuten sonst unbekannten
Quellen zusammengestellt hat, müßte selbst in seinem ganzen Denken
und Fühlen dem Bilde gleich gewesen sein, das er entwerfen wollte.
Die Unterschätzung dieser geistigen Zeugnisse für das Dasein und
die Wirkungen einer Persönlichkeit ist aber nicht bloß für die Beur-
teilung historisch beglaubigter Vorgänge, sondern auch für die der
Legende von entscheidender Bedeutung. Dies wird sich uns vor
') Jensen, a. a. O. S. 1025.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. 34
Unter den myäudogiadhen Vontdbmgen nriwnm orit Bfl
anf die Fragen des Ursprungs und der Wanderung dier Mfltt
wisse Zahlvorstellungen eine hervorragende Stellung ein
deshalb, weil sie durch eine besonders große Wanderungsfil
sich auszeichnen, teils aber auch, weil sie augenfällige Bd^e
im obigen schon mehrfach berührten Beziehungen zwischen
selbständigen, in allgemein wiederkehrenden Bedingui^^ wurc
Ursprung und der Fähigkeit zu wandern bieten. Im HinbU
ihre mythologische Bedeutimg pflegt man solche vielgewa
Zahlen heilige Zahlen zu nennen. Um die Verhältnisse du
Sprung^ und der Wanderung dieser Zahlen nach ihren psych
Motiven zu verfolgen, müssen sie nun vor allem von andern 4
geschieden werden, die ebenfalls in den Vorstellungen der VöU
folge bestimmter, namentlich aus den Bedürfnissen des Verkehi
vorgehender Bedingimgen eine bevorzugfte Stellung einnehme]
aber deshalb doch keineswegs auf den Namen »heiliger Zahlen
Spruch erheben können. Diese Scheidung kann um so schwi
werden, je leichter auch die Zahlen der letzteren Art nachträglic
mythologische Bedeutung gewinnen und dadurch scheinbar i
Reihe der heiligen Zahlen vorrücken können. Ein ziemlich si«
Kriterium für die Unterscheidung dieser nachträglichen Heiligun
der primären bleibt dann die Tatsache, daß nur die im e
liehen Sinne heilige Zahl fiir sich selbst, auch unabhängig vo:
mythischen Objekten, auf die sie angewandt wird, den Charakt«
Die Wandenmgen des Mythas. ^31
Wesen, in denen sich die Gegensätze des Guten und Bösen ver-
körpern, und auf die Orte dieser Geister, auf Himmel imd Hölle, kann
die Zwei eine mehr oder minder geheiligte Bedeutui^f gewinnen.
Diese schwindet aber, sobald sie von jenen Substraten losgelöst
wird. Es gibt keine heilige Zwei an sich, sondern es gibt nur heilige
Wesen oder heilige Orte, die in der Zweizahl vorkommen und, wo
sie dies tun, auf die Zahl selbst etwas von ihrem heiligen Charakter
übertragen. Dagegen ist die Drei eine echte heilige Zahl. Wohl ist
dies auch bei ihr von der Dreiheit gewisser heiliger Objekte oder
Verhältnisse ausgeg^angen. Aber sie bewahrt unabhängig von diesen
Substraten jenen Charakter. Sie ist an und flir sich heilig, und es
wird ihr daher schon früh im Glauben der meisten Völker ein mysti-
scher und magischer Wert zugeschrieben.
Die bevorzugten Zahlen der ersten Art umfassen außer der Zwei
zumeist die Vier, dann die Fünf, die Zehn und deren Vielfache. Auf
die Stellung der Vier unter den heiligen Zahlen der Neuen Welt
werden wir unten zurückkommen. In den Kulturländern der Alten
schließt sie sich zunächt an die Zwei als eine durch das praktische
Bedürfnis entstandene weitere Gliedenmg an: so in den vier Welt-
gegenden, den vier Winden, den vier Weltteilen, Teilungen, von denen
dann allerdings auch gewisse mythologische Vierzahlen ausgegangen
sind, die jedoch gegenüber den sonstigen heiligen Zahlen sehr zurück-
treten. Dahin gehören, offenbar als Übertragungen der Weltgegenden,
die vier Weltalter (Hes. W. u. T. 109 ff.), die vier Hesperiden (Apol-
lodor II, 5, 11) u. a. Die 5, 10 und 20 sind von den drei durch die
Finger und Zehen vorgezeichneten hauptsächlichsten Zählmethoden,
der quinären, dezimalen und vigesimalen, ausgegangen und es ist
ihnen diese praktische Bedeutung allezeit aufgeprägt geblieben. Auch
hat diese Anwendung vielfach über das aus Mythus und religiöser
Vorstellung Entsprungene obgesiegt. Namentlich ist das dezimale
System, das selbst wieder die andern niedereren Zählmethoden ver-
drängte, im Laufe der Zeit mehr und mehr in Verhältnisse einge-
drungen, die zuvor von den Zahlen von spezifischer Heiligkeit, der
Neun, der Sieben und der Zwölf, beherrscht gewesen waren*). So
') Röscher, Die enneadiscben und hebdomadischeD Fristen and Wochen der alten
Griechen, Abb. der sächs. Ges. der Wiss., Phil.-hbt. Klasse, Bd. XXI, Nr. IV, S. 13.
34*
332 ^^^ Natarmythas.
hat die Zehn mit ihren Potenzen schließlich in der gesamten Kultu
weit die Vorhand gewonnen, von den zehntägigen Fristen und zdn
köpfigen Körperschaften an bis zu den als weitere größere £inheitx
bürgerlicher und besonders militärischer Abteilungen wiederkehrend<
Hundertschaften und Tausendschaften, den Jahrhundert- und Jah
tausendfeiem usw. Nur die zehntägige Woche und das zehnmona
liehe Jahr haben sich trotz des in der französischen Revolution no<
einmal gemachten Versuchs nicht durchzusetzen vermocht: hier w;
das Bedürftiis einer zureichenden Übereinstimmung der Zeitrechnui
mit Mond- und Sonnenlauf allzu zwingend. Inmierhin ist in de
fiinfj ährigen »Lustrum« der Römer ein Rest einer solchen Angleichui
an das dekadische System zurückgeblieben. Denn das Lustrum i
aus dem alten zehnmonatlichen Jahr der Römer hervorgegangen, da
den Monat zu 30 Tagen gerechnet, zunächst durch vier jährliche Zi
satztage ergänzt wurde und dann, nachdem sich dies fünfmal wiede
holt hatte, ein Schaltjahr zu 306 Tagen erforderte^. Gleichwohl i
es bemerkenswert, daß keine dieser auf das dekadische System g<
gründeten Einteilungen es vermocht hat, den Zehnerzahlen zu ein«
eigentlichen Heiligkeit zu verhelfen. Die Zehnerfristen und die Jah
hundertfeiern sind ebenso wie die Zehnerkörperschaften und d:
Hundert- und Tausendschaften im ganzen weltliche Zeiten, Feste un
Körperschaften geblieben. Erst durch ihre Verbindung mit einer d<
heiligen Zahlen, namentlich der Drei oder Sieben, hat sich gelegentlic
auch auf die Zehn etwas von deren Heiligkeit übertragen, oder es ii
mindestens solchen Zehnerverbindungen der heiligen Zahlen eine ei
höhte Bedeutung beigelegt worden: 70 ist der weitere Kreis de
Jünger Jesu (Luk. 10, i), 300 Spartaner weihen sich bei Thermopyl
dem Tode, 3000 Jahre beträgt der auf ein einzelnes Tierkreisbil»
faUende Teil des babylonischen Weltjahrs, 30 000 Jahre wandert di
menschliche Seele nach Empedokles durch Tierleiber (Emped., fr. ii|
Diels) usw. In einigen Fällen kommt auch die Vier in solchen de
kadischen Steigerungen vor; so in der 40jährigen Wüstenwanderunj
der Israeliten, in der 40tägigen Wanderung des Elias zum Berge
^} Mommsen, Die römische Chronologie bis auf Cäsar", 1859, S. 47. Übei
weitere Zahlenspekulationen, bei denen die auch sonst des öfteren zur Fristenbestim-
mung benutzte Fünf mitgewirkt haben mag, vgl. H. Winckler, Die Weltanschanung
des alten Orients, 1905, S. 14 ff.
Die Wanderangren des Mythus. j ^^
Horeb (i. Kön. 19, 8), endlich in den 40 Tagen, die Jesus in der
Wüste zubringt (Math. 4, 2). Doch sind diese Fristbestimmungen
wohl nicht unabhängig voneinander, sondern die Zahl für eine Wander-
zeit ist wahrscheinlich aus einer Legende in die andere übergegangen.
f. Die heilige Drei.
Unter den heiligen Zahlen von primärer Bedeutung steht in den
Kulturgebieten der Alten Welt ohne Frage die Drei in erster Linie.
Sucht man die Fülle der Beispiele, die namentlich H. Usener für
die Heiligung der Drei gesammelt hat'), nach psychologischen
Gesichtspunkten zu ordnen, so treten vor allem drei Motive
hervor, die zugleich eine gewisse Entwicklungsfolge bilden. Diese
spricht sich nicht bloß darin aus, daß gewisse unter diesen Motiven
mutmaßlich den andern vorausgehen, sondern auch darin, daß sich
die späteren und komplexeren leicht wieder in die früheren und ein-
facheren zurückverwandeln.
Voran steht hier die Dreiheit zusammengehöriger Gegen-
stände. Sie ist es, die mehr als jede andere zählbare Verbin-
dung als ein geschlossenes Ganzes erscheint. Das zeigt sich schon
bei der wahrscheinlich frühesten Form des Dreiheitsmotivs, bei der
Dreiheit der Personen. Die Drei schließen sich zur Gruppe, wäh-
rend Zwei ebensowohl sich verbinden wie entzweien können, daher
auch im Mythus dem Freundes- das Feindespaar gegenübersteht.
Der Dritte schlichtet den Streit, und wo eine Entscheidung zwischen
verschiedenen Meinungen nötig sein sollte, da führt er diese herbei.
Darum stellt sich nun aber auch meist die Forderung ein, daß
dieser Dritte zugleich den andern übergeordnet sei. So hat die Be-
vorzugung der Drei für die Bewertung menschlicher Verhältnisse
nicht nur in den objektiven Bedingungen, die zur Bildung solcher
Dreiheiten führen, sondern auch in subjektiven ästhetischen und
ethischen Bedürfnissen ihren Grund. Drei Personen, Vater, Mutter
und Kind, bilden das einfachste Bild der monogamischen Familie.
Eine Dreiheit göttlicher Personen, zwei Götter oder Göttinnen, über-
ragt von einer dritten Gottheit, die Göttertrias, ist bei Babyloniem
' H. Usener, Dreiheit, Rheinisches Moseam für Philologie, N. F. Bd. 58, 1903,
S. I, 161, 321 ff.
334 ^^' Natnmtjthiis.
wie Ägyptern und Griechen die nächste Form, in der sich die Vc
Stellung einer Göttervereinigung gestaltet , die über eine grölk
Machtfiille als der einzelne Gott gebietet*). Auch hier ist es c
nächste und darum eindrucksvollste Vorstellung der in sich g^eschloss
nen Gesamtheit, die in der Trias gegeben ist. Die bildende Kur
kommt diesem Bedürfnis hilfreich entgegen, indem sie das Bild a
drei Gestalten als ein besonders wirkungsvolles bevorzugt Zu ein
eigentümlich einseitigen Wucherung hat dann diese Neigung 2
Dreizahl in gewissen Dämonen- und Ungeheuerbildungen geführt, l
denen die Vervielfältigung der Gestalt des Ungeheuers selbst, die et
in sich konzentrierte sein sollte, ausgeschlossen bUeb, nun aber u
so mehr in der Dreiheit einzelner Teile, besonders der Köpfe od
bei weiterer Reduktion der Augen, der Zungen, zuweilen auch d
Beine der Drei der gewohnte Tribut gezollt wurde. Man denke s
den dreiköpfigen Kerberos, dessen Köpfe dann später auf 100 ve
mehrt wurden, an die bald drei-, bald durch Potenzierung der Di
neunköpfigen Schlangenungeheuer der Sage oder die Drachen n
drei Zungen, drei Reihen von Zähnen, die Riesen oder Schrecl
dämonen mit drei Augen. Jener Eindruck der Abgeschlossenheit, d
sich mit der Gruppe der drei Personen verbindet, wird dann ab
auch auf andere Objekte übertragen. Drei Bäume, drei Rosen, dr
Früchte usw. kehren als bevorzugfte Gruppen in Märchen und Sa|
überall wieder; und nicht am wenigsten sind es schließlich gewiss
leblose in heüigem Gebrauch stehende Gegenstände, die entweder i
dreifacher Zahl vorhanden oder aus drei miteinander verbundene
Stücken zusammengesetzt sein müssen, wie der heilige Dreifuß z
Delphi, auf dem die Pythia ihre Weissagungen erteüte^j. Allen diese
Gestaltungen des Motivs der eine Einheit bildenden Drei haben schließ
lieh die Pythagoreer ihre einfachste Form gegeben, indem sie da
Dreieck für die vollkommenste geometrische Figur erklärten, weil si<
die erste in sich abgeschlossene Form sei, im Gegensatze zu de
durch die Zwei darzustellenden, ins unendliche strebenden geradei
Linie. Indem den griechischen Mathematikern jede Zahl unmittelba
*) Über babylonische Göttertriaden vgl. Jastrow, Die Religion Babyloniens un«
Assyriens, I, S. 244 ff. Über ägyptische Wiedemann, Religion der alten Ägypter
S. 60 f. Über griechische Usener, Dreiheit, S. 189 ff., 321 ff.
") Zahlreiche weitere Beispiele bei Usener, Dreiheit, S. 187 ff.
Die Wandenmgen des Mythos. g3j
durch das ihr entsprechende geometrische Gebilde repräsentiert war,
die Eins durch den Punkt, die Zwei durch die Gerade, die Drei durch
das Dreieck, ergab sich ihnen vor den andern die Drei als eine heilige
Zahl.
Damit fuhrt nun zugleich dieses erste zu einem zweiten Motiv.
Wie der aus drei Personen, drei zusammengehörigen Objekten und
schließlich aus drei gleichartigen Teilen gebildeten regelmäßigen
Gruppierung das Attribut der Vollkommenheit zukommt, so ist auch
die gesamte räumliche Welt ein Ganzes, das schon für eine frühe
mythologische Anschauung in drei Teile gegliedert ist: in den Himmel,
die Erde imd die Unterwelt. Die Sonne auf ihrem täglichen Gang
umkreist diese drei großen Weltgebiete. Wo das Auge bloß- der
sichtbaren Welt zugekehrt ist, da werden sie auch, wie noch in dem
ursprünglichen Weltbild der Griechen, durch eine andere Dreiheit
vertreten; durch den Himmel, das Weltmeer und die auf ihm schwim-
mende Erde. Die analoge Teilung setzt sich weiterhin fort auf die
Erdteile: die drei Kontinente der Alten Welt sind so als das letzte
Erzeugnis dieser Dreigliederungen des Kosmos übrig geblieben. Auch
der Götterstaat pflegt sich nach der Dreiteilung der Welt wieder in
drei Reiche zu sondern: in die Beherrscher des Himmels, des Meeres
und der Unterwelt. Ein letzter Schritt in der Reihe dieser Dreiteilungen
ist es endlich, wenn in der jüdischen und christlichen Apokalyptik
der Himmel und die Unterwelt wieder in je drei Stockwerke ge-
schieden werden, eine Anwendung, bei der jedoch, wie wir unten
sehen werden, die Sieben- der Dreizahl erfolgreich Konkurrenz ge-
macht hat*).
Zu dem Motiv der dreigliedrigen Gruppe und dem der drei Welt-
reiche, die beide zusammen wohl auch als räumliche Gestaltimgen
des Dreiheitsbegriffs angesehen werden können, gesellt sich endlich
als letztes das der drei Zeiten. Die drei in den Zeitbestim-
mungen des Verbums zur Herrschaft gelangten Zeitstufen, Gegen-
wart, Vergangenheit und Zukunft, bilden hier fiir uns die anscheinend
einfachsten Formen des Zeitbegriffs. Aber wie in der Entwicklung
der sprachlichen Formen die Unterscheidung dieser Stufen verhältnis-
') Boosset, Die Himmelsreise der Seele, Archiv für ReligionswiMeusehaft, IV,
1901, S. 138 ff. .>
A*
5^6 l^«f Nftturmytlms.
müßig nur langsam gegen ältere, konkretere Vorstellungen verschie
dener Zeitverhältnisse durchgedrungen*), so ist auch bei der heilige
Drei diese Gliederung ein so spätes Produkt der Abstraktion, daO c
bei den wichtigeren Gestaltungen zeitlicher Dreiteilung kaum mil
gewirkt hat. Vielmehr pflegt sich hier eine naivere Auffassung de
Zeitverlaufs auf die zwei Zeiten der Vergangenheit und Zukunft zu bc
schränken, zwischen denen ja die Gegenwart als ein fortwährend zei
fließender IHinkt liegt. Wenn daher je einmal in einem Götterbild di
Zeit selbst dargestellt werden sollte, wie bei dem altitalischen Janus
so begnügte man sich mit der doppelgesichtigen Form. Da übrigeo
die beiden Gesichter des Janus nach Osten und Westen gdcehi
waren, so wurt^ien hier die zeitlichen sicherlich nicht ohne die räum
liehen Richtuni^en gedacht, und wahrscheinlich ist die letztere Bc
iichuni;: die ursprünglichere und die auf die Zeit eine spatere Um
deutung gewesen'*. Allgemeiner hat die heilige Drei in ihrer An
Wendung auf die Zeit in einer andern Form, hier aber in um sc
weiterer Verbreitung die Herrschaft errimgen: in der Dreizahl de:
Handlungen« vor allem in der dreimaligen Wiederfaolni^ de
gleichen Handlung zum Zweck ihrer Heiligung oder der unverfariicb
liehen Sichemng ihres Inhaltes, I>rex Gebete müssen an &c Gotte
gerichtet, v'.rt^ima*. muß ihr Name angemfen werden, um ihre Guns
tKier v*.*e l>tu'.Iung vier an sie grrichreten Wünsche rj criai^cn. Da-
N.*: kar.n sich vv.ese AnnifuncT rug-lesch an eine I>reti3hl von Gottcn
hvh:e:*., o.vh n-^r: viji^ .'.-irchjL'-s r.-ch: ubenC r^. Drei Fäöe soDeE
tVmcr s:v>o?. ^.^rvP., v::^ :v.jl >."." ein Ver?rnecbic wTcderbci verdiea
^^xo.v >v z.«r> .^ «-.I..V *. .> «B...'v . '. >> ». V «V ■ ■ ■ ^—1. . .1«*^ ^? —^^■^^^^^►zxipen
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.fc.rj> c*- *"5**- '^ ^-"" -.*• • -'^- vtr2> :«■ -x-jÄts: S. i££
Die Wanderungen des Mythns. e^y
der Traum in Erfüllung gehe'): So erstreckt sich dieser Zauber der
Drei aus unvordenklicher Zeit bis in die Gegenwart.
In erweitertem Umfang und in einer tief in das praktische Leben
eingreifenden, aber von dem mythologischen Gebiet weiter abrückenden
Form begegfnet uns sodann diese zeitliche Dreiheit in ihrer Übertragung
auf die Vorgänge der Außenwelt, vor allem auf die Himmelserscheinun-
gen und auf die von ihnen abhängigen oder ihnen analogen periodischen
Naturerscheinungen. Auf den die Einteilung der Zeit vermittelnden
Mondlauf angewandt führte die Dreiteilung zu der Einteilung des Monats
in drei zehntägige oder in drei neuntägige Fristen, je nachdem man
annähernd den sogenannten synodischen (genauer 2g^/^tägigen) oder
den siderischen (27 Y3täg^gen) Monat oder, was jedenfalls das ursprüng-
liche gewesen ist, entweder die Zeit von einem Vollmond zum andern
oder die Zeit vom Erscheinen der Mondsichel bei zunehmendem
bis zu ihrem Verschwinden beim abnehmenden Monde, also die
Dauer des »Lichtmonatsc zugrunde legte ^. Im ersten Fall erhielt
man die Einteilung in drei zehntägige, im zweiten die in drei neun-
tägige Perioden. Das Schwanken zwischen diesen zwei Einteilungen in
den ältesten Kalenderrechnungen der Ägypter, Inder, Perser, Griechen,
Germanen spricht schon dafür, daß hier die Drei eine entscheidende
Rolle gespielt hat, da sie bei allem Schwanken die konstante Teilungs-
zahl blieb, die, wie es scheint, an manchen Orten erst spät und nicht
ohne den Einfluß einer andern, ihr auch sonst den Rang streitig
machenden heiligen Zahl, der Sieben, verdränget wurde. Daneben
kamen natürlich in jedem dieser Fälle zugleich die objektiven Ver-
hältnisse des Mondlaufs dieser Anwendung fordernd entgegen. Vom
Monat hat sich dann die Dreizahl auf das Jahr übertragen, wo, ähn-
lich wie beim Mond die durch die Vollmondsphase fixierte Zwei-
teilung durch die beiden Dreiteilungen in die Vierteilung überging,
so die Zweiteilung in Sommer und Winter durch eine den Früh-
ling einschaltende Dreiteilung der schließlichen Vierzahl der Jahres-
zeiten den Platz räumte^). An die drei Jahreszeiten schließen sich
' Zahlreiche Beispiele aas deutschem Volksaberglanben bei Wattke, Der deutsche
Volksaberglaube s. v. Drei und Dreimal.
', Vgl. Röscher, Abh. der sÄchs. Ges. der Wiss., PhiL-hist. Klasie, XXI, 1903,
Nr. IV, S. 5 ff.
^ Usener, a. a. O. S. 337 f.
538 I^cr Natnnnythnt.
aber die drei Lebensalter und an diese die drei Generationen,
die bei einer primitiven Gliederung die Gesellschaft zerfallt Sie b
bei den Generationenbezeichnungen der Polynesier und vielleicht auc
bei der Bildung der eigentümlichen Form des polynesischen »Tria
mitgewirkt*). Diese Teilung der Generationen ist übrigens noch ;
moderne Geschichtsauffassungen übergegangen, indem man in di
Dreiheit, die annähernd auf ein Jahrhundert kommt, eine Grundlaf
für die Periodisierung der Geschichte erblickte*).
Hieran schließt sich endlich eine letzte Richtung, in der sich d
heilige Drei entwickelt hat, und in der sie wohl ebenfalls zunäch
von zeitlichen Anschauungen ausgeht, um dann die wichtigsten di
vorangegangenen Bedeutungen in sich zu vereinigen : sie besteht in d«
Vorstellung dreier Stufen, in denen die übersinnliche in die sinnlid:
Welt übergeht. Es ist der Gedanke der dreistufigen Emanatio
der Welt aus der Gottheit, der allerdings noch nicht in der En
Wicklung des eigentlichen Mythus, aber jedenfalls angeregt durch di
in dieser vorhandenen Dreiheitsvorstellungen in der Philosophie zi
Ausbildung gelangt. Schon bei Plato angedeutet, kommt er vo
Philo an in den späteren Systemen der Gnostiker und Neuplatonikc
zum Durchbruch. Er hat seine Grundlage in dem allgemeinen d
danken der Emanation, des Hervorfließens der Welt aus dem höchste
Sein. Dieses bedurfte, ebenso wie die Erhebung der einzelnen Seel
zu Gott in der Ekstase, einer vermittelnden, das Wesen des rei:
Geistigen und des Sinnlichen in sich vereinigenden Stufe. Mit de
Ausgestaltung der Gottesidee zu einer einzigen höchsten Persönlich
keit, wie sie vornehmlich das Judentum ausgebildet hatte, war dan
das Streben, auch dieses Mittelreich als eine einzige Persönlichkei
vorzustellen, gegeben. Sie vereinigt nach der Anschauung Philos di«
Eigenschaften des stoischen Logos als weltbildender Kraft und eine
') Vgl. meinen Aafsatz über die Anfänge der Gesellschaft, Psychol. Stnd. ID
1907, S. 25 ff. Allerdings hat in dem sogenannten malayo-polynesischen Verwandt
Schaftssystem mit der Zeit noch eine Zweiheit weiterer Generationen, die jüngste um
die älteste, sich abgezweigt; aber es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Fünfzahl aui
einer ursprünglicheren Dreiteilung durch die aus praktischen Bedürfnissen nahe ge-
legte Teilung der Jungen und der Alten in je zwei Gruppen hervorgegangen ist.
Über den polynesischen Trial vgl. Bd. i*, ü, S. 5iff.
^) Ottokar Lorenz, Die Geschichtswissenschaft in Hauptrichtungen und Aufgaben.
I, S. 217 ff.
Die Wanderungen des Mythos. ^^q
obersten der Engel, eines Erlösers und Trösters der gepeinigten
Seele. Dadurch neigt diese letzte Gestaltung der heiligen Drei zu-
gleich zu Verbindungen mit den früheren Formen. Die drei Stufen
der Emanation repräsentieren ebenso drei einander untergeordnete
Formen persönlichen Daseins wie drei Phasen eines allumfassenden
kosmischen Prozesses, und in solchem Ineinanderwirken geht schließ-
lich der ursprünglich leitende Gedanke selbst verloren, oder er wirkt
doch nur leise nach in Begriffen, die auf keine einzige dieser mystischen
Formen allein zurückgehen, weil sie von jeder etwas in sich tragen. So
kann man die christliche Trinität ebensowenig auf die babylonischen
Göttertriaden wie auf den Emanationsgedanken der jüdischen Theo-
sophen und der Neuplatoniker zurückfuhren, sondern sie hat wohl
ihre nächste Grundlage in dem in der Tradition lebenden persön-
lichen Bekenntnis Jesu, der Sohn Gottes zu sein. Damit regten
sich aber zugleich die weiteren Motive, die auch sonst zur Ergän-
zung einer solchen Zweiheit drängten. Diese Motive fanden dann in
den alten Göttertriaden wie in den Emanationsideen assimilativ wirk-
same Elemente vor, indes doch die Form, in der sich unter dem Ein-
fluß der Missionstätigkeit der Apostel und der christlichen Gemeinde-
bildung namentlich der dritte der Trinitätsbegriffe, der des TiveOiia,
entwickelte, eine eigenartige, von der Göttertriade wie von der Ema-
nation weit abliegende war. Zugleich wurde aber dadurch der Inhalt
dieses DreiheitsbegrifTs um so mehr ein mystischer, unbegreiflicher,
und eben das hinterließ in ihm die Tendenz, sich immer wieder in
eine jener verständlicheren Formen der heiligen Drei zu verwandeln.
Dies bezeugen ebenso die die Emanationsidee in den christlichen
GottesbegfrifT hineintragenden Gnostiker wie die > Monarchisten c und
»Tritheistenc unter den Sektierern älterer und neuerer Zeit Insbe-
sondere bleibt die Göttertrias, wie sie wahrscheinlich die älteste Form
der heiligen Drei gewesen, so auch hier die letzte und anschaulichste.
Wenn, wie Usener beobachtet hat, am Niederrhein, in Bayern und
Tirol der gemeine Mann unter der Dreifaltigkeit den heiligen Joseph
samt Maria und Jesus zu verstehen pflegt, so gibt er damit nur der
heiligen Drei die sinnenfallige Form wieder, in der sie ihm allein
verständlich ist *). Doch gerade der Raum, der diese beiden Gcstal-
^^ Usener, a. a. O. S. 45 f.
•-T"
540 ^^f Nfttnrmytlni
tungen, die mystische Trinität und die drei »heilige Leut< des nieder-
rheinischen Landmanns, trennt, weist auch auf eines der wichtigsten
Motive hin, das bei dem Übergang der Heiligkeit von den heiligen
Gegenständen, Welträumen, Zeiten usw. auf die abstrakte Zahl Drei
eingewirkt hat. Die Göttertrias oder irgend eine andere der Kinzd-
gestaltungen würde schwerlich für sich allein zugereicht haben, der
Zahl diese Heiligkeit zu verschaffen. Aber daß sich diese Zahl immer
und immer wieder einstellte, bei der Verbindung göttlicher Personen
zu einer Gruppe wie bei der Teilung der Welt nach Raum oder 2Wt
wie endlich bei dem Gedanken der Vermittlung von Gott und Welt,
oder wo sonst noch die Einschaltung eines Mittelglieds zwischen zwei
Unterschieden oder Gegensätzen wünschenswert schien, das ließ
schließlich in die Zahl selbst die Heiligkeit verlegen, die allen ihren
Anwendungen gemeinsam war. So kam es, daß man mm auch jene
konkreten Gestaltungen der heiligen Drei, wo sie sich ins Mystische
verflüchtigten, wieder durch die abstrakte Zahl oder ihr geometrisches
Bild darstellte. Wie den Pythagoreem das Dreieck als das ein-
fachste Bild der Vollkommenheit galt, so stellte die christliche Kunst
die Trinität durch ein das Auge Gottes umschließendes Dreieck dar,
und der große mystische Theologe der beginnenden Renaissance,
Nikolaus von Kues, verglich sie einem Dreieck mit unendlichen Seiten,
weil diese, wie er meinte, wieder in eine gerade Linie, also in eine
Einheit zusammenfallen müßten.
g. Sieben, Neun and Zwölf als heilige Zahlen.
Sind die Motive zur Heiligung der Drei in so mannigfachen und
weit verbreiteten Motiven gegeben, daß wir durchaus keinen Anlaß
haben, diesen Vorgang an einen einzelnen Ort zu binden, so verhält
es sich nun einigermaßen anders bei den drei innerhalb der Alten
Welt neben der Drei heiligsten Zahlen, der Sieben, der Neun und
der Zwölf. Schon darin stehen sie auf gemeinsamem Boden und
zugleich in einem gewissen Gegensatze zur Drei, daß bei dieser
mehrere unabhängige Motive wirksam waren, während jene drei
andern sämtlich von der an die Bewegung der Gestirne gebundenen
Zeitbestimmung ausgegangen sind. Dadurch ist die Herrschaft dieser
Zahlen von vornherein an die Ausbildung eines gewissen Grades
astronomischer Beobachtungskunst gebunden. Dies gilt vor allem
Die Wandernngeii des M3rthiis. C4.1
von der Sieben, die sehr frühe schon die Oberhand über die mit ihr
zunächst in Konkurrenz tretende Neun errungen und infolge der all*
mählich auch über andere Lebensgebiete sich erstreckenden Macht,
die sie gewonnen, an manchen Orten der Drei den Preis um den
höchsten Grad der Heiligkeit streitig gemacht hat. Doch unter-
scheidet sich die Sieben in der Art, wie sie zu dieser Herrschaft
gelangt ist, auch darin von der Drei, daß sie aller Wahrschein-
lichkeit nach, wie aus einem einzigen Motiv, so von einem ein-
zigen Kulturzentrum ausgegangen ist, und daß bei ihrer Ausbrei-
tung praktische Gründe im Vordergrund standen, die dann freilich
wiederum durch die mit der Anwendung dieser Zahl auf andere
Lebensverhältnisse allmählich sich emstellende Heiligkeit sehr wesent-
lich unterstützt wurden. Die Herrschaft der Siebenzahl in der Zeit-
einteilung, die in der siebentägigen Woche sich ausspricht, und aus
der ihre sonstigen Anwendungen hervorgegangen sind, ist näm-
lich offenbar nicht erst, wie man meist annahm, aus der Sieben-
zahl der sogenannten alten Planeten, sondern sie ist direkt, ähn-
lich den beiden Dreiteilungen des Monats, aus der Beobachtung des
Mondlaufs entstanden, indem man durch die Teilung desselben in
die vier siebentägigen Wochen eine annähernde Festlegung des side-
rischen Monats zu 28 Tagen erhielt. Nun liefert zwar an sich eine
solche Vierteilung nur eine ähnliche Annäherung an die Zeit des
wirklichen Mondlaufs wie die beiden Dreiteilungen mit der zehn- und
neuntägigen Woche. An sich könnte daher jene ebensogut an ver-
schiedenen Orten unabhängig entstanden sein wie eine dieser beiden.
Aber das entscheidende Motiv zur Bevorzugung der Vier ist hier noch
ein anderes gewesen: es bestand in der anschaulicheren Beziehung,
in die man bei der Vierteilung den Mondlauf zum Sonnenlauf zu
bringen wußte. Indem man beobachtete, daß der Mond in annähernd
28 Tagen den Tierkreis durchwandert, dessen Umfang die Sonne
während eines Jahres zurücklegt, und indem man den Tierkreis wieder
zur Fixierung der einzelnen Stationen des Laufs der Sonne nach den
hauptsächlichsten Sternbildern, die sie durchwanderte, in zwölf Teile
zerlegte, erschien die Vierteilung des Monats als das durch die Natur
selbst gegebene Mittel, die Bewegungen der beiden großen Gestirne
in Harmonie zu bringen. Hierin liegt ein Komplex von Motiven,
der bereits eine ziemlich ausgebildete astronomische Beobachtung vor-
542 Der Natnnnythas.
aussetzt, wie sie im Altertum in Babylon ihre älteste Heimat hat.
Die siebentägige Woche und mit ihr die Heiligkeit der Siebenzahl
überhaupt ist daher allem Anscheine nach babylonischen Ursprungs').
Daß hier die Zahl der Planeten der Ausgangspunkt gewesen sei,
ist übrigens, abgesehen von der zwingenderen Macht, die in diesem
Fall die Zeitbestimmung ausübte, schon deshalb wenig wahrschein-
lich, weil die Zusammenfassung von Sonne und Mond mit den übrigen
Wandelsternen in einen einzigen Begriff einer naiveren Anschauung
so ferne liegt, daß sie zwar als eine Wirkung der schon vorhandenen
Bevorzugung der Siebenzahl, kaum aber als der Entstehung^sgrund
für diese begreiflich ist. Das nämliche gilt noch in höherem Grade
natürlich für die angenommene Siebenzahl der Plejaden, des großen
und kleinen Bären oder auch der Hyaden, bei denen man der Fünf-
zahl bisweilen gleichfalls die Siebenzahl substituierte*).
Wesentlich anders verhält es sich in dieser Beziehung mit der
Neunzahl. Sie macht vor allem nach den Zeugnissen, die Röscher
für das Vorkommen neuntägiger Fristen und sonstiger Anwendungen
im älteren Epos, in den Schriften der Ärzte, bei den Orphikem,
Astrologen und Philosophen gesammelt hat, durchaus den Eindruck
einer frühen Bildung, die später den andern, dem praktischen Be-
dürfnisse wie den allgemeineren astrologpischen Ideen besser ge-
nügenden Anwendungen der Sieben- und der Zehnzahl den Platz
räumte 3). Nicht minder weisen die ähnlichen Spuren bei andern.
') W. H. Roseber hat das Verdienst, zuerst an dem Beispiel der griechischen
Zeiteinteilung gezeigt zu haben, daß die Vierteilung des Monats, nicht die Zahl der
Planeten, die Heiligung der Siebenzahl bewirkte. Für die Babylonier hat den Ur-
sprung der Heiligung der Sieben aus der Vierteilung des Monats sehr einleuchtend
J. Hehn, Siebenzahl und Sabbat bei den Babyloniem und im Alten Testament, 1907,
S. 6 ff. dargetan. Für eine erst später eingetretene Übertragung auf die Planetenzahl
spricht auch die Tatsache, daß bei den Griechen zwar die sämtlichen Planeten für
göttliche Wesen galten, daß aber doch die Namen der großen Götter, die sie heute
noch tragen (Saturn, Jupiter, Mars usw.) verhältnismäßig spät erst auf sie übertragen
wurden. Vgl. Röscher Artikel Planeten und Planetengötter in seinem Mythologischen
Lexikon, III, S. 25 18 ff. Eine Übersicht über die Verbreitung der heiligen Sieben bei
Natur- und Kulturvölkern gibt Ferd. von Adrian, Die Siebenzahl im Geistesleben der
Völker, Mitteilungen der Anthropol. Ges. in Wien, Bd. 31, 1901, S. 225 ff.
^) Hinsichtlich der Plejaden vgl. oben S. 512.
3) Röscher, Abh. der sächs. Ges. der Wiss., Phil.-hist. Klasse, Bd. XXVI, Nr. I,
1907. Dazu besonders mit Rücksicht auf das Verhältnis zur Sieben- und Zehnzahl,
ebenda Bd. XXI, 1903, Nr. IV, und Bd. XXIV, 1906, Nr. I.
Die Wandenmgen des Mythos. 5^3
namentlich indogermanischen Völkern, nach der gleichen Richtung^.
In Glauben und Kult spielt hier in früher Zeit neben der Drei die
Neun eine wichtige Rolle. Nicht selten treten auch beide in Ver-
bindungen auf. So teilt die Theosophie der sibirischen Tungusen
den Kosmos in 3-9 = 27 Reiche, von denen neun der Finsternis, 18
dem Licht (Erde und Himmel) angehören, und das Weltbild Anaxi-
manders g^bt dem Radring, auf dem sich die Sonne bewegt, das
2 7 fache des Erddurchmessers, während die Höhe der Erdscheibe '/s
ihres Durchmessers beträgt*). Wie die Drei, so ist daher auch die
Neun wahrscheinlich an vielen Orten unabhängig entstanden, wenn-
gleich die Motive zu ihrer Bevorzugung weniger mannigfaltige ge-
wesen waren und der Ausgangspunkt vielleicht einzig und allein in
jener primitiven Dreiteilung des Monats lag, die noch nicht die ganze
Dauer desselben, sondern nur die Zeit der Sichtbarkeit des Mondes
benutzte. Dazu kam dann wohl außerdem der Einfluß der Drei in
der Verdreifachung 3.3=9, die noch in der Zahlenmystik späterer
Zeiten wiederkehrt. Doch ist die -Heiligkeit der Neun im Laufe der
Zeiten mehr und mehr geschwunden, imd die Siebenzahl ist, wie in
der Monatseinteilung, so in den weiteren Übertragungen meist an
ihre Stelle getreten. Auch diese Übertragungen haben sich am
mannigfaltigsten offenbar innerhalb der babylonisch-assyrischen Kultur-
sphäre gestaltet, wo sie von früh an nicht nur die Neun, sondern,
abgesehen von den alten Göttertriaden, selbst die Drei zurückdrängten.
Wie die Babylonier die Sieben auf die Planeten, die Plejaden und
noch auf einige andere Sternbilder übertrugen, so wenden sich ihre
Beschwörungstexte vorzugsweise an sieben mit Namen aufgezählte
Gottheiten. Siebenmal werden Gebete und Beschwörungen wieder-
holt, wenn nicht zur Sicherung des Begehrten auch diese Zahl noch
überschritten wird. Siebenfache Opfer, Reinigungen, Feste und Fristen
kehren überall wieder. Auch die Verbindung der sieben Planeten
mit den sieben Hauptgöttem ist sichtlich babylonischen Ursprungs.
Der so sich bildende engere Kreis von sieben Göttern verlieh dann
') Vgl. K. Weinhold, Die mystische Neunzahl bei den Deutschen, Abhandlungen
der Herliner Akademie, 1897.
V Vgl. H. Diels, Archiv für Geschichte der Philosophie, Bd. 10, S. aaSff. Sibyl-
linische Blätter, 1890, S. 41. Ober die Nennxahl im griechischen Knltos Rohde'
Psyche, I, S. 232.
5"M> rScr Natmrnythiis.
••-. öterhia i«:r Siebcxuahl die Bedeutung einer aUum&issendcn Gcs
hei:, etacs heiligen Ganzen, daher die babylonische Astrologk
Siebeonhl r^ieich ru einem Sx-mbol des Kosmos erhob, der
iuch ia Urem ^bexistutigen Tunnbau zu veranschaulichen sn
\ on da ^us war nun die Heiligung der Zahl als solcher gcgt
A\s die Gesamtheit der Götter, als das Ganze des Kosmos
als die Zusammenfassung aller in Beschwörungen und Opfern k
liebenden Wünsche \iTrd diese Zahl selbst zum Ausdruck
höchsten Krait und der äußersten Steigerung, deren überhaupt
Begrin tahig ist*. So übertrug man denn auch die Sieben woo
ch auf alles, was überhaupt eine Gliederung in mehrere Tefle <
Unterbegfriife zulaßt: es gibt sieben Himmelszonen und Weltl
sieben Flüsse, Winde und Metalle, sieben Farben und Töne us
Diese einzelnen Reihen suchte man dann wieder zu kombiniei
jedem Gott entspricht ein Metall, jedem Metall eine Farbe usw.,
dehungen« die noch in die mittelalterliche Astrologie und Alcfac
hereinreichen. Aus dieser Überfülle der Anwendungen der Siel
z.üil sind immerhin nur einzelne auf die andern Völker und besonc
auch auf die des Westens übergegangen. Doch ist dies gerade
den Ausgangs- und Endpunkten jener Reihe geschehen: bei
siebentägijjon Woche, den sieben Planeten und ihren Göttern und <
allerdings erst in neubabylonischer Zeit entstandenen sieben Himmc
sowie auf der andern Seite bei den sieben Farben und Töneni
bis zum heutigen Tage fiir die Farben des Sonnenspektnuns u
für die Töne der siebenstufigen Oktave stehen geblieben sind. De
haben in diesem letzteren Fall wohl erst die Pythagoreer den weitei
wichtigen Schritt getan, daß sie nach der Länge der Saiten d
Heptachords die sieben Töne auf eine quantitative Gesetzmäßigkeit 2
rückfiihrten, die sie nun auch auf die Entfernungen der sieben Planete
Sphären übertrugen. Ihre Idee der > Sphärenharmonie« bildete so
doppelter Beziehung einen Übergang von der noch in der reine
Zahlenmystik befangenen babylonischen Astrologie zur Idee der madii
matischen Gesetzmäßigkeit der Naturerscheinungen: erstens sind s
die ersten, die die Herrschaft der Zahl in den ü-dischen Erscfaeinunge
'i Hehn, a. a. O. S. i6flf.
* Jensen. Kosmologie der Babylonter. dass. Winckler. Die Weicanschanan^ de
Alten Orients. S. 522 ff.
Die Wanderungen des Mythos. e^e
tatsächlich nachzuweisen suchten, und zweitens beginnt bei ihnen über-
haupt zum erstenmal der Zahlzauber der altorientalischen Astrologie
dem Gedanken einer den Kosmos beherrschenden universellen Gesetz-
mäßigkeit zu weichen. Es ist ein ähnlicher Schritt, wie ihn die Hippo-
kratiker taten, als sie die alte, von den Babyloniem, Ägyptern und
Indem nie überwundene Zaubermedizin durch eine naturwissenschaft-
liche Auffassung der Krankheiten wie der Heilkräuter zu ersetzen be-
gannen, und es geschah in der Fortführung des p}rthagoreischen Welt-
bildes, daß Plato und Eudoxos das Prinzip der Zusammensetzung
der Bewegungen auf die kosmischen Bewegungen anwandten, und
Hipparch die Präzession der Tag- und Nachtgleichen exakt bestimmte.
So sind die Babylonier die Begründer der Astrologie, die Griechen
aber die der wissenschaftlichen Astronomie geworden. Nach den all-
gemeinen Gesetzen geistiger Entwicklung mußte fi-eilich die Astrologie
ebenso der Astronomie wie die Zaubermedizin der wissenschaftlichen
Heilkunde vorausgehen ').
Mit dem Ursprung der Sieben hängt, wie oben schon angedeutet,
die der Zwölf als einer heiligen Zahl nahe zusammen. Denn beide,
die Siebenerwoche wie die Jahresteilung in zwölf Monate, gehen in-
sofern auf eine gemeinsame Quelle zurück, als ihnen das Streben zu-
grunde liegt, Mondlauf und Sonnenlauf zu einander in Beziehung zu
bringen. Freilich scheitert dieses Streben schließlich notwendig an
der Unmöglichkeit, die gesuchte Übereinstimmung wirklich herzustellen.
Doch ist diese fiir die Anfange astronomischer Beobachtungskunst
immerhin groß genug, um den Gedanken an die Existenz einer solchen
Harmonie zwischen dem Lauf beider Gestirne nicht aufzugeben. So
entstehen die fortwährenden Versuche, durch Einschaltungen am Ende
des Jahres die Differenz zwischen dem aus der Addition der 1 2 Mond-
umläufe entstehenden Jahr und dem wirklichen Sonnenjahr auszu-
gleichen, Versuche, die mit dem Sieg des wirklichen Sonnenjahrs
und der Einführung einer unabhängig vom Mondlauf festgestellten
Monatsgröße geendet hat. In engem Zusammenhang mit diesen Be-
strebungen stehen die schon in früher Zeit beginnenden, aber spät
erst zur Vollendung gelangten Versuche zur Feststellung des Gangs
' Hinsichtlich der Bedeutung der heiligen Zahlen fUr EnUtehnng der Tonleiter
vgl. Teil I, S. 446 fr. (2. Aufl. Bd. 3, S. 473 ff.)-
Wundt, Volkerpsychologie II, 3. 3S
e^6 ^^^ Natarxnythiis.
der großen Gestirne durch ihre Orientierung nach bestiinmten Stern-
bildern, dem von den Babyloniem zuerst eingeführten System der
zwölf den Monaten entsprechenden Bilder des Tierkreises'). Indem
aber auch bei dieser Substitution die alte Zwölfzahl der Monate fest-
gehalten wurde, hat diese ihre Bedeutung als heilige Zahl durch alle
Zeiten bewahrt, wenn sie auch als solche hinter der Sieben- und
Dreizahl zurücksteht. Sie begegnet uns in den Zwölfgötters3rstenien
der Griechen und Römer, in den zwölf Stämmen Israels, den zwölf
Söhnen Jakobs, den zwölf Jüngern Jesu. So ist die Zwölf überhaupt
zu der herkömmlichen Zahl geworden, zu der man eine Personen-
gruppe, auch wo diese nicht rein legendären Ursprungs ist, mit Vor-
liebe abrundet.
h. Die heiligen Zahlen der Nenen Welt.
Stehen so in der Alten Welt die Sieben und die Zwölf als heilige
Zahlen von wahrscheinlich singulärem Ursprung der Drei und der
Neun als solchen von allgemeinerem gegenüber, so lieg^ nun aber
darin gleichwohl noch keineswegs eingeschlossen, daß deshalb die
letzteren, ähnlich wie manche andere mythische Motive, über alle
Länder und Völker der Erde verbreitet wären. Vielmehr ist es
höchst bemerkenswert, daß in allen den magischen Bedeutungen, in
denen in der Alten Welt die Drei die herrschende Zahl ist, bei den
Ureinwohnern der Neuen Welt die Vier die gleiche Rolle spielt
Wo man zu einer Vervollständigung derselben greift, da ist dann in
der Regel nicht die Neun, sondern die Sechs die nächstheilige Zahl.
Wo also der Babylonier und Ägypter drei Götter zu einer Einheit
zusammenfaßt, da wählt der Indianer vier. Führt jener ein Gebet,
eine Beschwörung, eine Zauber- oder Reinigungszeremonie dreimal
aus, so geschieht dies hier viermal usw. Diese Herrschaft der Vier
erstreckt sich von den Eskimos im Norden bis zu den Natur- und
Kulturvölkern des Südens, unter denen die alten Inkas das Vier-
system am konsequentesten über alle Gebiete des Kultus, des öffent-
M über die interessante, hier aber zn weit abliegende Frage der Entstehang
des Tierkreises vgl. F. BoU, Sphära. Neue griech. Texte und Untersuchungen zur
Geschichte der Sternbilder, 1903, S. 181 ff. und über den Zusammenhang der Zeichen
mit dem babylonischen Idzdubar- (Nimrod-) Mythus A. Jeremias in Roschers Mythol.
Lexikon, II, S. Siyf.
Die Wanderungen des M3rthii8. 547
liehen und privaten Lebens ausgedehnt hatten '). Der Ursprung dieser
heiligen Zahl tritt uns deutlich in den Kultzeremonien vieler Pueblo-
indianer und mancher nordamerikanischer Stämme entgegen. Bei
ihnen sind es die vier Hauptrichtungen der Winde und des von ihnen
abhängigen Zugs der Wolken, von denen die Heiligung der Vierzahl
ausging. Nun sind natürlich die vier Windrichtungen subjektiv nach
den vier Richtungen des menschlichen Körpers orientiert: die Unter-
scheidung von vom und hinten, von rechts und links ist es ja, die
auch die Gegenstände nach vier Hauptrichtungen unterscheiden läßt.
Dazu kommen dann als objektive Motive der Auf- und Untergang
der Sonne und die Beziehung gewisser Winde zum Wechsel der
Witterung. Mit Ost und West, den Richtungen des Sonnenlaufs, sind
auch Nord und Süd gegeben. Vor allem in den regenarmen Ge-
bieten der Puebloländer wendet sich daher bei den Kultfesten der In-
dianer nach Sonnenaufgang, um die Wind- und die Wolkengötter
auzurufen. Dazu tritt endlich als eine weitere Scheidung die von
oben und unten, von Himmel und Erde oder Unterwelt So richten
die Priester und die Kultgenossen der Medizingesellschaften Neu-
Mexikos ihre Gebete und Beschwörungen nicht nur nach Norden und
Süden, sondern auch nach dem Zenith und dem Nadir'). Bei den
großen Kultfesten der Navajos wiederholt sich die Vierzahl in er-
müdender Einförmigkeit: vier große Schwitzhäuser werden an vier auf-
einanderfolgenden Tagen gebaut, jedes ist auf 4 Pfählen errichtet und
400 Fuß von dem Hauptraum entfernt, vier Rohre werden auf einen
Altar gelegt, aus denen Kranke, die Heüung suchen, die Medizin zu
nehmen haben usw. Auf der gfroßen den Festplatz schmückenden
Sandzeichnung, die den Kosmos darstellt, erblickt man vier mit ihren
Köpfen nach den vier Himmelsrichtungen gekehrte männliche Gott-
heiten und inmitten des von ihnen umschlossenen Raumes vier Götter-
paare, wieder mit den Häuptern nach den vier Himmelsrichtungen
gekehrt. Daneben kommen Göttergruppen zu 6, 3 und 7 vor, jedoch
') Eine kurze ZusammensteUung dieser in der amerikanischen Ethnologie und
Geschichte überall wiederkehrenden Heiligung der Vier gibt D. G. Brinton, The Myths
of the New World^, 1905, p. 83«". Ober die andern Zahlen, namentlich die Drei,
Sieben und Neun, die für die Frage der Wanderung von besonderem Interesse sind,
vgl. neben andern, unten zn erwähnenden Angaben Cyms Thomas, Nomeral Systems
of Mexiko and Central Amerika, Ethn. Rep. XIX, 2, 1900, p. 859 ff.
' M. C. Stevenson, Ethn. Rep. XI, 1894, p. 122 ff., Taf. 23.
35*
:^
^^3 Der Natnrmythas.
in sehr viel geringerer ZahPj. Dabei scheint aber hier die Sieben
ebenfalls auf die Richtungen des Raums zurückzugehen, indem zu den
sechs Weltrichtungen das Zentrum, in welchem sie sich durchkreuzen,
hinzugenommen wird. Doch kann dies natürlich ebenso gut als eine
Angliedenmg der eingewanderten Zahl an die einheimische Sechs,
wie als eine selbständige Entstehung gedeutet werden; und im
Hinblick auf die relativ geringe Verbreitung der Sieben ist wohl das
erste das wahrscheinlichere. Wie in der Alten Welt, so ist dami auch
hier die Anwendung der heiligen Zahlen und ihre Übertragung auf
alle möglichen Verhältnisse mit der steigenden Kultur eine immer
reichere geworden. Vier m)^hische Brüder feierte die Legende der
Azteken wie der Inkas als Kulturbringer. Vier Götter stehen nach
dem Mythus der Mayas an den Enden der als Viereck gedachten
Welt, um den Himmel zu halten. Das Kreuz, das die ersten Mis-
sionare in den Tempeln von Peru und Mexiko in E^taunen setzte,
hat den gleichen Ursprung: es repräsentiert mit den vier Welt-
richtungen die vier Hauptgötter. Daneben fehlen auch bei diesen
Kulturvölkern die heiligen Zahlen der Alten Welt, die Drei, die
Sieben und die Neun, nicht ganz. Immerhin treten sie doch weit
zurück. Auch hier überwiegt daher die Wahrscheinlichkeit, daß sie
eingewandert sind, was ja schon für die vorkolumbische Zeit keines-
wegs ausgeschlossen ist').
'] J. Stevenson, Ethn. Rep. Vm, 1891, p. 235 ff. Bild des Kosmos Taf. 121,
p. 262. Grappen zu drei Göttern Taf. 123, za sieben Taf. 122. Ebenso Grappen zu
sieben Göttern bei einigen Siouxstämmen, J. O. Dorsey, Ethn. Rep. XI, 1894, p. 372.
Es kommt dabei wie bei andern Analogien mit den Mythen der Alten Welt in Be-
tracht, daß neben den Völkern des mexikanischen Golfs am Ehesten die Irokesen
und die ihnen benachbarten östlichen Stämme der europäischen Einwirkung zngänf^
lieh geworden sind, und daß bei den gleichen Stämmen unverkennbar auch jene
heiligen Zahlen der Alten Welt am häufigsten vorkommen. Aber auch die hierher
gehörigen Erscheinungen bei entlegeneren Völkern, wie z. B. das von G. Dorsey bei
den Pawnee aufgezeichnete Märchen von sieben Geschwistern, die in die Plejaden
verwandelt wurden, weisen zum Teil direkt auf eine altweltliche Einwanderung hin
Dorsey, The Pawnee, p. 489).
^j Es ist wohl möglich, daß der eigenartige Kalender der Mayas, der dereinst
den ganzen mexikanischen Kulturkreis beherrscht hat, mit diesen Verhältnissen zn-
sammenhängt. Der Mayakalender hat nämlich ein reines Sonnenjahri dessen Teile
ohne jede Rücksicht auf den Mondlauf bestimmt sind. Das Jahr zerfällt in 18 solche
> Monate € zu je 20 Tagen, denen am Schluß 5 Tage zugezählt werden, eine Einrich-
tung, die einigermaßen an die Entstehung des Lustrums der Römer erinnert (siehe
Die Wanderangen des Mythus. e^O
Werfen wir einen Rückblick auf die Gesamtheit dieser Erschei-
nungen, so läßt sich wohl von keiner einzigen der heiligen Zahlen
oben S. 532}. Die 20 Tage, deren jeder durch ein bestimmtes Bildzeichen charak-
terisiert ist, sind offenbar der ehemals bei diesen Völkern herrschenden Vigesimal-
Zählung entnommen. Außerdem besteht aber eine fortlaufende Zählung in Grappen
von je 13 Tagen, fUr die die ersten 13 Zahlzeichen verwendet werden. Nun ergibt sich,
daß bei einer solchen doppelten Einteilung in 20 Bilder oder Namen und in 13 Ziffern
nach je einer Periode von 260 Tagen die gleiche Ziffer wieder auf denselben Namen
fällt, wobei sich dann diese 260 Tage in 5 Grappen von 52 Tagen zerlegen lassen.
Dagegen trifft die gleiche Ziffer mit demselben Namen und zugleich mit demselben
Tag des Jahres erst nach 52 Jahren zusammen. Demnach scheint bei den alten
Mexikanern und den Mayas von Guatemala die Zahl 52 sowohl für die Tages- wie
für die Jahresperiode eine magische und rituelle Bedeutung besessen zu haben: die
Tagesperiode als Opfer-, die Jahresperiode als Weltperiode. Daß bei der Entstehung
dieses Kalenders neben dem Vigesimalsystem die heiligen Zahlen eine Rolle gespielt
haben, ist danach nicht zu bezweifeln. Dunkel ist zunächst nur, wie die 2^ahl 13 zu
ihrer Bedeutung gekommen ist. Förstemanns Hereinziehung der Siebenzahl, für die
in dem Kalender selbst keine Anhaltspunkte gegeben sind, erscheint allzu unsicher
[Förstemann, Erläuterangen zur Mayahandschrift der Bibliothek zu Dresden, 1886.
Cyrus Thomas, Mayan Calendar Systems, Ethnol. Rep. XDC, 2, 1900, p. 733 ff.). Viel-
leicht läßt sich der Ursprung samt dem Verhältnis der nebeneinander hergehenden
Tageszählungen folgendermaßen deuten: Bei der ursprünglichen Tageszählung der
Mayas blieb das Jahr überhaupt außer Rücksicht. Für dieses mochten etwa, wie es
noch jetzt bei primitiveren Völkern geschieht, die Punkte der Frühlings- und Herbst-
sonnenwende genügen. Die Tageszählung erstreckte sich aber nur Über die Zeit
eines Mondumlaufs, die nach dem Vollmond in zwei gesondert gezählte Hälften ge-
teilt war: in die Tage des zunehmenden und in die des abnehmenden Mondes. Fiel
der beide Hälften scheidende, bei primitiven Völkern besonders geheiligte Vollmondi-
tag, der einer in gewissem Umfang immerhin schon stattfindenden Monatszählnng
dienen mochte, hinweg, so ergab sich 13 + i + ^3 = 27 d. h. die Zahl der Tage des
siderischen Monats. Als dann die Priester eine Jahreseinteilung erfanden, teilten sie
zunächst das Jahr nach dem landesüblichen Vigesimalsystem in Grappen von 20 Tagen,
deren sich 18 nebst einem Rest von 5 = ***/4 Tagen ergaben. Indem nun diese aus-
schließlich vom Sonnenlauf abhängige Zählung mit ihren für die 20 Tage einer Grappe
eingeführten Namen bzw. Bildern die ältere Mondzählung, wahrscheinlich nicht ohne
den Einfluß der sich wandelnden mythologischen Motive, verdrängte, ohne doch die
Zählung nach den 13 Ziffern selbst zu verdrängen, ging diese letztere nach dem
Vorbild der Bilderzählnn^; in eine »rollende«, d. h. von den ursprünglichen Anfangs-
und Endpunkten unabhängig gewordene Zählung über. Daraus entstand dann die
Periode von 260 Tagen, die in 5 Teile geteilt die Unterperiode von 52 Tagen ergab.
Diese bildete mit der großen Periode von 52 Jahren, nach deren Ablauf jedetnud
Tagesziffer, Tagesname und Jahrestag zusammenfielen, eine Koinzidenz, der eine solche
mit Zahlenmystik verwebte 2^itrechnung natürlich eine besondere Bedeutung beilegen
mußte. Dies spricht sich denn auch darin aus, daß die Azteken die Periode von $2 Jahren
als eine Art Wcitjahr betrachteten, nach dessen Ablauf eine große Weltkatattrophe
erwartet wurde. Spuren einer einstigen Zweiteilung des Monats, wie üt die hier an-
ccQ Der Naturmythiis.
behaupten, daß sie etwa in ähnlichem Sinne Allgemeing^tigkeit b<
sitze wie die Vorstellungen von der Psyche in Atem und Traumbil
oder von den Dämonen der Winde, der Einöden u. dgL Selbs
die Drei, soweit sich auch ihre Heiligkeit erstrecken mag, tritt i
grroßen Gebieten der Neuen Welt ganz gegen die Vier zurück, di
sich ihrerseits in der Alten keine erhebliche Geltung erringren konnte
Ähnliches gilt von der Sieben und der Neun. Unter diesen Zahle
haben einzelne, wie die Sieben, allem Anscheine nach einen singu
lären, andere, wie die Drei und wahrscheinlich auch die Neun, eine
generelleren Ursprung. Ebensowenig läßt sich aber sagen, daß ein
bestimmte heilige Zahl von einer bestimmten Anschauung, etwa vo:
einer zeitlichen, ausgegangen sei. So hat die heilige Drei sichtlid
mehrere ganz verschiedene Ursprungsmotive, die sich mindestens unte
drei allgemeine Gesichtspunkte ordnen lassen. Die Sieben ist zwa
in der Alten Welt wahrscheinlich von der Monatseinteilung aus
gegangen; aber in der Neuen, mag sie hier nur assimiliert oder un
abhängig entstanden sein, liegen ihr jedenfalls die vier Himmeb
richtungen mit ihren drei Ergänzungen, Oben, Unten und Zentrum
also rein räumliche Motive, zugrunde. So bleibt als das allen Völ-
kern Gemeinsame nur dies, daß überhaupt die Neigung besteht, ge-
wissen Zahlen eine heilige Bedeutung zuzuschreiben. Wohl muß dii
Stufe der primitivsten Kultur einigermaßen überschritten sein, wem
dieser Gedanke überhaupt aufkommen soll. Doch sobald die Zahler
eine erhebliche praktische Bedeutung gewinnen, entsteht er, und vor
da an greifen nun mystische Heiligung der Zahl und praktische An-
genommene Entstehung der 13 voranssetzt, haben sich übrigens noch bei vielen Kultur^
Völkern der Alten Welt, besonders in der Sitte, die Tage in der ersten Monatshftlfte
aufsteigend, in der zweiten absteigend zu zählen, erhalten (Usener, Dreihcit, S. 333 f.).
Es ist klar, daß dabei der Vollmond das halbierende Mittelglied bilden maßte, das, wefl
sich in ihm beide Zählungen begegneten, leicht überhaupt ans der 2^hlang der Tage
herausfallen konnte. Unter den weiteren Komplikationen, die durch die Gruppierung
nach der Vier- und der Fünfzahl in diesem System entstehen, und die wahrscheinlich
nur eine mystisch-rituelle Bedeutung besitzen (vgl. die TabeUen bei Cyrus Thomas,
a. a. O. p. 702 ff.), sind noch einige von Preuß aus mexikanischen Bilderschriften an-
geführte bemerkenswert, die neben der Vier auch die Sieben und die Neun zur Her-
stellung von Zyklen verwenden (Preuß bei Röscher, a. a. O. S. 80), Zahlenspekulationen,
die übrigens ganz den Eindruck erwecken, als sei hier der Versuch gemacht worden,
diese dem Kalendersystem ursprünglich nicht homogenen, also wahrcheinlich von außen
zngeführten heiligen Zahlen demselben zu assimilieren.
Die Wanderangen des Mythni. eei
Wendung fortwährend ineinander ein. Insbesondere ist es aber die
Vielseitigkeit und Mannigfaltigkeit der Anwendungen, die neben all-
gemeinen ästhetischen und teleologischen Motiven einzelnen Zahlen
einen Vorzug vor andern verschafft. Darin liegt dann zugleich der
Grund, weshalb die heiligen Zahlen selbst wieder eine Stufenfolge der
Heiligkeit zu bilden pflegen, und weshalb sie in dieser Beziehung in
einen gewissen Wettstreit miteinander treten oder auch im Wandel
der dominierenden Motive einander verdrängen können, wie das be-
sonders bei den Kulturvölkern der Alten Welt das allmähliche Zurück-
treten der Neun hinter der siegreichen Sieben und dann teilweise
wieder das der letzteren gegenüber der alle andern in ihrer Heilig-
keit überdauernden Drei zeigt.
Was aber in diesem Wandel der Erscheinungen als konstante
Bedingung zurückbleibt, ist dies, daß der Vorgang der Heiligung
stets ein ZusammentrefTen subjektiver und objektiver Motive ver-
langt, wie ja das Zählen selbst schon Objekte voraussetzt, die ge-
zählt werden, und die Verbindung dieser Objekte im Denken. Diese
Bedingungen steigern sich nun bei der Entstehung einer heiligen Zahl
auf beiden Seiten: auf der objektiven, indem mit der Erweiterung
ihrer Anwendungen die Motive ihrer Bevorzugung wachsen, auf der
subjektiven, indem bei ihr spezifische intellektuelle und ästhetische
Wertgefuhle die Verbindung der in der Zahl zusammengefaßten Ob-
jekte begleiten. So bildet schon die fortwährende Wiederholung der
Sieben in der Abzahlung der Wochentage, wie sie ursprünglich durch
die Vierteilung des Lichtwandels der Mondscheibe hervorgerufen wird,
ein äußerst wirksames objektives Mittel zur Hebung des Bedeutungs-
inhaltes dieser Zahl. Daß die Siebenzahl der Planeten dem gleichen
Zahlenschema sich fügt, und daß weiterhin gewisse Sternbilder, wie
die Plejaden, ihm nahe genug kommen, um es gleichfalls anzu-
wenden, erhöht diese Wirkung. Damit beginnt dann aber das sub-
jektive Motiv ästhetischer und teleologfischer Befriedigung an der
dieser Ordnung gehorchenden Mannigfaltigkeit der sichtbaren wie der
unsichtbaren Welt wirksam zu werden. Die sieben Himmel und die
sieben Höllen, die sieben Weltreiche und die sieben Weltalter, schlieO-
lich die sieben Metalle, die sieben Farben und die sieben Töne: sie
alle sind Rückstrahlungen jenes zuerst von außen empfangenen Mo-
tivs, die die Herrschaft der Siebenzahl und den an sie gebundenen
j^2 ^^^ Natnnn3rthiis.
Eindruck steigern, um mehr und mehr der Zahl selbst einen magi-
schen und mystischen Wert zu verleihen. Alle diese objektiven und
subjektiven Motive sind es zugleich, die ebensowohl die spontane
Entstehung der Heiligkeit ermöglichen, wie sie in andern Fällen, wo
sie von auOen zugeführt wird, ihre Assimilation unterstützen. Auf
diese Weise bilden schließlich die heiligen Zahlen besonders deut-
liche Belege fiir eben diesen Zusammenhang der Wanderfahigkeit der
Mythen mit der ihnen entgegenkommenden Aufnahmefahig-keit und
der letzteren wieder mit der Kraft ihrer spontanen Entstehung. Sic
zeigen, wie diese Trias psychischer Motive eigentlich immer ver-
bunden sein muß, wenn irgend ein mythisches Gebilde eine weiter-
greifende Bedeutung gewinnen soll. Mag dieses Zusammenwirken die
Entscheidung der Frage, ob das eine oder das andere stattgefunden
habe, erschweren : es nimmt ihr auf der andern Seite einen Teil der
Bedeutung, die man ihr vom Standpunkt der WanderhypoÜiese aus
beigelegt hat.
rv. Die Jenseitsvorstellungen.
I. Allgemeine Entwicklung der Jenseitsvorstellungen.
Die Vorstellung von einem »Jenseitsc, von einer Welt, die in
einer unter gewöhnlichen Verhältnissen dem Menschen unzugränglichen
Ferne liegt, in die er aber auf irgend einem ungewöhnlichen W^e
nach dem Tode oder ausnahmsweise auf kürzere 2^it auch schon
während seines Lebens gelangen kann, ist, wenn nicht eine allgemein-
gültige, doch eine so weit verbreitete, daß sie zu den regelmäßigsten
Bestandteilen mythologischer Vorstellungen gezählt werden kann.
Sie bildet aber zugleich ein wichtiges Mittelglied zwischen den beiden
in den letzten Kapiteln betrachteten Gruppen mythologischer Gebilde,
zwischen den Seelenvorstellungen und dem Naturmythus, denen sie
im Grunde gleichzeitig angehört. Denn einerseits wird das Jenseits
als ein Teil der Natur gedacht, als ein Land auf der Erde, über
oder unter der Erde; anderseits aber gilt es als der Ort, zu dem die
Seelen nach dem Tode gelangen, oder zu dem sie während des
Lebens zeitweise entrückt werden können. Immerhin bleibt innerhalb
Allgemeine Ent wicklang der Jenseitsvorstellnngen. ees
dieser Zwischenstellung die Naturseite die vorwaltende, weil die For-
men, in denen das Jenseits vorgestellt, und die mythologischen Bilder,
mit denen es von der Phantasie ausgestattet wird, durchaus dem son-
stigen Rüstzeug naturmythologischer Vorstellungen entlehnt sind.
Wie die Seele selbst, als deren künftiger oder zeitweiser Aufent-
haltsort das Jenseits gilt, den nächsten Schauplatz ihrer Wirksamkeit
im Diesseits, im wirklichen Leben hat, so spiegelt sich nun auch in
den Vorstellungen vom Jenseits naturgemäß überall nur das Dies-
seits mit seinen Freuden und Leiden und mit der äußeren Naturum-
gebung, die der irdischen Welt angehört. Nur ist diese jeweils
nach den Affekten der Hoffnung und Furcht, der Liebe und des
Hasses, die an das eigene oder an ein fremdes Geschick geknüpft
sind, phantastisch umgestaltet. Darin liegt ein frühe schon wirksam
werdendes Motiv zur Vervielfältigung dieser phantastischen Bilder,
die nach eben jenen Affekten voneinander geschieden werden. Wenn
in der diesseitigen Welt in buntem Wechsel Gutes und Schlimmes
sich mischen, so weisen daher die Vorstellungen vom Jenseits einem
jeden der beiden Grundrichtungen menschlicher Affekte ihr beson-
deres, von dem andern abgesondertes Reich an, und in der Weiter-
führung dieser Scheidung pflegt es dann auch noch innerhalb jedes
der beiden Hauptgebiete des Jenseits an Abstufungen und Unterab-
teilungen nicht zu fehlen. So wird dieses auf der Höhe seiner Aus-
bildung zu einer kaleidoskopartig vervielfältigten und gesteigerten
Kopie der Wirklichkeit, bei der jedes Bild aus dieser die Züge her-
ausnimmt, die einer bestimmten Gefuhlsrichtung und der ihr eigenen
Wertabstufung entsprechen. Aber die höchste Differenzierung der
Jenseitsvorstellungen bildet dabei doch nur einen mittleren Höhepunkt
zwischen einer auf- und einer absteigenden Entwicklung. Wo wir
überhaupt auf einer frühen Stufe geistiger Kultur Vorstellungen von
einem Jenseits begegnen, ohne daß der gerade hier oft wohlbe-
gründete Verdacht äußerer Beeinflussung naheliegt, da sind solche
Vorstellungen nicht bloß überhaupt unsicher, sondern sie lassen ins-
besondere auch eine Differenzierung nach bestimmten Affekten ver-
missen. Wo dagegen umgekehrt die spätere religiöse Entwicklung
die mythologischen Hüllen abzustreifen sucht, die den Kern religiöser
Vergeltungsvorstellungen umgeben, da wird dieses seines phantasti-
schen Schmucks beraubte Bild des Jenseits nicht nur wiederum un-
JJ4- ^^^ Naturmytliii
bestimmt, sondern es gehen ihm auch abermals die unterscheidende
Farben verloren, in denen es die Phantasie auf jenem Höhepuid
erblickte, wo der Mythus noch frei sich entfalten konnte. So ist i
den Jenseitsvorstellungen die alle Mythenentwicldui^ beherrschend
Scheidung in eine auf- und eine absteigende Phase besonders deul
lieh zu erkennen. Diese Scheidung wird eben hier schon um des
willen eine so augenfällige, weil die jenseitige Welt das Gebiet is
auf dem die mythenbildende Phantasie am freiesten, ungehemmt durc
die Schranken der umgebenden Wirklichkeit, sich ergehen kam
Nur bleibt sie natürlich auch hier an den Vorrat einzelner Vorstel
lun^selemente gebunden, den ihr diese Wirklichkeit zur Verfiigunj
stellt.
Nicht bloß in dieser letzten, den Erzeugnissen des Mythus wi
der Kunst unabänderlich anhaftenden Abhängigkeit, sondern auch i
den Gebieten, die der Mythus dem Jenseits anweist, und in den
Verhältnis, in das er es zu der umgebenden Welt bringt, erscheiii
aber diese ganze Entwicklung als ein Weg, der im Diesseits b^^innj
dann in immer weitere, die äußersten Leistungen der Einbildungs
kraft herausfordernde Fernen führt, um schließlich wieder im Dies
seits zu enden. Freilich ist dabei dieses Diesseits selbst ein andere
geworden. War es in jenen Anfängen ein von der Sorge für di
augenblickliche Not umdrängtes Dasein gewesen, in dem der Mensel
sein eigenes Hoffen und Fürchten in den ihn umgebenden dämoni
sehen Geistern der Toten verkörpert sah, so sucht er schließlich du
Ideale, die er sich auf jenen Wanderungen der Phantasie in cinei
übersinnlichen Welt errungen, in die umgebende Wirklichkeit hinein-
zutragen, um in dem geistigen, durch kein mythologisches Bild zi
erschöpfenden Gehalt dieser Wirklichkeit bereits ein Jenseits zu sehen
So ist es der geistige Inhalt der Welt selbst, der in seinem uner-
schöpflichen Sein und Werden in jedem Augenblick zu dem Dies-
seits ein Jenseits fordert, das in einer zukünftigen Wirklichkeit zum
Diesseits werden soll.
Von den drei Hauptabschnitten, in die sich so die Entwick-
lung der Jenseitsvorstellungen zerlegt, tritt uns die erste, die ihrem
wesentlichen Inhalte nach noch ganz im Diesseits liegt, vornehmlich
unter Bedingungen entgegen, die infolge der Richtung alles Sinnens
und Denkens auf die fortdauernde Wirksamkeit der Seelen Verstor-
AUgemeioe Entwicklung der JenseitsvoTstellnngen. eee
bener in der Umgebung der Lebenden zunächst eine hemmende Wir-
kung auf die Entwicklung der Jenseitsidee ausüben. Natürlich finden
sich solche Hemmungen am häufigsten bei primitiveren Völkern, von
denen sich daher im allgemeinen sagen läßt, daß, je ausgeprägter
bei ihnen die Erscheinungen des Animismus hervortreten, um so
weniger irgendwelche Jenscitsvorstellungen aufkommen. Das ist an
sich begreiflich genug. Wo der Glaube herrscht, daß die Seele des
Verstorbenen entweder unmittelbar in einen andern Menschen, ein
Kind oder einen Verwandten übergehen könne, oder daß sie als
schützender oder schädlicher Dämon in der Nähe weiterlebe, oder
wo sich endlich auch solche Anschauungen bereits zu einem Ahnen-
kult zu entwickeln beginnen, bei dem die Geister der Vorfahren
ebenfalls noch in der Nähe hausend gedacht werden, da fehlen
die Angriffspunkte für eine irgend zusammenhängende Entwicklung
von Vorstellungen über künftige Aufenthaltsorte der Seele. Nicht
minder gehören zu solchen hemmend auf den Jenseitsglauben ein-
wirkenden Motiven die Vorstellungen von der »Buschseelc« oder von
andern Schutzdämonen, die in der Umgebung ihren Sitz haben').
In allen diesen Erscheinungen spiegelt sich eine so sehr im Diesseits
bleibende Richtung der Vorstellungen, daß das Jenseits höchstens
in unsicher verschwimmenden Umrissen durchscheint, falls nicht eine
Zuwanderung äußerer, dem einheimischen Animismus fremder Vor-
stellungen stattgefunden hat Aber so bezeichnend es ist, daß die
Gebiete Melanesiens und Innerafrikas, in denen die Erscheinungen
des primitiven Animismus in Kultus und Sitte besonders stark her-
vortreten, auch in der Ausbildung der Jenseitsvorstellungen am meisten
zurückgeblieben sind, so würde es nichtsdestoweniger verfehlt sein,
wollte man im Hinblick auf diese Verhältnisse die mangelnde Aus-
bildung solcher Vorstellungen überhaupt als ein Symptom niedrig-
stehender Kultur betrachten. Vielmehr hat unverkennbar auch bei
jenen Völkern von hoher Kultur, bei denen der primitive Animis-
mus zu einem hoch ausgebildeten Ahnenkult entwickelt ist, dieser die
gleiche Tendenz aus dem primitiven Seelenkult herübergenommen
und beibehalten. So gewinnt die chinesische und unter ihrem Eitt-
') über die hierher gehörigen animistischen Vontellangen vgl Teil II, S. 148E,
über (He Buschscele, ebenda S. 245, über den der Baschscele ähnlichen »Steinwlchter«
bei den Ewestämmen J. Spieth, Die Ewestämmc, S. 840.
ee5 Der Natiinn3rthiis.
fluß die japanische Lebensanschauung ihr eigenartiges, erst spater
zum Teil unter dem Einfluß des eingewanderten Buddhismus etwas
verändertes Gepräge wesentlich durch den herrschenden Ahnenkult
Die Vorstellung von dem Fortleben der Ahnengeister in der Um-
gebung der Lebenden, in den ihnen geweihten Tempeln oder an der
Stätte des Hauses, die ihre Gedächtnistafeln birgt, ist hier so ein-
gewurzelt, daß daneben fiir eine jenseitige Welt kein Raum bleibt,
wenn auch in Verbindung mit dem entsprechend wenig zur Ausbil-
dung gelangten Naturmythus dunkle Himmels- oder Unterweltsvor-
stellungen anklingen. Für diese dem Ahnenkult lange noch inne-
wohnende Tendenz, die Geister der Verstorbenen in der unmittel-
baren Umgebung fortlebend zu denken, sind besonders die in China
und Japan einander wesentlich ähnlichen Totenfeste bezeichnend, die
auch noch in den buddhistischen Seiden dieser Länder lange erhalten
geblieben sind. Da wurden z. B. nach japanischer Sitte die Ahnen zu
Tische geladen und auf den Plätzen, die man ihnen anwies, mit allen
Zeichen der Ehrfurcht als Anwesende behandelt. Nach der Mahl-
zeit kam es dann freilich vor, daß die Geister mit Stöcken und
Räucherungen wieder fortgetrieben wurden, — eine Mischung von
Ahnenverehrung mit uralter Dämonenfurcht, wie sie auch noch in
Leichenbräuchen abendländischer Völker nachwirkt ^.
Zeigen diese und andere Erscheinungen, wie beharrlich solche
Vorstellungen vom Fortleben im Diesseits teils im Kultus teils wenig-
stens in Rudimenten der Sitte noch bei den heutigen Kulturvölkern
geblieben sind, so machen es nun nicht minder historische Zeug-
nisse wahrscheinlich, daß in vielen andern Fällen der später reich
entwickelte Jenseitsmythus ein verhältnismäßig spät entstandenes
Produkt der Wechselwirkung zwischen Seelenglauberi und Natur-
mythus ist, wobei als tiefere Schicht auch hier die im Diesseits wiu*-
zelnden Anschauungen vorangegangen sind. Vor allem gilt das von
den Israeliten, bei denen zuerst der Jahwekult die in der Vätersage
') Über den Ahnenkult in der chinesischen Volksreligion vgl. J. J. de Groot in
Chantepie de la Saussays Religionsgeschichte^, I, 1905, S. 83 ff. und, über die ent-
sprechenden japanischen Toten- und Gedenkfeste R. Lange, ebenda S. 140 fil Ober
bierh ergehörige deutsche Leichenbräuche E. L. Rochholz, Deutscher Glaube und
Brauch, I, 1867, S. 171 f. Wuttke, Deutscher Volksaberglaube der Gegenwart, 745
u. a. Dazu oben Teil II, S. 351 ff.
Allgemeine Entwicklung der Jenteitsrorstellangen. j^y
noch nachwirkende Ahnenverehrung zurückdrängte, worauf dann der
innere politische Zwiespalt und nach ihm die äußere Unterdrückung
jene gewaltige religiöse Reaktion hervorrief, die im Prophetentum
ihren Ausdruck fand. So treten denn auch von da an die Jenseits-
vorstellungen in die engste Beziehung zu den apokalyptischen Welt*
Untergangs- und Weltemeuerungrsmythen, mit denen sie in der wei-
teren Entwicklung zumeist völlig zusammenfließen*]. Doch die ana-
loge Entwicklung auf griechischem und wahrscheinlich auch auf
germanischem Boden zeigt, daß es sich hier nicht bloß um eine
singulare Erscheinung handelt. Mögen immerhin, wie Erwin Rohde
wahrscheinlich zu machen suchte, die homerischen Vorstellimgen von
einem traurigen Schattendasein im Hades die im Volksglauben leben-
digen satter gefärbten Unsterblichkeitshofihungen nur zeitweise zurück-
gedrängt haben, fiir das Verhältnis zwischen Ahnenkultus und Jen-
seitsglauben ist diese Frage kaum von entscheidender Bedeutung*).
Denn mag das Seelenland in der großen Masse des Volkes zur Zeit
Homers und vor dieser 2^it eine größere Rolle als im Epos gespielt
haben, so hat dieser Glaube doch in der spezifischen Form der Jen-
seitsvorstellungen erst in den noch mehr als die epische Dichtung
auf auserlesene Kreise beschränkten Mysterienkulten und der von ihr
beeinflußten Philosophie seine Ausgestaltung empfangen. Auch ist
es nicht wahrscheinlich, daß der Volksglaube, ehe er diese Läuterung
und poetische Weiterbildung im Kult und in der mythologischen
Dichtung gewonnen, von jener Vorstellung eines diesseitigen Fort-
lebens der Seele verschieden war, die überall die Bodenschicht eines
solchen Jenseitsglaubens zu bilden scheint.
Nach allem dem sind die Vorstellungen von der Fortdauer der
Seele nach dem Tode früher als die vom Jenseits. Zunächst dauert
die Seele im Diesseits fort, und dieses Fortleben ist auch der Zeit
nach ein beschränktes. Es mag etwa der Dauer der Erinnerung ent-
sprechen, die von dem Toten zurückbleibt. Nach dem Glauben vieler
Naturvölker überleben daher Häuptlinge und Könige länger ihren Tod
als gewöhnliche Sterbliche, und auch die Anfange eines Ahnenkultus
pflegen sich auf diese Ersten des Volkes zu beschränken. Von den
V' Vgl. die karze Obersicht über die älteren israelitischen Anschauungen bei
A. Bertholct, Die israelitischen Vorstellungen vom Zastand nach dem Tode, 1899.
=; Rohde, Psyche^, bes. I, S. 200 ff.
e^8 ^^ Natnrm3rthii
verschiedenen Seelen, die der primitive Seelenglaube unterscheidet,
ist es aber ausschließlich die im Traumlnld erscheinende Psyche,
die, sobald sich Jenseitsvorstellungen ausbilden, in das Totenreich
übergeht; und auch damit ist die gelegentliche Rückkehr zu den
Lebenden, wie sie ja fortan durch das Erscheinen im Traum sich
offenbart, keineswegs abgeschnitten. Charakteristisch für die erste
Ausbildung dieser Vorstellungen sind besonders die Traditionen der
amerikanischen Naturvölker'). Nicht nur hier, sondern noch in der
Osirisreligion der Ägypter, in der der Totenkult und das jenseitige
Totengericht einen so stark hervortretenden, bereits mit weit ausge-
sponnenen Vergeltungsmotiven durchsetzten Bestandteil bilden, sind
im ganzen die Vorstellungen über das Jenseits entweder noch ganz
unbestimmte, oder dieses erscheint einfach als eine Wiederholung des
Diesseits. Man treibt dort die gleichen Geschäfte wie hier, man be-
stellt seinen Acker, besorgt sein Gewerbe, erfreut sich an Jagd und
Spiel; und den Reichen und Vornehmen werden nicht nur Geräte
und Tiere, sondern auch Sklaven in die Grabkammer mitgegeben,
damit sie im Jenseits von ihnen die gleiche Hilfe wie im Diesseits
genießen können"). Das sind Züge, die, sobald sich überhaupt irgend
welche Jenseitsvorstellungen entwickelt haben, in den Leichenbräuchen
aller Völker wiederkehren, die aber ihre stärkste Ausprägung natur-
gemäß bei jenem mittleren Punkt des Weges vom Diesseits zum Jen-
seits empfangen, wo das letztere als ein unverändertes Spiegelbild des
ersteren erscheint.
Zu der allgemeinen Grundlage des Naturmythus und den von den
Motiven der Todesfurcht und der Zukunftshoffnung getragenen Vor-
stellungen von der Psyche kommt nun aber noch ein Drittes: das ist
das besondere Gebiet der kosmogonischen Mythen in der ihnen
vornehmlich erst in der Dichtung gegebenen phantastischen Aus-
gestaltung. Vor allem sind es hier die auf dem Boden der allgemeinen
kosmogonischen Vorstellungen entstandenen Mythen von dem Unter-
gang und der Neuentstehung der Welt, die fast mit allen den einzelnen
Zügen, mit denen sie aus der Hinterlassenschaft einer langen mytho-
logischen Vergangenheit die Dichtung versehen hat, in das Bild
*) Vgl. die Zusammenstellung bei Brinton, Myths of the New World^, 1905,
p. 271 ff.
') A. Wiedemann, Religion der alten Ägypter, S. 135.
Allgemeine Entwicklung der Jenseitsvorstellnngen. ^^g
des Jenseits hinüberwandern. So entstehen Jenseitsvorstellungen, wie
sie wahrscheinlich zuerst in dieser reichen Fülle die Theosophie der
griechischen Orphiker geschaffen, und wie sie dann weiterhin in der
hellenistischen Philosophie und schließlich in der gleichzeitigen, von
dieser Philosophie und von dem israelitischen Prophetentum beein-
flußten jüdischen und christlichen Apokalyptik hervorgetreten sind.
Hier hat der Mythus vom Jenseits einen Höhepunkt erreicht, dem
andere, analoge Mythenbildungen, z. B. die der Germanen, nur in
weitem Abstand sich nähern. Dieser Jenseitsmythus, wie ihn so
Griechentum, Judentum und Christentum im Verein geschaffen, ist
die höchste Steigerung des Naturmythus und des Seelenmythus zu-
gleich. Er ist eine grandiose Dichtung, die freilich an den Steige-
rungen ins Bizarre und Unvorstellbare leidet, die sie von den Welt-
untergangsmythen überkommen hat, und zu denen der kosmogonische
Mythus schon die Anlage in sich trägt. In der Mischung von Mythus
und Dichtung, die er bietet, überwiegt aber so sehr die phantastische
Dichtung, daß in ihr nur noch in den von der Fülle der Bilder über-
wucherten Umrissen die allgemeinen mythologfischen Grundlagen er-
kennbar sind, die durch ihr verbreitetes Vorkommen immerhin die
allgemeine psychologische Gesetzmäßigkeit auch dieser Entwicklung
verraten.
Als eine solche mythologfische Grundlage der Dichtungen vom
Jenseits, wie sie uns in Dantes großer Schöpfung in allem Wesent-
lichen als ein der Tradition entnommenes Gemälde entgegentritt, er-
scheint vor allem die doppelte Projektion des Jenseits in eine unter-
irdische und in eine überirdische Welt. Es sind die zwei Regionen
des Unsichtbaren und doch schon im frühen Mythenmärchen von dem
verlangenden Blick Gesuchten, die sich als die einzigen Orte dar-
bieten, in die die Wohnstätten der Toten, sobald ihre Geister nicht
mehr auf Erden bleiben, verlegt werden. Doch so klar in den ver-
schiedenen Mythenmärchen von den Wanderungen zum Himmel, zu
den Enden der Erde und zu einem Land unter der Erde diese Formen
des künftigen Jenseits schon vorgebildet sind, so gelangen sie doch
keineswegs gleichzeitig zur Ausbildung, sondern die Unterweltsvor-
stellungen gehen voran. Ihnen folgt oft erst in beträchtlichem Ab-
stand der Himmel als Aufenthaltsort der Seelen. Auf die Entstehung
dieses Jenseits im Himmel üben aber jene Zustände der Vision und
xnärchens, in dem HermBrchenu Aber sie Ibldbt«
künftiger Jenseitsmytben, die das mythologische Anfangssta
sich schließt, am längsten latent. Erst im philosophischen Myi
sie als ein letzter Versuch hervor, die künftigen Schicksale d
zu einem anschaulichen Bild zu gestalten. Mit dem Mytiios
Seelenwanderung schwindet daher der Jenseitsmythus überliaiqp
indem allmählich die Bilder von den Wandenmgen in die
bare Welt erlöschen, wird das Jenseits selbst aus einer mytibok
Vorstellung zu einer transzendenten Idee, die mit den sonstig
szendenten Ideen über die letzten Gründe imd Zwecke des Wi
sich verbindet.
2. Die Unterwelt mid ihre Götter.
a. Die Vorstellangen von der Unterwelt
Die Vorstellungen von der Unterwelt finden sich so weit v«
über die verschiedensten Teile der Erde, und die wesentliche
in denen sie übereinstimmen, sind so sehr in allgemeinen ps
gesehen Motiven begründet, daß an ihrer unabhängigen Ent
mindestens in vielen Fällen nicht gezweifelt werden kann, %
natürlich Übertragungen immerhin möglich bleiben. Für ih
Wicklung ist es bezeichnend, daO sich auf den ursprünglicherei
nir.ht seifen Ilhenränore zwi.schen dem Fortleben der Seelen ar
Die Unterwelt nnd ihre Götter.
561
reich, in mancherlei Übergängen kommt namentlich bei vielen ame-
rikanischen Stämmen, die zweite, Wanderungen der Toten zum Himmel
und unter die Erde, teils bei ihnen, teils bei australischen und poly-
nesischen Völkern vor. So erzählen die Cherokesen von Geister-
dörfem, die zwischen Felsen und Bergen oder unter dem Wasser
verborgen seien, und nach denen Lebende, wenn sie spurlos ver-
schwinden, entfuhrt werden*). Nach einer Schilderung der Pawnee
ist der Weg ins Geisterland dunkel, und er fuhrt über ein schwarzes
Wasser, das man auf einer Brücke überschreiten muß, um in ein
helles Dorf zu gelangen'). Das Wasser, über das eine Brücke ins
Totenland fuhrt, wiederholt sich in ähnlicher Weise in vielen Erzäh-
lungen^). Das Geisterland bleibt aber hier meist eine einfache Wider-
spiegelung der Wirklichkeit; und wo sich daneben eine Wanderung
zum Himmel findet, da beruht das offenbar teils auf Unterschieden
lokaler Tradition, wie sie in derselben Weise in mannigfachen Mythen-
märchen vorkommen, teils sind, auf einer etwas vorgerückteren Stufe,
wie bei den Polynesiern und den Kulturvölkern Mexikos und Perus,
diese verschiedenen Aufenthaltsorte der Geister lediglich an Rang-
und Standesunterschiede geknüpft*). Ein Vcrgeltungsgedanke li^
jedoch offenbar diesen Anschauungen fem. Wo sie zu dem Gegen-
satz des christlichen Himmels mit der christlichen Hölle in Ana-
logie gebracht werden, da ist eine solche wohl entweder in sie hin-
eingedeutet oder auch unter dem Einfluß der Missionare in der Form
einer Transformation der ursprünglichen Vorstellungen entstanden.
') Mooncy, Myths of thc Cherokee, Ethnol. Rep. XIX, l, I9<», p. 330^-
'; Dorsey, The Pawnee, p. 41 1 f.
3) Vgl. z. B. die Schilderungen von den Eskimos der Bchringstrtßc bei Nelson,
Ethn. Rep. XVIII, p. 488 ff., von den Zentraleskimos bei F. BoM ebenda VI, p. $»3^.
Daß die in den letzteren Erzählungen erwähnten oberen und unteren Welten die
Aufenthaltsorte der Guten und Bösen seien, macht übrigens christlicbcn Ernflni^ nkr
wahrscheinlich.) Über Geisterdörfer und ähnliches bei den Sioux J- ^- ^o^*^s cbcida
XI, p. 419^", 524 ff. Polynesische Berichte bei Gill, Myths and Song of ^^^^
Pacitique, p. 152 ff. Ellis, Polynesian Rcsearches, I, p. SlSff« ^ "*"^^ "^^^g».
besonders in solchen, die den Verkehr der Bewohner de» Gel»«»"*** ■■ der.
Lebenden betreffen, hat Ellis wahrscheinlich eigenartige Zug« UtBiMi; il ■■•u^
dagegen, z. B. in der Schilderung von Himmel nnd Hölle p- 3*7*» _T~ *^^'"~
lichcr Einfluß zu spüren.) Eine den Norden wie Süden AxacnMMM wmmmmm Zi-
sammen>tcllung gibt Brinton, Myths of the New World^, p. a7**
^^ Hc-onders charakteristisch in Polynesien, vgl. Ellis, ä. •• ^* T
Wundt. Volkcrp>;ychologic II, 3.
c()2 Der Natnnn3rthns.
Dagegen finden sich Analogien zu den Unterweltsvorstellui^ren da
Kulturvölker der Alten Welt, wie wir diese aus dem freilich mir ii
sehr unbestimmten Umrissen geschilderten Scheol der Israeliten, den
Hades der Griechen, dem Orkus der Römer oder auch dem Niflhein
der Germanen kennen, allverbreitet. Zwar sind in den primitivere]
Anschauungen Ober- und Unterwelt noch nicht sicher g^eschieden
Aber zwei Züge treten doch überall schon hervor: der W^ nad
dem Land der Toten ist finster, und er fuhrt über ein dunkies Wassei
Das Totenland selbst ist zwar meist noch ein direktes Ebenbild de
Diesseits. Doch an Andeutungen eines schattenhaften Daseins fehl
es namentlich in dem in den Erzählungen ofl vorkommenden Ver
schwinden der Totengeister nicht, ähnlich wie auch der Verkch
zwischen den Toten und Lebenden ein ausnahmsweises Ereignis zi
sein pflegt, so daß im ganzen das Totenland immerhin als ein Lani
der »Nimmerwiederkehr« g^lt. Die hier erst unsicher ang^edeutetc
Vorstellungen werden nun bei ihrer weiteren Entwicldui^ bestimmte
ausgeprägt. Insbesondere wird die Unterwelt zu einem Reich für sict
das endgültig unter die Erde verlegt ist. Demzufolge ist nicht nu
der Weg finster, der zu ihm fuhrt, sondern es ist selbst dunkel un
kalt. Wenn es nach dem babylonischen Jenseitsmythus von Staut
nach dem nordischen von Nebel erfüllt ist, so sind das verwandt
Ausdrücke für dies düstere und unheimliche Bild. Nicht minder sin«
die Bewohner des Totenreichs jetzt ganz zu Schatten, zu reinen Eben
bildern der Traumgestalten geworden, wenn es auch ein ausnahms
weiser Zug bleibt, daß die Hadesbewohner Homers mit wenigen Aus
nahmen der Erinnerung beraubt sind, die sie nur zeitweise durch da
Blut, das sie trinken, wiedererlangen können.
In der bestimmteren Fixierung, die in diesen entwickelteren Hades
Schilderungen die zwischen dem Diesseits und Jenseits schweifende)
Vorstellungen gefunden, treten nun auch die Motive deutlicher hervoi
die unabwendbar zu diesem Bilde gedrängt haben und darum ein«
unabhängige Entstehung wahrscheinlich machen, obgleich sie natürlicl
Wechselwirkungen nicht ausschließen. Das erste dieser Motive is
der Anblick des starr und kalt daliegenden Leichnams, der den Frost
schauer, der von ihm ausgeht, auch auf seine künftige Wohnstätt<
übertragen läßt. Das zweite ist das schattenhafte Traumbild, di<
Schattenseele, die, auch wo ihre Scheidung von der Körperseele eine
Die Unterwelt und ihre Götter. 563
dauernde bleibt, allein nach dem Hades wandert, und auf die nun
jene Kälte des Toten samt der Trauer um ihn als eine ihm selbst
zukommende Eigenschaft übertragen wird. Als drittes kommt hinzu
die Grabstätte, die den Toten aufnimmt, und die ihm, so lange die
Sitte des Begrabens und der Eindruck des Todes die Jenseitsvor-
stellungen beherrschen, unweigerlich das unsichtbare Reich imter der
Erde als künftige Wohnstätte anweist. Dabei wirken dann wiederum
die Nacht, die den Toten umfangt, nachdem er sein Auge fiir immer
geschlossen, und das Dunkel des seinen Körper aufnehmenden Grabes
zusammen, um das Totenreich selbst zu einer Stätte der Finsternis
zu machen. Endlich als viertes und letztes Motiv kommt die Sonne
hinzu, die am Abend versinkt, um in eine Welt unter der Erde zu
gehen. Wird in einzelnen Mythen der Sonnenuntergang unmittelbar als
Wandern eines Sonnengottes oder Sonnenhelden in eine unterirdische
Welt gedacht, so ist freilich ein solcher Mythus nicht notwendig, um
jenem Phänomen an sich schon seinen Einfluß auf die Unterwclts-
vorstellungen zu sichern. Erweckt dasselbe doch, abgesehen von der
sonstigen Bedeutung, die man ihm beilegt, unmittelbar die Vorstel-
lung einer Welt unter der Erde, während sich mit ihr keineswegs die
andere verbinden muß, daß die Sonne nun dieser unteren Welt leuchte.
Die Verbindung aller dieser Motive zu einer einheitlichen und in so
weiten Gebieten übereinstimmenden Resultanten ist daher schließlich
wieder ein treffendes Beispiel jener mythologfischen Gesamtwirkungen,
bei denen die einzelnen Elemente in dem aus ihrer Verschmelzung
entstandenen Produkt derart aufgehen, daß keines von ihnen in
seiner isolierten Bedeutung mehr erkennbar bleibt. Daher denn auch
umgekehrt keines der Elemente genügt, um den Erfolg zu sichern.
Weder an den Eindruck des Toten, noch an den des Grabes, noch
an den der untergehenden Sonne, noch endlich an das nächtliche
Traumbild ist eine bestimmte Erinnerung vorhanden, wenn sich das
mythenbildende Völkerbewußtsein die Unterweltsvorstellungcn ausmalt.
Aber alle diese Elemente sind zumal vorhanden, sie heben und ver-
dunkeln sich gegenseitig, um auf einer in seiner Gesamtrichtung durch
das Verhältnis der Lebenden zu den vorangehenden Geschlechtern
bestimmten Kulturstufe das Bild einer kalten und finstem Unterwelt
mit freudelosen und schattenhaften Bewohnern zu erzeugen. Wenn
zu den Zügen dieses Bildes als ein mehr sekundärer Bestandteil auch
36*
. . ... '»-^Ai
564 Der Natnrmythiis.
noch die Vorstellung des Totenflusses hinzutritt, über den eine Brücke
oder, im Anschluß an die verwandten Bilder vom Seelenvogel und
Seelenschiff, ein Kahn die Schatten in das Totenland fuhrt, so reflek-
tiert sich in diesen Vorstellungen nur der immer mächtiger werdende
Gedanke einer nicht aufzuhebenden Trennung zwischen Lebenden und
Toten. Auch diese Vorstellung ist darum kein Symbol, wie sie von
einem falschen Reflexionsstandpunkte aus genannt wird, sondern die
unmittelbare Umsetzung des Gefiihls in das sinnliche Bild, das nun
ebenso als Wirklichkeit geschaut wird, wie die im Traum erscheinende
Schattenseele Wirklichkeit imd nicht Symbol ist.
Diesen den objektiven Eindrücken des Todes und seiner Begleit-
erscheinungen entstammenden Motiven gehen nun schließlich zwei
subjektive parallel, die in den starken Afiektwirkungen, die jene Ein-
drücke dauernd zurücklassen, ihre Quelle haben. Das eine, das pri-
mitivere, ist die Furcht vor dem Dämon des Toten, die, indem sie
diesen im Grabe verwahrt, seine Seele aus dem Umkreis der Leben-
den zu entfernen sucht. In seiner naivsten und rohesten Form äußert
sich dies Motiv in jenen Begräbnissitten primitiver Völker, wie ein-
zelner Papuastämme Melanesiens, bei denen das Vei^aben der Leiche
von besonderen Maßregeln gegen das Entweichen der Seele aus dem
Grabe durch Festtreten des Bodens, langdauernde Totenwache u. a.,
umgeben ist '). Ein Nachklang dieser Sitten, bei dem sich das Motiv
in eine Pietätspflicht gegen den Toten umgewandelt hat, flndet sich
noch in der bei allen alten Kulturvölkern, namentlich auch bei den
Griechen verbreiteten Vorstellung, daß der Tote erst Ruhe flnde, wenn
seine Leiche bestattet sei. Das zweite Motiv, das durch diese Um-
wandlung einer Schutzmaßregel in eine Pietätspflicht nicht vermindert,
sondern vielmehr verstärkt wird, besteht in der Todesfurcht des
Lebenden selbst, die sich freilich innerhalb verschiedener Kultur-
bedingungen in abweichenden Formen äußern kann. So lange der
Mensch in überströmendem Tatendrang das wirkliche Leben als ein
nicht zu ersetzendes Gut schätzt, verweist er auch die Schatten der
Verstorbenen in ein dunkles, unerfreuliches Totenreich, in dem die
eigene Furcht vor dem Tode sich spiegelt. Damit wird der Hades
zu einer Objektivierung des Strebens, sich den Gedanken an den Tod
') Schcllong, Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 21, S. 221 ff.
Die Unterwelt und ihre Götter. 565
fernzuhalten. Auch das ist wieder nicht bloß ein äußeres Zeichen,
sondern die unmittelbare, unter dem Einfluß der Begräbnissitten und
der Todeserscheinungen erfolgende Umsetzung dieses Strebens in
Wirklichkeit.
Von hier gehen aber zugleich die Umwandlungen aus, die in
diesen immerhin noch relativ ursprünglichen Anschauimgen eintreten.
Sie umfassen zwei einander nahezu entgegengesetzte Phasen. Inner-
halb der einen sind die Motive der Furcht und des Schreckens in
aufsteigender Bewegung begriffen. Sie sind ja zu jeder Zeit in
größerer oder geringerer Stärke vorhanden. Wo sie in einzelnen
Kulturkreisen zurücktreten, da mögen sie in andern Schichten des-
selben Volkes oder zu andern Zeiten lebendiger seih. Das unaus-
bleibliche Symptom wachsender Todesfurcht ist dann die Ausstat-
tung des Hades mit Bildern des Schreckens. Wie auf Erden, so
ist es nun auch in der Unterwelt das Ungeheuer in seinen mannig-
fachen Formen, in dessen phantastischer Ausgestaltung sich diese
wachsende Furcht betätigt. Wenn dabei die Ungeheuer der Tiefe
vor andern meist dadurch sich auszeichnen, daß sie als peinigende
und fressende geschildert werden, so liegt auch hierfür der Grund in
ihren besonderen Entstehungsbedingungen. Kann sich die Zerstörung
des begrabenen Leichnams dem Auge nicht ganz entziehen, so setzt
der Mythus dieses Werk der Verwesung in das der Hadesungeheuer
um, die bald unmittelbar dem Bild im und am Boden verborgener
Tiere, den Schlangen, Skorpionen, Kröten, entnommen, bald, wie bei
den sonstigen Ungeheuertypen, mit weiteren phantastischen Eigen-
schaften ausgestattet werden. So sind möglicherweise manche der
später auf der Oberwelt hausenden Schreckdämonen ursprünglich in
der Unterwelt zu Hause, wie die Erinyen, die Keren, die Harpycn *).
Aber es scheint doch, daß diese Wesen ihre Bedeutung als Rache-
geister erst auf der Oberwelt gewonnen haben, wo sie den Lebenden
verfolgen, als Verkörperungen seines Gewissens oder des Wahnsinns,
der als eine Folge solcher Gewissenspein gedeutet wird. Neben
diesen zwischen Ober- und Unterwelt schwebenden Wesen hat dann
die letztere noch ihre eigenen Schreckgestalten, wie den Kerberos,
der in den Höllenhunden des indischen Mythus und in anderwärts
' A. Dieterich, Nckyia, 1893, S. 46 ff.
566 Der Natormythn
vorkommenden Wächtern am Eingang der Unterwelt seine Parallelen
hat. So naheliegend es nun aber zu jeder Zeit sein mag*, diesen ge-
fiirchteten Ort mit schreckenerregenden Wesen auszustatten, so zdgt
doch die Art, wie dies geschieht, auffallende Unterschiede, in denen
der Grad dieses Schreckens sich ausprägt So bemerkt man nicht
nur von Homer zu den Tragikern, sondern in anderer Weise audi
von der Nekyia der Odyssee zu der des Virgil in der Aeneis eine
deutliche Steigerung der Schreckensmotive. Dabei zeigt sich dann
freilich, daD damit zugleich auch der Vergeltungsgedanke mit in die
Unterweltsvorstellungen Eingang gefunden hat, der trotz der drei be-
kannten Gestalten des Tityos, Tantalos und Sisyphos und der Qualen,
die sie im Hades erdulden (Od. 11, 5 76 ff.), bei Homer eigenüich noch
nicht vorhanden ist, da jene Ausnahmsstrafen, nur um sie zu dauernden
zu machen, in den Hades verlegt sind, nicht weil dieser selbst an
sich ein Ort der Strafe ist. Immerhin bereitet sich hier schon eine
zweite Metamorphose vor, die in einem jener Steigerung des Schreckens
entgegengesetzten Sinne erfolgt.
Erscheint die Unterwelt Homers als das mythologische Bild einer
Stimmung, die sich teils mit Grauen teils mit resignierter Fassung
von dem Gedanken des Todes abwendet, und steigern sich dann
in der späteren Dichtung die Züge des Schreckens zu den Bildern
von Dämonen und Ungeheuern, die bald aus dem Diesseits ins Jen-
seits, bald aus diesem in jenes zurückwandern, so fordert nun im
Leben wie im Mythus diese Steigerung der Affekte eine Reaktion
heraus, die den Bildern der Furcht die der Hoffnung gegenüberstellt.
Auch in diesen Bildern reflektieren sich zunächst noch durchaus nicht
sittliche Gegensätze mit an sie geknüpften Vorstellungen von Be-
lohnungen und Strafen, sondern kultische Ideen, die selbst aus jenen
Affekten der Furcht und Hoffnung entstanden sind. Die Vor-
stellungen von bevorzugten Stätten der Unterwelt, in denen in lichten
Hainen die den Göttern Wohlgefälligen ein glückliches Dasein führen,
wiederholen hier annähernd wieder jene primitiven Bilder von Geister-
dörfem, in denen die Toten das Leben im Diesseits, nur befreit von
Schmerz und Sorge, fortsetzen. Aber es spiegelt sich jetzt in diesen
Vorstellungen doch zugleich das Streben, das den Frommen erfüllt, sich
dereinst diese Erlösung von den Schrecken des Todes schon während
des Lebens zu erringen. Darum ist diese letzte Wendung der Unter-
Die Unterwelt und ihre Götter. 567
Weltsvorstellungen ganz und gar ein Produkt des Kultus solcher
Götter, die mit Tod und Jenseits in Verbindung gebracht werden.
Der Vorzug, den auf diese Weise der Fromme zu erringen strebt,
wird femer um so mehr gesichert, je strenger der Kreis der Kult-
genossen, die dies erstreben, sich absondert, und je mehr der Kult-
handlung selbst eine magische Kraft zugeschrieben wird, die auf den
Willen der Götter einen Zwang ausüben soll. Darin liegt die un-
geheuere Bedeutung der Mysterienkulte, wie für andere Gebiete des
Mythus und der Religfion, so insbesondere fiir die Ausbildung der
Jenseitsvorstellungen. Das Geheimnis, das diese Kulte umgfibt und
eben um ihrer magischen Zwecke willen umgeben muß, bringt es
freilich mit sich, daß wir von der näheren Ausgestaltung dieser Vor-
stellungen wenig wissen ^. Nur dies tritt klar hervor: bevorzugt ist
im Jenseits nicht der Tugendhafte als solcher, sondern der Fromme,
der den Göttern fleißig Opfer dargebracht, und vor allem der »Ge-
weihte«, der mit der empfangenen Weihe seine Schuld gesühnt hat.
Erst die Philosophie hat hier zunächst neben und dann vor der mysti-
schen Weihe des Frommen die Tugend als solche auch in diesen
Zukunftsbildern zur Herrschaft gelangen lassen. Nun entsteht jene
doppelte Unterwelt, wie sie in Virgils Höllenfahrt des Aeneas ge-
schildert ist. Auf der einen Seite liegt hier der Ort der Unseligen
mit den jammernd umherirrenden Schatten, von denen überdies noch
hinter einer verschlossenen Pforte die mit schwerer Schuld Belasteten
ausgesuchte Qualen leiden (Aen. 6, 548 ff.). Auf der andern Seite
eröffnet sich der Zugang zum Ort der Freude, wo, von Purpur-
glanz umstrahlt, auf grünen Auen die Schar der Seligen verweilt
(637 ff.). Damit ist der Gedanke der sittlichen Vergeltung in diese
Unterwelt eingedrungen. Freilich trägt das Bild immer noch die
Spuren einer gewissermaßen vorsittlichen Scheidung an sich, über
die nicht der eigene Wert, sondern die Zugehörigkeit zu dem Kreis
der von den Göttern Begnadeten entscheidet. Nur die Qual der Ver-
dammnis für die schwerste Verschuldung mit der Vorstellung des
') Auf gricchiichem Gebiet läßt sich hier das meUtc noch, abgctcben von ein-
zelnen homerischen Hymnen, besonders dem aof die Demeter (Hom. Hymn. V, 47x^1)«
der Aristophanischen Komödie (bes. den »Fröschent, 34a ff.) ond der Satire des LnkUn
in dessen »Totcngesprächent entnehmen. Vgl. auch Rohdc', Psyche, I, S. 287 flF.
Dieterich, Nckyia, S. 64 ff.
e68 ^cf Natnrmytlias.
Totengerichts und der nach der Art der Verschuldung bemessenen
Strafe bringt den Gedanken der sittlichen Vergeltung hinzu, während
außerdem der philosophische Dichter noch die Idee der Seelenwande-
rung mit jener Scheidung des Jenseits verwebt hat (7 19 ff.). So sind
es also eigentlich schon die drei Hauptformen des Unsterblichkeits-
gedankens, die sich hier begegnen: das Fortleben in einem dunkeh
Ort der Trauer oder der Qual, das andere in einem Tal der Freude
und des ungetrübten Glücks, und endlich die Wiedergeburt auf Erden').
Aber das Jenseits selbst ist noch ein einziges Totenreich geblieben:
Himmel und Hölle haben sich nicht geschieden. Auch das scheint
wieder ein der Entwicklung des Jenseitsmythus gemeinsamer Zug zu
sein. Der indische und der eranische Jenseitsmythus scheinen g^ldch-
falls ursprünglich nur eine einzige, entweder in unbestimmter Feme
oder unter der Erde liegende Totenwelt zu kennen, in der den Reinen
und den Sündern verschiedene Reiche angewiesen sind*). Ebenso
war die nordische Walhall allem Anscheine nach zuerst im allge-
meinen Totenreich gelegen, und, wie anderwärts, so war es auch
hier kein sittliches Verdienst, das den Auserwählten diese bevor-
zugte Stätte zuwies, sondern der Ruhm, im Kampfe gefallen zu sein.
Darum selbst der Gottessohn Balder, weil er nicht dem offenen Kampf,
sondern der hinterlistigen Tat Lokis erlegen, nicht nach Walhall ein-
geht. Erst durch den späteren Wandel der Vorstellungen ist, einem
allgemeinen Zuge folgend, Walhall zum Himmelssaal geworden, in
dem die Helden Odins Gäste sind^J.
^} Der scheinbare Widerspruch, der hier durch die EinfiihrQDg der Seelenwande-
rongsidee mit den gewöhnlichen Vorstellun^jen über das Elyslum dadurch entsteht, daß
gerade die ins Elysium eingegangenen Seelen zur Wanderung ausersehen sind, hat die
Philologen mehrfach beschäftigt vgl. Rademacher, Das Jenseits im Mythus der Hellenen.
1903, S. 15 ff. Norden, Vergils Aeneis Buch VI, 1903, S. 16 ff. . Wir werden auf
die allgemeinen Grundlagen der Seelenwanderungsidee, mit denen dies zusammenhängt«
unten näher eingehen. Worauf es hier zunächst ankommt, ist die eigentümliche Mischung
der drei Unsterblichkeitsideen, die gerade für dieses Stadium des Übergangs zu den
sittlichen Vergtltungsmotivcn besonders charakteristisch ist.
'; Oldenberg. Veda, S. 544 ff.
3) SchullcTUä. Zur Kritik des altnordischen Walhallglaubens, Beiträge zvlt Ge-
schichte der deutschen Sprache und Literatur, Bd. 12, 1SS6.
Die Unterwelt und ihre Götter. 569
b. Die Unterweltsgötter.
Von dem. Augenblick an, wo die Unterwelt zu einem für sich
bestehenden, von der Oberwelt und dem Himmel abgetrennten Reich
wird, fordert dies Reich auch seine Herrscher. Zeus, Poseidon und
Pluto teilen daher nach griechischer Vorstellung die Herrschaft über
Himmel, Meer und Unterwelt, und ähnlich stellten die Babylonier
ihren Nergal, die Ägypter, bei denen sich diese Scheidung freilich
erst verhältnismäßig spät und auch dann nicht vollständig durchgesetzt
zu haben scheint, den Osiris als Herrscher über das Totenreich den
Göttern des diesseitigen Lebens gegenüber. Aber allgemeingültig
ist, wie schon das letzte dieser Beispiele zeigt, die Scheidung jener
Reiche nicht. Bei Römern wie Germanen begegnen uns zwar be-
stimmt ausgeprägte Unterweltsvorstellungen; doch die Unterwelts-
götter erscheinen, so lange sich nicht fremde Einflüsse bemerklich
machen, noch wenig geschieden einerseits von den unbestimmteren
Wesen der Tiefe, in denen sich lediglich die Schrecken des Todes
verkörpern, anderseits von den Geistern der Ahnen, die dieses dunkle
Reich bewohnen. So haben wir denn in solchen Dämonen der Tiefe
wahrscheinlich die Vorfahren jener höheren Unterweltsgötter vor uns,
die wohl überall erst aus dem Streben der theogonischen Dichtung her-
vorgegangen sind, das unterirdische Reich zu einem Gegenbild des
himmlischen Götterstaates zu machen. Darum mag manches, wie der
mit geöffnetem Rachen laut brüllende Aides, der in schwarzen Flügeln
einherschreitende Thanatos, in der späteren Dichtung als ein bloß bild-
licher Ausdruck für das Grauen der Totenwelt stehen geblieben sein,
obgleich es ursprünglich weder dies noch eine bloße mythologische
Personifikation von Namen, sondern volle Wirklichkeit war, ebenso
wie der Knochenmann mit der Sense in den Formen, in denen ihn
die populäre Holzschneidekunst des 15. Jahrhunderts in ihren Toten-
tänzen dargestellt hat. Ist doch auch der leibhafte Teufel, mit dem
dieser Knochenmann oft eng verbunden ist, selbst im heutigen Volks-
glauben nicht ganz verschwunden. Auch teilt er noch heute mit dem
Teufel das Vorrecht, Schreck- und Spottgestalt zugleich zu sein; und
in dieser Kigcnschaft wetteifert gelegentlich wieder im Märchen »Ge-
vatter Tod« mit dem geprellten Teufel, nicht weü diese Gestalten
nicht mehr ernst genommen würden, sondern weü man sich mit
■■'\^
570 Der Natnnnythiis.
dem Scherz über den bittem Ernst dieses Glaubens an die Dänu
der Unterwelt hinweghilft (vgl. oben S. 48, 130). So reichen sich in
Dämonen der Unterwelt die fernste Vergfangenheit und die unmi
bare Gegenwart die Hände, ähnlich wie der primitive Zaubeigls
und der neueste, als letzter Rest einer langen mythologischen 1
Wicklung zurückgebliebene Aberglaube die nächsten Verwandte $
Zwischen jenem Anfang und diesem Ende liegt aber das nach <
Vorbild der Himmlischen gestaltete Reich der Unterweltsgrötter,
es in üppigster Fülle die Dichtung und bildende Kunst der Griec
gestaltet hat. Nach allen seinen Merkmalen gehört es einer £
mythologischer Entwicklung an, auf der die Dichtung weitaus
Übergewicht gewonnen hat über den ursprünglichen Mythus. I
noch aus den nie ganz versiegenden Quellen primitiven mythol
sehen Denkens herstammende Erscheinung bleibt dabei die Neigi
in der Unterwelt nicht wie im Himmel männlichen, sondern wc
liehen Gottheiten den Vorrang einzuräumen. So fuhrt in Bab]
Eresldgal, nicht ihr Gemahl Nergal die eigentliche Herrscherge^
im Totenreich. Im griechischen Hades tritt hinter Persephone
eigentliche Herrscher Pluto zurück; imd auf einer Stufe, die
unterirdischen Götterstaat überhaupt noch nicht kennt, im nord]
manischen Mythus ist die für die Götter selbst furchterregende Co
Hei die alleinige Herrscherin über die Toten. Es ist derselbe 2
der auch die Erinyen, die Parzen, die Gorgonen, die Graien oder
nordischen Nomen und schließlich die Hexen zu weiblichen Wc
macht, ein Zug, der das ewig Weibliche zugleich zum ewig Fun
baren, die Gestalt, die von der höchsten Anmut umfangen ist,
ihren durch diesen Kontrast gehobenen abschreckenden Formen 2
typischen Bild des Grauens erhebt.
Auf der andern Seite gewinnt das Bild der Unterwelt durch
Dichtung eine neue, dem eigentlichen Mythus ursprünglich femliegfei
Bereicherung. Je abgeschlossener diese Welt der Nimmerwiederk
der diesseitigen gegenübersteht, um so mehr weckt sie den wag
den Abenteuermut des Helden, auch diese Grenzen zu überschreit
Die Heldensage läßt ihn die Schrecken des Todes überwinden,
seine Kraft auch hier zu bewähren. So holt Herakles als äußei
seiner Kraftproben den Kerberos aus dem Hades, und das spät
Epos wiederholt mehrfach solche Hadesfahrten, augenscheinlich ;
Die Unterwelt nnd ihre Götter.
571
keinem andern als aus dem gleichen Motiv einer keine Grenzen der
Weltordnung kennenden Kraftbetätigung. Auch hier mögen zuerst
die Mysterienkulte in ihrem dem Gedanken an das Jenseits zugewandten
Sinn solchen Dichtungen, die bis dahin wenig mehr als Abenteuer-
märchen gewesen waren, einen ernsteren Inhalt gegeben haben. Für
diese Verinnerlichung der Motive ist es bezeichnend, daß der Held
derjenigen Hadesfahrt, die von der späteren Dichtung mit Vorliebe
behandelt wird, derselbe Orpheus ist, den die Sage als den Stifter
der dionysischen Mysterien bezeichnet. Freilich werden wir dann
seine Unterweltsfahrt schwerlich in der Fassung, in der wir sie bei
Virgil und Ovid lesen, als die ursprüngliche ansehen dürfen, sondern
es mögen hier vergessene kultische Beziehungen zug^nde liegen, in
denen die Legende mit der mystischen Entsühnung und Heiligung
der Seele in Beziehung stand. Die spätere Zeit hat dann daraus
jenes Liebesmärchen von Orpheus und Eurydike gemacht, das von
den römischen Dichtem mit den bekannten Märchenmotiven des
Gesangszaubers und des verbotenen Blicks auf ein sich vollziehendes
Wunder ausgestattet wurde (Virg. Georg. IV 453 ff. Ovid Met. X,
II ff.)'). Wie aber auch diese Hadesfahrt ursprünglich beschaffen
war, schon der Zusammenhang des Helden mit der orphischen Theo-
sophie läßt vermuten, daß es sich hier um eine religiöse Legende
handelt, die ein Werk theosophischer Dichtung, nicht urspünglicher
Mythenbildung ist. Klar tritt uns schließlich derselbe Charakter bei
einer der ältesten dieser Unterweltsfahrten, bei der babylonischen
»Höllenfahrt der Istar« entgegen*). Istar, die »Erstgeborene des Him-
mels und der Erde«, zieht aus nach dem »Land ohne Rückkehr«,
dessen Bewohner in Finsternis wohnen, deren Nahrung Erdstaub und
Lehm ist, und die wie die Vögel mit Flügelgewand bekleidet sind, —
sichtlich Anspielungen auf Begräbnis und Seelenvorstellungen. Am
'■ Auf andere Motive religiöser Art weist die Oberliefemng hin, nach der in
einer verlorenen Aeschyleischen Tragödie die Hadesfahrt des Orpheus mit einer durch
sein Saitenspiel verursachten Vernachlässigung des Dionysosdienstes zosammenhing,
— vielleicht eine Anspielung auf den Gegensatz dionysischer und apollinischer Kulte.
Vgl. Preller, Griech. Mythol. ü^, S. 487.
^) A. Jeremias, Babylonisch-Assyrische Vorstellungen vom Leben nach dem Tode,
1887, und Art. Nergall in Roschers MythoL Lexikon III, i, S. 258 ff. (wo anch die
andern babylonischen Höllenlegenden übersichtlich behandelt sind). Zimmern, Die
Keilinschriften und das Alte Testament^, S. 561 ff.
^•j2 I^f Naturmytliiu.
Tör der Unterwelt begehrt sie Einlaß, und Eresldgral^ die Herrin
des Reichs der Toten, befiehlt sie einzulassen. Aber an jedem der
sieben Tore der Unterwelt muß sie eines ihrer Schmuckstücke oder
Gewänder ablegen, so daß sie völlig nackt im iimersten Raum an-
langt, wo die Göttin der Toten sie fesseln läßt und sechzig- Krank-
heiten zumal auf sie losläßt. Doch mit Istars Scheiden aus der Ober-
welt ist alle Zeugungskraft der Natur geschwunden: das erbarmt die
Himmelsgötter, und auf Eas Begehr muß Eresldgal Istar wieder frei
lassen. Sie erhält bei der Rückwanderung durch die sieben Tore ihre
Kleider und Schmucksachen zurück, und bei ihrem Wiedererscheinen
kehren Freude und Fruchtbarkeit wieder auf Erden ein. Das ist ein
unverkennbarer Jahreszeitenmythus, verbunden mit einer lebendigen
Veranschaulichung der Lehre, daß, wer in das Totenreich eingeht,
alle Güter der Erde zurückläßt. Doch in jedem dieser beiden Teile,
im mythischen Bild des Gegensatzes zwischen Tod und Leben wie
in dem des Wechsels von sommerlicher Vegetation und winterlicher
Ruhe der Natur, ist der Mythus ein unverkennbares Werk tfaeoso-
phischer Dichtung, das höchstens noch von den allverbreiteten Vor-
stellungen vom Verkehr Lebender mit Abgeschiedenen und von
der ebenso allgemeinen Assoziation des menschlichen Todes mit
dem der Natur im Winter ihre allgemeinen mythologischen Anre-
gungen empfangen hat. Ein letztes Beispiel solcher Höllen£üirten
bietet endlich die Höllenfahrt Christi. Die z\\ischen Tod und Auf-
erstehung liegende Zeit wird hier durch die Höllenfahrt des Erlösers
ausgefüllt, die zugleich die Vorbereitung zu der der Auferstehung
folgenden Himmelfahrt ist. Damit verbindet sich der auch in den
Ausschmückungen dieser Legende anklingende Gedanke, daß, wie
in der Höllenfahrt das Reich der Finsternis überwimden, so in der
Himmelfahrt der Himmel für den Christen erobert werde. Ohne
Zweifel ist es aber die Tradition jener der griechischen imd orienta-
lischen Sage geläufigen Höllenfahrten, die hier auf die christliche
Legende einwirkte, um sich dann in ihr mit der Himmelfahrt zu
einer Zwciheit zu verbinden, die ihrerseits mit der Scheidung des
Jenseits in ein unterirdisches und in ein oberirdisches Reich zu-
sammenhängt.
Noch eine weitere Vorstellung ist aber an diese Entwicklung des
Untenveltsm\-thus geknüpft, um sich dann im Anschlüsse an das
Die Unterwelt und ihre Götter.
573
himmlische Jenseits ebenfalls auf dieses zu übertragen: das ist die
des Seelenführers. Ausgebildet ist sie zuerst, wie es scheint,
im griechischen Mythus, und hier, wo sie uns zum erstenmal in der
Odyssee begegnet, ist sie wohl aus dem Gedanken entstanden, jenes
gewaltsame Eindringen in den Hades, wie es einzelnen Helden zu-
geschrieben wird, könne nicht ohne besondere göttliche Hilfe ge-
lingen. So geleiten Hermes und Athene den Herakles bei semer
Hadesfahrt (Od. ii, 626). Wenn dann im Anschlüsse an solche
außerordentliche Fälle die Vorstellung sich verallgemeinerte und nun
Hermes neben seiner sonstigen weitverzweigten Wirksamkeit auch
noch die des allgemeinen Seeleniiihrers übernahm, in der er uns
schon in der wundervollen Schilderung der Odyssee des mit seinem
Stabe vor den in Vogelgestalt zwitschernden Seelen der Freier ein-
herschreitenden Gottes entgegentritt (Od. 24, i ff.), so ist es sichtlich
die Beziehung zwischen Traumbild und Schattenseele, die den Gott,
der mit semem Stab den Schlaf und den Traum auf die Lider des
Schlafenden herabsenkt, mit dem gleichen Stabe auch die Seelen
zum Hades treiben läßt. Von da aus sind ähnliche Vorstellungen
auch in die christliche Welt eingedrungen : hier ist es ein besonderer
Todesengel oder im Volksglauben der Tod als Knochenmann in
Person, der die Seele holt; und schließlich ist die gleiche Vorstel-
lung, freilich wieder nur für besondere Fälle, am Teufel haften ge-
blieben, der auserlesene Verbrecher bei lebendigem Leibe in die
Hölle holt. Daneben ist jedoch auch in der höheren mythologischen
Dichtung die Gestalt erhalten geblieben, von der wohl dieser ganze
Vorstellungskrcis ausging: die des Führers fiir den Bevorzugten, dem
es vergönnt ist, in die Stätte der Nimmerwiederkehr vorübergehend
als Lebender einzudringen. Dies Amt pflegt dann aber an einen der
selbst schon im Schattenreich weilenden Geister überzugehen: so
geleitet die Sibylle den Aeneas zunächst zu seinem Vater Anchises,
und nach diesem Vorbild übernimmt in Dantes Höllenfahrt wiederum
Virgil die Führung des jüngeren Dichters.
574 ^^ Natnmiytlias.
3. Der Himmel als Ort der Seligen.
m. Die Himmeltgötter als Heilsgötten
Schon das frühe M}^eiunärchen kennt den Aufstieg zum Ifimmd
und selbst die Vorstellung, daO die Gestorbenen im Mond oder ii
der Sonne ihren Wohnort haben, oder daß Menschen in Sterne vci
wandelt worden seien, kommt gelegentlich vor {vgl oben S. 396I
Aber von diesen primitiven Erzählui^n führt keine Brücke zu dec
Bild des Hinunels als der Wohnstätte der Seligen. Den Au&tiq
zum Himmel voUitihren Lebende, nicht Tote, und davon, daA de
Himmel ein Ort besonderer Glückseligkeit sei, ist nirgends die Redf
Jene primitiven Anschauungen, in denen sich led^lich die übera
wirksame mythologische Apperzeption betätigt, sind in der Tat lang!
verschwunden oder leben höchstens als dunkle Anklänge im MSrdhe
weiter, wenn sich zum erstenmal der Gedanke r^t, den Himmd de
Toten oder mindestens einer bevorzugten Klasse derselben als Wohn
Stätte anzuweisen. Die Göttersage selbst bedarf offenbar einer las
geren Entwicklung, ehe in ihr diese Vorstellung zur Herrsdiaft gl
langen kann, abgesehen von den Fällen, wo die das g^wöhnlidi
Heldentum überragenden Heroen zu Göttern erhoben werden, -
Fälle, auf die man das sonst selten zutreffende Sprichwort wirklich eil)
mal anwenden kann, daß Ausnahmen diCiRegel bestätigen. Denn de
Himmel als Aufenthaltsort der Götter ist eben als solcher dem Men
sehen verschlossen. Dieser muß zum Gott werden, wenn er in de
Himmel gelangen soll. Die Götter dagegen können ihrerseits au
Erden walten, und sie tun das insbesondere auch als Spender voi
Glück und als Beschützer der Einzelnen. So lange der Blick vor
nehmlich dem Diesseits zugewandt bleibt, genügt das auch den
Heilsbedürfnis des Menschen. Die Toten überläßt man ihrem trau
rigen Los, und die Unterweltsgötter erheben sich wohl allmählid
zu Beherrschern des bei weiterer AusbUdung des Göttermythus nich
zu entbehrenden unterirdischen Götterstaates. Aber dabei bleibt die
unterirdische Reich zumeist eine Stätte der Trauer, in die kein segen
spendender Lichtstrahl eindringt.
Immerhin regt sich frühe schon der Gedanke, daß es bevorzugte.
von den Göttern besonders geliebte Sterbliche gebe, die, im Gegen-
Der Himmel tls Ort der Seligen. 575
satze zu den von den Göttern Gehaßten und noch im Hades von ihrer
Rache Verfolgten, von dem trüben Schicksal, dem sonst kein Sterb-
licher entrinnt, befreit sind. Nun gehört freilich zu diesem Schicksal
zuvörderst der Tod selbst, mit dem jene düstern Zukunftsbilder un-
trennbar verknüpft sind. So werden denn die Lieblinge der Götter
vor allem von dem Tode befreit, damit sie fähig sind, ein glückliches
Leben völlig ungetrübt zu genießen. Doch des Himmels, der den
Göttern vorbehalten bleibt, werden sie darum noch nicht teühaftig.
So bietet sich denn hier ein Bild, das, aus der wechselseitigen Assi-
milation der Vorstellungen von einer Wanderung der Seele und von
der Himmelsreise der Sonne entstanden, da und dort schon in primi-
tiven Mythen zum Vorschein kommt: das Bild von einem Seelenland
jenseits des Meeres, in einer Region, wo die Sonne bei ihrem Unter-
gang ferne, unzugängliche Eilande beleuchtet*). Es ist derselbe Kreis
von Vorstellungen, dem die weit verbreiteten Schilderungen von einem
fernen Land angehören, in welchem ein bevorzugtes Volk oder Ge-
schlecht ein glückseliges Leben fuhrt'). Aus diesem Kreis, halb der
Götter- und Heldensage, halb dem Seelenmythus angehöriger Vor-
stellungen, ragen nun als unverkennbare Übergänge zu dem Bild eines
Wohnorts der Seligen im Himmel jene Mythen von einer Entrückung
hervor, die in einem solchen fernen glückseligen Lande bevorzugten
Helden durch die Götter zuteil geworden ist So ist nach dem Gil-
gamesch-Epos dem babylonischen Noah, Utnapistim, das »Land an
der Mündung der Ströme« als Wohnstätte angewiesen: dort soll er
mit seinem Weibe leben, »den Göttern gleich« (Taf. XI des Gilgamcsch-
Epos, Jensen). Menelaos wird nach der Odyssee auf der Heimkehr
von Troja zur »Elysischen Flur an den Grenzen der Erde« entrückt,
wo Rhadamanthys wohnt und den Menschen leichtestes Leben, frei
von Winter, Sturm und Regen, beschert ist (Od. 4, 560fr.). Es ist,
wie diese Verse erkennen lassen, nicht Menelaos allein, sondern eine
ganze Schar Auserlesener, die offenbar, da Rhadamanthys als Herrscher
gedacht ist, neben dem Reich des Himmels und der Unterwelt eine
Art dritten Reichs des Jenseits bilden. Dieser Vorzug wird aber auch
'] Tylor, Anfänge der Kultnr, II, S. 60 ff.
') Auf griechischem Boden fallen in das Gebiet dieser geographiachcn Mythen
vor allem die zugleich mit Kaltmythen eng znsammenhXngenden Hypcrborecnagcn
(O. Crusius, in Roschers Lexikon, I, S. 2805 ff.).
e76 ^^^ Natarmythns.
hier den Bewohnern dieses Elysiums nicht etwa als Verbreitung i
ihre Taten, sondern um ihrer persönlichen Beziehungen zu den Götte
willen: so dem Menealos, weil er als Gemahl der Helena Eidam d
Zeus ist (569). Die spätere Dichtung hat dann diese Vorstellung s
die Helden vor Troja überhaupt ausgedehnt: sie sind Hesiods viert
Geschlecht, dem am Rande der Erde unter der Herrschaft des Krön
glückliche Wohnsitze angewiesen sind (Hes. W. u. T. 167 fr.).
Ein zweiter Weg, der in seinen ersten Anfangen eben&Us fni
bereits angedeutet ist, aber doch erst auf einer späteren Stufe <
Jenseitsmythus mit Entschiedenheit eingeschlagen wird, besteht in <
Abtrennung einer besonderen Region von dem •übrigen Reich »
Schatten: es ist die Vorstellung eines im Hades selbst gel^enen E
siums, das uns oben schon zugleich als Ausgangspunkt der Veif
tungsvorstellungen begegnet ist (S. 566 f.). Für den nahen Zusamm
hang dieser beiden Formen eines doppelten Jenseits ist es bezeicbne
daß Virgil, der am eingehendsten das unterirdische Elysium geschik
hat, denselben Rhadamanthys, der nach der Odyssee die Gefilde
Seligen beherrscht, in der Unterwelt zum Richter über die Frc
macht (Aen. 6, 566).
Es sind wahrscheinlich mehrere Motive gewesen, die zu versc
denen Zeiten zusammengewirkt haben, um diese Vorstellui^en
einem Paradies in einem fernen irdischen Lande oder von cii
Elysium unter der Erde in die andere vom Wohnsitz der Seligen
Himmel überzuführen. Auf der einen Seite ist es die unbedit
Oberherrschaft eines einzigen Gottes, die den Seelen der Ahnen nc
den untergeordneten Göttern, die nun zum Teil in die Reihe dienet
Geister herabsinken, eine Stelle im Himmel verschafft. So fiil
nach der Vorstellung der alten Ägypter der Sonnengott Ra die
einer Leiter zu ihm aufgestiegene oder als Vogel emporgeflog
Seele in seinem den Himmel umkreisenden Wagen mit sich, —
Reflex, wie es scheint, der noch heute besonders bei afrikanisc
Völkern verbreiteten Vorstellung vom Sitz der Verstorbenen in
Sonne '). Am reinsten ausgebildet begegnen wir aber diesen Himn
Vorstellungen in den einander nahe verwandten Anschauungen
Inder und Eranier. In Indien richten sich die ältesten Gebete
') J. Spieth, Die Ewc-Stämme. S. 555 ff.
Der Himmel als Ort der Seligen. cy*^
Opfer für das Heil der Verstorbenen an Indra, den Beherrscher des
Himmels, neben dem der später zum Führer der Toten auf ihrer
Himmelsreise und dann zum spezifischen Totengott erhobene Yama
als »Erster der Sterblichen« zunächst nur als der erste Mensch ge-
golten zu haben scheint, der diese Himmelsreise angetreten habe
(Rigveda IX, 113, 7, XVHI, 3, 13)*). Daß namentlich in den späteren
Liedern die Speiseopfer auch den Gestorbenen und zuletzt anscheinend
ihnen ausschließlich gelten, entspricht einer noch sonst mannigfach
wiederkehrenden Verschiebung der Vorstellungen, die in diesem Fall
durch die Vorherrschaft begünstigt wurde, die die Opferidee im Kultus
gewann, und die die alten Naturgötter schließlich ganz hinter dem
göttlich verehrten Opfertrank zurücktreten ließ. Daß daneben die
Sitte der Leichenverbrennung den Vorstellungen von der Erhebung
zum Himmel hilfreich en^egenkam, ebenso wie umgekehrt in einem
früheren Stadium die des Begrabens denen von der Unterwelt, ist
selbstverständlich, wenn sie auch schwerlich eine entscheidende Be-
deutung besessen hat. Das lehrt, abgesehen von der trotz der Leichen-
verbrennung herrschenden Hadesvorstellung der homerischen Welt,
das Jenseits des Avesta, wo die Wohnstätte der Seelen im Himmel
eine noch wichtigere Rolle spielt als in den Veden, obgleich nach
einer lange noch beibehaltenen persischen Sitte die Leiche nicht ver-
brannt, sondern den Raubvögeln zur Speise ausgesetzt wurde (Ven-
didad 3, 43; 7, 125 fr.). Aber ein anderes, in der allgemeinen Ent-
wicklung dieser Vorstellungen offenbar wirksameres Motiv hat hier
dem Himmel seinen frühen Eingang in die Jenseitsvorstellungen ver-
schafft: Ahuramazda, der lichte Himmelsgott, ist der Alleinherrscher
in diesem Reich der Seligen. Seine Diener sind die Geleiter der
Seelen auf dem Wege, der über die Sinvatbrücke zum Rande des
Himmels führt: sie beschützen die Seele gegen die bösen Dämonen,
das Gefolge des Agramainyu. Wo in dieser Weise der M3^us den
Himmelsgott erhebt, da regt er aber von selbst die weitere Vorstellung
an, daß dieser Gott die Seelen der ihm Wohlgefälligen in seiner
Himmelswohnung um sich versammle. Sie wird dann durch die
Gegenherrschaft eines zweiten, in der Tiefe hausenden Fürsten der
Finsternis unterstützt und dem Gebiet der Vergeltungsvorstellungen
'^ Oldenbcrg, Religion dei Veda, S. 53© ff.
Wundt, Volkerpsychologie II, 3. 37
^Wf^
ttj% Der Natunnythss.
genähert. Zugleich machen es aber diese Bedingung^en begreiflidi,
daß ein Grötterhimmel wie der babylonische und assyrische mit seineii
einander annähernd in gleicher Macht gegenüberstehenden Göttern,
ebenso wie der griechische, sich einem solchen himmlischen Elysium
lange verschloß. Hier ist es darum ein zweiter mythologischer Vor-
gang gewesen, der endlich dem lange allein herrschenden unterirdi-
schen Totenreich ein himmlisches gegenüberstellte: er bestand ofTenbai
in jener innigen Verschmelzung der Totenkulte mit den Veg^etations-
kulten, wie sie vornehmlich in den Genossenschaften der eleusinischec
und dionysischen Mysterien zur Ausbildui^ gelangte. Indem die
gleichzeitig der Ober- wie der Unterwelt zugehörenden Grötter diesa
Kulte die alten Unterweltsgötter zurückdrängten, hoben sie auch die
Seelen mit sich zum Lichtreich empor. Wie Demeter und Dionysos k
die Reihe der alten Himmelsgötter eintraten, um diese zu dem Zwölf*
göttersystem zu ergänzen, so verschafften sie auch einer Himmels-
wanderung der menschlichen Seele Raum, die von da an ohnehin
durch das Eindringen der indisch-persischen Religionsanschauuogeo
gefordert werden mochte. Sind sie es doch auch, die sichtlich k
die dieser Richtung ursprünglich ferne liegenden vorderasiatischen
Kulturkreise, wie vor allem in die Jahwereligion der Israeliten, Eingang
gefunden haben. Inwieweit Wanderung und spontane Entwicklung
aus längst vorbereiteten Motiven zusammengewirkt haben, muß abei
auch hier, soweit nicht direkt, wie bei den Satans- und Engels-
vorstellungen, singulare Beziehungen offenkundig sind, dahingestellt
bleiben.
b. Die Himmelfahrt der Seele.
Unter den verschiedenen Formen, in denen die Seele nach dem
Tode weiterlebt, ist es die Psyche, die Hauch- und Schattenseele,
der nach den Vorstellungen der Völker der Himmel als Wohn-
stätte angewiesen ist*). Das lehren besonders solche Fälle, wo die
Scheidung zwischen Körperseele und Psyche erhalten blieb. So
nicht bloß bei den Ägyptern, bei denen der ganze Totenkultus aus
diesem eigenartigen Dualismus zwischen der an die Leiche gebun-
denen Körperseele und der zum Himmel entschwebenden Psyche er-
Vgl. Teil II, S. 4off.
Der Himmel als Ort der Seligen. eng
wuchs, sondern auch bei den Eraniem, wo die vornehmlich auf das
geistige Fortleben gerichtete Zarathustrische Lehre die gleiche, in
der ursprünglichen Volksanschauung wurzelnde Zweiheit der Seelen
nicht zerstören konnte. Bei ihnen wurde die Leiche allem Anscheine
nach deshalb den Aasvögeln zur Speise geboten, damit die geistige
Seele um so freier zum Himmel schweben könne. Denn bei jener
Zerstörung der Leiche nehmen die Daevas Tod und Krankheit, Alter
und Unreinheit in sich auf, worauf dann die geistige Seele, fernerhin
nicht von ihnen behelligt, zum Himmel aufsteigt*). Augenschein-
lich wurden in den den Leichnam verzehrenden Tieren die Daevas
selbst lebendig gedacht, und man kann sich dem Eindruck nicht ver-
schließen, daß der von frühe an die persische Religion erfüllende
ethische Dualismus hier auf die Psyche und die Körperseele übertragen
sei: jene gehört von Hause aus dem Lichtreich des Ormuzd, diese
dem finstern Gegenreich des Ahriman an, dem sie durch seine
Dämonen zugeführt wird. Dabei werden aber gleichwohl Psyche und
Körperseele, ähnlich, wenn auch nicht dauernd wie in Ägypten, zu
einander in Beziehung gedacht, da die Psyche erst ungehindert in
den Himmel eingehen kann, wenn die Körperseele und mit ihr das
Unreine, das auch sie zur Tiefe zurückzuführen droht, zerstört ist.
Das äußert sich darin, daß die Himmelfahrt der Psyche durch die sie
verfolgenden Daevas fortwährend bedroht wird. In diese Anschau-
ungen vom Kampf guter und böser Mächte um die Seele und vom
Kampf einer reinen und einer unreinen im Menschen selbst spielen
die Vorstellungen einer Läuterung von irdischer Unreinheit hinein,
die nun im Kultus als Vorbedingungen für die Auffahrt zum Hinunel
erscheinen. Zugleich wurzeln aber hierin die weiteren Vorstellungen
von einer Trübung der ursprünglich reinen Natiu* der Seele durch die
körperliche Materie, wie sie vor allem Plato ausgebildet hat.
Wie nun der Begriff der Psyche auf zwei Grundanschauungen zurück-
geht, auf den Hauch des Atems, der beim Tode den Menschen ver-
') Vendidad 7, 137 ff*. ^^^ vielverhandelte Frage nach dem Alter des Avetta
(vgl. über diese Tiele, Archiv fUr Religionswissenschaft, I, 1898, S. 337 £, Bontiet,
ebenda IV, 1901, S. !$$((') kommt fUr diesen Punkt kaom in Betracht Denn der
i^anze Charakter dieser Vorstellungen macht deren Zusammenhang mit alten Volksan-
schauungen und Kulten jedenfalls im höchsten Grade wahrscheinlich, welcher Zeit
auch ihre literarische Fixiemng angehören mag.
37*
580 Der Nattmnythns.
läßt, und auf das Bild Lebender oder Verstorbener, das in Traun
und Vision erscheint, so verzweigen sich auch die Vorstellungen voi
der Himmelfahrt der Seele wieder nach zwei Richtungen. Auf de
einen Seite ist es der Tod, der die endg^tige I-fimmelfahrt und ihr
Aufnahme in den Chor der seligen Geister einleitet. Auf der anden
Seite ist es die Seele im Zustand der Verzückung, in dem sie über
irdischer Offenbarungen gewürdigt und ihr vei^önnt wird, schon wäh
rend des Lebens sich zum Himmel zu erheben und dessen Geheim
nisse zu schauen. Nun kann nur das, was solchen bevorzugten Seele
auf ihrer visionären Himmelsreise widerfahrt, überhaupt zur Kund
der Menschheit gelangen. Darum sind es Vision und Ekstase
die, wie sie schon in die Vorstellungen von der Psyche eii^
griffen haben, insbesondere auch die Bilder von der Hinunelfahrt de
Seele während des Lebens und nach dem Tode, sowie die de
Himmelreichs selbst gestalten. Dabei wirken natürlich auf diese ww
jene auch die sonst in der Volksanschauung verbreiteten, aus anden
Quellen stammenden Vorstellungen, sowie die älteren wie spätere!
Elemente des Naturmythus ein. So, wenn die Seele als beflügelte
Wesen zum Himmel eilt, oder wenn sie von beflügelten Engeln geleite
wird, oder wenn die Himmelsräume in einer bestimmten Ordnan|
übereinander gelagert erscheinen. In dem allmählich reicher sich ge
staltenden Aufbau künden sich dann hier zugleich astrologische Ein-
flüsse an. Ist in der primitiven Mythologie und in den von Astro-
logie und gelehrter Mystik unberührt gebliebenen Volkskreisen dei
heutigen Kulturvölker das Himmelreich immer noch ein einziger Raun
geblieben, so hat es priesterliche Spekulation frühe schon zu dre
übereinander liegenden Himmelsstockwerken erweitert. So schildert
Paulus eine Ekstase, in der er bis in den dritten Himmel erhoben
wird, um dort »Dinge zu sehen und Worte zu hören, die kein Mensch
nachsprechen kann«; und wenn er hinzufügt, ihm habe >des Satans
Engel einen Pfahl ins Fleisch geschlagen, damit er sich der gehabten
Offenbarung nicht überhebe« (2. Kor. 12), so erinnert auch das an
die eranische Vorstellung von den zwei Seelen, von denen die eine
den Daevas gehört, und die andere allein gewürdigft wird, zum Himmel
einzugehen. Wenn aber in den meisten Überlieferungen dieser Himmel-
fahrtsliteratur die Drei- der Siebenzahl Platz gemacht hat, so ist das
offenbar der wachsenden Verbreitung der heiligen Sieben zu danken,
Der Himmel als Ort der Seligen. cSl
ohne daß im übrigen auf diese Vorstellungen, die wohl zumeist andern,
teils indisch -eranischen teils griechischen Quellen entstammen, ein
sonstiger Einfluß babylonischer Mythologie stattgefunden haben müßte.
Wissen wir doch, daß gerade die Siebenzahl zu jenen mythologischen
Bestandteilen gehört, die nicht selten als isolierte Fragmente gewan-
dert sind. In der poetischen Ausgestaltung der Vorstellungen von
der Himmelfahrt der Seele, wie sie in der hellenistischen Zeit von der
jüdischen und christlichen Apokalyptilc, sowie von den platonisierenden
Richtungen der griechischen Philosophie ausgebildet worden sind,
herrscht daher bald die Drei-, bald die Siebenzahl, je nach dem
Übergewicht der einen oder der andern dieser heiligen Zahlen, oder
beide wechseln wohl auch miteinander, wie in dem merkwürdigen
Buche Henoch, der am reichsten ausgeführten dieser Schilderungen,
in den verschiedenen Visionen, die hier zusammengestellt sind*).
Dabei macht sich die vorherrschende Tendenz der Vision, ihre Bilder
in den Himmel zu verlegen, darin geltend, daß in diesen Visionen
nicht nur der Ort der Seligen, das Paradies, sondern auch die Woh-
nung der Verdammten und der gefallenen Engel in einem der Him-
melsräume untergebracht wird. Nur befinden sich die Seligen in einem
höheren Himmel, und Gott selbst thront endlich in dem höchsten,
dem siebenten. Wer ihn betritt, muß sich seiner irdischen Kleider
entledigen, um statt ihrer himmlisches Gewand zu empfangen. Es
ist dieselbe Vorstellung, die uns in verschiedenen Formen überall
wieder begegnet: in das Jenseits, mag dieses die Unterwelt oder der
Himmel sein, geht der Mensch nackt, wie er geboren ist. Doch der
semitische Jenseitsmythus, von der Höllenfahrt der Istar an bis zu
Henoch und den spätjüdischen Mystikern, läßt den Besucher des
Jenseits nur das äußere Kleid von sich tun, der eranische und grie-
chische entkleidet die Psyche auch ihrer eigenen Körperlichkeit. Hier
erst bereitet daher der Mythus jene Idee einer rein geistigen Seele
vor, wie sie durch die platonische Philosophie dem Abendland über-
mittelt wurde, um dann in der Vorstellung von einem Ausziehen
des irdischen und dem Anziehen eines himmlischen Leibes, wie sie
') A. Dillmann, Das Buch Henoch, Kap. 17 ff., 70 ff. Die Verschiedenheit dieser
Schildeningen rührt jedenfalls von der Zosammensetznng dieses Boches ans Terschie-
<lenen Oberliefemngen älteren und jüngeren Datums her. (Vgl. darüber Bonsset, ArelÜT
für Religionswissenschaft, IV, S. 138 ff.)
eg2 Der Natarmythns.
uns bei Paulus begegnet (i.Kor. 15, 40), eine eigentümliche Vermitt-
lung zu finden, die im Grunde nur zu der alten, direkt dem Tranm-
bilde entstammenden Vorstellung von der Schattenseele zurückkdirt
In den Schilderungen der Apokalyptiker und der platonisierendett
Theosophen sind es zunächst Einzelne, denen in Augenblicken der
Erleuchtung der Vorzug zuteil wird, den Himmel zu schauen, hi
den gnostischen Sekten und in den Mysterienkulten, die den grie-
chischen und orientalischen Göttern, dem Dionysos, Attis, Mithras,
der Isis geweiht waren, wurden dann solche Visionen Einzelner zu
Bildern über die allgemeine Zukunft der Seelen erweitert, die in den
Kultlegenden über die einstigen Schicksale des die menschliche Seele
zum Himmel erhebenden Gottes ihre Grundlage fanden. So sind
diese himmlischen Zukunftsvorstellungen zu gemeinsamen Bestand-
teilen der im hellenistischen Zeitalter einander bekämpfenden Reli-
gionen geworden, um von da aus den kommenden Jahrhunderten im
wesentlichen unverändert überliefert zu werden*).
Wie die Hauptquellen dieser himmlischen Jenseitsvorstellungen,
Vision und Ekstase, von denen der apokalyptischen Weltuntergangs-
und Weltemeuerungsmythen (S. 465 ff.) nicht wesentlich verschieden
sind, so fallen übrigens auch die Vorstellungen hier und dort in allen
Hauptpunkten zusammen, und mit den kosmogonischen Mythen sind
daher eschatologische Ideen beider Art oft eng verbunden. Sie
vermischen sich dann aber noch mit einer dritten Form visionärer
Schilderung, nämlich mit Berichten über eine ferne, der gewöhnlichen
') Wo die in den Mysterienkalten der hellenistischen Zeit znr Ausbildung ge-
langte und dann auch von dem Christentum übernommene Vorstellungsreihe ihren
Ursprung genommen habe, ist eine vielverhandelte, aber auf Grund der uns gegen-
wärtig zugänglichen historischen Zeugrnisse schwerlich zu entscheidende Frage. Als
sicher dürfte nur feststehen, daß diese Vorstellungen dem Judentum und folgeweise
auch dem Christentum zunächst von außen, teils von den orientalischen Religionen
her, teils aus den griechischen Mysterienkulten und philosophischen Schulen, zuge-
flossen sind. Für vorwaltend babylonische Einflüsse ist namentlich Anz (Zur Frage
nach dem Ursprung des Gnostizismus, 1897), für eranische Bousset (Archiv für Reli-
gionswissenschaft, IV, 1901, S. 229 fl"/, für griechische und teilweise ägyptische Dieterich
(Mithraslithurgie, S. 179 ff".) eingetreten. Das Entscheidende und völkerpsychologisch wie
kulturgeschichtlich vor allem Bedeutsame bleibt wohl, daß der allgemeine Drang der
Zeit in dieser Richtung geht. Er mochte es auch bewirken, daß zu den verbreitetsten
Religionsanschauungen dieser Zeit, der des Mithraskultus und des Christentums, Ele-
mente verschiedenen Ursprungs zusammenflössen, indem die psychischen Vorbedin-
gungen zu ihrer Assimilation überall vorhanden waren.
Das Jenseits als Ort der Vergeltung und die Seelenwanderung. 583
Überlieferung unzugängliche Vergangenheit oder auch mit solchen
über jüngere, aber nur einem engeren Kreise von Auserwählten offen-
bar gewordene Ereignisse. Hier enthält daher die Vision alles, was
überhaupt einer Erzählung im weitesten Sinne zugänglich sein kann:
Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit. Das ganze Reich möglicher
Geschichte wird so zum Gegenstand ekstatischer Eingebung. Der
verzückte Visionär sieht sich selbst in den Himmel erhoben und er-
lebt so in unmittelbarster Gegenwart die Seligkeit des himmlischen
Daseins. Bei dieser Erhebung in überirdische Sphären werden ihm
dann Offenbarungen zu teil, die sich ebenso auf die Zukunft der Seelen
wie auf die der Welt im ganzen beziehen; und nicht minder erschaut
er in rückwärts gerichteter Prophetie das bereits Erlebte, aber von
den Augen anderer oder von Menschen überhaupt nicht Gesehene.
Da eröffnet sich nun jenes weite Gebiet visionärer Offenbarungen, das
sich von der Entstehung der Welt und den ältesten Zuständen der
Menschheit bis zu den Eindrücken der jüngsten Vergangenheit und
über diese hinaus bis zum Ende der Welt erstreckt. So schöpft
schließlich insbesondere auch die Legende über die Taten und Wunder
der Heiligen und Gottgesandten aus der gleichen Quelle, die der un-
erschöpfliche Born der Bilder von den Schicksalen der Seele im Jen-
seits ist. Die Himmelfahrt der Seele und die Himmelfahrt des
Heiligen, wie sie die Legende von Elia, von Jesu und von so vielen
der späteren Märtyrer erzählt, sie sind schlieDlich die nämlichen, jedes-
mal nur in ein anderes Gewand gekleidet, und, sobald sie auf die
heilige Geschichte bezogen werden, von jenem Glorienschein umgeben,
der zu einer Bürgschaft ihrer Wahrheit und damit zugleich zu einer
solchen für die künftige Himmelfahrt der eigenen Seele wird. Denn
das Wort des Paulus »So die Toten nicht auferstehen, so ist auch
Christus nicht auferstanden« (i. Kor. 15, 16), gilt auch fiir die Himmel-
fahrt, die ja nur eine psychologisch wohlmotivierte Fortbildung der
Auferstehungslegende ist.
4. Das Jenseits als Ort der Vergeltung und die Seelenwanderung.
a. Himmel und Hölle.
Die Vorstellung, daß das Leben im Jenseits ein glückliches oder
unglückliches sei, je nachdem der Verstorbene in seinem diesseitigen
^34 I^Cf Natormythns.
Leben einen Anspruch auf Lohn oder Strafe erworben habe, ist ein
verhältnismäßig spätes Erzeug^nis einer Wechselwirkung der mytiio-
logischen Jenseitsvorstellungen und der im wirklichen Leben zur Aus-
bildung gelangten ethischen Motive der Rache und des Mi^eftihls,
der Strafe und Belohnung. Die allmähliche Entwicklung dieser Mo-
tive von der aus dem unmittelbaren Affekt geborenen Rache imd
Hilfe an bis zu Belohnung und Strafe ist uns in den mannigfaltigsten
Bestandteilen des Mythus, namentlich im mythologischen Tiermärcfaen,
schon entgegengetreten (S. 157 ff.)- Wie diese andern M}rthengebiete,
so entbehrt nun aber auch der Jenseitsmythus anfanglich ganz der
ethischen Motive, die zu Vergeltungsvorstellungen fuhren könnten,
und auch wo sich diese zum erstenmal regen, da sind sie noch so
stark vermischt mit andern, im Zauberglauben und in den von ihm
getragenen Kultusnormen wurzelnden, daß der Vergeltungsgedanke .
höchstens in einzelnen schwachen Anläufen zu bemerken ist. Auch
da regt er sich, ganz so wie bei den Zauberverwandlungen des
Mythenmärchens, zunächst noch ganz in der Form der Rache, wie
bei den bekannten Frevlem in der Nekyia der Odyssee, denen als
lichteres Bild ein elysisches Dasein einzelner Auserwählter, nicht als
Lohn für eigene Verdienste, sondern als ein durch göttliche Ab-
stammung oder sonstige willkürliche Gunst er^^'orbenes besseres Loos
gegenübersteht (S. 566 f.).
Immerhin bereitet sich in solchen einer eigentlichen Vergelümg
vorausgehenden Regungen eine auch fiir jene unerläßliche Bedingung
vor: das ist die Ausbildung von Gegensätzen in den Vorstellungen
über die Wohnorte der Abgeschiedenen. In ihnen müssen ja natur-
gemäß die Mittel bereit sein, mit denen sich dann später die Ver-
geltung selbst vollziehen kann. Hier ist es nun vor allem die visio-
näre Ekstase, die das meiste dazu geholfen hat, den Tod seiner ihn
anfanglich allzu ausschließlich umgebenden Schrecken zu entkleiden.
Jene Bilder unaussprechlichen Glückes würden niemals ohne die Vision
möglich gewesen sein. Der Traum fuhrt höchstens zu entfernten An-
näherungen, neben denen die den mannigfachen Formen des Angst-
traumes entnommenen Bilder des Schreckens nicht zu fehlen pflegen').
Das Schwelgen in lichten und lustvollen Bildern, wie es die Vor-
stellungen himmlicher Glückseligkeit hervorbringt, ist nur der Vision
') Vgl. Teil II, S. 109 ff.
Das Jenseits als Ort der Vergeltung and die Seelenwandemng. e3e
eigen, und in dieser wunderbaren Ausmalung der Zukunft liegt daher
mindestens ebenso sehr wie in der Erhebung über Bedrängnis und
Schmerz, die sich in den Leiden der Märtyrer und Asketen bekundet,
ihre große Bedeutung für die religiöse Entwicklung. So entspricht
es denn der natürlichen Folge der Motive, daß die beiden Gebiete
des Jenseits, deren sich der Vergeltungsgedanke zur Verwirklichung
der Strafen und Belohnungen bemächtig^, ursprünglich nicht nur un-
abhängig von ihm, sondern auch unabhängig voneinander entstanden
sind. Die Todesfurcht geht in dieser natürlichen Entwicklung allem
andern voraus. Sie bedarf keiner besonderen Einflüsse. Der An-
blick Sterbender und das Erscheinen der Schatten Verstorbener im
Traum lassen diese Furcht niemals erlöschen, die in dem Bild der
Unterwelt ganz den ihr adäquaten Ausdruck findet Erst unter ge-
wissen Ausnahmebedingungen und zumeist in einer späteren Phase
der Entwicklung gewinnen Ekstase und Vision, gefordert durch tur-
bulente Kulttänze, durch zufällig entdeckte und dann ebenfalls der
Kultpflege dienstbar gemachte Mittel, endlich durch Askese und
prophetische Begeisterung, eine Macht über einzelne Personen, die
von ihnen aus weitere Kreise ergreift. So entsteht, im Gegen-
satze zu der in generellen Bedingungen wurzelnden Hadesvorstellung,
das himmlische Jenseits mit seinen beglückenden Bildern. Es er-
öffnet sich, auch darin im Kontrast zu den Hadesbildem, zuerst dem
Verzückten in bevorzugten Momenten des diesseitigen Lebens, um
dann zum Zukunftsbild für das Leben der Seele nach dem Tode
erhoben zu werden. Beide Reiche, das finstere unterirdische und das
lichte himmlische, stehen wohl zunächst außer Berührung. Indem
aber beidemal der Gedanke eines die Ungleichheiten des wirklichen
Lebens wiederholenden verschiedenen Schicksals im Jenseits sich ein-
schiebt, erhebt sich innerhalb jedes dieser Bereiche das Bedürfnis nach
einer Ausnahmeregrion, nur jedesmal natürlich in entgegengesetztem
Sinne: aus der finstern Unterwelt sondern sich lichte Felder für die
Bevorzugten, die, wenn der Kontrast mit der Wohnung der Trauer
zu groß wird, aus ihr hinaus in die diesseitige Welt, m ferne Eilande
der Seligen verlegt werden. Das visionäre Jenseits im Himmel ge-
winnt dagegen, indem hier die Vervielfältigung der Himmelsräume
mitwirkt, irgend einen unteren unter diesen Räumen für solche, die
der vollen Erhöhung zu den Himmlischen nicht gewürdigt werden.
e85 Der Natnrmjrthns.
Damit ist nun auch schon eine Verbindung der beiden Auf-
enthaltsorte der abgeschiedenen Seelen nahegelegt, so daß es om
eines kleinen, möglicherweise in verschiedenen Fällen iinabbäDg^
vollzogenen Schrittes bedarf, um ihn zu tun. Allem Anscheine nad
ist es der eranische Mythus mit seinen ursprünglich kosmogonischca
aber frühe schon zugleich zu ethischer Bedeutung sich auswachsendcf
Vorstellungen eines Licht- und eines Nachtgottes gewesen, in welchen
jener Gegensatz von Licht und Dunkel mit dem der Höhe und de
Tiefe, des Himmels und der Hölle als der Gebiete der im grofiei
Weltkampf miteinander streitenden Götter samt den Scharen ihre
dienstbaren Geister zur Ausbildung gelangte. Das konnte freilich nn
in einem Stadium geschehen, wo jede der beiden Formen der Zu
kunftsvorstellungen ihre allzu ausschließliche Macht eingebüßt hatti
und beide bereits unter den Einfluß einer nüchtern abwägende!
theosophischen Spekulation gelangt waren. Da mußte sich nun de
Gegensatz der beiden Götter und ihrer helfenden Geister aus den
Kampf um die Weltherrschaft in einen Kampf um die Seele ver
wandeln, an welchem die Seele selbst in um so höherem Maße be
teiligt wurde, je mehr sie durch die vom Kultus vorgeschriebeo
Reinigung und durch ein schuldfreies Leben im Diesseits der Vcr
folgung durch die Daevas auf ihrer Himmelfahrt unzugänglich ge
worden war, wogegen die unreine, schuldbeladene Seele durch si'
in die Tiefe gezogen wurde (Vend. I, i ff. X, 23 ff. u. a.). Aus de
Mischung rein äußerer Kultvorschriften mit sittlichen Geboten, dere
Befolgung die Bedingung für das Eingehen der Seele in die Gefild
Ahuramazdas ist, erkennt man deutlich, wie auch hier wieder di'
kultische Reinheit voransteht, zu der die sittliche nur eine unteige
ordnete Gattung bildet.
Das ist nun die Form, in der sich offenbar auch die orphischei
Kulte diesen Gegensatz der beiden Wohnstätten des Jenseits an
geeignet haben, und in der er sich in ihnen wohl frühe schon mi
dem Scelenwanderungsgedanken vermischt hat. Bei Plato sehen wi
endlich in den verschiedenen, bekanntlich nicht durchweg überein
stimmenden poetischen Schilderungen, die er von den künftigei
Schicksalen der Seele gibt, jenen Begriff der kultischen Reinheit philo
sophisch geläutert und damit zugleich enger mit dem der sittlichei
Reinheit vereint, da er in der Gebundenheit an die Sinnlichkeit dk
Das Jenseits als Ort der Ver^ltang nnd die Seelenwandeniiig. cgy
Quelle des Bösen sieht Darum kann dieses nur überwunden werden,
wenn die Seele zu einem ihr ursprünglich schon eigenen Zustand der
Befreiung von dem Körper zurückkehrt (Phädon i i3ff., Gorgias 523 ff.).
Aus diesen Gedanken ist dann, sobald das Mittelglied einer im Dies-
seits sich vollziehenden allmählichen Läuterung der Seele durch ihre
neuen Verkörperungen hin wegfiel, mit innerer Folgerichtigkeit als
ergänzendes Bild zu Himmel und Hölle die Vorstellung eines be-
sonderen Läuterungsortes hervorgegangen. Dieses Purgatorium denkt
sich der mittelalterliche Jenseitsmythus auf einem Berge, mitten zwi-
schen Hölle und Himmel gelegen. Es vereinigt hier die doppelte
Bedeutung eines Orts zeitweiliger Strafe und einer in diese übersinn-
liche Welt verlegten Lustration, entsprechend der doppelten Be-
deutung der Sünde als einer sittlichen Schuld, die der Sühne, imd
einer religiösen Befleckung, die der Reinigung bedarf. Indem femer
jede dieser drei Abteilungen der übersinnlichen Welt wieder aus ver-
schiedenen Gründen einer Abstufung bedarf, die Hölle nach der
Schwere der unsühnbaren Schuld, das Fegefeuer nach der zur Strafe
und Reinigung erforderlichen Zeit, der Himmel endlich nach dem
Grad des zu belohnenden Verdienstes, bietet sich noch einmal die
Verbindung der zwei heiligsten Zahlen, der Drei und der Sieben, zur
äußeren Einteilung dieser phantastischen Welt: drei ist die Zahl ihrer
Reiche im ganzen, je sieben die der Stufen, in die jedes von ihnen,
die Hölle, das Fegefeuer und der Himmel, geschieden sind.
b. Die Scelenwanderang.
Hat der eranische Mythus zum erstenmal, so viel sich sehen
läßt, die Vorstellungen von Himmel und Hölle in der Form zwei
streng geschiedener Reiche als der künftigen Wohnstätten der Seelen
entwickelt, so ist dagegen das stamm- und mythenverwandte Indien
die früheste Heimat des planmäßig ausgebildeten Gedankens der
Seelenwanderung. Auch hier bildet freilich allerwärts der primitive
Seelenorlaubc einerseits und das mythologische Tiermärchen ander-
seits gewisse Vorbereitungen. Doch bedurfte es wiederum des Zu-
sammenwirkens von Natur- und Seelenmythus und ihrer Verbindung
durch Dichtung und priesterliche Spekulation, um dieses Erzeugnis
zustande zu bringen. Der Naturmythus lieferte in der mehr und
mehr schon mit ethischen Motiven sich erfüllenden zauberhaften
egg Der Naturmythiis.
Tierverwandlung des Menschen die nächste Grundlage, der Sedeo-
mythus fügte in seinen mannigfachen Vorstellungen von dem Über-
gang der Seele in Tiere, von den in Tieren hausenden Ahnen-
geistern, endlich vom Überströmen der Seele beim Tode in andere
Menschen weitere Elemente, die mit jenen zusammen mit einer Art
innerer Notwendigkeit die Wee der Seelenwanderung hervorbrii^en
mußten, sobald erst eine von diesen Vorstellungen erfiiüte plan-
mäßige Spekulation dem Gedanken des Fortlebens der Seele auf
Erden nachging. Gemäß diesen komplizierten Bedingungen ihres Ur-
sprungs ist aber die Idee der Seelenwanderung gegenüber den Vor-
stellungen von Himmel und Hölle als den Orten künfÖger Belohnung
und Strafe verhältnismäßig späten Ursprungs. So ist denn auch in
Indien wahrscheinlich die Hadesvorstellung die früheste, an die sich
zunächst der Himmel als gemeinsamer Wohnort der Seligen imd der
Götter angeschlossen hatte. Die Seelenwanderung dagegen ist die
letzte, schon stark von philosophischer Reflexion durchsetzte Phase
der Entwicklung des Jenseitsmythus. Dem entspricht es, daß sie
weit mehr als die Bilder von Himmel und Hölle deutlich die Spuren
priesterlicher oder philosophischer Spekulation an sich trägt. Frei-
lich darf man dabei die eigentliche Seelenwanderung nicht mit den
vereinzelten Vorstellungen von Seelenübergängen in Tiere und andere
Menschen vermengen, wie sie als Bestandteile des Seelenglaubens
überall vorkommen. Was der Seelenwanderung von Anfang an ak
spezifischer Inhalt zukommt, das ist eben der sie beherrschende Ge-
danke einer Fortdauer, die nicht einer übersinnlichen Welt, sondern
dem diesseitigen Leben selbst angehöre. Darum hat diese Vorstellung,
so sehr sie in ihren psychologischen und naturmythologischen Grund-
lagen, dort durch den Zusammenhang mit dem ursprünglichen Seelen-
glauben, hier durch ihre Beziehungen zum mythologischen Tier-
märchen, auf primitive Motive zurückgeht, doch in der aus der
Verbindung dieser Elemente entsprungenen Form einen rationalisti-
schen Zug, der sie auch da noch annehmbar erscheinen läßt, wo man
dem Glauben an Himmel und Hölle entsagt hat').
') über die geschichtliche Entwicklung der Lehre von der Seelenwanderung in
Indien vgl. besonders E. Windisch, Buddhas Geburt und die Lehre von der Seelen-
wanderung, Abb. der sächs. Ges. der Wiss., phil.-hist. Klasse, Bd. l6, 1908, S. 57 ff.
Das Jenseits als Ort der Vergeltung nnd die Seelenwandemng. e3Q
In engem Zusammenhang mit diesem rationalistischen Motiv der
Seelenwanderung stehen die beiden Formen, in denen sie uns schon
bei den Indem entgegentritt. Nach der einen ist die neue Ver-
körperung eine Folge natürlicher Wahlverwandtschaft: die Seele wird
nach ihrem Tode natumotwendig zu dem, wozu sie sich in ihrem
vergangenen Leben entwickelt hat. Es ist keine äußere lohnende
oder strafende Gewalt, durch die sie je nach ihrem bisherigen Ver-
halten mit einem neuen Körper umhüllt wird, sondern ihre eigene
Natur, der sie folgt. Es ist, wie Plato es ausdrückt, der sich dieser
ersten Form der Wanderidee im wesentlichen angeschlossen hat, ihr
eigener Wille, der den künftigen Zustand bestimmt, so daß die Seele
die Vergeltung, die ihr gebührt, ebenso sich selbst schafft, wie sie
die Herrin ihrer Taten gewesen ist (Rep. X, 617 ff.). Hier schließt
sich die Wanderung der Seele unmittelbar an einen Gedanken an, der
schon in den Veden berührt wird, und der mit dem der indischen
Spekulation frühe eigenen pantheistischen Zug zusammenhängt. Es
ist der Gedanke, daß der Mensch nach seinem Tode in die Elemente
zurückverwandelt werde, aus denen er gebildet ist: seine Rede in das
Feuer, sein Odem in den Wind, sein Auge in die Sonne usw. Jedes
wird im Wandel der Dinge zu dem was es ursprünglich gewesen,
und so geht auch die Seele nach dem Tode nicht in einen neuen
Zustand über, sondern der Gute wird als Guter, der Böse als Böser
geboren'). Für den spekulativen Ursprung der Seelenwanderung ist
es nun bezeichnend, daß diese an sich offenbar philosophisch höhere
Form die ältere ist. Nicht minder ist es aber begreiflich, daß der
Volksglaube diese Form nicht festhalten konnte, sondern daß er die
geläufigen Vorstellungen von Lohn und Strafe, wie sie den irdischen
Verkehr der Menschen beherrschen, auf sie übertrug. So ist wahr-
scheinlich unter dem Einflüsse einer solchen Popularisierung jener
Ideen die zweite, im späteren Brahmanismus vertretene Form der
Lehre entstanden, in der die neue Verkörperung der Seele zu einer
äußeren Vergeltung geworden ist. Das »Gesetzbuch des Manuc ver-
zeichnet diese Arten der Vergeltung mit einer Vollständigkeit, wie
sie ein Strafkodex in ausgeklügelter juristischer Kasuistik besser nicht
' ) Deussen, Allgemeine Geschichte der Philosophie, I, 2 (Philosophie der Uptnis-
hads), S. 296 ff.
ego Der Natiinnythiis.
ersinnen kann. Jedem Vergehen wird seine Strafe zugemessen, die
in der Art der Verwandlung qualitativ, in deren Dauer quantitativ der
Art und der Schwere der Schuld entspricht. Wer einen Elefimten
stiehlt wird ein Wolf, wer ein Pferd stiehlt ein Tigfer, wer Früchte
stiehlt ein Affe, wer einen Brahmanen erschlägt muß durch eine
ganze Reihe von Verwandlungen hindurchgehen: er wird nacheinander
ein Hund, ein Schwein, ein Elsel, ein Kamel usw.
Diese VeräuDerlichung des Gedankens der Seelenwandenu^ hat
nun aber schließlich doch wiederum dazu gedient, einer philosophischen
Idee zum Durchbruch zu verhelfen, die dann die Form bestimmt hat,
in der sich im Buddhismus der Gedanke der Seelenwanderung mit dem
der Erlösung verknüpfte. Ist die Wanderung der Seele eine Strafe,
so ist das Ziel, dem sie schließlich zustrebt, die Erlösung aus den
Banden des Daseins. So kommt diese letzte Form der Jenseitsvor-
stellungen, bei der sie sich in ein Diesseits von unabsehbarer Dauer
umwandeln, der weltilüchtigen Stimmung entgegen, die sich in der
Vedantaphilosophie der Inder als letztes Ergebnis der 2^erstöning der
alten Himmelsmythologie entwickelt hatte, und die die Grundströmung
auch des Buddhismus bildete, solange dieser nicht selbst einer Mischung
alter und neuer Mythologie anheimfiel, in der auch die Seelenwande-
rung wieder zu einem unabwendbaren äußeren Schicksal wurde, dem
der ursprüngliche Gedanke abhanden gekommen war. Dieser Ge-
danke selbst ist nun überall, wo die ihn erregenden Motive erkennbar
geblieben sind, ein halb mythologischer halb philosophischer. Er re-
präsentiert einen letzten energischen Versuch, die Jenseitsvorstellungen
zu rationalisieren, ihnen einen Inhalt zu geben, der die völlig will-
kürliche Phantastik verbannt. Ihn gewinnt er, indem er tatsächlich
das Jenseits in ein Diesseits umwandelt, und indem er zuerst durch
die Vorstellung des natürlichen Überganges des Gleichartigen in Gleich-
artiges und dann, als diese durch die Aufnahme des Vergeltungs-
gedankens in der einseitigen Form der Strafvergeltung ihrem Ur-
sprung entfremdet war, durch die Idee der Erlösung von dem allem
Lebenden eingeborenen Lebensdrang, einen tieferen philosophischen
Inhalt zu geben suchte. So vollzieht sich in der Seelenwanderungs-
lehre in doppeltem Sinne die Auflösung der Jenseitsvorstellungen:
erstens indem das Jenseits, dessen Existenz ganz auf der frei schalten-
den Wirkung der mythenbildenden Phantasie beruht, tatsächlich ver-
Das Jenseits als Ort der Vergeltnng nnd die Seelenwandening. egj
schwindet, da die Stätten des künftigen Daseins nun wieder der un-
mittelbaren Umgebung angehören; zweitens insofern, als diese Lehre
von Anfang an einen der mythologischen Vorstellung widerstreiten-
den philosophischen Gedanken in sich birgt und stets wieder zu
einem solchen zurückzukehren strebt. Sie oszilliert auf solche Weise
zwischen einer naturphilosophischen imd einer ethischen Idee, zwischen
der Anziehung des Gleichen durch Gleiches und der Befreiung von
dem Drang zu leben und den Drangsalen, die das Leben in sich
schließt. Aber in diese philosophischen Gedanken mischen sich
in der populären Ausbreitung des Seelenwanderung^laubens immer
wieder rohe Vergeltungsvorstellungen nach dem Prinzip des Jus talionis
als natürliche Wirkungen verbreiteter Rache- imd Sühnevorstellungen;
und selbst die philosophischen Ausgestaltungen der Lehre sind davon
nicht frei geblieben, in ihrer brahmanischen so wenig wie in ihrer
buddhistischen Form.
Lessing, der von sich bekannte, daß er sich die Fortdauer der
Seele nicht anders denn als eine Metempsychose denken könne, hat
geglaubt, es müsse ein gutes Vorurteil für diese Lehre erwecken, daß
sie »gewiß das älteste aller philosophischen Systeme« sei. Denn die
erste und älteste Meinung sei »in spekulativen Dingen immer die
wahrscheinlichste, weil der gesunde Menschenverstand sofort darauf
verfiel« '). Die letztere Meinung können wir hier auf sich beruhen
lassen: sie scheitert vor allem da, wo Spekulation und Mythologie
sich berühren. Doch auch die andere, der man noch gegenwärtig
nicht selten begegnet, daß die Seelenwanderungsidee überhaupt in sehr
frühe Zeiten zurückreiche, und daß sich Ansätze zu ihr schon bei
Naturvölkern finden, auch sie ist unhaltbar; denn sie beruht auf einer
Vermengung mit jenen Seelenvorstellungen, die, wie der Übergang in
Tiere, die Tierahnen u. a., allerdings gewisse psychologische Vorbe-
dingungen der Seelenwanderung enthalten, aus denen sich aber diese
nirgends ohne den Hinzutritt naturmythologischer und philosophischer
Ideen entwickelt hat. Die Seelenwanderung steht am Ende, nicht am
Anfang dieser Entwicklung: sie bezeichnet die Peripetie des Jenseits-
mythus, ebenso wie der Jenseitsmythus selbst die Peripetie der Mytho-
^ I.essing, Daß mehr als fUnf Sinne fUr den Menschen sein können, Werke,
Ausg. Lachmann, XI, 2, S. 67.
CQ2 Der Natarmythi».
logie ist. In ihm treibt die mythologische Phantasie noch einmal ihr
verwegenstes Spiel, um, nachdem sie aus dieser Position zurückge-
drängt ist, widerstandslos vor der Wissenschaft zu kapitulieren. Hat
der Jenseitsmythus in der engen Verbindung, die er mit der Religioa
eingegangen, eine Stütze gefunden, die ihn über Erwarten lange am
Leben erhielt, so erhebt sich daher nun nach der endgültigen, auch
durch die Seelenwanderung nur notdürftig hintangehaltenen Lösung
dieser Verbindung um so dringender die Frage: kann es überhaupt
eine Religion ohne Mythologie geben? Und wie sind, wenn eine
Trennung beider möglich ist, die Grenzen zu neben? Das ist eine
Frage, die uns im folgenden Kapitel beschäftigen soll.
Sechstes Kapitel.
Der Ursprung der Religion.
L Der religiöse Kultus.
I. Die Entwicklung des Kultus.
a. Mythus and Kaitat.
Auf die symptomatische Bedeutung, die der Kultus für die Ab-
grrenzung der in festen Glaubensüberzeugungen wurzelnden Bestand-
teile des mythologischen Denkens von andern, gleichgültigeren In-
halten desselben besitzt, wurde im Eingang des vorigen Kapitels
bereits hingewiesen (S. 20fr.). Dieser besondere Wert, welchen er
den in ihm fortlebenden Erzeugnissen der mythenbildenden Phantasie
verleiht, beruht aber im letzten Grunde überall darauf, daß er in
Handlungen besteht, durch die seine Gegenstände als solche ge-
kennzeichnet werden, die nicht bloß in wechselnden, aus Mythus und
Dichtung gewebten Vorstellungen bestehen, wie sie den Inhalt der
gewöhnlichen Mythenerzählung bilden, sondern daß sie auf den
Willen und seine Motive dauernd herüberwirken. Darum ist es erst
der Kultus, der dem Inhalt des Mythus den Charakter einer ihn über
die Schwankungen der sonstigen mythischen Phantasiegebilde er-
hebenden Glaubensüberzeugung verleiht, worauf diese dann
weiterhin durch die eindrucksvollere und dauerndere Überlieferung
verstärkt wird, durch die sich die Kulthandlungen zu Normen des
gemeinsamen Lebens erheben.
Hiermit ist zugleich gewährleistet, daß im Umkreis der kultischen
Überlieferungen diejenigen Inhalte des mythologischen Denkens zu
finden sind, denen wir den Charakter des religiösen Mythus zu*
schreiben, und aus denen daher, wenn es gelingt, aus diesem durch
den Kultus geschützten Inhalt die rein mythischen Elemente au»«
Wandt Völkerptychologie II, 3. 38
cQ^ Der Unprang der Reti^om
zuschalten, schließlich das hinter allen diesen Verhüllungen ver-
borgene Wesen des religiösen Bewußtseins zu finden sein muß. Das
Problem, in dieser Form aufgestellt, schließt nun aber zwei allge-
meine Forderungen ein, die, so sehr sie durch die Ergebnisse der
beiden vorangegangenen Kapitel nahe gelegt sind, doch gewissen
weit verbreiteten Anschauungen widersprechen. Die eine dieser An-
schauungen setzt die BegrifTe Mythus und Religion ohne weiteres
einander gleich: die im engeren Sinne dem Mythologischen zuge-
zählten Vorstellungen gelten ihr als niedere religriöse Erscheinungen,
die speziell sogenannten relig^iösen Tatsachen als höhere Stufen
des mythologischen Denkens; einen Wesensunterschied zwischen
beiden Gebieten erkennt man nicht an. Eben darum pfl^[t man
sich auf dieser Seite um eine nähere Definition von Mythus und
Religion überhaupt nicht zu bemühen. Die zweite Annahme , die
das Gebiet der Religion gegenüber dem Mythus enger zu be-
grenzen sucht, betrachtet dagegen den Kultus als die für eine solche
Trennung entscheidende Instanz. Die durch ihn geschützten m3^th€>-
logischen Werte sind nach ihr die spezifisch religiösen« Nach dem
Inhalt der Kultushandlungen selbst und der ihnen zugrunde Uzenden
Vorstellungen bemißt sich daher jeweils die Stufe religriöser Ent-
wicklung.
Daß die erste dieser Anschauungen nur aus der Verlegenhdt
entsprungen ist, in der man sich gegenüber der Aufgabe befindet|
die religiösen gegen die sonstigen Bestandteile des Mythus abgrenzen
zu sollen, ist unverkennbar. Obgleich aber diese Schwierigkeit vor*
nehmlich bei der Beurteilung primitiver Völker zur Geltung kommt,
so ist gerade bei ihnen die Unzulässigkeit einer solchen Vermengung
von Mythus und Religion am offenkundigsten. Denn auf einer je
ursprünglicheren Stufe wir das menschliche Bewußtsein antreffen, um
so mehr beherrscht ja die mythologische Auffassung alle Gebiete des
Lebens und Denkens. In dem Mythus spiegelt sich die gesamte
Weltanschauung des Naturmenschen, seine praktische Lebensrichtung
ebenso wie der primitive Versuch einer Welterklärung, soweit bei
der naiven Hinnahme gerade der allgemeinsten und regelmäßigsten
Naturerscheinungen überhaupt von einer solchen die Rede sein kann.
Alles das ist hier eingetaucht in jene Kausalität des Zaubers, die
ebensowohl der späteren wissenschafllichen Verknüpfung der Er-^
Die Entwicidang des Knltus. 595
scheinungen vorausgeht, wie sie sich im Gegensatz zu dieser be-
findet').
In der Tat entbehrt es daher, wenn überhaupt der Begriff der
Religion noch einen bestimmten Inhalt bewahren soll, jeden Sinnes^
etwa die Vorstellungen, daß die Seele im Atem entweiche oder im
Traumbild erscheine und als Vogel davonfliege, oder daß Sonne
und Mond ein von der Erde nach dem Himmel gewandertes Brüder-
paar seien usw. religiöse Vorstellungen zu nennen. Freilich sind
sie auch keine Naturerklärungen im Sinne der späteren Wissenschaft.
Doch innerhalb dieses Stadiums rein mythologischer Apperzeption
sind sie immerhin eher Vorstufen der Wissenschaft als solche der
Religion. Wo nun in dem primitiven Denken religiöse Bestandteile
vorkommen sollten, da müssen natürlich auch diese in der Gesamt-
heit der mythologischen Vorstellungen enthalten sein. Doch in
welcher Form und auf welcher Stufe der Ausbildung wir sie an-
treffen mögen, sie werden immer nur einen Teil dieses mythologischen
Denkens umfassen, wenn auch die schärfere Sonderung der einzelnen
Lebensgebiete selbst erst ein Erzeugnis fortgeschrittener Kultur ist
Die Schwierigkeit, die hieraus für die Nachweisung der Anfange reli-
giöser Entwicklung entspringt, fordert aber um so dringender eine
Feststellung der Merkmale, nach denen sich diejenigen Motive des
Mythus, denen wir im Hinblick auf ihre weitere Entwicklung einen
religiösen Wert zuschreiben dürfen, von andern, religiös gleichgültigen
scheiden.
b. Vorreligiöser and religiöser Kaltas. Merkmale des religiösen
Kaltas.
Ist hiernach die Gleichsetzung von Mythus und Religion für die
Anfänge beider ebenso wie für ihr späteres Verhältnis unbedingt zu
verwerfen, so kann nun auch die Einschränkung auf den Kultus,
so zutreffend sie ein für die religiöse Entwicklung wichtiges Moment
herausgreift, dem Bedürfnis nach klarer Gebietsscheidung nicht ge-
nügen. Denn erstens bietet der Schutz durch den Kultus zunächst
nur ein äußeres Merkmal, das immer erst durch die an die Kult*
handlungen gebundenen inneren Willensmotive der Fn^e nach dem
») Vgl. Tcü n, S. I77ft
38^
jq5 Der Ursprung der Reliflo«.
Wesen der Religion näher zu fuhren vermag. Zweiteas und vor
allem erscheint es von vornherein zweifelhaft, ob die BcgdSk vnm
Kultus und Religion in dem Sinne sich decken, daß sich nicht bloO
jeder religiöse Glaubensinhalt in Kulthandlungen äuflem muH, soih
dem daß auch umgekehrt jede Handlung, die den allgemeinen Cht*
rakter einer Kultleistung an sich, trägt, wirklich einen reUgiösen Wert
beanspruchen kann. Da die religiöse Handlung die religiöse Ge-
sinnung voraussetzt, diese selbst aber auch dann noch ihren Wert
behält, wenn sie eine innerliche bleibt, so ist an sich eine Re-
ligion ohne Kultus denkbar, so groß immerhin die Rolle sein mag,
die in der tatsächlichen Entwicklung der Religion dem Kultus m*
kommt. Der alternde Brahmane, der sich, dem äußeren Kultus ent-
sagend, in die Einsamkeit begibt, um bloß noch der religiösen
Kontemplation zu leben, steht damit wahrlich nicht außerhalb der
Religion, sondern er repräsentiert wohl eher einen Höhepunkt reli-
griösen Lebens. Doch eben darum, weil diese Stufe eine lange
vorangehende Vorbereitung durch den Kultus und die unter seiner
wesentlichen Mitwirlamg entstandenen Motive voraussetzt, kann von
dieser letzten, innerlichsten Form hier, wo es sich um die Frage
des Ursprungs der Religion handelt, abgesehen werden. Denn, mag
eine Religion ohne Kultus als höchste Frucht religiöser Entwicklung
möglich sein, — diese Entwicklung selbst wurzelt, daran kann kein
Zweifel bestehen, im Kultus. Um so mehr erhebt sich aber hier
die andere Frage, ob alles, was nach der allgemeinen Bedeutung
des BegrifTs zum Kultus gezählt werden kann, wirklich auch eine
religiöse Bedeutung besitzt. Sehen wir das allgemeine Merkmal des
Kultus in Handlungen, die auf die Erringung irgendwelcher, nur
durch übermenschliche Hilfe zu gewinnender Güter gerichtet sind,
so kann es nun keinem Zweifel unterliegen, daß es zahlreiche solche
Handlungen nicht nur im Leben des primitiven Menschen, sondern
in mannigrfachen, meist als Überlebnisse eines primitiveren Zustandes
betrachteten Erscheinungen auf allen Stufen der Kultur gibt, die in
diesem allgemeinsten Sinne zum Gebiet des Kultus gehören, denen
aber, an dem Maß der entwickelteren Religionsformen gemessen, ein
religiöser Wert nicht zukommt. Kann doch nach jener umfassendsten
Bedeutung des Wortes die Zauberzeremonie, durch die nach über-
liefertem Brauch der Australier seine totemistischen Schutzdämonen
Die Entwickhing des Kultus. cgj
ZU vermehren oder der Prärieindianer seine Jagdtiere herbeizulocken
sucht, oder endlich der abergläubische Brauch, der noch innerhalb
der heutigen Kultur in zahlreichen Bevölkerungskreisen fortlebt, um
dem Schutz gegen Krankheit, der Gewinnung kräftigen Emtesegens
und manchen anderen Zwecken zu dienen, schließlich ebenfalls eine
Kulthandlung genannt werden. Nicht bloß das Kriterium einer von
Glaubensmotiven getragenen Handlung, sondern auch das andere,
daß eine solche Handlung mit der subjektiven Überzeugung von ihrer
Wirksamkeit verbunden ist, trifft ja in allen diesen Fällen zu, so lang
jene nicht überhaupt zu einer bedeutungslosen, bloß durch die ge-
wohnheitsmäßige Übung fortgefiihrten Lebensform geworden ist.
Dieses Schicksal pflegt aber die sanktionierten Kultusriten wohl noch
häufiger zu treffen als den der freien individuellen Übung überlassenen
Zauberbrauch, der naturgemäß erlischt, sobald die subjektiven Glau-
bensmotive schwinden, die ihn am Leben erhalten«
Wollen wir den Begriff des religiösen Kultus näher begrenzen,
so müssen also zu der auf die Gewinnung übermenschlicher Hilfe
gerichteten Handlung noch weitere Merkmale hinzutreten. Wo diese,
wie in den oben angeführten Beispielen, entweder ganz oder teil-
weise fehlen, da werden wir dann solche Handlungen als vor-
religiöse den im engeren Sinne religiösen Kulthandlungen gegen-
überstellen können. Zugleich werden wir aber, insofern die Religion
selbst eine allmählich gewordene und sich fortan entwickelnde Er-
scheinung des geistigen Lebens ist, von vornherein vermuten dürfen,
daß der religiöse Kultus aus solchen vorreligiösen Anlagen und An-
fängen hervorgegangen sei. Unter diesem Gesichtspimkte treten uns
nun bei der Vergleichung der religiösen Kultformen mit jenen ihren
Vorstufen die drei folgenden engeren Merkmale entgegen. Sie
bilden wiederum eine aufsteigende Stufenfolge, insofern der voll-
ständige Begriff des religiösen Kultus erst durch die Verbindung
ihrer aller erreicht wird, während zugleich jedes der folgenden Merk-
male die vorangegangenen als gegeben voraussetzt. Hiemach bildet*
i) die Gebundenheit an eine engere oder weitere Ge-
meinschaft das nächste Kriterium eines zum religiösen Kultus sich
erhebenden Brauchs. In dieser Gebundenheit gewinnt die Handlung
den Charakter emer Norm, deren Befolgung gefordert wird. Durdi
die so entstandene Einreihung unter die dem strengeren Rechtszwang
-'-■.■^jir«?'
egg Der Unpnmg der ReHgiovu
oder dem milderen der Sitte angehörenden Lebensformen wird der
Kultus zu einem wichtigen Bestandteil der gesellschaftUchen Qrdniuff.
Aus gemeinsamen Glaubensüberzeugungen hervorg^rangen, wirkt
er durch diese Normierung seinerseits verstärkend auf diese Über-
zeug^gen zurück und gewinnt in hohem Grade eine sie erhaltende
Kraft. Darum hat die Religion selbst schon in ihrem Namen diese
Gebundenheit an die im Kultus zutage tretende Glaubensnorm zum
Hauptmerkmal ihres Begriffs erhoben. Immerhin ist damit nur das
äußerlichste Merkmal bezeichnet, das sie höchstens durch die be-
sonders ernsten Folgen, die in den Anfangen der religiösen Kultur
die Nichtbefolgung der Kultusgebote mit sich fuhrt, von andern, den
Gebieten der Sitte und des Rechts angehörigen Lebensformen scheidet
Darum ist aber auch dieses Merkmal der sozialen Gebundenheit
fiir den spezifisch religiösen Charakter des Kultus noch nicht ent-
scheidend. Quali{ativ erhebt sich die von einer Sippen- oder Volks-
gemeinschaft nach übereinstimmendem Ritus ausgeführte Handlui^^
durchaus noch nicht über die individuelle Zauberhandlui^, da die
letztere zunächst dem gleichen Gebiet allgemeiner Glaubensvor-
stellungen angehört, auf dem der gemeinsame Kultus beruht Daher
denn auch der vereinzelte, zu rein egoistischen Zwecken geübte
Zauberbrauch entweder ein isolierter Rest eines einstigen allge-
meineren Kultus zu sein pflegt oder mindestens die allgemeinen An-
schauungen eines solchen widerspiegelt, so daß er als die spezielle
Anwendung eines früheren oder sogar eines noch bestehenden
Kultus erscheint. Darum überschreitet die Kultushandlung durch
diese Zugehörigkeit zu einem bestimmt abgegrenzten Ganzen sozialer
Normen noch durchaus nicht das Stadium eines vorreligiösen Kultus.
Dennoch hat sie zwei wichtige Momente gegenüber der mdividuell
geübten Zauberhandlung voraus: als eine Form, in der sich die
in der Gesamtheit lebenden Anschauungen betätigen, besitzt sie
eine ungleich größere erhaltende Kraft, und vermöge der Kontinuität
der Überlieferung, die an solche Gemeinschaflsformen gebunden ist,
eine der individuellen Handlung fehlende Entwicklungsfähigkeit. In-
dem jeweils ältere und neuere Motive aufeinander wirken, gewinnt
hier wie überall das gemeinsame Erzeugnis eine die isoliert blei-
bende individuelle Leistimg weit übertreffende schöpferische Macht,
die noch durch die Wechselwirkungen verstärkt wird, in die die.
Die Entwicklmi^ des Kultus. ^qq
einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft miteinander treten. Dazu
kommt als ein zweites, wichtigeres Moment der weitere Umfang
und der höhere Wert der Zwecke, auf die der gemeinsame kul-
tische Brauch gerichtet ist In ihm kann nur das erhalten bleiben
xmd sich zur Norm erheben , was für die Allgemeinheit einen Wert
hat. Darum stößt er von sich ab, was nur dem Interessenge-
biet eines einzelnen angehört; oder, wo sich das individuelle Motiv
durch seine häufige Wiederkehr zu allgemeinerer Bedeutung erhebt,
da wird es von dem den Gemeinschaftszwecken gewidmeten Kultus
aufgenommen. So der Schutz gegen Krankheit und der Wunsch
von ihr befreit zu werden, der Erfolg auf der Jagd und im Einzel-
kampf, und was sonst noch dem einzelnen erstrebenswert sein mag.
In dieser Beziehung erheben sich daher die gemeinsamen Kulte der
Naturvölker, so primitiv sie im übrigen sein mögen, doch bereits über
den individuellen Zauberbrauch. Der gemeinsame Zweck, mag er
nun in der Sorge um die allen in gleicher Weise wünschenswerten
Güter^ in dem Wunsch, daß der Stamm der Js^dtiere nicht entbehre,
daß die Feldfrüchte gedeihen, oder in dem Streben, der künftigen
Generation die eigene Tüchtigkeit mitzuteilen bestehen, in allen diesen
Fällen schafft der umfassendere Zweck höhere und dauernder fort-
wirkende Werte, und er entwickelt dadurch weitere Motive, die, auf
den Kultus selbst zurückwirkend, diesen Eigenschaften annehmen
lassen, die bereits in das Gebiet des folgenden, zweiten Merkmals und
so in die Anfange eines im eigentlichen Sinne religiösen Kultus hin-
überreichen. Dieses zweite, den Übei^ang in das spezifisch religiöse
Stadium vermittelnde Kriterium bildet demnach;
2) der umfassendere, die allgemeinsten von der beginnen-
den Kultur getragenen Lebensbedürfnisse in sich schlie-
ßende Zweck der auf die Gewinnung übermenschlicher
Wesen gerichteten Handlungen. Wie die Kultur selbst zunächst
eine materielle ist, in der Steigerung der physischen Lebensbedürf-
nisse und in der damit Hand in Hand gehenden Beschaffung der
Mittel zu ihrer Befriedigung sich betätigt, so sind es diejenigen Ge-
meinschaflskulte, die mit der Gewinnung und Pflege der Früchte des
Bodens verbunden sind, die Vegetations- oder Ackerkulte, die
im Anfang aller entwickelteren religiösen Kulte stehen. Sie sind echte
Gemeinschaftskulte, in deren Pflege das Gesamtinteresse mit dem
600 I^er Unpnmg der ReHgioA.
aller einzelnen zusammentrifil; und sie betätigen in ihrer Entwidi-
lung im höchsten Grad ebensowohl die Eig^nschafty die sonstigen
individuellen und Gemeinschaftskulte in sich aufzunehmen, wie die
andere, die höheren, über das Gebiet materieller Zwecke hinauh
gehenden geistigen Kulte aus sich hervorgehen zu lassen. AuDer-
lich wird diese zentrale Stellung der Vegetationskulte dadurch, ge-
kennzeichnet, daß der die Naturerscheinungen im weitesten Umfiang
in Anspruch nehmende Zweck auch auf die Objekte des Kultus
steigernd zurückwirkt. Dies geschieht vermc^ der Macfatfulle,
von der diese als Beherrscher von Wind und Wetter, von Blitz
und Donner, von Regen und Sonnenschein, als Lenker der Ge-
stirne wie als Mächte im Innern der Erde umgeben sind. Darum
liegt hier der Wendepunkt, bei dem der primitivere, nur den att-
gemeinsten Charakter einer kultischen Handlung an sich tragende
Brauch aus dem Gebiet eines bald mehr latenten bald in klaren be-
wußten Formen ausgeprägten Dämonenkultus in den Götterkult
hinüberfuhrt. In diesem Sinne bildet der Götterkult das äußere Merk-
mal eines im engeren Sinne religiösen Kultus. Dabei ist frei-
lich zu bedenken, daß, wie zwischen Gott und Dämon die Grenzen
zum Teil fließende sind, so auch die entsprechenden Formen primi-
tiverer und entwickelterer Kulte ohne scharfe Grenze ineinander
übergehen (vgl. oben S. 323 ff). Mit der Erhebung zum Götterkultüs
eröffnet sich aber dem Kultus zugleich ein weites Feld religiöser
Weiterbildung, indem er nun an allen den Entwicklungen teilnimmt,
die die Göttervorstellungen selbst erfahren; und auch hier gestaltet
sich dieses Verhältnis wieder zu einer Wechselwirkung, innerhalb
deren die zunehmende Erhabenheit der Götter nicht allein auf den
Kultus, sondern nicht minder die in dem Kultus lebenden Motive auf
die Göttervorstellungen zurückwirken. So wirken die Götter schöpfe-
risch auf den Kult, und der Kult bildet die Götter um oder schafft
neue, wo die vorhandenen dem religiösen Motiv nicht mehr ge-
nügen, — eine Macht des Kultus, die besonders deutlich in der
indischen Religion, aber, wenn auch durch die ihren Ursprung
umgebende historische Legende begrenzt, nicht minder in der Aus-
bildung der christlichen Relig^onsanschauungen zu erkennen ist. Mit
der fortschreitenden Erhebung der Kultusobjekte, die so von den
frühesten Vegetationskulten an erfolgt, wandeln sich daher ebenso
Die Entwicklnog des Kultus. 60l
allmählich die Götter aus übermenschlichen Naturwesen in geistige
Mächte um, wie, infolge jener Wechselwirkung zwischen den Göttern
und ihrem Kultus, die Motive und Zwecke des letzteren mehr und
mehr zu geistigen und übersinnlichen sich erheben. So entsteht als
letztes Merkmal des religiösen Kultus schließlich:
3) die Beziehung der Kultushandlungen nach ihren Mo-
tiven wie nach ihren Gegenständen auf eine übersinnliche
Welt. Ihr spezifisch religiöser Charakter besteht also nunmehr darin,
daß ebensowohl die Mächte, deren Hilfe der Kultus gewinnen will,
die Götter, wie die Zwecke, die er für den Menschen erstrebt, über*
sinnlicher Natur sind. Dabei muß freilich der Kultus selbst als ein
bestimmt geordneter Zusammenhang menschlicher Handlungen natur-
gemäß seine materielle Natur bewahren, ähnlich wie die Götter nur
als sinnliche Objekte vorgestellt und von der religiösen Kunst ge-
schaffen werden können. Doch in dem Maße, als der Charakter der
Naturgötter selbst als ein geistiger aufgefaßt wird, der eben darum
keine ihm adäquate Darstellung in sinnlicher Form finden könne,
wandelt sich nun das Götterbild allmählich in ein Symbol um,
das die alle Grenzen der Vorstellung überschreitende Idee des Gött-
lichen durch die ästhetische Anschauung dem Gemüt nahe bringt,
selbst aber den Inhalt dieser Idee nur in der Form des durch die
Anschauung erregten Gefühls enthalten kann. Dieser Umwand-
lung der Göttervorstellungen in Symbole folgend, legt nun auch
der Kultus einzelnen Kulthandlungen eine veränderte Bedeutung
bei. Die allmählich eintretende Verlegung der Gegenstände des
Kultus ins Übersinnliche läßt auch den ursprünglich noch herr-
schenden Zaubercharakter der kultischen Handlungen schwinden, um
einem idealen symbolischen Wert derselben Platz zu machen.
So ist dieser Übergang einer der wichtigsten Schritte in der Ver-
geistigung der Religion. Durch die Erhebung der Gottesidee in das
Übersinnliche vorbereitet, ist er aber noch keineswegs unmittelbar
durch sie gegeben. Denn gerade hier stehen der jenem Wandel der
Vorstellungen entsprechenden Umbildung der Motive des Handelns
die nämlichen praktischen Hindemisse im Wege, die überall die Um-
setzung des Erkannten in das Gewollte hindern. Der dringende
Wunsch, durch magische Mittel das eigene Schicksal oder den dieses
Schicksal bestimmenden göttlichen Willen zu lenken, ist allzu tief in
5o2 ^^ Unpnmg der ReUgloii.
dem Glückstrieb des Menschen begründet^ als daß dieser ebedoo
leicht hierauf verzichten könnte, wie er längst schon verzichten ge-
lernt hat, die Götter anders als in Symbolen zu 8cfaaueii| die sie dem
Gemüt nahe bringen. Auch liegt, sobald einmal dieser Weg zur Au^
lösung der ursprünglichen Werte der Kulthandlung eingescfalagdt
ist und ihr anfanglich auf objektive Zwecke gerichteter Inhalt als
einzigen Rest die subjektiven Gefühlsregungen zurüdqgelassen hat,
noch ein letzter Schritt nahe genug. Die Handlung, die aus der
religiösen Stimmung entspringt, erscheint zunächst, auch nachdem
die magischen Motive geschwunden sind, immer noch als ein dieser
Stimmung adäquater Ausdruck, ganz so wie Ausdrucksbewegimgcn,
die längst aufgehört haben wirkliche Willenshandlungen zu sein, als
deren Rudimente die lebhafteren Affekte begleiten. Doch je mehr
die Stimmung eine innerliche geworden ist, um so weniger bedarf
sie schließlich der äußeren Zeichen. So vollzieht sich denn hier
eine letzte Umwandlung: das religiöse Gefühl zieht sich auf sidi
selbst zurück; es verzichtet auf die äußere Kulthandlung, weil ihr
diese als ein sinnliches Zeichen dem geistigen Wert der religiösen
Gesinnung nicht mehr zu entsprechen scheint.
c. Der Bedentungswechsel der religiöten Symbole.
Die Wandlungen, denen der Bedeutungsinhalt der Kultushandlungen
unterworfen ist, ohne daß sich deren äußere Formen wesentlich
ändern, sind eng an die eigentümliche Entwicklung gebunden, die
der Begriff des Symbols auf religiösem Gebiet erfahren hat, und
die noch heute in dem vieldeutigen Gebrauch desselben in Kirche
und Theologie ihren Ausdruck findet. Unter dem Gesichtspunkt der
religiösen Entwicklung können wir uns diese Wandlungen in der Auf-
fassung der religiösen Symbole vergegenwärtigen, wenn wir zimächst
von der vorreligiösen Stufe symbolischer Handlungen ausgehen,
also von den »symbolischen Zauberhandlungen«, wie sie früher
(Teil n, S. i88ff.) näher charakterisiert worden sind. Nach den dort
gegebenen Begriffsbestimmungen steht der »symbolische Zauber« in
gewissem Sinne mitten inne zwischen dem direkten Zauber, bei dem
unmittelbar, etwa durch den Atem, das Blut, den Blick oder andere
Seelenträger, Seele auf Seele wirkt, und dem magischen Zauber,
bei dem ein Gegenstand, z. B. ein Amulett, ein Fetisch oder auch
Die Entwicklong des Knltns. 603
irgend eine an sich ohne jede Beziehung zum erstrebten Erfolg
stehende Handlung, zauberhafte Wirkungen beliebiger Art ausüben
soll. Dem gegenüber schiebt sich nun beim symbolischen Zauber,
abweichend von dem direkten, ein äußeres Mittel, dem eine spezifi-
sche Zauberkraft innewohnt, zwischen die bei allem Zauber aufein-
anderwirkenden seelischen Kräfte ein. Aber dieses Mittel ist wieder-
um nicht, wie beim magischen Zauber, bloß um seiner eigenen
zauberhaften Natur willen und ohne besondere Beziehung zum ein-
tretenden Erfolg wirksam, sondern es besteht eine nähere Affinität
zwischen Zweck und Erfolg in dem Sinne, daß die äußere Handlung
den Erfolg andeutend nachbildet, oder daß sie ihn, wenn er ein
geistiger ist, durch ein sinnliches Bild veranschaulicht So ist es ein
symbolischer Zauber der ersten Art, wenn der Wilde seinen Speer
gegen die Hütte des Feindes richtet und davon dessen Verderben
erwartet; eine symbolische Handlung der zweiten, wenn ein Mensch
bei der Lustrationszeremonie mit der äußeren Reinigung durch Wasser
eine innere religiöse Reinigung der Seele erhofft.
Nun gehört der symbolische Zauber in dieser Bedeutung im ganzen
der Stufe des vorreligiösen Kultus an, und er bildet als solcher, ver-
mischt mit Elementen des direkten imd namentlich des magischen
Zaubers, einen Bestandteil des primitiven Dämonenkultus, dessen
wesentliches Kennzeichen, abgesehen von dem Fehlen der Göttervor-
stellungen, darin besteht, daß die Zauberhandlung ausschließlich auf
die Erreichung eines äußeren Erfolges, der Gewinnung des Schutzes
der Dämonen oder der Beseitigung des Unheib, das von ihnen droht,
gerichtet ist. Das letzte und wichtigste Kennzeichen fiir den Über-
gang dieses vorreligiösen Zauberkultus in den religiösen Kultus
besteht nun in jener entscheidenden Wendung, vermöge deren
ebenso die Motive, von denen die Kultushandlungen getragen, wie
die Gegenstände, auf die sie gerichtet sind, einer übersinnlichen
Welt angehören. Der symbolische Zauber wird dann zu einem ma-
gischen Symbol, sofern wir unter diesem ein solches verstehen,
das, gleich der Zauberhandlung, aus der es hervorgegangen, einen
realen Einfluß auf das Heil des Handelnden besitzt, während gleichwohl
die Wirkung selbst eine subjektive, geistige bleibt, die erst indirekt,
in ihren weiteren Folgen zu einer objektiven werden kann. Auf
diese Weise liegt hinter diesen realen Symbolen des religiösen Kultus
5o4 ^^^ Ursprung der Rellgloa.
immer noch die Zauberkausalität verborgen, die den vorreligiöieil
2^uberkultus beherrscht. Aber die Motive und Zwecke der Kultn»-
handlungen sind ideale geworden: sie gehen auf eine geistige über^
sinnliche Welt. Doch kann in diesem Stadium der vorreligiöse 2^ber-
kult zunächst noch darin nachwirken, daO die Beteiligung an der
magischen Symbolik an besondere Bedingungen einer durch voran-
gegangene Kultzeremonien erworbenen religiösen Heiligung geknüpft
ist, — eine Vorstellung, die, in ihren Grundlagen bis zu den Medizin-
männern der primitiven Stufe zurückreichend, ihre religiöse Aus^
prägung in den Weihegraden der antiken Mysterienkulte gefunden hat
Aus ihnen reicht sie zum Teil noch in den religiösen Kultus der
Gegenwart herab, insofern dieser nur den Priester zur Teilnahme an
gewissen magische nKulthandlungen zuläßt. Einen weiteren Schritt
in der Vergeistigung der magischen Symbole bezeichnet es dann,
wenn ihr Gebrauch nicht mehr von einer vorangegangenen magischen
Heiligung der Person, sondern von der Innerlichkeit des religiösen
Glaubens abhängt, der sich in der symbolischen Handlung betät^
Verschwindet endlich der Rest magischer Vorstellung, der, wenn
auch idealen Zielen zugewandt, doch auch in dieser Symbolik
fortlebt, so geht schließlich die reale oder magische ganz in eine
ideale Symbolik über. Die Kulthandlung will nun nicht mehr
einen übernatürlichen Erfolg auf übernatürlichem Wege erreichen,
sondern sie will der natürliche, wenn auch in ihrer konkreten Form
jeweils durch die vorangegangene religiöse Entwicklung bestimmte
Ausdruck der subjektiven religiösen Stimmung sein. Es braucht
kaum bemerkt zu werden, wie die christlichen Kirchen und Konfes-
sionen zu dieser aller Religion immanenten Entwicklung des Symbol-
begriffs naheliegende Belege bieten. In der Auffassung des höchsten
der christlichen Sakramente, des Abendmahls, repräsentieren das
katholische, das lutherische und das reformierte Dogma genau die
oben bezeichneten Entwicklungsstufen. Dem Katholizismus hat das
Sakrament eine reale magische Bedeutung, die überdies an spezifi-
sche Bedingungen der Heiligung geknüpft ist: nur der Priester ist
zu dessen vollem Genüsse berechtigt. Die lutherische Kirche hält
an der magischen Wirkung fest, schließt aber die mystische Superi-
orität des geweihten Priesters aus und verbindet in der Abhängig-
keit, in die sie statt dessen das Symbol von der religiösen Ge-
Die Entwicklong des Knltns. 605
sinaung bringt, mit der magischen die ideale Bedeutung. Der re<
formierten Kirche endlich ist das Sakrament nur noch ein ideales
Symbol; irgend eine mag^ische Wirkung kommt der Kultushandlung
überhaupt nicht zu. Ihr Wert ist ein rein subjektiver: er besteht
in der ihr innewohnenden Idee und in dem religiösen Gefuhlswerti
der an diese Idee gebunden ist Damit ist dann freilich auch der
weitere Schritt nahe gelegt, auf die äuOere Handlung selbst zu ver«
ziehten.
Hiermit fuhrt nun aber dieser Schritt zugleich über die Schranken
hinaus, welche der stets nach lebendiger Verkörperung der Ideen
des Übersinnlichen strebenden sinnlichen Natur des Menschen gesetzt
sind. So ist denn auch diese volle Vergeistigung der Kultussymbole
überall, in der religiösen Spekulation der Inder wie in den Stinmiungen
christlicher Mystiker oder sonstiger imdogmatischer Christen, nur als
ein Entschluß Einzelner möglich gewesen. Das allgemeine Bewußt-
sein widerstrebt ihr. Vermag sich dieses schon zu dem Gedanken
einer unvorstellbaren Gottheit schwer zu erheben, so verliert vollends
ein innerer religiöser Kultus, der nicht bloß auf mag^che Wirkungen,
sondern selbst auf ideale Symbole verzichtet, die Fühlung mit der
Gemeinschaft, und mit dieser eine der wesentlichen Eigenschaften
des religiösen Kultus überhaupt. Darum wird jener letzte, zur Selbst-
aufhebung des Kultus fuhrende Schritt auch da, wo er nicht ein
Schwinden des religiösen Bedürfnisses überhaupt bezeichnet, immer
nur als eine Handlung Einzelner möglich sein.
d. Die Koltlegende.
In dieser Entwicklung der religiösen Symbolik tritt nun bei ge-
wissen, für die gesamte und insbesondere für die religiöse Kultur
entscheidenden Wendepunkten der Geschichte eine mythologisch-
religiöse Erscheinung hervor, die auf den Kultus eine tief ein-
greifende Wirkung ausübt, neue Kultformen schafft und alte ver-
nichtet, vor allem aber als ein mächtiges Mittel der Verstärkung
und Wiederbelebung religiösen Denkens sich darstellt. Diese Er-
scheinung ist die Kultlegende. In ihren Wurzeln reicht sie bis
zu den Anfängen des Mythenmärchens zurück; in ihren vollkomme-
neren Gestaltungen gehört sie aber durchaus den späteren Formen
des Kultus an, wo die Zwecke wie die Gegenstände desselben in
^o6 ^^ Unpinng der RetigioiL
die Region übersinnlicher Ideen hinüberwandem. Während sie in
ihren Gnindmotiven den allgemeinen Bedingungen der Legenden«
bildung folgt, besteht daher die spezifisch religiöse Bedeutung der
Kultlegende darin, daß ihr Held entweder eine rein mythologisdie
Persönlichkeit von gröttlichem Wesen ist, die sich g^leichwohl in
ihren Eigenschaften wie Schicksalen als ein Ebenbild des Mensdien
selbst darstellt, oder daß er wirklich ein in der geschichtlichen Über-
lieferung fortlebender Mensch ist, der sich jedoch durch die über-
sinnlichen Güter, die ihm die Menschheit verdankt, zu göttlicher Höhe
erhoben hat. Unter allen Umständen besitzt so der Held der Kult-
legende den Charakter des Gottmenschen, mag er nun ganz eine
Schöpfung der mythenbildenden Phantasie sein, wie Dionysos, Osiris,
Mithras, oder eine historische Persönlichkeit, wie Buddha und Jesus.
Läßt auch die geschichtliche Wirklichkeit jenen doppelten Charakter
schärfer und eindrucksvoller hervortreten, so gewinnt die Kultlegfende
doch in beiden Fällen ihre Bedeutung dadurch, daß sie das Band
zwischen der Kultushandlung und ihren Objekten, das durch die
Wanderung der Gottesidee ins Übersinnliche zu zerreißen droht, neu
knüpft, indem sie für das Wirken des Göttlichen in der sinnlichen
Welt jenen die Gemeinschaft des sinnlichen mit dem übersinnlichen
Leben vermittelnden Gottmenschen herstellt. Als Mensch steht er
mitfühlend den Wünschen und der Not jedes einzelnen nahe. Als
Gott ist er der Retter aus der Not, der jene Wünsche entweder
schon auf Erden oder, wie das die vollkommenere Gestaltung der
Kultlegende schildert, in einem übersinnlichen Dasein erfüllt.
In ihren Anlangen ist hiernach die Kultlegende eine Fortsetzui^
der Heilbringerlegende, wie sie beim primitiven Kulturmärchen be-
ginnt und dann in die Heldensage übergeht. Insbesondere ist es die
letztere, die in der Ausgestaltung jener Heldentypen, die als Retter
und Beschützer der Bedrängten, als Städtegründer und Kulturbringer
gepriesen werden, in den Bildern eines Herakles oder Theseus und in
manchen Gestalten der historischen Sage unverkennbare Vorstufen der
Kultlegende darbietet (S. 432 fr.). Immerhin scheiden sich beide durch
zwei wichtige Merkmale. Erstens gehören die Wohltaten, durch die
sich jene Helden um Einzelne oder um ganze Länder verdient ge-
macht haben, noch durchaus der Welt der äußeren sinnlichen Be-
dürfnisse an; und zweitens bewahren die Helden selbst durchaus die
Die Entwieklnng deft KultiU«
607
*
Züge meüschlicher Persönlkhkeiten, Damm, wo sie um ihrer Ver-
dienste willen zu den Göttern erhoben werden, da geschieht dies
höchstens am Ende ihrer Laufbahn, und der Kultus, der einem
solchen vergötterten Heros zuteil wird, bleibt ein beschränkterer.
Es sind einzelne Landschaften oder Berufe, die in ihm gleichzeitig
ihr Vorbild und ihren Wohltäter verehren. Demgegenüber ist der
Held der Kultlegende seinem Wesen nach Mensch und Gott zugleich^
mag er nun, wie durchweg in den alteren Formen der Kultlegende,
ursprünglich der Gesellschaft der Götter lugeitählt werden, oder aber,
wie in der Buddha- und Jesuslegcnde, als Mensch mit göttlichen Eigen*
Schäften erscheinen. Durch seine Taten aber ist er der Wohltäter
nicht einzelner Kreise, wie der gewöhnliche Sagenheld, sondern
der Menschheit als solcher^ und die Güterj die er spendet, sind
nicht äußere Fortschritte der Kultur oder Rettungen aus physischer
Not, sondern geistige Güter, die nicht an die Schranken einzelner
Länder und Gemeinwesen gebunden sind. Wie dieser Held von
Anfang an göttlich ist, so sind es dann auch göttliche Gaben,
die er dem Menschen spendet. Darin ^ daß diese Gaben einen all-
gemein menschlichen Wert haben ^ liegt zugleich der Grund, weshalb
sie zwar ebenfalls zunächst im Gebiet der äußeren sinnlichen Be*
dürfnisse, der Gewinnung der NahrfrüchteT, der Sicherung vor Krank*
heft und feindlicher Bedrängnis, beginnen, dann aber durch die Stei«
gerung der dem Kultus immanenten Triebkräfte mehr und mehr zu
rein geistigen Gutem sich erheben. So wird der Held der Kultlegende
in doppeltem Sinne zu einem religiösen Ideal: er ist selbst ein Vor-
bild geistiger Vollkommenheit; und er ist der Retter und Helfer, der
dem Menschen die eigene Erhebung zu dieser Vollkommenheit ver-
mittelt. Eben darum ist er seinem Wesen nach Mensch und Gott
zugleich: nur als Mensch kann er ein Vorbild voLikommenen Menschen-
tums sein, und nur als Gott kann er den Menschen trotz der ihm
anhaftenden sinnlichen Mängel zu ähnlicher Vollkommenheit empor*
heben. Darum ist es ein in diesem Verhältnis tief begründeter psy-
chotogischer Zug, daß sich dasselbe erst da klar herausbildet, wo
die geschichtliche Natur der Persönlichkeit des Legendcnheldcn dic«c
menschliche Seite zu klarem Bewußtsein bringt. Wo dagegen der
Held noch ein durchaus mythologisches Gebilde ist, da pflegt der
Gedanke des Gottmefischen immerhin in einem gewissen Halbdunkel
*
6o8 I^ Ursprung der ReHcUtt.
ZU bleiben. Damit hängt es zusammen, daß in der Eatwiddus^ der
Kultlegende solche rein mythologische Formen, wie sie sich aus der
ursprünglicheren Göttersage entwickeln, denen vorau^^en, in wel-
chen eine historische Persönlichkeit die Stellung des Gottmenschen
einnimmt.
Hiemach können wir, analog der mythischen und der historischen
Heldensage (S. 358), eine mythische und eine historische Kult-
legende unterscheiden. Dabei trägt freilich wiederum die ms^Üiische
Form ebenso die Spuren der geschichtlichen Zeitbedingungen an sidi,
wie die historische eine Fülle mythischer Züge erkennen läßt, ohne die
sich das Bild des Menschen nicht zum Ideal des Gottmenschen erheben
könnte. Ähnlich verliert ja auch die historische Sage den Charakter
der Sage, wenn sie einem unmittelbaren Abbild der geschichtlichen
Wirklichkeit Platz macht. Dieses Verhältnis der mj^ischen zu den
historischen Bestandteilen bringt es aber auch mit sich, daO die histo»
rische Kultlegende ungleich mehr als die rein mythische abweichende
Versionen zuläOt, von denen aus wechselnde Deutungen des Inhalts
der Legende selbst entstehen können. Auch folgt aus der Unent-*
behrlichkeit mythischer Elemente für den religiösen Gehalt der Kult-
legende, daD, so wertvoll natürlich vom Standpunkt der Geschichte
aus das kritische Bemühen des Religionshistorikers ist, die historische
Kultlegende auf ihren geschichtlichen Kern zurückzufuhren und das
Mythische ganz von ihr abzustreifen, damit doch deren religiöse
Bedeutung eine andere wird. Denn die geschichtliche Persönlichkeit,
die als Träger der Legende zurückbleibt, ist dann aus einem Gegen-
stande religiöser Verehrung vielmehr zu einem Vorbild religiöser Ge-
sinnung geworden.
Der psychologische Zusammenhang der Kultlegende mit den in
Märchen und Sage frühe schon zur Herrschaft gelangten Heil-
bringergestalten bedingt es weiterhin, daß auch sie den allge-
meinen Charakter einer Heilbringerlegende besitzt, und daß die
Leistungen des Heilbringers, dem sich die kultische Handlung zu-
wendet, ursprünglich von denen jener primitiven Heilbringer des Kul-
turmärchens und der Sage wenig verschieden sind. Die Wohl-
taten, die er spendet, sind materielle: Heilung von Krankheiten,
Rettung aus Kriegs- und anderen Nöten und vor allem Fürsorge für
die dringendsten Lebensbedürfnisse durch die Mithilfe bei Saat und
Die Entwicklnng des Kultus. 6oQ
Ernte der Feldfrüchte. So ist es hauptsächlich der umfassendere,
der Gemeinschaft als solcher zu gewährende Segen, der den Heil-
bringer der beginnenden Kultleg^nde von seinen primitiveren Vor-
gängern scheidet, die sich mehr auf einzelne Hilfeleistungen oder auf
irgend eine frühe, allen künftigen Geschlechtem zugute kommende
Kulturtat beschränken. Der kultische Heilbringer spendet seine Seg-
nungen dem ganzen Volke oder, bei der weiteren Steigerung des
Gedankens, der ganzen Menschheit, und er spendet sie fortwährend,
von Jahr zu Jahr, von Tag zu Tag. Darum sind es die Vegetations-
kulte, in denen dieses allgemeine und fortwährend sich wiederholende
Hilfsbedürfnis zuerst lebendig wird.
Indem sich der Heilsgedanke der dringendsten und dauerndsten
Lebensbedürfnisse bemächtigt, beginnt nun aber zugleich die Sorge
um die nächste Zukunft allmählich hinter dem Streben nach einer
bis an die Grenzen des Einzellebens heranreichenden und sie schließ-
lich überschreitenden Sicherung des Daseins zurückzutreten. So
wendet sich denn der Heilsgedanke von der Gemeinschaft wieder
zurück zum Einzelnen, während er sich gleichzeitig zur Idee eines
geistigen Gutes erhebt, das, da es unabhängig ist von den Schranken
des sinnlichen Daseins, unvergänglich gedacht wird. Hiermit erfahrt
der in der ursprünglichen Legende zur Ausbildung gelangte Heils-
gedanke eine Umkehrung, die, so stark der Gegensatz erscheint, in
den die neue Form zu jenem Ausgangspunkte tritt, doch in Wahrheit
diesem selbst bereits immanent ist. Es ist der wichtige Übergang
eines Bringers irdischer in einen solchen himmlischer
Güter. In je stärkeren Kontrast mit der hier leicht um sich grei-
fenden Steigerung der übersinnlichen Zukunftshoffnungen diese zu
jenen gesetzt werden, um so mehr greift dann die weitere An-
schauung um sich, in der Hingabe der sinnlichen Güter und schließlich
des Lebens selbst bestehe das zu erstrebende HeU. Damit wird der
Heilbringer zum Erlöser, und der Heilbringerlegende tritt als eine
zweite Form die Erlöserlegende gegenüber. Beide sind vermöge
dieser Entwicklung Gegensätze, und doch können sie wieder sich er-
gänzende Teile einer beide umfassenden Idee sein. Ebenso aber
bringt es dieses Verhältnis mit sich, daß je nach den besonderen
Bedingungen der religiösen Entwicklung entweder die Erlöserlegendc
als die alleinherrschende zurückbleibt, wie in der esoterischen Form
Wundt, Völkerpsychologie 11,3. 39
^y:-;: :.V--i^ ^;.-^;r,^."
5lO Her Ursprung des Religiotu
des indischen Buddhismus, oder daß in einer beide Momente ver-
einigenden Gestaltung die Heilbringeridee das Übei^newicht behält
Hier bildet dann die erlösende Macht des Gottes oder Gottmenschen
nur ein bedingendes Motiv seiner Heilsvermittlung. So in den grie-
chischen Mysterienkulten, in den die Legende in die apokal3^ti5die
Form umbiegenden Messiaserwartungen des späteren Judentums, und
am stärksten ausgeprägt in den glückverheißenden Jenseitshofihungen
der Eschatologie des Islam. Als eine letzte Möglichkeit bleibt endlich
die übrig, daß die Kultlegende annähernd zu gleichen Teilen Erlöser-
und Heilbringerlegende wird. Das ist die Form, die das Christeo-
tum ausgebildet hat, und die in der Doppelbenennung Jesu als des
»Heilandsc und des »Erlösers« angedeutet ist. Jeder dieser Begriffe
bezeichnet in Wirklichkeit eine besondere Seite seines Wesens, wäh-
rend beide in der Einheit seiner Persönlichkeit eng verbunden sind.
Erscheint in der Heilbringerform der Kultlegende der Gedanke des
Jenseits als eine letzte Frucht der Entwicklung, so bildet er umge-
kehrt den Ausgangspunkt der Erlöserlegende. Darin gibt sich die
letztere als die fortgeschrittenere Form zu erkennen. Auch in der
christlichen Vereinigung beider, die im übrigen einen weiten Spiel-
raum nach der einen oder andern Seite bietet, ist daher der Gedanke
vorherrschend, die größte Heilstat des Erlösers bestehe in der Erlö-
sung von dem an das irdische Dasein gebundenen Übel. Im übrigen
spiegelt sich bei allen diesen Formen das Verhältnis beider Bestand-
teile in den früher betrachteten Jenseitsvorstellungen, die auf solche
Weise ein mythologisches Komplement der entwickelteren Kultlegende
bilden.
Die erwähnten Erscheinungen des religiösen Kultus im einzelnen
zu verfolgen, bleibt nun um so mehr eine Aufgabe der Relig^ions-
geschichte, je mehr in ihnen spezifisch nationale Anlagen und Kultur-
bedingungen, die aus dem Zusammenfluß zahlreicher geschichtlicher
Motive entspringen, eine entscheidende Rolle spielen. Die Völker-
psychologie muß sich hier auf die Hervorhebung der den verschiedenen
Entwicklungen mehr oder minder gemeinsamen Tatsachen beschränken,
in denen die psychologischen Grundmotive des religiösen Lebens her-
vortreten, und die trotz jener in den besonderen historischen Ver-
hältnissen begründeten Unterschiede auch hier die Gesetzmäßigkeit
Die Knltfoimen. 6ll
der geistigen Entwicklung erkennen lassen. Die Religionsgeschichte
wird dann aber auch die so gewonnenen allgemeinen psychologischen
Gesichtspunkte auf die besonderen i durch wechselnde Kultur- und
Zeitbedingungen bestimmten religiösen Erscheinungen anzuwenden
haben. In diesem Sinne werden wir zunächst die Kultformen, die
uns in der Geschichte der Völker als die Hauptstufen religiöser Ent-
wicklung begegnen, und hierauf die innerhalb dieser Formen vorkom-
menden und in ihren allgemeinsten Grundlagen ihnen gemeinsamen
Kulthandlungen ins Auge fassen, um schließlich den charakteri-
stischen Ausdruck der Stufen dieser religiösen Entwicklung in den
verschiedenen Formen der Kultlegende an einigen Beispielen zu
betrachten.
2. Die Kultformen«
a. Die primitiTen Zanber- und Dämonenkiilte.
Die Kulthandlungen bilden, wenn man diesen Begriff in seiner all-
gemeinsten Bedeutung nimmt, schon auf den vorreligiösen Stufen des
mythologischen Denkens wesentliche Bestandteile des Seelen- wie des
Naturmythus. In den einzelnen Erscheinungen, die zu ihnen gehören,
sind sie uns daher in den beiden vorangegangenen Kapiteln bereits man-
nigfach begegnet. So bedarf es denn hier nur eines zusammenfassenden
Rückblicks, um diese Erscheinungen, in denen sich die Anschauungen
des Menschen über die sein Dasein bestinmienden Mächte in leben-
dige Willensantriebe umsetzen, in ihrer Bedeutung fiir die religiöse
Entwicklung zu würdigen. Insbesondere gilt dies auch für die niederste
und damit allgemeinste Form der Kulthandlungen, für die primi-
tiven Zauber- und Dämonenkulte. Sie fehlen keiner Kultur-
stufe. Schon innerhalb der frühesten uns erreichbaren Anfänge sind
sie teils in der Form individuell geübter Zauberbräuche teils als ge-
meinsame, oft verwickelt gestaltete Zauberzeremonien zu finden. Sic
pflegen dann auch die höheren Kulte bald als unabhängige Nebenformen
zu begleiten, bald, nachdem diese geschwunden sind, als deren rudi-
mentäre Überlebnisse zurückzubleiben.
In dieser Konstanz der Zauberkulte, die die Nachweisung ihrer ersten
Entstehung zu irgend einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten
39*
^12 Der UnpniDg der ReligioiL
Ort ausschließt, sowie in den oben angeführten spezifischen Kriterien
des religiösen Kultus im engeren Sinne liegt nun zugleich die einag
mögliche Antwort auf die oft aufgeworfene Frage, ob es »religions-
lose Volkere gebe oder nicht, — eine Frage, die man merkwürdiger
Weise meist zu beantworten suchte, ohne darüber im Klaren zu sein,
was überhaupt unter Religion zu verstehen sei. Nimmt man den
Kultus in jener allgemeinsten Bedeutung, in der er den Zauber- und
Dämonenkult mit einschließt, zum entscheidenden Merkmal, so gibt
es zweifellos keine religionslosen Stämme. Weder sind solche empirisch
nachgewiesen, noch ist es nach unserer psychologischen Kenntnis
der menschlichen Natur wahrscheinlich, daß sie gefunden werden.
Jedenfalls muß also ihre Existenz in eine Vorzeit zurückverl^ft werden,
die uns weder ethnologisch noch historisch zugänglich ist. Ninunt
man dagegen den durch die drei oben bezeichneten Merkmale der
Gebundenheit an eine soziale Gemeinschaft, des Götterglaubens als
der Grundlage, und schließlich der geistigen Werte als der Zwecke
kultischer Handlungen zu Kriterien der Religion, so ist die Verbrei-
tung religiöser Anschauungen eine nach Zeit und Ort beschränkte.
Dabei finden sich aber zugleich die mannigfachsten Übergäi^re zwischen
dem religiösen und dem vorreligiösen Stadium der Kultur. Insbe-
sondere werden wir einen Zustand, der die beiden ersten unter den
genannten Merkmalen, aber noch nicht das dritte aufweist, zu diesen
Vorstufen zählen können. Ebenso bringet es die Stetigkeit solcher
Übergänge mit sich, daß in vielen, ja in den meisten Anschauungen,
die bereits vollgültig als religiöse anzuerkennen sind, materielle und
geistige Zwecke zusammen und meist in unlösbarer Verbindung die
Triebfedern der Kulthandlungen bilden und auf die äußere Gestaltung
derselben einwirken. Darum kann man schließlich auf jene Frage
nach der Verbreitung der Religion antworten: teils Anlagen, teils
Anfänge religiöser Entwicklung fehlen nirgends; aber entwickelte Re-
ligionen finden sich nur unter den Bedingungen einer höheren mate-
riellen und geistigen Kultur. Die Grenzen des Übergangs der vor-
religiösen in die religiöse Stufe bezeichnen daher zugleich die des
Übergangs von Mythus in Religion. Wie diese Grenzen keine ab-
soluten sind, sondern sich in stetigen Übergängen abstufen, so reicht
aber auch der Mythus nicht nur überall in die Religion hinüber,
sondern er bildet in allen wirklichen Religionen ein unentbehrliches
Die Kaltformen. 6i^
Requisit, wie uns das am eindringlichsten die Kultlegende noch in
ihren höheren Formen zeigt.
Hiernach läßt sich schon der primitive Zauberkult in eine und
dieselbe Entwicklungslinie mit den höheren religiösen Kultformen
stellen. Dies gilt um so mehr, als das Motiv des Zaubers in der
Form der magischen Heilswirkimg einer Kulthandlung noch bis zu
den höchsten Stufen religiöser Kulte nachwirkt. Aber man kann
nicht mehr mit Hegel eine »Zauberreligion« als die niederste der vor-
handenen Religionsformen betrachten'). Und dies aus doppeltem
Grunde. Erstens ist der primitive Zauberkult, im Hinblick auf die
oben angeführten Merkmale, seiner eigentlichen Natur nach ein »vor-
religiöser« Kultus; und zweitens bildet der 2^uber in der Form der
magischen Heilvermittlung einen integrierenden Bestandteil auch der
iiöheren religriösen Kulte. Darum bietet er an sich kein zureichendes
Kennzeichen, um die primitiven von den entwickelteren Kultformen
zu scheiden. Denn er hebt lediglich eine Seite hervor, die der pri-
mitive Kult allerdings infolge ihrer relativen Isolierung in besonders
ausgeprägter Weise, freilich aber auch in noch ungeordneter und
unzusammenhängender Form zeigt Erst in der weiteren Entwick-
lung erhebt sich dieses magische Moment selbst durch die Motive,
mit denen es sich erfüllt, auf eine höhere Stufe; und durch die Ver-
bindung, in die es mit der Gesamtheit der religiösen Anschauungen
tritt, bereitet es den Übergang in einen symbolischen Ausdruck meta-
physisch-ethischer Ideen vor.
Ist so die Kulthandlung an sich keine sichere Grenze fUr die
Abtrennung des primitiven ZauberkuUiis von andern Kultformen, so
zeigt sich nun aber eine solche um so augenfälliger an den Gegen-
ständen, denen sich jener zuwendet. Diese sind Dämonen, nicht
persönliche Götter. Sie sind als solche vor allem die Geister der
Verstorbenen und der 2^uberwesen der unmittelbaren Umgebung,
die bald in einzelnen Objekten verkörpert werden, bald in un-
sichtbarem Wirken den Menschen umschweben, und dann in wei-
terer Übertragung in die Naturdämonen der Berge, Bäume, Flüsse
und der andern mächtigeren Naturerscheinungen übei^ehen*). Je
Hegel, Religionsphilosophie, I (Werke Bd. Il), S. 220.
Vgl. Teil II, S. 365 flf.
, V
•^''-
6 14 ^c' Urspnmg der Religion.
intensiver die Motive wirken, die in der Zauberbandlung- der Gefibr,
die von solchen dämonischen Wesen droht, zu b^[^[iien, oder um-
gekehrt deren Walten zu eigenem Vorteil zu wenden streben, um so
mehr kann hier die Vorstellung eines äußeren Objekts, in dem
der Dämon wohnt, hinter der erstrebten Wirkimg zurücktreten, so
daß das dämonische Wirken selbst in die Zauberhandlung* verl^
wird. Das ist eine Übertragung, die noch lange da nachdauert, wo
sich der Dämonenglaube in bestimmteren Vorstellungen fixiert hat
Selbst die Regenwolke, die ein bereits dem Götterglauben genäherter
oder mit ihm sich mischender Dämonenkult zum Regen zu zwingen
sucht, geht im Augenblick der Zauberhandlung mit einem Teil ihres
dämonischen Wesens in die Hilfsmittel und die Ebndlungen ein, mit
denen der Zauber geübt wird. Es ist aber ein charakteristisches
Merkmal gerade des primitiven Zauberkultus, daß bei ihm das Motiv,
die Wünsche, aus denen die Handlung entspringt, verwirklicht zu
sehen, die bestimmter fixierten Dämonenvorstellungen zurückdrängt
So wird denn die in den früher geschilderten S3mibolischen oder
magischen Formen ausgeführte Zauberhandlung selbst zu der dämo-
nischen Macht, die je nach Umständen eigenes Unheil verhütet oder
andern solches zufiigt oder endlich irgend einen sonstigen Wunsch
in Erfüllung gehen läßt. (Vgl. Teil II, S. 191 ff.) Solche gewisser-
maßen gegenstandslos gewordene Zauberkulte bleiben vor allem da
zurück, wo der Zauberglaube nach dem Schwinden der ihn einst be-
gleitenden Dämonenvorstellungen als ein die entwickelteren Kulte
begleitender und von ihnen zurückgestoßener sogenannter »Aber-
glaube« fortbesteht. Die überwältigende Macht der Wunschmotive
läßt aber doch auch schon auf den primitivsten Kulturstufen die
gleiche Erscheinung hervortreten; und diese Verhältnisse sind es
wohl, die hier zur Annahme jener »präanimistischen« Stufe des Mythus
Anlaß gaben, auf der angeblich der Zauber als solcher, ohne Be-
ziehung auf irgend welche Seelen- oder Dämonenvorstellungen, den
Inhalt des mythologischen Denkens gebildet haben soll *). Abgesehen
von den gegen diese Hypothese bereits geltend gemachten psycho-
logischen Gründen, widerspricht ihr schon die äußere Verbreitung
der primitiven Zauberkulte, in denen solche gegenstandslose Zauber-
») Vgl. TeU II, S. 171 ff.
Die Kaltformen. 6ie
Vorstellungen hauptsächlich ihren Sitz haben. Gehört doch eben
diese niederste und beharrlichste Kultform in ihrer Isolierung von
sonstigen Kultelementen zwei entgegengesetzten Punkten an. Auf
der einen Seite fallt sie mit den wirklichen Urformen des Kultus und
Mythus zusammen ; auf der andern reicht sie in eine im übrigen dem
Bereich des ursprünglichen Seelen- und Naturmythus zum größten
Teil bereits entfremdete Kultur hinein. Nun ist es aber ein für die
psychologischen Beziehungen solcher gegenstandsloser Zauberhand-
lungen höchst bezeichnendes Symptom, daß sie nicht in jenen
Anfangen, sondern in diesen rudimentären Überlebnissen am deut-
lichsten in ihrer Isolierung hervortreten. Bei dem primitiven Men-
schen bleibt es immerhin ein Ausnahmefall, wenn der Zauber ganz
von den Gegenständen sich loslöst, die unabhängig von der ein*
zelnen Zauberhandlung als Substrate dämonischer Kräfte gelten.
Der sprechendste 2^uge dieses dem ursprünglichen mytholog^ischeii
Denken innewohnenden Triebes nach Objektivierung der eigenen
Gemütsbewegungen ist der Fetisch als willkürlich geschaffenes Ob-
jekt, das noch viel weniger als die Zauberhandlung selbst irgend eine
Beziehung zu dem erhofften Erfolg hat, das aber dem Trieb, die
Zauberkraft an einen sichtbaren Gegenstand zu binden und damit
diesen zu einem auch unabhängig von der einzelnen Handlung wirk-
samen Dämon oder zu dem Sitz eines solchen zu machen, vollkommen
Genüge leistet. Die gleichen Dienste wie der Fetisch kann nun
natürlich irgend eine andere sinnenfallige Erscheinung, ein Tier, eine
Pflanze, ein Windhauch, ein als Zauberstab gebrauchter Stock oder
endlich die Zauberformel haben, besonders wenn die letztere schrift-
lich fixiert ist, so daß sie den einzelnen 2^ubervorgang überdauert
So fallen die Begriffe des primitiven Zauber- und des Dämonen-
glaubens durchaus zusammen. Beide bezeichnen nur verschiedene
Seiten einer und derselben Erscheinungsgruppe. Der eine geht auf
das die Kulthandlung bestimmende Motiv, der andre auf den Gegen-
stand, dem sich die Handlung zuwendet. Dieser Gegenstand kann
mehr oder weniger unbestimmt sein und so schließlich untrennbar
mit der Handlung selbst zusammenfließen. Aber gegenstandslos
ist keine Kulthandlung. Schon in ihrer primitivsten Form wendet
sie sich an irgend ein den Wünschen des Handelnden zu unterwer-
fendes Wesen, mag dieses auch noch so unsicher lokalisiert werden
W^^:'^'^'^'^
6l6 Der Unpnmg der ReUgion.
oder gelegentlich mit dem Ort der Zauberhandlung selbst ver-
schmelzen. Letzteres pflegt namentlich da zu gescheben, wo der
Zauberkult eine Handlung des Einzelnen bleibt , die auf rein indivi-
duelle Zwecke gerichtet ist, wie das vor allem fiir die Rudimente
des Zauberglaubens auf den späteren Kulturstufen zutrifft Wo
wir dagegen bei primitiven Völkern gemeinschaftlichen, zu öffent-
lichen Zwecken veranstalteten Zauberzeremonien begegnen, da ent-
behren die letzteren niemals der Objektivierung der dämonischen
Kräfte in Fetischen und Zaubergeräten. Die öffentliche Zeremonie
verlangt eben äußere Geg^stände, die die Auftnerksamkeit aller anf
sich ziehen. In sie wird dann rückwirkend die dämonische Kraft
des Zaubers selbst projiziert. So bildet bei den Ortskulten der Neger
der Gemeindefetisch den Mittelpunkt der lärmenden Feier. Bei den
Kultfesten der Australier gruppieren sich die Zaubertänze um die
Totembilder der Stämme. Noch reicher ist die Ausstattung ameri-
kanischer Kultfeste mit Zauberobjekten mannigfacher Art, wobei frei-
lich schon die sich beimischenden Elemente eines beginnenden Göttcr-
kultes diese Objektivierungen verwickelter gestalten'}.
Von dem Zauberobjekt, dem Fetisch, Totembild, dem heiligen
Stein, Baum oder Platz, um den sich eine solche Kultfeier gruppiert,
geht dann ein Teil der dämonischen Macht auch auf die andern
Gegenstände, die Federstäbe, die Bälle, das Feuer, endlich auf die
Kulttänzer selbst und ihre Masken über, und es wächst so die Zahl
der dämonischen Objekte mit der Ausdehnung der Feier über eine
größere Gemeinschaft. Dem im Gegensatze zu diesen lärmenden
öffentlichen Kultfesten mit Vorliebe in der Verborgenheit geübten
individuellen Zauber fehlen natürlich solche feste, allgemein an-
erkannte Objekte. Aber der Trieb nach einer dauernden Bindung
der dämonischen Hilfe bleibt doch auch hier nicht aus: er findet
seinen charakteristischen Ausdruck in dem Amulett und dem Talisman,
Objekten, die die Eigenschaft, persönliche Schutzmächte ihres Be-
sitzers zu sein, mit der Fixierung der dämonischen Kraft verbinden").
Treffen demnach in dieser, den allgemeinen Gesetzen der Sinnes-
wahrnehmung folgenden Objektivierung der Zauberwirkungen indi-
») Vgl. Teil II, S. 222 f., 253, 433 f.
2) Ebenda S. 202 ff.
Die Kaltfonneo. 6iy
viduelle Zauberhandlung und gemeinsamer Zauberkult zusammen,
so scheiden sich nun beide in einer andern Eigenschaft, die zu-
gleich fiir die weitere Ausbildung der Kultusformen entscheidend
ist. Der individuelle Zauberbrauch bleibt im wesentlichen entwick-
lungslos. Er kann in den gleichen, nur wenig durch die äußeren
Kulturbedingungen modifizierten Formen überall neu entstehen. Ist
er daher auch in seinen einzelnen Erscheinungen meist ein über-
kommenes Gut, so vermag doch die Tradition nur wenig an ihm zu
ändern. Damit hängt die große, von der Kulturstufe nahezu unab-
hängige Stabilität zusammen, die uns in den Formen individueller
Zauberbräuche begegnet Anders der gemeinsame Zauberkult Er
verdankt seine oft überaus zusammengesetzte Beschaffenheit haupt-
sächlich dem Umstände, daß er zu den Ordnungen des gemein-
samen Lebens gehört, ja in frühen Zuständen den wichtigsten, mit
Sitte und primitivem Recht eng verwachsenen Inhalt desselben bildet.
Als solcher ist er festen Regeln unterworfen, die durch eine auf die
Befolgung der überlieferten Bräuche peinlich achtende, meist schon
unter der Führung eines sich entwickelnden Priesterstandes stehende
Kultgesellschaft aufrecht erhalten werden. Dabei tritt dann zu der
Bewahrung des Überlieferten die bei bestimmten Anlässen erfolgende
Aufnahme neuer Zeremonien, die nun in der gleichen Weise auf die
kommenden Generationen vererbt werden. So erklären sich zwei
Eigenschaften, die uns schon bei den primitiven Gemeinschaftskulten
begegnen. Erstens sind sie, im Unterschied von den auf die ein-
fachen Typen des symbolischen und des magischen 2^ubers zu-
rückzuführenden individuellen 2^uberbräuchen, von sehr verwickelter
Beschaffenheit. Von den Festen der Zentralaustralier bis herauf zu
den meist schon auf bestimmte Jahreszeiten verlegten und mit Ele-
menten eines beginnenden Götterkultus vermischten Kulten der Prärie-
und Puebloindianer bilden sie ein verwickeltes Gewebe von Hand-
lungen, unter denen sich einzelne wieder zu einer geschlossenen dra-
matischen Einheit verbinden, und die sich in diesen ihren wechseln-
den Gestaltungen über Tage erstrecken. Zweitens erlischt infolge
der festen Tradition der Zeremonien, die ihre Ausführung mehr und
mehr zur eingeübten, gewissermaßen mechanisierten Gewohnheit
macht, die Erinnerung an die einstige Bedeutung der einzelnen Hand-
lungen, ein Prozeß, der von da ausgehend schließlich den Inhalt der
618 Her Ursprung der Religion.
ganzen Festfeier zu einem höchstens noch fragmentarisch zu deuten-
den Ausdruck der allgemeinen Zwecke macht, auf die der Kultus
gerichtet ist. Um so geeigneter ist die Kulthandlungf, um belieb^
neue Zwecke mit dem gleichen Gewand äußerer Zeremonien zu um-
kleiden'). Dieses Verblassen der Bedeutung wirkt dami vermöge
der früher (Teil II, S. 191 ff.) erörterten Beziehungen zwischen den
beiden Grundformen des symbolischen und des magiscben Zau-
bers naturgemäß stets in dem Sinne auf die einzelne zeremonielle
Handlung zurück, daO diese aus der ersten in die zweite jener For-
men übergeht: aus einem mehr oder minder deutlichen 2Mchen des
gewollten Zwecks wird sie zu einem geheimnisvollen Vorgang, der
nur noch durch eine in ihm verborgene dämonische Kraft wirkt, der
aber eben deshalb auch beliebig seine Zwecke wechseln oder das
Gebiet dieser ins unbestimmte erweitem kann. Das ist ein Prozeß,
der von dem primitiven Zaubcrkult aus in alle höheren Kultformen
übergeht und bei dem Wandel wie bei der Erweiterui^ der Kult-
zwecke eine hervorragende Rolle spielt.
Mit der oben erwähnten Kumulation einzelner Zauberriten zu dem
im Verlaufe vieler Generationen entstandenen gemeinschaftlichen
Zauberkult einerseits und dem damit verbundenen Vergessen der
Bedeutung der einzelnen Bestandteile eines solchen Ganzen ander-
seits hängt nun noch eine weitere Tatsache zusammen, die nicht
minder bei den höheren Kultformen wiederkehrt, die aber doch
beim primitiven Zauber- und Dämonenkult am augenfälligsten her-
vortritt. Sie besteht in dem starken Kontrast, in dem hier überall
der öffentliche Kult zu der individuellen Zauberhandlung und zu der
den Anschauungskreis der letzteren im ganzen treu widerspiegelnden
Mythenerzählung steht. Vergleicht man z. B. die Mythenmärchen der
Arunta Australiens mit den zusammengesetzten magischen Zeremonien
bei der Männerweihe und den Totemkulten, oder auch noch die Er-
zählungen der Prärieindianer Nordamerikas mit den von den gleichen
Stämmen, den Pawnee, Odschibwä u. a., berichteten Kultfesten, so
läßt sich ein größerer Gegensatz kaum denken"). Während die Kult-
*) Vgl. die für solche primitive Gemeinschmftskulte besonders charakteristische
>Intichiamafeier< der Arunta und anderer zentralanstralischer Stämme bei Spencer and
Gillcn, Northern Tribes of Central- Anstralia, p. 283 ff.
«) Man vergleiche z. B. die Siouxkulte bei J. O. Dorsey, Ethnol. Rep., XI, 1894,
Die Koltformen. 6 ig
feste in ihrer Ausstattung mit mimischen Darstellungen, symbolischen
und magischen Handlungen, Tänzen und Gesängen, besonders wenn
man von dem freilich sehr einförmigen Inhalt der letzteren absieht,
hinter denen der großen Kulturvölker kaum zurückstehen, ja an
Mannigfaltigkeit und Ausdehnung des Inhalts bisweilen sie über-
treffen, bewegt sich bei den gleichen Völkern die Mythenerzählung
stets in den gleichen Regionen einer relativ einfachen phantastischen
Märchentradition. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich aber,
wenn wir bedenken, daß im Grunde jede solche Kultfeier primitiver
Völker eine Anhäufung zahlreicher, durch Generationen vererbter
einfacher Zauberformen ist, die miteinander zu dramatischen Hand-
lungen verbunden sind, und die dann manchmal dem fremden Be-
obachter um so mehr einen tieferen Sinn zu bergen scheinen, je
mehr ihre Bedeutung den Teilnehmern der Feste selbst entschwun-
den oder in dem allgemeinen Begehren nach mag^ischer Hufe unter-
gegangen ist. In dieser Fähigkeit der Bewahrung und Häufung weit
zurückreichender Traditionen des äußeren Brauchs auf einer Stufe,
wo eine in mündlichen Berichten oder gar in schriftlicher Fixierung
sich fortpflanzende geschichtliche Überlieferung noch nicht existiert,
steht der kultische Brauch genau auf gleicher Höhe mit den Tradi-
tionen der Sitte und der Ordnungen der Gesellschaft. Die Mythen-
erzählung wandert zunächst nur als eine einzelne von Mund zu
Munde, und eine zusammengesetztere Form kann sie erst da gewinnen,
wo sich ihrer eben jene den inneren Zusammenhang der Vorgänge
bewahrende geschichtliche Überlieferung bemächtigt. Durch sie wird
sie dann aber zugleich vor jenem Vergessen ihrer Bedeutung einiger-
maßen geschützt, dem von Anfang an die Traditionen des Brauchs und
des äußeren Kultus anheimfallen.
b. Vegetmtionskalte and Jahresfeste.
Bildet die Gemeinschaft der Kulthandlungen -schon im Bereich des
primitiven Dämonenglaubens ein mächtiges Mittel der Bewahrung
und Bereicherung der Kultbräuche, so steigert sich nun diese Wir-
p. 366 ff. oder die noch verwickeiteren, unter der Leitung der großen MedizingeseU-
schaften stehenden der Odschibwä bei J. W. Hoffinann, ebenda VII, 1891, p. I$2ff.
mit den Mythenmärchen der gleichen oder verwandter Stämme, wie sie oben (Kap. V, II)
in zahlreichen Beispielen mitgeteilt sind.
f,^;;.-'^.:
620 I^er Ursprung der Reügioo.
kung noch in hohem Maße, sobald auch der Zweck der kultisdieo
Handlungen in dem Sinne ein gemeinsamer wird, daß er erst inner-
halb einer Vereinigung vieler möglich ist. Spezifische Gemeinschafb-
zwecke solcher Art sind aber die Kulturzwecke. * Alle die Güter,
die über den Bereich des von jedem einzelnen unabhängig von andern
Begehrten und Erstrebten hinausgehen, nennen wir darum im spezifi-
schen Sinne Kulturgüter. Nicht jede gemeinsame Kulthandlung
ist auf Kulturgüter gerichtet. Sie kann auch aus der durch die
Vereinigung erhofften Verstärkung der ^Anricungen rein individueller
Zauberzwecke entspringen. So begehrt jeder zunächst nur für sieb
Schutz vor Krankheit und Lebensgefahr oder Glück in der Aufiindung
der zur Fristung des Daseins nötigen Lebensmittel; und doch können
die einzelnen sich zu einer Kultgesellschafl verbinden, die diesen
Zwecken dienen soll. Das geschieht eben bei den primitiven Zanber-
und Dämonenkulten, so lange sie sich nicht mit ESpstandteilen der
höheren Kultformen verbinden. Zu einem Kulturgut wird der ge-
meinsam erstrebte Zweck erst, sobald er an sich schon ein gemein-
sames Handeln voraussetzt, und sobald daher die Hilfe, die im Kult
erstrebt wird, zunächst der Gemeinschaft und erst durch diese wiederum
dem einzelnen zuteil wird. So erhebt sich schon die Jagd in dem
Augenblick zu einem solchen Kulturzweck, wo sie zu einem gemein-
samen Unternehmen wird. Noch mehr gilt das natürlich vom Kri^e,
bei dem Sippe gegen Sippe kämpft und der einzelne kämpfend für
die Gesamtheit einsteht. Immerhin stehen diese Unternehmungen
noch auf der Grenze zwischen individuellem und gemeinsamem
Handeln. Denn überall löst sich selbst der Stammeskrieg wieder in
eine Menge von Einzelkämpfen auf, in denen, Mann gegen Mann
streitend, der allgemeine Zweck hinter dem Motiv der Vernichtung
des einzelnen Gegners zurücktritt. Ähnlich verhält es sich mit den
Einflüssen des Hirtenlebens, wie denn auch tatsächlich dieses, mehr
noch als das Jägerleben, den Mutterboden für die fortwährende Ent-
stehung von Stammeskriegen abgibt. Der Hirtenstamm, der seine
Viehherden von Land zu Land treibt, bietet so einen vollen Gegen-
satz zu dem Bilde, das die bukolische Dichtimg späterer Zeiten von
dem friedlichen Leben des Hirten entwirft. Dieses Bild hat den ein-
samen Hirten im Auge, der unter Verhältnissen lebt, die jenen
Anfängen völlig entwachsen sind. Als Hüter der Herden eines
Die Kaltfonnen. 62 1
reichen Grundbesitzers oder einer seßhaften Dorfgemeinde fuhrt er in
engem Verkehr n^it der Natur ein bedürfnis- und sorgloses Dasein.
Und der Dichter pflegt dieses Bild um so idealer auszumalen, je
weiter die Kultur, in der die Idyllendichtung blüht, von jener abliegt,
in der das Hirtenleben selbst die herrschende Lebensform ist. Wie
dais Nomadentum die Ursprungsstätte einer fester geschlossenen Ge-
schlechterorganisation und auf seinen höheren Stufen einer patriar-
chalischen Familien- und Stammesverfassung ist, so erzieht es auf
der andern Seite mit innerer Notwendigkeit seine Männer zu Kriegern.
Von Land zu Land wandernd gerät der Nomadenstamm, neues Weide-
land suchend, unvermeidlich in Streit mit andern Nomadenhorden,
die dieses vor ihm besetzt haben, oder mit einer seßhaften Ackerbau-
bevölkerung. Doch dasselbe ruhelose Wanderleben, das den Nomaden
zum abgehärteten Krieger macht, läßt es auch zu entwickelteren Kult-
formen, die über den primitiven Dämonenglauben und über den in
der patriarchalischen Gesellschaft wurzelnden Ahnenkultus hinaus-
gehen, nicht kommen. Es sei denn, daß eben jene Stammesfehden
Wechselwirkungen mit Völkern anderer Kultur- und Kultformen her-
beifuhren, die nun, wenn erst das Nomadentum selbst einem seßhaften
Leben und einem entsprechenden Wandel der Zustände Platz gemacht
hat, eigentümliche religiöse Neubildungen herbeiführt. Auf diese über-
aus wichtigen Wirkungen des Kampfes der Kulte werden wir unten
zurückkommen.
So ist denn der Ackerbau mit seiner Gebundenheit an festere
Wohnstätten und seinem Fortschritt zu staatlicher Ordnung das erste
Gebiet gemeinsamer Arbeit, das den Gütern, auf deren Gewinnung
diese Arbeit gerichtet ist, in doppeltem Sinne den Wert von Kultur-
gütern verleiht. Erstens können auch sie — diese Eigenschaft teilt mit
ihnen schon die Nomadenwirtschaft — nur in gemeinsamem Han-
deln erstrebt werden; zweitens aber sind sie, auf relativ primi-
tiven Kulturstufen mehr als später, nur einem gemeinsamen Er-
werb zugänglich. Darin liegt es begründet, daß der Ackerbau
allen weiteren Kulturgütern die Wege bahnt. An die »Cultura agri«
ist so mit vollem Recht auch der allgemeinere, alle sonstigen gemein-
samen Güter umfassende Begriff der Kultur von der Sprache geknüpft
worden. Die Schwierigkeiten, die sich einer planmäßigen Pflege des
Ackerbodens entgegenstellen, die Fürsorge für die Zukunft, der Um-
()22 ^cf Urspntng der Rel^oa.
fang der, wenn sie einen zureichenden Ertrag bringen soll, erforder-
lichen Arbeit, zwingt hier frühe schon die Bewohner einer Dorischaft
oder eines Gaues zum gemeinsamen Tun, und der erzielte Ertrag
ist zunächst ein gemeinsamer Besitz, der dann erst an die dn-
zelnen, die zu seiner Gewinnung beigetragen haben, verteilt wird.
Zwar beginnt im allgemeinen der Ackerbau mit der Einzelwirt-
schaft, mit der neben Jagd und Fischfang gepflegten kümmerlichen
Pflanzung, die der einzelne um sein Zelt oder seine Hütte anl^
Doch geht er, sobald die Ackerfrucht zur hauptsächlichsten Nahnmgs-
quelle wird, in mehr oder minder großem Umfang in eine Gemein-
wirtschaft über, um dann auf einer dritten Stufe, unter der Wirkung
der vervollkommneten Produktionsmittel und der damit gleichzeitigeii
Gliederung der Gesellschaft, abermals dem individuellen Betrieb an-
heimzufallen. Wie auf solche Weise das mittlere dieser Stadien einen
entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der Kultur bezeich-
net, so liegt hier der Ursprung derjenigen Kulte, die ihrerseits
wieder die wahrscheinlichen Ausgangspunkte aller höheren Kulte ge-
bildet haben: der Vegetationskulte. Ihr allgemeiner Charakter ist
im Anschluß an die zugrunde liegenden Dämonenvorstellung^n schon
geschildert worden *). Hier bedürfen nur zwei Punkte, die für die
Beziehung zur Gesamtentwicklung des religiösen Kultus entscheidend
sind, einer näheren Beleuchtung: der Zusammenhang mit dem ihnen
vorausgehenden und fortan sie begleitenden primitiven Zauber- und
Dämonenkult; und der Einfluß, den sie auf die Entstehung der Götter-
vorstellungen und im Anschluß an diese auf die Entwicklung der
weiteren, spezifisch religiösen Kulte geübt haben.
Während die Vegetationsdämonen unter den mannigfachen Dämo-
nenvorstellungen der Natur- und zum Teil noch der Kulturvölker eine
durch die Beziehung zu den wichtigsten Lebensbedürfnissen bevor-
zugte Stellung einnehmen, gehören sie im übrigen noch durchaus dem
Gebiet der Naturdämonen an. Unter ihnen sind sie besonders den
Dämonen der Wiesen, Wälder, Flüsse sowie dem unterirdischen Ge-
schlecht der Erdgeister wesensverwandt. So reichen denn auch ihre
Kulte nach den Motiven, die ihnen zugrunde liegen, sowie nach der
Bedeutung der einzelnen Handlungen, aus denen sie sich zusammen-
') Vgl. Teil II, S. 432 ff-
Die Knltfonnen. 623
setzen y in das allgemeine Gebiet des Dämonenkultus zurück. Sie
bestehen aus Zauberriten, die nur im Unterschiede von manchen
andern primitiven Zauberhandlungen, wie sie besonders noch in den
Überlebnissen des Aberglaubens vorkommen, großenteils direkt auf
die Gewinnung der Mitarbeit der V^^etationsgeister an der Kultur-
arbeit des Menschen gerichtet sind. Ihre Motive gehören also der
Hauptsache nach dem direkten und einem eng an diesen sich an-
schließenden symbolischen Zauber an (Teil n, S. 188). Wo indirekte
symbolische und magische Handlungen in heutigen Saat- und Emte-
bräuchen vorkonmien, da bleibt es daher im al^meinen ungewiß|
inwieweit diese erst spätere Neubildungen sind So ist das noch
jetzt da und dort geübte Begießen eines bei der Ernte tätigen Mäd-
chens mit Wasser ein uralter Zauber, der sich in analc^n Formen
bis in die fernsten V^etationskulte verfolgen läßt (a. a. O. S. 441);
und ursprünglich ist es zweifellos der in der R^enwolke tät^
Dämon, der durch diese Handlung zur gleichen Tätigkeit heraus-
gefordert wird. Die auf dem Feld zurückgelassene letzte Garbe da-
gegen, die eine gute Ernte für das nächste Jahr verbürgen soll, ist
bereits ein symbolischer Zauber, der wahrscheinlich erst in späterer
Zeit entstanden bt Jedenfalls bilden nun die Hauptbestandteile der
Zeremonien der Naturvölker, soweit äe überhaupt eine deutliche Be*
Ziehung auf ihren Zweck enthalten, direkt auf die Mithilfe der Dämonen
gerichtete Zauberriten. Wie die Begießung die Wolkendämonen zum
Regen, so soll der phallische Tanz mit seiner gleichzeitig energische
Arbeit und zeugende Tätigkeit nachahmenden Fäntomimik die Gdster
des Bodens zur Mitarbeit anregen« So hat der Vegetationskult offenbar
seine Wurzel im primitiven Zaubeikult; und in seinen komplizierteren
Formen besteht er aus einer Aneinanderreihung dramatisch verbun-
dener Zauberriten. Einzelne unter diesen können dann wieder von
einer komplexen Zeremonie sich loslösen und in einen fiir sich
vorkommenden Zauberbrauch von der Art der primitivsten Zauber-
kulte übergehen. Das geschieht namentlich dann, wenn außerhalb
der zu bestimmten Zeiten r^elmäßig wiederkehrenden allgemeinen
Kultfeier ein plötzlicher Notstand eine außerordentliche kultische Maß-
nahme fordert. Sie nimmt, wie sie meist nur einen beschränkteren
Kreis von Volksgenossen in Miüeidenschaft zieht, so auch leicht wieder
die Form eines vereinzelten Zauberakts an. Dahin gehören z. B. die
•'V
624 ^^ Urtpnisg der ReUgion.
aus Neu-Mexiko beschriebenen Regenprozessionen bei lange dauernder
Dürre, wo von allen sonst die Kultfeier begleitenden Ausstattm^^en
nur der Regenzauber der WasserbegieOung übrig geblieben ist
Solche Vorkommnisse einer Isolierung des einzelnen Zauberritus
gewähren einen Einblick in die Entstehung jener zahlreichen Reste
ehemals reicher ausgebildeter Vegetationskulte, wie sie besonders
Mannhardt gesammelt hat'). Sie zeigen, daO zwar in vielen Fallen
die isolierten Zauberbräuche besonders bei den Erntefesten wahr-
scheinlich als Rudimente einst zusammengesetzterer Emtekulte an-
zusehen sind, daß aber auch das Umgekehrte möglich ist, daß es
sich also um stehen gebliebene Formen eines primitiven Zaubers
handelt, der sich unter günstigen Bedingungen zu einem zusammen«
gesetzten Vegetationskult weiterentwickeln oder, wo solche Be-
dingungen fehlen, seine isolierte Form bewahren kann. Ein Kult,
der aus einer größeren Anzahl einzelner, zum Teil unabhängiger
Kultakte besteht, kann nun in dieser komplexen Beschaffenheit un-
möglich etwas Ursprüngliches sein. Wo eine Kulthandlung im iso-
lierten Zustande vorkommt, da ist daher im allgemeinen stets die
doppelte Möglichkeit vorhanden, daß sie ein Rudiment ist, das sich
aus einem komplexen Kult losgelöst hat und bestehen blieb, wäh-
rend die andern Bestandteile in Vergessenheit gerieten, oder daß
sie nie anders als in dieser isolierten Form bestand, daß sie also
ein von Anfang an entwicklungslos gebliebener Brauch ist. In
diesem Verhältnis liegt es denn auch begründet, daß die aber-
gläubischen Zauberbräuche der Kulturvölker überhaupt bald Über-
lebnisse früherer, entwickelterer Kulte, bald neu entstandene Produkte
der niemals auszurottenden Motive des Zaubei^laubens sind, und daß
sie in beiden Fällen meist mit den analogen Erscheinungen bei pri-
mitiven Völkern in ihren wesentlichen Zügen übereinstimmen. Selbst
da, wo der Zusammenhang eines vereinzelten Zauberbrauchs mit
einer einstigen Kultform nachzuweisen ist, bleibt daher schließlich die
Wahrscheinlichkeit bestehen, daß sich ein solches Rudiment eigent-
lich nur in den primitiveren Zustand wieder zurückverwandelt habe,
.') Mannhardt, Wald- und P>ldkulte, Bd. I 1875, Bd. 2 1877. Für die Vegeta-
tionskulte kommt hier besonders der zweite Band mit seinen Parallelen antiker Feld-
kulte mit nordeuropäischen Bräuchen (S. 2i2ff.) in Betracht. Siehe auch oben Teil II,
S. 440 ff.
Die KnltfonneD« 625
aus dem dereinst der zusammengesetztere Brauch hervorging. So
finden sich über ganz Europa zerstreut Emtebräuche, bei denen der
nach seiner ursprünglichen Bedeutung längst in Vergessenheit ge-
ratene befruchtende Vegetationsdämon durch einen in ein Bocksfell
gekleideten Burschen dargestellt wird, ein Mimus, der sich durchaus
wie ein Rudiment der altrömischen Feier der »Luperealien« ausnimmt.
Anderseits leidet es aber keinen Zweifel, daß die Luperealien selbst
dereinst aus dem weit verbreiteten Glauben an bocksgestaltige Wald-
und Feldgeister entsprungen sind, die wahrscheinlich lange schon zu
einem da und dort geübten mimischen Zauberbrauch Anlaß boten,
ehe in Rom solche sporadisch geübte Gewohnheiten der Hirten zu
einer geordneten Festfeier organisiert wurden. Wo uns daher sonst
zum Teil in weit entlegenen Gebieten scheinbare Reminiszenzen an
die Luperealien begegnen, da ist es an sich viel wahrscheinlicher,
daß sie direkt von ursprünglicheren Zauberbräuchen der Hirten, als
daß sie von den Luperealien oder unbekannten analogen Hirtenkulten
herstammen*).
Sind auf solche Weise die Vegetationskulte überall aus primitiven
Zauberkulten hervorgegjangen, so liegt aber ein wichtiges Motiv ihrer
Erhebung über diese Stufe schon in der Kumulation zahlreicher
einzelner Zauberriten und ihrer Verbindung zu einer bestimmten Ord-
nung, wie eine solche die Übung durch eine größere Kultgemein-
schaft mit sich fuhrt. Denn hier kann nun gegenüber dem Haupt-
zweck des Ganzen die Bedeutung der einzelnen Handlungen ver-
dunkelt werden, so daß diese jetzt neue Motive in sich aufnehmen
und auf das Ganze übertr^en können. Indem die Vegetations-
kulte die hauptsächlichsten Anlässe bieten, aus denen sich die
Stammes- oder Gaugenossen zu kultischen Zwecken versammeln,
gruppieren sich so um die der Gewinnung eines reichen Emtesegens
gewidmete Kultfeier andere teils allgemeinere teils individuelle Zwecke,
für die man durch kultische Handlungen übermenschliche HUfe zu
gewinnen sucht. Vor allem ist es hier die Heilung der Krankheiten,
die, wie sie schon einen Hauptinhalt des vereinzelten primitiven Zauber-
brauchs bildet, so nunmehr an die allgemeine Kultfeier sich anlehnt
*) Ober die Lnpercalien ond ihnen verwandte VegeUtionsknlte yg\, Mannhardt,
Wald- and Feldkulte, II, S. 139 fr., 200 fT. Dazn Wissowa, Religion nnd Knltns der
Römer, S. i72iT.
Wandt, Völkerpsychologie II, 3. ^O
626 ^cr Ursprong der ReUgion.
und nicht selten in einer besonderen Abteilung der Priesterscfaaft
ihre Pflege findet. Aber auch der Krieg, die Jagd und andm
Lebensinteressen werden von dem Kultus der Vegetationsgeister
aufgenommen und in der allgemeinen Festfeier zuweilen durch be-
sondere Kultgenossenschaften vertreten. So nehmen besonders bei
den Indianern des Pueblogebietes die Schwitzhäuser, die neben dem
allgemeinen Zweck der kultischen Reinig^ung hauptsächlich der Be-
freiung von den Dämonen der Krankheit bestimmt sind, meist einen
beträchtlichen Raum in der Umgebung der Festplätze ein, und bei
den Zuüi bilden neben der Regen- auch eine Bogen- und eine
Jagdbrüderschaft besondere Abteilungen der allgemeinen Kul^[e-
mcinde'j. Die Spuren einer analogen Verbindung anderer, ganz
besonders der auf die Heilung von Krankheit und die Rettung vom
Tode gerichteten Kulte fehlen auch in der Tradition der Kulturvölker
nirgends. Auch der griechische Asklepios berührt sich nach seinem
Ursprung mit den unterirdischen Göttern, bei denen sich frühe schcm
mit der Vorstellung von Schutzmächten der Vegetation die der
Herrschaft über Leben und Tod verband 'J. So ist diese Aufiiahme
anderer Sonderkulte in die allgemeinere Feier der Vegetationskulte
gleichzeitig nach rückwärts wie nach vorwärts gerichtet. Einerseits
liegt in dieser Assimilation primitiverer Zauberkulte durch den zuerst
als eine heilige Pflicht der Gesamtheit geübten öflfentlichen Kult eine
Werterhöhung und kultische Läuterung solcher Zauberkulte selbst.
Anderseits weist diese Vereinigung bereits auf die Erhebung der
Vegetationskulte zu einer höheren Stufe religiöser Entwicklung hin.
Denn einmal bezeichnet die Kumulation der Kultzwecke an' und
für sich schon einen religiösen Fortschritt, weil der Kultus, in
je weiterem Umfange er das Leben und Streben des Menschen
in sich schließt, um so mehr die ursprünglichen niederen Zauber-
zwecke gegenüber einem das ganze Leben umfassenden Heilsge-
danken zurücktreten läßt. Sodann aber bereitet sich vor allem in
der zuerst anscheinend äußerlichen Verbindung der Kulthandlungen,
die vor Krankheit und Tod schützen, mit denen, die die lebenspen-
dende Nährfrucht schaffen sollen, eine Verschmelzung dieser beiden
') J. Stevenson, Ethnol. Rep. VIII, 1891, p. 239fr. (Navajos). M. C. Stevenson,
ebenda XXIII, p. 62 ff. (Zunis).
») E. Rohde, Psyche^ I, S. 141 ff.
Die Knltfonneii. 627
Kultzwecke vor, in der schließlich der Vegetationskult selbst, auf
dessen Boden die Verbindung entstand, in jenen umfassenderen Kult*
zwecken verschwindet. Darin liegen die Anfange eines Bedeutungs-
wandels, der einer der folgenreichsten in der gesamten religiösen
Entwicklung ist, und von dem man wohl sagen darf, daß er die
bis dahin noch unsichere Grenze zwischen dem vorreligiösen und
dem religiösen Kult zum ersten Mal scharf bezeichnet. Dies ist aber
um so wichtiger, als es sich hier wahrscheinlich um eine Erscheinung
handelt y die sich, so abweichend die Kulturbedingungen sonst sein
mögen, bei allen Völkern, die überhaupt die Stufe des primitiven
Zauberkult überschritten haben, in übereinstimmender Weise wieder-
holt hat.
Zu diesen Momenten tritt nun noch ein anderes hinzu, das sich
mit ihnen auf das innigste verwebt. Es besteht in der eigentüm-
lichen, gegenüber den sonstigen Dämonen der primitiven Zauber-
riten zwiespältigen Natur der Vegetationsdämonen. Soweit diese
freilich in der fruchtbaren Ackererde oder in der wachsenden Frucht
selbst ihren Sitz haben, gehören sie noch ganz in die Reihe der
zahlreichen niederen Naturdämonen. Diesen Dämonen des Bodens
wnd der wachsenden Frucht sind denn auch vornehmlich die primi-
tiveren, noch wenig durch die Gemeinschaft organisierten Vegetations-
kulte zugewandt. Aber daneben werden um so mehr, eine je um-
fangreichere Pflege der Ackerboden in Anspruch nimmt, und je
mehr diese Pflege zu einer wichtigen Angelegenheit der Gemein-
schaft wird, die Mächte, die Regen und Sonnenschein spenden, und
die in dem das Wachstum bald zerstörenden bald fördernden Wechsel
des Wetters in die Arbeit des Menschen und jener niederen Natur-
dämonen eingrreifen, zu Objekten der Hoffnung und Furcht. Damit
gewinnen die Gestalten des primitiven Himmelsmärchens, die in diesem
kaum mehr als ein wechselndes Spiel der Phantasie sind, eine reale,
für die Gegenwart und Zukunft entscheidende Bedeutung. Die Macht
dieser Naturerscheinungen, der sichtbare Einfluß ihres Wechsels
kommen hinzu, um in ihnen Wesen verkörpert zu sehen, die auch dem
Heer der irdischen Dämonen gebieten. Indem sie diese zugleich in der
zauberhaften Lenkung des menschlichen Schicksals teilweise ablösen,
erscheinen vor allem Emtesegen und Unfruchtbarkeit des Bodens als
Wirkungen ihres Wohlwollens und ihres 2^ms. So gewinnt der Kultus
4o^
628 ^^ Urspnmg der Religion.
eine doppelte Richtung. In einem Teil seiner Handlungen hört er nidt
auf, die Dämonen des Bodens in mimischen Kulttänzen und andeni
Zeremonien zu fruchtbarer Mitarbeit anzuregen. In einem andern,
mehr und mehr das Übergewicht gewinnenden Teil ist er den Himmel»-
wesen zugewandt. Beide Bestandteile können sich derart vemiiscben,
daß sie unlösbar zusammenzugehören scheinen. So bew^ren sidi
in den für dieses Stadium besonders charakteristischen Festen der
Puebloindianer die Wolkenmasken und die Sonnen- und Blit^ewänder
der Kultgenossen mitten unter den mit Fruchtemblemen und Sjrm-
bolen der Erddämonen geschmückten Tänzeiii. Und auch in dem
Sinne findet sich eine gewisse Vermittlung zwischen den R^onea
der irdischen und der himmlischen Vegetationsmächte und in ihm
ein Übergang von den Dämonen zu den Göttern, als die durdi
die zahlreichsten Masken vertretenen, einer Zwischenreg^on zwischen
Dämonen und Göttern angehörenden Wolken zunächst die Haupt-
rolle spielen, um erst allmählich in den höher entwickelten Kulten,
wie sie in Amerika bei den Kulturvölkern Mexikos und Perus reprä-
sentiert waren, den erhabeneren Himmelsmächten, an deren Spitze
überall der Sonnengott stand, den Platz zu räumen. Daneben fehlt
nicht eine Beimischung von Seelenvorstellungen, die hier vermutlich
aus einem ursprünglich selbständig entstandenen Seelen- und Ahnen-
kult assimiliert worden sind. Sie erweitern das Gebiet der Vege-
tationskulte nach einer Richtung, die, wie wir sehen werden, fiir die
fernere Entwicklung derselben von größter Bedeutung ist: nach der
Richtung der Jenseitsvorstellungen. Hinter den regnenden Wolken
sind nach einer in Neumexiko verbreiteten Anschauung die Stammes-
ahnen verborgen, die auf solche Weise der Fürsorge fiir die spä-
teren Geschlechter walten. So sind es Teile eines Kultus irdischer
und himmlischer Dämonen, eines Ahnen- und eines Götterkultus,
die verschmelzen, um die Oberherrschaft der Himmelsgötter vorzu-
bereiten *).
Bilden in solcher Weise die Vegetationsfeste, wenn nicht die
einzigen, so jedenfalls die wichtigsten Ausgangspunkte des Götter-
') Ober hierher gehörige Kulte vgl. J. W. Fewkes, Tasayan Kateinas, Ethnol.
Rep. XV, p. 189 ff. J. Stevenson, Navajos, ebenda Vin, 1891. M. Stevenson, Zoni,
ebenda XXIII, 1901. Dazu oben Teil H, S. 424 ff. Über die mexikanischen Feaer-
götter K. Th. Preuß, Mitt. der Anthropol. Ges. in Wien, Bd. 33, S. 191 ff.
Die Koltformen. 620
kultus, SO liegt nun in diesen Verbindungen mit Teilen des Dämonen-
und Ahnenkultes zugleich ein wesentliches Motiv für die Verschmel-
zung jener beiden in der Vorstellung des Gottes sich durchdringenden
Elemente, des dämonischen und des heldenhaften, die, wie wir früher
sahen, das Wesen des Götterbegriffs konstituieren (S. 32 3 ff.). Ent-
spricht dieses Hervorwachsen aus dem Kultus der Vegetationsdämonen
der dämonischen Natur des Gottes, so liegt in der, wenn nicht all-
gemeingültigen, so doch, wo sie vorkommt, besonders bedeutsamen
Beziehung zum Ahnenkult ein wichtiges Moment der Verstärkung
der Motive, die zur Übertr^ung der Heldeneigenschaften auf den
Gott drängen. Sind doch überall, wo ein ausgebildeter Ahnenkult
besteht, Held und Ahne zusanunenfallende Begriffe. Auf heldenhafte
Voreltern fuhrt jeder Stamm und jeder einzelne, der in der Gesell-
schaft etwas bedeutet, sein Geschlecht zurück, und auch dies setzt
sich auf die Götter fort, indem schließlich ein Gott zum Urahnen des
Helden gemacht wird. Das beweist nicht, wie es zuweUen gedeutet
wurde, daß der Götter- aus dem Ahnenkult entstanden sei. Wohl
aber bewährt sich in diesen Mythenbildungen, die zumeist wohl einer
späteren Zeit angehören, eine Beziehung zwischen Ahnen- und Götter-
vorstellungen, die der Mitwirkung der ersteren bei der Entstehung
des Götterkultus entspricht.
Indem so der in seinen wesentlichsten Bestandteilen zu einem
Götterkult gewordene Vegetationskult teils andere Kultzwecke, wie
die Heilung der Krankheiten, das Glück der Jagd und des Krieges,
mit den zu ihnen gehörigen Zauberzeremonien in sich aufninmit, imd
indem er in den letzteren fortan Bestandteile des Dämonen- wie des
Seelenkultus bewahrt, entwickelt er in steigendem Maße die Fähig-
keit eines Bedeutungswandels, in dessen Folge der ursprüngliche
Zweck mehr und mehr zurücktreten und ein anderer entweder
einst nebensächlicher oder ein völlig neuer, im Wechsel der Kul-
turen erst entstandener an seine Stelle treten kann. Solche Wand-
lungen müssen ja notwendig geschehen, wenn etwa ein Hirtenvolk
in seiner Mehrheit zum Ackerbau übergeht, oder wenn kriegerische
Unternehmungen einen vorherrschenden Einfluß auszuüben beginnen,
oder endlich wenn Kultus und staatliche Ordnung Verbindungen
eingehen, die die Festlegung von Kultfcsten fiir bestimmte soziale
Verbände und Berufe, Gedächtnisfeiern an nichtige Ereignisse
630 Der Ursprung der ReligioB.
oder hervorragende Persönlichkeiten , endlich nicht an letzter Stelle
eigens zur Ehrung der im öffentlichen Kultus anerkannten Gotter
mit sich fuhren. Die Fülle solcher Kultfeste, die sich so bei allen
Kulturvölkern entwickelt hat, ist dann freilich nur noch zum geringsten
Teil aus jenen frühesten, den dringendsten Lebensbedürfinissen zih
gewandten Kulten hervorgegangen, sondern, nachdem erst einmal
die Spaltung der Kultzwecke eingetreten war, haben die in diesen
Kulten erwachten Göttervorstellungen direkt auf andere Lebensgebiete
übergegriffen, die dem Schutz der Götter unterstellt wurden. Daher
gehen die Vermehrung der Kulte und die der Göttervorstellungen im
wesentlichen einander parallel. In dieses Verhältnis hat dann nodi
ein anderes Moment wirkungsvoll eingegriffen, in welchem uns die
Bedeutung, die diese wachsende Mannigfaltigkeit der Götterkulte für
die Entwicklung der Kultur selbst besitzt, deutlich entg^entritt
Dieses Moment besteht in der in seinen ersten Anfai^n wiederum
aus den Agrarkulten und ihrem Übergang in Götterkulte hervor-
gegangenen Ordnung des Festjahrs. Sie hat, indem ae sich auf alle
weiteren Kulte ausdehnte, die enge Verbindung zwischen der bürger-
lichen Zeitrechnung mif dem religiösen Kultus geschaffen, von der
bis zum heutigen Tage unser Kalender Zeugnis ablegt. Sucht er
doch dem doppelten Zweck einer alle Vorkomnmisse des Lebens
regelnden 2^itzählung und einer jährlichen Festordnung zu genügen;
und aus dieser zweiten Stellung haben ihn vorübergehende Versuche
einer durch und durch rationalisierten Zeitzählung noch nie zu ver-
drängen vermocht. In Wahrheit kommt aber bei der Entstehui^r
dieses Dokumentes menschlichen Scharfsinns nicht dem für uns heute
dominierenden weltlichen, sondern dem religiösen Interesse die Prio-
rität zu. Wohl hat hier ein äußerer Naturvorgang, nämlich der ver-
möge der natürlichen Gesetze des Pflanzenwachstums in annähernd
regelmäßigen Zeiträumen sich vollziehende Wechsel von Saat und
Ernte, den ersten Anstoß zu einer entsprechenden Wiederholung
der begleitenden Kulte gegeben. Sie bilden dann die nächsten An-
haltspunkte für die Teilung des Jahres, hinter denen die gleichzeitige
Beobachtung des Standes der Sonne noch ganz zurücktreten kann.
Daher nicht bloß die frühesten Agrarkulte in ihren Festen der Saat
und Ernte je nach der Gimst des Wetters und dem Stand der
Saaten schwanken, sondern auch die entwickelteren der Kultur-
Die Koltfonnen. 63 1
Völker, solange sie nur ihre ursprüngliche Bedeutung bewahren, nicht
immer zu den bestinmit fixierten Jahresfesten gehören*). Je mehr
nun aber der Ackerbau der Pflege der Himmelsgötter anheimge-
geben wird, um so mehr treten die Himmelserschcinungen in den
Vordergrund des Interesses. So werden denn auch die großen Kult-
feste, allen voran die Vegetationskulte, an den Jahreslauf der Sonne
gebunden. An die Stelle der schwankenden Perioden der Saat- und
Erntefeier treten die Sonnenwendfeste, denen der Stand der Sonne
im Zeitpunkt der Frühjahrs- und Herbstnachtgleiche unverrückbar
ihre regelmäßige Wiederkehr vorzeichnet. Wie diese beiden Jahres-
punkte im großen und ganzen dem Beginn der neu aufsprießenden
Saat und dem herannahenden Absterben der Vegetation entsprecheni
so fallen sie auch noch nahe genug mit Saat und Ernte zusammen,
damit in die so entstehenden Sonnenwendfeste die sonstigen, an die
Pflege des Ackerbodens gebundenen Bräuche mit übergehen können.
Insoweit aber die am Himmel vorgezeichneten imd die durch die
Bedürfnisse des Ackerbaues geforderten Perioden nicht übereinstimmen,
können nun aus den größeren den Hinmielsgöttem geweihten Festen
kleinere und eventuell wechselndere sich abzweigen. Sie bleiben dann
als eigentliche Ackerfeste übrig, indes die den Himmelsgöttem ge-
weihten regelmäßigen Kulte noch andern Zwecken dienstbar werden,
so daß als Ergebnis dieses Bedeutungswandels schließlich als die
Kultfeier des Gottes selbst in seiner die mannigfaltigsten Gebiete
des Lebens umfassenden Tätigkeit erscheint').
So führen denn auch die Anfänge der Astronomie, zu deren
frühesten und wichtigsten Aufgaben die Messung der Zeit gehört,
auf den Kultus und in letzter Instanz auf die Vegetationskulte zurück.
Indem die in ihnen vollzogene Verbindung der dringendsten Inter-
essen des irdischen Lebens mit den großen Himmelserscheinungen
weitere und weitere Kreise zog, wurde die Sternenwelt zum Richt-
*) Vgl. die Mittcilnngen von Prcuß über solche schwankende Fcsttennlnc der
Agrarkulte bei den heutigen Mexikanos, Archiv für Religionswissenschaft, XI^ 1908,
S. 371 ff., dazu Wissowa ttber die Agrarfeste der Römer, Religion und Knltni der
Römer, S. 370.
') Vgl. über diese Beziehungen der Himmels-, insbesondere der Sonnenwend-
kulte zu den Vegetationsfesten, die ebenso in manchen Traditionen über den Urapnm|r
gewisser Kulte wie in den Rudimenten des späteren Brauchs vorkommen, oben Teü II,
S. 440 ff.
632 ^^^ Ursprung der Religion.
maß der irdischen Welt. Die mythologische Form, die dieser Be*
Ziehung Ausdruck gab, bestand in der Vorstellung der unbedingten
Oberherrschaft der Himmelsgötter über die irdische Welt. Von dem
Gedanken eines Zusammenhangs des tief in das menschliche Leben
eingreifenden Wechsels zwischen neu auflebender und absterbender
Natur mit den diese irdischen Vorgänge beherrschenden Himmels-
erscheinungen ausgehend, wurde dann die Übertragung der so vor-
gezeichneten festen Ordnung auf andere Kulte ein um so dringenderes
Bedürfnis, je mehr deren Zahl mit wachsender Kultur zunahm. Das
sprechendste Beispiel einer so alle Gebiete des büi^erlichen und
religiösen Lebens unter die Herrschaft des Kultus stellenden Lebens-
ordnung bietet der Festkalender der Römer. Kaum gab es hier einen
Tag im Jahre, der nicht durch ein auf ihn fallendes Kidtfest der
Gesamtheit oder einzelner Verbände und Berufe gekennzeichnet war.
Was in diesem Fall vermöge der spezifischen Richtung des römischen
Geistes auf strenge Ordnung aller öffentlichen Verhältnisse besonders
prägnant uns entgegentritt, das fehlt aber nirgends, wo überhaupt
der Schritt zu einer festen, nach den Himmelserscheinungen orien-
tierten Zeitzählimg getan wurde, bei den Babyloniem, Indem, Griechen
so wenig wie bei den einstigen Kulturvölkern der Neuen Welt.
c. Der Kampf der Kulte. Ackerbauer und Nomade.
Eine so wichtige Stellung die Vegetationskulte als Ausgangspunkte
religiöser Kulthandlungen und Kultfeste einnehmen, so sind sie doch
keineswegs die einzige Quelle des religiösen Kultus in der spezifi-
schen Bedeutung dieses Wortes. Dies geht schon daraus hervor,
daß sich die Vegetationskulte selbst aus vorreligiösen Zauber- und
Dämonenkulten entwickelt haben, zu denen in ihnen nur neue Motive
hinzugetreten sind, die auf dem Zusammenwirken des Einflusses der
Himmelserscheinungen auf die Vegetation und der erhöhten Ansprüche
an gemeinsame Arbeit beruhen. Hier ist es nun aber nicht bloß
ein Nacheinander jener primitiveren und dieser entwickelteren Kult-
formen, das den ersteren einen dauernden Einfluß auf diese sichert,
sondern außerdem reichen einzelne, einer solchen früheren Stufe an-
gehörige Kulte in das Zeitalter der Vegetationskulte hinüber, um
durch sie teils assimiliert zu werden, teils aber auch mit ihnen in
einen Kampf einzutreten, aus dem schließlich neue, einer höheren
Die Koltformen.
633
Wertstufe angehörige Kulte hervorgehen können. Dabei vermitteln
dann solche wechselseitige Assimilationen unmittelbar den Übergang
zu den höchsten religiösen Kultformen, zu den Heils- und Heili-
gungskulten; insbesondere können sie aber durch das hier, wie bei
allen psychischen Assimilationen, wirksame Motiv der Austilgfung
widerstreitender Elemente die höheren Kulte von den niedrigeren
sinnlichen Bestandteilen befreien, die den Agfrarfesten vermöge ihrer
Beziehungen zu den Zeugfungsvorgängen ursprünglich eigen sind.
Die Kulte, die hier, älter als die Ackerkulte, in Konkurrenz und
schließlich in enge Verbindung mit ihnen tretend, im Vordergrund
stehen, sind die Tier- und Herdenkulte, die jenen ebenso voraus-
gehen, wie das Leben des Jägers und des Nomaden gegenüber dem
des Ackerbauers eine ursprünglichere Stufe bezeichnet, ohne daß frei-
lich zwischen diesen Formen anders als nach dem Maß ihrer Be-
teiligung an der Fristung des Lebens eine Grenze zu ziehen wäre.
Wie Jagd und Fischfang nie aufhören, ihren Beitrag zur Beschaffung
der täglichen Lebensbedürfnisse zu liefern, so pflegt der Nomade im
Umkreis seines Zeltes ein auf die Kürze seiner Seßhaftigkeit be-
messenes Stück Feld zu bebauen, und der Ackerbauer hält sich
seinen kleinen Viehbestand. In diesem Nebeneinander der Lebens-
formen liegt dann zugleich der Grund, daß sich auch die ihnen zuge-
hörigen Sitten und Kulte mischen und assimilieren können. Ent-
scheidend ist aber überhaupt nicht die NahrungsbeschafTung als solche,
sondern die durch die vorherrschende Form bestimmte gesamte
Lebenshaltung. Hier reicht nun das Leben des J^ers in seinen
kultischen Begleiterscheinungen noch ganz in die durch Seelen- und
Totethvorstellungen bestimmten Zauberriten des vorreligiösen Kultus
zurück, wie sie in dem mythologischen Tiermärchen sich spiegeln
(S. 122 ff.). Zu einem Gegensatz, der dem Verhältnis des wandernden
Nomaden zum seßhaften Ackerbauer entspricht, entwickeln sich die
Erscheinungen erst innerhalb der, auf der einen Seite in der Pflege
der domestizierten Tiere, auf der andern in der planmäßigen Be-
bauung des Bodens sich betätigenden entwickelteren Kulturen. Doch
sind die Kultunterschiede im ganzen größer als die Kulturunter-
schiede. Alle die Motive, die bei den Vegetationskulten die Fülle
jener Kulthandlungen und Feste im Wechsel der Jahreszeiten hervor-
bringen, die Saat und Ernte begleiten, sie fehlen im Leben des No-
Die Koltfonnen.
635
auch der Ahnenkult nach seinen wesentlichen Merkmalen zunächst
noch zu den Dämonenkulten. Es fehlt dem Ahnen der umfassende,
in der Erweiterung der Kultgenossenschaft zur Volksgemeinschaft be-
gründete Charakter des eigentlichen Gottes, wie er allmählich aus den
vornehmlich unter dem Einfluß der Vegetationskulte zu Göttern sich
erhebenden Himmelsdämonen entsteht. Dagegen hat der kultisch
verehrte Ahne bereits eines mit dem Gott gemein, was den voran-
gegangenen Natur- und Tierdämonen fehlt: die Persönlichkeit,
die, wo sie aus der Erinnerung der Lebenden schwindet, durch die
Ahnensage wiederbelebt wird. Hier bildet dann die Ahnen- imd
Stammessage eine Parallele zu der bei jener Umwandlung der Dä-
monen in Götter wirksamen Heldensage (S. 338f.). Daher denn auch
Anfänge epischer Dichtung bereits bei manchen nomadisierenden Völ-
kern zu finden sind*).
Typische Beispiele einer Kulturstufe, auf der uns die oben be-
zeichneten Elemente eines noch unentwickelten, aus Ahnen- und Dä-
monenverehrung zusammengesetzten Kultus in wesentlich überein-
stimmender, durch äuOere Einflüsse nur wenig veränderter Form
entgegentreten, sind zum Teil in weit voneinander abliegenden Re-
gionen der Erde zu finden. Auf der einen Seite gehören hierher die
nomadisierenden Bantustämme im afrikanischen Süden und Osten,
auf der andern die mongolischen Völker Hochasiens mit den ihnen
verwandten Stämmen Nordsibiriens. Bei den nomadisierenden Bantus
steht der Ahnenkult im Vordergrund des, soweit nicht Einflüsse der
christlichen Mission eingewirkt haben, der vorreligiösen Stufe ange-
hörigen Kultus. Der Zauberglaube, in dem Gebrauch von Amuletten
und von Zaubertöpfen, deren Klang bei ihrem Ansohlten bald
Dämonen vertreiben, bald die Bedeutung eines primitiven Orakels
besitzen soll, endlich besonders auch in den Totenbräuchen sich
äußernd, steht fast ganz im Dienste dieses Ahnenkultus, der keinen
Priesterstand, wie ihn der Fetischdienst der Negervölker entwickelt
hat, sondern nur vereinzelt umherwandemde Medizinmänner kennt").
Innerhalb der patriarchalischen Lebensform in ihrer ursprünglichen
') Vgl. TeU I, S. 366, 2. Aufl. m, S. 387.
') J. Kaum, Über angebliche Göteen am Kilimandscharo, Globus, Bd. 85, 1904,
S. 10 1 f[. H. Gutmann, Traner- und Begräbnissitten der Wadschagga, ebenda Bd. 89,
1906, S. 197 fr. Dazu Meinhof, Archiv für Religionswissenschaft, Bd« 11, 1908, S. 554^'.
Die Kaltformen. 637
wahrt, die an die alten Kulte der nonuuMerenden Steppenbewohner
erinnern. Zum Propheten hat sich aber hier die Gestalt des religiösen
Visionärs erhoben, indem er die Mischung altassjrrischer, jüdischer,
christlicher Elemente mit einer Fülle ursprünglicher Ahnen- und
Stammeskulte zu einem monotheistischen Ganzen verschmolz. In
dem Gott Allah lebten so im Grunde doch nur die alten Schutz-
geister der Stämme zur Einheit verbunden weiter, ähnlich wie ihre
schon vorher zur Herrschaft gelangten Kult- und Pilgerstätten« So
ist der Islam ein Produkt des Kampfes der Religionen, bei dem schließ-
lich das Ursprünglichste, der aus Ahnenverehrung und Dämonen-
glaube erwachsene Staomieskult, die anderen Elemente teils verdrängt,
teils sich assimiliert hat. Daher denn auch da, wo der Zusammen-
hang mit der gemeinsamen Religion ein loserer wird, wie bei den
Beduinenstämmen der arabischen Wüste, als herrschende Bestandteile
wiederum Dämonenglaube und Ahnenverehrung an die Oberfläche
treten *).
Auch bei den Kulturvölkern der Alten Welt fehlt es nicht an
den Spuren eines Kampfes der Kulte, der bald zu Verschmel-
zungen, bald aber auch zu einem Wechsel zwischen der Herrschaft
verschiedener Götter und Kulte gefuhrt hat Von verhältnismäßig
geringerer Bedeutung ist hier wohl die von der politischen Prä-
ponderanz einzelner Städte und Provinzen abhängige zeitweise Vor-
herrschaft von Lokalkulten, wie sie die babylonisch-asssnrische und
die ägyptische Religionsgeschichte zeigen. Wichtiger ist in der letz-
teren der wahrscheinlich aus einem wachsenden EinfluA der hier wie
anderwärts eng verwobenen Acker- und Jenseitskulte hervorgegan-
gene, die älteren Gestirns- und Tierkulte teils ablösende, teils sich mit
ihnen verbindende Osirisdienst Nicht minder zeigt Indiens religiöse
Entwicklung eine wechselnde Herrschaft verschiedener Götterkreise.
Während im Rigveda Indra mit seinen Begleitern Agni, Soma im
Vordergrund steht, drängen sich im Atharvaveda und in der späte-
ren religiösen Dichtung Rudra, Qiva und Vishnu hervor, Götler-
gestalten, die auf Vegetationskulte hinweisen. Man hat vermutet,
daß es sich dabei um eine Wiederbelebung älterer und nie ganz er-
») Wellhaasen, Reste anbbchen Heidentnmf, 1887, S. 135 * O. Weber, AnUem
vor dem IsUm, 1901. (Der idte Orient, m, S. l£)
' : -fS- .- T^ 1 " r nr - .^r^ ' -?f^ f "■
53g Der Unpmng der Religion.
loschener Volkskulte handle, welche durch die solchen oi^stischen
Riten abgeneigte vedische Priesterschaft für längere Zeit zurück-
gedrängt worden seien*). Ist dies zutreffend, so wird aber angesichts
der großen Verehrung, die im Rigveda die Kuh, dieses wichtigste
Nahrungstier des Nomaden, genießt, wohl auch die weitere Vermutung
nicht abzuweisen sein, daß die vorzugsweise von den nomadisie-
renden Stämmen verehrten Gottheiten, die vielleicht einer älteren
religiösen Überlieferung angehörten, während einer längeren Zeit
unter dem konservierenden Einfluß des Priesterstandes den Vorrai^
behaupteten.
Wesentlich anders hat sich allem Anscheine nach die Wechsel-
wirkung der Kulte bei den Griechen gestaltet Zugleich bieten hier
die beiden klassischen Völker, die Griechen und Römer, in den An-
fangen ihrer religiösen Entwicklung aufTällige Unterschiede. Der leicht
empfangliche Geist der Griechen ist von frühe an der Assimilation
fremder Kulte günstig gewesen, so daß sehr bald nur noch die Sage
und zum Teil die Form des Kultus auf den fremden Ursprung eines
Gottes hinweisen. In Rom blieb es im wesenüichen bei einem Neben-
einander, das eine eigentliche Verschmelzung hinderte. So erhielten
sich hier, neben dem in verschiedenen Wandlungen bis in die Impera-
torenvergötterung hinein sich erstreckenden Ahnenkult, in den Jahres-
festen die Hirten- wie die Ackerkulte, und höchstens verrät sich in der
Übertragung der dem Hirtenleben entnommenen Ausdrücke auf die
bürgerliche und besonders auf die militärische Ordnung eine größere
Ursprünglichkeit der ersteren.
Von ungleich größerer Wichtigkeit ist dagegen die Wechselwirkung
und der in diesem Fall stark hervortretende Kampf der Kulte bei
demjenigen Volk, das in der Entwicklung der höheren, über die ein-
seitigen Einflüsse des Nomadenlebens und des Ackerbaues hinaus-
fuhrenden Kulte die bedeutsamste Stellung einnimmt : bei den Israe-
^) L. von Schroeder, Mysterium und Mimus im Rigveda, 1908, S. 55 ff. Die vom
Verf. aufgestellte Hypothese, diese phallischen Vegetationskulte reichten, da sie sich
überall noch bei andern indogermanischen Völkern vorfinden, in eine gemeinsame
Urzeit zurück, gehört hier der Kuhn-Müllerschen Hypothese einer arischen Urreligion an.
Die von v. Schroeder selbst betonten Parallelen bei weit entlegenen Völkern, wie den
alten Mexikanern, die eine von Abstammung und historischen Einflüssen unabhängige Ent-
stehung solcher Kulte beweisen, machen aber auch in diesem Fall jene schon aus andern
Gründen unwahrscheinliche Hypothese mindestens überflüssig. Vgl. Teil I, S. 544 f.
Die Knltfonnen. 639
Uten. Nirgends tritt aber auch so sehr, begünstigt durch eine relativ
weit zurückreichende geschichtliche Überlieferung, die wechselseitige
Steigerung und die schließliche Neubildung der Motive hervor. Die
älteste Geschichte Israels bietet uns ein Bild wandernden Nomaden-
lebens. In der Vätersage verrät sich der diesem Leben überall eigene
Ahnenkult; und wenn jene Väter bisweilen Züge einstiger Stammes-
götter an sich tragen, die mit dem Hauptgott Jahwe kämpfen, oder
die wie Ebenbürtige mit ihm verkehren, so ist das möglicherweise
ein Hinweis darauf, daß auch hier, ähnlich wie in viel späterer Zeit
im Islam, die aus dem Ahnenkult hervorgewachsenen Sondergötter der
Stämme den gemeinsamen Kult vorbereiteten'). Dieser Jahwe selbst
aber, der auf Bergen und in Schluchten, in einer Wolke, im Sturm wie im
Säuseln des Windes oder, wenn er zürnt, unter Donner und Blitzen er-
scheint, ist noch in manchen seiner Eigenschaften den Dämonen der
Berge und Einöden nahe verwandt, wie sie auch sonst so vielfach
den Übergang zu den Göttervorstellungen vermittelt haben (Teil IT,
S. 382 ff.). Daß er ursprünglich nicht in Tempeln verehrt, sondern in der
Bundeslade von Ort zu Ort geführt wird, bezeugt am schlagendsten,
daß, auch nachdem aus der Verschmelzung von Ahnenkult und
Dämonenglaube der gemeinsame Stammesgott entstanden, das Volk,
das diesem Gott huldigte, zunächst noch ein wanderndes Nomaden-
volk geblieben war. Erst als sich dieses Volk, zum Ackerbau über-
gehend, feste Wohnsitze erstritten hatte, wurde die Bundeslade mit
dem Idol des Gottes im Tempel zu Jerusalem aufgestellt, — ein sinnen-
fälliges Zeugnis, daß beim Bau dieses Tempels die Erinnerung an
den alten Nomadenkult, dem das Volk seinen Gott verdankte, noch
nicht erloschen war. Diese Vereinigung der Symbole des Nomaden-
kults mit dem an Ackerbau und feste Wohnsitze gebundenen Tempel-
dienst bezeugt zugleich den Sieg des alten über den neuen Kultus.
Indem die nomadisierenden Schwärme der Israeliten im Krieg mit
den angesessenen kanaanitischen Völkern feste Wohnplätze zu ge-
winnen suchen, die ihnen neben der Viehzucht die Bebauung des
Bodens gestatten, wird aber der Kampf der Stämme zu einem Kampf
der Kulte. Der Nomade will sich seinen Steppen- und Stammesgott
bewahren. Gegen die Ackerkulte der Einheimischen kann dieser
Vgl. oben S. 416 und Teil IT, S. 363.
>y^T<
640 ^^^ UrsproDg der Religion.
freilich nicht immer Stand halten. Teils ist es das Volk selbst, das
den Verlockungen der sinnbetörenden Vegetationskulte und ihrer
Feste nicht widerstehen kann, teils sind es die Fürsten, die die anders-
gläubigen Stämme, über die sie gebieten und mit denen sie ver-
kehren, zu gewinnen suchen. Die Bücher Samuelis und der Könige
bieten ein lebensvolles Bild dieses Kampfes der Kulte, in dem s<dilieO-
lieh Jahwe, der Wüsten- und Nomadengott, über die Götter der Acker-
kulte des unterworfenen Kulturlandes obsiegt So mannigfaltige Mythen-
stoffe auch von den alten Kulturgebieten Vorderasiens her den Israeliten
zuströmen und in ihre eigene Sagengeschichte verflochten werden,
der Jahwekult bleibt aufrecht stehen, und unter seinem Einflüsse
werden auch jene von außen assimilierten Mythen, wie dies die Schöpf-«
ungsgeschichte im Vergleich mit ihrem babylonischen Vorbild so
deutlich zeiget, auf einen minder phantastischen und zugleich erhabe-
neren Ton gestimmt. Die Haupttn^er der alten, aus der Nomaden-
zeit überkommenen Stammesreligion sind aber jene ältesten Propheten,
die nicht durch die Schrift, sondern durch die begeisterte Predigt
gewirkt haben. Diese in ihrem allgemeinen Charakter sicherlich
historischen, wenn auch vielfach von der Wunderlegende mnwobenen
Gestalten, ein Samuel, Nathan, Ahia, Elia, Elisa, die überall im Lande
herumziehen, mahnend und drohend im Namen Jahwes und in er-
bittertem Wettstreit mit den Priestern der fremden Kulte, tragen in
ihrem Äußern fast noch die Züge des wandernden Schamanen an
sich. Aber der religiöse Enthusiasmus, von dem sie beseelt sind,
imd der sie ihr Leben ganz dem Dienste des ererbten Gottes weihen
läßt, erhebt sie weit über ihre primitiveren Urbilder. Und nicht
minder überlegen tritt hier der Prophet dem Priester gegenüber: jener
einsam oder nur von wenigen Jüngern begleitet, dieser mit Scharen
Seinesgleichen vereint, in wilden Tänzen und sinnbetäubenden An-
rufimgen die Götter beschwörend. Drastisch zeiget diesen Gegensatz
die Elialegende in der Szene am Berge Karmel, wo Hunderte von
Baalspriestern laut schreiend um den Altar ihres Gottes tanzen, in
stundenlangem Rasen und ekstatischem Taumel den eigenen Leib
zerfleischen, aber vergebens den Baal beschwören, daß er den
unter dem Opfertier aufgerichteten Holzstoß entzünden möge. Ihnen
steht Elia allein gegenüber. Er errichtet seinen Altar im Namen
Jahwes, zieht auch noch einen Graben um diesen, den er mit Wasser
Die Kaltformen. 64 1
füllt, und schichtet das Holz unter dem Opfertier, dann betet er zu
seinem Gott. Da sendet Jahwe Feuer vom Himmel herab, das mit
dem Brandopfer die Steine samt dem Wasser verzehrt (i. Kön. 18,
21 ff.). Es ist nicht bloß die Übermacht Jahwes über den fremden
Gott, die in dieser zwischen einem Götterkampf und einem Gottes-
urteil die Mitte haltenden Szene geschildert wird; auch die schlichte
Erhabenheit des alten Stammeskultus kontrastiert in ihr lebhaft gegen
das phantastisch wilde Gebahren der Baalspriesterschaft. Darin ver-
herrlicht zugleich die Legende den Sieg des Monotheismus, der hier
durch den Propheten und sein einfaches Gebet repräsentiert ist, über
den von einer zahlreichen Priesterschaft und ihre geräuschvollen Zere-
monien gepflegten Polytheismus. Wohl aber darf man vermuten,
daß die Erzählung eben jenen Monotheismus, der nicht bloß die
fremden Götter überwindet, sondern auch die einzelnen Ahnen- und
Stammeskulte in sich aufhebt, nach Legendenart als einen dem Volke
Israel ursprünglich eigenen Besitz darstellt, während er in Wahrheit
doch selbst erst aus jenem Kampf der Kulte hervoi^egangen ist,
in welchem das Bewußtsein der Stammeseinheit, gedrängt durch den
Widerstand der fremden Religionen, zu einer Zusammenfassung der
alten Ahnen- und Dämonenkulte in einen einzigen Kultus drängte.
Daher denn auch mit diesem Prozeß der Verschmelzung ursprünglich
gesonderter Elemente der andere der Assimilation aus den fremden,
überwundenen Kulten einherging. Dies verrät sich nicht nur in den
einzelnen, nachweislich von außen zugeflossenen Mythenstoffen, son-
dern auch in den Jahresfesten, zu denen die Ackerkulte einen nicht
geringen Beitrag liefern mußten. So empfängt dieser Jahwekultus
nicht zum wenigsten seinen einzigartigen Charakter dadurch, daß er
in eine seinem Ursprung fremde Umgebung versetzt wird. Wohl mag
der alte Wüsten- und Steppengott bei seiner Wanderung in die frucht-
reichen Täler des gelobten Landes von den hier heimischen Mythen
und Festen vieles sich aneignen, die fremden Götter weist er um so
energischer zurück, je mehr von den geistigen Führern des Volkes
das Wesen jenes Stammesgottes als ein anderes, an das Volk als
solches gebundenes und den Naturgöttem dieser Länder fremdes
empfunden wird. Das einflußreichste aber unter den neu hinzuströ-
menden Elementen bleibt der an den Übergang zu der seßhaften
Lebensform eng gebundene, neu entstandene Tempelkult, der einen
Wtindt. Völkerpsychologie II, 3. ^I
()A2 l^cf Ursprnog der Religion.
Priesterstand zu seiner regelmäßigen Pflege fordert. Vollends als nach
dem Exil an der Stelle des alten ein neuer prachtvollerer Tempel
erstanden und das Prophetentum erloschen war, da begann auch das
zur Macht gelangte Priestertum nach den Vorbildern, die es in der
Verbannung kennen gelernt, das Leben des einzelnen wie den Kultus
des Gottes mit einer Fülle peinlich zu befolgender äußerer Normen
zu umgeben. In ihnen erstarrte die angestammte Religion zu einer
der Priesterherrschaft dienenden Gesetzesreligion, indes als Ersatz für
die begeisternde Kraft des alten Glaubens die Bilder einer jenseitigen
Welt und der von den Propheten geweissagten Zukunft des Volkes,
ausgeschmückt mit der Phantastik orientalischer Mythen, auflebten.
Dies konnte wiederum nicht geschehen, ohne den Monotheismus der
Jahwereligion zu beeinträchtigen.
Die Religion Israels ist nicht die einzige Quelle eines solchen
Monotheismus gewesen. Aber sie ist die einzige, die ihn unmittelbar
aus der Volksreligion selbst entspringen ließ. Überall sonst, wo er
sich gegen die widerstrebenden Motive des Mythus wie g^j^en die
nach Befriedigung vielgestaltiger Bedürfnisse ringenden religiösen
Triebe durchkämpfen mußte, in Indien wie in Griechenland, ist die
Philosophie seine Geburtsstätte. In Indien ging diese aus dem
brahmanischen Priestertum selbst hervor. In Griechenland waren
es Männer weltlichen Standes, die der Volksreligion und ihrer mytho-
logischen Phantastik mit strenger Kritik und mit herbem Spott ent-
gegentraten. Darum begann die monotheistische Reform Indiens als
friedliche philosophische Fortbildung der Volksreligion, die Griechen-
lands im Kampf gegen die letztere. Nur in Israel hat, so viel wir
wissen, die Volksreligion selbst den Monotheismus hervorgebracht;
und eben dies ist nur durch jenen Kampf der Kulte möglich ge-
worden, bei dem ein in einem völlig andern Medium entstandener
Gott in eine neue Umgebung versetzt wurde. Doch selbst die
Philosophie Indiens und Griechenlands hat einen absoluten Mono-
theismus nicht erzeugt. Auch ein Aristoteles, der ihm am nächsten
kommt, sah in den Gestirnen göttliche, wenngleich der höchsten Gott-
heit untergeordnete Wesen. Erst eine viel spätere Zeit hat hier,
im Anschluß an die solche himmlische Untergötter erbarmungslos
zerstörende Naturwissenschaft, das Werk vollendet, das die alte Philo-
sophie begonnen. Mehr noch ist die Volksreligion, auch die Israels,
Die Knltformen.
643
auf der Stufe eines bloD relativen Monotheismus stehen geblieben.
Dem alten Israel galten die Götter anderer Völker ebenso als deren
wirkliche Schutzmächte, wie Jahwe der Gott Israels war. Als aber
unter dem Einfluß des späteren Prophetentums Jahwe schließlich zum
einzigen weltbcherrschenden Gott sich erhob, da wuchsen nun um
so reicher jene Unter- und Gegengötter, die Scharen der guten und
der bösen Engel, an denen es von Anfang an nicht gefehlt hatte,
zu einem Götterstaat aus, der dem höchsten Gott Untertan war. So
wiederholten sich, nur in einer die Oberherrschaft der höchsten Gottheit
stärker hervorhebenden Weise, die Verhältnisse des polytheistischen
Götterstaats. Darum ist der absolute Monotheismus überhaupt nur
ein Erzeugnis der Philosophie. Als Volksreligion hat er nie existiert,
und existiert er noch heute nicht (Vgl. unten II, 1.)
d. Heils- und Heilignngskalte.
Nicht die neugierige Frage nach dem Warum der Erscheinungen hat,
wie die landläufige Mythentheorie und die intellektualistische Vulgär-
psychologie anzunehmen pflegen, die Götter geschaffen, sondern durch
die Affekte der Hoffnung und Furcht, die die gemeinsame Soi^e um das
Gedeihen und die Zerstörung der unentbehrlichen Subsistenzmittel des
Lebens begleiten, sind die harmlosen Gestalten des primitiven Mythen-
märchens mit beginnender Kultur zu segnenden oder drohenden
Himmelsgöttern erhoben worden, denen der gemeinsame Kult sich
zuwandte. So hat der Kultus die Götter geschaffen, nicht umgekehrt.
Sie werden nun als die Spender zunächst aller äußeren Lebensgüter
verehrt. Gesundheit und Reichtum, die Stärke und der Erfolg des
Helden, Macht und Herrschaft sind Gaben der Götter, und in jedem
Unglück, das den Menschen trifft, wird ihre zürnende und strafende
Gewalt erkannt. So werden die Götter zu heil- oder unheilbringenden
Mächten in der weitesten Bedeutung dieser Begriffe. Ihre Kulte sind
Heilskulte, die freilich fortan nach verschiedenen Richtungen sich
sondern können, in denen aber doch die Gesamtheit solcher Heils-
zwecke zu einer Einheit vereinigt bleibt, die das ganze in ungewisser
Zukunft liegende Schicksal des Menschen umfaßt. Damit geht jene
iiußere Angliederung weiterer Kultzwecke an die ursprünglichen Vcgc-
tationskulte in einen das ganze Leben umfassenden Götterkult über,
in welchem einzelne Sonderkulte fortan als sich ergänzende Bestand-
41*
(yAA Der Ursprung der Religion.
teile eines einheitlichen religiösen Lebens verbunden bleiben. Dieser
Vorgang der Verschmelzung spiegelt sich auch in den Göttern, die
nun auf der einen Seite die verschiedenen im Kultus erstrebten Heils-
güter unter ihren besonderen Schutz nehmen, auf der andern aber
schon in ihren Einzelpersönlichkeiten verschiedene Zwecke zu ver-
einigen pflegen und in dem > Götterstaat« selbst eine der mensch-
lichen Kultgemeinschaft nachgebildete Einheit darstellen.
Indem der gemeinsame Götterkult alle Einzelkulte in sich aufnimmt,
bemächtigt er sich aber auch derjenigen Kultform, deren Gegenstände
ursprünglich ebenso wie die der niemals aussterbenden primitiven
Zauberkulte abseits von einer größere Kreise umfassenden gemeinsamen
Pflege stehen, die aber immerhin gegenüber dem individuellen 2^uber-
brauch durch ihre tief in das Einzelleben eingreifende Bedeutung sich
auszeichnet: der Seelenkulte. Auch sie haben ja, wie wir früher
sahen, in einer Entwicklung, die zum Teil der der Götterkulte parallel
geht und in ihren späteren Stadien bereits von diesen beeinflußt
ist, bedeutsame Umwandlungen erfahren. Urprünglich aus Zauber-
bräuchen hervorgegangen, die die Zurückbleibenden vor dem Dämon
schützen sollen, in den sich die abgeschiedene Seele verwandelt, sind
mit dem Übergang der Seelen in Schutzgeister der Geschlechter
die Beschwörungen dieser schützenden Ahnengeister zu einem wirk-
lichen Kultus geworden, der demnach von Anfang an Seelenkult und
Ahnenkult zugleich ist'). Eine naheliegende psychologische Affinität
verbindet dann diese Vorstellungen mit den Gestalten der Helden-
und Heroensage und bringt sie durch diese in eine enge Ver-
bindung mit den Göttervorstellungen, ohne daß daraus freilich an
eine Entstehung dieser selbst aus dem Ahnenkultus zu denken wäre
(vgl. oben S. 393). Aber auch der umgekehrte Vorgang, das
Herüberwirken des Götterkultus auf jenen alten Ahnenkult, tritt
zurück, solange der letztere noch ganz in dem Streben wurzelt,
den Schutz jener Geister der Vorfahren zu gewinnen. Das wird
anders, sobal(J diese objektive Seite ihre subjektive Ergänzung in
dem Wunsche findet, der eigenen Seele jenseits des Todes eine
Fortdauer zu sichern, die den Verzicht auf das irdische Leben ver-
gessen läßt Hier, wo der Seelenglaube in die Jenseitsvorstellungen
') Vgl. Teil II, S. 139 ff.
Die Kultformen.
645
einmündet, nimmt nun auch der Seelenkult eine ganz und gar subjek-
tive Richtung (S. 5 52 ff.). Er wendet sich nicht mehr an die Seelen
Verstorbener, die nach dem Dämonenglauben in ihrem Wirken immer
noch teilweise dem irdischen Leben angehören, in das sie helfend
oder schädigend eingreifen können, sondern er erstrebt die Rettung
der eigenen Seele des Hilfeflehenden. Diese Richtung des Seelen-
kults ist, wie wir bei der Entwicklung der Jenseitsvorstellungen ge-
sehen haben, keine ursprüngliche, und sie hat je nach den besonderen
Bedingungen des religiösen Lebens wieder sehr verschiedene Ge-
staltungen gewonnen. Aber so wenig sie jeder Zeit und jeder Form
der Kultur eigen ist, so besitzt doch auch diese Subjektivierung des
Seelenkults in dem Sinne Allgemeingültigkeit, daß sie unter dem Zu-
sammentreffen gewisser Bedingungen der allgemeinen Kultur und des
religiösen Lebens überall eintritt. Keinesfalls gehört sie also zu den-
jenigen Glaubensinhalten, bei denen eine Verbreitung von einem ein-
zigen Punkte aus irgendwie wahrscheinlich ist. Nach der Seite der
allgemeinen Kultur bezeichnet das Auftreten solcher Kulte sichtlich eine
Höhe der Entwicklung, auf der eine gesteigerte Schätzung des geistigen
Lebens und der durch dasselbe geschaffenen Werte um sich gegriffen
hat, und wo nun, unterstützt durch eine Stimmung des Ungenügens an
den äußeren Lebensgütern, diese Umwälzung eintritt. Auf religiöser
Seite ist es die dieser Kulturentwicklung parallel gehende Ausbildung
der Götterkulte mit ihren Rückwirkungen auf die Göttervorstellungen
selbst, die hier entscheidend eingreift. Für die zentrale Stellung,
die dabei die Vegetationskulte einnehmen, ist es aber bezeichnend,
daß auch dieses wichtige Ereignis der Assimilation des Seelenkults
durch die allgemeinen Götterkulte zu einem wesentlichen Teile an
jene gebunden scheint. Der Vorgang, wie er sich in den der ge-
schichtlichen Verfolgung einigermaßen zugänglichen Fällen jdarstellt,
ist der folgende. Die mythologische Anschauung, in der von frühe
an die beiden Vorstellungen von der Entstehung der Nährfrüchte und
von dem Fortleben der Seele zusammenmünden, ist die von der
»Mutter Erde«, Die Erde spendet dem Menschen, was er zu seinem
Leben bedarf. Sie nimmt ihn aber auch bei der ursprünglichsten
und allezeit verbreitetsten Form der Bestattung nach dem Tode in
sich auf. In einer Unterwelt denkt sich daher zunächst der Volks-
glaube die Seelen der Verstorbenen, und in einer verbreiteten
646 ^^f Ursprung der Religion.
Umkehning dieses Gedankens läßt er den Menschen hinwiederum,
ähnlich der wachsenden Frucht, aus der gleichen Mutter Erde her-
vorgehen. Hier liegt nun der Punkt, wo zunächst noch innerhalb
des engeren Umkreises Vegetationskulte die Stellung, die in diesen
die Himmelsgötter gewonnen, auf die Bilder von der Erde und den
in ihr verborgenen Mächten herüberwirkt. Sind in den primitiveren
Ackerkulten und ihren späten Nachwirkungen in Saat- und Ernte-
brauchen die Geister des Bodens innerhalb des Kreises niederer
Naturdämonen verblieben, so erheben sich diese in der Vegetation
unmittelbar wirksamen Mächte in dem Maße zu höherer Bedeutung,
als die fortschreitende Kultur des Bodens die an ihn gebundenen
zeugenden Kräfte gegenüber der zufälligen Gimst des Wetters wieder
in den Vordergrund rückt. Den gesteigerten Anforderungen dieser
Kulte genügen nun aber die alten Fruchtbarkeitsdämonen nicht mehr.
Je mehr sie den Himmelsgöttem dieses besondere Gebiet des Kultus
abnehmen, um so mehr räumen sie einer neuen Klasse von Göttern
ihre Stelle, imd diese bemächtigen sich dann in einem weiteren
Stadium auch jener vom Götterkultus assimilierten neuen Form des
Seelenkults, die in den Göttern der Erdtiefe die natürlichen Schutz-
mächte vorfindet. An sie wendet man sich nun vor allem auch um
die Gewinnung aller der Heilsgüter, die schon in diesem Leben und
dann in einem in der Zukunft erhofften Forüeben der Seele erstrebt
werden.
e. Der Kultus der chthonischen Götter.
Damit sind zwei tief in die Entwicklux^ des religiösen Lebens
eingreifende Erscheinungen gegeben. Den Himmelsgöttem tritt als
eine zweite, ihnen in ihrem Wert für die wichtigsten Güter dieses
und des jenseitigen Lebens gleichgeordnete oder selbst überlegene
Klasse, die der chthonischen Götter zur Seite; und die Seelen-
kulte treten in die Reihe der Götterkulte ein, um in diesen mehr und
mehr die Vorherrschaft zu gewinnen. Von diesen beiden eng anein-
ander geknüpften Erscheinungen ftihrt die erste mannigrfache Wechsel-
beziehungen zwischen den beiden so entstandenen Götterkategorien
mit sich. Teils nehmen die alten Himmelsgötter Eigenschaften der
chthonischen Gottheiten in sich auf, vor allem solche, die mit dem
aligemeinen Heilsberuf der Götter überhaupt zusammenhängen; teils
Die Knltformen. 647
werden die chthonischen Götter in ihrer Verbindung mit dem großen
Kreis der himmlischen selbst zu Himmelsgöttem. So haben im
griechischen Kultus vor allem Apollo, Hermes und der oberste der
Götter, Zeus, als »Zeus chthonios« Funktionen übernommen, die sie
eng mit den Unterirdischen verbinden. Demeter und Dionysos aber,
die späteren Hauptträger der chthonischen Kulte, sind dem engeren
Götterrat der Himmlischen zugezählt worden. In allem dem bereitet
sich die Idee göttlicher Mächte vor, die im Diesseits wie in der jen-
seitigen Welt schrankenlos über dem Schicksal des Menschen walten.
Ein typisches Beispiel (lir diese wahrscheinlich allgemeii^ltige,
wenn auch in einzelnen Zügen mannigfach abweichende Entwicklung
bietet der griechische Demeterkultus. Bei Homer ist Demeter noch
ganz eine Göttin der fruchtbaren Erde (II. 14, 326). Neben ihr steht
unabhängig Persephone als Herrscherin im unterirdischen Totenreich.
Nur darin, daß sie eine Tochter der Demeter genannt wird, ist eine
Verbindung bereits angedeutet (Od. 10, 217). Die übereinstimmende
Beziehung auf unter der Erde waltende Kräfte macht dies ohne
weiteres verständlich. Aber eine andere als diese rein äußerliche
Bedeutung besitzt die Verbindung offenbar nicht. So sind denn
auch die der Demeter geweihten eleusinischen Feste, wie man an-
nehmen darf, ursprünglich reine Agrarkulte gewesen. Doch wie die
Teilnehmer an diesen Festen frühe schon zu Kultgenossenschaften
sich verbanden, so dehnten sich auch die Kultzwecke allmählich auf
die verschiedensten andern Lebensgüter aus. Es ist ein Vorgang,
den man sich schwerlich wesentlich anders wird denken können ab
analog der Bildung jener Kultverbände, die wir noch heute da und
dort auf amerikanischem Boden, ebenfalls mit dem Ackerkult ab ihrem
Zentrum, vorfinden. Auch auf die Geschlossenheit gegen außen, das
Geheimnis, das sie infolge dessen umgibt, endlich auf die Leitung
durch eine den Kult nach festen Normen regelnde Priesterschaft er-
streckt sich diese Ähnlichkeit. In dem griechischen Kult fand aber,
der reich ausgebildeten Helden- und Göttersage entsprechend, die
Vereinignng der Kultzwecke ihren Ausdruck in einer Vielheit von
Göttergestalten. Sie gruppieren sich nun um Demeter ab ein
größerer chthonischer Götterkreis, der teib aus ehemaligen Lokal-
und Berufskulten stammen mochte, die die Teilnehmer aus ihren
besonderen Gebieten mitbrachten, teib aber auch, wie Plutos, der
648 I^er Ursprung der Religion.
Spender des Reichtums, unmittelbare Objektivierungen der alle Güter
des Lebens umfassenden Wünsche waren. Hier folgten dann, indem
die in der kultischen Handlung erstrebten Ziele auf das zukünftige
Leben sich ausdehnten, die Götter des Totenreichs demselben Zuge.
Ihren dichterischen Ausdruck findet diese Verbindung in der Legende
vom Raub der Persephone. Sie trägt alle Merkmale einer priester-
lichen Allegorie an sich. Doch im Hintergrunde der Allegorie steht
imverkennbar ein der tatsächlichen religiösen Entwicklung angehöriger
Vorgang: der Hinzutritt der Jenseitsvorstellungen und der an diese
gebundenen Hoffnungen auf ein Fortleben der Seele zu den bis da-
hin auf das Gedeihen der Ernte und die Segnung mit sonstigen
äußeren Glücksgütern gerichteten Kulten. Diese Erweiterung der den
chthonischen Göttern geweihten Pflege läßt schließlich auch den-
jenigen Gott der Gefolgschaft der Demeter sich einordnen, der, von
außen zugewandert, zum Teil von einer weiteren, unten noch zu be-
sprechenden Seite her den alten Seelenkulten näher getreten war:
den Dionysos.
Mehrfach ist die Frage erörtert worden, welches die Motive ge-
wesen seien, die jene beiden Gattungen chthonischer Gottheiten, die
des Erntesegens und der ihm verwandten äußeren Glücksgüter imd
die der jenseitigen Welt, in diese Verbindung der Kulte gebracht
haben, um in ihnen dann mehr und mehr den anfanglich zurücktreten-
den Seelenkulten die Vorherrschaft zu lassen. In der Regel faßte
man diese Beziehung als eine symbolische. Wie das Samenkorn in
der Erde verschwinde, um in der neu erblühenden Frucht wiederzu-
erstehen, und wie der Mensch nach seinem Tod in die Erde versenkt
werde, damit seine Seele wieder auferstehe, so verschwinde Perse-
phone und kehre wieder. Der Mythus sei also hier gleichzeitig eine
Versinnlichung des Wechsels der Vegetation und ein allegorisches
Bild des Schicksals der menschlichen Seele, Diese symbolische Deu-
tung jedoch, deren innere Unwahrscheinlichkeit E. Rohde mit Recht
betont hat"), scheitert, wenn sie eine Deutung der Verbindung der
Kulte sein soll, schon daran, daß die Legende vom Raub der
Persephone sicherlich später ist, als jene ihr vorausgegangene Ver-
schmelzung der beiden chthonischen Kulte in den eleusinischen
E. Rohde, Psyche^, I, S. 290 fr.
Die Kaltformen. 649
Mysterien. Die Legende ist ja selbst nur ein allegorisches Bild
dieser Verschmelzung. Mag also immerhin der Gedanke an eine
solche Symbolik bei ihrer Erdichtung mitgespielt haben, der Ent-
stehung der Kulte und ihrer späteren Vereinigung liegt er gewiß
ebenso fem, wie eine willkürliche Symbolik dem Mythus überhaupt
fernliegt. Auch hier kann vielmehr die treibende Kraft der Entwicklung
nur in der natürlichen Assoziation der in beiden ursprünglich unab-
hängigen Kulten entstandenen Götter und in der Ausdehnung der im
Kultus erstrebten Heilsgüter auf das übersinnliche, jenseitige Leben
gesehen werden.
Mit der aus der gleichen Anschauung entsprungenen Einordnimg
des Dionysos Jakchos unter die Götter der eleusinischen Feste, der
die spätere Dichtung ebenfalls ein mythologisches Substrat zu geben
suchte, indem sie diesen Gott zu einem Sohne der Persephone machte,
tritt aber noch ein weiteres Motiv dieser Kulte hervor, das mäch-
tiger als die äußere Verbindung der chthonischen Gottheiten auf
die Assimilation der Seelen- und Jenseitsvorstellungen durch die
Vegetationskulte gewirkt hat. Es ist das Motiv der Ekstase mit
allen ihren früher geschilderten Begleiterscheinungen der Vision und
Mantik, in denen sich die natürlichen Einflüsse des Traumes auf die
Seelenvorstellungen zu einer das Bewußtsein völlig gefangen nehmen-
den Höhe steigern'). So bezeichnet denn die Verbindung, in die nach
dem Zeugnis der Kultgeschichte aller Zeiten und Länder vor allen an-
dern die Vegetationskulte und Sonnenwendfeste mit Äußerungen eksta-
tischer, sinnbetäubender Freude und ausgelassenen, die Tätigkeit der
Fruchtbarkeitsdämonen nachahmenden Tänzen treten, eine folgenreiche
Erweiterung dieser ursprünglich ganz den äußeren Glücksgütem zu-
gewandten Kulte. Indem jene ersten Kultzwecke durch ihre eigenen
Wirkungen zurückgedrängt werden, machen sie neuen Platz, die
aus der Steigerung der seelischen Zustände selbst entspringen.
Schwerlich gibt es eine völkerpsychologische Erscheinung, in der das
allen Wechsel der Gemütsbewegungen beherrschende Kontras^esetz
von so tief eingreifender Bedeutung wäre wie hier. Jene Rückwir-
kung der die äußerste Freude an der Natur und den von ihr ge-
spendeten Gaben ausdrückenden Kultzeremonien auf die Affekte der
Vgl. Teil II, S. 94 ff.
5co I^ Unpnmg der Religion.
Hoffnung und Furcht, die sich in der Ekstase der jenseits der
Schranken des Leibes weilenden Seele zuwenden, bezeichnet in der
Tat einen der wichtigsten Wendepunkte in der gesamten religiösen
Entwicklung. Zugleich wird hier die auf den ersten Blick fast be-
fremdend erscheinende Tatsache, daß gerade die Vegetationskulte die
Ursprungsstätten der höheren, den geistigen und über das irdisdie
Leben hinausreichenden Heilsg^tem zugewandten religiösen Kulte
sind, psychologrtsch verständlich. Dieser Rückwirkung g^^enüber
sinkt die äußere Verbindung der chthonischen Götter des Diesseits
und Jenseits zu einem verhältnismäßig nebensächlichen Motiv herab.
In dem Einfluß der ekstatischen Elemente der Kultfeier steigert aber
jeder Teil den andern. Der die Vegetationsgeister nachahmende
orgiastische Tanz wird gesteigert durch die die wiederkehrende Sonne
darstellenden Feuerzeremonien; und die erregende Wü-kung dieser ver-
stärkt sich in der wilden Bewegung des Tanzes. Wie bei den ameri-
kanischen Kulten der Tabak, so bot bei den griechischen Dionysos-
festen der Wein, dessen Pflege dem Gott vor andern Erzeugnissen
des Feldes zugeteilt wurde, den Zügen der trunkenen Mänaden und
Bakchen ein weiteres Steigerungsmittel. Der Taumel der äußersten
Ekstase aber, der sich von der Raserei des Tobsüchtigen nicht mehr
unterscheidet, geht schließlich in einen unwiderstehlichen Zerstörungs-
trieb über. Die Handlungen des sonst gewohnten Opferbrauchs
überstürzen sich: die lebenden Opfertiere werden zerrissen. In dem
Genuß ihres rohen Fleisches und Blutes befriedigt die Horde der
rasenden Bakchanten, vor allem der Frauen, deren größere Affekt-
erregbarkeit sie bei diesen Kulten eine hervorragende Rolle spielen
läßt, ihren Trieb, dem Gotte sich hmzugeben, indem sie in dem ihn
vertretenden Tier den Gott selber verzehren. Hier tritt nun noch ein
letztes, in dieser Verkettung der seelischen Erregungen nicht minder
naturnotwendig aus den vorigen entspringendes Motiv hervor: die
in der Vereinigung mit dem Gott erreichte Vergöttlichung des
eigenen Seins. Damit verwandeln sich erst recht die Eingebungen
der Vision in Bilder des übersinnlichen Daseins, zu dem die Seele
bestimmt ist. Hier pflegt dann aber auch die Ekstase die Grenze zu
finden, wo sie in den apathischen Zustand zurücksinkt, der unaus-
bleiblich solcher übermäßigen Erregung folgt. Aber das in der
Ekstase erlebte Gefühl der eigenen Erhebung zur Gottheit wird fest-
Die Kaltformen. 6ei
gehalten, und es gibt nun auch außerhalb solcher schwärmenden
Festzüge den Kulthandlungen einen wesentlichen Teil ihres Inhalts.
Auch hier hat dann die Legende den aus den ekstatischen Szenen
der Vegetationskulte erwachsenen und ihnen schließlich entwachsenen
Heilskult in einem Mythus veranschaulicht. Die Titanen stellen auf
Anstiften der Hera dem jugendlichen Gotte nach, der sich ihnen
in wechselnden Tierverwandlungen entzieht, zuletzt aber in der Ge-
stalt eines Stiers überwältigt wird. Sie zerreißen ihn in Stücke, die
sie verschlingen. Nur das Herz wird von Athene gerettet, die es
dem Zeus überbringt. Dieser verschluckt es, damit aus ihm ein
neuer Dionysos wieder auflebe. Auch diese Erzählung trägt, gleich
der Demeterlegende, durchaus das Gepräge einer priesterlichen Alle-
gorie. Indem diese wahrscheinlich im Kreise orphischer Sekten ent-
standene All^orie zugleich die ekstatischen Handlungen des Kultus
schildert, überträgt sie aber die Kulthandlungen in Erlebnisse des
Gottes selbst. Das Schicksal des Gottes, dessen Seele die Legende
nach uraltem Seelenglauben in seinem Herzen verborgen sein läßt,
ist vorbildlich fiir das Schicksal der menschlichen Seele, die, ebenso
wie der Gott, nach dem Tode als ein neuer, unsterblicher Mensch
wiedergeboren wird. Damit erhebt sich diese Legende über die
Grenzen einer gewöhnlichen Allegorie: sie wird zu einer mjrthologischen
Motivierung der Opferhandlung in der Umgestaltung, die sie im
Dienste des neuen Seelenkultus erfahren hat. Das Essen vom Fleisch
des den Gott vertretenden Opfertiers erfüllt den Mysten selbst mit
der göttlichen Kraft, die ihn den Tod überwinden läßt. Darum kann
man sich wohl die Legende vom Dionysos Zagreus ab einen Teil
der Liturgie denken, die in den orphischen Mysterienkulten die
Zeremonie des Essens vom Fleisch des Opfers begleitete. Die
Legende selbst spielt so auf die Erlösernatur des Gottes an, die
das leitende Motiv dieses Kultus bildet. Darin liegt zugleich ein
Zeugnis dafür, daß in den Dionysoskulten der alte Vegetationskult
ganz in dem Seelen- und Jenseitskult aufgegangen war. Gleichwohl
wird man daraus nicht schließen dürfen, jene seien von Anfang an
orgiastische Seelenkulte gewesen, die umgekehrt erst später Bestandteile
eines Vegetationskultes in sich aufnahmen'). Einer solchen Umkehrung
') So im wesentlichen Rohde, Ptyche, IV, S. 103 ff.
552 ^cr Ursprung der Religion.
widerspricht nicht nur der allgemeine und insbesondere auch in den
der thrakischen Heimat des Dionysoskultes benachbarten Gebieten,
z. B. in dem phrygischen Kybelekult, wiederkehrende Zusammenhang,
sondern auch der bei primitiveren Völkern noch deutlich in seinen
Anfangsstadien zu beobachtende Ursprung der mantischen Seelen-
kulte aus den orgiastischen Zeremonien der Vegetationskulte.
Indem von frühe an die Vegetationskulte mit den Jahresfesten,
vor allem mit den Sonnenwendfeiem verschmolzen, wirkte nun aber
auch diese Verbindung der himmlischen mit den irdischen Natur-
erscheinungen auf die aus jenen Festen erwachsenen höheren Seelen-
kulte ein. Deutlich hängt damit der schon oben geschilderte Über-
gang des künftigen Aufenthaltsortes der Seelen aus einem Land
unter der Erde in eine himmlische Wohnstatt zusammen (vgl. oben
S. 576). Aber früher noch als dieser zumeist verhältnismäßig spät
erfolgte Übergang wirkt die in den Vegetationskulten eingetretene
Unterordnung der irdischen unter die himmlischen Mächte bei diesen
Weiterbildungen zu einem neuen Seelenkult in der Natur der Gott-
heiten nach, die nunmehr die führende Rolle übernehmen. Wohl
können auch hier, vornehmlich wenn in der entstandenen Verbindung
die Agrarkulte erhalten bleiben und die Hadesvorstellungen noch
einen entscheidenden Einfluß ausüben, die Götter ihren chthonischen
Charakter bewahren. So im griechischen Kultus vor allen Demeter,
die trotz ihrer Aufnahme in den Kreis der Himmlischen ihr Wesen
als Erdgöttin beibehalten hat. Auch läßt sich nicht verkennen, daß
eine nach dieser Richtung gehende Tendenz im Anschluß an die
nie ganz erlöschenden Vorstellungen von der Erde als der Urmutter
alles Lebendigen immer wieder zum Durchbruch gelangt. Nachdem
sich die persönlichen Götter, deren der Kultus bedarf, von der Erde
losgelöst, wirkt sie lange noch darin nach, daß weibliche, mütter-
liche Gottheiten als Trägerinnen der Vegetationskulte wie der aus
ihnen erwachsenen Seelenkulte gedacht werden. So die Demeter
selbst und in späthellenistischer Zeit die große Göttermutter im Attis-
kult. Die Attislegende erinnert, abgesehen von den an die phrygischen
Fruchtbarkeitskulte anknüpfenden sexuellen Motiven, stark an die
Dionysos-Zagreuslegende, wie denn auch die orgiastischen Bräuche
den Dionysosfeiern verwandt sind. Als ein spezifisches, übrigens
den Übergang der Opferkulte in ekstatische Formen auch sonst be-
Die Kaltformen. 653
gleitendes Moment treten dabei nur die Selbstverstümmelungen der
rasenden Kultgenossen hervor*). Doch eine solche Entwicklung ist
wohl nur da möglich, wo fortan die irdischen Motive der Vege-
tationskulte neben den himmlischen, besonders den vom Sonnen-
lauf ausgehenden ihre alte Macht bewahrt haben. Sobald dagegen,
wie dies wahrscheinlich die regelmäßige Entwicklung ist, die letz-
teren die Oberhand gewinnen, übernehmen nun die Himmelsgötter,
allen voran die in der Sonne verkörpert gedachte Gottheit, die
leitende Stellung in dem zum Heilskult sich erweiternden Vege-
tationskult. So nehmen unter den Götterbildern, mit denen bei den
Kultfesten der Puebloländer die Festplätze geschmückt werden, noch
heute die der Sonnengötter die oberste Stellung ein, und in den
großen Kulturländern der Neuen Welt, Mexiko und Peru, hat sich,
wie die Überlieferungen zeigen, der in beiden Gebieten herrschende
Sonnenkult wesentlich aus den Vegetations- und Heilskulten ent-
wickelt, oder vielmehr, er fällt in seinen Grundbestandteilen mit
ihnen zusammen. Denn auch hier hat nicht der Gott den Kult,
sondern der Kult den Gott geschaffen, indem er die unbestimmt
fluktuierenden Vorstellungen des Himmelsmärchens in eine feste
Beziehung zu den Bedürfnissen des menschlichen Lebens brachte.
Nicht anders hat in den großen Kulturreichen der Alten Welt in
erster Linie der Sonnengott die Bedeutung eines Heilsgottes. So der
babylonische Marduk, der ägyptische Osiris, der persische Mithras.
Vornehmlich die Osiris- und die Mithraslegende zeigen dabei eine
überraschende Verwandtschaft mit dem Dionysosmythus. Ob Dio-
nysos selbst dereinst neben seiner Stellung als Vegetations- und
Heilsgott die Naturbedeutung eines Sonnengottes besessen hat, ist
freilich unsicher; jedenfalls hat bei ihm der Kultur- und Heilsgott
frühe schon solche Vorstellungen zurückgedrängt. Nicht minder gilt
das von dem nordischen Balder, dessen Legende ihn in erster Linie
zum Vegetationsgott stempelt, während die Beziehung zur Sage von
der Götterdämmerung und Welterneuerung, in die ihn die nordische
Dichtung bringt, in ihrer Deutung zweifelhaft bleibt, da hier mög-
licherweise erst der nicht auszuschließende christliche Einfluß die
' Hugo Hepding, Attis, seine Mythen nnd sein Kult, 1903, bes. S. 123 ff. Vgl.
mich die höchst charakteristische Rede Kaiser Julians auf die Göttermutter, G. Mau.
I)ic Rcligionsphilosophie Kaiser Julians, 1907, S. 152 fr.
654 Der Unprong der Religion.
Sage zu der eigentümlichen Form einer kosmogonischen Heilslegende
umgestaltet hat Ganz lösen sich vollends die Gestalten der Heils-
götter von 'diesen ihnen in ihrem Ursprung anhaftenden Verbin-
dungen mit dem Naturmythus da, wo der Heilsgott selbst nicht aus
einem Naturgott hervorgeht, sondern ein zum Gott erhobener Mensch
ist. Schon die Osiris- und die Mithraslegende nähern sich dieser
Grenze, indem sie den Gott menschlichem Tun und Leiden nahe
bringen und vor allem den seinem Wesen nach Unsterblichen das
Loos des Todes mit dem Menschen teilen lassen. Überschritten wird
aber die Grenze endgültig, wenn nicht der Gott zum Menschen herab-
steigt, sondern umgekehrt ein Mensch, dessen geschichtliche Wirk-
lichkeit feststeht, zum Gott erhoben wird. Das ist der große Schritt,
den die beiden größten Kulturreligionen der Alten Welt, der Budd-
hismus und das Christentum, getan haben. In ihnen erst hat sich
der Heilskultus von der Verbindung mit dem Naturmj^us völlig
gelöst.
Mit diesem letzten Schritt vollendet sich eine Entwicklung , die
in ihrem Beginn bis in die ersten Anfange der Heilskulte zurück-
reicht. Der Heilskult wird zum Heiligungskult, und dieser, zu-
nächst nur als ein allmählich hinzutretendes Nebenmotiv jenen be-
gleitend, wird mehr und mehr zum Hauptzweck desselben. Auch
das ist wieder eine der folgenreichsten Bedeutimgswandlungen in der
Geschichte des religiösen Lebens. Es wiederholt sich m ihr noch
einmal auf einer höheren Stufe jener Übergang eines ursprünglich
rein objektiven in einen ganz und gar subjektiv werdenden Kult-
zweck, der uns in einer andern Form bereits bei der FortbUdung der
Vegetationskulte zu den Heilskulten begegnet ist. Auch der Heils-
kult ist zunächst nach außen gerichtet. Äußere Güter will er ge-
winnen, und die Kulthandlungen, die dieses Ziel zu erreichen streben,
besitzen ebenfalls nur vermöge der äußeren Form ihrer Ausübung,
auf deren peinliche Befolgung daher vor allem die Kultvorschriften
gerichtet sind, ihren kultischen Wert. Darin gleicht er noch ganz
dem vorangehenden primitiven Zauberkult Der Erfolg haftet an
der äußeren Handlung selbst, gleichültig wie und von wem sie
ausgeführt wird. Mit der Erweiterung der Kultzwecke ändert sich
das. Mögen auch die erstrebten Güter immer noch äußere bleiben,
schon der Vorzug, den im gemeinsamen Kult der einzelne vor
Die Knltformen. 655
andern genießt, die größere Huld der Gottheit, die er zu gewinnen
strebt, bietet Anlaß genug, daß sich der Kampf der Interessen,
der den täglichen Verkehr beherrscht, auf den Kultus überträgt und
auch in ihm um so stärker hervortritt, je mehr sich die eintretende
Organisation desselben stets innerhalb einer gewissen Nachbildung
der äußeren Gesellschaftsordnung bewegt. Dieser Vorgang findet
seinen sprechenden Ausdruck in einer Erscheinimg, die in ihrer
innerhalb der verschiedensten Länder und 2^iten unabhängigen Ver-
breitung deutlich wiederum auf einen allgemeinen, von Übertra-
gungen und Kultwanderungen unabhängigen Ursprung hinweist. Sie
besteht in der Bildung engerer Kultgenossenschaften, die, unab-
hängig von den Gruppen der bürgerlichen Gesellschaft, ihre spezi-
fische Ausprägung durch die verschiedene Einweihung in gewisse
Kultgeheimnisse gewinnen, deren sich die Kultgenossen je nach ihrer
Zugehörigkeit zu bestimmten Ordensgraden rühmen können. Solche
bald mehr bald weniger von dem Zauber des Geheinmisses umge-
bene Kultgenossenschaften begeg^nen uns schon in den sogenannten
Medizingesellschaften der amerikanischen Halbkulturvölker, dann aus-
gebildeter in den Vereinigungen der griechischen und orientalischen
Mysterienkulte. In veränderter und teilweise des Geheinmisses ent-
kleideter Form reichen sie* noch in die Orden^frade des Klerus und
der Kongregationen der katholischen Kirche herein; ja sie kehren
selbst in gewissen weltlichen Gesellschaften wieder, die sich dann
abermals mit Vorliebe in den Schleier des Geheimnisses hüllen.
Haben auch hier überall geschichtliche Einflüsse und Wechselwir-
kungen nicht gefehlt, so waltet doch über dieser ganzen Erschei-
nung eine unverkennbare psychologische Gesetzmäßigkeit. Sind es
zunächst auch hier, wie wir annehmen dürfen, äußere Bedingungen,
die der Erscheinimg zugrunde liegen, so wandeln sich doch unver-
meidlich diese allmählich in innere Motive um, die mit den Heils-
zwecken selbst mehr und mehr eine geistige Richtung gewinnen und
so für die erfolgreiche Ausführung der kultischen Handlung auf die
Eigenschaften des Handelnden den Hauptwert legen lassen. Hat
sich dieser ursprünglich dadurch einen Vorrang zu erringen ge-
sucht, daß er sich der magischen Hilfsmittel zur Erringung der gött-
lichen Hilfe kundiger wußte als andere, so erwächst nun daraus das
Streben, jenen Vorzug durch besondere, darauf gerichtete Kulthand-
556 ^^^ Ursprung der Religion.
lungen sich anzueignen. So beginnt sich der Kult selbst in zwei
Bestandteile zu sondern, die dann freilich in der Ausfuhrung so innig
verwachsen sind, daß im allgemeinen jeder Akt beiden Zwecken,
dem objektiven und dem subjektiven zugleich dient. Die Kulthand-
lung soll vor allem ihrem Vollbringer die Eigenschaften verleihen,
die ihr den äußeren Erfolg sichern. So rückt schon in einem Sta-
dium, in dem sich der Kult noch ganz in der Region der äußeren
Heilsgüter bewegt, jener vorbereitende Zweck immerhin zeitlich an
die erste Stelle. In dem Maße aber, als die erstrebten Zwecke
geistige Güter sind, die teils dem wirklichen Leben angehören, teils in
idealer Vollkommenheit in das Jenseits verlegt werden, erringt nun
diese subjektive Seite der Kulthandlung auch ihrem inneren Werte
nach den Vorrang. So wird die eigene Heiligung zu dem Mittel,
das Heil der Seele zu sichern. Mit dem Heilskult verbindet sich
daher untrennbar der Heiligungskult, und beide verschmelzen
zu einer Einheit, in der sich die Heiligung schließlich zum Selbst-
zweck erheben kann, so daß der Heilszweck nur noch als ein letzter
egoistischer Erdenrest dem höchsten Gut der Heiligung der Persön-
lichkeit anhaftet. In so weiter Ferne auch dieses letzte Ziel noch
erscheinen mag, es kündet sich frühe schon in der fortschreitenden
Vergeistigung der Heilszwecke und vor allem in den Veränderungen
an, die die Kultushandlungen selbst bei ihrer Entwicklung erfahren.
Diese Veränderungen treffen weniger die äußeren Erscheinungen, die
von den frühesten Anfängen eines gemeinsamen Götterkultus, ja zum
Teil über diesen hinaus vom primitiven Dämonenkult an in ihren
Grundformen dieselben bleiben. Um so tiefer eingreifend ist der Be-
deutungswandel, den sie erfahren, und in dem sich vor allem andern
die ungeheure Tragweite zu erkennen gibt, die das Prinzip der Hete-
rogonie der Zwecke fiir die religiöse Entwicklung besitzt.
3. Die Kulthandlungen.
a. Das Gebet. Allgemeine Charakteristik der Gebetsformen.
Drei Formen äußerer Betätigung seelischer Erregungen sind es,
die uns in den Kulthandlungen aller Völker, Zeiten und Kulturstufen
begegnen. Zu ihrer Bezeichnung wählen wir zweckmäßig Namen, die
wenn sie auch an sich bereits gewissen Höhepunkten der Entwick-
Die Knlthandlnngen. 657
lung entsprechen, doch gerade darum diese selbst deutlich in ihre
Hauptrichtungen zerlegen. In diesem Sinne scheiden wir die allge-
meinen Kultushandllungen in das Gebet, die Opferhandlungen
und die Heiligungszeremonien. Psychologisch lassen sie sich
dahin kennzeichnen, daß das Gebet im weitesten Sinne alle Aus-
drucksbewegungen in Worten umfaßt, die auf die Hilfe übermensch-
licher Mächte gerichtet sind, während unter Opfer die Handlungen
verstanden werden, durch deren objektive Wirkungen ein Einfluß
auf Dämonen oder Götter erstrebt wird, und endlich der Begriff der
Heiligungszeremonien diejenigen Handlungen in sich schließt, die
eine subjektive Wirkung auf den Handelnden selbst im Sinne
eines ihm heilsamen, (lir den Kultzweck ersprießlichen Einflusses zum
Ziele haben. Ergänzen sich demnach das Opfer und die Heiligungs-
zeremonie darin, daß jenes an sich objektiv, diese subjektiv gerichtet
ist, so steht das Gebet insofern in der Mitte, als es je nach seiner
besonderen Form dem einen oder dem andern Zweck dienen oder
auch beide in sich vereinigen kann. Wie zwischen den verschiedenen
Formen des Gebets, so sind übrigens auch bei dem Opfer und den
Heiligungszeremonien mannigfache Übergänge und Verbindungen
möglich, und die Hauptformen selbst pflegen sich in der konkreten
Erscheinung zu komplexen Kulthandlungen zu vereinigen. Da uns
alle hier in Frage kommenden Erscheinungen, die einfachen Gebets-,
Opfer- und Heiligungshandlungen ebenso wie ihre Verbindungen, im
einzelnen zumeist schon bei den Seelenvorstellungen begegnet sind,
so werden wir uns an dieser Stelle wiederum mit einer zusammen-
fassenden Übersicht begnügen dürfen, die nach den Gesichtspunkten
der religiösen Entwicklung orientiert ist.
Hier tritt uns nun bei dem Gebet, dieser allgemeinsten und
dauerndsten Kulthandlung, die darum auch ebensowohl selbständig
vorkommen, wie jede der andern Formen begleiten kann, eine Vier-
zahl von Unterformen entgegen: die Beschwörung, das Bitt- und
Dankgebet, das Bußgebet und die Lobpreisung. Sie bilden
in der angegebenen Folge eine aufsteigende Entwicklung, die, wie
so manche andere ähnlicher Art, die Eigentümlichkeit besitzt, daß
die primitiveren Formen in die folgenden hinüberreichen, dabei aber
zugleich charakteristische Veränderungen erfahren. Solche werden
Wundt. Vilkcn^^ycholoffie II, 3. ^2
658 ^cr Ursprung der Religion.
namentlich dadurch herbeigeführt, daß die niedrigere Form Elemente
der höheren in sich aufnimmt oder bei noch weiterem Fortschritt
selbst nur noch in einzelnen Bruchstücken oder Anklängen in dieser
erhalten bleibt. Damit hängt es zusammen, daß ims zwar die
erstere unter gewissen Kult- und Kulturbedingungen für sich allein
begegnet, daß dies aber für die letztere niemals zutrifft. Hier führt
vielmehr die Mischung mit andern Bestandteilen häufig über die
Grenzen des reinen Gebets hinaus, um in lyrische und epische EMch-
tungsformen überzugehen. So bildet die reine Beschwörung nicht
bloß bei den primitiven Zauber- und Dämonenkulten vieler Natur-
völker eine alleinherrschende Rolle, sondern sie ist auch in den Rudi-
menten jenes Kultus im Aberglauben aller Zeiten und Völker in
der gleichen Isolierung noch fortwährend zu finden. Auch fallt das
Bittgebet in seinen eindringlichsten Steigerungen nicht selten wenigstens
in der äußeren Form in die Beschwörung zurück, wenn dabei auch
der Bedeutungsinhalt unter der Wirkung der Bittstimmung verschoben
sein mag. Verhältnismäßig am reinsten pflegt noch das Bit^ebet
selbst erhalten zu bleiben, das der ganzen Gattung dieser verbalen
Kulthandlungen den Namen gegeben hat. Denn Gebet und Bitte
sind auf religiösem Gebiet synonyme Beg^flTe, insofern das Wesen des
Gebets im engeren Sinne eben darin besteht, daß es eine Bitte an
die Gottheit richtet. Da nun alle in Worten sich betätigenden Kult-
handlungen das gleiche Motiv des Wunsches enthalten, das nur in
dem Bittgebet seinen adäquatesten Ausdruck findet, so ist dieses,
sobald es einmal aus der primitiveren Zauberbeschwörung heraus
entstanden, diejenige Form, die fortan auch alle weiteren zu begleiten
pflegt, und die zurückbleibt, wenn diese verschwunden sind. Die
Grenze zwischen Beschwörung und Gebet fallt aber im wesentlichen
mit der zwischen Dämonen- und Götterkultus zusammen. Der Dämon
wird beschworen, um durch das Zauberwort seinen WUlen dem
eigenen Willen zu fugen. Zum Gott wird gebetet, weil er Zauber
ausübt, selbst jedoch der Macht desselben im allgemeinen entwachsen
ist. Wo die Beschwörung dem Gebete sich beimengt oder gar an
seine Stelle tritt, da ist daher dies ein Zeichen, daß der Dämonen-
kult auch aus dem Götterkult noch nicht ganz verschwunden ist.
Mit dem Bittgebet hängt endlich das Dankgebet auf das engste
zusammen. Schon äußerlich zeigt sich dies darin, daß beide in der
Die Kolthandliuigen. 659
Häufigkeit ihres Vorkommens einander parallel gehen. Auch psy-
chologisch ist ja der Dank die Ergänzung der Bitte. Sobald diese
erfüllt wird, folgt in der natürlichen Reaktion der Gefühle der Dank.
Gerade infolge dieser Beziehui^ kann aber auch der Dank teilweise
vorausgenommen und so das Dank- mit dem Bit^ebet zu einer Ein-
heit vereinigt werden, indes ebenso beide, und unter ihnen zunächst
wieder das Dankgebet, zur Lobpreisung in nächster Afifinität stehen.
Vielseitiger noch sind die Beziehungen des BuOgebets, das aus
dem Bittgebet entpringt, sobald einerseits das Bewußtsein der sub-
jektiven Verpflichtung gegen die Gottheit lebendig wird, anderseits
äußere Bedrängnisse, sei es die eigene Not des Betenden, seien
es größere, die staatliche oder religiöse Gemeinschaft treffende Un-
glücksfalle, das Gemüt bedrücken. Der wesentliche religiöse Fort-
schritt des Bußgebets, gegenüber dem neben ihm bestehen bleibenden
und fortan die allgemeinere Stellung bewahrenden Bitt- und Dank-
gebet, liegt in dem Schuldbewußtsein, aus dem es entspringt, und
zu dem hier der Schicksalswechsel, an den es meist gebunden ist,
nur eine äußere Entstehungsbedingung bildet, die schlummernde Motive
weckt und eine steigernde Wirkung auf sie ausübt So sehr aber auch
in dem weiteren Vorkommen des Bußgebets solche äußere Anlässe
immer wieder hervortreten, so kann es von einer bestimmten Stufe
religiöser Entwicklung an, die freilich durch die Wucht äußerer Er-
eignisse beschleunigt wird, doch auch ohne diese Anlässe, als reiner
Ausdruck des Heilsbedürfnisses hervortreten. In dieser ganz und gar
subjektiv gewordenen Motivierung bildet es dann einen wesentlichen
Bestandteil der Erscheinungen, in denen sich der Übergang des Heils-
kultes zum Heiligungskult zu erkennen gibt. Die Buße und im Zu-
sammenhang mit andern Bußhandlungen vor allem auch das Buß-
gebet erscheint nun als ein wichtiges Hilfsmittel solcher Heiligung.
Es reicht, indem es in erster Linie eine Entlastui^ des eigenen
Gemüts darstellt, in lyrische Formen der Dichtung hinüber, die ihm
hierin verwandt sind. Insbesondere steht ihm das Klagelied als lyri-
scher Ausdruck der Bußstimmung nahe.
Einen Kontrast und durch diesen Kontrast zugleich eine psycho-
logische Ergänzung zu dem Bußgebet bildet die Lobpreisung. Sie
bezeichnet die höchste Stufe des Götterkultes. Die egoistischen
Motive, die am rohesten aus der Beschwörung, aber auch noch
4a*
56o ^^^ Ursprang der Religion.
aus dem Bitt- und Dankgebet herauszuhören sind, und die selbst
beim Bußgebet in seiner Beziehung zur Reinigung und Heiligung
der eigenen Seele anklingen, sie sind in der Lobpreisung ganz zu-
rückgedrängt. In der staunenden Bewunderung und Verehrung der
Erhabenheit des Gottes vergißt hier, wo immer die Lobpreisung das
einzige Thema der Anrufung bildet, der Betende die eigenen Bedürf-
nisse und Bedrängnisse. Eben darin ist diese Form der direkte
Gegensatz zum Bußgebet. Der niedergedrückten, schuldbewußten
Stimmung, die sich in diesem Luft macht, steht jene als jubelnde
Erhebung der Seele zum Ruhm göttlicher Machtfiille gegenüber. Der
vorherrschende Inhalt des Bußgebets bleibt daher das heilsbedürftige
Subjekt, der der Lobpreisung ist der völlig objektiv gewordene In-
begriff alles Heils, die Gottheit selbst. Wie darum dem Bußgebet
als dichterische Form die lyrische des Klagelieds zur Seite steht, so
ist es der lyrisch -epische Hymnus, der der Lobpreisung die ihr
adäquate dichterische Gestalt gribt. In dem Hymnus geht, wie die
hierhergehörigen Beispiele religiöser Dichtung aller Zeiten und Völker
lehren, die lyrische Stimmung mit innerer Notwendigkeit ganz oder
teilweise in die epische Schilderung der Taten des Gottes über, —
ein äußeres Zeichen eben jener objektiven Richtung, die die Lob-
preisung im Gegensatz zum Bußgebet nimmt. Die Naturschilderungen,
die, so lange der Naturmythus den Göttern noch ihre Naturbedeu-
tung bewahrt hat, hier mit eingreifen, und die, von der visionären
Ekstase unterstützt, am meisten in den Sonnenkulten der Alten und
der Neuen Welt hervortreten, werden um so mehr durch diese epi-
schen Elemente auch in dem Götterhymnus zurückgedrängt, je mehr
unter dem Herüberwirken der Helden- auf die Göttersage die Götter
vermenschlicht worden sind. Nunmehr findet der Dichter in den Taten
der Götter das wirksamste Mittel ihrer Glorifizierung, wie ja auch
beim Helden nicht, wie in den Dämonenschilderungen des Natur-
mythus, die furchtbare oder groteske Gestalt, sondern die Größe
seiner Taten Staunen und Bewunderung erreget. Ein sprechendes
Zeugnis dafür bilden die griechischen Kulthymnen, wie sie uns m der
Sammlung der sogenannten homerischen Hymnen und zum Teil in
sichtlichen Nachbildungen in manchen Chorgesängen der Tragödie
erhalten sind. Freilich zeigt sich dabei gerade an den eigentlichen
Hymnen in solchen Fällen, wo sie nicht, wie im Choriied der Tra-
Die Kiiltluuldlimgen. 66 1
gödie, bereits außerhalb des eigentlichen Kultgebrauchs stehen, sondern
in ihrer ursprünglichen Form erhalten blieben, daß die reine Lobprei-
sung hier kaum jemals vorkommt. Wo sie dem religiösen Kultus selbst
angehören, da pflegen sie sich vielmehr stets mit dem Bittgebet zu ver-
binden. In dieser Verbindung entsprechen sie dann erst vollkommen
der Mischung der Motive, die vor allem den höheren Kulthandlungen
eigen ist. Zuerst sucht der Betende die Götter seinen Wünschen
gnädig zu stimmen. Dann trägt er diese Wünsche im eigentlichen
Gebet den Göttern vor.
b. Die ptychologitche Entwicklnng der GebettformeB.
Für die Ausgangsform der oben in ihren allgemeinen Umrissen
skizzierten Entwicklui^ der Gebetskulte, die Dämonen- und Götter-
beschwörung, bieten sich uns, der doppelten Erscheinungsweise
dieser primitiven Gebetshandlung entsprechend, zweierlei Zeugnisse:
solche, die dem vorreligiösen Kultus in der früher (S. 597} b^
zeichneten Bedeutung des Wortes angehören» und andere , die ab
Überlebnisse solcher Zauberkulte oder als RückföUe in dieselben in
dem späteren religiösen Kult vorkommen. Wie der Jubel- und der
Schmerzensruf die Ausdruckslaute sind, die den Außeningen der Ge»
mütsbewegung im Liede vorangehen und sich ihnen bei gesteigertem
Affekt immer noch geleg^entlich beimischen, so ist die Bescbwörung
die Vorstufe des Bittgebetes, das sich im Drang der die Seele ef^
füllenden Wünsche momentan wieder mit der Beschwönmg vermiscben
kann. Immerhin ist dieses Gleichnis in einem Pnakt mvollstindig.
Es bringt den psychologischen Gegensatz der EaAmütung jum
eigentlichen Gebet, auf dem der vorreligiöse Quuaicter dei dnen und
der religiöse des andern beruht, nicht zur Geltung; Die Beschwö-
rung will selbst als Zauber wirken. Das Gebet erfleht dfe HOfe der
Götter bei den Erlebnissen und Handlungen des ^■tmillii Oder
auf einer höheren Stufe fleht dieser zur Gottheit am dtt Heil seiner
Seele im Diesseits und Jenseits. Hier hat sidi i y Zauber in
einen Wunsch verwandelt, der unter dem EinAi Glaubens an
eine göttliche Weltlenkung zur Bitte an die G id So fallt
die Grenze zwischen Beschwörung und Bittgebe J^r zwischeir
Dämoncnglaube und Götterglaube zusammea Brun^ bleiF
die natürliche Äußerung eines primitiven 2 jg^ Bittge
Die Knlthandlungen. 553
der Göttemame oft unmittelbar den Drohrufen gegen die Dämonen
vorangestellt wird. In der späteren Entwicklung tritt jedoch diese
ursprüngliche Bedeutung mehr und mehr zurück: dann ist der Götter-
name aus einem Hilferuf zu einem magischen Zauberwort geworden.
So besitzen noch im heutigen Volksaberglauben die Namen der »drei
heiligen Leutec, Jesus, Maria und Josef, sowie der Heiligen überhaupt
eine Unheil abwehrende Bedeutui^. Ahnlich dem Gottes- oder
Heiligennamen können aber auch einzelne Gebetsworte und endlich
aus der Verstümmelui^ solcher hervoigegai^ene oder sonst zufallig
aufgegriffene, an sich sinnlose Laute eine magische Bedeutung ge-
winnen, vermöge jener Affinität des Geheinmisvollen zum Magischen,
die wir als eine allgemeine Erscheinung des Zauberglaubens bereits
kennen lernten*).
Insofern die Beschwörung die ursprünglichste Gebetsform darstellt,
aus der sich das Bittgebet und die an dieses sich anschließenden
BuOgebete und Lobpreisungen mit dem Übergai^ des Dämonen- in
den Götterkultus entwickelt haben, läßt sich hiemach auch der Über-
gang des Gebetsworts in das Zauberwort als eine Rückverwandlung
betrachten, bei der das Gebet nunmehr den Stoff hergibt, um die
primitive Form, aus der es entstanden, wieder aus sich zu erzeugen.
In dieser Rückbildung wiederholt sich auf dem Gebiet des Gebets
eine Erscheinung, die dem religiösen Kultus überhaupt eigen ist.
Überall besteht hier der sogenannte »Aberglaube« seinem Inhalte
nach in einem Rückfall in primitiven Zauber- und Dämonenglauben.
Die Formen, deren sich solche Rudimente des Dämonenkultus be-
dienen, sind aber zum Teil, und namentlich in den die Handlungen
begleitenden Beschwönmgsformeln, dem religiösen Kultus selbst ent-
lehnt. Noch nach einer andern Richtung kann jedoch der letztere dem
ursprünglichen Zauberwort eine veränderte Richtung seiner Bedeutung
geben. Dieser Wandel beginnt teilweise schon in der Region des
Dämonenglaubens selbst. Der Beschwörung stellt sich die Gegen-
beschwörung gegenüber. Sie beginnt im Gebiet des reinen Dä-
'; Vgl. Teiin, S. 195 ff. Ober die ib hellenUtiseher Zeit Teibreitete Venrandlirag
von Kulthymnen und besonders von einzelnen Stellen ans ihnen in Zaaberlbnnefai
vgl. A. Dietericb, Eine Mitbrasliturgie, S. 27 f. Ober die Vorliebe fOr fremdsprachige,
also unverständliche Worte in solchen Formeln ebenda, S. 36. Reitsensteln, Poi-
mandres, S. 14 Anm. i.
504 ^^' Ursprung der Religion.
monenglaubens im Widerstreit von Zauber und G^enzauber. Zu
weiterer Entfaltung gelanget sie, wo der Kampf zwischen Göttern und
Dämonen die Anrufung göttlicher Hilfe zur Abwendung verderblicher
Dämonenbeschwörungen herausfordert. Dann gilt dem Dämon die
Beschwörung, dem Gott die Gegenbeschwörung. Auch dafür bietet
wieder vornehmlich der Avesta sprechende Belege. Hier ist aber
auch alsbald ein weiterer Übergang nahegelegt: die Anrufung be-
schränkt sich nicht auf die Abwehr des Übels, sondern sie wird zum
glückverheißenden Wort, zum Segensspruch (Avesta, Ya^a III, iff.).
Der Segensspruch kann sich dann, analog der Beschwörung, weiterhin
zum Segenswort verkürzen, und das Segenswort schließlich zur bloßen
Bekräftigung verblassen, wie in dem stabil gewordenen Schlußwort
»Amen« unserer Gebete.
Auf diese Weise sind Segensspruch und Segenswort zu Bestand-
teilen der wichtigsten und allgemeinsten Formen der Grebete, des
Bitt- und Dankgebets, geworden. Es bildet das spezifische
Merkmal des religiösen gegenüber dem vorreligiösen Kultus, und es
begleitet jenen von seinen Anfangen an bis auf die Höhen seiner
Entwicklung. Mit seiner Annäherung an diese kann es dann zugleich
je nach der Richtung der religiösen Stimmung teils dem Bußgebet
teils der Lobpreisung den Platz räumen. Dabei handelt es sich aber
nicht mehr um eine irgendwie scharf zu ziehende Grenze, wie bei dem
Übergang von der Beschwörung zur Bitte, sondern jene Formen
fließen von Anfang an in dem Sinne ineinander, daß bald Bitte oder
Dank oder beide vereint allein den Inhalt des Gebetes bilden, bald
mit Buße oder Lobpreisung sich verbinden. Solche Verbindungen
entspringen unmittelbar aus den subjektiven Motiven, die aus den
der Bitte zugrunde liegenden objektiven Bedürfnissen hervorgehen,
und die teils in der schuldbewußten und trostbedürftigen Stimmung
des Betenden, teils in seiner Ehrfurcht vor der Gottheit ihre Quelle
haben. Demnach erstrecken sich diese subjektiven Motive in beiden
Fällen wieder nach verschiedenen Richtungen. Bei dem Bußgebet
ist die Bitte um Hilfe gegen die seelische Not des Betenden ge-
richtet. Auf den früheren Stufen des Gebetskultus pflegt diese Seelennot
eine direkte Folge äußerer schwerer Schicksale, sei es des Einzelnen,
sei es der Stammes- oder Volksgemeinschaft, zu sein. So dringt aus
den Bußpsalmen der Babylonier wie der Israeliten überall die Klage
Die Kalthandlnngen. 65 e
Über schweres äußeres Unglück zu unserem Ohr. In viel späterer
Zeit erst erzeugt das sich mehr und mehr vertiefende religiöse Ge-
fühl rein aus sich selbst eine Bußstimmung. Sie hat vor allem
in der indischen und christlichen Askese ihren Ausdruck gefunden.
Hier ist das Bußgebet die in Worte umgesetzte Askese selbst, die,
so lange die Bußstimmung ihre ursprüngliche Kraft bewahrt, eine
natürliche Ergänzung in der äußeren asketischen Kultübung findet,
anderseits aber auch, wo diese schwindet, als ihre Stellvertreterin
zurückzubleiben pflegt.
Unter andern Bedingungen steht die Lobpreisung. Zunächst
erscheint sie als eine natürliche und darum selten fehlende Begleiterin
des Dankgebets. Von da aus überträgt sie sich auf das Bittgebet.
Sie geht hier meist der Bitte voraus : die Gottheit soll durch das ge-
spendete Lob der Erhörung der Bitte geneigt gestimmt werden. Hier
liegt dann weiterhin auch noch die dreifache Verbindung von Bitt-,
Lob- und Dankgebet nahe: der Betende sucht die Gottheit zu ge-
winnen, indem er sie preist und zugleich auf die Hilfe hinweist, die
sie ihm vordem zuteil werden ließ. Für alle diese Kombinationen
bieten die biblischen Psalmen zahlreiche Belege'). Der vorwaltende
Eindruck ist überall der einer Captatio benevolentiae gegenüber der
Gottheit. Bezeichnend fiir dieses, besonders die Anfange religiöser
Hymnendichtung beherrschende Motiv ist die in babylonischen wie
cranischen und indischen Ritualtexten häufig vorkommende Ver-
bindung mit Dämonenbeschwörungen. Unverkennbar tritt nun aber
unter der Wirkung der in andern Gebetsformen herrschenden reli-
giösen Stimmungen ein allmählicher Bedeutungswandel ein. Hier
spielt dann besonders die in den Unsterblichkeitskulten zur Vorherr-
schaft gelangte Richtung des Bittgebets auf das Jenseits eine wichtige
Rolle. Wie aus dem Bitt- und dem Bußgebet, so schwinden jedoch
schlie(Mich auch aus der Lobpreisung mehr und mehr die egoistischen
Triebfedern. Der Preis der Gottheit wird zum Selbstzweck, zum Aus-
druck unbedingter bewundernder Hingabe'). Diese Konzentration der
') Es seien beispielsweise angeführt: i. Bittgebete P«. 13, 17, 42, 64, 70; 2. Dnnk-
pebete Ps. 3, 9; 3. Bußgebete Ps. 6, 8, 9, ii; 4. LobpreUangen Ps. Ii, 18, 19, 23,
75> 96; 5- Lobpreisungen mit Bitte Ps. 13, 56, 102; 6. Lobpreisungen mit Dankgebet
Ts. 9S, 103; 7. Lobpreisungen mit Dank und Bitte Ps. 74.
^) Daß es nicht möglich ist, diese psychologische Entwicklung zugleich als eine
566 ^*' Ursprung der Religion.
Stimmung, durch die sich die Lobpreisung vor den andern Gebets-
formen auszeichnet, findet noch in einer andern wichtigen Eigenschaft
ihren Ausdruck, durch die sie vor allem in einen Gegensatz zum
Bußgebet tritt. Die Lobpreisung wendet sich in der Regel nur an
einen Gott. Wohl kann in einer Reihe verschiedener Gebete in
dem einen diese, in dem andern jene Gottheit gepriesen werden.
In dem einzelnen Gebet duldet der Gott, dem gehuldigt wird, keine
andern Götter neben sich. Man hat diese Erscheinung, die uns
am augenfälligsten in der babylonischen Gebetsdichtung begegnet,
aber auch anderwärts nicht fehlt, auf eine monotheistische Strömung
innerhalb der polytheistischen Religrion oder sogar auf einen voran-
gegangenen Monotheismus gedeutet^). Doch jene Konzentration der
religiösen Huldigung mag immerhin die Ausbildung eines herrschenden
Gottes unterstützen. An sich ist sie keine Wirkung der Religion als
solcher, sondern eine psycholog^isch notwendige Wirkimg der Lob-
preisung, die dann auch auf das Bitt- und Dankgebet übergehen kann,
namentlich wo sich diese mit der Lobpreisung verbinden. Daß sich
aber die letztere auf eine einzige Götterpersönlichkeit beschränkt, das
hat sein zwingendes Motiv darin, daß jedes einem andern Gott ge-
spendete Lob die Verherrlichung des einen, dem sich das Gebet zu-
wendet, beeinträchtigen würde. Der überzeugende Beweis hierfür
liegt denn auch in dem Bußgebet, das genau die entgegengesetzte
Eigenschaft hat. In ihm zählt der Betende die ganze Reihe der
Götter auf, gegen die er möglicherweise gefehlt hat; ja zuweilen
chronologische an den großen Gebetssammlungen der Kulturvölker nachzuweisen,
muß freilich zugestanden werden. Abgesehen von den Schwierigkeiten der Chrono-
logie älterer Literaturdenkmäler, ist das um so weniger möglich, als, wie uns noch die
heutige Gebetsliturgie unserer Kirchen lehren kann, die verschiedenen Stufen des Bitt-
und Bußgebets und der Lobpreisung, jene in ihren äußeren wie inneren, geistigen
Motivrichtungen vorkommen. Man vergleiche z. B. aus der babylonischen Hymnen -
literatur das Gebet Assurbanipals an den Mondgott und das berühmte Gebet an Marduk,
jenes überschwänglich, aber gleichwohl noch in Dämonenbeschwörungen ausmündend,
dieses mit seiner Schilderung der Herrlichkeit des Gottes und der nur auf das allge-
meine Heil des Leibes und der Seele gerichteten Bitte (H. Zimmern, Der Alte Orient,
VII, 3, S. II f. und S. 15 f.)* Oder man nehme unter den Psalmen den Ps. 6, wo die
Lobpreisung Jahwes geradezu als ein Lohn erscheint, der ihm für seine Hilfe zuteil
werden soll, und die hochgestimmte Lobpreisung Gottes in Ps. 8, wohl dem Schönsten,
was die religiöse Literatur aller Zeiten in dieser Gattung hervorgebracht hat.
') A. Jeremias, Monotheistische Strömungen innerhalb der babylonischen Religion,
1904, S. 23 ff.
Die Kulthandlangen. 667
versäumt er nicht, nachdem er alle Namen genannt, sich auch noch
an die unbekannten Götter, die er beleidigt haben könnte, zu wenden*).
Wie die Lobpreisung die Beschränkung auf den Gegenstand des
Lobes, so heischt eben die Furcht vor dem Zorn der Gottheit die
ängstliche Umschau nach allen möglichen Göttern, die etwa dem
Betenden das Unheil, das ihn getroffen, zugefugt haben.
Zu dem Imperativ der Beschwörung, der im Büß- wie im Bitt-
gebet immer noch anklingt, bildet schlieDlich eine letzte sprachliche
Kulthandlung, die im weiteren Sinne ebenfalls den Gebetsformen zu-
gezählt werden kann, einen Gegensatz und zugleich eine Ergänzimg:
die Frage an die Gottheit. Die Antwort, die auf solche Frage
durch den Mund eines von der Gottheit hierzu Ausersehenen, meist
in Ekstase und Vision des Verkehrs mit ihr gewürdigten, erzielt wird,
ist der Orakelspruch. Als Antwort auf eine der Gottheit vor-
getragene Bitte ergänzt er das Bittgebet. Als Kundgebung der Gott-
heit an den Menschen reicht er aber in das umfassendere Gebiet
des Orakelwesens hinein, das in seinen hierher gehörigen äußeren
Kulthandlungen mit den Opferhandlungen in nächster genetischer
Beziehung steht.
c. Die Ausgangspunkte der religiösen Opferhandlungen.
Die Ausgangspunkte und die Hauptformen des Opferkultus sind
wegen ihres nahen Zusammenhangs mit den Seelen- und speziell mit
den Tabuvorstellungen bereits eingehend geschildert worden (Teil II,
S. 330 fr.]. Es bedarf darum hier nur eines kurzen Rückblicks auf
die dort gewonnenen Ergebnisse, um nunmehr auf Grund der oben
erörterten allgemeinen Merkmale des religiösen Kultus die Grenze
zu bestimmen, wo das Opfer eine religiöse Bedeutung gewinnt, und
um auf die Einflüsse hinzuweisen, die der Opferkultus auf die reli-
giöse Entwicklung ausübt.
Nun liegt der Ursprung der Opfermotive, ganz wie der des Ge-
bets, bereits im vorreligiösen Kultus. Wurzelt doch die primitive
Opferhandlung einerseits in den Zauberbräuchen, bei denen be-
stimmte Gegenstände, wie Tabak und andere Zauberkräuter, be-
rauschende Säfte, zuweilen auch Totemtiere oder Teile von ihnen
'j Man vergleiche den schönen Bußpsalm bei Jeremias a. a. O., S. 37 t.
668 ^cr Ursprung der Religion.
zur Beschwörung der Dämonen verwendet werden, anderseits in den
Tabuvorstellungen und Lustrationshandlungen, die diese Vorstellungen
als ihre natürlichen Ausdrucksbewegungen begleiten. Die zur Be-
schwörung dienenden Zauberobjekte sind Unterstützungsmittel der Be-
schwörungsworte, von denen sie in der Regel begleitet werden, und
beide stimmen daher auch in ihrer Bedeutung völlig überein: sie
wollen einen magischen Zwang auf die dämonischen Mächte aus-
üben; der Gedanke der Bitte und der Wunsch jene günstig zu stimmen
liegt ihnen noch fern. Tabu und Lustration reichen in ihren Anfangen
gleichfalls in den Zauber- und Dämonenglauben zurück. Von dem
Leichnam, der Wöchnerin, dem Kranken, endlich von ungewöhn-
lichen, durch ihre besonderen Eigenschaften die Scheu des Natur-
menschen erregenden Gegenständen gehen nach seiner Vorstellimg
dämonische Einflüsse aus, die im Sinne des direkten, von Seele auf
Seele gerichteten Zaubers das eigene Leben bedrohen, und die daher
in natürlicher Reaktion gegen diese Gefahr Abwehrhandlungen aus-
lösen*). Solcher Abwehrhandlungen g^bt es zwei: die Dän^onen-
beschwörung mit der sie begleitenden Darbringung zauberwirkender
Objekte, und die Reinigung durch Wasser oder Feuer, die in ähn-
lichem Sinne den Ausgangspunkt der äußeren Kulthandlungen, wie
die Dämonenbeschwörung den der Gebetsformen bildet. Die Lustra-
tion steht als eine Schutzhandlung, die sich teils abwehrend gegen
den äußeren Gegenstand kehrt, der als Sitz dämonischer Kräfte gut,
teils den durch solche Bedrohten von deren schädigenden Wir-
kungen befreien will, noch genau in der Mitte zwischen den objektiv
und den subjektiv gerichteten äußeren Kulthandlungen. In der Tat
ist sie beides zugleich: der objektive und der subjektive Zweck, der
sich bei der entwickelteren Kulthandlung in die objektive Opferhand-
lung und in die subjektive Heiligungszeremonie spaltet, ist bei der
primitiven Lustration noch zur Einheit verbunden. Sie ist kein
Opfer; dazu fehlt ihr das die Opferhandlung begleitende Motiv einer
verändernden Einwirkung auf das Kultusobjekt, das sie nur fernzu-
halten, nicht zu besänftigen oder zu eigenem Vorteil günstig zu
stimmen sucht. Sie ist aber auch keine Heiligungszeremonie. Denn
es ist zunächst nur die Befreiung von dämonischem Zauber, die
*) Vgl. Teil II, S. 300 ff., 330 ff.
Die Kalthandlungen. 56q
bezweckt wird; es fehlt noch die ergänzende positive Seite: die
Werterhöhung der eigenen Persönlichkeit. Daran ändert es nichts,
daß die Reinigungshandlungen ihrer äußeren Form nach im wesent-
lichen die gleichen bleiben, wenn bei ihnen zur bloßen Abwendung
äußerer Schädigung jenes höhere Ziel der eigenen Heiligung hinzu-
tritt. Hier liegt eben eine neue Erscheinung eingreifenden Bedeu-
tungswandels der kultischen Äußerungen vor, wie er uns überall
bei dem Übergang des vorreligiösen in den religiösen Kultus be-
gegnet. Für jene ursprüngliche Zwischenstellung der Lustration ist
es aber bezeichnend, daß sie in einzelnen ihrer Erscheinungsformen,
und das gerade in solchen, die nicht einmal zu den ursprünglichsten
gehören dürften, die doppelte Richtung bewahrt, die sie an den
Anfang beider Kultformen stellt. Hierher gehört namentlich die sehr
frühe schon stellvertretend für die Feuerlustration eingetretene
Räucherung. In ihrer primitiven Verwendung, von der uns noch
Spuren in den dualistischen Riten des Avesta und der Veden be-
gegnen, soll auch sie die feindlichen Dämonen von der Person des
Opfernden fernhalten. Mehr imd mehr wird sie dann aber zu einer
den Göttern wohlgefälligen Handlung. Nun werden daher wohl-
riechende Kräuter und Harze dem brennenden Holz beigemischt,
damit der aufsteigende Rauch den Göttern gefalle und außerdem
den in den Wohlgeruch gehüllten Opfernden selbst heilige. Gehört
daher auch das Rauchopfer in dieser Form erst einer späten Stufe
des Opferkultus an, auf der in diesem bereits das Motiv der Gabe
an die Gottheit zur Herrschaft gelangt, so wirft doch die Affinität,
die noch hier Opfer und Lustration bekunden, und die uns weiterhin
in andern ähnlichen Verbindungen beider begegnen wird, ein be-
zeichnendes Licht auf jene Vorstufen, wo in der primitiven Lustration
die Motive beider überhaupt nicht geschieden waren.
Das eigentliche Opfer beginnt nun da, wo sich aus dieser ur-
sprünglichen Indifferenz heraus die objektiven Motive zu verselb-
ständigen beginnen und daher in besonderen, ausschließlich auf das
dämonische Objekt gerichteten Handlungen nach außen treten. Das
will selbstverständlich nicht bedeuten, daß nicht auch hier das sub-
jektive Begehren entscheidend wäre. Aber es ist eben in den aus
ihm entspringenden Handlungen eine Differenzierung eingetreten, ver-
möge deren für gewisse unter ihnen das Kultobjekt, für andere das
Die Kalthandlongen. 571
Menschen ist, jenseits der Sphäre der in unmittelbarem Kontakt mit
ihm stehenden Umgebung gedacht wird, oder wo es zwar durch
einen dieser Umgebung angehörenden Gegenstand vertreten, selbst
aber der Berührung unzugänglich ist. Dieser Schritt wird unvermeid-
lich vollzogen, wenn die Tabuvorstellung auf die Götter übertragen
wird, und das geschieht, sobald überhaupt Göttervorstellungen sich
ausgebildet haben. Freilich können jene auf den Gott selbst direkt
nicht übergreifen. Um so mehr erstrecken sie sich auf alles das,
was den Gott vertritt, als dessen Wohnstätte oder als ein sinn-
lich gegenwärtiger Teil seiner selbst, also auf den Tempel, den
heiligen Platz, das Götterbild, schließlich auf den Priester oder Herr-
scher, der mit der Gottheit in engerer Beziehung steht. Wie diese
irdischen Personen und Dinge einerseits die Angriffspunkte sind, von
denen die früher geschilderten Veräußerlichungen und Wucherungen
der Tabugebote ausgehen, so bilden sie anderseits die Ausgang^
punkte von Handlungen, die ganz im Sinne der Lustration eine vor-
angegangene Verfehlung, zunächst wohl ebenfalls die durch die Be-
rührung eines verbotenen Gegenstandes begangene, wieder aufheben
sollen. Indem nun aber hier an die Stelle des in unmittelbarer
Nähe wirksamen Dämons der in der Ferne weilende Gott tritt,
nimmt jener Gegenzauber der Reinigung Handlungen zu Hilfe, die
die nämliche zauberhafte Wirkui^ auf den der Berührung unzugäng-
lichen Gott ausüben sollen. Unter den frühesten Formen solcher
Zorn und Strafe der Götter herausfordernden Verfehlungen stehen
zuerst solche im Vordergrund, bei denen die unmittelbare Bcrüh-
nmg eines mit dem Tabu göttlicher Heiligkeit versehenen Gegen-
standes und die Furcht vor dem in der Feme weilenden Gott zu-
sammenwirken. Das Götterbild, der Tempel, heilige Bezirke und
Gegenstände, der Priester und Herrscher, sie gelten nun in doppeltem
Sinne als tabu: nicht bloß weil sie es, ähnlich den dämonischen Ob-
jekten des primitiven Zauberkultus, selbst sind, sondern weil ihre Be-
rührung indirekt auch auf den fernen Gott wirkt, der in den ihm
geheiligten Personen und Gegenständen anwesend gedacht wird. Von
der ersten dieser Verfehlungen kann die Lustration befreien. Die
zweite bedarf anderer, in die Feme reichender Handlungen, die,
wenn sie auch vermöge der natürlichen Schranken menschlichen Tuns
nicht ins Unendliche reichen, immerhin indirekt eine solche Wir-
5^2 ^^ Ursprung der Religion.
kung ausüben, indem sie äußere Objekte zu Hilfe nehmen, die zum
Zweck solcher Wirkungen zu den himmlischen oder unterirdischen
Mächten in unmittelbare Beziehung gebracht werden.
Zauberhandlungen dieser Art, die durch äußere zauberkräftige
Mittel eine Wirkung auf die Götter erstreben, sind nun die Opfer-
handlungen; und das äußere zauberkräftige Objekt, das in der Hand
des Menschen diese Wirkung vermittelt, wird im gegenständlichen Sinne
das Opfer genannt. Es ist je nach der Natur dieses Gegenstandes
Menschenopfer, Tieropfer, Blutopfer, Fettopfer, Fruchtopfer, Speise-
opfer usw. Alle diese Opferobjekte vereinen mit der Eigenschaft eines
Wertgehalts für den opfernden Menschen die eines spezifischen zauber-
haften Einflusses auf die Gottheit. Dem entsprechend überschreitet
auch der Zweck des beginnenden Opferkultus noch wenig die Sphäre
des Dämonenkults. Er ist nur mit der erhabeneren Natur der Götter-
vorstellungen umfassender geworden, indem zu dem Streben, sich vor
den Göttern von der Verletzung der Tabugebote zu reinigen, ver-
möge der natürlichen Verbindung der Affekte der Furcht und des
Hoffens das andere hinzutritt, sie zu bevorstehenden Unternehmungen
zu gewinnen, und endlich das noch allgemeinere, sie für Gegenwart
und Zukunft immerdar günstig zu stimmen. Führen die ersteren
beiden Anlässe zunächst zu wechselnden Opferhandlungen, so fuhrt
die zweite Bedingung zu einem regelmäßigen Opferkult, wie er,
zusammenhängend mit der Sonderung der Kulturgebiete und ihrer
Götter und mit der Ordnung der kultischen Jahresfeste, einen wich-
tigen Bestandteil der entwickelteren Götterkulte bildet. So führen
die Tabuvorstellungen zur Opferhandlung als der ihnen adäquaten
Äußerung, sobald das Tabu auf die Götter bezogen wird. Denn
nun bedarf es besonderer Handlungen, die der Abwendung eines
durch solchen Tabu höchster Stufe heraufbeschworenen und der Be-
schwörung des durch seine Verletzung drohenden Unheils dienen.
Ist hiernach das Opfer nach seiner Entstehung ein Produkt der
Verschmelzung der Tabu- mit den Göttervorstellungen, so ist darin
auch schon ausgesprochen, daß es zunächst in Zaubervorstellungen
wurzelt. Denn stets haftet an dem Tabu dieses Motiv einer von dem
Objekt ausgehenden magischen Wirkung. Da eine solche magische
Wirkung den Göttern im höchsten Maße zukommt, so ist aber hier
xlas Zaubermotiv nicht bloß das ursprüngliche, sondern es begleitet
Die Kalthandlangen. 6^^
fortan die Entwicklung des Götterkultus, und es steigert sich mit der
Größe seines Gegenstandes so lange, bis das Opfer entweder zu einer
bloOen äußeren Form der Betätigung des religiösen Gefühls über-
haupt geworden, oder bis mindestens auch bei ihm der Übergang
eines realen in ein ideales Symbol eingetreten ist. Dieser setzt in der
Tat gerade beim Opfer frühe schon ein, und er vermittelt wesentlich
die tiefgreifenden Wandlungen, die die Opferidee erfahrt. Eine der
wichtigsten Phasen in diesem Wandel wird durch die Auffassung des
Opfers als eines Geschenkes an die Gottheit bezeichnet. In Wahr-
heit ist das ebensowenig das ursprüngliche wie das endgültige Opfer-
motiv. Vielmehr gibt sich das erstere sowohl in der Beschaffenheit
der Opferobjekte wie in den begleitenden Handlungen deutlich als
ein rein magisches zu erkennen. Nicht der äußere Wert der Ob-
jekte ist für die Verwendung zum Opfer entscheidend, sondern ihre
magische Natur. Sie haftet nach der bereits im Mythenmärchen sich
ausprägenden Gradabstufung in erster Linie am Tier, dann in zweiter,
aber wohl nur unter besonderen Bedingfungen der Heiligung, auch
am Menschen. Das Tieropfer und das wahrscheinlich erst mit dem
Zurücktreten totemistischer Anschauungen und unter dem Einflüsse
menschlich gestalteter Götter auftretende Menschenopfer sind daher
die frühesten Formen. Aber auch unter den Tieren sind nur ganz
bestimmte zum Opfer geeignet, und es ist zu vermuten, daß zunächst
die Totemtiere diesen Vorzug genossen haben, wenn auch manche
Verschiebungen frühe schon eingetreten sein mögen, ebenso wie
dies bei der hiermit nahe zusammenhängenden Scheidung der remen
und der unreinen Tiere geschah. Unter den Teilen des Tieres sind
dann weiterhin keineswegs alle gleich geeignet zum Opfer, son-
dern durchgehends stehen das Blut und das Fett allen andern voran.
Beide sind, wie wir wissen, Seelenträger: das Blut als solches, das
Fett der Eingeweide durch die von ihm umhüllte Niere, außerdem
wohl auch dadurch, daß es beim Brandopfer die Flamme nährt, deren
Rauch zu den Göttern aufsteigt. Von den Seelenträgcrn aber wissen
wir, daß sie schon auf Erden von Mensch zu Mensch als Anm-
Ictte und andere Zaubermittel magische Wirkungen ausüben (Tca II,
S. joyfr.i. Ist damit bereits die ursprüngliche Natur d»Op<" »b
eines auf die Götter ausgeübten Zaubers nahegelegt, so DCStlogen das
außerdem die begleitenden Beschwörungsformeln wie nicni oie
W u n d t , Volkerpsychologie H, 3. ^
574 ^^' Ursprang der Religion.
strengen rituellen Vorschriften, die das Opfer umgeben, und die für
eine mag^ische Handlung, die als solche stets an strenge Einhaltung
der Formen gebunden ist, nicht aber für ein frei dargebotenes Ge-
schenk einen Sinn haben. Nachdem sich erst die rituelle Form fbdert
hat, wirkt sie dann freilich durch sich selbst, als geheiligte Über-
lieferung, so daß sie jetzt, wie dies bei dem Bedeutungswandel der
Opferidee tatsächlich geschieht, einen weiteren Inhalt aufnehmen kann.
Für die Art, wie man sich ursprünglich die Seelenträger beim
Opfer wirksam denkt, sind nun offenbar ihre sonstigen magischen
Verwendungen von wegweisender Bedeutung. Von dem Blut, dem
Herzen eines getöteten Menschen zu essen, gilt innerhalb der ani-
mistischen Vorstellungssphäre als ein Mittel, sich dessen Kraft anzu-
eignen. Ebenso hat das Essen von dem Fleisch der Totemtiere eine
rituelle Bedeutung, die auf das gleiche Motiv der Aneignung der in
dem Tier verkörperten seelischen und magischen Kräfte zurücl^eht
(Teil II, S. 15, 247 f.). Aus dem Kreise dieser Anschauungen heraus
kann die Darbietung der Opfertiere und ihrer für den Seeleng^uben
wertvollsten Teile zunächst kaum einen andern Sinn haben als
den, auch auf den Gott die seelischen Kräfte des Opfers wirken zu
lassen und so dessen Willen nach dem Willen des Opfernden zu
lenken. So werden denn auch diese Vorstellungen noch darin
einander näher gerückt, daß die Götter als unsichtbar an der Opfer-
stätte anwesend gedacht werden. Vor allem aber ist es der von dem
Brandopfer aufsteigende Rauch, den auch sie in ihrer himmlischen
Ferne genießen (Teil II, S. 327).
d. Das Opfermahl. Die Heiligung des Opfernden.
Mit diesem nächsten Zaubermotiv verbindet sich nun noch ein
weiteres: seine Rückwirkung auf den Opfernden selbst. Indem
durch diese subjektive Rückwirkung jenes erste Motiv in den Hinter-
grund gedrängt wird, kann dann das Opfer seiner objektiven Be-
deutung entfremdet und mehr und mehr in eine rein subjektive
Heiligungszeremonie übergeführt werden. Dieses weitere magische
Motiv entspringt aus dem Streben, dem Opfertier die Eigenschaften
mitzuteilen, durch die es auf den Willen der Götter einwirken
kann. Solchem Zweck dient schon die Wahl gewisser zum Opfer
besonders bevorzugter Tiere und Körperteile. Dazu kommen zere-
Die Kolthandlangen. 67 c
monielle Vorbereitungen, die dem Opfer eine spezifische Heiligkeit
verleihen sollen. Hier kann bereits die Bestimmung, geopfert zu
werden, ein solches Heiligungsmittel sein. Der heilige Zweck, zu
dem es ausersehen ist, wirkt nach einer auf mythologischem Gebiet
überall wiederkehrenden Assoziation auf das zu opfernde Tier zu-
rück. Diese Wirkung ist es nun aber, die eine weitere wichtige
Folge nach sich zieht. Der Opfernde will selbst an der Heiligkeit
seines Opfers teilnehmen. Ist daher auch das letztere in erster
Linie dem Gott bestimmt, so genießt doch auch der Opfernde von
dessen Fleisch, oder er läßt zwar die bevorzugten Teile dem Gott,
sucht aber mit den übrigen eine der göttlichen nahekommende Heilig-
keit zu gewinnen. So wird das Opfer zum Opfermahl. Dieses
pflegt frühe schon ein so wesentlicher Bestandteil der Opferhandlung
zu sein, daß man in der durch das Mahl hergestellten Gemeinschaft
mit der Gottheit den ursprünglichen Sinn des Opfers gesehen hat.
Nach der gesamten Natur der Anschauungen, zu denen es gehört,
bezweckt aber das ursprüngliche Opfermahl nicht sowohl eine Teil-
nahme an dem Genuß des der Gottheit dargebrachten Opfers — dazu
kann es erst kommen, wenn das Opfer selbst die Bedeutung eines Ge-
schenkes angenommen hat — als vielmehr eine Teilnahme an dem
Zauber, den es auf die Gottheit ausüben soll, und der vermöge der
göttlichen Eigenschaften des Opfertiers überdies zu einer magischen
Wirkung der Gottheit auf den Opfernden wird. Die sprechendsten
Zeugnisse hierfür bieten die Zeremonien, die das rituelle Menschen-
opfer, wo es sich selbst oder in seinen Nachwirkungen erhalten
hat, umgeben. Dabei ist zu bemerken, daß, in so frühe Zeiten auch
jener rohe Kannibalismus zurückreicht, dessen Motiv in der Aneig-
nung der körperlichen wie seelischen Kräfte des Getöteten besteht,
dennoch das rituelle Menschenopfer, wie es nach Überlieferung
oder Sage bei den Kulturvölkern der Alten und der Neuen Welt be-
standen hat, wahrscheinlich eine viel spätere Erscheinung ist, die im
Wendepunkt zweier Zeitalter des Opferkultus liegt. Für den Priinitnrca
ist das Tier gerade in jenen Zaubereigenschaften, die für den \Jt
des Opfers in Betracht kommen, dem Menschen übergeordnet
denn auch das Tieropfer offenbar das ursprüngliche gcwcsea.
weisen besonders die totemistischen Bräuche der Australier »
Traditionen mancher Indianerstämme über das Essen der 10
4ar
-•if*CJj
576 ^cf Ursprang der Religion.
hin. Aber nachdem die Vorstellung von der Überlegenheit der Tiere
geschwunden ist, greift nun die im sonstigen Kultus herangereifte
Bedeutung der Heiligung des Menschen auch auf das Opfer über.
So wird der Mensch selbst zum höchsten Opferobjekt, freilich
noch immer nicht, weil er an sich das wertvollste wäre — die Ver-
'brecher, die nach den uns zugänglichen Überlieferungen zumeist zu
Opfern ausersehen wurden, galten wohl kaum als solche, da sie
ohnedies hingerichtet wurden, — sondern weil sich dem Menschen
vor andern lebenden Wesen jene Heiligkeit mitteilen ließ, die ihn
den Göttern gleichstellte. Abgesehen von den entfernteren Spuren
und den indirekten Zeugnissen in den Kulten der Kulturvölker der
Alten Welt, wie des persischen Sakäenfestes, der römischen Satur-
nalien und ähnlicher, freilich in ihrer Bedeutung stark umgewandelter
Jahresfeste bilden hier vor allem die Menschenopfer im alten Mexiko
belehrende Beispiele. Bei dem großen Fest der Feuergötter wurde
der zu diesem Zweck ausersehene Kriegsgefangene zuerst als der
»Sohn des Sonnengottes« gefeiert, dann, während der Priester
als Symbol der Erneuerung der Sonne die Zeremonie der Feuer-
bohrung verrichtete, durch Herausreißen des Herzens, also wiederum
eines wichtigen Seelenträgers, getötet und verzehrt. Hier ist es augen-
scheinlich, daß der Geopferte selbst als ein Repräsentant des nebenbei
im Symbol der Feuerbohrung anwesend gedachten Sonnengottes
gilt. Als solcher übt er ebenso auf den neuerstehenden Gott, den
Sohn des alten Jahresgottes, wie auf diejenigen, die von dem Opfer ge-
nießen, eine magische Wirkung aus, die bei den letzteren eben darin
besteht, daß sie selbst dadurch vergöttlicht werden. Dieses Menschen-
opfer wurde dann aber in einer späteren Zeit in einer doppelten
Form abgelöst*). Einerseits trat ein Speiseopfer an seine Stelle, viel-
leicht das ursprünglichste, das im Götterkultus vorkommt: ein den
Gott darstellender Kuchen wurde von den Opfernden verzehrt. Ander-
seits bot das Tier Ersatz für den Menschen. In beiden Fällen behielt
das Opfer zunächst seine magische Bedeutung bei. An der Gestalt
haftet ja nach altem Seelenglauben die Seele selbst: hier also ist der
in Mehl nachgebildete Gott der Stellvertreter des wirklichen Gottes.
*) Preußj Der Ursprung der Menschenopfer in Mexiko, Globus, Bd. 86, 1904,
S. 108 ff".
Die Kalthandlangen. 577
Das Tier aber hat sich, wie die begleitenden Weihezeremonien ver-
raten, durch diese die heilige Bedeutung zurückerobert, die es in
dem früheren, totemistischen Zeitalter des blutigen Opfers von selber
besessen. Immerhin drückt sich die veränderte Stellung darin aus,
daO, wie dies so deutlich die Abram-Isaaklegende lehrt, auch hier
der Gedanke der Stellvertretung sich einschob. Wie dort das Bild
stellvertretend für den Gott ist, so hier das Tier für den Menschen.
Doch indem außerdem beim Menschenopfer der Geopferte selbst un-
mittelbar dem Gott geheiligt und dadurch vergöttlicht war, ging in
das Tieropfer die Idee der Stellvertretung in doppelter Richtung ein:
es vertrat den Menschen und den Gott zugleich^ und es stellte so die
magische Vereinigung zwischen beiden her.
Diese Vereinigfung findet ihren Ausdruck im Opfermahl, von
dem der Opfernde und der Gott genießen. Auch diese Gemein-
schaft ist ursprünglich volle Wirklichkeit, imd wenn sie unter dem
Einfluß der allmählich die Oberhand gewinnenden unnahbaren Er-
habenheit Gottes nach und nach zum Symbol wird, so bleibt doch
auch dieses noch ganz ein reales, magisches Symbol. In dem Blut
des Opfertiers bleibt der Gott selbst gegenwärtig. Damit tritt der
Gott ein in die durch das gemeinsame Mahl repräsentierte Gemein-
schaft der Opfernden. Zugleich aber wird der Opfernde der Gottheit
verwandt, indem er von dem Opfer genießt, in dem sie anwesend
ist. Beide Motive sind auf dieser Stufe der magischen Symbolik
wohl stets nebeneinander wirksam, mag auch bald das eine bald
das andere im Vordergrund stehen. So hat bei den Israeliten vor-
nehmlich die Idee des im Opfermahl geschlossenen Bundes mit der
Gottheit, in den antiken Mysterienkulten die der Heiligung und
Vergöttlichung des Opfernden ihre Ausbildung gefunden. Indem
jedoch diese beiden neuen Motive das ursprüngliche des auf die
Gottheit ausgeübten direkten Zaubers, aus dem sie hervorgegangca,
allmählich verdrängen, steigert sich in ihnen zugleich die Erfaabea-
heit der Göttervorstellungen. Je gewaltiger der Gott wird, um so mdH-
schwindet die Hoffnung einer in die Hand des Menschen
Zauberwirkung, die einen Zwang auf den Willen des Gottei
könnte. Dieser Zwang wandelt sich jetzt in den Wunsch «
Gunst zu gewinnen, damit er drohendem Unheil vorbeuge wmd lc2n>-
tigc Geschicke zu glücklichem Ausgfang wende. So wamfäA mA znt
Die Kalthandlnngen. 67 Q
geben für viele« (Mark. 10, 45). Hier ist mit dem Begriff des Ge-
schenkes zugleich der andere der Stellvertretung verbunden, wie wir
ihn in der doppelten Form einer Hingabe an Stelle des Opfernden
und einer Vertretung der im Opfer anwesend gedachten Gottheit
selbst sich entwickeln sahen. Das Christentum vereinigt beide Seiten.
Denn Christus ist gleichzeitig der Mensch, der sich fiir andere hin-
gibt, und der Gott, der im Opfer wirksam ist. Indem hier der Mensch
und der Gott eins sind, erhebt sich dann zugleich jenes jüdische
Versöhnungsopfer zu dem Gedanken der Welterlösung. Wie der
einzelne für seine Sünde zahlt mit dem Blut des Opferlamms, so ist
Christus das >Lamm, das der Welt Sünden trägt« (Joh. i, 29). Dieses
Wort des Johannesevangeliums gemahnt aber noch an einen andern
Ritus, in welchem der Gedanke der Stellvertretung neben dem eigent-
lichen Opfer in einer weiteren, nicht minder an einstige Scelenvor-
stellungen erinnernden Form seinen Ausdruck gefunden hatte. Der
in die Wüste gesandte Bock trägt die Sünden des Volkes mit sich
fort (vgl. oben S. 329). Hier hat die Idee der Stellvertretung zu-
sammen mit der uralten Vorstellung der Seelenübertragung zu einer
Reinigungszeremonie geführt, die daneben den Charakter eines un-
blutigen Opfers an sich trägt: das in die Wüste gesandte Opfertier
entfernt, ähnlich der Lustration durch Wasser oder Feuer, die be-
fleckende Sünde aus der körperlichen Nähe des Opfernden.
c. Das Opfer als Geschenk an die Gottheit Der Opfertod.
Andere Erweiterungen der Opferidee, die mit der Umwandlung
der Vorstellung eines magischen Zwangs auf den Willen der Gott-
heit in die des Wunsches und der Bitte verbunden sind, ergeben sich
mit innerer Notwendigkeit aus dem damit in den Vordergrund ge-
hobenen Motiv des Geschenks. An dieses ist untrennbar der des
Wertes geknüpft. Hier wird, gemäß der Übertragung menschlicher
Verhältnisse auf den Verkehr mit den Göttern, unvermeidlich die
wertvollste Gabe zum wirksamsten Opfer. Doch das niemals ganz
schwindende magische Motiv scheidet trotzdem von frühe an zwischen
irdischen und göttlichen Werten, — eine Scheidung, die, anfäx^Uch
wohl geringfügig, schließlich zur Kluft sich erweitem kann. Nicht
auf die Quantität, auf die Qualität der Gabe kommt es an. Diese
ist aber bei der Opfergabe in erster Linie von der Heiligkeit ab-
680 I^cr Ursprung der Religion.
hängig, die ihr entweder von Natur, oder die ihr durch die der Feier
vorausgehenden Reinigung^ und Weihezeremonien zukommL So ist
schon in der Zeit des Menschenopfers, nachdem dieses die Form des
Kindesopfers angenommen hat, der Erstgeborene das durch seine
Geburtsvorrechtc geheiligte Opfer. An seine Stelle tritt dann der
erste Wurf der Herde, dem später die ErsÜinge der Ernte folgen. Es
sind Objekte, auf denen der Segen eines göttlichen Vorzugs ruht, und
die daher die den Göttern wohlgefälligsten Gaben sind. Damit ist
noch eine andere Metamorphose eingetreten: das blutige Tieropfer,
das vorherrscht, so lange der Opferkult ein reiner Zauberkultus ist,
wird zunächst teilweise und schließlich ganz abgelöst von andern
Opfergaben. Zu den 'Früchten des Feldes tritt das Speiseopfer.
Der besondere Wert dieses Opfers, der ihm in den Ländern früher
Kultur, in China, Babylon und besonders in hidien weite Ver-
breitung verschafft hat, liegt sichtlich darin, daß der Mensch in ihm
das zum eigenen Leben Unentbehrlichste der Gotdidt darbietet Da-
mit ist dann freilich auch eine Abschwächung aller dieser Formen
des Geschenkopfers nahegelegt, die an jene uralten Totenopfer an-
knüpft, bei denen der Tote zunächst mit den wirklichen Geg^enstän-
den, deren er im Jenseits bedarf, dann aber mit symbolischen Nach-
bildungen derselben ausgestattet wird, von denen man zunächst noch
hofft, daß sie sich im Jenseits in die wirklichen Objekte zurückver-
wandeln, um endlich, indem in diesem Fall frühe schon die reale
einer idealen Symbolik weicht, in ihnen nur noch einen Ausdruck
des eigenen fortdauernden Gedankens an die Verstorbenen zu sehen
(Teil II, S. 356 f.). So ist auch das Speiseopfer frühe schon ein Symbol
geworden, das dann allerdings noch lange Zeit durch die ihm mit-
geteilte kultische Weihe seine reale Bedeutung bewahrt hat Dem
Speiseopfer schließt sich endlich das Trankopfer an, in welchem
zwei Motive zusammenwirken. Einerseits wird es beim * imblutigen
Opfer Ersatzmittel des Blutes, dessen Eigenschaft als magisch wir-
kender Seelenträger auf jenes übertrs^en wird. Anderseits wird die
Wahl des Opfertrankes von den subjektiven Wirkungen bestimmt,
die er auf den Opfernden ausübt. Der Somasaft, der Wein, sie ver-
danken ihre Verwendung zum Opfer ihrer berauschenden Wirkung.
In der Ekstase, die sie hervorbringen, betätigen sich dieselben seeli-
schen Kräfte in gesteigertem Grade, als deren Sitz das Blut gilt,
Die Knlthandlangen. 53 j
und sie bewahren diese Eigenschaft auch dann noch, wenn diese
stellvertretende Beziehung zum Blute geschwunden ist. Doch diese
Wirkung führt wiederum zur Vorherrschaft der subjektiven über die
objektiven Opfermotive, wie wir sie schon im Opfermahl, teils in
der Vorstellung der Gemeinschaft mit der Gottheit, teils in der der
eigenen Heiligung, eintreten sahen. Der genossene Opfertrank er-
zeugt beides: er erhebt den Ekstatiker in die Gemeinschaft der
Götter, und er läßt ihn die Vergöttlichung seiner eigenen Seele
empfinden. Damit wird das Trankopfer zu einem der wichtigsten
Vehikel für die Umwandlung des Opfers überhaupt in eine Heiligungs-
zeremonie.
Von einer ganz anderen Seite her kommt nun diesem Erfolg der
Selbstaufhebung des eigentlichen Opfers durch die Idee der eigenen
Läuterung und Erhebung die Askese entgegen, die, wie wir früher
sahen (Teil 11, S. 342 ff.), ihrem Wesen nach ein Opfer ist, bei dem
der Mensch sein eigenes Selbst hingibt. Bezeichnet die Askese in
Fasten, Entbehrungen und freiwillig erduldeten Schmerzen scheinbar
den äußersten Gegensatz zum Speise- und Trankopfer, so sind doch,
in den Wirkungen, die sie hervorbringen, beide einander nahe ver-
wandt. Die Askese kann eine Ekstase erzeugen, welche der aus dem
Orgiasmus des Opfermahls oder der Erregung durch den Opfertrank
bewirkten nicht nachsteht. Mehr noch als bei diesen tritt aber bei
ihr die subjektive Heiligung als das vorherrschende und zuletzt als das
einzige Opfermotiv zu Tage.
Auch in dieser Entwicklung fehlt es jedoch nicht an Hemmungen,
die jene Vergeistig^g und die damit verbundene Überführung des
Opfers in eine reine Heiligimgszeremonie zurückhalten oder in der
letzteren nachwirken können. Die mächtigste dieser Hemmungen
geht unverkennbar von dem gleichen Motiv aus, das durch die Ver-
drängung der ursprünglichen rohen Opferformen, namentlich des
Tier- und des Menschenopfers, das seinige zur Veigcistigung der
Opferidee beigetragen hat: von dem Motiv des Geschenks. Indem
die Opfergabe als eine Leistung aufgefaßt wird, für die der Opfernde
eine Gegenleistung von der Gottheit erwarten darf, wird das Opfer
der Idee eines Handelsgeschäfts zwischen dem Menschen und der
Gottheit bedenklich nahe gerückt, eine Gefahr der Veraußerlichung,
die auch das Gebet mit sich führen kann, die aber doch dem Opfer als
682 I^c' Urspning der Religion«
einer äußeren Handlung am meisten anhaftet. Mit besonderer Schärfe
hat diese notwendige Folge der Auffassung des Opfers als eines Ge-
schenks der israelitische Kultus hervortreten lassen. Sie fehlt aber auch
dem Christentum, namentlich in der dogmatischen Form, in der Paulus
die Lehre von der Erlösung begründet hat, nicht, wenngleich schon
der israelitische Priesterkodex und noch eindringlicher Paulus in Über-
einstimmung mit den Evangelien auf die innere Läuterui^ der Seele
als das notwendige Komplement der äußeren Lösung der Schuld hin-
weist. Ihren sprechenden Ausdruck finden diese Folgerungen der
Geschenktheorie gerade in ihrer Anwendung auf die Erlösung der
Menschheit durch Christus. Scharfsinnig hat diese Folgerung der
große Scholastiker Anseimus von Canterbury in seinem berühmten
Beweis des Erlösungsdogmas gezogen. Die unendliche Schuld bedarf
einer unendlichen Gabe zu ihrer Lösung, also mußte Gott selbst
sich hingeben, um diese Schuld zu tilgen. Eigentlich ist das kein
von dem Scholastiker erfundener Beweis, sondern nur die Wieder-
gabe eines Gedankens, der dem Urchristentum als ein selbstverständ-
licher galt. Wie der einzelne seine kleine Schuld abzahlt in dem
Blut des Lamms, das er opfert, so werden die Sünden der ganzen
Menschheit abgetragen durch das unendlich wertvolle Opferblut Jesu.
Diese Anlogie ist für jeden bindend, der an die ms^che Kraft des Blut-
opfers glaubt, und mit Unrecht macht man daher der Scholastik diese
Veräußerlichung des Opferbegriffs zum Vorwurf. Etwas von dem
jus talionis dieser Betrachtung steckt schon, als eine notwendige
Folge des überkommenen Opferbegriffs, in dem christlichen Erlösimgs-
gedanken. Aber darin hat die Scholastik dennoch gefehlt, daß sie
in ihrem einseitigen Intellektualismus für alle andern Motive, die sich
von frühe an mit jenem äußerlichen gemischt hatten und es schließlich
ganz in den Hintergrund drängten, kein Auge besaß. Sie hat da-
mit zugleich den Beweis geliefert, daß der Intellektualismus unzuläng-
lich ist, um irgend eine der großen Schöpfungen des menschlichen
Geistes, und vor allem um die der Religion zu begreifen. Das Ge-
schenkmotiv hat in der christlichen Gemeinde nicht durch die Kom-
pensation von Schuld und Sühne, sondern durch das Gefühl der sich
selbst hingebenden Liebe seine Wirkung geübt, und diese Wirkung
hat sich mit allen den andern Motiven verbunden, die der Opfer-
idee von so vielen Seiten her zugeführt waren, und die oben auf-
Die Kulthandlungen. 683
zuzeigen versucht wurde. Alle diese Motive vereinigten sich in dem
einen Gedanken des Opfers als eines magisch-mystischen Symbols,
in dem die einzelnen Elemente zu einem untrennbaren Ganzen ver-
schmolzen waren. Dieses löste in seiner Gesamtwirkung das lebendige
Gefiihl der Einheit des Menschen mit Gott aus, und es fand in dem
Glauben an den als Mensch unter Menschen wandelnden, selbst die
Gottheit auf Erden darstellenden Gottmenschen Qiristus seine Bekräf-
tigung. Dies Symbol war in allen seinen Teilen ein magisches, aber
es trug zugleich in allen seinen Teilen die Fähigkeit in sich, in ein
ideales sich umzuwandeln. Der erste Schritt auf diesem Wege be-
stand darin, daß der vermöge dieser magischen Bedeutung dem Opfer
eigene Gedanke einer objektiven Wirkung zum Heil des Opfernden
von Anfang an sich mit dem andern der subjektiven heiligenden
Rückwirkung auf ihn selber verband, um schließlich ganz in diesem
unterzugehen. So sind von allen Seiten gegen jene veräuOerlichenden
Motive, die das Opfer mit sich führte, reagierende geistige Kräfte
wirksam geworden, die in ihrem Enderfolg die völlige Aufhebung
des eigentlichen Opfers durch seinen Übergang in eine Heiligfungs-
zeremonie erstrebten. Daneben mögen dann immerhin in der Wirk-
lichkeit Reste der alten Opferidee ebenso gut weiterbestehen, wie
der primitive Seelen- und Zauberglaube teils in seinen ursprünglichen,
teils in mannigfach umgewandelten Formen wahrscheinlich nie ganz
verschwinden wird.
f. Die Heiligungszeremonien. Reinigung und Sühne.
Dem Opfer als einem nach außen gerichteten Tun, das dämonische
oder göttliche Mächte zu bezaubern, günstig zu stimmen oder zu
versöhnen sucht, steht die Heiligfungszercmonie ab eine Kulthandlung
gegenüber, die den Handelnden selbst zu ihrem Gegenstand hat. Sie
will ihn befreien von der schädigenden Einwirkung böser Dämonen
oder von der Schuld, die er sich durch eigene Verfehlung zugezogen,
oder sie will ihn endlich zu einem geläuterten, die Mängel der sinn-
lichen Natur überwindenden Dasein erheben. Der Stufenleiter dieser
Zwecke entsprechend sondern sich die Heiligungszeremonien in zwei
Unterformen. Davon hat die erste lediglich defensive und prohibi-
tive Zwecke : das eigene Selbst reagiert gegen die magischen Kräfte,
die es geschädigt haben oder zu schädigen drohen, um unversehrt in
684 ^' Urspnmg der Retigion.
seinem früheren Zustand erhalten zu bleiben. Die zweite ist auf eine
innere Umwandlung des eigenen Selbst gerichtet: dieses strebt nach
einer geistigen Erhebung über das sinnliche Dasein, durch die es der
Gottheit nahekomme. Wir können danach die erste Form als die der
Reinigungs-, die zweite als die der Vergöttlichungszeremonien
bezeichnen. Unter ihnen sind die ersteren in ihren drei Unterformen der
Lustration durch Wasser, durch Feuer und durch Übertragungy da sie
in ihren Anfangen in das Gebiet des vorreligiösen Kultus zurückreichen
und mit den Seelen- und Tabuvorstellungen auf das engste zusammen-
hängen, bei diesen bereits betrachtet worden. Hier bleibt uns daher
nur übrig, dem Bedeutungswandel nachzugehen, den diese anfänglich
durchaus dem primitiven Zauber- und Dämonenglauben entspringen-
den Handlungen bei ihrer Übernahme in den religiösen Kultus er-
fahren, sowie die Beziehungen zu untersuchen, die zwischen diesen
an sich rein negativ gerichteten Kulthandlungen und den positiven
der eigentlichen Heiligung oder Vergöttlichung stattfinden').
Indem unter den drei erwähnten Formen der Lustration die durch
das Wasser die Oberhand gewinnt, geschieht dies vor allem auch in
dem Sinne, daß jener Wandel der Anschauungen, der die Handlung
aus einer reinen Abwehr dämonischer Zaubermächte in eine wirk-
liche Heiligungszeremonie überfuhrt, hauptsächlich bei der Wasser-
lustration sich vollzieht. Weim nun das wesentliche Moment dieser
Veränderung zumeist darin gesehen wird, daß die ursprünglich rohe,
sinnliche Form der Handlung allmählich ihrer sitmlichen Bedeutimg
entkleidet und in das Symbol eines inneren geistigen Vorgangs über-
geführt werde, so trifft übrigens dies höchstens für die Endglieder
des ganzen Prozesses zu; die Zwischenglieder, in denen die psycho-
logischen Motive des Vorgangs zu einem wesentlichen Teile ent-
halten sind, werden dabei übersehen. Hier ist aber vor allem das
eine bedeutsam, daß in der Auffassung der Reinigungszeremonie
eine assoziative Verschiebung der Vorstellungen eintritt, wie sie auch
sonst noch, vor allem im Gebiet der Sprache und Sitte, tiefgreifende
Wandlungen des geistigen Gehalts der in ihrer äußeren sinnlichen
Form unverändert bleibenden Erscheinungen herbeiführt. Bei der
*) Zur aUgemeinen Entwicklungsgeschichte der Remigangszeremonien vgl. Teil II,
S. 318 ff.
Die KalthandluDgen. 53 e
ursprünglichen Lustration liegt der Zweck der Handlung ganz in der
reinigenden Wirkung, die das Wasser vermöge seiner natürlichen
Eigenschaften ausübt. Nicht dem Wasser als solchem kommt hier
die magische Kraft zu, sondern der Beseitig^ung der Spuren, die die
Berührung mit dem unreinen oder mit dem durch dämonische Kräfte
schädigenden Objekt zurückließ. Darum ist auf dieser primitiven
Stufe die Herkunft des zur Lustration dienenden Wassers gleichgültig.
Das ändert sich, sobald das Tabu dämonisch wirkender Gegenstände
unter dem Einfluß der Göttervorstellungen in das Tabu des Gött-
lichen übergeht, das dem Menschen Unheil bringt, nicht weil es ihn
verunreinigt oder direkt schädigt, sondern weil umgekehrt er selbst
den Gegenstand durch seine Berührung verunreinigt oder entheiligt.
Jetzt bedarf vielmehr das Götterbild oder der geheiligte Ort, die durch
solche verbotene Berührung geschädigt wurden, selbst einer Lustration
zur Beseitigung der an ihnen haftenden Befleckung. Derjenige da-
gegen, der sich der Verletzung eines solchen Tabu schuldig gemacht
hat, bedarf nicht der Reinigfung, sondern der Sühne. Eine solche
kann nun auf doppeltem Wege geschehen: entweder indem er durch
eine nach außen gerichtete Handlung die Gottheit versöhnt, also
durch das Opfer, oder indem er selbst einer neuen, in ihrer Be-
deutung wesentlich veränderten Form der Lustration unterworfen
wird. Sie besteht in der Reinigung von einem Frevel, der, weil er
ein innerlicher des gegen ein göttliches Gebot handelnden Willens
ist, überhaupt nicht durch äußere Mittel, sondern nur durch innere
beseitigt werden kann. Dazu bedarf es nicht einer Veränderung
der äußeren sinnlichen BeschaflTenheit des Reinigungsmittels, sondern
seiner geistigen Bedeutung: das Wasser muß selbst magische Kräfte
in sich tragen. Daher von nun an besondere heilige Quellen oder
Flüsse als die Spender solch magisch wirkenden Wassers gelten.
Dieser Wandel vollzieht sich aber, wenn jene neuen Bedingungen
einer spezifischen Heiligkeit zum religiösen Kultus gehörender Gegen-
stände eintreten, um so leichter, als dabei die an die Lustrationszcrc-
monie gebundene Vorstellung der magischen Wirkung nur von dem
äußeren Effekt auf das Mittel, das diesen Effekt hervorbringt, über-
geht. Diese Vertauschung der Kausalglieder geschieht im Bereich
der Zaubcrkausalität gerade deshalb so leicht, weil an und für sich
schon auf der ganzen Handlung die Bedeutung des Magischen ruht,
586 ^c' Ursprung der Religion.
SO daß es sich hier nur um eine Verschiebung des Schwerpunktes
eines über dem Ganzen ruhenden Zaubers handelt Damit ist
aber zugleich die Reinigfungszeremonie zu einer eigentlichen Heili-
gungszeremonie geworden, die trotz der Ähnlichkeit ihrer äußeren
Form und trotz ihrer genetischen Abhängigkeit von der Lustration
im alten Sinne ihrem Wesen nach ein neuer kultischer Akt ist, der
jetzt erst die Bedeutung eines religiösen Kultaktes angenommen hat,
was er zuvor nicht gewesen war. Auch ist damit, insofern der
materielle Entsühnungsakt eine rein geistige Bedeutung gewonnen
hat, die Handlung zu einem Symbol geworden. Dieses ist aber ganz
und gar ein reales magisches Symbol imd nimmt als solches
neben dem Opfer und dem Gebet eine wichtige Stellung des reli-
giösen Kultus ein. Es birgft dann freilich, wie alle realen Symbole,
die Fähigkeit in sich, mit der zunehmenden Vergeistigfung der reli-
giösen Ideen und der damit Hand in Hand gehenden Verdrängung
der Zaubervorstellungen in ein ideales Symbol in dem oben erör-
terten Sinne überzugehen (S. 680, 683).
Zunächst bleiben jedoch als Handlungen, die unter dem gleichen
Zeichen m^scher Symbolik stehen, Opfer und Lustration eng an-
einander gebunden. Beide bilden die sich ergänzenden Teile einer
einzigen Kultzeremonie, die, wie Objekt und Subjekt in der sinn-
lichen Anschauung, zusammengehören. Hieraus erklärt sich denn
auch ohne weiteres die Erscheinung, daß in manchen Fällen beide,
Opfer und Lustration, tatsächlich in der Kulthandlung völlig ver-
schmelzen können. So weiht Mose den Aaron und dessen Söhne,
indem er Ohr, Daumen und große Zehe der rechten Seite mit
dem Blut des Opfertiers bestreicht (3. Mos. 8, 23 f), eine Zeremonie,
bei der offenbar das Opferblut zugleich als magisches Lustrations-
mittel dient. Aaron selbst aber schlachtet am großen Sühnetag
von zwei Böcken den einen, um mit seinem Blut den Altar zu
besprengen und diesen so von der Unreinheit der Israeliten zu
reinigen, indes er den andern mit den Sünden des Volkes in die
Wüste schickt (3. Mos. 18, 14 fr.) — eine Zeremonie, die das Opfer,
die Reinigung mit Opferblut an Stelle des Wassers und die Reinigung
durch Übertragung in sich schließt. Daß auch den Griechen eme
solche Vereinigung von Opfer und Lustration nicht fremd war, be-
zeugt das zürnende Wort Heraklits: »Reinigung von Blutschuld suchen
Die Kalthandlungen. 5g y
sie vergeblich, indem sie sich mit Blut besudeln, wie wenn einer, der
in Kot getreten, sich mit Kot abwaschen wollte« (Herakl. fr. 5 Diels).
Bezeichnend für diese Umwandlung der Reinigungsmittel zu Trägem
magischer Wirkungen ist es übrigens auch, daß die Waschung nun-
mehr der Besprengung Platz zu machen pflegt. Dient die ein-
fache Waschung der Beseitigung einer Befleckung, so gibt die
Besprengung der in der verwendeten Flüssigkeit wirksam ge-
dachten Einwirkung magischer Kräfte einen sinnlichen Ausdruck. In
diesen Verbindungen von Opfer und Reinigung bereitet sich aber
zugleich jener Übergang vor, den wir oben bereits in der Entwick-
lung der Opferhandlungen sich vollziehen sahen. Gleich dem Opfer
wird der Reinigungsakt zu einer Heiligungszeremonie, deren vor-
herrschender und schließlich einziger Zweck in einer magischen
Wirkung auf die Kultgemeinschaft und deren einzelne Mitglieder
besteht.
Gleichwohl bleibt auch nach diesem Übergang innerhalb des
gesamten Umfangs der Heiligungszeremonien der Lustration ihr be-
sonderes Gebiet gewahrt. Ihr Zweck ist der höchsten Form der
Heiligung, der Vergöttlichung gegenüber ein vorbereitender: sie will
entsündigen, um dadurch freien Raum zu schafien ftir die wirkliche
Erhebung der Seele zur Gottheit* Jener Reinheit der Seele, welche
die Vorbedingrung ihrer Vergöttlichung ist, stehen aber Hindemisse
im Wege. Sie sind in der sinnlichen Natur des Menschen begründet
und äußern sich auf religiösem Gebiet in der Verfehlung gegen die
Gebote des religiösen Kultus, oder, was infolge der Auflassung des
Kultus als einer religiösen Pflicht damit gleichbedeutend ist, in einer
Verfehlung gegen die Gottheit. Wir bezeichnen eine solche als
Sünde oder als religiöse Verschuldung. Ihr steht die soziale
Verschuldung als ein ergänzender Begriff" gegenüber, der den Ver-
stoß gegen die Normen der Sitte oder der bürgerlichen Rechtsord-
nung in sich schließt Beide zusammen, die religiöse und die soziale
Verschuldung, bilden demnach den allgemeinen Begriff" der Schuld.
Nun entziehen sich in der Wirklichkeit diese Formen der Schuld,
die religiöse wie die soziale, vor allem deshalb einer sicheren Schei-
dung, weil schon auf einer verhältnismäßig frühen Stufe der Kultur
der Bruch der Rechtsordnung, falls er nicht bloß als eine zwischen
den Einzelnen oder ihren Sippen auszumachende Streitsache gilt.
588 ^c' Ursprong der Religion.
und der gröbere^ Verstoß gegen die Sitte im allgemeinen zugleich
als religiöse Verfehlungen angesehen werden. Die schuldhafte Hand-
lung pflegt daher eine Verfehlung gegen die soziale und g^en die
religiöse Ordnung zugleich zu sein, und fiir die Sünde im engeren
und ausschließlichen Sinne bleibt nur die Übertretung gewisser
äußerer Kultusvorschriften als ein ihr allein zugehöriges Gebiet übrig.
Immerhin pflegt sich innerhalb der so gezogenen weiten Grenzen
religiöser Verfehlung das Gebiet, das neben ihr eine soziale Ver-
schuldung in sich schließt, von dem andern, das speziell als eine
Versündigung gegen die Gottheit empfunden wird, noch in den Kult-
formen, die der Buße für diese Verfehlungen bestimmt sind, zu
scheiden. In diesem Sinne trennte sich bei den Israeliten das Sühn-
opfer in die beiden Formen des »Sündopfers« und des »Schuldopfers«;
und es war ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal beider, daß
das Sündopfer in einer gemeinsamen Feier bestand, bei der das ganze
Volk für die im vergangenen Jahr begangenen kultischen Vergehen
das Opfer darbrachte, während das Schuldopfer jeweils von dem ein-
zelnen Schuldigen geleistet werden mußte (3. Mos. 5 und 16)^. Das
entspricht der Tatsache, daß der Rechtsbruch zumeist ein Vergehen
ist, das von einzelnen gegen einzelne begangen wird, und bei dem
daher auch die Verfehlung gegen die Gottheit nur das begleitende
Motiv einer Sühneleistung ist, die der Schuldige zimächst denfi Ge-
schädigten zu gewähren hat. Die Verfehlungen gegen die Gottheit
selbst und gegen die unter ihrem Schutze stehenden Kultgebote
werden dagegen, auch wo sie von einem einzelnen herrühren, doch
zugleich als ein Teil jener allgemeinen Pflichtverletzung empfunden,
die das Volk seinem Gott gegenüber begangen hat.
Suchen wir hiernach diese im allgemeinen Bewußtsein freilich
niemals ganz verwirklichte, doch in solchen und ähnlichen Unter-
scheidungen angedeutete Sonderung der Begriffe festzuhalten, so
bietet das Verhältnis, in welchem beide Formen der Verfehlung
jeweils zueinander stehen, Veränderungen, die für den Verlauf der
religiösen wie der sittlichen Entwicklung höchst bedeutsam sind. Der
allgemeine Gang dieser Veränderungen läßt sich in die Formel zu-
sammenfassen: mit der völligen Trennung der Gebiete beginnt die
') W. R. Smith, Die Religion der Semiten, S. 164.
Die Kalthandlangen. 68o
Entwicklung, sie schreitet fort zu ihrer anfanglich beschränkten, dann
zunehmenden Kreuzung, um von da aus einem Höhepunkt zuzustreben,
wo beide Gebiete völlig zusammenfallen. Diesen Höhepunkt freilich
erreicht sie niemals ganz oder doch höchstens innerhalb des Um-
kreises beschränkter religiöser Gemeinschaften. Vielmehr stellt sich
schlieOlich ein Zustand relativer Stabilität her, wo die schwereren
religiösen zugleich als soziale Verschuldungen gelten, imd ebenso
umgekehrt, während auf der religiösen Seite ein für die soziale Ord-
nung und auf der sozialen ein für das religiöse Interesse gleichgül-
tiger Rest bleibt.
Es sind vornehmlich die ersten dieser Stadien, in denen sich die
Erscheinungen anfänglicher Trennung und dann allmählich eintreten-
der Verschmelzung religiöser und sozialer Normen verfolgen lassen.
Auf der primitivsten Stufe, wie sie hier durch die Eingeborenen
Zentralaustraliens, Melanesiens und durch manche afrikanische Stämme
repräsentiert wird, ist die Scheidung eine vollständige. Innerhalb des
Kultus, der freilich noch ganz der vorreligiösen Form des Dämonen-
und Zauberglaubens angehört, herrscht die ängstlichste Scheu vor
jeder Abweichung von der hergebrachten Regel. Eine solche Ver-
fehlung ist früher oder später von schwerer Schädigfung an Leib und
Leben gefolgt. Auf der andern Seite smd diese primitiven Stämme
keineswegs so arm an sittlichen Regeln, wie man gewöhnlich glaubt.
Abgesehen von manchen oft überraschend einsichtigen Klugheits-
maximen, gelten Treue gegen den Genossen, Achtung seines Eigen-
tums, meist auch seines Weibes, endlich Gehorsam gegenüber den
älteren Stammesmitgliedem durchweg als anerkannte Grundsätze des
Handelns'). Aber zu den Kultvorschriflen stehen diese sozialen
Normen außer Beziehung, wenn sie auch, ähnlich den frühesten
Kulturgütern, meist auf die Unterweisung durch einstige Heilbringer
zurückgeführt werden. Auch die Folgen der Übertretung sind in
beiden Fällen gänzlich abweichende. Der Verfehlung gegen das
soziale Gebot folgt in leichteren Fällen die Mißachtung der Genossen,
in schwereren die Tötung oder Ausstoßung aus dem Stammesverband.
Der Verletzung der Kultregeln folgt Krankheit und anderes auf dämo-
») Vgl. raeine ZasammensteUang solcher Maximen in dem Artikel Anfinge der
Philosophie und Philosophie der primitiven Völker, Knltur der Gegenwart, Abt. VI,
Teil n.
Wundt. Vöikerpsycholofie II, 3. 44
Die Kalthandlnngen. 5oi
außerhalb des Gebiets religiöser Betätigfung und ihrer Vorstufen im
auOerreligiösen Kultus liegen: sie sind Erzeugnisse des sozialen Lebens,
die in den von Anfang an den Verkehr beherrschenden Trieben der
Neigung und des Hasses, des Schutzes der eigenen Existenz und der
Vereinigung mit den Genossen ihre Quelle haben. Aber diese Ent-
wicklung zeigt auch, daß solche Anfänge im Grunde ebenso einem
> vorsittlichen« wie die begleitenden religiösen Äußerungen einem
»vorreligiösen« Stadium angehören. Erst in dem Augenblick, wo der
Götterkultus alle Lebensverhältnisse ergreift, bemächtigt er sich mit
unwiderstehlicher Gewalt auch jener dürftigen Normen, die aus den
natürlichen Bedingungen des Zusammenlebens und den allgemeinsten
in diesem Zusammenleben erwachsenen Geftihlen entspringen. Hier
wird es nun aber zu dem hervorstechenden Zug dieser aus der
Wechselwirkung der sozialen und der religiösen Triebe hervorgehenden
Weiterentwicklung, daß beide Faktoren zunächst noch teilweise in
die Schranken der äußeren Zwangsmotive gebannt bleiben, denen sie
in ihrer vorangegangenen Trennung unterworfen waren. Wohl werden
nun jene primitiven Sittengebote nicht mehr bloß als ererbte Lebens-
gewohnheiten, sondern als göttliche Gesetze angesehen. Als innere,
in der Natur der Handlungen selbst gelegene Motive gelten sie aber
hier so wenig wie dort. Und wohl wird jetzt die Verletzung der
Kultusvorschriften qualitativ als etwas anderes empfunden gegenüber
jener religiösen Schuld, die zugleich eine soziale Verschuldung ist
Aber in beiden Fällen haftet noch die Vorstellung der Verschuldung
an der äußeren Form der Handlung, und demzufolge ist man um
so mehr geneigt, die Verfehlung gegen den Kultus, weil sie direkter
gegen die Gottheit gerichtet ist, auch als die schwerere zu betrachten.
Darum furchtet man bei ihr vor allem die furchtbareren und unab-
wendbareren Strafen der Götter, die in dieser Beziehung die unheim-
liche Macht der Dämonen übernehmen: sie strafen den einzelnen
Sünder mit Krankheit und Trübsal jeder Art, den Herrscher oder das
Volk in seiner Gesamtheit, wenn es den Kultus vernachlässigt, mit
Pest und Hungersnot, indes das soziale Verbrechen durch geringere
weltliche Strafen und, insoweit es zugleich eine religiöse Verschuldung
ist, durch Bußgebet und Opfer gesühnt werden kann.
Indem nun aber auf solche Weise beiderlei Motive in Wechsel-
wirkung treten, steigern und vertiefen sie sich gegenseitig. Das Ver-
44*
Die KuIthandlaDgen. 693
tion von selbst ihre frühere Stellung, um eine nicht minder wichtige,
aber gegenüber den höheren Zielen, die sich jener höhere Seelenkult
stellt, doch relativ zurücktretende, bloß vorbereitende einzunehmen.
So lange die göttliche Strafe den Sünder schon im Diesseits erreichte,
konnte die Lustration, unterstützt durch Bußgebet und Sühnopfer,
genügen, um den Frommen vor der Gottheit zu rechtfertigen. Der
Seele, die selbst nach Vergöttlichung strebt, genügt nicht die Reini-
gung von begangener Schuld: ihr höheres Ziel ist ein Einswerden
mit der Gottheit, an das die Sünde überhaupt nicht mehr heranreicht.
Der hierzu vorbereitenden Aufgabe entspricht es, daß die Lustration in
dem Kultus an den Anfang der Heiligungszeremonien gestellt wird.
Indem ferner der Charakter dieser Heiligungskulte eine die Stufen-
ordnungen des Jenseits in das Diesseits übertragende Scheidung der
Kultgenossen nach verschiedenen Graden der Heiligkeit mit sich fuhrt,
sind es nunmehr die niederen, allgemeiner zugänglichen Weihen, bei
denen die Lustration im Vordergrund steht. Aber obgleich die äußeren
Mittel, die Besprengung mit Wasser, die Räucherung in Vertretung des
Feuers, endlich die Übertragung auf Tiere oder andere Objekte, in
ihren äußeren Formen im ganzen die nämlichen bleiben, gewinnen sie
doch durch die Einordnung in einen umfassenderen Zeremoniendienst,
die Erhebung einzelner Akte, wie der Taufe, zu sakramentalen Weihe-
handlungen, endlich durch die hieraus entspringenden Wandlungen der
Form eine wesentlich veränderte Bedeutung. So tritt dem Wasser wohl
um der längeren Dauer der äußerlich bemerkbaren Wirkung willen, die
Salbung mit geweihtem wohlriechendem Öl zur Seite. Die Räuche-
rung übernimmt nicht bloß stellvertretend die Rolle des reinigenden
Feuers, sondern es haftet an ihr auch mit der Erinnerung an die
einstige Opferflamme ein Rest jener direkten Wirkung auf die Gott-
heit, die man im älteren Opferkult dem zum Himmel aufsteigenden
Rauch des Brandopfers zuschrieb. Endlich die stärkste Metamorphose
hat die alte Übertragung der Sünde auf ein anderes lebendes Wesen
erfahren: nicht dem in die Wüste fliehenden Tier flüstert der Kult-
genosse seine Schuld in das Ohr, sondern dem Priester im geheiligten
Raum, der als der Stellvertreter der Gottheit dem Reuigen Verzeihung
zusichert. Alle diese aus verschiedenen Kulten zusammengeflossenen
Reinigungszeremonien hat wohl zuerst der griechische Mysterienkult
in dieser planmäßigen Form als vorbereitende Akte der ganzen Kult-
6q4 Der Urspning der Religion.
handlung ausgebildet, während die einzelnen Bestandteile natürlich
auch anderwärts vorkommen, da, abgesehen von den Wanderungen,
die hier stattfinden mochten, die Grundmotive, aus denen die Lustra-
tion in allen diesen Formen hervorgegangen ist, so allgemeiner Art
sind, daO sie sehr leicht auch unabhängig entstanden sein können.
So ist die Beichte nicht nur dem Christentum mit dem Buddhismus
gemein, sondern auch im alten Mexiko bildete sie zusammen mit der
priesterlichen Absolution die vornehmste Form religiöser Reinigung.
Denn man hegte den Glauben, sie allein könne die Tilgung aller in
der vorangegangenen Zeit begangenen Sünden bewirken. Darum war
hier die Beichte nur einmal zulässig, und es bestand die Sitte, sie
möglichst an das Ende des Lebens zu verlegen, damit der Sünder
vollkommen gereinigt in das Jenseits eingehe*).
Besteht in dieser Einmaligkeit des Heiligungsaktes eine unver-
kennbare Analogie der mexikanischen Beichte mit unserer christ-
lichen Taufe, so liegt nun freilich darin ein Gegensatz beider, daß
die Beichte hier, wie ursprünglich jede Form der Lustration, ihrer
unmittelbaren Bedeutung entsprechend, nur von begangener Schuld,
nicht von zukünftiger zu reinigen vermag. In der Kindertaufe dagegen
ist eine wichtige Erweiterung des Lustrationsbegriffs insofern einge-
treten, als hier die reinigende Wirkimg der Zeremonie durchaus der
Zukunft zugewandt ist. Das hängt sichtlich mit der Verstärkung der
magischen Bedeutung zusammen, die der Lustrationsakt mit der Auf-
nahme unter die Heiligungszeremonien gewinnt, und die, wie wir oben
sahen, zugleich in einer besonderen Heiligung des verwendeten Wassers
ihren Ausdruck zu finden pflegt. Die Bespreng^ng mit dem heili-
genden Wasser soll hier nicht bloß die begangene Schuld weg-
nehmen, sie soll in diesem Fall vornehmlich gegen die künftige einen
Schutz gewähren. Die nicht wegzuleugnende Tatsache, daß auch der
getaufte Christ noch sündigen könne, hat freilich, wie man aus den
Briefen des Apostels Paulus an die Korinther sehen kann, frühe schon
der christlichen Theologie ernstliche Schwierigkeiten bereitet. Ihre
Lösung haben diese Schwierigkeiten schließlich, wie bekannt, in der
Auffassung gefunden, daß es nur der ererbte, dem Menschen aus dem
Sündenfall der ersten Menschen überkommene Anteil der Sünde sei,
'} Preuß, Globus, Bd. 83, S. 255.
Die Kalthandlangen. 695
der durch die Taufe getilgt werde, daß also hier die Lustration nur
insofern auch der Zukunft zustatten komme, als sie dem durch
die Taufe in die christliche Gemeinschaft Aufgenommenen die Be-
wahrung vor der Sünde erleichtere. Diese Auffassung mußte aber,
sobald jene Lehre von der Erbsünde wankend wurde, naturgemäß
die Bedeutung des Taufaktes mehr und mehr der eines idealen Sym-
bols der Aufnahme in die christliche Gemeinschaft zutreiben*). Das
psychologische Motiv dieses Widerstreits der Vorstellungen liegt aber
sichtlich darin, daß der Begriff der Lustration bei seiner Anwendung
auf die Taufe aus einem magfischen Reinigungs- zu einem Heiligungs-
mittel geworden ist, in welchem jedoch der Gedanke an jene ur*-
sprünglichere Bedeutung immer noch nachwirkt. So ist die Lustration
beides zugleich: als Reinigung kann sie aber nur die Befreiung von
begangenen Sünden, als Heiligung muß sie ebenso notwendig die
künftige Sündlosigkeit zu ihrem Ziele haben.
Die hier in so bedeutsamer Weise in die Entwicklung des Ur-
christentums eingreifende Frage ist übrigens ihrerseits nur die be-
sondere Form, welche der in dem Jenseitskultus der Mysterien heran-
gereifte Zwiespalt zwischen Seele und Körper angenommen hatte. Der
Jenseitskultus hatte den Körper als eine Belastui^ der zum Himmel
emporstrebenden Seele betrachten lernen. Diese, zum irdischen herab-
gezogen, werde so mit den sinnlichen Trieben verunreinigt, von denen
sie sich in ihrem von der Körperlichkeit losgelösten Zustand befreien
sollte. So gewann der alte, dereinst auf die kultische Verschuldung
beschränkte Begriff der Sünde in dieser seiner Vereinigung mit der
sittlichen Verschuldung wiederum eine doppelte Bedeutung. Einer-
seits galt der sündige Zustand ab eine Folge der von der ein-
zelnen Seele begangenen Verschuldungen; anderseits war er eine all-
gemeine Folge ihrer sinnlichen Gebundenheit. Beide Seiten fanden
ihre Vereinigung darin, daß eben diese Gebundenheit zugleich als
der Grund der einzelnen sittlichen Verfehlungen betrachtet wurde.
'} über die dialektischen Bemühangen des Paalas und der älteren Kirchenlehrer,
diese Antinomie zwischen den rückwärts grerichteten Wirkungen der Entsündignng und
den in die Zukunft gerichteten zu beseitigen, vgl. Hans Windisch, Taufe nnd Silnde
im ältesten Christentum bis auf Origenes, 1908, S. 98 ff. Vorbereitend ist hier für
die schließliche Erhebung zur idealen Symbolik schon die Entwicklung im Judentum
und besonders bei Philo, ebenda S. 51 ff.
5^6 Der Urspnmg der Religion.
Indem diese neuen Formen den alten Dualismus der religiösen und
der sozialen Versdbuldimg verdrängen, lassen sie zugleich zwei neue
Gestaltungen des Lustration^edankens entstehen, die hauptsäch-
Bch durch die begleitenden Formen der Askese charakterisiert sind.
Demi die Askese ist es, die gerade hier einerseits als eine Ablösung
des etgentiidien Opfers und anderseits als die höchste Steigerung
des Opfergedankens zu der Opferung des eigenen Selbst erscheint
(Tcän, S. 342). Der Reinigung von der Schuld, die der einzelne
durch böse Handlungen und Laster auf sich geladen, dient nun die
positive F<»m der Askese: die Büß Übung, in der der asketische
Büßer inX^^^K^i^c^ Mißhandlungen des eigenen Körpers die Strafen,
<fie seiaem Tun im Jenseits beschieden sind, vorauszunehmen und so
sich voo ihnen loszukaufen sucht. Der Reinigung von der Sünde,
cfie der Kreatur als solcher durch ihre materielle Gebundenheit an-
haftet^ dient dagegen die negative Askese, die Abtötung der Sinn-
lichkeit durch den Verzicht auf die materiellen Genüsse und durch
die auschließliche Richtui^ des Denkens auf den geistigen Inhalt
des Lebens. In diesen beiden Formen der Askese, die sich auf
so^e Weise zu höheren Formen der Lustration gestalten, der büßen-
den und der entsagenden, begegnen uns so zugleich Projektionen
der Jenseitsvorstellungen in das Diesseits, wo sie mm zu reini-
genden Vorbereitungen auf die zukünftige Welt werden. Die höhere
Fonn dieser asketischen Lustration ist natürlich die zweite, die ent-
sagende. Sie ist es auch, die in der philosophischen Fortbildung
des Lustrationsgedankens diesen ganz in die Gesinnung ziuückverlegt,
der gegenüber die äußere Handlung schließlich nur als ein gleich-
gültiges Symbol erscheint. »Reinheit und Unreinheit«, sagt der große
indische Asket, »gehören unserem Selbst an, keiner kann einen andern
reinigen« (Sprüche Gautama Buddhas); und Plato bezeichnet die Lu-
stration als das Werk einer wahren Phüosophie, das die Lösung der
Seele vom Körper erstrebe (Phädon 67 C).
g. Die Vergöttlichung als vollendete Heiligung.
Heiligkeit im Geiste der entwickelten Religionen ist ein Attribut
der Gottheit, das im Grunde nur ihr gebührt. Daß sie an dieser
Kigcnschaft auch andere Wesen teilnehmen läßt, wie die Engel, die
Tempel und andere heilige Orte, endlich Menschen, die sich durch
Die Knlthandlnngen. 507
ihr Glaubensmartyrium oder ihre Frömmigkeit sogar vorzugsweise
den Beinamen der »Heiligen« verdient haben, ist eine Erweiterung
der Bedeutung, deren letzte bereits im Hinblick auf die durch beson-
dere Leistungen erworbene Heiligkeit eingetreten ist. Ursprünglich
heilig ist aber nur die Gottheit selbst, und wenn der Ausdruck des
Heiligen in der Sprache von dem Eigenschaftswort »heil« im Sinne
von »unverletzt« abgeleitet ist, so will das wohl sagen, daß alles Un-
reine, also alles, wovon die menschliche Seele gereinigt werden muß,
ehe sie der Gottheit nahe kommen darf, der Gottheit fem sei. Damit
wird eben die Lustration zur vorbereitenden Handlung für die eigent-
liche Heiligimg, und diese wird ihrem innersten Wesen nach zur
Vergöttlichung. Zu solcher Einheit mit der Gottheit bedarf es nun
aber besonderer, positiver Heiligfungsmittel, die der Kultus den vor-
bereitenden Zeremonien der Reinig^ung folgen läßt. Während die
von der letzteren erstrebte Befreiung von Verschuldung und sinn-
licher Gebundenheit der Seele g^anz und gar dem diesseitigen Leben
angehört, setzt demnach die Erhebung zur Gottheit eine Trennung
der Seele vom Körper voraus, die allerdings endgültig nur im Tode,
zeitweise aber, wie man den Erscheinungen vcn Traum und Ekstase
entnimmt, auch schon in diesem Leben sich ereignen soll. So wurzelt
der Gedanke der Vergöttlichung durchaus in den Jenseitsvorstellungen,
und der Zustand, der die Seele des bevorzugten Frommen schon
während des Lebens die Himmelsreise antreten läßt, die Ekstase,
verhilft ihr auch zu jener Gemeinschaft mit der Gottheit, in der sich
die Heiligung vollendet.
Doch wie sehr in der späteren Übung der Heiligungskulte die
Ekstase durch die Hilfe berauschender Getränke, hoch gesteigerter
Askese und sinnbetäubender Einwirkungen eines mystischen Zere-
moniells absichtlich gesucht werden mag, bei der ursprünglichen
Entstehung dieser Vorstellungen und Riten ist jedenfalls der Weg
der umgekehrte gewesen. Zuerst hat die Ekstase die Vorstellung
einer Befreiung der Seele von den Schranken der Körperlichkeit
erzeugt, und dann ist unter der gleichzeitigen Einwirkung der zu
den Heiligungskulten drängenden sonstigen Motive die Ekstase zu
dem Hauptmittel der durch eine solche Befreiung zu erreichenden
Vergötüichung erhoben worden. Die spezielleren Entstehungsbe-
dingungen der kultischen Ekstase weisen zugleich auf zwei Wege
5q8 Der Ursprang der Religion.
hin, auf denen sich aus primitiveren und zunächst noch vorreligiösen
Kultformen diese höchsten Heiligungskulte entwickelt haben. Der
eine Weg zeigt uns an seinem Ausgangspunkt die Gestalt des
einzelnen Schamanen, der durch Fasten, wilde Tänze und Selbst-
peinigungen in eine Raserei verfallt, in der er in seinen Visionen
Wunder zu erleben und Zauber zu vollbringen glaubt. Ein Nach-
folger dieses einsamen Ekstatikers ist der brahmanische und bud-
dhistische Büßer, der sich, der Außenwelt abgestorben, zu göttlicher
Schmerzlosigkeit erhoben glaubt. Am Ausgangspunkt des andern
Weges stehen hier wieder die Vegetationskulte mit dem wilden Taumel
der Saat- und Erntefeste. Ihre Nachfolger sind die Mysterien-
kulte, in denen sich aus der Mannigfaltigkeit der Kultzwecke, die
sich um die Feld- und Jahresfeste gesammelt hatten, mehr und mehr
der der Sorge um die Zukunft nach dem Tode gewidmete Seelen-
und Jenseitskult als der wichtigste hervorhebt, um schließlich als der
einzige übrig zu bleiben. So scheidet sich diese zweite Form religiöser
Ekstase vornehmlich durch ihre Beziehung zu einem gemeinsamen
Kultus. Der buddhistische Mönch will, auch wenn er im Kloster
lebt, auf eigene Hand heilig und selig werden. Der Kultgenosse der
Mysterien bedarf dazu des Zusammenwirkens der Gläubigen. So hat
sich denn auch nur hier ein fest gefugtes Zeremoniell entwickelt,
in welchem Askese und Ekstase einem größeren Zusammenhang
von Heiligungsriten eingereiht sind, insbesondere aber die Ekstase
als das Mittel erscheint, das den vorbereitenden Veranstaltungen der
heiligenden Reinigung als die letzte, von vielen erstrebte, nur von
wenigen erreichte Stufe der vollen Vereinigung mit der Gottheit nach-
folgt. In der Ekstase erst sieht sich der Myste selbst in den Himmel
versetzt. Der Gott zieht ihn empor, entzieht ihn dem irdischen
Dasein und gibt so durch ihn auch den übrigen Kultgenossen
die Gewähr einer künftigen bleibenden Vereinigung mit der Gott-
heit"). Wahrscheinlich war schon in den antiken Mysterienkulten die
^) Die Einzelheiten des Zeremoniells der Mysterienknlte entziehen sich freilich
unserer Kenntnis, vielleicht weniger deshalb, weil sie Geheimkalte waren, als weU sie
nicht sowohl in einer durch die Tradition zu fixierenden Folge liturgischer Gebete wie
in einer Reihe von Handlangen bestanden, die jedem Teilnehmer bekannt waren, and
die zu beschreiben vielleicht als eine Profanation galt (vgl. Rohde, Psyche, ü^, S. 38 ff.
A. Dieterich, Eine Mitbraslitnrgie, S. 25 ff.]. Schilderungen der in der Ekstase er-
Die Kalthandlangen. 5qq
uns aus der urchristlichen Gemeinde bekannte »Glossolaliec (das
Zungenreden) ein Hilfsmittel gewesen, das auch andere an solchen
Offenbarungen teilnehmen ließ. Sie bestand nicht, wie sie zuweilen
(z. B. Apostelgesch. 2, i) umgedeutet wurde, in einem Reden in
fremden Sprachen, sondern in sinnlosen Lauten, die sich wohl auch
infolge der bei den analogen pathologfischen Erscheinungen zu be-
obachtenden gedächtnismäßigen Einübung zu oft wiederkehrenden
Scheinworten fixierten, denen nun die in den Versammlungen auf-
tretenden Interpreten zumeist ihre Deutungen solcher Ruflaute ent-
nehmen mochten, — ganz so wie die delphischen Priester seit
alter Zeit die Ausrufungen der Pythia in ihre Orakelsprüche umge-
deutet hatten. Es sind Erscheinungen, die auch ohne historischen
Zusammenhang, der natürlich zuweilen mitwirken mag, mit der den
Erscheinungen immanenten psychologischen Notwendigkeit überall
wiederkehren, wo die Ekstase zu einem Hilfsmittel des religiösen
Kultus geworden ist. So sind sie denn auch in den neueren christ-
lichen Sekten der »Erweckten« vielleicht unabhängig von der Glos-
solalie der Apostel wiedergekehrt. Die extreme Ekstase, in ihrer
physiologischen Natur dem epileptischen Anfall verwandt, ist gleich
diesem von Lautreflexen begleitet, und es kani^ nicht ausbleiben,
daß der gläubige Zuschauer die hervorgestoßenen Laute als eine
Sprache deutet, an der, wie der Apostel Paulus sagt, nicht der Nus,
die Vernunft, sondern der heilige Geist, das Pneuma, teilhabe |i. Kor.
14, 14)').
An diese durch die ekstatische Vision vermittelten Erleuchtungen
schließt sich dann schon in den antiken Mysterienkulten zuweilen
noch eine Vorstellung an, die zugleich der früher (S. 577) er-
lebten Vereini^ng mit der Gottheit, mit der zugleich eine vöUige Anslöschang des
eigenen Selbstbewußtseins verbanden sei, and die übrigens nar nnmittelbtr erlebt,
nicht beschrieben werden könne, begegnen ans haaptsMchlich bei den Gnostikem and
den Netiplatonikern. Daß sie ihrer Natar nach ^tets nar auf wenige, (Ur besonders
bevorzugt gehaltene Mysten beschränkt waren, läßt sich auch der Äoßerang Plotins
entnehmen, es sei ihm nur in seltenen Momenten vergönnt gewesen, sich za diesem
unmittelbaren Einswerden mit der Gottheit zu erheben. Vgl Zeller, Philosophie der
Griechen, III, 2^, S. 6iiff.
^) Oberhaupt gibt Paulus hier (i. Kor. 14, 2 fr.) eine tnschtnliche Sehildening
dieser Erscheinung. Über deren Verbreitung vgl. HUgenfeld, Die Glossolalie in der
alten Kirche, 1850.
vQO Der Urspning der Religion.
wähnten, dem Altertum geläufigen eines göttlichen Seelenfuhrers, der
die Seele auf ihrer Reise ins Jenseits geleite, verwandt ist. Es ist
die Vorstellung eines göttlichen Mittelwesens, das dem Mysten
bei dem Akte seiner Vergöttlichung beisteht. In dem in der hellen-
istisch-römischen Zeit verbreitetsten dieser Kulte, im Mithrasdienst,
galt Helios als ein solcher Mittler, der, vielleicht weil er erst später
zu dem Kultus des älteren Gottes hinzugezogen war, außerdem aber
wegen der Übereinstimmung beider als Sonnengötter, auch als der
Sohn des Mithras angerufen wurde'). Gewiß kaim man diese Ana-
logien mit der christlichen Vorstellung der Hcilsvermittlung nicht ohne
weiteres als Entlehnungen auf der einen oder der andern Seite deuten.
Um so mehr verrät sich in ihnen das allen diesen Heiligungskulten
gemeinsame Motiv der Verkörperung der göttlichen Hilfe in einer
besonderen göttlichen Persönlichkeit. Für das Verhältnis zu dem über
ihr stehenden, nur durch solche Beihilfe zu erreichenden Gott ist
aber wieder dem religiös- mythologischen Denken das des Sohnes
zum Vater, weil es die Übereinstimmung der göttlichen Natur beider
besonders eindringlich hervorhebt, das naheliegendste. Indem femer
Helios vor allem der sichtbare, unmittelbar in der Sonne verkörpert
gedachte Gott ist, wendet sich überhaupt in den heidnischen Kulten
der hellenistischen Zeit das Gebet in erster Linie an Helios, der den
Verkehr mit allen andern, unsichtbaren Göttern vermitteln und der
nach der Lehre der platonisierenden Theosophen mit allen diesen
Göttern, mit Zeus, Apollo, Athena, Dionysos, identisch sein solP).
Doch des Vorzugs, dessen in der Ekstase nur wenige Auserwählte
gewürdigt werden, der Gemeinschaft mit der Gottheit selbst teil-
haftig zu sein, will auch die weitere Schaar der Gläubigen nicht
cntraten. Ihnen bietet sich nun von einer andern Seite her, von
den alten Opfervorstellungen ausgehend, ein mehr mittelbarer Weg
der Vergöttlichung. Hat doch das Opfer selbst, wie wir sahen^
als ein Mahl, bei dem die Kultgenossen die Gottheit teilnehmend
dachten, den objektiven Wert eines ihr dargebrachten Geschenkes
allmählich eingebüßt, um dem frühe schon damit verbimdenen sub-
jektiven Motiv der durch die Opferspeise bewirkten Heiligung schließ-
») Dieterich, a. a. O. S. 68.
■) Man vgl. Kaiser Julians Rede auf König Helios. Man, Die Religionsphilosophie
Kaiser Julians, S. 144 fr.
Die Knlthtiidliiiigeii. yoi
lieh den Platz zu räumen. Die Motive, die dieser subjektiven Seite
des Opferkultus zi^[runde liegen, reichen aber hinwiederum bis zu
den frühesten Anfangen des mythologischen Denkens zurück. Sie
zeigen uns bereits das Opfer des Totemtieres und das Menschen-
opfer als die beiden Formen, in denen das Verzehren des Opfer-
fleisches, zuerst wohl nur vereinzelt, als ein Mittel, die seelischen
Kräfte des Getöteten sich anzueignen, dann als ein kultischer Brauch
in gemeinsamer Feier geübt wird *). Innerhalb der primitiveren dem
totemistischen Tieropfer zugehörigen Erscheinungen ist hier wahr-
scheinlich das Motiv der Verstärkung der seelischen Kräfte das ur-
sprüngliche gewesen, worauf dann das gemeinsame Opfer dem zu
diesem verwendeten Tier seine besondere Heiligkeit mitteilte, die
es vor der Tötung außerhalb der Kultusfeier schützte. Diese im
Kultus erworbene Heiligkeit mußte aber wieder dem Genuß gerade
seines Fleisches eine spezifische Kraft verleihen, die schon auf der
Stufe des vorrel^ösen Kultus dieses Essen zu einer von dem ge-
wöhnlichen Nahrungsgenuß abliegenden Zeremonie erhob. Als dann
unter dem Einriß der Göttervorstellungen das Tier im Kultus dem
menschenähnlichen Gott sich unterordnete, machte auch in der Ver-
wendung zum Opfer in vielen Fällen das Tier dem Menschen Platz«
Die Heiligung, die dort in der Beschränkung des totemistischen Ahnen-
und Schutzdämons auf eine einzelne Tierspezies gegeben war, stellte
nun aber besondere Anforderungen an den Menschen, der zum
kultischen Opfer bestimmt wurde. Zunächst ist es wahrschein-
lich die Häuptlings- oder Priesterwürde gewesen, die das Vorrecht
und zi^leich die Pflicht zu dieser Hii^be mit sich fährte und
damit dem Geopferten eine spezifische Heiligkeit verlieh, die ihn in
den dem Opfertod vorangehenden Zeremonien göttlicher Ehrung,
teilhaft^ machte und dann, in weiterer Rückwirkung dieser höchsten
Heiligung, ihn als Repräsentanten des im Kult verehrten Gottes
betrachten ließ. So entwickelte sich in der natürlichen psycholo-
gischen Verkettung dieser Motive die Vorstellung, daß im Opfer der
Gott selbst, verkörpert in dem der Opferung bestinmiten Menschen,
sich hingebe, und daß daher der Genuß des ihm entstammenden
*) Vgl. Teil II, S. 15, 2i7f. und oben S. 651, 674. DasQ N. W. Thomuy Folk-
lore vol. XI, 1900, p. 239 flf. Frwer, Golden Bongb, II, p. JiSft Prenß, Globu,
Bd. 86, 1904. S. 108 £
nQ2 Der Ursprung der Religion.
Opferfleisches ein Essen vom Leib des Gottes sei. Spuren einer
solchen Anschauung, die der allgemeinen Vertretung der Gottheit
durch den Priester oder Häuptling entspricht, begegnen uns noch
heute in gewissen außerordentlichen Fällen bei Naturvölkern, wenn
bei allgemeiner Hungersnot oder Heimsuchung durch epidemische
Krankheiten ein Häuptling oder Priester als Opfer gefordert wird.
So noch in verhältnismäßig neuer Zeit bei polynesischen Stämmen,
bei denen ohnehin der Priester nicht selten göttlich verehrt wurde,
so daß er der sonst durch besondere Opferzeremonien zu ge-
winnenden Heiligung entraten konnte*). Immerhin mußte dieses
verhängnisvolle Vorrecht zu jener Ablösung drängen, deren schon
oben gedacht wurde, und die sich nun nach zwei Richtungen be-
wegte. Auf der einen Seite trat der Verbrecher oder der Kriegs-
gefangene an die Stelle der geheiligten Persönlichkeit des Häupt-
lings und Priesters. Die Heiligung, deren er ursprünglich entbehrte,
mußte ihm dann nachträglich verliehen werden. Das geschah aber
naturgemäß infolge der hier bestehenden Wechselwirkungen zwischen
Heiligkeit und Kultus dadurch, daß solche zu Opf^n ausersehene
Menschen durch ein der Opferung vorausgehendes Zeremoniell ge-
heiligt wurden. Da ist es nun wieder ein psychologisch verständ-
licher Zug, wenn das Mittel hierzu darin besteht, daß man den zu
Opfernden selbst zum Gegenstand eines Kultus macht, in welchem
er ganz so wie der Gott, den er vertreten soll, verehrt wird. Es ist
abermals die bekannte Wechselwirkung der Motive: die Götter er-
wecken den Kultus, und der Kultus erhebt seine Objekte zu Göttern.
Für ein ursprüngliches religiöses Gefühl wird aber solchen die Gott-
heit vertretenden Menschen nicht etwa bloß symbolisch die Bedeu-
tung von Göttern beigelegt, sondern sie sind wirkliche Götter. Eben
darum können sie nun dieselbe Heiligung auch auf andere über-
tragen, die von ihrem Fleisch oder Blut gemessen.
Nicht wesentlich anders verhält sich der zweite, den Ursprung
dieser Heiligungskulte länger überdauernde Weg, auf dem sich die
Ablösung der zum Heiligungsopfer vor andern geeigneten heiligen
Personen vollzieht. Es ist die Vertretung des Gottes durch
sein Bild, dem, damit auch dieses der Mitteilung der Heiligung
') Gerland (Waitz-Gerland), Anthropologie der Naturvölker, VI, p. 381, 396.
Die Kalthandlangeii. ^03
durch seinen Genuß teilhaft werde, eine eßbare Beschaffenheit in dem
Opferkuchen gegeben wird. Auch dies Bild bedarf einer voran-
gehenden zeremoniellen Weihe, infolge deren der Gott selbst in dieser
seiner Nachbildung Wohnung nehmen soll. Diese Weihe geschieht
wieder nach dem gleichen Prinzip der Erzeugung des kultisch ver-
ehrten Gegenstandes durch den ihm geweihten Kultus* Diese zweite
Form der Ablösung ist die dauernde. Sie lebt allein weiter, nach-
dem das Menschenopfer längst den gesteigerten Humanitätsgefuhlen
weichen mußte; und sie teilt mit andern Kultusformen die Eigen-
schaft, daß sie leicht einem Bedeutungswandel zugänglich ist, der
sie nicht nur ihrem religiösen Ursprung entfremdet, sondern sie
schließlich überhaupt zu einer gleichgültigen Form macht. Als solche
erinnert sie höchstens noch durch ihre Beibehaltung bei gewissen mit
den alten Opferkulten in Beziehung stehenden Festzeiten an ihre
kultische Vergangenheit. So sind die Tier- und Menschenformen
unserer den Kindern gespendeten Osterkuchen, unter denen durch
seinen Zusammenhang mit dem in dem christlichen Osterfest nach-
wirkenden jüdischen Passahopfer das Lamm die erste Stelle einnimmt,
die letzten Rudimente dieser vormaligen Opferspeisen.
Solche Erscheinungen des Essens von dem Fleisch eines den Gott
vertretenden Tieres oder Menschen und ihres Ebenbildes in Gestalt
eines Mehlopfers sind so allgemein verbreitet, daß sie offenbar an
vielen Orten aus den gleichen psychologischen Motiven heraus ent-
standen sind. Dies verhält sich nun zum Teil anders mit den beson-
deren Modifikationen, die diese Übergänge von Opfer- in Heiligungs-
riten in einzelnen Fällen infolge der Verbindung mit andern kultischen
Handlungen darbieten. Insbesondere sehen wir wichtige Komplika-
tionen dieser Heiligungszeremonien und ihrer im primitiven Seelen-
und Tierkult wurzelnden Vorstufen dadurch eintreten, daß sie mit
Vegetationskulten zusammenfließen, entsprechend der schon oben
erwähnten Tendenz der Ackerkulte, andere, ihnen ursprünglich fem-
liegende Kultzwccke sich anzugliedern (S. 625 f). Ein solcher Vorgang
kann dann in der gewöhnlichen Form des Bedeutungswandels durch
Verschiebung der Motive schließlich den eigentlichen Vegetationskult
ganz zum Verschwinden bringen, während einzelne Elemente desselben
in dem ihn überdauernden Heiligungskult zurückbleiben. Dies ist ja
auch, wie wir sahen, der gewöhnliche Weg, auf dem die Jenseitskulte,
»jQA Der Ursprung der Religion.
ZU denen die Heiligungszeremonien als ihre vornehmsten Bestandteile
gehören, überhaupt zu entstehen pflegen (S. 654). Für die Zeremonie
des Gottessens ist aber diese Interferenz mit den Vegetationskulten
deshalb noch von besonderer Bedeutung, weil die letzteren aus ihrem
spezifischen Zweckgebiet heraus eine Art des Opfers erzeugen, die
in ihrer äußeren Form dem die Heiligungfszeremonie einleitenden
Opfer gleicht und daher im Kultus selbst mit ihr zusammenfließen
kann. Diese Art des Vegetationsopfers besteht in der Tötung der
alten Vegetationsdämonen oder Vegetationsgötter und ihrer Wieder-
belebung oder in der Erweckung der Vegetation^eister des neuen
Jahres, Opferformen, zu denen sich in den Sonnenwendfesten die
Tötung der alten und die Erweckung der neuen Sonne als ein ihnen
eng verbundener Vorgang hinzugesellt*). Das sind Festbräuche, in
denen sich noch heute die Überlebnisse solcher Kulte und des in
sie hereing^eifenden Wasser- und Feuerzaubers mit dramatischen
Szenen durchkreuzen, in denen die Tötung eines Tieres oder Menr
sehen und deren Wiederbelebung dargestellt wird. Letzteres nament-
lich da, wo die Vegetationsdämonen in den Sonnenwoidfesten zu
Jahresgöttern geworden sind. So reichen auch diese Formen des
Opfers in den vorreligiösen Dämonenkultus zurück, um dann unter der
Einwirkung des Naturmythus zu Götterkulten zu werden. Den Cha-
rakter von Dämonenkulten haben sie in den freilich zumeist bedeu-
tungslos gewordenen europäischen Saat- und Emtebräuchen bewahrt
Auf der Grenzscheide zwischen Dämonen- und Götterkult stehen sie
in den großen mittelamerikanischen Jahresfesten. Völlig zu Götter-
kulten waren sie in den entsprechenden Kulten der alten Mexikaner
und in den antiken Vegetationskulten geworden. So in dem babylo-
nischen Tamuzd- und dem persischen Sakäenfest, in der Adonisfeier,
den Isis- und Attismysterien. In allen diesen Fällen waren freilich
bereits Verbindungen mit den Jenseitskulten eingetreten, durch die
sich auch die Opfermotive vermischt hatten. Selbst da, wo diese rein
erhalten sind, handelt es sich aber nirgends, wie man anzimehmen
') Vgl. Teil II, S. 440 ff. und oben S. 627 f. Dazu die Sammlang von Rudi-
menten oder, wie man es nach der oben (S. 624) gemachten Bemerkung vielleicht
ebensogut bezeichnen kann, von primitiven und eben darum zugleich rückständig ge-
bliebenen Formen solcher Kulte bei Mannhardt, Wald- und Feldkulte, II, S. 158 ff.,
183 ff., 264 ff.
Die KnltliftiidliingeD. yo5
pflegt, um eine von ihrem Ursprung an symbolische Handlung,
sondern die Tötung des alten V^etationsgottes ist, so gut wie
der Erntetanz und die R^enzeremonie, zunächst ein Zauber: die
alten Vegetationsdämonen müssen untergehen, damit die neuen ihre
Tätigkeit beginnen. In die Opferbräuche, die dieser Verjüngung
der Natur dienen, werden jedoch vermöge der Verbindung mit den
alten an die Ackerbaukulte sich anlehnenden Seelen- und Totem-
kulten leicht auch jene andern Bräuche assimiliert, die in der Heili-
gung der Kul^enossen durch das genossene Opfer ihr Motiv haben.
Das Opfer des den Gott vertretenden Tieres oder Menschen um
der Heiligung durch den Genuß seines Fleisches willen, und das
Opfer, bei dem im Sinne des Vegetationszaubers der alte Vege-
tationsgott getötet wird, sie fließen um so leichter in eine einzige
Opferhandlung zusammen, wenn die Gottheit, die beides bewirkt, ab
die nämliche aufgefaßt wird. Nun wird der alte Gott getötet, damit
der neue wieder auferstehe und in der Natur neues Leben erwecke;
und gleichzeitig genießt der Opfernde von dem getöteten Gott, um
sich selbst mit göttlicher Kraft zu erfüllen. Diese Vereinigung be-
wirkt übrigens nicht nur in den Kulten selbst eine Vermengui^
der Motive, sondern sie veranlaßt leicht auch den Mythologen und
Religionspsychologen, unter dem Begrifi* des >Gottessens< Erschei-
nungen von wesentlich abweichender, Bedeutui^ zusammenzufassen*).
Doch scheiden sich beide Opferformen darin, daß bei dem reinen
Vegetationsopfer das Essen des Opfers, das den Hauptbestandteil
des Heilig^ngsopfers ausmacht, fehlen kann, sowie auch darin, daß
beide nur während eines gewissen mittleren Stadiums ihres Ver-
laufs zusammengehen. Die dauerndste, in ihren Vorstufen bis in den
primitiven Animismus und Totemismus zurück- und anderseits bis zu
den höheren Seelenkulten der Mysterien und der aus ihnen erwach-
senen Kulturreligionen emporreichende Form ist die des Genusses
zunächst zum Zweck der Stärkung der seelischen Kräfte, dann zu
') Dies gilt insbesondere tnch von der lehrreichen Znsammenstellimg der hierher
gehörigen Erscheiniingen, die J. G. Frazer im sweiten Bande seines »Golden Bongfa«
gegeben hat. Dieser in Anbetracht der tatUchlichen Vermengnng der Mothre ent-
schuldbare Fehler schmülert natürlich nicht das Verlernt, das sich Fräser dnreh die
Aafzeigang der nngeheneren, alle Knltnrstnfen omfassenden Verbreitnng dieser Knlt*
brauche erworben hat.
Wunde, Völkerpsychologie II| 3^ ^j
•■' 'kwq
^06 ^^^ Ursprung der Religion.
dem der Heiligung und schließlich zu dem der Vergöttlichung'. In
sie greift die andere Opferform der Tötung eines Vegetations- oder
Jahresgottes zum Zweck der Erneuerung der Vegetation nur in jenem
mittleren Verlaufe ein, wo sich beim Aufblühen der Ackerkulte die
Götterkulte der alten Vorstellungen der Seelenaneignung bemächtigen,
um sie zum Motiv der vollendeten Heiligung zu erheben. Nachdem
dies geschehen, überdauert dann aber der so gewonnene neue In-
halt wieder die Ackerkulte, die höchstens in dürftigen Resten neben
ihm fortbestehen. So ist es eine der bemerkenswertesten Erschei-
nungen in der Geschichte des religiösen Kultus, daß gerade die
höchste Form der Heiligfung, diejenige, in der der Mensch das nicht
weiter zu überbietende Ziel der völligen Vereinigung mit der Gott-
heit zu erreichen hoflöt, in ihren tiefsten Wurzeln bis in die frühesten
Anfange des vorreligiösen Kultus zurückreicht Das nimmt natürlich
dieser Form nichts an ihrem Wert in der Stufenfolge der religiösen
Bildungen. Vielmehr zeigt sich darin nur, wie fest verwachsen jene
höchste Erscheinung der Heiligung mit den allgemeinen seelischen
Motiven ist, die den Menschen zu jeder Zeit bewegt haben , so ver-
schieden sie selbst und ihre Wirkungen sich gestalten mögen.
Unter den Kultformen, die einer mittleren Phase der Entwicklung
angehören, innerhalb deren die Vegetationskulte in die Vorstufen der
Heiligungskulte eingreifen, um sie dann zu ihrer endgültigen Bedeu-
timg emporzuheben, gibt es eine Festfeier, bei der diese Kompli-
kation der Motive besonders augenfällig ist, und die überdies in-
folge der Bedeutung, die sie durch die begleitenden kulturhisto-
rischen Momente für die Geschichte der christlichen Heilsvorstellungen
gewonnen hat, ein hervorragendes Interesse besitzt. Es ist die Feier
der Saturnalien, die wir unter diesem Namen zunächst als eine
römische Kultfeier kennen, die aber in einer Reihe von Festen alter
Kulturvölker und in ihren Fortsetzungen in neuere Festbräuche so
übereinstimmend wiederkehrt, daß man den Ausdruck wohl im all-
gemeineren Sinne als eine typische Bezeichnung anwenden darf.
Namentlich gehören hierher griechische, zum Teil an den Namen des
mit dem Saturnus in Beziehung gebrachten Kronos geknüpfte Feste,
dann das persische Sakäenfest sowie vielleicht in weiterem Abstand das
babylonische Tamuzd, das jüdische Purim u. a. Ihre Grundlage haben
alle diese Feste sichtlich in Kulten des Ackerbaus und der Viehzucht,
Die Kalthandlangen. yo7
die hier in ihrer Abhängigkeit von der Sorge um die regelmäßig an den
Jahreswechsel gebundenen Nahrungsquellen zusammengehen. Der den
Satumalien eigene Charakter besteht nun in zwei bemerkenswerten
Zügen. Der eine liegt in der die Festfreude begleitenden Ausgleichung
der Standes- und Besitzunterschiede. Sie findet ihren drastischen Aus-
druck darin, daß die Diener und Sklaven bei der Mahlzeit von ihren
Herren bedient werden. Den zweiten bildet die Erwählung eines Fest-
königs, der, wenn das Fest zu Ende geht, unter allgemeinem Spott
seiner Insignien und königlichen Gewänder beraubt wird. Schon die
römischen Saturnalien sind in der Vereinigung dieser beiden Haupt-
züge mit sonstigem ausgelassenem Festjubel und unbeschränkter
Narrenfreiheit zu reinen Scherzspielen geworden, darin den äußerlich
von ihnen wenig verschiedenen Fortsetzungen in den modernen Kar-
neval gleichend. Der ganze Verlauf des Festes, vor allem die Be-
kränzung des Festkönigs mit einer Krone aus Feldkräutem, weist auf
einen einstigen Vegetationskult hin, der wohl von frühe an von Scherz
und Spiel begleitet war, der aber dabei doch des ernsten Hinter-
grundes magrischer Handlungen nicht entbehrte. So wurde bei dem
persischen Sakäenfest ein zum Tode verurteilter Verbrecher zum
Festkönig bestimmt, zwei andere wurden ihm als seine Minister bei-
gegeben, und das Ende des Festes bestand ursprünglich ohne Zweifel
in der Opferung dieses Festkönigs, der den sterbenden Jahres-
gott darstellte. Daß das Fleisch dieses Opfers dereinst gegessen
wurde, zunächst um auf die neue Vegetation einen 2^uber zu üben,
dann um die Eigenschaften der Gottheit, die es darstellte, zu ge-
winnen, ist nach der Analogie anderer, auf einer ursprünglicheren
Stufe stehen gebliebener Opferfeste , sowie daraus, daß auch die
Saturnalienfestc den gemischten Charakter von Vegetations- und von
Heiligungskulten angenommen hatten, jedenfalls in hohem Grade wahr-
scheinlich. Bei der allmählich eingetretenen Tilgung des Menschen-
opfers mochte dann an die Stelle der Tötung die Verspottung und
scherzhafte Entthronung des Festkönigs, und endlich, als ihm der
Opfertüd erlassen war, die Befreiung des Erwählten aus den Händen
der Strafjustiz treten, bis schließlich in Rom das Kultfest zu einem
reinen Scherzspiel geworden war, bei dem ein beliebiger Festgenosse
als Saturnalienkönig figurierte. Auf jener Zwischenstufe, auf der es
einen Teil seiner ernsten Bedeutung noch bewahrt hatte, wie das zu
45*
yo8 ^^^ Ursprung der Religion.
Jesu Zeit wahrscheinlich mit dem persischen Sakäenfest gewesen ist,
zeigt aber die Geschichte von Jesu Kreuzigung so auffallende Ähn-
lichkeiten mit einer solchen Festfeier, daß sie unmöglich als zu-
fällige angesehen werden können^). Da bietet zunächst Qiristus mit
dem Akanthuskranz gekrönt die Parallele zu dem Satumalienkönig,
— die Dornenkrone gehört erst der sinnigen Symbolik der späteren
Legende an. Der rote Mantel, den die Soldaten Jesu umlegen, der
Stock, der ihm als Szepter dienen soll, seine Verspottung als König
der Juden, alles das stimmt zu dem Bild des Satumalienkönigs. Auch
die beiden Minister fehlen nicht: sie sind in den zwei Verbrechern
vertreten, die mit ihm gekreuzigt werden. Endlich die Sitte der Frei-
gebung eines Verbrechers, die sich aus dem früheren Menschenopfer
entwickelt hatte, kehrt in der Befreiung des Barrabas, allerdings mit
einer Teilung der Personen, wieder. Hier gleicht Zug um Zug
die Leidensgeschichte nicht einer irgendwie einheitlichen Saturnalien-
feier, sondern Teilen einer solchen, wie sie von einer Volksmasse,
wie den von ihrem Purim- und Passahfest herkommenden Juden und
den aus verschiedenen Provinzen des Reichs stammenden römischen
Soldaten, zusammengetragen werden konnten '). Darum war die Kreu-
zigungsgeschichte nicht selbst eine Saturnalienfeier, sondern eine tief
ernste Begebenheit, in die Pöbel und Soldaten die ihnen geläufigen
Formen des Spiels hineintrugen. Wie ungeheuer ist aber dem gegen-
über der Bedeutungswandel, den dieser in den blutigen Ernst hin-
eingetragene Scherz erfahren sollte ! Kein anderer Teil der Leidens-
') A. Jeremias, Babylonisches im Neuen Testament, S. 20 ff. Zahlreiche Parallelen
der Satamalien und der von ihnen za den andern Vegetationsknlten hinüberleitenden
Feste hat J. G. Frazer gesammelt (The golden Boagh, m, p. 138 ff;).
^) Dabei ist za bemerken, daß in diesem Fall die Mischung von Motiven, die
ganz verschiedenen Phasen in der Entwicklung der Satomalienfeier angehören, fUr
einen historischen Kern dieses Teils der Passionsgeschichte spricht. So das in die
Anfänge des Kultus zurückreichende Menschenopfer, die jedenfalls erst einer späteren
Phase angehörende Verspottung des erwählten Festkönigs, die die frühere kultische
Heiligung ablöste, und endlich das vermutlich zuletzt gebliebene Volksprivilegium
der Freibittung eines Gefangenen. Es würde psychologisch schwer begreiflich sein,
wie eine rein mythische Legende aus einer solchen ganz verschiedene Stadien um-
fassenden Übertragung entstanden sein könnte, während diese Mischung verständlich
wird, wenn man erwägt, daß hier jüdischer Festbrauch und Reminiszenzen, die ein
bunt zusammengewürfelter Volks- und Soldatenhanfe aus heimischen Bräuchen in die
Vorgänge hineintrug, hier in einer wirklichen Handlung zusammengeflossen sind.
Die Formen der Kaltlegende. yoQ
geschichte hat so gewaltig auf die christliche Tradition eingewirkt
wie eben diese einem überlebten, zum Spiel gewordenen Kultus ent-
nommenen Züge. Wie sich das Bild des Erlösers mit der Dornen-
krone unauslöschlich der Überlieferung einprägte, so hat vielleicht
nichts so sehr der Vorstellung des Herrschers über die jenseitige
Welt eine so eindringliche Kraft verliehen, wie die des ans Kreuz
geschlagenen Erlösers, in welchem das alte anstößig gewordene
Menschenopfer, bei dem ein gemeiner Verbrecher den Stellvertreter
der Gottheit spielte, abgelöst wurde durch das Bild der Selbsthin-
gabe eines Menschen, der nach dem Glauben der Christen die Gottheit
selbst war. Hatte damit das Menschenopfer den weiten Kreis der Ent-
wicklungen durchlaufen, der in den dunkeln Tiefen des animistischen
Zauberglaubens begonnen, so ßig^te sich nun dieser letzten Umwand-
lung des objektiven OpfcrbegrifTs in den subjektiven der Selbstauf-
opferung auch die neue Form ein, die hier, den Weg fortsetzend,
den bereits die Jenseitskulte der Mysterien genommen, das christliche
Opfermahl gewann. Auch in ihm kehrte eine uralte, bis tief in den
vorreligiösen Kultus zurückreichende kultische Form wieder. Denn
noch einmal bildete in ihm das Essen des Gottes den Inhalt der Feier,
und dieses Essen galt, wie in allen höheren Seelenkulten, als Mittel der
geistigen Vereinigung mit der Gottheit. Indem aber das Abendmahl
zugleich als ein Gedächtnismahl an den dereinst als Heilbringer ge-
kommenen Gottmenschen eingesetzt wurde, gewann es den Wert eines
Symbols, das in dem Maße aus seiner ursprünglich magischen in eine
ideale Bedeutung übergehen konnte, als in dem Bild seines Stifters
an die Stelle des Gottes der Mensch trat, in dem die höchste der
menschlichen Eigenschaften, die Selbsthingabe an ein sittliches Ideal,
verkörpert gedacht wurde.
4. Die Formen der Kultlegende.
a. Die Kultlegenden der Ackerbankalte. Demeter- and Dionysostypnt.
Die Mithraslegende.
Unter einer »Kultlegende« soll hier nicht jede beliebige Erzählurg
verstanden werden, die einen kultisch verehrten Gott oder Heros zu
ihrem Gegenstande hat. Vielmehr beschränken wir den Begriff auf
solche Legenden, die selbst die Grundlagen bestimmter Götterkulte
^ I O ^er Ursprung der Religion.
bilden, und in denen daher jeweils die Persönlichkeit des Gottes,
dessen Schicksale die Erzählung berichtet, nur als die Trägerin der
Güter erscheint, die im Kultus gefeiert und erstrebt werden. In diesem
engeren Sinne gefaßt ist die Kultlegende die Darstellung einer be-
stimmten religiösen Grundanschauung, deren Ausdruck der Kultus ist,
in der Form der Schilderung des Lebens einer göttlichen Persön-
lichkeit. Darum ist es zwar nicht ausgeschlossen, daß innerhalb einer
Volksgemeinschaft mehrere Kultlegenden nebeneinander vorkommen,
deren jede dann die Grundlage eines besonderen Kultus bildet
Aber die einzelne Kultlegende entspricht stets nur einem einzigen,
in bestimmten Riten und liturgischen Formen ausgebildeten Kultus,
und sie setzt daher eine einzige in sich geschlossene Kultgenossen-
schaft voraus. Dabei hindert diese allerdings nicht unbedingt die
Zugehörigkeit zu andern Kultgenossenschaften. Doch wird eine
solche Konkurrenz mit der Entwicklung der Kulte immer seltener
und schließlich unmöglich. Darin liegt schon angesprochen, daß die
Existenz einer Kultlegende durchaus an die höheren Stufen der reli-
gfiösen Entwicklung gebunden ist, und daß auf der höchsten eine ein-
zige zur herrschenden wird. Demzufolge sind die Herakles- und die
Theseuslegende überhaupt keine Kultlegenden. Die Demeterlegende
ist eine solche, aber keine ausschließliche: der in Eleusis Geweihte
konnte auch an den orphisch-dionysischen Mysterien teilnehmen. Die
Jesuslegende dagegen ist für den Christen in dem Sinne alleinherr-
schend, daß sie allen andern religiösen Legendenbildungen, die neben
ihr vorkommen, nur in der Unterordnung unter die Hauptlegende
und deren Träger Raum läßt. Diese zieht hier solche beschränktere
Legenden, die ursprünglich zum Teil unabhängig existiert haben
mögen, ähnlich in ihre Kreise, wie nach gewissen kosmogonischen
Vorstellungen die Sonne die Planetenwirbel ihres Systems absor-
biert hat.
Nicht jede Religion, der wir aus sonstigen Gründen eine hohe
Stellung in der Entwicklung der religiösen Vorstellungen anweisen,
hat jedoch Kultlegenden in diesem spezifischen Sinne hervorgebracht.
Ansätze sind zwar überall in den großen Naturreb'gionen der Alten
Welt zu finden. Auch pflegen die Vegetationskulte mit ihren dra-
matischen Darstellungen des Lebens und Sterbens des Jahresgottes
und den daran sich schließenden Vorstellungen von der Wanderung
Die Fonnen der Kaltlegende. ^11
der Seele ins Jenseits das Grundthema solcher beginnender Kult-
legenden zu bilden. Die Sagen von Marduk, von Indra, noch mehr die
Legenden, die das Verschwinden oder den Tod des Jahresgottes und
seine \Viederkehr zum Thema haben, wie die Höllenfahrt der Istar,
die Adonislegende, tragen so in vielem schon die Züge echter Kult-
legenden an sich, und manche haben sich wohl auch stellenweise zu
solchen erhoben. Im allgemeinen aber läßt es das Nebeneinander
einer Mehrheit in selbständigen oder vereinigten Kulten verehrter
Göttergestalten zur Ausbildung der eigentlichen Kultlegende in dem
oben bezeichneten Sinne nicht kommen. In andern Fällen steht die
nomadisierende Lebensweise, wie der Entwicklung der Vegetations-
kulte, so auch der einer an diese gebundenen Kultlegende im
Wege. So haben die Israeliten eine Väter- und eine Prophetensage.
Aber es fehlt ihnen die Kultlegende. Jahwe selbst, der in seinem un-
veränderlichen Wesen keine Geschichte hat, deren der Gott der Le-
gende bedarf, i.st selbst der Hüter seines Kultus, und die Propheten
sind die Verkünder seiner Gebote. Das Bedürfnis nach einer dem
Menschen durch ihr eigenes Leben und Leiden näher tretenden Gott-
heit ist erst in einer späteren Zeit in dem jüdischen Volke erwacht,
und es hat so in den Messiasverkündigungen der Propheten den heil-
bringenden Gottmenschen in die Zukunft verlegt, damit aber auch in
ein Gebiet entrückt, wo die Legende von der apokalyptischen Dich-
tung abgelöst wird.
In allen diesen Fällen mangelt es an einer Hauptbedingung, die
für die Entstehung der Kultlegende erforderlich ist: an der ge-
schlossenen Kultgenossenschaft, die sich zu einem in einer
einzigen Götterpersönlichkeit zum Ausdruck kommenden Kultzweck
zusammenfindet. So wiederholt sich hier das nächste Merkmal des
religiösen Kultus, das der Kultgemeinschaft, in einer durch die engere
Verbindung der Kultgenossen höher entwickelten Form. Vorstadien
ihrer Entstehung sind wohl lange schon vorhanden gewesen*). Deutlich
ausgebildet begegnet sie uns erst in den beiden großen Mystericn-
') Auf solche Vorstufen hat man z. B. im indischen Kultus hingewiesen, wo
einzelne Wechselgesänge im Rigveda wahrscheinlich dramatisch-liturgische Bestand-
teile einer kaitischen Feier gebildet haben (vgl. L. von Schroeder, Mysterimn und
Mimus im Rigveda, 1908). Aber, wie dem auch sein möge, eine aosgesprocbene Knlt-
legende haben diese Vishnn-Krishna- und Rudra-^vakulte offenbar nicht entwickelt.
^12 Der Ursprung der Religion.
kalten der Griechen, den eleusinischen und orphischen. Die beiden
Kultlegenden, in denen der Charakter dieser Kulte sich ausprägt, die
Demeter- und die Dionysoslegende, repräsentieren zugleich die zwei
Typen, zwischen denen sich diese aus den Vegetationskulten erwach-
senen Legendenbildungen bewegen. In der Demeterlegende li^
dieser Ursprung noch offen zutage; und zugleich bietet sie ein Ent-
wicklungsstadium dar, wo sich der Sinn der Legende bereits erweitert
hatte, immerhin aber hauptsächlich auf die Göttin als Spenderin aller
irdischen Güter beschränkt geblieben war. So schildert sie noch der
homerische Demeterhymnus, wenn auch hier in der Unsterblichkeit,
die sie dem Kinde des Keleus gewinnen will, die Richtung auf das
Jenseits schon durchschimmern mag. Demgegenüber steht in der
Legende vom Dionysos -Zagfreus, wie sie von den Orphikern aus-
gebildet wurde, die Hoffnung auf das künftige Heil der Seele so
sehr im Vordergrund, daß der göttliche Held dieser Legende den
Agrarkulten, denen auch er entstammt, entfremdet wird und in der
Schilderung seines Todes und seiner Wiederbelebung zum Helfer der
nach gleicher Wiedergeburt strebenden Seele geworden ist In beiden
Fällen bleibt aber das Grundthema der Legende der leidende und
durch das Leiden zum Siege sich hindurchringende Gott Sein Bild
ist dem leidenden und siegreichen Helden der Sage verwandt (S. 484 f,).
Doch gegenüber der noch ganz im Irdischen sich bewegenden Helden-
sage ist der Schauplatz hier ein weltumspannender, himmlischer ge-
worden. Wenn jener Held ein Mensch bleibt, der höchstens in einer
außerhalb seiner eigentlichen Heldenlaufbahn liegenden Fortsetzung
seines Lebens zum Gott wird, so ist es hier umgekehrt der leidende
Gott, der den Menschen tröstet im eigenen Leid, und der als ster-
bender und wiedererstehender auch der menschlichen Seele ein Auf-
leben nach dem Tode verheißt. So empfangt die Kultiegende ihre
große religiöse Bedeutung wesentlich dadurch, daß sie dem Gott
Attribute gibt, die seiner ursprünglichen Natur widerstreiten. Daß
die Götter das Leid nicht kennen, imd daß sie unsterblich sind, das
sind die beiden Charakterzüge, die ihnen von früh an eigen sind.
Daß ein Gott leidet und stirbt, das ist daher in der Reihe der Ver-
menschlichungen der Gottesvorstellungen die äußerste Grenze, die
erreicht werden kann. Der leidende und sterbende Gott ist in Wahr-
heit völlig zum Menschen geworden. Dennoch setzt sich die Ursprung-
Die Formen der Knltlegende. yi3
liehe Gottesnatur gegen dieses Leiden und Sterben notwendig wieder
durch. Der leidende Gott wird zur Herrlichkeit erhöht, der sterbende
lebt wieder auf. So ist dieser vom Gott zum Menschen und vom
Menschen zum Gott gewordene Held der Kultlegende eine Gestalt,
die in ihrer Menschlichkeit dem eigenen Leben näher gerückt und im
Kultus erreichbarer ist als die über alles menschliche Maß erhabene
Gottheit.
In der Geschichte dieses dem Menschen als Helfer und Erretter
in menschlicher Gestalt nahenden Gottes, wie ihn die Kultlegende
der Orientalen und der Griechen in der Periode des Hellenismus ent-
wickelt hat, bietet nun in erster Linie das Verhältnis zu den Vege*
tationskulten, aus denen jene Legenden erwachsen sind, und in zweiter
der Grad und die Art, wie der Gott an dem menschlichen Leben und
Leiden teilnimmt, die nächsten Gesichtspunkte für die Beurteilung
des religiösen Wertes dieser Kulte. Da stehen auf der einen Seite
die Attis- und die Osirislegende, beide noch tief eingetaucht in das
Medium der die Vorgänge der Befruchtung, der Reifung der Saaten
und des Absterbens der Natur umgebenden Mythen, wie sie uns aus
den Vegetationsfesten beinahe aller Zeiten und Länder bekannt sind.
Besonders in der Osirislegende, die den Mittelpunkt eines der ein-
flußreichsten dieser orientalischen Kulte bildet, treten aber noch andere
Züge hervor, die ihr einen tieferen Sinn geben, indem sie den Gott
der Legende einerseits zum Begründer der Kultur und der Sitte, und
anderseits nach seinem Leiden und Sterben zum Vermittler zwischen
der jenseitigen und der irdischen Welt machen, der skh zum Herrscher
und Richter des Jenseits erhebt. Wie uns in der Zerreißung des
Osiris und in der den verschwundenen Bruder und Gemahl aufsuchen-
den Irrfahrt der Isis unverkennbare Parallelen zur Dionysos- und De-
meterlegende entgegentreten, die hier miteinander imd mit anderen
Elementen der ägyptischen Göttersage in eine einzige Erzählung ver-
bunden erscheinen, so vereinigt diese ganze Lq^ende offenbar die
Züge eines Vegetations- und eines Seelenkultes; und in diesem doppel-
ten Sinne mögen wohl auch bei den Kultfesten, wie der Bericht des
Plutarch erschließen läßt, die Götterschicksale mimisch und drama-
tisch dargestellt worden sein (Plutarch, De Iside et Osiride, 12 — 20).
Zugleich zeigt aber dieser Bericht, wie hier der Seelenkult dem mit
ihm verbundenen Vegetationskult das flir beide wertvollste Motiv, das
yiA Der Ursprung der Religion.
des sterbenden und wiedererstehenden Gottes, entnommen hat. Der
Jahresgott, der im Herbst verschwindet, um mit neu sprossender Saat
wiederzukehren, wird zum Heilsgott, dessen Sterben und Wiederer-
stehen den Weg zeigt, den er die Seele führen wird, um sie aus den
Schrecken des Todes zu retten. Wie die Osiris-, so bieten die Attis-
und die Dionysoslegende die nämliche Verbindung der Motive und
deren allmählich eingetretene Verschiebung im Sinne des Seelen-
kults. Im Gegensatze zu ihnen steht aber in dieser Beziehung die
Kultlegende derjenigen Religion, die in der römischen Kaiserzeit vor
andern dem Christentum die Herrschaft streitig machte, die Mi th ras-
legende.
Auch Mithras ist ein tätiger und leidender Gott, der einst selbst
unter den Menschen als ihr Wohltäter geweilt hat, um, nachdem er
seine himmlische Herrschaft angetreten, die Seelen zu sich empor-
zuziehen. Doch Mithras bewahrt auch während seines irdischen
Lebens seine göttliche Unsterblichkeit. Die Antwort auf die Frage
tiach dem Grund dieses Unterschieds gibt die Mithraslegende selbst,
wie sie aus den weit verbreiteten Denkmälern der Kultzeremonien
zu rekonstruieren ist^). Der in der Umgebung von Hirten bewaffnet
mit Fackel und Messer aus einem Stein geborene Gott ist durch
die Hirten, die ihn anbeten, deutlich als ein ursprünglicher Hirten-
gott gekennzeichnet. Sein Kampf gilt zuerst den alten Göttern, unter
denen er allen voran den Helios in seine Dienste nimmt, dann den
wilden Tieren, deren Urbild der göttliche Jäger in dem gewaltigen
Stier bezwingt, aus dessen Mark er das Getreide, aus dessen Blut er
den heiligen Trank der Mysterien, und aus dessen andern Teilen er
die nützlichen Tiere der Herden entstehen läßt Er errettet die
Menschen aus der Sintflut und aus dem die Erde ausdörrenden Feuer-
brand, stiftet dann in einem letzten Mahle die Mysterien, die seinem
Dienste geweiht sind, und kehrt schließlich in den Himmel zu-
rück, um im Verein mit Helios die Seelen der Mysten, die durch
Reinigungen und Weihen, durch Opfermahl und Opfertrank vorbe-
reitet sind, in den Himmel der Seligen eingehen zu lassen. So ist
es das Leben des Jägers und Hirten, das sich in dieser Legende
spiegelt, in der die Gewinnung der Feldfrucht, als deren Spender
Cumont, Die Mysterien des Mithra, deutsch von G. Gehrich, 1903, S. 97 ff
Die Formen der Knltlegende. j l r
der Gott ebenfalls gfilt, doch nur wie ein Ausblick auf die spätere
Zeit einer hoch entwickelten Kultur erscheint, in der dieser Hirten-
gott die Welt erobert. Es fehlt aber der Legende das Motiv des
sterbenden Gottes, weil ihr die Quelle fehlt, aus der dieses Motiv ge-
flossen, der Vegetationskult mit dem im Wechsel der Zeiten ster-
benden und wiedergeborenen Jahresgott.
b. Die Christaslegende. Christas and Baddha.
Hier steht nun die Christus legen de mitten inne zwischen
diesen Kultlegenden verschiedenen Ursprungs. Sie hat die Gestalt
des sterbenden Gottes mit jenen Legenden gemein, die aus der Ver-
einigung von Acker- und Seelcnkulten hervorgegangen sind. Sie
gleicht der Mithraslegende darin, daß sie von den orgiastischen Zügen,
die an die Vorstellung von den zeugenden Kräften der Natur gebunden
sind, nichts enthält. Sie sind in ihr zu der die Vergöttlichung der
Seele begleitenden religiösen Ekstase vergeistigt; und es sind damit
zugleich die niederen mythologischen Nebenmotive, die auch der
Mithraslegende anhaften, abgestreift, um nur solche Züge des Zaubers
und Wunders zurückzubehalten, deren die Legende überall bedarf,
um die Gestalt ihres Helden auch während seines irdischen Lebens
ins Übermenschliche zu erheben. So vereinigt die Christuslegende die
bedeutsamsten Eigenschaften jener andern Kultlegenden, die sich in
diesen auszuschließen scheinen: die Gestalt des leidenden Gottes,
der selbst den äußersten Grad menschlichen Leidens, den Tod, er-
duldet, und die Gestalt des Erlöserg^ttes, dessen wohltätiges Wirken
ganz und allein dem Heil der Seele zugewandt ist. Dieses zweite
Motiv wird aber in ihr um so wirksamer, als es hier die durch den
Erlösergott vermittelten himmlischen Güter in einen scharfen Gegen-
satz bringt zur Vergänglichkeit und Nichtigkeit irdischer Güter. Über
diese in andern Kultlegenden nur teilweise und einseitig entwickelten
Eigenschaften hebt endlich die Christuslegende noch eine dritte empor:
die Helden jener Legenden sind Götter, die zur Erde kommen, um
den Menschen als Helfer und Tröster zu nahen. Darum sind es
überall Gestalten des alten Götterhimmels, die uns in ihnen begegnen.
Hier ist der Held ein auf Erden geborener Mensch, dessen göttliche
Heilsmission erst durch sein Leben und Sterben offenbar wird. So
bilden jene mythologischen Kultlegendcn Nebenformen der mytho-
^l6 Der Ursprung der Religion.
logischen Göttersage. Die Christuslegende dagegen ist eine historische
Sage, die zwar, wie alle historischen Sagen, mythologisch ausge-
staltet ist, der aber die wichtigste Eigenschaft der lezteren, eine
hinter ihr stehende wirkliche Persönlichkeit, nicht fehlt. Der Glaube
an die Wirklichkeit eines Osiris und Mithras steht und fallt mit dem
Glauben an den gesamten Götterkreis, von dem sie sich al^elöst
haben. Die Christuslegende wurzelt in der historischen Überlieferung,
die in den wesentlichsten ihrer Bestandteile trotz ausschmückender
Mythen den Charakter der Glaubwürdigkeit an sich trägt. So wird
man denn auch, abgesehen von den sonstigen inneren Eigenschaften
und den äußeren Beding^ungen, das entscheidende Motiv, das dem
Christentum in dem Streit der Kulte, der seine Entstehung begleitete,
den Sieg verlieh, schließlich darin erblicken dürfen, daß der Held
der Christuslegende als wirklicher Mensch unter andern Menschen
gelebt hatte, während die Träger aller der andern Kultl^^den Er-
zeugnisse der mythologischen Phantasie waren, von deren Leben kein
glaubhafter Zeuge berichten konnte. Dazu kam, daß gerade der
durch den Kontrast mit der Unsterblichkeit der Götter wirksamste
Zug der Legende, der des sterbenden Gottes, hier gleichfalls kein
bloßes mythologisches Bild, sondern Wirklichkeit gewesen war, eine
Wirklichkeit, die dann durch das Hereinspielen jener den alten Vege-
tationskulten entnommenen Vorstellungen, die in den verbreiteten
Saturnalienfesten fortlebten, wie ein Erwachen dieser bis dahin nur
mythologisch geschauten Vorgänge zu geschichtlichem Leben er-
schien. Und wie das jüdische Messiasideal eine Projektion des sieg-
reich überwindenden heilbringenden Gottes der heidnischen Kulte in
die Zukunft gewesen war, so konnte sich vielleicht schon Jesus selbst,
und konnten vor allem die vom Judentum herkommenden Christen
der Urgemeinde in ihm den zum Leben erwachten Messias erblicken *).
Um so näher lag es dann aber, diese Messiasidee jenen Kultlegenden
von den aus himmlischer Höhe zur Erde gekommenen und schließ-
lich wieder zum Himmel zurückkehrenden Göttern anzugleichen, als
diese Vorstellungen ohnehin schon der jüdischen von dem Messias als
dem in den Wolken des Himmels nahenden göttlichen Menschen nahe
*) H. J. Holtzmann, Das messianische Bewußtsein Jesu, 1903. Panl Fiebig, Der
Menschensohn, Jesu Selbstbezeichnang, 1901.
Die Formen der Knltlegende. nin
verwandt waren (Dan. 7, 13 f.). So erscheint hier nach allen Seiten
hin die Christuslegende als der in geschichtliche Wirklichkeit verwan-
delte Mythus ; und, wie der von seinen Jüngern bezeugte Jesus selbst,
so wird nun auch der aus dem Mythus in dieses Leben hinüber-
gewanderte himmlische Ursprung samt der Rückkehr zum Himmel als
Wirklichkeit geschaut. Dies um so mehr, je geläufiger den Gläubigen
aller Kulte dieses Bild des herabgestiegenen Gottes ist, der die Mensch-
heit erlöst. Es ist genau der gleiche Unterschied, wie der zwischen
der historischen und der mythischen Heldensage, der sich hier im
Gebiet der Kultlegende wiederholt. Wenn aber bereits die gewöhn-
liche historische Sage die Glaubwürdigkeit, die sie ihrer geschichtlichen
Grundlage verdankt, unaufhaltsam auch ihren rein mythischen Ele-
menten mitteilt, wie viel mehr muß hier die historische der mytho-
logischen Kultlegende an dauernder Wirkung überlegen sein!
Es gibt nur noch eine Legende, die, als Erzählung des Lebens,
der Taten und Aussprüche eines göttlich verehrten Menschen, der
einem weltbeherrschenden religiösen Kultus den Ursprung gegeben,
in dieser historischen Beglaubigung mit der Jesuslegende es auf-
nehmen kann: die Buddhalegende. Doch diese Legende ist keine
Kultlegende. Daran darf der Umstand nicht irre machen, daß die
Geburtsgeschichte des Buddha ihrem Gedankengehalte nach mit der
Geburtsgeschichte Jesu übereinstimmt. Daß der Gott, der auf Erden
weilt, nicht wie andere Sterbliche gezeugt und geboren sein könne,
ist ein verbreitetes Legendenmotiv, das uns schon in der Geburts-
geschichte der Götter begegnet, und das, wo eine hbtorische Per-
sönlichkeit samt der Tradition über ihre Eltern und ihre Familie den
Inhalt des Mythus bildet, wie bei Jesus und Buddha, natürlich auch
einer solchen Geburtsgeschichte trotz des Wimders, das sie umgibt,
eine gewisse historische Glaubwürdigkeit zu verleihen sucht. Als das
beinahe selbstverständliche Mittel dazu bietet sich die Conceptio
Immaculata. Sie bildet in der Tat auch das einzige Tertium compara-
tionis beider Legenden. Die näheren Umstände sind aber so abwei-
chende, daß diese psychologisch wohl motivierte Übereinstimmung
historische Beziehungen nicht wahrscheinlich macht *). So reich darum
hier die Geburts- wie die weitere Lebensgeschichte Buddhas mit Zügen
^) Ober die Gebnrtsgeschichte Buddhas vgl. Teil II, S. 78. Über angebliche
histonsche Beziehongen zwischen Jesus- und Buddhalegende oben S. 485 ff, 488 Anm.
^x8 ^ci" Urspning der Religion.
ausgestattet ist, die teils dem älteren Naturmythus, teils \ind beson-
ders der Wunder- und Zauberwelt der indischen Märchendichtung
entlehnt sind, so fehlt doch dieser Geschichte völlig der Charakter
einer Kultlegende. Sie ist, abgesehen von den emzelnen phanta-
stischen Ausschmückungen, eine verhältnismäßig einfache Lebens-
geschichte, durchaus der Motive entbehrend, die einen Kult ge-
stalten könnten, in welchem sich Leben und Leiden des Gottes
oder Gottmenschen spiegeln, dem der Kult gewidmet ist Daß
das Andenken, das Grab und die Reliquien Buddhas kultische Ver-
ehrung genießen, ist ein Zug, der sich an jede geheiligte Persönlich-
keit heftet; der aber ganz davon unabhängig ist, ob diese im übr^en
Gegenstand eines Kultes ist. Ebenso sind die Dogmen der budd-
histischen Kirche Lehren, die unmittelbar dem Buddha selbst zuge-
schrieben werden, wie denn auch viele von ihnen wahrscheinlich von
ihm herrühren. Demgegenüber gelten der christlichen Kirche die
einzelnen sakramentalen Handlungen, allen voran Taufe und Abend-
mahl, als Wiederholungen der wichtigsten Handlungen aus dem Leben
Jesu, und die Kultfeiern des Festjahres sind in ähnlichem Sinne
Wiederholungen der Hauptereignisse dieses Lebens, wie die alten
Mysterienkulte Darstellungen der einzelnen Hauptakte einer m5rtho-
logischen Götterlegende gewesen waren.
Dieser fundamentale Unterschied der beiden größten Kulturreli-
gionen der Erde begreift sich jedoch leicht, wenn wir uns die Ur-
sprungsverhältnisse beider vergegenwärtigen. Der Buddhismus ist die
Frucht einer philosophischen Bewegung, die in Indien längst einge-
setzt hatte und auf eine Überwindung teils des alten Naturmythus,
teils des populären Zauber- und Dämonenglaubens abzielte. Daß
sich der Buddhareligion selbst dieser Zauberglaube wieder bemäch-
tigte und die Gestalt ihres Stifters mit mancherlei Märchenmotiven
verwebte, war ein notwendiges Produkt der Assimilation dieser Reli-
gion durch die im Volke lebenden Vorstellungen, vermochte aber die
Spuren jenes philosophischen Ursprungs nicht zu verwischen. So ist
denn diese Religion durch und durch intellektuell gerichtet. Die Er-
kenntnis der Wahrheit bildet das Ziel alles menschlichen Strebens.
Die Heilstat Buddhas besteht darin, daß er diesen Weg zur Wahr-
heit in der Meditation und in der Askese gezeigt hat. Indem in ihnen
der Mensch dem Sinnlichen abstirbt, lernt er die aus dem Denken
Die Formen der Kaltlegende. ^ l q
Stammenden geistigen Werte als die einzigen bleibenden erkennen.
Das eigene Selbst in diesen bleibenden geistigen Werten aufgehen
zu lassen, darauf ist daher das Bemühen des buddhistischen Asketen
gerichtet. So lange er es nicht vermag, bleibt er an den Körper und
seine Leiden gefesselt, und er muß so lange wiedergeboren werden,
bis er alle Fesseln abgestreift hat, die ihn an das sinnliche Dasein
ketten. Hier ist es dann die Seelen Wanderung, die der Buddhismus
dem älteren Brahmanismus zur Ausmalung dieser Kette der Wieder-
geburten entnimmt. In dieser Richtung auf den bleibenden Wert der
im Erkennen erworbenen geistigen Güter ist aber der Buddhismus weder
atheistisch, noch fehlt ihm der Unsterblichkeitsglaube, wie man, am
Maße christlicher Vorstellungen messend, ihm vorwirft. Wie der Leib
des Menschen sich in seine Elemente auflöst, so ist sein Denken und
Tun vergänglich. Doch sein Geist, der in dem bleibenden Ertrag
dieses Denkens und Tuns besteht, ist unvergänglich. Er bildet einen
Teil der ewigen Wahrheit, die als Wirkung des Denkens die fort-
während entstehenden und wieder verschwindenden Handlungen dieses
Denkens überdauert. Darum gibt es nach Buddha keine persönliche
Unsterblichkeit und keinen persönlichen Gott. Wohl aber gibt es
eine unpersönliche Unsterblichkeit, die in der unbegrenzten Fortdauer
der Früchte der Erkenntnis, und einen unpersönlichen Gott, der in der
unvergänglichen Wahrheit selbst besteht. Wenn das Selbst aus dem
Kreis der Wiedergeburten in das Nirwana eingeht, so bedeutet dies
also nicht, daß es vernichtet, sondern daß es in jenen allgemeinen
Geist aufgenommen wird, der alle Erkenntnis ab unveränderlich
bleibende Wahrheit umfaßt. Darum bedeutet das Nirwana wohl die
Negation alles Werdens und Strebens, aber es bedeutet nicht die
Negation des Seins. Vielmehr ist es der Inbegriff alles wahren Seins,
das in seinem der Vergänglichkeit des Sinnlichen entzogenen geistigen
Wesen Gott ist. Zwar fehlt auch dieser Religion des reinen Intellekts
nicht ganz das Moment des Fühlens und WoUens, das sich nun
einmal aus der menschlichen Natur nicht ausmerzen läßt. Doch beide
gehen hier völlig auf in dem Streben nach Erkenntnis und in der
Hingabc derer, die den Weg zu ihr gefunden haben, an die Fflicht|
andere den gleichen Weg zur Wahrheit zu führen^).
M Über den wesentlichen Inhalt der esoterischen Lehre Buddhas orientiert
n20 ^cf Ursprnng der Religion.
Wie anders das Christentum! Sein Ursprung lieg^ zunächst ab-
seits von den philosophischen Strömungen, die es umgeben, und die
erst später einen wachsenden Einfluß auf seine Lehrgestaltung ge-
winnen. An sich ist es aber, wie jede aus ursprünglichen religiösen
Trieben hervorbrechende Bewegung, ganz und gar eine Religion des
Gefühls und des Willens. So betätigt sich in ihm, ähnlich wie
in den meisten Kulten der gleichen Zeit, nur stärker imd ungetrübt
durch fremde, den alten Acker- oder Nomadenkulten entstammende
Beimengfungen, ein lebendiges Bewußtsein des Wertes der Persön-
lichkeit und ihres im Fühlen und Wollen zum unmittelbaren Ausdruck
kommenden selbständigen Daseins. Darum verlangt es einen per-
sönlichen Gott, eine persönliche Unsterblichkeit und einen Erlöser,
der ihm nicht bloß Lehrer und Wegweiser, sondern durch sein eigenes
Leiden und Sterben Helfer in der Not und Erretter vom Tode ist
Das höchste Gut endlich ist ihm nicht die Tugend des Erkenneos,
sondern die des Gremüts, die Liebe, die es in unendlicher Steigerung
auf die Gottheit und, gesteigert und vermenschlicht zugleich, auf den
Erlöser überträgt. In allem dem bewegt sich das Christentum im
vollen Gegensatze zur Lehre Buddhas. Weder liegt aber dieser
Gegensatz darin, daß der Buddhismus eine atheistische imd das
Christentum eine theistische, noch auch darin, daß jener eine pesä-
mistische, dieses eine optimistische Religion wäre. Beides ist falsch.
Der wirkliche Gegensatz liegt vielmehr darin, daß das Ideal des
Buddhismus die höchste Frucht des Erkennens, die Wahrheit, das des
Christentums die höchste Betätigung des Gefühls, die Liebe ist. So
unpersönlich nun und in ihrem objektiven Wesen nur in entfernter
Annäherung unserem Erkennen erreichbar die Wahrheit, so persön-
lich und im letzten Grunde für uns außerhalb der Beziehungen von
Mensch zu Mensch undenkbar ist die Liebe. Darum liegt über der
Religion Buddhas die Entsagung, über dem Christentum die Hoffnung
als vorherrschende Stimmung ausgebreitet. Doch die Entsag^ung ist
so wenig wertlos wie die Hoffnung, sondern jeder dieser Affekte hat
seine berechtigte Stellung in der Skala menschlicher Wertgefiihle,
So weit voneinander abliegend darum diese Weltanschauungen sein
K. £. Neumann, Buddhistische Anthologie^ 1S92, sowie das ansprechend geschriebene
Buch von Paul Carus, Das Evangelium Buddhas, 1895.
Die Formen der Kaltlegende. ^21
mögen, das allgemein Menschliche ist beiden gemeinsam: und so
wenig das Motiv der Liebe dem Buddhismus, so wenig fehlt das der
Entsagung dem Christentum ganz. Deshalb ist es zwar eine Ver-
irrung, wenn man das christliche Abendland mit jener Religion des
fernen Ostens beglücken will. Aber nicht minder sollte man sich
hüten, die Religion Buddhas für eine ethisch minderwertige Gestaltung
religiösen Denkens zu halten. Beide Religionen sind so verschieden
wie die geistigen Atmosphären, denen sie angehören. Eben darum
entziehen sich beide einem absoluten Maß der Vergleichung, und die
Möglichkeit ist natürlich nicht zu bestreiten, daß dereinst einmal in
einer fernen Zukunft eine Zeit kommen kann, in der sich das er-
habene Wahrheitsideal des indischen Asketen mit dem christlichen
Persönlichkeitsideal der hingebenden Liebe zu vereinigen strebt.
Sind ihrem Wesen nach die Werte dieser beiden mächtigsten
Religionen der Erde unvergleichbar, so muß nun aber unsere Wert-
beurteilung anders ausfallen, wenn sie nicht bloß den idealen Gehalt,
sondern die spekulativen und die mythologischen Bestandteile ins
Auge faßt, die die unzertrennlichen Begleiter jeder Religion sind').
Wo die Spekulation vorwaltet, wie in der esoterischen Lehre Buddhas,
da verfällt die Dogmatik dieser Wahrheitsreligion mit ihren drei Arten
des Leidens, ihren vier Stufen der Wahrheit, ihren acht Pfaden der
Erkenntnis in subtile Unterscheidungen von zweifelhaftem ethischem
Wert. Wo dagegen die Phantasie die Oberhand gewinnt, wie in
der volksmäßigen Buddhalegende, da verschwindet der religiöse Ge-
halt in einer Zauberphantastik im bekannten Stil indischer Märchen-
dichtung. Daß es an der Neigung hierzu auch bei der Jesuslegende
nicht gefehlt hat, das bezeugen uns übrigens manche der neutesta-
mentlichen Apokryphen, in denen ebenfalk die historischen oder
historisch möglichen Züge durch Wundererzählungen oder durch
Produkte phantastischer Spekulation völlig verdrängt werden'). Wenn
in den kanonischen Schriften diese Bestandteile auf ein bescheidenes
' Zur allgemeinen mytholog;ischen Charakteristik der Baddhalegende Tgl. oben
S. 485 ff.
^) Charakteristisch sind hier durch ihre Märchenepisoden besondert das soge-
nannte Protevangelium des Jacobns and die Kindheitserzählung des Thomas, sowie
die apokalyptisch-phantastischen Bestandteile der gnostischen Evangelien, vgl. Hennecke,
Xeutestamcntliche Apokryphen, 1904.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3. ^6
n22 l^cr Ursprung der Rdigion.
Maß zurückgedrängt sind, so ist das natürlich kein ZufalL Aber sdiwer-
lich beruht es darauf, daß solche phantastische Zugaben um ihrer sdbsl
willen abgewiesen wurden. Was sie fernhalten mußte, das waren
vielmehr eben die Eigenschaften, die die Jesuslegende zu einer Kult*
legende gemacht haben: die Konzentration der religiösen Bedeutung
dieser Persönlichkeit auf jene Momente der Lebens- und Leidens-
geschichte, die im Kultus fortan dem Gemüt des Christen als magische
Symbole des Gedankens der hingebenden Liebe und der durdi sie
gewonnenen Erlösung vorgeführt wurden. (Jegenüber diesen die rdi-
giöse Grundstimmung des Christentums ausdrückenden Motiven er-
scheinen jene Ausschmückungen als heterogene Beimengimgen, die
ganz und gar dem Intellekt angehören und seinen Versuchen, der
Gottheit mit den Hilfsmitteln des Verstandes und der Phantasie nahe-
zukommen. Das ist" auch der tiefere Grund, weshalb solche m3^o-
logische Abirrungen der Jesuslegende durchweg auf den Gnostizisanis
als ihre Quelle zurückfuhren, eine Richtung, die in ihrer Tendenz, die
Religion als die höchste Tat des Intellekts zu begreifen, dem Budd-
hismus wesensverwandt ist. Denn der Intellekt gibt sich, während
er Allegorien zur Verdeutlichung seiner Begriffe künstlich erfindet,
zugleich einem Spiel phantastischer Vorstellungen hin, das die ge-
schichtliche Wirklichkeit mit Zaubertaten und Wundem umstrickt
Hätte darum die Gnosis gesiegt, so würde die Jesuslegende schwerlich
viel anders ausgefallen sein als die Buddhalegende.
Aber noch in einer andern Beziehung zeigt sich hier die Religk)n
des Gefühls und des Willens der des Intellekts überlegen: in der An-
wendung auf das Handeln, und in dem Rat, den sich der Mensch in den
Bedrängnissen des Lebens bei seiner Religion holen kann. Die Motive
der Selbstbehauptung der Persönlichkeit und der hingebenden Liebe
bedürfen keiner Interpretation, um sie in allen Lebenslagen zu Regu-
lativen des Handelns zu machen. Dem gegenüber ist das Ideal der
Erkenntnis, die reine, lückenlose Wahrheit, ein Jenseitsideal, das in
der wirklichen Welt weder erreichbar ist, noch ein Maß abgibt, an
dem man die Dinge messen kann. Höchst bezeichnend tritt uns
darum dieser praktische Unterschied zwischen der Religion des In-
tellekts und der Religion des Gefühls in den praktischen Lebens-
regeln und Ratschlägen vor Augen, die den Stiftern dieser bei-
den Religionen zugeschrieben werden. Jesus wie Buddha haben
Die Formen der Knltlegende. ^23
sie mit Vorliebe in Gleichnissen und Parabeln niedergelegt. Denn
das Gleichnis macht, wie Buddha ausdrücklich bemerkt, leichter als
die unverhüllte Lehre die Wahrheit dem allgemeinen Verständnisse
zugänglich. Doch die Probe dieser praktischen Anwendung besteht
der Buddhismus nicht. Die Gleichnisse Buddhas und die von ihm
nicht selten an ihrer Statt verwendeten Fabeln atmen im allgemeinen
den Geist eines ilachen Utilitarismus, dem selbst stark egoistische
Motive gelegentlich nicht fern liegen'). Das ist begreiflich genug.
Eine Ethik, die wesentlich eine des reinen Intellekts sein will, hat
sich noch stets gegenüber den wirklichen moralischen Motiven des
Menschen als unzulänglich erwiesen. Das Ideal der absoluten Wahr-
heit ist aber in seiner abstrakten Allgemeinheit so unbestimmt, daß
schon bei den konkreten Fragen des Erkennens und vollends bei
denen des WoUens und Handelns seine Hilfe versagt.
SchlieOlich ist nicht zu übersehen, daß der Ausbreitung des Christen-
tums eine Eigenschaft zu statten kam, die auch für seine Stellung in
dem Ganzen der religiösen Entwicklung von der höchsten Bedeutung
ist. Abgesehen davon, daß seine Kultlegende die seltene Eigenschaft
einer historischen Legende besitzt, hat sie mit den andern, mytho-
logischen Kultlegenden der gleichen Zeit nicht nur die Hauptmotive,
sondern auch die kultischen Hilfsmittel gemein, welche die im Kult
erstrebten Zwecke verwirklichen sollen. So die wesentlichsten Teile
des Rituals: die Reinigungen, die Reste des Opferkultus, endlich
die spezifischen Heiligungszeremonien mit ihrer Kulmination in dem
die Gemeinschaft mit der Gottheit herstellenden Opfermahl. Über-
einstimmend ist aber ihre Quelle auch darin, daß diese Kultlegende nicht
außerhalb der allgemeinen religfiösen Entwicklung steht, daß sie nicht
ein philosophisches Lehrgebäude enthält, das sich dann nachträglich
durch die Assimilation verbreiteter mythologischer Motive in Religion
umsetzte, sondern daß sie den Höhepunkt einer einzigen kontinuier-
lichen Entwicklung bildet, die in ihren Anfangen bis tief in den vor-
religiösen Kultus zurückreicht. So kommt es, daß schon der primi-
V Vgl. K. E. Ncamann, Reden Gotamo Buddhas, Bd. l, 1896, 3. Teil, S. laoff.
Carus;, a. a. (). S. 212 ff. Besonders tritt dies da zu Tage, wo etwa Jesos und Buddha
zufällig den gleichen oder einen ähnlichen Stoff behandeln, wie z. B. im Gleichnis
von dem verlorenen Sohn (Lukas, 15, 12 ff. Dazu Carus, a. a. O. S. 21 5 f.). Hin-
sichtlich der moralischen Fabeln Buddhas vgl. oben S. 487.
46»
^24 ^^^ Ursprang der Religion.
tive Mensch den Zeremonien des christlichen Kultus und den ent-
sprechenden Motiven der christlichen Kultlegende ein Verständnis
entgegenbringt, das er unmittelbar den Vorstellungen entnehmen
kann, die seinen eigenen im Kultus wie im individuellen Zauber-
brauch geübten Gewohnheiten entstammen. Mögen auch diese Vor-
stellungen jenen Motiven nicht völlig gleich sein, sie li^en doch so
sehr in einer und derselben Entwicklungslinie, daß nicht bloß die
äußeren Handlungen in ihren wesentlichen Merkmalen die gleichen
geblieben sind, sondern daß auch die Motive selbst zwar eine Ver-
geistigung erfahren haben, die sie weit über ihre rohen Urquellen
emporhebt, daß sie aber immer noch die Zugehörigkeit zu diesen
erkennen lassen. Das Sakrament der Taufe ist dem Primitiven, der
die magische Symbolik der Reinigung bei den verschiedensten Ge-
legenheiten übt, eine durchaus begreifliche Handlung. Den Wert
der Erleuchtung hat er oder haben Bevorzugte seines Stammes in
Vision und Ekstase schätzen gelernt In dem Sakrament des Abend-
mahls wiederholen sich ihm nicht minder Handlungen, die bei ihm
schon die Stufenfolge vom Essen des Fleisches und vom Trinken
des Blutes zur Aneignung fremder Kräfte bis zum Essen des Gottes
zur eigenen Vergöttlichung durchlaufen haben. Alle diese Hand-
lungen sind ihm verständlich, viel verständlicher als dem heutigen
Christen, der sich entweder mit ihnen als mit Geheimnissen abfindet,
die menschlichem Verständnis entzogen seien, oder der sie ablehnt,
eben weil sie ihm unverständlich sind. Begreiflich daher, daß nach
der Versicherung der Missionare alle jene christlichen Kulthandlungen
bei dem Naturmenschen keinem nennenswerten Widerstand begegnen,
und daß sie vielmehr die Hilfsmittel bieten, um sein religiöses Denken
durch die Substitution der entsprechenden christlichen Vorstellungen
zu läutern und an der Hand der ihm am leichtesten zugänglichen
religiösen Gefühle auch seine sittliche Lebensanschauung auf eine
höhere Stufe zu heben*). Nicht minder wichtig ist aber wohl die
psychologische Folgerung aus dieser Tatsache, daß das Christen-
tum nicht außerhalb der religiösen Entwicklung steht, daß es keiner
menschlich unbegreiflichen und einzigartigen Offenbarung seinen Ur-
^) C. Meinhof, Christus der Heiland auch der Naturvölker, Schriften der Berliner
evang. Missionsgesellschaft (1908).
Die Formen der Kulticgendc. 725
Sprung verdankt, sondern nur die reifste Frucht jener Entwicklung
selbst ist. Denn in ihm sind die religiösen Triebe dem Erdreich wilder
Instinkte und eines rohen egoistischen Zauberglaubens entwachsen,
und zahlreiche der mythologischen Nebenschößlinge, die ihnen ent-
sprossen, sind wieder abgestoßen, nicht ohne daß freilich die Nach-
wirkungen solcher überlebter Entwicklungsstufen noch fortan in das
spätere religiöse Leben herüberreichen. Indem nun alle die aus
Nomaden- und Ackerbaukulten, ja aus vorreligiösem Zauberbrauch
stammenden Keime religiöser Entwicklung mehr und mehr über den
Boden des sinnlichen Lebens, dem sie entstammen, hinausstreben,
wird schließlich das Objekt der Religion zu einem übersinnlichen
Ideal. Begreiflich daher, daß die frühe schon entstandene Neigfung,
auch den Ursprung der Religion ins Übersinnliche zu verlegen, diese
als ein Geschenk Gottes an die Menschheit oder an eine bevorzugte
Kultgemeinschaft anzusehen, nicht verschwunden ist, sondern mit der
r>l^bung des religiösen Ideals eher zu- als abgenommen hat. Nichts-
destoweniger ist diese Verwechslung des Gegenstandes der Religion
mit ihrem Ursprung ein Irrtum, den allerdings nicht die historische
Betrachtung einer einzelnen Religion, wie des Christentums, be-
seitigen kann, der aber gegenüber der psychologischen Entwicklungs-
geschichte der Religion überhaupt unwiederbringlich selbst zu einem
jener Wahngebilde wird, die der Rückfall in überlebte mythologische
Vorstellungen da hervorbringt, wo man für das menschliche Denken und
Handeln neben den in ihm wirksamen psychologischen Gründen noch
andere sucht, die einer äußeren Wunder- und Zauberwelt angehören.
So gewiß es ist, daß in den Objekten der Religion von Anfang an
der Trieb liegt, aus dem Umkreis der sinnlichen Umgebung und der
ihr angehörenden Motive der Furcht und des Hoffens schließlich ganz
sich zu einem transzendenten Ideal zu erheben, so unzweifelhaft ist
es, daß dieser Trieb und demnach die Religion selbst dem Menschen
immanent ist. Sie ist es freilich nicht in dem Sinne, daß die Gottes-
idee oder irgend eine andere der im Laufe der Entwicklung zur
Herrschaft gelangten religiösen Ideen von Anfang an in den Men-
schen gelegt wäre; wohl aber in dem, daß schon vor dem Anfang
der im eigentlichen Sinne religiösen Entwicklung überall in dem
Menschen die Anlagen ruhen, vermöge deren sich aus den yor-
religiösen die religiösen Triebe entwickeln, und diese wiederum aus
^20 ^cf Ursprung der Religion.
ihren niederen in ihre höheren Formen übergehen. In dieser Im-
manenz der Religion wurzelt endlich auch noch der Wert, welchen
die den höheren Stadien der religiösen Entwicklung eigentümliche
Ausbildung einer Kultlegende, und unter ihnen wieder vornehmlich
die einer historischen Kultlegende, wie sie das Christentum
hervorgebracht, für die Religion besitzt. Was ihm selbst immanent
ist, und was er, wenn auch unbestimmt, als religiöses Ideal in sich
fühlt, das will der Mensch in menschlicher Form verwirklicht sehea
Das leistet ihm aber nicht ein unsichtbarer überweltlicher Gott, sondern
der Gott, der selbst als Mensch unter Menschen gewandelt, ihr Le-
ben geteilt und ihre Leiden bis zum Tode getragen hat.
IL Das Wesen der Religion.
I. Die Religion als psychologisches Problem.
Die Anfänge einer Philosophie der Religion gehen bekanntlich bis
in die Anfange der Philosohpie selbst zurück. Doch die Überzeugung,
daß hier der philosophischen eine psychologische Untersuchung vor-
angehen müsse, die zunächst über die seelischen Erlebnisse Rechen-
schaft gebe, die man unter dem Gesamtbegriff der Religion zusam-
menfaßt, — diese Überzeugung ist verhältnismäßig sehr neuen Datums.
Freilich, latent sind irgend welche psychologische Voraussetzungen
auch in den spekulativen Theorien über die Natur der Religion ent-
halten. So, wenn sie Schleiermacher als »Gefühl schlechthiniger
Abhängigkeit« definiert, oder Hegel sie als ein »Wissen des Abso-
luten in der Form der Vorstellung« der Philosophie als dem begriff-
lichen Wissen gegenüberstellt, — Bestimmungen, die zugleich auf
die zwei Richtungen hinweisen, nach denen die vielen Versuche,
der Religion durch eine allgemeine Definition nahe zu kommen,
auseinandergehen. Auf der einen Seite verlegt man sie in das
Gefühl und den Willen, auf der andern Seite in das Erkennen. Im
ersteren Sinne wird sie bald aus dem Glücksbedürfnis, bald aus dem
Streben nach sittlicher Vollendung, im zweiten aus der Annahme
geistiger Wesen, aus dem Kausalbedürfnis oder auch aus einer im-
mittelbaren Offenbarung des Göttlichen im menschlichen Bewußtsein
Die Religion als psychologisches Problem. ^27
abgeleitet. Dabei ist es übrigens bezeichnend, daß die einer psycho-
logischen Interpretation näherstehenden Auffassungen meist nicht
von Philosophen, sondern von Vertretern der positiven Wissen-
schaften herrühren, und daß unter ihnen die Theologen, soweit sie
nicht auf dem in der zuletzt erwähnten Definition vertretenen Offen-
barungsstandpunkte stehen, mehr dem Voluntarismus, die Anthro-
pologen mit Einschluß der Psychologen dem Intellektualismus sich
zuneigen. Daraus kann natürlich nicht gefolgert werden, daß die
eine oder die andere Auffassung die wissenschaftlich besser begrün-
dete sei, sondern lediglich dies, daß es verschiedene Gebiete des
wissenschaftlichen Denkens sind, in denen sich beide bewegen. Der
Theologe, der von den ethischen Anschauungen der höheren Reli-
gionen herkommt und nach der praktischen Richtung seines Berufs
vorzugsweise der erhebenden und tröstenden Wirkung religiöser Stim-
mungen zugewandt ist, bevorzugt naturgemäß, falls ihm nicht etwa
Religion und Dogma zusammenfallen, die Gefiihlsseite der religiösen
Erscheinungen. Der Anthropologe und Ethnologe, dessen Interesse
zunächst durch das ihm selbst Fremdartigste, durch die Vorstellungen
der primitiven Völker, gefesselt wird, bringt diesen die ihm geläufigen
Voraussetzungen der Vulgärpsychologie entgegen; und er tut das
um so harmloser, als jene Vorstellungen keineswegs eine Antwort
auf das enthalten, was man späterhin religiöse Fragen zu nennen
pflegt, sondern als sie sich auf die nächsten wie auf die fernsten
Dinge, auf die Ursachen der Krankheit und die Bewegfung der Ge-
stirne ebenso wie auf das Schicksal der Seele nach dem Tode und
auf eine unsichtbare, himmlische und unterirdische Welt beziehen. So
entsteht denn leicht die Anschauung, die Religion sei primitive Wissen-
schaft; sie werde jedoch als solche allmählich von der wirklichen
Wissenschaft verdrängt, um schließlich nur noch als ein nicht beweis-
barer, aber auch nicht widerlegbarer Glaube an Dinge, die der Wissen-
schaft definitiv unzugänglich sind, zurückzubleiben. So entsteht die
Theorie des »Agnostizismus«, wie sie Herbert Spencer, der bedeutendste
und konsequenteste Vertreter des Intellektualismus in der neueren
Psychologie, entwickelt hat. Daß Spencer und andere Soziologen,
trotz der Beschäftigung mit den in das Gebiet der Religion her-
überreichenden Erscheinungen des sozialen Lebens, an dieser An-
schauung festhielten, erklärt sich übrigens daraus, daß sie bis zu
y28 ^ci" Ursprung der Religion.
jenem Punkte des definitiv Unerkennbaren der verbreiteten Form der
intellektualistischen Theorie zugetan waren, wonach Mythus und Reli-
gion Vorstufen oder niedere Formen der Erkenntnis seien.
Eine Kritik dieser Theorien, sowohl der emotionalen wie der in-
tellektualen, soll hier nicht unternommen werden. Eine solche li^
um so mehr abseits unserer Aufgabe, als der psycholog^che Stand-
punkt, von dem man beiderseits ausging, abgesehen von der Ver-
schiedenheit der psychologischen Richtungen, ein übereinstimmender
blieb. Dieser Standpunkt ist durchweg derjenige der Individual-
psychologie, und zwar nicht bloß in dem Sinne, daß man zur
Interpretation der Erscheinungen die Tatsachen des individuellen Be-
wußtseins herbeizog, was natürlich unvermeidlich ist, sondern auch
in dem andern, daß man ausschließlich aus den religiösen Stimmungen
und Erlebnissen des individuellen Bewußtseins oder aus der Beobach-
tung religiös hochgestimmter Individuen einen Begriff der Religfion
zu gewinnen suchte. Hat doch selbst ein in so besonderem Grade
psychologisch gerichteter Religionsphilosoph wie Höffding es nach-
drücklich abgelehnt, für die Erkenntnis des Ursprungs der Religion
die Religionsgeschichte zu Rate zu ziehen, und statt dessen vielmehr
auf gute Biographien, zumal Selbstbiogfraphien religiöser Persönlich-
keiten hingewiesen^). Ich möchte dem nicht einmal für die Ge-
schichte der großen Völkerreligionen beipflichten, auf die es Höffding
bezieht. Stehen doch die religiösen Persönlichkeiten, die er im
Auge hat, ein Augustin, Suso oder eine heilige Therese, selbst in-
mitten einer jener großen Religionen, ohne die die eigenartige Form
ihrer Religiosität nicht zu verstehen ist. Noch mehr gilt das, wenn
man jenen Satz auf die gesamte Religionsgeschichte von ihren An-
fängen an beziehen wollte. Freilich lehren uns so manche verfehlte
Theorien, die auf dem Boden der Religionsgeschichte oder einzelner
ihrer Teile erwachsen sind, daß auch die Geschichte allein vor Ir-
rungen hier nicht zu bewahren vermag. Sicherlich kann man ein
trefflicher Religionshistoriker und doch ein schlechter Religions-
psycholog sein. Wenn wir aber näher zusehen, wie solche Irrungen
entstanden sind, so zeigt es sich regelmäßig, daß sie entweder in
dem willkürlichen Herausgreifen eines einzelnen, und vielleicht nicht
') H. Höffding, Religionsphilosophie, 1901, S. 86.
Die Religion als psychologisches Problem. yzQ
einmal des religiös bedeutsamsten Zuges der Geschichte, oder noch
häufiger, daß sie wiederum in der Individualpsychologie in ihrer
vulgären rationalisierten Form ihre Quelle haben. Besten Falls
sucht man wohl auch in der Kinderpsychologie zunächst für die An-
fänge der Religion, bisweilen aber sogar für die großen Kultur-
religionen der Alten Welt den Schlüssel zu finden. In Wahrheit
ist aber die Religion weder ein Problem der Individualpsychologie
noch ausschließlich ein solches der Geschichte, sondern jene hat
der Geschichte und der sie in ihren Anfangen ergänzenden Völ-
kerkunde den StofT und der Psychologie die Gesichtspunkte der
Untersuchung zu entnehmen. Das bedeutet nach dieser psycho-
logischen Seite nicht, daß hier die Denk- und Gefuhlsweise des
psychologischen Beobachters selbst oder des heutigen Kulturmenschen
überhaupt, sei dieser auch eine besonders hochgestimmte religiöse
Persönlichkeit, in die Erscheinungen der religiösen Entwicklung hin-
übergetragen werden soll, sondern es bedeutet, daß man auf Grund
der beobachteten und überlieferten Tatsachen und der allgemeinen,
vor allem im Gebiet der elementareren Funktionen des Seelenlebens
gewonnenen Ergebnisse sich in die Psychologie eines unter fremden
Natur- und Kulturbedingungen stehenden Menschen versetzen und
daraus ein psychologisches Verständnis der religiösen Motive und
ihrer Fortentwicklung gewinnen muß. Eben das aber ist hier, wie
überall, die Aufgabe der Völkerpsychologie. Die Religion ist dem-
nach von Hause aus ein völkerpsychologisches, kein individualpsycho-
logisches Problem.
Daß sie das letztere nicht ist, das bezeugen nun auch die Er-
gebnisse, zu denen die Versuche, eine Religionspsychologie auf der
Grundlage jener individuellen Beobachtungen zu gewinnen, gelangt
sind. Auch wo sie wirklich auf dem Boden der Psychologie ver-
blieben und nicht etwa von Anfang an einer aus ganz andern Über-
zeugungen entsprungenen metaphysischen oder ethischen Theorie
zusteuerten, da verfehlten solche Versuche durchweg schon die nächste
Aufgabe, deren Lösung überhaupt erst den Zugang zu einer Psycho-
logie der Religion eröffnen kann: die der Unterscheidung von
Mythus und Religion. Diese Aufgabe liegt in der Tat so sehr
im Argen, daß es eine große religionswissenschaftliche Partei gibt,
für die ein Unterschied überhaupt nicht existiert. Zu ihr gehört die
y^O ^^ Ursprung der Religion.
Mehrzahl der Ethnologen, aber auch eine nicht geringe Anzahl von
Philologen und Historikern, die sich mit der Mythologie und Reli-
gionsgeschichte der alten Kulturvölker beschäftigen. Dies hat frei-
lich seinen begreiflichen Grund darin, daß von Anfang an Mythus
und Religion auf das innigste verwebt sind, ja daß es auf weite
Strecken hinaus überhaupt keine Religion außer in mythologischer
Form gibt. Aber Verbindungen, selbst wenn sie sich zu Verschmel-
zungen steigern, bedeuten doch keineswegs eine Identität der Be-
standteile, sondern gerade hier erhebt sich um so mehr die Auf-
gabe, jene aus ihrer Verbindung zu lösen imd jeden nach den
ihm eigenen Merkmalen zu fixieren. Unter diesem Gesichtspunkte
kann es nun keinen Augenblick zweifelhaft sein, daß jede Mythologie
zahlreiche Vorstellungen enthält, die mit Refigion nicht das Aller-
geringste zu tun haben. Wenn die Seele mit dem letzten Atemzug
des Sterbenden aus dem Körper entweicht, wenn sie nach dem Tode
im Traumbild wiedererscheint, so sind das an und fiir sich keine
religiösen Vorstellungen. Sie sind allerdings ebenso wenig sogenannte
»Erklärungen«, sondern unmittelbare, unter der assimilativen Wirkung
verwandter Erlebnisse entstandene Anschauungen (Teil I, S. 584 ff.).
Nicht anders verhält es sich mit der Auffassung der Gestirne, Wolken,
Winde und anderer Naturerscheinungen als lebender Wesen und mit
der Mehrzahl der Mythenmärchen und Sagen, die, auch weim ihr
Inhalt geglaubt wird, im allgemeinen mit dem Märchen und der Sage
späterer Zeiten die religiöse Bedeutungslosigkeit teilen. Denn der
einzige allenfalls entscheidende, aber keineswegs konstante Unter-
schied, daß die mythologischen Überlieferungen geglaubt werden,
bildet kein Zeugnis für ihren religiösen Inhalt: sonst könnte man mit
dem gleichen Rechte jede erfundene Geschichte, die bei irgend einem
Menschen Glauben findet, zu dem Bestand seiner religiösen Über-
zeugungen zählen. Der Mythus umfaßt eben, solange das mytho-
logische Denken allein das Bewußtsein beherrscht, die gesamte Welt-
anschauung eines Volkes: er ist ebensogut Vorstufe künftiger Wissen-
schaft, wie er das Handeln an Stelle der ihn später ablösenden
praktischen Maximen leitet. Die Sonderung der einzelnen Lebens-
gebiete aus dem ursprünglich sie alle umfassenden mythologischen
Ganzen erfolgt aber für die einzelnen zu sehr verschiedener Zeit, und
sie erfolgt, wie wir das vor allem aus der Geschichte der Natur-
Die Religion als psychologisch et Problem. j^i
anschauung wissen, sogar für die einzelnen Teile eines und desselben
Gebietes sehr ungleichmäßig. Am dauerndsten bleibt der Mythus
begreiflicherweise bei den Vorstellungen bestehen, die sich auf eine
Welt jenseits der wirklichen und auf ein Leben nach dem Tode, kurz
auf einen Inhalt beziehen, der jeder erfahrbaren Wirklichkeit ent-
zogen ist. Insofern nun dieser Inhalt zugleich dem Gebiet der Re-
ligion angehört oder an es angrenzt, ist es verständlich, daß unter
allen Lebensgebieten die Religion am dauerndsten mit mythologischen
Elementen verwebt ist. Je schwieriger es aber darum sein mag, im
einzelnen Fall Religiöses und Mythisches zu sondern, um so notwendiger
ist dies, soll der Begriff der Religion überhaupt gegenüber solchen
mythologischen Trübungen klargestellt werden. Da nun Mythus und
Religion beide psychologische Bildungen sind, so ist diese Sonderung
ebenso eine mit Hilfe der ethnologischen und historischen Tatsachen
zu lösende psychologische Aufgabe, wie es auf der andern Seite eine
historische Aufgabe ist, auf Grund psychologischer Merkmale und
geschichtlicher Zeugnisse die mythologischen von den tatsächlichen
Bestandteilen historischer Sagen und Legenden zu scheiden.
Der Schwierigkeit jenes völkerpsychologischen Problems entgehen
nun freilich diejenigen, die die Religion von vornherein ausschließ-
lich unter dem Gesichtspunkt der Individualpsychologie betrachten.
Indem sie von den geschichtlichen Erscheinungsweisen derselben
ganz abstrahieren und ihre Untersuchung auf die Frage konzentrieren,
was ein Mensch unter den Bedingungen unserer heutigen oder einer
von ihr nicht allzu verschiedenen Kultur erlebe, wenn in ihm religiöse
Gefühle und Vorstellungen entstehen und sich in entsprechenden
Handlungen äußern, kommen sie mit der Frage nach dem Verhältnis
von Mythus und Religion überhaupt nicht in Berührung. Das Reli-
giöse ist dann von vornherein ein Erlebnis, das nach seiner Inten-
sität und nach zufälligen äußeren Bedingungen variieren mag, im
übrigen aber ebenso über allen Wandel der Zeiten erhaben ist, wie
die allgemeinen Eigenschaften des Bewußtseins nach der Voraus-
setzung der Individualpsychologie überall als die nämlichen wieder-
kehren. Wollte man freilich die durch diesen Standpunkt zunächst
gebotene Bewußtseinsanalyse strenge durchführen \ind bei beliebigen
Individuen zur Anwendung bringen, so würde sie angesichts der un-
geheuer verwickelten Bedingungen, unter denen innerhalb der gegen-
^7 2 ^^^ Ursprang der Religion.
wältigen Kultur ein einzelnes Bewußtsein stehen kann, schwerlich
zu einem Ergebnisse kommen. Wahrscheinlich würde sich, wenn
man innerhalb eines größeren und möglichst gemischten Kreises Um-
frage hielte, dieser Kreis ungefähr in drei Gruppen teilen: in eine
erste, die die Religion für eine heilige, auf einer ursprünglichen Offen-
barung beruhende Überlieferung erklärte; in eine zweite, die be-
hauptete, von spezifisch religiösen Erlebnissen überhaupt nichts zu
wissen; und endlich in eine dritte, die dieses Erlebnis als eine feier-
liche, die Seele über die Bedürfnisse und Sorgen des Alltags er-
hebende und in guten Vorsätzen bestärkende Gesinnung schilderte.
Natürlich können auch Übergänge zwischen diesen Gruppen, nament-
lich der ersten und der dritten vorkommen. Im ganzen aber ist klar,
daß, wo sie reinlich geschieden einander gegenüberstehen, die Aus-
sagen der ersten und der zweiten Gruppe im Grunde gleich inhalts-
leer sind. Denn auch da, wo sich das religiöse Erlebnis als eine
bloße Sache der Überlieferung gibt, ist es ja nur eine äußere ge-
dächtnismäßige Aneignung. Dieser Mißerfolg macht es denn auch
verständlich, daß die Psychologen, die dieser Richtung folgen, hier
auf die sonst von ihnen geübte vergleichende Methode verzichten,
und statt dessen einen Weg einschlagen, den man in der empi-
rischen Logik das Verfahren der > ausgezeichneten Fälle« zu nennen
pflegt. Biographien, Selbstbekenntnisse, Erlebnisse religiöser Persön-
lichkeiten sind die Quellen, aus denen man zu schöpfen sucht. Da
bieten sich denn auf der einen Seite die selbstquälerischen Grübler,
die, von tiefer Seelennot erfüllt, nach religiösem Trost verlangen ; auf
der andern die ekstatischen Visionäre, die mit ihren Gedanken und Ge-
fühlen in einer künftigen Seligkeit schwelgen. So ist die Gesellschaft,
in die wir durch diese Sammlungen religiöser Selbstzeugnisse versetzt
werden, eine äußerst gemischte. Neben den großen Gestalten eines
Augustin und Franz von Assisi fehlt es nicht an subalternen Persönlich-
keiten von zweifelhaftem Werte, von den dem Psychiater geläufigen
Typen des religiösen Wahnsinns an bis herab zu den Hysterischen
und Neurasthenikern gewöhnlichen Schlags, denen bekanntermaßen
ein Zug religiöser Schwärmerei nicht selten eigen ist'). Demnach
^) W. James, The Variation of religious Experience, 1902. Deatscfai von
G. Wobbermin u. d. T. Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit, 1907. Über
*Die Religion als psychologischei Problem. y^^
ist diese Sammlung ausgezeichneter Fälle allenfalls eine Kasuistik zur
religiösen Pathologie; aber eine Religionspsychologie ist sie nicht
Sie weiß weder zu sagen, wie Religion entstanden ist, noch wie sie
sich entwickelt hat, noch auch, was sie in unserer heutigen Kultur,
der sie vorzugsweise ihre Beispiele entlehnt, bedeutet. Über alles das
gibt sie ebensowenig Aufschluß, wie sich etwa aus der Ideenilucht
des Geisteskranken die allgemeinen Normen der Erkenntnis entnehmen
lassen. Gewiß haben Vision und Ekstase fiir die Geschichte der
Religion ihre große Bedeutung. Doch bilden sie überall nur einen
Teil der religiösen Erscheinungen, und viele unter ihnen gehören
nicht der Religion als solcher, sondern, wie die Geschichte der Jen-
seitsvorstellungen lehrt, ihrem m3^ologischen Beiwerk an. Mag in
diesem speziellen Fall die Beobachtung heutiger Visionäre immerhin
ein gewisses Licht werfen auf die Entstehung solcher Vorstellungen
in 2^iten gesteigerter religiöser Erregung, den Motiven, die diese
Zeiten bewegen, steht diese »pragmatische Methode« ebenso hilflos
gegenüber, wie allen andern Fragen, bei denen sie mit der Religions-
geschichte in Berührung kommt. Zu den Glaubensanschauungen der
positiven Religionen, aus denen wir doch zunächst den B^rriff dessen
zu nehmen haben, was Religion ist, verhält sich daher der Prag-
matiker ungefähr ebenso, wie ein wohlwollender Aufklärungsphilosoph
des i8. Jahrhunderts. Er sucht sie nicht nach den psychologischen
Bedingungen der gesamten religiösen Entwicklung, innerhalb deren sie
stehen, zu begreifen, sondern er betrachtet sie losgelöst von allen
diesen Beziehungen, lediglich nach dem Nutzen, den sie etwa iiir die
religiösen Zwecke des heutigen Menschen besitzen mögen. Diese Über-
einstimmung trotz der sonstigen Verschiedenheit der Standpunkte ist
begreiflich. Das einigende Band zwischen dem Aufldärungsphilosophen
von ehedem und dem Pragmatiker von heute ist das Nützlichkeit»-
prinzip, das ebenso jenen in seiner rationalistischen Beleuchtung der
christlichen Dogmen, wie diesen in seiner Deutung der religiösen
Gefühle leitet. Bei der Unbestimmtheit der hier den religiösen Me-
lancholikern und Ekstatikem gemeinsamen Geiiihle bietet dann die
Sammlung solcher Einzelerlebnisse einen Spielraum für die Auf-
dic »pragmatische Methode« im allgemeinen vgl. James, Pragmatlsm, I9<>7« l^ttc
von W. Jerusalem, 1908.
I '^/'n
•j^^ Der Uripnmg der Religion.
fassung der Religion selbst, der weit genug ist, um sie der Haupt-
sache nach schließlich hier so gut wie dort der Willkür des Philo-
sophen anheimzugeben. So kann man sich denn auch dem Eändruck
nicht verschließen, daß die Definitionen der Religion, welche die
pragmatischen Psychologen auf Grund ihrer Auslese ausgezeichneter
Fälle geben, möglicher Weise auch ohne eine solche Induktion ge-
wonnen werden könnten. So wenn die Religion eine »Option, die
bedeutungsvoll und unumgänglich ist« oder die »H3T>othese von Gott«
nach pragmatischen Grundsätzen wahr genannt wird, »wenn sie im
weitesten Sinne des Worts befriedigend wirkt« *), oder endlich, wenn
als die > wahrste Religion diejenige bezeichnet wird, die das beste
Leben erzeugt und befördert«'). Man könnte diese Definitionen ruhig
in den Utilitarismus und Opportunismus des i8. Jahrhunderts ver-
pflanzen, und vielleicht würde niemand gewahr werden, daß sie einem
andern Boden entstammen. Daß sie im einen Fall intellektualistisch,
im andern voluntaristisch gefärbt sind, macht um so weniger einen
wesentlichen Unterschied, als doch auch das Gefiihl zuerst in ein
reflexionsmäßiges Wollen übertragen wird, ehe man sich über seinen
Inhalt Rechenschaft zu geben sucht.
Nun liegt ein nicht zu verkennender Fortschritt über die bis-
herige Stellung utilitarischer Ethik und Religionsphilosophie immer-
hin schon darin, daß die pragmatische Theorie wenigstens dies
ihren Beispielen entnommen hat, die Wurzeln der Religion nicht
oder doch zum allergeringsten Teil im Gebiet des Erkennens,
sondern in dem des Fühlens und Wollens zu suchen. Doch die-
ses Resultat bleibt unfruchtbar, weil die Anwendung der Methode
ebenso unzulänglich wie das Erfahrungsgebiet falsch gewählt ist, auf
das sie angewandt wird. Ausgezeichnete Fälle sind brauchbar, wenn
man sicher sein kann, daß sie alle wesentlichen Merkmale an sich
tragen, die dem untersuchten Gegenstand eigen sind. Davon trifft
aber hier das Gegenteil zu: Beispiele psychischer Depression und
Exaltation sind ebenso wenig in ihren religiösen wie in andern
Äußerungen für das Ganze der psychischen Motive maßgebend; und
religiöse Motive, die man innerhalb eines beschränkten Kulturgebiets,
') James, Der Wille zum Glauben, deutsch von Th. Lorenz. Pragmatismus, übers,
von Jerusalem, 1908, S. 192.
') F. C. Schiller, Studies in Humanism, 1907, p. 368 f.
Die Religion als psychologisches Problem. y^c
vollends auf Grund willkürlich bevorzugter Merkmale, zu ermitteln
sucht, lassen sich nimmermehr auf das Ganze der religiösen Ent-
wicklung übertragen. Denn das psychologische Problem der Religion
liegt überhaupt nicht oder doch höchstens indirekt, insofern wir nämlich
in der Psychologie nirgends der Analyse des Einzelbewußtseins ent-
raten können, im Gebiet der Individualpsychologie. Wir können
Religion nicht begreifen, wenn wir nicht zu verstehen suchen, wie sie
geworden ist. Sie aus den Bekenntnissen eines aus christlichen Lehr-
überlieferungen und griechischer Philosophie schöpfenden Mannes wie
Augustin oder gar aus den Selbstbekenntnissen moderner Mystiker
erkunden zu wollen, ist ein Unternehmen, das von vornherein zur
Ergebnislosigkeit verurteilt ist. Wie alle historischen Schöpfungen,
so und mehr noch als die meisten andern, kann man weder das
religiöse Leben der Gegenwart noch die Religion überhaupt ver-
stehen, ohne sich darüber Rechenschaft zu geben, wie sie geworden
sind. Die Entwicklungsgeschichte von Mythus und Religion, die dieses
Werden in sich schließt, ist aber wiederum keine rein historische,
sondern eine psychologisch-historische, also eine völkerpsychologische
Aufgabe. Denn nur als psychologische Entwicklungsgeschichte der
mythologischen und religiösen Motive kann sie dieser Aufgrabe nach-
kommen.
In den vorangegangenen Kapiteln ist nun der Versuch gemacht
worden, die Hauptphasen jener Entwicklung zu schildern. Dabei
mußte auf Grund allgemeingültiger psychologischer Erwägungen der
Kultus als das äußere Merkmal vorangestellt werden, das zwar an
sich selbst noch nicht für einen religiösen Inhalt der Handlungen
entscheidend, das aber für die Kennzeichnung vor allem der früheren
Stufen der Religion unerläßlich ist. Denn mag immerhin schließlich
eine Tiefe der religiösen Gesinnung möglich sein, die auf äußere
Symbole verzichtet, in der Gesamtentwicklung der hierher gehörigen
Erscheinungen kann es zwar möglicherweise einen Kultus geben,
den wir noch nicht Religion nennen, aber es gibt keine Religion,
die nicht in Kultushandlungen nach außen tritt, weil jeder irgendwie
lebendig das Bewußtsein ergreifende Trieb naturnotwendig in Hand-
lungen sich äußert. Eine Religion, die von Anfang an bloß in
theoretischen Überzeugungen oder subjektiven Stimmungen ohne
äußeren Effekt bestünde, ist daher ein psychologisch unmöglicher Be-
y^t I^er Ursprang der Religion.
griff, Schon darum ist also der Versuch, aus den Schildeningen rein
subjektiver Stimmungen und Gefühle einen Aufschluß über das Wesen
der Religion zu gewinnen, ebenso verkehrt, wie die immer wieder auf-
tauchende Behauptung eines primitiven Monotheismus , der in der
bloß theoretischen Überzeugrung von der Existenz eines höchsten
Wesens bestehen soll. Sie ist samt allen aus dieser Annahme ge-
zogenen Folgerungen von einer allmählichen Erhebung eines solchen
ursprünglich jeder Verehrung entbehrenden Gottes eine psychologische
Unmöglichkeit *). Doch eben deshalb, weil der Kultus infolge jener
natürlichen Verbindung von Fühlen und Handeln möglicherweise aus
den verschiedensten Affekten der Furcht und der Hoffnung hervor-
gehen kann, ist er auch an sich noch kein Kriterium für die spezifisch
religiösen Motive. Hier tritt nun als ein nächstes Merkmal das der
Gemeinschaft hinzu (S. 597). Indem es innerhalb eines bestimmten
Bevölkerungskreises die Allgemeingültigkeit der dem Kultus zugrunde
liegenden Motive bekundet, gibt es den hierher gehörigen Kultformen
einen höheren Wert und einen zwingenderen Charakter, der ihnen
eine dauernde Nachwirkung sichert, so daß sie jetzt in eine in auf-
steigender Richtung sich bewegende Entwicklung eintreten können.
Aber auch damit ist die religiöse Natur eines solchen Kultus noch
nicht verbürgt, wie denn zahlreiche Zauberkulte als Gemeinschafts-
kulte vorkommen, von denen direkt keine Brücke zu kultischen Hand-
lungen hinüberfuhrt, die wir noch auf den späteren Stufen dieser Ent-
wicklung als religiöse anerkennen. Eine solche Kontinuität muß
jedoch notwendig vorhanden sein, wenn wir nicht die Religion über-
haupt zu einem völlig unbestimmten Begriff machen wollen, der alle
möglichen disparaten Elemente in sich vereinigen kann. Da ist es
nun eine zweite Erscheinung, die mit einem Male dem Kultus wie
den Motiven, aus denen er entspringt, eine neue Richtung gibt: das
ist der Übergang des Dämonen- in den Götterkultus. Um die Be-
deutung zu ermessen, die dieser Übergang für die religiöse Entwicklung
besitzt, müssen wir uns der drei Eigenschaften erinnern, die der Be-
griff des Gottes in sich schliesst. Es sind die des über- oder unter-
irdischen oder irgendwie sonst der gewöhnlichen sinnlichen Wahr-
') L. von Schroeder, in den Beiträgen zur Weiterentwicklung der christlichen
Religion von Deißmann, Domer, Eucken u. a., 1905, S. 17 ff. Vgl. dazu oben S. 404£l^
Die Religion als psychologische! Problem. n-i'j
nehmung entrückten Wohnorts, der Unsterblichkeit, und endlich einer
von menschlichen Sorgen befreiten Seligkeit, wie sie in sinnenfalliger
Form vor allem in einer besonderen Götterspeise und einem besonderen
Göttertrank, durch die sich die Götter- von der Menschenwelt scheidet,
zum Ausdruck kommt (S. 3 34 ff.)- Indem sich nun mit diesen Eigen-
schaften auch noch die andern, die schon den Dämonen zukamen,
in gesteigertem Grade verbinden, werden die Götter zu Natur- und
Schicksalsmächten, die der Mensch durch den ihnen geweihten Kultus
zu gewinnen strebt, und in deren eigenstes Wesen er mehr und mehr
die gütige Gesinnung verlegt, von der er in der Not des Lebens und
in der Furcht vor dem Tode Rettung und Hilfe hofft. So treten uns in
den Göttern zum erstenmal die Bilder von Wesen entgegen, die sinn-
lich und menschlich und doch soweit möglich übersinnlich und über-
menschlich, der sinnlichen Umgebung entrückt und dennoch mensch-
lichem Streben erreichbar gedacht werden. Auf diese Weise entfalten
sich in dem Götterkultus zuerst in der Beziehung menschlichen Tuns
und Leidens auf höchste ideale Wesen religiöse Motive. Es schließt
sich nun aber auch, je mehr diese Götterwelt durch die mythenbildende
Phantasie ausgestaltet wird, immer fester das Band zwischen Kultus
und Mythus. Ohne Mythus kein religiöser Kultus. Die Gegenstände,
in denen sich die Gefühle der Abhängigkeit von über ihm stehenden
Welt- und Schicksalsmächten verdichten, muß sich der Mensch in
sinnlich anschaulichen Bildern gegenüberstellen, wenn sie eine dauernde
Wirkung auf sein Denken und Handeln gewinnen sollen. Damit treten
bildende Kunst und mythologische Dichtung in den Dienst der Religion,
die sie zugleich mit einem reichen Kranz von Phantasieschöpfungen
fremdartigen und teilweise widersprechenden Ursprungs umgeben.
Gerade diese Dissonanz der den Göttermythus zusammensetzenden
Motive, die ihren schärfsten Ausdruck in dem Kampf der Philosophie
gegen den Mythus findet, fuhrt nun aber auch die religiöse Ent-
wicklung von dieser Stufe sinnlicher Gebundenheit, die der mytho-
logische Götterkult nicht zu überwinden vermag, zu einer weiteren:
zu dem Glauben an eine ideale, übersinnliche Welt, in der das mensch-
liche Streben und Handeln mit eingeschlossen liegt, und in der sich
der Mensch die Ideale seines eigenen Strebens verwirklicht denkt
Damit verschwinden nicht die Göttcrvorstellungen , und eine feste
Grenze zwischen dem Stadium, wo die Götter noch als überragead^^
W u n d t , Völkerpsychologie II, 3. 47
yag ^^^ Ursprung der Religion.
Menschen, und dem, wo sie ganz als übersinnliche Wesen gedacht
werden, läßt sich darum nicht ziehen. Hier greift nun aber als ein
vermittelndes Moment die Vorstellung des Symbols ein, das selbst
wieder einen wichtigen Bedeutungswandel durchläuft. In den Anfangen
des Götterkultus werden die Götter genau so als wirklich existierend
gedacht, wie sie vorgestellt werden, oder — was hier fiir die flüchtige
subjektive Vorstellung frühe schon eintritt — wie sie als die von
der Kunst ausgebildeten Idealgestalten zu allgemeiner Anerkennung
gelangen. Dann wandelt sich diese Vorstellung der unmittelbaren
Wirklichkeit im selben Sinne in den eines realen Symbols um, in
welchem auch die Kulthandlungen zu realen oder magischen Sym-
bolen geworden sind (S. 602 ff.). Das Götterbild ist jetzt nicht mehr
selbst der Gott, aber es ist sein reales Symbol, da die Gottheit beim
Kultus in ihm ihren Sitz hat und durch dasselbe magische Wirkungen
ausübt. Dann, auf einer weiteren Stufe, wandelt sich das reale in
ein ideales Symbol um: die magische Wirkung des Götterbildes
schwindet. Aber des Bildes selber bedarf man fortan als eines sub-
jektiven Verstärkungsmitteis der religiösen Gefühle. Zugleich bietet
sich in der hier einsetzenden Aufnahme der Idee des Gottmenschen,
des im Kultus verehrten Gottes, der als Mensch auf Erden gewandelt,
ein wirksames Mittel der Rückkehr von dieser idealen zur realen Be-
deutung des symbolischen Bildes. So hat im christlichen Kultus das
konventionelle Christusbild in den Vorstellungen der Christenheit
mindestens eine zwischen Ideal und Wirklichkeit schwankende Be-
deutung gewonnen, und bei einem großen Teil des katholischen
Volkes bewahren neben Jesus die Gottesmutter, die Apostel und
Heiligen eine ähnliche reale Bedeutung. Doch in dem Maße, als diese
schließlich dennoch schwindet, beginnt auch in diesem Fall selbst das
ideale Symbol zu einer Zeit, wo in den Kulthandlungen zumeist sogar
das reale noch lebendig ist, allmählich zu verblassen. Aus dem subjek-
tiven Schwanken der Vorstellungen erhebt sich so als letzte Idee die
der Unvorstellbarkeit der Gottheit, die nunmehr als ein not-
wendiges Attribut ihres übersinnlichen und demzufolge rein geistigen
Wesens aufgefaßt wird. Damit bereitet dieser Übergang zuerst vom
realen zum idealen Symbol und dann des letzteren zur Idee dem
analogen, aber freilich hier erst in einem späteren Stadium einsetzenden
Wandel in der Bedeutung der Kulthandlungen den Weg.
Die Religion als psychologisches Problem. n^O
Eine allgemeine Begriffsbestimmung der Religion kann nun angesichts
dieses fortwährenden Flusses ihrer Entwicklung, in der es an rückläufigen
Strömungen nicht fehlt, nicht einem einzelnen dieser Stadien ent-
nommen werden. Nur daran ist festzuhalten, daß im Sinne des hier
zu fordernden allgemeinen Charakters der entscheidenden Motive und
der Kontinuität ihrer Entwicklung eine Begriffsbestimmung alle Stadien
umfassen muß von den noch in lebendiger Wirklichkeit geschauten
Göttern eines naiven Glaubens an bis zu der unter der Mitwirkung
der Philosophie entstandenen Idee einer unvorstellbaren Gottheit.
In diesem Sinne werden wir sagen können: Religion ist das Ge-
fühl der Zugehörigkeit des Menschen und der ihn um-
gebenden Welt zu einer übersinnlichen Welt, in der er
sich die Ideale verwirklicht denkt, die ihm als höchste
Ziele menschlichen Strebens erscheinen. Ideale im Sinne
höchster, vermöge der sinnlichen Schranken des Daseins an sich un-
erreichbarer und doch erstrebenswerter Lebensgüter gibt es nun von
dem Augenblick an, wo im Götterkultus eine solche ideale Welt zur
Ausbildung gelangt. Der von da an zuerst teilweise und dann all-
mählich vollständig werdende Übergang dieser Güter vom sinnlichen
auf das geistige Gebiet dagegen ist ein Prozeß, der den wesentlichen
Inhalt der religiösen Entwicklung selbst ausmacht. Damit wandeln
sich die ursprünglich sinnlichen in sittliche Ideale um, die, der
wirklichen Lebensführung entnommen, mit innerer Notwendigkeit
wieder auf diese zurückwirken und sich so zu sittlichen Lebens-
normen gestalten. Dadurch werden die religiösen Motive zu den
frühesten Triebfedern der Sittlichkeit, und die sittlichen Motive, wie
sie sich im Kontakt mit der sinnlichen Wirklichkeit gestaltet haben,
werden zum wesentlichsten Inhalt des religiösen Ideals. Indem dieser
Begriff des Ideals an sich nur eine formale Bedeutung hat, da er
lediglich die höchste Norm bezeichnet, die menschlichem Vorstellen
in einer bestimmten Richtung erreichbar ist, schließt die hieraus ent-
stehende Unbestimmtheit zugleich die ganze Fülle der religiösen Ent-
wicklungen ein. Von andern Anwendungen, in denen der Idealbegriff
vorkommen kann, scheidet sich aber das religiöse Ideal durch seine
Beziehung zu einer übersinnlichen Welt. Mag sich die Idee des Über-
sinnlichen selbst nur allmählich von dem Boden der Sinnlichkeit lösen,
auf dem sie geboren ist, so liegt doch schon in der Richtung, auf
47*
»jAQ Der Ursprung der Religion.
die bereits der primitive Götterkultus abzielt, der Unterschied von
andern, insonderheit auch von den stets an die sinnliche Wirklichkeit
gebundenen spezifisch sittlichen Idealen. Was die religiösen mit diesen
wie mit allen Idealvorstellungen gemein haben, und was ihnen zu-
gleich jene enge Beziehung zum Wollen und Handeki g^bt, die sich
im religiösen Kultus ausspricht, das ist die Intensität der Gefühle,
die sie begleiten, und denen sie ihre eigenartige Qualität verdanken.
So hat denn auch keiner der Versuche, die gemacht worden sind, die
Religion als ein Gefühl zu definieren, ganz sein Ziel verfehlt. Aber
schwerlich gibt es unter ihnen einen, der mehr als eine einzelne, oft zu-
fallig herausgegriffene und nicht einmal konstante Eigenschaft wieder-
gibt. So können Abhäi^gkeitsgefiihl, Glücksbedürfhis usw. Teilmotivc
des religiösen Verhaltens sein. Doch sie gehören nicht und am aller-
wenigsten ausschließlich zum Wesen der Religion. Gerade bei der
höchsten Steigerung des religiösen Enthusiasmus verwandelt sich das
Gefühl der Abhängigkeit in das der Einheit mit der Gottheit, und das
Glücksbedürfnis schwindet in dem Gefühl der inneren Beseligung.
Was allen diesen Formen und Färbungen religiösen Verhaltens eigen
ist, das bleibt eben nur die Zugehörigkeit zu einer übersinnlichen
Welt. Auch sie äußert sich zunächst gefühlsmäßig. Doch in den
so entstehenden religiösen Stimmungen können sehr verschiedene
Gefühlstöne anklingen, die natürlich sämtlich den allgemeinen psycho-
logischen Formen der Gefühle sich einordnen, im einzelnen aber
ebenso wenig sich fest abgrenzen lassen wie die zugehörigen religiösen
Vorstellungen. Denn auch hier gehören, wie überall, Gefühl und
Vorstellung zusammen, und das Gefühl als das subjektive Komplement
der Vorstellung empfängt ebenso von dieser seine besondere Färbung,
wie es selbst wieder vor allem da, wo die Vorstellung ein Erzeugnis
der mythenbildenden Phantasie ist, auf diese zurückwirkt. Darum
bildet das religiöse Gefühl den wesentlichen Bestandteil des im Kultus
hervortretenden religiösen Strebens und WoUens, gemäß der allge-
meinen psychologischen Tatsache, daß es kein Wollen gibt, in das
nicht Gefühle eingehen. Hierin liegt es denn auch begründet, daß
selbst da, wo die religiösen Vorstellungen dunkel und flüchtig sind,
oder wo sie nur als unzulängliche Symbole empfunden werden und
sich schließlich in Ideen umwandeln, die auf jedes äußere Symbol
verzichten, die religiösen Gefühle von großer Stärke sein können;
Die Religion als psychologisches Problem. '^^.i
ja es tritt hier das einzigartige Phänomen ein, daß das Gefühl
selbst zum Symbol wird, d.h. daß es das einzige übrigbleibende
Zeichen ist, das eine hinter ihm stehende religiöse Gedankenwelt im
Bewußtsein vertritt. Aus dieser im Hinblick auf seine Entstehungs-
bedingungen begreiflichen Eigenart des religfiösen Bewußtseins er-
klärt sich nebenbei die Dürftigkeit aller intellektualistischen Reli-
gionstheorien, die, wenn sie nicht zum Wunder der Offenbarung
ihre Zuflucht nehmen, einem oberflächlichen Utilitarismus verfallen,
der sich in allerlei Reflexionen über eine mögliche Entstehung der
Religion bewegt, ohne sich im geringsten um deren wirkliche Ent-
stehung und um die tatsächlichen Erscheinungen des religiösen Lebens
zu kümmern.
Mit d^n in der obigen Begriffsbestimmung fes^ehaltenen Merk-
malen des Gefühls der Zugehörigkeit zu einer übersinnlichen Welt
und eines in diese projizierten Ideals sind nun aber keineswegs alle
Momente erschöpft, die zu den wesentlichen Triebkräften der reli-
giösen Entwicklung gehören, und die uns in ihren einzelnen Äuße-
rungen oben begegnet sind. Vor allem gehören hierher zwei Er-
scheinungen, die, wenn sie auch nicht direkt das allgemeine Wesen
der Religion berühren, doch bedeutsam in ihre Entwicklung eingreifen.
Die eine besteht in der zunehmenden Unterordnung der nicht bloß
die Anfange des religiösen Kultus bildenden, sondern diesen fortan
begleitenden Vielheit der Götter unter eine herrschende Gottheit,
oder, wie man es gewöhnlich zu nennen pflegt, eines fortschreiten-
den Strebens von einer polytheistischen zu einer monotheisti-
schen Religionsform. Die andere ist die niemals ganz fehlende,
aber doch unter verschiedenen Bedingungen sehr wechselnde Aus-
bildung eines negativen religiösen Ideals in dem Sinne, daß sich
die Gefühle eigener Unzulänglichkeit und äußerer wie innerer Hem-
mungen gegenüber den positiven religiösen Idealen ebenfalls in reli-
giösen Vorstellungen verkörpern, die durchweg nach dem Gesetz der
psychischen Kontraste im Verhältnis zu jenen positiven Idealen ge-
bildet sind. Es ist die Scheidung guter und böser Götter oder,
wie sich dieser Gegensatz der Götter zu den vorangegangenen Dä-
monenvorstellungen gewöhnlich gestaltet, die Scheidung guter Götter
und böser Dämonen, die vor allem in den Prozeß der Versittlichung
der religiösen Ideen eingreift.
»JA 2 Der Ursprang der Religion.
Unter diesen beiden Erscheinungen pflegt man auf die erste, den
Übergang des Polytheismus in den Monotheismus, einen entscheiden-
den Wert zu legen, so daß man wohl auch geradezu die Entstehung
des Monotheismus als den Geburtsakt aller vollkommeneren Religionen
ansieht. Aber so geläufig diese Anschauung ist, so wenig kann
sie einer näheren Prüfung Stand halten. Betrachtet man die Dinge
unbefangen, so ist zwar kein Zweifel, daß sich die Vorstellung eines
herrschenden Gottes frühe schon Bahn bricht, und daß sie von da
an nie ganz verschwindet. Ist sie doch ein unmittelbarer himm-
lischer Reflex der die Entstehung des Götterkultus begleitenden ir-
dischen Gesellschaftsordnung. Der Götterstaat fordert ebensogut wie
der menschliche Staat seinen Herrscher (S. 429, 640 flf.). In diesem
Sinne ist daher die Vorstellung eines herrschenden Gottes zunächst
ein Symptom der sozialen Kultur, die auch auf die religiöse ihre Wir-
kungen ausübt; direkt hat sie aber mit der letzteren nichts zu tun.
Unmittelbarer fallt schon in das religiöse Gebiet ein Unterschied, der
bei der Verglcichung der einzelnen Gestaltungen dieses allgemeinen
Pol5^heismus in die Augen fallt. Entweder ist nämlich das Verhältnis
des obersten Gottes zu den andern das eines Primus inter pares:
diese sind Nebengötter, deren jeder eine selbständige Ausbildung
des religiösen Ideals darstellt. Oder die andern sind Untergötter,
Untergebene des höchsten Gottes, die dessen Befehle ausfuhren oder
für gewisse Gebiete des Lebens dessen Vertretung übernehmen. Bei-
spiele der ersten, ursprünglicheren Form bieten die Religionen aller
alten Kulturvölker. Den zweiten Typus zeigt die Religion der Israeliten.
Dort liegt der Ursprung deutlich in einer Vielheit dereinst selb-
ständiger Kulte, die, zum Teil verschiedenen Ländergebieten an-
gehörig, allmählich in ein Ganzes zusammengeflossen sind. Hier
liegt er aller Wahrscheinlichkeit nach umgekehrt in einem Kampf
der Kulte (S. 638 ff.). Die zweite dieser Formen nicht Polytheismus zu
nennen, dazu liegt aber kein triftiger Grund vor. Die Engel und
ihre Gregner, der Satan mit seinen Dämonen, bilden ebenso inte-
grierende Bestandteile der Religion Jahwes, wie die griechische Götter-
welt um Zeus als ihren Mittelpunkt geordnet ist. Hier wie dort be-
darf der oberste Gott einer Umgebung, und die verschiedenen Sorgen
und Wünsche der Menschen verlangen nach einer Vielheit hilfreicher
Geister, die alle jener übersinnlichen Welt angehören, mag auch die
Die Religion als psychologisches Problem. y^i
Macht dieser Geister eine beschränktere sein. Die wesentliche Ver-
wandtschaft dieser Formen des Polytheismus spricht sich denn auch
darin aus, daß sie sich verbinden können. Ein lebendiges Beispiel
hierfür ist das Christentum. Als Volksreligion ist es Tritheismus.
Denn niemand, der nicht der Volksseele weltfremd gegenübersteht,
wird sich wohl einbilden, das Trinitätsdogma sei jemals über die
Kreise der spekulativen Theologfie und der von ihr beeinflußten ge-
lehrten Laien hinausgedrungen. Im christlichen Kultus ist Christus
der herrschende Gott, hinter welchem, über dem direkten Verkehr
mit dem Gläubigen erhaben, Gott Vater steht, während der heilige
Geist ein dämonenartiges Wesen geblieben ist, das sich nie recht
zur Persönlichkeit emporringen konnte. Dazu kommt dann noch im
katholischen Kultus die Fülle der Untergötter in den Mitgliedern der
heiligen Familie, den Aposteln und Heiligen, die völlig in die Stel-
lung der alten Orts-, Berufs- und sonstigen Schutzgötter eingetreten
sind. In der Tat ist daher die Volksreligion noch heute polytheistisch.
Ein wichtiger Bestandteil dieses Polytheismus pflegt nun weiter-
hin die Verkörperung des Bösen in einem Fürsten der Sünde
zu sein, der dann ebenfalb nach dem Vorbild der himmlischen Götter-
welt einen Hofstaat böser Geister um sich sammelt. Dieses Bild ist
das Produkt der Einwirkung sittlicher Ideen auf den religiösen Kultus,
sei es daß hierbei der Kampf des guten mit dem bösen Prinzip als
ein Kampf zwischen zwei Göttern vorgestellt wird, wie in der era-
nischen Religion, oder als ein Widerstand abgefallener Engel, wie in
den Religionen des Judentums, des Christentums und des Islam. In
beiden Fällen ist die Verkörperung des Bösen in einer Persönlichkeit
das Symptom eines höher entwickelten ethisch-religiösen Bedürfnisses.
Denn nicht bloß dem vorreligiösen, sondern auch dem beginnenden
religiösen Kultus sind diese persönlichen Verkörperungen des Bösen
zumeist noch unbekannt. Er kennt nur böse Dämonen. Der per-
sönliche Teufel in seinen verschiedenen Gestalten ist aus dem Be-
dürfnis geboren, die Hemmungen des sittlichen Strebens, vor allem
die, die aus eigener Verschuldung entspringen, ebenso wie die Ideale
des Guten als persönliche Wesen sich gegenüberzustellen; und dieser
natürliche Trieb führt hier wiederum einer monotheistischen Zu-
spitzung jener aus dem alten Dämonenglauben herübergenommenen
Welt des Bösen entgegen, wie sie uns in der Form des Nebengottes
nAA Der Unpning der Religion.
der persische Ahriman, in der des Untergottes der Satan der jüdisch-
christlichen Mythologie zeigen. Gerade diese Form des Untergottes,
in der der Mensch sein eigenes Sündenbewußtsein in eine außer ihm
lebende, der übersinnlichen Welt angehörende Persönlichkeit proji-
ziert, erhebt aber hier um so dringender die Frage, die noch tief in
die christliche PhUosophie der neueren Zeit hereinreicht, wie die
Existenz des Bösen überhaupt mit der Oberherrschaft eines guten
Gottes vereinbar sei. Der eranische Mythus hat diese Fragte frühe
schon mit jenem Bild des Kampfes beantwortet, unter dem er den
Verlauf aller menschlichen Geschicke darstellt, und aus dem er
schließlich die unbeschränkte Herrschaft des siegreichen guten Gottes
hervorgehen läßt. In anderer Form imd doch im Grundg^edanken
übereinstimmend hat sie der christliche Mythus beantwortet. Dun
steht, abgesehen von nebenhergehenden Motiven und Richtungen,
der Kampf des Einzelnen um die eigene Seele im Vordergrund.
Nicht Gott und Satan streiten miteinander, sondern die um ihrer un-
sühnbaren Bosheit willen verstoßene Seele wird Eigentum des Fürsten
der Hölle, der damit zugleich die Stelle eines Dieners der Gottheit
zurückerobert. Was beiden Vorstellungen gemeinsam bleibt, das ist
daher schließlich der Gedanke des Kampfes zwischen Gut und
Böse, in welchem sich das Gute zum Sieg hindurchringt. Es ist
derselbe Gedanke in symbolisch -mythologischer Form, den noch
die Religionspsychologie als eine notwendige Konsequenz der Psycho-
logie der Affekte und die Ethik als eine Grundbedingung des Sitt-
lichen zu begreifen sucht: Ohne Schmerz kein Glück, ohne Kampf
kein Sieg, ohne Anfechtung und deren Überwindung kein Verdienst
Die Welt ist nicht absolut gut noch böse, sondern sie ist beides
zugleich, und wenn sie dies nicht wäre, so würden weder die sitt-
lichen noch die religiösen Ideale möglich sein, die dem Leben seinen
Wert geben. So bewahren in der Ordnung dieser Welt Schuld und
Sünde ihre Stelle, wie auch im Lauf der Zeiten die Anschauungen
über ihren Ursprung wechseln mögen, ob sie der alte Dämonen-
glaube auf böse Geister, die sich des Menschen bemächtigen, oder
die moderne Wissenschaft auf Vererbung abnormer Eigenschaften,
verkehrte Erziehung, ungünstige Lebenslage neben irgend einem An-
teil unmittelbarer persönlicher Verschuldung zurückfuhren mag. Der
Einzelne ist, wie sich Hegel ausdrücken könnte, em »Werkzeug des
Die Religion als psychologisches Problem. n^c
Weltgeistes«, wie immer, ob fördernd oder hemmend, er in das
Werden dieses Weltgeistes eing^reift. Auch hier gilt das Wort Hera-
klits, daß der Kampf der Vater der Dinge ist.
Indem nun in diesem Kampf das Ideal des Guten immer mehr
zu einem unerreichbaren übersinnlichen Gut wird, beginnt die ver-
tiefte ethische Selbstbesinnimg alle jene Hemmungen, die sich dem
Streben nach ihm entgegenstellen, mehr und mehr in die eigene
sinnliche Natur zu verlegen. Damit ist aber auch schon die Axt
an die Wurzel aller jener negativen Idealvorstellungen gelegt, die
das Böse in einem dämonischen Widersacher der Gottheit verkörpern.
Tragen doch die bösen Triebe und Handlungen allzusehr die Spuren
von irdischem Staub und irdischem Schmutz an sich, ab daß das
Reich des persönlichen Satans, den die Phantasie doch nicht umhin
kann ebenfalls mit einer gewissen düsteren Herrlichkeit zu umgeben,
dem Stand halten könnte. Darum überlebt die himmlische Welt in
den phantastischen Formen, mit denen sie der fromme Glaube aus-
stattet, jene dämonische Welt der Verbrecher und ihrer Strafen. So
gilt in weiten Kreisen des christiichen Volkes der persönliche Teufel,
an den Luther noch so fest glaubte wie an seine eigene Person, fiir
ein Wahngebilde des Aberglaubens vergangener Zeiten. Die Über-
zeugung, daß auch Gott nicht unter dem Bilde einer menschen-
ähnlichen Persönlichkeit vorgestellt werden könne, ist eine Überzeu-
gung, die sich offenbar viel langsamer durchkämpft Um so wirk-
samer tritt nun hier schon in den antiken Mysterienkulten, und tritt vor
allem in der Christuslegende das Bild des Gottes, der selbst in mensch-
licher Gestalt auf Erden gewandelt, vermittelnd ein, während es zu-
gleich die Vorstellung eines übersinnlichen Gottes in den Hinter-
grund drängt. Doch indem die Gestalt des Gottmenschen schließlich
dem gleichen Prozeß der Entmythisierung unterliegt, der bei den
Dämonen der Hölle begonnen und Gott seiner persönlichen Attribute
entkleidet hat, wird Christus aus dem zur Erde gekommenen Gott
zum idealen Menschen. Die Christusreligion wird zur Jesusreligion.
Sie hört darum nicht auf, Religion zu sein. Aber sie ist nicht mehr
Volksreligion, sondern eine Umwandlung dieser in die in ihr leben-
den religiösen Ideen. Denn keine Volksreligion kann der Symbole
entbehren. Sie nimmt sie ursprünglich aus dem Zauber- imd Dar
monenglauben herüber, um sie dann im Götterkultus durch die fort-
jA^ Der Ursprung der Religion.
schreitende Vergeistigung seiner Motive in unmerklichen Übergängen
aus realen in ideale Symbole überzuführen, die der objektiven magi-
schen Wirkung entsagen, um die subjektive Wirkung- auf die religiöse
Stimmung allein zu bewahren. Das ideale Symbol verschleiert aber nur
wenig noch die hinter ihm verborgene Idee, die schließlich in der
Selbstbesinnung über die Motive der religiösen Stimmung' in das Be-
wußtsein tritt. Hier sucht dann die philosophische Reflexion die Idee
festzuhalten und aus ihren symbolischen Hüllen ganz zu befreien.
Damit ist zugleich die religiöse zur abstrakten philosophischen Idee
geworden. Sie auf diesem Weg zu begleiten, nachzuweisen, wie sich
aus den religiösen Symbolen die philosophischen Ideen entwickeln,
und wie sich diese wieder in der Umbildung der Symbole selber
betätigen, ist die letzte Aufgabe der Religionspsychologie , der wir
nunmehr uns zuwenden.
2. Die metaphysische und die ethische Wurzel der Religion.
Die natürliche Entwicklung der Religion hat uns von den dunkeln
Anfangen des vorreligiösen Kultus an in stetiger, in den wesent-
lichsten Zügen übereinstimmender Fortbildung der Motive bis zu
jenen idealen Symbolen emporgefiihrt, durch die bereits deutlich die
religiösen Ideen hindurchscheinen. Welches sind nun diese Ideen, die
wir im Hinblick auf die Allgemeingültigkeit ihrer Motive ebensowohl
als die letzten Früchte wie als die ursprünglichen verborgenen Keime
der religiösen Entwicklung betrachten dürfen? Oder, mit andern
Worten, was ist das Wesen der Religion?
Wir erörtern diese Frage hier unter psychologischen Gesichts-
punkten. Immerhin können uns dabei die verschiedenen Antworten,
die die Philosophie auf sie gegeben hat, zur vorläufigen Führung
dienen. Hier sehen wir nun vor allem diese Antworten nach zwei
Richtungen auseinandergehen. Auf der einen Seite stehen die
metaphysischen, auf der andern die ethischen Religions-
theorien. Jene sehen, mögen sie nun mit Hegel die Religion in ein
»Selbstbewußtsein des absoluten Geistes durch Vermittlung des end-
lichen Geistest oder mit Schleiermacher in das im Gefühl sich aus-
sprechende Verhältnis zur Idee der Einheit der Welt verlegen, die
Wurzel der religiösen Ideen in dem Zusammenhang der mensch-
Die metaphysische und die ethische Wurzel der Religion. 747
liehen Seele mit einer die Totalität alles Seins und Geschehens um-
fassenden übersinnlichen Welt, wobei sie nur diesen Zusammenhang
bald mehr als einen intellektuellen, in Vorstellungen gegebenen,
bald als einen gefühlsmäßigen aufTassen. In dieser Richtung auf das
Weltganze sind zugleich diese neueren Begriffsbestimmungen durch-
aus einig mit denen der älteren Philosophie, nur daß die letzteren
auf das religiöse Objekt als solches, den Gottesbegriff, jene auf das
religiöse Erlebnis gerichtet sind. Auf der andern Seite erblicken
die ethischen Theorien in dem Ursprung der religiösen Ideen aus
den sittlichen Normen das Wesen der Religion, sei es, daß sie mit
der älteren Moraltheologie diese Normen immittelbar ab göttliche
Gebote auffassen und daraus ihre bindende Kraft ableiten, oder
daß ihnen umgekehrt mit Kant die Pflichtgebote des subjektiven
Gewissens vermöge ihres Anspruchs auf unbedingte Geltung als Zeug-
nisse ihrer religiösen Bedeutung erscheinen. Auch hier besteht dem-
nach der Unterschied der früheren und der späteren Anschauungen
hauptsächlich darin, daß jene in das religiöse Objekt, die Gottheit,
diese in das religiöse Erlebnis, die »Stimme des Gewissens«, die
Wurzel der Religion verlegen. Dabei zeigt sich dann aber die ältere,
objektive Auffassung zugleich geneigt, das ethische mit dem meta-
physischen Motiv zu verbinden. So vereinigt bei Plato die Gottheit
als Idee des Guten in sich die höchsten Güter der Erkenntnis wie
der Tugend. Für Leibniz ist Gott ab Monas monadum oberste
Weltvernunft und Weltordner zugleich. Der dogmatischen Meta-
physik wird solche Vereinigung leicht gemacht: sie ist ihr in dem
Begriff der ins Unbegrenzte sich erstreckenden »Eigenschaften Gottes«
von selbst gegeben.
Betrachten wir nun aber diese Theorien im Lichte der tat-
sächlichen Entwicklung der religiösen Motive, so kann es keinem
Zweifel unterliegen, daß hier die älteste und demzufolge einer naiven
religiösen wie sittlichen Auffassung wohl am nächsten stehende An-
sicht von der ursprünglichen Einheit beider scheinbar der Wirklich-
keit mehr entspricht, als jede der beiden andern, die Wurzeln der
Religion einseitig auf das Feld metaphysischer Ideen oder ethischer
Triebe verlegenden Theorien. Finden sich doch schon in dem Sta-
dium des vorreligiösen Zauberkultus gewisse Normen des sittlichen
Verhaltens, die, wenn man den bei den betreffenden Völkern selbst
Die metaphysische und die ethische Wurzel der Religion. y^g
einander hergehen, um, wenn sie in Streit geraten, bald mit dem Sieg
des einen, bald mit dem des andern zu enden. Dabei ist es aber gerade
der Affekt, der in Momenten, die auf augenblickliches Handeln drängen,
unter bestimmten Bedingungen die Neigungsgeiiihle über die natürliche
Selbstsucht obsiegen läßt Im allgemeinen bildet sich daher aus dem
wechselnden Spiel solcher widerstrebender Affekte eine gewohnheits-
mäßige Norm des Handelns aus, die in bestimmten Fällen dem ego-
istischen, in andern dem altruistischen Trieb den Vorrang läßt, und die
sich dann in der Tradition zur Sitte fixiert. So gehört in diesem
Stadium die Sitte, die später der Sittlichkeit ihren Namen gegeben
hat, noch ganz und gar einem vorsittlichen Zustande an, der in der
blinden Befolgung ursprünglicher Gefiihlsmotive und überlieferter Ge-
wohnheiten befangen geblieben ist. Dem stehen nun die primitiven
Kulthandlungen als ein Gebiet individueller und gemeinsamer Normen
gegenüber, in denen das egoistische Streben ganz und ausschließ-
lich herrschend ist, und von dem aus vor allem zu jenen aus ur-
sprünglichen Neigungsgefiihlen entspringenden selbstlosen Handlungen
keine Brücke hinüberfuhrt. Durch die Zauberzeremonien will sich
der Naturmensch vor Zauber schützen, ihn schädigende Dämonen
vertreiben oder Schutzdämonen gewinnen. Auch wo dieser Kult ein
gemeinsamer ist, verfolgt in ihm der einzelne Teilnehmer nur ego-
istische Zwecke. In den Zeremonien, die Erfolg in Jagd und Krieg
oder fruchtbringenden Regen herbeifuhren sollen, hat er nur seinen
eigenen Anteil an diesen Gütern vor Augen.
Da ist es der Götterkult, der auch hier einen Wendepunkt bezeichnet,
indem er zum erstenmal die Religion auf die in Sitte und Brauch
verborgenen sittlichen Regungen herüberwirken läßt. Anders als der
Dämon wird der Gott gefurchtet. Wie er, menschlicher Zauber-
gewalt sich entziehend, nur nach eigenem Ermessen dem Sterblichen
Hilfe gewährt oder ihn seinen Zorn fühlen läßt, so bildet sich nun
in stetigem Fortschritt die Vorstellung eines höchsten Richteramts,
das besonders in die Hand des obersten der Götter gelegt ist. So
willkürlich in vielem auch noch das Walten dieses Gottes bleiben mag,
im ganzen setzt sich doch die Anschauung durch, daß er das Gute
will und das Böse bestraft. Dabei ist freilich die Norm, die hier-
über entscheidet, zunächst aus dem subjektiven Gefiihl des Einzelnen
auf die Gottheit hinübergewandert. Dennoch ist sie erst durch diesen
•jcQ Der Uräpnmg der Religion.
Übergang zur eigentlichen Norm geworden. Denn nun erst hat sie
die Macht gewonnen, wiederum das Gewissen des Einzehien durch
das neu erwachende Gefühl zu binden, daß es das Gebot eines über
ihm stehenden allgebietenden Willens sei, dem er zu folgten habe.
Damit wirkt dann aber dieses Bewußtsein zugleich läuternd auf das
erwachende sittliche Gefühl selbst zurück. Die instinktiven Neigungs-
und Furchtaffekte werden zu Geboten der Liebe gegen den Nächsten,
der Ehrfurcht vor dem Alter, der Hingabe an die durch Kultus und
Sitte enger verbundene Gemeinschaft. Den Frevler gegen das so zum
religiösen Gebot gewordene Sittengebot erreicht die göttiiche Strafe
mit allen den Übeln, mit denen dereinst der noch jenseits von Gut
und Böse waltende Dämonenzauber den Menschen getroffen. Nicht
minder aber zieht die Gottheit der boshaften Nachstellung wie dem
blinden Wüten des Mordes Schranken, indem sie das Gastrecht heiligt
und selbst den Mörder, der in ihrem Tempel Zuflucht sucht, in ihren
Schutz nimmt.
So läßt der Götterkult erst aus dem primitiven Widerstreit ego-
istischer und altruistischer Triebe sittliche Normen hervorgehen. Diese,
deren Quelle tief im eigenen Gemüt liegt, werden nach oben projiziert,
in den Willen der Götter. In dieser Form erst können sie sich zu
wirklichen Normen erheben. Aber hier wirken sie nun auch auf die
Göttervorstellungen selbst zurück. Die Götter, deren Walten anfang-
lich noch wenig verschieden von der rohen Willkür des Heldenge-
schlechts ist, dem sie ihren Ursprung verdanken, nähern sich, indem
die sittlichen Regungen, die eine höhere Kultur erstehen ließ, in sie
hinüberwandern, mehr und mehr sittlichen Idealen; und so sehr
auch ihre Vermenschlichung der Erreichung dieses Ziels en^egen-
stehen mag, schließlich wird es erreicht, indem sich die Gottheit ganz
in ein überweltliches und übersinnliches Ideal verwandelt. Damit
vollendet sich die Wechselwirkung zwischen Religion und Sittlichkeit,
indem zunächst die Religion die sittlichen Anlagen zur Entfaltung
bringt, und indem dann wiederum die sittlichen Vorstellungen in
religiöse Ideale übergehen. Es fehlt nur noch eins, um diesen Pro-
zeß zum Abschluß zu bringen: das religiöse Ideal, das aus dem
Hinüberwandern in eine übersinnliche Welt entstanden, muß noch-
mals auf die sittliche Welt, die, weil sie menschlichem Streben und
Wollen angehört, fortan mit der sinnlichen Welt zusammenfallt, her-
Die metaphysische nnd die ethische Wiurzel der Religion. y e i
Überwirken, um innerhalb dieser nicht minder ein absolutes sittliches
Ideal zu gestalten. Darin liegt das letzte Motiv zur Bildung jener
in den verschiedensten Formen und zuletzt durch ihre Verschmelzung
mit der historischen Legende am eindrucksvollsten im Christentum zur
Ausbildung gelangten Idee des zum Menschen gewordenen Gottes,
der auf solche Weise absolutes religiöses und sittliches Ideal zu-
gleich ist.
Betrachten wir nun die letzten Früchte dieser Entwicklung auch
als die latenten Keime, aus denen sie mit der allem geistigen Werden
immanenten Gesetzmäßigkeit hervorgegangen ist, und suchen wir
demnach die zuerst beschränkten, relativen, aber dann mehr und mehr
nach absoluter Vollendung strebenden Idealvorsteilungen auf die in ihnen
wirksamen Ideen zurückzuführen, so steht hier offenbar das religiöse
Motiv mit der in ihm wirkenden Idee der Zugehörigkeit des Menschen
zu einer übersinnlichen Welt im Vordergrund. Indem diese Idee mit
den dem menschlichen Gemüt von Anfang an eigenen Affekten in
Verbindung tritt, erhebt sie erst diese natürlichen Gemütsbewegungen
zur Höhe sittlicher Gefühle. So entsteht die Sittlichkeit aus der Re-
ligion, nicht umgekehrt; und die Religion nimmt ihren Ursprung aus
der an sich der sittlichen Motive entbehrenden Idee des Übersinn-
lichen. Indem nun aber der Mensch sich selbst als zugehörig zu
dieser übersinnlichen Welt empfindet, wandern die unter jener religiösen
Einwirkung entstandenen sittlichen Motive wieder in die übersinnliche
Welt hinüber. Sie erheben sich hier zu sittlichen Idealen, um als
solche in einer letzten Rückwärtsbewegung als sittlich-religiöse Ideale,
wie sie besonders in der Vorstellung des fehllosen Gottmenschen ver-
körpert sind, in das wirkliche Leben einzutreten. So kann man das
paradox scheinende Wort aussprechen: die Sittlichkeit ist ein Er-
zeugnis der Religion, aber nicht minder ist die Religion ein Erzeugnis
der Sittlichkeit. Die Lösung dieses scheinbaren Widerspruchs liegt
eben darin, daß die Wurzeln beider ursprünglich getrennt sind. Die
der Religion ist die freilich nur langsam sich durchsetzende Idee
des Übersinnlichen, die der Sittlichkeit liegt zunächst ganz in den
sinnlichen Affekten, von denen der Mensch in seinem Wollen und
Handeln bewegt wird. Darum hat nun aber auch die Religion selbst
als im Leben wirksame Kraft eine doppelte Wurzel: jene metaphysischei
die, in mancherlei phantastischen Verhüllungen verborgen, ihr ur-
^£2 ^cf Ursprung der Religion.
sprünglich zugehört; und diese ethische, durch die sie sich zu den
großen historischen Religionen entfaltet hat und zu einem der mäch-
tigsten Faktoren der menschlichen Geistesgeschichte geworden ist*).
So läßt sich denn die Religion aus keiner dieser beiden Wurzeln
allein ableiten, sondern sie ist aus dem Zusammenwachsen beider und
ihrer Verzweigungen entsprossen. Darum kann keine B^^ifisbe-
stimmung, die bloß die metaphysische oder die ethische Seite ins
Auge faßt, den Ursprung der Religion und noch viel weniger ihre
Bedeutung für die Menschheit und ihre Geschichte erschöpfen. Bloß
metaphysisch betrachtet läßt die in ihr wirksame Idee des » Absoluten c,
des »Unendlichen« oder, wenn wir diese abstrakten Wörter durch
einen konkreteren Ausdruck ersetzen wollen, der Zugehörigkeit ru
einer übersinnlichen Welt, das menschliche Gemüt leer. Sie kann
weder religiöse Gesinnungen noch Handlungen hervorbringen, wie
solche im religiösen Kultus als Streben nach Reinigung von Schuld,
nach Erlösung und Vergöttlichung der Seele sich äußern. Bloß
moralisch betrachtet entbehrt sie gerade der Eigenschaften, die über
das Tun und Treiben der sinnlichen Welt, der die ^oistischen wie
altruistischen Motive des praktischen Handelns entstammen, erheben.
Die Gottheit bleibt dann nur das eigene Gewissen. Dieses Grewissen
mit der Moraltheologie als die Stimme Gottes zu deuten, ist eine länd-
liche Vorstellungsweise, die, wenn man sie mit Kant als die Grund-
tatsache des religiösen Bewußtseins ansieht, die Gottesidee als gegeben
voraussetzt, statt sie begreiflich zu machen, so daß schließlich auch hier
nur eine Subjektivierung der Offenbarungsidee zurückbleibt. EHe Reli-
gion ist vielmehr eine metaphysisch-ethische Schöpfung. Man kann
keinen dieser beiden Bestandteile aus ihr herauslösen, ohne das Ganze
zu zerstören. Die Zugehörigkeit zu einer übersinnlichen Welt empfangt
ihren religiösen Wert erst dadurch, daß diese übersinnliche ^zugleich
als eine ideale sittliche Welt gedacht wird, und die der Wirklichkeit
zugewandten, aus widerstreitenden Affekten entsprungenen Motive des
Handelns gewinnen ihrerseits einen religiösen Wert erst im Hinblick
auf ein jenseits der Grenzen der sinnlichen Welt liegendes Ideal.
*) Über die philosophischen Grandlagen der Idee der Zagehörigkeit der sinn-
lichen zu einer übersinnlichen Welt vgl. mein System der Philosophie^, I, S. 179E,
428 ff., II, S. 239 ff., über das Verhältnis der Religion zar Sittlichkeit meine Ethik^
I, S. 41 ff
Die mclftphyitscbe und die ethische Woriel ätr Religio!».
753
So verschmelzen denn beide Wertgcfiihle mit einander , um das zu
erzeugen, was wir das religiöse Gefühl nennen. Demnach ist
dieses kein einfaches Gefühl, kein feschlechthlniges Abhängigkeits-
gefiJhN, wie Schleiermacher es nannte, sondern eioe Resultante aus
den Gefühlen, die der zunächst nur dunkel geahnten Idee der über-
sinnlichen Welt und den ganz anders gearteten Gefühlen entstammen^
die in dem wirklichen Leben und den es beherrschenden Aßekten,
oder die, wenn wir die VorstcUungsgrundlage dieser Gefühle be-
zeichnen wollen, in der Idee der Zugehörigkeit des Einzelnen zu der
Gemeinschaft, in der er lebt, Ihre Quelle haben. Dabei ist der Be-
griflf dieser Gemeinschaft ein unbestimmter, aber niemals ein unbe»
grenzter. Er umfaßt nach einander die nächste Stammesgemeinschaft,
dann Volk und Staat, hierauf den Verband der Kulturvölker^ endlich
die Menschheit, wo dann freilich diese letzten Schritte bereits unter
der Rück\^'irkung der religiösen Idee und nicht ohne mannigfache
Hemmungen vollzogen werden. Wie diesen Entwicklungen des sitt-
lichen Gefühls ein Vorstcllungssubstrat nicht fehlt, so ist es nun aber
auch nicht berechtigt, die Religion lediglich in das Gefühl 2u verlegen.
Auch die Beziehungen zur übersimilicfaen Welt äuOem sich fortan in
Vorstellungen, an die in ihren Verbindungen mit ethischen Motiveii
die religiösen Gefühle gebunden sind. Solche VorsteUungen sind eben
die Götter- und die Gottesvorstellungen Sie mögen so unzulänglich
oder so dunkel seln^ wie sie wollen, dem religiösen Gefühl geben sie
seinen Halt und lassen es wirksam werden im Kultus , der selbst
wieder die religiösen Gefühle zu intensiverem Leben erweckt* Wo
die Vorstellung als unzulänglich erkannt ist, da tritt aber die Idee
an ihre Stelle^ in deren Lichte sich die religiösen Vorstellungen in
ideale Symbole verwandeln.
Indem jedoch die sittliche Welt, mögen auch auf die Entwicklung der
sie beherrschenden Motive noch so sehr die religiösen Ideen gewirkt
haben, zugleich die sinnliche Welt bleibt, die der Schauplatz mensch-
licher Affekte und Triebe ist, liegt nun hierin endlich der Grund einer
Scheidung der Gebiete, in der in gewissem Sinne die primitive
Sondening der beiden W'urzeln der religiösen Entwicklung auf Ihrer
höchsten Stufe wiederkehrt, auf der die beiden in der wirklichen Religion
vereinigten Ideen jede für sich zu klarem Bewußtsein gelangt siiid*
Ist die Idee der Gemeinschaft samt dem ihm zugehörigen Gefühl der
Wy«ili, Vülkei^iycholoffle U, j, 4S
ncA Der Unprang der Religion.
tätigen Mitarbeit des Einzelnen an ihren Werken voll ausgebildet, s
löst sich nunmehr die sittliche Idee von den religiösen Triebkräftei
unter deren unentbehrlicher Mitwirkung sie entstanden war. Das d<
Wirklichkeit zugewandte sittliche Ideal wird erhaben und umfassen
genug, um das menschliche Gemüt zu den höchsten Zielen zu erbebei
die menschlichem, also auch sittlichem Streben und Handeln erreichbs
sind. So gewinnt die Moral ihr eigenstes, in ihrem ganzen Umfan
von der Religion unabhängiges Gebiet, auf dem sie souverän di
primitiven ethischen Gefühle zu den höchsten sittlichen Normen ei
hebt, ohne dazu anderer Mittel als eben der sittlichen Ideen selbi
zu bedürfen. Dann bleibt der Religion nur noch jene Idee der Zu
gehörigkeit des Einzelnen wie des Ganzen zu einer übersinnliche
Welt und das zu dieser Idee gehörige Reich religiöser Stimmungen
Wo eine solche Scheidung eingetreten ist, da gewinnen aber di
sittlichen Normen in ihrer Verselbständigung eine Klarheit und Stärke
deren sie entbehrten, so lange sie in das Ganze religiös-sittlicfae
Motive verwebt waren. Umgekehrt dagegen bleiben die religiöser
Stimmungen in ihrer unmittelbaren Beziehung zu einer übersinnlicbeii
Welt in jener Region reiner Gefühle, in denen diese Beziehung zu-
nächst ihren Ausdruck findet. Das ist die Stellung zum religriöseu
Problem, die uns, abgesehen von den in ihnen zimi Worte kommen-
den individuellen Einflüssen, in der Moral- wie Religionsphilosophie
Schleiermachers entgegentritt, die sich hier in scharfem und bewußtem
Gegensatz zur Moraltheologie Kants befindet. An dieser Stellung ist
vor allem dies berechtigt, daß die Ethik heute nicht bloß der theo-
logischen Krücken entraten kann, deren dereinst jede der egoistischen
oder utilitaristischen Reflexionsmoral entwachsene Ethik bedurfte,
sondern daß sie, als ein dem wirklichen Leben und seinen Motiven
zugewandtes Gebiet, geradezu verpflichtet ist, auf dem Grund der
sittlichen Erfahrung selbst die ethischen Motive zu gewinnen und aus
diesen die ethischen Normen abzuleiten. Dabei darf jedoch nicht
übersehen werden, daß ohne die starke Einwirkung religiöser Trieb-
kräfte die Entstehung dieser unabhängigen Sittlichkeit niemals möglich
gewesen wäre. Nicht minder gibt aber an der Grenze, wo das sitt-
liche Wirken innerhalb der empirischen Welt ihr Ende findet, erst
jener Ausblick auf die Zugehörigkeit des Einzelnen wie der Gemein-
schaft und ihrer Schöpfungen zu einer übersinnlichen, die sinnliche
Gegenwart nnd Zaknnft der Religion. yee
Wirklichkeit einschließenden Welt den Normen, die das sittliche Leben
aus sich erzeugt hat, ihren letzten Halt in der im sittlichen Leben
und seiner Geschichte nur bruchstückweise zur Entfaltung gelangenden
Idee des Unendlichen.
3. Gegenwart und Zukunft der Religion.
Die Hoffnung, es werde dereinst einmal eine Zeit kommen, wo
eine einzige Religion die ganze Menschheit umfasse, reicht, wie be-
kannt, in freilich sehr verschiedenen Gestaltungen von den Anfangen
des Christentums an, wo diese Hoffnung an die Erwartung des wieder-
kommenden Messias geknüpft war, bis tief in das 18. Jahrhundert,
das in einer künftigen Vernunftreligion alle Unterschiede des Glaubens
aufgehoben dachte. Heute gibt es wohl nur noch wenige, die einer
dieser beiden Hoffnungen sich hingeben. Geschichte und Psychologie
vereinen sich, um sie beide gleich unwahrscheinlich zu machen. Die
Geschichte zeigt, wenn wir uns durch übereinstimmende Namen nicht
täuschen lassen, die insbesondere bei den großen Religionen des
Christentums, des Islam, des Buddhismus zahllose Formen und Fär-
bungen in sich bergen, eher eine zu- als eine abnehmende Differen-
zierung. Der Völkerpsychologie muß aber diese Erscheinung als ein
notwendiges Ergebnis einerseits der wachsenden Mannigfaltigkeit der
Kulturgüter, anderseits der zunehmenden Individualisierung der mensch-
lichen Persönlichkeit erscheinen. Die von Rousseau heiß begehrte und
noch von Kant still erhoffte Zukunftsreligion mit ihren drei Glaubens-
artikeln von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit hat daher schon in
den Kreisen der Philosophen, in denen sie entstand, auf allgemeine
Anerkennung verzichten müssen. Die Hoffnung, sie oder irgend ein
anderes Bekenntnis bis herab zu der vom äußersten Flügel des Frei-
denkertums erstrebten Beseitigung der Religion überhaupt ver\\'irkUcl t
zu sehen, steht in der Tat psychologisch auf gleicher Linie mit der
Überzeugung des Helv^tius, die Unterschiede der geistigen Begabung
und der sittlichen Anlage würden verschwinden, wenn dereinst nur
einmal Erziehung und Unterricht gleichmäßig über alle Menschen
verteilt seien.
Im Gegensatze zu solchen utopistischen Zukunftsträumen zeigt uns
die Wirklichkeit schon innerhalb der christlichen Welt ein Bild zu-
48*
y^6 ^^f Ursprang der Religion.
nehmender Sonderungen, und wenn diese äußerlich weniger hervc
treten, als es den tatsächlichen Verhältnissen der religiösen Üb<
Zeugungen selbst entspricht, so beruht das wohl zumeist auf d
Hemmungen, die Herkommen, Sitte und der Zwang der sozial
Verhältnisse auf die freie Äußerung religiöser Überzeugungen ai
üben, xmd die letzten Endes vornehmlich auch jener verbreiteten 1
differenz zu Grunde liegen, die man wohl zutreflfend als einen 2
stand der Religionslosigkeit definieren könnte, der von einzelnen, j
sozial unentbehrlich gehaltenen religiösen Scheinhandlungen umkleic
ist Doch dieser Schein, den eine sogenannte Elite unter den G
bildeten um sich verbreitet, darf nicht über das wirkliche religic
Leben hinwegtäuschen, das in den Völkern lebt, imd in dem jene sta
abgeblasste Scheinfrömmigkeit doch nur einen Grenzfisdl bildet. Sic
man genauer zu, so kann nicht verborgen bleiben, daß z. B. in d
Ländern christlicher Kultur das wirkliche religiöse Leben mit v<
schwindenden Ausnahmen ziemlich genau in den Grenzen sich bewq
die durch die christlichen Kirchen und Konfessionen äußerlich b
zeichnet sind. Dagegen würde es freilich, sobald man die der Es
Wicklungsgeschichte der Religion entnommenen Maßstäbe anl^[t, d
wirklichen Sachlage durchaus nicht entsprechen, wenn man alle die
Formen der Glaubensüberzeugung, die der gemeinsame Name »chris
lieh« deckt, als eine und dieselbe Religion betrachten wollte. Siel
man auf das Wesen und nicht auf den Namen, so ist die Glauben!
Überzeugung eines frei gesinnten protestantischen Theologen von 'de
eines inmitten katholischer Andachts- und Wallfahrtsstätten aufgc
wachsenen Menschen aus dem Volke wohl noch weiter entfernt, ai
die des Mitglieds einer amerikanischen Großstadtsekte von der eine
Indianers der Wildnis. Darum ist es nicht bloß eine Verschleierun|
sondern eine Verhüllung der Tatsachen, wenn man die sämtliche
Mitglieder der christlichen Kirchen und Konfessionen Angehörige eine
einzigen Religion nennt. Selbst innerhalb der einzelnen Kirchen sin
die wirklichen Unterschiede so groß, daß von einer auch nur aa
nähernden Einheit der Glaubensüberzeugungen nicht die Rede sei
kann. Diese Erscheinung ist weder zu loben noch zu beklagen. Denj
sie ist eine notwendige Folge des jeder geschichtlichen Entwicklunj
immanenten Triebes, die in ihr verborgenen Anlagen nach verschie
denen und immer mehr auseinandergehenden Richtungen zu entfalten
Gegenwart nnd Znknnft der Religion. yey
Mochte das Urchristentum eine verhältnismäßig einheitliche Religion
sein, heute hat diese Einheit längst aufgehört. Der Katholizismus als
die älteste ihrer Gestaltungen hat sich hier auch im weitesten Um-
fange den Bedürfnissen anzupassen verstanden, die die Unterschiede
ursprünglicher Volksanschauungen und die hinzukommenden Einflüsse
der materiellen und der geistigen Kultur ihm entgegenbrachten. In-
dem er die mannigfachen Formen des religiösen und selbst des vor-
religiösen Kultus, die er vorfand, sich assimilierte und auf der andern
Seite sich doch auch ganz allmählich den Anforderungen der jeweiligen
Anschauungen der Wissenschaft anzupassen suchte, ist er heute als
kirchliche Organisation betrachtet vielleicht einheitlicher, als er je ge-
wesen. Aber eine einheitliche Religion ist er nicht mehr, sondern
eher könnte man ihn eine Enzyklopädie aller Religionen nennen, die
je in der Menschheit vorhanden waren, und die noch vorhanden sind.
Denn er umfaßt alles, den Seelenkult und die niederen Schutzgott-
heiten verschiedenster Gattung mit den an sie gebundenen Rudimenten
eines uralten Fetischismus; inmitten dieser Grundbestandteile uralter
Naturreligion die göttliche Christusgestalt, umgeben von der Fülle
magischer Zeremonien, wie sie sich in den antiken Mysterien ent-
wickelt hatten; endlich die an dieses Hauptmysterium angegliederten
Sonderkulte der Gottesmutter, der Apostel und Heiligen. Ein Poly-
theismus, wie ihn reicher die Welt kaum in den griechischen Götter-
kulten gesehen, auch darin aber ein echter Nachfolger der alten or-
phischen Mysterien, daß er dem Bedürfnis des auf den Höhen der
geistigen Kultur stehenden Angehörigen der Kirche, den Inhalt von
Kultus und Dogma philosophisch zu deuten, entgegenkommt und
selbst der Wissenschaft, wenn sie lang genug an die Türen pocht,
den Eingang nicht verschließt. So hat die Kirche zuerst dem kosmo-
logischen Teil der Naturwissenschaft freien Zugang gewährt. Heute
steht sie bereits dem biologischen nicht mehr ganz ablehnend gegen-
über; und mag sie auch noch die Anwendung der historischen Kritik
auf die Religionsgeschiphte verdammen, nach der ungeheuren An-
passungsfähigkeit, die sie bewiesen, ist es nicht ausgeschlossen, daß
sie dereinst noch einmal das Programm der »Modemisten« zu dem
ihrigen machen wird. Denn nach diesem sind geschichtliche Kritik
und religiöser Glaube zwei gänzlich verschiedene Dinge, so daß es »dem
Glauben gestattet sein muß ,ja' zu sagen, wo die agnostische Wissen-
•?eg Der Ursprung der Religion.
Schaft ,nein' sagt« *). Sollte sich die Kirche dieses Prog^ramm d
doppelten Gewissens erst aneig^nen, so würde so wenig nach oben w
nach unten eine Stufe religiöser Entwicklung denkbar sein, die d
Kraft ihrer Anpassung zu widerstehen vermöchte.
Immerhin mag 'es bis dahin vielleicht noch lange dauern. Am
mag man mit einer solchen Teilung der Herrschaft zwischen Religi<
und Wissenschaft allenfalls auskommen, solange sich die historisd
Forschung auf die Tatsachenkritik beschränkt und der Prüfung d
psychologisch Möglichen und Wirklichen enthält Aber der psych
logischen Entwicklungsgeschichte des religiösen Bewußtseins kai
ein solcher Vermittlungsversuch nimmermehr Stand halten. Die
nötigt vielmehr unabänderlich dazu, den Weg zu gehen, der d
Vorzug für sich hat, der ehrlichere zu sein. Er besteht darin, di
man eine Dissonanz zwischen Glauben und Wissen überhaupt vc
meidet, indem man von vornherein die nach allen Seiten der wisse
schaftlichen Kritik, der historischen wie der psychologfischen, Stau
haltenden Tatsachen der religiösen Überlieferung und des religiöse
Lebens als maßgebend für die religiöse Überzeugung betrachtet. Di
ist der Standpunkt, den im Prinzip schon die Reformatoren d<
i6. Jahrhunderts einnahmen, da sie das eigene Gewissen und di
persönliche Überzeugung zur Glaubensnorm machten, den sie abc
freilich nicht innehielten, da ihnen, was nach dem Zustand de
Wissenschaft ihrer Zeit verzeihlich war, die evangelische Überlieferunj
als eine unantastbare Offenbarung galt, und da sie überdies, in
Widerstreit mit ihrem eigenen Prinzip, auch von dem sonstigen Be
stand kirchlicher Überlieferung so viel als nur möglich zu bewahret
suchten. Dadurch wurde der Glaubensstandpunkt der protestan
tischen Bekenntnisse im wesentlichen ein modifizierter Katholizismus
der den Papst, die spezifische Heiligkeit des Priestertums und di«
stärksten Auswüchse des Polytheismus beseitigt hatte. Daß diese
den Übergang zwischen Mittelalter und Neuzeit treu widerspiegelnd«
Standpunkt kein auf die Dauer bleibender sein konnte, ist selbst
verständlich; ebenso aber, daß er den in zahlreichen protestantische!
Volkskreisen, die der katholischen Kirche völlig entfremdet sind
*) Programm der italienischen Modernisten, Reformkatholische Schriften, II, 190S
S. 147.
Gegenwart nnd Zakunft der Religion. ncg
herrschenden Glaubensanschauungen im wesentlichen noch heute ent-
spricht. So hat der Protestantismus, abgesehen von den Übergängen,
die eine solche in mannigfachen Kämpfen sich vollziehende allmäh-
liche Sonderung mit sich fuhrt, im allgemeinen zwei Richtungen ent-
wickelt: eine konservative, die noch heute an den Anschauungen der
Reformatoren des 16. Jahrhunderts festhält, und eine fortschrittliche,
die sich die Ergebnisse der historisch kritischen Forschung in vollem
Umfange zu eigen macht und, daneben bereits von psychologischen
Erwägungen geleitet, alles Mythische aus der religiösen Überlieferung
auszuscheiden sucht. Wie wenig diese Unterschiede mit der Schei-
dung der Kirchen etwas zu tun haben, erkennt man aber deutlich
genug daraus, daß der orthodoxe Protestant noch eher dem gläu-
bigen Katholiken als dem liberalen Theologen der eigenen Kirche
seine Sympathien zuzuwenden pflegt.
Nun entsagt man freilich innerhalb jeder dieser drei Formen des
Christentums nicht ganz der Hoffnung, es werde dereinst noch ein-
mal gelingen, die verlorengegangene Einheit im Sinne der eigenen
Überzeugungen wiederherzustellen'). Doch mögen auch diese Unions-
hoffnungen vielleicht nicht ganz so utopistisch sein wie die des Auf-
klärungszeitalters, den wirklichen Verhältnissen und, was noch mehr
sagen will, den wirklichen religiösen Bedürfnissen der Gegenwart und
einer irgend absehbaren Zukunft entsprechen sie ebensowenig. Wer
sich offenen Auges in der christlichen Welt umsieht, wie sie heute
beschaffen ist, der kann sich der Überzeugung schwerlich ver-
') Innerhalb des Katholizismas ist es besonders die liberale, die radikalen Forde-
mngen des >Modemismas« abiebnende, aber die Versöhnong ihrer Kirche mit der
modernen Kultur anstrebende Richtung, die sich der Verwirklichung solcher Hoff-
nungen auf dem Wege friedlicher Verständigung hingibt. Eine historische Begrün-
dung dieses Standpunktes, in der allerdings einigermaßen übersehen ist, daß in der
Geschichte, namentlich in der Geistesgeschichte, die Zukunft niemals gans der Ver-
gangenheit gleicht, sucht Alb. Ehrhard, Der Katholizismus nnd das 20. Jahrhundert,
1901, 9.— 12. Aufl. 1902, zu geben. Die starke Verbreitung des Buches spricht devt-
lich für die Resonanz, die diese Anschauungen wohl besonders in gebildeten katbo-
Ii.schen Kreisen gefunden haben. Bezeichnend ist es immerhin, daß der Verf. das
Wort »Reformationc lieber in > Revolution« umgewandelt sehen möchte. Es liegt
dem wohl die Überzeugung zugrunde, daß einer Revolution eine Reaktion zu folgen
pflegt. Aber diese Reaktion liegt längst hinter ans: sie ist von den Reformatoren
noch erlebt und mitgemacht worden. Was sich heute innerhalb des Protettantitmni
vorbereitet, ist vielleicht eine neue Revolution, schwerlich eine Rückwärtsbewegnng
in das vorreformatorische Zeitalter.
■■ ■ ^?^t
•t5o ^^ Urspmng der ReUgion.
schließen, daß trotz der kirchlichen und konfessionellen Spaltui^en
die äußerliche Zusammenfassung zu einem und demselben Bekenntnis
zwar nicht unbeträchtliche Unterschiede der Anschauungen ver-
schleiern mag, daß aber doch der vorhandene Zustand im großen
und ganzen sich mit den wirklichen Formen und Färbungen reli-
giöser Überzeugungen deckt, die in der heutigen Christenheit lebendig
sind und die zugleich, am Maßstab der allgemeinen Religrionspsycho-
logie gemessen, im wesentlichen die glänze Entwicklungsgeschichte
des religiösen Bewußtseins von dem vorreligiösen 2^uber- imd Da-
monenglauben an bis zu den in philosophische Ideen überg^rangrenen
religiösen Anschauungen widerspiegeln. Leiht der katholische Kultus
hier dem religiösen Bedürfnis nach unten wie nach oben weitfaiii
seine Stütze, so hat der liberale Protestantismus seinerseits in auf-
wärtsgekehrter Richtung eine Anpassungsfähigkeit zu entfalten be-
gonnen, die gelegentlich bis dicht an den Deismus der philosophisch
Gebildeten des i8. Jahrhunderts heranreicht Betrachtet man die
Tatsachen unter dem Gesichtspunkt des Bedürfnisses, so ließe sich
daher wohl sagen: dieser nahezu allumfassende Umfang* religiöser
Strömungen und Richtungen findet in den Kirchen und Konfesäonen,
wie sie tatsächlich beschaffen sind, seinen annähernd adäquaten Aus-
druck, und es gibt kaum eine Form religiösen und vorreligiösen
Glaubens, für die nicht in irgend einer der vorhandenen christlichen
Kirchen, Konfessionen und Sekten Platz wäre. Auch ist es nicht
wahrscheinlich, daß sich dieses Verhältnis in absehbarer Zeit wesent-
lich ändern wird. Völlig ausgeschlossen ist es aber für jeden, der
-die menschliche Natur in ihren Unterschieden an Begabung, an
Lebensbedingungen und individuellen Bedürfnissen in Rechnung zieht,
daß sich hier die Hoffnungen auf eine Ausgleichung auch nur der
allgemeinsten Unterschiede jemals verwirklichen werden. Solche Hoff-
nungen widersprechen ebenso der Psychologie der individuellen
Charaktere wie der Völkerpsychologie. Beide lehren uns, daß nicht
Uniformierung, sondern zunehmende Differenzierung der Weg aller
religiösen Entwicklung ist, und daß selbst da, wo unter günstigen
Bedingungen die Unterschiede der äußeren Kultur einer gewissen
Ausgleichung entgegenstreben, damit keineswegs eine Ausgleichung
der geistigen Begabung und der geistigen Bildung verbunden ist.
Je reichere Mittel die Kultur dem Einzelnen wie der Gesamtheit zur
Geg[enwart nnd Zaknnft der Re]ig:ion. y6l
Verfügung stellt, um so mehr steigert sie zugleich die Mamiigfaltig-
keit der Betätigungen wie der Bedürfnisse.
Im Hinblick auf diese Verhältnisse darf man wohl sagen, daß
auch das Christentum in den unendlich verschiedenen Abstufungen
religiöser Anschauungen, die es in sich vereinigt, und in denen es
nahezu ein Bild der Religion auf den sämtlichen Stufen, die sie bis
dahin durchlaufen, geworden ist, nur die Mannig^faltigkeit der reli-
giösen Motive spiegelt, die in den wirklich bestehenden religiösen
Gemeinschaften ihre Befriedigung finden können. Ist aber erst die
Einheit der religiösen Überzeugungen als ein utopistisches Ziel er-
kannt, so sollte auch einem friedlichen Nebeneinander der so ver-
schiedenen Bedürfnissen entgegenkommenden Gestaltungen des reli-
giösen Lebens nichts mehr im Wege stehen. Liegt doch hier zu einem
Kampf der Kulte um so weniger ein innerer Grund vor, als das Recht
der persönlichen Überzeugung auf religiösem Gebiet wenigstens inso-
weit sich nahezu allgemeine Anerkennung verschafft hat, daß selbst das
strenggläubige Kirchentum jeder Richtung zwar den Andersgläubigen
aus der eigenen Gemeinschaft ausschließt, ihm aber außerhalb dieses
Kreises jenes Recht ausdrücklich oder durch stillschweigende Duldung
zuerkennt. Dennoch gibt es zwei Hindemisse, die ein solch fried-
liches Zusammenleben religiöser Gemeinschaften und abweichender
religiöser Überzeugungen unmöglich machen, und die wahrscheinlich
noch auf lange hinaus jenen Kampf nicht werden verschwinden lassen,
obgleich sie im letzten Grunde Überlebnisse der Vergangenheit sind,
die ihre innere Berechtigung in den Anschauungen der Zeit längst
verloren haben. Das eine dieser Hindemisse ist ein äußeres : es be-
steht in dem politischen und sozialen Zwang, der die Zugehörigkeit zu
bestimmten kirchlichen Gemeinschaften zu einem Vorrecht erhebt,
das jeden, der sich nach seiner persönlichen Überzeugung dieser Zu-
gehörigkeit entzieht, in seiner sozialen Stellung schädigt. Das andere
Hindernis ist ein inneres: es besteht in der Fordernis der Zustimmung
zu einem überlieferten religiösen Bekenntnis. Die erste dieser Formen
des religiösen Zwangs zu erörtem, ist hier nicht der Ort: es gehört
in die praktische Ethik, nicht in die Völkerpsychologie*). .Dagegen
reicht die zweite, die des Bekenntniszwangs, wenigstens zum Teil in
') Vgl. meine Etbik^, II, S. 292 ff., 335 ff.
^52 ^^^ Urspnxng der Religion.
ihr Gebiet. Denn sie hängt mit einer der wichtigsten Erscheinungen
des Bedeutungrswandels religiöser Begriffe zusammen, die im Laufe
der religiösen Entwicklung eingetreten sind: mit der des B^^riffs der
Religion selbst. * Mit dem Wort > Religio € verband der Römer, so
verschieden auch im übrigen dessen etymologfische Deutung bei den
späteren römischen Schriftstellern sein mochte, in erster Linie den
Begriff der Gebundenheit an bestimmte Normen des Kultus, die ab
solche einen Teil der öffentlichen Rechtsordnung bildeten. Diese
Bindung des Einzelnen an den Kultus ist aber ein gemeinsames Merk-
mal aller antiken Religionen. Daß Glaube und Kultus einander ent-
sprechen, erscheint dabei zugleich als eine so selbstverständliche Vor-
aussetzung, daß man der Hervorhebung einer besonderen Regula
fidei entraten kann. Erst in dem Augenblick, wo die Philosophie
den hinter dem Kultus verborgenen Glaubensgehalt spekulativ zu
durchdringen beginnt, sucht sie ihn zugleich in bestimmte Lehrsätze
zu formen. Damit wandert denn auch die religiöse Gebundenheft
vom Kultus auf die Lehre, und die Lehre fixiert sich in dem Be-
kenntnis, durch das der Gläubige nicht mehr bloß, wie zuvor, durch
Handlungen, sondern durch das Wort und dessen eidliche Bekräftigung
seine Zugehörigkeit zur religiösen Gemeinschaft bekundet. Dieser
Übergang hat sich in der antiken Welt wohl zum erstenmal in den
Mysterien, vor allem in den orphischen Kulten vollzogen; und die
Teilung des religiösen Glaubensgehorsams zwischen Kultus und Be-
kenntnis hat sich dann mit fortschreitender Verlegung des Schwer-
punktes vom Kultus auf das Bekenntnis in das Christentum fortgesetzt
In der griechischen Kirche ruht dieser noch wesentlich im Kultus.
In der römischen halten sich beide, Kultus und Dogma, annähernd
das Gleichgewicht. In der protestantischen rückt der Schwerpunkt in
dem Maße, als sie auf die innere Zustimmung zur Glaubensnorm
Wert leg^, mehr und mehr vom Kultus auf das Bekenntnis. Mit
diesem Übergang tritt aber auch ein bis heute nicht überwundener
Zwiespalt in die Erscheinung, der zu einem neuen, von dem alten
verschiedenen, und schließlich ihm entgegengesetzten Religionsbe-
griff hinführt. Während die evangelische Kirche auf das Bekenntnis
als die Bekundung des aus eigener Überzeugung kommenden Willens
der Zugehörigkeit zur religiösen Gemeinschaft den höchsten Wert
legt, negiert sie zugleich den Zwang der äußeren Glaubensnorm, um
Gegenwart nnd Zaknnft der Religion. ^53
den Glauben selbst ganz zu einer Sache persönlicher Überzeugung
zu machen. Kann sie doch in dem persönlichen Verkehr des Christen
mit Gott die Dazwischenkunft eines solchen äußeren Glaubenszeug-
nisses im Grunde ebensowenig dulden, wie sie die Vermittlung des
geweihten Priesters als eine zur Gewinnung des Heils unerläßliche
Hilfe anerkennt. Die Erweiterung hier schließt die Beschränkung
dort in sich: mit dem allgemeinen Priestertum ist nur die persönliche
Glaubensnorm vereinbar. Damit ist aber der alte Begriff der »Religio €
seinem innersten Wesen nach in sein Gegenteil verwandelt. Aus der
Gebundenheit an eine äußere Glaubensnorm ist die Religion zur per-
sönlichsten aller Gewissensfragen geworden, die jeden äußeren Zwang
als einen Widerspruch gegen die innerste Quelle dieser in der reli-
giösen Überzeugung wurzelnden Beziehung der einzelnen Seele zur
Gottheit als einen Eingriff in die unantastbarsten Rechte der Per-
sönlichkeit zurückweist. Dieser Zwiespalt zwischen dem äußeren Be-
kenntnis und dem im Prinzip durch die Reformation eroberten Recht
der Gewissensfreiheit konnte, obgleich seine Folgen schon in die
frühen Kämpfe im eigenen Lager zurückreichen, doch im ganzen so
lange verborgen bleiben, als in Wirklichkeit bei der großen Mehr-
zahl der evangelischen Christen die biblische Überlieferung mit ihren
Ergänzungen aus altchristlicher Zeit als eine unantastbare Quelle
göttlicher Offenbarung galt. Je mehr dieser Standpunkt erschüttert
wurde und in wachsendem Maße die Kritik der Tradition auf die Ur-
kunden des Glaubens selbst übergriff, um so klaffender wurde jener
Riß zwischen der von dem evangelischen Christen geforderten freien
Überzeugung und dem daneben von der Kirche erzwungenen Be-
kenntnis. Auch kann sich heute wohl kein Unbefangener mehr da-
rüber täuschen, daß es an sich absurd ist, von einem Menschen der
Gegenwart zu fordern, daß er sich auf ein Glaubensbekenntnis fest-
lege, das vor Jahrhunderten als ein annähernd allgemeingültiger Aus-
druck der in den reformatorischen Kreisen geltenden Glaubensüber-
zeugungen angeschen werden mochte.
So pflegt man sich denn mit zwei Argumenten über diese sittlich
bedenkliche Situation hinwegzuhelfen. Über das erste dieser Argu-
mente kann man kurz hinweggehen. Es beruft sich auf das ehr-
würdige Alter des Apostolikums, durch das es zugleich ein letztes
Band zwischen den beiden christlichen Kirchen des Abendlandes gc-
^;.-r..
^-; ^is^^^VmP^^-^^
^(^A Der Urspning der Beligion.
blieben sei. Als wenn sich ein Bekenntnis zu einem Glauben, den
man nicht hat, durch die Dauer der Zeit in Wahrheit verwanddte;
und als wenn durch diese äußerliche Konservierung einer Bekenntnis-
formel die Kluft zwischen weit auseinandergehenden inneren Übcr-
zeugfungen je überbrückt werden könnte! Ernsthafter nimmt sich
das zweite Argument aus. Man subsumiert das apostolische Glaubens^
bekenntnis dem Begriff des Symbols. In der evangelischen Kirche
wird es zumeist schlechthin »das Symbol c genannt Dem liegt wohl
die Anschauung zugrunde, in dieser Glaubensformel sei die Grund-
lage für die sämdichen Kultsymbole gegeben. Dem ist aber nicht
so. Nicht nur wird der symbolischen Handlungen des Kultus im Be-
kenntnis nicht gedacht y sondern diese Handlungen , besonders die
Taufe und das Abendmahl, sind weit älter als das Christentum selbst
Sie reichen, wie wir sahen, in die vorreligiöse Entwicklung des Kultus
zurück. Das Christentum hat sie nicht geschaffen, sondern durch
die schon in den alten Religionen vorbereitete symbolische Umdeutung
vergeistigt und geläutert. Indem man nun das Apostolikum als
»Symbol« bezeichnet, soll es offenbar an dem Bedeutungswandel teil-
nehmen, dessen die Symbole überhaupt fähig sind. Man soll sich
also unter dem Bekenntnis nicht das denken, was es unmittelbar aus-
spricht, sondern ihm einen andern, der jeweiligen Glaubensstufe per-
sönlicher Überzeugung angemessenen Sinn unterlegen. Aber ein
Bekenntnis ist kein Symbol und kann durch keine noch so gewalt-
same Umdeutung in ein solches verwandelt werden. Entweder be-
kennt man sich wirklich zu dem was es ausspricht, oder man spricht
aus, was man in Wirklichkeit nicht glaubt. Und eine Unwahrheit
kann sich am allerwenigsten dadurch in Wahrheit verwandeln, daß
man ihre Aussprache mit einer besonderen Feierlichkeit umgibt.
Was wirklich innerhalb eines jeden religiösen Kultus symbolisch ist,
das ist die Kulthandlung selbst, von der hier fälschlich der Begriff
auf das Bekenntnis übertragen wurde. Während das Bekenntnis so,
wie es gegeben wird, festlieget und dadurch nicht geändert werden
kann, daß man ihm einen Sinn unterschiebt, den es seinem deut-
lichen Wortlaute nach nicht hat, ist umgekehrt die Kulthandlung
innerhalb jeder Religion symbolisch von Anfang an, und sie ist
damit in ihrer Bedeutung allen den Wandlungen unterworfen, die
das Symbol überhaupt in dem ihm immanenten Übergang vom
Gegenwart und Zukunft der Religion. y5^
realen zum idealen Symbol und schließlich zu der durch dieses re-
präsentierten Idee zurücklegt. Dabei können diese Übergänge inner-
halb einer religiösen Gemeinschaft nicht bloß nacheinander erfolgen,
sondern sie können nebeneinander bestehen, indem jedes einzelne
Mitglied frei nach seiner eigenen Glaubensüberzeugung das kul-
tische Symbol in einer dieser drei Formen auffaßt. Darum ist das
Ziel, dem der Protestantismus vermöge des von Anfang an in ihm
schlummernden Glaubensprinzips zustrebt , das der konfessions-
freien Kirche. In diesem Begriff lieg^ kein Widerspruch. Denn
nicht das Bekenntnis, sondern der Kultus begründet das Wesen einer
kirchlichen Gemeinschaft. Das Bekenntnis aber erstarrt, der Kultus
mit der Entwicklungsfähigkeit seiner den verschiedensten Überzeu-
gungen Raum gönnenden Symbole erhält lebendig. Die Spaltung
in eine Unzahl einzelner Sekten, deren jede wieder auf ein anderes
Bekenntnis schwört, würde nur eine Vervielfältigung des Irrtums sein,
der in starren, nicht in lebendigen Gemeinschaftsformen das Heil der
religiösen Entwicklung sieht. Daß die protestantische Kirche dieses
Ziel in naher Zukunft erreichen werde, ist kaum wahrscheinlich, ob-
gleich ihr Name schon jenen Protest gegen die Bindung der Gewissen
lebendig erhalten sollte, von dem sie ausgegangen ist. Aber utopisch
ist dieses Ziel nicht, wie es die einst weit verbreitete und heute noch
immer nicht ganz erloschene Idee eüier dereinstigen Einheit der Re-
ligion ist. Denn das Prinzip der Bekenntnisfreiheit mag den Kreis
derer noch so sehr erweitem, die sich zu einem gemeinsamen Kultus
vereinigen können, weil jeder in den Symbolen dieses Kultus seine
eigenen religiösen Anschauungen verwirklicht sehen kann, der Umkreis,
in welchem auch unter dieser Voraussetzung ein gemeinsamer Kult
möglich bleibt, ist kein unb^^enzter. Verschiedene Gestaltungen
des Kultus werden daher selbst innerhalb einer in seinen Grund-
gedanken so weitumfassenden und mit den Grundtrieben der geistigen
Kultur verwachsenen Religion wie der christlichen allezeit möglich,
ja notwendig sein. Und unter diesen Gestaltungen mögen immerhin
auch solche nicht fehlen, die dem Bedürfnis derer entgegenkommen^
die danach verlangen, daß man ihnen eine feste Glaubensnorm von
außen biete, weil sie eine solche in ihrem eigenen Innern nicht finden
können. Doch innerhalb des Prinzips, das in der Entwicklung des
Protestantismus zuerst latent wirksam gewesen ist, und das er schließ-
766
Der Urspmog der Religion.
lieh auf dem Boden einer nirgends gestörten Einheit von Glaub«
und Wissen wird durchsetzen müssen, liegen solche Gestaltung«
nicht. Mögen die bestehenden Kirchen und Konfessionen in no<
so weitem Umfang Raum für die Befriedigung religiöser Bedürfnis
bieten, das eine hat der Protestantismus bisher verabsäumt: das
ihm latente Prinzip der Freiheit des religiösen Gewissens vom außen
Zwang voll zu entwickeln.
Register.
(Bearbeitet von H. Lindau.)
Die römischen Ziffern I, II, III bezeichnen die drei Teile des zweiten
Abendmahl III, 709, 724, 764.
Abenteuermärchen III, 85 f., 91 ff.,
242, 246 ff., 312 f., 382 f.
Aberglaube I, 453, 530 f., 544 f.,
547. II, 18 f., 42 f., 186 ff., 294 ff.,
395 ^f.» III» 127 f., 188, 192, 470,
614, 658, 663, 745.
Abstammungsmärchen I, 354, Ab-
stammungssage III, 349, 351,
353 ff., Abstammungs Vorstellun-
gen II, 237 f.
Abstraktion I, 597, II, 368.
Ackerbau III, 621 ff., Ackerdämonen
II, 429, 451, 454, 466, 468, Acker-
kult III, 637 ff., 703, 705 f., 715,
720.
Adaptionismus I, 569 f.
Adler und Zeus II, 290, A. und Ge-
witter III, 219.
Aesthetik I, 13 f., 89, 218 f., 224,
acsth. Motive I, 223, ae. Wirkung,
Unterschied bei Skulptur und Ge-
mälde 1 , 274 f. , ae. Einfühlung
I» 579.
Affekte III, 643, 649 f., 672, 753,
A. und Betonung I, 49 f., A. und
Stimmung I, 60, A. und Bewegun-
gen I, 394, 397 {., Reinigung I,
499 f-» Mäßigung I, 522, A. und
Blut II, 35 ff., A. und Ekstase II,
97' A. und Vision II, 109, A. und
Traum II, 113, 117 ff., A. und Na-
turerscheinungen II, 178 ff., Diffe-
renzierung II, 310 ff., A. und Mär-
chen III, ^^, 35, 74, 81, 83 f., 89 f..
A. und Zauberglaube III, 4h A.
und Spiel III, 99 ^t vorwttöche A,
III, 107, A. und Götter III, 427.
Agnostizismus III, 727, 757 L
Agon I, 502.
Ahnengeister III, i, 86, 174* 401^
Ahnenkultus I, 386 ff-, II, 9^ 140,
238, 241 ff., ni, 171. 37 U 3«9^»
402, 405» 4"» 556 i- 621, 629^
634 f., 637 ff., 641, 644* AhaeiK
legende III, 224, 3^4 <i- Ahn«-
namen III. 354, AhneoMfC UI^
218 f., Ahnentiere II, 251 iL, 2$^
261, 264 f., 268«., 277 i^f 3$h
345, 349, 351, 415. 111. «^ ^3»
143, 152, 170» 309» ^rfy"^?ry
lungen III, 125, 196, "
375^'
Akkordbildung»
Akustische Unti
Alben II, 1 14 vgt
Alchenüe II, I95» ^^*
Allbcseclung 11, M»- ,_ _
Allegorie I, 1 1«. Ä «^ ** ^J '-'
227 f., 252» 26^ 407 1»^''
Allgöttertheoric ^^J^ ,.
Alligator 1, 39 Ä, tmu^ J5^. II,
269, 288, III. «7**1^- ^^
Alp II, 109 «^» «Mfc "•"' 'iK;,
189. 377 j- ^ ... ,
Altar 1, 23Si^0 35^ AiTlMBi I II, 426,
Amulett t l6fc O0UI, 24. s» f.,
186, 18S, Ä»iU «^ 4f^h 405,
408 f.. 435» *ft Jfir », 1'//, fxj2,
635» Ö7J-
I^4$9'
t45J'
MI »44^
768
Register.
Anachoret III, 495.
Analogie I, 430, III, 54, 514 If., A.
zwischen Helden und Göttern I,
389 f., A.zauber I, 564 it mytho-
logische A.theorie I, 562 ff.
Anekdote III, 86, 306, 379.
Angleichungen (vgl. Assimilation)
I, 32.
Angst, Gespensterglaube und A. II,
44 f., A. träum II, 42, iioff.,
118 ff., 129, III, 94, 584.
Anima II, 126, 143.
Animalismus II, 139 ff., 149, 161,
177, 231, 234 ff., 246 ff., 271,
274 ff., 406 f.
Animatismus (Marett) II, 173 f.
Animismus I, 540 f., II, 122 f., 139 ff.
185, 189, 194, 201, 229, 231 ff.,
257, 262, 283, 299 f., 308, 346 ff.,
411, 439, 461, 474, 481, III, 2,
393» 404 t» 555» 705» animistische
Theorie der Mythologie I, 542 f.,
546 ff., 553-
Anschaulichkeit der Phantasie I, 8 f.,
13, A. und Kombination I, 8 f.,
Anschauungsformen und Begriffe
I, 580, sinnHche Anschauung und
Phantasie III, 11 f.
Anthropogonische Mythen II, 81 ff.,
237, 261, 266, 271, 274,ff., 296 f.,
349, III, 193, 296.
Anthropomorphistische Götter II,
291 f.
Anthropophagie vgl. Kannibalismus.
Antichrist I, 478.
Aöden I, 367 ff., 387 f.
Apathie II, 97 f.
Apokalyptik II, 102, 217, III, 452 f.,
455, 462 ff., 535, 557, 559» 581 ^..
711.
Apokryphen, neutestamentüche III,
721.
Apostolikum III, 763 f.
Apotheke des Medizinmanns III, 188.
Appellativnamen II, 473.
Apperzeption, Bedingungen I, 264 f.,
Zunahme apperzeptiver Verknüp-
fungen II, 102, A. und Assozia-
tionen I, 136, 192 f., II, 95 f., III,
75, Eindruck, A. und Assoziation
I, 589, A. und Assimilationen I,
198, transzendentale A. I, 580!,
A. bei Herbart I, 572 if., mytho-
logische A. I, 62 f., 577 iL
Arbeit HI, 442, A. und Kult 11, 411,
A.sUed I, 310, 313 f., 319 ff., 325.
394, A.slied und Zauberlied I,
322 f., A.steilung II, 227, 47^ U
481.
Arche, rettendes Schuf III, 456 ft,
505.
Architektur I, 92, 107, ii4tf., 170,
216, 224 ff., Geburtsmoment der
A. I, 173, A. und Bedürfnis I,
294, Stilwandel I, 248 ff., A. und
Farbe I, 272, A. unid Malerei im
Mittelalter I, 275 f.
Architrav I, 246.
Areoi (Tahiti) II, 352.
Argonautensage III, 31, 221, 361,
365, 372 ff.
Arzneimittel II, 194 f-» 211 f., 216,
Arzt II, 403, III, 187 f., ärztliche
Künste und Zauberei II» ISH^
211 f., 216.
Aschenumen II, 214.
Asebie III, 423.
Äsen II, 383.
Askese II, 294, 297, 342 ff., 376,
III, 154, 486 ff., 665, 681, 696,
718 f., 721, A. imd Totemismos
II, 246 f.
Assimilation I, 18, 20, 29 ff., 36 ff.,
42, 48, 50, 52 ff., 57 f., 61 f., yo,
129, 198, 287 ff., 297, 594, II, 45,
55» 86, 95, 106, 112, 117, 119, 128,
214, 229, 256, 282, 292, 355, 357ff.,
III, 3, 7, 13» 71» 76, 82, icx>, 163,
175, 184, 188, 214, 231 f., 240^
245 ff., 249. 253. 258 f., 265, 270^
279, 282 f., 454» 456, 459» 506 1,
5"» 513» 539» 552, 575. 582, 632 f.,
638, 6401, 645, 649, 705, 730.
Assonanz I, 324 f.
Assoziation, I, 32 ff., 336 ff., 584 ff.,
600 ff., II, 190 ff., 210 ff., ni,
74 ff., 80, 82, 93, 95, 450"^.
Astralmythologie II, 364, III, 51,
54 f., 67 t, 122, 210, Theorie III,
422.
Astrologie II, 219, 364, III, 210, 291,
542 «.
Astronomie II, 364, III, 58, 210,
274^.» 545.
Register.
769
Atem und Seele I, 585 f., 593, II,
3 ff., 14, 19 ff., 24, 28 ff., 40 ff.,
123 ff., Zauberkraft II, 51, 53,
A.bewegungen und Flugvorstel-
lung II, 112, Atmung und Traum
II, 112 f., 118.
Atlanten (Säulenform) I, 261, Atlas
und Herakles III, 369 f.
Attribute der Götter I, 606, attribu-
tive und prädikative Satzform III,
75.
Auferstehung II, 9, III, 583.
Aufgabemärchen III, 385.
Aufopferung III, 45, 166 ff.
Aufstieg zum Himmel III, 217 ff.,
232 f., 255, 273, 289 f., 297.
Auge und Seele II, 27 ff., 185 ff.,
Augenamulett II, 403, Augen-
blicksbild I, 121 f., 140 f., Augen-
bücksgötter II, 465 ff., III, 328 f.,
Augenblickskunst I, 98 ff., 142,
Augenblickslied I, 309 ff., Augen-
ornament I, 165, 203 f., 211, Au-
genpunkt des Bildes I, 269 f.,
Augenungeheuer III, 504 ff., Au-
genzauber III, 417.
Augurium II, y^. *
Aulos I, 436, 439.
Ausdrucksbewegungen I, 3 ff., 61,
88, 94, 394, 398 ff., 404. 406 f.,
428, 440, 517» n, 103.
Ausgleichung der Gegensätze I, 515.
Aussetzungsmotiv III, 264 ff , 277.
Austreibung von Dämonen II, 329.
Autosuggestion I, 577.
Bacchanten I, 421, 474» HI» 650.
Ballspiel III, 95 ^^^ 297.
Bandzauber II, 23, 193, 195, 197,
207, 209 f., 328, 376, 397, 400, 406.
Bank I, 240, Assoziation mit Tier-
formen I, 214 f., 240.
Här, großer III, 210, 219.
Barock I, 255 f., III, 180.
Basilika und Kirche I, 252.
Baucis III, 191, 194-
Baukunst als Ornamentik auf höhe-
rer Stufe I, 115 U vgl. Architek-
tur.
Baumscclen, II, 5» «i ff., 417» Baum-
vcrwandlungen III, 108, heilige
Bäume III, 186, 192 ff., 197» vgl.
Wundt, Völkerpsychologie II, 3.
Wunderbäume, Baumblüte und
Herz III, 199, Himmelsbaum III,
210, 214, Bäume als Himmelsweg
III, 220, 255.
Bedeutungsinhalt der Kulthandlun-
gen III, 23.
Befehlssuggestion II, 96.
Befreiung II, 106 f., III, 232 f., 236,
238 f., 241 ff., 262, 270, 285.
Begeisterung I, 402 405, II, 126.
Begräbnis (vgl. Bestattung) II, 48,
64, 66 ff., 353, 356, 449.
Begriffe I, 8, 580, II, 124.
Behexung I, 3Q4 ff., 459.
Behinderungszauber III, 92 ff.
Belohnung III, 106 ff., 462.
Bemalung I, 157 fl, 199 f.» 285, II,
263, III, 479.
Bergdämonen II, 80, 370 ff., 382 ff.,
III, I, 39. 340, 343» Z7^^ 405» 634,
636, 639.
Berufen II, 395 f.
Berührungszauber II, 328 f., III,
189 f.
Beschneidung III, 479.
Beschwörung I, 315 ff. 420, II,
194 ff., 222 ff., III, 135 f., 657 ff.
Beseelung I, 552, 561 f.
Besessenheit II, 21, 109 ff., 120, 189,
370, 391 ff., 400.
Besprechen II, 406 f.
Bcsprengung III, 687, 693 f.
Bestattung II, 92, 157, 164, B. und
Bäume II, 82.
Betonung, dynamische I, 48.
Bewaffnung II, 218.
Bewegung und Leben II, 6 f.,
B.sempfindungen I, 46, 264.
Bewußtsein, Umfang I, 46 f.
Bild, Grauen davor II, 9, B. und
Gegenstand II, 88, 191 ^•» 198»
B.amulette II, 209, B. und Ver-
tretung des Gottes III, 702 f.,
Bilderopfer II, 3 56 f., Bilderschrift
I. 85 f., 99» 121, 127, 133. 284, III,
66 f., Mythologie als Bildersprache
^' 5^^- . U TT
Bindczeremonic, magische 11, 23
(vgl. Bandzauber).
Biologische Fabeln und Märchen I,
352 ff., III, 86, 88, 105, ZiU ZIAU
318 ff.
49
770
Reifer.
Bittgebet III, 657 ff., 664, 678, Bitt-
opfer II, 333, 338, 341 f., 448 ff.,
461.
Blasinstrumente I, 432 ff.
Blatter- und Blumenomament I,
238 ff., II, S3,
Blick, zauberhafte Wirkung I, 203 f.,
Ilr S7 395 ff., 400, 404 f., B. und
Seele II, 27 ff., 185 ff., 197 f.
Blitz III, 77 175, 214 f., 289.
Blume, Verwandlung III, 194.
Blut und Seele II sif III, 680 f., B.
trank der Schatten II, 16, 46, B.
gemeinschaft II, 16 f., -mischung
H, 50!, -bündnisll, 5 f, -sbrüder-
schalt II, 340, B. als Opfergabe II,
339, B. und Tabu II, 305, 309,
314!., B.zauber II, 1891., 215.
Bock II, 419 f., 431.
Bogen I, 437.
Bohnen II, 12, 212, III, 104, 199.
Bosheit und Schlange III, 177 f.,
B.szauber II, 185 ff., 197 f., III,
158 ff., 181 f., 342.
Brahmanismus II, 342, 344, 359,
III, 250, 485, 589, 596.
Brandopfer III, 673 f., 693.
Brüdermärchcn III, 225 f., 283 f.,
501 f., feindüches Brüderpaar III,
277 f., 286, Brüderschaft II, 16,
51 f., 340.
Buddlialegende III, 485 ff., Christus
und Buddha III, 715 ff.
Buddhismus I, 234, 359, 541, II, 78,
203, 233, 342, 344, 355, 357, III,
464, 485 ff., 495, 528 f., 556, 590 f.,
607, 609, 636, 654, 696, 698,
717 ff.» 755.
Bundcslade III, 639.
Bündnistheorie der Opferbräuche
II, 340 f., Bündnis mit dem Teufel
II, 400 f.
Burleske I, 414, 466, 470, 472, 481 ff.,
5 1 1 f., 5 14 ff ., II, 405, 436, III, 48,
66, 80, 130!., 165 f.
Buschseele 11t 244 f., 267!, 365, 407,
463, Iir 2cx:p, 555.
Buße I, 404, II, 331, III, 696, Buß-
gebet III, 657, 659, 664, 666 f.,
693-
Büste I, 274 t
Chaos III, 448 ff.» 458, 465.
Chiliasmus III, 471.
Chor I, 438 f., 458 ^'* 497 U 502, IH
660 f.
Christentum II, 8 ff., 479 ff., ID
490 ff., 693 ff., 7 20 ff.
Chris tuslegen de III, 715 ff.
Chthonische Götter III, 646 ff .
Churingas 11 » 262.
Clown I, 491, 495.
Corroborri I, 408.
Dach I. 230, 237 f., 251.
Daimonion des Sokrates II, 368.
Dämonen I, 148 f., 419 ff., 472 ff
545 ff., II, 109 ff., 128 ff., 175 ö
199 ff., 242 ff., 253 ff., 259 ff
267 ff., 284 ff., 334 ff-, 349 Ä
359«., 365«.. III, iff.. 99 ft
170 ff., 394«- 450 ff., 611 fi
661 ff., 741 ff.
Dankbarkeit III, 168, dankbar
Tiere III, 108, 133, 144, 158, 163
201, 249, d. Toten III, 108, 144
DankKCbct TU, 657 ff., 664, Dank
Opfer II, 333 f., 338, 341 f., 447 ft
461.
Degeneration s. Entartung.
Deismus III, 760.
Dekalog II, 263.
Delphinsage III, 249 f.
Demeterlegende III, 710, 712 ff.
Demut III, 124.
Denken und Handeln III, 22.
Denkmal 1, loo ff., 109, 115, 132.
Derwische I, 401, 403, 405, 407, II,
391, III, 636.
Despotismus II* 257.
Deszendenztheorie II, 153 f.
Dialektik I, 514, 533, 539.
Dialog I, 464, 502 f., 514.
Diatonische Tonleiter I, 454 ff.
Dichtung I, 6, 312 ff., 590 ff., 615 ff.,
III, 6 ff., 25 ff.
Dietrichsage III, 380 ff.
Diflerenzton I, 456 f., 459 ff.
Dignitätsgrade der Seele II, 107.
Diomedes I, 593.
DioniAsoslegende III, 7x2 ff.
Dioskuren III, 280 f., 353, 372,
374.
Dissonanz I, 453, 460.
Register.
771
Disziplinierung der Bewegungen I,
4CX), disziplinierte Tähze I, 427.
Dithyrambus I, 439, 496!, 514.
Divination II, 13, 109.
Dogma und Kultus III, 762, Dog-
matismus I, 7, II, loi i.
Donner III, tj, 289, D.gott II, 474,
D.Steine III, 215.
Doppelformen I, 293, mythologische
D. bei Böcklin I, 282.
Doppclgänger II, 9, ^y f., 93 f., 108.
123, 192, 197, 243, 245, 269. 294,
349» 365» 463.
Doppeltes Gesicht II, 93 f., 108.
Doppelwesen II, 282, 288 f., 291,
III. 145 t
Dornröschen III, 385.
Drachen II, 75, 117, 122, 234, 287 ft,
III, 54 i. 172 if., 383«.
Drama I, -j-j f., 303 ff., 462 ff.,
506 ff., II, 286, III, 8, 48.
Drei, heilige III, 530 ff., 580 f.,
D.klang I, 459.
Dualismus III, 446, 448, 578 f.
Dur I, 457, 459 ff.
Edda II, 196, III, 44, 191, 382, 386,
453-
Edelsteine II, 213, 218 f., 221, III,
109 f., 113, 121.
Ehe zwischen Mensch und Tier III,
145 «.
Ehrfurcht II, 3 10 ff.
Eidechse und Seele II, 61, j6,
Eifersucht III, 383.
Eigennamen I, 392, II, 362.
Einbalsamierung II, 8, 66.
Einbildungskraft I, 6 ff., 16, 24 ff.,
31-
Eindruck, Assoziation und Apper-
zeption I, 589, E.smethode I, 218.
Einfülilung I, 41 f., 44 f., 62, 113,
219, 579.
Eingebung I, 11, 15.
Eingeweide als Opfer II, 12 f., 16,
E. und Seele II, 31, n.
Einöden-Dämonen II, 370 f., 382 ff.,
III, 636, 639.
Einschachtelungsmotiv III, 157 f.
Einübung I, 575.
Einzeldichtung I, 476, Einzelerzäh-
lung III, 47, Einzelmythus III,
28 f., Einzelsage III, 39, 42, Ein-
zel- und Gesellschaftstänze I, 397,
400.
Ekstase I, 281 f., 397 ff., 425, 430,
577, II, 42, 85 f., 94 ff., III t,
126 f., 129, 320, 340, 344, 391, 409,
III, 160, 230, 330, 467 f., 489,
491 ff., 538, 560, 580, 585, 636,
640, 649 ff., 680 f., 697 ff., 715,
Eiben (Elfen) II, 84, iio, 113 t,
116, miU 382, 412, 414, III,
301, 384-
Elephant als Seelenträger II, yy f.
Eleusiniscbes Fest 1, 474, III, 647 ff.,
710, 712.
Elialegende III, 640 f.
Elysium I, 534, III, 575 U 578. 584.
Emanation III, 538 f.
Empusa II, 121, III, 117.
Engel II, 75, 78, 80, 113, 117, 130,
401, 475, III, 219, 230, 578, 696.
Entartung I, iZ^iU 543» H» 228,
III, 41, 325, 406.
Enthaltungsvorschriften II, 294, 297,
vgl. Askese.
Entlastung des Gemüts I, 515 ff.,
519.
Entrückung II, 106, 108, in, III,
214» 575-
Entsagung (vgl. Askese) II, 343^^-
Entsetzen I, 500 f.
Entsühnung III, 368, 375.
Entwicklungsreihen, immanente I,
221 ff., Entwicklungsgedanke der
konstruktiven Geschichtsphiloso-
phie I, 532 ff., Entwicklungshypo-
these II, 153 f.
Entzauberung III, 162, 188.
Epigramm III, 118.
Epilepsie II, in, 189, 329, 391^^.»
407.
Episoden u. Überlieferung I, 368 f.,
374 f., 379, 381, märchenhafte E.
I, 387, III, zu 34» 46 f., E. und
geschlossene Erzählimg III, 75 f.,
komische E. II, 286, III, 48, 166.
Epos I, 77 f., 304 ff ., 386 ff., III, 7 ^-t
387 ff., 520 ff.
Erbsünde III, 695.
Erde, Gottheit II, 291, Mutter III,
370, 400, 458, 645 ff., 652, magi-
49*
772
Register.
sehe Beziehungen III, 138, 145,
Erddämonen II, 370, 376, 379 t,
382.
Eremit III, 495.
Er£indungsm3rthen II, 280!, Erfin-
dungstheorien I, 256 ff., 567, 569 f.
III, 4, Erfindungsvermögen I, 6,
II.
Erinnerung I, 32 ff., E.skunst I, 85,
IOC ff., 123 ff.
Erijiyen III, 427, 565, 570.
^Eris III, 442.
Eriösung I, 500, 520, III, 168 ff.,
590, 609.
Ermüdungstheorie des Stilwandels
I, 256 f.
Ernte (vgl. Vegetation) I. 395,
E.bräuche III, 203, E.dämonen
II, 81, E. -feste I, 483, II, 294,
E.segen III, 597, E.tanze I, 403,
411, 415^^- III, 705.
Erstgeburt III, 277, 286.
Erzählung I, 305 ff., 326 ff.
Eschatologie II, 327, 400, III, 15,
470 f., 582, 610.
Ethik und Reügion III, 746 ff., ethi-
sche Religion I, 540, II, 141.
Eudämonismus I, 500.
Euhemerismus I, 556, II, 291, 347,
III, 282, 307.
Eule II, 290, III, 124.
Evolutionismus I, 537 ff., 543.
Exaltation II, 97 f.
Exogamie II, 265.
Experimentelle Analyse I, 96 f., e.
Ästhetik Fechncrs I, 218 f.
Expükative Märchen III, 74.
Fabel I, 343 «., 352 ff., III, 72 ff.,
171 ff., 181 ff.
Fackeltänze I, 403.
Fadenamulette II, 209 f.
Fadenhalter I, 488.
Fakire I, 577.
Faltenwurf I, 267.
Fananymythe II, 62 f., 66.
Farbenfreude I, 157, vgl. Bemalung;
Farbe und Plastik I, 271 f., F. und
Architektur I, 272.
Fasten und Zaubcrvei-wandlung III,
153 f.
Fastnachtsspiel I, 465, 496.
Fäulniswurm II, 63.
Faune II, 8r, 109» 419, 430, III, 124
Feen III, 301.
Fegfeuer II, 327, III, 587.
Feldbestellung und mimische Taus
I, 411, 415 ff., Felddämonen (v^
Vegetation) II, 80, 372, 417, 419
III, 332.
Felsenhöhle I, 228 f., 2^7» F.tempe
I, 228, 242, 243, F.graber I, 243
F.enge III, 221 £.
Fernwirkungen II, 19, 21 f., 1840.
190, 194, 198, III, 399.
Feste II, 410, 433 ££., III, 21, Fest
brauche II, 294, 303, 323 f.. Fest
gewand 1, 412, Fest jähr III, 6310.
Festkalender I, 412, 421, IL 255
360, Festkönig III, 707 f.. Fest
tanze I, 411 f., 426 f., II, 247
261 f., 286, Festzeiten III, 203
Festzug II, 286.
Fetischismus I, 203, 235, 400, 53^
540 f., II, 147, 149, 191 t, I99ft
221 ff., 242, 256«., 262, 347, 40fl
423, 463, 466 f., III, 317, 393, 402
499, 602, 615 f., 673.
Feuerbereitung III, 107, 255, 25J
308, Feuerbohning II, 442 1
455 f., 458, III, 296, 676, Feuer
bringung II, 281, III, 258, 26c
294 ff., 303, 394, 478, 484, 496 fl
Feuerdämonen II, 456, Feuerent
Zündung III, 259, 346 ff., Feuer
gott II, 443, Feuerholen III, 237
243 ff., Feuermythus III, 43J
Feueropfer II, 448, Feuerräubc
III, 295, 297, Feuerreinigung II
319 f., 326 ff., III, 668 ff., Feuer
sage III, 455 ff., Feuerta.nze 1, 403
Feuertaufe II, 326 ff., Feuerzaubc
II, 440 ff., III, 243 ff.
Fieber und Dämonenvorstellung U
329.
Fiktion und Illusion I, 64.
Finsternis und Licht III, 448 f.
Fisch als Seelenträger II, 62, 74, i
als Symbol II, 214, III, 176, R
totem II, 261, wunderbarer F. III
III, 198, 249 f., 264, F. und Sag
III, 456 f., 459 t
Fixation I, 21 ff., 26 ff., II, 186
Fixierperspektive I, 263.
Register.
773
Flagellanten I, 403.
Flechtkunst I, 170 f., 174 f., 177 f.,
182, 186, 201 f., 205, 209, 216, 287.
Flöte I, 434 ff., 439, II, 426, 436.
Flug- und Atembewegungen II, 112.
Flügellöwen II, 289, Flügelpferd III,
114, Flügelschuhe III, 114.
Flurgötter II, 377.
Flußgötter II, 324.
Flut II, 179 f., F.sage III, 183, 198,
212, 249 f., 315, 455 ff.
Folklor III, 343.
Fortschrittsidee I, 534 f., Fort-
schrittstheorie I, 537 ff.
Fratzenfetisch II, 201 f., Fratzen-
traum II, 113 ff., 129, 281, 389,
398, III, 55.
Frauen, wundertätige III, 301, F.-
verehrung III, 383.
Freie Seele II, i ff. (vgl. Psyche).
Freude und Tanz I, 395, 407 f., 427,
429, F.ntaumel I, 397, F. und
Lied I, 398, F. am Leben I, 519.
Freundespar III, 277 f.
Fries I, 266.
Frömmigkeit II, 461, III, 692.
Frontalstellung I, 125, 140 ff.
Fruchtdämonen II, 81, 182, 253 f.
(vgl. Vegetation).
Frühling III, 269 f., F.sfest I, 474,
II, 294.
Fünf, heilige III, 531, 542.
Fürbitter II, 408.
Furcht und Mitleid I, 499 f., F. und
Schrecken I, 500 f., Gehörsschär-
fung durch F. II, 44 f., F. und
Aberglaube II, 296, F. vor Dä-
monen II, 307 ff., F. vor den
Seelen der Abgeschiedenen II,
47 U 68, 71 f., 156 ff.
Galle und Seele II, 29.
Galopp I, 407.
Gans, Martinsgans II, 297.
Gauklerkünste I, 464, 466, 479.
Gebälk I, 247.
Gebärde I, 87, 304, G.nsprache I, 99,
127, 323, 394, 428, G. und Augen-
bUcksbild 1, 121, darstellende G.
I, 410.
Gebet I, 396, 400, 605, II, 55, 324,
330, 406, 435, 463, III, 338, 391,
547, 576 f., 656 ff., G.smühle II,
357.
Gebrauchsmotiv xmd Schmuck I,
214, 216.
Gebundene Seele II, i ff., innere Ge-
bundenheit der Religion III, 22,
Gebundenheit an äußere Normen
III, 762 f.
Gedächtnis, I, 6 ff., bei Wolff I, 6.
8, IG f., bei Kant I, 6, G. und Im-
provisation I, 368 ff.
Gefäßformen I, 171 ff., Herstellungs-
motive I, 172 ff., 186 ff., Nach-
ahmungsmotive I, 172, 186 ff.
Gefühl und Ekstase II, 97 f., G.sasso-
ziation II, 318, G.säußerungen I,
440, G.sbetonung I, 49 f., 72 f.,
G.serguß im Liede I, 326, G.sfak-
toren der Raumphantasie I, 38 ff.,
G.slagc des Bewußtseins I, 56,
G.srcaktionen II, 298 f., G.ssprache
I, 457 ff., G.ssteigerung durch Il-
lusion I, 63, 7 1 f. (vgl. Einfühlung»
Umfühlung).
Gegenstandsseelen II, 83 f.
Gegenzauber II, 185 ff., 197 f., 21 1 f.,
310, 319 ff., 323 ff., 328, 342, 389 1
394, 402 ff., 463, 472, 481. III, 150,
158» 375. 388 f-» 663 f.
Gehirn und Seele II, 39 f.
Gehörssinn und Halluzinationen II,
106.
Geißelbrüder I, 403.
Geist II, 35, 41, G. und Seele II,
125 ff., G., Seele, Dämon II, 201,
G.er und Dämonen II, 23 1 f., III,
1 f., 4, 39, 95, 99 f., G.erglaube I,
546 ff., II, 172 ff., 354, G.erland
III, 561, G.ertanzreligion I, 405,
G.ervorstellungen I, 614, II, 44 f.,
61, III, 103 f., G.eswissenschaften
III, 327, geistige Seele II, 2 f.,
geistliche Spiele s. kirchliche
Schauspiele.
Gemeinempfindungen und Traum
II, 112 ff.
Gemeinschaft III, 753 f., G. und
Kultus III, 597 ff., 7s6, G.sdich-
tung I, 309^-. 312 ff.. 368, 375,
476, 591 f., 595 f., 603, G.sleben
und individuelle Anlagen I, 3 f.
iWf^
774
Register.
Gemüt II, 35, 37, 39, 41, II, 97 f.,
(vgl. Affekte).
Genealogie d. Helden III, 390, ge-
nealogische Märchen III, 303.
Generationsorgan und Seele II, 11,
13 U 33* 163, 185 ff., 405.
Generell und individuell III, 509.
Genius II, 478 f.
Genrebild I, 118 ff., 280.
Gentilverfassung und Totemismus
II, 256.
Genuß- und Reizmittel I, 402 f.,
G.mittel und Ekstase II, 105.
Geometrische Ornamentik I, 107,
109, 116, 123 ff., 164 ff., 178, 183,
185 ff., 197, 202, 209, 216, 287,
289 ff.
Georg, heiliger III, 180.
Geräte I, 213 ff.
Gerechtigkeit II, 461.
Germanentum III, 383, germanische
Mythologie III, 9 f., 46, 359 ff.
Gesamtanscoauungen, mythologi-
sche III, 26 ff., Gesamtpersönlich-
keit II, 478 f., Gliederung einer
Gesamtvorstellung I, 46 f., III, 75.
Gesang I, 91, 93 f., 138, 302 f., 439»
512, II, 223 f., III, 619, G. und Ge-
bärde I, 304, G. und Liebeswer-
bung I, 312, G. und Spiel I, 77,
G. und Sprache I, 48, gemein-
same Gesänge I, 405, primitive
Melodien I, 439 ff. (vgl. auch Lied,
Epos, Lyrik usw.)
Geschenk und Opfer II, 341, III,
678 ff.
Geschichte I, 531, 582, 602, II, 165,
176, III, 80, G. und Epos I, 382,
G. und Legende III, 47 f., G. und
Sage III, 36, 38 ff., 47, 343 it»
356 ff., $76 ff., 392, G. und Völker-
psychologie III, 56 f., G.sphilo-
sophie I, 528, 531 ff-» 571* ni,
470.
Geschlossene Märchenform III, 75 f.
Gesellschaftsgruppen II, 251 ff., G.-
instinkte I, 569f., G.stänze I, 404,
409, 411, 429, G.-s- und Einzel-
tänze I, 397, 400.
Gesetzmäßigkeit der Naturerschei-
nungen und Zahlenmystik III,
544.
Gesichtsausdruck I, 140, 146 iL, G
sichtsbemalung I, 421 f., Gesichl
empfindungen der Vision II, ic
Gesichtsphantome II, 112 (vj
Vision), Gesichtsumen I, 197, G
Sichtsvorstellungen und Fratze
träum II, 1 14 f., 1 19.
Gespenster II, 45, 61, 72, 84, 87, r
156, 353» 370, 372 ff., III, 65, i]
243. 343-
Gestikulaüon und Phantasie I, ;
Gestirne und Dämonenvorstellung
III, 394 f.» Gestimgöttcr II
400 ff., 411, vgl. Sterne.
Gewandung I, 199 ff.
Gewebetechnik I, 201 f., 205.
Gewissen II, 367, III, 107, 442, 74
752.
Gewitter II, 178 ff., 184, III, 2c
214 f., 219, 288 f., 396, 401.
Gewohnheit III, 23 f., 180.
Gifte, erregende und betäubende 1
103!
Giganten II, 121, 284, 383 f., U
171, 214.
Gitarre I, 433 f.
Giunen II, 245, 384 f.
Glaube und Aberglaube I, 53
Glaubensheld III, 45, G.ns- ui
Lebensnorm III, 20 f., G.nssystei
II, 124, 133, G.nsvorstellungc
und Kulthandlungen III, 22 ff.
Gleichklang I, 324 f.
Gleichnisse II, 100, 102, III. 50^
601, 723.
Gliederung einer Gesamtvorstelluni
I, 46 f., III. 75.
Glockenspiel I, 433.
Glossolalie III, 699.
Glücksbedürfnis III, 601 f., 726, 740
Glücksgeister II, 294 ff., Glücks
märchen III, 85 ff., 137, 144 1
160 f., 179, 182, 184, 204, 207, 233
241, 246, 264 f., 270, 283, 288, 293
298 ff., 303, 306, 312, 357, 364
368, 371, 383, Glücksspiel III, 99 f
Glücl^wendung als Dämon III
442, Glückszauber III, 167.
Gnostizismus III, 538 f., 582, 699
Gold xmd Zauberkraft III, iii,
G.schatz III, 109 f., goldenes Zeit
alter III, 42, 48, iio f., 452.
Register.
775
Gorgonen I, 149 ^f-» i55» ^97» 203,
211 i, 512, II, ii6ff., 122, 389,
398, III, 55. 570.
Gotischer Stil I, 252 ü., 259.
Götter I, 409, 475 ff., 605 ff., II,
336 ff., III, if., 58 ff., 168 ff., 292 ff ,
389 ff., G. der Unterwelt III,
646 ff., G.bild I, 117, 145 f., Tier-
götter II, 283 ff., III, 123, Genea-
logie II, 276, Kultus II, 307, III,
629 ff., Tabu II, 311 f., Gottessen
III, 705 ff., 724, G.kampf III,
450 ff., G.dämmerung III, 337,
653, G. und Dämonen II, 316 ff.,
460 ff., G.Staat III, 429, 644, 742,
G. Mythus, Sage und Märchen III,
40 ff., Gottmensch III, 606 ff.,
711 ff., Göttemamen I 536 f.,
544 f., 568, II, 362, III, 325 f., 332,
G.speise und -trank III, 336 f.,
Gottesurteil III, 641, Gottheit und
Wunder II, 108, Gottesidee I, 536,
541, II, 232 f., 462, III, 606, Un-
vorstellbarkeit III, 738.
Grabstätten I, 230 ff., 249.
Grimasse I, 149.
Größentäuschungen I, 33 ff., 39 f.
Gruppen, plastische I, 264 ff., be-
lebender Einfluß I, 267, soziale
G.bildungen I, 575, G.ehe II, 257,
272, G.namen II, 251 ff., G. totem
und individuelles Schutztotem II,
255 f.
Grußformen II, 51 ff.
Gymnastische Spiele I, 396, Tanz-
künste I, 408, Schaustellungen I,
464.
Haar und Tabu II, 305, 309, H. und
Herz III, 100, H.opfer II, 57 ff.,
344 f., H.zaubcr II, 23 ff., 39, 47,
58, 163, 193 f., 208, 328, 336, 376,
397, 400, 406, III, 148, 374.
Hades II, 16, n f., 46, 61, 67, 72,
84 ff., 91, III, 557, 562 ff., 570,
573. 575» 577» 5«5» 652.
Halbgötter III, 121, 334, 347.
Halbschlaf II, 94 f.
Halluzinationen I, 20, 53, 414, 574,
II, 45, 95 f., IOC, 103, 105 f., 372 f.,
393-
Hanswurst I, 489, 491 ff.
Harlekin I, 488.
Harmoniegefühl I, 438, harmonische
Musik I, 458 ff.
Harpyien III, 374, 565.
Haschisch I, 402, II, 103, 106.
Hauchseele I, 585 f., 593, II, 3 ff.,
14, 19 ff., 24, 281, 38, 40 fl.,
53 ff., 72, 84 f., Z7, 89, 91, 123 ff.,
131!, 137, 155, i68ff., 2iof., 366,
III, 151 f., 201, 322, 511, 578, H.-
zauber II, 53 ff., 60, 328 f.
Haus der Gottheit I, 236 f., H.-
dämonen II, 370, n6, 379 f., 468,
III, 174, H.geräte I, 213 ff. , H.-
tiere II, 298.
Hautempündungen und Traum II,
115, 117, 120.
Heilbringer III, 46!, 70, 125, 129,
354, 472 ff., 496 ff., 608 ff., 689,
H. und Gottesgedanke III, 307»
Tiere als H. III, 308 f.
Heilig und unrein (vgl. Tabu) II,
1^7 ^U 334, 396, 450» Heüigc III,
697, H.nbild II, 213, 225, H.n-
kultus II, 360, 467, 476, 479 ff.,
H.nlegende III, 45, 48, 108, 367»
485, Heilskulte III, 633, 643 ff.»
659, Heilslegende III, 654, heilige
Bäume s. Bäume, h. Tiere s. Tiere,
h.s Wasser II. 324 ff., h. Zahlen
s. Zahlen, Heiligungszeremonien
II, 301 f., III, 633, 654 ff., 659,
680, 687, 694, 696 ff., 705 ff. Hei-
ligkeit der Kulthandlungen und
Glaubensvorstellungen III, 24!.
Heilkraut III, 303.
Heilkunde II, 20 f., 109 f., H. und
Priesterstand II, 194 f.. Heilung
von Krankheiten II, 402 ff.
Held des Märchens I, 350 ff., H. der
Legende III, 45 f., H.cnvcrehmng
I, 386 f., H.ensage I, 385 ff., III.
45 ff., 58 ff., 279 ff., 357 ^^-t 376 fi-
419 ff.
Henotheismus I, 541, 606.
Heptachord I, 450, 452.
Herabstieg zur Erde III, 217 ff., 255,
260.
Heroen I. iZ%, 412, 497 ^^m 509» 5I4»
517 f., 523, II, 78 U 91. 140. 143.
251, 270, 276, 283, 353» 3Ö"^-»
381, 460, 470, 476, 479» m, 58 If.,
776
Register.
388 ff., H.namen III, 325, H. und
Götter I, 389 ff., Heros und Dä-
mon III, 352.
Herstellungsmotive I, 172 ff., i86ff.,
201 f., 204 f., 209, 215 f., 223,
287 f., 290.
Herz und Seele II, 167, 170, 186,
III, 199 ff., H. und Leben II, 30 f.,
33 ff., 38 ff., 155, H. und Haar
III, 100, wanderndes H. II, 208 f.,
III 199 f., 203, H.amulett II,
208 ff., H.schlag, Affekt und
Traum II, 113.
Heterogonie der Zwecke I, 296, II,
80, III. 656.
Hexe II. 76, 120, 187, 193, 295, 371,
395 f-. 399 f^M 459» HI» 95 ^U
103 ff., 143 f., 164, 167, 188 f.,
284, 496, 570.
Hilfreiche Tiere III, 108, 132 f.,
143 f., 157 f., 162 f., 249 f., 253,
264, 284, 310.
Himmel II, 183 f., III, 471 f., H. und
Seele II, 70, H.sbaum III, 210 ff.,
H.sdämoncn II, 371 f., 439 ff.»
H.fahrt III, 578 ff., H.sgötter II,
2891, 427 ff., III, 396 f., 631 f.,
H.skahn III, 212, H.sleiter III,
222 ff., H.smärchen III, 78 ff.,
207 ff., H.smythologie III, 49 ff.,
67 ff., H.sseil III, 222 ff., H.svor-
stellungen III, 556, 559 ff., 574 ff.,
H.swanderung III, 6S, 216 ff.
irt und Lamm, christliches Symbol
II, 214, H.enleben III, 620 f.,
HH.enkult III, 625, 638.
Historische Methode III, 16, h. Per-
son und Legende III, 306, h. Sagen
III, 343 ff., 356, h. Heldensage
HI, 358.
Hofdichtung I, 387 f., Hofnarr 1,492.
Höhle als Wohnstätte I, 227 ff.,
H.nbau als Totenwohnung I, 228,
231» 237.
Hölle II, 183, 227, 401, III, 123,
471 f., 560 f., 568, 571^-» 583 f^-»
711.
Holzfräulein II, 447.
Holzkunst I, 102 ff., 239, 247.
Homophone Gesangsmelodie 1,441 f.,
446, h. Instrumentalmelodie I,
441, h. Musik I, 457 f.
Hordenteilung II, 257, 272 f.
Homer i, 435.
Humanität III, 703.
Humeralpathologie II, 402, 409.
Humor I, 332, 356, 359, 376.
Hund, Wertschätzung II, 293, 298.
Hünengräber I, 231.
Hütte, Kegelh. I, 229, Giebelh. I,
229 f.
Hyaden (Sternbild) III. 219.
Hybris III, 427.
Hydra III, 179, 369.
Hynmus I, 316, 318, 321, 458, 477
517 f., 597, 605 ff., 61 1 f., III, IG
414, 428, 444 ff., 660, 665 f.
Hypate I, 455-
Hyperboreer III, 575.
Hypnose I, 401, 406, 572, 576 f., 11
94, III, 507.
Hypothese (Mimodrama) I, 465
mythologische H.n III, 49 iL
Hysterie II, 392.
Ideal II, 462, III, 364, 709, 73S
ideale Symbolik III, 680, 683, 686
I.bild des Helden III, 370 f., I.isie
rung des Menschen und des Heldei
III, 427, I.ität der Götter I. 608
I.kunst I, 107, III ff., 294 ff., 457
III, 217 ff.
Ideen und Idealkunst I, in f.. Wen
der I, 2171, religiöse I. I, 552
557, 608, II, 232, philosophische I
III, 14, Bedeutungswandel I, 499,
I.wandel I, 257 f.
Idole I, 432, II, 199.
Idyllendichtung III, 621.
Ihas III, 380 ff., 387 ff.
Illusion I, 18 ff., II, 45, 62, 95, 99 t,
156, 37 3f gefühlssteigemde Macht
I, 63, 70 f., I. und Fiktion I, 64,
I. der Körperlosigkeit II, 112, des
Fhegens II, 112 f., gesteigerte Er-
regbarkeit der Sinnesapparate II,
115, I. und Mythenbildung I,
572 ff.
Imitativer Zauber II, 190.
Immanente Logik I, 533.
Imperatoren, Vergötterung II, 361.
Improvisation und Gedächtnis I,
368 ff.
Indigitamcnta II, 466, 476, 481.
Register.
777
Individualismus der Renaissance I,
259, Individualisierung!, 120, 140,
154, fortschreitende I, 153 (vgl.
Charakteristik), dichterische I. I,
602 ff., IndividuaJpsychologie I,
506, III, 728 ff., individuell und
generell III, 509, i.es Totem II,
255 f., Individuum und Gemein-
schaft I, 3 f., Individuen und
Kunstentwicklung I, 295.
Induktion II, 468.
Inkorporierung II, 44, 60 ff., 169 ff.,
210, III, 86.
Inkubation II, 109 ff., 113.
Insekten und Seele II, 61, 74, y6,
Inspiration I, 11, 15.
Instinkt I, 570, II, ^67,
Instrumentalmusik I, 93, 461.
Intellektualismus III, 682, 727 f.,
734, 741, intellektuelle Motive der
Mythenbildung I, 553 f., i. Traum-
deutung II, lOI ff.
Interesse I, 582, Wechsel I, 193 f.
Interjektionen I, 308 f.
Intichiumazeremonien II, 266 f.,415,
433-
Islam I, 401, 403, 541, II, 203, 227,
384, 474 f., III. 124, 610, 743.
IsracUtcn s. Judentum.
Jagd I, 144, III, 125, J. und Affekte
III, 100, J.gerätc III, 346, 348,
Jägerlebcn III, 620, 633, Jäger-
obdach I, 227, Signale I, 435,
Jagdtänzc I, 395, 411 f., 421 ff.,
483, Gewinnung der J.ticre III,
137 ff., 297, 299 ff., J.tiere als
Totemtiere II, 241, 246 f.
Jahresfeste III, 629 ff .
Jahwe II, 311, 313 f., 363, III,
4i6ff., 466f., 471, 578, 639 ff., 7 n.
Jenseitsvorstellungcn II, 462, III,
59» 221, 258, 269, 471, 473, 552 ff.,
^^^* 637, 644 f., 648 f., 651, 692,
^7, 703 i-, 7^^'
Jesuslegendc III, 524 f., 528 f.
Joculatorcs I, 490.
Jordansfest 11, 326.
Judenchristentum III, 130.
Judentum II, 99 ff., 311 ff., 342 f.,
III, 353 ff., 638 ff., 742«.
Jugcndspiele und Festbräuche II, 294.
Käferamulett II, 208 f.
Kaiserkultus II, 353, 355, 361.
Kalender III, 545, 548 ff., 630 ff.
Kampfspiele I, 423 f., III, 350,
Signale I, 435, Kampf der Worte
(Komödie) I, 502 f., Tragödie und
Komödie I, 518 f., K.motive III,
178, 231, 233, 260, 284 ff., K. der
Kulte III, 621, 632 ff.
Kannibalismus II, 11, 13, 17, 27, 63,
1551, 162, 164, 167, 335 ff., 386,
444, III, 90 ff., 97, loi, 104 f.,
142 f., 173 f-» 240.
Kapitell I, 245 f., Pflanzenformen I,
238, 242, dorisches K. I, 245, ko-
rinthisches K. I, 247.
Karagöz I, 465, 487, 491.
Karikatur I, 493.
Karyatiden I, 261.
Kasperletheater I, 486, 488.
Katharsis I, 499.
Katholizismus III, 756 ff.
Kausalität des Zaubers III, 36, 40,
74, 77, 83, Z6, 320 ff. (vgl. Wun-
der), Kausaltricb II, 179 f., 182 f.,
III, 726.
Keihnschriftcn II, 364.
Kentauren II, 284 f., III, 368.
Keramik I, 170 ff., 240, 290, 293,
II, 62.
Kerberos III, 369, 565.
Keren III, 442, 565.
Ketzerei II, 401.
Kind, Phantasietätigkeit I, 63 ff.,
rhythmische Bewegung I, 399, K.
und Naturmensch II, 166, III, 33,
Kerlegenden III, 108, K.ermär-
chen I, 328, III, 35 f., 41, 86, K.er-
opfer III, 252, K.ersprache II, 165,
Kerzeichnung und Zeichnung der
Wilden I, 121 f., 142 f.
Kirchenarchitektur I, 249 f., roma-
nische I, 252 f., gotische I, 252 ff. ,
Renaissance I, 254 f., Barock I»
255 f., Rokoko I, 256, Kirchen-
musik I, 313, 458 f., kirchliche
Schauspiele I, 465, 469, 479 f^»
489 f«»49Ö, 507» 5 12 f., 520,111, 112,
Kirchen- und Volkssprache 1, 479 !•
Kithara I, 439, 451, 454.
Klagelied III, 659, Klageweiber II»
158.
778
Register.
Klang und Rhythmus I, 93, Kphan-
tasie I, 57 ff., direkte K. Verwandt-
schaft I, 456.
Klassizismus I, 119.
Kleidung I, 106, 114. I57» 167 f.,
199 ff., II, 218, III, 147 f.
Kleinkunst I, 107, 115, 170, 173, 273,
II, 214.
Klopfgeister II, 387.
Kloster III, 698.
Knochen und Körperseele II, 12.
Knotenzauber s. Bandzauber.
Kobold II, 109, 377 ff., 382, 387,
412, 468, III, 180.
Komik II, 286, 288, 433, III 109,
165 f., mimische K. I, 466, höhere
und niedere Formen der K. I,
481 ff., Typen I, 485 ff., K. und
Kontrast I, 512 ff., K. und tragi-
scher Stoff I, 508, komische Epi-
soden III, 48, k. Figur I, 376,
k. Motive I, 5 1 1 ff.
Komödie I, 148, 414, 463 ff., 467 ff.,
472, 478, 482, 496 f., 501 ff.,
513 ff., 524 ff., III, 66, III.
Konfirmation II, 438.
Konfuzianismus II, 353, 355.
Kong (Glockenspiel) I, 453.
Konsonanz I, 442, 459 f.
Konstruktion, philosophische I, 528,
konstruktive Mythologie I, 53iff.,
543 ff., 571 f., 578, II, 183, 347»
III, 52 f.
Kontrast I, 32 f., 39, 279, 324, 484,
508, 512 ff., 519, 524, III, 90, 108,
130, 169, 649 f.
Kopf und Seele II, 31, 40.
Korb, I, 175.
Kombock II, 420, 431, 452, Korn-
madchen III, 401.
Körper, Sitz der Seele im K. II,
IG ff., K.seele II, i ff., 61, 63 f.,
66, 69 ff., 89, 123 ff., 131, 139»
155 f., 161 f., 167, 169 f., 175»
185 f.. 192, 209 f., III, 562, 578,
K.bildung der Renaissance I, 276,
K.losigkeit, Illusion II, 112, K.-
schmuck I, 106, 114, 157 ff-»
199 ff., 212, 285, 395, 421 f., II,
56 f., 59 f., 263, 290, Kstellung I,
125, 140 ff., K.teile als Amulett
II, 208 f., 213 f.
Korroborri II, 434, III, 70.
Kosmetik I, 164.
Kosmogonie I, 609 £f., III, 176 i
303 ö.
Kraft, körperliche II, 35.
Krampianiälle II, 189.
Krankheitszauber II, 20 f., 42, 4
54 f., 104, HO ff., 126, 178!
1841, 189, 192 f., 195, 370
386 ff., 437» 459» III» 55» 330, 6:
629, K. und Bad II, 324, iCsüb
tragung II, 328 f.
Kreuz III, 548, K.gewölbe I, 2
Kigungsgeschichte III, 708!
Kriechende Tiere und Seele II, 61
Kriegsdamonen II, 437, Kriegsgöt
III, 401 f., Kriegstänze I, 395,41
411 f., 421 ff., 483.
Krokodil II, 77, 289, 291, III, i;
177.
Kröte als Schutzgeist II, 296.
Kruzifix II, 213.
Kryptomonotheismus III, 393 1
Kulturbringer III, 346 ff., Kulti
dämonen II, 459 ff., 471 ff., 4;
Kulturgeschichte I, 222, 529, J
400, Kulturgötter III, 351 f., Ki
turgüter III, 620, Kulturhcro
II, 283, III, 47. 195» 254, 260, 3c
307 f., 370, Kulturmaxchen II
89, 294 ff., 397, 439, 474, 60
Kultursage III, 349 ff., Kultn
zwecke III, 620.
Kultus I, 61, 397, 400 ff., 4250
458» 463» 517 f.. 539» 597» 605 ff
612, II, 245» 247 ^f-. 277, 280, 30;
309 ff., III, 7 ff., 20 ff., 40, 45 f
51» 57» 63, 80, 122, 171, 174, 30J
324, 332, 337 f., 350 ff.. 38«
400 ff., 593 ff., Kult- und Kultur
gemeinschaft II, 134 ff., Seelen
kult II, 133 ff., totemistischeKult
II, 258 ff., Vegetationskulte II
432ff., orgiastische Kulte II, 103!
kultische Beweise für Götter- um
Helden Verwandtschaft I, 391, 393
Kampf der Kulte III, 621, K. un<
Tragödie I, 498, K. und Arbeit II
411, K. und Dogma III, 762, K
und Mythus II, 228 f., III, 20 ft
7S7, K. und Religion III, 23
735 ff., vorreligiöser K. III, 596 1
Register.
779
K. und Fetisch II, 202 ff., 221 ff.,
Kultfeste II, 433 ff., Kultformen
II, 41 f., Kultgesellschaften I, 396,
473 ff., II, 254 ff., Kulthandlun-
gen III, 655 ff., Kultlegende III,
605 ff., 709 ff., Kultlied I, 313 ff.,
Kulttanz I, 473, 481, 511, 577, II,
103 f.. 433 ff., III, 29(5 ff., 649 f.,
Kulttiere s. heilige Tiere, Kult-
zeremonien I, 396, 402, 426 f., II,
415«.. HI, 63, 66 f.
Kunst, künstlerische Phantasie I,
6 f., II ff., Tjy musische Künste
I, 51, 299 ff., bildende K. I, 60 ff,
psychologische Entwicklungsge-
schichte I, 95 ff., K. und Spiel I,
T7 f.. 87 ff., K. trieb des Kindes I,
jj ii.y primitive K. I. 84 ff., 89 ff.,
121 ff., Augenblicksk. I, 98 ff., Er-
innerungsk. I, 100 ff., Zierk. I,
100, 104 ff., Nachahmungsk. I,
107 ff., Idealk. I, 107, in ff., ge-
bundene und freie K. I, 223 ff.,
K.objekte als Amulette II, 213 f.,
K. und Kultus III, 7 ff.
Kuppelgewölbe I, 251 ff., 255.
Kuß II, 19, 50 ff., 57.
Kybelekult III, 652.
Kyklopen II, 284.
Kynismus I, 499, III, 370, 485.
Lachbewegungen I, 5 16 f.. Lachein
I, 154 t
Lamia II, 121.
Lamm II, 214, 297, 299.
Landschaft und Sage III, 41, L.s-
dämonen II, 468 ff., L.smalerei I,
118 f., antike Auffassung I, 289,
mittelalterliche I, 275, Renais-
sance I, 276, 279 f., 297.
Laren II, 361.
Lärminstrumente I, 431 ff.
Larven II, 116, 361.
Lautwandel I, 566, 595.
Leben und Bewegung II, 6 f., L.
nach dem Tode II, 108 f., L. und
Bcsecltscin II, 169, L.sbaum III,
186 f., 214, L.sgcister II, 4, L.s-
kraft, Seele und Atem II, 51.
Leber als Opfergabe II, 13, L. und
Seele II, 39.
Legende II, 78 ff., 278 ff., 374 ff.,
III, 29 ff., 217 ff., 250 ff., 302 ff.»
323 ff., L. und Sage III, 45, 47,
L. und Märchen III, 46 ff., L. und
Scherzmärchen III, 313.
Lehrgedicht I, 347.
Leiche, pietätvolle Behandlung II»
6 ff., L.nbräuche II, 167, Ausstat-
tung II, 332, L.n Verbrennung II,
327, III, 577.
Leiter zum Himmel III, 222 ff.
Lemuren II, 116, 361, 430, 439.
Lenden, Seelenkraft II, 11.
Leviathan III, 177.
Libationcn II, 356.
Lichtgeister II, 377 ff., 381 f., Licht-
götter II, 383, III, 178, 280, 465.
Liebe und Christentum III, 720 ff.»
L.sbezeigung II, 5 1 f., 54, L.»-
motiv III, 383, L.s Werbung und
Gesang I, 312, L.szaubcr II, i8.
Lied I, 300 f., 307 ff., 343, 394. 398»
427, 440, 462, II, 435, III, 33,
Arbeitslied I, 310, 313 t, 319^-»
Augenblickslied I, 309 f., 314, 322»
Gemeinschaftslied I, 310, Kultlied
313 ff., Volkslied I, 306, 310,
319, 321, Tanzlied I, 318, L. und
Zaubergesang I, 458, L.melodie I,
442, L.ertheorie des Epos I, 363 f.»
L.crzyklus I, 371.
Linearperspektive I, 268 ff., 275»
277 f.
Liturgie I, 316, 469, At7^U 5i7-
Lobpreisung III, 657, 659 f., 665 ff.»
Logos III, 538, logische Klassifika-
tion 1, 97, immanente Logik I, 533.
Lohnmotive III, 106 ff.
Lokale Schutzgeister II, 468 ff., Lo-
kalgöttcr, -sagen, -kultc siehe Orts-
götter usw.
Luftdämonen II, 370, 376 ff., 380 f.
Luftperspektive I, 268 f., 271, 275»
280 f.
Lügenmärchen III, 120, 311 ff.»
31« t
Lunge und Seele II, 39.
Luperkalien II, 294 f., III, 625.
Lustration I, 402, II, 21, 310, 318 ff.»
440, 446, 454» III» 138» 668 ff.»
679 f., 684 ff., 693 f.
780
Register.
Lustrum III, 532, 548 f.
Lustspiel, Charakter- und Intrigenl.
I, 505. 508, 515, (vgl. Komödie),
lustige Person I, 465, 486 ff.
Lyra I, 438 f., 451, Lyrik I, 303, 319,
438. III. 194 f. (vgl. Lied).
Mäander I, 185, 188.
Magie II, 364, 375 f.. 379 f., HI, 21,
470, magische Berührung III,
189!, m. Fernwirkung III, 399,
m.s Opfermotiv III, 673 ff., m.
Symbole III, 686, m.r Zauber II,
190 ff., 408, 434, m. Zeremonien
I, 481, II, 194 f., m. Zahlen I,
447 iU magisches Motiv des Kult-
tanzcs I, 430.
Malerei I, 116, 118 ff., 170, 224 ff.,
248, 259, 297, M. und architekto-
nische Einheit I, 260 f., 269, M.
und Zeichnung I, 267 f., Linear-
u. Luftperspektive I, 268 ff., ma-
lerische Perspektive I, 273, M. und
Architektur im Mittelalter I, 275 f.
Mänadcn I, 421, III, 650.
Manen (Di manes) II, 356, 361, 363,
430, Manismus I, 540, 547, 549 f.,
II, 139 ff., 171, 177, 2371, 248,
257, 271, 349, 422.
Männerweihe I, 411, II, 57, 59 f.,
253^^-» 2591, 262, 304 f., 308,
331, 410, 438, III, 312 f.
Mantik III, 649, mantisches Motiv
des Kulttanzes I, 430.
Märchen I. 327 ff., 607 ff., II, 150 f.,
205 ff., 275 ff., III, 29 ff., 57 ff.,
472 ff., Volksm. u. Kunstm. I, 73,
Kinderm. I, 328, Wanderung der
M.stoffe I, 242, Wunderkausahtät
I» 33<^ ^-9 Ursprungshypothesen I,
339 ff., Abstammungsm. I, 354,
mythologische Fabelm. I, 348 ff.,
biologische M. I, 352 ff., M.dich-
tung und Epos I, 387 ff., M.held
I, 350 f., III, 114 f., M.zyklus I,
381, III, 302 f.
Maren II, 84, 110, 119, 121, 377 f.
Märtyrer III, 486, 490 ff.
Masken I, 147 ff., 167, 412 ff., 416 ff.,
421 f., 430, 464» 468, 473» 482 f.,
493 f., 496 ff., 501, 503, 512, 516,
584, II, 254, 389 f., 398, 403^.»
422 ff., 43Öff., 440 fl, III, 55
401 f., M.tanz 1,356.
Massensuggestion I, 577.
Maus und Seele II, 61, 76, 85.
Mausoleum I, 234.
Medizinmann I, 203, 4CX), 402, 40J
414, II, II, 47, 54, 58, 104 i
194 f., 203, 224, 262 f., 389 ff., S9<
397» 403» 409. 437» III, 91» 13;
144, 187 f., 296 f., 300, 303, 395 ff
409, 504, 635 f.
Melodie I, 305, 310, 439.
Mensch in Frontalstellung I, 84, \
und Tier, Mischformen I, 131 ö
156, Körperstellung I, 140 ff., G<
Sichtsausdruck I, 140, 146 ff., stil
sierende Umbildung I, 194 f
bewegtere Darstellung I, 196 f
M.- und Tiergestalt als Schmudi
formen I, 240 f., M.eniresser j
Kannibalismus, M.enopfer II, 33^
336 f., 442 ff., III, 142, 673, 67]
681, 703, 708 f., M.heit, Elntwici
lung I, 532 t, Urheimat I, 568.
Messias III, 298, 716 f.
Metapher I, 546, 55 1 ^.. 5^2, 595
601, II, 285, III, 508.
Metaphysik I, 11, 531, III, 746 fl
Methodisten I, 401.
Milchstraße III, 210 f., 214.
Milz und Seele II, 39.
Mimik I, 168 f., 301 f., 304, 430, Mi-
modie I, 505 f., Mimologie I, 505,
Mimus I, 307, 423, 463 ff., III, 625,
mimische Tänze I, 305, 397, 401,
405, 407, 40911, 413 f- 417^-»
422 f., 463, 466 ff., 472 f., 494 f.,
II, 103, 261 f., 294 f., 433, 435,
445, religiöser Ursprung I, 425 ff.
Mischgestalten I, 131 ff., 156, II,
171 U 177-
Mistel III, 201 f.
Mitbewegung I, 59.
Mithraslegende III, 7 14 ff.
Mittagsfrau II, 121, III, 117.
Mitteilung I, 98 f., M.strieb I, 284 f.
Mittelwesen, göttliches III, 700.
Mohammedanismus s. Islam.
Moiren III, 427, 442.
Moll I, 445, 455» 457» 459 ^f.
Mönchtum III, 525, 698, Mönchswitz
III, 48, 120.
Register.
781
Mond II, 276, 289, 427, III, soff.,
68 f., 71 f., 77, 1 10, 208 ff., 216 ff.,
221, 223, 226, 231 f., 235, 240, 256,
261 f., 272 ff., 278, 287, 289 f., 293,
299, 301, 318 f., 322, 400, 402, 446.
Monochord I, 450 f.
Monotheismus I, 540 ff., 606, II, 228,
232 f., 465, III, 393 f., 404 ff.,
641 ff., 736, 741 f., transi torischer
Henothcismus I, 541 f.
Monumentalkünste I, 118.
Morahsche Fabel I, 3 S8 ff., m. Ten-
denz III, 183 ff.
Morimba I, 433.
Motiv I, 249, M.wandcl I, 249 f.,
286 f., 415, 424 f., 429 f., II, 67 f.,
70 f., 305 f., 308, III, 168, 496 ff.,
5iof., 514^.» 518.
Mumie II, 8 f., 28.
Mund und Seele II, 28 f., M.kuß und
Nasengruß II, 51 f.
Muramura III, 29s f., 304, 308, 346,
348, 350. 395.
Musik I, 90 f., 93 f., 300 ff., 394 ff.,
424, III, 249, M. und Drama I,
506, M. als Idealkunst I, 457, M.
und Zahlenmystik I, 446 ff., pri-
mitive Instrumente I, 43 1 ff., musi-
sische Künste s. Kunst.
Mysterienkulte I, 401, 474, 476, 478,
495 ff., 507, 513. 535, 612, II, 217,
286, 342, 359, III, 8, 571, 582, 604,
610, 651, 655, 677, 693, 698 f., 705,
709 ff., 745.
Mystik II, 107, 364, III, 169, 171,
470, 580.
Mythenmärchen III, 30, 46, 57 ff.,
121 ff., 136, 143, 146, 152, 221,
233, 310 ff., 395 t. 398, 472 ff.,
495» 503, 525. 559» 574. ^7ly 730-
Mythologie I, 139, 169, 202 f., 205,
2 1 2, II, 227 f., 382, 527 ff., Systeme
III, I ff., 28, 49 ff., 56, klassische
M. III, 325, 359, Umwandlung im
Epos I, 387, 393 f., M. und Zahlen-
mystik I, 446 ff., mythologischer
Mimus I, 469 ff., 497, 511.
Nachahmung I, 463, 465, 469 ff.,
482 f., soziologischer Begriff I,
575 f., nachahmende Kunst I,
107 ff., N. bei Plato u. Aristoteles
I, 107 f., N.smotive I, 177 ff.,
186 ff., 213 ff., N. und Zauber III,
40.
Nachtdämonen II, 378!, 383.
Nägel II, 24 f.. Nageleinschlagen II,
193, 223 f.
Nahearbeit des Bildhauers I, 263 1,
270, 273.
Nährfrüchte, Gewinnung III, 204 f.
Nahrung und Zauber III, 153 f., N.s-
bcreitung III, 237, N.stierc; N.s-*
pflanzen und Totem II, 267.
Najaden II, 286, III, 195.
Namen, Totemnamen II, 252 f.,
264 ff., 276, N. und Tabu II, 305,
religiöse Beziehung der Eigen-
namen II, 362, 375 f., theophore
N. II, 470, N.sgeheimnis III, 117.
Narrentracht I, 492.
Nasengruß II, 5 1 ff.
Naturalistische Theorie der Mjrtho-
logie I, 542 ff., Naturdämonen II,
142 f., 287, 370 ff., 393, III, 405,
431, N. und Schicksalsdämonen
II, 118, Naturgefühl III, 194,
Naturgott II, 290, III, 4, 25,
Naturgöttcr und Helden I, 389 f.,
Persönhchkeit III, 2, Natur-
mensch, hervorhebende Charak-
teristik I, 166, Naturmensch und
Kind II, 166, III, 33, Naturmjrthu»
I, 132, 382 f., II, 230, 233, 236 ff.,
274 f., 282, 291 f., 348 ff., 354^^.»
359, 362 ff., 368 f., 393, 407 f^
418 f., 422, 428, 431 f., 439 f., 445,
450, 469 U 474» 477» 11^» I ^^'>
58 f., 435, Naturmythus und Epos
I, 389 ff., und Naturmärchen III^
42, und Himmelsmythologie III»
49 ff., 67 ff., Natumachahmung I»
14, Naturordnung II, 178 ff., Na-
turphilosophie III, 8, 14 f., Illr
322, 435, Naturstimmung III, 156^
Naturvolk, Begriff II, 227, Unge-
schichtlichkeit III, 307, primitive
Naturwissenschaft I, 544*
Necknamen und Totemismus II, 347.
Negerbauten I, 229.
Neid der Götter II, 396, 405.
Nemesis III, 281, 427, 442.
Nestelknüpf cn II, 193.
Neun, heilige III, 531, 540 ff.
782
Register.
Neuplatonismus III, 223, 412, 538,
699.
Neuschöpfung III, 458.
Nibelungensage I, 388, III, 36, 179,
360 f., 380 ff.
Nichts, Schöpfung III, 448.
Nieren und Seele II, 10 ff., 29, 155 f.,
167, 185 ff., 207 f., 212, 398, 402,
N. und Bohnen II, 12, III, 199.
Niesen II, 53, 55 f.
•Nirwana III, 719.
Nomaden I, 227, II, 331, III, 351,
621, 633 ff., 711, 720.
Nordische Mythologie II, yy, 84,
III. 16.
Normalstellung I, 141 f.
Normen III, 20 f., 24.
Nornen III, 570.
Notfeuer II, 455, 458, III, 295.
Notenschrift I, 443 f., 451, 455.
Novelle I, 74, 508, III, 861, 115,
118 f., 305, 311» 315 f-»4i7» novel-
listische Ortssagen III, 344 ff.,
378 ü.
Nutzen I, 570, Nutzbau I, 238, Nutz-
bauten, form bestimmender Ein-
fluß I, 251 f., Nutztiere II, 293,
Nutztiere und Totcmismus II, 241,
247, 249 f., 267, 271, 274, Nutz-
tiere und heilige Bedeutung III,
139^-
Njnnphen II, 80, 82.
Obelisk I, 234 ff.
Oboe I, 439.
Odyssee I, 388 ff., II, 69, III, 31, 34.
161, 188, 305, 375, 382, 387, 390.
Offenbarung I, 567.
Oktachord I, 451 f., 457.
Oktave I, 445, 448 f., 451 ff., 456.
ölkrüglcin III, 113, Ölung II, 327.
Olympus II, 47.
Oper I, 307, 506, Operette I, 505.
Opfer I, 597, II, 12 f., 16 f., 27, 57 ff.,
189 f., 204, 212, 236 f., 248, 313 ff.,
321, 323^-. 327» 329 ff-. 336 f.,
356 f., 365, 442 f., 446 ff., 461, 463,
III, 21, 125, 137 f-, i4oiU 338,
391. 577. 651 ff., 657, 667 ff., Ab-
lösung III, 136, Altar I, 235, Ge-
bote II, 235, 302, Kuchen III,
702 f., Mahl II, 299, III, 674 ff.,
723, Pfahl III, 193, Stätte I, 23^
Stein I, 234 f., 237, III, 193, Tjer,
Aneignung göttlicher Kraft durcl
Genuß III, 651, 701 f., Tod III
701, Trank III, 415.
Opium I, 402, II, 97, 103, 105 f.
Opportunismus III, 734.
Optimismus I, 518, 538.
Orakel III, 118, 189, 247, 667.
Orchestermusik I, 434, 436, 438.
Orenda III, 399.
Organisation, politische II, 227.
Organseelen II, 2, 10 ff., 29 ff., 15«
167, 169 f., 172, 186.
Orgel I, 436, 439, 458.
Orgiastischer Kultus II, 103 f.. Tan
III, 650, Zeremonie III, 651 f.
Orion III, 50 f., 54, 210, 216, 27^
291 f.
Orkan II, 179.
Ornamentik I, 85, 100, 104 ff., 12:
129. 131. 157 ö.» 164 f., 173, 17«
178 ff., 227, 239, 245 f.. 253 1. 26e
283 ff., 287, 289 ff., III, 88, Wac
derung der Formen I, 242, Motiv
wandel I, 286 f., 293.
Orpheus III, 350, 375, 571, Orphike
III, 223, orphische Mysterien II
217, III, 712.
Ortsdämonen II, 371, 468 ff., III
389, 41 1, Ortsgötter III, 371, Orts
kulte III, 16, 392, Ortssage III, 21 5
371, 341 ff., 37 3> 37^ ff., 426, 429
Osirislegende III, 7 1 3 f .
Osterhase, Osterlamm II, 297, 299,
Osterkuchen III, 703.
Paläste I, 240, 242, antike I, 252, der
Renaissance I, 255.
Pan II, 80, 116, 286, P.sflöte I,
435 ^'f 439.
Pantheismus II, 127 f.
Pantheon I, 251, III, 324.
Pantomime I, 59, 76, 394» 400, 422 f.,
430. 463. 481 ff., 487. 494, 512 f.,
514, II, 191, 261, 433» ni, 48.
80, 190.
Papieropfer II, 356 f.
Parabase I, 503.
Parabel I, 359, 478. II» loo-
Paradies I, 534, III, 52 f., 124, 178 f.,
186, 192, 315, 416, 448, 4Ö0, 581.
Register.
783
Parallclismus der Glieder I, 324.
Parallelmärchcn III, 217, 231 ff.,
254, Parallelmythen III, 270 f.,
293-
Parentalia II, 212, 360.
Parodie I, 493, III, 165, 477.
Parsismus III, 130!
Parzen III, 570.
Passah II, 299, III, 708.
Passionsgeschichte III, 708 f., Pas-
sionsspiel I, 479 ff., 489 f., 512 f.,
III, 4«.
Patriarchen III, 351, patriarchali-
scher Zustand III, 635 f.
Pauke I, 432 f.
Paulicianer III, 130.
Penaten II, 361, 430.
Personennamen II, 253, 264 ff.
Personifikation I, 391, 552, 561 f.,
569, 578 ff., 583, 587, 600.
Persönüchkeit, Steigerung I, 166 f.,
Geltendmachung I, 199, 285, P. in
der Kunstentwicklung I, 248, 255,
258 f., 295, Einfluß führender P.en
I, 298, sittliche P. im Drama I,
523 f., individuelle P. in der Dich-
tung I, 602 ff., persönliches Schutz-
totem II. 255 f., P. und Gottes-
begriff II, 462 ff., persönlicher
Charakter der Naturgötter III, 2,
schöperische P. und Mythus III, 6,
geschichthche P. und Sage III,
36 f., wachsende Schätzung III,
105, P. der Götter III, 424 ff., P.
und Dämonen III, 635.
Perspektive I, 21 ff., 81, 262 ff.,
268 ff., 275 ff., 297.
Pessimismus I, 518.
Pfeifen I, 434 ff.
Pfeiler I, 238 ff., 243, 261.
Pfeilleitcr III, 68 f., 222 ff., 234, 255,
262, 278.
Pferd und Scclcnglaube II, TJ, Wert-
schätzung III, 293, 298.
Pflanze und Seele II, 80 ff., III, 193,
P. als Totem II, 247, 267, als
Zaubcrmittel III, 185, Zauberver-
wandlung III, 187, 190 ff., 206,
P.namulette II, 211 ff., 409, Fabel
III, 198, Märchen III, 67. 88,
Pflanzcnnachahmung I, 171, 175,
215 f., 238, 241 ff., II, 156, Orna-
mentik I, 106, 164, 186, 189 ff.,
216, 292 f., II, 821, 409.
Pflicht, religiöse II, 67, 69, P. und
Rebgion (Kant) III, 747, 752, vgl.
Gewissen.
Phallus I, 417, 420, 430 f., 493 t,
496 f., II, 186, 198, 208, 210, 405,
419 f., Phallophoren I, 473 f., 564,
II, 424.
Phantasie I, 2 ff., P. und Gedächtnis
I, 6 ff., kombinierende P. I, 8 ff.,
anschauliche P. I, 10, aktive und
passive P. I, 12, Spontaneität I,
6 ff., Klangp. I, 57 f., Beziehungen
zwischen Raum- und 2^itp. I,
59 ff., Entwicklungsgeschichte I,
96 f., schöpferische P. I, 112 f.,
219 f.
Phonisches und tonisches Prinzip I,
456.
Phorminx I, 439.
Pickelhering I, 488, 491.
Plagegeist II, iio, 114, Plagemotiv
III, 464, 466.
Planeten III, 216, P.geister II, 219.
Plastik I, 103, 107 f., 116 ff., 170,
224 ff., 240, 248, 259 f., 293, II,
214, Anfänge I, 121 ff., plastische
und architektonische Einheit I,
260 f., plastisches Sehen I, 262 ff.,
plastische Gruppen I, 264 ff., p.
Perspektive I, 262 ff., 271 ff., P.
und Giebelflächen I, 266, P. und
Farbe I, 271 f.
Piatonismus II, 344, III, 5.
Plejaden III, 51, 210, 216, 219, 275,
278, 290 ff.
Plektron I, 439.
Pneuma II, 127 f., III, 699.
Poesie und Ekstase I, 381 f., poe-
tische Erzählung III, 29 (vgL
Dichtung).
Polychrome Kunst I, 271 f.
Polydämonismus II, 475.
Polygamie II, 257.
Polynesier II, 300 ff .
Polyphemmärchen III, 502.
Polyphone Musik I, 456, 45*^«
Polytheismus I, 540 f., II, 223, III,
641, 643, 741 ff., 758.
Porträtkunst I, 118 f., 153, 274, 280»
II, 8 f., 88.
784
Reiter.
Positivismus I, 540.
Posse I, 470 ff., 487, 490, 492, 505,
517.
Präanimismus I, 542 f., II, 51, I7i,ff.
III, 614.
Pragmatismus III, 733.
Priester I, 400, 417 ff., 427, 473, 517,
567, II, 104, 311 ff., 340, 343, 350,
394, 403, 418, 422 ff., 429, 438, III,
8, IG, 205, 297.
Produktivität der Phantasie I, 8 f.,
13, 16.
Profilstellung I, 125, 142 ff., 163.
Progressive und regressive Entwick-
lung I, 534, 537 f.
Projektion, umkehrbare I, 33.
Prometheus als Feuerbringer III,
295.
Propheten II, 99 ff., 104 ff., III, 118,
467 ff., 636!, 640, 711, prophe-
tische Bedeutung des Seelenvogels
n, 73.
Prosa I, 305 f., 326, 342, 368, 384.
Protestantismus III, 756 ff.
Prozeß gegen Tiere III, 135 f.
Prozession II, 103, 417, III, 624.
Psalmen I, 318, III, 665 f.
Pseudoskopische Bilder I, 21 ff.,
70 f., 262.
Psyche II, 2 ff., 7 ff., 14, 16, 30 ff.,
37 ff., 127 f., 131, 172, 210, 269,
290, 328, 366, 388, 393, 459, III,
I, S6y 169, 182, 558, 578 f., experi-
mentelle Psychologie I, 5 f., 18 ff.,
96, Vermögenspsychologie I, 6 f.,
IG, Individual- und Völkerpsycho-
logie I, 506, deskriptive Psycho-
logie I, 14, spekulative I, 89, kon-
struktive I, 532, Psychologie und
Mythologie I, 611 ff.
PulcincU I, 488, 491.
Pupille und Seele II, 187.
Puppenspiel I, 465 f., 486 ff.
Purgatorium III, 587.
Purim III, 706, 708.
Pyramiden I, 231 ff., 236 f., 249,
258 f.
Pythagoreer I, 450 ff.
Quell, Heiligkeit II, 324 f.
Quintenzirkel I, 454.
Rabenlegende III, 124 f., 129, 243 L,
255 ff., 276, 305 ff., 314, 348 ff,
395 ff., 478 f.
Rachedämonen II, 141, 200, 245,
Rachemotiv III, 104 ff., 144!,
147, 492, 496.
Radierung I, 1 1 8 f .
Rahmenerzählung III, 35, 364, 368.
Rassel I, 425, 432, 434, 436, II, 426,
428, 436.
Rassentypen II, 137.
Rationalismus I, 538, 546, 554, 566!
583, III, 4, 7^^, rationalistische
Mythendeutung I, 551, 553 ff. t
III, 128, 522, 527, Kritik I, 559 fl
Rätselallegorie III, 205 f., Rätsd«
märchen III, 116 ff., 385, Rätsel-
mythen II, 122.
Rauchseele II, 38, 70, 72, 85.
Räucherung III, 669, 693.
Raumphantasie I, 19 ff.» 51 f.
Recht I, 569, R.snormen II, 301,
III, 135, R.sordnung III, 350,
R.ssprache III, 21, R.swissen-
schaft I, 575.
Reflex I, 4, 517.
Reflexion I, 483, 499!., 553 ff.»
559 f., 564, 5701, 586, 591, II, 2,
4, 6, 102, 124, 163, 175, 179, 186,
208, 232, 269, 345, 367 f., 399, III,
33,36, 115, 119, 184, 216,315,327,
353 f., 467 f., 470, 754.
Reformationszeit I, 255.
Refrain I, 309, 324 f.
Regen II, 178 ff., 183 f., R.bogen II,
425, 427, III, 77 j 175, R.dämonen
II, 426 ff., R.mädchen II, 441,
453, 458, R.priesterschaft II, 440,
R.Prozessionen II, 103, III, 624,
R.zauber II, 54, III, 401 f., R.-
zeremonie III, 705.
Regressive Entwicklung I, 534, 537,
III, 41.
Regulär xmd singulär III, 18 f., 509.
Reim I, 324 f.
Reineke Fuchs III, 319.
Reinigung bei Aristoteles I, 499,
R.szeremonien I, 558, II, 21, 310,
318 ff., 358, III, 668 ff., 679 f.,
684 ff., Reinlichkeit und Kultur
II, 321 f.
Reizträume II, iio, 112, 116.
Register.
785
Relief kunst I, 248, 251, 262, 265.
Rcligionsphilosophic I, 535, 538 f.,
571, II, 344, 346, 357, III, 326,
religionslose Völker II, 136 f., 232,
III, 612, Religiosität und Tragödie
I. 517 f-» 520, religiöses Gefühl und
Stilwandcl I, 258, religiöse Dich-
tung I, 457 f., religiöser Mimus I,
470 ff., 475 ff., 507, 517, 523, 525,
rehgiöse Motive und Vision II,
99«.
Renaissance I, 120, 254 f., 259, 276,
II, IG.
Reproduktion I, 7 f., 50, 52.
Resignation I, 500.
Resultanten, komplexe Gefühlsresul-
tanten I, 41.
Rezitation I, 368 ff., 438.
Rhapsoden III, 38.
Rhythmus I, 46 ff., 59 f., 87, 90 f.,
93» 301» 303» 30s i* 309 ff-» 315»
320 ff., 376, 381, 384, 394. 398 ff-»
404 f., 416, 421, 423, 425 ff., 431,
439 f., 442 ff., 517, II, 97, 103, 112.
Riesen II, 383 ff., III, 66, 90, 97,
HO, 172 ff., 214, 369!, 384, 488.
Rigveda III, 637 f. i
Ritterturnier I, 424. \
Rokoko I, 256.
Rom, Gründersagen III, 46. '
Roman I, 467, 510. j
Romanischer Stil I, 252 f., 259. |
Romanük I, 7, 533 ff., 538, 552 f., 1
555» 563. 567» in, 4, 15, 318, 522,
527. ;
Romanze I, 303, 375, 379, III, 381, |
episches EinzcUied bei Steinthal 1
I, 365, R.nzyklus I, 365, 367, 375. I
37i^'
Rundbogen I, 251 f., 255. |
Runenschrift II, 196, 217. !
I
Saat- und Erntefeste I, 41 1 f., 415 ff., 1
483 (vgl. Vegetation). [
Sage I, 293, 327 ff., 335, 355. 378, ,
380, 383 f., 385 f., 476, 480, 497 f.,
500, 544, 556 f., 567 f., 607, 61 1 ff.,
II, 78, 85, 121 f., 279, 288, 295,
377 f» 381» 384, 3^^> 401, III, 9,
1 5 f., 26, 29 ff., 57 ff., 68, 76, 79 f.,
109, 121 f., 124, 171 f., 178, 181,
183, 186, 188, 204, 206 ff., 217 f.,
Wondt, Völkerpsychologie 11, 3.
263 ff., 276, 279 ff., 323 ff., 420.
507, 528, 534, 608, 730 f., S.nheld
III, 178 f., S.nzyklus III, 39 f., 50,
S. und Geschichte III, ^6, 38 ff.,
47. 343 ff-» 356 ff.. S. und Legende
III, 45, 47, Wanderung von S.n
und Mythen I, 535, epische Fixie-
rung I, 367.
Saiteninstrumente I, 433 f., 437 f->
Saitenlänge und Schwingungs-
zahlen I, 450 ff.
Sakaenfest III, 704, 706, 708.
Sakrament III, 604 f.
Salbung II, 12, 327, III, 693.
Sanger, Ausbildung eines S.standes
I, 367 ff., 376, 381, Blindheit I,
381 f.
Satan II, 286 ff., 400 f., III, 124,
129 ff., 164, 178 ff., 578, 742, 744 f.
Satire I, 358 f., 465, 503 ff.
Satumahen III, 706 ff .
Satyr I, 474, II, 80, 116, 286, 413,
419, 430, III, 124, S.spiel I, 466,
490, 496 f., II, 405, III, 48.
Säulen I, 238 ff., 244 ff., S.hallc I,
250 f.
Schächtung, jüdische II, 248.
Schädelkultus II, 39.
Schalmei I, 435, 439.
Schamane I, 400, 414, II, 104 f., 224,
391, III, 6^6, 640.
Schattenbild II, 3 ff., 9, 16, 40 ff.,
Schattenreich II, 61, 67, 69, 84,
Schattenseele II, 44 ff., 49, 61,
69 f., 72, 83 ff., 106, 120, 123, 125,
127, 131 f., 137, 139, 155 f., 161,
163, 167 ff., 185, 187, 189, 191 f.,
366, 372 f., III, 562 ff., 573. 578,
582, Schattenspiel 1,465, 487, 495.
Schatz III, 109 f., 115 f., 178 f-.
S.hüter III, 214 f.
Schauspiel I, 505, 508.
Scherz und Märchen I, 331 f., 355 f.»
S. und Fabel I, 331 f., 355 ff-»
S.dichtung III, 86, S.fabel III.
152, 184, 514, S.märchen III, 48,
74, 112, 116, 120, 129 ff.
Schicksal I, 522, II, 369, S. und
Dichtung III, 87 ff.. S.sdämonen
II, 118. III, 426. S.sgötter I, 548.
II, 477 f., S.Stiere II, 295 t, S.s-
tragödie I, 518.
50
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2'/7 f., 2;'^ f., 220 f., 2O:/, 322.
'v.*j//fih' i». 'iii'l /a':',!: ly;i Kant I,
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/./.',U, l,fit/]'./.kiiritf 'i'-r rri';ri->ch-
Ij^tiMi S. IhI d':li '^/rHr'-h'.-n 1, 2.'il,
fU'/'I' IIJ': lMit/l':r,kflIi<^ d':r Nalur-
.'.tjonli'it. I, j>;;.
v li'/jifiirj;^ aii. Njr.lil, III, 4.;>^,
S.-.j^- .' hl' ht'; Iff, Yt^'f S.sriiärchrjii
III, i.\f.. S. ...t;M; I, oro, II, 53, 81,
lll, i/'if, j>^. j-s^,, 27; f., 20/4,
-Vyi'., ',1% V/'s 1'/.: i., J^2 ff., 457
{\vy Ko-,mo;;riiiif, ;mi«Ji ;mtlirr>j)«i-
>'/iiii'.'.li'- Mytli'-ri).
'.« liM <.k«ii I. 14'; 11., 5^^J f., 521,
S.'.bilM'i II. /jx,« ff., (;c:sj)(;nstcr
II. -r;, '»«;. .Motive III, 5^5 f., Tm-
r.ofji'- I, t;i;-{ 1., s--^-
'.«liiitl I, ;<Ki, S.aimilrtl»; IJ, 212,
.'1^ 1., S./;miI>(| II, \<)(}, 212, 21O f.,
III. 1.'^.
S< Itiild I. s.'2. S.^l. IIK *^^7 IL,
S.o|it(-i II. \\\ t.
Sj lni'.'nl I. 17.;, iSi U.
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3>3 ff-, S. und I>i=i:.:;e- IL ^5:
af'*. 5.nwar.deruiis III. itc -
->;C if.. S.nwTirm s. Wunz.. "^ z^^i
ür II. 395. III. 2^:5.
S'rgensspruch III- ty5 f :".
Sehen, steroskopisches I, jt>- K:-
vcrgcnz I, 26, Akkomodaii rn I
26, Fixation I. 21 ff., j6 1:.. :r-
direktes S. I, 27 f.. deutliches S
I, 27 f., plastisches S. I. 262 ii.
Sehertum II, 99 f^-. 104 ff., III
299 ff., Seherinnen III, 105 f.
Seil vom Himmel III, 222^ 224, 22c.
236, 255, 260.
Selbstbeobachtung I, 6, 220. Selbst
besinnung II. lOy, Scibstopferun!
II, 342 ff., Sclbstpeinigung I, 4031!
11. 343 ff., Selbstunterscheidun»
des Subjekts I, 588, Selbstver
stümmclung II, $8, 333.
Selige, Inseln derS.n II, ^S, III, 334
Shintoismus II, 353, 355.
Siamcsen, Musik I, 453.
Siebenmeilcnsticfcl III, 114, Sieben-
zahl 111, 291, 512 f.. 531 f., 535,
540 £f., 580 f.
Silene I, 474, II, 286, 413.
Register.
787
Sinnestäuschung s. Illusion, Sinnes-
wahmehmungen und Phantasie I,
18 ff.
Sinnlichkeit und Askese II, 344.
Sintbrandsagen III, 433 ff.
Sintflut III, 399, 453 ^f-» 505. 527 f-
Sinvatbrücke III, 577.
Sippen- und Totemgemeinschaft II,
252 ff.
Sirenen III, 375.
Sitte I, 371, 569, II, 277, 294, 318,
404, 450 ff., III, 3, 16, 24, 56, 61,
135» 308, 324, S.ngeschichte I, 575,
Bedeutungswandel II, 48.
Situationskomik I, 5 14 f.
Skala I, 445 ff.
Skalden II, 383, III, 44-
Skarabäus II, 208 ff .
Skylla II, 222, 375.
Soma II, 338 ff., 359, III, 337f 637.
Somnambulie II, 95.
Sondergötter II, 465 ff., III, 328 ff.,
352 f.
Sonne I, 338, 389, 403, 585 f., 593 ^'>
599, 601 ff., II, 208 f., 276, 284,
289ff., 342, 354f., 426, 429, 443^^-»
455 f., 472, III, 50 f., 53 ff., 68,
70 f., 77, HO, 208 ff., 216 ff., 221,
224 f., 231 ff., 252 f., 255 ff.,272ff.,
J78, 287, 289, 293, 322, 369, 374»
400, 402, 411 f., 438, 446, 490.
504 f., 563, 576, 653, 660, 676,
S.nwendfcste I, 415, 421, 474 f-»
III, 631, 634, 649, 6S2, 704.
Sophislik I, 554.
Soziologie I, 572, 574 f.
Spannung I, 50, 516, 524 f.
Sixjiscopfcr il, 358 f., III, 577.
680 f., Speise Vorschriften II, 212,
235. 246 ff., 253, 259 f., 262, 264,
270, 294, 297 f., 312, 314 ^M
335 ii'^ 343-
Sixirbcr und Sonne II, 291.
Sphärenharmonie III, 544.
Sphinx I, 137 f., 233, 261, II, 289,
III, 116 f., 171, 521 f.
Spiegel II, 88, S.bild II, 9, 169.
Spiel I, 66 ff., 121, II, 294 f., III,
<>9 f., 350, S. und Kunst I, 87 ff.,
S.lcute I, 370, 387 f., S.trieb I,
64, 76, 88, 98, S.zeug I, 68 f., 76,
«6.
Spiritismus III, 99, spiritus, spirito,
spirit II, 126 f.
Spitzbogen I, 253 f.
Spontaneität der Phantasie 1, 8, loff.
Spottlegenden III, 48, Spottnamen
II, 264.
Sprache I, 3 ff., 87 ff.. 94, 236, 294 f.,
300 f., 306, 308, 365 f., 394, 528 ft,
544» 575» 582, II, 138, III, 3, 18,
56 f., 75, 326, 510, Zeitunter-
schiede der Sprachlaute I, 47 f.,
S. und Zeichnung I, 284, S. und
Melodie I, 439 f., S. und Mythus
I, 595 «.
Sprichwort I, 324, 358, III, 118 f.,
184.
Springer, Sekte I, 401.
Spruchzauber II, 195 f., 395 ff., 406,
435-
Spuk II, 369 ff., 384 f., 412 f., 463,
467, III, 160, 172, 180, 340 ff.
Staat I, 569.
Stachelreden I, 503.
Stadtgottheiten III. 353.
Stadtegründung III, 46 f., 350.
Stammesfeste II, 257, 260, 262,
Stammesgliederung und Totemis-
mus II, 256 f., Stammesnamen II,
252 f., Stammessagen III, 146,
303 ^'f 341 ^^'f 346 ff.» Stammes-
verfassung II, 272 ff., 277, 280.
Ständescheidung II, 263, 302, 306,
310» 332.
Steinvcrwandlungen III, 68, 94 f.,
106, 108, 134, 159, 342, Steine als
Amulette II, 212 f., 218 f.. Stein
der Weisen II, 219.
Steroskopisches Sehen I, 26, 262 f.
Sterne II, 184, 289, III, 50, 54 f.,
67 f., 122, 208, 210 f., 213 f., 216,
218 f., 231, 253, 256, 272, 274!.,
278 ff., 289 ff., 322, 394 f., 400 ff.,
411.
Stier II, 289, 291, Sternbild III, 216.
Sftilisierung I, 99 f., 102, 104» 109»
122, 125 ff., 163, 178, 189, 194 ü.,
204 f., 209, 212 f., 245 f., 290 fl.,
Stilwandel I, 248 ff., Ennüdungs-
und Erfindungstheorie I, 256 ff.
Stilleben I, 118.
Stimmung I, 5 1, 249, S. und Klang I,
60, S.s- und Charakterkunst I, i I9f f .
SO*
788
Register.
Stoizismus I, 499 ff., II, 127 f., III,
5» 370, 522, 538-
Storch II, 296 f.
Strafe III, 132, 135, 149 f., 163 ff.,
166, 168 f., 181, 342, 462, 464.
Strickmuster I, 176!, 181 f., 186.
Stufentempel I, 232, Stufenpyra-
mide I, 232.
Stuhl I, 239.
Stupas des Buddhismus I, 234.
Sturm III, jj^ 219, Dämonen III,
332. 340.
Succubus II, 109.
Suggestion I, 572, 574 ff-. H. 192»
III. 507.
Sühne II, 310, 323 ff., 330 ff., 341 ff.,
357, 447 ff., 461, III, 141, 167,
181, 591, 678, 685, 688, 692.
Sünde III, 687 ff., S.nbock II, 329,
407, HI, 329, 679, 686, 693.
Supematuralismus II, 173 f.
Sykomore III, 185.
Symbolik I, 136, 162 ff., 205, 211 f.,
551 ff., 5661, 583, 587, 610, II,
17. 50, 62, 76, 190 ff., 210, 289 ff.,
355» 357» 403 f.. 423» 434. 445»
455 f., III, 4, 14 f., 66, 190, 269 f.,
601 ff., 623, 649, 677 f., 680, 683,
686, 702, 709, 724, 738, 740^-»
746, 764 f.
Symmetrie I, 163 f., 167, 260!, 266,
2691, 287, 290.
Sympathetischer Zauber II, 190.
Symphonie I, 462.
Symplegaden III, 55, 221, 374.
Szepter III, 189.
Tabak I, 402, II, 103, 105 f., 436,
III, 188, 195, 650, 667.
Tabu I, 558, II, 39 f., 2361, 300 ff.,
365, 448 ff., 461 f., III, 25, 186,
402 f., 607 f., 670, 672, 684 f.
Taktgebilde I, 46 ff .
Talent I, 10.
Tahsman I, 168, II, 189, 202 ff., III,
36, 91, 109 ff., 189, 503.
Tanz I, 59, 7y, 90 f., 93, 148, 300 ff.,
308, 314, 318, 343, 356, 394^^-.
436, 439 f^-» 512, 564, II, 97, 103,
223 f., 247, 261 f., 286, 294 f., 320,
324, 389, 417, 421, 433^^-. 438,
442, 445, III, 66 f., 70, 80, 2961,
347, 401 f., 619, 628, 649 U
698.
Taoismus II, 355.
Tamhelm II, 218, 220» III, 114, 386.
Tast- und Gemeinenip>tindungen und
Vision n, 106, T.reize und Traum
II, 112, 115 ff.
Tätowierung I, 121 f., 160 ff., 181,
199 f., 203 f., 212, 285, 287, II, 19,
56, 60, 210, 234, 242, 269, III, 479.
Taube und heiliger Geist II, 76.
Taufe I, 558, II, 323, 438, 454, III,
693 ff., 724. 764.
Tempel I, 115, 117, 120, 234, 23611,
242, 245. 250 f., II, 307, III, 639,
641 f., 671, 696, T.schlaf II, HO,
T. als Weltbild und Schntzstätte
I. 251.
Tetrachord I, 451.
Teufel II, HO, 286 ff., 400 f., 459,
III, 112 f., 120 f., 124, 1291t, 164,
1791, 184, 313, 345, 460 1, 473.
496, 502 f., 569 f., 573.
Theismus III, 395, 405.
Theogonie I, 334, 341, 350, 383,
609 ff., II, 261, 276, 284. 362, 383,
III, 7, 15, 253, 276, 323, 339, 402,
409 f., 431 ff., 441. 5Ö9-
Theophore Namen II, 362, 376, 47a
Theosophie III, 7, 9, 171, 269, 414,
543» 559. 571. 700.
Thyiaden I, 421.
Tiefen Vorstellung I, 263 f., 269.
Tier in der primitiven Kunst I, 104,
121 ff., 164, T. und Mensch, Misch-
formen I, 131 ff., 156, T. in Profil-
Stellung I, 84, T. und Mensch als
Schmuckformen I, 240 f., T.ahnen
II, 251 ff., 259, 261, 264 f., 268 ff.,
277 ff.. 308, 315. 335» 345. 349»
351, III, 63 f., 66 f., 134, 143, 152,
181, 348, T.bild als Amulett II,
210 ff., T.Charakteristik I, 356 f.,
T.chöre I, 148, 414, T.dämonen
II, 283 ff., 363,T.epos I, 346, 357,
T.fabel I, 352 ff., III, 181 ff.,
T.götter II, 283 ff., III, 66, 401 f.,
411, heilige T.e I, 165, 186, 417 ff.,
II, 246 ff., 290 ff., III, 1 1 1 f.,
139 f., T.kultus vgl. Totemismus,
T.legende III, 308 ff., T.malerei I,
118, T.märchen II, 278 f., III,
Register.
73Q
122 ff., T.masken I, 148 fl, 413 f.,
417 f., T.opfer II, 156, 299 f., III,
419, T.ornamentik I, 184 ff., 195,
T.pantomime 1, 422 f., 466, 481 ff.,
495, 512 f., T.prozess III, 135 f.,
T.tanz I, 148, 414, 496 f., II, 261 f.,
286, 434, III, 66 f., 80, 131, 165,
T. vertrag III, 181, T. Verwandlung
II, 78, 120, 245, 279 ff., 392 ff.,
III, 64 ff., 144 ff., dankbare T.e
III, 108, 201, hilfreiche T.e III,
249 f., Seelente I, 186, II, 5, 61 ff.,
72 ff., 268 ff.
Tihamat III, 176.
Tisch I, 239 f., Assoziation mit Tier-
formen I, 2141, 240, Tischlein-
deckdich II, 218, III, 113 f.
Titanen I, 498, II, 284, 383, III, 214,
403, 410 f., 416, 418, 442, 498,
651.
Tod II, 178 f., 181 f., 184 f., III, 442,
T. und Schlaf II, 7, T. und Zauber
II, 192, 195, Böser Blick II, 185 f.,
T.esfurcht II, 45 f., III, 565.
Tonarten, Entstehung I, 454 ^^-t
Tonika I, 4S5. tonisches und pho-
nisches Prinzip I, 456, Tonskala
I, 445 ff., Tonsysteme I, 301.
Topen des Buddhismus I, 234.
Topf III, 115, Töpferkunst s. Kera-
mik.
Tor, Rundform I, 251, T.pfeiler I,
261.
Tortur III, 496.
Totemismus I, 133 f., 344 f<> 540f.,
547, II, 236 ff., 251 ff., 292 ff.,
347 ff., III, 132 ff., 142 ff.
Totansagen III, 135 f., Totenbräuche
II, 48, 64 ff.» 92, 157» 164, III, 635,
Totenfeste I, 424, II, 260 ff., III,
568, Klage II, 7, 30, 47, 158, Kult
II, 5 ff., 157 f., Totenopfer II, 7,
57 ff., 356 f., 448 f., Totenreich
III, 560 ff., 646 ff., Totenland der
Tiere III, 141, Totenschiff II, 44,
74, jj, III, 264, Totenvogel I,
585 f., Totenwurm II, 42.
Tragödie I, 463 ff., 468 f., 471 f.,
482, 49S ff., 504. 508, 513» 517 ff-»
611, III, 660 f.
Trankopfer III, 680 f.
Transfusion der Psyche II, 46 ff.
Transzendentale Apperzeption I,
580 f.
Trauer und Tanz I, 395, 400, 427,
T. und Lied I, 398, T.zeremonie
II, 23, 30, T.feier II, 57 ff., T.-
bräuche II, 345.
Traum I, 584 ff.. II, 3 ff-. »5 ff-»
94 ff., 167 ff., 185 ff., 372 ff., III.
467 ff.
Triglyphen I, 247.
Trinitat III, 539 f«. 743-
Tritheismus III, 539, 543, 743.
Trojanischer Krieg I, 387, 390 f.,
III, 361.
Trommel I, 432 ff., 436 f.
Trophäen I, 238.
Truhenmotiv III, 215 ff., 231, 237,
254 ff., 277, 279, 281, 345-
Turm I, 2361
Tyche III, 427, 442.
Obersinnliche Welt III, 601, 603,
739. 742 f., 752.
Ungeheuer II, 276, 280, 284 f., 287 f.,
384 i, 387. 389 f-. in, 52, 65 f.,
89 ff., 93 f., loi, 104, 108, 116,
142, 171 ff., 213, 221 f., 227, 23lf|.,
251 f., 350, 355 f-. 364. 369 f.. 375.
385. 403, 441. 450 f.. 465 f-. 488.
503 a, 512, 534.
Unsterblichkeit I, 548, II, 9. 7^f
208 f., 211,' III, 270, 280, 335 f«.
557. 568, 719.
Unterwelt II, 67, 121, 378, 431 f.,
443, III, 258 f., 556, 559 ff«. 634.
Urchristentum III, 757.
Urzustand, Fiktion I, 92.
Utilitarismus III, 734, 741, 754.
Vampyr II, 120, 365, 376.
Vedantaphilosophie I, 522.
Vegetationsdämonen II, 182, 2S)4,
370 f., 410 ff., 472, Vegetations-
feste II, 103, 260, 321, Vegeta-
tionsgott II, 289, III, 705 ff..
Kulte II, 432 ff., 462, III, 269,
599 f., 608 f., 619 ff., 637 ft, 64Sf..
649 ff., 698, 703 ff., Vegetatioos-
märchcn III, 195 ff., V.stänze I,
415 ff., 430 f.. 5^f-. n, 421.
Venus (Stern) III, 210, 216.
790
Register.
Verbergungsmotiv III, 217 vgl.
Truhenmotiv.
Verbrennung der Leiche II, 48, 64,
66 ff., 82.
Verfinsterungen der Gestirne III,
54 f.
Vergeltung III, loi fi, 150, 163,
168, 181 f., 553, 560, 567 f., 577 U
583 ff.
Verkörperungen der Seele II, 44,
60 ff., III, 86.
Vernunftrehgion III, 755.
Verschhngung III, 54 f., 93 f., 175.
213, 215 ff., 227, 230 ff., 257 ff.,
263, 272, 277, 279, 512.
Vertrag mit dem Kultobjekt II, 244,
mit dem Teufel III, 121, mit
Tieren III, 125, 134 ff» I39» ^42,
153-
Verwandlung II, 175, 245, 279 ff.,
295. 370. III, 35 t, 47» 64 f.. 68,
72 ff., 78, 80, 91 ff., 102 f., 106,
108, 120, 122, 1271, 132, 137 f->
143 ff., 187, 190 ff., 197^^- 203,
206, 310, 342, 345» 584.
Vierzahl, Heiligkeit III, 462 f., 531,
541, 546 ff.
Violine I, 434.
Vision I, 401, 406, 547, II, 41 ^'f
85 ff., 91, 93 ff., loi, III, 121,
123, 127, 129, 164, 168, 172, 178 f.,
181, 188, 409, III, 103, 160, 300 f.,
418, 467 f., 488 ff., 492 f., 495. 580,
582 ff., 649, 732 f.
VUeß, goldenes III, 188, 373 ff.
Vogel und Gestirne III, 219, Goldv.
III, Ulf., V.ornament I, 185 f.,
V.schmuck III, 144, V. als Schutz-
geist II, 296, Seelenv. II, 61 f.,
72 ff., 91, 131 f., 137, 169, 210 f.,
214, 246 f., 269, 288, s66, 423,
III, 37, 169, 564, 595, V.zauber
III, 143 f.
Volksbräuche I, 544, Volksdichtung
I, 306, 310, 319, 321, 365, 370^-»
373» 377, 384 f.» 3^7 i'f 552 f.,
592 f., III, 35 f., 38, Volksetymo-
logie I, 530, III, 126, Volksmedizin
II, 20 f.
Vorreligiöser Kultus III, 596 f., 602,
612 f., 632, 661, 691, 704, 706, 747-
Vorsitthches Stadium III, 691.
Waffen I, 205 ff., "W. tanze I, 424,
427.
Wahnsinn II, 126, 189, 329, 370 f..
391 ff., 407, III, 330, Wahnvor-
stellungen I, 75 f.
Waldgeister II, 80, 82, 109, 206,
286 f., 372, 417. 419» III, 39. 332,
343-
Walfisch III, 231» 234 f., 242 ff.. 250.
Walhall III, 568.
Walküren II, 77, III, 384.
Walzer I, 407.
Wanderkomödie I, 488 f., 491 f., 508,
Wandermärchen III, 69, 81 ff.,
Wandermotiv III, 98 f., 103, Wan-
dersage III, 198, 354 £f., Wande-
rung der Seelen im Traume II, 93,
245, Wanderung zum Himmel III,
559, 561, mythologische Wander-
hypothese I, 242, 535, 562, 566 fi,
II, 457, III, 3 f., 60 ff., 122, 500 ff.,
516, 527. 552.
Wandreliefs und -gemalde I, 260 f.
Wappenschild I, 207 f., 213.
Wasserdämonen II, 370, 376, 379 ff.,
Wasser als Kult- und Kultur-
mittel II, 322, Wasserreinigung II,
319, 321 ff., III, 668, 679, 684.
6861, 693 ff., Wasserzauber II,
321 ff.. 440 f., 452. 454 ff., III,
138, 164 f., 704.
Webekunst I, 201 f., 205.
Weihnachtsspiele III, 112.
Wein II, 103 f., III, 650, 680, WMiba-
tion II, 339 f.
Weissagung II, 73, 99 It, III, 124.
Weltalter III, 462 f., 466, 531, Welt-
bäum III, 193, 220, Weltei III,
437, 440, 448, 464, Wcltfreude der
Renaissance I, 255, Weltfreude
und Religion I, 258, Weltschöp-
fung s. Kosmogonie, Weltunter-
gangssage III, 453 ff., Weltunter-
gang und -emeuerung III, 557.
Werkzeuge I, 205 ff.
Werwolf II, 120, 365, 393 f.
Wetterdämonen II, 287, 372, 384 f.,
418, 423 ff., 429 ff- 435» III» 215,
401 f., 437, 450, Wetterzauber II,
182.
Wettkampf III, 119, Wettlauf lU,
99, Wettmotiv III, 130 f., Wett-
Register.
791
märchen III, 116, 119, Wettspiel
III, 99 f.
Wichtelmännchen II, 116.
Widder als Seelenträger II, jj.
Wiederholung I, 131, 308 I., 316 f.,
^ 323 ff-. 575.
Wielandsagc III, 360 f.
Wille I, 25, W.nshandlungen I, 4,
Spontaneität I, 10 ff., Kausalität
II, 183 f., W.nsvemeinung I, 522,
W., Gefühl und Christentum III,
720.
Wind und Seele II, 41, 85, 89, W.
und Mythus III, jj, 103, W.dä-
moncn II, 372, J84 f., 425, 427,
430, III. 2, 214 f., 394, 396, 401 f.,
405 f.
Wissenschaft, primitive W. und My-
thologie I, 552 ff., 559 ff., theore-
tisches Interesse I, 560, W. und
Mythologie II, 180, exakte W. II.
364.
Witz I. 514, 516, III. 120, 165 f.
Wohnbau I, 227, Schmuck I, 1 14 ff.,
Wohnhaus und Tempel I, 238.
Wolken III, 209, 214 f., 231, 234,
W. und Seele II, 85, 89, W.dämo-
nen I, 420 f., II, 84, 427 f., 430,
III, I f., 332, 340, 394, 396, 401 t,
405, 437, 623, W.masken I, 414,
418 f.. 473, il, 422 ff.. 427, 429.
437.
Wortassoziationen I, 55, Wortkampf
I, 502 f.. Wortzauber II, 195 f.,
19S f., 207, 216, 395 ff., III, 165.
Wunder I, 25. 330 f., 335, 346, 359,
II, 108, 17S. III. 36, 40, 79, 91,
3(x) f., 450 f., 507, W.bäume III,
186. 192 ff., 199, 230, 374, W.fisch
III, III, 249 f.. W.held III. 474.
W.kult III, 494, W.ring III. 374,
W.motivc III, 390 ff.
Wünschelrute III, 189.
Würfelspiel III, 350.
Wurm, Seelenwurm I, 614, II, 61 ff.,
73 ff., 125, 131 f., 137, 1(39. 366-
Wüstendämon II, 385 f.. 393, III,
340.
Zahlen, heilige I. 446 ff., III, 214,
-91» 53^>ff-» Z.Verhältnisse und
Töne I, 446 ff., Z.rätsel III. 117.
Zahn und Seele II, 24, Z. Verstüm-
melung II, 20, 56 ff.
Zarathustra III, 445 f.
Zauber II, 4 f., 11 f., 18 ff., 53«.,
177 ff.. 188 ff., 257 ff., 326 ff., III.
76 ff., 184 ff., 320 ff., 602 ff., Z.ball
III. 95 ff.. Z.geräte I, 166, 168,
II, 85. III. 113. 121, Z.glaube
II, 171 ff.. 392«.. 432 ff., III.
661 ff., Z. und Dämonen II, 365 ff.
374, Z.glaube und Heilkunde II.
402. 410. Z.kleid III. 114. 148 f.,
Z.kraut III. 137 f., 185 ff., Z.kult
I, 399 f.. 564 ff.» II» 253 f.. 257 f..
HI, 61 1 ff., 622 ff., Z.üed I. 312 f.,
315 ff., 321 ff.. 325, 376 f., Z.-
mantel I. 210 ff.. III. 504, Z.mär-
chen I. 378, 387 f., III, 43 f.. 64 f..
80. 83, 90. 160. 165 ff., 276, 283,
476 f., 495, Z.medizin II, 409, III,
545. Z.priester vgl. Medizinmann,
II, 194 f.. 222 ff., Z.ring II, 206 f.,
III, 503 f., Z.roß III, Z7, 384,
Z.rute III, 388 f., Z.salbe III, 388,
Z.schlaf III, 384 f., Z.speise II,
194, Z.spruch I, 312, 315, 322, 427,
II, 19s f., 1981, Z.Stab I, 2 10 f.,
II, 261 f., III, 189 f., Z.Stein II,
261 f., Z.tanz I, 419 ff., 427 ff.,
III, 48, Z.trank II, 194, Z.ver-
wandlung s. Verwandlung, Z.-
waffen III, n^ 91, 114, 388, Z.-
worte II, 195 f.. 198 f., 207, 216,
Z.motiv u. Opfer II, 341 f., 447 f.
Zehn, heilige III, 531 f.
Zeichnung I, 78 ff., 98 f., 107, 117 f.,
121 ff., 240, 259, 262, 267, 271,
273, 284 f.
2:cit III, 535 f., Z.Sinn I, 45, Z.phan-
tasie I, 45 ff.
Zelt I, 227 ff.
Zeremonien I, 497, 597, 612, II,
194 f., 407, 410, 415^.» 433 f^-»
III, 125, 296 ff., 301, 304, 346, 350^
400, 479 f., 482, 497.
Zerstückelung III, 375 f.
Ziegenbock III. in ff., 124.
Zierkunst s. Ornamentik.
Zither I, 433.
Zukunftsreligion III. 755, Sehergabe
in die Zukunft III, 105 f.
W2
Register.
Zurückgeworfene Gegenstande,
I Zauber III, 92 ü.» 375.
Zweck und Schönheit bei Kant I»
223 f., Z. der Menschheitsge-
schichte I, 532 f., Heterogonie der
Z.e I, 296, II, 80, III, 656, Z.losig-
keit im Märchen III, 370.
Zweites Gesicht II, 93 C, 108.
Zwerchiell und Seele II, 14, 33 If.,
170.
Zwerge II, 116, 377^^» 3^2, 413 ^-^
III, 172, 343, 384.
ZwilUnge (Sternbild) III, 216,
279 ff., Zwillingsmärchen U
216 f., 231, 271 £f.
Zwittergestalten zwischen Me
und Tier II, 280 ff., 291.
Zwölf, heilige III, 531,
545 f.
Zyklus von Märchen III, 42, 48
76, 276, von Mythen III, 6,
26 f., 276, von Sagen III, ;
50.
I
Druck .von Breitkopf k Härtel in Leipzig.
H
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STANFORD, CAUFORNIA 94305 6004
(6501 723 9201
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SOCIAL
ANTHROPOLOCY
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ELEMENTS OF
FOLK PSYCHOLOGY
OTHER WORKS BY PROFESSOR WUNDT
ETHICS,
Translated from the Second Germ an Edition.
Vol, r — IimiODucTiox ; The Fact*i of tke Moral Life,
Tranalated by Prof. J. GtJLLlVBR and Professor E. B.
TlTCHEKER.
Demj Svo, Cloih, 75. t)d, {Stcßtfd Editio».
VoL 11.— Ethical SYSTEMS. TranaJated by Ptof, M.
Washburm, Pü.D,
Demy Bvö, Clotli, 6j» (Sörond Edittott.
Vol. tlt— The PRtXCtFLEs OF IdQltALtTY. TriuuUUd by
Prof. M. Washburi^, Pb.D.
Dcmy Svo» Cloth, 7s, 6d.
PHYSIOLOGICAL PSYCHOLOGY.
Transbted from the FifUi German Edition^ 1902,
by E, B» TlTCHEX£R,
Vol, I.-^VVith ro5 Figs. m t!i« text.
Dcmy 8vo, Clotb, i jj. [S^i^ffff SiUUon.
iNTftODUCTION TO PSYCHOLOGY.
Ttanslated by Rudolf Pintner, M.D.
Grown Svo^ Cloih* ji, 6fi.
LECTURES ON HUMAN AKD ANIMAL
PSYCHOLOGY,
Traiislated by Frofs, J, E* CRBtGHtON and E3»
T I TCH EX ER. I Uu strations.
Demy Svo, Clotli, los. 6ä.
iFourtk Edäiiftu
LONDON: GEORGE ALLEN a. UNWIN LTD,
NEW YORK: THE MACMILLAN COMPANY,
ELEMENTS OF FOLK
PSYCHOLOGY
OÜTLINES OF A PSYCHOLOGICAL
HISTORY OF THE DEVELOPMENT
OF MANKIND
BY
WILHELM WUNDT
AUTHORIZED TRANSLATION
■Y
EDWARD LEROY SCHAUB, PhD.
LONDON: GEORGE ALLEN & UNWIN LTD.
NEW YORK: THE MACMILLAN COMPANY
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700086
firsi fmhiUhtd , y^fy igit
MfprinUä. . » April tg2i
(Ail rigkis rttetvid)
TRANSLATORS PREFACE
The keen interest which the present age is manifesting in
Problems connected with the Interpretation of human experi-
ence is no l^s a result tban it is a precondition of the
fmitful labours of individual scholars. Prominent among
these is the distinguished author of the volume which is
herewith rendered accessible to English readers. The
impetus which Professor Wundt has given to the philo-
sophical änd psychological studies of recent years is a
matter of common knowledge. Afany of those who are
contributing richly to these fields of thought received their
Stimulus from instruction directly enjoyed in the laboratory
and the classrooms of Leipzig. But even more than to
Wandt, the teacher, is the world indebted to Wundt, the
investigator and the writer. The nimiber and comprehen-
siveness of this author*s publications, as well as their ränge
of subjects, äre little short of amazing. To gauge the cxtent
of their influence would require an examination of a large
part of current i^ilosophicäl and psychological literature. No
small measure of this influence, however, must be credited
to those whose labours have made possible the appearance
of Wundt 's writings in other tongues. Of the English
translations, we owe the first to Professors Creighton and
Titchener. Succeeding their translation of the ** Lectures
on Hiunan and Animal Psychology," came the publication,
in English, of the first volume of the ** Principles of Physio-
logical Psychology," of the two briefer treatises, ** Outlines
of Psychology " and " Introduction to Psychology/' and, in
the meantime, of the valuable work on ** Ethics."
vi TRANSLATOR*S PREFACE
Though Professor Wundt first won recognition through
his investigations in physiology, it was his later and more
valuable contributions to physiological psychology, as well
as to logic, ethics, epistemology, and metaphysics, that
gained for him his place of eminence in the world of
scholarship. One may hazard the prophecy, however, that
the final verdict of history will ascribe to his latest studies,
those in folk psychology^ a sig^ificance not inferior to that
which is now generally conceded to the writings of his
earlier years. The V ölkerpsychologie is a truly monumental
work. The analysis and Interpretation of language, art,
mythology, and religion, and the criticisms of rival theories
and points of view, which occupy its five large volumes of
over three thousand pages^ are at once so judicial and so
suggestive that they may not be neglected by any serious
Student of the social mind. The publication of the
Völkerpsychologie made necessary a number of defensive
and supplementary articles. Two of these, in a somewhat
revised form^ together with an early article on ** The Aim
and Methods of Folk Psychology," and an additional essay
on " Pragmatic and Genetic Psychology of Religion," were
published in 191 1 under the title, Probleme der Völkerr
Psychologie. Finally, in 191 2, there appeared the book
which we are now presenting in translation, the Elemente
der Völkerpsychologie. As regards the difference in method
and character between the Elemente and the Völker-
Psychologie^ nothing need be added to what may be gleaned
from the author's Preface and Introduction to this, his latest,
work. Here, too, Professor Wundt indicates his conception
of the nature and the problem of folk psychology, a fuller
discussion of which may be found both in the Völker^
Psychologie and in the first essay of the Probleme.
He who attempts to sketch the ** Outlines of aC
Psychological History of the Development of Mankind "
necessarily incurs a heavy indebtedness, as regards his
TRANSLATOR'S PREFACE vii
material^ to various more specialized sciences. The success
with which the data have been sifted' in the present instance
, and the extent to which the author has repaid the special
sciences in terms of serviceable principles of intexpreta-
tion^ must^ to a certain extent^ be left to the detertnination
of those who are engaged in these specific fields. Human
beliefs and institutions, however, as well as atl products of
art and modes of labour, of fGod-getting*, of marriage^ of
warfare, etc. — in short, all elements of human cukure— even
though subject to natural conditions of various sorts^ are
essentially mental processes or the expression of psychical
activities. Hence no theory. relating to these ph^iomena is
acceptable^ or even respectable, that does violence to well-
established psychological principles. The impsychological
character of many of the hypotheses that still abound in
ethnological^ sociological^ and historical Uterature, in itself
renders necessary such discussions as those comprised within
the present volume. One of the very, valiiable, even though
not novel, features of thfe ** Elements," therefore, is its
clear exposure of the untenability, of rationalistic and other
similarly erroneous types of explanation.
The dependence of folk psychology, as conceived by Pro-
fessor Wundt, upon general psychology — or, in this particidar
case, upon the author's system of physiological psychology: —
will be apparent. It should not be overlooked, however, that
the examination of the mental processes that underlie the
various forms in which social experienoe comes to expression
involves a procedure which Supplements, in an important way,
the traditional psychological methods. More than this.
Wundt 's Völkerpsychologie is the result of a conviction that
there are certain mental phenomena which may not be inter-
preted satisfactorily by any psychology which restricts itself
to the Standpoint of individual consciousness. Fimdamental
to the conclusions of the present volume, therefore, is the
assumption of the reaUty of collective minds. For Pro-
vfii TRANSLATOR'S PREFACE
fes9or Wundt, however, this assumption is not in the leäst
of a dogmlatic character. On the contrary, its acceptance
is neoessitated by tbe failure of opposing theories^ and its
validity is sustained by, the fact that it renders intelligible
a large and important body of facts. If this be admitted,
it foUows that folk p5y,chok>gy, Supplements not merely the
methods of individual or physiological psycholbgy, but also
its prindples and its laws. As yet, however^ the prevailing:
tendency of psychologists, both in England and in America,
18 to retain the point of view of individual consciousness even
wben dealing with those phenomena: which Wundt con-
siders to be creations of the social group. That this occurs
80 frequantly. withiout any apparent thought of the necessity
of justifyingi the procedure is— whether the position itself
be right or wrong— an ülustration of the barriers offered
by a föreign language.
For the general leader who professes no acquaintance
with the nature or the viewpoint of psychological science, it
may not be amiss to remark that the author aims, in this
book, to present, not a discussion of the philosophical validity
of ideas or of the ethical or religious value of customs and
iostitutibns, but merely a descriptive account of human de-
vefepinent. Tbe '' Elements ** b an ättempt to answer the
question as to what beliefis and practices actually pr^evailed
at the various stages of human development and what
psychological «zplanation may be given of th^n. Such
an investigation is qpiite distinct from an inquiry as to
wheiher these beliefs and piactices are justiiiable. It is
equally foreign, moreover, to thie question as to whether
the ideas that are entertained may be held either to bring
US into relation with trans-subjective realities or to acquaint
US with a truth that is, in any significant sense, etemaL
ilowever sacred or prolane, true or delusional, experiences
may be to the philosopher, the theologian, or the man of
practical «ffain, to him who is psychologizing they all alike
TRANSLATOR'S PREFACE ix
are mental phenomena demanding, not evaluation, but
Observation, änalysis, and reduction to mental laws. Wimdt
explidtly emirfiasizes the fact that bis psycbologicall accoimt
neitber represents nor renders unnecessary a^ philosophy of
bistory ; similarly, it may be added, the present work is
neitber tbe equivalent nor tbe negation of ethics, juris-
prudence, tbeology, epistemology, or metapbysics. Never-
tbeless, wbile tbe distinctions which we have suggested
sbould be strictly kept in mind^ a just appreciation of tbe
significance of sucb books as the " Elements " demands
tbat we recognize tbeir notable value to all tbe various
pbilosopbical disciplines. Works of this sort succeed above
all otfaers in stimulating and sustaining a keen empirical
interest on the part of philosophy, and they supply the
latter with a fmid of carefully selected and psychologically
interpreted facts. Doubtless it is in connection with ethics
and tbe science of religion that these Services are most
obvious. Even tbe epistemologist, however, will find much
tbat is sug%;estive in .Wundt's account of the origin and
development of language, the characteristics and content of
primitive thought^ and tbe relation of mythological and
religious ideas to the affective and conative life. That the
Völkerpsychologie may contribute largely toward the Solution
of metapbysical problems bas been strikingly demonstrated
by Professor Royce in bis profound volumes on ** The
Problem of Cbristianity."
Tbe trials of the translator have been recounted too
often any longer to require detailed mention. President
G. Stanley Hall bas suggested that the German pro-
clivity to the use of long, involved sentences, loaded with
qualifying words and phrases, and with Compounds and
supplementary clauses of every description, may perhaps
be said to have the merit of rendering language some-
wbat correspondent with the actual course of thought.
Tbe significance of tbis Statement can be appreciated by
X TRANSLATOR'S PREFACE
HO one quite so keenly as by a translator^ for whöm the very
fact which President Hall mentions causes many Gernian
sentences to be objects of despair. In the present instance,
tfae endeavour has been to reproduce as faithfuUy as possible
botb the meaning and the spirit of the original, while yet
taking such liberties as seemed necessary. either to clarify
certain passag'es or to avoid any serious ofTence to the English
langua^e. In a number of cases, no absolutely satisfactory
äquivalent of the German term seemed available. The
very expression * folk psychology/ for exam^Ie, may scarcely
be Said to commend itself in every respect. Its use seemed
unescapable, however, in view of the fact that the author,
in his Introduction, expressly rejects the terms Sozialpsy-
ehologle and Qemeinschaftspsychologie in favour of Völker-
ßMyehologie. Bildende Kunst has been rendered ' formätive
art/ not in the belief that this translation is wholly imobjec-
tionable, but because it seemed preferable to all possible
alternatives, such as ' plastic/ ' shaping/ or, ' manual ' art.
Those Yfbo are familiär with, or who will take notice of,
the very precise meaning which the present author gives
to the terms Märchen^ Sage, Legende, and Mythus will
understand without explanation our frequent use of the word
* saga ' and the necessity. of the term ' märchen ' , in the
translation. Wundt has always attached great significance
to the distinctions which he has drawn between the various
forms of the myth, and, m^re especially, to his contention
that the earliest and, in a sense, the progenitor of these
was the märchen. The crying need of exact definition and
of dear thinking in a field so confused as that of mythology
led him, on one occasion, to enter ä plea for a clear-cut
and consistent terminology such as that which he was
attempting to maintain {vide Völkerpsychologie^ Band V,
Zweiter Teil, Zweite Auflage, s. 33). In this instance
again^ therefore, it seemed best to give to the author*s own
terms m preference over words which, while more familiär
TRANSLATOR'S PREFACE
XI
to the English reader, are less suited to convey the precise
meaning intended.
The most pleasant of the translator's duties consists in
acknowledging the very. material assistance which he has
received from his wife^ whose preparation of an enlarged
index for this English edition is but the last of many
Services which she has rendered in connection with the
present undertaking.
EDWARD LEROY SCHAUB.
NOSTBWB8TBRN UNIVBSSITy«
EVANSTON^ iLUNOia^
Octobcr 1915.
av PREFACE
foUows from the vcry fact that our aim is a synthetic
survcy. An exhaustive presentation would again involve
US in a more or less detached investigation of single
Problems. A briefer exposition, on the other band, which
limits itself to arranging the main facts along lines sug-
gested by the subject-matter as a whole, is, without doubt,
better adapted both to present a clear picture of the develop-
ment, and to indicate its general amenability to law, the
presence of which even the diversity of events cannot conceal.
This being my main purpose, I believed that I might
at once reject the thought of giving the various facts a
proportionate degree of attention. In the case of the better
known phenomena, it appeared sufficient to sketch theii;
place in th^ general development. That which was fess
familiär, however, or was still, perhaps, generally unknown,
seemed to me to require a more detailed discussion. Hence
the föllowing pages deal at some length with the forms of
original trihal Organization and of the consummation of
floarriage, with soul, demon, and totem cults, and with various
öther phenomena of ja somewhat primitive culture. On
the oiher hand, they describe in barest outline the social
movements that reacfa over into historical times, such as
the founding of States and cities, the origin of legal Systems,
and the like. No inference, of course, should be drawn
from this with regard to the relative importance of the
phenomena themselves. Our procedure, in this matter, has
been govemed by practical considerations alone.
. The above remark conceming the less familiär and
that which is as yet unknown, will already have indicated
that folk psychology in general, and particu!arly a history of
relopment in terms of folk psychology, such as this book
i to give, are as yet föroed to rely largely on supposi-
Hld hypotheses, if they are not to lose the thread that
ilte details. Questions similar to the ones which we
Wm ^|ajM mentioned regatding the beginnings of human
PREFACE XV
Society, or others, which, though belonging to a later
development, nevertheless still fall within the twilight dawn
of history — such, for example, as those concerning the origin
of gods and of religion, the development of myth, the sources
and the transformations in meaning of the various forms of
cult, etc.— are, of course, as yet largely matters of dispute.
In cases of this sort, we are for the most part dealing
not so much with facts themselves as with hypotheses
designed to interpret facts. And yet it must not be for-
gotten that folk psychology rests on precisely the same
experiential basis, as regards these matters, as do all other
empirical sciences. Its position in this respect is similar,
more particularly, to that of history, with which it frequently
comes into touch in dealing with these problems of origin.
The hypotheses of folk psychology never refer to a
back'ground of things or to origins that are by nature in-
accessible to experiential knowledge ; they are simply
assumptions concerning ä munber of conjectured empirical
facts that, for some reason or other, elude positive detection.
.When, for example, we assume that the god-idea resulted
from a fusion of the hero ideal with the previously exist-
ing belief in demöns, this is an hypothesis, since the direct
transition of a demoi> into a god can nowhere be pointed
out with absolute certainty. Nevertheless, the conjectured
process möves on the factual plane from beginning to
end. Thfe same is true, not merely of many of the
Problems of folk psychology, but in the last analysis of
almost all questions relating to the beginning of particular
phenomena. In such cases, the result is seldom based on
actiially given data — these are inaccessible to direct Observa-
tion, leaving psychological probability as our only guide.
That is to say, we are driven to that hypothesis which
is in greatest consonance with the sum total of the
known facts of individual and of folk psychology. It is
this empirical task, constituting a part of psychology and,
XVI
PREFACE
at the samc tune, an application of it, that chiefly
differentiates a psychologicial history of development, such
as the following work alms briefly to present, from a
philosophy of history. In my opinion, the basis of a
philosophy of history should henceforth be a psychological
history of developmentj though the latter should not intrude
upon the particular problems of the former* The con-
cluding remarks of our final chapter attempt, in a few
sentences, to indicate this connection of a; psychological
history of development with a ' philosophy of historical
development, as it appears from the point of view of the
general relation of psychology to philosophical problems.
LEtmOf
W, WÜNDT.
• I
f •
( .
CONTENTS
PAOB
TIUmLATOR'S PREFACB . . . I .V
PRSFACB ;••••••• xiii
INTRODUCnON ....... I
History and taak of folk psychology— Its relation to ethnology— Ana-
lytic and syntbetic methods of exposition^Polk psychology as a
psychological history of the development of maokind^Division into
fonr maiQ periods.
CHAPTER I
PRIMITIVE MAN
X. THE DISCOVERY OF PRIMITIVE ICAN . • .II
Early philosophical hypotheses— Prehistoric remains— Schwdnfurth's
disoovery of the Pygmies of the Upper Congo— The Negrito« of the
Philippines, the inland tribes of Malacca, the Veddahs of Ceylon.
2. THE CULTURE OF PRIMITIVE MAN IN ITS EXTERNAL EX- JJ
PRESSIONS .......
Dress, habitatlon, food, weapons — Discovery of bow and arrow—
Acqnisition of fire->Relative significance of the concept ' primitive.'
3. THE ORIGIN OF MARRIAGE AND THE FAMILY . -34
Bachofen's " Mother-right " and the h>TX)thesis of an original pro-
miscnity— Group-marriage and the Malayan systcm of rclationship —
Erroneous interprctation of thcsc phenomena— Polygyny and poly-
andry— The monogamy of primitive people«.
4. PRIMITIVE SOCIETY ...... 50
The primitive horde— Its relation to the anlmal herd— Single family
aad tribc— Lack of tribal organixation.
«vtt
xviü CONTENTS
PAGB
5. THE BEGINNING8 OF LANGUAGE . . -53
Langoages of primitive tribcs of to-day— The gesture-languagc of the
deaf and domb, and of certain peoples of nature— The signs of natural
gestore-langnage— Its syntax— General condusions drawn from
gestore-language.
6. THE THINKING OF PRIMITIVE MAN . , . .68
The Soodan langnages as ezamples of relatively primitive modes of
thinking— The so-called'roots'as word»— The concrete character of
primitive thoaght— Lack of grammatical categories— Primitive man's
thinking perceptnal.
7. EARUBST BELIBFS IN MAGIC AND DEMONS . -75
Indefiniteness of the conoept * religion '— Polytheistic and monothe-
istic theories of the origin of religion— Conditions among the
Pygmies— Belief in magic and demons as the content of primitive
thoQgJht— Death and sicknes«— The corporeal soul-— Dress and objects
of personal adoniment as instmments of magic— The caosality of
maglc ,
8. THE BEGINNINGS OF ART • • . • 94
The art of dancing among primitive peoples— Its impbrtance as a
means of magic— Its accompaniment by noise-mstruments^-The
dance-song— The b^nnings of musical Instruments— The bull-roarer
and the rattle— Primitive omamentation— Relation between the Imita-
tion ol objects and simple geometrical drawings (conventionalization)
—The painting ol Üie Bushmen— Its natore as a memorial art
9. THB INTBLLECTÜAL AND MORAL CHARACTERISTICS OF PRIM-
ITIVE MAN • • .109
Fteedom from wants— Significance of Isolation— Capacity for observa-
tion and reflcction— No inferiority as to original endowment demon-
strabte-Negative natnre of the moraüty of primitive man— Dcpen-
denoe upon the cnvironinent
CHAPTER II
THE TOTEMIC AOE
THB OBNBRAL CHARACTER OF TOTEMI8M
The w«d ' totem '-Ihi significance for cntt^Tribal «'«^«^f «^'^ ^"^
the intftetk« of chkftainSip-T ^^ ownership of land
-TlMLiieeQfhoeK»ltiireandof dcanimai«.
116
CONTENTS xix
PAGB
2. THE STAGES OF TOTEMIC CULTURE . . . .122
Anstralian cultare — Its low level of economic life — Its complicated
trifaal oiganizadon— Perfected weapons—Malayo-Polynesian culture—
^ Tbe origin and migrations of the Malays— Celestial elements in Malayo-
Polynesian mythology — The culture of the American Indians and its
distinctive featores— Perfection of totemic tribal Organization— Decline
of totem cults — ^African cultures — Increased importance of cattle
raising — Development of despotic forms of rulership— Survivals of
totemism in the Asiatic world.
3. TOTEMIC TRIBAL ORGANIZATION .... I40
Similarity in the tribal organizations of the Australians and the
American Indians — ^Totem groups as cult assodations — Retrogression
in America — ^The totem animal as a coat of arms — ^The prindple of
dual division — Systems consisting of two, four, and eight groups.
4. THE ORIGIN OF EXOGAMY ..... I44
Unlimited and limited exogamy^Direct and indirect matemal or
patemal desoent — Effects upon marriage between relatives — Hy-
potheses conceraing the origin of exogamy — Hygienic theory —
Marriage by capture.
5. MODES OF GONTRACTING MARRIAGE -155
Marriage by peaceful capture within the same kinship group— Ex-
ogamous marriage by batter— Marriage by purchase and marriage by
contract — Survivals of marriage by capture.
6. THE CAUSES OF TOTEMIC EXOGAMY -159
Relation of clan division to totem groups — Totem friendships —
Parental and traditional totem alliances — The rise of exogamy with
direct and with indirect matemal or patemal descent
7. THE FORMS OF POLYGAMY . . . . 166
Origin of group-marriage — Chief wife and secondary wives— Poly-
andry and polygyny and their combination— The prevalence and
causes of these forms of marriage.
8. THE DEVELOPMENTAL FORMS OF TOTEMISM • -173
Two principles of Classification — ^Tribal and individual totemism~Con-
ception and sex totemism — ^Animal and plant totemism — Inanimatc»
totems (churingas)— Relation to anoestor worship and to fetishism.
9. THE ORIGIN OF TOTEMIC IDEAS • . . 'S/
Theories based on names— Spencer and Lanf— Frazer's theory of
conception totemism as the origin ot totemim— The animal trans-
formations of the breath soul— R^sdkns to aoal belief— Soul animals
as totem animals.
xt CONTENTS
PAOI
10. THE LAW8 OF TABOO . • «193
The conoept *taboo* — The taboo in Polynesia— The taboo of
mother-in-Uw and father-in-law— Connection with convade— The
sacred and the impure— Ritet of purification— Fire, water, and magical
transference.
11. SOUL BELIEF8 OF THE TOTBMIC AOE . . .204
The psyche as a breath and shadow soul— Its relation to the corporeal
8oul— Chief bearers of the corporeal soul — Modes of disposition of the
dead.
12. THE ORIOIN OF THE FBTI8H ..... 220
Petiahes in totem cnlt— Attainment of independence by fetishism —
Petishes as the earliest forau of the divine image^Retrogressive
development of cnlt objects— Petish cult as a cnlt of magic and demons
— Amnlet and talisman
13. THE ANIICAL ANCE8T0R AND THE HUMAN ANCBSTOR . 230
The Mura-Mnra legend» of the Anstralians— The animal ancestor—
Transition to the hnman ancestor— Relation to disposal of the corpse
and to cnlts of the dead — Surviving inflnences of totemism in ancestor
cnU.
14. THE TOTEICIC CULTS ...... 236
Gnstoms relating to diH>osition of the corpse and to sacrifices to the
dead — Initiation into manhood— Vegetation cnlts^Australian Intichi-
nma festivals— Cnlts of the soll at the stage of hoeKnilture— Underlying
fulor of oommonity of laboor— Unification of cnlt purposes and their
oonbination with incipient deity cnlts.
15. THE ART OF THE TOTEMIC AGE .... 256
Titooing— Ceramics— Constmction of dwellings— Pole-honses— The
oantmODlal danoe— Inttnnnents of ooncnssion and wind instruments—
Cott-aongs and wocfc-iong»— The märchen-myth and its developmental
CHAPTBR III
THE AQB OF HBROES AND GODS
I. OBHBSAL CHARACTBR OF THE HEROIC AGE .281
JHUnJirwicn ol the Indifidual penonaltty— The hero an ideal hnman
hth^tttgodankfarihcim Chimei in economic life and insociety
—TbftriNofttie Statt.
CONTENTS xxi
PAOI
a. TBB EZTBRNAL CCLTURB OF THE HEROIC ACE • . 286
Polk migration and the founding ot States— PIongh-cnlture—Breeding
of domestic animalt^The wagon— The taming of cattle— The oz as a
dranght animal— The production of milk— Relation of theae achieve-
ments to cnlt— Warfare and weapons — Rise of private property— »
Colonization and trade.
3. THE DEVELOPMENT OF POLITICAL SOCIETY . . . 302
The place oi the State in the general development of society— The
dnodedmal and the dedmal 83r8tems in the Organization of political
Society—- The mark commanity and military Organization.
4. FAMILY ORGANIZATION WITHIN POLITICAL SOCIETY . «SU
The Joint family— The patriarchal family— Patemal descent and
patemal dominance— Reappearance of the monogamous family.
5. THE DIFFERENTIATION OF CLASSES .... 316
Common property and private property — The conquering race and the
snbjngated popnlation — Distinction in rank and property— The in-
flaence ol State and of legal System.
6. THB DIFFERENTIATION OF VOCATIONS . . • 32I
The priesthood as combining class and vocation— Military and political
activity— Agricnltore and the Iower vocations— The gradual equaliza-
tion of respect accorded to vocations.
7. THE ORIGIN OF CITIES ...... 323
The original development of the dty — Castle and temple as the signs
of a dty— The guardian deity of dty and State — Secondary devdop-
ments.
8. THE BEGINNINGS OF THE LEGAL 8YSTBM . . 327
Cnstom and law— Civil law as the origmal province of law— Political
and rdlgions factors— The coondl of eiders and the chieftain— The
arbitrator and the appointed jndge— The religious sanction of legal
practices.
9. THB DEVELOPMENT OF PENAL LAW .... 338
Blood revenge and its replacement— Wergild— Right of sanctuary-
Development of imprisonment out of private custody of wrongdoer —
The Jus Ta/firnfs— Increase in complexity of rewards and punish-
ments.
IG. THE DIFFERENTIATION OF LEGAL FUNCTIONS . . 347
Division of the iudidal fandfon— Influence of sodal Organization—
Logical Classification of forms of the State lacking in genetic signifi-
cance — Development of constitutions out of history and custom.
neu CONTENTS
PAOI
U, THE ORIOIN OF GODS . . . -351
D^eneration theories and devdopmental theories— Hypothese* of an
original monotheism or polytheism — Theory based on nature-myth-
ology— Demon theory of Uaener— Characterisücs distinguishing the
god from the deinon and the hero— The god at the result of a f usion of
ideal hero and demon.
12. THE HERO 8AQA • . • • -374
The hero of saga and the hero of mi&rchen— The pnrely mythical and
the historical hero saga— Magic in märchen and saga— The religioua
legend— The saint l^end.
13. COSIIOOONIC AND THBOGONIC MYTHS • . «384
The gods as demoniacal being»— Their stmggle with the demons of
earliest thnet— Mytht of creation— Sagas of flood and of universal
oonflagration— Myths of world-destrodion.
14. THE BBLISP IN SOULS AND IN A WORLD BBYOND . . 394
Seqnence of ideas of the beyond— The spirit-vülage — ^The Islands of
the blessed— Myths of the nnderworld— Distinction between dwelling-
places of sools — Elysiom — ^The nnderworld and the celestial regions —
Pnrgatory— Cnlts of the beyond— The oonoeption of salvation— Trans-
migration of sools.
15. THE ORIOIN OF DBITY CULT8 • . . •414
Rdation of myth and cntt— RdigioQS significance of cult— Vegetation
colts— Union of cnlt pnrpotes Mystcry cults.
16. THE FORMS OF CULT PRACTICES .... 426
Pkmyer— Oonjimtion and the prayer of petition— Prayer of thanln-
ghrlng— Fraise— The penitentlal psahn—Sacrifice— Purpose of sacrifice
origiiially magical— Jewish peaoe-offering and sin-offering— Develop-
ment of conception of gift— Connection between value and sacrifice—
Votive and consecratlon gifts— Sacrifice of the first fruits— Sanctifica-
tion oeremonies — Means of Instration as means of sanctification —
Water and fire — ^Baptism and drcumdsion — ^Magical sanctification—
Haaian sacrifice as a means of sanctification.
17. THE ART OF THE HEROIC ACE -44^
Temple aad palaoe— The homan figure as the subject of formative art
—Art as generlc and as indiTidnaliring- The appreciation of the
signlfiGaotH-Espression ol snbjective mood in landscape painting—
The cpiG— Ita inlliience vpoa the cnlt-song— The drama— Music as an
aooessoiy and as an independent art
CONTENTS xxiü
CHAPTER IV
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY
PAGE
1. THE CONCEPT * HUMANITY ' . . 470
Herder's idea of humanity as the goal of history — The concepts * man-
Idnd' and * human nature' — Humanity as a value-concept — The idea
of a cultural Community of mankind and its developmental forms.
2. WORLD EMPIRES ...... 478
The empires of Egypt and of Western Asia — The monarch as ruler of
the World— The ruler as deity— Apotheosis of dcceased rulers — Under-
lying cause of formation of empires— Disappearance of world empires
from history.
3. WORLD CULTURE ...... 484
The World dominion ol Alezander— Greek as the universal language —
Writing and speech as factors ol culture — ^Travel as symptomatic of
cultore— Hellenistic world colture and its results— The culture of the
Renaissance— Cosmopolitanism and individualism.
4. WORLD RELI6I0NS ...... 494
Unity of the world of gods — Cult of i£sculapius and cults of the
beyond— Their transition into redemption cults — Buddhism and
Christianity — Development of the idea of a superpersonal deity —
The incamate god as the representative of thls deity— Three aspects
of the concept ' representative.'
5. WORLD HISTORY ...... 509
Twofold significance of the concept 'history' — History as self-
consdous ezperience — ^The r6le of will in history— Prehistoric and
historic periods— Influence of world culture and world religions on
the rise of the historical consdousness— The phüosophy of history—
Its relation to a psychological history of the development of mankind.
INDEX «••••••• 525
ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
INTRODUCTION
The Word * Völkerpsychologie ' (folk psychology) is a new
Compound in our [the German] language. It dates back
scarcely farther than to about the middle of the nine-
teenth Century. In the literature of this period, however,
it appeared with two essentially different meanings. On
the one band, the term * folk psychology ' was applied
to investigations conceming the relations which the in-
tellectual» moral^ and other mental characteristics of peoples
sustain to one another, as well as to studies conceming
the influence of these characteristics upon the spirit of
politicSy art, and literature. The aim of this work was
a characterization of peoples, and its greatest emphasis
was placed on those cultural peoples whose civilization is
of particular importance to us— -the French, English,
Germans, Americans, etc. These were the questions of
folk psychology tbat claimed attention during that period,
particularly, to which literary history has given the name
" young Germany." The clever essays of Karl Hille-
brand <m Zelten^ Völker and Menschen (collected in
eight volumes, 1885 ff.) are a good recent example of
this sort of investigation. We may say at the outset that
the present work foUows a radically different direction from
that pursued by these first studies in folk psychology.
Practically coincident with the appearance of these
earliest studies, however, was a radically different use
of the term 'folk psychology.' The mental sciences
began to realize the need of a psychological basis ;
where a servicesd>le psychology did not exist, they feit
it necessary to establisb an independent psycholoR«^«^^
2
2 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGYj
foundation for their work. It was particularly in connection
with the Problems of philology and mythology, and at about
the middle of the Century, that the idea gradually arose of
oombining into a unified whole the various results concern-
ing the mental development of man as severally viewed by
language, religion, and custom. A philosopher and a phil-
ologist, Lazarus and Steinthal, may claim credit for the
Service of having introduced the term ' folk psychology. •
to designate this new field of kliowledge. All phenomena
with which mental sciences deal are, indeed, creations of
the social Community. Language, for example, is not the
acddental dlscovery of an individual ; it is the product
of peoples, and, generally speaking, there are as many
different languages as there are originally distinct peoples.
The siame is true of the beginnings of art, of mythology,
and of custom. The natural religions, as they were at
one time called, such as the religions of Greece, Rbme>
and the Germanic peoples, are, in truth, folk religions ;
each of themt is the possession of a folk community, not,
of course, in aU details, but in general outline. To us this
iact has come to appear somewhat stränge, because in our
afe diese universal mental creations have already long tran-
icended the limits of a single people. Though this is true,
k does not imply that the folk comknunity is not really
tbe original source of these mental creations. Now, in
tbe works of Lazarus and Steinthal and in the Zeitschrift
fit yUker Psychologie und Sprachwissenschaft edited by
üitaai and appearing in twenty volumes from 1860 aa, the
oonception had not as yet, it is true, received the precise
definition that we must give it to-day. N.evertheless, a
beginning was made, and the new venture was successfuUy
lannched along several different lines. Some uncertainty
still prevailed, espedally with regard to the relation of these
studies to philosophy, and as to the method which psychology
must follow when thus carried over into a new field. It
was only giadually, as the psychologica) point of view gained
Ifround in the special fidds of research, that this condition
was impmved. To-day» doubtless, folk psychology may be
INTRODUCTIOK f3
regarded as a branch of psychology concerning whose justi-
fication and problem there can no longer be dispute. Its
Problem relates to those mental products which are created
by a Community of human life and are, therefore, inexplic-
able in terms merely of individual consciousness, since they
presuppose the reciprocal action of many. This will be for
US the criterion of that which belongs to the consideration of
folk psychology. A language can never be created by an indi-
vidual. True, individuals have invented Esperanto and other
artificial languages. Unless, however, language had already
existed, these inventions would have been impossible. More-
over, none of these languages has been able to maintain
itselfy and most of them owe their existence solely to
Clements borrowed from natural languages. How, again,
could a religion have been created by an individual? There
have, indeed, been religions whose founders were individual
men : for example, Christianity, Buddhism, and Islamism.
But all these religions rest on earlier foundations ; they are
elaborations of religions motives arising within particular
folk conununities. Thus, then, in the analysis of the higher
mental processes, folk psychology is an indispensable Supple-
ment to the psychology of individual consciousness. Indeed,
in the case of some questions the latter already finds itself
obliged to fall back on the principles of folk psychology.
Nevertheless, it must not be forgotten that just as there can
be no folk Community apart from individuals who enter into
reciprocal relations within it, so also does folk psychology,
in tum» presuppose individual psychology, or, as it is usually
called, general psychology. The former, however, is an im-
portant Supplement to the latter, providing principles for the
Interpretation of the more complicated processes of individual
oonsciousness. It is true that the attempt has frequently
been made to investigate the complex functions of thought
on the basis of mere introspection. These attempts, however,
have always been unsuccessful. Individual consciousness is
whoUy incapable of giving us a history of the development
of human thought, for it is conditioned by an earlier histo~
concerning which it cannot of itself give us any knowl
4 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
For this reason we must also reject the notion that child
psychology can solve these ultimate problems of psycho-
genesis. Among cultural peoples, the child is surrounded by
influences inseparable from the processes that arise spon*
taneously within its own consciousness. Folk psychology,
however, in its investigation of the various stages of mental
development still exhibited by mankind, leads us along
the path of a true psychogenesis. It reveals well-defined
primitive conditions, with transitions leading through an
almost continuous series of intennediate steps to the more
developed and higher civilizations. Thus, folk psychology
is^ in an important sense of the word, genetic psychology.
In view of the g^ieral nature of the task of the science,
objection has sometimes been raised to its being called folk
psychology. For, the study is concemed» not merely with
peoples but also with more restricted, as well as with more
oomprehensive, social groups. Family, group, tribe, and local
Community, for example, are more restricted associations ;
on the other band, it is to the union and reciprocal activity
of a number of peoples that the highest mental values and
attainments owe their origin, so that, in this case, folk
psychology really becomes a psychology of mankind. But
it is seif -evident that, if it is not to fade into indeiiniteness,
a term such as * folk psychology ' must be formulated with
reference to the most important conception with which it
has to deal. Moreover, scarcely any of the proposed
emendations are practicable. * Qemeinschafts Psychologie '
(oonmmnity psychology) may easily give rise to the mis*
conception - that we are concemed primarily with such
communities as differ from the folk Community ;
* Sozitttpsychotogie * (social psychology) at once reminds
US of modern sociology, which, even in its psychological
(diases, usuaUy deals exclusivety with questions of modern
cultural life. In an account of the total development of
mental life, however— and this is the decisive consideration
—die ' folk * is the most important collective concept and
the one wtth which all others are associated. The
* folk * embraces families, dasses, clans, and groups. These
INTRODUCTION 5
various communities are not exciuded from the concept
• folk/ but are included within it. The tcrm * folk
psychology ' Singles out precisely. the folk as the decisive
factor underlying the fundamental creations of the Com-
munity.
AVhen this point of view is taken, the question, of course,
arises whether the problem thus assigned to folk psychology
is not already being solved by ethnology, the science of
peoples, or whether it ought not to be so solved. But it
nmst be borne in mind that the greatly enlargied scope of
modern ethnology, together with the increased number and
the deepened character of its problems, necessarily pre-
cludes such a psychological investigation as falls to the task
of folk psychology. I may here be allowed to refer to
one who, perhaps more than any other recent geographer,
has fcalled attention to this extension of ethnological
Problems— Friedrich Ratzel. In his treatise on anthropog-
raphy and in a number of scattered essays on the cultural
creations of peoples, Ratzel has shown that ethnology must
not only account for the characteristics and the habitats of
peoples, but must also investigate how peoples originated
and how they attained their present physical and mental
Status. Ethnology is the science of the origin of peoples, of
their characteristics, and of their distribution over the earth.
In this set of problems, psychological traits receive a
relatively subordinate place. Apparently insignificant ärt
products and their modifications may be of high importance
in the determination of former migrations, fusions, or trans-
ferences. It is in this way that ethnology has been of valuable
Service to history, particularly in connection with prehistoric
man. The central problem of ethnology concems not only
the present condition of peoples, but the way in which they
originated, changed, and became diflferentiated. Folk
psychology must be based on the results of ethnology ; its
own psychological interest, however, inclines it to the
problem of mental development. Though of diverse origins,
peoples may nevertheless belong to the same group as regards
the mental level to which they have attained. Conve«
6 ELEMENTS OE FOLR PSYCHOLOGYi
peoples who are ethnologically related may, psychologically
speaking, represent very different stages of mental culture.
Thecethnologist, for example, regards the Magyars and
the Ostiaks of Obi as peoples of like origin. ^ Psycho-
logically, they belong to different groups : the one is a
cultural people, the other is still relatively primitive. To
the folk psychologist, faöwever, ' primitive ' always means the
psychologically primitive— not that which thc^ ethnologist
regards as original from the point of view. of the genealogy
of peoples. Thus, folk psychologyj draws upon ethnology,
while the latter, in turn, must invoke the aid of the former
in investigating mental characteristics. The problems of
die two sciences, however, are fundamentally different.
In fulfilling its task, folk psychology may pursue different
methods. iThe course that first suggests itself is to single
out one important phenomenon of community life after
another, and to trace its development after the usual pattera
of general psychology in its analysis of individual con-
fidousness. For example, an attempt is made to trace the
psychological development of language by the aid of the f acts
of linguistic faistory. This psychology. of language is then
foUowed by a study of the development of art, from its begin-
nings among primitive races down to its early manifestä-
tions among cultural peoples, at whidi point its desctiption is
taken up by the history of art. Myth and religion are simi-
larly investigated as regards the (development of their charac-
teristics, their reciprocal relations, etc. This is a method
which considers in longitudinal sections, as it were, the total
oourse of the development described by, folk psychology.,
For a somewfaat intensive analysis this is the most direct
uode of procedüre. But it has the objection of severing
mental development into a number of separate phases,
whereas in reality, these are in constant interrelation. Indeed,
tibe various mental expressions, particularly in their earlier
stages, are so intertwined that they are scarcely separable
froktt one anotber. Umguage is influenced by myth, art
is a factor in mytb di^velopment, and custotns and usages
are everywhsrci sustainied by mythological conceptions.
iXTRODUcnox :
But there is also a secoad pa-ii cf ±.Tz^^rLZizz, ird
it is this which the presenr work a-izpcf. I: zzz^^zs — ::
retain the image uscd above — in zikiz^g zrirsr^zs^ zis-.iid
of longitudinal sections, that is, in r*^sardnr :le zmz. r--Lr*s
of the develoiHnent with which folk pr.- ihclirj -f r:*-
cemed in their sequence, and eaih iz üi-e ::iä1 ±::tr::--
nection of its phoiomena. Our nn: :=^. -jistz. —ziLi b^
the investigation of primitive man. \Ve ms: se^i a ^rrch:-
logical ezplanation of the thoujht, o^'.i^i, sjii i:r.:r. cf
primitive man on the basis of •iie fa-s r^pplief ry
ethnology. As we proceed to more advAriei siazer.. c:S-
culties may, of oourse, arise wü regari :d :he cel-.ir.::i-
tion of the various periods ; indee-i :: 'sriL 5-rar:el/ be
possible to avoid a certain arbirrahness, in^n-ch as the
processes are continuous. The life of ü:e i::d:-.-:duai person
also docs not fall into sharply d:5:is3t periods. Ju5t as
childhood, youth, and manhood are siages in a cor-tinuous
growth, so also are the various eras in the deveIopn:er.t of
peoples. Yet there are certain ideas, cmotions, and Springs
of action about which the various phenomena group them-
selves. It is these that we must single out if the content of
folk psychology is to be classified, with any measure of satis-
faction, according to periods. Moreover, it should be par-
ticularly noticed that, in starting our discussion with primitive
man, as we naturally mnst, the term ' primitive ' is to be
taken relatively, as representing the lowest grade of culture,
particularly of mental culture. There is no specific ethno-
logical characteristic that distinguishes this primitive stage
from those that are more advanced ; it is only by reference
to a number of psychological traits, such as are indicative
of the typically original, that we may determine that which
is primitive. Bearing in mind this fact, we must first
describe the external traits of primitive culture, and then
consider the psychological facto rs of primitive life.
Of the second period in the development of civiliza-
tion, we may safely say that in many respects it represents a
newly discovered world. Historical accounts have nothin^
to say concerning it. Kecent ethnology alone has c
« ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGYi
the i^enomena here in question, baving come upon them in
widely different parts of the earth. This period we will call
the tötende ag£. The very name indicates <hat we are
concemed with the discovery of a submerged world. The
Word ' totem/ borrowed from a distant American tongue,
ptoves by its very origin that our own cultural languages
of Europe do not possess any word even approximiately,
adequate to designate the peculiar character of this period.
If we would define the concept of totemism as briefly as pos-
fible» it might perhaps be said to represent a circle of ideas
within which the relation of animal to man is the reverse
of that which obtains in present-day culture. In the totemic
age, man does not have dominion over the animal^ but the
animal rules man. Its deeds and activities arouse wonder,
fear, and adoration. The souls of the dead dwell within
tt ; it thus becomes the ancestor of man. Its flesh is pro*
faibited to the members of the group called by its name, or,
conversely, on ceremonial occasions, the eating of the totem-
animal may become a sanctifying cult activity. No less
does the totemic idea affect the Organization of society,
tribal division, and the forms of marriage and family. Yet
the elements that reach over from the thought-world of this
period into later times are but scanty fragments. Such,
for ezample, are the sacred animals of the Babylonians,
Egyptians, and other ancient cultural peoples, the prophetic
significance attached to the qualities or acts of animals^ and
other magical ideas connected with particular animals.
Totemic culture is succeeded— through gradual transi-
tioof—by a Oürd period, which we will call the age of heraes
mid god$. Initial Steps towards tte latter were ^Iready
tftken during the preceding period, in the development of a
nilershq;) of individuab within the tribal Organization. This
nilership, at first only temporary in character, gradually
becomes permanent« The position of the chieftain, which
was of only minor importance in the totenric age, gains
in power when the tribal Community, under the pressure
of struggles with hottile tribes, assumes a military organiza-
tioa. Sodet^ dms d^velope into ^^ ^tate. War, as also
INTRODUCTION 9
the guidance of the State in times of peace, calls out men
wbo tower far above the stature of the old chieftains, and
wbo, at the same time, are sharply distmg^uished from one
another through qualities that stamp them as typical Per-
sonalities. In place of the eldest of the clan and the tribal
chieftain of the totemic period^ this new age gives rise to
the hero. The totemic age possesses only fabulous narra-
tives ; tbese are credited myths dealing, not infrequently,
with anunal ancestors who have introduced fire, taught the
preparation of food, etc. The hero who is exalted as a
leader in war belongs to a different world> a world faith-
fully mirrorad in the heroic song or epic. As regards their
Station in life, the heroes of Homer are still essentialia
tribal chieftains, but the enlarged field of struggle, together
with the magnified characteristics which it develops, exalt
the leader into a hero. With the development of poetry,
the forms of language also become modified and enriched.
The epic is foUowed by formative and dramatic art. All
this is at the same time closely bound up with the origin
of the State, which now displaces the more primitive tribal
institutions of the preceding period. When this occurs,
different customs and cults emerge. With national heroes
and with States, national religions come into being ; and,
since these religions no longer direct the attention mferely
to the imtnediate environment, to the animal and plant
World, b\it focus it primarily upon the heavens, thene is
developed the idea of a higher and more perfect world. As
the hero is the ideal man, so the god becomes the ideal hero,
and the celestial »world, the ideally magnified terrestrial world,
This era of heroes and gods is finally succeeded by a
fourth period. A national State and a national rdigion do
not represent the permanent limits of human striving.
National affiliations broaden into humanistic associations.
Thus there begins a development in which we of the presem
still participate ; it cannot, theref ore, be referred to otherwise
than as an age that is coming to be. We may speak merely
of an advance toward humanity, not of a development of
humanity. This advance, bowever, begins immedUtdy
lo ELEMENTS DF. FOLK PSYCHOLOGY
the fall of the barricrs that divide peoples, particularly with
regard to their religious views. For this reason, it is par-
ticularly the transcendence of the more restricted folk circle
on the part of religions that constitutes one of the most
significant events of mental history. The national religions
— or, as they are generally, though misleadingly, called, the
natural religions— of the great peoples of antiquity begin to
pass beyond their original bounds and to become religions of
humanity. There are three such world neligions— Christianity,
Islamism, and Buddhism— each of them adapted in character
and history to a particular part of mankind. This appears
most clearly in the contrast between Ch-istianity and
Buddhism, similar as they are in their endeavour to be world
religions. The striving to become a world religion, however,
is ako a symptomatic mental phenomenon, paralleied exter-
nally by the extension of national States beyond the original
limits sct for them by the tribal unit. Corresponding to
this expansion, vre find those reciprocal influences of cultural
peoples in economic life, as well as in custom, art, and science,
which give to human society its composite character, repre-
senting a combination of national with universally human
Clements. Hellenism and the Roman Empire afford the first
and, for Occidental mental development, the most important
manifestations of these phenomena. How immense is the
chasm between the secret barter of primitive man who steals
out of the primeval forest by night and lays down his captured
game to exchange it, unseen by his neighbours, for imple-
ments and objects of adomment, and the commerce of
an age when fleets traverse the seas, and eventually ships
coürse through the air, uniting the peoples of all parts of
the world into one great commercial Community I We can-
not undertafce to delineate all aspects of this development, for
the latter includes the entire history of mankind. Our con-
cem is merely to indicate the outstanding psychological
factors fundamental to the progression of the later from that
which was original, of the more perfect from the primitive,
partly under the pressure of external conditions of life
and partly as a result of man's own creative power.
CHAPTER I
PRIMITIVE MAN
I. The Discovery of Primitive Man.
iHHO b the primitive man? Where is He to l>e found?
fiVhat are his characteristics? These are the important
questions which here at once confront us. But they are
questions to which, strangely enough, the answer has, up to
very recent times, been sought, not in the facts of experi-
ence» history, or ethnology» but purely by the path of specula-
tion. At the outset the search was not, for the most part,
based on investigations of primitive culture itself, but took
as its starting-point contemporary culture and present-day
man. It was primarily by means of an abstract Opposition
of culture to nature that philosophy, and even anthropology,
oonstructed natural man. The endeavour was not to find
or to observe, but to invent him. It was simply by anti-
thesis to cultural man that the image of natural man took
ahape ; the latter is one who lacks all the attainments of
culture. iThis is the negative criterion by means of which the
philosophy of the Enlightenment, with its conceited estimate
of cultural achievements, formed its idea of primitive man.
Primitive man is the savage ; the savage, however, is essen-
tially an animal equipped with a few human qualities, with
languag'e and a fragment of reason just sufficient to enable
him to advance beyond his deplorable condition. Man in
his natural state, says Thomas Hobbes, is toward man as
a wolf . He lives with his fellow-beings as an animal among
animals, in a struggle for survival. It is the contrast of
wiW nature with peacefiil culture, of ordered State with un-
organized herd or horde, that underlies this conception.
12 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
But this antithesis between the conoepts of culture and
of nature, as objectively considered, is not the only factor
here operative ; even more influential is the contrast between
the subjective moods aroused by the actual world and by
the reahn disclosed by imagination or reason. Hence it is
that the repelling= picture of primitive man is modified as
soon as the mood changes« To an age that is satiated with
culture and feels the traditional forms of life to be a burden-
some constraint, the State of nature becomes an ideal once
realized in a bygone world. In contrast to the wild creature
of Thomas Hobbes and his contemporaries, we have the
natural man of Jean Jacques Rousseau. The State of nature
is a State of peace, where men, united in love, lead a life
that b unfetter^d and free from want.
Alongside of these constructions of the character of
natural man, however, there early appeared a different
method of investigation, whose aim it was to adhere more
closely to empirical facts. Why should we not regard
tfaose of our human institutions whlch still appear to be
a direct result of natural conditions as having cxisted in
the earliest period of our race? Marriage and the family,
for ezample, are among such permanent cultural institu-
tions^ the one as the natural union of the sexes, the other
as its necessary result. If marriage and family existed
irom the beginning, then all culture has grown out of the
eztension of these primitive associations. The family first
developed into the patriarchal Joint family ; from this the
vUlage Community arose, and then, through the union of
several viUage communities, the State. The theory of a
iVitural development of Society from the family was first
tdaboAted by Aristotle, but it gods back in its fundamental
idea.to legend and mytfa. Peoples frequently trace their
vdrigin to an original pair of ancestors. From a Single mar-
«jage onioa is derived the single tribe, and then, through a
furth^r exteosion of this idea, the whole of mankind. The
iegoid of an original ancestral pair, however, is not to be
found beyond the Ihnits of the monogamous family. Thus, it
is ^ififuWtjr a piojection of monogamous marriage into the
PRIMITIVE MAN; 13
past, into the beginnings of a race, a tribe, or of mankind.
Whcrevcr, ther<eft>re, monogamous marriage is not finnly
establishedf legend accounts for the origin of men and
peoples in various other ways. It thinks of them as Coming
forth from stones, from the earth, or from caverns ; it
regards animals as their ancestors, etc. Even the Greek
l^end of Deukalion and Pyrrha contains a survival of such
an earlier view, combined with the legend of an original
ancestral pair. Deukalion and Pyrrha throw stones behind
them, from which there Springs a new race of men.
The thought of an original family, thus, represents
simply a projection of the present-day family into an
inaccessible past. Clearly, therefore, it is to be regarded
as only an hypothesis or, rather, a fiction. Without
tfae Support which it received from the Biblical legend, it
oould scarcely have maintained itself almost down to the
present, as it did in the patriarchal theory of the original
State of man to which it gave rise. The Aristotelian theory
of the gradual origin of more comprehensive organizations,
terminating in the State, is no less a fiction ; the social com-
munities existing side by side in the period of Greece were
arbitrarily represented as having emerged successively in
the course of history. Quite naturally, therefore, this
philosophical hypothesis, in conmion with the correspond*-
ing legend of the original family, presupposes primitive
man to have possessed the same characteristics as the man
of to-day. Thus, it gives no answer at all to the question
conceming the nature of this primitive man.
XVhen, therefore, modern anthropology made the first
attempt to answer this question on the basis of empirical
facts, it was but natural to assume that the characteristics
of original man were not to be leamed from a study of
existing peoples, nor, indeed, from history, but that the
data for the Solution of the problem were of a prehistoric
nature, to be found particularly in those human remains
and those products of man's activity that have been preserved
in the strata of the earth's crust. What we no longer find
on the earth, so it was held, we must seek ander the carti
14 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
And thus, about six decades ago, prehistorlc anthropology
began to gather materi^I, and this has gradually grown
to a considerable bulk. Upon the completion of this
task, however, it appeared, as might, of course, ^have
been expected, that psychology could gain but little
in this way. The only sourcei from which it might
derive infonnation lay in the exhumed objects of art.
Then» however, the very disappointing discovery was made
that, as r^gards implements of stone, drawings on the walls
of caves which he inhabited, and pictures cut into hörn or
bone, the artistic achievements of the man of diluvial times
did not differ essentially from those of the present-day
tavage. In so far as physical characteristics are concemed»
however, the discovtred remains of bones seemed to point
to certain differences. iWhile these differences, of course,
were incapable of establishing any direct psychologicat
oonclusions, the fact that the measurements of the skeletal
parts more closely resembied those of animals, and, in par-
ticular, that the measurements of the interior of the sk\ill
were smaller than those of the savages of our own time,
offered indirect evidence of a lower development. Because
of the close relation of cranial capacity to size of brain,
moreover, a lower degree of intelligence was also indi-
cated. Nevertheless, the remains that have been brought
to Ught have not as yet led to any indubitable conclusions.
There have been fairly nimierous discoveries pointing to
races that resemble the lower tribes among contemporary
peoples, and but a few cases in which uncertainty is possible,
and oonceming which, therefore, there exists a conflict of
opinions. A typical tnstance is the history of one of the first
discoveries made in Europe of the remains of a prehistoric
man. It was in 1856^ in German territory, that there was
discovered, in a grotto or cave in the Neander valley, near
Dnesseldorf, a very remarkable sicull, though only, of course,
the bones of the craniüm and not the facial bones. All
were at once agreed that these were the remains of ä very
primitive man. This was indicated particularly by charac-
teristics wUch are still to be ^"^»nd, though scarcely in so
PRIMITIVE MAH 13
pronounced a foim, among certain Iower races of men. Of
spedal significance were the strongly developed, prominent
bone-elevations above the eye-sockets. Some of the inves-
tigators believed that the long-sought * homo primigenias*
had perhaps at last been discovered. It was generali/
agreed that the form of the skull resembled most closely
that of the modern Australian. In more recent years, how-
evcr, anthropologists have developed somewhat more exact
methods of measurement and of the reconstruction of a
skeleton from parts only incompletely given. \Vhen
Hermann Klaatsch, equipped with this knowledge, carried
out such a reconstruction of the Neanderthal skull, he came
upon the surprising fact that its capacity was somewhat
greater than that of the present-day Australian. Little as
this teils US conceming the actual intelligence of these
primitive men, it nevertheless clearly indicates how un-
certain the conclusions of prehistoric anthrqpology still are.
A number of other recent discoveries in Germany, France,
and elsewhere, have proved that several prehistoric races
of men once lived in Europe. Some of these, no doubt^
date back far beyond the last glacial period, and perhaps
even beyond the period preceding this, for we now biow
that several glacial periods here succeeded one another.
Nevertheless, no important divergencies from still existent
races of men have been found. This, of course, does not
imply that no differences exist ; it means merely that none
has as yet been positively detected, and that therefore
the anatomy of prehistoric man can give us no Information
conceming the psychological aspect of the question regarding
the nature of primitive man.
Considerably more light is thrown on this question when
we examine the products of human activity, such as imple-
ments, weapons, and works of art. Traces of man, in the
form of objects hanunered out of flint and shaped into
clubs, chisels, knives, and daggers, capable of serving as
implements of daily use no less than as weapons, are to be
found as far back as the first diluvian epoch, and, in their
cnidest forms, perhaps even as early as the tertiary period
i6 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
The niore polished objects of similar form belong to a
later age. Still more remarkable are Ae works of ärt*-in
particular, the cave pictures of [»"ehbtoric animals; such a$
tfae cave bear and the mammoth. Nevertheless, none of
these achievements is of such a nature as to afford positive
evidence of a culture essentially different from, or lower
than, that of the primitive man of to-day. Two outstanding
facts» especially, make a comparison difficult. On the one
band, wood plays an important röle in the life of modern
primitive man» being used for the construction of tools,
weapons, and, in part, also of baskets and vessels. But the
Utensils of wood that may have existed in prehistoric times
could not have withstood the destructive förces of decom-
positbn and decay. All such Utensils, therefore, that pre-
historic man may have possessed have been lost. Thus,
for example, it will be dÜSicult ever to ascertain whether or
not he was familiär with the bow and arrow, since the arrow,
as well as the bow, was originally made of wood. Secondly,
there is at the present time no primitive tribe» however
much shut off from its more remote environment, into whicb
barter, which is nowhere entirely absent, may not introduce
aome objects representing a higher form of civilization, par-
ticularly metals and metal implements. If, however, we
bear in mind that, in the one case, products have suffered
destmction and that, in the otfaer, articies have been intro-
diiced from without, the impression made by prehistodc
Utensils and products of art— aside from certain doubtful
remains dating back beyond the diluvial epoch— is not essen-
tially different from that made by the analogous products
of the Negritos of the Philippines or the inland tribes
of Ceylon. Though the miaterial of which the implements
aie oonstructed differs, the ktaives, hammers, and axes in
botfa inatances possess the usual form. Thus, the wooden
kklile which the Veddah of Ceylon still carves out of bamboo
if formad ptecisely like some of the stone knives of the
diluvial period. .We find a similar correspondence when
we examin« the traces of dwellings and decorations that
have been pmerved, as well as certain remains that throw
PRIMITIVE MAN. 17,
üght upon customs. The oldest prehistoric people of
Europe dwelt in caves, just as the primitive man of the
tropics does to-day in the rainy season. In a rock cavem
near Le Moustier, in France, there was discovered a skele-
ton wbose crouching position points to a mode of burial
still prevalent among primitive peoples, and one which is
doubtless always a fairly positive indication of a belief
in demons such as arises in connection with the impression
made by death. The dead person is bound in the position
that will best prevent his retum. Thus, all these prehistoric
remains suggest a culture similar to that of primitive tribes
of to-day. But, just because they reveal conditions not
essentially different from those of the present, these remains
make another important contribution to our knowledge of
primitive man. They indicate the great stability of primitive
culture in general, and render it probable that, unless there
are special conditions making for change, such as migra-
tions and racial fusions, the stability increases in proportion
to the antiquity. Though this may at first glance seem sur-
prising, it becomes intelligible when we consider that isola-
tion from his surroundings is an important characteristic of
primitive man. Having very little contact with other peoples,
he is in no wise impelled to change the modes of action
to which his environment has led him from immemorial
times.
Thus, the correspondence of the prehistoric with that
which is to-day primitive indicates a high degree of
permanence on the part of primitive culture. But, even
apart from this consideration, it is apparent that we
must really seek primitive man in the inhabited world of
the present, since it is here alone that we can gain a relatively
accurate knowledge of his characteristics. Our information
conceming primitive man, therefore, must be derived from
ethnology. ÄVe must not seek him ander the earth, but
on the earth. Just where, however, is he to be found? For
decades the natives of Australia were believed to repre-
scnt a perfect example of primitive culture. And, as a
matter of fact, their material culture and some of tbr'-
.18 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
mythological ideas still seem to be of a very primitive
cbaracter. Because of the conjecture that it was here
dealing with a relatively primitive type of man, modern
anthropology has for two decades applied itself with great
partiality to the study of Australian tribes. English and
German investigators have given us many work's, some of
tfaem excellent, treating of the continent of Australia, which
appears ahnost as unique wi,th respect to its population
as in its flora and its fauna. From these investigations,
however, which are reported particularly in the voIume by
Howitt published in 1900^ in the works of Spencer and
Gillen, and, finaliy, in those of Strehlow, a German mis-
sionary, it is apparent that the Australian culture is anything
hut primitive : it represents, ratber, a stage of development
akes^y somewhat advanced. In certain respects, indeed,
it may contain very. primitive elements, such as are not to
be found even among tribes that are, on the whole, on
a k>wer leveL Australian cukure, however, possesses an
enormously complex social Organization, and this places it
above that which may be called primitive. In its present
form» it presupposes a development of probably thousands
of years. Assuredly, therefore, the Australian should not
be included in a chapter on primitive man. He will rather
Claim our attention in thie next chapter, as a well-defined
type of the totemic age. Indeed, he is beginning, in part,
to lose even the characteristics of this age, mainly, no doubt,
as a result of racial fusion, whose influence is here also
in evidence.
Although the races of Australia are unquestionably not
prixnitive, as was formerly believed and is still held in
certain quarters, there are other parts of the earth which,
in all probability, really harbour men who are primitive in
that relative sense of the term which alone^ of course, we
aro jttstified in using. If one were to connect the dis-
oovery of this primitive man with any single name, the
honour would belong to a German traveller and investi-
gatOT, George Schweinfurth. He was the first to discover
a really primitive tribe-that is, one which remained prac-
:2C ELEMENTS OF. f OLK PSYCHOLOGY
years. The Bushmen of South Africa^ of whoxn we have
long known, also belong to this group/ although they have
not to the same extent been free from the influence of sur-
rounding peoples« In lall these cases iwe have to ^ with tribes
which at one time probably occupied wider territories^ but
which have now been crowded back into the forest or wilder-
ness. In addition to these tribes^ furthermore, there are
remnants of peoples in Hindustan, in Celebes^ Sumatra, the
Sunda Islands^ etc Conceming these^ however, we as yet have
Uttle knowledge. In some respects, doubtless, the inhabitants
of the Andaman Islands should also be here included,
although they cannot, on the whole, be regarded as primi-
tive in the 'Strict sense of the word. This is precluded by
their extemal culture, and especially by their fegends, the
latter of which point to the ixifluence of Asiatic culture.
Observations of these relatively most primitive fribes —
and this is especially worth noting— show them to be remark-
ably similar, If we read a description of the characteristics,
luü>itSy and customs of the Negritos of the Philippines and
then pass on to the Malaccans^ to the Semangs and Senoi^
oij furthefi to the Veddahs of Ceylon^ we constantly meet
with älmost the same phenomena, there being but slight
diffexences depending on the specific character of the natural
environment. We are thus in possession of data that are now
observable. The Statements and conclusions which these
enable us to make are more than nvere speculations with
r^;ard to the past ; and they are more than inferences drawn
from the silent f ragments of the bones and from a few of the
art products of primitive man. According as the phenomena
are simpler in character and require fewer antecedent con-
ditions for their explanation, may we be confident that we are
really dealing with primitive cpnditions. This in itself implies
liiat die criteruü of primitive ödture are essentially psycho-
Uigiad in nature, and that räcial characteristics and original
tribal rdatkmships are probably negligible so f ar as this ques-
tioa is concemed. A culture would be absolutely primitive
U nö aateoedent mental devdopment whatsoesver could be pre-
tapitosed. Such an ab^ *c»icept can never be realized in
PRIMITIVE MAN 21
ezperience, liiere any more than ekewhere. We shall^ there-
fore, call that man primitive in the relative sense of the term
— our only remaining alternative— whose culture approxi-
mates most nearly to the lowest mental achievements con*
ceivable within the limits of universal human characteristics.
The most convenient measure of these achievements, and the
one lying nearest at hand, is that afforded by external
culture, as expressed in dress, habitation, and food, in self-
made implements, weapons, and other productions serving
to satisfy the most urgent needs of life.
2. The Culture of Primitive Man in its External
Expressions.
FoUowing the above-mentioned criteria as to what may
be regarded as primitive, the question concerning the
external culture of primitive man may, in general, be briefly
answered. Of dress there are only meagre beginnings :
about the loins a cord of hast, to which twigs of trees are
attached to cover the genitals— that is generally all, unless,
through secret barter with neighbouring peoples, cotton
goods, leather, and the like, have been imported. As regards
personal decoration, conditions are much the same. On the
next stage of development, the totemic, there is, as we
shall later see, a desire for lavish decoration, especially as
regards the adornment of the body by painting and tatoo-
ing. Little of this, however, is to be found among primitive
tribes, and that which exists has probably been introduced
from without. Some examples of such decoration are the
scanty tatooing in single lines, the painting of the face with
several red and white dots, and the wooden plug bored
through the bridge of the nose. The Negritos 'of the
Philippines bore holes through their Ups for the insertion
of a row of blades of grass. Other decorations found
are necklaces and bracelets, fillets, combs, hair Ornaments
made of twigs and flowers, and the like.
What is true of his dress holds also of the dwelling
of primitive man. Everything indicates that the first
22 ELEMENTS OK FOLK PSYCHOLOGY
permanent dwelling was the cave. Natural caves in
the hillsides, or> less frequently, artificiaUy. constnicted
hollows in the sand, are the places of refuge that primitive
man seeb when the rainy season of the tropics drives
him to shelter. Durinjg the dry season, no shelter at all is
necessary ; he makes his bed tmder a tree^ or climbs the
tree to gain protection from wild animals. Only in the
open cofintry, mider the conipulsion of wind and rain, does
he construct a wind-break of branches and leaves after
the pattern supplied by nature in the leafy shelter of the
forest« bWhen the Supports of this screen are inclined
toward one another and set up in a circle, the result is th^e
original hut.
Closely connected with the real dwelling of primitive
x&fui, Uie cave; are two fiirther phenomena that date back
to earliest culture. As his constant companion, primitive
man faas a Single animal, the dog, doubtless the earliest
of domestic animals. Of all domestic animals this is the
on^ that has remained most faithful to man down to the
present time. The inhabitant of the modern city still keeps
a dog if he owns any domestic animal at all, and as
early as primitive times the dog was man*s faithful com-
panion. The odgin of this first domestic animal remains
obscure. The populär notion would seem to be that man feit
the need of such a companion, and therefore domesticated
the dog. But if one calls to mind the dogs that run wild
in the streets of Constantinople, or the dog*s nearest
telativ^ the wolf, one can scarcely believe that men
ever had a strong. desire to make friends of these animals.
According to another widely current view, it was man*s
need of the dog as a helper in the chase that led to
its domestication. But this also is one of those rationalistic
hypoäieses based on the presupposition that man always
acts in accordance with a preconceived plan, and thus knew
in advance that the dog would prove a superior domestic
animal, and one espedally adapted to assist in the chase.
Sinoe the dog possessed these characteristics only after its
domeaticatioiit tbey oould not have been known imtil this
PRIMITIVE MAN 23
bad occurred, and the hypothesis is clearly untenable. How,
then« did the dog and man come together in the earliest
beginnings of society? The answer to this question, I
believe, is to be found in the cave^ the original place of
shelter from rain and storm« Not only was the cave a
refüge for man, but it was equally so for animals, and
especially for the dog, Thus it brought its dwellers into
companionship. Furthermore, the kindling of the fire^ once
man had leamed the art, may have attracted the animal
to its warmth. After the dog had thus become the com-
panion of man, It accompanied him in his activities, including
that of the chase. Here, of course, the nature of the
camivorous animal asserted itself ; as man hunted, so also
did the animal. The dog*s training, therefore^ did not at
all consist in being taught to chase the game. It did this
of itself, as may be observed in the case of dogs that are
not specifically hunting dogs. The training consisted rather
m breaking the dog of the habit of devouring the captured
game. This was accomplished only through a consciously
directed cffort on the part of man, an effort to which he
was driven by his own needs. Thus, it is the cave that
accounts for the origin of the first domestic animal, and
also, probably, for the first attempt at training an animal.
But there is stiU another gain for the beginnings of culture
that may probably be attributed to the cave in its capacity of
a permanent habitation. Among primitive peoples, some of
whom are alrcady advanced beyond the level here m ques-
tion, it is especially in caves that artistic productions may
be found. These consist of crude drawings of animak and,
less frequently, of men. Among the Bushmen, such cave
pictuns are frequently preserved from destruction for a
considerable period of time. Natural man, roammg at will
through the forests, has neither time not oppor unity to
ererdse his Imagination except upon relatively sma" objects
or upon the adomment of his own body. But the semi^
darkness of the cave tends, as do few other places, to
stimulate the reproductive imagination. Undisturbed by
extemal influences, and with brißhtnesses and colour^
24 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGE
enhanced by the darkness, tfae memory images of things
Seen in the open, particularly those of the animals of
tfae primeval forest, rise to consciousness and impel the
lonely and unoccupied inhabitant to project them upon
tfae waU. Such activity is favoured by the fact, verifiable
by personal introspection, that memory Images are much
more vivid in darktiess and semi-darkness than in the light
of day. Thus, it was in the cave, the first dwelling-place
of man, tfaat the transition was made, perh|aps for the first
time, from fhe beginnings of a graphic art, serving thfj
purposes of adomment or magic, to an art unfettered except
by memory. It was an art of memory in a twofold sense : it
pattemed its objects after the memory of things actually
obsenred, and it sought to preserve to memory that which
it created.
' From tfae consideration of dress and faabitation we tum
to that of food. Primitive man was not bound to fixed
hours for fais meals. Among civilized peoples, so dose
a connection faas grown up between meals and definite
hours of tfae day tfaat the German word for meal,
Mahlzeit, reminds us of this regularity by twice repeat-
ing the word for time — for Mahl also means time. Primi-
tive man kbew notfaing of tfae sort. If he found food
and was hungry, fae ate ; if fae found none, he went hungry.
Sometimes, moreover, in order to provide for the future,
he gorged to sucfa an extent as to injure fais faiealth. As
ooncems tfae food itself, tfaere is an old tfaeory which faas
led to misconceptions conceming primitive man. He was a
hunter, we are told ; tfae cfaase supplied faim with food ; only
Incidentally and occasionally did he enjoy parts of plants
dr fruits that fae faad gatfaered or accidentally discovered«
If is scarcely correct, faowever, to assume tfaat systematic
hünting was practised by primitive man. Doubtiess fae did
engage in this occupation. Yet tfais fumisfaed him with only
an incidental part of bis food suppjly— a part with which, living
as he did from hand to moutfa, he satisfied only his momentary,
needs« It was with plant food, if at all, tfaat fae made pro-
viskm for te fotuitt* ^ hie found also tfae first traccs
PRIMITIVE MAN 25
of a dhrision of labour : woman gathered the plant food*-
roots, bulbs, and berries— while man occasionally found it
necessary to hunt. Plant food being capable of long^r
preservation, it was woman who first leamed to economize and
to make provision for the future. In part, indeed, the influ-
ence of these cultural beginnings persists even to-day. More-
over, just as mixed food, part plant and part animal, is by
far the most conmion to-day, so also was it the original
diet of man. The proportion, however, varied more than
in later times, according as the external conditions of life
wcre propitious or otherwise. Of this the Bushmen afTord
a striking Illustration. Fifty years ago they were still by
preference huntsmen. Armed with their bows, they dared to
hunt the elephant and the girafTe. But after the surround-
ing peoples of South Africa— the Hottentots, Betschuans,
and Herero— came into the possession of firearms, which
the Bushman scomfuUy rejects, the game was, in part,
exterminated, and to-day the Bushmen, crowded back into
rocky wastes, derive but a small part of their living from
the chase. They gather bulbs, roots, and other parts of
plants, such as can be rendered edible by boiling or roast-
ing. Their animal food, moreover, is no longer wild game,
but consists, for the most part, of small animals found
while gathering the plant food — frogs, lizards, worms, and
even insects. Hunting, therefore, was never more than
one of the customary means of providing food ; and primi-
tive man, especially, was a gatherer rather than a hunter.
The Word * gatherer * implies also that he took from nature
only what it directly offered, and that he was familiär
neither with agriculture nor with the raising of animals.
In procuring his food, moreover, he was aided by a know-
ledge, often surprising, of the properties of the objects
gathered. This knowledge, probably gained as a result of
many disastrous experiences in his search for food, enabied
primitive man to utilize even such roots and fruits as are
not wholesome in their raw State, either because they are
not edible until prepared by means of fire, or because they
are poisonous. Primitive, man leamed to overcomc tl
26 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
injurious effects of many of tbese plants. By reducing
tbem to small pieces^ washing them in a Solution of lye,
and lieating them^ he converted them into palatable food.
The bulbs and roots were secured from beneath the
sur&ce of the ground by means of the most primitive
of all agricultural implements and the progenitor of all
succeeding ones, the digging-sUck. This is a wooden stick,
with a pointed end that has been hardened by fire.
Connected with the removal of poison, by means of
water and fire, from parts of plants that are otherwise
edible, is still another primitive discovery— the utilization
of the poisoq3 themselves. Only when the arrow is smeared
with plant poisons does the bow become a real weapon.
In itaelf the arrow wound is not sufficient to kill either
game or enemy ; the arrow must be poisoned if the wound
b to cause death or even temporary disability. The Veddahs
and the Inland tribes of Malacca therefore use the juice of
the upas-tree mixed with that of strychnos-trees. The best
biown of these arrow poisons, curare, used in South America
and especially in Guiana, is likewise preparejd from the
juice of strychnos-trees.
This brings us to the weapons of primitive man. In
tfais connection it is highly important to note that all of the
primitive peoples mentipned above are familiär with the use
of bow and arrow, but we must also bear in minid
that this is practically their only weapon. Contrary to what
ardiseological excavations would suggest conceming the
«sarliest age of peoples, primitive culture, in respect to im-
I^ements and weapons, depended only to a small extent
apoQ the working of stone. iWte might better speak of
tfais period as an age of wlood. AVood is not only decidedly
Mster to manipulate than stone, but it is always more
MsUy obtainable in shapes suitable for constructive pur-
poses« Possibly even the arrow-head was originally always
made of wood, as it sometimes is even to-day. Only in
liter times was the wood replaced by a sharpened stonei or
1^ irtm acquired through barter.
It is not difficulf ^ 9W wood, in the forms which
a? ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
upon itself f This asymmetry, likewise, was di3C0vered
acddentally. In this case, the discovery was all the more
likely, for primitive weapons were never fashioned with
ezactitude. Tfaat this asymmetry serves a useful pur-
pose, therefore, was first revealed by experience. As a
result, however, primitive man began to copy as faithfully
as possible those implements which most peffectly exhibited
this characteristic. Thus, this missile is not a weapon that
required exceptional inventive ability, though, of course,
it demanded certain powers of Observation. The charac-
teristics» accordingly, that insured the survival of the
boomerang were discovered accidentally and then fixed
through an attentive regard to those qualities that .had
once been found advantageous. Now, can we conceive of
the origin of bow and arrow in an analogous way? Surely
this weapon also was not devised in all its parts at a single
time. The man of nature, pressing his way through the
dense underbrush of the forest and experiencing in person
the hard blows of branches that he has bent back, gains
a lively Impression of the elastic power of bent wood. How
easily the attention is forced to the Observation that this
effect increases when the wood is bent out of its natural
shape, appears strikingly in the case of a kind of bow
found in Asia and the Asiatic Islands. The bow is here
constructed out of a piece of wood bent by nature, not in
such a way, however, that the natural curve of the wood
forms the curve of the bow, but contrariwise. Thus arises
a reflexive bow, whose elastic power is, of course, con-
siderably increased. In Order that such a bow may be bent
back more easily, some people of a more advanced culture
construct it out of several layers of wood, hörn, sinew, or
the like.^ Having first observed the powerful impulsive force
which a rod gains through being bent, it was a simple
matter to render this force permanently available by bend-
ing the rod back and binding its ends together with
a cord of hast, or, if bamboo was used, with Strips
tom from the bamboo itself. Thus originated the common
form of the bow. Next, it was, of course, easy to observe
IPKIMITIVE MAN; ^9
thtt the bowstring thus contrived would communicate a
powerful impetus to a lighter piece of wood placed against
it. In äddition to the bow, we then have the arrow^ which
i8 huried into the distanoe by the comfoined propelling power
of the bow and its string. But at this point a new factor
appeared^ clearly indicating that several motives generally
co-operated in the case of such so-called primitive inventions.
In these inventions nature itself played no less a part than
did the inventive genius of the individual. The arrow but
rarely consists merely of a piece of wood one of whose ends
is somehow pointed or provided with a stone head^ or, at a
later period» with an iron head. As is well known^ the other
end is feathered, either with genuine bird feathers or^ as
in the case of the pygmies of Central Africa, with an
imitation of bird feathers made of palm-leaves. The
feathers are usually supposed to have been added to insure
the accurate flight of the arrow. And this accuracy is^
indeedy the resultant efTect. As in the case of the
boomerang, however, we must again raise the question :
How did man come to foresee this effect, of whose
mechanical conditions he had, of course, not the slightest
knowledge? The Solution of this problem probably lies in the
fact of an association of the discharged arrow with a flying
bird that pierces the air by the movement of its feathers.
Thus, in the arrow, man copied the mode of movement of
the bird. He certainly did not copy it, however, with the
thought that he was causing movement in a mechanical
way. iWe must bear in mind that for primitive man the
image of a thing is in reality always equivalent to the
thing itself. Just as he believes that his spirit resides in his
picture, with the result that he is frequently seized with fright
when a painter draws his liteness and carries it away with
him, so also does the feathered arrow become for him a
bird. In his opinion, the qualities of the bird are trans-
ferred by force of magic to the arrow. In this case, indeed,
the magical motive is in hannony with the mechanical
effect.
Nature directly supplies primitive man not only with the
30 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
patterns of his implements and weapons, but also with those
of the vessels which he uses. Of the primitive tribes none
18 femiliar, at the outset, with pottery. In its stead, suitabte
natural objects are utilized for storing what is gathered. The
Negritos of the Philippines, for example, employ coconut
Shells. . The inland tribes of the Malay Peninsula use
bamboo, whose varying thicknesses, and, particularly, whose
intemodes enable it to be converted into the desired vessels
by cutting the stem at the upper end of an intemode and
immediately below it, thus securing a vessel with a bottom.
iVherever primitive peoples cut vessels out of wood, as
occurs among the Veddahs and the Bushmen, we may be
sure that this represents a comparatively late acquirement,
lollowing upon a knowled^e of metals and the use of stone
implements« Primitive man possesses no vessels for cook-
ing purposes. He prepares his food directly in the fire or
in hot ashes.
We are now confronted by a final and an especiaHy
interesting question of primitive culture, that of the
ucqaisHion of fire. This acquisition made a deep impres-
sion on the human mind, and one whose effects long survived
in legend. The totemic age, as we shall see, is replete
with legends of beneficent animals which brought fire to
man. In the heroic age, the fire-bringing animal is dls-
placed by the fire-bringing hero. We may call to mind
•Prometheus, who brought fire from hieaven, and by so doing
drew upon himself the vengeance of the gods. Never-
theless, tbe question conceming the original production of
fire is a very simple one. As in the case of very many
Utensils and tools, we must look to natural conditions that
lawsent themselves in the course of experience. Man did
not imrent the art of kindling fire ; it would be nearer the
truth to say that he found it, inasmuch as he discovered
it while making his Utensils. In this connection, par-
ticularly, it is highly important to note that the first age,
if we would designate it by its tools, was not an age of
^tone but an age of wood. We have alreädy ref erred to the
wäy in Iriiich baraboo was worked up mto vessels for the
PRIMITIVE MAN, 31
storing of fruits and liquids. With a sharp sliver of bamboo,
a bamboo-stem is sawed into pieces in order that its
parts may be utilized. If this sawing occurs during dry
weather, the wood is pulverized and the heated sawdust
finally beoomes ig^ited. As soon as it begins to glow,
the worfcer blows upon it and the fire flames up. This
mode of kindling fire has been calied that of sawing, and
is probably the oldest in origin. After fire was thus acci-
dentally produced, it became possible to kindle it at will,
and this developed into a skilful art. At a later stage,
however, there came the further need of drilKng holes into
wood. This gave rise to a second method of kindling
fire, that of drilling. A piece of wood is bored through with
a sharpened stick of hard wood, and the same results occur
as in the case of the sawing. The method of drilling is
the more effective ; it produces fire more quickly. Never-
theless, both methods are laborious and tedious, and we
cannot blame the savage for regarding as a magician the
European who before his very eyes lights a match by
friction. Because of the difiiculty in producing fire, its
preservation plays an important röle in the life of the
savage. iWhen he changes his dwelling-place, his first con-
sideration, as a rule, is to take with him some live fire so
that he will not be obliged to kindle it anew.
In conclusion, we may Supplement these sketches of
extemal culture by mention of a feature that is particu-
larly characteristic of the relation of primitive man to
his environment. Primitive man lives in close associa-
tion with his fellow-tribesmen, but he secludes him-
self from other tribes of the neighbourhood. He is
led to do so because they threaten his means of sub-
sistence ; indeed, he himself may fall a prey to them, as
do the Pygmies of Central Africa to the anthropophagic
customs of the Monbuttus. And yet, primitive man early
feels the need of such useful' articles as he cannot himself
produce but with which he has, in some accidental manner,
become acquainted. This gives rise to what is gener?"^
calied 'Beeret barter.' An iUuminating example of
32 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
occurs in the records of the Sarasin cousins as relating to
the Veddahs. The Veddah goes by night to the house of
a neighbouring Singhalese smith and there deposits what he
has to offer in barter, such as captured game, ivory, etc.
With this he places a representation of an arrow-head, made
of palm-leaves. The next night he returns and finds real
arrows öf iron which the smith has laid out in exchange
for the proffered goods. It might be thought that such
a System of barter would imply an excessive measure of
confidence. The smith, however, knows that, should he take
away that which was brought to him without delivering
the arrows, he would himself be Struck by an arrow shot
from some sheltered ambush. Thus, many things, especially
iron, materials for clöthing, and articles of adornment, come
into the possession of primitive man through secret
barter, raising his externa! culture to a somewhat higher
level.
A retrospective survey of this culture brings to notice
especially the fact that the concept * primitive ' is never valid,
as applied to man, except in a relative sense. Of an
absolutety primitive man we know nothing at all. More-
over, the knowledge of such a being couki hardly render
explicable his further development, since he would really
belong to the anima) leVel and therefore to the prehuman
stage of existence. Primitive man is relatively primitive,
for, while he does possess certain bejinnings of culture,
these are in no respect more than mere beginnings, all of
which are borrowed from nature and from the direct means
of assistance which it offers. It is precisely these elementary
acquisitions, however, that already differentiate primitive man
from the animal. He has the beginnings of a dwelling}
and of dress, even though he does no more in either case
than merely to utilize the means which nature offers, or
than partly to imititate and partly to combine these means,
as he does in the case of the leafy wind-break and of
the weapons which doubtless represent the highest achieve-
ment of this age— namely, the bow and arrow. But these
are all beginnings which already contain within themselves
PRIMITIVE MAN 33
the possibilities of higher achievements. The development
of the hut out of the wind-break^ of the lance out of the
staff and the arrow, of the woven basket out of the coco-
nut or the gourd, sevßrally represent easy steps in the
advance from nature to culture. Next there comes the pre-
paratlon of food by means of fire. This is closely connected
with the discovery of the art of kindling fire, which, in its
tum, was partly an accidental discovery connected with
the manufacture of primitive tools out of wood and partly
a real invention. Thus,. the manufacture of tools, on the
one hand, and the kindling of fire, which was connected
with it, on the other, are the two primary features which
from early times on distinguished primitive man from
animals. Furthermore, there is the bow and arrow, which
is the first real weapon and diflfers markedly from all
other implements. Its construction also was dependent
upon the ^ssistance of nature. The fact that this was
the only weapon of primitive society throws an im-
portant light on the nature of the latter. The bow
and arrow continued to be used for a long time after-
wards — indeed, even down to the appearance of firearms ;
it served not only as a weapon of warfare but also as an
implement for hunting. With it alone, however, no organ-
ized strife or warfare of any sort is possible. While, there-
fore, it is true that the archer appears on the earliest
monimients of cultural peoples, it is only as the fellow-com-
batant of the warrior who is armed with shield and lance.
With lance and shield it is possible to fight in closed ranks.
The archer must fight single-handed. Primitive man, there-
fore, does not cngage in tribal wars ; he is familiär only
with the strife of individual with individual. In fact,
wherever the bow and arrow is used exclusively, open war-
fare is impossible. With it, primitive man slays his enemy
from behind a sheltering bush. It is thus that the Veddah of
nature serves the cultural Veddah, or the Singhalese who
has deceived him in secret barter, or even the fellow-
tribesman who steals his wife. Just as secret barter is
carried on In concealment, so also is warfare. This, how-
4
34 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
ever, indicates that the bow and arrow was originally
intended for hunting and not for warfare. From this con-
sideration alone it is evident that primitive Ufa was not ä
war of all against all, as it was described by Thomas Hobbes.
On the contrary, there doubtiess existed a State of peace,
interrupted only occasionally by the strife of individual with
individual— a strife that resulted from a conflict of interests,
such as occurred even during this early period.
3. The Origin of Marriage and the Family.
That the origin of marriage and the family really con-.
stitutes a problem, long failed to be recognized. Because
of the natural relations of the sexes it was supposed that
man lived in a State of marriage from the very beginmng.
Furthermore, the monogamous marriage of the present was
projected back into an indefinite past, where it found final
termination in the idea of a primal pair of ancestors. But,
cven apart from this mythological belief, there were ako
positive grounds for supposing an original State of monog-
amy. Do not many animals live in monogamous union?
In addition to nest-building birds, monogamy prevails par-
ticularly among mammals, and, of the latter, among those
that have the dosest physical relationship to man. We
might cite the gorilta, the primate that most resembles
man, and probably also the chimpanzee, although in this
case we lack positive proof. Why, then, shouki not man
have carried over monogamous marriage from his animal
State into his primitive culture? This theory, therefore,
was regarded as almost setf-eVident until after the middle
of the last Century. But in 1861, a Swiss Jurist and
antiquarian, J. Bachofen, published a remarkable'^work
on ** Mother-right." In this book Bachofen attempted
to prove the falsity of the doctrine— previously almost
uncontested— that monogamy was the original form of
marriage, and to refute the view, regarded as equally self-
cvident, that within this marriage union man held the
supremacy— in brief, the patriarchal theory. Bachofen
3« ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
children wcrc universally bom out of wedlock. Thus, prior
to the ascendancy of woman^ there existed a State of agamy,
in which there was no marriage but only a promiscuous
relation of the sexes. Wie thtis have, as it were, a picture
whose outlines are determined by contrast with the family
of civilized peoples, and which reminds us of Hobbes'a
account of the earliest political relations, there being in
both cases an entire absence of order. But it is pre-
cisely in this fact, Bachofen believes, that we have a clue to
the origin of gynecocracy if only we bear in mind the actual
characteristics of woman. Wonian*s nature is such that
this universal promiscuity of the sexes must have become
repulsive, first of all, to her. Turning away all other men,
she accepted but a single one. In so doing, woman proved
herseif the Champion of chastity and morals which she has
since remained. To her, and not to man, is due the honour
of having founded the monogamous family. At the out-
set she was also its natural preserver and guardian. The
children were counted to her kin ; her kin determined
descent ; and, in Bachofen's view, this condition, which
arose out of causes of a universal nature, long prevailed
throughout the world generally. But why was it not main-
tained? It was not possible, so runs the answer, because,
though woman alone was psychically fitted to establish it—
man could never have instituted monogamy-~she was not
eqaally fitted to render it permanent. Woman is not bom
to rulc. In intelligence, as well as in physical strength?
&he is inferior to man. Altogether, therefore, there are threc
periods of development : agamy or promiscuity, foUowed
by female supremacy or mother-right, and, finally, by the
dominance of man, or father-right.
These hypotheses of Bachofen created much dispute in
snoceeding years. Some of the facts could not be denied
from the Standpoint of the antiquarian. Nevertheless, the
sapposition of the universalir^« of an early mother-right
was quite rightly questioned, and its origin out of the com-
pletely unrestrained condition of the horde was even more
▼igorously contested And so t of the Swiss Jurist,
PRIMITIVE MAN 37.
which was based essentially on philologic-antiquarian argu-
ments, gradiialty feil into the background, until, in the
seventies of the nineteenth Century, it suddenly seemed
to find important corroboration and a new basis from an
entirely different quarter. It was ethnology that supplied
the new facts, and these were again derived from a study
of Australia, that fieM of ethnological Observation whicb
was generalty regarded as more particularly exemplifying
primitive culture. Bachofen believed to have demonstrated
that matemal descent was originally a universal custom,
even in the case of those who are now cultural peoples.
Ethnology revealed the fact that this System of kinship
is still very prevalent in Australia. Indeed, it is so preva-
lent that even to-day about three-fifths of the tribes trace
descent through the mother and only two-fifths through the
father. In some of the cases in which the System of paternal
descent is now established; moreover, it is probable that
the mother once determined the kinship of the children.
It was on the basis of these facts that, in his volume on the
natives of south-eastern Australia, Howitt, the most thorough
investigator of the social conditions of the Australians, came
to a conclusion similar to that previously reached by
Bachofen on the basis of his antiquarian investigations.
In Howitt's view, alt family relations were originally based
on the System of matemal descent. This System, though
generally restricted to narrower bounds than in Australia,
is likewise to be found in America, Melanesia, Polynesia, and
in several parts of the Old World, especially among the
peoples of northem Siberia and among the Dravidian tribes
in the southem part of Hindustan. These facts have more
and more led present-day ethnotegists to a view that is in
essential agreement with Bachofen's theory. Again the
question was raised how such a System of matemal descent
was possible. The answer was that it could be possible
only if the mother, but not the father, was known to son
and daughter— again an analogica) conclusion from con-
ditions prevailing in present-day society outside the marriage
tie. Accordingly, the idea was again adopted that, ante«
38 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
ceding xnarriage, there was an original State of promiscuity.
It was believed that there was originally neither marriage nor
family, but merely a condition in which there were sexual
relations of all with all— a picture of the relations between
man and woman suggested by the idea of an original State
of natural rights and of freedom from political restraints,
and forming, as it were, the counterpart of the latter.
But ethnology then discovered other phenomena also that
seemed to feivour this view. Two lines of argumenta par-
ticularly, have here played an important röle, and still retain
a measure of influence. The first argument was again
derived from the ethnology of AustraKa. This region
possesses a remarkable Institution, describabte neither as
monogamy nor as agamfy, but appearing, at first glance,
to be an intermediate form of association. This is the so-
calted group marriage ; several men are imited in common
marri^^^ with several women. Either a number of brothers
marry a number of sisters, or a number of men belonging
to one kinship group marry in common women of another.
Group marriage, therefore, may seem to represent a sort
of trailsitional stage between promiscuity and monogamy.
At first^ so we might picture it to ourselves, the union of
all with all became restricted to more limited groups, and
only later to the union of one man with one woman.
But had not a fiuther argument been added, perhaps
neither female descent alone nor group marriage would
have attracted to this theory so many prominent ethnolo-
gists^. tnduding, besides Howitt, the two able investigators
iA Attttralia, Spencer and GiHen, the leamed exponent of
comparative ethnology, J. G. Frazer, and a number of
Hthers. This further argument was presented with particular
tbdroi%hness by the American ethnologist Lewes Morgan,
in bis. history of primitive man, ''Ancient Humanity''
<!l874t)£ ; It is based upon what Morgan has termed the
MAalaym System of relationship/ We are not, of course,
fawilitfr,>1>riäi this as a System of actual relationship ; it
WSUkflii^yV^ the knguages of certain peoples, as a system
crfi illlTipiijK.ahort, as a nomenckture«-ref erring in part to
PRIMITIVE MAN
39
relations of kinship, but chiefly to age-relations within one
and the same kinship group. The name ' Malayan ' is
not entirdy appropriate as applied to this system. The
nomenclature is found particuku-ly on the Island of Hawaii,
though it also occurs in Micronesian territory. Its essen-
tial characteristic may be very . simply described. It
consists, or consisted, in the fact that a native of Hawaii, for
example, calls by the name of ' father/ not only his actual
fother but also every man of an age such that he could be
his father— that is, every man in the kinship group of the
ncxt older generation. Similarly, he calls by the name
'xnother^' not only his own mother but every woman who
might possibly, as regards age, be his mother. He calls
brother and sister the men and women of his own genera-
tion, son and daughter those of the next younger generation,
and so on up to grandfather and grandmother, grand-
son and grand-daughter. The Hawaiian native does not
concem himself about more distant generations ; great-
grandfather is for him the same as grandfather, and great-
grandchild the same as grandchild. The terms, thus, are
of the simplest sort. The brothers and sisters of a man,
whom we designate in the accompanying diagram by M,
are placed atongside of him in the same generation ; above,
as an older generation, are fathers and mothers ; still
Gr^ndparents
Mothers
Sons
SUtcjro
Crtmichildren «Äugliters
higher, are grandfathers and grandmothers ; below, are
sons and daughters and the grandsons and granddaughters.
The same, of course, holds also for women. Thus, the
System as a whole comprises five generations.
- Now, it was maintained that this system could have
arisen only out of a previous condition of general prr
miscuity. For, unless the actual father were univen
40 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOG Y
unknown, how'could it be possible that a person would
call by the name of father every man within the same
kinship group who might, as regards age, be bis father? If,
however, we propose this argumenta we immediately strike a
weak point in the hypothesis, since all women of the older
generation are called mother just as its men are called
fether. We should certainly expect that the real mother
would be khown, because the child derives its nourishinent
from her during a period which is especially long among
primitive peoples, and because it grows up close to her.
And, furthermore, the hypothesis is hardly reconcilable with
the fact that, for the most part, Malayo-Polynesian languages
differentiate relations by marriage even more sharply than
do. oar own. An Hawaiian man^ for example, calls the
brather of his wife by a different name than does a woman
the bxother of her husband. Thus^ in place of our word
* brother-in-law * they have two expressions. In any event,
the term * brother*in-law * is applied to an individual, and
therefore implies marriage. To meet this point^ we would
be obliged to fall back on the supposition that these terms
rqpceaent later additions to the original nomenclature of
rdationship. But even then the fact would remain that,
in their dizect reference, these terms are merely names for
fiffer^oces in age. It therefore remains an open question
whiidier the terms also designate relationship ; to the extent
of our Observation, this is certainly not the case. The
native of Hawaii, so far as we küow anything about him*,
fckiew. bis &ther and mother : what he lacked was merely
c'qiedfib name for them. KVhenever he did not call his
iatfaer by his given name, he evidently called him by the
Mme name that he applied to the older men of his immediate
gMnp^'L iAnuMg- European peoples also, the terms ' father *
aUft'^ttiBtfiftr^ iare sometimles used in connection Vnth men and
MInftüMMtnd* tÜs relationship. For example, the Russians,
purdcolady^ hMt a custom of addressing as ' littte father *
mi^^tKSli'4aBälk * persons who are not in the least related
ltf^^0Mlfil'"^l!Pk«'^>^^ch miüces it highly probable that in the
lystem of relationship we are dealing not
PRIMITIVE MAN 41
with degrees of relationship but with age-periods, is, in the
last event, a difFerent phenomenon— one that has hitherto
been overlooked in connection with these discussions. In
tbe very regions whose languages employ. this nomenclature,
custom prescribes that the youths and men live in Separation
from the women and children from their earliest years on.
This is the institution of the men*s club with its age-
groups. Its social röle is an important one, crowding
even the family association into the background. Under
such circumstances, the individnal is naturally interested first
of all in his companions of the same age-group» for each
of these usually occupies a separate apartment in the men*s
house. ThuSf the so-called Malayan System of relation-
ship is really not a System of relationship at all, but a
nomenclature of age-groups based on social conditions.
These conditions bring it about that companions of the same
sex are more closely associated than are men and women.
In the men's houses a companion of the same group is a
brother, one of the next older group, a father. Together
with these men the individual goes to war and to the
bunt. Thus, these phenomena cannot be said to belong
to the lowest stage of culture. Nor, obviously, does this
terminology, which has reference to differences of age,
exclude any particular form of marriage. In this case it
is a mistake to associate the names ' father/ ' mother/
•brother/ etc., with the concepts that we attach to these
words.
The hypothesis that the family^ whether of monogamous
or of polygamous Organization, was preceded by a state of
unrestricted sexual intercourse, so-callcd agamy or promis-
cuity, is, however, as was rcmarked above, ba^ed not only aa
the fact of maternal descent and of the Malayo-PoK-nessaa
method of designating ages^ bvtt al» on that of grzfzp-
marriage. In this form of tnsLTrisLge, a number of ryg
marry in common a number of women. This 25 ciäjw
preted as a transitional stage betwecn an unrestricaod
intercourse within the tribe and the limited mairi
of later times. At first glaiW^ indeed^ this a
43 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
probable. In order^ however, to decide whether such a
transxtion oould take place, and how it might occur, we
must first of all consider the relation which group-marriage
sustains^ among the peoples who practise it^ to the other
iQnns of marriage. It then appears at once that it is a
particular form of polygamy. True, it is not identical
with the fönn' of polygamy most familiär to us, in which
one man possesses several wives. But there is also a second
loim^ which^ though less frequent, is of greatest importance
lor an üiterpretation pt group-marriage. One woman m!ay
have several husbands. The two forms of polygamy may
coüvaücDtly be called polygyny and polyandry, and these
tenns should always be distinguished in any attempt at a
preciae account of polygamous marriage. Polygyny is very
prevalent cven in our day, occurring particularly in the
Mohammedan world, but also among the heathen peoples
ol Africay and in other regions as well. It was likewise
practised by tbe andent Israelites, and also by the Greeks,
akfaough ib» Indo-Germanic tribes for the most part adhered
to monogamy irom early times on. Polyandry is much less
oommont.aiid isj indeed, to be found only among relatively
pranitive peoples« It occnrs in Australia and, in the southem
part oi Hindustao, amon|r the Dravidians, a tribe of people
crcmded tiack to tjie extreme end of the contlnent by peoples
ivlio jBdgrated into India ; it is found also far in the north
among the Esquimos of Behring Strait and among the
Tdniktcfaii and Ghilyaks pf Siberia, and, finally, here and
tkna in the South Sea Islands.
14 ooir« we .wish to 4mderstan4 the relation of thesie
Mg| iofma •£ polygamy to each other, we must first of
ftB ft*pppt to picture to ouraelves the motives that underlie
.«^ lAfmviBr the custom has become fixed through
tp -bring^ . t» light the motives that were originally
: Iii Jhe.case of polygamy;, the immediate motive
li.:«vld«t^« the .aemal in^Milse of man» which is more
ton9ief|^.Ji|ti|fi«diby Üfi^ possessipn of several wives than
'hf^Aftfi'^fj^ifUa^ Xbis motive^ however, does not
ia!M|fc$t ItKtl^lifiile other contributing circumstances
PRIMITIVE MAN 43
are present. Two such important factors, in particular,
are property rights and thc power of authority. Polyg^-ny
flourishes particularly wherever the general conceptions of
property and of authority^ and, connected with the latter,
that of the supremacy of man within the family, have
attained undue importance. Under the co-operation of
these motives, the wife becomes the absolute property of
the husband, and may, therefore, wherever polygyny pre-
vails among barbaric peoples, be given away or cxchanged.
Bound up with this, moreover, is the fact that, wherever
there are considerable social differences, dependent on differ-
ences in property and rank, it is principally the wealtby
or the aristocratic man who possesses many wives. In the
realm of Islani, .the conomon man is, as a rule, content
with a Single wife, so that monogamy here prevails in
the lowest Stratum of society.
With polyandry the case is essentially othcrwise. In it,
entirely different motives are operative ; it might, indeed,
be said that they are the exact opposite of those that
bring about polygyny. It is particularly significant that
polyandry is found in regions where there is a scarcity
of women. This scarcity, however, is, in turn, generally
due to an evil custom of barbaric culture^ namely, in-
fanticide. In Polynesia, where polyandry was very preva-
lent, this custom was at one time fairly rampant. Even to-
day infanticide still appears to be practiscd by some of the
Dravidian tribes of Hindustan. Similar conditions prevail
among the Australians. In Polynesia, however, and
probably in other localities as well, it was chiefly the
female cliildren who were the victims of infanticide. The
natural result was a decrease in women and a striking
numerical disproportion between the sexes. Thus, Ellis,
one of the older English investigators of conditions in these
territories, estimated the relation of men to women as about
six to one. Under such circumstances the custom of
polyandry is intelligible without further explanation. It
was not possible for every one to possess a wife of his own,
and so several men united to win one wife in common.
44 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
We mlght ask why it was chiefly girls who feil victinis
to this murder. That children in general should be
sacrificed, under the rough conditions of natura^ is not inex-
plicable. It is due to the struggle for the necessities of Ufe
and to the indolence that shrinks from the labour of raising
children. The desire is to preserve the iives of only a
limited number ; the remainder are killed immediately after
birth.. In Polynesia, the murder was forbidden if the child
had lived but a Single hour. Occasionally, magical motives
are operative, as in the case of the horror which the man of
nature feels towards deviations from the normal and towards
tbe birth of twins. That male children are more often spared
tfaan female, however, can scarcely be explained otherwise
dum on the ground that a particular value is placed on men.
The man is a companion in sport and in the chase, and is
regarded as more valuable for the further reason that he
aids in tribal warfare. This higher value reverts back even
to tbe child. it is evidenoed also in the fact that, in the case
of women^ the arrival of adolescence is not celebrated with
the same solemn ceremonies as are held in the case of young
men. Whereas great celebrations are held when the youth
readses the age of manhood, little notice is taken, as a rule,
of the maiden's entrance into womanhood. By means of
tliese celebrations, tiie youths are received into the society of
men, and, together with companions of their own age, are
initiated into the traditional ceremonies. In these ceremonies
«omen are not allowed to participate.
Thoug^ the causes of polyandry are thus entirely
different from those of polygyny, it does not at all follow
tliat these forms of marriage are mutually exclusive. On
flie Contrary^ they may very well exist side by side, as,
ÜMieed, they actually do in many places. But how, then,i
üi M-tftlled group-marriajfe related to these two forms?
Ilf üi. olmcnisly nothing but a combination of polyandry and
P^lym^" ^^ ^^ whenever a gxpup of men marries a
group of WOtatBi, these two fonns of polygamy are both
ift^olveJf. ''■ Efcry man has several wives, and every wife
has MfWiA iMiMmdt. Only, indeed, on the basis of a
46 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
proved to be a further source of polygyny. In this case
also, tbere was generally one chief wife, wherever polyandry
did not interfere. When the Mohammedan of modern
times calls hb chief wife ^ favourite,* it is merely anothiefr
indication ihat this form of polygyny developed f rom monog-
amy, since, according to the old custom, there was but one
Chief wife. Here, however, the chief wife is no longer neces-
sarily the wife belonging to a man's own tribe, as was the
case among the ancient Israelites ; the favour of the master
determines which wife shall be given the privileged place.
Thua^ from whatever angle we view group-marriage, its
pelygyoy and its polyandry seem to rest on monogamy.
Thb b true also of forms of group-marriage other than
tfaeae mentioned above. »Where the theft of women still
GOntinues to be a practioe more serious than are the some-
what piayful survivals tfaat occur in the marriage ceremonies
of cultural peoples^ die one who wishes to steal a wife
not ihfrequently aecuites confederates for his undertaking.
Custom then commonly gives these companions a certain
rigfat to the stolen woman. This right, of course, is for
the most part temporary^ but it may nevertheless come to
approximate the conditions of group-marriage in case the
first man assists his confederates in the same way in which
tfa^ have aided him. There is still another and a related
motive ihat may lead to the same result. When a woman
enters into marriage with a man of a certain tribe, she at
oncf enters into veiy close relations with the tribe itself.
Where tribal association has gaioed a preponderant import-
ance, custom sometimes jgrants fo all the male members
of the tribe certain tiansient rights with respect to
the woman on the occasion'of her marriage. ^^ This occurs
particularly when the man and woman belong to different
tribes— that is, in the case of exogamy, an Institution charac-
teristic of the totemic age and to be conside^ later. For,
the lively consciousness of kinship differences naturally tends
to strengthen the right of iqiptopriation belonging to the
entire tribe« A similar tfaougfat i$ reflected in the mediaeval
/s5 primm noctis of certain provinces of France and Scot-
48 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
thc contrary, the phenomena, both of group-marriage, valued
as the most important link in the chain of proof, and of
the simpler forms of polygamy, everywhere point to
monogamy as their basis. Furthermore, these arguments
all rest on the assumption that the peoples among whom
these various phenomena occur, particularly the combina-
tion of polygyny and polyandry in group-marriage, occupy
a primitive plane of social Organization. This presupposition
also has proven fallacious, since it has become evident
that this Organization, especially among the Australian tribes,
is an extremely complicated one, and points back to a long
history involving many changes of custom.
Meanwhile, primitive man, in so far as we may speak
of him in the relative sense already indicated, has really
been discovered. But the Australian does not belong to
this class, nor, even less, can many of the peoples of
Oceania be counted within it. It includes only those tribes
which, having probably been isolated for many centuries
and cut off from the culture of the rest of the world, have
remained on the same primitive level. We have become
{amiliar with them in the preceding account of the external
culture of primitive man. We find them to be forest peoples
who have, for the most part, been crowded back into inac-
cessible territory and who have entered but slightly into
intercourse with the outside world, inasmuch as their needs
are limited. They generally call themselves, whether rightly
er wrongly we need not inquire, the original inhabitants
of these regions, and they are regarded as such by their
neighbours. They include, in addition to several tribes of
Hindustan (as yet insufficiently studied), particularly the
Semangs and Senoi of the interior of the Malay Peninsula,
the Veddahs of Ceylon, the Negritos of the Philippines and
Central Africa, and, finally, to some extent, also the Bush-
men. This is certainly a considerable number of peoples,
some of whom live at great distances from the others.
In spite of this, howevcr, even their external culture is
largely the same. Considering the primitive character of
their social institutions and customs, it would seem safe to
PRIMITIVE MAN. 49
say that without doubt they approach the lowest possible
level of human culture. Besides bow and arrow they have
scarcely a weapon, no vessels of clay, and practically only
such implements as are presented directly by nature herseif.
At this stage there is scarcely anything to distinguish man
from the anunal except the early discovered art of kindling
fire, with its influence on the utilization of the food that is
gathered. Briefly summarized, these are the main traits
ol primitive culture that are ktiown to us.
What« now, is the Status of marriage and the family at
this period? The answer to this question will come as a
surprise to those who are imbued with the widespread
hypotheses that presuppose the primitive State to be that
of the horde. And yet, if these hypotheses be regarded
in the proper light, our answer might almost be cxpected.
Among the primitive tribes that we have mentioned^ monog-
amy is everywhere found to be not only the exclusive
mode of marriage^ but that which is always» so to speak,
taken for granted ; and this monogamy, indeed, takes the
form of Single marriage. It is but rarely that related
families live together more or less permanently« forming
the beginning of the Joint family. The Bushmen alone off er
something of an ezception to this rule. Among them,
polygyny» together with other practices^ has been intro*
duced. This is probably due to the influence of neighbour-
ing African peoples, such as the Hottentots and the Bantus.
Elsewhere conditions are different. This is true especially
of the Semangs and Senoi^ whose Isolation has remained
more complete, and of the Veddahs of nature, as the
Sarasin cousins call them in distinction from the Surround-
ing Veddahs of cultiure. Among these peoples, monog-
amy— indeed, lifelong monogamy— has remained the pre-
vailing form of marriage. Connected with it is found the
original division of labour, which is based on sex. Man pro-
vides the animal food by himting ; woman gathers the vege-
table food — fruits, tubers, and seeds— and, by the employment
of firc, if necessary, renders both it and the game edible.
Thi8 basb of division of labour, which appears natural
5
50 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
in harmony with the endowment of the sexes, contrasts with
the conditions of later culture in that it indicates an approxi-
mate equality of the sexes. Furthermore, Rudolf Martin
and the two Sarasins, investigators of the primitive Asiatic
tribes of Malacca and Ceylon, commend the marriage of
these peoples as being a union of husband and wife strictly
guarded by custom. In forming a moral estimate of these
conditions, it should not be overlooked that the exclusive
possession of the wife is probably due to jealousy as much
as it is to mutual faithfulness. Among the Veddahs, the
intruder who threatens this possession is Struck to earth by
a well-aimed arrow shot from behind ambush, and custom
approves this act of vengeance as a justifiable measure on
the part of the injured man. Therefore, even though a
French traveller and investigator may, to a certain extent,
have confused cause and effect when he stated that the
monogamy of these tribes had its origin in jealousy, the
exercise of the right of revenge may, nevertheless, have
helped to strengthen the custom. But, of course, in view
of the primitive State of culture that here prevails, this
custom of revenge is itself merely] an indication of the
undisputed supremacy of monogamy. Even as the indi-
vidual, and not the clan, exercises this vengeance, so also
does marriage continue to be restricted to single marriage.
Of the formation of Joint families, which arise out of the
Union of immediate blood relations, we find at most, as has
been remarked, only the beginning;s.
'4. Primitive Society*
The more extensive social g^oups generally result
from the fact that during the rainy season families with-
draw into caves among the hüls. The larger caves are
frequently occupied in common by a number of families, par-
tkularly by such as are most closely related. Yet the groups
of co-dwellers are not so much determined by considera-
tions of kinship as by the size of the places of refugie ; ä
Single family occasionally occupies a small cave by itself.
PRIMITIVE MAN 51
Nevertheless, this Community life plainly fumishes the
incentive to a gradual formation of wider social groups.
This, no doubt, accounts for the fact that during the favour-
able season of the year several families of the Veddahs
Claim for themsehres a specific plot of ground, whose supply
of game, as well as of the products of the soil^ which the
women gather, belongs exclusively to them. Thus^ there is
a division of the people into districts, and these are deter-
mined geographically rather than ethnologically. Every
one is entitled to obtain his food, whether game or products
of the soil, from a specified territory. Custom strictly
guards this communal property, just as it protects the
Single marriage. The Veddah, for example, who encroaches
upon the territory belonging to a group other ihan his
own, is in no less danger of falling a victim to an arrow
shot from an ambush than is the one who trespasses on
marriage ties.
These various institutions form the beginnings of social
Organization, but as yet they do not represent developed
clan groups or estabKshed Joint families of the patriarchal
type- On the contrary, as they arise through the free
association of individuals, so also may they be freely dis-
solved. Each man has exclusive possession of his wife.
Without interference on the part of his clan, moreover, he
exercises absolute control over his children, who remain
with the individual family just as in the case of a developed
monogamy. There is no trace of sex-groups, such as are
later to be found in the case of the men's houses and the
age*groups. Only temporarily, on the occasion of common
undertakings, such as the hunting of large animals, which
requires a considerable measure of strength, or when new
hunting-grounds are being sought, is a leader appointed
from among the older men. His leadership, however, ceases
with the completion of the undertaking. There are no
permanent Chiefs, any more than there are clans or triba!
organizations.
Thus, in summary, we might say : Whenever the
social Organization of primitive man has remained t
5» ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
tfuenced by peoples of a higher culture, it consists in a
firmly estabKshed monogamy of the form of siegte
iMrrlage--^ mode of existence that was probably carried
over from a prehuman stage resembling that of the present*
daiy anthropoids. There are also scanty beginnings of
Axnal groups. If we consider these tribes as a whole,
they still continue to lead the life of a hör de, meaning
by tfais an unorganized, in contrast to an organized, tribe of
people. Indeed, it was through a curious change of mean-
ing that this Word acquired its present significance. It
is supposed to have originated in a Mongolian idiom,
Whence it found its way first into the Riissian and later
into other European Jangüages. The Tartars called a
divtsioDi of warriors a horda. First used in this sense,
Ite Word apparently did not receive its present meaning
in Geimany until the beginning of the eighteenth Century.
Having in mind the "Golden Horde" of the Tartars, a
iiorde was understood to mean a particularly dreaded
division bf warriors. The furious force of these Asiatic
kordesy and the terror which they spread^ later caused the
l9oncept to be extended to all unorganized^ wild, and im-
rettrained masses of men. Taking the word in this wider
significance, we may now say that the horde, as a fairly
farge social group in which only very meagre suggestions of
an' o^rganised tribal System occur, is characteristic of primi-
tive times, no less than are the isolated Single famity and the
beginnings of the Joint family. Thus defined, however, the
horde does not differ essentially from the animal herd, in
the meaning which the latter concept would possess when
acpjpdied lo hiunan^kind. And it is not impossible that in the
etftenskm of the meaning of the term ' horde/ this association
oilihe'foreign word with the original Germania word ' herd *
pkyed a |MUt. A hord^ we might say, is a human herd, but
it b predsely a human herd. Between the members of
ft: horde^ therefore, diere edsts a relation that is lacking
in the animal herd, in flodä of migratory birds, for example,
oc in faetdB öl sheep and cattle. This relation is established
antt iiifciwd tfamaeh m ^Community of language, Herder,
54 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
wppose that, in the period of Old High German, much less
'in that of the original Gennan, our anoestors employed the
same forms of thought with which we of to-day are familiär.
To a lesser degree, similar changes have undoubtedly trän-
8|inred witfain mach shorter spaoes of time. «>
Tbtse considerations make the question conceming the
langnage of primitive man of the utmost psychological im-
portance. Linguistic investigations, however^ so far as
tfaey, in their early attempts» had been able to survey
the field, had brought to light a fact which discouraged
an efforts to discover an original language. Indeed, it was
inevitable that at first glance this discovered fact should have
mfpeated ezceedingly stränge, particularly when viewed in
oomecttcm with the life of primitive man. It appeared
diat, for fhe ikiost part, the original languages of primi-
tive ttibes no kmger exist. It is true that in the vocabularies
of the Semangs and Senoi of Malacca, of the Veddahs of
(üeylon, of the Negritos of the Philippines, and in other
vocabularies that have been collected; Single words may
be found which do not occiir in the languages of the neigh-
boming tribes ; and it is noteworthy that the bow and
arrow are the objects most frequently designated by such
words, a proof of the &ct that these are really relatively
primitive inventions. On the whole, however, the Veddahs
nptak the language of the Singhalese and Tamils ; thfe
Semangs and Senoi, as well as the Negritos of the
Philippines, that of their neighbours, the Malays ; similarly,
among the Af rican tribes, the Pygmies of Central Af rica have
^iparently appropriated the language of the Monbuttus and
other negro races, and the Bushmen that of the Hottentots.
How may this remarkable fact be ezplained? ^ That
these tribes formerly possessed languages of their own can
acarcely be doubted. For, as respects physical charac-
teristiat ^^ ^^n absolutely distinct races. Considering
their characteristics as a whole, moreover, it is utterly im-
piMsible that they could have lacked language before coming
into öontact with the peoirfes who entered the country at
a kter period. How, then» did these people come
PRIMITIVE MAN 55
apparently to lose their original language? To this we may
briefly reply that there here transpired what always occurs
when the well-khown principle of the struggle for existence
is applied to the field of mental phenomena. The stronger
race crowded out the most important mental creation of the
weaker, its language. The language of the weaker race^ which
was probabily very meagre, succumbed to a language that
was more highly developed. At first glance^ this explana-
tion would appear to contradict what we know conceming
the life of these primitive tribes. With what anxiety they
isolate themselves from their neighbours I A striking proof
of this is offered by the practice of secret barter, in which
primitive man sets out from the forest, if possible by night,
and deposits his captured game at a place which custom
has set apart for this purpose, retuming the next night to
take whatever the more civilized neighbouring tribes have
left in exchange — iron implements and weapons, miaterial
for clothing, and especially articles of adomment. The
participants in this barter do not see each otber, much less
speak with each other. But where such seclusion exists,
how is it possible for a stränge language to penetrate?
This Problem appears almost insoluble. Nevertheless, a
Solution that appears at least probable was suggested by
the investigations of Kern, an able Dutch scholar. His
studies were based mainly on the development of the various
Malayan idioms. A remarkable exception to the rule that
primitive tribes have adopted the language of their more
civilized neighbours came to light in the case of the Negritos
of the Philippines. Their neighbours, as well as those
of the tribes of the interior of Malacca, l^elong to that
much-migrating race, the Malayans. If we compare
the Negrito word-formations that have been coUected
during the past forty years with the vocabulary of the
neighbouring Malayans, it is evident that all the words
are entirely different, or at least seem to be so with few
exceptions. When, however. Kern traced the probable
developnMnt of these words, and compared them, not with
the present-day usage of the Malays but with older stagtes
56 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
of iheir language, he foubd that the latter invariably con-
fained the Counterparts of the Negrito words. Thus, while
tfaese Negritos have remained untouched by the present-day
Malays, who probably entered the country at least several
Centuries ago, they have evidently derived their language
from a Malayan influx that occurred much earlier still.
To thts may be added the demonstrable fact, gleaned from
aftöther source, that from very early times the Malayan
tribes undertook migratiotis at widely separated intervals.
IVaversmg the seas in their unsteady boats, they at
Tmrious times peopled such' islands^ in particular, as
wäre not too remote from the mainland. Now the testimony
of language, to which we have referred, demonstrates thtt
flicare trefre at least two sudh migrations to the Philippines,
imd that they occurred at widely dUTerent times. The
original Malayan dialect, which has now become extinct
or ünklDOwn to the modern Malays, was assimilated by the
Negrito pebples, who probably occupied this territory before
tlle arrival of any of the Malays. But this leads to a
füitfaer inference. If the language was appropriated in
prehistoric times and if the conditions of the present are
Mch as would make this scarcely possible, we must con-
chide that the interrelatk>n8 of the immig^rants and the
original inhabitants were foimerly not the same as those
diat now prevail. And, as a matter of fact, this seems
altogether probable, if we call to mind the descriptions
which tnodem travellers give of their experiences among
these primitive peoples. The traits of chäracter that par-
dcolarly disting^sh them are fear and hatred of their
more civilized neighbours ; corresponding to this, is the con-
fempt feit by the latter, because of their higher culture,
for the more primitive peoples. The only thing that
restrains the Immigrant people frc»m waging a war of
tetennüi&tion agamst the original inhabitants is the fear
öf'the poisoned arrow which the Negrito directs against his
teemjr trom behmd an ambush. In view of these facts it
il not difficült to understand the abnost universal Isolation
öf primitive maai at the pnssent tinse. Oh the other band.
PRIMITIVE MAN 57
travellers who have been admitted into the lives of the
primitive tribes of Malacca and Ceylon and have sought to
gain their friendship, imaninx)usly assure us that, whenever
a person has once succeeded in coming close to these people
and in overcoming their distrust, he flnds their outstanding
characteristics to be good nature and readiness to render
assistance. We may, therefore, be justified in assuming
that the seclusion of primitive man was not an original
condition^ but that it grew up, here and elsewhere, as a
result of the war of extermination to which he was exposed
on the part of the races attempting to crowd him out of
a large part of his territory. Before this State of affairs
arose, barter also could scarcely havei possessed that
character of secrecy which only fear and hatred could give
it. In all probability the intercourse which necessarily
took place in early times between the older inhabitants
and the newer peoples, led to a comj)etition of languages
in which the poorer and less developed language of primi-
tive man inevitably succumbed. Nevertheless, the primitive
language may also have quietly exercised a reciprocal influ-
ence upon the more advanced language. An Observation
that we cannot escape, even on far higher stages of linguistic
development, is the fact that, in such a struggle between
a superior minority and a less civilized majority, the former
determines the main stock of words, and even, under favour-
able conditions, the grammatical form, whereas the latter
exercises a decisive influence on pronunciation. That a
similar process occurred in connection with the displacement
of primitive languages, the language of the Bushmen offers
proof . This is essentially a Hottentot dialect, even though it
is characterized by certain traits of primitive thought. The
Hottentots, '^jvever, have derived their well-known clacking
sounds from^\e Bushmen, who also gave these sounds to
the language<i >f the Bantu peoples.
But are fliff deprived of all knowledge concerning the
most primitive granunatical forms and concerning the re-
lated question of the origin of language, by virtue of the
fact that the languages of primitive peoples have, with
'58 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
the exception of meagre remnants, apparently been lost?
There is a consideration touching the question of primitive
forms of thought and language that enables us, in s|pite
of the difficulty suggested, to answer this question in the
negative. The development of language does not at all
keep pace with that of the other forms of culture. Primi-
tive forms of thought especially, and the corresponding
expression which they receive in language, may long persist
after external culture is relatively advanced. And thus,
among tribes that are in general far beyond the primitive
stage, linguistic forms may still be found which are exact
counterparts of phenomena that, from a psychological point
of view, must be regarded as primitive. As regards this
point^ it is especially, the African languages of the Soudan
that offer a typical field for linguistic study. If we analyse
the Syntax of such a language and the forms of thought
which the sentence structure allows us to infer, we gain the
Impression that it is hardly possible to imagine a form of
human thought whose essential characteristics could be more
primitive. This is clearly apparent from a consideration
of the Ewe language of the peoples of Togo, a German
colonial possession. This is a Soudan language, on whose
grammar D. iWestermann, a German missionary, has given
US a valuable treatise. While the Ewe language does not
contain all the essential features apparently characteristic
of relatively primitive thought, it does exemplify some of
them. iWe are led to this conclusion particularly when we
oompare it, together with other Soudan languages, with a
form of language which, though it arises under highly
advanced cultural conditions, may nevertheless be regarded
as primitive, since it is actually formed anew before our
very eyes. I refer to gesture-language. In this case, it
is not Sounds, but expressive movements, imitative and
pantomimic, that form the means by which .5 an communi-
cates his thoughts to man. Though we may •tjß^^^ gesture-
language as an original form of language, in so far as we
can pbserve it at the moment of its creation, we must
not, of course, forget that the genesis of the forms of
culture whcse :aiidin:;:ii if-rr r-:-- r::n ::• -f :•: ; • * "r
thought.
that is leost sucecr t: "jinnc*^ i i-rir-f^* -'^nr •"•i'.i"> o:
commTiricanca enip c'-«!ii :- -^- •=*? -vi*: i.-f :tf-::: :-: '^.m:
ing. and rier»f:r? :f =7:ti-t:n u v«.l. zj.z'j^.'- :>.f -/.: *:•? :
damb. A similar ire:!.":^ :f iT^rnnir :i:. :•". T'^-v.i^h ^11:1*.^
and gesnr^s ziaj i.dc :e ir-r^ir i«i !.■::•:■: c :v«^;-*.:*s x»r U^w
culture. Z5i:e:iall7 -vzxtn -ii*^- ::-5 5: ?: ::':vn wuh
markediv d:5*r»nt iiü-^rs. 5c 5m:>. tixt':* :!:.ikc' v.nv* ot
gesmres in ccnimumca^inr -v-h :--f .i--.?:>:*r !n\fNn.»:.i
tions of the spctitan-?!:!!?':- ir.^— . r rf--v.-?-!.i"iy.!,ii;o ot »Um!
mutes date larg-elv trcni th-f -r?: r.i': ot :ho ninoimith
Century. More r-^cen: :r-ii::5 ji.* e ?o;*n iwakIc oi tlir
gestures of the Nonh An:ir.::i" Ir.ii.i:: rnlvs. aiul mihiI.ii.
though less compIe:e, cbser.utior.s havo l>tvu irimiinl
conceming the Australiens. In thoso r.isi-., Ihiuivm.
gcstures sometimes 5er\'e also as a sort o( mm iri litn)Mi.i|'i
This is even more trae of cortain sij'n«. ili.ii nxni
among some of the peoples of souiliciii I'jiimjm. .1.. hn
example, among the Neaiwlitans. In ium-j<Iimii;' h..
question before us, such cascs niiiit, ol «um « . L* •
cludedy since the motive of roniuirjnii .iim;', i«l* < 1.../
herc bc entirely displaced by tli.it ol I»'|//m;^ il.. o, «»'
instead of a language that aiiv-. •:|/'/fji.ii."/w .'/ n» ; ..
a means which is, on tlic wliol* , "/f. '.'/*/*
for purposes of mutual und'-r:»;i/j'1./ipj .'I ''' • ". -
casesy which belong to an fu*.i*l/ ' "' - ' '
and examine the data gath'-.r'/i f.". ". /* - - / - -
of the earth and from very dj/^-rv ".•' '^
find a remarkable agrecmenl. In "/•*
there are diflferenccs. 1'hc id^;i'. ol • •
in all respects likc thosc of tho mviI./*'- *
of the Australian. Nevertholes*., tl*'- /'
specific concreto objccts are frcqn':i»''/ ''•
of the signs einploycd by the gcsfur* .v« / ".
mutes of Europe may be found sanof^z •
6o ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
Coald we transfer one of these deaf and dumb persons to
tfais group of Indians, he would probably have no difficulty at
all in commimicating with them. In more recent times the
opportunity of investigating spontaneoiis gesture-Ianguage
has not been so great^ because deaf-mutes häve become
more and more educated to the use of verbal languagje.
The prindpal material for the study of the natural gesture-
language of deaf-mutes is, therefore, still to be foimd in the
older observations of Schmalz (1838, 2nd ed. 1848), a
German teacher of people thus afflicted, and in the somewhat
later reports of an Englishman by the name of Scott (1870).
iWhat^ noW) do these observations teach us conceming
tlie origin of gesture-language^ and therefore probably also
oonceming the factors imderlying the origin of language
in general? According to the populär notion, a so-calied
Impulse for communication or, perhaps, certain intellectual
prooesses^ voluntary reflections^ and actions^ account for
the fact that the contents of one's own consciousness come
to be communicated to other individuals. If, however, we
observe gesture-language in its origin, we obtain an entirely
different view. This mode of communication is not the result
pf intellectaal reflections or conscious purposes^ but of emotion
and the involuntary expressive movements that accompany
emotion. Indeed^ it is simply a natural development of
.those expressive movements of humian beings that also occur
wbitre the Intention of communicating is obviously absent.
Ab 18 well known, it is not only emotions that are reflected
in one's movements, particularly in mimetic movements of
llie face, but also ideas. tWhenever ideas strongly tinged with
' feeling enter into the course of emotions, the direct mimetic
ezpressions of the face are supplemented by movements
o£ the armift and hands. The angry man gesticulates with'
movements which clearly indicate the impulse to attack
that is infaerent in anger. Or, when we have an ideational
process of an emotional nature, and ideas arise referring to
dbJ0Cts that are present to us, we point to the objects, even
dtoaigfa there be no intention of communicating the ideas.
Directions in space, likevme, as well as past time lEuid futurity,
68 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
by the speaker's pointing to himself or to the other person.
Xhis suggests a similar movement tx> designate a ' third
person' who is not present. The sign in this case is a
backward movement of the finger. Whenever the objects
of conversation are present in the field of vision, the dumb
person, as a rule, dispenses with every other form of repre-
sentation but that of merely pointing to them.
Since the objects under discussion are, on tlie whole,
only rarely present, there is a second and important
class of gestures, which, for the sak^ of brevity, we may
call graphic. The deaf-mute, as also the Indian and the
Australian, represents an absent object by pictures outlined
in the air« What he thus sketches in pnly very general
OtttlinM is intelligible to one practised m gesture-language.
Moreover, there is a marked tendency for such gestures to
beoome pennanent within a particular social group. For
die word ' house,' the outlines of roof and walls are drawn ;
the idea of waUdng is coomxunicated by imitating the move-
ments of Walking with the index and middle fingers of the
light hand upon the left arm, which is held out horizon-
tally ; the idea of striking is represented by causing the
hand to go through the movements of striking. Not in-
f requently, however^ several signs must be combined to make
a gesture intelligible. In the German and English deaf
and dumb language, the word ' garden,' for example, is
expressed by first describing a circle with the index finger
to indicate a place, and by then lifting the thimib and
the index finger to the nose as the gesture for smelling.
' Garden/ thus, is, as it were, a place where there are flowers
to smell. The idea ' teacher ' cannot, of course, be directly
represented or pictured ; it is too complicated for a language
of representation. The deaf and dumb person, therefore,
is likely to proceed by first making the gesture for man.
For this purpose, he Singles out an incidental characteristic,
his gesture being that of lifting his hat. Since women
^ öot remove their hats in greeting, this gesture is highly
tjgiiQÜ* The distinctive sign for woman consists in laying
t^ haa4> upon the breast. Now^ in order to communicate
PRIMITIVE MAN 63
the idea of 'tnale teadher,' the hat is first lifted as the
above gesture for man, and then the index finger is raised.
This is done either because pupils in school raise the index
finger to indicate their knowledge of a certain thing or,
perhaps, because the teacher occasionally raises his finger
when he wishes to command attention or to threaten
punishment.
Pointing and graphic gestures thus represent the two
means whidi gesture-language employs. (Weithin the second
of tfaese classes of gestures, however, we may distinguisK
a small sub-group that may be calied significant ; in this
case, the object is not represented by means of a direct
picture» but by incidental characteristics--man, for example,
is expressed by lifting the hat. The signs are all directly
perceptible. The most important characteristic of gesture-
language, as well as the most distinctive feature of an original
language, is the fact that there is no trace of abstract con-
cepts, there b^ing merely perceptual representations. And
]ret some of tbese representations— and this is a proof of how
insistently human thought, even in its beginnings, presses
on to the formation of concepts— have acquired a symbolical
meaning by virtue of which they become sensuous means,
in a certain sense, of expressing concepts which in them-
selves are not of a perceptual nature. iWe may here mention
only one such gesture, noteworthy because it occurs inde-
pendently in the language of the European deaf and dumb
and in that of the Dakbta Indians. ' Truth ' is represented
by moving the index finger directly forward from the lips,
while • fie " is indicated by a movement towards the right
or left. The former is thus held to be a straight speech and
the latter a crooked speech, transcriptions which also occur,
as poetical expressions, in spoken language. On the whole,
however, such symbolical sig^s are rare if the natural
gesture-language has not been artificially reconstructed ;
moreover, they always remain perceptual in character.
' Corresponding to this feature is also another charac-
teristic which all natural gesture-langiiages will be found
to possess. In vain we search them for the grammatical
64 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
categories either of our own or of other spok^n languages—
Qone may be foirnd. No distinction is made between noun,
«djectivtj or verb ; none between nominative, dative, accusa-
tive, etc. Every representation retains its representative
cfaaracter^ and that to which it refers may exemplify any
of the grammatical categories läiown to us. For example,
the gesture for Walking may denote either the act of Walk-
ing pr the oourse ox path ; that for striking^ either the
irerb * to strike *. or the noun ' blow/ Thus, in this respect
alsOj gesture-language is restricted to perceptual signs ex-
pressing ideas capable of perceptual representation. The
9ame is tru^ finally, of the sequence in which the ideas
of the q>€aker are arranged, or^ briefly^ of the syntax of
gQsture-language. In varipus ways, depending on fixed
QM^g^ of language, our syntax« as is well khown, pemüts
99 to sq>ai:ate words that« as regards meaning« belong
t^^gether« or« conversely« to bring together words that have
po immediate relation. Gesture-language obeys but onä
law. Every single sign must be intelligible either in itself
or through the one preceding it. It foUows from this
that if, for example^ an object and one of its qualities are
both to be designated, the quality must not be expressed
first, sinoe« apart from the objedt« it would be unmeaning ;
its designation, therefore« regularly occurs after that of
the object to which it belongs. Whereas« for example«
110 ny 'a good man«' gesture-language says 'man good/
Similarly« in the case of verb and object« the object generally
precedes. When« however, the action expressed by the
verb is tfaought of as more closely related to the subject« the
poQverse order may occur and thie verb may directly foUow
Um subject. How« then« does gesture-language reproduce
the sentenoe *The angry teacher Struck the child'? The
«g[ns for teacher and for striking. have already been de-
acribed ; ' angry ' is expressed mimetically by wrinkling
the forehead ; ' child ' by rocking the lef t f orearm sup-
portad by the right. Thus« the above sentence is translated
JQto gesture-language in tbe following manner : First« there
nre tl^ two signs for teacher, lifting the hat and raising
PRIMITIVE WA« 65
thc finger ; then follows the mimetic gesture for anger,
succeteded by a rocking of the ann to signify child, and,
finally, by the motion of striking. If we indicate the sub-
ject of the sentcnce by S, the attribute by A, the object by
O, and the verb by V, the sequence in our language is
ASVO ; in gesture-langiiage it is SAOV, * teacher angry
chäd strikes/ or, in exceptional cases, SAYO. Gesture-
lani^age thus reverses the order of sequence in the two:
pairs of words. A construction such as * es schlug das Kind
der Lehrer* (VOS), always possible in spoken language
and occurring not infrequently (for example, in Latin),
woüld be absolutely impossible in gesture-language.
If, then, gesture-language affords us certain psycho-
logical conclusions regarding the nature of a primitive
language, it is of particular interest, from this point of
view, to compare its characteristics with the corresponding
traits of the most primitive spoken languages. As already
stated, the so-called Soudan languages typify those that
bear all the marks of relatively primitive thought. These
languages of Central Africa obviously represent a much
more primitive stage of development than do those of the
Bantu peoples of the south or even those of the Hamitic
peoples of the north. The language of the Hottentots is
related to that of these Hamitic peoples. It is, in fact,
because of this rela,tionship, and also because of charac-
teristics divergent from the negro type, that the Hottentots
arc regarded as a race that inmiigtated from the north and
underwent changes by mixture with native peoples. If, now,^
we compare one of the Soudan languages, the Ewe, for
example, with gesture-language, one difference will at once
be apparent. The words of this relatively primitive spoken
language do not possess the qualities of perceptibility and
immediate intelligibility that characterize each particular
gesture-sign. This is readily explicable as a result of pro-
cesses of phonetic change, which are never absent, as well as
of the assimilation of foreign Clements and of the replace-
roent of wotds by conceptual symbols that are accidental
and independent of the souad. These changes occur in the
66 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
history of every language. Every spoken language is the
outoome of recondite processes whose begiimings are no
longer traceabte. And yet the Soudan languages, particu-
larly« have preserved chäracteristics that show much more
intimate connections between sound and meaning than our
cultural languages possess. The very fact is notewortfay
that certain gradations or even antitheses of thought are
r^fularly expressed by gradations or antitheses of sound
whose feeling tone phiinly corresponds to the relation of
the ideas. While our words * laige * and * small/ ' here *
and • there/ show no correspondence between the character
of the sound and the meamng» the case is entirely different
with the equivalent expressions in the Ewe language. In
tfais language large and smal) objects are designated by the
same word. In the one case, however, the word is uttered in
a deep tone^ while in the other a high tone is used. Or, in
the case of indicative signs, the deep tone signifies greater
remoteness, the high tone, prOxinüty. Indeed, in some
Sadan languages three degrees of remoteness or of size
are thus distingiiished. 'Yonder in the distance ' is ex-
pressed by a very deep tone ; * yonder in the middle dis-
tance/ by a medium tone ; and * here/ by the highest tone.
Occasionally, difFerences of quality are similarly distin-
guished by dtfferences of tone, as, for example, ' sweet * by
a high tone, * bitter * by a de^ tone, * to be acted upon '
"(that is, our passive) by a deep tone, and activity (or
our active) by a high tone. This acoounts for a phenomenon
prevalent in other languages remote from those of the
Soudan. In Semitic and Hamide languages, the letter ' U,'
particularly, has the force öf a passive when occurring either
as a suflSx to the root <rf a woid or in the middle
of the word* itsdf. For «xample, in the Hebrew forms
of the so-called * Pual * and • Pic^* as well as • Hophal • and
• Hiphil,* the first of each pair is passive, and the second,
active in meanmg- It was frequantly supposed that this
was acddental, or was duc to linguistic causes of phonetio
change other than the abovc. But when we meet the same
variations of sound and meaning in other radically different
PRIMITIVE MAN 67
languages, we must stop to ask ourselves whether this is
not the result of a psychological relationship which, though
generally lost in the later development of language, here
still survives in occasional traces. In fact, when we recall
the way in which we relate stories to children, we at once
notice that precisely the same phenomenon recurs in child-
langnage— *a language, of course, first created, as a rule,
by adults. This connection of sound and meaning is clearly
due to the unconscious desire that the sound shall impart
to the child not merely the meaning of the idea, but also
its feeling-tone. In describing giants and monsters, she
who relates fairy-tales to the child deepens her tone ; when
fairies, clves, and dwarfs appear in the narrative, she raises
her voice. If sorrow and pain enter, the tone is deepened ;
with joyous emotions, high tones are employed. In view of
these facts, we might say that this direct correlation of ex-
pression and meaning, observed in that most primitive of all
languages, gesture-language, has disappeared even from the
relatively primitive spoken languages ; nevertheless^ the
latter have retained traces of it in greater abundance than
have the cultural languages. In the cultural languages they
recur, if at all, only in the onomatopoetic word-formations
of later origin. We may recall such words as sausen
Xsoughing), brummen (growling), knistern (crackling), etc.
The question still remains how the other characteristics
of gesture-language, particularly the absence of grammatical
cat^;ories and a syntax which foUows the principle of imme-
diate and perceptual intelligibility, compare with the corre-
sponding characteristics of the relatively primitive spoken
languages. These characteristics, indeed, äre of incom-
parably greater importance than the relations of sound
and meaning. The latter are more strongly exposed to
extemal, transforming influences. Word-formations, how-
ever, and the position of the words within the sentence,
mirror the forms of thought itself ; whenever the thought
undergoes vital changes, the latter inevitably find ex-
pression in the grammatical categories of the language,
and in the laws of syntax which it foUows.
68 ELEMENTS OF, EOLK PSYCHOLOGE
6. The Thinking of Primitive Man^
Fronti the point of view just developed, the investiga-
tion of the grammatical fortns of primitive language is
öf particular importance for the psychölogy of primitive
man. True^ as has already been remarked^ the languages
of the most primitive tribes have not been preserved to
US in their original form. And yet it is in this very realm
of grammatical fortns, far more even than in that of sound
pictures and onomatopoetic words, that the Soudan languages
possess characteristics which mark them as th^ expression
of processes of thought thiat have remained on a relatively
primitive level. Ulis is indicated primarily by. the fact
that these languages htck what we would call gram!matical
catflgories. As regards this point, iWestermann's grammar
of the Ewe language is in entire agreement with the much
earlier results which Steinthäl reached in his investigation
of the Manda language, whicb is also of the Soudan region.
These languages consist of monosyllabic words whicb follow
one anotfaer in direct succession without any intermediate
inflecfional etemients to modify their n^eaning. Philologists
usually call such languages * root-languages/ because a
Bound complex that carries the essential meaning of a word,
apart from all modifying elentents, is called by their science
a verbal root. In the Latin word fero, fer, meaning ' to
bear/ is tbe root from which all modifications of the verb
ferre (to carry) are foiined by means of suffixal Clements.
It, tfaerefore, a language consists of sound complexes having
tlie nature of roots, it is called a root-language. As a
matter of fact, however, the languages under discussion
oonsist purely of detached, monosyllabic words ; the con-
c^ption * root/ which itself represents the product of a
grammatical analysis of our flectional languages, may only
improperly be applied tö them. Such a language is composed
of detadied monosyllabic words/ eacfa of which h!as a mean-
ing; yet none of which falls under any particular grammatical
categorjr; One and the same monosyllabic word may denote
an object, an act, or a quality, just as in gesture-Ianguage
PRIMITIVE MAN 69
the gesture of striking may denote the verb ' to strike *
and also the neun ' blow.' From this it is evident to whät
extent the expressions ' root * and ' root*language ' carry
over into this primitive language a grammatical abstraction
which is entirely inappropriate in case they suggest the image
of a root. This image originated among grammarians at a'
time when the view was current that, just as the stem and
branches of a plant grow out of its root^ so also in the
development of a language does a word always arise out
of a group of either simple or composite sounds that etnbody
the main idea. But the oomponent parts of a language are
certainly not roots in this sense ; every simple monosyllabic
word Combines with others^ and from this combination there
result^ in part, modifications in meaning^ and, in part,
sentences. Language, thus, does not develop by sprout*
ing and growing, but by agglomeration and agglutination.
Now, the Soudan languages are characterized by the fact
that they possess very. few such fixed combinations in
which the individual oomponent parts have lost their
independence. In this respect^ accordingly, they resemble
gesture-language. The latter also is unf amiliar with
granunatical categories in so fair as these apply to the
words tbemselves ; the very same signs denote objects,
actions, and qualities— indeed, generally even that for
which in our language we: employ particles. This agree*
ment with gesture-language is brought home to us most
strikingly if we consider the words which the primitive
spoken languages employ for newly formed ideas— such,
for instance, as refer to previously unknown objects of
culture. Here it appears that the Speaker always forms
the new conception by combining into a series those
ideas with which' he is more familiär. iWhen schools were
introduced into Togo, for example, and a word for ' slate-
pencil • became tiecessary, the Togo negroes called it * stone
Scratch something '—that is, a stone with which we scratcH
something. Similarly * kitchen,' an arrangement unknown
to these tribes, was ref erred to as ' place cook something \ ;
*nail/ aa *iron head broad.' Thei Single word alwayf
70 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
Stands for a sensibly peroeptiial objecto and the new con-
oeption b fonned, not, as epistemologists commonly sup-
pose, by means of a comparison of various objects^ but by
arranging in sequence those perceptual ideas whose com-
bined characteristics constitute the conception. The same
is true with r^ard to the expressions for such thought
relations as are variously indicated in our language by
the inflections of Substantive^ adjective, and verb. The
Soudan languages make no imambiguous distinction between
Doun and verb. Much less are the cases o'f the Substantive^
or the moods and tenses of the verb;^ distinguished ; to
express these distinctions, separate words are always
used. Thus, 'the house of the king* is rendered as
'hoose bdong king.* The conception of case is here
fepresented by an independent perception that crowds in
between the two ideas which it couples together. The other
cases are« as a rule, not expressed at all« but are implied in
Ute connection. Similarly« verbs possess no future tense to
denote future time. Here also a separate word is introduced«
one that may be rendered by. * come.' ' I go come ' means
• I shall go • ; or, to mention the preterit, * I go earlier *
means * I went.* Fast time, however, may also be expressed
by the ümnediate repetition of tbe wonl, a sensfbly per-
ceptual sign, as it were, that the action is completed. When
the Togo negro says * I eat,' this means ' I am on the
point of eating * ; wh^ he says * I eat eat,' it means ' I
have eaten.*
But ideas of such acts and conditions as are in themselves
of a perceptual nature are abo occasionally expressed by
oombiniag several etements which are obtained by discrimi-
nating the separate parts of a perceptual image. The
idea -to bring,* for example, is expressed by the Togo
n^^ as * take, go, give/ In bringing something to some
me, one must first take it, then go to him and give it to
Um« It therefore happens that the word ' go/ in par-
ficalar, Is frequently added even where we find no necer-
fity for especially emphasizing the act of going. Thus,
dw Tagt ciegro. would verv orobably express the sentence,
PRIMITIVE MAN, 71
• The angry teacher strikes the child,' in tte foUowing way :
• Man-school-angry*go-strike-chiId/ This is the succession
that directly presents itself to one who thinks in pictures,
and it therefore finds expression in language. Whenever
conceptions require a considerable number of images in
Order to be made picturable^ combinations that äre equivalent
to entire sentences may result in a similar manner. Thus,
the Togo negro expresses the concept * west ' by the words
• 8un-sit -place '—that is, the place where the stin sits down.
He thinks of the sun as a personal being who, after
completing his joumey, here takes a seat.
These ilhistrations may suffice to indicate the simplicity
and at the same time the complexity of such a knguage.
It is simple, in that it kcks almost all grammatical dis-
tinctions ; it is complicated, because, in its constant reKance
on sensibly perceptual images, it analyses our concepts into
numerous elements. This is true not merely of abstract
concepts, which these languages, as a rule, do not possess,
but even of concrete empirical concepts. We need only
refer to the verb * to bring,* reduced to the form of three
verbs, or the concept *west,' for whose expression there
is required not only the sun and the location which we
must give it but also its act of seating itself . In all of
these traits, then, primitive language is absolütely at one
with gesture-language.
The same is true of the syntax of the two kinds of
language. This also is no more irregulär and accidental
in the Soudan language than it is in gesture-language. As
a rule, indeed, it is stricter than the syntax of our languages,
for in the latter inflection makes possible a certain Variation
in the arrangement of words within a sentence according to
the particular shade of meaning desired. In primitive
language, the arrangement is much more uniform, being
govemed absohitety and alone by the same law as prevails
in gesture-language— namely, the arrangement of words in
their perceptual Order. Without exception, therefore, object
precedes attribute, and Substantive, adjective. Less con-
stant, howevcr, is the relation of verb and object, in tVie
7» ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
Ewe language ; the verb generally precedes, but the object
may come first ; the verb^ however, always follo^vs the
subject whose action it expresses. This perceptual
character of primitive language appears most strikingly
when we translate any thought that is at all complicated
from a primitive language into our own, first in its general
meaning, and then word for word. Take an illustration
from the language of the Bushmen. The meaning would
be substantialty this : ' The Bushman was at first received
kindly by the white man in order that he might be brought
to herd his sheep ; then the white man maltreated the Bush-
ttan ; the latter ran away, wbereupon the white man took
another Bushman, who suifered the same experienoe.* The
language of the Bushmen expresses this in the foUowing
way : * Bushman-there-go, here-nm-to-white man, white
ilian*give-tobacco> Buslunan-go-smöke, go-fill-tobacco*pouch,
white man -give-meat- Bushman, Bushman -go-eat-meat,
stand-up-go-home, go happily, go-sit-down, herd-sheep-
white man, white man-go-strike Bushman, Bushman-cry-
load*pain, Bushman-go-run-away-white man, white man-nui-
after-Bushman, Bushman-then-another, this one-herd-sheep,
Boshman-alt-gone.' In this complaint of the man of nature
i^j[ainst his oppressor, everything is concrete, perceptual. He
does not say, The Bushman was at first Idndly taken up
by the white man, but, The white man gives him tobacco,
lie filts his pouch and smokes ; the white man gives him
meat, he eats this and is happy, etc. He does not say, The
white man maltreats the Bushman, but. He strikes him^ the
Bushman cries with pain, etc. What we express in rela-
tively abstract concepts is entirely reduced by him to separate
perceptual Images. His thought always attaches to indi-
vidual objects. Moreover, just as primitive language has
9p specific means for expressing a verb, so also are change
and action overshadowed in primitive thought by the con-
wete Image. The thinking itself, therefore, may be called
* toncr^U. Primitive man sees th^ hnage with its separate
parti; aad, as he sees it» so he reproduces it in his
language. It is iör this very reason that he is unf amiliar
PRIMITIVE MAN 73
witfa differences of grammatical categories and with abstract
concepts. Sequ«nce is 5till governed entirely by the pure
association of ideas, wbose order is determined by perception
and by tfae reooUection of that which has been experienced.
The above narrative of the Bushman expresses no unitary
thought, but Image foUows upon image in the order in
which these appear to consciousness. ;Thus, the thinking
of primitive man is ahnost exchisively associative. Of the
more perfect form of combining concepts, the apperceptive,
which unites the thoughts into a systematic whole, there are
as yet only traces, such as occur in the combination of the
separate memory, images.
Many analogues to the formal characteristics of primitive
thought revealed in these linguistic phenomena may be
met in child-Ianguage. There is a wide divergence, how-
ever, with respect to the very element which has aheady
disappearedy with the exception of slight traces, ffom the
language of primitive peoples. I refer to the close corre*
lation of sound and meaning. As regards this feature»
child-Ianguage is much more sinülar to gesture-language
than IS possible in the case of forms of speech that have
undergone a long historical development. For, child-
language, like gesture-language, is, in a; certain sense,
continuaUy being created anew. Of course, it is not created,
as is sometimes supposed, by the children themselves. It is
a conventionalized language of the mothers and nurses who
converse with the child, supplemented, in part, by the child's
associates along the lines of these traditional modeis. The
sound-complexes signifying animals, * bow-wow * for the dog,
•hott-hott' for the horse, •tuk-tuk' for the chicken, etc.,
as also ' papa ' and ' mamma * for f ather and mother, are
Sounds that are in some way fitted to the meaning and at
the same time resemble so far as possible the babbling
Sounds of the child. But this entire process is instituted by
the child's associates, and is at most supplemented by the
child himself to the extent of a few incidental elements.
For this reason, child*kmguage has relatively little to teach
US conceming tfae development of speaking and thinking;
74 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
those psychologists and teachers who believe that it afTords
an important source of information concerning the origin
of thought are in error. Such information can be gained
only from those modes of expressing thought which, like
gesture-language^ are originated anew by the Speaker and
are not extemally derived, or from those which, like the
spoken languages of primitive peoples, have retained, in
their essential characteristics, primitive modes of thinking.
Even in these cases it is only the farms of thought that are
thus discoverable. The content, as is implied by the formal
characteristics themsehres, is, of course, also of a sense-per-
ceptual, not of a conceptua), nature. And yet the particular
duuracter or quality qi this content is not inherent in the
fDrms of the language as such. To gain a knowledge of
Hs nature w<e must examine the specific ideas themselves
and the associated feelings and emotions.
Thus, then, the further question arises : Wherein con-
sists the content of primitive thought? Two sorts of ideas
may be distinguished. The one comprises that stock of ideas
which is suppUed to consciousness by the direct perceptions
of daily life— ideas such as go, stand, lie, rest, etc., together
widi animal, tree (particularly in the form of individual
ftf>iynft1a and trees), man, woman, child, I, thou, you, and
many others. These are objects of everyday perception that
are familiär to all, even to the primitive mind. But there
b also a second dass of ideas. These do not repre*
«ent things of immediate perception ; briefly expressed,
they originate in feeling, in emotional processes which
are projected outward into the environment. This is an
important and particularly. characteristic group of primitive
idM$. Includ^ within it are all references to that which
is not directly, amenable to perception but, transcend-
big tfaiSy is reaUy su/fersensuoas, even though appearing in
^ ionik ci sensible ideas. Tliis world of imagination,
pvoj^cted from man*8 own emotional life into extemal
phenomaia, is what we mean by mythological thinking.
2nie tlifaifs and processes given to perception are supple-
by <»tlHNr realities that are of a non-perceptible
PRIMITIVE MAN 75
nature and therefore belong to an invisible realm back of
the visible worki. These are the elements, furthermore»
which very early find expression in the ort of primitive man.
7. Earliest Beliefs in Magic and Demons.
In entering upon a consideration of the development of
primitive myths, we are at once confronted by the old ques-
tion disputed by mythologists, ethnologists^ and students of
religion, Where and when did rehgion originate? For is
not religion always concerned with the supematural? Now,
in certain cases, even primitive man Supplements the sensuous
World in which he lives and whose impressions he has not
so much as elaborated into abstract concepts, with super-
sensuous elements, though he himself, of course, is unaware
of their supersensuous character. The question, therefore»
lies near at hand : Is religion already present at this stage,
or is there at nK)st a potentiality of religion, the germ of its
future development? If the latter should be true, where,
then, does religion begin? Now, our interest in the history
of mytfa-formation derives largely from the very fact that the
Problem is intimately bound up with that of the origin of
religion. Merely in itself the origin of the myth might have
relatively little interest for us. The question, however, as
to how religion arose acquires its great importance through
its connection with the two further questions as to whether
or not religion is a necessary constituent of human conscious-
ncss and whether it is an original possession or is the resuH
of certain preconditions of mythofogical thought.
It is interesting to follow this ancient dispute, particu-
larly its course during the last few decades. In 1880,
Roskoff wrote a book entitied *• The Religion of the Most
Primitive Nature-Peoples." In this work he assembled all
the available facts, and came to the conclusion that no
peoples exist who have not some form of religion. About
tcn years ago, however, the two Sarasins, students of Ceylon
and of the primitive Vcddah tribes, summed up their con-
clusions in the proposition : The Vcddahs have no rcUgion
76 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
If, howevier, we compare Roskoff 's f acts concerning primi-
tive peoples with those reported by the Sarasins concerning
tlie belief of the Veddahs in demons and magic, it appears
tfaat tlie facts mentioned by these investigators are essen-
tially the same. What the former callis religion, the latter
call belief in magic ; but in neither case is there a Statement
BS to what is reaJUy meant by religion. Now, we cannot,
of course, come to an understanding with reference to the
presence or absence of anything until we are agreed as to
what the thing itself reaUy is. Hence, the (]uestion under
dispute is raised prematurely at the present stage of our
disoission ; it can be answered only after we have examined
more of the Steps in the development of myth and of the
preoonditions of the religion of later times. We shall there-
fore recur to this point in our third chapter, after we have
beoome acquainted with' such religions as may indubitably
kiy Claim to the name. Fostponing the question for the
present, we will designate the various phenomena that must
be discussed at this point by, the specific names attaching
to them on the basis of their peculiar characteristics. In
this sense, there is no doubt that we may speak of ideas
of magic and of demons even in the case of primitive
peoples ; it is generally conceded that such ideas are
universally «ntertained at this stage of culture. But the
fiirther question at once arises as to the source of
this belief in tnagic and in demons, and as to the
mfluences by which it is sustained. Now, in respect to
tbm point two views prevail, even among the ethnologists
who have made an intensive study of primitive peoples. The
ooo view may briefly. be called that of nature-mythology.:
H ttssumes that even £ar back under early conditions thä
irihenomena of the beavens were the objects that peculiarly
fiudaated the thought of man and elevated it above
ils immediate sensible environment. All mythology, there-
It supposed originally to have been mythology of
particularly of the beavens. Doubtless this would
: iBvohre a religious ekment, or, at least, a religious
r • Hie Moond view carries us even farther in the
PRIMITIVE MAN yi
same direction. It holds that the ideas of primitive man,
80 f ar as they deal with the supersensuous, . are simpler
than those of the more highly developed peoples. Just
for this reason, however» it regards these ideas as more
perfect and as approaching more nearly the beliefs of
the higher religions. As a matter of fact, if we com-
pare, let us say, the Semangs and the Senoi, or th^
Veddahs, with the natives of Australia, we find a very
great difference as regards this point. Even the myth-
ology of the Australians is undoubtedly much more
complex than that of these peoples of nature^ and the
Rüther we trace this myth development the greater the
complenty becomes. That which is simple, however, is
supposed to be also the higher and the more exalted, just
as it is the more primitive. The beginning is supposed to
anticipate the end, as a revelation not yet distorted by
htmoan error. For» the highest form of religion is not a
mythology inchiding a multitude of gods, but the belief
in one God— that is, monotheism. It was believed, there-
fore, that thte very discovery of primitive man offered new
Support for this view, This theory, however, is bound up
with an important anthropological consideration— the ques-
tion conceming the place of the so-called Pygnües in the
history of lAunan development. It was on the basis of their
physical characteristics that these dwarf peoples of Africa
and Asia, of whom it is only in comparatively recent times
that we have gained any considerable knowledge, were first
dedared by JuKus KoUman to be the childhood peoples
of humanity, who everywhere preceded thte raoes of larger
suture. Such childhood characteristics, indeed, are rcvealed
not only in their smatl stature but in othcr traits as well.
SchweinfurA observed that the entire skin of thte Pygmiea
of Central Africa is covered with fine, downy hair, mucü
as is that of the newly bom chiM. It is by means of these
downy hairs that the Monbuttu neglro of that region dis-
tinguishes the Pygmy from a youth of Ws <wn tnbe Thte
Negrito is primitive also in that his dermal gl«ids are
abnormally active, causing a bodily odour wmcli is f^r
78 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
greater than that of the negvq, and which, just as in the
case of some animals, increases noticeably under the stress
of emotion. If, in addition to these physical characteristics,
WC consider the low cukural level of all these dwarf peoples,
the hypothesis that the Pygmies are a primitive people does
not, indeed, seem altogether stränge. Starting with this
hypothesis, therefore, William Schmidt, in his werk, "The
Place of the Pygmies in thfe Development of Mankind "
(1910), attempted to prove the proposition that the Pygmies
are the childhood peoptes of humanity in their mental
Cttlture no less than in their physical development. This
being their nature, they are, of course, limited inteUectually ;
morslly, however, they are in a State of innocence, as is
demonstrated among otfaer things by the pure monogamy
prevaüing among them, as well as by their highest posses-
sibn, their monotheistic belief.
Now, the supposition of moral innocence rests essen-
tially on the twofold assumption of the identity of primitive
man with the Pygmy and of the legitimacy of holding that
what has been observed of one tribe of Pygmies is true
oi the primitive condition generally. But this identity of
primitive man with the Pygmy cannot be maintained.
The most typical traits of primitive mental culture are
doubtless to be found among the Veddahs of Ceylon.
Tbc Veddahs, however, are not really Pygmies, but are
of large stature. Morcover, there are primitive people
who are so far from being Pygmies that they belong
ratfaer to the tall raoes. We might cite the extinct
Tasmanians, whose culture was probably a stage lower than
diat of the modern Australians. In most respects, many
of the tribes of Central AustraMa exhibit traits of primitive
.eahiafe, even though their social Organization is of a far
complicatcd nature, Finally, all the peoples whose
have been found in the oldest dihivial deposits of
Enrop» belong to the tall races. On the other band, there
lU^ peo|^ of smaH stature, the Chinese and the Japanese,
lÄp nopt: be coUnted in the first ranks of cultured peoples.
TlMi^;in|l^^ oukure certainly cannot be measured in terms
PRIMITIVE MAN 79
of physical size but only in terms of itself . Mental values
can never be determined except by mental characteristics.
It is true that W. Schmidt has sought to support bis tbeory
regarding tbe Pygmies by reference to the reports of £. H.
Man, a reliable English observer. According to these
reports, the Andamanese, one of these dwarf peoples,
possess some remarkable legends that are doubtless indi-
cative of monotheistic ideas. Since the Andamans are a
group of Islands in the Sea of Bengal and the inhabitants
are therefore separated from other peoples by an expanse
of sea, Schmidt regarded as justifiable the assumption that
these legends were autochthonous ; since, moreover, the
legends centre about the belief in a supreme god, he con-
tended that we here finally had proof of the theory of an
original monotheism. The main outlines of the Andamanese
legends as given by £. H. Man are as follows : The
supreme god, Puluga^ first created man and subsequentty
(though with regard to this there are various versions) he
created woman. She was either created directly, as was
man, or man himself created her out of a piece of wood,
possibly a reminiscence of Adam's rib. Then God gave
man laws forbidding theft, murder, adultery^ etc., forbidding
him, furthermore, to eat of the fruits of the first rainy
season. But man did not keep the Divine command-
ments. The Lord therefore sent a universal flood, in which
perished alt living things with the exception of two men
and two women who happened to be in a boat. In this
Story, much is naturally distorted, confused, and adapted to
the medium into which the legend is transplanted. But that
it points to the Biblical accounts of the Creation, Paradise,
and the Flood, there cannot, in my opinion, be the slightest
doubt. If it is objected that the Andamans are altogether
too far separated from the rest of the world by the sea^
and also that no missionaries have ever been seen on these
islands, our answer would be : Whatever may be the * when *
and the * how,* the fact that the Biblical tradition at some
time did come to the Andamanese is proven by the legend
itself, This conclusion is just as incontestable as is the
8q ELEMENTS OF, KOLK PSYCHOLOGY
inference, for example, that the correspondence of certain
South American and Asiatic myths is proof of a trans-
mission. Indeed, the two latter regions are separated by
an incomparably wider expanse of seä than that which
divides the Andamans froni Indo-China and its neighbour-
ing islands. It should also be added that the inhabitants
of the Andatnan Islands have obviously progressed far
beyond the condition in which we find the inland tribes
of Malacca, the Veddahs of Ceylon, or the Negritos
of the Philippines. They practise the art of making
pottery— an art never found among peoples who are
properly called primitive ; they have a social organiza-
tion, with Chiefs. These phenomena all characterize a fairly
advanced culture. When^ therefore^ we are concemed with
tfae beliefs of peoptes who are really primitive, the
Andamanese must be left out of consideration. According
to the available proofs, however, these people possess a
belief neither in one god nor in many gods. Moreover,
evcn far beyond the most primitive stage, no coherent
celestial mythology may be found, such as could possibly
be regarded as an incipient polytheism. No doubt, there
are ideas conceming single heavenly phenomena, but these
ahrays betray an assodation with terrestrial objects, par-
ticularly with human beings or animals. And, to all appear*
ances^ these ideas change with great rapidity. Nowhere
have they led to the actual formation of mythis. Among
tfae Indians of the Brazilian forests, for eicample, the sun
änd moon are called leaves or feather-balls ; by several
of the Soudan tribes they are conceived as ballä that have
been tfaiown to the sky by human beings and have stuck
diere. Such ideas altemate with others in which the sun
aöd mooQ are regarded as brothers or as brother and
dsfeear, or the sun is said to be chasing the moon— images
tnffiimcfd particularty by the phenomena of the mocm's
j^^iBes. As a matter of fact, this whole field of ideas reveals
oaly iMEt bdief that is practically universal, appearing among
peqplei of nature and recurring even among civilized
peoplesJ Because of the rare occurrenoe Af the phenomenon.
PRIMITIVE MANi 8i
however, it has never led to a real mythology. I refer to
the belief that in an ecHpse of the sun, the sun is swallowed
by a dark demon. This belief, obviously, is very readily
suggested to the primitive Imagination ; it occurs in Central
Africa, in Australia, and in America, and is found even in
Indian mythology. Taken by itself, however, the notion is
incapable of engendering a myth. It is to be regarded merely
as an isolated case to be ckissed with a more richly
developed set of demon-ideas that dominate the daity life
of primitive man. At this stage, these ideas are the only
elements of an incipient mythology that are clearly
discemible and that at the same time exercise an im-
portant influenae upon life. In so far as the mythology of
primitive man gains a permanent foothold and influenae, it
consists of a belief in maglc and demons. There are, how*
ever, two motives which engender this belief and give form
and colour to the ideas and emotions springing from them.
These are death and sickness.
Death I There are doubtless few impressions that have
so powerful an eflect upon the man of naturie ; indeed,
dvilized man as well is still very greatly stirred by the
phenomenon of death. Let his companion meet with death,
and even the outward actions of a primitive man are
significant. The moment a person dies, the immediate
impulse of primitive man is to leave him lying where
he is and to flee. The dead person is abandoned, and
the place where he died continues to be avoided for a long
time — if possible, until animals have devoured the corpse.
Obviously the emotion of fear is regnant. Its immediate
cause is aj^Kirently the unusual and fear-inspiring changes
which death makes in the appearance of a man. The
Suspension of movements, the pallor of death, the sudden
cessation of breathing — these are phenomena sufficient to
cause the most extreme terror. But what is the nature
of the ideas that associate themselves with this fearsome
Impression? The flight from the corpse is evidence that
man's fears are primarily for himself. To tarry in the
presence of a dead person exposes the living man to the
7
82 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
danger of being himself overtak'en by death. The source
of this danger is evidently identical with that which has
brought Ideath to the recently deceased person himself.
Primitive man cannot think of death except as the sudden
departure from the dying person of that which originally
brought life. Nevertheless, there is evidently bound up
with this conception the further idea that powers of life
are still resident in the body ; the latter remains firmly
associated in the mind of primitive man with the impres-
sion of life. Here, then, we have the original source of
the contradictory idea of a something that generates life and
is therefore independent of the body, while nevertheless
being connected with it. So far as we can gain knowledge
of the impression which death makes on the mind of primi-
tive man, two disparate motives are indissolubly united. He
regards life as something that, in part, continues in some
mysterious manner to dwell within the corpse, and, in part,
hovers about, invisible, in its vicinity. For this reason,
the dead person becomes to him a demon, an invisible being
capable of seizing upon man, of overpowering or killing
hün, or of bringing sickhess upon him. In addition to this
primitive idea of demons, we also find the conception of
a corporeal soul, meaning by this the belief that the body
is the vehicle of life, and that, so long as it has not itself
disappeared, it continues to harbour the life within itself.
The Gorporeal soul is here still regarded as a unit which
xnay, by separating itself from the body, become a demon
and pass over into another person. No certain traces are
as yet to be found of belief in a breath or shadow-
-'like soul. As will appear later, this is a characteristic
ieature of the transition from primitive to totemic culture.
When some investigators report that the soul is occasionally
referred to by the Semangs of Malacca as a small bird that
«MTS into the air at the death of a person, it is not im:-
jprobaUe that we here have to do either with the Semangs
of cultcirey who have imdergone marked changes under
Maimpuk influence, or with the presence of an isolated idea
durt Mbfiiii to a different cultural circle. For in no other
PRIMITIVE MAN 83
case are ideas similar to that of the psycbe to be found
on the level of primitive culture. On the other band, the
burial customs of the Malays and of the mixed races living
in the immediate vicinity of the primitive peoples of the
Malay Peninsula, already exhibit a striking contrast to the
flight of primitive man from the corpse.
The next group of ideas, those arising from the impres-
sion made by sickness, particularly by such sicknesses as
attack man suddenly, are also restricted to thie conception
of a corporeal soul. For, one of the most characteristic
marks of this conception is that magical, demoniacal powers
are beUeved to issue from the body of the dead person.
These powers, however, are not, as occurs in the above case,
regarded as embodied in any visible thing— such as the
exhalations of the breath or an escaping animal— that
separates itself from the person. On the contrary, the demon
that leaves the corpse and attacks another person in the form
of a fatal sickness, is invisible. He is purely the result of
an association between the fear aroused by the occurrence
of death and the fright caused by an unexpected attack of
sickness. The dead person, therefore, continues to remain
the seat of demoniacal powers ; these he can repeatedly
direct against the living persons who approach him. Primi-
tive man believes that the demon may assume any form
whatsoever within the body, and deceitful medicine-men
take advantage of this in ostensibly removing the sickness
in the form of a piece of wopd or of a stone. But it is
precisely these ideas that are totally unrelated to that of
a psyche and its embodiments. Though the corpse is per-
haps the earliest object that suggests sickness-demons, it is
in no wise the only one. Indeed, the attack of sickness
is in itself sufficient to arouse fear of a demon. Thus, the
Semangs and Senoi distinguish a vast number of difTerent
sickness-demons. Such ideas of demons, however, as we
find among the Malays and the Singhalese, where demons
are regarded as counter-agents to sickness -magic and usually
take the form of fantastical animal monsters, never occur
except at a later cultural stage. Any resemblance of
PRIMITIVE MAN 85
what IS expected of him or if he is suspected of evil
magic, but the magician, when pressed by need, also
becomes a deceiver. The deception of the medicine-man,
indeed, apparently dates back to the very earliest times.
Koch-Grünberg teils us that among the Central Brazilians
the medicine-men expel disease by carrying about with them
a piece of wood, which they bring forth, after various
manipulations, as the alleged seat of the demon. If the
Suggestion thus given is effective, the patient may, of course,
feel himself improved. At any rate, we must not think
that the mass of the people is led to lose belief in magic ;
in most cases, perhaps, the medicine-man himself remains a
deceived deceiver.
Nevertheless, on the primitive stage, death and sick-
ness are the main sources of belief in magic and in demons.
From this as a centre, the belief radiates far out into all
departments of life. The belief in magic, for example,
assimies the form of protective magic, of magical defence
against demoniacal influences. In this form, it probably
determines the original modes of dress, and, more obviously
änd permanently still, the adomment of the body. In fact,
in its beginnings, this adomment was re^lly designed less
for decoration than for purposes of magic.
In connection with the extemal culture of primitive man
we have already noted his meagre dress, which frequently
consisted merely of a cord of hast about the loins, with
leaves suspended from it. What was the origin of this
dress? In the tropical regions, where primitive man lives,
it was surely not the result of need for protection; nor
can we truthfuUy ascribe it to nKxiesty, as is generaUy
done on the ground that it is the genital parts that are
most frequently covered. In estimating the causes, the
questions of primary importance are rather those as to where
the very first traces of dress appear and of what its most
permanent parts consist. The answer to the latter question,
however, is to be found not in the apron but ^m *e '^'^;^^/;d,
which is occasionally girt about the hips without any further
attempt at dress. Obviously this was not a means of pro.
86 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
tection against storm and cold ; nor can modesty be said to
have factored in the development of this article, which serves
the purposes both of dress and of adomment. But what
.was its real meaning? An incident from the life of the
iVeddahs may perhaps fumish the answer to this ques-
tion. When the Veddah enters into marriage, he binds a
cord about the loins of his prospective wife. Obviously
this is nothing eise than a form of the widely current ' cord-
magic/ which plays a not inconsiderable rdle even in present-
day superstition. Cord-magic aims to bring about certain
results by means of a firmly fastened cord. This cord
is not a symbol^ but is, as all Symbols originally were, a
means of magic. When a cord is fastened about a diseased
part of the body and then transferred to a tree, it is
eonunonly believed that the sickness is magically trans-
planted into the tree. If the tree is regarded as represent-
ing an enemy, moreover^ this act, by a further association,
is believed to transfer sickness or death to the enemy through
the agency of the tree. The cord-magic of the VeddaU
is obviously of a simpler nature than this. By means of
the cord which he faas himself fastened, the Veddah
«ndeavours to secure tbe faithfulness of his wife. The
further parts of primitive dress were devek)pments of
the loin-cord, and were wom suspended from it. Coin-
ddentaUy with this, the original means of adomment
make their appearance. Necklaces and bracelets, which
have remained favourite articles of feminine adomment
«ven within cur present culture, and fillets about the
liead which, among some of the peoples of nature, are
Bkewise wom chiefly by the women, are further develop-
laents of the loin-cord, transferred, as it were, to other
^^ft of the body. And, as the first clothing was attached
to the loin-cord, so also were the bracelet and fiUet, and
particularly the necklace, empteyed to carry other early,
means of protectlve magic, namely, amulets. Gradually the
latter also developed into articles of adomment, preferably
vronij even to-day, about the neck.
The assumption that tbe present purpose of clothing
PRIMITIVE MAN 87
is also the end that it originally served led naturally
to the theory. that when the loin-cord alone is wom—
as a mere indication^ seemingly, of the absence of clothing
— tbis is to be regarded not as an original custom but
as the remnant of an earlier dress now serving solely
as an adornment. But this supposition is contradicted,
in the first place, by the fact that the loin-cord occa-
sionally occurs by itself precisely amidst the most primi-
tive conditions, and, in the second place, by the general
development not only of clothing as such but also of certain
means of adoming the surface of the body, particularly
painting and tattooing. Now, there is a general rule that
development proceeds not from the composite to the simple,
but, conversely, from the simple to the complex. More-
over, indications of the influence of magical ideas are
generally the tnore marked according as the stages on
which the phenomena occur are the earlier. The loin-cord,
particularly, is occasionally put to certain magical uses which
are scarcely intelligible without reference to the widely
prevalent cord-magic. If the binding of a cord of hast
of his own weaving about the hips of his prospective wife
signifies a sort of marriage ceremony for the Veddah, as it
undoobtedly does, this must imply that the cord is a means
of magic that binds her for life. Instances have been
found of another remarkable and complex custom that sub«
stantiates this ' magical ' interpretation. A man binds a
loin-cord of his own weaving about the woman and «be
does the same to him— an exchange of magic^worldog
fetters which is a striking anticipation of the exchange of
rings still customary with us afxm betrodtal or marriage.
For the exchange of rings, to a ceitam exteot^ re}>r^fvt»tf
in miniature the exchange of cords practised by fmmkiv^
man, though there is, of course, this enormoof ^fi^r^^^Jt
that, in the primitive ceremony the binding hat a y^r^Ay
magical significance, whereas the later act is mer^Jy tv^ii-
bolicah All these phenomena indicate that ^^ <itt
beginnings of clothing involvc ideas of ma|;ic. J-4r/.*:r. of
course, a number of other motives also eoiier m, ^füönal
PRIMITIVE MAN; 89
ciativcly on the older magical ideas. The violation of
custom b regarded as dangerous, and as a matter requiring^
wherever possible, the employment of protective magic. The
reasons for guarding against a violation of custom are not
merely subjective, but also objective, for guilt is foUowed by
punishment. Thus, there is here an intertwining of motives.
The necklace, bracelet, finger-ring, and sometimes the
head-fillet^ occur as specific means of magic^ in addition
to, and in Substitution for, the loin-cord. In more restricted
localities we find also earrings and nose-rings, the boring
through of the Ups, and combs to which twigs and leaves
are attached. Of these, the necklace has maintained itself
far down into later culture, for it is the necklace that gives
Support to the amulet. The latter is supposed to afford
protective magic against all possible dangers ; the finger-
ring, on the other hand, is the favourite vehicle of an active
magic, changing things in accordance with the wishes of
the owner— that is to say, it is a talisman. Similar in Its
powers to the necklace, furthermore, is the bracelet— found
even in primitive culture— and also the head-fillet, which
encircles the forehead and the back part of the head.
The Semangs and Senoi of the Malaccan forests are
invested with the head-fiUet by the medicine-man, who ex-
changes it for another at particularly important tuming-
points of life, such, for example, as the entrance of the
youth into manhood, or of the woman upon marriage. The
head-fiUets that have been removed are preser/ed in the
house of the medicine-man. If the woman is widf^wed, her
former fillet is placed on her head. Tbis lignifies the
amiulment of the magical union that existed thrcrjghout the
period of marriage. Evidently this magic custom i\ cloveJv
connected with the strict observance of monogam/. These
ceremonial changes in dress are accompanied by a sirtiAu
change in name. On entering the married State a vo-r.r-^
changes her name, as does also the yooth wLo passes
into manhood. Moreover, this change is not in t!i* l-eas ^
mere symbol, but represents a magical act, Vilax 1«
change in name, the individual himself h^j-rr^^
90 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
person. The name is so closely connected with the person
that even the speaking of it may exercise a magical influence
upon him.
But the magical ideas radiating from death and skk-
ness come to be associated also with other external objects
--objects not attached to the individual's person, as are
dothing and adorament. Examples of this are implements,
and, in particular, the weapon of primitive man, namely,
the bow and arrow. The magical significance has, of course,
Irequently disappeared from the memory of the natives.
The Sarasins saw the Veddahs execute dances about an
arrow that had been set upright. On inquiring the reason,
tkey were told : ' This was done even by our fathers and
grandfathers ; why should we not also do it? ' A similar
answer could be given in the case of many, indeed, of most
of these magical ceremonies. Those ceremonies particularly
that are in any way complicated are passed down from
generation to generation, being scrupulously guarded and
oocasionally aug^nented by additional magical Clements. It
is for this reason that, in the presence of the extraordinarily
complicated dances and magical ceremonies of primitive
peoples, we sometimes ask in amazement : How could such
a wealth of connected ideas possibly arise and become
expressed in action? To this it might briefly be replied
that they did not arise at all as creations of a single moment.
ühe meaning of the ceremonies has for the most part long
been lost tp tbe participants themselves, and was probably
unkiDOwn even to their ancestors. The general reason for
die various acts that are executed according to ancient
tnage is that they serve a magical purpose. The performers
(Irady believe^that the acts will secure that which is
äedted,' whether it be good fortune or protection from evil,
aMÜ that the greater the care and exactitude with which the
Hetf It performed, the more certainly will the magical pur-
I attained. The conditions here are really not essen-
it from those that still prevail everywhere in
^0tä 'WÜ 'etremonies of civilized peoples. It is the very
TfiJilPllMp^il^inotiives are forgotten that leads to the enormous
i .
PRIMITIVE MAN 91
complexity of the phenomena. Even in the case of the
above-mentioned dance about the arrow, there may have
entered a considerable number of motives that were later
forgotten. Of them all, nothing was eventually remembered
except that, to insure the welfare of the individual and that
of the group, the act prescribed by custom must be per-
fonned at stated times or under particular conditions.
Quite secondary to these numerou^ irradiations of jmagical
ideas among primitive peoples are the general notions con-
nected with natural phenomena. A cloud may, no doubt,
occasionally be regarded as a demon. And, as already
stated, an unusual natural phenomenon, such as an edipse
of the sun, is likewise afanost everywhere regarded as a
demoniacal event. But, on the whole^ celestial phenomoia
play a passing and an exceedingly variable rdle in the
beliefs of primitive man. Moreover, while the ideas and
the resultant acts engendered by death and sickness are,
on the whole, of a uniform character, the fragments of
celestial mythology vary in an irregulär and self-contra-
dictory manner. For this reason the latter cannot be
regarded as having any important significanoe on the earliest
plane of culture. This flatly contradicts a theory, still
prevalent in the scientific wodd, to the effect that all
mythological thinking is due to the influence of celes-
tial phenomena, whether it be the moon in its changing
phases, or the sun, the thunderstorm, or the clouds. This
theory is certainly not valid as regards primitive man.
It can be maintained only if we distinguish— as has, indeed,
sometimes been done— between two completely disparate
realms, a * higher ' mythology, exemplified by the above, and
a * lower * mythology. We shall return to this point later.
We are here concemed with the Standpoint of nature-
mythology only in so far as it has exercised a decisive
influence on the interpretation of the earliest manifestations
of the ' lower ' mythology. With respect to the ultimate
psychological motives of mythology as a whole, including
that of primitive man, the idea is even to-day widely current
that mythological thought was from the very beginning a
S2 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
naive attempt ät an inteipretation of the phenomena wliich
man encounters in nature er in his own life. That is to
say^ all mythology is regarded as a sort of primitive science,
or, at any rate^ as a precursor of philosophy. This innate
need for explanation is then usually associated with an
alleged a priori principle of causality inherent in the mind.
The mythological view of nature, therefore, is supposed to
be nothing but an application— imperfect as yet, to be sure —
of the causal law to the nexus of phenomena. But if we
caD to mind the condition of natural man as revealed in
his actions, no trace can be found of any need for explana-
tion such as requires the initial employment of the concept
of causality. Indeed, as regards the phenomena of daily life
and those that Surround him on all hands and constantly
recur in a uniform manner, primitive man experiences no
need at all for explanation. For him everything is as it is just
beeause it has always been so. Just as he dances about an
arrow because his father and his grandfather practised this
custom in the past, so also does he hold that the sun
lises to-day because it rose yesterday. The regxilarity with
whidi a phenomenon recurs is for him sufficient testimony
and explanation of its existence. Only that which arouses
h» emotion and calls forth particularly fear and terror comes
to be an object of magical and demoniacal belief. The
primitive level of mythological thought differs from the
more developed stage in also another respect. In the former
case, the phenomena that are most apt to arouse ideas of
magic and of demons are those that concem man himself
and that arouse fear and terror. But here again death and
rickness are of greatest unportance. True, a thunderstorm
may occasionally find a place m the nexus of magical ideas,
6r an -eclipse of the sun, or some other natural phenomenon
-HUid Um occurs the more readily according as the
phenomenon is the more unusual and striking. The regu-
Htfy lecuning features of the primitive myth, however,
have tiieir source in the hnmediate environment and in the
£Kts c( perMnal experience, m fear and terror. Thus, it
h not intelUgnce nor reflection as to the origin and inter-
PRIMITIVE MAN 93
connection öl phenomena tfaat gives rise to mythological
thinking, but emotion ; ideas are only the material whicb
the latter elaborates. The idea of ä corporeal soul, present
in the corpse yet also capable of abandoning it and of
becoming a dangerous diemon, is a creation of the emotion
of fear. Tbe demons who possess the sick man and cause
his death^ or who depart from him in convalescence, are
products of emotion. They are supersensible, as is the soul,
because they are born purely of emotion. Nevertheless,
they always tend to assume a sensible nature, being imaged
either as men, or as extemal things, such as animals, plants,
weapons, and implements. Only in the course of later
development are the demons themselves equipped with
relatively permanent qualities that differ from the
characteristics of the vehicles in which they are regarded as
embodied.
Thus, then, we utterly confuse primitive thinking with
our own scientific Standpoint when we explain it by the
need for the interpretation of phenomena. Causality, in
our sense of the word, does not exist for primitive man.
If we would speak of causality at all on his level of
experience, we may say only. that he is govemed by
the causality of magic. This, however, receives its stamp,
not from the laws that regulate the connection of ideas,
but from the forces of emotion. The mythological causality
of emotional magic is no less spasmodic and irregulär
than the logical causality arising out of the orderly
sequence of perceptions and ideas is constant. That
the former preceded the latter is, nevertheless, of great
importance. For the causality, of natural law, as we know!
it, would hardly have been possible had not magical
causality prepared the way for it. Yet the later arose from
the earlier just at that moment in which the attention of
men ceased to be held by the unusual, the startling, and
the fearful, and occupied itself with the orderly, the regulär,
and commonplace. For this reason the very greatest advance
in the investigation of natural kws was made by Galileo,
when he took as the object of his research that which was
94 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
the most commonplace, the falling of a body to the earth.
Primitive man did not reflect about this phenomenon nor,
until a long time afterwards, did civilized man. That a body
should fall to the earth when thrown upwards * is seif-
evident ' because it is thus that bodies have always acted.
An echö of thb primitive view remains even in the older
physics, which, foUowing Aristotle, teils us that a body
falls because the centre of the earth is its natural point of
rest — that is, to put it otherwise, it must behave as it does
because it has always done so.
8. Thb Beginnings of Art.
Though mythological thinking, particularly on the level
of belief in demons and magic, has but slight connection
with later science, it Stands in dose relation to the beginnings
of art. This relation appears, among other things, in the
fact that the simplest forms of the one are connected with
the simplest forms of the other. This connection is two-
fold. Ideas of magic are, in a certain sense, projected into
the products of art ; art, on the other band, being the
means whereby mythological thinking finds expression, reacts
upon magical ideas and brings about an enhancement of
their motives. This is particularly apparent, in the be-
ginnings of art, in the fact that, as viewed by civilized man,
primitive peoples have brought but one art to a high degree
of perfection, the art of dancing, For no other form of
artistic expression is early man better endowed. His body
is incomparably more supple than that of civilized races.
The life of the forest, the climbing of trees, and the
capturing of game qualify him for Performances that woutd
prove difficult to a modern art-dancer. All who have
witnessed the dancing of men of nature have marvelled at
their great skill and dexterity, and especially at their
nonderful ability in respect to postures, movements, and
mimetic expression. Originally, the dance was a means for
Ae attainment of magical ends, as we may conjecture from
Ae iwct that even at a very' early stage it developed
PRIMITIVE MAN 95
into the cult dance. Neverthcless, from the very beginning
it obviously also gave rise to pleasure, and this caused it to
be re-enacted in playful form. Thus, even the earliest art
ministered not only to extemal needs but also to the subjec-
tive life of pleasure. The direct source of the latter is one*s
own movements and their accompanying sensations. The
dance of the group enhances both the emotion and the ability
of the individual. This appears clearly in the dances
executed by the inland tribes of Malacca. These peoples
do not seem to have any round dances. The individual
dancer remains at a fixed spot, though he is able, ,without
leaving his place, to execute marvellous contortions and
movements of the limbs. These movements, moreover,
combine with those of his companions to form an harmonious
whole. They are controUed, however, by still another
factor, the attempt to Imitate animals. It is true that, on
the primitive level proper, the animal does not phy so
dominant a röle as in later times. Nevertheless, the Imita-
tion of animals in the dance already foreshadows the totemic
period. Some individuab are able, while remaining at a fixed
spot, to Imitate with striking life-likeness the movements
of even small animals, and this is regarded as art of the
highest Order. Yet the animal-mask, which is later com-
monly used in cult and magic, is here as yet entirely
lacking. These very mimic and pantomimic dances, how-
ever, imquestionably bear the traces of magic. When the
Veddah imitates game-animals while executing his dance
about the arrow, the arrow is without doubt regarded as a
means of magic, and we may conjecture that the game-
animals that are Struck by an arrow are supposed actually
to succumb as a result of this mimet ic Performance.
Among primitive peoples, the dance is not, as a rule,
accompanied by music. At most, means of producing
noise are introduced, their purpose being to indicate the
rhythm. The simplest of these noise-instruments consists
of two wooden sticks that are beaten together. The drum
is also common at a very early time ; yet it was probably
introduced from without. The real musical accompaniment
96 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
of the dance is fumished by the human voice in the danee^
song. It would, of course, be wrong to suppose that because
the dance originally served purposes öf magic, the dance*
song was a sort of primitive cult-song. Of such songs as
the latter no traces occur imtil later. The Contents of the
early songs are derived from the most commonplace experi*
ences of life. The songs really consist of detached frag-
ments of purely descriptive or narrative prose, and have no
inner connection with the motives of the dance. That which
characterizes them as songs is the refrain. One might say
without qualification that this poetic form of speech begins
with the refrain. The song has grown up out of ^selected
natural sounds. Anything that has been done or observed
may serve as content of the song. After such material has
once been employed, it is continually repeated. Thus
it becomes a folk-song that is sung particularly during the
dance. The melody is of a very monotonous character ;
could it be translated into our notes, we would find that
in the songs of the Veddahs or of the inland tribes of
Malacca, the melody moves at most within the ränge of a
sixth. Moreover> there is an absence of harmonic intervals,
so that, not having been phonographically recorded, the
songs cannot be reproduced in our notes except with great
uncertainty. Of their content, the foUowing illustrations
may give us some idea. One of the songs of tl\e Veddahs
runs as foUows :—
The doves of Taravelzibi say kntnmng.
WlMre the tabigoya is roasted and eaten, there blew a wind,
Where the memmina is roasted and eaten, there blew a wind,
Where the deer is roasted and eaten, there blew a wind.
On a somewhat higher level Stands the foUowing song
of the Semangs. It refers to the ring-tailed lemur (macaco),
a monkey species very conmion in the forests of Malacca ;
by. the Semangs it is called ' kra *^:—
He runs along the branches, the kra,
He carries the fruit with him, the kra,
He runs to and fro, the kra ;
Over the Uving bamboo, the kra»
Over the detd bamboo, the kra ;
PRIMITIVE MAN 97
He runs along the brancbes, the kra,
He leaps about and screams, the kra,
He permits glimpses of himself, the kra,
He Shows his grinning teeth, the knu
As is clear, we have here simply observations, descrip-
tions of that which the Semang has seen when watching
the lemur in the forest. This description, of course, serves
only as the material for the music of speech ; that which
is really musical is the refrain, which in this case consists
simply of the word kra. This music of speech exaks and
Supplements the dance ; when all parts of the body are
in motion the articülatory organs also tend to participate.
It is only the modern art-dance which has substituted an
instrumental accompaniment for the voice and has thus
been able to suppress the natural expression of emotions.
But, even in our culture, the emotions reoeive active, vocal
expression in the folk-dances of our villages.
Musical instruments, in the strict sense of the word,
are almost unknown to primitive man. Wliere somewhat
complex forms occur, they appear to have been imported.
Such, for example, is the bamboo nose-flute, occasionaHy
found among the inland tribes of the Malay Peninsula. The
nose-flute is similar to our flutes, except that it is blown f rom
above instead of from the side, and is not played by means
of the mouth, but is placed against one of the nostrils, so
that the side of the nose serves as the tone-producing
membrane. It has from three to five holes that may be
covered with the fingers. This instrument is a genuine
product of Melanesia, and was doubtless acquired from this
region by the Malayan tribes. Of earlier origin, no doubt,
are stringed instruments. These are to be found even
among primitive peoples. The forms that occur in Malacca
have, in this case also, obviously come from Oceania. But,
on the other hand, an instrument has been found among
the Bushmen and the neighbouring peoples which may be
regarded as the most primitive of its kind and which
throws important light on the origin of musical instru-
ments of this sort. A bow, essentially similar to that
8
98 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
which he employs in tbe cbase^ affords the Bushman a
simple stringed instniment. The string of the bow now
becomes the string of a musical instniment. Its tones,
however, cannot be heard distinctiy by any one except the
player himself. He takes one end of the bow between his
teeth and sets the string into Vibration with his finger.
The resonance of the bones of his head then causes a
tone, whose pitch he may vary by holding the string at
the middle or at some other point, and thus setting only
a part of the string into Vibration. Of this tone, how-
ever, practically no sound reaches the extemal world. On
the other hand, the tone produces a very strong effect on
the player himself, being powerfuUy transmitted through the
teeth to the firm parts of the skull and reaching the auditory
nerves through a direct bone-conduction. Thus, then, it is
a remarkable fact that music, the most subjective of the arts,
begins with the very stringed instruments which are the
most effective in arousing subjective moods, and with a
form in which the pleasure secured by the player from
his playing remains purely subjective. But, from this point
on, the further development to tone-effects that are objective
and are richer in gradations is reached by simple transitions
effected by association. The one string, taken over from
the bow used in the chase, is no longer sufficient. Hence
the bridge appears, which consists of a piece of wood whose
Upper side is fastened at the middle of the bow and whose
lower side is toothed for the reception of several st rings.
The strings also are perfected, by being made of threads
detached from the bamboo of which the bow is con-
stnicted. Then foUows a second important advance.
Instead of taking the end of the bow in his mouth and using
his own head as a resonator, the player makes use of a
hoUöw gourd and thus renders the tone objectively audible.
The best and most direct point of connection between the
gourd and the bow proves to be the end of the stick
that carries the bridge. It is now no longer the head of
the player that furnishes the resonance, but the substituted
calabash. In its externa! appearance the calabash re-
PRIMITIVE MAN 99
sembles tfae head— indeed, upon other occasions also, it is
sometimes regarded as a likeness of the head^ and eyes,
mouth, and nose are cut into its rind. Thus, the association
of the gourd with the head may possibly have exerted an
influence upon this step in the development of the musical
instrument. Perhaps the inventor himself did not realize
until after the artificial head came into use that he had
made a great advance in the perfection of his instrument.
His music was now audible to others as well as to himself.
Another instnmient also, the buU-roarer, dates back to
the beginnings of music, though its development, of course,
differed from that of the zither. The bull-roarer, indeed,
is an instrument of tone and noise that is to be found only
among relatively primitive peoples. True, it döes not reach
its highest development among those peoples who, from
a sociological point of view, occupy the lowest plane of
culture ; it becomes an instnmient of magic, as we shall
see, only within the totemic culture of Austtalia. Never-
theless, there has been discovered, again among the Bush-
men, a form of bull-roarer of an especially primitive
character. Doubtless that which led primitive man to the
invention of the zither was the tone which he heard in
his everyday experience in war or in the hunt when jhe
applied an arrow to his bow. No doubt, atso, it was the
whirring noise of the arrow, or that, perhaps, of the flying
bird which the arrow imitates, that led him to reproduce
this noise in a similar manner. Indeed, in South Africa,
the bull-roarer, though, of course, used only as a play-
thing, occurs in a form that at once reminds one of a
flying bird or arrow. The feather of a bird is fastened
at right angles to a stick of wood. When the stick is
vigorously swung about in a circle, a whistling noise is
produced, accompanied, particularty when swung with great
rapidity, by a high tone. This tone, however, is not capable
of further perfection, so that no other musical instrument
developed from the bull-roarer. The contrary, rather, is
true. In other forms of the bull-roarer in which the feathers
were displaced by a flat wooden board— whose only resem-
loö ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGE
blance to a bird was a slight similarity: in form— th^ noise
was more intense but the tone less clear. For this reason
the buU-roarer soon lost its place in the ranks of musical
instruments and became purely an instrument of magic, in
which function also it was used only temporarily. In many
parts of the world, moreover, there is a similar primitive
implement, the rattley whose Status is the same as that of
the bull-roarer.
It was in connection with ideas of magic and of demons
that formative art^ or, as it would perhaps be truer to say,
the elements from which this art proceeded, was developed.
Such art was not unknown even to the primitive peoples of
the pre-totemic age. If anywhere, it is doubtless among the
primitive tribes of Malacca and Ceylon that we can, in some
measure and with some certainty, trace formative art to its
earliest beginnings and to the causes back of these. The
Bushman must here be excluded from' consideration, since, as
we shall see, he was clearly affected by external influences.
The Veddahs, as well as the Senoi and Semangs, are familiär
with only the simplest forn"> of linear decoration. Yet this
makes it evident that simple lines, such as can be produced
by cutting or by scratching, form the starting-point of almost
all later development. Here again it is the bamboo that is
utilized, its wood being a material suitable for these simple
artistic attempts. Its connection with art is due also
to the fact that it is used in tbe manufacture of imple-
ments and weapons^ such as the bow and the digging-
stick, and, later, the blow-pipe and the flute. As im-
portant objects of adomment, we find the combs of the
women, which, among the Malaccan tribes, are extremely
rieh in linear deoorations. At first, the dominant motive
is the triangle. * Just as^ the triangle is the ^ simplest
rectilinear figure of jg^eometry, so ^Iso is it the simplest
dosed omamental pattem. The weapons not infrequently
have a series of triangles included within two parallel
ttraight lines. This illustrates in its simplest form the
universal dDaracteristic of primitive omaments, namely,
lUiifoiia' lepetition. The pattem later becomes more
PRIMITIVE MAN :ioi
complicated ; the tri^h^e^' a}^ crb^sed; by lines^ 4MStweei>
which there are Spaces that axe also 'tnanguh^r rinV^ornii.
Such figures are then further combined into double triangles
having a common base, etc. These are foUowed by other
fonns» in which simple arcs take the place of straight
lines. For example, an are is substituted for the base of
each triangle^ again with absolute uniformity. Finally, the
are, in the form of the segment of a circle, is utilized
independently, either in simple repetition or in alternation.
These simple designs then become increasingly complex by
the combination either of the forms as a whole or of some
of their parts. This muhiplication of motives reaches its
most artistic development in the womfen's combs found amcHig
the tribes of the Malay Peninsula. The comb, in some
form or other, is a very common articie of adomment among
peoples of nature. But it is just in the form in which it
occurs among the Senoi and Semangs that the comb gives
evidence of having originally been, at most, only incident-
ally an articie of adornment and of having only gradually
come to be exciusively a decoration. In shape, it is like
the women's combs of to-day. The teeth are pointed down-
wards, and serve the purpose of fastening the hair. The
Upper part forms a broad crest. But among these peoples
the crest is the main part of the comb, the function
of the teeth being merely to hold it to the head.
For the crest is decorated in rieh profusion with the
above-mentioned omamentations, and, if we ask the Semangs
and the Senoi what these mean, we are told that they
guard against diseases. In the Malay Peninsula, the
men do not wear combs, evidently for the practical
reason that, because of their life in the forest and
their joumeys through the underbrush, they cut their hair
Short. In other regions which have also evolved the comb,
as in Polynesia, such conditions do not prevail ; the comb,
therefore, is wom by both men and women. In this, its
carliest, use, however, the comb as such is clearly less an
object of adomment than a means of magic. It serves
particularly as a sort of amulct, to protect against sickn«
I02 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
denioiMU. For ^dusr- rt»sw. JtheXcöi^^ lines in their
:V»rteul^*:QC)a2binati(X^ regarded as ref erring to particular
* diseases. The marks which a Semang woman carries about
with her on her comb are really magical signs indicating
the diseases from which she wishes to be spared. The
head would appear to be a particularly appropriate place
for wearing these magical signs. It is to magical ideas,
therefore, that we must probably look for the origin of
this very common means of adornment. In Malacca, indeed,
the combs are carefuUy preserved ; the drawings made
upon them render them» as it were^ sacred objects. But
it is impossible to leam directly from the Statements of
the natives just how primitive articies of adornment came
•Co acquire the significance of Ornaments. Our only clue
is the fact that the decorations on the bows and blow-pipes
are supposed to be magical aids to a successfui hunt ; for,
among the representations, there are occasionally those of
animals. This fact we may bring into connection with
observations made by Karl von den Steinen among the
Bakairi of Central Brazil. This investigator here found re-
markäble omamentations on wood. All of these were of a
simple geometrical design, just as in the case of other
primitive peoples, yet they were interpreted by the natives
not as means of magic but as representations of objects.
A consecutive series of triangles whose angles were some-
what rounded off, was interpreted as a snake, and a series
of Squares whose angles touched, as a swarm of bees.
But the representations included also other things besides
luiinials. For iexample, a vertical series of triangles in which
the apexes pointed downwards and touched the bases of the
Pßxt Iowa: triangles, was regarded as a number of women's
44>rons — the Upper part was the girdle, and, attached to
jÄis» the apron. In a word, primitive man is inclined to
fUkiäL owcrete objects of this kind into his simple orna-
inental lioes. That we also can still voluntarily put ourseives
Wjto such an attitude, is testified to by Karl von den Steinen
himsdfÄiwhen he teils us that he succeeded without par-
ticttbur effort in discovering similar objects in certain simple
PRIMITIVE MAN 103
ornamentations. We here have a case of the psychical
process of assimilation. This is characteristic of all con-
sciousness, but, as might be supposed from the fact that
primitive peoples live continuously in the open, it is more
strongly in cvidence among them than among civilized races.
But the question now arises^ Which came first? Did
the Bakairi really wish to represent snakes, bees, women's
aprons, etc.> and reduce these to geometrical schematiza-
tions? Or did he, without such intention, first make
simple linear decorations, and later read into them, through
imaginative association, the memory Images of objects? The
latter is doubtless the case. For it is much easier first
to draw simple lines and then to read complicated objects
into them than it is, conversely, to reduce these pictures at
the outset to abstract geometrical Schemata. Indeed, when
the Bakairi wishes to draw real objects, he proceeds just
as our children do : he copies them as well as he can.
For example, the Bakairi occasionally draws fishes in the
sand for the purpose of marking out a path, or he attempts
to reproduce men and animals in a way strikingly similar
to our children's drawings. Evident ly, therefore, it was
not inability to draw the objects themselves that gave rise
to these primitive geometrical decorations. The decorat ions
came first, and the memory images of the objects of daily
perception were then read into them. The answer, however,
to the question as to why primitive man produces decorations
at all, is easily found by calling to mind the motives dis-
cemible in such uniform and simple series of figures as the
triangles and arcs which the Senoi and the Semangs cut
into bamboo. Because of the character of his locomotor
Organs, primitive man repeats the movements of the dance
at regulär intervals, and this rhythm gives him pleasure.
Similarly, he derives pleasure even from the regularly re-
peated movements involved in making the straight lines of
his drawings, and this pleasure is enhanccd when he sees
the symmetrica! figures that arise under his band as a
result of his movements. The earliest sesthetic Stimuli are
symmetry and rhythm. Wfi leam this even from the most
I04 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
primitive of all arts, the dance. Just as one's own move-
ments in the dance are an aesthetic expression of symmetry
and rhythm, so also are these same characteristics embodied
in the'earliest productions of pictorial art— in the begin-
ning, indeed, they alone are to be found. The primitive
song comes to be a song only as a result of the regulär
repetition of a refrain that in itself is unimportant. As
soon as primitive man produces lines on wood^ his
pleasure in rhythmic repetition at once leads him to
make these symmetrical. It is for this reason that
we never find decorations that consist merely of a
Single figure— a single triangle, for instance — but always
find a considerable number of figures together, either
above one another, or side by side, or both combined, though
the last arrangement occurs only at a somewhat more
advanced stage. If, now, these decorations are more and
more multiplied by reason of the increasing pleasure in
their production, we naturally have figures that actually
resemble certain objects. This resemblance is strengthened
particularly by the repetition of the figures. A single square
with its angles placed vertically and horizontally would
scarcely be interpreted as a bee, even by a Bakairi ; but
in a series of such Squares we ourselves could doubtless
imagine a swarm of bees. Thus there arise representations
resembling animals, plants, and flowers. Because of their
symmetrical form, the latter particularly are apt to become
assodated with geometrical designs. Yet on the whole the
animal possesses a greater attraction. The animal that forms
the object of the hunt is carved ujpon the bow or the blow-
pipe. ' This is a means of magic that brings the animal
within ränge of the weapon. It is magic, likewise, that
affords the explanation of the Statement of the Senoi and the
Semangs that the drawings on the combs of their women
are a means of protection against diseases. " These two sorts
of purposes illustrate the two forms of magic that are still
exemplified oh higher cultural tevels by the amulet, on the
one band, and the talisman, on the other— protection from
dangw, and assistänce in one*s personal undertakings. Niow
PRIMITIVE MAN 105
it is easy to understand how especially the complicated
decorations on the combs of the Malaccan tribes may,
through the familiär processes of psychical assimilation> come
to be regarded as living beings^ in the form either of
animals or of plants, and how these forms in tum may come
to be interpreted as sickness-demons. For, these demons
are beings that have never been seen ; hence the terrified
Imagination may all the more readily give them the most
fantastic shapes. Indeed^ we still find examples of this
in the more elaborate pictures of the art of some semi-
cultural peoples. Thus ako are explained many of the masks
used among the most diverse peoples. It is almost always
grotesque animal or human masks that are employed to repre-
sent fear-demons. The freer the sway of the imagination^
the easier it is to see the figure of a demon in any decora-
tion whatsoever. The multiplicity of the omamental draw-
ings^ moreover, meets the need for distinguishing a great
number of such demons^ so that a woman of the Senoi or
the Semangs carries about on her head the demoniacal
representation of all known diseases. For, according to an
andent law of magic, the demon himself has a two-fold
r61e— 'he both causes the sicktiess and protects against it.
Just as a picture is identified with its objecto so also is the
drawing that represents or portrays the sickness-demon re-
garded as the demon itself. Whoever carries it about is
secure against its attack. Both magic and coimter-magic
spring from a common source. The medicine-man who
exercises counter-magic must also be familiär with magic.
(The two are but divergent forms of the same magical
potency that has its birth in the emotions of fear and terror.
In summary ol what we have thus far leamed with
regard to the art of drawing among primitive men, it may
be said that this art is throughout one of magic and adorn-
ment. These are the two motives from which it Springs,
and which^ apparently, co-operate from the outset. The
mere drawing of lines in regulär and symmetrical repeti-
tion is due to that regularity of movement which also
finds expression in the dance, and^ evita prior to this.
io6 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOCVT
in ordinary Walking and running. But the artist him-
self then attributes a hidden meaning to t'iat which he
has created. Astonishment at his creation fuses with his
pleasure in it, and his wonder at the picmre that he has
produced makes of it, when animated and retransformed
by the imagination^ a magical object. The pictures carried
about on the person, or wrought on an object of daily use,
assist in guarding against diseases and other injuries^ or
they assure the success of the weapon and the implement.
In view of these characteristics of a purely magical
and decorative art, it may perhaps at first glance cause
surprise that there should be a people which, ahhough
primitive in other essential respects, has far transcended
this stage in artistic attainment, and has, apparently, fol-
lowed an entirely different direction in its pathway to art.
Such are the Bushmen. The primitive tribes mentioned
above show no traces of an art of drawing ; beyond sugges-
tions of a Single objecto it is absolutely impossible to find
representations of objects and their groupings such as are
common in the pictures of the Bushmen, which portray
particularly animals and, to a less extent, men. This is
all the more significant in view of the fact that, while
the Bushmen also decorate their weapons and Utensils
with magical and ornamental designs, these are of far less
importance than in the case of the primitive tribes referred
to above. The painting of the Bushmen, however, is obvi-
ously neither magical nor decorative in character. Origin-
ally these pictures seem to have been drawn in caves ; at any
rate, it is hcre that many of them have been found. We have
already indicated the importance of this primitive dwelling
fer the beginnings of a memorial art. When extemal im-
pressions are absent^ as in the cave, the imagination is all
the more impelled to preserve memories in self-created
picciures. The simpler of these resemble, in their charac-
teristics the drawings and paintings of present-day children.
But ive can plainly distinguish the more primitive work
Crom äriKt '%hich is more advanced ; the latter frequently
repiodlliDei ifl^ objeets with accuracy, particularly animals.
PRIMITIVE MAN 1107
such, for example, as the elk and also the giraffe, which is
a favourite object, probably because of its long neck. Occa-
sionally, indeed, a quadruped is still represented in profile
with only two legs, but most of the pictures are certainly
far beyond this childish mode of drawing. In generale
mineral pigments were used from the very outset, par-
ticularly red iron ore, blue vitriol, etc. We also find
mixtures of pigments, so that almost all colours occur.
Now it might, of course, be supposed that such a picture
of an animal has the same significance as attaches to the
drawing occasionally executed on the bow of a primitive
man for the purpose of magically insuring the weapon
of its mark. But the very places where these paintings
occur, far removed as they are from chase and battle,
militate agalnst such a supposition. An even greater objec-
tion is the fact that the more perfect pictures represent
scenes from life. One of them, for example, portrays the
meeting of Bushmen with white men, as is evident partly
from the colour and partly from the difference in the size
of the figures. Another well-known picture represents the
way in which the Bushmen steal cattle from a Bantu tribe.
The Bantus are represented by large figures, the Bushmen
by small ones ; in a lively scene, the latter drive the animals
away, while the far-striding Bantus remain far in the rear.
The picture reveals the joy of the primitive artist over
the successful escapade. This is not magical art, but plainly
exemplifies the first products of a memorial art. The one
who painted these pictures desired first of all to bring before
his memory that which he had experienced, and he doubt-
less also wished to preserve these scenes to the memory
of his kinsmen. This is memorial art in a twofold sense.
Memory renews the experiences of the past, and it is for
memory that the past is to be retained. But this art also
must still be classed as primitive, for it has not as yet
attained to tlie level of imitative art. It is not an art
that reproduces an object by a direct comparison of picture
with copy. This is the sense in which the present-day
Portrait or landscape painter practises imitation. £*
io8 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
where the primitive era transcended a merely magical or
decorative art, it did not advance beyond memorial art. The
Bushman did not have the objects themselves before him,
but created his pictures in accordance with his memory of
them. Moreovcr, suited as the cave is to the development
of a memorial art, it of itself makes imitative art impos-
sible. But höw can we account for the fact that the primitive
tribe of Bushmen attained to a level of art whose exclusion
of magical motives ranks it as relatively advanced, and which
must be estimated all the more highly because it is not shared
by the neighbouring African tribes? The Hottentots, for
example, no less than the Bechuanas and the Bantus, are
inferior in artistic accomplishments to the Bushmen, although
the culture of the latter is in other respects far below the
level of that of the former. May we say of this memorial art
what seems probable as regards the magical and decorative
art of the Inland tribes of Malacca and of Ceylon, namely,
that it arose independently from the same original motives as
the dance? The answer to this question depends primarily
upon the antiquity of these art productions. Do they date
back to an imtnemorial past, as we may suppose to be the
case with the decorations of the Veddahs and the Malaccan
tribes? There are two considerations, principally, that prove
the contrary, namely, that they are relatively recent
creations. In the first place, the paintings present the
pictures of animals, in particular of the horse and the sheep,
with which the Bushman has been acquainted at farthest
since the latter part of the eighteenth Century. True, these
anünals were brought into Cape Colony as early as the
seventeenth Century ; it was clearly not until later, however,
that the Bushmen became familiär with them. A second con-
sideration is the remarkable circumstance that these primitive
painters cmploy essentially the same tools as the Europeans.
This art has now, indeed, almost disappeared, the race having
been crowded back and depleted. But the remains show
that the painters possessed a stone plate on which they
mixed their paints and also a stone pounder with which the
mixing was done— that is, a palette and a pestle. Indeed,
PRIMITIVE MAN. 109
for applying the colours they occasionalfy utilized a paint«
brush made of fine splinters of bone, though some^ no
doubt, were content to do this with the fingers.
These are all signs which certainly suggest a not very
distant past. Moreover, art products cannot resemble each
other in so many respects without having some connection
in origin. Added to this is the fact that the very character
of such pictures as are still in existence scarcely allows
US to regard them as more than sixty to seventy years
old. From all of this we must conclude that this art is not
primitive at all, but was imported, resembling in this many
other things that gain entrance into the life of a primitive
tribe. If the essential elements of the Biblical account of
the Creation reached the Andamanese, who in other respects
are primitive, why may we not also suppose that a wander-
ing European artist at one time came to the Bushmen, even
before any other elements of European culture had become
accessible to them? Nevertheless, the fact that thb painting
exists indicates the presence of a remarkable tafent. This
brings us to our last problem in the psychology of primitive
man, to the question conceming his mental equipment in
generale
a. ;The Intellectual and Moral Characieristics of
Primitive Man.
For a general estimate of the mental characteristics of
a race or a tribe, the Observation of a Single individual
er of several individuals is not adequate. Judgment can
be based only on the totality of the various mental
phases of culture— language, custom, myth, and art. But,
if we would also obtain a conception of the mental capaci-
ties of a people or a tribe, we must take into further con-
sideration the mental endowment of the individual. For,
in the case of mental capacity, we must consider not merely
that which has actually been achlieved but also everything
within the possibility of attainment. Here, again, the stand-
point diffeis according as we are concemed (to limit our-
tio ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
selves to the two most important and typical aspects) witb
an Intellectaal or a moral estimate. These two aspects,
the intellectual, taken in its widest sense, and the moral,
are not only of supreme importance, but, as experience
shows, tfaey in no wise run parallel courses. For an under*
Standing of mental development in general, therefore, and
of the relation of these its aspects, the early conditions of
human cxiiture are particularly significant.
If, now, we ccHisider the general cultural conditions of
primitive man, and recall the very meagre character of his
extemal cultural possessions as well as his lack of any
Impulse to perfect these, we may readily be led to suppose
that bis inteltectual capacities also have remained on a
very low ptane of development. How, some have asked^
COuld the Bushman have dispensed for decades with fire«
arms— just as accessible to him as to the surrounding tribes
— unless he possessed a low degree of intelligence? Even
more true is this of the Negritos of the Philippines or
the Veddahs of Ceylon. How, unless their mental capaci-
ties were essentially more limited than those of their
neighbours, could they have lived in the midst of highly
cultivated tribes and have remained for decades on an un-
changed mental level? But we need to bear in mind two
oonsiderations that are here decisive. The first of these
is the limited nature of the wants of primitive man, a
oondition fostered, no doubt, by his relatively small inter-
course with neighbouring peoples. Added to this is the
fact that up to very recent times— for here also many changes
have arisc^i--the primitive man of the tropics has found
plenty of game and plant food in his forests, as well as
an abuodance of material for the clothing and adornment
ta wluch he is accustomed. Hence he lacks the incentive
ta atrive for anything beyond these simple means of satis-
tjkag his wants. It is agreed, particularly by the investi-
gators wfao have studied those tribes of Malacca and Ceylon
thirt have remained primitive, that the most outstanding
chaiactatiitic of primitive man is contentment. He seeks
Car naiMni furdier, since he either finds all that he desires
PRIMITIVE MAN m
in his cnvironment, or, by methods handed down from thc
ancient past, knows how he may produce it out of the material
available to him. For this reason the Semangs and Senoi,
no less than thc Veddahs, despise as renegades those mixed
tribes that have arisen through union, in the one case, with
the Malays, and, in the other, with the Singhalese and Tamils.
Alt the more firmly, therefore, do thcy hold to that which
was transmitted to them by their fathers. Together with
this limited character of their wants, we find a fixity of
conditionsy due to their long Isolation. The longer a set of
customs and habits has prevailed among a people^ the more
difficult it is to overturn. Prior to any change we must, in
such cases, first have mighty upheavals, battles, and migra-
tions. To what extent all deeper-going changes of culture
are due to racial fusions^ migrations, and battles wc shal)
presently scc. The tribes that have remained relativcly
primitive to this day have led a peaceful existence since im-
memorial times. Of course, the individual occasionally slays
the man who disturbs his marriage relations or trespasses
upon his hunting*grounds. Otherwise, however^ so long
as he is liot obliged to protect himself against peoples
that crowd in upon him, primitive man is familiär with
the weapon only as an implement of the chase. The
cid picture of a war of all wixh all, as Thomas Hobbes
once sketched the natural State of man, is the very
reverse of what obtained. Thc natural condition is one
of peace, unless this is disturbcd by cxtemal circum-
stances« one of the most important of which is con'.act
with a higher cuhure. The man of nature, howe-.er,
suffcrs less from an advanced culture than h^ ^^r^.^
from the barbarism of semi-culture. But wh-srr.r-. ^r ^
struggle arises for the possession of the soil axuj ^ ^ .^^
means of subsistence which it furnishes, ^^'^•cul* ^ ^ ^^^
comc to include more peoples than arc usualljr r^^f^ ^ ^
belonging to it. The war of cxtenninatioD zgair^^S^-f^^
race was carried on by the pious New Eiigü^--^ ^ ^^
with somewhat different, though widi ica.r-_^.^^ ^5-; '
weapons than the Hottentots and ^ttfg^ ^^"""""^äw
.•p
112 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
against the Bushxnen, or the Monbuttus against the Negritos
of Central Africa.
It is characteristic of primitive culture that it has
failed to advance since immemorial times, and this acconnts
for the uniformity prevalent in widefy separated regions
of the earth. This, however, does not at all imply that«
within the narrow sphere that constitutes his worl^ the in-
telligence of primitive man is inferior to that of cultura) man.
If we call to mind the means which the former employs
to seek out, to overtake^ and to entrap his game^ we have
testimony both of reflection and, equally so, of powers of
Observation. In order to capture the larger game, for
example, the Bushman digs large holes in the ground, in the
middle ot which he constructs partitions which he covers witb
brush. An animal that falls into such a hole cannot possibly
ifork its way out, since two of its legs will be on one
side of the partitional division and two on the other.
Smaller animals are captured by traps and snares similar
to those familiär to us. The Negritos of the Philippines,
furthermore, employ a very clever method for securing wild
honey from trees without exposing themselves to injury
from the bees. They kindle a fire at the foot of the tree,
causing a dense smoke. Enveloped by this, an individual
dimbs the tree and removes the object of his desire, the
smoke renderijig the robber invisible to the scattering
swarm. It is thus that the Negritos secure honey, their most
precious article of food. How great, moreover, is the in-
ventive ability required by the bow and arrow, undoubtedly
fasfaioned even by primitive meni 1 We have seen, of course,
tibat these inventions were not snatched from the blue, but
tfaat they were influenced by all sorts of empirical elements
•lid probably also by magical ideas, as in the case of the
tiMthfTi"g of the arrow. Nevertheless, the assembling and
of these elements in the production of a weapon
to the conditions of primitive lif e is a marvellous
jl, scarcely inferior, from an intellectual point of
^to 4ift invention of modern firearms. Supplementing
tUv^ VftcÄwe the testimony of observers concerning the
PRIMITIVE MAN 113
general abifity of these races. A missionary teacher in
Malacca» whose school included Chinese, Senoi, and Malays,
gave first rank to the Chinese as regards capacity, and
secx)nd place to the Senoi, while the Malays were graded
last, though they, as we know, are held to be a relatively
talented race. Now, this grading, of course, may have
been more er less accidental, yet it allows us to conclude
that the intellectual endowment of primitive man is in itself
approximately equat to that of civilized man. Primitive
man merely exercises his ability in a more restricted field ;
his horizon is essentially narrower because of his content-
ment imder these limitations. This, of course, does not
deny that there may have been a time, and, indeed, doubt-
less was one, when man occupied a Iower intellectual plane
and approximated more nearly to the animal State which pre-
ceded that of human beings. This ear liest and lowest level
of human development, however, is not accessible to us.
But what, now, may be said concerning the moral
characteristics of primitive man? It is clear that we must
here distinguish sharply between those tribes that have
hitherto remained essentially unaffected by extemal influ-
ences and those that have for some time past eked out a
meagre ezistence in their struggle with surrounding
peoples of a higher culture. The primitive man who
stiU lives uninfluenced by surroimding peoples— typical
examples are, in general, the natural Veddahs of Ceylon
and the Inland tribes of the Malay Peninsula—presents an
entirely differeiit picture from that of the man who seeks in
the face of dif&culties to protect himself against his environ-
ment. Ijn the case of the tribes of Ceylon and Malacca, the
somewhat civilized mixed peoples constitute a sort of pro-
tective zone, in the former case against the Singhalese and
Tamils, in the latter, against the Malays. These mixed
peoples are despised, and therefore they themselves
hesitate to enter into intercourse with the primitive
tribes. Thus they offer an outer buttress against inpressing
culture. The result is that these primitive peoples continuc
to live their old life essentially undisturbed. Now,
9
CHAPTEK II
THE TOTEMIC AGE
I. The General Character of Totemism.
The ezpiession * totemic age * involves a widened application
et the term * totem/ This word is taken from the language
of die Ojibways or, as the English call them^ the
Chippewa Indians. To these Indians of the Algonquin
mce, the 'totem* signified first of all a group. Persons
belong to the same totem if they are feUow-members in a
group which fonxfi part of a tribe or of a clan. The tend
* clan,' suggested by the ctan divisions of the Scottish High«
landers, is the one usuatly employed by English ethnologists
in refetring to the smaller divisions of a tribe. The tribe
obnsists of a number of clans, and each clan may include
sevenU totems. As a rule, the totem groups bear animal
names. In North America, for example, there was an
eagle totem, a wotf totem, a deer totem, etc. In this case
die animal names regularly refer to particular clans within
m tribe ; in other places, as, for example, in Australia,^
fhey designate separate groups within a clan. More-
over, die totem animal is also usually regarded as the
aäcestral animal of the group in question. ' Totem,' on
die öne band, is a group name, and, on the other, a name
iiididktrre öf ancestry« In the latter connection it has also
a mythological significance. These various ideas, however,
interplay in numerous ways. Some of the meanings may
recede, so that totems faave frequently become a mere
Domendature of tribal divisions, white at other times the
idea of «acestry, or, perbaps abo, the cult significance, pre-
tii
THE TOTEMIC AGE 117
dominates. The idea gained ground until^ directly or
indirectly, it finally permeated all phases of culture. It
is in this sense that the entire period pervaded by this
culture may be called the ' totemic age.'
Even in its original significance— as a name for a group
of members of a tribal division or for the division itselt--
the conccption of the totem is connected with certain
characteristic phenomena of this period, distinguishing it
particularly from the culture of primitive man. I refer to
tribal division and tribal Organization. The horde, in which
men are united purely by Chance or at the occasional call of
some undertakingy only to scatter again when this is com-
pleted, has disappeared. Nor is it any longer merely the
Single family that firmly binds individuals to one another ;
in addition to it we find the tribal division, which originates
in accordance with a definite law of tribal Organization and
is subject to specific norms of custom. These norms, and
their fixed place in the beliefs and feelings of the tribal
members, are connected with the fact that originally, at all
events, the totem animal was regarded, for the most part, as
having not merely given its name to a group of tribal
members but as having actually been its forefather. In so
far, animal ancestors apparently preceded human ancestors.
Bound up with this is the further fact that these animal
ancestors possessed a cult. Thus, ancestor cult also began
with the cult of animals, not with that of human ancestors.
Aside from specific ceremonies and ceremonial festivals,
this animal cult originally found expression primarily in the
relations maintained toward the totem animal. It was not
merely a particulär animal that was to a certain extent held
sacred, but every representative of the species. The totem
members were forbidden to eat the flesh of the totem animal,
or were allowed to do so only under specific conditions.
A significant counter-phenomenon, not irreconcilable with
this, is the fact that on certain occasions the eating of the
totem flesh constituted a sort of ceremony. This likewise
impUes that the totem animal was held sacred. When this
conception came into the foreground, the totem ide
Ii8 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
became extended so as to apply^ particularly in its cult
motives and effects, to plants, and sometimes even to stones
and other inanimate objects. This, however, obviously
occurred at a later time.
From early times on, the phenomena of totemism have
been accompanied by certain forms of tribal Organization,
Every tribe is first divided, as a rule, into two halves.
Through a further division, a fairly large number of clans
arise, which, in tum, eventually split up into subclans and
separate totem groups. Each of these groups originalty
regarded some particular totem animal or other totem object
as sacred. The most important social aspect of this totemic
tribal Organization, however, consists in the fact that it
involved certain norms of custom regulating the intercourse
of the separate groups with one another. Of these norms»
those governing marriage relations were of iirst importance.
The tribal Organization of this period was bound uj) with
an important institution, exogamy^ which originated in the
totemic age. In the earliest primitive period every tribal
member could enter into marriage with any woman of the
tribe whom he might choose ; according to the Veddahs^
even marriage between brother and sister was originally
not prohibited. Thus, endogamy prevailed within the primi-
tive horde. This, of course, does not mean that there was
no marriage except within the narrow circle of blood
relationship, but merely that marriage was permitted
between dose relatives, more particularly between brothers
and sisters. The exogamy characteristic of totemic tribal
Organization consists in the fact that no marriages of any
Idod are allowed except between members of diflferent
tribal divisions. A member of one particular group can
fQter into marriage only with one of another group, not
with a person belonging to his own circle. By this means,
totemic tribal Organization gains a powerfui influence on
custom. ' Through marriage it comes into relation with all
phenomena connected with marriage, with birth and death
and the ideas bound up with them, with the initiation
ceremome« in which the youths are received into the
THE TOTEMIC AGE 119
association of men, etc. As a result of the magical signifi-
cance acquired by the totem animal, special associations
are fonned. These become united under the protection of
a totem animal and give impetus to the exoteric cuh
associations^ which^ in their tum^ exercise a profound influ-
ence upon the conditions of life. Though it is probable
that these associations had their origin in the above-
mentioned men's clubs, their organizing principle was the
totem animal and its cult.
Besides its influence on matters connected with the rela-
tions of the sexes, the totem animal was the source of
several other ideas. After the separate tribal group has
come to fed itself united in the cult of the totem animal,
a Single individual may acquire a particular guardian
animal of his own. Out of the tribal totem there thus
develops the individual totem. Then, again, the different
sexes, the men and the women of the tribe, acquire their
special totem animals. These irradiations of the totemic
conception serve partly to extend it and partly to give it
an irregulär development. Of the further phenomena that
gradually come to the foreground during the totemic age,
one of the most important is the growing influence of
dominant individual personalities. Such personalities, of
course^ were not unknown even to the primitive horde,
on the occasion of important undertakings. But tribal
Organization for the first time introduces a permanent
leadership on the part of Single individuals or of several who
share the power. Thus, totemism leads to chieftainship as
a regulär institution— one that later, of course, proves to be
among the foremost factors in the dissolution of the age that
gave it birth. For chieftainship gives rise to political Organ-
ization ; the latter culminates in the State, which, though
destroying the original tribal Organization, is, nevertheless,
itself one of the last products of totemic tribal Institut ions.
j With the firmer union of tribal members there comes
also tribal warf are. So long as primitive man remains com-
paratively unaffected by other peoples, and particularly by
those öf a different cultural level, he lives, on the whole, in
I20 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
a State of peace. An individual may, of course, occasiohally
raise his weapon against another person^ but there are no
tribal wars. These do not appear until the period of
totemism, with whose firm social Organization they are
closely connected. The tribe feels itself to be a unit, as
does likewise each subordinate clan and group. Hence^
related tribes may unite in common undertakings. More fre-
quently, however, they fall into dissension, and warfare must
decide their Claims to the possession of territory or to a
disputed hunting-ground. This warfare finds contributory
causes in tribal migrations. New peoples, some of them
perhaps from stränge tribes, enter into a territory and crowd
out its inhabitants. Thus, war and migration are closely
connected. Strife between tribes and peoples-^hat is, war-
fare—^egins with culture in general, particularly with
the most primitive social culture, as we may doubtless
designate totemism in distinction from the still more primi-
tive life of the horde.
This leads to a number of further changes. Tribal owner-
ship of the land becomes more firmly established, as does
also the custom of allotting a particular share to the clan.
Personal property, moreover, comes to be more and more dif-
ferentiated from the possessions of the group. Trade, which
in primitive times was almost entirely restricted to secret
barter, becomes pubUc, and is finally widened into tribal com-
merce. When this occurs, great changes in external culture
are inaugurated. Implements, weapons, and articles of dress
and of adomment are perfected. This stage having been
attained, the totemic age advances to a utilization of the
seil in a way that is unkhown to primitive man. The land
is cukivated by means of agricultural implements. Of these,
however, the hoe long continues to be the only one ; though
it supplants the digging-stick, its use depends on human
power alone. The care and breeding of animals is also
uidertaken ; the herdsman's or, as it is usually called, the
life is inaugurated. The breeding of useful
animals, in particular, is very closely connected
with tMeoüsm. The animal, which at the beginning of
THE TOTEMIG AGE 121
the period was regarded as sacred, acquires the Status of a
work animal. It loses its dominion over mankind ; instead,
it becomes a servant, and, as a result, its cult significance
gradually vanishes. The very moment, however, that marks
the passing of the sacred animal into the useful animal also
signalizes the end of the totemic era and the beginning of
the age of heroes and gods.
These various traits are far from' giving us a complete
picture of the wide ramifications of totemic ideas and
customs. Enough has been said, however, to indicate how
the totemic conception first widens and deepens its influ-
ence, permeating the external social Organization no less
than the separate phases of society, and then finally leads
on to its own dissolution. It is precisely this that justifies
US in calling the entire period the totemic age. Yet the
boundaries of this period are naturally much less clearly
defined, or sharply demarcated as to beginning and end,
than are those of the preceding primitive age. Man is
primitive so long as he is essentially limited in his immediate
means of support to that which nature directly offers him
or to the labour of his own hands. But even in its begin-
nings the totemic age transcends these conditions. Tribal
Organization and the connected phenomena of war, migra*
tion, and the b^innings of open trade relations are cultural
factors which from the outset represent an advance beyond
the primitive State. But the lower limit of the age cannot
be definitely fixed ; still less can we determine the point at
which it terminates. The chieftain of the totemic age is the
forerunner of the ruler who appears in the succeeding period.
Similarly, totem animals are even more truly the precursors
of the later herd, and of agricultural animals. Thus, it is
iiot at all permissible to speak merely of a culture, as
one may do in the case of the primitive age. There are
a number of different cultures— indeed, several levels of
culture, which are in part co-existent but in part follow
upon one another. Their only similarity is the fact tliat
they all cxhibit the fundamental characteristics of the totemic
age. Consider the Veddahs of Ceylon, the Negritos of tb*
122 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
Philippines, the Inland and forest-dwelling tribes of Malacca.
When we have described the general cultural conditions of
one of these tribes, we have given the essentlal features öf
all. This, however, is far from true in the case of totemisni,
for this includes xnany forms of culture and various periods
of development. Even in speaking of levels of culture we
may do so only with the reservation that each level in its
tum includes within it a large number of separate forms
of culture, of niunerous sorts and gradations. Moreover,
the extemal culture, reflected in dress and habitation, in
personal decoration, in implements and weapons, in food
and its preparation, does not in the least parallel the
social phenomena represented by tribal Organization,
marriage relations, and forms of rulership. Though the
general character of the Polynesian peoples permits (their
inclusion within the totemic age, their tribal Organization
ezhibits the characteristics of totemic society only imper-
fectly. In other aspects of their culture, however, they
rank far higher than the Australians or some of the
Melanesian tribes ; these possess a very complex social
Organization, but are, nevertheless, only slightly superior, on
the whole, to primitive peoples. Thus, the various phases
of totemic culture may develop in relative independence of
one another, even though they are in constant interaction.
This is true particularly in the sense that the more developed
totemic customs and cults occur even on low cultural levels,
whereas, on the other band, they more and more disappear
witfa the piogress of culture.
s: The Staoes op Totehic Culture.
We cannot undertake to describe the extraordinarily rieh
esctiemal culture attained by those groups of peoples who
t^y, in the main, be counted as belonging to the domain
öf totemism. This is the task of ethnology, and is not
öf 'dedfthre importance for foDc psychology. True, in the
c^ ;'öt {Mrindtive man, the conditions of extemal culture
#CTB tottitaid in some detail. This was necessary because
THE TOTEMIC AGE 123
of the close connection between these conditions and the
psychical factors fundamental to all further development.
The beginning of the totemic period marks a great change.
New forces now come into play^ such as are not to be found
among the universal motives that have controlled the life of
man from its very beginning. Of these forces there is one
in particular that should be mentioned — one that is practi-
cally lacking among primitive tribes. This consists in the
reciprocal influences exercised upon one another by peoples
who occupy approximately the same plane of culture but who
nevertheless exhibit certain qualitative difTerences. Migra-
tions are also an important f actor in the totemic age^ as well
as is the tribal warfare with which migrations are connected.
If we dbregard these qualitative differences and attempt
to introduce a degree of order into the profusion of the
totemic world solely on the basis of general cultural charac-
teristics^ we may distinguish three great cultural stages, of
which the third, again, falls into two markedly different
divisions. We may ignore certain isolated remnants of
peoples that are scattered over ahnost all parts of the world
and exhibit very unlike stages of civilization, in order
to give our exclusive attention to those forms of culture that
belong to compact groups. In this event we shall find
that the lowest stage is unquestionably exemplified in the
Australian region^ as well as by some of the Melanesian
peoples. Above this, we have a second level of culture,
the Malayo-Polynesian. Wide as is the difference between
these cultures, they are nevertheless connected by numerous
transitional Steps, to be found particularly in Melanesian
and Micronesian regions. The third stage of totemic culture
itself falls into two essentiaJly different divisions, the
American, on the one band, and the African, on the other.
These divisions, of course, include only the so-called
natural peoples of these countries, or, more accurately ex-
pressed, those tribes which, as regards the characteristics
of their social and particularly of thejr reügious development,
still belong to totemic culture.
The fact that Australian cultari^ in spite of its highly
134 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
oomplex tribal Organization, occupies the low^t plane of
all, itself indicates how great may be the discrepancy
between totemism in general and the direct influenae which
it exerts upon tribal Organization and extemal culture. This
explains why the Australian native was regarded, up to
very reoent times, as the typical primitive man. As a matter
of fact, his general culture differs but slightly from that
of primitive races. The Australian also is a gatherer and
a bunter, and shows no trace of a khowledge of agriculture
nor, much less, of cattle-raising. Even his faithfui domestic
animal, the dog, is rarely used for hunting, but is regarded
flolely as the companion of man. Among the Austialians,
Cherefore, the woman still goes about with digging-stick in
haiidy seeking roots and buibs for food. Man's life still
oentres about the chase, and, when one himting*ground
beoomes impoverished, he seeks another. Likewise, there
is no systematic care for the future. The food is prepared
directly in the ashes of the fire or between hot stones— €or
CQoking is not yet customary— and fire is produced by friction
or drilling just as it is by primitive man. His Utensils also
are in essential harmony with his general culture.
But there is one im^portant diflference. There has c<Hne
a change of weapon. This change points to a great revolu-
tion inaugurated at the beginning of the totemic age. Primi-
tive man possesses only a long-distance weapon ; for the
most part he uses bow and arrow. With this weapon he
kills his game ; with it the indivldual slays his enemy from
ambush. On the other band, war between tribes or tribal
divisions, in which large numbers are opposed, may scarcely
be Said to exist. This would not be possible with bow and
arrow. Thus, the very fact that this is the only weapon
indicates that relatively peaceful conditions obtained in
|»rimitive culture. Quite otherwise with the Australian i
V^ in»qpon8 are markedly different from those of primitive
iDftD. Bow and arrow are practically unknown to him ; they
am fouad only among the tribes of the extreme north,
having pzobably entered from Melanesia. The real weapons
ol.tlie AmmUan are the wooden missile and the javelin.
THE TOTEMIC AGE 125
The wooden missile, bent either simply or in the form of
a boomerang, whose above-mentioned asymmetrical curve
is designed to cause its return to the thrower, is a
long-distance weapon. For the most part, however, it
is employed only in hunting or in play. The same
remains tnie, to some extent, also of the javelin. The
latter has reached a perfected form, being hurled, not
directly from the band, but from a grooved board. The
pointed end of the javelin extends out beyond this groove ;
at its other end there is a hoUow into which is fitted a peg,
usually consisting of a kangaroo tooth. When the spear
is hurled from the board this peg insures the aim of
the öhot, just as does the gun-barrel that of the bullet ;
the leverage increases the ränge. There are also other
weapons which are designed for use at close ränge — the
long spear, the club, and, what is most indicative of battle,
the shield. The latter cannot possibly be a hunting imple-
ment, as might still be the case wlth the spear and tUe
club, but is a form of weapon specifically intended for battle.
The shield of the Australian is long, and usually raised
toward the centre. It covers the entire body, the enemy
being attacked with spear or club. Thus, the weapons reflect
a condition of tribal warf are.
The second g^eat stage of culture, which we may call,
though somewhat inaccurately, the Malayo-Polynesian, offers
a radkally different picture. To a certain extent, the rela*
tion between tribal Organization and extemal culture is here
the reverse of that which obtains in the Australian world.
In Australia, we find a primitive culture alongside of a highly
developed tribal Organization ; in the Malayo-Polynesian
region, there is a fairly well developed culture, but a tribal
Organization which is partly in a State of dissolution and
partly in transition to further political and social institu-
tions, including the Separation of classes and the rulership
of Chiefs. Evidently these latter conditions are the result
of extensive racial fusion, which is incomparably greater
in the Malayo-Polynesian region than in Australia. Tnie,
we no longer harbour the delusion that Australia is inhabi
136 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
by a uniform popuIation. It also has been subject to great
waves of immigration, particularly from New Guinea^ from
whence came the Papuans, one of the races which itself
attained to the Malayo-Polynesian level of culture. Naturally
the Papuan infliix affected chiefly the northem part of
Central Australia. The Tasmanian tribe, now extinct^ was
probably a remnant of the original Australian popuIation.
But migrations and racial fusions have caused even greater
changes among those peoples who^ culturaUy, must be
classed with the Malayo-Polynesians. Here likewise there
are many different levels, the lowest of which, as found
among the Malayo-Polynesian mixed popuIation, was yet but
slightly higher, in some respects, than Australian culture,
whereas the culture of the true Malays and Polynesians has
already assumed a more advanced character. Ethnology is
not yet entirely able to untangle the complicated problems
connected with these racial fusions. Much less, of course, can
we tmdertake to enter into these controversial points. We
here call attention merely to certain main stages exhibited
by the extemal culture of these peoples, quite aside from
oonsiderations of race and of tribal migrations. The
Negritos and the Papuans of various parts of Melanesia
pos^ess a culture bordering on the primitive— indeed, they
may even be characterized as primitive, since they possess
cbaracteristics of pretotemic society. Of these tribes, the
Bapuans of New Guinea and of the islands of the Torres
Stzaits dearly manifest totemic cbaracteristics, while yet
pbsaetsing special racial traits that are exceptionally pro-
noünced. They differ but little from primitive man,
hinrever, so far as concems either their method of
securing food or their dress, the latter of which is
exceedingly scanty and b made, for the most part, of plant
materials. But these peoples, just as do the Australians^
have weapons indicative of battles and migrations ; more-
Gver, they exhibit also other marks of a somewhat developed
culture. The Papuans are the first to change the digging-
stick 10^^ hoe, a useful implemeni in tilling the soil. In
this firi i the Iioe^ die point is tumed so as to form
THE TOT53CC AGE 12-
an acute aacle via. rxe ^nfr n wcjch :: is ainiciied.
Hence die soiI » acc dZei s. ±.e •^■tr-y cf ibe jater iK>e*
culture proper : aorhirg i=cc? is dooe ih>in to dmw
funows intD wfüch ±e ^eecs are scanered. In niany
respectSy hofvever, diis prtziiihe iziplemenc represenis a
great advance orer xb^ :=ecbod cf simply gatheiing food
as practised wfaicn the digging-sück alone was known.
It b the man who makes the fiirrows with ihc hoc»
since the kx»enxng of the ground requires his greatcr
strength ; he walks ahead, and the woman follows with the
seeds, which she scatters into the furrows. For the first
time, thus, we discem a provision for the future» and also a
common tilling of the soil. The gathering of the fruits
generally devolves upon the woman alone. But evcn an\ong
the Papuans this first step in the direction of agriculture in
found only here and there. The possibility of cxicrnal
influences therefore remains.
Far superior to the Papuan race is the Microncsian
Population, which, as regards its racial traits, is intcrmcdiute
between the Melanesians and the Polynesians. Migration
and radal fusion here become increasingly important cuUural
factors. In their beginnings, these factors already manlfrnt
themselves in the wanderings of the Papuan and tiryj'wn
tribes. One of the most striking discovcricH of inodmi
ethnology is the finding of distinct traces of Pa|>uan-Ni-Kriiii:
culture in regions, such as the west coast of Af rica, wliir h arr-
very remote from the original home of the culture in qu#rn.
tion. The Papuan races likcwise wandcrcd far arronn th*:
Indian Ocean. Obviously there wcrc Pariuan rriiKraiionn,
probably in repeated trains, irom Scw Guini^a ;a/.ro%-; \U^,
Torres Strait to Northern Australia, whcrc th-^y ^-,-:fll ♦., h;,vn
influenced social institutions and cixstotm a^ w-:II a-, rztnrr»;il
culture. Above the level of the Nefifrito and l-^in^^u |^v,pl^^,
who, in their numerous fusions, ^•^^^'^'^ *'''''' >jv^kx'^
strata, we finaUy have the Malayo-Polyivt^i^ri l/'.j,,;^.^^
The Malayo-Polynesians are widcly tpread //-z^, u,^ %,vj/>^
and sub-tropical regions of the ^^' K-^^i-^^ ,^ .j,gr
significance for the particular st»«« « Mß::un:u r^^^ ^
tt$ ELElfENTS OF TGLK PSYCHOLOGY
difCOMioiiy we have caOed die entirc cnltaral period by their
Mme* Tbe fragmeots of the Negrito and P^iiian racts,
wUcfa are fcattered here and there over limited sections of
the broad territory oovered by the wanderings of these
tribei, apparently represent remnants of the original inhabi*
tants. Af the retult of long isolation, certain groups of these
peoplet have remained on a very primitive plane, as have,
for example» the above-described inland tribes of Malacca»
or the peoples of Ceylon and of other islands of the Indian
archlpelago. Others have mingled with the Malays, who
have come in from the mainland of India, and with them
have formed the numerous levels and divisions of the
Malayo^Polynesian racc. This accounts for the fact that
thtt Octanic group of peoples includes a great many forma
of tulhir«) which are not, however» susceptible of any sharp
dnmarcation. The culture of the Negritos and the Papuans»
tm the one hand, is as primitive as is that of the Australians
-4iideed| isolated fragments of perished races were even
ttmtt primitive than are the Australians ; on the other hand,
howevtir> soine of the Malayo-Polynesian peoples are already
daddedly in advance of any other people whose culture falls
iirithin the totemic age.
The Chief ethnological problem^ relating to these groups
of peoples concems the origin of the Malays, whq, without
doubt» have given the greatest impetus to the cultural
devdopment of these mixed races. This problem is as
jyet untohred, and is perhaps insolvable. The Malay type,
however, paiticularly on its physical side, points to Eastem
Asia. Hie resemblance to the Mongolians as regards
eyes, skuU» and colour of skin is unmistakable. At the
time^ hovever, the original Malays probably every-
mized with the native inhabitants, remnants of whom
have sprvived in certain places, paiticularly in the in-
accessible forest regions of the Malayan archipelago. Now,
tho llalays were obviously, even in very early times, a
ndgimtory people. Their wanderings, in fact, were far more
than any other folk-migrations with which we
in tho hiftory of Occidental peoples. Start-
THE TOTEMIC AGE 129
ing, as we may suppose, in Central Asia, that great cradle
of thc human race, they spread to the coasts, particularly
to Indo-China, and then to the large islands of Sunda,
Sumatra, and Bomeo, to Malacca^ and, farther, over the
entire region of Oceania. Here, by mixture with the native
popolation, they gave rise to a new race, the Polynesians
proper. O But the Polytiesian portion of the race ako pre-
served the migratory Impulse. Thus, the Malayans were the
first'to create a perfected form: of boat, and to it the Poly-
nesians added many new features. Thenceforth the Malay
was not restricted to dangerous coast voyages, as was the
case with the use of such boats as those of the Australians or
the Papuans of New Guinea. It was a boat of increased size,
equipped with sails and oars and often artistically fitted out^
in which the Malay traversed the seas. With the aid of these
boat&— which were, at best, small and inadequate f or a voyage
on the open sea — and at a time when the compass was as yet
unheard of and only the starry heavens could give approxi-
mate guidance to their course, the Malays and Polynesians
traversed distances extending froni the Philippines to New
Zealand. Of course, these expeditions advanced only stage
by stage, from island to island. This is shown by the
legends of the Maoris of New Zealand, who were clearly
the first of the Polynesians to migrate, and who therefore
remained freest from mixture with stränge races. The sama
fact IS attested by the great changes in dialect which the
Malayan language underwent even in the course of the
migrations of the Malays— <:hanges which lead us to infer
that to many of the island regions settled by these peoples
there were repeated waves of inmiigration separated by
intervals of centuries.
Connected with this is a further important factor— one
which exercised a destructive influence upon the original
tötemism, only a few traces of which have survived among
these tribes. ' The boatman, alone on the broad seas, with
only the starry firmament to direct his course, tums his
gaze involuntarily to the World of stars which serves as his
guide. Thus, particularly in Polynesia, there sprang up
10
I30 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
a celestial mytholog>'. This, in turn, again reacted upon
the Interpretation of terrestrial objects. By breaking up
tribes and their divisions, furthermore, the migrations
destroyed the former tribal Organization and, through the
influence gained by occasional bold leaders on such expe-
ditions, gave rise to new forms of ruiership. An added
factor was the change of environment, the effect of which
was noticeable even at the beginning of totemic culture in
the influence which the Papuan migration exercised upon the
northem parts of Australia— the parts most accessible to
it. The Oceanic Islands ar<e as poor in animal life as they
are rieh in plants. The totemic ideas prevalent in these
regions, therefore, came more and more to lose their original
basis. This accounts for the fact that the entire domain
is characterized by two phenomena which are far in
advance of anything analogous that may be found on similar
culturat levels in other parts of the earth. One of these —
namely^ the development of a celestial mythology— scarcely
occurs anywhere eise in so elaborate a form. Of course,
we also find many clear traces of the influence of
celestial phenomena in the mythological conceptions of the
Babylonians and Egyptians^ of the Hindoos, the Greeks,
the Germans, etc. But the elements of celestial mythology
have here been so assimilated by terrestrial legend-material
and by heroic figures as to be inseparable froni them.
Thus, the celestial elements have in general become
secondary features of mythological conceptions whose
characteristic stamp is derived from the natural phenomena
of man's inmiediate environment. Even the celestial origin
of these elements has been ahnost entirely lost to the populär
oonsciousness which comes to expression in the legend. The
case is entirely different with the celestial mythology of the
Polynesians, particularly as it occurs in the legends of the
lÜaoris. In thfe latter, the celestial movcments, as directly
lieroeived« fumish a large part of the material for the mythical
tales. These deal with the ascent of ancestors into the
heavans or their descent from heaven, and with the wander-
iofs and idattinies of the original ancestors, who are regarded
THE TOTEMIC AGE 131
as embodied in tbe sun, moon, and stars ; thus, they differ
f rom tbe mythologies of most cultural peoples, in that they are
not simply deity legends that suggest celestial phenomena in
only occasional details. Moreover, no mention of ancestral
or totem animal occurs in Polynesian mythology. There are
only occasional legends, associated with the mighty trees
of this island-world, that may perhaps be traceable to
the plant totems of Melanesia. Such being the conditions,
it might secm that, in any case, we are not justified in
including the entire Malayo-Polynesian cuhure within the
totemic age. Nevertheless, quite apart fr(Hn the fact that
the other phases of externa! culture are all such as indicate
the totemic stage of development, the obviously primitive
character of the celestial legends themselves—for they have
not as yet developed true hero and deity conceptions— marks
this culture as one of transition. Its totemic basis has
almost disappeared ; yet the earlier manner of securing
food, the modes of dress, the decoration, and the belief in
spirits and magic have essentially remained, even though
decoration and weapons, particularly, have undergone a far
richer development. Thus, the extemal decoration of the
body reached its highest perfection in the artistic dot-
patterns exempliüed in the tattooing of the Polynesians. The
origin of this bodily adornment is here again probably to be
traced to magical beliefs. The Polynesians aho possess
carved wooden idols and fantastically shaped masks. To the
bow and the lance they have added the knife and the sword ;
to the long shield, the smalt, round shield, which serves for
defence in the more rapid movements of Single combat.
Many locaKties also have a peculiar social institution, like«
wise bound up with the development of warfare initiated by
migration and strife. This institution consists in an exclu-
sive Organization comprising age-gtoups and the men*s club.
The latter, in tum, are themselves symptomatic of the disinte-
gration of the original totemic tribal divisions. There is,
moreover, one further custom, taboOy which has grown up
under totemic influences and has received its riebest
developiAent with manifold transformations and ramifir
131 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
ÖOQS within diis reiy transitional culture of Polynesia. The
ejLiüest form of taboo, which oonsists in the prohibition
of eanx)^: thr flesh of the totem animal, has, it is true,
disippeared. But the idea of taboo has been trans-
ferred to a great number of other things^ to sacred
pUces. to ob;ects and names, to the person and property
of individuals^ particularly of Chiefs and priests. The
tremendous inüuence of these phenomena, whose origin is
closely inteitwined with totemism, clearly shows that this
cfitire culmre belongs essentially to the totemic age.
\'ery diffcrent is the tlürd stage of totemic cuhure.
As was remarked abo\-e, this falb into two essentially
distinct divisions of apparently very different origin.
Amencan culture, on the one band, represents a remark-
able otfshoot of totemic beliefs ; besides this there is the
African culture, which» because of peculiar conditions, again
connected with racial fusion, is^ in i>art, far in advance of
the totemic age, though in some details it clearly represents
a unique de\-elopment of it. To one who wishes to gain a
coherent picture of totemic culture, nothing, indeed, is more
surprising than the fact that foremost among the peoples who
may be regarded as the representatives of this great epoch
are the Australians. Strange to say, the condition of the
Australians approximates to that of primitive man. On the
otber band» the North American Indians, particularly those
of the Atlantic Coast regions, may be classed among semi«
cttltund peoples, and yet they seem, at first glance, to have
made exactly the same social application of totemic ideas as
have the Australians. The typical tribal Organization of the
Australians and that of the Iroquois tribes who formerly
lived in the present State of New York, are, in fact, so very
similar that a superficial view might almost cause them to
appear identical. This is all the more surprising since we
have not the slightest ground for supposing any transference
of institutions. That which makes the similarity so striking
is primarily the fact that the single groups or clans are
designated by animal names, that they entertain the con-
ception of an animal ancestor, and that the regulär tribal
THE TOTEMIC AGE 133
Organization is based on the principle of dual division.
Nevertheless^ the more advanced culture of the Iroquois has
ahready led to certain changed conditions. The animal
ancestor recedes to some extent. In its stead^ tbere are asso-
ciated with the animal other conceptions, such as are con-
nected with more systematically conducted hunting. The
American Indian^ in contrast to the Australian, no longer
regards the totem animal as a wonderful and superior being,
to be hunted only with fear and not to be used for food i£
this can possibly be avoided. He requires for hb subsistence
all the game available. Hence he does not practise the
custom of abstaining from the flesh of the totem animal.
On the other hand^ he observes ceremonies of expiation, such
as are unknown to the Australian. The totem ceremonies of
the latter are chiefly objective means of magic designed to
bring about the increase of the totem animals. This idea
appears among the Indians likewise. Their totem ceremony^
however^ has also an essentially subjective significance and
is concemed with the past no less than with the future.
Its object is to obtain forgiveness for the staying of the
animal, whether this has preceded or is to foHow the act
of expiation. Connected with these customs is a further
difference, which is se^ningly insignificant but which is
nevertheless characteristic. Whereas the Australian, in
many regions, thinks of the totem animal as his ancestor,
the Indian of the prairies speaks of the buflfaloes as
hb eider brothers. Thus, among the Indian tribes, man
and animal stül stand on an equal footing. Hence the
animal must be conciUated if it is to serve as food for
man. In many of the myths of the American Indians, a
man is transformed into an animal or, conversely, an animal
assumes the human form. Hand in band with this change
in cult ideas and customs appear the richer forms of ex-
ternal culture. The weapons are perfected ; dress
becomes more complete ; decoration of the body itself,
though it does not disappear, more and more finds its
Substitute in the rieh embelHshment of the clothing. Social
Organization becomes stable» and advances beyond 1
13« ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOG Y
munity of labour, which is obviously connected with the
more stable tribai Organization and with the development
of more comprehensive cult associations. It is this factor
that accounts for those great cult festivals that are associated
with sowing and harvest and that extend far down into the
higher civilizations^ as numerous rudimentary customs still
testify.
The changes which we likewdse find in mythological
conceptions also carry us beyond the narrow circle of
original totemism. Again there appear elements of a nature-
mythology, particularly of a celestial mythologry. These
supplant the animal cult^ but nevertheless retain some con-
nection with the tot^n animal ; the culture is one in which
tbe totem animal never entiiely loses its earlier significance.
Thus, the Vegetation festivals, especially those of North and
Central America, exhibit many cult forms in which ideas
that belong to a celestial mythology combine with the worship
of animals and of ancestors. The conceptions of ancestors
and of gods thus play over into one another, and these god-
ancestors are believed to have their seat in the clouds and
in the heavens above. However constantly, therefore,
totemic ideas may be in evidence within the field of
extemal phenomena, a much superiot point of view is
attainedy by the American races, as regards the iimer
life.
Among the Afrtcan peoples we find the second important
form of culture betonging to this third stage~a culture
which in many respects diverges from the one which we
have just described. More clearly even than in the
case of America has the idea been disproven that the
inhabitants of the interior of Africa are essentially a homo-
geneous race that has developed independently of external
influences. Even more than other peoples, the Africans
ihow the effects of great and far*reaching extemal influ-
ances. Hamitic and Semitic tribes entered the country from
the north at an early time ; even from the distant south of
Asia» probably from Sumatra and its neighbouring islands,
great waves of Immigration, crossing Madagascar in the
THE TOTEMIC AGE 137
distant past, swept on towards the west even to the
Gold Coasty introdudng elements of Papuan-Negritic culture
into Africa. There were frequent fusions between these
tribes and the negro peoples proper, as well as with the
Hamites, the Semites, and also witfa those who w^ere prob-
ably the original inhabitants of this region, remnants of
whom are still to be found in the Bushmen. The negro
race, which, relatively speaking, has remained the purest,
lives in the Soudan region ; the Bantus inhabit the south
of Africa ; the north is occupied mostly by Hamitic tribes,
whose advent into this region was foUowed by that of a
people of related orig^, the Semites. Corresponding
to the racial mixtures that thus arose, there are various
fonns of culture. As regards the Bantus, it is highly
probable that they are a mixed people, sprung from a
Union of the Soudan negroes with the Hamites. That the
Haniites pressed on, in very early times, into southem Africa,
is proved by the Hottentot tribe, whose language exhibits
Hamitic characteristics, and the colour of whose skin,
furthermore, is lighter than that of the negro proper or
that of the Bantu. The language of the Bantus shows
traits resembling partly the negro idioms of the Soudan
and partly Hamitic-Asiatic characteristics. The dement
of culture, however, which is peculiar to the Hamites and
which was introduced by them into the northem part of
the continent, is the raising of cattle and of shcep. There
can be scarcely any doubt that the African cattle originally
came from Asia. Probably, however, cattle were brought
to Africa on the occasion of two differcnt Hamitic migra-
tions; this is indicated by the fact that two breeds of
cattle are found in Africa. Moreover, it is clear ihat, at
the time of their introduction, cattle were not totem animals,
but had already gained a position intennediate between
the totem and the breeding aninaal- The Hottentot, as
well as the Bantu, prizes his cattle as his dearest
possession. Since, however, he slaughtcrs them ouiy in
times of extreme necessity, he has progiessed only to tb^
point of obtaining a milk supply.. Y«* ^^ ^^^ »^Pr^s^
I3S ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOG Y
An im^viunt adi-ance. Owing to his efforts, the cow no
looger merdy provides ihe calf with milk, as in the natural
$uie» but, long af ter the time of suckling has passed, places
the milk at man*s disposal. Everywhere in the interior of
Africa the cow is still a conmion milk animal. As such,
it is a highly prized source of nourishment, but it is not
used for agricultural purposes. Thus, its position is mid-
way between that of the original totem animal of cult and
that of the draught animal. For the Hottentot, cattle are
objects of supreme value. As such, they are accorded
a certain degree of reverence. They are not utilized as
beasts of bürden nor for slaughter, but only as a
source of such means of nourishment as do not cost their
lives. South Africa, therefore, has remained on the level
of hoe-culture. The boundary between these southem dis-
tricts in which hoe-culture and the nomadic life prevail
and the northem regions into which the Hamites and
Semites have introduced plough-culture is, practically speak-
ing, the desert of Sahara. It is only when the animal is
used to draw the plough that it becomes in all respects a
useful animal. Thenceforth it no longer merely gives its
milk for food, but it performs the work that is too hard for
man> and, finally, as an animal of slaughter, it takes the
place of the gradually disappearing wild animal of the
chase. Coincident with this development, totemic ideas and
customs disappear. Though these have still left distinct
traces in the south, particularly among the Bantus, it is, at
most, isolated survivals that remain among the Hamitic
Population of the north;
Thus, the animal has come to be a breeding and a
work animal throughout the whole of Africa, though this is
particularly the case wherever the cultural influences of the
Immigrant peoples from the East have been operative. The
relations of man to man have likewise undergone a change in
this locality, due, in part, to migrations and tribal wars. No
region so much as Africa has become the centre of despotic
forms of govemment. It is this factor, together with the
potent influence of ideas of personal property associated
THE TOTEMIC AGE 139
Math it^ that has contributed, on the one band, to the origin
of polygyny, and, on the other, to the rise of slavery. Long
before Africa became the slave market of the New World
it harboured an intertribal traffic in human beings. These
changes in culture imdermined the older cults, so that, with
the dissolution of the totemic tribal Organization, the original
totem conceptions disappeared from all parts of this region.
All the more marked was the progress of animism and
fetishism, of which the former is closely connected, in its
origin, with totem beiief, white the latter is a sort of
degenerate totemism. In certain regions, furthermore, as
among the Bantus and the Hamitic tribes, another out-
growth of the cult of the dead— namely, ancestor worship—
has gained great prominence alongside of etements of a
celestial mythology.
To a far greater extent than in Africa, totemic cultu)'e
has almost entirety disappeared throughout the entire Asiatic
World. Only in the extreme north among the Tchuktchis,
the Yakutes, and Ghilyaks, and in the far south among the
Dravidian tribes of Hindustan who were pushed back by
the mflux of Hindoos, have remnants of totemic institutions
survived. In addition to these, only scanty fragments of
totemism proper may be found in Asia— the home of the
great cultura) peoples of the Old World. Surviving effects
of totemic culture, however, are everywhere apparent, no
less in the sacred animals of the Babylonians, Egyptians,
Hindoos, Greeks, and the Germanic peoples, than in the
significance attadied by the Romans to the flight of birds
and to the examination of entrails, and in the Israelitic
law which forbids the eating of the flesh of certain
animals.
In the light of all these facts, the conclusion appears
highly probable that at some time totemic culture every-
where paved the way for a more advanced civilization,
and, tbus, that it represents a transitional stage between
tbe age of primitive man and the era of heroes and
godsj
I4Q ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
% ToTEMic Tribal Organization.«
As has already been stated; the beginning of the totemic
age is not marked by any essential change in ezternal
culture. As rtgaxds dress^ decoration, and the acquisition
of food^ tbe oonditions that we meet, particularly among
the natives of Central Australia^ differ scarcely at all froni
those of the primitive races of the pretotemic age. It
is only in the weapons^ which are already clearly indicative
of tribal warfare, that we find an unmistakable extemal
indication of deeper-going differences in social culture. At
the same timei howeveri the totemic age includes peoples
whose general manner of life we are accustomed to call semi-
cultural. The greatest contrast occurs between the natives
of Australia and of some of the portions of Melanesia, cm
the one band, and those of North America^ particularly of
the eastem part^ on the other. While the former still live
the primitive life of the gatherer and the hunter, the latter
possess the rudiments of agriculture, as well as the associated
cult festivals» the beginnings of a celestial mythology, and
richer forms of l^end and poetry. Nevertheless, as regards
the most universal characteristic of totemic culture, namely,
the form of tribal Organization, the two groups of peoples
differ but slightly, although oonditions in Australia have
on the whole remained more primitive. This is most clearly
ahown by the fact that, among the Australian natives, the
totem animal possesses the significance of a cult objecto
n^iereas in America^ and particularly among the Atlantic
tiibesi whose totemic practices have received the most care-
fal study« the totem ammal has obviously come to be a mere
ooat of arms. The difference might, perhaps, be briefly
Mated tfaus : In Australia, the totem names signify groups
of cult members within a clan ; in America, they are the
* Ths torvey presentad in this and in the foUowing tection aims to give
^ a gD^snl outline of the relationt between totemism and tribal organiia*
* perticolarly on several tribes of Central Australia. For a more
Ol Üie cobditions and ot thdr probable Interpretation,
to a paper on "Totemim and Tribal Organization in
~ in Z914» in AnOtr^Qi^ an international Journal.
THE TOTEMIC AGE
141
designations of clans themselves^ but these as such possess
no cult significanoe. In both regions, however, tribal
Organization foUows the principle of dual division. ThQ
tribe first divides into two tribal halves (I and II) ; then
each of these separates into two clans (A and B, C and D) ;
finally, the latter again break up into subclans, so that
eventually we may have eight tribal divisions. In certain
cases, the division has not advanced beyond the dual form ;
the Upper limit, on the other band, seems to be eight distinct
groups. The Schemata representing tribal Organization in
Australia and in America are so similar that it is easy to
Kami 1 a r o l
(Central Austrat i ans I
mpqs
nort
fi e n e c a
ilroquois)
II
K
understand bow nHost authors have com<e to regard conditions
in the two countries as essentially identical. Yet the diver-
gence in the nomenclature of the tribal divisions points to
significant differenoes. The fact is that the clan names of
the Australians are entirely different from the totem names.
The former have, as a rule, become unintelligible to the
present-day native^ and, since many of them recur among
distinct tribes who now speak difTerent dialects, they probably
derive from an older age. iWords such as Ipai, Kumbo,
Murri, Kubbi, etc., may originally, perhaps, have possessed
a local significance. At any rate, clan nan^ but rarely
consist of the names of animals. On the other band, such
words as emu, kkngaroo, opossum, eagle-hawk, and otb'
142 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
are the regulär designations of the clans composing the totem
groups* The case is otherwise among the North American
Indians* Here the clans all have animal naxnes. Nor can
we anywhere find alongside of the clans any particalar
totem groups which might be regarded as cult alliances. The
Schema shown on p. 141 exhibits these relations. The tribal
halves are designated by I and II, the cbns by A, B> C^
etc., and the independent totem groups existing within tbie
individual clans by m, n, Oy py etc.
Owing to the extemal similarity of the tribal organiza-
tions, it has generally been thought that the totem groups
of the Australians are merely clans or subclans, such as are,
doubtlessi the social groups of the American Indians, desig-
nated by similar totem names. This Interpretation^ how-
ever, has unquestionably led to serious confusion, particu-
larly in the description of the tribal Organization of the
Australians. A study of the detaiied and very valuable
contributions of Howitt and of other early investigators of
the sociological conditions of Australia^ inevitably leaves the
Impression that, particularly as regards the Interpretation
of the vatrious group names, the scholars were labouring
under misconceptions which caused the relations to appear
more complex than they really are. Such misconceptions
were aU the more possible because the investigators in
question were entirely Ignorant of the languages of the
natives, and were therefore practically dependent upon the
Statements of their Interpreters. Under these circumstances
we ouy doubtless be allowed a certain degree of scepticism
u to llie acceptance of these reports, especially when
Aey also invölve an Interpretation of phenomena ; and
üre may be permitted an attempt to discover whether a
different conception of the significance of the various
groop names may not give us a clearer picture of the
pbmomemlj» and one that is also more adequate when
die generml conditioh of the inhabitants is taken into
t; The conditions prevalent among the American
ehr 'in ' general much easier to imderstand than
«fe lAd#* c# llhe Australians, particularly where the cid
THE TOTEMIC AGE 143
tribal Organization has been preserved with relative purity,
as among the Iroquois. In this case^ however, the totem
names have obviously become pure clan designations without
any cult significance. Now this has not occurred among the
Australians ; for them, the totem animal has rather the
Status of a cult object common to the members of a group.
The fact that the Australians have separate names for the
dans, as was remarked above, whereas the American
Indians have come to designate clans by totem names,
provides all the more justification for attributing essen-
tially different meanings to the two groups that bear
totem names. In attempting to reach a more satisfactory
Interpretation of totemic tribal Organization, therefore, we
shall consider those totem groups which are obviously in a
relatively carly stage of development— namely, the Australian
groups— simply as cult associations which have found a place
within the tribal divisions or clans, but whose original
significance is of an absolutely different nature. In the
above Schema, therefore, A, B> C, D, etc., represent tribal
divisions or clans, m, n, o, p, etc., cult groups. The lattier
are lacking in the part of the diagram which refers to the
American Indians, since these have no cult associations that
are independent of the tribal divisions ; indeed^ the cid
totem names have lost their fonher cult significance and
have become mere clan names. Thus, the conception
here advanced differs f romc the usual one in that it gives a
different significance to the totem names on the two levels of
development. In the case of the Australians, we regard them
as the names of cult groups ; in America, where the totem!
cult proper has receded or has disappeared, we regard them
as mere clan names. But the extension of totem names
to the entire clan Organization in the latter case is not, as it
were, indicative of a more developed totemism', but rather of
a totemism in the state of decline. The totem animal, though
here also at one time an object of cult, is such no longer,
but has become a mere coat of arms. In support of
this view of American totem names, we might doubtless
also refer to the so-called totem poles. Such a pole oonsists
THE TOTEMIC AGE i,45
only with a member of another dan or totem group. This
restriction of the marriage relationship is generally biown
as ' exogamy/ a term first introduoed by the Scottish
ethnologist and historian, McLennan. In order to dis-
tinguish this custom from later regulations of marriagei
8uch^ for example, as exist in present law, in the prohibition
of the Union of relatives by biood or by marriage, we may
call it more specifically ' totemic exogamy*' Totemic
exogamy clearly represents the earliest form of marriage
restriction foimd in custom or law. The phenomoia bound
up with it may be r^arded as having arisen either con-
temporaneously with the first division of the tribe or, at
any rate, soon thereafter, for some of the Australian and
Melanesian tribes practise exogamy even though they have
not advanced beyond a twofold division of the tribe.
On the other band, the primitive horde of the pretotemic
age remains imdivided, and, of course, shows no trace of
exogamy. True, marriages between parents and children
seem to have been avoided as early even as in pretotemic
times. But this could hardly have been due to the existence
of firmly established norms of custom. Such norms never
developed exoept under the influence of totemic tribal
Organization, and they are closely related to its various
stages of development.
Taking as the basis of consideration the above-mentioned
conditions in Australia, where an approximate regularity
in the successive stages of this development is most clearly
in evidence, we may distinguish particularly three main
forms of exogamy. The first is the simplest. If we
designate the two divisions of the tribe between which
exogamic relations obtain, by A and B, and the various
subgroups of A by /, m, /i, a, and of B by /r, q, r, 9,
we have, as this simplest form, unUmUed exogamy. It
corresponds to the following Schema :—
I. Unllmiied Exogamy.
A B
Imno >9^<
I )
II
146 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
This means : A man beianging to Class A may take in
marriage ä woman from any of the subgroups of Class B,
and conversely. Marriage is restricted to the extent that a
man may not take a wife from his own claiss ; it is im-
restrictedy however, in so far as he may select her from any
of the subgroups of the other class. This form of exogamy
does not appear to occur except where the divisions of the
tribe are not more than two in number. The marriage classes,
A and B, then repnesent the two divisions of the tribe ; the
subgroups /, m, n, o, p, . . . are totem groups— -that is
to say^ according to the view maintained above, cult groups.
For the most part, marriage relationships between the specific
cult groups meet with no further restrictions. A man of
Class A may marry a woman belonging to any of the totem
groups p, q^ r, 5, of Class B — it is only union with a
woman belonging to one of the totem groups of Class A
that is denied him. Nevertheless, as we shall notice later,
we even here occasionally find more restricted relations
between particular totem groups, and it is these exceptions
that constitute the transitional steps to limited exogamy.
Such transitions to the succeeding form of exogamy are
to be foundy for example, among the Australian Dieri, some
of whose totem groups intermarry, only with some one
particular group of the other tribal division.
The second form of exogamy occurs when a member
of Class A is not allowed to take in marriage any woman
he may choose from Class B, but only one from some
specific subgroup of B. For example, a man of group n
is restricted to a woman of group r.
IL Limited Exogamy with Direct Maie mal or Paternal
Descent.
A B
Imno P^i's
Bbth forms of exogamy, the unlimited and the limited,
observe the same law with respect to the group affiliation of
children. If, as universally occurs in Australia, A and B
are dans baving exogamou^ relations, and /, m, n, o^ p, . . .
THE TOTEMIC AGE 1.47
are totem groups within these clans» then, if maternal descent
prevailsy the diildren remain both in the clan and in the
totem of the mother ; in the case of paternal descent, they
pass over to the clan and to tbe totem of the father. Of
these modes of reckoning descent, the former is dominant,
and was everywhere, probably, the original custom. One indi-
cation of this is the connection of patemal descent with other
phenomena representing a change of conditions due to ex-
terna! influences— the occurrence of the same totem groups,
for example, in the two clans^ A and B, that enjoy exogamous
relations. The latter phenomenon is not to be found under
the usual conditions, represented by diagrams I and II.
In the case of unlimited exogamy (I), no less than in that
of limited exogamy, we find that if, for example, maternal
descent prevails, and the mother belongs to clan B and to
totem group r, the children likewise belong to this group r.
This condition is much simplified in the case of the American
Indians. With them, totem group and clan coincide, the
totem names having become the names of the clans th^em-
selves. The particular totem groups, /, m, n, o, p, . . .
do not exist. Exogamous relations between clans A and B
consist merely in tbe fact that a man of the one clan is
restricted in marriage to women of the other clan. Wherever
maternal descent prevails, as it does, for example, among
the Iroquois, the children are counted to the clan of the
mother ; in the case of patemal descent, they belong to
the clan of the father.
In the Australian System, however, which distinguishes
clan and totem, and therefore, as we may suppose, still
exemplifies, on the whole, an unintcrrupted development, we
find also a tfürd form of exogamous relationship. This
last form of exogamy seems to be the one which i» most
common in Australia, wh.ereas, of course, it has no place
in the pure clan exogamy of the American Indians. The
System indicated in diagram II, in which children l>elong
directly to the clan of the mother in maternal descent
and to that of the father in patemal descent, may be d-
nated as limited exogamy with direct maternal or
148 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGE
descent. There developed front this a third System, in
whicfa, while th^ children are counted to the clan of
the parent who determines descent, they nevertheless become
members of a different totem group. Thus arises a limited
exogamy with inditect maternal or paternai descent, as
represented in diagram III.
IIL UmiUd Exogamy wltk Indirect Maternal or Paternai
Descißnt.
A B
Imno pqrs
I r
A man of clan A and totem group, / may marfy only a
woman of clan B and totem group p ; the children, however,
do not bielong to the totem p, but to another specifically
defined totem group, 7, of clan B.
The way in which these various forms of exogamy
affect the marriage relations of the children that are born
from such unions is fairly obvious. Turning first to form I —
unlimited exogamy-— it is clear that, in the case of maternal
descent, which here appears to be the rule, none of the
children of the mother may marry except into the clan
of the father; in paternai descent, conversely, they may
marry only into th^e clan of the mother. Marriage between
brothers and sisters, thus, is made impossible. Nor may
a son marry his mother where maternal descent prevails,
or a daughter her father in the case of paternai desoent.
In the former case, however, the marriage of father and
^daughter would be permitted, as would that of mother and
son in the latter. The marriage of a son or daughter with
relatives of the mother who belong to the same clan is
not allowed in the case of maternal descent. The son«
for tssaxaple, may not marry a sister of his mother, nor the
daughter a brother of the mother, etc. Since it is maternal
descent that is dominant in the case of unlimited exogamy,
the most important result of the latter is doubtless its
prevenlion of the marriage of brother and sister, in addition
to thit of a* ton with his nK>ther. The system of paternai
152 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
Exogamy as such has generally been approached from
a rationalistic point of view. It has been regarded as an
Institution voluntarily created to obviate the marriage of
relatives, and is supposed to have arisen contemporaneously
with another Institution of like purpose, namely, tribal
division. This view is championed, among other scholars, by
the able American sociologist, Lewes Morgan, in his book
*' Ancient Society " (1870), and even by Frazer in his com-
prehensive work '•Totemism and Exogamy" (1910), which
includes in its survey all parts of the earth. Frazer says ex-
plicitly : * In the distant past, several wise old men must have
agreed to obviate the evils of endogamy, and with this end
in view they instituted a System that resulted in exogamous
marriage.* Thus, the determinant motive is here supposed to
ha\-e been aversion to the marriage of relatives. According
to Morgan*s h>'pothesis— an extreme example of rationalistic
Interpretation— the aversion was due to a gradually acquired
knowledge that the marriage of relatives was injurious in
its effects upon otTspring. The entire institution, thus, is
regarded as a eugenic provision. We are to suppose that
the members of these tribes not only invented this whole
complicated system of tribal division, but that they fore-
saw its results and for this reason instituted exogamous
Cttstoms. Were people who possess no names for numbers
greftter than four capable of such foresight, it would indeed
be an unparalleied miracle. Great social transformations,
of which one of the greatest is unquestionably the transition
from the primitive horde to totemic tribal Organization, are
never effected by the ordinances of individuals, but develop
of themselves through a necessity immanent in the cultural
conditions. Their effects are never foreseen, but are recog-
nhed in their füll Import only after they have taken place.
Moreover^ a8 regards the question of the injurious effects
resulting from the marriage of relatives, authorities even to-
day disagree as to where the danger begins and how great
it really is. That the Australians shouid have formed
definite convictions in prehistoric times with reference to
these matters, is absolutely inconceivable. At most, they
THE TOTEMIC AGE 153
might have feit a certain instinctive repugnance. Further-
more, if these institutions were established with the explicit
purpose of avoiding marriage between relatives, the
origmators, though manifesting remarkable sagacity in their
invention, made serious mistakes in their caiculations. For,
in the first place, the first two forms of exogamy only
partially prevent a union which even endogamous custom
avoids, namely, that between parents and children ; in the
second place, the transition from unlimited to limited
exogamy with direct maternal or patemal descent does not
involve an increased restriction of marriage between
relations, but, as we have already seen, marks a retrogres-
sion, in the sense of a reapproach to endogamy.
The above view, therefore, was for the most part
abandoned in favour of other, apparently more natural,
explanations. Of these we would mention, as a second
theory, the biological hypothesis of Andrew Lang. This
author assumes that the younger brothers of a Joint family
were driven out by the strenger and older ones in
Order to ward off any want that might arise from
the living together of a large number of brothers
and sisters, and that these younger brothers were thus
obliged to marry outside the group. Even this, however,
is not an adäquate theory of exogamy, since it does not
explain how the custom has come to apply also to the older
members of the family group. As a final hypothesis, we
may mention one which may perhaps be described as
specifically sociological. In its fundamental aspects it was
proposed by MacLennan, the investigator who also gave
US the Word 'exogamy.' MacLennan does not regard
exogamy as having originated in times of peace, nor even as
representing voluntarily established norms of custom. He
derives it from war, and in so doing he appeals to the
testimony both of history and of legend. As is well known,
even the Iliad, the greatest cpic of the past, portrays as
an essential part of its theme a marriage by capture. The
dissension between Achilles and Agamemnon arose from
the capturc of Briseis, for whom the two Icadcr»
154 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
Achaeans quarrelled with each other. According to
MacLennan, the capture of a woman from a stränge tribe
represents the earliest exogamy. The rape of the Sabines
is another incident suggesting the same conclusion. True,
this is not an event of actual history. Nevertheless, legend
reflects the customs and ideas of the past. Now, in the
case under discussion, it is clear that marriage by capture
involves a foreign and hostile tribe, for this is the relation
which the Sabines originally sustained to the Romans. A
significant indication of the connection between marriage
by capture and war with hostile tribes occurs also in
Deuteronomy (eh. xxi.), where the law commands the
Israelites : * If in war you see a beautiful woman and desire
her in marriage^ take her with you. Let her for several
weeks bewail her relatives and her home, and then marry
her. But if you do not wish to make her your wife, then
let her go free ; you shall not seil her into slavery.' This
is a remarkable passage in that it forbids the keeping
and the selling of female slaves, but, on the other hand^
permits marriage with a woman of a stränge tribe. A
parallel is found in Judges (eh. xxi.)> where it is related
that the eiders of Israel, being prevented by an oath to
Jahve from giving their own daughters in marriage to
the children of Benjamin^ advised the latter to fall, from
ambush, upon a Canaanitic tribe and to steal its maidens.
In spite of all these proofs, exogamy and the capture
of women from stränge tribes differ as regards one feature
of paramount importance. In both legend and history the
captured woman is universally of a stränge tribe, whereas
totemic exogamy never occurs except between clans of
the same tribe, Added to this is a further considera-
tion. The above-mentioned passage from Deuteronomy
oertainly presupposes that the Israelite who captures a
wife in warfare with a stränge tribe already possesses
a wife from among his own tribe. This is his chief
wife, in addition to whom he may take the stränge
woman as a secondary wife. We may refer to Hagar,
the slave» and to Sarah, Abraham*s rightfui wife, who
THE TOTEMIC AGE 135
belonged to Iris own tribe. The resemblance between exog-
amy and the capture of women in warfare is so far from
being condusive that exogamy is permitted only between
dans of the same tribal group ; hence, in cases where
there are four or eight subgroups, it is not even allowed
between members of the two tribal halves. Indeed, the
essential characteristic of exogamous tribal Organization^
marriage between specific social groups, b entirely lacking in
the marriage by capture that results from war. Moreover,
the woman married under exogamous conditions is either
the only wife or, if she is the first, she is the chief wife ;
in the case of marriage by capture in war, the captured
woman is the secondary wife.
5. MoDES OF Contracting Marriage.
Though the theory that exogamy originated in the
capture of women in warfare is clearly untenable, it has
without doubt seized upon one dement of truth. Marriage
by capture may also occur within one and the same
tribe, and under relatively savage conditions this happens
very frequently. Indeed, it is precisely in the case of the
Australians, to judge from reports, that such marriage is
probably as old as the institution of exogamy itself, if not
older. ^arly accounts, in particular, give abundant testi-
mony to this effect. That later writings give less prominence
to the phenomenon does not imply its disappearance. The
decreased emphasis is due rather to the fact that in
more recent years the attention of investigators has
been directed almost exclusively to the newly discovered
conditions of tribal Organization. Even on a more advanced
and semi-cultural stage we find struggles for the posses-
sion of a wife. The struggle, however, is regularly
carried on, not between members of different groups, much
less between entirely stränge peoples of widely differing
language and culture, but between members of one and
tht same tribe. Two or more members of a tribe fall
into a quarrel for the possession of a woman who, thougb
I5'6 ELEMENTS OF FötR PSYCHOLOGY
not belongmg to their own dan, is neirerdieless a member of
a neighbouring dan of tfae same tribe. Such conditions aire
doubtless to be traced back to earliest times. The victor wins
tfie woxnan for himself . The custom of marriage by captoxe
has left its traces even down to tfae present, in practioes
that have for tbe most part assumed a pkyful character.
Originally, however, these practioes were wtthout doubt of
a serious nature, as were all such forms of play that
originated in earlier customs. Just as andent exogamous
restrictions are stilt operative in the prohibitions which the
Statutes of all cultural peoples place on the marriage of rela-
tives, so the influence of marriage by capture is reflected in
some of the usages attending the consummation of marriage»
as well as in various customs, such as the purchase of wives
and its converse, the dowry, which succeeded marriage by
capture. Moreover, tfaie fact that marriage by capture occa-
sionally occurs even in primitive pretotemic culture and
that it is practised beyond that circle of tribal Organiza-
tion whose totemic character can be positively proved,
indicates that it is presumably older than an exogamy regu-
lated by strict norms of custom. It is just in Australia,
that region of the earth where, to a certain extent, tba
various stages of devdopment of exogamy still exist side
by side, that we find other cultural conditions which
make it practically impossible to hoM that marriage by
capture originated in warf are between tribes. Though
tfae woman wfao is here most likely to become an object
of dissension between brothers or other kinsmen may not
belong to the same ctan and the same totem as tbe latter,
afae 18 nevertheless a member of one of the totems belong-
kig to one of the most dosely related clans. A woman of
own dan is too dose to the men of the group to be
as a wife ; a woman of a stränge tribe, too remote.
ia Ae ordinary course of events, moreover, there is no oppor-
imdty for meeting women of other tribes. The slave who b
OpCdMl kl war and carried away as a concubine appears
fxäj «t A far later stage of culture. The original struggle
for^dife gMMirion of a woman, therefore, was not carried on
.THE TOTEMIC AGE 137
wittt ueinbers o£ a stränge tribe^ as tbough it mt^rt to this that
the woman bdonged. Doubtless also it was only to a slight
degree a struggle with the captured woman herseif— this
peibaps represents a later transference that already paves the
way for tbe phenomena of mere mock-struggles. The real
struggle took place between fellow-tribesmen, between men
of the same dan, both of whom desired the woman. There
is a possibility, of course, that the kinsmen of the woman
might oppose her capture. This aspect of the struggle,
however, like the Opposition of the woman herseif, was prob-
ably unknown prior to the cultural stage, when the female
members of the clan came to be vahied, as they are among
agricultural and nomadic peoples, because of the Services
which they render to the family. The theory just outlined,
moreover, readily explains the further development of the
conditions that precede the consummation of marriage,
whereas the theory that marriage by capture originated in
warfare is ia this respect a complete failure. Valuable
Information conceming the later stages in the devefopment
of the marriage by capture which originates during a State
of tribal peace, is again fumished by Australian ethnology.
Among these peoples, the original capture has in many in-
stances passed over into an exchange in which the suitor
oflfers his own sister to the brother of the woman whom he
desires for himself. If this proposal for exchange is
accepted and he has thereby won the kinsmen of the woman
to his side, his fellow-contestants may as well give up
the struggle. Thus, exogamous marriage by capture here
gives way to exogamous marriage by barter, an arrange-
ment in entire harmony with the development of trade in
general, which always begins with barter. At the same
time, the form of this barter is the simplest conceivable :
a woman is exchanged for a woman ; the objects of ex-
change are the same and there is no necessity for
estimating the values in order to equaüze them.
There may be some, however, who do not possess sisters
whom they may offer in exchange to the men of other
clans. What then occurs? In this case also it is '
IS8 ELEMENTS OF FöLK PSYCHOLOGY
Australia that we find the beginnings of a new arraage*
ment. In place of offering hb sister in exchange, the
suitor presents a gtfi to the parents of the bride, at first
to the mother. Gift take9 the place of barter. Since there.
is no woman who may be bartered in exchange» a present
is given as her equivalent. Thus we have exogamous
marriage by gift, and, as tbe custom becomes more general '
and the gift is fized by agreement» this becomes exagamoas
marriage by parchase. The latter, however, probably occurs
only at a fetter stage of culture. The man buys the woman
Irom her parents. Sometimes, as we know from the Biblical
example of Jacob and from numerous ethnological paraHels,
he enters into service in order to secure her-^e labours
for a time in the house of her parents. In an age im«
familiär with money, one who has possessions purchases the
woman with part of his herd or of the produce qf his
fields. Whoever owns no such property, as, for instance,
the poor man or the dependent son, purchases the woman
with his labour.
Marriage by purchase, however, does not represent the
terminus of the development. On the contrary, it prepares
the way for marriage by contractu an important advance that
was already, to a certain extent, made by the Greeks, and
later particularly by the Romans. Not purchase, but a
oontract between him who concludes the marriage and the
parents of the woman— this is an arrangement which still
finds acceptance with us to-day. Now, the miarriage con-
tract detenuines the conditions for both bride and gtoom, and
eventoaHy also the marriage portion which the man brings
tb the Union, as well as the dowry of the wife. As soon,
Ihfyrfnrr^ as property considerations come to be dominant
.njdiia tlie ficJd of marriage, marriage by contract opens
^Btdt WBj for a twofotd marriage by purchase. The man
«aty tdAer Iniy the woman, as was done in the case of
die aarler. marriage by purchase, or the woman may buy
Att man Witli the dowry that she brings. At first, in the
6kf% M aMnuige by capture, the struggle with fellow-
chintmM »Af t. wA strangers was of decisive importance ;
THE TOTEMIC AGE 1^9
at a latcr time, however, difFerences in property, rank,
and occupaticm came to be the determining factors in the
case of marriage. Thus, if we regard marriage by gift as
a nxxle |of marriage by purchase, though, in part, more primi-
tive, and, in part, more spontaneous, our summary reveals
three main stages : marriage by capture^ marriage by
parchase^ and marriage by coniract, Between these modes
of marriage, of course, there are transitional forms, which'
enable us to regard the course of development as con-
stant. The fact, however, that the entire development
bears the character of a more or fess thorough-going
exogamy, is due to the oldest of these modes of marriage
— a mode which, as we may assume, was prevatent at the
b^nning of the totemic age. This is a form of marriage
by capture in which the woman belonged, not to a stränge
tribe, but to a neighbouring clan of the same tribe, or
to one with which there were other lines of intercourse.
Whcn capture disappeared, the exogamy to which it gave
rise remained. The oM customs connected with the former
passed over, though more and more in the form of play,
into the now peaceful mode of marriage by purchase ; their
survivals continued here and there even in the last form of
marriage, that by contract.
6. The Causes of Totemic Exogamy.
How does this general development of the modes of
marriage account for those peculiar laws of exogamy which
are universally characteristic of totemic culture, representing
strict norms of custom that forbid all marriage except that
between specific clans of a tribe, or even only between
pairs of totem groups of different clans? Were these
marriage ordinances, which have evidently arisen in various
places independently of one another, intentionally in-
vented? Or are they the natural outcome of totemic tribal
Organization, resulting from its inherent conditions, just as
did the laws of dual tribal division from the natural growth
and partition of the tribfiSi?
i6o ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
Now, the forms of totemic exogamy unmistakably con-
stitute a developmental series. In the simplest arrange-
ment» there are no restrictions whatever upon marriage
between members of one clan and those of another with
which marriage relations exist. Such exogamy, however,
is relatively rare in Australia, the land in which the
developmental forms of exogamy are chiefly to be found.
It seems to be limited to tribes that have merely a
dual Organization, in which event the clan coincides
with one-half the tribe. Even in such cases we find
transitions to the next form of exogamy. In this second
System, exogamy is restricted to particular totems of the
two clans of one and the same tribal division ; and, just
as in the first case, the children are, as a rule, bom directly
into the totem group of the mother, or, less commonly, into
that of the father. Following this exogamy with direct
maternal or paternal descent and undeniably proceeding
out of it, we finally have, as the third main form, exogamy
with indirect maternal or paternal descent. In this form
of exogamy, as in the preceding ones, the children belong to
the totem of the mother or to that of the father so far as
birth is concemed ; as respects their exogamous totem rela-
tion, however, they pass over into another totem of the
same clan. Thus, birth-totem and marriage -totem are here
distinct, and every member of a group belöngs to two
totems that differ in significance. Now, in the case of a
marriage by capture in which the individuals belong to
different clans, the question of the totem does not enter.
When, therefore, this mode of marriage remains undis-
turbed by further conditions, we have exogamy of the
first form. When a suitor seeks to win the favour of
the clan by means of a gift presented to the parents or
the Irin, marriage by capture passes over directly and with-
out further change into the simple marriage by purchase.
The two more exchisive forms of exogamy, on the other
band, are obviously connected with the rise of totemism ;
they are the result both of the clan divisions which follow
from tribal partition and of the accompanying Separation
THE TOTEMIC AGE löi
into totem groups. The question, therefore, conceming the
development ol these forms of exogamy, dependent as they
are both upon clan divisions and upon totem groups, is
essentially bound up with the question conceming the tem-
poral relation of the two important phenomena last men*
tioned. An unambiguous answer to the latter question,
however, may be gathered precisely by a study of Australian
conditions, at least so far as the development in these
regions is concemed. I£ we recall our previous Schema
(p. 141)1 representing the tribal Organization of the
Kamilaroi^ and here, as there, designate the totemic
groups (emu, kangaroo, opossum, etc.) comprised within
the clan by m/io /?..., it is apparent that the totems
must be at least as old as the division into the two tribal
halves. Unless this were the case, we could not explain
the fact that, with very minor exceptions, precisely the
same totems exist in the two tribal divisions. The con-
dition might be represented thus :—
I n
mnofq opmsn
It is also evident, however, that the totems could not
havc influenced this first division, otherwise their members
woutd not have separated and passed over into the two
tribal divisions, as they did in ahnost every case. Remem-
bering that the totemic groups are also cult associations,
we might cxpress the matter thus : At the time of the first
tribal division, the cult groups were not yet strong enough
to oflFer resistance to the Separation of the tribal divisions,
or to determine the mode of division ; thereforc, members
of totem m, for example, went here or there according as
other externa! conditions determined. Conditions were quite
different at the time of the second division, when the tribal
half I separated into cians A and B, and II mto C and
D, according to the Schema :—
I "
12
THE TOTEMIC AGE3 i«5
character and thus affecting the traditional Organization of
the tribe. ^ Such a permanent relation, however, is totem
aßUation. This explains how it happens that^ even after
the oM totem connection gave way to the new, it neverthe-
less continued to exercise a claim on the totem membership
of the children bom under the new marriage conditions ;
hence also the recognition of the claim on the part of custom.
In one respect, indeed^ such recognition was impossible.
More firmly established than any form of exogamy was the
law that children belonged to the mother, or, in the case
of patemal descent, to the father. This law could not be
violated. Hence exogamous and parental tribal membership
became differentiated. The latter ordained that children in
every case belong to the totem of the parent who determines
descent ; the tradition of the former decreed that children
belong, not to the parental totem, but to some other totem
of the same clan. Such a condition of dual totem member-
ship might, of course, arise from a great variety of con-
ditions, just as may the similarly overlapping social relations
within our own modern culture— such, for example, as the
military and the so-called civil Station of a man. The
customary designation of the first two forms of limited
exogamy as exogamy with direct matemal descent, and of
the third as exogamy with indirect matemal descent, is
plainly inappropriate and may easily give rise to mis-
understandings. For it may suggest that the matemal totem
disposes of its rights in respect to marriage arrangements
to another totem group, and that eventually this even occurs
in accordance with a definite agreement. But this is certainly
not the case. For matemal descent or, speaking more
generally, the fact that chUdren belong to the parents,
obtains invariably. It would be preferable, therefore, simply
to distinguish the parental totem connection from the tra-
ditional exogamous connection, or one system in which the
exogamous and the parental connections comcide, fro^^ a
sccond in which they differ. ^ .. . ,
The conjecture, therefore, ^^ * traditional mattiage
relation, differing from that based on parentage, ^^^ «
i66 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
out of a previous totem friendship, is based primarily on
the importance which totemic cult alliances in general
possessed within the totemic tribal Organization. ^ Other
causes, of course, may ako have co-operated. Two further
points must be noticed. In the first place, it is not at all
likely that the transition from the parental exogamous
relation to the traditional form occurred at the same time
in all the totem groups. This is not only highly improb-
able in itself, but is also absolutely irreconcilable with the
fact, shown by the example of the Dieri, that the earlier
transition from unlimited to limited exogamy was gradual.
Moreover^ one must bear in mind that the transition
from parental to traditional exogamy, represented by
diagram III (p. 148), not only underwent several repeated
transformations, but that, due to the power which tradition
always exerts, a traditional exogamous union of two totems,
after it once arose, may have persisted throughout several
changing cult friendships. An existing marriage relation
may not at all have corresponded to the cult friendship
that immediately preceded it ; it may have been based on
any earlier friendship whatsoever^hat had been favoured by
conditions and that had received a firm place in tradition.
These facts show that thte hypothetical * wise ancestors ' of
the present-day Australians— sages who are said to have
invented this complicated Organization in the immemorial
past for the purpose of avoiding endogamy— are just as
superfluous as they are improbable. The phenomena arose
in tfae course of a long period of time, out of conditions
immanent in the life and in the cult of these tribes. The
various forms of exogamy appearing in the course of this
period were not the causes but the efTects of the phenomena in
question.
7. The Forms of Polvgamv.
Unless external influences have changed his mode of life,
primitive man, as wc have seen, is both monogamous and
endogamous, the latter term being used in a relative sense
as denoting a condition in which marriages are permitted
between bloqd relations as well as between non-relations.
THE TOTEMIC AGE 167
As a result of the externa! conditions of life, however,
particularly the common habitation of the same protec-
tivc cave and the use of adjacent hunting-grounds,
unions within a wider Joint family generally predominate.
Following upon the rise of exogamy, polygamy also
regularly appears. These two practices give to the mar-
riage and famil]c rclations of totemic society an essen -
tially diflferent ch^acter from that which they possess
under primitive cmditions. Even in the totemic era, indeed,
polygamy is not universal ; monogamy continues to survive.
Monogamy, however, ceases to be a norm of custom. It
is everywhere set aside, to a greater or less extent, in favour
of the two forms of polygamy — polygyny and polyandry.
Now it is apparent that precisely the same conditions that
underlie the development of the various forms of exogamy
also generate polygyny and polyandry. From the Standpoint
of the general human impulses determining the relations of
the sexes, both sorts of polygamy are manifestly connected
very closely with the origin of exogamy. Here, again, the
fact that exogamy originated in marriage by capture from
within the tribe is of decisive importance. It is precisely
this friendly form of the capture of brides, as we may learn
from the example of the Australians and of others, that is
never carried out by the individual alone, whether the custom
be still seriously practised or exists only in playful survivals.
The companions of the captor aid him, and he, in turn,
reciprocates in similar undertakings. Thereby the coni-
panion, according to a view that long continucd to be held,
gains a Joint right to the captured woman. Hcnce the
original form of polygamy was probably not polygyny-tho
only form, practically, that later occurs— but polyandry. At
first this polyandry, which originates in capture, was pnibably
only temporary in character. Nevertliclcss ii incvitably lod
to a loosening of the marriage bond, the n?snh of which
might easily be the introduction of polygyny. I lie man who
has gained a wife for his permanent posscssion sceks to in-
demnify himself, so far as possible, for the partial loss which
he suffers through his companions. \Urt\ thcn, two motives
i68 ELEMENTS OK FOLK PSYCHOLOGY
co-operate to introduce tfae so-calied * group-marriage *— the
dearth of women, which may also act as a secondary motive
in the daim of the companions to the captured wcnnan, and
the impulse for sexual satisfaction^ which is, in turn, intensi-
fied by the lack of women. Similarly, the right to the
possession of a woman, even though only temporarily, also
has two sources. In the first place, the belper demands
a reward for his assistance. This reward, according to the
primitive views of barter and exchange, can consist only
in a partial right to the spoils, which, in this case, means
the temporary Joint possession of the woman. In the second
plaoe, however, the individual is a member of the clan^ and
what he gains is therefore regarded as belonging also to
tfae others. Thus the right of the dosest companions may
broaden into a right of the clan. Indeed, where strict
monogamy does not prevent^ phenomena similar to marriage
by capture persist far beyond this period into a later civi-
lixation. Thus, in France and Scotland, down to the seven-
teenth oentury, the lord possessed the right of jus primm
mocüs in the case of all his newly married vassals. In
place of the clan of an earlier period we here find the
lord ; to him has been transmitted the right of the
dan. At the time when these phenomena were in their
early beginnings, the tekttix>rary relation might very easily
bave beocme perman^it. It is thus that group-marriage
originales— an Institution of an enduring character which
not only sunivw tbe early marriage by capture but which
ia reinforced and probably first made permanent by its
mbstitut^ namely, marriage by purchase. In diis instance
Jlgain^ Aastralian costom offers the clearest evidence. In
Ike ao-calied ' Pirrauru marriage ' of Australia, a man, M,
a duef wife, d, called * Tippamalku.' Another
N, Kkewlse has a diief wife, O. This wife, C>, is,
li at tfae same time a Moondary wife, 3S or * Pirrauru *
..tfMi'>' Ta like manner tfae diief wife, C^, may, in tum,
wi£e, S^ of N. Tfais is the simplest form of
Two men have two wives, of whom one
il d» idiMJlp of M and tbB secondary wife of N, and the
THE TOTEMIC AGE
169
other is the chief wife of N and the secondary wife of M.
Into such a group yet a third man, O, may occasionaUy
enter with a chief wife, Ca, whom he gives to M; as a
secondary wife, S3, and eventually to N as a secondary
wife, S4y without himseif participating further in the
group. In this wa^ there may well be innumerable
different relations. But the marriage is a * Pirrauru
marriage* whenever a man possesses not only a chief wife
but also one or more secondary wives who are at the same
time the wives of other men. ' Pirrauru marriage ' is a
form of group-marriage, for it involves an exchange of
women between the men of a group according to the
reciprocal relation of chief and secondary wives. The very
manner in which * Pirrauru marriage ' originates, however,
indicates that in all prohability its basis b monogamy, and
not, as is supposed by many ethnologists and sociologists,
• promiscuity,* or the total absence of all marriage. In
harmony with this Interpretation is the fact that in numerous
regions of Australia, especially in the northem districts,
it is not group-marriage but monogamy that prevails. There
is also, of course, a form of group-marriage that differs f rom
• Pirrauru marriage,' and is apparently simpler. In it, the
differenoes between chief and secondary wives disappear ;
several men simply possess several wives in common. Because
this form of group-marriage is the simpler, it is also usualTy
regarded as the earlier. This view, however, is not sus-
ceptible of proof. The supposition rests simply and alone
upon the consideration that, if a State of absolutely
promiscuous sexual intercourse originally prevailed, the
transition to an undifferentia^ed group-marriage without di^.
tinction of chief and secondary wive» would be the n^^
I70 ELEMENTS OF POLK PSYCHOLOGY
Stege of development. The reverse, however, would obtain
«ere monogamy the original custom. For die group-
maniage with chief and secondary wives is, of course^ more
smilar to monogamy than is undiflferentiated group-
nuurriage. Moreover, this order of succession is also in
greater oonsonance with the general laws underlying social
dianges of diis sort. As a matter of fact, it would scarcely
be possible to find grounds for a transition from un-
diflferentiated group-märriage to the ' Pirrauru system.* If
we assmae that there was a growing inclination for single
marriage, it would be difficult to understand why the cir-
cuitoas path of * Pirrauru marriage * should have been
cbosen. On the otber hand, it is very easy to see that the
distinction between t:hief and secondary wives might
gradnalljr disappear. Indeed, this is what has almost
universifly happmied wherever pure polygyny prevaits.
Wherever polygyny may be traced back to its beginnings,
it ahrays seentA to have its origin in the combination of a
dnef wife witfa several secondary wives. Later, however,
wlien the wife oomes to be regarded as property, we find
a fbnnal co-ordination of the wives. Or, there may be a
distindkm that arises from the accidental preference of
the httshand» as in the case of the Sultan*s favourite wife,
though in modern times such choice has again been dis-
placed by a law of more ancient tradition. The latter
dhange» however, was the result of the extemal influence
ef die culture of Western Europe. Such a retrogressive
mofenent, in the sense of a reapproach to monogamy, is
fweign to the motives immanent in the development itself .
Fkudmniore, • Pirrauru marriage • is very easily explicable
fay leCorence to the same ccmdition that best explains the
of esogamy, nanaelyy the custom of marriage by
*MB pimctised between groups enjoying a tribal or cult
>.' The captured wife is the Tippamalku, or chief
^iii^' ol^tte captor ; to the companions who assist the latter
a Krrauni; or secondary wife. This latter
'Mflrst OBly tttttponry, though it later becomes
ly As a 'Itesult, in part, of a dearth of
172 ELEMENTS OF TOLK PSYCHOLOGY
one hand^ marriage by capture gives way to marriage by
barter and later to marriage by purchase, and where, on the
other band, group-marriage is on the wane. Custom may
then either recur to monogamy» or it may advance to a
polygyny which is pure and not, as in the case of group-
marriage, combined with polyandry. Whether the former
or the latter will occur, will depend, now that marriage
by purchase has become predominant, upon might and
property. Since these are also the factors which insure
man*s wpremacy within the family, the older forms of com-
bined polyandry and polygyny almost universally (with few
exceptions> conditioaed by the dearth of women) give way,
nith the advance of culture, to simple polygyny, which is then
practised alongside of monogamy. This polygyny, in tum,
also finaUy recedes in favour of monogamy. The cirde of
development, accordingly, may be represented by the foUow-
ing diagram :—
Monogamy
I
Polyaindry
Polyandry with Polygyny
(Gronp-marriage)
JMymy
If onogamy.
A» an intermediate stage between monogamy and group-
s&arriage» pure polyandry, it should be remarked, is doubt-
lea» a very transitory phenomenon. Nevertheless, it has a
piiority over polygyny in so far as it first fumishes the
niotives for the additional practice, and thus for the very
origin» of the latter.
As a matter of fact, the ethnological distribution of the
^In» xd marriage entirely. confixms, as a general rule, the
tniih of this diagram. Even in Australia the phenomena
^ I^E^xyuni and of group-marriage are confined particularly
l|>.jti|K«fK9nt|bern regions. In the northerly regions, where
iq|l| ,and radal fusion have played a greater rAle,
t|><|ii^.ji r and polygyny may be found. The same
THE TOTEMIC ACE 173
is tme of America and of Africa^ monogamy decidedly
predominating in the former and polygyny in the iatter.
The inHuence of marriage by purchase then constantly
beoomes stronger, with the result that the woman comes to
be regarded from the point of view of property. The
rieh man is able to buy more wives than the poor man.
In all polygynous countries and fields of culture, therefore,
even in the present domain of Islamism, the poor man, as a
mle, lives in monogamy^ the rieh man in polygyny. Only
the wealthiest and most aristocratic allow themselves a real
harem with a considerable number of wives.
Linked with these influences is yet a further change. Its
beginnings are to be found as early as Australian culture ; in
America, it has progressed somewhat farther ; in the other
regions of totemism, it has finally succeeded in crowding out
the original conditions with the exception of meagre remnants
and survivab of customs. The change to which I refer is
the transition from maternal descent, which, in all prob-
ability, was originally universal, to paternal descent.
Matemal descent is in direct harmony with the natural feel-
ing that the children who are bom of the mother, and
whose early care rests with her alone, sbould also belong to
her. In this sense, mother-right represents the earliest of all
conceptions of property. At the same time it precludes the
possibility of that marriage which was avoided even by primi-
tive man, and which, on higher cultural levels, is abhorred
beyond all the other unions forbidden by the exogamous
norms of custom — marriage between son and mother. The
decisive extemal factor in connection with matemal descent,
however, is the subordinate position of the family as com-
pared with the association of the age-companions of the
same sex, particularly the men's club. Because of its tribal
struggles, whose increasing importance is extemally reflected
in the character of the weapon, it is precisely the totemic era
that tends to loosen the natural family ties of the preceding
primitive age, and, as a result, to allot the child to the
mother. This tendency is clearly expressed in certain transi-
tional phenomena that may occasionally be observed : »*»-«
174 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
occur more frequently in Melanesia and America^ however,
than in Australia. The child, in these cases, inherits the
totem of the mother as well as that of the father ; or the
son, though continuing to inherit the totem of the mother,
nevertheless passes over into the clan of the father. These
are intermediate phenomena, preparatory to the general trän-
sition from maternal to paternal descent. At the same time,
the fact that membership is inherited in the paternal clan, in
spite of the custom whereby the mother determines the totem,
directly suggests that the bond uniting the men may become
a force which counteracts maternal descent and then readily
leads to paternal descent. This transition is bound to occur,
particularly mider the co-operation of other favouring condi-
tions. Such conditions, as a matter of fact, are present ;
for social Organization gains an increasing influence upon the
whole of life*s relations. There are primarily three factors
that militate against the original custom of maternal descent.
The first of these consists in the increasing authority of the
man over his family, particularly over the son, who was
generally subject to stricter regulations than was the
daughter. This authority begins to manifest itself at that
time, especially, when the man*s relations with his family
again beoxne doser, and the associations which originally
embraced, without exception, all the men of the clan, are dis-
placed by family groups subject to the control of a family
eider. Coincident with these changes and with the result-
ing transition to a patriarchal order, there occurs also the
gradual dissolution of the general system of totemic tribal
Organization. Now, the system of maternal descent was
closely bound up with totemic tribal Organization from the
very beginning. With the disappearance of the latter, there-
fore, the former loses its power of resistance against the
forces making for its destruction. Finally, as a third factor,
there is the gradually increasing prominence of personal
property. Just as the wife becomes the prop)erty of the
man, so also does the chlld. So great was tliis emphasis
of the property conception, combined with the notion of
authority, that even among the Romans the pater familias
THE TOTEMIC AGE 175
had power extending over the life of his children. Beginnings
of such conceptions, however, are to be found even in more
primitive societies. Polynesian custom, for example, per-
mitted the murder of new-born children^ and free advantage
was taken of the permission. Only after the child had
lived for a short time was infanticide prohibited. The
dedsion, however, as to whether or not the child should be
allowed to live rested primarily with the father.
8. The Developmental Forms of Totemism.
Our discussions thus far have been restricted to those
aspects of totemism which are directly related to tribal
Organization. But however important these phases may
be, particularly in so far as they affect marriage regula-
tions, they are, after all, but an extemal indication of the
all-pervading influenae of totemism upon life as a whole.
Moreover, tribal totemism leaves many things unexplained,
especially the origin of totemic belief. At any rate, the
fact that totem groups were originally cult associations un-
mistakably points to inner motives of which the influence
of totemism upon tribal Organization and upon exogamy is
but the outer expression. To answer the question conceming
the nature of these motives, however, we must first call
to mind the various sorts of totemic ideas. An analysis
of these ideas may proceed in either of two directions.
It may concern itself either with the social unit that regards
itself as in relation to the totem or with the nature of the
object that constitutes the totem. So far as the social
unit is concerned, it may be a particular group of indi-
viduals— whether constituting a cult association independent
of the real tribal Organization, as in Australia, or, as in
America, representing one of the tribal divisions themselves
—that takes the name of a particular animal or, less fre-
quently, of a plant for its totemic designation. The
individual, however, may also possess a personal totem.
Furthermore, the totemic idea may be associated with the
birth of an individual, conception being regarded as an act
THE TOTEMIC ACE 177
the forbears of the Aostraliazis xa magic ceremonies. Man*
mura is the name that occors especially in Southern Ans-
tralia ; the term, Alcheringa. prevails in the north, where
the age of these mythical ancestors is often directly referred
to as the Alcheringa age. At times, apparently, it is beliex'ed
that these ancestors merely singied out as totems certain
already exbting animals. In other cases, however, aninuils»
as well as mankind, are held to have been created by the
magic-working beings out of formless matter, doubtless carth.
It is commonly believed that the creatures that wcre thus
created were at first lifeless, but became animals and men
when placed in the sun. These various ideas are for the moät
part so intertangled in Australian legend that no cohcrent
history of creation is anywhere discoverable. The legends
plainly embody merely a number of detached fanciful ideas.
Closely connected with these original ancestors there is
a third sort of totem or of totemic objects which we may
briefly designate as inanimate. The objects are rcgarded as
possessing magical powers and as having bccn bc(|u<*athed
by the original ancestors, thus representing a legacy of
the magical Alcheringa age. It is particulariy stonefi und
pieces of wood that are held to bc the alxidü of llirsn*
totemic spirits and that are represcntcd by hr««»'! ^^ liaviii«
at one time been entrusted to the cuf»tody of ili*- Jom--
fathers. These ideas abound particulariy in iioriliirM
Australia, where the magical objects ar« ralk/1 'liiifiiii/.ii»
(or tjurungas). Churingas play an irnporfaiii rAk \u ilu.
ceremonies of the totem festivals. Vor th« tun%\ \mf\. Mm y
consist of symmetrically shapcd »tori'rn, toiiMwlMf <;mimI.u
to the boomerang; yct other objrxf^ »Iv/ iwv/ \^ \»,uu»\,
particulariy such as are somchow HttWcmV. "• '"'"• '»»..„
churingas are also associated with othrr fM/tini' i/l/,i^ ,,,.,
ticularly with conception totemism- '»•^^ ouv,u,\ -f.- ;♦.,,
is supposed to continue his exist^rice, a» «t '^•t^.. 1$, »j^,
churinga, so that when this comcs into c//r,|»/i y^fU »>.e
mother he may pass over directly into tri^ 'J"W
If, now, we compare with each oth«r fli^ two •',/fr-rrrÄ
forms of the first class oi totooic ««*> fM//,/^,/, u^ä^
13
178 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
and indmdual totemism—yf^ at once face the question,
Which is the earlier, the original form? The ideas con-
nected with the individual totem are certainly much more
widely disseminated than is tribal totemism. Guardian
spirits, particularly demoniacal, protective animals, may be
found in many regions of the earth where there is little
or no trace of the tribal totem. This is true especially of
many regions of North America and of southem Africa, and
likewise of numerous islands of Oceania. In these localities
the individual totem is sometimes regarded as a sort of
double of the individual person. If the totem animal dies,
the man whose totem it is must also die. Closely related to
this conception are a vast niunber of ideas reaching far
down into later mythology, partioUarly into Germanic
lore— ideas according to which the soul of a man lies
hidden in some external object, perhaps in a plant or in
an animal^ and, when this vehicle of the soul is destroyed,
the man, or the god or demon who has assumed human
form, must die.
In these various modifications, individual totemism is
doubtless more widespread than is tribal totemism. Never-
theless, this by no means implies that the latter developed
from the former. On the contrary, both may possibly be
equally original, grounded as they are in universal human
motives that run parallel and independent courses. For this
very reason, however, it is also possible that tribal totemism
is the older form, for on somewhat higher cultural levels
it recedes in favour of the belief in protective spirits of
individuals. In questions such as this it is helpfui to
adduce parallels from later cults whose mode of origin is
more familiär. In the present instance, leaving out of
account the animal ideas, the two forms of totemism are
closely analogous to the Roman Catholic worship of saints.
The saints also are regarded partly as guardians of com-
munides and partly as personal protectors. Thus, on the
one hand, wc have the patrons of cities, of monasteries, of
vocations, and of classes ; on the other hand, the individual
also may possess a particular patron saint. Wc know of a
THE TOTEMIC ACE I79
certainty, honever, that die patroa saints of indi^-iduads did
not antecede diose of the Chorch itself . It was this most
inclusive commnmty that first electcd the saints, whereu|Km
smaller groups and finally individnals» gnided by nK>tives that
were frequently quite external, selected specific patron saints
from among the number of ecdesiastical saints. When the
Church set apart a certain day of the year for the partiailar
worship of one of its saints, this day was calied by the name
of the Saint ; to those individuals who were named af ter him,
the day became sacred. Thus, the patron saint of the indi-
vidual appeared later than the more universal saint, This
Order of development, moreover, is in harmony with the
general nature of custom, language, and myth, accorcUng
to which the individual succeeds the universal ; only second«
arily may the process occasionally be reversed. Usually,
however, it is cult associations and their common cult objecti
that are first in origin. Our contention is unaiTected by the
fact that individual cult objects^ as well as individual totemii
may continue to survive after tribal cults and tribal totcmt
have disappeared. For the need of a personal protector ii
generally much more permanent than are the social con-
ditions that gave it birth. Again we may find verlficAtlon
in the analogous development of saint worship. Nowftdtty«
the patron saints of the vocations, classc», and ciii«» lutve
more and more passed into oblivion- Among ihe Roinun
Catholic rural population, however, the Individual biill fr«-
quently has his patron saint, and, even wlutnt ihtt anUa h^
disappeared, the celebration of the ' Mtmt-d^y ' Ufi% imHu
retained. It is particularly in the religwu# realm i\mi y^tr.
sonal need gains a greater and greater a*cinidari/:y wi^r ij,^^.
munity need. Everything seems to indicate tt*Ät ^U a i Uai^i^^
took place even within totemism, e%9^^}^V ^^^r ih.t u,t\u.
ence of the gradual dissolution of the original i//t-ti,,i> |,,|^^|
organization-a change analogous to that wIiü^ o^^urt^^j]
in the case of saint worship a» * >'«»"" ^' ^^'^ 't-i;,y ,^
mediaeval guilds. These arguments^ of cour^, 'i^tttt/^x 1^^
Claim to more than probability- ^^J^ '"*'* ^**''^ ^
the individual totem developed «a* ^ ^"* «roup tot»
i8o ELEMENTS OE EOLK PSYCHOLOGY
Certain indications, however, suggest that the above was
the course of development. In Australia, the stronghold of
original tribal totemism^ a youth is frequently given a
personal totem^ in addition to the tribal totem, upon the
occasion of bis initiation into manhood. The personal totem
is frequently a matter of secrecy, being known only to the
medicine-men or to the eiders of the tribe. The fact that.
this is true indicates that such a personal totem possesses
no public significance and, moreover, that it is probably
bound up with the idea that the real essence of a man is
contained in his name, just as it is in his picture, so that
the mere speaking of the name might bring härm to the
person. It is äoubtless probable, therefore, that, after groups
came to be formed within the primitive horde, they were
at once bound together by relations of cult. As Australian
conditions indicate, the origin of totems in the sense of cult
groups is at least as old as tribal Organization, if not otder.
The same cannot be said of the much more remarkable,
though also rarer, forms of totemism, conception and,
sex totemism. The former of these may be regarded as a
modification of individual totemism, inasmuch as it relates
to the procreation of the individual. However, it also forms
a sort of intermediate stage between tribal and individual
totemism. A woman receives the totem of the child on a
specific occasion, of which she usually has knowledge.
Among the Aranda, the conception may occur at any place
whatsoever ; among the Warramunga, the woman retires
to a certain spot, the totem place, where the ancestral spirits
dwell. Either during the day or, especially, during the
night and in sleep, the spirit of the ancestor passes over
into her. ' The word * spirit,* which is employed by English
writers, is not, of course, an accurate rendering of the
Australian term, and may easily lead to a misconception.
.The German missionary Strehlow has probably done better
in using the word •germ/ The germ of the child is
thought to pass over into the body of the mother inde-
pendently of any act of the father, or, at most, the
partidpatioa of the latter is held to be merely secondary,
and not essential.
THE TOTEMIC AGE i8i
Adherents of the theory of original promiscuity have
interpreted these ideas also as a survival of unrestrained
sexual conditions, and thus as indicative of the fact that
paternity was at one time unknown. A closer acquaintance
with the phenomena^ however, shows that this can scarcely,
be the case. Thus, the idea of the Warramunga that
it is the totem ancestors of a woman's husband and
not those of any other man that pass over into her,
clearly presupposes a State of marriage, as does also
the further fact that these same tribes reckon descent
in the line of the father and not in that of the mother.
Moreover, the passing of the totem ancestor into the
woman is generally accompanied by magical ceremonies,
such as the swinging of bull-roarers, or contact with
churingas. Or, the totem ancestor may appear to the woman
in sleep or in a waking vision. On the Banks Islands,
Strange to say, we find conception totemism without any
trace of tribal totemism. The manner of reception of the
totem ancestor also differs ; the woman eats of the flesh
of her husband's totem animal, which, since there is no
tribal totemism, is in this case a personal, protective totem.
Thiis, conception totemism represents something of an ex-
ception in that the eating of the totem is not forbidden,
as it generally is, but rather constitutes a sort of cult act,
as it also does in certain other cases. In Australia, more-
over, conception totemism is to be found only among several
of the northern tribes, to whom it may at one time have
come from Melanesia. Because of the primitive nature of
the ideas connected with conception totemism, particularly
when, as among the Aranda, the husband is ignored and
it is believed that conception is mediated only by the totem
ancestor, the northern tribes just referred to have sometimcs
been regarded as the most primitive. There are some writers,
on the other hand, by whom the possibility of such ideas is
denied on the ground that these very tribes must be familiär
with the process of procreation in the animal world. But this
does not prove the case. When, however, we leam that the
older mcn of the tribe themselves no longer entertain the »
i83 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
in magical generation, particularly as the exclusive factor,
iriiereas, on the other hand^ this is still taught to the young
mott, and cspccially to the children, we may well call to
mind our own childish notions about the stork that brings
die babies. Why might something similar not occur among
the Australians, and the belief possibly retain credence
somewhat beyond the age of childhood?
Sex totemism, similarly to conception totemism^ is also
of somewhat limited distribution, and seems to occur prin-
cqMdly in those regions where tribal totemism proper is
lacking or is at least strongly recedent. Among the Kurnai
of southem Australia, for example, no tribal totemism has
been discovered, though sex totemism occurs and actually
fonns the basis of certain marriage ceremonies. Sex totemism
probably has its origin in the individual totem^ especially
in the appearance of this totem in dreams. If^ after such
a totem has appeared to an individual man or woman, it
b then adopted by others of the same sex, specific sex totems
may well come into being» particularly under the influence
of the separate associations of men and women. It is also
significant that in the case of sex totemism nocturnal animals
predominate. The totem of the women is usually the bat ;
that of the men, the owL This fact is indicative of a
dream origin and of a genesis from the individual totem.
Diumal birds may, of course, also appear in dreams.
Whether or not this occurs depends solely upon concomitant
circumstances. At the stage of culture, however, when
man is accustomed to sleep in the open, it is probable that
the nocturnal birds which circle about him will also appear
in his dreams. A further characteristic phenomenon of the
regions where sex totemism prevails, is the manner in which
marriage is consummated. In this case also, the woman
eats of the totem of th^ man. This causes a struggle
between the man and the woman, which is really a mere
mock-fight ending with an offer of reconciliation on the part
of the man. With this, the marriage is concluded. Such
customa likewise point back to individual totemism as their
original soarce» and probably also to marriage by capture.
THE TOTEMIC AGE 183
The fact that tribal totemism everywhere receded with the
dominance of individual totems^ explains why sex aad tribal
totemism seem to be mutually exciusive. Of the two rare
forms of totemism, accordingly, it is probable that concep-
tion totemism was the earlier, and that sex totemism belongs
to a relatively late stage of development. A further indica-
tion of the primitive nature of conception totemism is to
be found in the fact that the Aranda possess a tribal
Organization in which the grouping of totems to form clan
divisions follows a principle which elsewhere obtains only in
the case of the two tribal halves. Two clans, A and B, that
enjoy exogamous relations with each other, do not have dif-
ferent totem groups, as they do among all other tribes ; their
totem groups are largely the same, Among the Aranda, there-
fore, a man of one totem may, under certain circumstances,
marry a iwoman of the same totem, provided only she belongs
to the other clan. True, phenomena are not lacking — such
particularly as those of plant totems, to be mentioned below,
and the ceremonial festivals connected with them-r-which
indicate that these northem tribes were affected by Papuan
inmiigrations and by race-mixture. But influences of this
kind are the less apt to lead to the submergence of primi-
tive views and customs according as they are instrumental,
particularly when they are operative at an early age, in
maintaining conditions which might otherwise possibly
disappear as a result of further development.
TTie second mode of classifying the forms of totemism
is based on the objects which are used as totems and leads
to an essentially different analysis of totem belief s. Each
of the forms which the Classification distinguishes is, of
course, also subsumable under one of the kinds of totemism
already discussed. The earliest totem objects, as has already
been mentioned, are without doubt animals. In America, as
in Australia, there are practically no totems except animals ;
in other places also it is the animal that plays the principal
röle in totemic mythology. In part, the animal con-
tinues to remain predominant even after the age of actual
totemism has passed. Nevertheless, plant totemism has
i84 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
found its way into certain regions. Here also the facts
are most clearly traceable in Australia, our most important
source o£ information regarding the history of the develop-
ment of totemic ideas. In southem Australia^ there are no
totems except animals ; towards the north^ plant totems
gradually begin to make their appearance, until finally,
among the most northerly peoples of central Australia, such
totems have the dominance. Plant totems, moreover, are also
found particularly in Melanesia, from which place they might
easily have come to Australia across the chain of islands
which extends from New Guinea to the north coast of the
island-continent. That plants play an unusually large röle in
the regions of Oceania, in connection with totemism as well
as otherwise, is directly due to external conditions. These
islands are poor in fauna ; true, they possess great numbers
of birds, but these are of little value to the hunter. On the
other band, they have a luxuriant flora. From early times
on, therefore, it is chiefly the plant world that has been the
centre of interest and that has left its stamp upon myth and
custom. Clearly, plant totemism had its origin on these
islands. From them it was introduced into Australia, where
it combined with animal totemism. But the regions into
which plant totemism was introduced underwent a great
change in their totemic cults. It is probably only with the
appearance of plant totems that those cult ceremonies arose
which are celebrated, not, as the festivals of tribal totemism
originally were, mainly at the adolescence of youths, bat
primarily for the sake of eflPecting a mulüpllcation of the
totems. Annually, at stated times, the members of allied
clans unite in magical ceremonies and cult dances, the well-
kaiown * corroborees,* as they are called by those who practise
them. The primary aim of such cults is to bring about by
magical means an increase of the totem plants and animals.
Doubtless we may regard it as highly probable that this cere-
mony xepiesents a borrowing on the part of animal totemism
from plant totemism. For the hunter, similarly, desires that
there be a very great abundance of game animals. Yet it is
mainly plants that are the object of conoem— a concern caused
THE TOTEMIC AGE 185
by tfae changes in weather, with its incalculable oscUlations
between life-bringing rain and the withering glare of the
sun. These are the motives that find expression in the
festivals designed for the multiplication of the totems^ the
' Intichiuma ' festivals. The motives to these ancient cults
still frequently find their counter'parts in the customs of the
cultural peoples of the present. When, in times of a long
drought, processions pass over the fields and supplicate
Heaven for rain, as occurs even to-day in some regions,
we certainly have an analogous phenomenon. The only
difference is that the Australian tribes invoke their totems
instead of Heaven ; they call upon the plants which are to
increase and upon the animals which are to be available
for hunting, with the aim of thus exercising a magical
influence upon them.
In connection with the Australian ceremonies designed
to multiply the food plants and game animals, we come upon
still a third kind of totem objects. They differ from those
of the two preceding classes in that they are not regarded as
independent totems, but merely as vehicies of the same sort
of mag^cal power as is possessed by animal and plant totems.
In distinction from the latter, we may briefly dall them
inanimate totems. They consist of stones and sticks. These
are utilized as magical objects in the Australian Intichiuma
festivals, and also, under the above-mentioned name of
• churingas,' in connection with conception totemism. They
differ from animate totems in that the latter are in them-
selves endowed with magical properties, whereas the
former are always held to derive these powers from
living magicians, from the anthropomorphic or zoö-
morphic ancestors of antiquity. These magicians are
thought to have transmitted the objects to later genera-
tions for the use of the latter in the practice of magic.
Thus, the churingas have a peculiar Status, intermediate
between magical beings and magical implements. They are
carefuUy preserved because— as is indicated by their use in
connection with conception totemism— they are regarded
as legacies left by, ancestors ; moreover, they are ab
iS6 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
to harbour the demoniacal power of these ancestors.
One of the factors determining the selection of these objects
b doubtiess generally their shape, which is frequently of a
striking nature, such as to arouse astonishment. Ejected
into the object itself, this astonishment becomes a wonder-
working power. Later, the desire to secure such magical
means of aid may become a supplementary factor in the
selection of these objects, and, as widespread phenomena
of a similar nature show, may eventually suffice of itself
to constitute an object the bearer of magical jK)wers. Thus,
it is these inanimate vehicies of a magic derived from totem
ancestors, that form the transition from the totem object
to the so-called fetish.
Each of the three kinds of totem objects just described,
the plant totem, the animal totem, and the totemic fetish,
may assert itself in connection with the three above-
mentioned social forms of totemism. Moreover, the three
kinds of objects may also, to a certain extent, combine
with one another. For, though the animal is very commonly
the only totem, plant totems never occur except in con-
nection with animal totems, even though there are certain
conditions under which they attain the dominance. Finally,
the totemic fetish is always associated in totemic regions
with animal and plant totems, and is also closely con-
nected with the idea, even here permeating totemic belief,
that there were anthropomorphic ancestors who left these
fetishes as magic-working legacies. Thus, totemism passes
over, on the one band, into ancestor-worship, and, on the
other, into fetishism, with which it combines, particularly
in the * Intichiuma * festivals, to form a composite cult.
Tribal totemism is the source of the individual totem ; the
latter, probably as a result of animistic ideas that displace
tribal totemism, gives rise, as an occasional offshoot,
toi the sex totem. This is the conclusion to which
we are led by. the fact that the chöice of the sex
totem is influenced by the dream. The last important
product of individual totemism, in combination with tribal
totemism, is an incipient ancestor worship, which is accom-
THE TOTEMIC ACE 187
panied by peculiar forms of fetishism* In view of its
origin, we may perhaps refer to this cult as ' totemic
fetishism/ The following diagram illustrates this genetic
relationship :—
Trit>al and Anlrnal Tolemism
Tribai Toumlim-Animal and lodtvidual Animal
Plant Totemi sm Toiemism
Ancestor Worsblp Sex Toieiaism
I
Totemtc Ftti^Miiii
9. The Origin of Totemic Ideas.
We havc attempted to traoe the succession of the various
forms of totemism by reference to the characteristics which
tbese forms reveal. Closely connected with this problem is
the question conceming the origin of totemic ideas. WÜth
respect to this question, however, widely different hypotheses
have been proposed. Of these, those that foelong to an earlier
stage of our ethnological knowledge conceming this subject
can here receive but brief mention. Herbert Spencer held
that the entire institution of totemism arose out of the totem*
names of individuals, such, for example, as wolf, deer,
eagle, or, among the Australians, emu, kangaroo, etc. These
animal names, according to him, were at first perhaps nick-
names, such as are occasionally to be found even to-day.
Out of the individual totem arose the tribal totem. The
name then became identical with the thing itself— that is,
with the animal, which thus became a protective and
ancestral animal. Though rejecting the idea that the origin
of totemism is to be found in nicknames and epithets,
Andrew Lang retained the belief that the name was primary,
and that the Substitution of the animal or the plant for the
name occurred only later. This theory is not so stränge as
it might appear. As a matter of fact, it is quite charac-
teristic of primitive thought closely to associate a name
and its object. Primitive man regards his name as a part
of himself ; this idea is similar to that which underUes
i88 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
the terror that he somctimes manifests when a skbtch is
made of bixa, a terror due to the belief that a part of his
soul is being carried away in the picture of the artist. And
yet there is prima facie little probability that a phenomenon
so widely prevalent and so highly ramified as totemism could
have its source in a fact of this kind, which is, after all, only
incidental. Moreover, in one of the chief centres of tribal
totemism, in the eastem part of North America, as, for
example, among the Iroquois, we find very clearly defined
personal names. These names, however, are never identical
with those of the totems, nor even, 'as a ruie, with those of
animals. Sometimes they are borrowed from the names
of flowers, although there are no plant totems in America ;
or, they are flattering appellatives such as we still find in
higher civilizations. Moreover, there is no indication that
they ever came to be used for the designation of totems.
The view held by Howitt and by Spencer and Gillen,
scholars deserving of high esteem for their knowledge of
Australian totemism, is an essentially different one. In their
opinions, it is the conditions of a hunting life that are re-
Hected in totemic belief s. They maintain that the animals of
the chase were the first to become totem animals. Wherever
plant food gained great importance, plant totems were then
added. The evidence for this view is based mainly on
those Intichiuma ceremonies and festivals by means of which
the Australians aim to secure a multiplication of the totems.
In these festivals, for example, grass seed is scattered broad-
cast by members of the grass seed totem, or a huge lizard
is fonned of clay by the members of the lizard totem, and
pieces of it are strewn about. These are magic ceremonies
that, in a certain sense, anticipate the sowing and harvest
festivals of later times. The only difference consists in the
fact that these primitive magic usages are not directed
to the rain-bringing clouds or to celestial deities in petition
for a blessing upon the crops, but to the objects themselves,
to the animals and plants. Magic powers are ascribed to.
tfae latter ; by virtue of these powers they are to multiply
themselves. In regions wheve sowing and harvest do not
THE TOTEMIC AGB 189
as yet exist, but where man gains his food solely by gathering
that which the earth of itself brings forth, such festivals and
cerenK)nies are to a oertain extent the natural precursors of
the later Vegetation festivals. '
In view of these facts^ the hypothesis of the above-
mentioned investigators seems to have much in its favour.
There is a very important consideration^ however^ that obvi«
ously speaks against it. It is highly probable that these
very ceremonies for the multiplication of totem objects are
not indigenous to Australia, the chief centre of totemism,
but that they, along with the plant totem, were introduced
from without. These plant totems, as was remarked above,
appear to have come from the Melanesian Islands, where
the animal totem plays a small r6Ie, becaose the fauna
is meagre and man is dependent in great measure upon
plant food. Besides animal and particularly bird totems,
therefore, which also occar <m the Melanesian Islands,
we find plant totems throog^iout tbe iHiole of northem
Australia. These totems, as we may soppose, are the
result of Papuan immigrations, to which are due also edier
objects of Melanesian cnltnre to be foond in the Aostralian
continent. In the south, where there are no totems c^ber
than animals, Intichioma ceremonies reoare small emphasis.
In entire bstnaony with aar oofuteatvyas are the amditiof»
in Amerka, where do fesdvab o# tbis sort are comieaed
with the tocems tfaemseltes ; ^n ^aaÜ^j^/^^ signtficance is
gained only later by dbe ^n^ ire?eta?jr>n festtvah, and
these presuppose agricnltxire, WZ^s^i^ ^'^ *^ h^:r,r^nz%
of a celestial mythology.
In more recent times, thcrcfore, Fraier, wir/ut gr-at
work, "Totemism and Ezogamy/* h^ aMenA:-^^ ^jt f^ri^^^
collection of facts concemmg totetnk: cnhare, >A^ --ttj*,!
to an essentially different theory. He traoet a.: f^rrrj. ^f
totemism back to conception totcmiöiL Sisrjt •?.* v^^^*
as we have already stated, probably ^^ ^^ "^ '-^-^^joai
totemism, we are again confronted bf^ ^-^.-^-yJ^.
view, much as in the hypothesis^ ci am ttif^ '^^j^
Frazer derives conception ' ' ^
193 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
IM thon tnmaferred from the one who is killed to tUe dying
ptrion in genaral. With Ihe exhalation of his last breath,
tuß aoal is thought to depart from him. The souI is there-
fore conceived as a moving form, particularly as an animal,
a bird, a rapidly glidtng snake, or a lizard.
In dealing, later, with the soul conceptions of the totemic
age, we will consider these several motives in their inde-
pendent influence as well as in their reciprocal action upon
OBtt apother. Hexe we can touch upon them only in so far
as they harbour the sources of totemism itself . But in this
oonnection two facts are of dedsive importance. In the
first place, the original totem, and the one which continues
to remain most common, is the animal ; and, secondly,
the earliest totemt animals are identical with soul animals.
But in addition to soul animals, other animals also may
later readily come to be regarded as totems, particularly
such aa continually Claim man's attention, as, for example,
game animals. Thus, the soul motives are brought into
interplay with other influences, springing in part from the
emotions assodated with the search for daily food, thougb
primarüy with success or failure in the chase. As a result,
the soul motives obviously become less prominent, and the
totem animal, freed from this association, acquires its own
peeuKar significance, which fluctuates between the ancestral
kksa and tfaat of a protective demon. The concem for food,
which was at first operative only as a secondary motive,
was hleightened in certain localities where the natural
envifomnent was poor, and, with the influx of Immigrant
tribes, it assumifri ever greater prominence. In this way,
pfamt totems camte to be added to anunal totems ; finally,
a» a resuU of certam velations of these two totems to
hianimate objects, there arose a fetishistic offshoot of
lliis again brought totemism into close con-
with aneestor ideas, and contributed also towards the
tfftasitMMi from animal to human ancestors.
Umsb then, totemic idaas arise as a result of the
ttiöqMiOB of primitive aonl ideas into the corporeal soul
aftd tte AMitt^ and shmtaw^-soMl. That the two latter are
.THE TOTEMIC AGE tgi
ited, is proven also by tUe history. of totemism. Folk
b^ef, even down to the present, hokls that die soul of the
äfing person Issues in his last breath and that it possesses the
f«nn of an animal. The soul of one who has recently died,
bvwever^ appears primarily in dreams and as a phantom
foim. Now, the totem animal has its genesis in the Irans-
formation of the breath-soul into an animal. The shadow-
soul of the dream, moreover, exercises an influenae on indi-
vidual totemism^ as it does also on conception totemism and
on sex totemism.
Thus, totemism is directly connected with the belief in
souls— that is to say, with animism. It represents that
branch of animism which exercised a long-continuing influ-
ence on the tribal Organization as well as on the beliefs
of peoples. But before tuming tp these final aspects of
totemism and their further developments, it is necessary to
consider another group of ideas which, in their beginnings,
occupied an important place within the circle of totemic
beliefs. The ideas to which I refer arc those connected
with the custom of taboo.
lo. The La WS of Taboo.
It is a significant fact that * totem ' and * taboo ^
are concepts for which our cultural languages possess
no adequate words. Both these terms are taken from
the languages of so-called natural peoples, " totem ' from
an idiom of the North American Indians, and * taboo •
from the Polynesian languages. The word 'totem' is
as yet relatively uncommon in literature, with the ex-
ception of books on ethnology and folk psychology ;
the word 'taboo/ on the other band, is much m use.
A thing is called taboo when it may not be touched, or
when it must be avoided for some reason, whether because
of its peculiar sanctity or contrariwise because its harmf^i
influence renders it ' impure/ defiling every one who comes
into contact with it. Thus, two opposing ideas are cotti-
bmed in the conception of taboo : the idea of the sacr^d
as something to be avoided because of its sanctity, an^l ^ .
14
194 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
of the impure or loathsome, which must be avoided because
of its repulsive or harmful nature. These ideas combine
in the conception of fear. Therc is, indeed, one sort of
fear which we call awe, and another termed aversion. Now,
the history of taboo ideas leaves no doubt that in this case
awe and aversion sprang from the same source. That which
aroused aversion at a later age was in the totemic period
chiefly an object of awe, or, at any rate, of fear— that is, of
a feeling in which aversion and awe were still un-
differentiated. That which is designated by the simplest
word [SrÄ^a] is also earliest in origin ; awe [Ehrfurcht]]
and a\-ersion [Abscheu] developed from fear [ScheuJ.
If, now, we associate the term ' taboo ' in a general way
with an object that arouses fear, the earliest object of taboo
seems to have been the totem animal. One of the most
elemental of totemic ideas and customs consists in the fact
that the members of a totem group are prohibited from eating
the flesh of the totem, and sometimes also from hunting the
totem animal. This prohibition, of course, can have origi-
nated only in a general feeling of fear, as a result of which
the members of a totemic group are restrained from
eating or killing the totem animal. In many regions,
where the culture, although already totemic, is, nevertheless,
primitive, the totem animal appears to be the only object
of taboo. This fact alone makes it probable that totemism
lies at the basis of taboo ideas. The protective animal of
the individual long survived the tribal totem and some-
times spread to far wider regions. Similarly, the taboo,
though closely related to tribal Organization in origin, under-
went further developments which continued after the totemic
ideas from which it sprang had either entirely disappeared
or had, at any rate, vanished with the exception of meagre
traces. This accounts for the fact that it is not in Australia,
the original home of the totem, that we find the chief centre of
taboo customs, nor in Melanesian territory, where the totem is
stiU fatirly common, nor in North America, but in Polynesia.
It is in Polynesia, therefore, that we can most clearly
trace the spread of taboo ideas beyond their original start-
THE TOTEMIC AGE i95
ing^point. The taboo of animals is here only inddental ;
man himself is the primary object of taboo— not every indi-
vidual, but the privileged ones, the superiors, the priest, the
chieftain. Closely related to the fact that man is thus
held taboo, is the development of chieftainship and the
gradual growth of class differences. The higher class
becomes taboo to the Iower class. This fear is then carried
over from the man himself to his possessions. The
property of the nobleman is taboo to every other person.
The taboo has not merely the force of a police law, similar
to that whereby, in other localities, men of superior rank
prohibit entrance to their parks ; it is a religious law, whose
transgression is eventually pimished by death. It is par»
ticolarly the chief and his property that are objects of taboo.
iWhere the taboo regulations were strict, no one was allowed
to venture close to the chief or even to speak his name.
Thus, the taboo might become an intolerable constraint.
In Hawaii, the chief was not allowed to raise his own
food to his mouth, for he was taboo and his contact with
the food rendered this also taboo. Hence the Hawaian
Chief was obliged to have a servant feed him. The objects
which he touched became taboo to all individuals. In short,
he became the very opposite of a despotic ruler, namely, the
slavc of a despotic custom.
From the individual person, the taboo was further ex-
tended to localities, houses, and lands. A member of the
aristocratic class might render taboo not only his movable
property but also his land. The temple, in particular, was
taboo, and, together with the priests, ^IJ^f"^ ^*^^
character longer than any other object. The taooo con-
cerned with the eating of certain animals however, also
remained in force for a long time. Though these anunals
were at first avoided as sacred, tbe taboo of the sa^red, m
this case, later developed into that of the unpure^ Thus, this
conception recurs, in a sense, to it» *^f^T .^ .u ^*^^
fear that is associated with the animals ^^^« Jhe totem
group regards as sacred, is here «>f'}''^^. ^^^^ ^*^^ fear
that the eating of the flesh is harm^i^- ^ickucss or ev^
196 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
death is believed to follow a transgression of such a taboo
r^^ulation. Even in its original home, however, the taboo
assumes wider forms. It subjects to its influence the demon-
ideas that reach back even to pretotemic times. The corpse
particularly, and the sick person also, are held taboo because
of the demoniacal magic proceeding from them. Like-
wise the priest and the chief are taboo, because of their
sacredness. Thus, the taboo gains a circle of influence that
widens according as totemic ideas proper recede. The taboo
which the upper classes placed upon their property had
come to be such a preponderant factor in Polynesian custom
that the first investigators of these regions believed the
taboo in general to be chiefly an Institution whereby the
rieh aimed to protect their property by taking advantage
of the superstition of the masses.
One of the most remarkable extensions of the scope of
taboo is the taboo which rests on relations by marriage.
iThe history of exogamy, whose earliest stages are repre-
sented by the totemic marriage laws of the Australians«
clearly teaches that the aversion to marriage between blood
relations was not the cause but at most, to a great extent,
the effect of exogamous customs that everywhere reach back
into a distant past. But there is a second class of marriage
prohibitions^ and this likewise has found a place even in
present-day legislation— the prohibition of unions between
relations by marriage. Such prohibitions are from the
very beginning outside the pale of exogamous laws.
Indeed, it is clear that all imions of this sort—such, for
ezample, as are forbidden by our present laws— were pcr-
mitted by the totem and clan exogamy of the Australians
and that of the American Indians. In tho oase of matemal
diescent, the group from which a man nnist select his wife
inchided his mother-in-law as well as his wife. Similarly,
in die case of paternal descent, the husband and father-in-
law were totem associates. There is another set of customs,
however, which is generally connected with even the earliest
fenns of exogamy, and which fills out in a very remarkable
way die gap that appears in the original totemic exogamy
THE TOTEMIC AGB 197.
when this is compared with present-day leglslation. These
customs are no other than the laws of taboo. One of the
earliest and most common of these regulations is the iaboa
of the niother'in4aw. Corresponding to it, not so common
and yet obviously a parallel phenomenon occasionally con-
nected with it, is the taboo of the father-in-taw. Th^
relative distribution of the two taboos is analogous to that
of maternal and patemal descent in the primitive condition
of sodety^ for it is maternal descent that is dominant. This
is not at all meant to imply that there is any casual relation
between these phenomena. Rather is it true, probably,
that they are based upon similar motives, and that these
motives^ just as in the case of marriage between relations,
are more potent in the case of the mother than in that of
the father. In generale however, the taboo of parents-in-
law signifies that the husband must so f ar as possible avoid
meeting his mother-in-law, and the wife, her father-in-Iaw.
NoWy it is evident that in so far as this avoidance exchides
the possibility of marriage, the custom is, in a way, supple-
mentary to exogamy. Wherever maternal descent prevails^
no one may marry his mother ; and, where taboo of the
mother-in-law exists, no one may marry his mOther-in-law.
The same holds of father and daughter, and of father and
daughter-in-law, in the case of patemal descent. This
analogy may possibly indicate the correct clue to the
Interpretation of the phenomena. It would certainly be
erroneous to regard the taboo of the mother-in-law as a
regulation intentionally formulated to prevent imions between
direct relations by marriage. Yet there is evidence here
of a natural association by virtue of which the fear of
marriage with one's own mother, which, though not caused
by the exogamous prohibition, is nevertheless greatly
strengthened by it, is directly carried over to the mother-
in-law. Between a woman and the husband of her daughter
there thus arises a State of taboo such as is impossible
between mother and son because, from the time of his
birth on, they are in close and constant relation with each
other. In consequence of the above-mentioned associa-
loS ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
tion, mother and mother-in-law, or father and father-in-
law, form a unity analogous to that which obtains between
man and wife. What is true of the husband, is also true
in the case of the wife ; similarly, what holds for the mother
of the husband holds no less for the mother of the wife.
Striking evidence of the effect of an association of ideas
that is perfectly analogous to the one underlying the taboo of
the mother-in-law, is offered by a custom which k doubtless
generally only local in scope and yet is found in the most
diverse parts of the earth, thus showing plainly that it is
autochthonous in character. I refer to the custom of so-
called father-confinement or * couvade/ This custom pre-
vails in various places, occurring even in Europe, where
it is practised by the Basques of the Pyrenees, a remark-
able fragment of a prc-Indo-Germanic population of Europe.
Due, probably, to the heavier tasks which these people
impose upon women, it here occasionally occurs in an
exaggerated form. Even after the mother has already
begun to atiend to her household duties, the father, lying
in the hod to which he has Aoluntarily retired, receives the
congr.^tula:ions of ilie relatives. Custom also demands that
hc subcot hini5olf lo certain ascetic restrictions, namely, that
h^ «wivl the caiiiii: of certain kinds of food. The custom
<rf vVuxji.ic i,* cloarly the rosult of an ideational association
Jy^:^-«'^ h;:5l\ind ,in J >» ife— one that is absolutely analogous
K^ thji: he;nt^r;\ the t\\\^ mothers of the married couple. The
oJijM o>»t^s tts e\:s:o:u>o lo both father and mother. Both,
t•)«^^^5^. :v.;:s: olv\ iho rc^ul.itions which Surround birth,
411^^ Aus :hx-v a:c al^^ subjoot to the same taboo. Just as
^^liii«;^' V* \^:\ *V!v.:v.v^nly a ial>oo on the mother and her
♦iH»-^N5^ %*>,*.Ui. M.> .Uso. in the regions where couvade exists,
^ ^!)^ UA^.v^t^n^Nl to the husband.
J^ ^ *\*i*, k;uM\:u the last vestiges of the taboo of the
llil^^-.^JUw h4^t' not x-et disappeared, though theysurvive
.^»iy * WiNv,:. 4s k!o many other customs that were once
>*«\N«iS ^a.s-^aJ In fact, therc is no other form of
«^%«^ap>il^ Mt^^;h^i by blood or by marriage, that is so
^^«i^ M* -N^ Satire oi daily life as well as to the
TTHE tOTEMIC AGE 199
witticisms and jokes of comic papers as is that of the un-
fortunate mother-in-law. Thus, the primitive taboo resting
on the mother-in-Iaw and also, even though in lesser degree,
on the father-in-law^ has registered itself in habits that ate
relatively well known. Graver results of the regulations
of ancient custom are doubtiess to be found in those pro-
hibitions of union between relatives by marriage that still
constitute essential elements of present-day laws. This, of
course, does not mean that these prohibitions are iinjusti-
fiable or that they do not reflect natural feelings. They but
exemplify the fact that every law presupposes a develop-
ment which, as a nile^ goes back to a distant past, and that
the feelings which we to-day regard as natural and original
had a definite origin and assumed theii; present character
as the outcome of many changes.
Alongside of these later forms of the taboo^ and
outlasting them, we have its most primitive form. This
is the taboo which rests on the eating of certain foods»
particularly the flesh of certain animals» though less fre-
quently it appUes also to occasional plants. The latter,
however, probably represents a transference, just as does
plant totemism. A particulat: example of such a taboo is
the avoidance of die bean by the Grecian sect of
Orphians and by the Pythagoreans whom they influenced.
The taboo of certain animals survived mudi longer. But
it was just in this case that there came an important shift
of ideas which gave to the taboo a meaning almost the
opposite of that which it originally possessed. Proof of such
a change is offered by the Levitical Priests' Code of Israel.
The refined casuistry of the priests prescribed even to details
what the Israelite might eat and what was taboo for him.
For the Israeliten however, this taboo was not associated
with the sacred but with the unclean. Tl\e original taboo
on the eating of the flesh of an animal related, in the totemic
period, to the sacred animal. This is the taboo in its original
form. The Australian shrinks from eating the flesh of
his totem animal, not because it is unclean, but because
he fears the revenge of demons if he consumes the protec-
200 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
tivc animal of his group. In the Priests' Code, the sacred
object has become entirely transmuted into an unclean
object, supposed to contaminate all who eat of it. It is a
striking fact, however, that the animals which are regarded
as unclean are primarily the early totem animals— the
screech-owl, the bat, the eagle, the owl, etc. Of the
animals that live in or near the sea, only those may be eaten
that have scales, that is, only fish proper, and not the
snake-like fish. The snake itself and the snake-like reptiles
are taboo, as well as numerous birds— all of which were at
a very early period totem animals. Heading the list of
the animals that may be eaten, on the other hand, are the
ox, the sheep, the goat— -in short, the animals of an agri-
cultural and sheep-raising culture. Thus, as the original
magical motives of taboo disappear, their place is taken
by the emotion of fear, which causes the object arousing
it to appear as unclean. Whoever touches such an object
is polluted in a physical as well as a moral sense, and
requires a cleansing purification according to rites pre-
scribed by cult. We cannot avoid the impression, accord-
ingly, that the unclean animals held to be taboo by the
Priests* Code, are the same as those which this same i>eople
regarded as sacred soul and totem animals at an earlier
stage of culture. Thus, these prohibitions with reference
to food are analogous to the impassioned preaching against
false idolatry— both refer back to an earlier cult. In this
category belongs also the prohibition of consuming the
blood of animals in the eating of their fiesh. This like*
wise is the survival of a very common belief— certainly preva-
lent also among the Israelites at one time— that with the
blood of an animal one might appropriate its spirit-power.
The priestly law transforms this motive into its direct oppo-
site. For the tcxt expressly says : '* In the blood is the life ;
bat yc shall not destroy the life together with the flesh."
Thus, the significance of the taboo shifts from the sacred,
nrhich evokes man's fear, to the unclean and demoniacal, which
also arouse fear but in the form of aversion. Closely related
to Um ohange is a group of views and customs resulting
THE TOTEMIC AGE Boi
from this last form of taboo and reaching down, as its
after-effects, far into the later religious development.
These are the purificaiion rites connected with the ideas of
clean and unclean. The word lastraiio, by which the
Romans designated these rites, is reaily more appropriate
than the German word Reinigung, since it suggests more
than merely the one aspect of these usages. Indeed, the
idea of purification is not even primary^ any more than the
conception of the unclean is the initial stage in the de-
velopment of the taboo. On the other hand, the idea that
a man might be exposed to demoniacal powers by touch-
ing an object or by eating a certain food, such, for example,
as the flesh of certain animals, is in entire accord with such
primitive notions as are expressed in the fear of the corpse
and of sickness, as well as in other similar phenomena*
The essential thing is to escape the demon who is harboured
in the particular object of concem. This Impulse is so irre-
sistible that, whenever the idea of taboo arises, the concep-
tion of lustration, of a magic counteraction to the demoniacal
power, is also evolved. Thus, magic and coonter-magic, here,
as everywhere, stand in antithesis. The means of such
counter-magic are not only very similar througfaout the mott
remote parts of the earth, but extemally they remain the same
even throughout the various stages of culture, There are
only t/iree means by which an individual may free himself
from the effects of a violation of taboo— irirf«r, fire, and
magical iransference.
Of these means, the one which is the most familiär
to US is water. Just as water removei physical uncIeanncM,
so also does it wash away soul or demoniacal impcirity—
not symbolically, for primitive man has no sjrmbol^ in c/21
sense of the word, but magically. As water is ü^ :r/y&
common dement, so also is it the most caamuxL nui^^ial
means of lustration. Besides water, fii« •!•• » ^==-> '-, ^ ;
generally it is regarded as the more
event, its use for this purpose antccedfid IkK •€ "•«rftr ^^^
no less than water, is supposed to
demoniacal influences to whicb ft
202 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
It is especially peculiar to fire, however, that it is held
not only to free an individual f rom an impurity which he has
already contracted^ but also to protect him from the possi-
bility of contamination. This preventive power, of course,
later came to be ascribed to water also. Indeed^ all the
various means of lustration may come to be substituted for
one another, so that each of them may eventually. acquire
properties that originally belonged exclusively to one of
the others. The third form of purification, finally, con-
sists in a magical transference of the impurity from man
to other objects or to other beings, as, for example, from
a man to an animal. Closely associated with such a trans-
ference are a considerable number of other magic usages.
These have even found their way down into modern super-
stition. We need but refer to the above-mentioned cord-
magic, by which a sickness, for example^ is transferred
to a tree by tying a cord around it.
In the primitive cult ceremonies of the Australians,
lustration is effected almost exclusively by fire. In America
also fire still plays an important röle, particularly in the
cult ceremonies of the Pueblo peoples. They kindle a
great fire, about which they execute dances. In the Initia-
tion ceremonies of the Australians, the youths must approach
very close to the fire or, at times, leap over it. In this
way they are made proof against future attacks. Such
fire-magic reaches down even into later civilizations. A
survival of this sort is the St. John's fire still prevalent
in many regions of Europe and, in view of its origin, still
frequently called * solstice fire ' in southern Germany. On
these occasions also, the young men and maidens leap over
the fire and expose themselves to the danger of its flames,
in the belief that whatever they may wish at the time will
come to pass. Here again, as in the Australian Initiation
ceremonies, lustration by fire signifies a magic act having
rcference to the future.
Water is a far more common means of lustration than
fire. It everywhere gained the ascendanc}^ and at the same
timfi very largely preserved its original significance. From
THE TOTEMIC AGE B03
early times on it combined the power of removiag the im-
purities resulting from the violation of a taboo, or, more
widely applied, of cleansing from guilt, with the power of
protecting against impending impurity and guilt. Thus,
even in the beginnings of taboo usages, the bath, or ablu-
tion, was a universal means of purification. Tbe sprinkling
with water, on the other band, which has held its place
even in Christian cult, is a means of purification directed
primarily to the füture. In the so-called Jordan festivals
of the Greek Catholic Church, ordinary water is changed
into Jordan water by the magic of the priest. The believer
is oonfident that if he is sprinkled with this water he
will conunit no sin in the course of the following year.
Less common, on the whole, is the third form of lustra-
don, that by magical transference. Israelitic legend affords
a strildng eatample of such lustration in the goat which,
laden witii the sins of Israel, is driven by Aaron into the
wildemess. He takes the goat, lays both bis hands on its
head, and whispers the sins of Israel into its ear. The
goat is then driven into the wildemess, where it is to
bury the sins in a distant place. An analogous New Testa-
ment Story, moreover, is related in St. Matthew's Gospel.
y/jt arc here told that, in Galilee, a man who was possessed
of many demons was freed from them by Jesus, who com-
manded them to pass into a herd of swine that happened
to be near by. Since the demons had previously begged
Jesus not to destroy them, they were banished into these
animals. The swine, however, plunged into an adjacent sea,
and thus the demons perisbed with them.
Totem, taboo, lustration, and counter-magic, accordingly,
were originally closely related to one another, though each
of them proved capable of initiating new tendencies and of
undergoing a further independent development. The totem,
for example, gave risc to numcrous sorts o£ protective
demons; tbe toboo was transferred to the most diverse
objccts, such as aroused feelings of fear and aversion ;
lustration led to the various counter agencies that freed
men's minds from the idoaf of contammation and guilt.
ao4 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
These institutions^ however^ were themselves based upon
certain more elementary ideas whose iiifluence was far from
being exhausted in them. On the one band, totemic belief
grew out of the belief in souls ; on the other band, totemic
ideas were the precursors of further developments. The
activity of totem ancestors was associated with certain in-
animate objects, such as the Australian churingas, to which
magical powers were held to have been transmitted.
Inasmuch as the totem animal was also an ancestral animal,
it formed the transition to the elevation of human ancestors
into cult objectSy first on a par with animal ancestors and
later exalted above them. Thus, there are three sets of
ideas which, in part, form the bases of totemism, and^ in
part, reach out beyond it, constituting integral factors of
further developments of the most diverse character. These
ideas may be briefly designated as animism, feiishism, and
ancestor worship. Animism, as here used, refers to the
various forms of the belief in souls. By fetishism, on the
other band, is universally meant the belief in the demoniacal
power of inanimate objects. Ancestor worship, finally, is
the worship in cult of family or tribal ancestors. The
original totemism passes over into the higher ancestor wor-
ship, which, in turn, issues in hero cult; and fiaally in th^
jEult of the gods.
:ii. Soul Beliefs of the Totemic Age.
Soul ideas, as we have already noted, constitute the basis
of totem belief, and may thus be said to date back into the
pretotemic age, even though it is obviously only within the
totemic period that they attain to their more complete
development. If we include the whole of the broad domain
of soul belief under the term animism, the lattcr, in its
many diverse forms, may be said to extend from the most
primitive to the highest levels of culture. It is fitting,
however, to enter upon a connected account of animism at
fhi« point» because the developmient of the main forms
of soul bdieC and of their transformations takes place
witfain tbo totemic age. Moreover, not only is totemism
THE TOTEMIC AGE 205
closdy dependent f rom the very begrinning upon souI cono^«
tions, but the devdopment of soul conceptions is to an equal
degree affected by totemism.
Soul belief, thus, constitutes an imperishable factor in
all mythology and religion. This accounts for the fact that
there are some mythologists as well as certain psychologists
of religion who actuälly trace all mythology and religion to
animism, believing that soul ideas first gave rise to demon
and ancestor cults, and then to the worship of the gods.
This view is maintained by Edward Tylor, Herbert Spencer,
Julius Lippert, and a number of others. Undeniable as it
is that soul belief has exerted an important influence upon
mythological and religious thought, it nevertheless represents
but one factor among others. For this very reason, how-
ever, we must consider separately its own peculiar conditions,
since it is thus alone that we can gain an tmderstanding of its
relation to the other factors of mythological thought. The
fittest place for examining this general interconnection is just
at this point, where we are in the very midst of totemic
ideas, and where we encounter the transformations of soul
ideas in a specially pronounced form. Everything goes to
show that the most important change in the history of the
development of soul belief falls within the totemic period.
This change consists in the distinction between a soul
that is bound to the body, and which; because oT this
permanent attachment, we will briefly call the corporeal
soul, and a soul which may leave the body and continue
its existende independently of it. Moreover, according to
an idea particularly peculiar to the totemic age, this latteir
soul may become embodied in other living beings, especi-
ally in animals, but also in plants, and even in inanimate
objects. We will call this soul psycho, the breath or
shadow soul. It is a breath soul because it was the exhala-
tion of the breath, perhaps, that first suggested these
ideas ; it is a shadow soul since it was the dream image, in
particular, that gave to this soul the form of a shadowy,
vbible but intangible, counterpart of man. As a fleeting
form, rapidly appearing and again disappearing, the shadow
2o6 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
soul b a variety of breath soul. The two readily pass
over into each other, and are therefore regarded as one
and the same psyche.
There is ground for the conjecture that the distinction
between these two main forms of the soul, the corporeäl and
the breath or shadow soul, is closely bound up with the
changed culture df the totemic age. Prunitive man flees
f rom the corpse— indeed, even from those who are sick, if he
Sees that death is approaching. The corpse is left where
it lies, and even the mortally ill are abandoned in their
helpless condition. The living avoid the places where death
has entered. All this changes in an age that has beconle
familiär with struggle and death, and particularly with the
sudden death which foUows upon the use of weapons.
This is exemplifi^d even by the natives of Australia, who
are armed with spear and shield. The warrior who falls
before the deadly weapon, whose blood flows forth, and who
expires in the midst of his fellow-combatants, arouses an
entirely different Impression from the man of the most
pruniti\'e times who dies in solitude, and from whose presence
the living flee. In addition to the original ideas of a soul
that is harboured in the body, and that after death wanders
about the neighbourhood as an invisible demon, we now have
a further set of ideas. The soul is believed to leave the body
in the form of the blood. But it may tak'e an even morei
sudden departure, being somc^times supposed to leave in the
last breath. In this case, it is h^ld to be directly perceptible
as a small cloud or a vapour, or as passing over into some
animal that is swift of movement or possesses such charac-
teristics as arouse an uncanny feeling. This ideä of a
breath soul readily leads to the belief that the psyche,
after its Separation from the body, appears in the dream
image, again temporarily assuming, in shadowy form, the
oatlines of its original body.
Now the most remarkäble feature of this entire develop-
ment ia the fact that the idea of the corporeäl soul in no
wise disappears, as one might suppose, with the origin of
the bnath or shadow souL ön the contrary, both continue
THE TOTEMIC AGE 207
to exist without any mutual interference. This is noticeable
particuUrly in the case of death in war. The belief th^t
the 90ul leaves the body with the blood may here be directly
oombined idth the belief that it departs with the breath,
though the two ideas fall under entirely difFerent categories.
Even in Homer this combination of ideas is still clearly in
evidende. The breath soul is said to descend to Hades^
there to oontinue its unconscious existence as a dream-
like shadow, while at the same time the corporeal soül is
thought to inhere not only in the blood but also in other
parts of the body. Certain particular organs of the body
are held to be vehicles of the Sioul ; anK>ng these are the
heart, the respiratory organs, and the diaphragm, the latter
probably in connection with the immediately adjacent kidneys,
which these primitive soul ideas usually represent as an im-
portant centre of soul powers. The believer in animism was
not in the least aware of any contradiction in holding, as he
did for a long time, that these two forms, the corporeal soul
and the breath soul, exist side by side. His concem was not
with concepts that might be scientifically examined in such
a way as to effect a t<econdliation of the separate ideas or
a resolution of their contradictions. Even the ancient
Egyptians, with their high civilization, preserved a firm belief
in a corporeal soul, and upon this belief they based their
entire practice of preserving bodies by means of embalm-
ment. The reason for leaving the mouth of the mummy
open was to enable the deceased person to justify himself
before the judge of the dead. That the mummy was very
carefuUy enclosed in its buria) Chamber and thus removed
from the sphere of intercourse of the living, indicates a sur-
vival of the fear of demoniacal power which is characteristic
of the beginnings of soul belief. The Egyptians, however,
also developed the idea of a purcly spiritua» soul. The latter
was held to exist apart from the body in a realm of the
dead, from which it was supposed occasionally to returrx
to the mummy. It was by this simple expedient of an mter.
course between the various souls that mythological thought
here resolved the contradiction between unity and multx.
2o8 ELEMENTS OF, FOLK PSYCHOLOGY
plicity as affecting its soul concepts — a contradiction which
even later frequently claimed the attention of philosophy.
iWhen^ on a more advanced cultural level^ the structure
of the body came to be more closely observed, a strcHig'
Impetus was given towards a progressive difFerentiation of
the corporeal soul. Certain parts of the body^ in particular,
were singled out as vehicles of the soul. Those that are
separable from the body^ such, for example, as certain
secretions and the products of growth, received a sort of
intermediate position between the corporeal soul proper and
the breath soul. Chief among these was the blood. Among
some peoples, particularly the Bantus of South Africa, the
saliva rivals the blood in importance, possibly because of
the readily suggested association with the soul that departs
in the vapour of the breath. The blood soul^ however,
is by far the most universal and most permanent of thcsc
ideas. In its after-effects it blas survived even down to the
present. For, when we speak of a ' blood relationship '
uniting those persons who stand close to one another through
ancestry, the word * blood * doubtless represents a sort of
reminiscence of the old idea of a blood soul. To the dis*
passionate eye of the physiologist, the blood is one of the
most unstable elements of the body, so that, so far as the
blood is concemed, the father and mother certainly transmit
nothing of a permanent nature to their descendants. More
Stahle parts of the organism are much more likely to be in-
herited. But, in spite of the fact that blood is one of the
most transitory of structures, it continues to be regarded as
the vdiicle of the relationship existing between members
of a family, and even between tribally related nations.
More striking expressions of the idea of a blood soul are'
to be foimd on primitive levels. In concluding the so-
called blood brotherhood, the exchange of blood, according
to prevalent belief, mediates the establishment of an actual
blood relationship. In accordance with a custom which
probably sprang up indcpendently in many different parts
of ihe earth^ each of the two parties to the compact, upon
entering this brotherhood, took a drop of blood from a
THE TOTEMIC ACE 209
small, self*inflicted wound and transferred it to the corre-
sponding wound of the other. Sinoe the drop of exchang^
blood represents the blood in general— not merely sym-
bolically, as it were, but in real actuality— the two who have
entered into the alliance have become nearest blood relatives,
and thus brothers.
The idea that a soul exists in the blood, however, has
also a converse aspect. This consists in the fear of shedding
bloody since the wounded person would thus be robbed
of his souL The belief then arises that one who consumes
the blood of a sacrificed person or animal also gains his soul
powers— an idea which likewise comes to have reference
to other parts of the body, particularly to the specific bearers
of the soul, euch as the heart and the kidne/s. Thus,;
between fear, on the one band, and this striving for power,
on the other, a conflict of emotions may arise in which the
victory leans now -to the one and now to the other side. But
the striving to appropriate the soul whichl is contained
in the blood tends to become dominant, since the struggle
which enkindles the passion for the annihilation of the
enemy is also probably the immediate cause for acting
in accordance with this belief conceming the blood. To
drink the blood of the slain enemy, to consume his heart—
these are impulses in which the passion to annihilate the foe
and the desire to appropriate his soul powers intensify each
other. These ideas, therefore, also probably represent the
origin of anthropophagy. Anthropophagy is not at all a
prevalent custom among primitive tribes, as is generally
believed. On the contrary, it is just among primitive peoples
that it seems to be entirely lacking. It appears in its primary
forms, as well as in its modifications, only where weapons and
other phenomena point to intertribal wars, and the latter
do not occur until the beginning of the totemic age. The
totemic age, however, is the period which marks the develop-
meat not only of the idea of the blood soul but of other
soul ideas as. well. Accordingly, anthropophagy is, or was
iintil recently, to be found, not among the most primitive
peoples such as have not attained to the level of totemism,
IS
2IO ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
but precisely within the botinds of totemic culture^ and, in
part, in connection with its cults. In these cults, man, as
well as the animal, becomes an object of sacrifice in the
blood offering. Human sacrifice of this sort continues to be
practised under conditions as advanoed as deity cult. In the
latter, anthropophagy even finds aL temporary religious
sanction, inasmuch as the priest, particularly, is permitted
to eat of the flesh of the sacrifice. Of course, the perpetua*
tion and extension of anthropophagy was not due raerely to
magical motives ; even at a very early period, the f ood impulse
was a contributing factor. The very fact of the relatively
late origin of the custom, however, makes it highly im-
probable that the food impulse would, of itself and apart
f rom magical and cult motives, ever have led to it, though
such an explanation has been offered, especially as regards
the regions of Oceania where animals are scarce.
In the course of religious development, human sacrifice
gave way to animal sacrifice, and cult anthropophagy was
displaced by the eating of the flesh of the sacrificial animal.
Inasmuch as the latter cult was not only more common
than the former but everywhere probably existed prior
to the rise of human sacrifice, this later period in*
volved a recurrence of earlier conditions. Nevertheless,
there were phenomena which clearly indicated the in-
fluence of the fear of the blood, and this militated
against the appropriation of the blood soul. Of extreme
significance, for example, was the injunction of the Israelitic
Priests' Code against partaking of the blood of animals.
The original motive for drinking the blood became a motive
for abstaining from it— a counter-motive, in which the pro-
hibition, as in many other cases, may also indicate an
intcntioMl abandonment of an earlier custom. Among the
Israelites, as among many other Semitic tribes, the blood
of the animals was poured out at the sacrificial altar. That
which was denied man was fitly given to the gods, to whöm
the life of the animal was offered in its blood.
In early ages, reaching down probably into the beginnings
of totemic culture, two organ comptocs, in addition to the
THE TOTEMIC AGE 211
blood, were held, in an espedal d^^ree^ to be vehicles of die
corporeal soul-— the kidneys with their surrounding fat, and
the external sexual Organs. The fact that, in many lan-
guageSy Iddoeys and testicles weie originally denoted by the
same name, indicates that these two organs were probably
regarded as essentially related, ä view that may possibly be
due to the position of the Urethra, which apparently con-
nects the kidneys with the sexual organs. The Bible also
offers remarkable testimony in connection with the history
of the belief that soul powers are resident in the kidneys
and their appended organs. In the earlier writings of the
Old Testan^nt, the kidneys, as well as the heart, are fre-
quently reCerred to as bearers of the soul. It is said of
God that he seancheis tbe heart and tries the reins ; and
Job, afflicted with sorrow and disease, complains, *' He
cleaveth my reins asunder and doth not spare.^' The sacri-
fidal laws of the Israelites, therefore, State that, in addition
to the blood, the kidi^ys with their surrounding fat ara
the bumt offering which is xnost acceptable to God.
Rationalistic interpretation has sometimes held that man
retains the choice parts of tte flesb of the sacrificial animal
for himself and devotes the less agreeable parts to the
gods. Such motives may have played a röle whch sacrificial
oonceptions were on the wane. The original condition,
however, was no doubt the reverse. The most valuable
part belonged to the gods» and this consisted of the organs
that were pre-eminently the vehicles 6i the soul. Though
man first aimed to appropriate the soul of the sacrifice
for himself, the devek>ped religious cult of a later period
made this the privilege of the deity.
It was only in early custom and cult, however, that the
kidneys played this röle. Indeed, as already indicated, it
is not iniprobable that they owe their importance to the
fact that their position led to the belief that they are a
central organ governing particularly the sexual functions.
That this is the case is corroborated by the fact that, in the
further development of these ideas of a corporeal soul, the
kidneys more and more became secondary to the external
tia ELEMENTS OK FOLK PSYCHOLOGY
sexual Organs» and that the lattor long oontinued to retain
the dominant importance. Thus, the phallus catt, which
was prevalent in numerous Oriental countries and which
penetrated from these into the Greek and Roman worlds,
may doubtless be regarded as the last, as well as the most
permanent» expression of those ideas of a central corpoieal
soul that were originally associated with the kidneys and
their surrounding parts. At the outset, the representation of
the phallus was held to be not a mere sjrmbo)» as it
were» but the very vehicle of masciüine power. As a
productive» creative potency, it was regarded as very
especially characteristic of the deity» and» just as the attri-
butes of deities were supposed to be vested in their images»
so also was this divine power thought to be communis
cated to the phallus. In addition to and anteceding
these ideas relating to gods» the phallus was held to be
the perfect embodiment of demons» particularly of field-
demons» who cause the ripening and growth of the seed.
The belief in phallus-bearing demons of fertility probably
dates back to the totemic age. The cults» however, to
which such ideas of the corporeal soul gave rise» reached
their mature development only in the foUowing period. It
was then that deity belief was elaborated, and it was in
connection with the latter that the phallus became a uni*
Versal magic symbol of creative power. .With the decline
of these cults» the symbol» according to a law observable in
the case of other phenomena also» was again relcgated, for
the most part» to the more restricted field of its origin.
Vestiges and survivals of the primitive forms of the
corporeal soul extend far down into later culture. Never-
theless» the second main form of souKbelief, that of the
psyehe, comes to gain the prepondering influence» at first
älongside of the corporeal soul» and then more and more
displacing it. In this case» the earliest form of the belief»
thkt in a breath soul, proves to be also the most per-
manent. The idea that the soul leaves the dying person in
his last bteath» and that the breath, therefore, exercises
animating or magical effects^ or that in it the soul may
THE TOTEMIC AGB Ö13
pass 0?er from one person to another, is a veiy conunoa
belief. Probably, moreover, it arose independently io many
different localities. Some primitive tribes have the customl
of holding a child over the bed of a dying person in order
that the sonl may pass over into it ; or, a member of the
family stoops over the expiring one to receive his soul.
iVirgil's £neid contains an impres$ive account relatmg tbat
upon Dido*s death her sister attempted to catch the sou^
whicb» as she assumed^ roams about as an aerial form; white
sbe also carefuUy removed the blood from the wound in order
that the soul might not remain within the body. Thus^ the
blood soul and the breath soul are here closely connected.
In the further destinies of the breath soul» a particu-
larly important incident is its passage into some 3wiftly
moving animal, perhaps a bird hovering in the air, or» again,
some creeping animal, such as the lizard or the snake^
whose manner of movement arouses uncanny fear. It is
these animals» chiefly> that are regarded as metamiorphoses:
of the psyche. Remarkable evidence that the bird and
snake in combination were regarded as vehicles of the
soul may be found in the pictorial representations of the
natives of northwestem America. The escape of the soul
from the body is here portrayied as the departure of a snake
from the mouth of a human figure seated in a birdlike
ship. This picture combines three ideas^ which occur eise«
where also, either singly or in combination, in connection
with the wandering of the soul. There is, in thie first place»
the soul-bird ; then the soul-ship, readily suggested by
association with a flying bird» and recurring in the ship
which ,was thought in ancient times to cross the Styx of
the underworld ; finally» the sout-snake» representing the
soul in the act of leaving the body. This very common idea
of the äoul as a snake and, by further association, its con«
ception as a fish, may be ascribed not only to the fear
aroused by the creeping snake, but also to the circumstances
attending the decomposition of the corpse. The worm
which creeps out of the decaying body is directly perceived
as a snake. Thus, corporeal soul and psyche are again
214 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
united ; in this union they mediate the idea of an embodied
soulj which, in a certain sense, of course^ is a psycbe
retransformed into a corporeal soul.
iWitfa the appearance of these ideas of an embodied
souly totemism merges directly into soul-belief. Under
the influenae of the remaining elements of totemism, how-
ever, the soul-ideas come to be associated with more and
more animals. The soul is no longer held to be
embodied merely in the earliest soul-animals— bird, snake,
and lizard— but other animals are added, such particularly
as those of the chase, which have a closer relation to the
life of man. FoUowing upon this change are also the
further developments mentioned above. When interest
in the production of vegetable food is added to that of
the chase, the same ideas become associated with plants.
Their sprouting and growth continue to suggest soul-
powers ; and, even though the ancestor idea characteristic
Df the animal totem cannot attain to prominence because
of the greater divergence of plants from man^ this very
Fact causes the phenomena of sprouting and growth all
the more to bring into emphasis the magical character of
these vegetable totems. Hence it is mainly the plant totem
that gives rise to those ceremonies and cult festivals
ivhich are designed for the magical increase of the totems.
With the wane of the soul-beliefs connected with animal
totemism, it is not only plants to which demoniacal
powers are ascribed. Even inanimate objects come to
be associated with magical ideas, either because of certain
[)eculiar characteristics or because of the function which
they perform. It is in this way that the introduction of
tbe plant into the realm of totemic ideas mediates the
transition from the totem to the fetish. On the other band,
IS the totem animal comes more and more to be an ancestral
lüimal, and as the memory of human forefathers gains
gireater prominence with the rise of culture, the animal
ftBcestor changes into the human ancestor. Thus, fetishism
imd ancestor worship are logical developments of totemism.
Thoilglk ififf ering in tendency, they nevertheless constitute
developmüital forms which are not at all mutually exclu-
THE TÖTEMIC ACE 215
sive, but whicfa may become dosely related, just as b the
case witfa the animal and the plant totems from which they
have proooeded. i
Before tuming to these later outgrowths of totemic
soul-belief, however, we must consider their infloence opoa
the important customs relating to the disposition of the dead.
These customs give expression to the ideas of death and of
the destiny of the soul after death. Hence the changes that
occur at the beginning and in the course of the totemic age
as regards the usages relative to the disposal of the corpse,
mirror the important transfonnktions which the latter under-
goes. Primitive man, as we have seen, flees from the corpse.
Dominated solely by his fear of escaping demons, he allows
the dead to lie where they have died. Thus, no attempt
whatsoever is made to dispose of the dead, or at most there
are but slight beginnings in this direction. It is not the
dead who vacate the premises in favour of the living, but
the latter accommodate themselves to the dead. Totemic
culture, accustomed to armed warfare and sudden death^
begins from the outset gradually to lose its fear of the
dead, even though not the fear of death; and this reacts
upon the disposal of the corpse. Of course, the early
custom of depositing the corpse in the open air near the
place where death has occurred, does not entirely disappeär.
This locality, however, is no longer avoided ; on the con-
trary, anxious expectation and Observation are now fixed
upon the corpse. Just as totemic man drinks the blood
of those who are slain in battle, in order to appropriate
their power, so also in the case ci those who die of disease
does he wish to acquire their soub die moment they leave
the body. • Traces of such a custom, indeed, occur even
in much later times, as is shown in Virgil's above-men-
tioned account of the death of Dido. Within the sphere
of totemic ideas, however, where the belief in a corporeal
soul is still incomparably stronger, though already inter-
Crossing with the belief in animal transformations of the
psyche, the custom of depositing the dead in the open indeed
continues to be practised, yet the disposition of the corpse
9i6 ELEMENTS OF FOIX PSytaDEDET
düngte, becomiög, la spöe irf m «tcmaj ^^mimt»»^ Unna
the very opposite. The corpte is m> ion^r iei: jc dk?
pbr:c of dcath, but is Btrctcbed om on a numiid af «ar±
'1 liit ii the so-called ' platform * method of di^iosal, wiD±.
AB is evident, forms a clear trazisitiaD to iiirri«\ „r ins-
ment» Before the mound of earth co\'eT5 the bodj, ii ionas
a platform ui>on which the corpse is hüd out a be Tipvcd
a primitive catafalque, as it were. Ulis manner of £»-
posing of the corpse has been regarded as a cosnca
i'haracteristic of the dominance of totemic ci2}nzr&. This
i^ going entirely beyond the facts, since otber modes (rf
diipoaal are also to be found even in Oceania aiui AostiahaLy
ihfi Chief centres of totcmism. Nevertheless, the phenooieDa
connected with exposure on a platform indicate that a
fusion with soul-ideas has now taken place. Decom-
position follows relatively soon after death, particalarly
in a damp, tropica] climate. On the one band, the liquid
products of decomposition that flow from the corpse aie
interprcted as a departure of the souI analogous to that
which occurs, in the case of death by violence, in the loss
of blood. As the blood is drunk to appropriate the
soul of the deceased, so also do the relatives now crowd
in to partake of the liquid products of decomposition— ia
transference similar to that which sometimes occurs when
the powers of the blood are ascribed to the saliva or to
other secretions. On the other band, the ürst worm of
decomposition to lea>'e the corpse is bald to be the bearer
of the soul. Thus> corporeal soul and psyche are here closely
Pused. The liquid products that leave the body are in them-
lelves eleoients of the corporeal soul, but in their separa*
ion from A^ body they resemble a psyche incorporated in
A crtemal object ; converscly, the worm of decomj)osition
I an tmbödimont of the psyche, which is itself repre*
as procw^ins dirrctly from the corporeal soul.
Ulis JntMpUy <tf MHiNfom^s ap}>ears also when we
the otlier m*v4^ ^ %ii>|Kv*iiV? of ihe ilcad that are
in regiM« %^« «v^^mk^ cuhui« «m us direct out-
yMMÜ. AlM^ ^"W« \V vh^ Norih .\merican
THE TOTEMIC AGE 217
Indian tribes, for example, the corpse is burie4 but a
small hole is pierced in die mound of earth over the grave,
in Order to allow the psyche an exit from the body or
also a retum to it. This view of the relation between body
and psyche passed down, in a more developed form, even
into the other-world mythology of the ancient Egyptians.
The mummification practised in Egypt wais also antid-
pated, for the idea of the connection of the soul with the
bodyearlyled to the exsiccation of the corpse in the open
air. According to another usage, observed particularly in
America, the corpse was first buried, but then, shortly af ter-
wardsy exhumed for the purpose of preserving the skull or
other bones as vehicles of the soul. The fundamental idea
seems to have been that the soul survives in these more per-
manent parts of the body ; in the case of the skull, an
appreciation of the importance which the various organs of
the head possess for the living person may also have played
a röle. Possibly these ideas likewise Me at the basis of the
discreditable head-hunting practised by the Indians, even
though it be true that the skull, which is preserved and
utilized as a favourite adomment of the exterior of the hut,
and also the representative of the skull, the scalp, have long
been mere trophies of victory, similar to the antlers of the
stag and the deer with which our huntsmen decorate their
dwellings. Of the various forms of disposing of the dead that
are peculiar to the totemic age, however, it is interment, the
very opposite of platform disposal, that finaUy comes to be
adopted in many places. The reason is evidently the same
as that which impelled primitive man to flee from the corpse.
The demons of the dead are to be banished into the earth,
so that the living may pursue their daily activities imdis-
turbed. That this is the aim is shown by many acGom-
panying pbenomena — such, for example, as the custom of
firmly stamping down the earth upon the grave, or of
weighting the burial-mound with stones. Moreover, the
custom of burying the corpse as soon as possible after
death— ordained even at the time of the Israelitic law — can
hardly have originated as a hygienic provision. It is
^i8 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
grounded in the fear of demons. Whea the living themselves
no longer flee from the dead, this fear all the more necessi-
tates the speedy removal of the corpse to the secure pro*
tection of the earth. The fear of demons is likewise expressed
in the fact that prior to burial the arms and legs of the
corpse are bound to the body. This obviously points to a
belief that the binding constrains the demon of the dead,
which is thereby confined to the graVe just as is the fettered
corpse. Herein lies the origin of the so-calied * crouching
graves/ which are still to be found among the Bushmen^ as
well as among Australian and Melanesian tribes. Gradually,
however, a change took place in that the binding was
omitted, though the position was retained— doubtless a sign
that fear of the demon of the dead was on the wane.
Under the influence of the profuse wealth of cid and
new soul-ideas, therefore, the totemic age developed a great
number of modes of disposing of the dead. Of these modes,
interment alone has survived. It is simpler than the others
and may be practised in connection with the most diverse
ideas of the destiny of the soul. Crematian was the only
form of disposing of the dead that was unknown, at least
in large part, to the totemic age. And yet the motives
nnderlying cremation belong to the same circle of ideas
as those that find expression in the customs of taboo and
lustration. It is not impossible, therefore, that cremation
may itself date back to the totemic age. Yet interment is
universally the earlier mode of disposal ; in most parts
of the earth, moreover, it has also enjoyed a greater per-
manence. Only in isolated districts has interment been
displaced by cremation. Even in early times it was chiefly
among Indo-Germanic peoples that cremation was prac-
tised, whereas the Semites everywhere adhered to interment.
If, therefore, cremation occurred in ancient Babylonia, as
it appears to have done, it probably represents a heritage
from the Sumerian culture preceding the Semitic Immigra-
tion. But even among Indo-Germanic peoples interment
was originally universal. In Greece, it existed as late as
the period of Mycenian culture. By the time of Homer, on
THE TQTEMIC AGE 219
the otfaer hand» cremadon had already become the prevalent
mode of disposition of the corpse. Cremation was like-
wise practised very early by the Germans, the Iranians» and
the peoples of India. But it was always oonditioned by
one fact which, as a rule, would seem to carry us
beyond the boundaries of the totemic era. It is signifi*
cant that prehistoric remains show no traces of crema-
tion prior to the beginning of the bronze age— ä period
in which man was capable of utilizing the high degrees of
heat necessary to melt metals. The tremendous heat required
for the melting of bronze might well have suggested the
idea of also melting man, as it were, in the fire. Never-
thdess, external circumstances such as these played but a
secondary r61e. They leave unanswered the decisive ques-
tion regarding the motives that led to the Substitution of
cremation for interment. This, then» remains our unsolved
Problem, inasmuch as the economic motives at the basis of
the present endeavour to reintroduce cremation were
certainly not operative at the time of its origin. With
reference to the origm of cremation, only psychological
probabilities are possible to us. These are suggested par-
äcularly by the ceremonies which accompany cremation in
India — the country where this custom has continued to pre-
serve an important cult significance down to the very present.
Indeedy even in our own day it has hardly been possible
to eradicate from India the custom of buming the widow
of the deceased. In particular, two different motives to
the custom suggest themselves. In the first place, as we
shall presently see, sacrificial usages, and especially the
more advanced forms of the sacrifice to the deceased, are
closely connected with the taboo and purification customs.
Purification from a taboo violation, however, was attained
primarily by two means, water and fire. . The latter of
these means was employed even in very primitive times.
Now, the corpse, above all eise, was regarded as taboo ;
contact with it was thought to bring contammation and to
demand the rites of lustration. The one who touched a
corpse was likewise held to be taboo, and as ä result he him-
Z20 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
seif migfat not be touched before having undei:goiie lustra-
tk». By one of those associative reversals which are
oommon in the field of m>^ology^ this then reacted upon
the Gorpse itsdf . TThe oorpse also must be subjected to a
histration by which it is purified. Such a purification froid
all earthly dross is mediated, according to the ideas of
India, by fire. When the body is bumed, the soul becomes
pure. * But connected with this belief, as we may conjec-
ture, is still a second idea. TThe soul or psyche departs in
the smoke which ascends from the body as this is bumed.
The body remains below in the ashes, while the soul soars
aloft to heaven in the smoke. In this way, the buming of the
corpse is dosely connected with celestial mythology» which,
indeed, was likewise developed relatively early among
the Indo-«Germanic peoples, with whom cremation had
its centre. The customs of the Semitic peoples were
different. They adopted the idea of a celestial migra-
tion of the soul only at a late period, probably under Indo-
Aryan influences ; but even then they continued to practise
the ancient custom of burial. Amid these differences, how-
ever, there is a certain similarity. Per, the Semitic peoples
beUeved that the celestial migration of the soul would occur
only after its sojourn under the earth, following upon its
resurrection, which, it was thought, would take place only at
the end of time. It was in this form, as is well known, that
Christianity took over into its resurrection belief the ideas
developed by Judaism, and, with them, the custom of
interment.
12. The Origin of the Fetish.
If, as is customary, we employ the term * fetish ' to
mean any natural object to which demoniacal powers are
ascribed, or, as the word itself (Fr. fitiche from Lat.
facticius, artifidally constructed) indicates, an artificial, in-
animate object of similar powers, a wide gulf appears at
first glance to separate the fetish from the psyche. Never-
thelest, the two are very closely related, as is indicated by
the totemic origin of certain primitive forms of fetishes.
THE TOTEMIC AGE 221
In the CttUs of totemic dans, magic stones and pieces of
wood are reverenced and prescrved, being regarded as
powerfui instruments that were originally fashioned, accord-
ing to legend, by magic beings of a distant past. Into the
objects has passed the magic power of these ancestors. By
tbeir agency, the plants and animals which man utUizes as
f ood may be increased ; through tbem, evils may be averted
and, in particular, diseases may be cured. The universal
cfaaracteristic of the fetish, however, over and above this
special mode of origin, is the fact that it is supposed to
harbour a soul-like, demoniacal being. In fact, most of
the phenomena of so*calIed fetishism, and those which are
still regarded as typical of it, are to be foimd outside of
totemic cult. It is primarily African fetishism, a cult form
which is apparently independent of totemism, that has given
its characteristic stamp to the conception of the fetish*.
Among the Soudan negroes, fetishes generally consist of
artificially fashioned wooden objects, not infrequently bear-
ing a grimacing likeness of a human face. As regards the
possession of magical powers, however, they do not differ
from the so*called churingas of the Australians, althougfaj
the latter are, as a rule, natural objects that have been
picked up accidentally and that differ from ordinary stones
and pieces of wood only in their strUdng form. It b clearly
the form, both in the case of the artificial as well as of
the natural fetish, that has caused the inanimate object to
be regarded as a demoniacal vehicle of the soul. Yet it is
not a lifeless object as such that constitutes a fetish, but
the fact that a demoniacal, soul-like being is believed to
hirk within it as an agency of magical activities.
At the time of its origin, which was probably totemic,
fetishism possessed a more restricted meaning than that
just given. Defined in this broader way, however, fetishism
may be said to be disseminated over the entire earth. It
is a direct offshoot of the belief in a oorporeal soul, accord-
ing to which magical powers are resident in certain parts
of the human body. In Australia and elsewhere, the kidneys,
particularly, aje beld to ppssess magical powers. The same,
THE TOTEMIC AGE 223
is the totem animal — in part, at leäst— or the organ contain-
ing the corporeal soul. The fetish is merely a means for
furthering purposes of magic. It is especially the fetish,
tfaerefore, that represents the transition from soul-beliefs to
pure magic-beliefs. For this reason we may speak of a
*cult of the fetish* only in so far as extemal ceremonies
are employed for the purpose of arousing the fetish to
magical activity. Such a fetish cult does not include ex«
pressions of reverence and thanksgiving, as do the soul and
totem cults and later, in a greater measure, the deity cult.
A fetishism of this sort, purely magical in purpose, may,
be found particularly in the Soudan regions of Africa^
Fetishistic magic-cult here prevails in its most diverse forms«
having, to all appearances, practically displaced the original
soul and totem beliefs, though traces of the latter are
everywhere present. Frequently it is an individual who
calls upon his fetish, perhaps to free him from a sickness,
or to Protect him from an epidemic, or also to aid him in
an undertaking, to influence distant objects, injure an
enemy, etc. But an entire village may also possess a fetish
in conunon, committing it to the care of the medidne-man.
When exigencies arise, a threatening war or a famine, such
a village fetish is particularly fßted in order that he may
be induced to avert the disaster.
Among cult objects the fetish occupies a low place.
Nevertheless, it is precisely because the demoniacal powers
were supposed to be harboured in an inanimate object that
the fetish prepared the way for the numerous transitions that
led to the later cult-objects in the form of divine images.
The fetish, as it were, was a precursor within the totemic
age of the divine Image of later times. For in the case
of the latter also, the deity was supposed to be present
and immediately operative ; the image, therefore, was called
upon for assistance just as was the god himself. Originally,
all worship involved an image that was supposed to embody
the deity. The divine image, of course, differed in essen-
tial respccts from the fetish, for it incorporated, as the
personal charatfteristics of the god, those traits that were
THE TOTEMIC ACE 225
of this Gourse of development has led psychologists of reli*
gion to oonflicting views in their interpretations of fetishism.
On the one hand, the primitive nature of fetishes, and the
fact that the earliest divine Images resemble fetishes^
have led to the assertion that fetishism is the lowest
and earliest form of religion. On the other hand, fetish-
ism has been regarded as the result of a degeneration,
and as universally presupposing earlier or contemporary
religious cults of a higher character. The latter of these
views particularly, namely, the degeneration theory, is still
maintained by many historians of religion, especially by
those who believe that monotheism was the original belief
of all mankind. The evidence for this theory is derived
mainly from cultural phenomena of the present. The image
of a Saint, as is rightly maintained, may still occasionally
degenerate into a fetish, as occurs when it is regarded as the
scat of magical powers, or when its owner believes that he
possesses in it a household idol capable of bringing him weal
or woe. It was particularly Max Müller who championed the
degeneration theory. Even in his last writings on mythology
he held firmly to the view that fetishism is a phenomenon
representing the decay of religious cults. But if we takte
into account the entire course of development of the
fetish, this view collapses. Though substantiated by cer-
tain events that occur within higher religions, it leaves
unconsidered the phenomena that are primitive. The earliest
fetishistic ideas, as we have seen, go far back into the period
of soul and demon beliefs. Developing from the latter,
they were at first closely bound up with them, though they
later attained a relative independence, as did so many other
mythological phenomena. To think of fetishism as a
degeneration of religious cults is inadmissible for the very
reason that, in so far as such cults presuppose deity ideas
they cannot a3 yet be said to exist. A ^^"^;^^^^
^ 1 . . . 1 -Kr hv that form of
of this content,«! ,s offercd P»rticulaxly Jy ^^^^^^.^^^^ .^
fetish cult. the churingal crrcmony of "^e ^^^^ ^^ ^^
which the connection with related P""""^„y falls entirely
niost clearly traced. The churingal ccremony
16
226 THE ELEMENTS OF PSYCHOLOGY
within the development of totemism, and arises naturally
under certain conditions ; it is no more the product of
degeneration than is the appearance of plant totemism in
place of animal totemism. The basal step in the devetopment
of the fetish is the incorporation of soul-Iik^ demoniacal
powers in inanimate objects^ whether these be objects as
they are formed by nature or whether they are artificially
constructed. Such objects may result from a deterioration
of religious art, but this is by no means the only alterna-
tive. In their original forms, they are allied to far more
primitive phenomena, such as iantedate both religious art and
even religion itself, in the true sense of the word. For, of the
many forms of the fetish, the most primitive is obviously
8ome natural object that has been accidentally discovered.
Such are the churingas of the Australians, and also many
of the f etishes of the negroes, although others are artificially
fashioned. The selection of such a fetish' is determined in an
important measure by the fact that it possesses an unusual
forni. The man of nature expects to find synmietry in animals
and plants, but in stones this appears as something rare.
Astonishment, which, according to circumstances, may pass
over into either fear or hope, causes him to believe some
80ul4ike being to be resident in the inanimate object. This
accoimts for the existence of such legends as those that have
survived among some of the Australian tribes, in which
fetishes, or churingas, are represented as the legacy of certain
fantastically conceived ancestors. From the natural to the
artificial fetish is but a short step. When natural objects
are not to be found, man supplies the want. He constructs
fetishes, intentionally giving them a striking form resembling
that of a man or of some animal. Such fetishes ane then
all tl» more regarded as abodes of soul-like beings.
Hence we müst also regard as untenable that theory
which, in contrast with the degeneration theory, represents
fetishism as a primitive mythology or even as the starting-
.point of all mythology and religion. The fetish is not
at all an independent cult-object characteristic of some
primitive or more advanced stage of development. It
THE TOTEMIC AGE 227
always represents a secondary phenomenon which, in its
general significance as an incorporation of demoniacal
powers of magic, may occur anywhere. If, however^ we
inquire as to when fetishistic ideas make their first appear-
ance, and where, therefore, they arc to bc found in their
relativcly primitive form, we will find that they are rooted
in totemic ideas. Hence it is as a particular modification
of such ideas that fetishism must be regarded. In the
metamorphosis, of course, some of the essential traits of
the original totem disappear. The fetish, consequently,
acquires a tendency toward independence, toward becoming,
apparently, a separate cult-object. This is ilhistrated by
the fetish cult of many negro tribes. To however great an
extent such independent cults may frequently have displaced
the totemism from which they sprang, they nevertheless
belong so properly to the totemic world of demons and magic
that fetishism, in its genuine form, may unquestionably be
regarded as a product of the totemic age.
Further verification of this contention may be found
in the history of certain incidental products of fetishistic
ideas, the amulet and the talisman. These occur at all
stages of religious growth, but their development falls
principally within the totemic period. The two objects
are closely related, yet they diflfer essentially both from
one another and from their parent, the fetish. It has, of
course, been denied that a distinction may be drawn between
these various objects of magic belief. From a practica!
point of view, this may doubtless sometimes be true^ one
and the same object being occasionally used now as a fetish
and then again as an amulet or a talisman. But it is
precisely their use that distinguishes these objects with suffi-
cient sharpness from one another. The amulet and talisman
are purely magical objects, means by which their possessor
may produce magical effects. The fetish, however, is a
magic-working sub/ect, an independent demoniacal being,
which may lend aid but may also refuse it, or, if hostilely
disposed, may cause injury. The amulet, on the other hand,
always serves the purpose of protection. Not infrequently
THE TOTEMIC AGE »9
Support the amulet proper. Even the Australians sometimes
wear a piece of dried kidney suspended from a cord of
hast— we may recall that the kidney is onc of the important
scats of the corporeal souL The haif;, toeth, ajnd fing«r-nails
of the dead likewise serve as amulets, all of them belog;
parts of the body which, because of their growth, might
well give rise to the idea that they, particülarty, possessed
soul-like and magical powers. The custom of attaching
hair, or a locket containing hair, to a necklace^ has sur*
vived even down tp the present, though, of course, with a
far-reaching change of meaning. The magical protection of
earlier ages has become a memorial of a loved one who
has died. But here likewise we may assume that the change
was gradual, an,d that the present custom^ therefore^ repre-
sents a survival of the primitive amulet. There are other
objects also that apparently came to be amulets because
of their connection with soul-ideas. Of these, one of the
most remarkable is the scarab of the ancient Egyptians,
which likewise continues to be wom even to-day. This
amulet is a coloured stone shaped like a beetLe—
more specifically, the scarab. This beetle/with its red wing-
coverings, has approximately the form of a heart ; for this
reason^ both it and its representation were thought to be
wandering hearts. As an amulet, however, its original
significance was that of a vehicle of the soul, designed
to Protect against external dangers.
iWhereas the amulet is wom so as to be visible, the
talisman^ on the contrary, is hidden so far as possible
from the observing eye. It is either placed wfaere it is in-
conspicuous, as is, for example, the finger ring, or it pos-
sesses the appearance of a familiär object. The magical
sword gives no visible evidence of its imusual power ; the
helmet of invisibility resembles an ordinary helmet ; the
TischUin-deck-dich of the fairy-tale is in form not unlike
any other table. It is with much the same idea that
the Soudan negro who sets out upon an undertaking still
takes with him some peculiar and accidentally discovered
■tDne, in the hope that it will assist hun in danger. Tbi»
also is an example of a talisman, and not of a fetish.
THE TOTEMIC AGE 231
monotheism, In so far as this view was rejected^ fetishism
and ancestor worship wexe generally rivals as regards the
Claim to priority in the suocession of religious ideas. The
only exception occurred when these practices were regarded
as equally original, as they were, essentially, in the theories
of Herbert Spencer, Julius Lippert, and others. In this
event, the original form of the fetish was held to be an
ancestral image which had become an object of cult.
True, along with the totemic ideas of animal ancestots
we very early find indefinite and not infrequently grotesque
ideas of human ancestors. In the ' Mura-mura ' legends of
Southern Australia these ideas are so interwoven that they
can scarcely be untangled. These Mura-mura are fanciful
beings of an earlier age, who are represented as having
transmitted magical imjdements to the generations of the
present era and as having instructed the ancestors of the
Australians in magical ceremonies. A few of the legends
relate that the Mura-mura also created the totem aninlals,
or transformed themselves into the latter. Here, then, we
already find a mutual interplay between ideas of human and
conceptions of animal ancestors. As yet, however, no dear-
cut idea of a haman ancestor has been formed. This never
occurs — ^a fact of prime importance as concems its develop-
ment — until the iotem ancestor has lost his significance, and
the original tribal totemism has therefore become of
subordinate importance, even though totemism itself has not
as yet completely disappeared. Under such circiunstances
the totem animal becomes the protective animal of the
individual ; the animal ancestor is displaced by the demon
which mysteriously watches over the individual's life. This
transition has already been touched upon in connection
with the development of totemic ideas. Coincident with it,
there is an importa^t change with respect to the character
of the totem animal. The tribal totem is an animal species.
The Australian, whose totem, let us say, is the kangaroo,
regards all kängaroos which he meets as sacred animals ; he
may not kill tbem, nor, above all, eat of their flesh. In the
above-memioned de^opment of totemism (which is at the
THE TOTEMIC AGE 233
nlerely to directly perpetuate fliis memöry. Though
probably without the conscious intention of the artists
who fashioned them, they also suggest something eise,
lost to the memory of living men. In the belief
of earlier ages, this human ancestor was preceded by
an animal ancestor to whom the reverence which is
now paid to the human ancestors wa3 at one time
given. Thus, the animal ancestor was not only prior
to the human ajicestor from an extemal point of view,
but gave rise to him through a neoessity immanent in the
course of development itself .
The transition from animal to human ancestors, furtber-
more, is closely bound up with coincident transformations
in tribal Organization. iWherever a powerful chieftainship
arises, and an individual, overtowering personality obtains
supremacy over a tribe or clan— such supremacy as readily
tends to pass down to his desqendants— it is particularly
likely that a cult will be developed in his honour, and, upon
his death, to his memory. Since the memory of this per-
sonality outlasts that of ordinary men, the individual himself
is beld to live on after death, even in regions where there is
no belief in a universal immortality. Hence, according to
a belief prevalent particularly among the negro peoples, the
ordinary man perishes with death ; the chieftain, however,
or a feared medicine-man, continues to live at least until all
memory of him has vanished. In some parts of Africa
and Oceania, moreover, the cult of the living chieftains
not only involves manifestations of a servile subjection but,
more cfaaracteristically still, causes even his name to be
tabooed. No one is allowed to speak it, and wht>ever bears
the same name must lay it aside when the chieftain assumes
control.
As a result of the change in totemic tribal Organization
induced by the growing significanoe of chieftainship, the
cult of living ancestors, as we may conclude from these
phenomena, takes precedence over that of the just deceased,
and still more over that of the long departed. In com-
parison with the importance which the man of nature
THE TOTEMIC AGE #35
solve, the clan, and then later the family, pay thdr boipage
to the departed on the occasion of his fuaeral, and to earlier
generations of the dead on specific days dedicated to such
memories. This is the course of development in which the
ancestor festivals of the Chinese and Japanese have their
origin, as well as the cults of the Roman dii manes ; it
has introduced Clements, at least, of ancestor worship into
the beginnings of all religions, even though this cult but
rarely attained the pre-eminent importance which it
possessed among the cultural peoples of the Orient.
But whatever may have been the character of this earlier
strain of ancestor worship in religious development^ the
beginning of a true ancestor cult is closely bound up with
the universalization due to its having become the cult of
the hearth and the family. As it is the human ancestor
who displaces the animal ancestor in this cult^ so the transi-
tion by which the family comes to be the ceritral factor
in social Organization is an external indication of the
dissolution of totemic culture and the dawning of a
new era. In view of the predominant mythological and
religious creations of this period, it might be called the
age of heroes and gods. Ancestor worship itself is
at the tuming-point of the transition to the new era.
In origin, it belongs to totemic culture : in its later
development, it is one of the most significant indications
of the dissolution of totemism, preparing the way for a
new age in which it continues to hold an important place.
At the same time, ancestor worship, no less than its rival,
fetishism, constitutes but one factor among others in the
development of mythological thought as a whole. In
certain localities, as in the civilizations of eastem Asia, it
may become sufficiently prominent to be one of the prin-
cipal elements of religious cuh. But even in such cases,
ancestor worship is never able entirely to suppress the
remaining forms of cult ; still less can it be regarded as
having g^ven rise to the other fundamental phases of religious
development^these rest on essentially different motives.
Moreovor^ in oonnection with the relation of totemism to
236 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
die ancestor worship which is rooted in the former and at
die same time displaces it in one line of development, it
is iiiqwrtant to notice diat in a certain sense the two follow
oi^x>site paths. As we have seen, the original totem—
that is, the tribal totem— is the animal species in general ;
the last form of totem is the protective animal^ which is an
individual animal. Ancestor worship, on the other hand,
begins with the adoration of humanly conceived bene-
factors and prominent tribesmen. It ends with a worship
in which the individual ancestor gives way to the general
idea of ancestor, in whom the family sees only a reflection
of its own unity and an object in terms of which reverenoe
is paid to past generations. The fact that ancestor cult
centres about impersonal beings betrays a religious defect.
Herein also is evidenced the continuing influence of the
totemic age, for it was in this period that ancestor worship
had its rise. The defect just mentioned was first over-
come with the origin of god-ideas. One of the essen-
tial characteristics of gods is precisely the fact that they
are personal beings ; each of them is a more or less sharply
lefined individuality. This of itself clearly indicates that
uicestor worship is at most a relatively unimportaat factor.
in the origin of gods.
14. The Totemic Cults.
The primitive stage of human development, discussed in
the preceding chapter, possessed no real cults in the strict
sense of the term. Occasional suggestions or beginnir js of
cult acts were to be found, in the form of a number of
magical customs. Such, particularly, were the efforts to expel
sickness demons ; also, the ceremonial dances designed to
bring success to Joint undertakings, as, for example, the
above-mentioned dance of the Veddah about an arrow, whose
purpose, perhaps, was to insure a successful hunt, if we
woidd judge, among other things, from the fact that the
danoers imitated the movements of animals.
In oontrast to these meagre magical usages, which.
THE TOTEMIC AGE \2,37
for the most part> served individual purposes, the totemic
age developed a great variety of cults. Just as the totemic
tribal Organization is an impressive phenomenon when com-
pared with the primitive horde, so also do wt marvel at
the rieh development of cults with whicfa we meet as we'
pass to the totemic age. These cults are associated not
only with the most important events of human life but
also with natural phenomena, though^ of course, only in so
far as the latter affect the interests of man, the weal or woe
that is in störe for the individual or for the tribal Community.
Generally speaking, therefore, these cults may be divided
into two great classes. Though these two classes of cults
are, of course, frequently merged and united— for the very
reason that both spring from the same emotions of
hope, of desire, and of fear— they are nevertheless dearly
distinguishable by reference to the immediate purpose which
the magic of the cult aims to serve. The first of these
classes includes those cults which relate to the most signifi-
cant events of human life ; the second, those concemed
with the natural phenomena most important to man.
Himian life fumishes motives for cult acts in its origin
as in its decline, in birth and in death. Other motives are
to be found in significant intervening events, such primarily
as the entrance of the youth into manhood, though in the case
of the maiden, ceremonies of this sort are very secondary
or are entirely lacking. Of these most important events
of life, that of birth is practically removed from present
consideration. No ceremony or cult is connected with it.
Not infrequently, however, the idea prevails that the child
becomes capable of life only on condition that its parents
endow it with life a second time, as it were, by an express
act of will. Thus, many Polynesian tribes allow parents to
put to death a new-bom Infant. Only after the child has
lived several hours has it gained a right to existence and
does the duty of rearing it devolve upon the parents. There
is a survival of similar ideas in the older usages of cultural
peoples, though they have not led to the widespread evils
of infanticide as they have among many peoples öf nature.
THE TOTEMIC AGE 239
tended primarily for the deceased himself. They are
designed to help him in his further life, though in i>art
the aim is still doubtless that of preventing his retum as a
demon. In both cases, these usages are clearly connected
with the increased importance attached to the psyche, for
they first appear with the spread of ^he belief in a survival
after death and in soul migration. These sacrifices are
doubtless regarded partly as directly supplying the necessary
means whereby the soul of the dead may carry on its further
existence and partly as magical instruments that make it
possible for the deceased to enjoy a continuance of life.
Thus, these sacrifices already involve ideas of a beyond,
though, generally speaking, the latter did not as yet receive
further development.
At this point, sacrifice to the dead undergoes further
modiiications, as a consequence of which there are also
changes in the accompanying cult acts. The sacrifice of
food dedicated to the use of the deceased and the bloody
sacrifice designed to equip him with magical power, are no
longer oflfered merely to the departed. As soon as god-
ideas begin to emerge, the sacrifice is brought, in first
instance, to these higher beings, who are implored to fumish
protection to the deceased. As this latter motive gains the
äscendancy, the slaughtered animals are no longer placed
in the grave along with the deceased, but their blood is
poured out upon it ; of their flesh, moreover, only a part
is thrown upon the grave as the portion of the dead, while
the rest is consumed by the moumers. The feelings of
reverence, thus expressed, issue, in the later development
of these cults to the dead, in general ancestor worship. Not
onvy the deceased himself and those who have assembled,
but particularly the gods under whose protection the de-
ceased is placed, receive a portion of the sacrifice. Wben
this occurs, the offering, which had been devoted to the de-
ceased, becomes sacrifice proper. The offering was g^ven
solely to the one who had died ; at first, its purpose was
to keep him in his grave, later, to afTord him aid in
hts further life. Real sacrifice to the dead involves three
THE TOTEMIC AGE 241
tions are really not Symbols, as is generally held— or, at
any rate, this is only a later and retrogressive form of the
idea— but they are sensuously embodied desires originally
regarded as means of magic. In this case also, we may
detect the influenae of soul-ideas, which lie at the basis
of all beliefs of this sort. As the psyche of the dead is
supposed to reincamate itself in a new organism, so likewise
are the object-souls incorporated in these representative
miniatures to transform themselves, by means of the magical
power attaching to their shape, into corresponding real
objects. But in this instance again, the further modifica*
tions in the sacrifice to the dead lead on into deity cult.
Hence it is not until our next chapter, when we discuss
deity cuhs, that we will deal with the sacrificial idea in its
total development.
Connected with another life-event to which this age
attaches particular importance is a further significant group
of totemic cults. This consists in the celebration of the
adolescence of youths in the so-called Initiation ceremonies.
In a period such as this, when intertribal strug^les are a
matter of increasing concem, the reception of a youth mto
the association of men, into the Community of the hunt and
of war, represents the out Standing event of his life. Begin-
nings of such celebrations were transmitted by the primitive
age to the totemic era, but it is only at this later period that
they are developed into great cult festivais. It is these
festivals, particularly, which everywhere recur in essentiaily
the same form among all the tribes of Australia. They
are great folk festivals, frequently assembUng the clans
of friendly tribes. Their celebration consists of dances and
songs, though primarily of ceremonies centring about the
youths who are reaching the age of maturity. For a con-
siderable period these youths have been prepared for the
festival by the older men. They have been subjected to
a strict asceticism for weeks beforehand ; meanwhile
they have also been trained in the use of weapons, and
instructed in certain matters of which the young are kept in
ignorance. The actual celebration, which always occurs
17
THE TOTEMIC AGE 243
nose-greeting which might therefore better be called the
nose-kiss. That this exchange is mediated through the
nose may be due to the fact that among many of these
tribes kissing with the lips is impossible because of
mouth-rings, lip-blocks, and other deformations, doubtless
originally intended as means of magic. Similar ideas
concernmg the mouth and the nose, moreover, and their
relation to the psyche, are suggested even by the Biblical
history 6i the Creation, according to which God roii3es
Adam to life by breathing a soul into him through his nose..
Through the mouth, man breathes out his soul ; through
the nose, he received it.
Though the festival of initiation into manhood was
once associated with magical acts of cult, as the abovie
ceremony seems to show, the meaning of this magic has
for the most part been lost to the memory of the natives..
For this reason they generally regard the ceremonies, in-
cluding that of striking out the teeth, as a means of fest-«
ing the fortitude of the young men. This was doubtless
a secondary motive even at a very early time, and when the
magical significance dropped out, it remained as the sole
purpose. Nevertheless, the character of these alleged tests
is much too peculiar to be intelligible on the hypothesis
that they were originally intended merely to arouse fear
or pain. And so, in view of the widely prevalent use of
fire as a means of lustration, we may be allowed to
regard also the fire-test, which occupies a central place in
these cult forms, as having originally been a means of
magical purification.
The second class of ceremonial festivals and cults, as
above remarked, is associated with certain objective natural
phenomena which exercise a decisive influence üpon human
life. The natural phenomena most likely to originate a
cult, because representing the most important objects of
desire and fear, are those connected with the need for food,
with tlie growth of plants, and with the increase of animals,
particularly the animals of the chase. For this reason
Vegetation cults date back to the very beginnings of the
244 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
totemic period. Very probably they originated in the desire
£or plant food. Under rdatively primitive conditions there
was seldom a lack of game, though there was probably
a scarcity of the vegetables necessary to Supplement the
food derived from animals. For plants frequently suffer
from xmfavourable weather, whether it be from the heat of
the sun and from drought, as in tropical and subtropical
regions, or from deluging rains, as in the temperate zones.
Out interpretation of Vegetation cults is supported par-
ticularly by the conditions prevailing in the original home
of totemism, Australia. These cults here occur chiefly in
the northem districts, into which there were early Melanesian
immigrations ; towards the south, they have gained but a
relatively small foothold. The more northerly regions, as
we have seen, are the very ones in which plant totems also
are numerous, whereas they are lacking in the south. Thie
cults of which we have been speaking are called Intichiuma
ceremonies--an expression of Australian derivation. These
ceremonies^ moreover, involve the magical use of churingas,
the Atistralian fetishes.
The character of these Vegetation festivals is always very
much the same. They include dances, in which, in essential
distinction from those of the initiation ceremonies, women
are generally allowed to participate ; their central feature
consists of specific magical acts designed to effect an increase
of the food supply. In Australia, these acts, in part, take
the form of ceremonies in which pieces of artificial animals
are strewn about. We speak of them as artificial, of course,
only from our own standpoint ; to the Australian the
material that is scattered represents an actual living being.
Thus, for example, a heap of sand is moulded into the form
of a large lizard, and, of this, various parts are thrown into
the air by those who participate in the festival. The
animal germs thus scattered are supposed to effect an
increase in the animals of the lizard totem. These vegeta-
tioii festivals, therefore, are also totem festivals, and their
celd>rmtion has the secondary significance of a cult dedi-
cttedi to the totem, The cetebration connected with a fish
THE TOTEMIC AGE 245
totem 18 similar to the above, though somewhat nk>re com-
plicated. A member of the rlan; whose arms or other parts
of the body have been bored through with bone daggers,
descends into the water and allows his blood to mingle with
it. The totem germs that are to bring about an increase
in fish are supposed to emanate from the blood.
In the case of plant totems, the cults are of a sunpler
nature. The plants themselves, or sometimes their seeds,
which, moreover, also serve directly as food, are strewn to
the winds. The grass-seed totem, for example» is particu-
larly common in Australia. The seeds of the AustraliaA
grasses are gathered in large quantities and constitute an
important part of the vegetable food. Thrown into the
air, they are supposed to bring about an increased supply of
these grasses. Externally regarded, this magical ceremony,
primitive as it is, completely represents an act of sowing.
It would be incorrect, however, as yet to speak of it as
such, in the sense of the later tiller of the soil ; the signifi-
cance of the ceremony is purely magical. An age which
merely gathers wild seeds and fruits does not prepare the
soil in the way that sowing presupposes. Nevertheless,
the magical cult involves an act which later forms an im-
portant part of agricultural tasks. Indeed, it is not at
all improbable that these magical ceremonies, which in any
event already involve the recognition that the strewing of
seed conditions the increase of plants, have elsewhere con-
stituted a preparatory Step to the development of agricul-
ture. In general it may be said that the ceremony probably
originated in connection with plant totems, where the idea
of such an increase is very especially apt to suggest itself ;
doubtless it was only later connected, thtough a process of
external association, with animal totems. In harmony with
such a view is the fact that Intichiuma festivals are chiefly
prevalent in the regions of plant totemism.
The Vegetation cults which prcceded the rise of agri-
culture wcre finally superseded by true cults of the soil.
The latter presuppose the preparation of the soil by the
efforts of man. This is clejar from the fact that they
1246 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
occur more regularly, and at definite seasons of the year ;
moreover, thcy are of a morc complex character, serving
in part a number of other purposes. Typical of the transi-
tion are the Vegetation festivals of the natives of Central
America. These festivals are unique in that they embody
elements of celestial mythology ; thus they constitute im-
portant transitional stages between the demon cults of the
totemic era and deity cults. The relation which the seeds
are supposed to bear to the sprouts of the various g^ains is
now no longer merely of a magical nature. The hoe-culture,
to which the American Indian has attained, has taught him
the dependence of the growth of plants upon the act of
sowing. But here also there can be no cult until there is
Community labour. The original hoe-culture carried on by
the individual about his hut no more tends to originate a
cult than does the erection of the hut, the weaving of
basketSy or the other tasks set by the needs of daily life.
Individuais, however, frequently tili the soil even prior to
the rise of systematic agriculture, as occurs in certain regions
of Melanesia, among the prairie peoples of North America,
and elsewhere. Besides leading to more advanced ideas con-
ceming the processes of germination and growth, these
beginnings of agriculture, which still form part of the house-
hold duties of individuals, serve to engender what proves
to be a permanent and basal factor in all further develop-
ment— namely, pravision for the fatare. However primi-
rive may be the hoe-culture which the individual carries on
about his hut, it is not concemed exclusively with the imme-
diate present, as is the mere gathering of food, but it aims
to satisfy a future need. True, even in this case, the
beginnings may be traced back to the preceding age. Even
such ceremonies as the Intichiuma festivals, in which the
totems are strewn about in order magically to iniluence their
growth and increase, are already thoroughly inspired by a
regard for the future. Perhaps all human action concemed
with the distant future was at first magical in aim.
The establishment of a cult, however, is due not merely
to the foresight which provides for a future harvest by
THE TOTEMIC AGE 247
the tilling of the soil ; it is conditioned also by a sccond
factor — ^namely, Community labour. Just as entrance into
manhood gives rise to Initiation cults only when it becomes
of tribal importance, precisely so is the development of cults
of the soil dependent upon the association of members of
a tribe or a mark in conunon labour. Moreover, initiation
into manhood early came to be of comm(m concem because
of the Community life of age-associates and of the need
for military training created by tribal warfare ; the same is
true^ though at a later stage and, of course, for essentially,
diflferent reasons, of the tilling of the soil. The most im-
portant factor in the latter case is the fact that because the
natural conditions are conunon to all, all are obliged to select
the same time both for the sowing and later for the harvest.
This is of little moment so long as the population is sparse
and the property of one individual is separated from that
of the others by wide Stretches of uncultivated land. The
more closely the memSers of the mark live together, how-
ever, the more do they share in conmion labour. Whenever
a migrating tribe takes possession of a new territory, more-
over, there is a further decisive consideration, namely, the
fact that at the outset the soil is common property. In this
case, not merely the natural conditions, but also the very
ground on which the work of the field is performed, is iden-
tical for all the members of a mark. Added to this objective
factor there more and more comes to be one of a subjective
nature. In conunon labour, the individual determines his
activities by reference to a conunon end ; moreover, he regu-
lates these activities, as to rhythm, tempo, and the accomr*
panying expressive moveraents, so as to confoim to the group
m which he finds himself . Since, moreover, the activity of
sowing and the subsequent growth of the crop preserve the
magical character acquired in an earlier period, the work
itself comes to be a cult activity. Just as initiation rites
are not merely a declaration of manhood but a cult,
designed magically to equip the novice with manly
power and fortitude, so the tilling of the soil becomes a
cult act through whose inhercnt magical power tu«
248 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
prosperity of the crop is supposed to be secured. There are
two factors which are of prime importance for the beginning
of agricultural cults, and which give to their further de-
i-elopment its peculiar stamp. In the first place, the labour
whose Performance in common engenders the cults of the
soll is always connected with hoe-culture, the initial stage
of agriculture. It is only because they work with the hoe
that the members of the mark come into such close relations
that they easily fuse into a cult Community. When the
plough, which is drawn by an animal, comes into use, the
individuals are again separated. For the field which is
tilled is larger, and, furthermore, the activity of the
ploughman is confined to the guidance of his animals and
implements, so that he personally is no longer directly con-
cemed with the soil as in the case of hoe-culture. More-
over, since hoe-culture demands a very much greater ex-
penditure of human energy, it arouses stronger emotions.
The plough trains to reflection and brooding ; the hoe stirs
violent emotions. Furthermore, it is only when hoe-culture
becomes common labour on a common üeld that the sexes
are brought together. The early hoe-culture carried on
about the hut of the individual generally devolves upon the
woman alone, who thus merely continues the duty of food-
getting which rested with her, as the gatherer of food, under
still more primitive economic conditions. With the appear-
ance of more intensive hoe-culture the labour is divided.
Man cuts up and loosens the soil with his hoe ; woman
follows after, strewing the seed between the clods. With the
invention of the plough, agriculture finally becomes the
exclusive concem of man. The furrowing and loosening of
the soil is now done by means of an implement, and man,
Ereed from this labour, assumes the duty of strewing the seed.
This twofold Community of labour, that on the part of
tfae holders of common property and that of the two sexes,
undoubtedly underlies the peculiar character which the cults
of the soil continue to prescrve long after the period of
(heir origin. On the one band, the work of the field itself
Bssumes the character of a cult act ; combined with it, on the
THE TOTEMIC AGE 249
other hand, there come to be additional ceremonies. That
which brings the men and women together and converts
the labour into a cult act is primarily the dance. The
fertilization and growth of plants are regarded as processes
resembling the procreation of man. When the cult members
give themselves up to ecstatic and orgiastic dances, there-
fore, they believe that they are magically influencing the
sprouting and growth of the seeds. According to their
belief, sprouting and growth are due to the demons of the
soil. These demons the orgiastic cult arouses to heightened
activity, just as the labourers and dancers mutually excite one
anotber to increased eflforts. In this ecstasy of the cult, man
feels himself one with extemal nature. His own activity and
the processes of nature become for him one and the same
magical potency. In addition to the terrestrial demons of
growth, there are the celestial demons, who send fructifying
rains from ihe clouds to the soil. Particularly in regions
such as New Mexico and Arizona, where a successful harvest
depends in large measure upon the altemation of rains
with the withering heat of the sun, these Vegetation festivab
are combined with elements of celestial cuks. The latter,
of course, are also essentially demon cults, yet they every-
where exhibit distinct traces of a transition into deity cuhs.
Particularly typical are the cults of the Zuni and Hopi,
described in detail by various American scholars. The
direction of these cult festivals is vested in a body of
rain-priests, in conjunction with other associations of priests,
named for the most part after animals, and with secret
societies. In the Vegetation oeremonies of the Hopi, the
members of the rain-group, naked and with faces masked
to represent clouds, parade through a neighbouring village
and thence to the festival place. In their procession through
the village, the women throw water over them from the
Windows of the houses. This is a magical oeremony in-
tended to secure the blessings of rain upon the crops. The
investigations of W. Mannhardt conceming the field cults
of ancient and more recent times have shown that survivals
of such conoeptions are still present in the sowing and
»so ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGE
harvest usages of modern Europe. Mannhardt's collection
of customs deals particularly with East Prussia and
Lithuania. In these localities it is customary for the
maid-servants to retum from th^ harvest earlier than the
men, and to drench- the latter with water as they enter
the house. Though this custom has become a mere
form of play, it nevertheless still vividly recalls the
very serious magical ceremonies of earlier Vegetation
cults. But over and above this change from the serious
to the playful, of which there are beginnings even in
the festival celebrations of early cultural peoples, there
is still another important difference between the earliest
Vegetation cults and their later recrudescences. The former
are connected particularly with sowing, the latter primarily
with the harvest. This again reflects the difference between
hoe-culture and plough-culture. Hoe-culture unites the
members of the mark in the activity of sowing, whereas
labour with the plough separates them and imposes the
work exclusively on the men. Harvesting the grain, on
the other band, long continues to remain a task in which
individuals work in groups, women and men together.
Moreover, as the magical beliefs associated with the activity
of sowing gradually disappear, their place is taken by joy
over the assured harvest. This also factors towards
changing the time of the main festival from the beginning
to the end of the season.
Since both earth and heaven must co-operate if the
sowing is to be propitious and the harvest bountiful, Vegeta-
tion festivals are intermediate between demon cults and celes-
tial cults. In respect to origin, they belong to the former ;
in the degree in which more adequate conceptions of nature
are attained, they give rise to the latter. In many cases,
moreover, elements of ancestor cult still exercise an influ-
ence towards bringing about this transition. The cloud
that bestows rain and blessing is regarded as dependent
upon a Controlling will. Back of the clouds, therefore,
according to the ideas of the Zuni and other Pueblo tribes,
dwell the ancestors. The prayer of the priests to the clouds
THE TOTEMIC AGE ^51
is also a prayer to the ancestors for protection and aid.
The processiön of the rain-priesthood through the village
is a representation of the ancestors who are hidden behind
the mask of clouds, and is supposed to exercise a magical
influence. These cult festivals also include invocations to
the sun^ whose assistance is likewise necessary to the
prosperity of the crop. Thus, in the ceremonial customs
of the Navajos, who occupy the same territory, the yellow
sand that covers the festival place represents the coloured
expanse of the rainbow, the sun, and the moon. All the
heavenly forces are to co-operate in bringing about the
ripening of the harvest. In this wise it is possible to trace
an advance^ stage by stage, frora the cults of terrestrial
demons, who dwell within the growing grain itself, to
celestial cults. The fact that the aid of the beavens is
indispensable draws the attention upwards. If, now, there
are other causes such as give rise to the idea of a celestial
migration of the souls of departed ancestors, the cloud
demons become merged with ancestor spirits, and there are
combined with them the supra-terrestrial powers that are
conceived as inherent in the other celestial phenomena.
It is due to this synthesis of Vegetation cults with
celestial cults that these festivals, which are the most highly
developed of any in the totemic age, continue to become
more and more complex. They gradually incorporate other
cults in so far as these are not associated with specific,
undeferable circumstances, as are the death cults. Among
the Zuni and Navajos, the most important ceremony thus
incorporated into these festivals is the Initiation of youths
into manhood and their subsequent reception into the Com-
munity of men. There are analogous ceremonies for the
women. In this complex of cult elements, the emphasis
more and more falls on the celestial phenomena, of which
the more important force themselves upon the Observation
and therefore determine the time at which these festivals
are hcld. Instead of at seedtime and harvest, which vary
somewhat with weather conditions, the two main festivab
are held at fixed dates corresponding to the summer am
252 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
Winter solstices. Thus, the cults become independent of
variable circumstances. AU the more are they able to
assimilate other cults. Among the Zuni^ for example, there
is a ceremony which, though analogous to the declaration
of manhood, is not held at the time when th)e youths reach
manhood or the maidens arrive at the age of puberty, but
occurs much earlier, and signifies reception into the cnlt
Community. This first consecration, which might be com-
pared to our baptism, does not take place immediately after
birth, but when the child is four or five years of age.
Following upon this consecration, in the course of the same
festival, comes the celebration of the adulthood of fully
matured youths and maidens, set for the fourteenth or
fifteenth year of life. In this ceremony the youths and
maidens are beaten with consecrated rods. The present
generation, which has no knowledge conceming the origin of
this practice, generally regards these blows as a test of hardi-
hood and courage. But the fact that specially consecrated
rods are used by the priests shows unmistakably that their
original purpose was to exercise a magical influcnce upon
those who were being initiated. Indeed, the fact that many
adults crowd in to receive some of the blows, in the belief
that these possess a protective influence, proves that the
original meaning of the ceremony has maintained itself to
a certain extent even down to the present. In addition to
these features of the cult-celebration, which are connected
in general with the tribal or mark commimity as such, there
are other ceremonies that are designed for the satisfaction
of the wants of individuals. Sick persons drag themselves
painfully to the festival, or are brought to it by their
relatives, in search of healing. In America, the desire for
magical healing has very commonly given rise to so-called
sweat-lodges, which are located near the festival places.
These lodges serve a twofold purpose. The primary aim
of the sweat eure is to cxpcl sickness demons. But healthy
persons also subject thcmseWes to the treatment. In this
case the sole purpose of tte fweftting is obviously that of
lustration. Justasw« «uüly experi^nce relief
THE TOTEMIC ACE 253
from tfae flow of Perspiration, so also may the one who has
passed through the ceremony of the sweat-lodge feel himself
rebom, as it were. This would tend to strengthen the
naturally suggested association between this ceremony and
lustration by water. The ceremony, therefore, serves the
same purpose as the other forms of lustration. The indi-
vidual wishes either to purify himself from a guilt which he
has incurred, or, if there is no particular element of guilt, t.o
Protect himself against future impurities. The custom thus
acquires the significance of a sanctification ceremony, similar
to baptism or to the bath of the Brahman. Because of
the combination of these various cult motives and cult forms,
the cult association which unites in the Performance of the
Vegetation festivals comes to be the representative of the
cult, as well as of the belief, of the tribal conunimity in
general. This likewise prepares the way for the transition
from totemic to deity cults, as is indicated^ among other
things, by the sacrificial activities of these cult festivals.
Sacrifice itself, as has already been mentioned, probably
originated as sacrifice to the dead. Its further develop-
ment occurs primarily in connection with the higher forms
of Vegetation cults. The Zuni and Navajos erect altars for
tjieir festivals. These they adorn with gaily coloured cloths
and with the gorgeous plumage of birds. On them they
place the plants and grains which the cult is designed to
prosper. This is the typical form of the vegetable sacrifice
as it passes on from these early practices into all higher cults.
The sacrifice consists in offering the particular plants and
grains whose increase is desired. At the outset, its character
is exclusively magical ; it is not a gift to the deity. Just
as rain-magic is supposed to result from drenching the
rain-association with water, so this offering of grains is
held to have a magic effect upon the prosperity of the
same sorts of grains. There is no indication or Suggestion
that the sacrifice represents an offering to the gods. This
idea arises only later, when the magical sacrifice of grains,
as well as that of animals, is connected with a further con-
ception whose origin is apparently also to be found in
2S4 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
sacrifice to the dead. The dead are presented with gifts,
which they carry along into a world beyond. Similarly,
the magical sacrifice connected with Vegetation festivals and
their associated cults more and more ceases to be regarded
as purely magical in nature and comes to be an offering to
the deity whose favour is thereby sought.
Coincident with these changes in sacrificial usages^ the
cult Community which develops in the course of the tran-
sitional stages of cult— the best representatives are the semi-
cultural peoples of America— undergoes a more thorough
Organization. Separate associations are formed within the
wider circle of cult membership. These severally assume the
various functions involved in the cult ; as a rule, they are
under the guidance of priests. Even apart from their con-
nection with these cult festivals, the priests serve as magic-
priests and magic-doctors, and it b they who preserve the
traditions of the general cult ceremonies as well as of the
means requisite on the part of the individual for the exercise
of this twofold profession. This represents the typical figure
of the medicine-man. He is to be found even in primitive
culture, but his function more and more changes from
that of the ordinary magician into that of the priest. As
such, he attains to a position of authority that is puhlicly
acknowledged and protected. Associated with him is a
restricted group of those cult members who are most familiär
with the secrets of the cult, and are his immediate assistants
in the festal ceremonies. It is these individuals that com-
pose the secret societies. These societies occur even among
the tribes of the northem parts of America, and have their
analogues particularly on the semi-cultural level which
forms the threshold of the totemic age. Presumably they
derive from the more primitive institution of men's clubs,
within which the male members of a clan are united
into age-groups. Membership in secret societies also con-
tinues to be limited to men, more especially to such as
have reached a mature age. As tribal Organization
developed, and particularly as family bonds became firtner,
age associations were dissolved. The association which
THE TOTEMIC AGE ^^55
originally included all inen gave way to more restricted
societies. Besides this numerical limitation^ there was
naturally also a qualitative restriction. In the first place,
those who thus deliberately segregated themselves from the
total body were the privileged members of the tribal com-
munity, or at least such as laid claim to special prerogatives ;
these associations, furthermore, were formed for certain
more specialized purposes connected with the particular
needs of their members. The first of these considerations
accounts for the respect, occasionally mingied with fear or
reverence, which was accorded to these societies, a respect
which was heightened by the secrecy in which they shrouded
themselves. The fact that certain customs and traditions
were surrounded with secrecy caused every such association
to be organized into various ranks, graded according to the
extent with which the individuals were familiär with the
secret doctrines. This type of Organization occurs as early
as the associations of medicine-men among the Africans
and the American Indians ; later, it is to be found in con*
nection with the Eleusynian and Orphic mysteries ; it is
represented also by the Christian and Buddhistic Orders,
and by their various secular counterparts, such as the
Rosicrucians and the Freemasons. Not infiiequently these
societies, in contradiction to their seci^cy, have special
emblems indicative of membership and of rank. Among
the American Indians, this purpose is generally served by
special drawings on the body ; in other places, by specific
tattooingjS as well as by the wearing of distinctive dress.
The second restriction of miembership on the part of the
secret society is connected with the limhed purpose wlncb
the society serves. The men's club includes all thie interests
of the clan or tribal Community ; the secret society is
held together by a specific aim or by a limited circle of
related tasks. Here also it is universally true that these
tasks are connected with culty and are thus of a religious
nature. Even the Greek phratries underwent a change
of purpose analogous to that which occurred in the transi-
tion from the age-group to the secret society, for, after
3 56 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
losing their earlier political significance, they contiiiaed
to exist as cultural associations.
The men's group belongs exclusively to the tötende
age. Secret sodeties, however, are organizations whid^
together with the cults that they maintain, belong to a stage
transitional between totemic and deity cults. The embl^ns
wom by the cult members are for the most part totemic ;
totemic also are the cult usages, and likewise, particukrly
among the American Indians, the name which the group
adopis. The feathers of birds and the hides of other
totem animals— the same as those which also adom the
festival altars — constitute a chief part of the dress. In
addition to the general tribal festival in which they co-
operate^ these societies also nuintain their special cults.
It is particularly in these latter cults that ancient totemic
survivals are in evidence. A remarkable example of such
a totem group is the snake society of the Hopi Indiana
who dwell^ as do the Zuni and Navajos^ in the regions of
New Mexico. The totem animal of this society is thie
rattlesnake. In the snake festival, a procession is formed
in which every member participates ; e^ch carries a rattle-
snake in his mouth, holding it in his teeth directly back of
its head. It is firmly believed that no snake will kill a
member of the society which holds it sacred. Of course, as
observers of the festival have noticed, an ingenious ex-
pedient is employed to avert the danger. Each snake-
bearer is foUowed by an associate who diverts the attention
of the snake by continually tickling its tail with a small
stick. If a snake-bearer is bitten, as rarely occurs, his
companion always sucks out the wound, by which act, as is
well known, the snake*bite is rendered relatively iimocuous.
15. The Art of the Totemic Age.
The most prominent of the artißtic activities of the
totemic age is formative ort. In this field, the lowest stages
of totemic development show little advance beyond the
acfaievements of primitive man. True, even Australia pos-
THE TOTEMIC AGE ^57
sesses cave drawings which perhaps have some sort of cult
significance. As yet, however, we have not succeeded in
interpreting these drawings. With this exoeption, the formia-
tive nrt of the totemic period is limited to carvings upon
weapons or other implements— obviously thought, just as in
primitive times, to possess magical potencies — ^and to the
painting of the face on the occasion of ciüt festivals.
In the regioas of Ooeania, particularly the Polynesian
Islands, we find a far richer development of thät form of
(HCtorial art which aims at the adornment of tbe body, or,
as we ought rather to say with reference to the beginnings
of this artistic practice, at the exercise on the j)art of thie
body of a magical influence upon extemal things. Poly-
nesia is the chief centre at artistic tattooing. Throughout
these regions this practice has universally taken the form of
prick tattooing. By means of separate, close-lying prick
points filled with colour, various S3mimetrical designs are
formed. This tattooing is the only art whose highest per-
fection is reached at the beginning of culture. As soon as
clothing appears, the decoration of the body itself gives way
to that of dress. On particular occasions, as, for example,
in connection with certain cult practices of the American
Indians, custom may continue to demand entire nakedness.
Under these circumstances, there is a sort of retrogressive
development in which the painting necessitated by the
festivals takes the place of tattooing. This occurs eveni
among the Australians. Moreover, even after clothing has
appeared, it long remains a favourite custom to tattoo cer-
tain exposed parts of the skin, particularly the face and
the arms and hands. Even to-day, indeed, the arms are
sometimes tattooed. The fact that tattooing is now practised
almost exclusively by criminals and prostitutes, and, occa-
sionally, by sailors, finds its explanation in a circumstance
which was also of influence at the time when tattooing was in
its first flower, namely, in the Interruption of occupational
activity by long periods of leisure.
There is an additional factor which obviously favours
the development of the art of tattooing, particularly in the
18
258 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOG V
territory of the Polynesian Islands. I refcr to thc a»n-
bination of totemism with celestial inyibolog\\ which ii
peculiar to these peoples, and to the consequent re-
:edence of totemism. Particularly illuminative as regards
this point is the tattooing of the Maoris. The mnh-
3logy of this people gives an important place to the sun,
and their bodily decorations frequently indude pictures
^{ this celestial body, in the form of spiral ornamentations.
Somc two years ago travelling investigators brought back
copies of the tattooing of other islanders, particularly those
of the Marquesas group. These tattoo-pattems contain many
significant elements of a celestial mythology ; those of
to-day, however, in so far as the custom has not been cntirely
efTaced by the Europeans, consist almost entirely of simple
geometrical ornamentations. The tattooings of early times
frequently included also representations of animals. Plants
were less common, as might be expected from the fact
that it was only later that they acquired importance for
totemic cults. At the same time, it is evident that a
sprt of reversal took place as regards the pictorial repre-
sentation of objects. This is even more striking in the
tattooing of the American Indians, a tattooing restricted
to certain parts of the body. In the preceding chapter the
fact has already been noted that, among the primitive peoples
oi the pretotemic age, as, for example, the Semangs and
Senoi of Malacca, the multiplication of simple parallel lines,
triangles, arcs, etc., gives rise to plant-like and animal-like
Forms. Doubtless the primitive artist himself discovers such
Sgures in his drawings and then sometimes consciously sets
Etbout to imitate more closely the actual forms of the natural
objects. At the stage of development now under discussion,
we find, conversely, that animal forms, particularly, are rc-
translated into geometrical objects in that they beconic, as we
v^uld to-day express it, more and more conventionalized.
Since only the simplest outlines of the objects are retained,
It may eventually become a matter of doubt whether these
really are schematic representations of natural objects, and
vrheUier they are not, even from the very beginninij, geo-
THE TOTEMIC AGE 259
metrical omamentations. Nevertheless the fact that there are
continuous transitions from the developed animal form to
the geometrical Ornament, as occurs particularly in America,
is incontrovertible proof that such a conventionalization
took place, though in many cases, doubtless, very slowly.
This process of conventionalization, however, may be more
clearly* traced in connection with a different art, one that
is related to tattooing but whose development is not
limited, as is that of the latter, and destined from the very
outset to become obsolete. I refer to ceramicsy the art
of decorating the vessels which were at first intended for
the preservation, and later for the preparation, of food.
Even though the art of making pottery is not to be found
in primitive culture proper, it nevertheless dates back to
a very early age. It is not impossible that this age
coincides approximately with the beginning of the totemic
period. At any rate, it was totemic cult which, from
earliest times on, furnished the motives for the decoration
or— as is here also doubtless generally true of the
early beginnings— for the magical protection of the vessels,
or for the imparting of magical potencies to their contents.
Doubtless the clay vessel was originally modelled partly
after the natural objects that were used for storing food,
and partly after the woven basket. The latter, in turn, may,
in its beginnings, have been copied from the bird's nest.
When it was discovered, probably accidentally, that clay is
hardened by fire, the clay vessel came to be used not merely
for the preservation of food but also for its preparation by
means of fire. Or, perhaps it would be truer to say that the
attempt to accomplish this latter purpose with the un-
hardened clay vessel led to the art of baking clay. Now,
even before the art of making pottery was known, imple-
ments, weapons, women's combs, and even the body itself
were marked with simple and regulär linear drawings
to which a magical significance was attached. These geo-
metrical forms, which arose semi-accidentally, were, even
from very early times, apperceived as the outlines of
animal or plant forms, and it was under the influence
26o ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
of these ideas that they attained a further development
Precisely the same process was repeated in thc cm
of ceramics, only, as it were, upon a broader scal^
challenging a richer play of Imagination. It is pre-
cisely here, however, particularly in the ceramics of
the American Indians, that we can trace the ascending
and the descending developments of primitive linear draw-
ings, first into completely developed animal designs with
meagre suggestions of attempts at plant ornamentation, and
then regressively, through a continued conventionalization.
into purely geometrical figures. At the same time, it was
ceramics, especially, that developed a combination of these
two designs, the systematic arrangement of which marks thc
perfection of this art. Thus arose representations of natural
objects framed in by geometrical omamentations. In thb
respect also, tattooing furnished a preparation, even though
imperfectly, for ceramics. In inner significance, moreover,
the iatter was a direct outgrowth of the former. By tattoo-
ing, man originally guarded his own person with protective
magic ; in ceramics, this magic was brought into connection
with man's Utensils, with the food necessary for his life, and
with its preparation. In ceramics, therefore^ just as in
tattooing, the animals represented were at first primiarily
totem animals, Among them we find particularly snakes,
fish, and birds, and, in America, the alligator. Especially
characteristic of the totemic age is the fact that the decora-
tions scarcely ever include the representation of the human
figure. It is by this mark that the art products, even of the
earliest age of Greece, may be distingushed at first glance
from those of totemic culture. In the former case, the human
figure is introduced, either along with that of the animal or
even alone ; in the latter case, only animal representations
occur. Strange to say, it is in only one respect that the
ceramics, more particularly of the American Indians, copy
man— ^e vessel as a whole represents a head or a skulL
Doubtless this is connected with the obnoxious custom of
head-hunting. Just as the Indian adorns the roof of his
hut with the heads of his conquered foes, so he perpetuates
^ THE TOTEMIC AGE 261
^ the membry of his feats of war in his ceramic objects. No
portrayal of activities in which human beings participate, is
to be found in the totemic age.
Connected with this, no doubt, is tbe lack of any real
seulf^ure, with the exception of crude idols representing*
animal or human forms. These idols, on the whole, are of
the nature of fetishes, and as such may, of course, be
regarded as the precursors of the divine images of a later
period. As there is no sculpture, so also is there, strictly
speaking, no architecture . In this respect^ again, there is a
Wide difference between this age and the succeeding one. In
its higher forms, architecture presupposes gods who are wor-
shipped in a temple. In the totemic period, however, there
are no temples. True> the Australian preserves his magic
wands and pieces of wood, the churingas^ in caves or hutsy
but the latter differ in no wise from other huts. In the
totemic age, therefore, man alone has a dwelling-place. Of
such structures there are, in general, two types, the conicat
and the spherical. The conical hut apparently had its
origin in the tent. The rounded or beehive hut, as it has
been called in Africa, may originally have been copied
from a natural cave built in the sand. The two fosrnsii
moreover, are not always mutually exclusive. In winter,
for example, the Esquimo of Behring Strait lives in a round
hut made of snow ; in summer, he pitches a tent. In
Melanesia, Polynesia^ and other regions, the erection of dwell-
ing-places on the seashore or on the shores of large rivers led
to the pole-hut, a modification which came to resemble the
houses of later times. This hut, which is generally occu-
pied jointly by several families, is erected on poles that are
firmly driven into the ground and reach far up into the air.
Such a pole-hut, even at this early age, develops the typical
form of a commodious dwelling. One of the factors here
operative is the institution of men's clubs, which is prevalent
in these regions : the necessity that many individuals live
together leads to the erection of buildinjgs of considerable
siie. In this connection, we note a charactcristic difference
between the beginnings of architectonlc art and that of the
: .: ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
fccher ar:s. The latter, whether in the case of tattooing,
>erjut:io*. or ihe feiishistic precursors of sculpture, always
TVgiiiuie in mythological and, primarily, in magical motives ;
he sole impetus to architecture is furnished by the
ain^ediate needs of practica! life. Thus, then, it is not to
rirI;$iou$ impuUes but to the social conditions which require
±ul: iiuny individuals shall live together, that we inust tracc
I iix>re pertected technique of building than that of primitive
Much ay>re nearly parallel to the development of the
c^cifcer tornx$ of art is that of the musical arts, meaning by this
jiU :!K>5^r *rt$ which consist in the direct activity of man him-
«it rhe musicjd arts include the dance, poetry, and music,
Jtö ««^U Jk$ (he vairious combinations into which these enter
wt:h csac xnocher. Since it is the third of these arts, music,
tbjit :tuni:>s:* Ji pairtiotilar tendency to combine with and
:•.* >uvi^?t:K^::: rhe orher n»x^. all three may be comprehended
urNier ir? nan>e. This will also serve to suggest the fact
that. 'us: Jis :.V n^nnaiive arts are closely related in that they
j:i\e o^><v:i\'e embodiment to the creations of the imagina-
lion, 20 also are the musical arts allied by virtue of their
reltance on subjecti\"e expression. Of all these various
arts* the dance preserves the dosest connection with the
more primitive age. In the cult dance of the totemic
period, however, the dance receives an extraordinarily rieh
development, reaching a stage of perfection comparable
to that to which formative art attains in the extemal adom-
ment of the body— -that is, in tattooing. The dance and
tattooing, indeed, are closely related, since nowTiere eise
is the personal body so directly the object and the means
ö£ artistic activity. To the dances of the primitive period,
however» the totemic dance adds one extemal feature —
the /iiasA— ^hose origin is directly due to totem belief.
Even the Australians, of course, are not familiär with the
mask-dance. They sometimes paint the face or mark it
mih Single lines^ and this may be regarded as the prei-
curaor of the mask ; the mask itself, however, appears only
in the later development of totemism, and continues far
THE TOTEMIC AGE« ^63
into the succeeding age. Moreover, as regards its distribu-
tion, there are considerable differences. It plays its most
important röle in American and Polynesian regions, a less
prominent one in Airica. In America, the mask-dance and
the elevation of masks into cult objects, to which the mask-
dance occasionally gives rise, extend from the Esquimos of
the north far down to the south. Koch-Grünberg has given
a clear picture of the mask-dances and the mask-cult of the
natives of the Brazilian forests. Here the masks are not a
secondary means of magic, as it were— much less an occasional
object of adomment. Every mask is a sort of sacred object.
When the youth attains to manhood, he receives a mask,
which is sacred to him throughout his entire life. After the
great cult festivals, which are celebrated with mask-dances,
the masks are carefully preserved. In the mask there is
supposed to reside the demon who is represented by it, and
the fear of the demon is transferred to the mask. The
dancing of this period consists primarily of the animal
dance, which is a rhythmic imitation, often wondlerfully
skilful, of the movements of an animal. The mask also^
therefore, always represents, in a more or less altered or
grotesquely exaggerated form, an animaFs head, or a being
intermediate between animal and man, thus vividly calling
to mind certain totemic legends whose heroes are sometimes
animals and sometimes human beings. On the more
advanced stages of totemic culture, there are also masks
representing objects of extemal nature. Mention has
already been made of the cloud masks used in the Vegeta-
tion festivals of the Hopi and Zuni. The rain-priests of
these tribes, with these masks on their heads and with
pictures of zigzag lightning on their garments, are the living
representatives of storm demons. Thus, the mask imparts
to its wearer the character of the demon represented by it.
The cTiaracteristics of face-masks, such as enormous beards
and teeth, huge eyes, noses, etc., cause them, particularly, to
be the living embodiments of the fear of demons, and thus
to be themselves regarded as demoniacaj beings. iWhate^-er
may be their more specific nature, whether, for exampl
204 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
they represent demons of sickhess or of fertility^ they always
present thc same fear-inspiring features. A certain diversity
of expression is much more likely to come as a result of the
cxternal character of the dance in which the masks are uscd.
This may give rise to expressions portraying surprise and
astonishment, or the more lively emotions of fear, terror, or
exalted joy. In the latter case, we must bear in mind that
representations of grinning laughter differ in but a few
characteristic marks from those of violent weeping.
Corresponding to these differences in the character of
the masks that are worn, are tvvo main forms of the dance^
particularly of the cult dance. The first of these is the
ceremonial dance, which moves in slow and solemn rhythm.
This is the dance that generally inaugurates the ^reat cult
festivals of the semi-cultural peoples of totemism or that
accompanies certain of the chief features of the festival —
such, for example, as the entrance and procession of the
cloud-masked ancestral spirits in the Vegetation festivals of
New Mexico. Contrasting with the ceremonial dance are the
ecstatic danceSy which for the most part form the climax
of the festival. Only the men are allowed to take part
in the ceremonial dances, and the same is generally tnie
also of the ecstatic dances, The women, if not altogether
exdluded from the ceremonies, are either silent witnesses
or accompany the dance with songs or screams. It is only
in the more extreme form of the ecstatic-orgiastic dance
that both sexes participate. The mixed dances probably
arose in connection with the Vegetation festivals, as a result
of the relation which was thought to exist between the sexual
emotions and the creative forces of nature. It was doubt-
less because of this late origin that the Greeks long con-
tinued to regard the dances of the Dionysian festivals,
which were borrowed from Oriental cults and executed by
women alone or by women and men together, as in part ä
degeneration of good custom. In thte dtama, whose origin was
the minietic dance, the rdle of women was taken by men.
Closely connected with the dance is music, the pre-
paratory stl^e of which is constituted by the participation
THE TOTEMIC AGE »65
of the voice in the rhythm of the external movements of
the body. These articulatory movements, which form a
part of the mimicking activity of the face, Supplement the
dynamic rhythm of the dance with the melodic rise and
fall of tones. The emotion which finds its outlet in the
dance itself, then seeks a further enhancement through
objective means. These means also involve the activity
of the bodily organs ; noises are produced by clapping
the hands, by stamping on the ground, or by the rhythmic
dash of sticks. In the latter case, the transition from
instnmfients of noise to those of tone is easily made.
The earliest forms of tone instruments are of two sorts,
according as they copy the production of sound by
external means, on the one hand, or by the vocal organs,
in the accompanying tones, on the other. Thus, the
two original forms of musical instruments are instruments
of concussion and wind Instruments. In origin, these are
directly connected with the dance. They are natural means
of intensification created directly by the emotion, though
later modified by systematic invention. The later develop-
ment of musical art continues to remain in close relation
to the two main forms of the dance, the solemn ceremonial
and the ecstatic dance, between which there come to be
numerous transitions. From the most primitive to the
highest stages of music, we continually find two sorts of
musical expression, the sustained and the animated. These
correspond to the contrasting feelings of rest and excite-
ment, which are experienced even by animals, and which
man therefore doubtless carried with him from his natural
State into his cultural life. With the progress of culture,
these feelings constantly become more richly difTerentiated.
The totemic age may be said to include only the
first few advances beyond the simple emotions already ex-
pressed in the dance. Neverthelcss, thcre are ethnological
diflferences that register in a very characteristic way those
specific musical talents of the various races which are
obscured on higher levels of culture because of th^
incrcasing complexity of intcrnadonal relations. 1
266 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
Africa is apparently the chief centre, if not the original
home, of instruments of concussion and of the great variety
of stringed instruments that develop from them. America,
on the other hand, is the region in which wind instruments,
in particular their original form, the flute, have attained
their chief development. The flute of the American Indians
is not, of course, like our own ; it is blown, not with the
ups, but with the mouth. It therefore resembles a shawm
or a clarinet. As regards production of tone, however,
it is a flute, for the tone is produced by the extension of
one lip over the other in a manner similar to that of the
flute-pipes of our organs. That which distinguishes the
sound of the flute and of its shorter form, the fife, from
that of stringed instruments is primarily the greater in-
tensity and the longer duration of the tone. Corresponding
to the diflerence in musical instruments is that of the noise
instruments which characterize the two regions. Africa
possesses the drum. This it employs not only for purposes of
accompaniment in cult ceremonies, but also as a means of
sijfnalling, since it renders distant communication possiblc
by use of the so-called drum-language. In America, we
find the rattle. Though this, of course, is not entirely lack-
ing in Africa, it nevertheless occurs primarily within the
cultural realm of the North American Indians. Here it is
employed as an instrument of noise and magic, similarly to
the bull-roarer of the Australians. As between the rattle
and the drum, the difference is again one of the longer
duration of sound in the case of the American instrument.
The tones produced by these early musical instruments,
howe^'er, even those of the stringed instruments and their
vocal accompaniment, by no means, of course, form
harmonic music. On the contrary, harmony is an achieve-
ment of the succeeding age ; it is here foreshadowed ui
only imperfect beginnings. Such beginnings, however, may
everywhere be discerned in the records that we have of the
melodies of the Soudan negroes and the American races.
Nevertheless, most of the records that are as yet available
are still of d<Kibtful value. The auditor is too prone to
THE TOTEMIC AGE 267
fiüd in them his own musical experiences. For reliable
data we must wait until, foUowing the beginnings that have
already been made, a greater mimber of such natural songs
will bave been objectively recorded by the aid of the phono-
graph. As yet we can only say that, if we may judge
from their musical Instruments, the Af ricans surpass all other
natural peoples in musical talent. Their melodies ordinarily
move within the ränge of about an octave, whereas those
of the North American Indians seldom pass beyond a
sixth, The fact of this small tonal compass will itself
indicate that the melody of all natural peoples tends to very
constant rhythms and intervals. The latter, moreover, show
some similarity to those with which we are familiär. The
Chief characteristic of these songs, however, is their tendency
toward repetition. One and the same motive frequently recurs
with tiresome monotony. The melodies thus reflect certain
universal characteristics of primitive poetry as they appear
in the songs of the Veddahs and of other pretotemic tribes.
Nevertheless, the forms of poetry exhibit an important
advance over those of the more primitive peoples just men-
tioned. Particularly in the case of the song, we find that the
simple expression of the moods directly aroused by nature is
supplemented by a further important feature. This feature
is closely bound up with that more lively bodily and mental
activity of totemic culture which is reflected likewise in its
use of implements and weapons. Karl Bücher was the first
to point out that common labour gives rise to common songs,
whose rhythm and melody are determined by the labour.
The increasing diversity of the werk results m a wider
ränge of content and also in a richer differentiation of
forms. Such work^songs are to be found throughout the
entire totemic era, whereas, of course, they are lackmg ^
the preceding age, in which common . labour scarcely exists,
Contemporaneously with the work-song, the c«^^;Sö/ij niakes
its appearance. The latter is esscntiaUy conditioned by the
development of totemic ceremonies. As »ese become mo^e
numerous, the cult-song likewise graduaUy grows ncher ^^^^
more manifold, in close reciprocal rclations with the d^^^^
THE TOTEMIC AGE
269
This song is repeated again and again without
change of motif— it is a conjuration in the form of a song.
The snake society of the Hopi, to which we have already
referred^ has a similar song^ which it sings with musical
accompaniment. It runs as follows :—
Ob, snake society of the North, come and labour for us,
Snake society of the South, of the West, snake society of the
Zenith and of the Nadir,
Come hither and labour for os.
The fact that the snake societies of the Zenith and
Nadir are invoked makes it clear that this song is not, as
it were^ an appeal addressed to other societies of human
beings. There are, of course, none such at the Zenith or
the Nadir. The song is obviously directed to a demon
society conceived as similar to human cult associations. It
petitions for assistance in the preparation of the field and
for a successful harvest.
The repetitions in such cases as these are always due
to the fact that the songs are conjurations. Not so with the
work-song. This is generally the expression of a greater
diversity of motives, as is shown by the foUowing lines taken
from a song of the Maoris of New Zealand. The song is
one which they sing while transporting trunks of trees to
the coast :—
Give more room,
Joyotts folk, give room for the totara,
Joyous folk,
Give me the maro.
• • • • •
Slide on, slide on !
Slip along, slip along 1
Joyous folk 1 etc.
' Totara ' and ' maro ' are the names of trees that they
have felled. In its rhythm and its repetitions, the song
gives US a direct portrayal of the work itself .
These song-forms are still entirely the product of
extemal motives and never arise under the independent
and immediate influence of subjective moods. Far wperior
I THE TOTEMIC AGE 271
,. to tbe need$ of childlike comprehension. A closer investiga-
, tkm of the märchen-myths of relatively primitive peoples has
vendered this theory absolutely untenable. True, retrogres«
sive forms occasionally occur in this as well as in most other
florts of myth and of literary composition. Nevertheless,
there is no longer any room for doubt that, on the one band,
the earliest products of narrative composition were all of the
nature of the märchen, and that, on the other band, most
primitive märchen-fictions were credited myths. An attempt
to arrive at the sources of the most common motifs of the
märchen of different peoples and ages will reveal the fact
tliat the majority of them must imdoubtedly be traced to
the totemic age. Such was the environment, certainly, in
which the earliest narrative had its setting, particularly in
so far as it was believed to report truths of history.
The early myth narrative was of the general character
of the märchen primarily in that it was not, as a rulc^
restricted to a specific time or place. This also diflferentiates
the folk märchen of to-day from the saga. An occasional
exception is offered by the anthropogenic legends of peoples
of nature, although these also are in other respects of the
nature of the märchen. A second essential characteristic
of the märchen is the fact that magical agencies play a
r61e in the determination of events. This is true even of
present-day folk märchen, and is due to the circumstance
that the primitive märchen arose in an age which was still
entirely under the dominance of magical beliefs. These
beliefs, which influenced all phases of the activity of primi-
tive man, also caused the magical märchen to be credited
either in their entirety or at least in great part. All the nar-
ratives of this age, however, bear the characteristics of the
märchen, as these have just been indicated, or, at any rate,
it is at most only occasionally, in the primitive legend,
that they approximate to the saga. It foUows, therefore,
that the development of the myth in general begins with
the märchen-myth. Here also the development proceeds
from below upwards, and not the reverse.
But cven though the beginnings of the märchen-mytl
272 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
doubtless date back to primitive man, the flowcr of ik
development is undeniably to be found in the totemic a|t.
For it is to this age that all those characteristics point ttat
are still to be found^ as survivals of the totemic period, i&
present-day märchen and children's fairy-tales. Of such
characteristics, we might mention primarily the magkal
causality which the action involves — b. point to which we hait
already referred — and also the röle assigned to the aniaul,
which is portrayed either as the helper and benefactor of
man or, at the least, as like him in nature. The latter
resemblance appears particularly in the fact that marriages
are frequently represented as taking place between man
and animals ; furthermore, transformations of men into
animals are said to occur, and retransformations of the
latter into men. In these totemic märchen we very
seldom find man to the exclusion of animals ; just as little,
moreover, do animals appear alone. Both the animal
fable and the märchen which deals exclusively witfa
human beings, are products of a later development and
belong to a period in which the märchen is no longer
credited. Even more truly, however, do these primitive
märchen lack the moral lessons which are taught by the
stories of later times, particularly by the fable. Neverthe-
less, those fable märchen which are generally called * ex-
plicative ' because they explain the traits of oertain animals,
still generally bear the marks of the totemic age, cven
though they apparently belong to cme of its somewhat later
periods. An example of this is the tale of the American
Indians of the North-west, according to which the crow
became black through being burned by the sun while
stealing celestial fire ; or the tale of the Bantus, which
explains that the rabbit acquired the cleft in his lip as the
result of a blow once dealt him by the man in the moon.
The most primitive märchen lacks all such intellec-
tualistic motives. It recounts an event without any dis-
cemible purpose or without bringing the action to any
natural conclusion. The following Australian märchen may
serve as an Illustration : ' Several women go out into the
THE TOTEMIC AGE 273
field with their children to gather grass seed. There they
meet a magpie. It offers to watch the children while the
women are gathering the seeds. They leave the children
with the magpie. When they return^ however^ the children
have disappeared. The tnagpie has hidden them in a hollow
tree. The women hear the children crying, but do not
know where they are^ and retum home without them. The
magpie has disappeared.' Such a narrative is strikingly
similar, in its lack of aim, to the songs of primitive peoples.
Markedly superior is the märchen-fiction found among other
natural peoples, of totemic culture. These tales gradualty
develop a closer connection between the events. It is now that
the märchen hero makes his appearance, and it is with him^
particularly, that the events are associated. This hero is not
of course^ similar to the one of the later hero saga, who gains
distinction by his strength, clevemess, and other qualities.
He is a magic-hero, in control of magical forces. The latter
are frequently represented as communicated to him by an
animal which he meets, or by an old woman ; more rarely, he
is Said to receive them from a male magician. A further
characteristic of the childhood period of the märchen-fiction
is the fact that the hero himself is almost always a child. A
youth sets forth on adventure, meets with magical experiences,
retums home, and generally benefits his tribe through certain
possessions that he has acquired on his journey. Here, again,
animals play a supporting röle. Rieh collections of such
märchen have been gathered, particularly in America. One
of the tales of the Pawnee tribe of prairie Indians runs as
foUows : ' A young man did not join his companions in
their sports, but went alone into the forest. One day he
retumed with a buffalo cow which had become his wife
and had borne him a buffalo calf . But the very moment that
the wife and calf entered the hut of the man they were trans-
formed into human beings. Nevertheless, a cloud of magic
hung over the man. If the child were to fall to the floor,
it would be changed back into a buffalo calf. Now, this
misfortune actually came to pass, and the mother was also
again changed into a buffalo cow. Sadly the young m
19
274 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
then went with them into tbe forest^ wbere he himsdt
became a buflfalo and for a time lived quietly witfa tbc
buffalo herd. Suddenly he again retumed home, tiaiu-
formed into a man. But he had leamed from the buffaloes
how one must set about tp Iure them forth in order to
hunt them. This secret he imparted to his fellow-tribes-
mcn, and since that time the tribe has enjoyed plenty d
buiTalo meat.' This is a buflfalo legend which teils of a
sort of compact between the tribe and the buffaloes. That
the legend, moreover, is not a mere märchen in cur scnsc
of the term, has been strikingly shown by Dorsey, to whom
we owe the collection of Pawnee tales from which this
Story is taken. The tale is still recounted by the Pawnees
when they wish the buffalo to appear for the hunt. Thus,
it is a magical märchen, not only in that it deals witfa
magical evcnts but also in that its narration is suj^sed to
exercise magical powers. This naturally presupposes that
it is credited.
To trace the further development of the totemic
märchen-myth is to find the gradual emergence of charac-
teristic changes. The relation between man and the animal
is slowly altered. This is most clearly apparent in con-
nection with the transformation of human beings into
animals. This change is no longer held to be one in which
man, because of the magical powers which he acguires, is
the gainer, and not the loser. The transformation now
more and more comes to be regarded as a degradation.
The man who has changed into an animal is portrayed by
the märchen as denounced and persecuted by his fellow-
tribesmen. He is compelled to withdraw into solitude or
to live exclusively with the animal herd, because he is no
longer regarded by his fellows as an equal. Later, near
the end of the totemic period, the change is conceived, not
as degradation but as the result of an evil magic from which
an innocent person suffers, and, eventually, as a punishment
which overtakes a person because of some misdeed or
other. Of these notions, that of malevolent magic again
apparently antedates that of punishment. VVhen the latter
THE TOTEMIC AGE 275
^
mppears, the relation which was characteristic of totemism
at its height becomes practically reversed. Quite naturally,
therefore» the idea that transformation into an animal Is ä
punishment arises long after the close of the totemic age.
Indeed, it is to be found far mto the period of ideas of
requital, which are a relatively late product of deity cult^
and whose development is largely influenced by philosophical
reflection. Thus considered^ the doctrine of metempsychosis
developed by the Brahmans of India and by the Pythagorean
sect of the Occident is the last metamorphosis of a very
ancient totemic animal tale. These changes^ however^ have
had practically no influence on the development of the
märchen itself. This is shown by th^ fact that the folk
märcfaen of to*day have universally retained the idea that
the transformation of men into animals is the result of
malevolent magic. The latter^ indeed, is the form in which
these survivals of a distant totemic past are even to-day most
easily comprehensible to the child mind.
Thus, the animal märchen is an important product of
totemic culture, directly embodying the views that dominate
the life of this age. In addition to such tales, how-
ever, and, in part, in combination with them, there are
several other forms of the märchen-myth, consisting chiefly
of ideas conceming nature and, to some extent, of magical
ideas sustained by the human emotions of fear and of hope.
Two sorts of märchen, especially, should here be mentioned,
celestial tales and iales of fortune, both of which owe
their development to totemic culture. The celestial märchen,
however, disappears comparatively early, mainly, no doubt,
because it is displaced or assimilated by the celestial
mythology of the post-totemic age. The märchen of for-
tune, on the other band, remains as a permanent form of
märchen-fiction, and all later narrative composition has been
influenced by it.
The celestial märchen affords a direct record of the
Impression made by celestial phenomena on the conscious-
ness of an age whose ideas were as yet circumscribed by
the environment, By the cnvironment, however, must ^
r'j ELZMZNTS OF FOLK PSYCHOLOGY
7« äe TXDdersEood ±e endrg visible worid — sun, moon^ and
sirsw as -vell 15 '.iills azd T^llevs. animaU and znen. The
«nscanc 3aar«av-?r. was ilinjs Iikeaed to that which was
3iEir iz hiind izc in32iec3.:el7 accessio le. Animals and
aast wer^ slrccs«^i :j L^ibi: ihe docds and the heaveniy
:>]Cie^ rr*Jis<fi7 as ±ey io rie earth. and the relations
woici ±sey :rer;; ±er- hell ro sustain to one another are
rcenccil "arr± rhc:=e iescrirei :z the aninaal tale. iWlien the
^ew 3CCC ArrreiT?. a voli Is cevoarin^ che moon ; in an
^clir^e cc rte sil":. :J:e sun :s swiilowed up by a black
r>:c<cer azd -vir^ai. .n :he evezir^. the sxin disappears behind
1 iari :lcc'i, :: .iksw.se is overjx^ered by a monster^ and
ihe r^i ^x-v cc ±e sun^e- is :he blcod which it sheds. Three
tiiecies Ji p«rtic:i".ar ore iornizan: in. the niost primitive celes-
:^ a.Ie? . ±e j^ofosioa oc 120:1 inro :he heavens^ his descent
frcci he^ver. ir.d ie devcurment ot the great heaveniy
xxiies. :z ru.:::cu*ar oc ü:e snn. at $unset. One of the
ejrlie^K c^i :h*i<e ,-:-:,"ecc:c~5 :> the roumey to heaven. This
25 jisiiCArifc ?y the v-ry fic: tha: the means for this joumey
oj:? xl'wi>-^ i^rv 'i-'i i:r:fc:-y froTi narjre. er consist of the
«iM;vct5 i-^i :r/y".Ät:^*:i?? c: rritiütive culture. There is
a cc~oeccx^r. c**::r«:t ::: Au<:nl:a and Oceania that beings
iun? -''^""^^^H^ ro heJLver. ry neans of high trees, or have
altowd iect^e^^s ^? "oe nised up by the branch of a tree
da: bai beesi ber.t dova to the earth. .WTiere the ,bow
ar.d im>w exis:. a$ in Melasesia and America, the arrow-
Lkkier :? tre-cuer.t'y emploN-ed tor the celestial joumey. A
hur.ter shoots ar. arrow inro the heavens, \rfiere it remains
rixed : he then ser^ds a second arrow which catches into the
nocch of the Ars:, then a third, a fourth, etc., until the
ladder reaches to the earth. The dowmvard joumey is not
so ditKcult. • This is generally accomplished by means of a
basket or a rope sustained by cords : it is thus that the celes-
tial inhabitant is enabled to descend to the earth. Many
marchen relate that the sun and the moon were originally
human beings who joumeyed to the heavens. Here they
are thought to remain, or occasionally, perhaps, to retum
to the earth white other human beings take their place.
THE TOTEMIC AGE ^^^
Besides the märchen telling of the interrelations of
human and celestial beings, there are also a number
of other sorts. Of them we may faere Single out^ as a
particularly characteristic type» those which' deal with
dew^urment. Obviously^ as has already been noticed^ it
is the setting of the sun that very frequently constitutes th^
central theme of these tales. These märchen of devour-
ment, however, differ from those that deal with celestial
joumeys in that they clearly exemplify narratives in whicb
only one of the elements consists of a celestial phenomenon ;
in addition to it, there are regularly also other elements
borrowed from the terrestrial environment. Indeed^ the
latter may of itself originale märchen, independently of the
influence of celestial pbenomena. .We must distinguish at
the outset, therefore, between those märchen of devourment
that contain celestial elements and others in which these ele-
ments are apparently lacking. A familiär example of märchen
of devourment is the Biblical legend of Jonah. In its
traditional rendering, this is clearly of a relatively late origin,
though it is probably based on much older tales. Many
of the tales of devourment, which are common to all parts
of the earth, centre about a hero, whö is generally a
courageous youth seeking adventure. The hero is devoured
by a monster ; he kindles a fire in the belly of the monster,
and, by buming up its entrails, rescues himself. The fact
that fire figures so prominently in these tales makes it
highly probable that they took shape under the influence
of observations of the setting sun. Other tales make no
mention of fire, but relate that the belly of the monster
is extremely hot, and that the heat singes the hair of th^
one who has been swallowed. In an old illustrated Bible
which was recently discovered, Jonah is pictured as havinjf
a luxuriant growth of hair at the moment whfen he is being
swallowed ; in a second picture, when he comes forth from
the belly of the whale, h^ is entirely bald. But even though
this reference to fire and to heat indicates an influence on
the part of the sunset, this type of celestial märchen is
none the less entirely different from that which deals with
::v:zxTS of folk psychology
cune^r« 7- 'z.'zx -LZ i-i rse rcnun to earth. In thc lattcr,
Ae iei.'-c ::5 .:>*.: ibe soeae of action upon which mcn
«ose ^TTTii^ r^} Äeir rolcs. In the marchen of devour-
aiiHr:. ±^ rfissr-iZ pbesooxson imparts certain charac-
?err5C*j.-^ r> d« rirnesnia! action tbat is being described,
ic: Äf Ifcr^ vwitinu*s to presen-e its terrestrial natore.
TS» ramiTor of tbe niirchea or legend, therefore, may
Se w^IS moc^nscious of any reference to the heavens.
Tbe ps^AoSogx-jI prccess of assimilation causes elements
cf iL rf^^sria! ph?^:x>r:5enon lo be fased into an action of
tbe ^errrstrii! envirosment and to communicate to the latter
orrrain characteHsiics without, however, thereby changing
the 5e:::r.j of the anion. The shark and the alligator arc
anisials carable of de\»uring men, though this occurs less
freq-^ent!y in reality than in story. Yet because thoughts of
this sort arouse stroiig emotion^ tfaey may of themselves
%-ery well come to form themes of marchen of devour-
ment. This has frequenily been the case. It seems to
have happened, for e.xample. in the Jonah legend. The
above-menrioned picnire in which the prophet is represented
as hairless after having been in the belly of the fish, may
ver>" well have its source in sonie other marchen of devour-
ment. In thus combining numerous elements of different
origins, the marchen is truly representative of m>"th develop-
ment. It shows clearly that the main theme of the myth is
usually taken froni man's terrestrial environment. True,
celestial elements may enier into its composition and may
sometimes gi%-e to the mythological conception its char-
acteristic features. Even in such cases, however, a con-
sideration of the tale as a whole will show that the celestial
elements are completely absorbed by the terrestrial theme ;
their very existence may be completely unkhown to the
narrators of the tale. In a similar maimer, celestial ele-
ments have probably been involved in the formation of
other widely current marchen. Thus, the marchen theme
underlying the legends of the Babylonian Sargon, the
Israelitic Moses, and the Egyptian Osiris, as well as other
tales in which a child, secreted in a ehest, is borne away
THE TOTEMIC AGE 279
by the waves and lands on a distant shore^ is generally
regarded as having been suggested by the temporary dis-
appearance and reappearance of the sun in a cloudy sky.
In this case^ however, the supposition is doubtiess much
more uncertain than in the case of the märchen of devour-
ment. The theme relating to fire in the belly of the monster
may be regarded as fairly unambiguous evidence of the
influence of celestial phenomena, precisely bccause it is
related only extemally and apparently accidentally to the
action. It should further be said that the märchen of the
fioating ehest, at least in its connection with the personalities
of the saga and of history, does not appear until the post-
totemic age. It is probably an old märchen-theme which
was assimilated by these legends of origin because the
origin of a hero or a god was unktiown and demandcd
explanation. Once appropriated, it underwent a number of
changes in form.
ThvLS, the celestial märchen transcends the ideas charac-
teristic of the totemic age. No less do the taics of fortune
or adventare generally mark the transition from t,he
supremacy of the animal to the dominance of man. These
tales, however, exhibit but a gradual and continuous
development. In the earliest märchen-myths, of which
several examples have already been mentioned, the narrative
describes an event with entire objcctivity, without any
apparent colouring derived from the emotional attitude of
the narrator. Later, however, even the totemic animal
märchen more and more betrays a love of the adventurous
and of shifting fortunes. This changc varies with ihc dcgrcc
in which man steps into the centre of action, and animal s,
though not entirely disappearing, receive a place, similarly
to monsters and other fantastic beings, only in so far
as they aflfect the destinies of the hero of the talo. I'lic
main theme of the narrative thcn consists of the adveiilurcs
of the hero, who is represented as expcrieiicing nuiiiy changes
of fortune, always, however, with a happy enditig. But
even at this stage of development tho hero is a boy ; at a
somewhat later period, a young girl sometimes assumes the
28o ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
r61e, or a youth wins a maiden after numerous adventures.
At this point, the tale of fortune ceases to be a tnie raärchen-
myth. Just as the dance changcs from a cult ceremony
into a direct expression of lively emotions of pleasure,
themselves heightened by the joy in the rhythm of the
bodily movements, so also does the märchen develop into
a narrative that ministers to the mfere delight in fluctua-
tions of life-events and in their happy outcome.
Thus, the beginnings of the tale of fortune go back
to early totemic culture, though its more perfect development
is to be found only among the semi-cultural peoptes of the
totemic era. The hero of the märchen then gradually passes
over into the hero of the saga and of the epic. Instead of
the boy who sets forth upon magical adventures, we find the
youth who has matured into manhood and whose mighty
deeds fill the world with his fame. The preliminary Steps
to this transition are taken when the märchen hero, par-
ticularly in the tale of fortune, acquires a more and more
personal character. Thus, even at a very early age, we
find that two types of hero api>ear side by side — the strong
and the clever. These types, portrayed by the märchen,
survive also in the heroes of the epic. Moreover, in addi-
tion to the strong and the clever, the Achilles and the
Ulysses, the märchen introduces also the malevotent,
quarrelsome, and despicable hero, the Thersites.
CHAPTEK III
THE AGE OF HEROES AND GODS
I. General Character of the Heroic Age
The expression * the age of heroes and gods ' may meet
with objection no less than may ' totemic age.' The latter
has an air of strangeness^ because the conceptions of totem
and tot^nism, borrowed from modern ethnology, have as
yet remained unfamiliar to historians^ and especially to the
historians of civilization. The former expression may be
objected to on the ground that the conceptions * heroes *
and • gods * are altogether too familiär to be extended
beyond their specific meaning and applied to an entire age.
The word * hero ' suggests to us perhaps the Homeric
Achilles^ or Siegfried of the Niebelungen saga— those mighty,
victorious warriors of epic song who, as we have already
seen, gradually evolved out of the heroes of primitive
märchen. It is self-evident, however, that, when applied to a
great and important period of culture, the expression * hero '
must not be limited to the narrow meaning which it possesses
in hero-lore. True, we must not go so far as does Carlyle
when, in his " Heroes and Hero Worship/' he begins the
race of heroes with Odin of the Northmen and ends it with
Shakespeare and Goethe, thus extending the heroic age from
prehistoric times down to the present. Nevertheless, if
we would do justice to the significance of the conception
• heroic ' as applied to an important period of human
development, we must be permitted to include under the
broader conception * heroic age,' not merely the heroic
hero but also the hero whö has factored in the spiritual
realm, as the founder of cities or states, or the creator of
s8l
284 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
idominate the interest of the age that in comparison wiA it
the genealogical feature is but secondary.
Not so with the demon-idea. Though it h^ come d0im
from very remote times and has assumed many forms as a
result of varying cultural conditions^ the dexnon has always
remained a magic being, aronsing now hope, now fear and
terror. This was its nature up to the very time when
the ideal of the hero arose. This new idea it then appro-
priated, just as it did, in earlier times, the ideas of a soal
that survives the deceased, of the totem animal, of tbe
ancestor, and of other mythological figures. The very nature
of the demon has always been constituted by such incor-
porated elements. From this point of view, the god also
is only a new form of demon. In its earlier forms^ how-
ever, as spirit-demon, animal-demon, and, finally^ even as
ancestor-demon, the demon was an impersonal product of
the emotions, and possessed characteristics which underwent
constant transformations. ;When it became a hero, it for the
first time rose to the level of a personal being. Through
the enhancement of the qualities of the tero it was then
elevated into the sphere of the superhuman. Thus it
came to constitute a human ideal far transcending the
hero. This accounts for the uniqueness of the god-concep-
tion, and for the fact that, though the god assumes the
essential characteristics of the demon, the two are neverthe-
less more widely distinct than were any of the earlier forms
of demon conceptions from those that anteceded them.
The rise of the god-idea, therefore, ushers in a new epoch
of religious development. Just because of the contrast
between personal god and impersonal demon, this epoch
may be designated as that of the origin of religion, in the
narrower and proper sense of the word. The various forms
of pure demon-belief are preparatory to religion ; religion
itself begins with the belief in gods. The relation which
the beUef in demons sustains to the belief in gods is another
evidcnce that hero and god must be grouped together, for
there can be no clearly marked temporal differencc in the
origin of these two ideaU of pcrsonality. Just as soon as
- THE AGE OF HEROES AND GÖDS 285
tfae figure of the human hero arises, it ässimilates the demon-
ooDoeption^ which was already long in existsence and which
oontinually underwent changes as a result of the various
ideas with which it came into contact. Alongside of the
bcmg that arose from this fusion, however, there confinued
also the hero in his purity, as well as the demon, whose
various forms were at most crowded into the background
by the appearance of the gods. To however great an extent,
therefore, the age of heroes and gods may introduce a com-
pletely new spiritual movement that proves fundamental to all
future culture and religion, it nevertheless also includes all the
Clements of previous development. These elements, more-
over, are not merely present in forms that have been altered
and in part completely changed by the processes of assimila-
tion ; side by side with such forms, there are always also the
original elements, which may be traced back to the earliest
beginnings of mythological thought. The dominant factor
determining the character of this new age, however, is the
hero. The ideal of human personality which the hero
engenders in the folk consciousness conditions all further
development, and especially the origin of the god. For
this reason the * age of heroes and gods * might also, and
more briefly, be calied the heroic age.
As the direct incamation of the ideä of personality, it
is the hero about whom the new development of myth and
religion centres. Similarly, the hero also Stands in ctosest
relation to the transformations that occur in all other de-
partments of human life. Enormous changes m economic
conditions and in the forms of life dependent upon them,
new social institutions, with their reactions upon custom and
law, transformations and creations in all branches of an
-all give expression to the ne^ development upon which
ehis age has entered. Here also, just as at the begmning of
the anteceding age, there are numerous reaprocal relations
between these various factors. The l^^^^^f ^^e god ^^^^^
not be conceived apart from the State, ^^^Jf^unding ^larks
the begimiing of this period. Cu^^^?',^. T "^ J^st T
much rcsults of the new political socicty as they are th
286 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
selves essential factors in its creation. Neither the State nor
the worship of gods protected by it could survive apart from
the great changes in economic life that took place at the
beginning of this period, and that were further established
and perfected in the course of time. Thus^ here also eadi
Clement reinforces every other ; all the factors of life are in
constant interaction. At the beginning of the totemic period,
as we have seen^ it was the new creations of mythological
thought that constituted the centre from which radiated all
the other elements of culture. At the beginning of the age
of heroes and gods it is the creative power of the religioas
consciousness whose activities most accurately mirror the
various spiritual achievements of the period.
2. The Extern al Culture of the Heroic Aoe.
The heroic era is so comprehensive and comprkes
so large a part of human history that any attempt to arrive
at even the barest outlines of its externa! culture makes it
clear that this culture is even less unitary than is that
of the preceding period. The differentiation of phenomena
naturally increases with advancing development. Even the
various forms of totemic culture manifest wide diflPerences
in detail ; indeed, wben taken as a whole, they represent dis*
tinct stages. When we come to the heroic age, however,
whose beginning is practically coincident with the beginnings
of history in the usual sense of the term, and which includes
within itself a large part of the succeeding course of events,
the multiplicity and diversity of the forms of culture are
incomparably greater. Every nation has its particular
heroes, even though there are also certain general hero-types
which everywhere recur. Even more does each- nation have
its gods. Heroes and gods are ideals created in the image
of men, and therefore they always reflect — if possible, in a
heightened degree— the characteristic differences of peoples.
Nevertheless, amid all these diflPerences of times and peoples,
there are certain constant features that distinguish the
heroic period both from the preceding age and from the
qra that follows. Most important of all these features is
the establishment of the State. It was a long step from
THE ACE OF HEROES AND GODS 287
tDtemic tribal Organization to political institutions. In the
surge and press of the folk migrations which occurred at the
begmning of the heroic period, traces of the preceding tribal
Organization were still everywhere present. Tribes did not
change suddenly into States. Nevertheless, along with the
emergence of the heroic age and its concomitant phenomena^
there was a noticcable tendency towards the formation of a
political Order. This development pursued different courses,
depending on the character of the nations or of their heroes
and gods. It is primarily the resultant differences in political
Organization which, when considered in connection with the
parallel changes in mythological and religious development,
dearly show that in this period, just as in the totemic age, all
other aspects of culture were closely dependent upon myth-
ological and religious ideas. * Totemism ' connotes not taierely
a complex of mythological beliefs in which a certain stage
of culture faad its setting, but also a unique form of tribal
Organization, which, in spite of many differences of detail,
remained constant in its general features. Similarly, political
Society, in the original form in which it long survived, was
closely bound up with the heroic age, even though the
increasing differences between national cultures led, from the
very outset, to a greater diversity of forms than were to be
foimd in the case of totemism. In spite of these differences,
however, the factor fundamental to political society remained
the same. The formation of States was always conditioned
by individual riüership. This itself is indicative of the
character of the age as a whole : its typical expression is to
be found in the personalities of heroes and of gods. Again
it was the migrations and wars of peoples that brought
about the dissolution of the old tribal Organization and the
creation of political society. But these migrations and wars
were on an incomparably broader scale and had more in-
timate interconnections than had previously been the case.
This gave them a correspondingly greater significance, both
intensively and extensively. As a matter of comparison,
we may refer to the migrations of the Malayan race during
the totemic age. It would be diflScult to conceive of more
288 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
extensive migrations. But they took place gradusiOy, in
separate waves, and left no traces, for the most paxt, beyaod
changes in the physical characteristics and in the langiiages
of peoples. These migrations, which frequently involved long
voyages across the sea, were carried on by but small numbers
of people, who set out from restricted groups. It cannot bc
doubted that these migrations exercised an influence on the
character and the culture of the resulting mixed races. They
were never able, however, compktely to transform the culture
as a whole. Even when these tribal migrations occurred
in oft-repeated waves, they never resulted in more than such
imperfect beginnings of a political Organization as we find
among the Polynesians or, in other parts of the earth, among
many of the semi-cultural peoples of America and Africa«
Quite different are the folk migraiions that occur at the
very dawn of the history of the great cultural peoples.
The difference between tribal and racial migrations is an
important one. When a race migrates, it retains its
peculiar characteristics, its traditions, its heroes, and its
gods, and transplants these into the new territory. Tnie,
these various elements do not remain unchanged. TTiey
inevitably become fused with the culture of the original
inhabitants, and it is from these fusions, when they are
at all deep-going, that new peoples arise. None of the
great cultural nations that mark the beginning of this age of
heroes and gods, from the Babylonians down to the Greeks,
the Romans, and the Germans, is homogeneous. Indeed,
recent Babylonian investigations have shown that the Semitic
inunigration into Babylon was preceded by that of other
peoples who were probably of different origin— namely, the
Sumerians. We know of the latter only through linguistic
traces in Babylonian inscriptions, of which, however, the
religious parts, especially, show that the Sumerians exer-
cised a great influence upon later civilization. Similarly,
the settlement of the Greeks, Romans, and Germans in
the territory which they eventually occupied, followed upon
great earlier migrations to these r^ons. The people that
finally loniied the Greek race Icft the mountain country of
THE ACE OF HEROES AND GODS 289
Thraoe and Thessaly in prehistoric times ; wandering to-
wards the sea^ they fused with the original inhabitants of the
regions into which they entered. In view of thcse migrations
of early history, the theory of the desirability of racial purity,
which has recently been so ardently championed in many
quarters, is scarcely tenable. Political Organization^ on the
one handy and mythology and religion, on the other, represent
important creations which for the most part sprang into
existence only in the wake of migration and of the resultant
fusion of peoples of dilTerent races.
Though political Organization has been mentioned as
the first important feature distinguishing the heroic age
from the preceding era, there is a second and not less
significant differentia. This relates to the material con-
ditions of life. Two things are of outstanding importance
for the new culture. The first of these consists in what
we ordinarily call agriculture — that is, the tilling of the
soil by the aid of the plough, or, as it is therefore more
properly calied in contrast to the earlier hoe-culture, plough-
culture. In addition, there is the breeding of domestic
animals, particularly of food-supplying cattle, and, later,
of sheep and goats.
It is even to-day widely believed that, of the various
modes of procuring food, hunting came first. The hunter
is thought to have been seized, one fine day, with an impulse
to domesticate animals instead of hunting them. He tamed
the wild creatures, and thus turned from a hunter into a
nomad. In the course of time, the nomad is then supposed
to have tired of his wandering life and to have settied down
in permanent habitations. Instead of obtaining milk by
herding his cattle, he hitched the ox to the plough, after
having (with that wisdom and foresight which such theories
always attribute to primitive man) invented the plough.
This theory is an impossible fiction from beginning to end.
It is just as intrinsically improbable as is the above-men*
tioned hypothesis that in prehistoric times the Australians
invented totemic tribal Organization and exogamy for the
purpose of prevcnting the marriage of relatives. We have
20
THE AGE OF HEROES AND GODS 291
tractable» so that they may be hitched to the plough and
used for agricultural purposes more easily than is possible
in the case of bulls, which are never c<nnpletely manage-
able. What, then, were the motives which led to the raising
of cattle, an occupation which^ in many places at least,
is carried on solely in the interests of agriculture? What
motives led to the castration of male cattle, a practice
which everywhere obviously serves agricultural purposes?
The traditional mode of explanation would lead us to
suppose that man foresaw the effects of castration, that
he knew beforehand that if the bull were subjected to this
Operation he would become an animal fitted to draw the
plough. The impossibility of this supposition is evident.
Such an effect could be learned only from experience, prior
to which, therefore, it could not have been known. The
Problem relating to the cultivation of the soil by means of the
plough, therefore, divides into two questions : How may
we account for the ox? How for the plough? These
questions are closely related, and yet they lead us back
to divergent explanations. For in all probability the plough
was originally drawn by man. Moreover, the plough was
not the first implement to be thus drawn ; it was ante-
ceded by the wagon. Even cm the early Babylonian and
Assyrian monuments there were figures of a wagon bear-
ing either an Image of a god or eise the king or chief
priest, both of whom were probably regarded as uniting
in one pßrson the function of their offices with that of
representative of tKe deity. Thus, the question as to the
origin of the plough carries us back directly to that of
the origin of the wagon. Now, the earliest wagon had
but two wheels ; the four-wheeled wagon came as a later
discovery or as an improvement. The two-wheeled wagon,
however, presupposes the wheel. But how did the wheel
come to be recognized as a useful object of locomotion?
The first traces of a wheel or of wheel-like objects are to
be found in the latter part of the stone age. A number
of such objects have been discovered in Europe ; in their
centre is a hole, and there are spokes that radiate to the
v,^4 mXMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
H^*«mrf«*ncv. The fact that thesc wheels arc of smaS
x:M »^.--Jite« that they may have been wom aboot tlie neck
« j«M;Vr» But even in early culture the wbeel was also
w< ^ ai) »tiwly different use. Widcly prevalent over tfae
Afc^t> ar>,? pwKably connected with ancient sun worsiiip, ts
?>i^ Oi;sr*Nni crf kindling a fire to celebrate the festival of die
>aÄT«sft^ ^NTstKt^. In ancient Mexico, tradition teils ns, Ais
i!^ mjwt 5^jiTttsi by tuming a notched disk of wood aboot
a s:jfc\Tr ur.:,: the heat thus generated gave rise to fire-
^V vfc^r^f nv'iNx? of producing fire by friction that is sdll
t> y.v^ ,;**x>rsj^ ivirniti^-c peoples. This fiery wheel was tbcn
vv -sN? Ä^>fcn Ji h;ll as an image of the sun, and later^ whcn
,V v\3s^\v(n KÄvi V>$t its original magical significance, as a
x\ni^\: crf t5i<^ Äxn monng in the heavens. According to
^^ ^xr§vvt <rf \V. Mannhardt, a remarkably similar custom
^«^^N{ « r*« rrusiia not so wry long ago. Perhaps the
%^^)if^^ t)at >fc\%s ^vm about the neck as an amulet or articie
^ äAv ;v,*>«*t hkewis^ had ssome connection with the idea that
rV v;v* ^fcA'i Ji oe!<rstul wheel rolling across the heavens.
K*^ ;V e^i^N sun oults had once created the rolling wheel
^ Äfe>^^jk:Nv\ N\t the sun and its movements, it was but a short
^4^^ N^ tHs* kKm iMf securing regulär, continuous movements
^ %ft^M'^ ^Nt >fchxch »iMue sort of work might be performed.
\m ^?v> a*.^^5KatN>n of this idea is to be found in the
^idic<s>^ \M sj>t.t^üv^ with distal! and whorl. This invention
n«!^^ sH^t»N^ ^^<^^ ^^ •^^ ;jHKients to prehistoric times. Doubt-
^^ ^ sN5^*^^ V\v\<^ to th<^ beginnings of the heroic ag-e.
I'^ss 'i.ijfcK- ^*kN jvtKxt however* probably also used the
kJkv^ ^^: ciAÄÄjxvtuxjt heavy artioJes, This was the original
^Mi\vis^ s^t t>^ OftK^wheeled barrow. It ak>ne enabled the
kl«M9^ H.4S \«iLÜ^uis and Eg>-ptians to overcome the diffi-
^\m ySi tuiH^|x^rtic^ by human agencies the mighty blocks
4i M^^«^ i^t^xt^l Kmt their temples and pyramids. From
Ifll IR w^ML not a far advance to the two-wheeied wagon.
(^ ^fv>w wa» pulled or pushed by man. The wagon, in
IfüMIPl to the barrow» was apparently from the beginning
y^ UWmCTritir n¥Hle of transit, never used by the common
YW two*whee)ed wagon was in the first instance a
THE AGE OF HEROES AND GODS »93
vehicle of the gods. Later it served as the vehicle of the
ruler, the terrestrial counterpart of the deity. Finally, the
nobleman employed it in war, in going fortb to battle. A
vivid portrayal of battles in which such two-wheeled wagons
played a part is presented in the Iliad. True, the wagon is
here also, as a rule, only a means for carrying the hero to the
scene of combat. The fighting itself is seldom done from it.
Upon its arrival at the appointed place, the warrior dismounts,
to try his strength, shield against shield, with his Opponent.
The general popuLace, however, always goes on foot.
This sketch gives us the main outlines of the history
of the wagon. But how did the animal, first the ox and
later the horse, come to be hitched to the wagon? Origin-
ally, the wagon bearing the image of the god was very
probably drawn by men, as was likewise, in Imitation of
this, the chariot of the king. But the breeding of animals
soon changed matters. Oxen were used for the purpose of
drawing wagons much earlier than were horses. The horse
did not appear until late in the history of civilization. There
are no Egyptian pictures of horses that date back farther
than the fifteenth dynasty, whereas those of cattle occur con-
siderably earlier. In Oriental civilization, furthermore, the ass
antedates the horse. In harmony with ancient custom, the ass
even to-day continues, in the Orient, to be a favourite beast
of bürden as well as a riding animal. The horse seems
to make its first appearance in history along with the
Indo-Germanic tribes, who were probably indebted for it
to the Turanian peoples of the Asiatic steppes. As a
result of its superior speed, it then superseded its rivals
in all the civilized countries of the ancient world. The
Assyrian king went forth to the chase and the Homeric hero
proceeded to battle in a chariot drawn by steeds. It was only
later that the Greeks used the horse for saddle purposes, and
not merely to draw the chariot. When this took place,
equestrian combat came into favour among the aristocracy.
This development, however, was preceded not only by
the taming of cattle but probably also by the use of the
ox for drawing the wagon. How the latter came about may^
THE AGE OF HEROES AND GODS 295
and in the $ingers of the Sistine Chiapel, survivals of tbese
unrestrained cults of the past still exist. Now, when the
group of emasculated priests paced beside the chariot of
the goddess, they might easily have hit upon the idea
of hitching a castrated animal to the wagon. But,
however plausible this hypothesis may appear^ in that it
avoids the impossible assumption of an invention, it never-
theless leaves one question unanswered. Even though the
castration of the priest may be understood as the result of
the well-known effects of extreme religious excitement, the
castration of the bull is not yet accounted for. Are we to
suppose that the priest merely aimed to render the animal
similar to himself? Neither ecstasy nor reflection could
account for such a.purpose. But there is another factor
which has always been significant for cult, and which
attained to increased importance precisely in the worship
of the deity. I refer to sacrlfice. In its highest stages,
sacrifice assumes new forms^ in that man offers either him-
self or parts of his own body, his blood, his hair, or a finger.
A late survival of such sacrifices is to be found in a custom
that is still prevalent in CathoHc countries. Here it fre«
quently occurs that a sick man lays a wax replica of the
diseased part of his body upon the altar of the saint. This
idea of sacrificing parts of one's own body is also exemplified
in the self-emasculation practised by the Russian sect of
Skopzi even in our own Christian age. Such sacrifice,
moreover, may receive a wider application, so as to include,
among the sacrificial objects, parts of the animal. Now at one
time the kidneys with their connected organs were regarded
as vehicles of the souI, and, as such, were sacrificed to the
gods. The castration of the bull, therefore, may originally
well have been regarded as the sacrifice of the most readily
accessible of the favourite vehicles of the soul. Thus, it
may have been in the case of the animal whose generative
Organs had been sacrificed to the deity that man first
observed the change of characteristics which fitted the animal
to be hitched to the chariot of the deity, and finally, through
an extension of its sphere of usefulness, to draw the plough
THE AGE OF HEROES AND GODS 297
it must be repeated in the case of every male cali ; the
inheritance of acquired characteristics is here not operative.
The cow, just as all female mammals in their natural condir
tion, produces very little milk except during the periodof
suckling, and then only so much as is necessary for tbs
Support of her young. Only through efforts continued
throughout generations and as a result of the inheritance
of acquired characteristics could she be brought to that
tremendous over-production of her secretion of which she
has become capable. In this case, therefore, there must
from the very outset have been a systematic striving toward
the desired goal. It is not absolutely essential to assume a
change of motives such as occurred in the taming of the ox ;
from the very beginning there may have been an attempt to
make personal use of the milk which Nature intended for the
calf • Nevertheless, it is not impossible that religious motives
here also played a part. This is made all the more probable
by the fact that the cow^ no less than the bull and the ox^
was worshipped by many peoples even in the earlicst period
of deity cults. Such worship is particularly noteworthy,
inasmuch as cattle were never favourite totem animals as
was, for instance, the buflfalo among the himting peoples of
the American prairies. Even though the general idea of
aninud cult was carried over from the totemic period to the
beginnings of the agrarian deity cults^ this animal cult was
essentially changed^ and it became associated with different
objects. The latter are now no longer connected with the
old totem beliefs that sprang, in part, from primitive ani-
mism ; they are determined entirely by the conditions of a
later ctüture, one of whose essential elements is the domesti«
cation of cattle. The two fundamental constituents of this
later culture, agricidture and the milk industry, are not every*
where equally prized. Hence there is a difference as regards
the relative importance of the male and the female mem*
ber of the species in the cult worship that is accorded to
the most valued domestic animal of the new economic era.
In the Opis-worship of the Egjrptians, as well as in the
Persian cult of Mithra, the bull was regarded as an incm
THE AGE OF HEROES AND GODS 299
Here again, however, the new social order influences
economic life, and both together produce further changes
in extemal culture. Individual activity receives emphasis
not alone in the cultivation of the soil but also in warfar^.
Primitive man was not at all famiUar with war. He slew
his enemy from an ambush, attacking him but seldom in
open combat. In the totemic age, when actual weapons
of war first made their appearance, tribal war was a strife
of many against many. As yet the individual combatants
were not sharply differentiated from one another. The
masses clashed with each other in unregulated strife, without
definite leadership or fixed System. Only with the dawn
of the politicäl era do we find regulated Single combat.
Such combat then becomes the decisive factor in war-
fare. Consider the Homeric description of the battles
before the walls of Troy. The battle is dedded by
Champions (promachoi). These alight from their chariots
of war and fight, man against man. The masses stand
in the background, hurling lances or stones. Their actions,
however, have little importance. They flee as soon as their
Champion falls. The result of the battle thus depends upon
individuals and not upon the masses. The weapons also con-
form to these altered conditions. In earlier times, practically
none but long-distance weapons were used— the sling, the
hurled spear, or the bow and arrow, weapons similar to those
employed in the chase. Single combat necessitated weapons
of close ränge— the axe, held fast in the band, the lance, used
as a thrusting weapon, and the sword. Instead of the long
shield, covering ahnost the entirc body— shields such as evcn
the Australians and also the earliest Greeks carried— a small
round shield was demanded by reason of the use of swords
m fighting. Of the various weapons found at the zenith
of the heroic age, therefore, the sword is the most charac-
teristic. It is also the most typical creation of this penod.
It obviously originated through a gradual shortemng of
the lance, thus becoming a weapon spccifically adapted for
individual combat at close ränge. Thus the tendcncv
toward the assertion of individual personality made u
THE AGE OF HEROES AND GODS 301
latter, in the migration of a part of the people itself into
distant places, where the same conditions that led to the
founding of the mother State result in daughter States. In
the totemic age, there were no colonies. Extensive as were
the Wanderings of the Papuans, the Malays, the Polynesians,
and of some of the American and African tribes, these
peoples never established colonies ; moreover, the group
which settled in distant places always lost its connection with
the mother group. True, new living conditions were sought
and found, and, through mixture with the native populations,
new races were produced. Nevertheless, it was not until
the political age that those parts of a particular people
which settled down in foreign lands continued to retain a
consciousness of connection with the mother race.
Of the two above-mentioned Clements of the newer culture,
commerce naturally preceded colonization. Of all civilized
peoples, the Semitic race was the first to opcn up great
Channels of trade. Phoenician commerce dates back to the
earliest records of history. Even the Mycenian graves of
Greece contain gold jewelry of Phoenician workmanship.
Spacially, the trade relations of the ancient Phoenicians ex-
tended over the whole of the known Occident. It is charac-
teristic of the Semitic race, however, that they rarely under-
took actual colonization. Trade and all that is connected
with it, the industrial ardour necessary to supply the objects
of trade and to exchange them for grain and other natural
products, has always been their chosen sphere. The Indo-
Germanic races, on the other band, have naturally inclined
to colonization from early times on. In the foremost rank
were the Greeks, with their colonies in Thrace, Asia Minor,
Southern Italy, and Sicily. These colonial groups, more-
over, always retained their connection with the mother
people. Thus, the earliest culture of the Greeks was that
of the colonies in Asia Minor. Later, the colonies of
Southern Italy exercised ä strong reaction on the mother
country m science and art. It was not until relatively late
that the highest cultural development of the mother country
followed upon that of these oiitposts of Greek culture.
P^^^THE AGE OF HEROES AND GODS 303
L^ rcate them from one another, cven though there are
,tn hybrid forms, rcpresenting primarily a partial sur-
I 1 of older tribal customs within the newly established
lUical Society. Now, in so far as mental history always
nvolves a regulär order of development, one would, of
course, be justified in maintaining that human society ako
necessarily eventuates in the State—that is, in a political
Society. Indeed, this may perhaps be the meaning of
Aristotle's Statement that man is a ** political animal."
This Statement may be interpreted to refer to a pre-
dis Position rather than to an inherited characteristic.
Nevertheless, Aristotle's view that the State gradually
developed out of the family and the village conmiunity
is in contradiction with the actual facts. To read back a
tendency toward political development into the very
beginnings of hiunan society, moreover, results in a
failure to give proper emphasis to those essential differences
which distinguish the great periods of this development—
differences which at the crucial points assume the form of
antitheses. Furthermore, we must not overlook the fact that
there are peoples who have even as yet not progressed
beyond totemic tribal Organization and who will very pos-
sibly never advance to the formation of a State, particularly in
case this depends upon their own initiative. On the othcr
band, it is doubtless to be assumed that those peoples who
later acquired a political Organization at one time possessed
a totemic tribal structure. The higher stage of political
Organization, however, obviously differs fundamentally from
that which prcceded it. The older motives have bcen super-
seded by such as are connected with the great folk migra-
tions and tribal fusions, and with the changes consequent
upon them. True, when the time was ripe, these migrations
and fusions of peoples came to pass with the same necessity
as did the original division of the primitive horde mto two
haJves. Nevertheless, « new set of conditions became
operative. These, of course, arose in a regulär course of
development out of the most primitive modes of life. and
yet they were not directly dcrived from them. The crtu^i
AGE OF HEROES AND GODS 305
9f jf l and America, but with the aid of astronomical
^ . True, the science of the Babylonians was also
^ . on mythological foundations. These mytho-
J^ atures, however, were combined with the idea of
• .nbracing, divine rule of law. The endeavour
$ ihis law and order in the starry sky, the greatest
^ it sublime sight that the human eye may behold, re-
n observations that were scientific and exact. Thus,
on of the two ideas led with a sort of inner necessity
acceptance of the number twelve as a norm. The
ation of this norm to human relations was a direct
of the belief that it was of divine origin. The
onian calendar, whose fundamental principles, in spite
mierous reforms, have retained their authority even
to the present, was the first to emphasize the prin-
of bringing the courses of the sun and moon into
'dered numerical relation for the purpose of reckoning
Taking as their point of departure the position of
un at the vernal equinox, and following the movements
e moon until the sun retumed to the same position, the
lonians found that twelve revolutions of the moon were
alent to one of the sun. While this Observation is in
y, of course, only approximately true, to the first
lomers it might have appeared sufiiciently exact to be
led as the law of a divine world order. Thus, the year
to be divided into twelve months ; and, since the moon
.ts four phases in each month, first quarter, füll moon,
uarter, and new moon— an Observation which long
es astronomical calculation— the month was at once
into four parts. Since the month has approximately
eight days, the result was a week, comprising seven
This number, therefore, was not, as has sometimes
oneously assumed, derived from the seven planets.
> it true, conversely, that the number of the planets
h a certain arbitrariness, first fixed at seven
number, as well as twelve, had come to be re-
sacred, because of its relation to the movements
i and moon. These numbers were believed to be
21
IE AGE OF HEROES AND GODS 307
^iely adopted plan. If possible, this is even more
than in the case of thc duodecimal System. We
3w face to face with the wide difference that separates
ical Society from totemic tribal Organization. In de-
iping on the principle of dual division, the latter resembles
Fnatural process which runs its own course apart from any
Operation of conscious Intention, even though directly influ-
fcnced, of course, by the general conditions of human life.
ITie Organization of society according to the number ten,
on the other band, can be interpreted only as an intentional
act. Hence history not infrequently brings this form of
Organization into direct association with the names of indi-
vidual lawgivers, with Clisthenes of Athens et Servius TuUius
of Rome. No doübt, a basis for this new order had been
prepared by the general conditions of a society which had
progressed beyond the totemic stage. Its systematic intro-
duction, however, and the series of decimal subdivisions that
ensued, are only conceivable as a legislative act emanating
from a personal will. In the formation of social groups, no
less than in the Classification and enumeration of extemal
objects of nature, there may at times have been some vaciUa-
tion of choice between the duodecimal and the decimal
Systems. In its application to human society, however, thc
decimal System finally prevailed. Indeed, the simple means
of counting afforded by our ten fingers supplanted the
System suggested by the firmament in every field of
use, except in connection with celestial phenomena ihem-
selves and with the reckoning of time, which was directly
based on the Observation of these phenomena. That the
victory of the decimal principle was due merely to ihe prac-
tical necessity of choosing the principle that was simplest and
most convenient, is shown by the fact that ten was never
a sacred number, as was twelve. It has a purely terrestrial
and human origin. In the field of the practical necessities
of life, man was victorious over the gods. Perhaps, there-
fore, the Organization of society on the decimal principle
reflects also the triumph of the secular State over theocracy.
The decimal principle likewise exercised a certain in
3o8 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
fluence upon the division of time^ and it is surely not
accidental that such influence coincides with epochs that
are strongly characterized by a secularization of human
interests. As early as the sixth Century B.c., the great
poHtical Organizer of Athens, Clisthenes, made an attempt
to divide the year into ten months instead of twelve. The
attempt miscarried, just as did the analogous one on the
part of the first French RepubHc to introduce a week of
ten days. As a matter of fact, objective measurements of
time are derived from the heavens and not from man.
On the other hand, our measurement of terrestrial spaces
and our grouping of populations depend entirely upon our-
selves^ and therefore naturally conform to human charac-
teristics. In these cases, it is the decimal System that is
used. In view of the fact that the number ten was de-
liberately adopted, this number has been thought to represent
an idea that emanated from a single source. Since the
Organization effected by Clisthenes and that of Servius
TuUius in Rome fall approximately within the same Century,
it has been believed that in these cases, especially, we may
assume this fundamental idea of division to have been
borrowed. The very extensive distribution of the decimal
System, however, m^ütates against the probability of this
supposition. Thus, the Book of Exodus no longer speaks
of the legendary twelve tribes of Israel but teils of only ten
tribes. We likewise hear of groups of one hundred, and of
more extensive gtoups consisting of one thousand. These
divisions also recur among the Germanic peoples, and in
the far-distant realm of the Peruvian Incas. Among the
latter, however, there are also distinct traces of a totemic
tribal Organization that antedated the invasion of the Incas.
This was the foundation upon which the Inca kings and
their officials finally reared an Organization consisting of
groups of ten, one hundred, and one thousand— -indeed, the
latter were even brought together to form groups of ten
thousand. In certaüi cases^ such Systems may perhaps have
been introduced from without or may, in part, have been
acquired dirough Imitation. Nevertheless, the supposition
THE ACE OF HEROES AND GODS 309
that they all emanated from ä single region is doubtiess just
as improbable as is the view that the decimal system in
general had but a single origin. This new grouping of the
Population is closely bound up with the conditions of political
Society. It is dependent upon tivo motives, which, though
not universally operative at first, became so the very moment
that political society took its rise. The first motive is of
a subjective nature. It consists in an increased facility in
the use of the decimal mode of counting, as a result of
which larger groups, consisting of multiples of ten, are
formed : besides the single group of ten, it must have
become possible to conceive of groups of one hundred, one
thousand, and, in rare cases, even of one hundred thousand.
The other motive is objective in character. There are
changes in the extemal conditions of life such as to demand
more comprehensive and at the same time more highly
organized divisions than prevailed in the natural tribal
Organization of the preceding age. In two distinct direc-
tions does the decimal system prove readily applicable. One
is in the distribution of landed property. With the appear-
ance of plough-culture, land gradually came to be largely
converted into personal property. It was all the more
necessary, therefore, for the individual to unite with others
for the sake of protection and aid. Thus arose the mark-
community. This naturally centred about that part of the
territory which, because it was not put under the plough
but was reserved for common use as well as common
care, temporarily remained common property— namely, the
pasture and woodland. Thus, the mark-community was
inevitable : it resulted from the new method of cultivating
the soil, which brought with it a combination of personal
property with common ownership. The size of the Community
was, of course, determined by the relation which these two
forms of ownership sustained to each other, being dependent
upon the fact that the amount of common property had to
correspond with the number of individual owners who shared
its use. The right proportion of these two sorts of property
could be determined only by experience and reflection. Oncc
THE AGE OF HEROES AND GODS 311
Political Society thus acquires a new basis. The con-
ditions determining its character are very different from those
that underlie totemic tribal Organization. Quite naturally,
tfaerefore, the tribal System disappears with the rise of
the State ; it is at best but fragments of it that survive
in names, cult-alliances, or in bits of custom. On the other
hand, the new Organization exercises an influenae upon all
the relations of life. In part, it effects changes in existing
institutions ; in part, it creates new institutions^ which unite
to give the political age its characteristic stamp. We havc
spoken of the peaceful arts of agriculture, which provide
for the maintenance of society, and of the military Organiza-
tion, reared upon agriculture to assure safety and protec*
tion from without. There are primarily three additional
features that characterize political society, especially at its
inception. The first of these is a reorganUation of the
fatnily. The other two are genuinely new creations, if we
except certain sporadic beginnings that occur in the
transitional culture. They consist, on the one hand,
in the differentiatlon of classes and of occupations—
both of which arise in one and the same course of
development— and, on the other, in the foundation of
eitles. Doubtless this order of sequence also approximatdy
indicates the successive steps in the establishment of the
new political Organization. The reorganization of the family
inaugurates this development ; it is terminated by the
founding of cities, for eitles are the centres from which the
management of the State is conducted and which mediate
intercourse between the separate regions ; following upon
the former and preceding the latter, is the differentiatlon of
classes and of occupations— a result of property conditions
and of military Organization.
4. Family Organization within Political Society.
Wherever primitive man has been protected against
foreign influences, as we have seen, he apparently always
lives in monogamy. This nK>de of marriage is continu
312 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
in the totemic age, and is the fundamental mode from
which all others are deviations. These deviations we
found to be the two forms of polygamy— polyandry
and polygyny. In the presence of these various marriage
practices, firmly established family bonds are impos-
sible. Striking evidence of the recedence of the family
as compared with the social bond, is offered by the men's
club, that widely prevalent Institution of the totemic age.
True, the individual member of the men's club may have
bis own wife who lives in her particular hut, but there is no
common life of husband and wife such as is essential for
a true family. In certain cases, of course, marriage con-
ditions approximate somewhat more closely to a true family
life, yet the development is hindered by the overshadowing
polygyny, But the beginning of the political age marks the
rise of a new form of monogamy. The enlarged monoga-
mous family, the so-called ancient or Joint family, makes its
appearance. The Joint family, which is characteristic of the
heroic era, takes the place of the clan. Though the lattcr
also survives for a time, it more and more loses its
importance and finally disappears altogether. Now the
clan, as well as the Joint family, is composed of indi-
^iduals of the same ancestry— that is, of blood relations, in
the wider sense— even though, in exceptional cases, it also
includes members of other clans or even tribal strangers.
The recedence of the clan in favour of the Joint family must
therefore be regarded as a process in which a limited
number of closer blood relatives separate from the clan
and gradually attain the dominant influence within society.
Such a development presupposes first of all a sharper
demarcation of the individual family. Hence the Joint family
directly impresses one as being an extension of the indi-
vidual family. As a rule, for example, a Joint family includes
ihree generations \ father, son, and grandchild. This series
of generations terminates with the third, because the oldest
male member retains the authority over the Joint family only
90 long as there is no generation younger than grand-
children. Tliough a gnreat-grandfather is honoured as the
THE AGE OF HEROES AND GODS 313
oldest member of the family, the authority over tbe Joint
family passes down to the son who has beoome a grand-
father. Moreover, nature allows such cases as this bat
rarely. The life-span of three generations is approximately
a Century ; and the average life of man is such that it
happens but seldom that those who are living at any one
time will outspan a Century. Thus, the fact that the ancient
family comprised three generations may be due to the natural
limit of life, which does not seem to have changed cssen-
tially since the beginnings of civilization. The family
Organization under discussion, therefore, is characterized, in
the first place, by monogamy ; secondly, by the dominance
of the man within the Single family ; and thirdly, by the
inclusion of three generations under the authority of the
oldest member of the family. This third characteristic has
frequently caused the typical Joint family to be called the
• Patriarchat family.* Since it was true even of the clan that
the older men exercised the decisive influence, the clan may
be regarded as preparing the way for a patriarchal order.
Such clan alliances, for example, as the Germanic kinship
groups, in which the fact of the blood relationship of the
members receives particularly strong emphasis, form a sort
of transition between the clan and the Joint family. In
the Joint family, it is no longer the older generation as
such that is dominant, but the oldest individual, This
change, as a result of which authority becomes vested in an
individual, is paralleJed by that which leads to individual
rulership within the State. Thus, totemic tribal Organiza-
tion is doubly exposed to disintegration, from below and
from above. On the one hand, the patriarchal Joint family
undermines the leadership of the clan-eldfers. On the other
hand, the clans, together with the tribes whose divisions
they form, are shom of their power ; they become fused
into one group which, with the rise of political society,
passes under the rulership of a Single chieftain. It is
particularly important to notice that, when the Joint family
emerges and clan Organization is consequently dissolved,
one of the most important functions of the more restrictei'
THE AGE OF HEROES AND GODS 315
Thus, the restoration of the monogamous family came as
a result of political Organization. The general course of de«*
velopment was the same everywhere, though the particular
Steps varied greatly. It was especially in connection with
the rise of the patriarchal Joint family, which is inter-
mediate between the kinship group and the individual
family, that obstnicting influences sometimes manifested
themselves. In such cases, the course of development was
at once deflected directly towards the individual family. A
patriarchal family Organization ol a sharply defined character
appeared very early among many of the Semitic tribes,
particularly among the Israelites. Of the Indo-Germanic
peoples, it was especially the Romans who long preserved
the patriarchal System ; among the Greeks and the Germanic
peoples, it had already disappeared in early times in favour
of the Single family. That which preserved the Joint family
was probably the force of tradition, coupled with reverence
of age ; the single family reflects a sense of freedom
on the part of individuals. This brings out clearly the
essential difference between the original monogamy, which
was due to natural instinct and the simple conditions of
primitive life, and the monogamy that was reinstituted as a
result of the new tendencies of political society. In the
former case, no progress was made beyond the natural
starting-point, namely, the single family ; in the latter case,
the Joint family mediated the transition between the dissolu-
tion of clans and the establishment of political society.
Inasmuch as the acts of primitive man were largely deter-
mined by instincts, the original monogamy is not to be
interpreted as conformity to a norm. The reason for the
almost universal occurrence of monogamous marriage is to
be found in the uniformity of the conditions of life and of the
social Impulses. The monogamy of the political age, on the
other hand, is confronted by all those conflicting tendencies
which had previously given rise to the various polygamous
marriage-unions of totemic society. One of these xnodes
of marriage especially, namely, potygyny, finds favour-
able conditions of development in the new poxjj
THE AGE OF HEROES AND GODS 317
factor in the development of political society. Its begitmings,
no doubt^ go back to the declining period of totemic tribal
institutionSy but only in the political age does it became an
important influence in social Organization. This is due to
tivo conditions^ which are themselves the direct result of the
folk migrations that mark the beginning of the political
age. The first of these conditions consists in changes
affecting property rights } the other, in the subjection of
the native populations by the more energetic immigrants.
The origin of property, as is well known, is cven to-day
generally traced, from an abstract juristic point of view,
to the occupancy of an ownerless piece of land. This
theory, however, is too abstract to be generally true. Above
all, it presupposes the existence of ownerless land. But
this is seldom to be found. Even when a migrating people
occupies new lands, it, as a rule, conquers a territory that
was previously in the possession of other tribes. If, there-
fore, we have in mind the sort of property that was most
significant for the development of political cukure, we should
trace its origin to an expropriation of earlier awners
rather than to an occupation of ownerless land. Contra*
dicting the abstract theory, moreover, is the fact that it
is not the individual who becomes thfe owner of property
through such occupation, but the entire tribe, the people
that has imxnigrated and has dispossessed the original in*
habitants. Property, therefore, was originally common
property. True, even in early times, it was no longer
all of the land that was heM in common ownership.
Nevertheless, the conditions of ownership that have emerged
iU"« the course of the development of political society
give unmistakable evidence of having orig^inated in common
ownership. Even up to fairly recent times, woodland
and meadow have remained, either entirely or in part,
common property ; usually there is also a special temple-
property set apart for purposes of cult. Everything goes
to show that these cases are to be regarded as renmants
of a conmion property that was at one time more comprehen-
sive, and not as the result of joining pieces of property tha**
THE AGE OF HEROES AND GODS 319
the immigrant tribe. The individual, however, vies with his
tribal associates for the possession of the territory, and the
new agricultural conditions connected with the introduction
of cattle and of the plough favour division of the land. In
addition to the superior ability of an immigrant race, it is
its superior civilization that assures to it the supremacy over
the native races. This superior civilization, however, in-
volves a strong tendency toward individual industry, and
thus toward the differentiation of personal property from
common property. The success which the individual owner
enjoys in his labour develops in him a consciousness of
freedom, and this leads him to compete with his tribal
associates both in the acquisition of property and in the
attainment of power over the native population. Thus, the
division of common property is succeeded by an inequality
of personal property— an inequality which, from the very
beginning, shows an unconquerable tendency to increase.
This tendency is fostered by the fact that political Organiza-
tion makes it possible for individuals to exercise a certain
control over common affairs. Property considerations
become more and more decisive as regards class dbtinc-
tions. In addition to descent from privileged ancestors, it
is property that gives the individual his social position.
An individual belonging to a people that at one time formed
a class without rights, may rise to the ranks of the privi-
leged classes, or, if the significance attached to birth con-
tinues to be maintained, he, togethcr with those like him,
may at any rate attain to an indcpendent influcnce in public
life. Property, however, not only affords increased rights ;
it also entails greater obligations. The wcaJthy possess a
better military equipment, and are thcieforc cnlisted ij^ ^j^^
more efficient, but also the more dangerous, division^ ^^ ,
army. They are entrusted with Icadci^p m^-ar as ^ ^
with authority in times of peace. Individual mitiaiiv^ ^ /!
itself feit, and this, coupled witb thc^ ^PPortunity f^
exercise of such initiative, cause» P^"?^ ^^''^'^Pixwä »
appear, from an external point ot mw, as a s^!^ iC
separate voluntary acts on the part of "^^''iri^^ ^^^
(THE AGE OF HEROES AND GODS 321
of deity cults is his immediate successor. The law-
givcr, or the political hero in the true sense of the word,
Stands at the zenith of the age. The warrior initiates,
whereas the legislator completes the Organization of Society.
Then conimences the age of citizenship^ which no longer
entertains a hero- ideal as such but, instead^ prizes civic
virtues. On this plane of culture, the general demands of
political hfe and of cult are augmented by the particular
duties which grow out of the position which the individual
occupies within society. The position itself is conditioned
primarily by the rise of differences of vocation.
6. The Differentiation of Vocations.
The above discussion will already have indicated the
general significance of the differentiation of vocations in the
development of political society. White the origin of classes
is coincident with the rise of the State^ separate vocations
appear only at its zenith. At first there were no distinctions
of vocation. The pursuits of war and politics were conunon
to all free men ; and, while admitting of class distinctions,
they allowed no vocational differences. The priesthood
alone represented a class which followed a specific voca-
tion, while also engaging in other occupations, particularly
in politics. The ear liest forms of specialized vocations were
foreshadowöd even in the totemic age. In the heroic
period, they merely adapt themselves to the new social order
resulting from the rise of a ruling class and the consequent
class distinctions. Under the influence of deity cults, more-
over, the social position of the priesthood changes, as do
also its vocational practices. The transformations in cult
are an important factor in elevating the class and the pro-
fession concemed in its administration, securing for them
a more or less important, and in some cases a dominant,
influence upon political life. In contrast with this, all forms
of human labour not connected with poHtics and warfare
are degraded, This results in occupational differences, which
are henceforth closely bound up with class distinctions. TI
22
322 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGV
depreciation of which we speak, however, is not of sudden
occurrence, nor does it appear everywhere to the same extent.
The conditions that give rise to political society also involve
a participation in the pursuits of politics and warfare od
the part of the freeman, who, as an agriculturist, breeds bis
own domestic animals and guides his plough over the fields.
Due to these same conditions^ moreover, agriculture main-
tains a respected position even in later times^ partly, no
doubt, as a result of the fact that the free farmer continues
to enjoy the privilege of participating in political and
military affairs. Various accessory vocations come to be
sundered out from the tasks of the early agriculturist, who,
originally, himself manufactured the implements required for
his work and was thus the primitive artisan. Political
activity and the equally esteemed military vocation come
more and more to be given the place of highest honour.
The occupation of the farmer and that of the wealth-
accumulating merchant, however, are also held in high
regardy doubtless because of the growing desire for
property. The independent task of the artisan^ as well as
art— the latter at first scarcely distinguishable from artisan-
ship— are either left to the dependent population and slaves
or, after class distinctions are well developed, are given ovcr
to the Iower class of Citizens as occupations of less esteem.
But in the case of vocational distinctions, just as in
that of class diflferentiation, the process of depreciation is
succeeded by a tendency toward equalization, This is due
to a general shift in values. The rhapsodist of Homeric
timesj though welcomed as a guest by the superior classes,
was not himself regarded by them as a companion of equal
xank. It is only gradually that the value placed on an art
becomes transferred to the artist himself. That this occurs
is due in an important measure to the fact that the arts of
eutstanding significance— gymnastics^ poctry, and music— are
not practised merely by a specific profession, but are also
favourite occupations of the warrior or the statesman in his
hours of leisure. The respect accorded the artist is gradually
extended to such other arts as already constitutc vocational
THE AGE OE HEROES AND GODS 1323
labour ; as external culture becomes more refined^ even the
artisan wins a growing esteem, through his decoration of
weaponsy implements, and clothing. In the case of the arts
that require a particularly high degree of vocational traming,
it is significant to note that^ in spite of the high estimate
placed on his producta the artist himself is able to rise but
slowly above the plane of the mere artisan. Thus, the
measure of esteem accorded to the arts gradually diminishes,
according as we pass from those that spring up spon-
taneously^ solely from inner impulse, to those that minister to
the satisfaction of needs. The immediate cause for this
gradation of values probably lies in the fact that political
activity^ which here forms the mediating link, is itself of
the nature of a free vocation, requiring the exercise particu-
larly of mental capacities. For this reason, however, the
regard in which the various occupations are held tends to
be equalized according as class distinctions disappear. The
latter, however, occurs in proportion as all Citizens coroe to
acquire equal Privileges in the exercise of political rights.
To the majority, indeed, political activity remains but a
secondary vocation, being avershadowed by the main occu-
pation, which requires the greater amount of attention.
Because of its political character, however, it is the secondary
vocation that primarily determines the social position of the
individual. The fact that all Citizens come to participate in
political activity, therefore, even though failing to equalize die
esteem in which the various occupations were held, neverthe-
less caused the disappearance of the distinctions in personal
Status which occupational differences originally involved.
7. The Origin of Cities.
The differentiation of classes and vocations is condi-
tioned, in a large measure, by a change in the spacial
distribution of the population. This change is a rcsult
of the rise of political society, and comes to be the
outstanding external characteristic of the State as »oon
as the latter begins to assume definite form. I havc in
mind the foundation of cities. In the totcmic a
324 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
tbere were no eitles, but at most fair-sized groups o(
huts or houses, forming villages. These village Settle-
ments were all equally independent ; they differed at most
as regards spacial extent. But the city, in its original fono,
always exercised control over a smaller or larger Stretch of
territory, consisting either of separate farms or of villages
wlth the territory belonging to them. As the seat of political
power, the city was an infallible indication of the existence of
the State. Hence it is that those who discuss the original
forms of political society are not infrequently led to vegaaA
State and city as identical. Such an Identification, however,
is not at all justifiable. Even in their beginnings the Greek
States and the Roman State were not mere city States ;
all that may be said is that the political! power was
centred in the city. This is true, also, of the original dty
as it existed in the Orient and in the ancient civilizations
of Mexico and Peru. The same characteristic distinguishes
the early city from the many later sorts of cities that arose
in response to the needs of intercourse and trade. The
original city was the abode of the political and nülitary
leaders of the people who occupied the new territory and
thus formed a State. This appears most strikingly in the
case of Sparta— the State which preserved most fuUy the
features of an earlier form of social Organization. One might
alnK)st be inclined to say that the men's club devetoped by
totemic tribal Organization was here present in the form
of a city of men established within a political order. But
even in Athens and in the other Greek States the city was
only the seat of the political power, whereas the State
embraced the adjacent territory as well. The centre of
the city, therefore, was the castle. This constituted the
military defence of the State, and was the dwelling of the
king or, in republican forms of government, of the highest
officials. Connected with the castle was the temple of the
gnardian deity of the city. The immediate environment
of ihe temple was the meeting-place of those who inhabited
the territory protected by the castle and its temple. Here
they assembled, partly for trade and partly for deliberative
THE AGE OF. HEROES AND GODS 325
or populär gatherings. The economic and political inter«
CDurse which centred about the Castle fostered the growtU
of a larger city, inasmuch as numbers of the rural in-
habitants gradually settled down under the dose protec->
tion of the castle. Directly connected with this development
was the Separation from agriculture of the occupations of
art^ handicraft, trade^ and eventually of political office.
Because of their enormous extent, the great Oriental realms
included a number of city centres. Yet even here the
original conditions maintained them^lves, inasmuch as one
of these eitles continued to be not only the political seat
of the State but also the chief centre of cult. The guardian
deity of the leading city was likewiise the guardian deity of
the State, and, as such, was supreme among the gods. Cult
was thus pattemed after the political order. This influence
of the city upon cult was reflected in temple construction.
The totemic age possessed no eitles, and it likewise lacked
temples. Temples, therefore, are not only indicative of
deity cult, whose development is bound up with political
Society, but they also sig&alize the existence of eitles.
The temple itself was characterized by a very rieh archi-
tecture. In Babylonia it was the mighty tower, in Egypt
the pair of obelisks at the entrance, which proclaimed to
the surrounding neighbourhood the dwelling-place of the
deity and the seat of political power. The two were
identical, for it was in the name of the guardian deity of
the city that the State was originally güvemed and that
justice was meted out. In Oriental realms, the ruier was
the representative of the deity, and the priests were the
State officials, as well as the devotees of science and art.
Tradition, together with numerous usages preserved in
custom and laws, testify to the same original unification
of religious and political authority in Greece and Rome.
Although the State here becamfe secularized at a compara-
tively early time, and art and science likewise freed thfem-
selves from theocratic dominance, the idea of a guardian
deity of the city and State was long mamtained. It was thifl
that invested the secularized legal tystem with a halo
326 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
sanctity. If the course of developmcnt in Greece and Ron«
diflfered from that of the Oriental realms, this may be due, in
an important measure, to the fact that they very early broke
up into a considerable number of independent city States.
Herein, of course, is expressed the character of Indo-Ger-
manic peoples. Even in very ancient times they manifested
a disposition to allow free play to the assertion of the indi-
vidual Personality ; this diflferentiates them from the Semitic
race, with its strong inclination to hold fast to traditional
norms. Hence it is that, while the cult of the various
Greek cities remained practically the same, the cities them-
selves became distinct political communities. The Status
of the Delphic priesthood, in whom this unity of cult very
early found its expression, was therefore naturally reduced
to that of ain advisory Council. In the individual States, the
dominance of political interests and the stniggle for power,
which was heightened by the personal inter-relationships
within the narrow circle of the city, deprived the priesthood
of all authority except over cult. True, in the case of
Rome, the original union of political Order and reMgious
cult was firmer and more permanent, due to the fact that
one city early gained the supremacy over the other Italian
cities and States. And yet, hand in band with the extension
of political dominance, went the adoption of cults that were
previously stränge. This led to a number of competing
priest-associations, none of which could gain the leader-
ship, since all alike were but servants of the political power.
Thus, in spite of considerable diversity as to incidental
Donditions, city and State were closely bound up with each
Dtfaer in the development of political society. \Ve find no
dty apart from a State, and it is doubtful whether there was
a State without a city as the seat and centre of its political
power. But this correlation obtained only during the period
[rf the genesis of States and of the attendant rise of the
ort^mU city. Once States have come into existence, many.
other conditions may lead to the establishment of a com-
nmniiCy which, as regards extent and relative political inde-
e, b of the nature of a city. Such phenomena may
THE AGE OF HEROES AND GODS 327
be referred to as the secondary foundation of cities ; they
are possible only on the basis of a previously existing
political Society. An approximation to original conditions
occurs when a victorious State either establishes cities
in the conquered provinces, centralizing in them the
power over the respective territories, or transfonns cities
that already exist into political centres. Occurrences
of this sort were frequent during the extension of
Alexander's world-dominion and at the time of the Roman
Empire. The same fact may be observed at a later
period, in connection with the occupation of the Italian
cities by the Goths and Lombards. The German cities
founded during the Middle Ages differ still more widely
from the original type. These cities first arose as market
centres, and then gradually acquired political Privileges.
Thus, the process of the original foundation of cities was,
as it were, reversed. In the latter case, the Castle came
first and the market followed ; the mediaeval city began as
a market and reached its completion with the building of sc
Castle. In mediaeval times, however, leadership was not
originally vested in the city but in rulers who occupied
isolated estates scattered here and there throughout the
country. Yet these secondary phenomena and their further
development do not belong to our present problem of the
origin of political society.
'8. The Beginnings of the Legal System.
The social regulations whicb we have thtis far considered
find their consummation in the legal System. This possesses
no content independent of the various social institutions, but
merely provides certain norms of action with a social sähction.
As a result, these norms are protected against violation or
are desig^ted as regulations which, whenever necessary,
are defended against violators by the use of extemal force.
Thus, the legal System does not involve the outright creation
of a social order. It consists primarily in.tbe «"^g^'^g out, as
definite prescriptions, of certain regulationi \ Aj
arisen in the course of social life, and tflil il
C :THE AGE OF HEROES AND GODS rsag
r were themselves closely connected. The first of these
( factors consists in the rise of firnüy established forms of
mlership, which are indicative also of the transition lead-
ing to States ; the other is the religious sanction which
was attached to those regulations that were singled out
by the law from the broader field of custom. Both
factors indicate that the heroic age properly marks the
origin of the legal system, even though it be true that all
such changes are gradual and that occasional beginnings
of the legal system, therefore, niay be found at an earlier
period, in connection with the very ancient Institution of
Chief tainship. As regards the external social Organization
and the religious life of the heroic age^ these are charac-
terized, respectively, by the development of strict forms of
rulership and by the origin of a deity cult. Each of
these social phenomena reinforces the other. The kingdom
of the gods was but the terrestrial State projected into
an ideal sphere. No less was the development of the legal
System dependent upon the union of the two factors. Neither
the external force of the political authority governing the
individual nor the inner constraint of religious duty sufficed
in itself to establish the tremendous power characteristic of
the legal System from early times on. It is true that, at a
later period, the feeling that law represents a religious duty
gave way to the moral law of conscience. The latter, how-
ever, itself owes its origin to the increasing influence of the
political authority which is at the basis of the legal System ;
moreover, as an inner motive reinforcing the externa! com-
pulsion of the law, it continued to preserve a similarity to the
religious source from which it sprang. True, a significant
change occurred. During the early stages of legal develop-
ment, the weight of emphasis feil on the religious aspect
of law, whereas it later more and more shifted to the
political side. At first, the entire body of law was re-
garded as having been given directly by the deity, as was
the case, for example, with the Ten Commandments of
Moses and with the Israelitic Priests' Code, which ctothfes
even the most external modes of life in the garb of religious
m THE AGE OF HEROES AND GODS 331
ii^pendently achieved culture that has fallen into decay» we
runeed not here inquire.
^ That the development of the legal System is dependent
m upon the first of thcse phenomena— that is^ upon political
^ Organization— is directly apparent from the fact that the
mi administration of justice in general presupposes two sources
ii of authority. Here again the beginnings are to be found
y in the totemic age. During this period, the administration
. of justice was vested, in the first place^ in a relatively re-
' stricted group of the older and experienced men, such as
exercised authority over the older members of the horde
even in pretotemic times. Judicial powers were assumed, in
the second place, by individual leaders in the chase or in war.
The authority of the latter, it is true, was temporary, fre-
quently shifting with changing circumstances ; it was all the
more efFective, however, for the very reason that it was centred
in Single individuals. Now, the initial step in the formation
of a legal systemr-which, as already remarked, was at first
concerned merely with what we would call civil justice—
was taken when the quarreis of individuals came to be settled
in the same way as were matters of common concem to
the clan or tribe— namely, by the decisions of the two long-
established authorities, the * Council of eiders/ as they later
continued to be called among many civilized peoples, and the
individual leader or chieftain. Even in relatively primitive
timeSy fellow-tribesmen or clansmen who disagreed as to the
ownership of an object or perhaps as to whether or not some
mutual agreement had been kept, and who preferred a
peaceful decision to settlement by combat, were accustomed
to seek the decision of the eiders or of a man of com-
manding respect. Thus, these initial stages of legal pro-
cedure indicate that the earliest judge was an arbUrator ; he
was freely selected by the disputants, though he constantly
became more firmly established in his position as a result
both of his authority in the general affairs of the tribc and
of tradition. We next find the appolnted judge, who owes
his Office to political authority, and who decidcs particular
controvcrsics, not because he has been asked to do so by
332 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOl
the parties thcmselves but ' of rigrht ' and as con
by the State ; supported as he is by the political \
decision has compelling force. As soon as the Statt
the function of deciding the controversies of ini
the judge becomes an official. Indeed, he is om
first representatives of officialdom. For, in the earl
of political Organization, all matters other than the i
of individuals are regulated by ancient customSy excep
far as war and the preparation for war involve con
that necessarily place authority of an entircly differei
in the hands of particular individuals. Thus, togethei
the Offices of those who, though only g^radually, con
have Charge of the maintenance of the military orga
tion even in times of peace, the office of the judic
represents one of the earliest of political creatioas. Ii
we find a parallel to the division of power between
ruler and a separate Council of experienced men,
arrangement that represents a legacy from the period «
tribal Organization, but that only now becomes firm
established. The indiNddual judge and the colleg^e of judgi
both occur so early that it is scarcely possible to say wheth(
either antedated the other. Affecting the development ju
described are two other conditions, capable of bringin
about a division of judicial authority at an early timi
öne of these conditions is the connection of the state wit
deity cult^ as a result of which the secular power
limited by the authority of the priesthood, whose chit
prerogative comes to be penal justice. The second factc
in the differentiation of judicial functions consists in tl
Institution of chieftainship^ one of the two characteristi
features of political society. Chieftainship involves
tendency towards a' delegation of the supreme judicij
authority to the ruler. This is pärticularly the case durin
the first stages of political Organization, which still refle<
the fact that the external political power of the chieftai
grew up out of the conditions attcndant upon war. Eve
though the secular judiciary, which originated in the counci
of eiders, or, in certaln cases, the judicial office of th
"™5 THE AGE OF HEROES AND GODS .333
*^**iest, also continues to be maintained, the rulcr neverthe-
^^^ reserves for himself the authority over the most im-
^*%irtant issues. Particularly in doubtful cases^ in which the
^Vftdinary judge has no traditional norms to goiide his
s^'^ecisiony the ' kuig's court * intervenes in order, if neces-
^ ^Ury« to secure a recognition of the claim of reasonableness.
rjrlliis is especially apt to occur in connection with capital
3Berimes. Hence it is that, even after penal law has once
awbeoome a matter of general governmental control— which,
^:b3 ä ruie, occurs only at a later stage of legal development
&t — the final decision in criminal cases usually. rests with
»K the ruler. Generally, moreover, it is the ruJer alone
QT who has sufficient power to put an end to the blood-
^i revenge demanded by kinship groups. Owing to the
V fact that, in his capacity of military leader, the ruler
t possesses power over life and death during war with hostile
tribes^ he comes to exercise the same authority in connec-
tion also wiHi the feuds of his fellow-tribesmen. Modem
States have retained a last remnant of this power in the
monarch*s right to pardon, an erratic phenomenon of a
culture that has long since disappeared.
Thus, the State^ as such, possesses an extemal power
which finds its most direct expression— just as does the
unity of the State— in the exercise of judicial authority on
the part of the ruler. In the beginnings of legal develop-
ment, however, law always possesses also a religious
sanciion, True, the above-mentioned unification of the
Offices of priest and judge or of the authority of priest and
ruler— the latter of which sometimes occurs in connection with
the former— may be the result of particular cultural conditions.
This, however, but indicates all the more forcibly how per-
manent has been the religious sanction of law. Such a
sanction is evidenced by the words and symbolisms that
accompany legal procedure even in the casc of secular judges
and of the relations of individuals themselves. Not with-
out significance, for example, is the solemnity manifested
in the tones of those who are party to a harter, a contractu
ör an assignment of property. Indeed, their word» are
^HE AGE OF HEROES AND GODS 335
'hile speaking the appropriate words^ he intends to
"^^a magical effect upon the land^ such that disaster
^le to any one who may seek to deprive him of it.
=7j offers his hand in sealing a compact signifies that
»^ epared to lose his f reedom in case he fails to keep his
For this reason the shaking of hands is sometimes
nented by the extension of a staff— a special use of
xgical wand which occurs particularly when the pledge
^^^:^ ^linistered by a judge. In a second stage of develop-
:sr: the act loses the Status of reality, but it remains
^ iated with religious fcelings. At a third stage, it
^r*«-*^ ^nes a mere matter of form, though the solemnity with
?- _li it envelops the transaction adds to the impressiveness
:::^2--*^® latter and fixes it more firmly in memory.
Combined with the word, thus, is a gesture that faith-
^y reflects its meaning. Moreover, other individuals are
-;^!^^amoned to witness the legal transaction, This is done,
I^ t so much that these persons may later be able to give
».^Jfinitc testimony, as that they, too, shall hear the word and
g^^ e the gesture, and so, in a sense, enhance the reality of that
^iiich is transpiring. Besides this oldest form of witness,
„^^"ho is not to testify regarding that which he has ex-
^^Serienced, as occurs in later times, but who is merely present
^on the occasion of the legal transaction, there is the com-
'purgaior, who substantiates the oath of the man involved.
The latter fortifies his Statements by invoking the gods as
" witnesses. Now, the oath of the compurgator does not
relate to the testimony of his companion, but merely to the
companion himself ; it is a pledge to share the punishment
of the latter in case he swears falsely. As in battle, so
also in calling upon the terrible powers whose vengcance
is to fall upon the perjurer, companion Stands protectingly
by the side of companion. Thus, the oath itself is a cere-
mony both of cult and of magic. As a cult activity, the
oath was originally given at the place wherc the cult was
administered— that is, in the immediate prescnce of the gods ;
the method of procedure was to raise the fingers and to
Point them directly to the gods, who werc rcgarded as
^1 THE AGE OE HEROES AND. GODS 337
^^itroversies independently of a judge. It is ät this point
the punitive action of individuals g^ves way to public
procedure. Originally, crimes against life and
,^ pperty were dealt with by individuals ; the endeavour
■^^ secure the judgment of the gods by means of the
,^ ^I was doubtless one of the earliest steps by which
^e penal process became a public procedure, and the
■^mifihment itself, therefore, became raised above the plane
^j^f inere rcvenge. Blood revenge involved an unexpected
^ ..kttack in the open or from ambush. To renoimce this
^^nistom in favour of the duel, therefore, was in harmony with
the character of the heroic age. For this was the period
in which the ideal of manly honour was rapidly gaining
^ ^atrength, and in which, therefore, it was regarded as
^^unworthy under any circum^tances to take the life of a
* defenceless man. The principle accepted as self-evident
in war, namely, that the person attacked have an oppor-
^ tunity to defend himself, became, in a warlike age, a maxim
t applying also to times of peace. Moreover, even though
it be true of the ordeal as of the oath that, at the outset,
cult was secondary to magical conjuration, nevertheless, the
dominance of the latter varied with the degree in which
the State freed penal justice from the passion for revenge
on the part of individuals. The ordeal thus came to be
more than merely a combat between the accuser and the
accused. The judge in Charge of the combat acquired the
duty of determining guilt or innocence, and, as a result,
the ordeal^ assumed other forms. Only the one who was
accused was now involved. The ordeal changed from a
magic combat into a magic test, which came to be re-
garded as a direct revelation of the decision of the deity.
This led to the adoption of means of proof other than
combat. It was obviously cult that caused penal justice as
such to be taken out of the hands of private individuals.
For this reason it was particularly sacrilege that demanded
a magical judgment independent of the combat of indi-
viduals. In cases of sacrilege, the deity himself tested
the assertions of the one who endeavoured to free himself
^3
338 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
from the charges of religious crime. The means for defiB-]
mining guilt or innocenoQ were fixe and water-^ s
agencies that had long been employed by reUgious oil
for purposes of lustration. That the tests by water aod hl
fire used in connection witfa the witchcraft cases dl
mediaeval times still possessed a' magical significance is » i
mistakable. If the witch sank in the water— that is, if ske |
was received by the purifying element — ^she was guiltksi
If the accused was not injured by holding- a glowing im
in his band or by Walking barefooted over coals, this ab
was regarded as indicative of innocenoe. Apparently dx
underlying conception was that the deity who gave to water
and fire the power of purifying a sinner from his guilt also
communicated to them the power of freeing the innocent fnii
an accusation and of withholding assistance from the guiltj.
Hence it is that while these modes of divine judgment wen
not, indeed, as common as was purification by means of
water and fire, they nevertheless appeared again and ägain,
so far as their fundamental characteristics are concemed.
They were resorted to by the Germanic peoples, and wcrc
prevalent also in Graeco-Roman antiquity, and in India;
trial by water was likewise a custom in Babylonia, wheie
it was prescribed by Hammurabi as a means by whidi
a suspected person might free himself. We have noticed
how, in the case of the ordeal and particularly of its earliest
form, judicial combat, the legal controversies of individuals
concerning rights relating to property, buying and selling
and other agreements, camc to be considered from the
Standpoint of punishment, This process is characteristic
of the development of penal law in general.
9. The Development of Penal Law.
As an institution protected by the State, the administra-
tion of penal law everywhere grew up out of civil law.
The judgc who was appointed by the State to arbitrate
personal controversies developed mto a criminal judge. Still
later these two judicial officeS ^«came distinct. This separa-
tion began in coiinect^^^^'^ ^^ niost serious oflei^^^s.
THE AGE OF HEROES AND GODS 339
sxxdtk as seemed to demänd a separate tribunal. The deter-
mining feature, in this instanco, was, at the outset, not any
l|iialitative characteristic of the offence but its gravity. Now,
'at the time when deity cults were at their zenith, the most
^serious crimes were held to be those connected with religion,
^namely, v temple sacrilege and blasphemy. Only at a
^relatively late period were crimes against life and limb
• dassed along with those affecting religion ; to these were
added, shortly afterwards, violations of property rights. That
murder, though the most frequent crime of early culture,
should not be penalized by political authority until so late a
perbd, is directly due to the fact that it has its origin in
the strife of individuals. In such a strife, each man person-
ally assumes all consequences, even though these consist
in the loss of his life. Even to slay a man from ambush
is regarded as justifiable by primitive society if an individual
is avenging a crime from which he has sufTered. As family
and kinship ties become stronger, the family or kin par-
ticipates as a group in the quarreis of its individual members,
just as it does in war against hostile tribes. A murder^
whether or not it be an act of vengeance^ is avenged by a
fellow-member of the victim, either upon the murderer or
upon some one of his kin, inasmuch as in this case also the
group is regarded as taking the part of the individual.
This is the practice of btood-revenge^, a practice which ante-
dates the heroic age but which neveitheless continues to
exercise a powerful influence upon it. Blood-revenge
is so closely bound up with totettiic tribal Organization that
it was probably never lacking wherever any such System
arose. Its Status, however, was purely that of a custom,
not that of a legal requirement. It was custom alone,
and not political authority, that compelled one kinsman to
avenge the death of another. It was custom also that sought
to do away with the disastrous results of a continuous blood-
feud by means of an arrangemenjt that came to take the
place of blood-revenge. This Substitute was the * wergild,'
which was paid as an indemnity by the malefactor to the
family of the one who had been murdered, and which thv
340 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
maintained precisely tbe Same reüatxxn to bld0d*iev&|t '
as did marriage by purdiase ta marriagiB by captuie. h
the former case, however, the Substitution of a peaaU
agreement for an act of vioknce gave the political autfaoritf
its first occasion to exercise its regulative power. TUs
first manifestation of power consisted in the fact that tte
political authority determined the amount which nnist be
paid in Heu of the blood-guilt. With the institution d
wergild the entire matter becomes one of civil law. Only
one further step is necessary, and the law of contract wi
indirectly have established the penal authority of the State.
This Step is taken when the State compels the parties to
enter into an agreement on the basis of the weigüd.
The advance, however, was not m!ade at a single bound,
but came only through the influ^ice of sl number
of intermediatc factors. That which first demanded a
legal detcrmination of the amoimt of expiation money
was the tiedessity of estimating the personal value of the
one who had beien murdered, according as the individual
was free-born or dependent, of a high or of a low class,
an able-bodied man or a woman. Such a gradation in
terms of general social Status suggested the propriety of
allowing temporary and less serious injuries to life and
limb to be compensated for on the basis of their magnitude.
But the estimation of damages in such cases again made
civil Jurisdiction Äbsolutely necessary.
Closely interconnected with this complex of social factors,
and imposing a check upon the impulse for vengeance that
flames up in blood-revenge, was a religious influenae— the
fear of contaminating by a deed of violence a spot that
was sanctified by the presence of invisible gods. No
violence of any kind was allowed within sacred precincts,
particularly in places set apart for sacrifice or for other cult
ceremonies ; least of all was violence tolerated in the temple,
for the temple was regarded as the dwelling of a deity.
Such places, therefore, aflforded protection to all who fled to
thttn fioni impcnding blood-nevcnge or otlier sources of
danger, The sacre^^Mft alsa^H^ Binder the protection
THE AGE OE HEROES ANO GODS 341
of the Community ; any violation of it brought down upon tfae
offender the vengeance of the entire group^ for the latter
regarded such sacrilege as a source of common danger.
Thus, the protection of the sanctuary came to be a legal
right even at a time when retribution for the crime itself was
left to the vengeance of individuals. The right of protection
afforded by the temple, however, was sometimes heid to exist
also in the case of the dwellings of persons of distinguished
power and esteem, particularly the dwellings of the chief and
of the priest. Indeed, prior to the existence of public
temples, the latter were doubtless the only places of refuge.
In this form, the beginnings of a right of refug<e date back
even into the totemic age. At that early time, however, the
protection was apparently due, not so much to directly
religious factors, as to the personal power of the indi-
vidual who afforded the refuge, or also, particularly in
Polynesia, to the * taboo * with whicK the upper classes were
privileged to guard their property. But, since the taboo was
probably itself of religious origin, and since the medicine-
man, and occasionally also the chief, could utilize demoniacal
agencies as well as his own extemal power, even the very
earliest forms of refuge were of the general nature of
religious protection. In some cases, the right of refuge
eventually became extended so as to be connected not only
with the property set apart for the chief or the priest but
also with the homes of inferior men. This, however, was
a relatively late phenomenon. Its origin is traceable to
the cult of household deities, first of the ancestral spints
who guard domestic peace, and then of the specific protectn«
deities of the hearth by whom the ancestral spirits
supplanted. As a rule, it was noit the criminal but ds
ing stranger who sought the protection of the hoiue. -lie
right to hospitality thus becamq also a religiously nncämei.
right to protection. The guest was no Icss secos a^a^^s-
the host himself than against all others. He ^ipr ±
protection afforded by the house, therefore, A»nk nrnci^' -"*
be interpreted as a transference of the
herent in sacred precincts. The pr
342 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
:hief was doubtless the beginning of what in its oompkse
ievelopment came to be household right in general.
The divine protection afforded by the sanctuary obvkMislT
3ffers but a temporary refuge front the aven£per. Tk
Fugitive again encounters the dangers of blood-revenge as
30on as he leaves the sacred precincts, Nevertheless, tlie
time that is thus made to elapse between the act and its
reprisal tempers the passion of the avenger^ and affords an
^pportunity for negotiations in which the hostile familics
DT clans may arrange that a ransom be paid in satisfaction
oi the crime that was committed. Moreover, the chief or
the temple priest under whose protection the fugitive places
iiimself, is given a direct opportunity for mediating in tbc
capacity of an arbitrating judge, and later, as the political
power gradually acquires greater strength^ for taking the
measures of retribution into his own hands. Revenge, thus,
is changed into punishment^ and custom is displaced by the
norm of law, which grows up out of repeated decisions in
the adjudication of similar cases.
Sojourn in a place of refuge resembles imprison-
ment in that it limits personal freedom. One might,
therefore, be inclined to suppose that, through a further
development other than that described above, the sanctuary
led to a gradual moderation of punishment by introducing
the practice of imprisonment. Such a supposition, however, is
not borne out by the facts. At the time when the transition
from the place of refuge into the prison might have taken
place, the idea of reducing the death penalty to the depriva-
tionof freedom was still remote. The value which the heroic
age placed on the life of the individual was not sufficiently
high to induce such a change, and the enforcement of prison
penalties would, under the existing conditions, have appeared
difficult and unccrtain. Hence imprisonment was a» yct
entirely unknown as a form of punishment. Though the State
had suppressed blood-revenge, it showed no less an inclination
than did ancicnt custom to requite not only murder but even
milder crimes with death. Indeed, in^smuch as the peace-
ful mode of setdemi -adually disappcared,
THE AGE OF HEROES AND GODS 343
it might be truer to say thät the relentlessness of the State
was even greater than that of blood-revenge. The oldest
penal codes were very strongly inclined to impose death
penalties. That the famous Draconian laws M Athens
became proverbial in this respect was due merely to the fact
that other ancient legal codes, though not infrequently more
severe, were still unknown. The law of King Hammurabi
punished by death any one who stole property belonging to
the court or the temple, or even to one of the king's
captains ; the innkeeper whia charged her guests extor-
tionate prices was thrown injo the water, and the temple
maiden who opened a wine-shop was bumed to death.
iWhoever acquired possession of stolen goods, or sheltered
a runaway slave, was put to death], etc. For every crime
that was judged to be in any way serious, and for whose
expiation ä money ransom was not adequate, the law knew
only the one penalty, death. The earliest law made no use
of custody except in connection with civil justice. The debtor
was confined in the house of the creditor. This simply
enforced the pledge involved in the shaking of hands at the
time when the debt was contracted— an act by which the
debtor vowed to be responsible for his debt with his own
person.
Tbe confinement of the debtor was at first a matter
that was left to individuals, and its original sanction was
custom ; later, however, it came under the supervision of the
legal System of the State. This suggested the adoption of
confinement in connection with other crimes^ in which the
death penalty appeared too severe a punishment and the
exaction of money one thät was too Ught, as well, primarily,
as too dependent upon the wealth of the guilty individual.
Contributory to this change, was a practice which, similarly
to confinement, was also originally an arrangement between
individuals, and was rooted in custom. I rcfer to the holding
of individuals as pledges, to the hostage, who gave security
with his own person for the promise et another. The
hostage is of the nature of a forfbit, guanmteeing in advance
the fulfilment of thie Obligation. For tkis iwson the holdinf
344 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
of hostages came to be practiscd nor merelr m tbe csed
property contracts but in connecdcxi vhh ererv poBU
(it)ligation of a private or a public nature. This denktpa^
was fiirthered by the fact that bostages came to be keU
in tinics of war^ and, as a resu!r, irere giren ib
lipon tho assumption of public duties. In both case^
riiHtody rhangcd from a private arrang^ement into i
puhlir coiircrn. This change ma'de it possible for a jodge
tu iinposc tlic pcnalty of imprisonment whenever tbe tnss-
>'.icssi()ii did not appcar to Warrant death. Imprisozundt
1*1 a prnalty that admits of no fewer degrees than doesa
linr. and lias thc advantage of being independent of th
n irlrvant ('ircuinstancc of thc wealth of the one who is coo*
«h'nuicd. Moroovcr, the restriction of arbitrary deprivatkns
of rnM'doni in favour of custody on the part of tfae political
power, inakes it possible to hold a suspect wfaose case
rr(|iiirrs rxaniination before a judicial verdict can be given.
Thiis arides the practice of confinement duringf investiga-
tion, an incidenlal form of legal procedure whicfa is
influenred by, and in turn reacts upon, the penalty of
imprisonment. Such confinement makes it possible to
executc the penalty of imprisonment in the case of thosc
whom investigation shows to be guilty. But this is not
its only important result. It also leads to those barbarous
methods which, particularly during the early stages of this
development, are connected with the infliction of the punish-
ment itself as well as with the preceding inquisitorial
activities. The public administration of justice is still
aflfected by the passion for vcngeance which comes down
from the earlier period of blood-revenge. To this coarser
sense of justice a merely quantitative gradation of punish-
ment is not satisfactory ; the punishment must rather
be made to correspond qualitatively with the crime that
has been committed. Hence the many different modes
of prison punishment— more numerous even than the modes
of inflicting the death penalty-and of the means of torture,
which are often cor -^ V ^hsh cunning. These
means of torture ' '^ *« inquisitional
: THE ACE OF HEROES AND r.ojy- .,| -
procedure ; thc cndeavour to fort? « i '>•?«• '•..'.', '^j ;-f?i Oi^f//
to become more severe, and 'J.-i -. *j.r. zks'.^x ^ym *h^
punishment itself. On the v.:.',>;^ •-,* .• ■-,i^^: -r- ->:?*'/ '/#
imprisonment was greaily to rei^.vr ".^ C'^.'-- y^-*/ '^''*
thus to contribute to more humar.': r:^«-. -.o-i. ".' >'-' '■"-" *
Nevertheless, it is impossible no: "^ r^v.y- •: "-^* " ^
result was preceded by aa increa.-..:.^ '.'-.•. / - '•- '^•"
that the prisoner was u/ider the cor.Ty. '-• - v-''
authority for a longcr period of tiiiiC >:'! •. ^ ' - > '^ -
of the means of punishment. How sIua;/.':, hj,\, v i,
say, how relatively humane, was blood-rc^r-Z'-- '* ' ' "^' *'
it was to demand life for life, in comparison -. r. --* y^^
law of the Middle Ages, with its methods o! J'^-' '^ '"''''^^
fession by means of the rack and of variO*-i- .'
physical suffering and of death penalties 1 * i v
The same is true of a further change '^^^^.^^^^^^^^^^
the passing of blood-revenge into punishment. \ - ^
likewise led to a decidcd restriction of tlic cl i.pj .*/ .
yet it also, no less than the forcing of ^^^^^^^^^"^i^^. ^j*^.
upon penal justice the Stigma of systcina-tic er . ^^^^
assumption of penal power on the part ^ r y. .jj.^^
judiciary, in conjunction with ihe possession ^^^ ^
control over the pcrson and life of the rn^ ^ T[, ^.^ -
the adoption of a principle which long* ^^^ ., , ^:^^hs^<
penal justice. This principle was drastica > ^--- ^^^^
the Priests' Code of the Israelites, •* Eye »'^^ ]'[^.,^^ '^
tooth." True, this /as talionis was airc<* .
m the custom of blood-revengc, and y^
which it here posscssed, * a life f o r
principle of just retribution, and not - ifgaig
by hate and cruelty. In the case of ^^^^^ ^ ^ ^ . "''^
over, the emotions of rcvenge wcrc xti^^^
3^ <ii53tSi««: «»'X-
the fact that considerations of P^^J^^^'l^ ^j^ , *.
Requital was sought for the loss ^^^^^'^
through the death of onc of its meixil>*=*^
might be satisfied with a money c<
sionally, with the adoption either of
the murderer, or, indeed, even o£ tbe
346 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
contrast with this, even the most severe physical injon
so long as they did not result in death, were orij^
always left to the retaliation of the individua). This letafr
tion was sought either in direct combat^ ot, in the herokip
proper, in a duel conducted in accordance with regulaä»
of custom. All this is changed as soon as the State aboli^
blood-revenge and assumes Jurisdiction over cases of muxder.
In the event of personal injuries, the judge determines die
sentence, particularly if the individual is unable for anj
reason to secure retaliation— having been rendered helpkss,
for example, through his injury, or being prevented by tk
fact of class diflferences. Under such circumstances h
is but natural that the principle, * a life for a fife/
which has been borrowed from the Institution of blood-
revenge and has been applied to the punishment far
murder, should be developed into a Scale of physica]
punishment representing the more general principle •likc
for like.' He who has destroyed the eye of another, must
lose his own eye ; whoever has disabled another's arm,
must have his arm cut off, etc. Other injuries then camc
to be similarly punished, even those of a moral character
to which the principle "eye for eye, tooth for tooth"
is not directly applicable. The band which has been
implicated in an act of sacrilege, such as the commis-
sion of perjury, is to be cut off ; the tongue which has
slandered, must be torn out. Originally, the death penalty
was employed all too freely. Hence this Substitution of a
physical punishment which spared the life of the offender
was doubtless in the direction of moderation. But^ since
this Substitution gave rise to cruelties that resulted in the
infliction of various sorts of death penalties, preceded and
accompanied by tortures, its original effect became reversed,
just as in the case of imprisonment. Moreover, the two
forms of punishment— imprisonment and death— and the
degree to which these were carried to excess differed accord-
ing to civilization and race. The /as talionis was the older
principle of punishment. It is more dosely bound up with
man's natural Impulse for ' ''tion, and therefore recurs
'X
i:
iii:
is
9.
a
ü
r£ THE AGE OF. HEROES AND, GODS 347
eveh within humane dvilizations, sometimes merely in
BUggestions but sometimes in occasional relapses which are
of a more serious sort and are due to the passion for revenge.
In fundamental contrast with the Mosaic law^ Christianity
repudiated the requital of like with like. Perhaps it was the
fear of violating its own principle that led it, in its later
development, to seek in the cruelties of severe prison
penalties a Substitute for the repressed impulse to revenge
which comes to expression in coarser conceptions of
justice. Nevertheless^ this Substitution was superior to
the inflexible severity of the jus talionis in that it
more eflfectively enabled milder customs to influence the
judicial conscience.
But tbere is still another respect in which the recedence
of the principle of retaliation gradually led to an advancc
beyond the legal conceptions characteristic of the heroic age.
The command for strict retribution takes into ccxisideration
merely the objective injury in which a deed results ;
to it, it is immaterial whether a person destroys another's
eye accidentally or intentionally. The same injury that
he has caused must befall him. Whoever kilb a man
must, according to the law of Hammurabi, himself
suffer death ; if he kills 2L woman, he is to be punished
by the death of his daughter. If a house coUapses,
the builder who constructed it must suffer death. For a
successful Operation, the physician receives a compensation ;
if the Operation falls, the hand that has performed it is
cut off. The same law determines both reward and pimish-
ment. Moreover, it includes within its scope even intellectual
and moral transgressions. The judge who commits an error
is to be dismissed from office in disgrace ; the Qwner who
neglects his field is to be deprived of it«
lo. The Differentiation of Legal FüHCnoKs.
The direct Impetus to ovcrcoming the dcfeds tka: -»--r»
inherent in penal justice as a result of it» hsrinf cci2'.ra-i--L
in the conflictt of individuals« did not camm free a :-*
E THE AGE ÖF. HEROES AND GODS 349
^fficialdom, orgänized on fixed principles and possessing
'wircfully defincd public priviteg«s. The people of the
«State, on the other hand^ are divided into definite classes
''m the basis of the duties demanded of theiti as well as of
>the rights connected with these duties. Thiese articulations
iOf political Society, which determine the Organization of
the army, the mode of taxation, and the right of participa-
tion in the government of the State, develop, as we have
already seen, out of totemic tribal Organization, as a result
of the external conditions attendant upon the mig^ations
and wars connected with the rise of States. But they also
cxhibit throughout the traces of Statutes expressing the
will and recording the decisions of individual rulers, though
even here, of course, universal human motives are decisive.
After the political powers of the State have been divided
and have been delegated to particular officials and official
Colleges, and after political rights have been apportioned
to the various cla:sses of society, the next Step consists
in rendering the Organization of the State secure by
means of a Constitution regulating the entire political
System. In the shaping of the Constitution, it cannot be
denied that individual legislators or legislative assemblies
played ä significant röle. Nevertheless, it must be re-
membered that it is solely as respects the form of State
Organization that the final and most comprehensive I^al
creation appears to be predominantly the result of^ the^ will
acts of individuals. The content of the Constitution is m
every respect a product of history ; it is determincd bjr om-
ditions which, in the last analysis, depend upon the general
culture of a nation and upon its relations with oihcr
peoples. These conditions, however, are so compkx that,
though every form of Constitution and all its modifications
may be regarded as absolutely involved in die causal ncxus
of historical life, the endless diversity of paitimbr amditioas
precludes Constitutions from being dassifiable according to
any universal principle. Constitutions can aC most be classa-
fied on the basis of certain analogies. Tte most influens»^
attempt at a genetic Classification of tfcc various historir
r ,,,.?'■,?''"'"« "'«• /cul . ^^ 'Potent a
-= THE AGE OF HEROES AND GODS 353
3the second view, on the contrary, assume an upward or
•"progressive tendency. If demons, fetishes^ and the animal
r or human ancestors worshipped in cult antedate gods^ the
: latter must have developed from the former. Thus, the
: views concerning the origin of gods may be classified as
z theories of degeneraiion and theories of development.
But the theories of degencration themselves fall into two
: classes. The one upholds an original monotheism, the basis
of which is claimed to be either an innate idea of God or a
revelation made to all mankind. Obviously this assumption
is itself more nearly a belief than a scientific hypothesis. As
a belief, it may be accounted for in terms of a certain religious
need. This explains how it happens that, in spite of the
multiplication of contradictory facts, the theory has been
repeatedly urged in comparatively recent times. Only a
Short time ago, even a distinguished ethnologist, Wilhelm
Schmidt, attempted to prove that such an original mono-
theism was without doubt a dominant beHef among
the so-called Pyg^mies, who must, in general, be classed
with primitive peoples. The argument adduced in support
of this view, however, unquestionably lacks the critical
caution otherwise characteristic of this invcstigator. One
cannot escape the conviction that, in this casc, personal
religious needs influenced the ethnological views, even
though one may well doubt whether the degencration theory
is a theory that is suited to satisfy such needs.« The second
class of theories adopts the view that the basis of all rcligicras
development was not monotheism but primitive poljrthcism-
This polytheism is supposed to have originated, at a rery
carly age, in the impression made by the starry «avcns,
particularly by the great heavenly bodies, the siin and the
moon. ^ Here for the first time, it is maintaincd, man -«-a?
confronted by a world far transcending his o«i rcarn cf
sense perception ; because of the multiplicity crf die sacr.v-rs
that were operative, it was not the idea of ooc ddrj bi: -_ir-
belief in many deities that was evoked. In ^rrfn^i ■? '-^r-
trast with the preceding view, this class of tfc^'*" *" r^r-"^^^^
' Concerning this allcgcd monotheism among ]
pp. 78 f.
24
'^^^«MVl^MBi
T
354 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
all further development as upward. Monotheism is kü
to be a refined religious product of earlier polytheistic co>
ceptions. In so far, the hypothesis represents a transitkc
to developmental theories proper. It cannot be countei
among the latter, however, for it holds to the origioalrr ;
of the god-idea, believing that this conception, which b ^
essential to all religion, was not itself the product i
development, but formed an original element of maus
natural endowment. Moreover, the theory attaches a dis-
proportionate significance to the transition f rom many go(b
to a Single god. It is doubtfui, to say the least, wheihc
the intrinsic value of the god-idea may be measured merdy
in terms of this numerical Standard. Furthermore, the fact
is undeniable that philosophy alone really exhibits an abso-
lute monotheism. A pure monotheistic belief probably ne\'er
e.\isted in the religion of any people, not even in that
of the Israelites, whose national deity, Jahve, was not
at all the sole god in the sense of a strict monotheism.
When the Decalogue says, ** Thou shalt have no other gods
before me," this does not deny the existence of g-ods other
than Jahvc, but merely prohibits the Israelites from
worshipping any other deity. These other gods, however,
are the national gods of other peoples. Not only do
these other tribal gods exist alongside of Jahve, but
the patriarchal sagas centre about individuals that re-
semble now demonic and now divine beings. The most
remarkablc of these figurcs is Jacob. In the account
of his Personality there seem to be mingled legends of
differing origin, dating from a time probably far earlier
than the developed Jahve cult. The scene with his father-
in-law, Laban, represents him as a sort of crafty märchen-
hero. He cheats Laban through his knowledge of magic,
gaining for himself the choicest of the young lambs by
constructing the watcring troughs of half-peeled rods of
wood—* a striking example of so-called imitative magic.
On the other band, Jacob is portrayed as the hero who
rolls from the well's mouth the stone which all the
servants of Laban could not movc. And finally, when he
~" THE AGE OF HEROES AND GODS 361
icw, namely, that the gods devcloped out of lower
— jrms of mythological thought. Here there are two
--^istinct interpretations. The first and the older is the
— iticesior iheory. This represents a particular form of
Lnimism, for the soul of the ancestor is thought to become
i god. The worship of the god, therefore, is held to havc
jeen originally a revcrence paid to the ancestor. The
main evidence for this view is found in the ancestor worship
which is actually being practised, among many peoples, even
at the present time. Prior to the Jahve religion, such a
cult is supposed to have prevailed even among the IsraeUtes.
Do not the patriarchs Abraham, Isaac, and Jacob appear
as the ancestors of the later tribes of Israel? More signifi-
cant still are the ancestor cuhs that have prevailed m
China and Japan since very ancient times. It should be
remembered, however, that these cults, wherever they occur,
represent bat more or less prominent Clements of more ex-
tensive mythological and religious conceptions. Hence the
ancestor theory, also, is an arbitrary construction based on
a presupposition which is in itself very improbable, name y,
that all mythology and religion must evcntually be traceable
to a Single source. The contention, for exaniple, ^^^^^.^^
Zeus or a Jahve was a human ancestor elevated mto a ei y
1 . . . 1 1 ;»^cr tUe conrirma-
is a completely arbitrary supposition, lacKing ^"'^
tion of empirical facts. , ^ .
T-- 11 , t f i«-^i* like the ancestor
Fmally, there is another theory wnicn, ^*«^^ bön^s
hypothesis, seeks to derive gods, or at l«f ^^, . m^C
generally regarded as gods, from more ^^^^^^?^ .
logical ideas. This theory, which was 'jX^deS
Hermann Usener, the most prominent ^^^Tf?*!^,^—^ . ,
of religion among recent classical ^ ^TL^^^^^^'
perhaps be referred to, in distinction from » ^ ^--^
ancestor hypothesis, as the dentort ^*f^ fcnwSfe?^'^^
of gods. Usener agrees with the "^ ^^'^ ^"^^ '^
assuming that the exalted celestial ^^ ^^^^ ^cc
the first of the higher beings ^^^ ^V ^7*^ ^:S. ^
worshipped in a cult, but that there ^"^^^ J"^^ ^
porary gods. Though these xomOf •^••■^ ^^*^^ i
Kj THE AGE OF HEROES AND GODS 363
p.fact, these * particular gods ' are only objectified emotions of
jjfear and terror. Spirits, in the sense of magical agents of
^•disease conceived as invisible beings, or occasionally imaged
j^in the form of fantastic though ever-changing animal
^shapes^ are not gods, but demons. The same holds true
:^.of the multitude of nature demons that infest field and
* forest and the vicinity of streams and gorges. Wherever
"■ myth has given these spirits definite forms, they reveal no
^ evidence of traits such as would constitute them individual
personahties. This, of course, does not imply that there are
no cases at all in which the indeterminate traits ascribed to
them are so combined as to result in individual beings. When
this occurs, however, we have already transcended the stage
of so-called ' particular gods.' Such beings as the Greek
Pan or the Germanic Hei must already be classed with gods
proper, even though they exhibit traits indicative of a demoni-
acal past ; for the narrowness of character which they mani-
fest results from the fact that they originated directly in a
particular emotion. Surely, therefore, the decisive emphasis
in the case of deity ideas in general must be plaoed on the
attribute of personality. Gods are personal beings, whose
characters reflect the peculiarity of the people who have
created them. We see in the god Jahve of the Israelites the
dear-cut lines of the stern god who threatens the disobedient,
but who also rewards the faithful. More impressive still is the
uniqueness of personality in those cases in which a multiplicity
of gods causes the development of diverse and partly opposed
characteristics in the various gods. How individual are the
gods of the Greeks with respect to one another. 1 Under the
influence of poetry every god has here become a clearly
dcfined personality, whose individuality was fixed by forma-
tive art. Thus, the error of the demon theory or, as it
might also be called, the three-stage theory, lies in the fact
that it effaces the essential distinctions between god and
demon, reUining as the chief characteristic of the multi-
tude of resulting deity-conceptions only the most external
quality, that of permanence. For the * god of a moment '
^ characterized merely by bis extreme transitoriness ; "
THE AGE OF HEROES AND GODS 365
-.ife without death and without sickness. There then
-ievclops, though doubtless gradually, the idea of some-
thing even more pcrfect than is involved in this merely
Negative conception of immortal and painless existence. But
at this point ideas begin to differ, so that, in reality,
the most universal characteristics of the gods are that
thcy know neither death nor sickness. There are occa-
^sional exceptions, however, just as there are with respect
:to the supra-mundane place of abode. The Greek as well
as the Germanic deity sagas represent the gods as possessing
a particular food and a parlicular drink, an idea connected
with that of the anthropomorphic nature of these gods. The
Germanic gods, especially, are described as capable of main-
taining their perfect life only by far exceeding the human
measure of food and drink. This, however, is but a sub-
Ordinate feature. More important is the fact that if, by
any unfortimate circumstance, food and drink are lacking,
the gods waste away and meet the universal lot of human
existence — death. But, even apart from this connection, the
Germanic sagas, or at any rate the poetry inspired by them,
teil of a decline of gods and of the rise of a new divine
hierarcfay. It is not to be assumed, of course, that this
represents an original element in Germanic mythology. All
records of Germanic deity sagas, as we know, date from
Christian times. Even though the ancient skalds, as well as
tlioae historians who regarded the saga as a bit of actual
history, may have made every effort to preserve for posterity
tbe memory of this departed world, they could, nevertheless,
hardly have avoided mingling certain Christian ideas with
tradition. In view of the actual decline of the former
gods, the thought of a Götterdämmerung, in particular, must
almost inevitably have forced itself upon them. At any rate,
inasmuch as this particular conception represents the gods as
subject to death, it contains an element that is bound up
with the anthropomorphic nature of the divine beings, though
''^. of course, is irreconcilable with the immortality
'V conceded to them. We are thus brought to the
.|H>rtant characteristic of gods, which is connected
366 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGV
with this very fact of their similarity to man. The god is
a Personality ; he has a specific personal character, which
gives direction to his will and leads him to send blessings
or misfortunes to mortals. These purely human charac-
teristics^ however, he possesses in an exalted and complete
measure. His will-acts, as well as the emotion from which
they spring and the insight by which they are guided^ are
superhuman in power. But this power is not equivalent to
omnipotence. This it cannot be by very reason of the
multi[Hicity of gods, each of whom has a particular sphere
of activity. Frequently, moreover, omnipotence is rendered
impossible by the idea— likewise carried over from the
terrestrial to the supermundane world— of a desiinj
an impersonal power behind the wills of gods no less
than those of men. This is a conception which deity,
beliefs inherit from the earlier demon beliefs. True, poly-
theistic myth itself takes a step in the direction of
transcending this limitation when it here also transfers the
conditions of the human order to the divine world, and
creates for the latter a monarch, a supreme deity ruiing
over gods and men. But this very projection of human
relations into the divine realm prevents the chief deity from
being an unlimited ruler. On the one hand, he shares
authority with a deliberative assembly consisting of the
remaining gods ; on the other band, even behind him there
lurk those demoniacal powers which, to a certain extent,
continued to assert themselves even after they had been
superseded by the gods. For here also it holds true that
whatever lives in folk-belief must retain a foundation in
myth. The advent of gods nowhere led to the complete
banishment of demons. What occurred was that, due to
the power of the gods, certain of the demons likewise
developed into mighty forces of destiny, though continuing
to remain impersonal.
Thus, the god possesses three characteristics : a special
dwelling-place, immortality, and a superhuman, though at
the same time a human, personality. Leaving out of regard
the tribute exacted even of ^^^ ^fods by the last-mentioned
- THE AGE OF HEROES AND GODS 367
of these characteristics, human nature, we have before us
the marks which distinguish tbe god both from the demon
and from the hero. The demon, however powerful he may
be, lacks the attribute of personality ; the hero, as
thoroughly human, shares the universal lot of man as regards
dwelling-place, length of life, and liability to sickness and
death. This places the god midway between the demon
and the hero, though, of course, by combining the attributes
of both, he is really exalted above them. The demon, in
the sense in which the Greeks employed this term, is a
fundamental element in the development of all mythologies.
There can be no doubt, moreover, that demons appeared
far earlier than gods, if we exciude from among the latter
those indefinite and transitory personifications of natural
phenomena that have wrongly been classed with them*—
such personifications as those of rocks, hills, clouds, stars,
etc., which were widely current even among peoples of
nature. According to a belief which has not entirely dis-
appeared even among cultural peoples, the soul teaves the
corpse in the form of a demon ; the wandering ghost is a
demon ; demons dwell in the depths, in the neighbourhood
of streams, in solitary ravines, in forests and fields, upon
and beneath the earth. They are usually threatening, though
sometimes beneficent, powcrs. In every instance, however,
they are absolutely impersonal embodiments of the emotions
of fear and hope, and it is these emotions, under the assimi-
lative influences of impressions of extemal nature, that have
given rise to them. Thus, demons are usually mimdane
beings, or, at any rate, have their abode near the surface of
the earth ; with few exceptions, the most distant realm which
they occupy is that of the clouds, particularly the dark rain
and thunder clouds. True, the heavenly bodies may mani-
fest demoniacal powers, just as may also the gods. As a
rule, however, celestial phenomena are far from belonging
to the class of demons proper ; they are too constant and too
regulär in their changes and movements to be thus included.
The activity of demons relates exclusively to the welfarc of
man. Hence it is but natural that donons shouki be primarily
368 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
man's co-inhabitants on earth. Usually invisible, they assume
sensuously perceptible forms only in the darkness of night,
or» more especially^ under the influenae of heightened
emotions. Sometimes they are audible even when invisibk.
Only in those narratives which teil of demoniacal beings
that are not immediately present do demons acquire fairly
definite forms. Thus, even soul belief s— which the fear of
the uncanny activity of the departed soul transforms directly
into a sort of demon belief— represent the soul in the form
of a bird, a snake, or of other specific * soul animals.* The
demons of sickness lurking within the diseased body are
usually portrayed as fantastic animals, whose monstrous
forms reflect the terrible distress and the torturing pains
of sickness. These animals hinder respiration and bore
into and lacerate the intestines. Thus, they objectify botb
the pain of the sickness and the fear aroused in the Com-
munity by the behaviour of the sick person. No less, how-
ever, can the Impression of the desert, the dark forest, the
lonely ravine, or the terror of an approaching storm cause
demons, which are in first instance invisible, to assume
definite shapes. Where there is a more highly developed
sense of nature, such as begins to manifest itself in the
heroic age, this objectification of impressions occurs not
only under the influence of strong excitement but also in
connection with the peaceful landscape. Here it gives rise
to more friendly beings, in the case of whom those charac-
teristics, at least, which made the original demon an object
of terror, are moderated so as to find expression in niagic of
a playful sort. This is the origin of satyrs, sylphs and fauns,
of gnomes, giants and dwarfs, elves, fairies, etc., all of whom
are debarred from personality by their very multiplicity, white
their generic character accurately reflects the mood which
led to their creation. The individualization of certain of
these beings is, in general, due to poetry. But even poetry
does not entirely succeed in freeing the demon from the
generic character which once for all represents its nature.
Thus, it is the contrast between genericalness and individual
personality that differeotiates the demon from the god.
THE AGE OF HEROES ANß GODS 369
Every gnome resembles every other, and all nymphs are
alike ; hence these beings are geaerally referred to in the
plural. Their multiplicity is such that they are imaged in
only indefinite torms, except in cases where particularly
strong emotions excite a more lively Imagination. Indeed,
they may be present to consciousness solely as a peoüiar
feeling associated with particular places or occasions,
such as is the case with the Lares^ Manes, and Penates
of the Romans, and with the similar guardian spirits
of the house and the field common among many peoples.
Some of these guardian spirits are not very. unlike the
ancestors of cult. But this only indicates that the
ancestor worshipped in cult also approximates to the demon,
acquiring ä more personal character only in occasional
instances in which memory has preserved with consider-
able faithfulness the traits of a particularly illustrious
ancestor. Here, then, we have the condition underlying
the origin of gods. Gods are universally the result of
a Union of demoniacal and heroic elements. The god is
at once demon and hero ; since, however, the demoniacal
element in him magnifies his heroic attributes into the super-
human, and since the personal character which he borrows
from the hero supersedes the indefinite and impersonal nature
of the demon, he is exalted above them both : the god
himself is neither hero nor demon, because he combines in
himself the attributes of both, in an ideally magnified form.
The resemblance of demons to gods is due primarily to
the magic power which they exert. The demons of sick-
ness torture and destroy men ; the cloud demons bring rain
and blessing to the fields, or plot ruin when rain does not
relieve the drought of the buming sun. By means of magic
incantations and ceremonies, these demons can be won over,
or, when angry, reconciled. Their own activity, therefore,
is magical, and, as regards the effects that it produces,
superhuman. In their fleeting and impersonal character,
however, they are subhuman. Since the dominant emotions
that call them into being are fear and terror, they are
generally regarded as enemies not only of man but even of
25
370 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
the gods. The struggle between gods and nature-demoDs is
a recurrent theme in the cosmogonies of all cultura] peopks.
This hostility between demons and gods is connected wiA
the contrast in the feelings evoked by darkness and radiaot
brightness. Hence the mighty nature-demons are, as a
rule, consigned to gloomy abysses, from which they risc
to the sky only occasionally;^ as, for example, in the case
of thunder-clouds. The abode of the gods, however, is in
the bright celestial realms, and they themselves aie
radiant beings upon whose activity the harmonious order
of nature and the happiness of mankind are dependeat
In the strife which the demons carry, on with gods,
they occasionally develop into counter-gods, as occuned
in the case of the Persian Ahriman and the Jewisb-Christian
Satan. Yet it is significant of the almost insuperable lade
of Personality characteristic of the demon, that even diese
cotmter-gods of darkness and evil are wanting in wie trai
which is indispensable for a completely developed personality
— namely, changes in motives and the capacity to determine
at will the nature of these changes. Herein, again, is
reflected the fact that the demon has but a Single souroe—
namely, fear.
Very different from the relation of the god to the demon
is his relation to the hero. The hero, to a greater eztent
even than the god, is the complete opposite of the demon.
For the hero is an idealized man. He is subject to all
human destinies, to sickness and death, to afflictions of the
soul, and to violent passions. Yet in all these instances the
experiences are of a more exalted nature than in the case of
ordinary human life. The life as well as the death of the
hero are of wide import ; the effects of his deeds extend
to distant lands and ages. But it is just because the hero
is the ideal man himself that he possesses all the more
markedly the attribute which the demon lacks— namely,
Personality. This, of course, does not prevent his character
from exhibiting generic differences and antitheses. 3ut
herein also the hero is only the idealized counterpart of
man» for, despite all its uniqueness aijid individuality, man's
THE AGE OE HEROES AND GODS 371
character usu^Uy conforms to certaia types. Thus, legend
introduces the strong, all-conquering hero, and, in contrast
with him, the hero who is resourceful and overcomes his
enemies through subtle cnnning. It teils of the aged man,
superior in wisdom and experience, and also of him who,
in the iinbroken strength of youth and with stormy passion,
overthrows all opponents. It further portrays the hero who
plots evil, but who is nevertheless characterized by a
sharply defined personality.
When we survey these varions heroic figures in both
their generic and their individual aspects and compare
them with the god-personalities, we are Struck by, the
fact that the god was not created directly in the
image of a man, but rather in that of the hero, man
idealized. It is the hero who gives to the gods those
very characteristics which the demon lacks from the
outset. Of these, the most important are personality, self-
consciousness, and a will controlled by diverse and fre«
quently conflicting motives. This multiplicity of motives
has a close connection with the multiplicity of gods. Poly-
theism is not an accidental feature which may or may not
accompany the belief in gods ; it is a necessary transitional
stage in the development of the god-idea. Folk-beliefj^
which never frees itself entirely from mythology, always
retains a plurality of divine beings. Hence true monotheism
represents a philosophical development of the god-idea.
Though this development was not without influence on the
theological speculation which was dominated by traditiooal
doctrines, it was never able to uproot the polytheistic
tendency involved in the god-idea from the very beginning.
There are two sources from which this tendency. Springs.
Of these, one is extemal and, therefore, though of great
importance for the beginnings of religious development, is
transitory. It consists in the influence cxerted by the
multiplicity of natural phenomena, through the nature myth,
upon the number of gods. More important and of nK)re
permanent significance is the second or internal motive,
namely, the fact that the psychical needs that come to expres«
372 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
sion in the demand for gods are numerous. There caimot
be a Single god-ideal any more than a single type of heio.
On the contrary, as heroes exhibit the diversity of human
effort on an exalted plane, so, in turn, does the reakn of
gods represent, on a still higher level, the world of heroes.
This advance beyond the hero-ideal becon^s possible to
the mythological imagination only because the very endea-
vour to exalt the hero above the human itself brought
the hero-idea, at the very time of its origin, into con-
nection with the demon-idea. For the demon is a super-
human being, magic-working and unpredictable, aflfecting
in mysterious ways the course of nature and of human
destiny. But it lacks the familiär human traits which make
the hero an object not only of fear but also of admiration
and love. Thus, the fusion of hero and demon results in
the final and the greatest of mythological creations, the
conception which represents the birth of religion in the
proper and ultimately only true sense of the word, I refer
to the rise of gods.
The god-idea, accordingly, is the product of two com-
ponent factors. One of these, the demoniacal, has had a
long history, extending back to the beginnings of mytho-
logical thought ; the other, the heroic, begins to assert itself
the very moment that the figure of the hero appears. This
implies that god-ideas are neither of sudden origin nor un-
changeable, but that they undergo a gradual development.
The direction of development is determined by the relation
which its two component factors sustain to each other.
The earliest god-ideas are predominantly demoniacal in
nature— personal characteristics are few, while magical
fcatures are all the more pronoxmced. Then the heroic
element comes to the fore, until it finally acquires such
dominance that even the magical power of the god appears
to be a result of his heroic might, rather than a survival
of the demoniacal nature which was his from the very
beginning. In connection with this change, it is sigtiifi-
cant to note that, as the god loses his original demoniacal
character^ he comes to be attended by subservient beings
THE ACE OK HEROES AND CODS 373
who remain, in every respect, demons. On thc one haiifl,
these beings execute the divine commands ; on the othcr
hand, however—as an echo, one might say, of the age of
demons which prccedes that of gods— they arc superior cvcn
to the gods in that they possess magical powers. These
beings must be regarded as suTviv2ds of the age of demons.
Between them and the gods proper there are intenr.cdiatc
beings, just as there are between heroes and god.% those of
the latter sort being exemplified particularly by such heroes
as have been exalted into deities. Inasmuch as all thc
intermediate forms that arise in the course of this transition
continue in existence even up to the culmination of the
development, the gods constantly become more numerous.
Side by side with the gods, demons maintain their sway.
At times, they contend with the gods ; in other instances,
they are subservient to them ; again, as in thc carü«t
periods of mythological thought, they are without any kz^/»-
ledge whatsoever of the existence of gods. Tr.* trrrj alv.
is invariably associated with the god. \^ '-^^ "^^^ jsfJ-s:^
of the heroic age, therefore, the realm of gr/Ä v.^ C:i-
appears. Though the religious development täfic tzsfut
have their origin in deity beliefs, they ncvcnaftcrs oa^tar-:
the original nucleus of these beliefs— namclj. -ac jvä -.^ä-/.-
selves— or, at any rate, they retain gods cacjr 21 i r.*^' /
altered form.
That gods belong essentially to the kenic 2^ «--iv-;«.^.
also in the fact that the divine reah=i mnnr^ x -u--^..
the relations of political society devekioei äm-^s?::!*--::
the beginning of the heroic age. Tbc -ptttä zf r,-. -^.^
wise forms a divine State. It is at
that the tribal gods of various
cnce of the ancient tribal organiTanm t^
State. In the supremacy of a singk pc- ä^-
of rulership, which is basal to tbc
to the divine realm. This is trae
cxercises command over a subserr^c lac _ tx .
subordinate gods, or whether he -■■& «^ :. .: . ^
of independent gods, who. nf^B^^^ -ä 1.-:;^-^ ^ ^
374 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
Council, such as is found associated with the earthly rukr, |
and^ in part, since the differcnt gods possess diverse poweis, \
a sort of celestial officialdom. Finally, the multiplicity of :
independent States is mirrored in the multiplicity of the ;
independent realms niled over by the gods. The dif-
ferentiation, in this latter case, corresponds with the
main directions of human interest. The development is
influencedy moreover, by those natural phenomena that havc
long factored in the capacity of assimilative elements.
Over against the bright celestial gods are the subter-
ranean gods who dwell in the gloomy depths. For the
inhabitants of the sea-coast and of islands, furthermore,
tliere is a niler of the sea. The importance of the
god of the sea^ however, is subordinate to that of
the ruiers of the celestial and the nether worMs, so that
those over whom he holds sway never develop into clearly
defined personalities, but always retain more of a demoniacal
character. All the more important, therefore, are the con-
trasts between the celestial and the nether worlds, as the
two realms which include the real destiny of man. At
death, man must enter the nether world ; to rise from the
gloom of this realm of the dead to the heaven and immor-
tality of the celestial gods becomes his longing. Thus,
deity beliefs enter into reciprocal relations with soul con-
ceptions. The further stages of this development carry
US far beyond the heroic age, and reflect the influence of
a diversity of motives. The discussion of this point will
occupy our attention in later pages.
12. The Hero Saga.
If the gods be described as personalities, each one of
whom possesses a more or less definite individuality, it
19 at once evident that the conception of an animated natural
phenomenon— the idea, for example, that the setting sun
is a being which a dark cloud-demon is devouring— can-
not in and of itself as yet be called a god-idea. Just
as the character of a man may be known only from the
manner in which he reacts towards the objects of his experi-
THE AGE OF HEROES AND GODS 375
ence, so also is tlie nature of a god revealed only in bis life
and activity, and in the motives that dctennine his conduct.
Tbe character of the god is expressed, not in any Single
mythological picture, but in the myth or mythological tale,
in which the god figures as a personal agent. It is significant
to note, however, that the form of myth in which god-ideas
come to develojHnent is not the deity saga, in the proper
sense of the term, but the hero saga, which becomes a com-
bined hero and deity saga as soon as both gods and heroes
are represented as participating in the action. The deity
saga proper, which deals exclusively with the deeds of gods
and demons, is, as we shall see below, only of secondary and
of later origin. It is not to such deity sagas, therefore, that
we must turn if we would kam the original nature of gods,
This circumstance in itself offers eztemal evidence of the
fact that gods did not precede heroes, but, conversely, that
heroes preceded gods. Or, at least, to be more accurate,
the idea of the divine personality was developed in con-
stant reciprocity with that of the hero personality, in such
wise, however, that with reference to details the hero paved
the way for the god, and not conversely.
But how did the idea of hero arise? Was it a free
and completely new creation of this age, based merely on
actual observations of individuals who were paragons of
human ability? Or did it have precursors in the totemic
era? As a matter of fact, this second question must be
answered unqualifiedly in the affirmative. The hero was not
unknown in the preceding age. At that time, however, he
was not a hero in the specific sense which the word first
acquired in the heroic age ; on the contrary, he was a
märchen-hero, if we may use the word * hero * in connection
with the concepts of this earlier period. On the threshold
of the heroic age, the märchen-hero changes into the
hero proper. The former represents the central theme of
the earlier form of myth narrative, the märchen-myth,
as does the hero that of the roore devdoped form, the
saga. The marks that distinguith the märchen*hero, as
he still survivcs in children*s Ules, from the hero of saf
376 ELEMENTS OK FOLK PSYCHOLOGY
are important ones and are f raught with' sigluficasce k
the development of myth as a whole. The maFcfaen*hen
is usually a c/iUd. In the form in which he gradoiBf
approximates to the hero proper, he is more espedaUy, is
a nile, a boy who goes forth into the world and meets w&
adventures. In these adventures, he is aided by varx»
powers of magic, which he either himself possesses or whid
are imparted to him by friendly magical beingts. OppoiA
to him are hostile, demoniacal beings, who seek his destnK-
tion. It is in their overthrow that the actioa usually cos-
sists. Thus, fortime comes to this hero, in great part, fron
without, and magic plays the decisive r61e in his destrny;
his own cunning and skill may be co-operatingf factors, bot
they rarely determine the outcome. Not so the hero of die
sagä. This hero is not a boy, but a man. The Imvoiirite
theme of the saga is particularly the young man in Ae
bloom of life. In his acts, moreover, this hero is dependent,
for the most part, upon himself. True, he, as weU a^ the
märchen-hero, is familiär with magic and miracle, but it
is primarily by his own power that he overcomes the
hostile forces that oppose him. A suggestive Illustration
of this is Hercules, that figure of Greek saga who is pre-
eminently the typical hero among the most diverse peoples
and in widely different ages. Hercules is an entirely self-
dependent hero. He indeed performs mar\'ellous deeds, but
these are never more than extreme instances of what an
ordinary man might do were his strength multiplied a
hundred or a thousand fold. Hercules is not a magician,
but a being of transcendent power and strength. As such,
he is able even to carry the weight of the sky on bis
Shoulders ; as such, he can overcome monsters, such as
the Nemean lion and the Lernaean hydra, or bring
Cerberus, the most terrible of these monsters, from the
nether world. These are deeds which surpass every measure
of human power, but which nevertheless still lie in the
general plane of human actions. Thus, just as the magic-
working boy was superseded by the man of might, so also
does the tiue magical hero disappear from mytiiolögy. The
THE AGE OF HEROES AND GODS 377
saga, then, differs from the märchen-myth in the character
of its bero. The Hercules saga itself, however, is an Illus-
tration of the fact that the former may have no connection
whatsoever with historical events, any more than has the
latter. Moreover, the earliest sagas, particularly, not infre*
quently still remind one of the märchen in that they are
obviously a composite of several narratives. Of this fact
also, the saga of Hercules offers a conspicuous example. The
deeds of the hero appear to have but an accidental connection
with one another. True, later sagas represent these deeds
as adventures which the hero undertook at the command of
King Eurystheus of Mycene. But even here we obviously
have only a loose sort of framework which was at soroe later
period imposed upon the original tales in order to bind the
cyde together as a whole. It is not improbable that these
various sagas of a hero who vanquished monsters, rendered
lands habitable, and performed other deeds, originated inde*
pendently of one another, Not only may their places of
origin have been different, but their narratives may have had
their settings in different localities. Possibly, therefore, it
was not until later that the sagas were combined to portray
the character of a single individual, who thus became
exalted into the national hero. But, though the hero
saga resembles the märchen in the fact that it grows
by the agglutination of diverse legendary materials, it
differs from it in the possession of a characteristic which is
typical of this stage of devetopment. That which binds
together the separate etements of the hero saga is a unitary
thought, generally associated with great cultural changes
or with historical events.
There is a further differenti^C of the saga as compared
with the märchen. Wherever magic enters into the saga
to affect the course of events, the chief vehicle of magical
powers is not the hero himself— at most, he has been
equipped by others with magical powers and implements.
Such demoniacal powers as the saga may introduce into
its narrative are usually vested in accessory persona.
This fact is closdy connected with the self-dependent
378 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
character of the hero-personality^ wfao may, it is tm
employ magic in so £ar as he has received such povcr
from external sources^ but who himself possesses höbe
but human attributes. The saga of the Argonaots» ioc
example^ is so replete with magic as not to be surpassei
in this respect even by the magical märchen. Moreover,
the various elements incorporated in the saga are aB
pure märchen motives— the golden fleece^ the taUdng
ship, the closing cliffs, as well as the sorceress Medea and
the whole wonderland of Colchis. Those who man die
Argo, however, are not magicians, but heroes in the strictly
human sense of the word. The same fact Stands out eves
more strikingly in the case of the saga of Odysseus, at any
rate in the form in which the Homeric epic presents it. We
may here discern an entire cycle of tales, whose separate
elements are also to be found elsewhere, s<nne of them
in Wide distribution. But in the midst of this märchen-
world Stands the absolutely human hero, contrasting with
whom the fabulous events of the narrative run their course
as a fantastic show. The hero overcomes all obstacles
that block the course of his journey by his own nevcr-
failing shrewdness and resourcefulness. Herein again
the märchen-myth gives evidence of being prepaiatory
to the hero saga. At the time when the hero ideal
arose, the old märchen ideas were as yet everywhere
current. Together with the belief in demons and magic,
they, alsO; found their way into the heroic age. For a long
time they continued to be favourite secondary themes, intro-
duced in portraying the destiny of heroes. Nevertheless
märchen ideas became subordinate to the delineation of
heroic figures^ whose surpassing strength was described, very
largely, in terms of victory over demoniacal powers. Thus,
in the course of the development, the heroic elements
gradually increased ; the märchen ideas^ on the other band,
disappearedj except when some poet intentionally selected
them for the enrichment of his tale, as was obviously done
by the aufhor of the Odyssey.
The disappearance of the elements derived from the
■ THE AGE OF HEROES AND GODS 379
I märchen-myth, however, must in part be attributed to
(1 another factor. This factor, which is closely bound up with
I the entire culture of the heroic age, consists in the increasing
I influence of historical recoUectlons. Particularly illmnina-
I tive, as regards this point, are the Greek and Germanic sagas.
The sagas of Hercules and the Argonauts^ which, from this
point of viewy belong to a relatively early stage, are purely
mythical creations. So far as one can see, no actual events
are referred to by them. The Trojan saga, on the other
handy dearly exhibits the traces of historical recollections ;
its historical setting, moreover, seems to cause the events
that transpire within it to approximate more nearly to the
character of real life. Even here, indeed, ancient magical
motives still cast their fantastic shadows over the narrative.
Occasionally, however, the miracle appears in a rationalized
form. The magician of the märchen gives place to the seer
who predicts the future* What the miracle effected is now
accompUshed by the overpowering might and the baffling
cunning of the strong and wily hcro. In this change, .the
external accessories may sometimes remain the same, so
that it is only the inner motives that become different.
Thus, it is not impossible that the wooden horse whicU
was said to have been invented by Odysseus and to have
brought into Troy the secreted warriors of the besieging
hosts, was at one time» in märchen or in saga, an actual
magical horse, or a help-bringing deity who had assimied
this form. In this case, the poet may possibly be pre-
senting a rationalistic reinterpretation of an older magical
motive, with the aim of exalting thfe craftiness of his hero.
In the account of Achilles* youth, on the other band, and
in the story of Helen which the poet takes as his starting-
point, the märchen-idea of the saga obviously affects the
action itself, though it is significant tö note tliat these
purely mythical features do not belong to the plot so
much as to its antecedent history. In so far as the heroes
directly affect the course of action, they are portrayed
as purely human. The same is true of the German
Niebelungen saga. Just as Achilles, a mythical hero not
3Ö0 tLEMEKTS Of FOLK PSVCHÖLÖGY
all unlike the märchen-hero, wacs taken over into theU^I
torical saga, so also was Siegfried. But here again 4e 1
märchen motives, such as the fight with the dragon, Sm|>
fried*s invulnerability through bathing' in its blood,tii
helmet of invisibility, and others, belong to the pzst liMj \
of the hero^ and are mentioned only incidentally in 4i '
narrative itself . By referring these specifically mirdA
miracles to the past, the saga seems to say^ as it wexe, dtt
its heroes were at one time märchen-heroes.
In this course of development from the purely mytidal
to the historical^ the saga may approach no xnore closdf
to historical reality than does the purely mythical tik.
But while this may be the case, it is nevertheless tnxe thit
the saga more and more approximates to that whicfa is
historically possible. Moreover, it is not tfaose sagv
which centre about an historical hero that are particulirljr
apt to be free from elements of the original märchen. Vöy
often the reverse is true. An original märchen-hero may
become the central figure of an historical saga^ and, con-
versely, the account of an historical personality may become
so thoroughly interwoven with märchen-likfe tales of all
sorts that history entirely disappears. A striking anti-
thesis of this sort occurs in Germanic mythology. Com-
pare the Dietrich saga with the later development of
the Niebelangen saga in the form rendered familiär by
the Niebelungenlied. Siegfried of the Niebelungen saga
originates purely as a märchen-hero ; Dietrich of Bern
is an historical personage. But, while the Niebelungenlied
incorporates a considerable number of historical Clements—
though, of course, in an unhistorical combination — the Diet-
rich' of the saga retains little more than the name of the
actual king of the Goths. There are two different conditions
that give rise to sagas. In the first place, historical
events that live in folk-memory assimilate materials of
ancmit märchen and sagas, and thus lead to a connected hero
iaga. Secondly, an impressive historical personality stimu*
lates the transference of older myths as well as the creation
of others» thou^ these, when woven into a whole, resemble
a märchen-cyde rather than a hero saga proper.
THE AGE OE HEROES AND GODS 381
An important intennediate phenomenon of the sort just
mentioned, is not infrequently to be found in a specific
form of myth whose general nature is that of the hero
saga, even though it is usually distinguished from the latter
because of the character of its heroes. I refer to the retigious
Ugend. Some of these legends, such as the Buddha, the
Mithra, and the Osiris legends, border upon the deity saga.
Nevertheless, the religious legend, as exemplified also in the
mythological versions of the life of Jesus, represents an off-
shoot of the hero saga, springing up at those times when the
religious Impulses are dominant. That it is a hero saga is
evidenced particularly by the fact that it recounts the life and
deeds of a personality who is throughout exalted above
human stature, but who, nevertheless, attains to divinity only
through his striving^ his suffering, and his final victory. In
90 far, the religious hero very closely resembles the older
class of heroes. Nevertheless, instead of the hero of the
faeroic period, pre-eminent for his extemal qualities, we
have the religious hero, who is exalted by his inner worth
intx) a redeeming god. But it is only because these divine
redeemers fought and conquered as men— a thing that would
be impossible to gods proper who are exalted from the
beginning in supermundane glory— -that they constitute heroes
of saga, in spite of the fact that they fought with other
weapons and in other ways than the heroes of the heroicl
age. And, therefore, none of these redeemer personalities»
whether they have an historical background, as have Jesus
and Buddha, or originate entirely in the realm of the mytho-
logical imagination, as in the case of Osiris and Mithra,
belong to the realm of the saga once they are finaUy elevated
into deities. Even Buddha's retum in the endless sequence
of ages is not to be regarded as an exoeption to this rule,
for the hope of salvation here merely keeps projecting into
the future the traditional Buddha legend. The redeeming
activity of the one who is exalted into a god is to be
repeated in essentially the same maimer as the saga reports
it to have occurred in the past.
Contrasting with the rodcmption legend is ^^
!•
*
[1:
f.I Vi
tii
!i
382 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
legend. The former portrays the fortunes and final victoiy
of a god in the making ; the latter teils of the awakening d
a human being to a pure religious life, of bis temptations and
sufferings^ and his final triumph. Thus, it has a resemblana
to the redeemer legend, and yet it differs from it In that its
hero remains human even when he ascends into heaven
to receive the victor's crown ; the lot that thus befalk
him is identical with that of all the devout, except that
he is more favoured. This leads to further düferences.
The hero of the redemption legend is conscious of his mis-
sion from the very beginning ; in the case of the saint,
conversion to a new faith not infrequently forms the Start*
ing-point of the legend. Common to the two fonn%
however, is the fact that suffering precedes the final trium]^
The traits that we have mentioned constitute the essential
difference between these forms of the legend and the hero
saga proper. The latter, also, is not without the element of
suffering ; the Greek saga has developed the specific type
of a suffering hero in the figure of Hercules, as has the
German saga in that of Balder. In the case of religious
legends, however, the strife-motives of the saga are trans-
ferred to the inner life ; similarly, the suffering of the saint,
and especially that of the redeemer, is not merely physica)
but also mental. Indeed, the original form of the Buddha
legend, which is freest from mythological accretions, is an
? ! : Illustration of the fact that this suffering may be caused
exclusively by the evils of the world to be redeemed.
.; ri The suffering due to a most intense sympathy is so intimate
a part of the very nature of the redeeming god-man, that it
is precisely this which constitutes the most essential differ*
ence between the religious legend and the ordinary hero
«j; l| saga, whose interest is centred upon the actions and motives
\ U of cxtemal life. And yet the extemal martyrdom of the
I, ij: redeemer intensifies this difference in a twofold way. In
!;! I the first place, it directly enhances the impression of the
.\ ', inner suffering ; secondly, it gives heightened expression
* i both to the evil which evokes the sympathy of the redeemer,
I |i and to the nobility of this sym^^thv itself. In all of these
1'^
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THE AGE OE HEROES ANG GODS 383
characteristics, however, the redemption legend belongs to the
following era rather than to hero saga and the heroic age.
^ The Saint legend exhibits a number of essential differ-
ences. It is f requently only through a miracle of conversion,
due to external powers, that the saint becomes holy ; more-
over, it is not, as a rule, through miracles of his own Perform-
ance that he manifests himself as a saint in the course of
his later life and sufferings. The miracles that transpire
come as divine dispensations from without, whether they
effect his conversion or Surround him, particularly at the
close of his life's journey, with the halo of sanctity. Thus,
to whatever extent the saint may come, in later cult, to super-
sede the protective undergods and demons of early times,
he nevertheless remains hiunan. It is for this very reason,
however, that magic and miracte gain a large place in his
life. The latter is all the more possible by virtue of the fact
that the mythological Imagination is not bound by any fixed
tradition, and need, therefore, set itself no limits whatsoever
either in the number of saints or in the nature of their
deeds. Moreover, the legend is almost totally lacking in
those factual elements which the hero saga acquires, in its
later development, as a result of the historical events that
are woven into it. This is not the case with die legend.
Here it is at most the name of an historical personality that
is retained, while everything eise clearly bears the marks of
imagination and of myth creation. Hence the saint legend is
not to be counted among the factors that imderlie the develop-
ment from the purely mythical tale to the saga, whose
content, though not real, is at any rate possible. On the
contrary, the tendency of the saint legend is retrogressive,
namely, toward a return to the märchen stage of myth.
This is all the more true, not merely because elements that
are generally characteristic of märchen are disseminated
from legend to legend, but also because the saint legend
appropriates widely current märchen conceptions. Märchen
of very diverse origins found their way into the Christian,
as well as the Buddhistic, legends ; moreover, occasional
Buddhistic legends, with the clear marks of an Oriental
384 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
origin upon them, were changed into Christian Itgayk
ThuSi the saint legend combines two characteristics. Ai
compared with the hero saga, its motives are internalized ;
moreover^ it represents a decided relapse into the pm
märchen form of myth. Though apparently contradictory,
these characteristics are really closely related^ inasmuch as
the internalization of motives itself removes any barriers im-
posed by historical recoUection upon the free play of the
mythological imagination.
13. COSMOGONIC AND THEOGONIC MYTHS.
In view of the relationship of heroes and g-ods, not only
with respect to origin but also as regards the fact that
they both embody personal ideals, it would appear but
natural^ having treated of the hero saga, that we inquire at
this time conceming the corresponding deity sag^a. A search
for the latter, however, will at once reveal a surprising fact.
There is no deity saga at all, in the sense in which we have
a hero saga that has become a favourite field of epic and
dramatic poetry. The reason for this lack is not difficuit
to see. There can be no real deity saga because, in so far
as gods possess characteristics which differentiate them from
men, and therefore also from heroes, they have no history.
Immortal, unchangeable, unassailable by death or sickness,
faow could experiences such as befall the hero also be the
lot of gods? If we examine the narratives that approach
somewhat to the deity saga, we will find that they consist,
not of a connected account of the experiences of the gods,
but of isolated incidents that again centre about human
life, and particularly about the beneficent or pemicious
intervention of the gods in the destinies of heroes. We
may recall the participation of the Greek gods in the Trojan
war, or the interest of Jahve, in Israelitic saga, in the
fortunes of Abraham, Jacob, etc. These are isolated occur-
rences, and not history ; or, rather, we are given the history
of heroesi in which the gods are at times moved to inter«»
vene. In so fiar, therefore, as there are approximations to
deity saga, these, in their entirety, are woven into hero saga ;
THE AGE OF HEROES AND GODS '385
apart from the latter, thc former but report particular actians,
which may, doubtiess, throw light on the personal character
of the gody but which of themselves do not constitute a
connected history. Greek mythology offers a clear illustra*
titn of this in the so-called Homeric hymns. These hynins
mitst not be ascribed to Homer or merely to singers of
Homeric times. ^ They are of later composition, and are
designed for use in cult. Their vahie consists precisely in the
fact that they portray the god by reference to the various
directions of his activity, thus throwing light partly on the
nature of the god and partly, and especially, on his bene-
ficent ruiership of the himian world. It is this last fact
that gives these poems the character of religious hymns.
Nevertheless, there is one class of myths in which the
gods themselves actually appear to undergo experiences. I
refer to those sagas and poems which are concemed with the
birth of the gods, and with the origin of their ruiership over
the World and over the world-order which they have created,
namely, to the cosmogonic and theogonic myths. These
myths relate solely to a worM of demons and gods, and they
deal, as a rule, with an age prior to the existence of man,
or with one in which the creation of man is but a' Single
episode. Again, however, one might almost say that thc ex-
ception proves the rule. For upon close examination it twU
be found that the gods who figure in these cosmogonies are
not those with whose traits the hero saga, and the hymno-
logy connected with it, have made us familiär. The gods
whom the cosmogonic myths portray differ from those
who Protect and direct human life. They are not real
gods, even though they bear this name, but are powerful
demons. Except in name, the Zeus of Hesiodic theogony
has scarcely anything in common with the Zeus of the
Homeric hierarchy of gods. This fact does not reflect any
peculiarity of the poet, as it were, but is due to the nature
of the subject-matter itself. Even though thfeogonic myths
were not elaborated into poetle form until a relatively latc
period, they are nevertheless of a primitive nature.
Analogues to them had existed among primitive peoples I
36
"^ THE AGE OF HEROES AND GODS '387
'*' arose, whose outcome was a peaceful condition of things.
^' This is a cosmogonic myth whose essential elements belongi
^ to the same circle of ideas as the cosmogony of the Greeks.
^ In the latter also, Uranus and Gsea are said to have held each
' other in an embrace, as the result of which there came the
* race of the Titans. One might regard this as a case of trans-
' ference were the idea not obviously a grotesque development
of a märchen-motive found even at a mbre primitive period.
According to the latter, heaven and earth were originally
in contact, and were first separated by a h\iman being of
prehistoric times— an idea undoubtedly suggested by the
roofing-over of the hut. The Babylonian myth gives a
different version of the same conception. It ascribes
the Separation of heaven and earth to the powerful god
Mardtik; who cleaves in two the original mother Thiamat.
From one part, came the sea ; from the other, the celestial
ocean. As in many other nature myths, heaven is here
conceived as a great sea whieh forms the oontinu^tion, at
the borders of the earth, of the terrestrial sea. This then
suggiests the further idea that the crescent moon is a boat
moving over the celestial ocean.
In all of these myths the gods are given the charac-
terbtics of mighty demons. They appear as the direct
descendants of the ancient cloud, water, and weather demons,
merely magnified into giant stature in correspondence with
their enormous theatre of action. Thus, as regards content,
these cosmogonic myths are märchen of a very primitive
type, far inferior to the developed märchen-myths, whose
heroes have already acquired traits of a more personal sort.
In form, however, cosmogonic myths strive towards the
gigantic, and thus lie far above the level of the märchen-
myth. Though the complete lack of ethical traits renders
the gods of cosmogonic myths inferior in sublimity to gods
proper, they nevertheless rival the latter in powerful achieve-
ment. Indeed, however much cosmogony may fail'to give
its gods the c^racteristics requisite for true gods, it does
inevitably serve to enhance the divinc attribute of power. A
further similarity of cosmagonic and theogonic myths f
i
388 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
most primitive marchen-myths appears in thc fact that tta
sccm directly to borrow certain elements from widel)fr
seminated märchen-motives. I mention only the story ol
Kronos. Kronos, according to the myth, de\-oun te
children. But his wife, Rhea, withholds the last of these-
namely, Zeus— giving him instead a stone wrapped in linen;
hereupon Kronos gives forth, together with the stone, a!
the children that he had previously devoured. This is i
märchen of devourment, similar or derivative forms of whü
are common. For example, Sikulume, a South African
märchen-hero, delays pursuing giants by throwing bchind
him a large stone which he has besmeared with fat ; d«
giants devour the stone and thus lose trace of the fugitivc.
But there is also other evidence that cosmogonic myths «t
of the nature of märchen, magnified into the immense aod
superhuman. In aknost all such myths, particularly in tbe
more advanced forms, as found among cultural peoples, an
important place is occupied by iivo conceptions. The fiist
of these conceptions is that the creation of the world was
preceded by chaos. This chaos is conceived either as a ter-
rifying abyss, as in Germanic and particularly in Greck
mytholog>% or as a world-sea encompassing the earth, as in
the Babylonian history of creation. In both cases we find
tdeas of terrible demons. Sometimes these demons are said
tx> romain on the earth, as beings of a very ancient timc
ÄntoctHiing the creation— examples are Night and Darkness,
<loj\^ribotl in Greek mythology as the children of Chaos.
Othcr ni>^h,< n^prcsent the demons as having been overcome
by th<^ wKMM-ore^ting god. Thus there is a Babylonian saga
Hm9 tr5U \Nf an original being which enveloped the earth in
iW Ikwit \xt' 4 .<tuk^. but whose body was used by the god in
lötmi^ :N^ h<M\^n$. As a second essential element of cos-
«M^fiyknii^^ wtr HikI acvx^unts of InUtles of the gods, in which
iMAÜir^ ^IWK^^^ ^r^" vanquished and a kingdom of order and
pMC^ ^ ««uMi'^hcit. These demons are thought of as power-
föl mWWW^Ws Vt»y induce a live consciousness of the terrors
of chMti Mt wfy by their size and strength but often also
by thctr jtrotfoqnti half-animal> half -human forms, by their
THE AGE OF HEROES AND GODS 389
many heads or hundreds of arms. Obviously these Titans,
giants» Cyclopes, and other terrible beingps of cosmogony
are the direct descendants of the weather demons who ante-
ceded the gods. Does not the idea of a world-catastrophe
that prepares the way for the rulership of th)e gods at once
bring to mind the image of a terrible thunderstorm? As
the Storni is followed by the cahn of nature, so chaos is
succeeded by the peaceful rulership of the gods. Inas-
mucb, however, as the gods are the conquerors of the storm
demons, they themselves inevitably revert into demoniacal
beings. It is only after the victory has been won that they.
are again regarded as inhabiting a divine world conceived
in analogy with the human State, and that they are vested
with control over the order and security of the world.
All this goes to show that cosmogonic myths, in the poetic
forms in which cosmogonies have oome down to us, are rela-
tively late mythological products. True, they represent the
gods themselves as demoniacal beings. Nevertheless, this
does not imply that god-ideas did not exist at the time of their
composition ; it indicates merely that the enormous diversity
of factors involved in the creation of the world inevitably.
caused the gods to lose the attributes of personal beings.
The cosmogonies of cultural peoples, however, differ f rom the
otherwise similar stories of those semi-cultural peoples whose
mythology consists exclusively of such oosmogonic märchen.
In the latter case, real god-ideas are lacking. The gods have
remained essentially demons. In the higher forms of this
semi-culture, where political development has had an influ-
ence on the world of gods, as was once the case among the
peoples of Mexico and Peru, divine beings ttiay approximate
to real gods. In cosmogonic myths themselves, however, this
never occurs. Thus, these myths invariably constitute a stage
intermediate between the mythology of demons and that
of gods ; they may originale, however— and this is what
probably happens in the majority of cases— through ac
relapse of gods into demons. An Ullis tration of the latter
is the Hesiodic cosmogony. The weather-myth which the
poet has elaborated obviously incorporated ancient m&rc>»««-
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lany tropical re-r.:^ i^ in. . : l
eluge sagas ('S:,'::fz;:..\''-^- ..-? •--*----: :
onflagration (Sirtcc^i-*^ : : j : • ^ -l - ,- . • -
^as destroyed, nc: 17 * r^..-* -i. 1- _: : : .
either word haa rhe z-rtiiz ' v i.: : iz: ■ -
sin), with which pc^f.^r t- n : : r
:. Sint (old high' C-r-.:^ :-• « " 1 - : •
ppeared from modern Zrrrr-.i ' ^j^i zzzi:\s
intflut, thus, is a arLve^iz: s. i.f r. ::.: :
>cal, flood. In so far, ±e -iri^ :: ^:: ^- . .
onflagration already apprc^-ldite :: :•.- :—, .
le destruction of the -R-orld. X:--. .;-> •: ,
[le flood has so many elenenrs Li c:::::va :: \^ .
tabylonians that we are compelleJ :o a>>;:.-,'
nd hence a transference, of n:a:er:.r.. i".^.
ingle man and his household, the rak::v.; w
he ship, its landing upon the suniinit v >t a s^ "
iispatching of birds in quest of laiul ot jV-
ome might possibly have originaio.l i»n^ '^''''^'
iflferent parts of the earth. The rc>v-«^* ** ^
R THE AGE OF. HEROES AND GODS 393
itbr a further step. The coimterpart of these cosmological
■■:»nceptions is projected not merely into a past which marks
2fthe beginning of the present race of men^ but also into the
efuture. Over against the transitory world-catastrophe of
;:the universal flood, there looms the final catastrc^he of the
jactual destruction of the world, and over against a pre-
liminary judgment of the past^ the final judgment, at which
tfais life ends and that of the yonder world begins.
Thus, we come to the myths of world destruction^ as
they are transmitted in the apocalyptic writings of later
Israelitic literature and in the Apocalypse of John, who
betrays the influenae of the earlier writers. At this point
we leave the realm of myth proper. The latter is always
concemed with events of the past or, in extreme cases, with
those of the immediate present. No doubt, the desires of
men may reach out indefinitely into the future. Myth
narrative, however, in the narrower sense of the term,
takes no account of that which lies beyond the present.
In general, moreover, its scene of action is the existing
world, however much this may be embellished by the
imagination. Myth reaches its remotest limit in cos-
mogonies. Even here, however, no absolute limit is attained,
for the world-creation is represented as having been pre-
ceded by chaos. The idea of a creation out of nothing,
which dislodges the idea of an original chaos, arises i^<^
religious needs and is not mythological in cliaracter. Snni-
larly, the apocalyptic myth of world-destruction has
beyond the stage of the myth proper. It is a my
conception, which, though combining elements ol 4c
mogonic myth with fragments of märchen and
the main, the expression of a religious need 1
beyond. These myths, therefore, are not
creations, as are the cosmogonic myths, mt lam. ^ -a^n
They are the product of religious reflcctia». ait ^^^ _^
they are dominated primarily by the de
righteous in his hopes and to terrify
the history of the cosmogonic myth
peculiarly inverted form. With the
Ä8 THE AGE OF HEROES AND GODS 395
jidjj^herent cosmogony, began to appropriate celestial myths,
■filtl^«^ of a life after death and of a world beyond wcre
tfbiceady in existence. Some of these ideas, indeed, date
to an early period.
It is an extremely significant fact that, wherever we
:^i:BXi traoe their development at all, these ideas of a beyond
^^Uow the same definite and orderly course. The direc-
^^n of this development is determined not only by the
ggSOsmogonic myth but also by the ideas regarding the soul.
^g^The formation of ideas of a beyond is impossible without a
^^world-^view transcending the limits of earthly existence ; the
Q Jatter, however, results from the necd of ascribing to the soul
^a continuance after death. This need, of course, is not an
^, original one, but is essentially conditioned by the age of gods.
^ Among primitive peoples, the beginnings of a belief in a life
^ after death are to be found chiefly in connection with the fear
jg of the demon of the dead« who may bring sickness and death
1^ to the living. But just as the fear is of sho.rt duration, ßo
^ also is the survival after death limited to a brief period.
I On a somewhat more advanced stage, as perhaps among
the Soudan peoples, most of the Melanesian tribes, and the
j forest-dwelling Indians of South America, it is especially
. the prominent men, the tribal Chiefs, who, just as they
survive longest in memory, are also, supposed to enjoy a
longer after-life. This conception, however, remains in-
definite and of a demoniacal charactcr, just as do.es that of
the soul. In all of these conceptions, therefore, the dis-
embodied soul is represented as remaining within this world.
It continues its existence in the environment ; as .yet there
is no yonder-world in the strict s^ense of the word. It is
important, moreover, to distinguish the early ideas of a
beyond from the above-mentioned celestial märchen which
narrate how certain human beings ascended into heaven.
The latter are purely märchen of adventure, in which
sun, moon, stars, and clouds, as well as the terrestrial
monsters, dwarfs, gnomes, etc., are conceived of as belong-
ing to the visible world. Indeed, these celestial travellers
are not infrequently represented as returning uphannr^
'*»
THE AGE OF HEROES AND GODS 397
.eas of a beyond, are the myihs of the nether world.
iiese for the first time teil of a beyond which is by its very
ature inaccessible to human beings, or which is visited by
nly a few divinely privileged hexoes, such as Hercules^
»idysseus^ and ^neas. As a third and last form of ideas
l a beyond, we may mention those of a heaven, where
well the dead, in the presence of the gods. As a rule,
owever, this heavenly beyond does not lead to the dis-
ppearance of the nether world. Rather are the two worlds
^t over against each other, as the result of the enhancement
f an antithesis which arose 6ven in oonnection with the
salms of the nether world. The heaven becomes the abode
f the blessed, of the devout and righteous, the favoured of
le gods ; the und^ii^orld continues, at the outset, to be the
vt of the majority of human beings. The growing desire
> participate in the joys of blessedness, then causes the
rivilege which was at first enjoyed only by a minority to
ecome more universal, and the underworld is transformed
ito the abode of the guilty and the condemned. Finally,
eaven becomes possible even for the latter, througb the
;ency, more particularly, of magical purification and
sligious ecstasy.
Of the various ideas of the beyond that successively
rise in this development, those regarding the underworld
re the most common and the most permanent. This is
robably due in no small measur« to the custom of
irying the corpse. Here the entrance into the under-
orld is, to a certain extent, directly acted out before
le eyes of the observers, even thougfa the mythological
lagination may later create quite a different picture of
le event. The custom of burial, however, cannot havc
ten the exclusive source of these ideas, nor perhaps even
le most important one. In the Homeric world, the
>rpse was not buried, but burned'. And yet it is to
omer that we owe one of the dearest of the older
^scriptions of the underworld, and it can scarcely be
mbted that the main outlines of this picture were derived
am populär conceptions. As a matter of fact^ there
THE ACE OE HEROES AND GODS 399
^•r the underworld was itself regarded as including, bcsides
r^ices of horror, brighter regions, into which, either through
*c direct favour of the gods or in accordance with a
dgment pronounced upon the dead, the souls of the pure
. jd righteous are received. As a result of the division
^ liich thus occurred, and of the antithesis in which these
," oages of the beyond came to stand, pain and torment were
dded to the impressions of horror and hopelessness which
jut original conceptions of the underworld aroused. The
l'ontrasts that developed, however, did not prevent the under-
^~rorld from being regarded as including both the region of
^^'lain and that of bliss. This seems to have been the preva-
f^'cnt notion among Semitic as well as Indo-Germanic peoples.
^^Tbe Walhalla of the Germans was also originally thought to
^ be located in the underworld, and it is possible that it was not
^^transferred to the heavens until the advent of Christianity.
"^^For, indeed, we are not familiär with Germanic mythology
^^ except as it took form within the period in which Christianity
* had already become widespread among the German tribes.
f ' An important change in the ideas of the beyond now
^^ took place. The Separation of the abodes of spirits gradually
"^ led to a distinction between the deities who were regarded
^ as the rulers of the two regions. Originally, so long
as only the fear of death found expression in the un-
^ varying gloom of the underworld, these deities were but
■ vaguely defined. The conceptions formed of them seem
* to have reflected the ideas of rulership derived from real
^ life, just as was true in the case of the supermundane gods.
Indeed, the origin of the more definite conception that the
underworld is a separate region mied by its own gods,
must probably be traced to the influence of the ideas
of celestial gods. But there is ä still more primitive
feature of myths of the beyond, one that goes back
to their very beginnings, and that long survives in saga
and märchcn. This is the preference shown bjr myths
of the nether world for female beings, wheiher as
su|>ortiinate personißcations of fear or as deities. Not only
is the ideal of beauty and grace thought of as a femalo
: H THE AGE OF. HEROES AND GODS 401
xswith all those feelings that caused tlie underworld to be
siregarded as a realm of shadows and of terrifying darkaess.
r ilt was the combination of all these factors^ and not any Single
^sone of them— least of all, a rektively secondary one, such
rjiÄS the sunset— that created and so long maintained the
9; potency of this most permanent of all the ideas of a beyond.
2 Mention should also be made of the influence exerted,
r; even at an early time, by soul-ideas. At the beginning
;* of the heroic age, it was almost universally believed that
^2 after death all human beings lead a duU, monotonous life
^ under the earth, or, as Homer portrayed it, heightening
j the uniformity, that all lapse into an unconscious exist-
c cnce. Obviously these ideas were determined, in part, by
r the phenomena of sleep and dreams. Just as death seemed a
■ protracted sleep, so did the dream come to foreshadow the
f life after death. The characteristics of dream inaages, there-
fore, came to be attributed to the souls of the underworld.
The latter, it was thought, are visible, but, like shadows,
thcy elude the band that grasps them and move about
fleetly from place to place. This shadow-existence is a
fate that is common to all. It is only exceptionally flagrant
transgressions against the gods that call forth punishments
which not merely overtake the guilty in this world but may
also continue in the next. Such figures, therefore, as are
described in connection with Odysseus* joumey to Hades—
Sisyphus, who must unceasingly roll uphill a: stone that is
consuntly rolUng back, and Tantalus, who languishes with
hopeless desire for the fruits suspended above his hcad—
are not as yet to be regarded as expressing ideas of
retribution, even though they may be anticipatory of them.
Perhaps, also, it is not without significance that these
accounts are probably later accretions, of which the Homeric
poems contain a considerable number, particolarly the
Odyssey, which is so rieh in märchen elements.
Gradually, however, that which at first oocurs only in
occasional instances becomes more universal ; the distmc-
tion in destinies comes to be regarded as applymg generaEv.
The earlier and exceptional cases of cntrancc itio ^ ^
a7
^* THE AGE OF HEROES AND GODS 403
iflft^ of iat special region of thie undenirorld, allotted to
jt^ois^ cult-associates who have been particularly meritorious
A the Performance of religious duties. These will enter
mto Elysium^ a vale of joy and splendour which, though a
n[»art of the ^^derworld, is nevertheless remote from the
'^rtgions of sorrow. Here the blessed will abide after death.
jThis Elysiiun is no longer a distant island intended as a
l^refuge for occasional individuals, but belongs to the estab-
^lished Order of the underworld itself . In the sixth book of
'the iEneid^ Virgil has sketched, with poetic embellishments,
^a graphic picture of this abode of the blessed as it was con-
' üeived, in his day, under the confluence of ancient mythical
traditions and new religious impulses— a portrayal which
forms perhaps the most valuable part of the whole poem.
For^ in it, the poet presents a living jMCture of what was
believed and was striven for by many of bis contemporaries.
In dosest connection with- thb Separation of realms in
the underworld, is the introduction of judgeship. It devolves
upon the judge of the underworld to determine whether the
soul is to be admitted to the vale of joy or is to be banished
into Orcus. It is significant that, in his picture of the
underworld, Virgil entrusts this judgeship to the same
Rhadamanthus with whom we are familiär from the Odyssey
as the ruler of the distant island of the blessed. Obviously
the poet himself recognized that these later conceptions
developed from the earlier idea that salvation comes as a
result of divine favour. After the Separation of the region
of the blessed from that of the outcasts, a further division
is made ; the two regions of the underworld are partitioned
into subregions according to degrees of terror and torment»
on the one band, and of joy and blessedness, on the other«
Gradations of terror are first instituted, those of blessedness
following only later and in an incomplete form. The subjec-
tive factor, which precludes differences in degree when joy is
at the maximum, is in constant rivalry with the objective
consideration that the merits of the righteous may differ,
and, therefore, also their worthiness to enjoy the presence
of the deity. In contrast with this, is the much strongor
404 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
influence exerted by the factor of punishhient. The shiar
existence of souls in Homer*s Hades is not regardedasi
penalty» but merely as the inevitable result of depamirefas
the circle of the living. Only when the hope of £l;sc
faas become just as universal as the fear of Hades, does it
latter become a place of punishment, and the former a icgc
of rewards. Just as language itself is very much riderx
words denoting forms of suffering than in those for joy,a
also does the mythological imagination exhibit much grox
fertility in the portrayal of the pains of the underworld is.
in the glorißcation of the Elysian fields. All the horrontte
human cruelty can invent are carried over from the ju^
administration of this world into that of the beyond. Gndi-
tions in tTie magnitude of punishments are reflected in tke
location of the regions appointed for them. The decpeS
region of the underworld is the most terrible. Above tius,
is the place where those sojoum who may enter Elyshnn
at some future time, after successfully completing a pcriod
of probation.
The contrast which first appears in tbe form of a Separa-
tion of the realms of torment and blessedness, of punishment
and reward, is then carried to a further stag^e^ again bj
the aid of ideas of a spacial gradation. No longer are
all mortals compelled to enter the underworld ; this not
only loses its terrors for the blessed, but the righteous and
beloved of the giods are not required to descend into it
at all. Their souls ascend to heaven— a lot reserved in
olden times exclusively for heroes who were exalted into
gods. With this, the Separation becomes complete : the
souls of the righteous rise to the bright reahns of heaveiii
those of the godless are cast into the depths. Among
both the Semitic and the Indo-Germanic peoples, the anti-
thesis of heaven and hell was established at a relatively
late pcriod. Its first clear devrelopment is probably to bc
found among the ancient Iranians, in connection with the
early cosmogonic myths. Here the battle which the creation-
myths of other cultural peoples represent as bcing fought
between gods and demons is portrayed as the struggle
Hg THE ACE OE HEKOES ANQ GODS 405
^if iwo divine beings. One of thtse is thought to rule
^ nrer tte regions of light above the earth and tbe other
^^^^^^^ the subterranean darkness. True, this contrast is also
,,3rought out in the battles described by other peoples as
^^oetween gods and demons^ and this surely has been
"a fsActor leading to the incorporation of the Iranian
myth into the ideas of the beyond elsewhere entertained.
/the distinctive feature of Iranian cosmogony and that which
tgave its dualism an unusual influenae upon religion and cult
18 the fact that the original cosmic war was restricted to a
Single hostile pair of gods, Ormuzd (Ahuramazda) and
^'Ahriman (Angramainju). Here also, however, Ahriman is
■^ the leader of a host of demons— a clear indication that the
^ myth is based on the universal conception of a battle with
^ demons. This similarity was doubtless all the more favour-
' able to the influence of the Iranian dualism upon other
-^ religions, inasmuch as the Separation of ideas of the beyond
^ had obviously already quite generally taken place inde-
^ pendently of such influence, having resulted from imiversal
motives of cult. The fact, however, that the battle was not
waged, as in other mythologies, between gods and demons,
but between two divine personalities, led to a further essential
change. The battle no longer takes place on the earth,
as did that of Zeus and the Titans, but between a god
of light, enthroned on high, and a dark god of the under*
world. This spacial antithesis was probably connected
by the ancient Iranians with that of the two ideas of
the soul, the corporeal soul, fettered to earth, and the
Spiritual soul, the psyche, soaring on high. Herein may
possibly lie the explanation of a curious custom which
markedly distinguished the Iranians from other Indo-
Germanic peoples. The former neither buried nor bumed
their dead, but exposed them on high scaffolds, as food
for the birds. It ahnost seems as though the ' plat-
form-disposal/ commonly practised in totemic times and
mentioned above (p. 216), had here been taken over
into later culture ; the only change would appear to be
that, in place of th« low mound of earth upon which tf
« THE AGE OF HEROES AND GODS 407
''^umeys to which dream association readily gives rise in
%e expectant and excited consciousness of the sleeper.
Vndeed, it is not improbable that the narrative is based on
^ctual dream images. Had not the appearance of the dead
Sn dreams already led to the belief in a shadow-soul, whicfa
IBOW joumeys to this distant world? The division of the
celestial realms, in these mythical works, fluctuates between
the numbers three and seven— the two numbers held sacred
par exceltence. In the Second Epistle to the Corinthians^
the Apostle Paul teils of ä dream-vision in which, years
before, he was caught up to the * third heaven * of paradise.
Under the influenae of expiatory rites, which wcre
zealously practised even by the ancient mystery cults, these
two worlds, the subterranean hell and the celestial paradise,
were supplemented by a third region. This development
was also apparently of Iranian origin. The region was
held to be a place of purification, where the soul of the
sinner might be prepared, through transitory punishments
and primarily through lustrations, for entrance into the
heavenly realm. Purgatorial lustration, after the pattern of
terrestrial cult ceremonies, was believed to be effected by
means of Are, this being regarded as the most potent
lustrical agency, and as combining the function of punish-
ment with that of purification. Dante's •* Divine Comedy "
presents a faithful portrayal of these conceptions as they
were finally developed by the religious Imagination of
mediaeval Christianity out of a mass of ideas which go back»
in their beginnings, to a very ancient past, but which con-
tinually grew through immanent psychological necessity.
Dante's account of the world beyond incorporates a further
Clement. It teils of a gjuide, by whom those exceptional indi-
viduals who are privileged to visit these reahns are led, and
by whom the varidus souls are assigned to their future
dwelling-places. The first of the visitors to Hades, Hercules,
was accompanied by deities, by Athena and Hermes. Later it
was one of the departed who served as guide. Thus, Virgil
was conducted by bis father, and Dante, in tum, was led by
Virgil, though into the realras, of blessedness, closed to t)
ri THE AGE OF HEROES AND GODS 409
Store surely than individual prayers could do, early led
■^ cult alliancesy whose object it was to minister to these
ither-worldly hopes. None of these alUances, however, was
ijoncemed with obtaining salvation for all ; on the con-
2rary, all of them sought to limit this salvation to a few,
:n the belief that by such limitation their aim would be
rnore certain of realization. These cults, therefore, were
shrouded in secrecy. This had ä twofold purpose. On
jtfae one band, it increäsed the assurance of the members
:in the success of their magical incantations— a' natural result
of the fact that these rites were unavailable to the
masses ; on the other band, it augmented the magical
power of the incantations, inasmuch as, according; to an
associative reaction widely prevalent in the field of magical
ideas, the mysterious potency of magic led to a belief in
the magical effect of secrecy. The influence of these ideas
had manifested itself in much earlier times, giving rise, on
the transitional stage between totemism and the deity. cults,^
to the very numerous secret societies of cultural and semi-
cultural peoples. At this period, these societies were prob-
ably always the outgtowth of the associations of mediciue*
men, but later they sometimes included larger circles of
tribal members. As is evident particularly in the case of
the North American Indians, such societies frequently con-
stituted restricted religious groups within the clans— groups
which appear to have taken the place of the earlier totemic
associations. In harmony with this, and, perhaps, undet
the influence of the age-groups in the men*s clubs, there
was originally a gradation of the members, based on the
degree of their sanctification and on the extent of theit
participation in the mystic ceremonies. In peculiar contra*
diction to the secrecy of such associations, membership in
one of its classes was betrayed, during the festivals of the
cult groups, by the most striking extemal sig^ possible,
such as by the painting of the bod!y or by other forma of
decoration. Moreover, on the earlier stages of culture, the
interest of all these secret societies was still centred mainly
on things connected with this world, such as prosperity of
m THE AGB OF HEROES AND GODS 411
la^ipulses. It is for this very reason that the future, which
^1^ mystic already enjoys in anticipation» comes to be ex-
^^^;asively the reward of the devout. It b not vouchsafed to
^Awß moral man who Stands outside the pale of these religious
^ j^fsociations, for his activity centres about this world. At
^gy mnch earlier period, however, these ideas became com-
,-gilied with ethical motives of retribution. If, accordingly^
^^.le two motives again become entirely distinct at this decisive
^-^iiming-point of religious development, this only signifies
^^hat, in themselves, they are of diflferent origin, and not that
_g.rom early times forward there were no forces making for
^^:heir union. These forces^ however^ were not so much
^internal as extemal in character. They did not spring from
^tlie religious experiences themselves, nor, least of all^ from
-the ideas of the beyond. Their source is to be found
. ,primarily in a transference of the relations of the earthly
_J State to the divine State, as a residt of which the ruler of
^the latter was exalted to the position of lawgiver in the
. kingdom of men no less than in that of the gods.
Proofs of this transference are to be found in the
. most ancient customs and legal enactments of alt regions.
• Either the ethical and religious commandments are, both
^ alike, supposed to be the very utterances of the deity,
as in the case of the Mosaic decalogue, or, as is
illustrated by the Babylonian code of Hammurabi, an earthly
niler expressly promulgates his hw in the name of the
deity, even though this law is essentially restricted to legal
and ethical norms. Thus it came about that every ethical
transgression acquired also a religious significance. The
ethical norm was not, at the outset, religious in sanclion, as
is usually believed ; it acquired this character only through
the medium of the world-ruling divine personality. Never-
theless, the union of the ethical and the religious
gradually caused the ideia of retribution, which originally
had no ethical significance whatsoever, to force its way
into the conceptions of the beyond. It was essentially
in this way that ethical transgressions came to be also
religious offences, whereas, on the other band, the rewards
* THE AGE OF HEROES ANO GODS ^13
. ^btles8> however^ ibe idea of transmigration is doimected
^\ tte fact that; b^inning whh the totemic age and
ending far down into tbe period of deity belief s^ tfae
^'kie placed on animals underwent a change. For the
^3tralian^ the animal is an object of cult, and the totem
'iimal is frequently also regarded as tfae incamation of
B; ancestor or of some magical being of antiquity ; the
Bbaierican Indian calls the animals his eider brothers ; Her-
iles, the hero of the beroic age^ is honoured because,
aiong other things, he was instrumtotal in exteitninating
ild animals. This change^ moreover^ is reflected in animal
lyths even more than in these general evaluations. Indeed^
-ansformation into animals is a (dominant characteristic
f these myths. Tracing the conception of this magical
rocess^ however, we find, step by step, a progressive
i^^radation of the animal. In Australian legends^ animal
ndi man are either absolute lequals or the animial is thei
aperior^ being endowed with special magical powers. In
maerican märchen-myths also, we still frequently find the
ame conception, älthough transformation into an animal
I here sometimes regarded as a disgrace. Finally, in many
Lfrican myths, and, particularly, in those of the cultural
»eoples of the ancient world, such a transformation is re-
;arded either as a serious injury resulting from evil magic
T as ä punishment for some crime. We may well suppose,
herefore, that the Brahmans, who first incorporated this
dea into the religious conceptions of retribution, were influ-
:nced by the ideas currcnt in populär belief, which, on thfeir
»art, represented the last development of earlier totem con-
eptions. These ideas may also have been reinforced by the
»elief (not even yet entirely extinct) in souI animals^ into
^hich the psyche disappears at the moment of death.
\^ether the Brahmans had as yet comfe to the notion thiat
ransformation into an animal is a simpler and more natural
rsiy of conceiving the future of the souI than ideas of a
upermundane and a subterranean beyond, need not con*
em US. In any event, it is noteworthy that, after scicnce
lad closed the path to beaven as well as that to Hade*
m THE AGE OF HEROES AND GODS 415
^.ckness to it. These are all mythologica) ideas, yet to
them religious would obviously leave one with a most
oc conception of religion. Similarly, moreover^ not every
, . relating to things beyond iinmediate reality is a religious
*:• Wiinding a cord about a tree, for example, migbt con-
ate part of a magic cult which aims at certain beneficent
i^pemicious results through the aid of demons of sozne
t. There is no ground^ however^ for identifying these
It activities with deity cult. From the very beginning^
oourse^ every cult is magical. Bat there are important
fferences with respect to the objects upon which the
igic is exercised. The same is true with respect to
e significance of the cult action within the circle of
ssible magic actions and of the derivatives which
adually displace the latter. In view of this, it is un-
niable that, in deiiy cult, the cult activity, in part^ assumes
w forms, and, in part, and primarily, gains a new content.
ior to the belief in gods, there were numerous demon
Its, as well, particularly, as Single, fragmentary cult
actices presu{^sing demoniacal powers. Moreover, these
mon cults and the various activities to which they gave
«> passed down into the very heart of deity cult.
le question therefore arises, What marks shall deter-
ine whether a deity cult is religious in character?
lese marks, of course, may be ascertained only by refer-
ce to that which the general consensus of opinion unites
calling religious from the Standpoint of the forms of
ligious belief prevalent to-day. From this point of view,
religious significance may be conceded to a deity con-
ption if, in the first place, it possesses by its very nature —
at is, objectively— an ideal worth, and, since the ideal
mscends reality, a supersensuous character ; in the Kcond
ice, it must satisfy the subjective need of man for an
12A purpose of life. To one outsidc of the particular
It conununity, the value of this ideal may be but slight 5
the Community, however, at the time when it is
gaged in the cult practices, the ideal is of highest worth.
i the cmbodiments of the Ideals just mentioned, the gods ar-
Ä THE AGE OF HEROES AND GODS 417
BisTiag^WoTld, the Semitic and Indo-Germanic peoples must
«iW^garded^ to say the least^ as the most important repre-
^p il^tives of religious Ideals ; in the New World^ prior to the
p T^giig of the EuropeanSy this distinction belongs to the cul*
peoples of the Andes, the Mexicans and the Peruvians.
^agh the religion of these latter races, no less than the
phases of their culture, was of a cruder sort than
of the former peoples, it frequently throws a remark-
^^^ light upon the initial stages of many forms of cult.
^' ^ Gourse, there is never a sharp Separation of periods ;
£^ ^srmediate stages are always to be found. The latter
f'.^Qlt, particularly, from two conditions. On the one
^ ^^d, a deity cult may be inaugurated by the introduc-
^^"ä of elements of a celestial mythology into the still
« ''xninant magical cults. In this case^ it is important to note,
ity myth is usually far in advance of deity cult. This
^ exemplified in Polynesia, where we find a rieh theogony
^ongside of cults that have not advanced essentially beyond
!^^ie stage of totemic magic belief s. On the other hand, how-
/er. a people whose civilization is still, on the whole,
^ ^jtemic, may be influenced by the deity cults of neighbour-
^^4g cultural peoples, and, as a result, fusions of various sorts
nay occur. Of this, also, the New World affords instructive
sxamples, namely, the Pueblo peoples of New Mexico and
..\rizona, who were influenced by Mexican culture.
In the soul-life of the individual, action, together with
the feelings and emotions fundamental to it, have the
primacy over ideation. The same psychological fact univer-
sally accounts for the superior importance of deity cult over
, deity myth. It is action that constantly influences ideas^
changing and strengthening them, and thus arousing new
emotions which stimulate to further activitiea. Thus, the
elevation of the gods into ideal beings must be ascribed,
in great part, to religious cult, for it came about as a
result of the influence which the emotions associated with
cult exercised upon the ideas of the gods. Even less than
the mythological thought from which it develops does
religious reflection consist simply of ideas. The mythic»!
28
41 8 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
tales and legends into which ideas are woven excke
primarily the feelings and emotions. These it is that cause
the exaltation of the religious consciousness^ giving rise
to action, which> in tum, enhances the emotions. If any-
where, therefore, it is in the psychology of religion that
intellectualism is doomed to failtire. The intellectualist is
imable to explain even the fact of cult, to say nothing of
those effects upon religion by virtue of which cuit becomes
religion's creative force. While^ therefore, there are cults
— namely, those of magic and dfemons— which, for specific
reasons^ we may call prereligious, there is no religion wkb-
out some form of cult, even though, in the course of religious
development, the extemal phases of cult may diminish in
significance. In so far, cult is to be regarded as moutding,
ratber than as permanently expressmg religious emotioiis;
and it is not merely an effect, but also a source of religious
ideas. It is in cult that deity ideas first attain their füll
significance. By giving expression to his desires in prayer
and sacrifice^ man enjoys a foretaste of their satisfacticm,
and this, in reaction, enhances not only the desires but also
the mythological conceptions fundamental to them. It fa
precisely this relationship of myth to cult that extends far
back into the totemic age and that causes the dominant
magic cults of this period to be displaced by deity cults
as soon as gods have arisen through a synthesis of heroes
and demons. This accounts for the fact that, in the
beginning^ of religion, the worship of gods always con-
tained Clements that derived from the age of demons. But
even the demon cults frequently exhibit one feature, par-
ticularly, that remains characteristic also of religion : in
the cult the individual feels him'self one with the object of
worship. This is clearly shown in the case of primitive Vege-
tation festivals. Those who execute the orgiastic cult dances
regard themselves as one with the spirits of veg'etatioi^
whom they wish to assist, by their actions, in increasing the
productive forces of nature. Such Vegetation festivals have
already been described in our accoimt of totemic cults.
Inasmu^^ * present not only the highest
THE ACE OK HEROES AND! GODS :4ift
of the totemic cults but even partake^ in part^ of th«
character of deity cults, it was necessary to refpr to
tbem again at this point. Vegetation festivals still prevail
in richly developed forms among some of the tribes of
North and Central America. It is clear that they represent
primarily a transitional stage, for, in addition to totemic
ideas, demon and ancestor beliefs are everywhere mingled
with elements of a celestial mythology. Spdrits of ancestors
are thought to be seated behind the clouds, urging the rain
demons to activity. Above them, however, are celestial
deities, whose abode is in the heavens, and to whom is
attributed the supreme control over destiny.
Even these relatively primitive Vegetation cults mani-
fest still another trait;» which later comes more and more
to characterize all cult;, namely, the unlan of many cult
motives. The great Vegetation festivals of Central America
attract not only those in health but also the sick. The latter
are in search of healing. Hence there come to be special
cults alongside of those that serve more universal needs,
Moreover, the initiation of youths into manhood is also cele-
brated during these great festivals. Finally, the individual
seeks to expiate some sin which he has committed in the past.
Thus, nimierous supplementary and subsidiary cults Cluster
about the great cult festivals. This was true even of the cults
that reach far back into the age of magic and demon beliefs,
when gods still played a secondary r61e, and conditions
remained the same up to the time of the highest forms of
deity cult. Furthermore, the incentive, or impelling motive,
which originally brought cult members together for these
comprehensive festivals seems everywhere to have been the
same. The aim in view was to secure the prosperity of the
crops, for, on the threshold of this higher civilization, these
formed man's chief food-supply. The prominence of this
motive in the earliest deity cults, moreover, indicates that the
latter were genuine products of the general culture of this
period. The roving hunter and nomad were giving place
to the settled tiller of the soil, who utilised the anomal for
the Services ^of . man, and thus engaged more systematical***
420 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY. ]
in the breeding of domestic animals^ tfaougrh also perfectioi ^
in addition to the arts of peace^ the ag^encies of war. 1k i
nx>ti¥es that gradually elevated Vegetation cults to a h^ I
plane consisted in every case of those that at the outset foaoi 1
expression in the subsidiaiy cults. The concem for it ^
Spiritual welfare of mankind finally supplanted materiafisde
purposes. This is clearly shown by the history of Ae
Greek mystery cults. These, however, were obviousfy ■•
fluenced, particularly ät a later time, by the similar cuhs i \
thie Egyptians, as well as by the Babylonians and othor i
peoples of westem Asia. Among all these peoples^ the duef i
cults were Vegetation cults, and, as such, they occurred t ^
stated seasons. In the Orient, particularly, the festivab
were held at the solstices. Surviving remnants of seed-
time and harvest festivals— which were solstice festifdi
and were prevalent throughout the entire Oriental wodl
--allow US to conclude, even with' respect to many regin
in which a complete historical tradition is lacking, Alt
agricultural festivals probably represent the earliest deitj.
cults. Hence it is that these remnants still contain so many
elements characteristic of demon beliefs.
It is the contrast of spring, of newly äwakened Natore
and its sprouting and growing crops, with winter and its
dying Vegetation, that first finds expression in the daty;
myths which inspire the Vegetation festivals. The more
permanent sigtiificance of these cults, however, is due to
the fact that the gods of Vegetation gain an increasing
sphere of influence. The reason for this is obviously to
be found in the fact that subsidiary motives come to be
incorporated into the main cults of the earliest cultural
peoples. Om factor is of particular ilmportance. Thöugh in-
conspicuous in the earliest of these cults, it becomes increas-
ingly prominent as the cults become more highly developed.
I refer to hopes of a beyond. Of course, many phases of the
cult remain hidden to us. Due to the combinations already
mentioiied and to the incorporation, in this case, of magical
and mystical elements, these cults acquired a secret nature in
propprtiQn as thev concemed themselves with the riddle of
THE AGE OF HEROES ANB GÖDS '421
tbe beyond. The more carefully the individual cult xnember
guarded the secrets of the group, the richer the blessings that
he might hope to receive. Nevertheless^ the general psycho*
logical motives underlying this development enable us to
Supplement the historical tradition. In this way it is possible
to gain a fairly positive knowledge of the process by
which, with an apparently almost universal uniformity, vege-
tation cults came to combine with soul cults. The ideas of
changing seasons, of stunmer and winter, of the budding and
the withering of grain, are naturally associated with those of
life and death. Winter and bleak nature resemble death ;
and, just as lif eless nature is agtain resuscitated in the spring,
so also will the soul awaken to a bright and joyous exist-
ence in the future. The connection is so obvious that poetry
and even myth itself everywhere refer to it. Hence also it
could not have been overlooked by the mythologists.
Generally, however, this has been reg^arded as an ingenious
allegory by means of which man sought to gain a vivid
realization of the resurrection of the soul. In fact, such
allegorical reinterpretations occur in later cult legend itself.
Particularly characteristic of this is the legend of the
£leu3inian mysteries. Persephone, the daughter of Demeter,
goddess of the crops, is stolen by Pluto, ruler of the
underworld, and the goddess-mother wanders about on the
earth seeking her child. Resentfully she withdraws from
the heavens and avoids the assemblages of the gods. During
this period of mouming, however, she devotes all of her
care to mankind. She protects not only the Vegetation but
also the germinating human life, the child. Thüs she
becomes a benefactress upon earth. The gods, however,
moum her absence, and Zeus makes a compact with the lord
of the underworld. Persephone is to remain in the under-
world with her husband, Pluto, during only one-haM of
the year ; during the other half she is to rctum to her
mother. Appeased, Demeter herseif retums to the heavens.
The allegorical significance of this legend cannot fail to be
recognized, nor the fact that it was probably only as a result
of a poetical elaboration of the mythologica) material that
422 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
thb allegorical character was acquired. The saxne is trv
of all other similar cuh legends, from the descent into bdl
of the Babylonian Ishtar down to the legends of Dionysos
and Osiris, and other vegetadon legends of the Hellenisüc
period. In the form in which these have come doim to
US, they are all products of priestly invention, replete with
a conscious symbolism such as cannot be ascribed to d«
original mythical material upon which they were based.
Nevertheless, it is customary not only to regard all of this
original content as allegorica}^ but also to surpass evcD
the traditional legend itself, if possibte, in allegorical la-
terpretation. In the legend of Demeter^ for ezampk^
Demeter is supposed to be the mother earth, and Ferse-
phone the seed that is thrown into the earth to grow 19
and blossom. Analogously, he who participates in the cok
hopes that, while his soul, similarly, is at first buried in the
earth with his body, it will later asoend to heaven as did
Demeter. Back of the myth, therefore, there is supposed
to be a symbolical allegory, and to this is attributed the
original union of the soul cult with the Vegetation festivaL
When, then, the former lost its influence, the symbolism
it thought to have remained as the chief content of tbe
mystery. No original cult, however, shows the least sign
of connection with such subtle allegories. On the other
band, there are many indications that the Vegetation cults
developed into these higher forms of soul cults in an entirely
different way. Soul cults of a lower order had, of course,
long been prevalent. But these were absolutely distinct from
any Vegetation myths that may have existed. They pictured
souls as demons, against whom it was necessary to be on
one's guard, or, at a later stage, as beings whom one might
conciliate and win over as helpful spirits. Now, the cults
of Demeter practised in Eleusis had as their aim, not only
an increased productiveness of the soil, but also success
in the interests and activities of this world. Since they
related to ' -ippiness in general, it was but natural that,
as soon as the ideas of a beyond reached a point of
devebpment at which the yonder-world became the focus
THE ACE OF HEROES AND GODS 423
f desires and hopes» the cults also should necessarity con-
ern themselves with happiness in a life after death. Thus,
iterest in the beyond came to be one of the further cult
lotives that linked themselves to the dominant Vegetation
ults. The latter, however, held the primacy, as is soll
learly apparent by reference to the Vegetation festivals of
iie semi-cultural peoples of America. It is only natural
[lat this should have been the case. When agriculture was
1 its beginnings, the most pressing need of life was
[lat of daily bread. For the tiller of the soil» moreover,
iie changes of seasons marked by seedtime and harvest^
epresent sharply defined periods, suitable above all others
or the festivals to which tribal associates assemble from
ear and far. The later allegories connected with these
ults had nothing to do with their transition into soul
ults, but, as their whole character indicates, were creations
f the priestly Imagination. As a result of the reaction of
ult activities upon the emotions, howev«er, concem for the
iture happiness of the soul finally came more and more to
vershadow the desires connected with this world. Thus,
le cults of Demeter eventually passed over, in all essen-
als, into cults of the beyond. The same is true of the
)ionysos cults of the Greeks, of the Egyptian worship
F Isis and Osiris, of the Persian Mithra cult, and of many
ther mystery cults of Oriental origin. All of these express
le same passion for a future bliss that shall begin at the
lose of earthly life and endure endlessly.
The character of these cults is shaped, in a decisive
teasure, by other influences» whose source is to be found in
le hopes of a beyond. Even in the vegetaticm festivals
E the semi-cultural peoples of America, with their elements
[ totemism and ancestor worship, an important place is
ccupied by ecstatic features— by the orgiastic dance» and
y the ecstasy that results from sexual excitemcnt and from
arcotic poisons, such as tobacco. Conjurations, prayer,
icrifice, and other cult ceremonies aid in stirring the
notions. Doubtless it was duc to these ecstatic elemenU
lat the cult of Dionysos gained sapremacy over the oMer
424 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
cults of Demeter in tfae Greek mysteries, and that Dkmysos
himself was evcntüally given a place in the Demeter cuk.
For is he not the god of wine, the most potent of all the
means for creating a condition of bliss that elevates abore
all earthly cares? In the mystery cults, however, the central
feature of the cult activity was the vision experienced in
the ecstasy. The mysterious equipment of the place, the
preliminary ascetic practices, the liturgic conjurations and
sacrifices, the wine, which originally took the place of the
blood sacrifice, and, among the Hindoos, the soma, wbidi
was itself deified— all of these served to transport conscious-
ness to another world, so that the cult became increasingly
concemed with the world beyond, and finally devoted itself
exclusively to this interest. As a result of this changie,
the hopes centring about the beyond forced their way over-
poweringly into cult, whereas the cult, in tum, reacted in
an important measure to enhance these hopes.
Over agfainst the tendency toward unification inheroit
in Vegetation cults and in the other-world cults which sprang
from them, the increasing diversity of needs and interests
now introduces influences toward a progressive differentia-
tion of cults. Separate deity cults come to be fostered by
the various social groups and classes, just as had occurred
in the case of the totem cults of the preceding age, which
differed according as they were practised by the tribe, the sex,
or the individual. The desire for protection against dangers
and for security in undertakings gives rise to guardian gods
no less than it did to guardian demons. Since, however,
this more general desire branches out into a considerable
number of special desires, advancing culture results in
a progressive differentiation of cults. The foxmdation of
cities and the Separation into classes and occupations lead
to special cults for each of these divisions of society. The
personal characteristics of the gods and the purposes of the
cult come to bei affected, each by the other. Each specific
cult chooses from among the members of the pantheon that
god who best suits its purpose, and it then modifies his
cfaaracter according to its needs. The characteristics of the
THE AGE OF HEROES AND GODS 425
gods thus undergo a change of significance analogous to
that of the forms of speech and custom. This change,
however, is due xnainly to cult^ and to the fact that the
human beings who practise the cult have need of protec-
tion and aid. The influence of saga and poetry is only
secondary, being, at best, mediated through cult.
In addition to the increasing diversity of human interests,
and interplaying with it in various ways, are two further
factors that tend toward the differentiation of cult. In the
first place, divine personahty as such awakens man to the
necessity of establishing a cult. As a personal being wfao
transcends htmian stature, the gtod calls for adoration by
his very nature, even apart from the special motives which
are involved in the specific deity cults and which, in the
further course of development, give to the latter their domin-
ant tone. Pure deity cults, thus, are the highest forms of
cult, and give best expression to ideal needs. Outstand-
ing examples of this are the Jahve cult of the Israelites,
and the cults of Christ and Buddha. The latter, in
particular, show the great assimilative power of cults that
centre about an objective ideal, in contrast with those that
are subjective in nature, springing entirely fnmi human
desires and hopes, and especially with that most subjective
of all cults, the cult of the beyond. Moreover, this
idealizing impulse may also create new cults, by deifying
heroes who were originally conceived as human. Besides
the ancient hero cults, the most prominent examples of such
cults are again those of Christ and of Buddha. For there
can be no doubt that Christ and Buddha alike ezisted as
human beings and that originally they were also regarded
as such. The fact that their heroic characler consistt
entirely in the Spiritual qualities of their personalities does
not preclude them from ccHisideration in this connectioa«
These qualities proved all the more effective in bringing
about the exaltation of the human into the divine. Tims, they
enable us to understand how it was possible for tbe cult
of the original deities to be crowded into the bttdcfroond
by that of those who later ctme to be gods. TUt is
426 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY;
emphatically brought out in tbe Buddha legends, many of
which represent the ancient Hindoo gods of the Veda as
the servants of the divine Buddha.
In addition to the fact that divme personalities call
forth homage by their very natuxie, tbe multiplication of
cults results also from the fusion of the gods of various
peoples. This is the most externa! factor, and yet it is by
no means the least potent one. It not infrequently happens
that cults gam their supreme importance only in the terri-
tory into which diey have been transplanted. Dicmysos^
for example, was a gt>d introduced from elsewhere into
Greece. Through bis connection with the mystery cuhs,
however, he later came to surpass all other Greek
gods in religious significance. The original cults of the
native Itälian deities, with their numerous elements carried
over from the agie of demoniacal and ancestral spirits, were
but few in number. Through the assimilation of Greek
deitiesy however, and later, at the time of the empire, of
Oriental gods, differing widely in character, Rome acquired
a multiplicity of cults to which history doubtless affords no
parallel. Yet we must not overlook the fact that in
certain other cases— such, for example, as the Babylonian-
Assyrian and the Egyptian cults— the fusions may perhaps
have become more complete at an early period, and thus
have precluded the juxtaposition of the many separate cults
that existed in the Rome of the Empire.
i6. The Forms of Cult Practices.
This multiplicity of cults, increasing with the advance
of civilization both as regards the ends that are desired
and the gods who are worshipped^ is by no means
paralleled by the number of cutt agencies. The only
possible exception might be in the case of the means
which the cults of the beyond employed for arousing
ecstasy. Even here the difference lies not so much in the
means themselves as in the extent to which they were used.
Moreover, the secrecy surrounding these cults is itself an ex-
THE ACE OF. HEROES AND GODS 427
ternal indication of the fact that they differed from tlie cult5
concemed with the things of this world, for the latter
generally sought publicity. And yet there was no form of cuk
in which ecstatic features were altogether lacking' ; such
features are inherent, to a certain extent, in ciüt practicei as
such and» in so far» are absolutely universal. Differences in
the specific purposes of the cults and in the deities to whom
the acts were dedicated did indeed cause certain variations.
These» however» we may here neglect» inasmuch as they do
not affect the essential nature of cult itself . JFrom early times
on» there were certain activities that were universally charac-
teristic of deity cults» and their fundamental purposes re-
mained the same» namely» to gain the favour of the deity
and thereby to obtain the fulfilment of personal wishes.
As regards this motive, the three cult agencies— /!vayer»
sacrißce, and sanctification-siTe absolutely at one. In this
Order of sequence» moreover, these agencies represent ä
progressive intensification of the religious activity of cult.
In the records of ancient civilized peoples we meet with
a great number of prayers^ representing all the forms de«
veloped by this simplest and most common of the means of
cult. The most primitive form of prayer is conjuratlon.
Conjuration passed over from demon cult into the beginnings
of deity cult» and is intermediate between a means of magic
and a petition. This also indicates the directioa* of the
further development of the prayer. Conjuration is suc-
ceeded by the prayer of petition^ whose essential differentia
consists in the fact that, however eamestly the suppliant
may strive for the fulfilment of his dcsires» he never-
theless ultimately commits them to the will of the deity.
The development of the prayer of petition out of conjuration
becomes possible only because gods posscss a charac-
teristic which demons lack*-namely» personality. Oncc
this personahty attains to its ideal subHmity» the exer-
eise of magical power over the deity ccases tO be
possible, or is so only under the prcsupposition that the
will of the deity is in itself favourably inclined toward the
suppliant. The idea underlyolff conjuration ncvcrthekss
428 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
continues for a time to remain a supplementary factor in
the prayer of petition ; even where no clearly conscious tiaa
of it appears, it survives in the depth of emotion that lein-
forces the petition. That conjuration blends with petition is
particularly evident in the case of one characteristic, whoa
origin must be traced to magical conjuration. I refer to the
fact that the words of the peütion are repeated in the same
or in a slightly changed form, and that, at a later stage of
development, there is a constant recurrence of the same
content, even though this is variously expressed. This is a
derivative characteristic of the prayer of petition. Originally,
it was thought that repetition brought about an intensification
of the magical effect, particularly in the case of word-magic.
We are already familiär with conjurations of this sort as
elements of totemic cults. With but few changes, they recnr
in the older songs of the Avesta and Veda, as well as in some
of the Biblical Psalms. In these cases^ however^ the repe-
titions are somewhat more extensive, for there is a more
detailed Statement of that which is desired. And yet the
Biblical Psalms, particularly, are an illustration of the fact
that, with Submission to the will of the deity, the petition
becomes less urgent in tone. Even when the petition is
repeated the expression more and more assumes a some-
what altered form. It is probably this enhancement through
repetition — itself, in turn, due to the dynamic character of
the emotions of desire— that accounts for the so-called
• parallelism of members,* characteristic cspecially of
Hebrew poetry. The view, once entertained, that this
is a sort of Substitute for the rhythm arising from
emjAasis and sentence arrangement is doubtless incorrect,
for recent investigations demonstrate the ingenious rhythm
of Hebrew poetry. We would not, of course, deny that the
repetition of the thought in a changed form intensifies the
rhythmic expression. The real basis of the repetition,
however, lies not in this fact but in the motive underlying
Petition. This is clear, above all, from the fact that repetition
is most pronounced particularly in thqse psalms and pro*
phetic MDgB which are of thte nature of a prayer of petition
THE ACE OF HEROES AND GODS 429
and of the praises closely connected with it. Later, repeti-
tion was also employed in other forms of religious expression.
In the case of the hymn of praise, particularly^ the tendency
to repetition is aug^ented^ by virtue of the enthu^stio
exaltation of the divine personality whom the hymn extols.
Besides the prayer of petition we find the prayer of
thanksgivlng. Petition and thanksgiving are properly cor*
relative, the one expressing a wish to the deity and the other
acknowledging its fulfilment. Not infrequently» therefore^
they are combined, particularly in the more advanced forms
of the prayer cult^ into a single prayer of thanksgiving and
Petition. He who prays retums thanks for the blessings
which he has received and adds a request for further divine
aid. This combination occurs very frequently in the Psalms^
but it is to be found also in other hymnodies. The extent
to which the request for further favours is subordinated to
the thanksgiving for past aid, is a measure of the humility,
involved, and represents a fair criterion of the maturity of
the religious feeÜng underlying the prayer. Nevertheless,
it may also be noticed that he who prays always aims
first to gain the divine favour through his thanksgiving,
in the hope that the gods may thereby be rendered more
disposed to grant his request. Typical examples of this
are to be found, not only in the Biblical Psalms, but also
in the ancient Babylonian texts which recent discoveries
have brought to light. That the prayer of thanksgiving is
a higher form of prayer than is petition, is shown by the
very fact that it occurs in deity cult alone. More clearty
even than petition does thanksgiving presuppose a personal
being, capable of appreciating the feeling of gratitude. It
is at most in the fact that the prayer of thanksgiving still
seeks to obligate the deity to future favours, that demon-
conjuration has left its traces upon it. And yet deity cult
is characterized precisely by the fact that the compulsion
of magical conjuration has entirely disappeared in favour
of the free volition of the ddty. That prayer is regarded
as imposing an Obligation upon the god no less than upon
man, is extremely well brought out in the conoeption that
430 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
the relation of the two is that of a contractu or of a covenatt
sealed in the cult. This idea, reinforced by the national
significance of the deity, is fundamental in the Jahve oA
of the Israelites.
Praise, ox, as it is called in its poetle fonns, the Ajm,
is an even more pronounced feature of deity cult than is the
prayer of thanksgiving. The hymn is not usually classified as
a form of prayer because, when extemally regarded, it may
entirely lack the motive of petition, and it is from the latter
that the prayer has derived its name. In view, however, of
the continuity of the development of the cult forms whid
find expression in speech, we cannot escape including also tbe
song of praise. Indeed, it generally adduces the blessings
conferred by the god as an evidence of his glory ; not infit-
quently, moreover, it concludes with. a hope for the futuie
favour of the deity. Artistically perfect examples of such
prayers are the compositions known as the Homeric Hynms,
which, of course, belong to a much later age than the
Homeric epics. They are paeans in praise of Demeter,
Apollo, Dionysos, and Hermes, in which the laudation of
the beneficent activity of these deities takes the form of a
recital of some incident in their lives, foUowed by a prospec-
tive glance at the favour which thfey may be expected to
bestow in the future.
In these cases, thje song of praise clearly represents
a development of the prayer of thanksgiving. The final
and most mature form of prayer, however, th,e ßenitenüal
prayefy or, as it is usually called, the penitential psatnt^
may in a certain sense be called a subform of the petitional
prayer. In it, either external need or the consciousness of
personal guilt leads the individua) to call upon the ^ods
for mercy and for forgiveness of the conunitted sin.
Typical examples are again available in the Hebraic
and Babylonian psalms. These psalms contain, in the
first instance, prayers of cult, which were" offered on the
occasion of national disasters and needs, such as crop
faihire or drought, or, as in the case particularly of the
Israelites» were repeated at stated times in penitence for the
THE AGE OF HEROES AND GODS 431
sins of the Community. Such being the motives, tbe most
universal form of prayer^ that of petition, may here abo
be discemed in the badtground. Not only is the penitential
psabn in and for itself a particular form of petition, ooa-
taining as it does a plea for the forgiveness of comnxitteld
sins, but it is frequently combined with a direct prayer
for the favour of the deity and for renewed manifestations
of grace through a fortimate turn of destiny. In spite of
this egoistic strain^ however, which, just as in the case of
the so|ig of praise, is seldom absent, the penitential prayer
is, religiously speaking, the highest form of prayer, and
may be found only at an advanced stage of deity cult.
Above all other forms of prayer, its emphasis falls on the
inner life ; where it comes to expression in its purity^ it
seeks not extemal goods, but only peace of consciencje.
Moreover, more than anywhere eise, we find in it a resigna-
tion to the will of the deity. This resignation^ in tum, draws
its strengtb from the belief that human destiny is in the
absolute control of the gods, everything experienced by
the individual or by the cult Community being intetpTeted
as ä divine punishment or reward. Thus, the penitential
prayer is closely bound up, on the one band, with the
idea of a divine providence and^ on the other, with
ideas of retribution. Neither the idea of providence nor
that of retribution is to be found in early deity cult ; both
are products of tbe subaequent religious development.
Moreover, the issue is not changed by raising the question
whether the retribution is regarded as occurring here or in
the beyond. As a matter of fact, the retributive idea is far
from being implicated with other-world hope^^. The con-
viction that punishm^t will overtake the guilty man even
in this World, because of the direct connection between
present fortune and misfortime and the worship of the
gods, is itself the immediate source of the idea of a divine
power ever Controlling the destinies of mankind.
In addition to prayer, however, and usually bound up
with it, there is a second important form of cult practice,
namely, sacrifice. The usual oonception of sacrifice is alto-
THE AGE OF HEROES AND GODS 433
offering, on the other band, is more of the nature of a
penalty, similar to that which a judge^ imposes in satisfaction
of a crime.
It must be gn^anted that there is a stage in the develop-
ment of sacrificial cult in which the gift motive is dominant.
Nevertheless, even here there are concomitant phenomena
which clearly indicate that the sacrifice cannot originally
have had the significance of a gift. On the contrary,
there has been, in part« a change in meaning and, in
part, an arbitrary reinterpretation of phenomena. The
Jewish peace-offering was not a true gift. This is evidenccd
by the fact alone that one of its chief features was the
sacrificial feast, which involved the idea of the deity's par-
ticipation in the meal. In connection with, this idea of
communion with th,e deity, the offering of parts of the
consumed sacrifice was manifestly only a secondary motive.
Nor was the renunciation required of the sacrificer in connec-
tion with the Jewish sin-offering a feature which had anything
in common with a gift. It was similar rather to punishment.
Moreover, all resemblance whatsoever to a gift disappears
when we call to mind the earliest forms of sacrifice,
as well as the objects that were offered. One of the
oldest sacrifices, found even within totemic culture, was that
offered to the dead. In its broadest sense, this comprehends
everything that was given over to the deceased, or that was
bumed with him, in case cremation was practised. Such
objects originally included some of the belongings of the
deceased, particularly bis weapons and personal decorations.
After despotic forms of govemment arose, the death of a
Chief or of a person of influence demanded also the sacrifice
of his animals, slaves, and wives. We are already familiär
with the change of motives that here occurred. At first,
the aim was to keep the deceased from approaching the
living ; later, it was to equip him with whatever might be of
Service in his future life. The sacrifice then became an offer-
ing to the demon of the deceased, designed to win his aid f or
the living. FinaUy» it was devoted to the gods, whose favour
mu sought both for the deceased and for the survivors.
434 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGYi
A survey of the development as a wfaple shows that the
gilt motive was at first entirely lacking, and that even later
it was of relatively little importance. The idea of magic was
predominant. The aim was to bring the power of magic to
bear upon the deceased and his demon, and finally upon the
gods. The demon was to be kept at a distance, just as in
the case of burial and of the binding of the corpse, and
the gods were to be won over to a friendly attitude. This
appears even more clearly when we consider the objects diat
were sacrificed. In this respect, there was an important
change, first mediated, probably^ by the cult of the
dead, and thence carried over to sacrifice in ^ general.
The sacrificer offered such parts of his own body as were
held to be the specific vehicles of the souL Hcmier teBs
US that Achilles deposited the two locks of hair, which he
had once promised to his native river god, upon the dead
body of Patrodus. The use as a sacrifice to the dead of a
gift dedicated to a god, clearly indicates that the two forms
of sacrifice possessed an identical significance. The deceased
takes with him into the underworld part of the person of the
sacrificer. Similarly, it was believed that the psychical powers
of tbe deity are, on the one band, strengthened through the
soul which he reoeives in sacrifice, and are, fon the other band,
inclined toward the one who brings the ofFering. In animal
sacrifice, the blood was poured out beside the sacrificial stone
for the enjoyment of the god. Of the inner parts of the
bloody sacrifice, it was again those that were in ancient
times regarded as the chief vehicles of the soul, the kidneys
with the surrounding fat, that were particularly set aside for
the god. Closely connected with this is the sacrifice which,
through self-mutilation, the priests and temple servants
offered in the case of ecstatic cults (pp. 294 f.). In all of
these instances the ideas of magic and of gift intermingle.
The soul-vehicles which are offered are also gifts to tha
deity, intended for his enjoyment. In partaking of them^
howevei^, a magical influence is released by means of whicbl
the will of the deity is controlted, or, in the view of a more
advanced age, is favourably inclined toward the sacrificer.
THE AGE OF HEROES AND GODS 435
The same idea prevails when public sacrifice demands a
human being, instead of an animal, as a vicarious offering
for the sacrificing Community. Indeed^ himian sacrifice
also has its prototype in the sacrifice to the dead, though
the sacrificisJ idea is in this case kept in the back-
ground^ inasmuch as the dominant purpose is to equip
the deceased with that which he requires for his further
life. Human sacrifice proper, therefore, is at most con«
nected with faint survivals of this older pnctice. In
contrast with the latter custom, the individual sacrificed
to the deity serves as a substUate for the Community.
In this form; howevef, human sacrifice does not antedate
animai sacrifice, as has been beUevejd> but foilows upon
it. Still later, of course, it was again displaced by th<e
iatter, as b graphicaliy portrayed in the Biblical legend of
Abraham and Isaac. The priority of animai sacrifice is
attested, first of all, by its incomparably wider dis-
tribution. Human sacrifice, and traditions indicative of
it, appear to be altogether restricted to the great agri-
cultural festivals and solstice-cults in which the one who is
sacrificed serves, on the one band, as a Substitut^ for the
sacrificing comlnunity which offers itself to the deity in bis
person, and, on the other band, as the representative of the
god himself. Convincing proof of thi^ is fumished by
the traditions regarding the seasonal cults of the ancient
Mexicans, as these have been reported by K. Th. Preusx.
Prior to the sacred festival at which an individual was
ofIere4 in sacrifice, he was himself rcverenccd as a god.
The twofold significance of the human sacrifice becomes
perfectly intelligibte in the light of the above-mentioned
fusion of the ideas of gift and of magic. Dedicrtion to
the deity and union with him merge so completely that
they become a Single conception. Even the blood poured
out upon the sacrificial altar was not mercly an offering,
but, as a vehicle of the soul, was supposed to transfer to
the deity who received it the desires of the offerer. What
was true of the btood was quite naturally pre-cmmently
true when the object of sacrifice wa» the person himself.
436 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
In this case, all the organs were offered, and, therefore, the
entire soul. This is the most extreme form of the sacrifidal
idea, and occurs only in the sacrificial cult of fairly large
political and religious communities. As is characteristic of
legend, the ' Abraham and Isaac ' story individualizes the
ancient tradition, construing the latter as an account of a test
of obedience to the god— an interpretation very obviously
to be regarded as an invention of later poriestly wisdom.
On the other hand^ the Roman Satumalia, the Persian
festival of Sacaea, and other agricultural cults of the ancient
World, exhibit traces of the sacrifice of a human being- who
represents the deity himself. Along with these we migfat
probably mention also the Babylonian festival of Tammos
and the Jewish feast af Purhn. Finally, the Christian con-
ception of the sacrificial death of Jesus combines the saaie
ideas, though their religious significance is transformed and
reinforced by the thought of redemption, whidi has dis-
placed the older protective and fortime-bringing magic. The
sacrificial Community has here become the whole of mankind,
and the one who by his death brings about a reconciliation
with the deity is himself the god. For this reason dogtxDa
insists— with a logic that is perhaps unconscious and mystical
in nature, yet all the more compelling— on the unity of
the divine personality with that of the redeemier who died
the sacrificial death. This fusion of sacrificial conceptions
thus gave rise to the wiost impressive and effective story
that the human mind ever conceived. <
Herewith we reach the culminating point in the develop-
ment of the idea of ä gift offered to the deity, and here
also the sacrificial object attains its highest worth. That
the sacrificer, however, is little concerned with the value
of the objects which he brings, is obvious from the fact
that these are frequently without any objective value what-
soever. Such, for example, are the small pictures offered in
Chinese ancestor cult, and also the miniature Yepresentations
of desired objects which are placed on votive altars —
instances in which, of the two ideas combined in sacrifice,
ükzt of the gift again entirely vanishes; leaving as the sole
THE AGE OF HEROES AND! GODS j^z7
motive the more primitive idea of magic, which never com-
pletely disappcars. A^^erever sacrifice is dominated by the
idea of a gift offered to the deity, the sacrifioer, in turn,
seeks to gain certain ^ids in return for the value of hif
gifts. The Scale of values may be either quantitative ot
qualitative^ or both combined. Even in the case of tbe
bloody sacrifice both criteria are, as a rule, involved. At
the great festivals of Athens and otber Greek cities, ono
hundred steers were sacrificed to the gods^ the greater part
of the sacrifice, of course, serving as food for the people.
In Israel, the rieh man sacrificed his buUock, the poor man,
his young goat. It was the conception of value that caused
especially the fruits of the field, as well as the products of
the cattle industry, milk and butter, to become objects of
sacrifice. Later» sacrificial ofTerings wexe also made in tenns
of jewels and money. These were brought to the temple
for the decoration of the house of the god and for the
Support of the cult oj the relief of the poor. This develop-
ment was influenced by another change, connected with th!e
transition from the earlier bloody sacrifice to the bloodtess
sacrifice. Prior to the influence of the sacrificial customs, the
bloody sacrifice involved the loss of the sacrificial animals.
These were either entirely bumed and thüs given to thte
gods, or their flesh was consumed by the cult miembers aC
tht sacrificial feast^ the god receiving only those parts that
were prized zs the vehicles of the soul. Now, bloodless
sacrifice belongs to a higher stage both of culture and of
cult. In generat, it presupposes an advanced agricultural
and cattle industry, as well as the existence of more
extensive cult-needs whose satisfaction Ihe sacrifice is
designed to secure. Thus, the two conditions nmtually
reinforce each other. The products of ägriculture cannot
be directly offered to the deity as can the bumt offering,
which ascends to heaven in the smoke. On the other band,
the cult cannot dispense with certain means, and these are
obtained by utilizing in its interests the economic fore-
sight which has been acquired by the agriculturist and
the cattle-raiser in the courae of their work. In place of
438 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
the direct products of husbandry, the succeeding age more
and more Substitutes costly jewels and money. Thus,
the development which began with the bumt offering
condudes with the money offering. This later offering is
DO longer made directly to the deity, or, at most, this occurs
in the accompanying prayer ; the offerer bestows bis gifts
upon the temple, the priests, or the poor. By so doing he
hopes to win the divine favour indirectly, through the merit
which such gifts possess or through the cult activities which
are purchased by means of them.
The earliest forms of sacrifice are thus more and more
displaced by cult agencies which, to a certain extent, them-
selves approximate to purification ceremonies. This trans-
formation, however» cannot suf^ress the original sacrificial
purpose, which was solely that of exercising a direct magical
influence upon the deity. We now meet with phoiomeHa
in which this purpose asserts itself all the more potentty
because of the above development— phenomena from which
the idea of a gift possessing objective value is entir4y
absent. We refer particularly to votive and consecra-
tion gifts. These very names, indeed, are evidence of
the confusion which a one-sided emphasis of the g^t-idea
has introduced into the interpretation of sacrifice. For
votive and consecration gifts generally consist of artificial
objects which are ordinarily devoid of any artistic or other
value. They are deposited on the altars of the gods, or, in
the Catholic cult, on those of the saints^ either to mak'e
known a wish, as does the 'gift of consecration/ or, less
frequently, to render thanks for the fulfilment of a desite^
as in the case of the * votive offering.' Although these
offerings, even in their beginnings, are inseparable from
a fairly developed deity cult— since they presuppose altars
upon which they are placed, and, therefore, temples con-
secrated to the gods— it is practically the amulet atone that
may be said to rival them in extent ^f distribution. They
occor in ancient Egypt, as well as in Greece and Rome.
They were known also to Germanic antiquity, from whence
they probably found their way into the Catholic cults of Mary
THE AGE OE HEROES AND GODS 439
and the saints. The consecration gift corresponds to the
prayer of petition, the votive offering to the prayer of thanks^r
giving ; these prayers, accordingly, are spoken when the
object is placed upon the altar. The gift of consecration is
the earlier and more common^ just as the prayer of petition
precedes that of thanksgiving. The peculiarity of this adt,
however^ consists in the fact that the object ofFered as a
sacrifice is an artificially fashioned image, usually reduced
in size, of the object in connection with which aid is sought.
This obviously gives it a certain relationship with the fetish,
on the one hand, and with the amulet, on the other. As a
matter of fact, the so-called * consecration gifts * are not
in the least real gifts. Tbe sick man presents a figure of
the diseased part of fais body^ fashioned of clay, bronze, or
wax, and the peasant who has suffered a loss of cattle
brings a representation of the animaL In themselves, these
objects are valueless ; nor can they be of service to Qie
deity to whom they are brought^ as was doubtless believed
by the sacrificers to be true in tbe case of the animal that
was slaughtered, as well as of the blood, and doubtless also
of the fruits which were offered. Tbe significance of such
a gift of consecration lies solely in its subjective value, just
as does that of the primitive amulet;, which is likewise an
article without any objective worth. To believe, bowever,
that this value consists in the fact that the consecration
gift symbolizes the submissive reverence of the offerer would
be to read back a later stage of religious thought into an
age to which such Symbols are entirely foreign. Moreover^
the purposes of this sacrifice make such an interpretation
impossible. The vast majority of consecration sacrifioes
have another similarity to amulets, in addition to that just
mentioned ; diose who bring them seek healing irom disease.
Hence, in ancient times, such offerings were brought chiefly
to the temple of i£sculapius. Just as the amnlet, in its most
common forms, is designed as a protection against dreaded
sicknessesy so also does the consecratioQ gift aim at relief
from actual suffering. The amulet, however, may be
traced far back into the period of demon-cult, and its
440 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
charäcteristic types, therefore, arc pattemed on the more
prevalent expressions of demon-belicaf, such as cord magic.
The consecration gift, on the other hand, is associated witfa
deity cult, and takes the form of sacrifice. Moreover, it
reverts to the most primitive kind of sacrifice, to the
purely magical offering. The leg of wax ofFered by tbe
lame is simply a means of magic. Since it possesses no
objective value, it is worthless as a gift, and, as a means
of magic, it is again of the most primitive sort. The
sacrificial object is regarded as having a soul, quite in the
sense of early animism. Through its immanent psychical
power it is to exercise magical coercion over the soul of the
god or the saint. Its potency is precisely the same as that
which the soul of the sacrificial animal or human being is
supposed to possess. Th^ only difference is that the
eztemal chlaracteristics of animistically conceived objects
ordinarily force into the bäckg^ound the idea that the
sacrifice mägically becomes identical witb the deity who
receives it, whereas this conception comes out with espedal
cleamess when the offering consists of an animal or of
a human being. This is strikingly shown by the above-
mentioned sacrificial festivals, in which, prior to being
offered as ä sacrifice, the individual was himself reverenced
as the god to whom he was to be offered. True, the fact
that the human individual, as well as the animal, possesses
a value for those who bring the sacrifice, also introduces
the idea of ä gif t ; added to this, moreover, in the case of
human sacrifice, is the further thought that the sacrifice is
a Substitution for the sacrificial Community.
Thus, the idea of a magical effect upon the deity is
combined with that of a gift designed to gain his favour.
This appears also in connecrion with the sacrifice of the
first-frmts of the harvest or, with what is only a trans-
ference from the fruits of the field to the animal used in
its cultivation, that of the first-bom of the cattle. From
the Standpoint of the gift theory, such an offering is re-
garded as a particularly valuable gift. But this greater
value is again exchisively of a «ubjective nature. Objectively
THE AGE OF HEROES AND GODS :44i.
speaking, the mere fact that it is the first of the fruits or the
first-bom of the cattle that is offered does not give the sacri-
fice any additional value. Very probably the decisive factor
is the preference which man gives the gods in the enjoyment
of the fruits of the field. It certainly cannot be denied tbät
this motive is operative, particularly in later development.
That it was the original notion, however, is improbable.
Obviously, this offering is closely related to the customi;
common even to-day, of leaving the last sheaf in the harvest«
field. This custom, which W. Mannhardt was able to trace
from ancient times down to rural festivals that are still
prevalent, is also of the nature of a sacrifice. On such occa-
sions, an tgg, a piece of bread, or the picture of a human
being or of an animal, is sometinves tied to the first or to
the last sheaf of the harvest and left upon the field. Such
acts are obviously due to the need of attributing to the
gamered grain life and a soul, as wel! as the ability to
influence by its soul the Vegetation demons of the field, and,
in later times, the gbds who protect the cultivated soil.
The custom could scarcely have originated except for the
presence, from the very outset, of the idea of a psychical
power resident in the sprouting seed. Later, the idea of
a gift here also forced the magical motive into the back«
ground. Indeed, it may well be that this caused the sacri-
ficial usages which originally, as it appears, marked the
end of the harvest, to be put forward to its beginning.
It is only ideas of magic, furthermore, that can account
for the practice of dlvinatlon. Connected with sacrifice are
various phenomena that aie accidental in nature and unfore-
seeable on tbe part of the sacrificer. These phenomena are
such as to be sometimes regarded as indications of the
acceptance or the rejection of the sacrifice on the part of the
deity, while at other times they are interpreted from a dif-
ferent point of view, as general prophetic signs. In the case
of the bumt offering, for example, the direct ascent of the
smoke to the heavras was regarded as a sign that the deity
graciously accepted tbe offering. Similarly, the examina-
tionof tntrails, common among Oriental as well aa Occi*
442 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGYi
dental peoples, originally, doubtfess, had the purpose of
discovering whether the animal possessed a nature pleasing
to the gods. Later, however, it became one of a large
class of general prophetic signs (prodigia), such as the
flight of birds, lightning, clouds, and other incalculable
phenomena of nature by which the future was predicted,
particularly in respect to the success or failure of enter-
prises about to be undertaken. Because of the g^eneral
relationship of magic and divination, the sacrificial cult
borders upon the oracle. In the orade, man wishes to read
ihe future ; in the sacrifice, he wishes to hifluence it by his
action, This of itself implies that sacrifioe occupies the
higher plane. The belief in prophetic signs passed over
from demon cult to deity worship with relatively little change,
ezcept that it became connected with particular gods or
priesthoods and was therefore nx>re strictly regülated. The
hopes of a beyond, which were involved in the ecstatic prac-
tices of the orgiastic cults, opened up a tiew field to projÄecy,
and supplied divination with additional methods— the dream
and the vision. Though connected in various ways with
sacrificial cult, these phenomena are far from containing the
wealth of religious motives involved in the fonner. Nor
do they develop any common cult. This is due particu-
larly to the fact that ecstatic visions are dependent upon
a certain psychological predisposition, a fact which also
enables us to understand the influence exercised by the
individual seer and prophet upon religion and cult.
A third, and the highest, form of cult practice consists
in sanctlßcation ceremonies. Just as sacrifice is bound up
with the various forms of prayer— conjuration, petition,
thanksgiving, and penitence— so, in tum, is the sanctification
ceremony closely connected with both sacrifice and prayer.
On the one band, it is reinforced by accompanying prayers ;
oa the other, it results directly from sacrifice, particularly
whenever the latter takes the form of a cult practice that
brings mankind into association with the deity. In this
event, the ceremony of sanctification represents an activity
supptementary to sacrifice. The impulse to sanctification
THE AGE OF. HEROES AND GODS 443
gains the dominance over the sacrificial idea as soon
as the desires relating to the personal worth of the
sacrificer himself gain ascendancy over the extemal motives
which at first prevailed. This subjective interest^ of course,
appears only after the religious Itfe has become relatively
mature ; at the outset, moreover, it is still everywhere com-
bined with sacrificial practices that centre about extemal
possessions. Once it has finally freed itself, and has become
purely a sacrifice designed to enhance personal worth, it be-
comes a means of sanctification. Wben sacrifice has reached
this highest stage, however, the idea of a gif t presented to the
deity by the sacrificer completely disappears— in so far, there
n a resemblance to the very earliest sacrifices, which were
of a purely magical nature and were in no sense intended as
gifts. If, therefore, the sacrifice of self-sanctification retains
any connection at all with the conception of a gift, the
sacrificer must not only be said to ofler himself to the
deity but the ddty must likewise be regarded as giving
himself to the sacrificer.
Nevertheless, the origins of sanctificaticm ceremonies and
of sacrifice are essentially diverse. At the outset, moreover»
these cult practices adopt different paths, meeting only at
the height of their development. True, the sanctification
ceremony is rooted in magic belief, just as is sacrifice. In
primitive sacrifice, however, the magic is directed extemally ;
in the case of sanctification, on the other band, the object of
the magic is the human being himself who performs the
cult action or who permits it to be performed upon himf.
Even in the earliest stages of these practices, there-
fore, the sanctification ceremony occupies the higher level ;
hence, also, this ceremony is subsequent in origin to sacri-
fice. And yet practices presaging sanctification may be
found in much more primitive cults, in the purification
ceremonies, whose beginnings may be traced far back into
the totemic age. We have already mentioned the fact that
water and fire were used as means of magical purification
even in the perioc} of demon-belief (pp. 201 ff). So long
as they retain thir significance, they. may. both be dasied m
444 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY;
agencies of counter-magic. Their function is to coiinteract
the evil spells that result from contact with a corpse or with
some other object that is regarded as taboo. Purification by
fire faas the same significance. Because of !the more elaborate
preparations which it requires^ however, such purification
tends, from the very beginning, to take the form of a public
cult celebration. As a result, it passes over directly from the
field of counter-magic into that of magic proper— a reversal
common in the field of magical usage. At this point, pari-
fication becomes sanctification. For, the original puxpose of
the means which the latter employs is always that of afford«»
ing protection against future attacks on the part of the
demoniacal powers that threaten man from without^ or,
in a later and a religiously purified Interpretation, against
personal transgtessions resulting from man*s inner . nature«
Herewith the development reaches the stage of the sanctifi«
caticHi oeremony proper. The belief that sanctification is
necessary for the individual can arise only in connection
with deity beliefs, for it is bound up with ideas of retri-»
bution. The latter, in tum, depend upon the feeling of
the personal guilt of the individual no less than upon
the belief in the existence of personal gods who avenge
the sins that are committed. Precisely the same change
that takes place in the development of purification by fire
transpires also in the case of water, the second and more
common means of lustration. Here this transition is most
clearly evident in connection with baptism. True, even
Christian baptism still partly retains the idea of lustration.
For, though the newbom child who is baptized is not him-
self conscious of any wrongdoing, he is nevertheless tainted,
according to the doctrine of inherited guilt, by the original
jBin from which he must be cleansed. Baptism thus incor-
porates the meaning both of purification and of /sanctification.
The latter conoeption, however, asserts its dominance.
And yet the Anabaptists, though insisting that man is
unworthy of the sacred act unless he submits to it of
his own free will, have also wished to preserve, along with
the idea of sanctification, the idea of purification, which
THE AGB OF, HEROES AND GODS 445
is both more original and^ for sense perception, more real.
Moreover, baptism also occurs with this twofold meaningl
outside the pale of Christianity, not only among the Hebrews,
to whom the Christian religion is indebted for the cult^ but
even elsewhere, particularly among Semitic and African
peoples. Sometimes it occurs alongside of another very
common custom, that of clrcumcision ; sometimes, as in
Christendom, it is found where the latter is lacking ; in still
other regions, clrcumcision is practised, whereas tliere is no
real baptism aside from the ordinary rites of lustration. This
diversity itself testifies to the essential difference between the
two cult practices— for that clrcumcision also must be classed
as such there cannot be any doubt. Clrcumcision, however,
is not a means either of purification or of sanctification, but
is of the nature of a sacrlßce. Along with the offering of
hair in the cult of the dead and with the pouring out of
blood in connection with deity worship, it belongs to tiiat form
of sacrifice in which the sacrifidal object gains its imique vahie
by virtue of its being the vehicle of the soul. Thus, the object
of sacrifice, in the case of clrcumcision, may perhaps be inter-
preted as a Substitute for such internal organs as the kidneys
or testicles, which are particularly prized as vehictes of the
soul but which can either not be oflFered at all, on the part
of the living, or whose sacrifice involves serious difficulties.
Originally, sanctification and lustration not only
employed the same means but also followed identical
methods. The need frequently came to be feit, how-
ever, of an external distinction between these two cult
practices. Ablution thus came to be regarded as the proper
method of actual purification, whereas sprinUing was
adopted in connection with sanctification. This also
indicates the antithetical positions which the two hold with
respect to magic and counter-magic. Lustration aims to
remove moral, or, in the last analysis, demoniacal impurity ;
sanctification fumishes him who seeks its blessings with
water possessed of magical powers. For this reason purifi-
cation water feil into disuse with the disappearance of befief
in demoniacal impurity. On the other band, it was believe«'
OF HEROES AND GODS 447,
in individuals who receive a share of the
ion as the worth of the sacrifice increasesi
ree of sanctification. The latter reaches
man sacrifice, where the person sacrificed
both of the sacrificial Community and of
anctification here becomes deification for
the sacrifice. Following the disappear-
Sce, this idea was maintained in connec-
animal that was substituted for man, and
sacrifice was entirely abandoned, in con-
id which constituted the sacrificial food.
cults of the Old and of the New World,
ied into the form, sometimes of a human
s of an animal. In this case again, the
hristianity unites the various elements.
)le, the different interpretations that ihave
:e in the Christian world include concep-
[ the various stages of development. ' The
the sacrament perpetuate the memory
d human sacrifice known to religious
this case, the idea of the unity of tfae
th the deity continues to survive in the
g deity. In this sacrificial meal, more-
elated sacrificial cults survive— the idea
>, borrowed from the Jewish Passover,
of wine, as in the Dionysian mysteries,
sacrificed god. To the Christian, more-
1 sanctification has had three dbtinct
tse, of course, have f requently been inter-
e been magical, mystical, and symbolical
ries of stages through which all sanctifi-
»ass. To tbe uncritical mind, he who
>f the sacrament partakes of the actual
>lk>wing upon this stage of miracle and
that the cult act effects a mystical
leemer, a union that 19 not corporeal
the third stage, the cult action finaUy*
>1 of a religious exaltation of spirit.
448 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
This exaltation is regarded as possible in itself without die
external manifestation ; nevertheless, it is reinforced by die
latter, in acoordance with the general relationship that obtaiDs
between inner needs and external actions. Moreover« in eadi
of tbese three cases, participation in the common sacrifidal
meal is evidence of membership in the religious sodety-a
feature common to all firmly organized religious assoda-
tions. Such membership must be attested by participation
in the cult celebrations. Of the ceremonies in whidi ex-
pression is given to one*s religious aflUiations, the sacrifidal
meal has been regarded, from early times on, as the most
important. The end of the development thus retums to
its beginning. The meal, enjoyed in common at fized times,
differentiates cultural man from the man of nature. Among
all meals in which a relatively larg^ Community miites, how-
ever, the sacrifidal feast is probably the earliest» just as
the cult festival is the earliest festival celebration.
17. The Art of the Hergic Age.
A survey of the various phases of human interest will
show that they are all present from the very beginning in
the mental Organization of man. Moreover, they are
throughout so interconnected that an advance in one field of
interest will lead to progress in general. Nevertheless, we
are unable to escape the further Observation that, in the
life of the individual, certain capacities develop earlier than
others. Precisely the same is true of the life of humanity.
The phenomena in which the character of ages and peoples
receives its chief expression differ in each of the periods
through which the development of mankind passes. The
secondary phenomena, in each case, either occur only in
tjieir bcginnings or, where we are dealing with later stages of
culture» are being perfected along lines already established.
In this relative scnse, we may doubtless say of the three eras
following that of |>riinitive man, that totemism is the age of
the satist^tion of wants, the heroic age, that of ort, and the
suocoftdiog pm^ of tbe development to humanity, that of
THE ACE OK HEKOES AND GODS 449.
Science. Of course, there were many art productions, some
of them admirable, even in the totemic ag^e— we need mention
only the artistic cult datices, or the high perfection to
which the semi-cultural peoples of the period attained in
the decoration of the body and of weapons. It must be
admitted also that the heroic age already laid unperish-
able foundations for science. Nevertheless^ the main
achievements of the totemic age relate exciusively to the
satisfaction of the externa! needs of life. The modes of
procuring and preparing food, and the forms of clothing,
adomment, implements, and weapons— all originated in the
totemic age, and, however great may have been the advances
made by succeeding eras along these several lines, the
beginnings had nevertheless been made. A manner of dresa
suitable to the climate had been developed. The preparation
of food by means of fire, the manufacture of the fundamental
and permanent implements and weapons— the hanmier, the
axe, the saw, the chisel, th^e knife-nand, finally, the
differentiation between weapons of close and of long range^
had all been introduced. Moreover— and this is perhaps most
significant of all— art itself was govemed absolutely by the
motive of satisfying needs. Articles of adomment, tattoo-
ing, the dance, song, and music, were first of all means of
magic, and as such they served the most urgent needs, such
as man by hiaf^elf was unable to satisfy. These needs were
protection against sickness and success in the chase and in
war. Only gradually, through a most remarkable heterogeny
of ends, were many of these agencies of magic transformed
into pure means of adornment. Such transformations, of
course, occurred also in the heroic age. But by this time
the necessities of life had in part changed and, of the new^
interests, those connected with cult and with political
Organization gained an increasing importance. '^Esthetic
value came to be more and more appreciated as an inde-
pendent feature of objects. As a result, articles were
produced of a nature such as to minister both to the
needs of life and to aesthetic enjoyment. But, again^
this occurs pre-eminently within the field of spiritual
30
450 ELEMENTS OK FOLK PSYCHOLOGY
needs, particularly in connection with deity cult^ on tbe ou
hand, and in the glorification of buman heroes, on the otbo.
Tbe construction of the temple^ the plastic reproductioa ci
the human form and its idealization into the^(Uvitt
image, and^ finally, the forms of literature— the epic, the
hymn, and the beginnings of the religious drama, with thdi
accompanying music— all of these spring from the spiritd
needs of this age, among which needs cult is the foremost.
.With these various activities, art begins an independeot
development^ gaining a value of its own^ and conquering
fields that had previously been untouched by acsthett
tnfhiences. This conquest of new fields by the higber fonns
of art is indicative also of an increasing appredation of the
aesthetic, and, along with this» of a spiritualizatiön of life as a
whole, such as results, in a particular measure, from art, anl
only partly, and at a much later period, from sdence. The
first subjects of this art are heroes and gods— that is, those
figures which the Imagination creates at the threshold of the
heroic age, under the influence of the new conditions of life.
Gradually art then concems itself with the human personality
and with the objects of man's environment. In corre-
spondence with a change which transpired in the totemic
age, in which means of magic were transformed into articies
of adornment, the objects of nature and culture are now
more and more stripped of their mythological significance
and elevated into pure objects of aesthetic appreciation.
Thus, the heroic age includes the two most important epochs
in the entire history of art. These are thje origin of a tnie
religious art, and the attainment of an aesthetic independence
which allows art to extend its influence to all departments
of human life. Religious art made its appearance with the
beginning of the heroic age ; aesthetic independence repre-
sents a later achievement. This explains why the totemic
tage seems to us a vanished world, no less with regard to its
art than in other respects. It can arouse our aesthetic interest
only if we attribute the final product of this period— namely,
deooration freed from its original magical significance—
to the motives that reaHy, underlie artistic activity. The
THE ACE OK HEROES AND C0D8 491
art with which wc are still familiär and whonr inotlve^
we can all still aj^edate, begins only with thc hcroic «koi
The tattooing of the mao of nature and thc amul#:t ttl;fnit
his neck are to us adorrunerit^ of knr ^Mhnüc valu#?. A
Greek teinple, however, may even u>'day ^t<Ax%^ thc m^j^nl
of worship, and the battles of tlic H^/rricri/, hcr^/c« and the
tragedy of a Prometheus overtaken hy thc wrath of thc gorJ»
may still impress us as real. Howcvcr rcrn//te thc af;c may
be which these products of art reprcMrnt, tfie gcncral %pirit
which animated it has not vanished. Thc grcatc^t t Urning'
point in the spiritual history of man consi^t» in the »tupcn/l«Ai%
achievement which Inaugurates the heroic agc. I rcfcr to tlie
creation of the ideal man, the hero, and of the god in vAumx
heroic characteristics are magnified into the »uperhuman
and demoniacal. Here lies the begimiing of a real bittory of
art ; everything earlier is prehistoric, however important it
may be for a psychological understanding of art— an iinport-
ance greater than is generally supposed, since it is only these
earliest phenomena that can disclose the conditiont undet«
lying the first manifestations of the artistic imaginatioo«
Since we may assume that the facts of the history of Mf
are generally familiär, it may here suffice to considcf fteM
originating factors and their relation to the general (
of the heroic age.
The first and most striking characterisde
era is the development of architecture. Thi» i» * wm wf,
not to be found in the preceding age, or at WUt^^^f M
very meagre beginnings. The gabled and
as well as the tent and the wind-break
developed, are not artistic creations^ bot
the most urgent needs of life. The
building for any higher purpose than I
first of all when, here and there, the m
attributed also to the dead. For tl»
soul and ancestor cults demanded- tf
permanent structures. Hence
Chamber, built of solid stone. Iti
protection from without, were
45a ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY.
and constantly became more massive. This stimulated a
sense of the sublime and etemal, which reacted on the
construction of the monuments and gave them a character
far transcending the need that called them' into being.
The development of the gigantic Egyptian pyramids out
of the simple walled tomb, the mastaba» teils us this
significant story in pictures that impress the imagination
more vividly than words. But the cult of the dead^ which
this history records, was itself intimately connected with
deity cult, The preservation of the mummy involved cvery
possible protection of the corpse from the destnictive
agencies of time. This fact reveals a concem relating to
incalculable ages, and thüs gives evidence of an idea of ä
beyond into which the deceased is supposed to enter. Besides
the house of the dead; therefoite, there is the house belonging
to the deity, and this is even nk)re directly and universal^
charäcteristic of the age. This edifice, into which man may
enter and come into the presence of the deity, stimulates
the incomparably deeper impulse to build a structure worthy
of the deity, for whom' it is erected. Thus, then, we
have the tentple, designed at the outset for the protection
of the sacrificial altar, which had originally been erected
in the open, upon consecrated ground. Since it is located
at the seat of govemment^ at the place where the Citizens
assemble for the conduct of political affairs and for purposes
of trade^ the temple is indicative also of the city and of thie
State. Secular interests likewise begin to assert themselves.
Hence there appeärs a second mark of the city, the Castle,
which is the seat of the ruler and of the governing power,
and is generally also the final defence, when hostile attacks
tiireaten the city and State. Closely connected with the
Castle, in all regions in which the ruler lays claim to being
a terrestrial deity—as he did, for example, in the ancient
realms of the Orient— is the royal palace. In harmony
with the twofold position of the ruler, his dwelHng is
«rcfaitecturally intermediate between the Castle and the
temple. Thus, it is the temple, the Castle, and the palace,
^liose development not only awakens the aesthetic sense for
THE AGE OE HEROES ANß GODS 453
architectural forms, but also gives im|>etus to the other
arts, especially to sculpture and to omamentation. Th^
latter had previously found material for its expression in the
Utensils of daily use. Enriched through its connection witli
architectural forms, it now recurs to the miniature work of
Utensils and implements, where it more and more serves a
purely aesthetic need. Of the works of architecture belong-
ing to the early part of this period, it is the temple which
proves the greatest aesthetic Stimulus. This is due not
only to its more exalted purpose, but also to the impetus
derived from the fact of the multiplicity of gods. The
Castle represents the unity of the State. Hence the State
contains but one such structure, erected, whenever possible,
upon a hill overlooking the city. The temple, from
early times on, is the exclusive possession of a single
deity. The idea of harbouring aeveral deities in a singfe
structure could arise only later^ as a result of special cult
conditions and of the increasing size of the sacred edifices.
Even then^ however, the need for imity in the cult generally
caused each temple to be dedicated to a specific deity,
the Chief god of the temple. Hand in hand witb this went
a striving for richness and diversity in architecture. The
temple, therefore, expresses in a pre-eminent degree not only
the character of the religious cult, but also the n^ntal indi-
viduality of the people to whom- the gods and tbeir cult
owe their origin.
Closely connected with temple construction is scalptare,
for, in it, the unportance which the human personality
receives in this age finds its most direct expression.
Sculpture, moreover, dearly exhibits the gradual advance
from the generic to the individual, from ä value originally;
placed on man as such to absorption in the porticular
characteristics of the individual. The early, ' generic * figure
is generally a i:epresentatioh of the divine personality who has
inspired the artist to create an image for the säcred shrine.
Art does not aim at the outset to copy man himself ; it
transfers his characteristics to the deity, and only thus,
and after laborious efforts, does it attain tts mattery over
454 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
the human form. True, the gods are conceived as
human from the very beginning. So long, however, as
the sacrificial stone and the altar stand in the open field, this
humanization leads but to inartistic images, similar to
fetishes. While these Images indicate the presence of the
gods at the sacred places, they are not intended as Hkenesses
of the deities themselves. In their extemal appearance,
tlierefore^ the fetishes of early deity cult still impress one
as survivals of the totemic age, even though the gods are
no longer represented after the fashion of denions» namely,
as subhuman, possessing animal or grotesque human fomis.
The conditions obtaining in life generally were repeated m the
realm of art. For the transference of purely himian charac-
teristics to the image took place in the case of the hero— or,
what amounts to the same thing in the great Oriental dviliza-
tions of antiquity, in thät of the ruler^-earlier than in the caso
of the deity. The ruler is glorified by means of drawings
which represent processions of the hunt and of war, and
which are executed on the walls of his palaces. Similarly,
the religious impulse expresses itself in the erection of an
anthropomorphic image of the deity. This image is placed
either in the temple, which is regarded as the dwelllng-place
of the deity, or in some commanding part of the city ynhicb.
reverences the god as its protector. Here, however, vre come
upon a noteworthy proof of the fusion of the hero with the
demon as described above. From Babylonian and Egyptian
monuments we leam that the ruler and his retinue were
already represented in human form at ä period when deity cult
still retained hybrid forms of men and animals, sometimes of
the nature of animal demons with human faces, or again as
htmian figures with animal heads. Thus, art strikingly con-
firms the view that the gods arose from a fusion of the hero
Personality with the demon. When these extemal charac-
teristics, due to the past history of gods and their connection
with demon beliefs, came to be superseded, the divine image
ät firat reproduced only the typical feature's of man. In
additkUi io overtowering size, external marlcs, such as dress,
weapon^ loid sacred animals, were the only evidences of deity.
THE ACE OF HEKOES AN0 GODS 455
The first step in the transition from the generic figure to
the gradual individualization of personality occurs in coa*
nection with the facial expression. It is surprising to note
the uniformity with which, in all the civilizations of the Old
World, the images of the gods, as well as those of the heroes
and rulers» acquire an expression of kindliness and gentle
ness. ' This trait, however, is again of a generic nature.
The stiff, expressionless form has indeed disappeared, but
the expression that supervenes is uniform. Though we
have referred to this transition as universal, this is true at
most as regards the fact that, on the one band, the
expression of complete indifference gives way to one
manifesting emotion, and that, on the other, this emotion,
though pronounced, again exhibits imiformity. In the
quality of this feeling, differences in the character of
peoples may come to light, just as they do in mytb
and religion, with which sculpture in its first stages is
closely connected. In the two great cultural regions of
the New World, Mexico and Peru, there is a similar transi*
tion. The cults of these peoples^ however, emphiasize thei
fear-inspiring character of the gods. Hence^ in their art,
the terrifying grimace of the earliest divine images becomes
moderated into an expression of gloomy, melancholy serious*
ness— a change such as the art of the Old World approxi-
mates only in occasional productions that fall rather within
the province of the demoniacal, such as the Image of the
Egyptian sphinx or the gorgon's head of the Greeks. Thus,
the transition from features that are entirely expressionless
to such as are generic, and then to those that characterise
the individual personality, occurs in connection with a
change in the quality of the emotions. To illustrate the
relative uniformity of this development we might likewise
refer to the early Renaissance. Here again it was neces-
sary to seek a path to the concrete wealth of personality that
had been lost. Art reached this goal by way of the patbetic
expression of hiunble Submission. As soon as plastic art
departs from the typlcal form, we find not only that a change
occurs in the expressions of the face, but also that the entirci
:456 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
body bccomes more lifelike. Along with this^ tbe themes of
plastic art pass from the gods, nilers, and faeroes to the lower
lerels of every-day life. Even here art at first continues to be
fascinated by the great and conspicuous, though it later gains
more and more interest in the signißcanf. This striving for
reality in its wealth of individnal phenomena is characteristic
not only of sculpture, however, but also of painting. Dis-
regarding the bodily form in favour of the portrait, paint-
ing first acquires new means of characterization in colour
and shading ; then» passing from man to his natural environ*
ment^ it wins from nature the secrets of perspective, and
thus gains a far greater mastery over the depths of space
than was possible to sculpture. Landscape painting, more-
over, unlocks for art that rieh world of emotions and moods
ifdiich man may create from the impressions öf nature^ and
nfhich attain to purity of expression in proportion as man
himself disappears from the artistic reproduction of his
environment. Thus, the final product of pictorial art,
together with such paintings as those of still life and the
interior, all of which are psychölogically related inasmuch as
they express moods, represent the most subjective stage
of art, for they dispense with the subject himself whose
emotions they portray. All the more;, therefore, are these
emotions read into nature^ whose processes and activities
now constitute the content of personal experience. Once it
attains to this development, however, landscape art is already
far beyond the borders of the heroic age. Indeed» tbe
Renaissance itself advanced no farther than to the threshold
of this most subjective form of pictorial art. This art
represents the hero— however broad ä conception of him we
may form— as in all respects a hiunan individual. Thus,
art again returns to the being whose ideal enhancement
originally gave rise to the hero.
The changes which the forms of aesthetic expression
undergo within the field of formative art, are paralleied^
on the whole, by those of the musical arts. By this
term, as above remarked^ we wish to designate all those arts
fv^hich depeod firom the outset upon the external factors
THE AGE OF HEROES AND GODS 457;
of tone and rhythm ultimately employed most freely in
music (cf. p. 262). In the preceding age^ only one of
these arts, the dance, really, reached any considerable de*
velopment. Of the two elements of the musical arts,
rhythm was as yet predominant. The dance received
but little melodic support from the voice ; noise instnunents
had the ascendancy over musical instnunents. The furtber
development of these arts leads to continued progress, par*
ticularly with respect to the melodic forms of expression.
These begin with the language of speech^ and gradually
pass on to the pure clang formations produced solely by,
manufactured instruments. Corresponding with this extemal
change is an inner change of motives^ influenced, of course,,
by the varying materials which enter into the creations of
the musical arts. From the very beginning, the character
of this material is involved in constant change^ as Is also
language, which is the basis of all these arts, and whose
rhythmical-melodic forms cannot be arrested at any moment
of its living development. The attempt to render permanent
some of the movements of this flowing process^ by means
of literary records or definite Symbols, is but an inadequate
Substitute for the enduring power with which the mute
creations of sculpture and of architecture withstand the
destructive influences of time. Just because of this plasticity
of their working material^ however, the musical arts are
enabled all the more faithfully to portray the thoughts and
feelings that move the artist and his age. Particxilarly
where these thoughts and feelings are directly reproduced
in language, the work, even though Coming down from a
long-departed past, has an incomparably greater power to
transport us to its world than is ever possible to plastic art.
How much more vividly do we not experience the life of
the Homeric heroes while reading the Iliad than when
viewing the Mycenian art of that period I
Of all the products of the verbaj arts, it is the epic
that most faithfully mirrors the character of the heroic age
>as a wbole. The human hero liere Stands in the forefront
of action. His battles and fortunes and a laudatory des
458 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
tion of bis qualities constitute the main themes of the poemL
In the background, appears the world of gods. It receives
no attention apart from its relation to the action. Tk
gods, it is true, take a hand in the destinies of the heroes-
they quarrel about them, or, when the need is greatest,
descend to the earth and, though unrecognized, assist them
in battles. As for the rest, however, their life lies outside
the sphere of the epic narrative ; it appears to be an even
and undisturbed course of existence into which change enters
only in so far as there is a participation in the affairs of the
terrestrial world. Such is the epic at the zenith of its develop-
ment and as it receives expression in the Homeric poems.
Though such poetry be traced back to its beginnings, the
gods will not be found to play any greater r6]e, as we should
be led to expect were the theory of many mythologists
true that the hero saga developed out of the deity saga
and, correspondingly, the heroic epic out of the deity.
epic. In confirmation of our assertion, we might point
to the Russian and Servian romances, and also to the
songs of the Kara-Kirghiz and to the Finnish Kalewala,
though the Kalewala has not come down to us in quite its
original form. The Norse Edda, which has been at the
basis of certain misconceptions regarding this questioi^
should not here be drawn into consideration, though, were
it examined, it would substantiate, if anything, the opposite
of what is supposed. It dates from a later period, which
no longer believed, as we may assume that the Homeric
rhapsodists did, in the gods and heroes of which it sang.
The Norse skalds dealt, in their songs, with a departed
world, whose memory they endeavoured to renew ; they
drew their material from märchen-myths and from folk-
sagas. If, now, we turn to that poefry of the Slavic and
Turkish tribes which is really preparatory to epic poetry, we
find certain radical differences. Here ako, of course, there
are imaginary beings whö either take a hand in the battles
and destinies of the heroes or, through the magic over which
the human h«x> as yet still frequently disposes^ come to
identify themselves with heroes. These beings, however.
THE ACE OF HEROES AND GODS '459
are not gods^ but demons. They possess no personal traits
whatsoever. Such traits are lacking also to the hero in Pro-
portion as he makes use of magical powers rather than of
an enhanced measure of human ability. Thus, it is the worlä
of demofis, not that of gods, which forms the backgtound
of the early epic. As regards the hero himself, it is apparent
from his characteristics that he is on the border-line between
the hero of märchen and the epic hero. This development
of the epic again mirrors the development of the hero saga
described above. But, since epic poetry, gives permanence
to the unstable characters of the folk-saga, and thus, in tum,
reacts upon the saga itself, its development is all the more
capable of presenting a clear picture of that fusion of demon
with himian hero which gave rise to the god. It is by virtue
of his human characteristics that the hero of the early
epic is distii\guished from the demons whbse world as yet
alwäys forms his scene of action. These human charac-
teristics are then more and more transferred to the demons.
Throughout all these changes of environment, the hero
remains the central figure of epic poetry, and continues to
develop purely himian characteristics. Hence it is that, at
a later period, the gods again completely disappear from the
actiön, and the destinies of human heroes come to be the
exciusive concem of the epic. At this stage, it is no
long^r extemal factors that determine the destiny of the
hero, as they did when demons and, later, gods were
supreme ; inner motives, whose source lies within the hero
himself, are of paramount importance. When this occurs,
however, epic poetry has already passed beyond the
boundaries of the heroic age.
At one time it was held that the Homeric epic, so far
from marking the climax of a development in which the
World of heroes was brought into relation with that
of the gods, really inaugurated epic poetry. During
this period, the rhytKmic-melodic form of Homer was
regarded as the beginning of all narrative. Indeed,
at times it has been thought to represent the beginning of
language. Foltowing the view of Jacob Grimm»
46o ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
maintained that poetry was tbe earliest form of speecfa^ and
that prose came through a process of deterioration analogoos
to that by which prehistoric deity and hero sagas passed into
tfae märdien. This theory^ of course, is just as untenable
for the history of language and poetry as it is for that of
the saga. The original narrative is the märchen-msrth diat
passes artlessly from mouth to mouth. The transition to
a form which is at first loosely constnicted and then miore
strictly metrical^ is clearly bound up with the transition from
the hero of the märchen to the hero of the saga. Coind-
dent with this^ gods also gradually gain a place in epic
poetry. This development is accompanied by two important
external changes. The first of these involves the transfor-
mation of the every-day prose^ in which the märchen-myth
had been expressed^ into rhythmic-melodic forms. These are
reinforced by a simple musical accompaniment that gives to
the diction itself the character of a recitative melody. The
second change consists in the fact that separate narratives
are joined into ä series, the basis of connection being, in
part, the heroes who participate in the action and^ in part,
the content of the action itself. Thus, ä romanoe-cycle arises^
which, when supplemented by connecting narratives, finally
develops into a great epic. As might be supposed^ it is
primarily the first and the last stage of this development that
are accessible to direct Observation — the romances of the
iearly epic, preserved in folk-poetry, and the perfected poems,
such as the Homeric epics and thie Niebelangenlied. As
regards the formation of these epics out of their separate
Clements, we can do no more than to frame hypotheses
on the basis of somewhat uncertain inferences reiating to
differcnces in style and composition. There can be no
doubt^ however, that the more important step as regards
the form of the epic^ namely, the development of rhythmic-
melodic expression, was directly bound up with its very first
stage, namely, with the appearance of the earliest form of
the hcroic narrative — a form resembling the romance.
But how may we account for this origin? Dbes the
narrative of itself rise to song because of the more exalted
THE AGE OF HEROES AND GODS 461
charäcter of its content? Or, is the rhythmic-melodic form
imposed upon it from other previously existing types of
poetry? Such poetry exists. The simple songs of primi-
tive man wet have already come to know ; besides these,
there are the cult-song, whose conjurations and petitions were
addressed to demons prior to the advent of gods and heroes^
and, finally> the work-song. This at once indicates that we
must postnlate ä transference from the lyric type of song,
taken in its broadest sense> to the narrative. Nevertheless,
the first of the above-mentioned factors must not be dis-
regarded. The heroic hero, of course, arouses far greater
admiration and enthusiasm than did the märchen-hero.
Here, as in the case of the song, the intensification of
mental excitement causes its verbal expression to assume
rhythmic forms, precisely as the dominance of festive and
joyous emotion in the dance transforms the extemal move«
ments of the body into rhythknical pantomime. Doubtless,
therefore, it was primarily from the cult-song, and under
the influence of a related poetic ecstasy, that a sustained
rhythmical foitn was carried over to the portrayal of th!e
hero Personality and his deeds. And so^ as is clearly
shown by the romance-like beginnings of epic composition^
the metrical form of the epic first foUows current song-
forms, and then gradually ädapts these to the specific needs
of the narrative. Now^ the earliest characteristic of the
song, and that which at a primitive stage constitutes almost
its only difference from ordinary speech, is the refnain«.
In the epic, the rhythm becomes smoother. The refrain
disappears entirely, or occurs at most in the case of regu«
larly recurring connective phrases or of stereotyped ex-
pressions relating to the attributes of the gods and heroes.
These aid the rhapsodist in maintaining an uninterrupted^
rhythmic flow of Speech» and also continue to be uscd as
means for intensifying the rhythmic Impression.
Epic poetry thus develops out of the earlier forms of lyric
composition, through a process by which the exalted mood of
the song is transferred to the portrayal of the hero person-
ality. Finally, however, the epic itself reacts upon ^
462 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY,
Here again the cult-song occupies the foreground. When
it reaches the stage of the hymn, its most effective content
is found in narratives that centre about divine deeds which
far transcend human capacities, or about the beneficent
activity of the deity toward man. The tendency to incor«
porate such narratives is particularly marked in the song
of praise and thanksgiving, which comes to occupy the
dominant place in religious cult for the very reas<m that
the mood which it expresses is at the basis of the c<»nmon
cult. At this point, cult acquires a further feature, the
preconditi(His of which, however, date back to the age of
demon cults. Even in the case of demons, aid was sought
not merely by means of conjurations but also by moans of
acüons that imitatedi in dances and solenm mask proces«
sions, the activities of demons. In the great Vegetation
festivals of New Mexico and Arizona» which are inter-
mediate between demon and deity cults, there were imita-
tive magical rites connected with the subterranean demons
of the sprouting grain, with the rain-giving cloud demons
above the earth, and also with the bright celestial gods who
dwell beyond the clouds. After having originated in this
sequence, these elements became imited into a cult dance
whose combination of motives resulted in the mimetic play,
the imitative and pantomimic representation of a series of
actions. Thus, the mime itself is the original form of the
drama, which now takes its place beside the epic as a new
form of poetry. iWhat the epic portrays, the drama sets forth
in living action. This accoimts for the fact that, even in its
later independent development, drämatic literature draws its
material principally from th^ epic, or from the saga which
circulates in folk-tradition as an epic narrative. Moreover,
as may be noticed particularly in the history. of the Greek
drama, the transition was made but slowly from the indi-
vidual rhapsodist, who sufficed for the rendering of the
epic song, to the additional players necessary for setting
forth the narrative in action.
How essentially uniform this transition is, in spite of
widely divergent conditiöns, is illustrated by the origin of
THE ACE OE HEROES AND GODS 463
the religious plays which grew out of the Christian cult. In
reading the gospel, the priest assigned certain passages,
originally spoken by participants in the particular event,
to sacristans or priests associated in the ceremony, and the
Chorus of worshippers represented the people present at the
event. In spite of, or, we might better say> because of
their more recent origin, these Easter, Passion, and
Christmas plays represent an early stage of development.
In them, we can still follow, step by Step, the growth of
dramatic art out of church liturgy, and the resultant
s^cularization of the religious play. Heightened emotion
results in an impulse to translate the inner experience into
action, and thus dramatic expression is given to certain
incidents of the sacred narrative that are particularly suited
for it. This tendency grows, and finally the entire scene
is acted out, the congtegational respdnses of the liturgy
passing over into the chorus of the drama. Common to the
responses of the congregation and the chorus of tbe dramatic
play, is the fact of an active participation in that which
is transpiring. Though this participation is inner and sub-
jective, in the one case, and objective, in the other, the
response of tbe ccmgtegatioa to the priest in tbe liturgy
is nevertheless preparatory to the chorus of tbe drama. It
is inevitable, however, that this diangie should gradually
lead to a break witb liturgy. The portrayal of the sacred
action is transferred from the churcb to the street ; the
clergy are supplanted by secular players from among the
people. Even within the sacred walls foHc-humour had
inserted burlesque episodes--such, for example, as the mimic
portrayal of Peter's violence to the servant Malchus, or the
running of the Apostled to the grave of Christ. These now.
gained the upper band, and finally formed independent
mimetic comediek. The serious plays, on their part, also
drew material, even at this time, from sources other than
sacred history. The newly awakened dramatic impulse re-
ceived further Stimulus from various directions. The old
travelling comedy, wandering from market, to market with
its exhibitions, now of gruesomely serious, now pf *«~Mily
4.54 ELJEXEXT5 <JF FOLK PSYCHOLOGE
hBOBsaas^ icssau ^«as ^ ticoor in the creatioa of the modern
dtana. üo les thaa woe dkc amusing Performances of the
acoHnpanymg rnnpec-äocv. Added to these, as a new
facmr. was die aiuEt 3i:veL a prose narrative cultivated with
portzailicy aar:icniiariy snce die Renaissance ; there was also
ks ridrr sscer. che inBkgisarf marchen, as well as the
epic of dsrnlrj in. uS pocxxlar prose versions, and, finally,
xbakt which nior? cfffi"*T approximates to the relig^ous
starnng-pcinr. ±e saint legend— all of these miited in giving
impecus zo die mocem drama
New. die sjailarirT of chis development to that of
the ancienc draxa is so marked that« even where detaüs
are lackin^, we may regaid die nature of the transitions
as identkal so ^ as their generai featores aze concemed.
Indeed, we sfaoald donbtiess be jostified in assnming that
in whatever other locafioes a dramatic art was perfected,
as, for example, in India. the couise of development was
essentially the same as that whidi has been described.
True, the development cannot proceed to its termina-
tion apart from an advance in cult and poetry such
as was attained but rarely. Its sources, however^ are
always to be found in universal human characteristics which
were operative in the \-ery beginnings of art and cult.
The two factors upon which the later drama depends
may be detected even in the corroboree of the Aus*
tralians. The corroboree is a cult dance whose central
feature is a regulated imitation of the actions of totem
animalSy accompanied by song and noisy music. This Imi-
tation of animals also leads to the insertion of humorous
q>isodes. Indeed, even in the corroboree, these episodes
are frequently so niunerous as to crowd out completely the
cult purpose— an early antidpation of the secularization which
everywhere took place in the art that originated in cult. In
nnmerous other details as well, the continuity of development
is apparent. Suggestions of the animal dance occur in the
satyric plays of the Greeks. This same satyric drama took
orer the phallus-bearing Choral dancers from the Vegetation
In striking wndence, as K. Th. Preusi
THE AGE OE HEROES ANß GODS 465
has pointed out, and indicative of analogous customs,
are the phalleplioric representations found in ancient
Mexican cult pictures. The puppet-show, which was
perhaps not the least among the factors leading to the
secularization of the drama, was not only universally to be
found during the Middle Ages, but üi India it made its
appearance at an early period. It occurs even among
peoples of nature, as, for example, among the Esquimos.
Among these peoples, the doli and its movements always
represent an imitation of man himself and of his pantomimes.
But, though the tendencies to dramatic representation and, in
part, even the beginnings of the drama, reach back to the
early stages of art, the developed drama was th)e product
of a later period, and was dependient for its rise upon
almost all the other verbal and mimetic arts. The drama,
however, may always be traced back to deity cult. The
religious hynm which extols the deeds of the gods is a
direct incentive to the translation of th^ese deeds into
personal action. The motives for th^ dramatic elabora-
tion of liturgy were present particularly in those deity
cults which combined soul cults with ideas of a beyond,
and which centred about the life, the sufferings, and
the final salvation of the gods, and the transference
of these experiences to tte human soul. Thie development
of the mediaeval Easter and Passion plays may be traced,
Step by Step, from their origin. It is this development,
particularly, that throws clear Kgfat upon early Greek and
Indian drama, whose beginnings in the mystery cults are
rendered obscure by the secrecy of the cults. These latter
dramas, in tum, clearly indicate that the original source of
dramatic representations is to be found in the very ancient
Vegetation ceremonies, which, in part, were transmitted to
the heroic age from a period as early as that of demon cults.
After the dramatic perfoilnance has been transferred from
the temple to the market-place and the drama has become
secularized, the furtber course of development naturally
differs both with the conditions of the age and with <
character of the culture. Nevertheless, however, th«
3^
466 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY,
narrative^ the mimetic representation, and the older forms of
the song may faave coöperated in the development of the
drama, the latter, like the epic, steadily descends from the
lofty reakns of the heroes and gods, down to the dwellings
of men. In the portrayal of human strivings and sufferings,
moreover, the centre of interest shifts from the xnysterious
course of extemal events to the secrets of the human soul.
But herewith again the drama transcends the boundaries of
the heroic age. Its beginnings grow out of early deity colt.
In its final stages, dramatic art, with its insight into human
life as it is directly lived, becomes the vehicle of the idea
of humanity in the entire scope of its meaning, comprehend-
ing both the heights and the depths of human life.
Closely bound up with the psychological motives imder*
lying* the development of the drama is the last of tte
musical arts— namely» music. We may refer to it as the
last of these arts for the reason that it attained to inde-
pendence later than any of the oth^rs. As a dependent
art, however, accompanying* the dance, the song, or the
epic recital, it dates back to the age of primitive man.
Musical art, also, received its first noteworthy Stimulus from
cult, as an accompaniment of the cult dance and the adt
song. The strong emotions aroused by the cult activity
caused a constantly increasing emphasis to. be placed on
the musical part of the ceremony, leading particularly to
the development of melody. The polyphonic song* of the
many-voiced chorus of the cult members, and the music of
the accompanying instruments which gradually assumed the
same character, eventually developed into harmonic modula*
tion. This introduced musical effects of a novel sort, such
as were not possible for the accompaniment of the leciting
rhapsodist and were attained only imperfectly by the common
song. Thus, dramatic and musical art both sprang from
Ihe same religious root, the liturgic ceremonial, thence to
pursue different directions of develofmient. Later they agam
united in the case of certain particularly emotional parts
of the dramatic action, first of all in the Choral song,
which is tims reminiscent of their coiomon origia ia liturgy.
THE AGE OF HEROES AND GODS 467
With this exception, however, the emancipation of dramatic
and of musical art from tbeir common cult origin was siic»
ceeded by a long period in which they remained distinct.
Hence it ia certainly not without significance that the
Creator of the modern art*synthesis^ the music drama,
himself feit his achievement to be religious in character.
Whether or not this may be affirmed as regards the
content of the music dramä, it is true so far as the fact
of combining the two arts is concemed. But it is no
less noteworthy that in this case also the Separation of
itself engenders the motives for the reunion. When tbe
drama was transferred from the temple to the public
market-place and then descended from the sphere of gods
and heroes to the reality of everyday life, it lost^ first its
musical-melodic fonn; and then its elevated rhythm^ thus
giving way to prose. The liturgic song that survived in
the cult, however, entered into reciprocal relations with the
secular forms of the song, and a copious interchange of
melodic motives ensued. With the same justification,
perhaps, as in the case of the origin of the dramatic play
in general, we may Interpret the older developments by
reference to the interchange between sacred and secular
songs that took place in Christendom during the Middle
Ages. The endeavour to combine dramatic with lyric and
musical epjoyment gave rise to hybrid forms of art, to the
musical play and the opera. This prepared the way for
the further attempt to transcend these composite forms
of art by creating a new unity of drama and music. Thus,
the aim was to restore the original synthesis on a higher
plane, not limited to particular Feligious cults but talüng
into account universal huihan/emotions. Yet the entire
devek>pment of this later art, as well as that of its com-
ponent elements, the drama and the song*, again carries
US far beyond the limits of the heroic a^. It extesids
over into a period in which, on the onc band, man supplants
the hero and, on the other, the religious advance to a
superpersonal god displaoes those deities who suffer fn
the defects which they have inherited from thcir h
468 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGE
piototypes and their demon ancestors— namely, the personal
gods.
Along; with the above-mentioned developo^ent of musical
art there is also a second chang^, whicl^ appears on die
surface to be antithetical to the former, bat whicb in reality
Supplements it. This changie oonsists in the Separation ci
musical expression from the various elements with whicb
it was originally connected, and in its entrance upon a free
and independent development. In the redtative of the
rhapsodist, in the liturgy of the temple service, in dance
and song, the rhythmic-melodic elements are, to a certain
extent, limited by the rhythmic-melodic possibilities of
language. In part, it is true, they have freed themselves
from this limitation— namely, in the instrumental accooEipani-
ment— and yet they, £ail to attain to independence so long
as they are but means for intensifying the expression which
emotion receives in language and mimicry. From this
double bondage to the rhythmic-melodic powers of human
expressive movements and to the thought content of
language, musical art finaUy frees itself . While the musical
instrument was at first a means designed to assisr man in
his endeavour to give direct expression to his emotions,
man's activity in the case of ' absolute music * becomes
limited to the mastery of the instnmient itself. Ulis
renders available a wealth of new tonal possibilities, and adds
an inexhaustible supply of new mötifs for the expression of
feelings and emotions. Musical art thus becomes purely a
language of emotions. Free from connection with specific
ideas, it in no wise restricts the experiences which the
hearer may enjoy. It aflfects these experiences only in so
far as the musical production is itself a portrayal of pure
emotions. Inasmuch as music is not boxmd by concepts or
ideas, its eflfect upon the h^rer will be the purer and the
more intense according as fae is the more receptive to the
particular emotions in question. In the form of the instru*
mental composition, therefore, müsic is the most subjective
of the musical arts, as are landscape-painting and its related
forms, though not in so prwiQunced a degree^ of the plastic
iTHE AGE ÖE HEROES AND GODS [469
arts. Like these ärts, and even more so, music is the ex-
pression of purely subjective feelings. Hence, it, as well
as they, far transcends the boundaries of the heroic aigß,
whose fundamental characteristic is attachment to the objec-
tive World. In the heroic age, the individual may indeed
transfuse the outer world with his emotions, but he is
never able to isolate his emotions from objects. Conse-
quently, though art places its media at his disposal, lie
is unable to utilize them' in giving expression, in its
independence, to thfe inner life of personality.
CHAPTEK IVi
THE DEVELOPMENT TO HÜMANITY
I. The Concept 'Humanity/
The question, Do we live in an enlightened a'ge? was
answered by Kant, with reference to his own time— whidi^
as is well known, laid claim to the distincticm— -flatly in tbe
negative. He added, however, that the age was daubtless
one of increasing enlightenment. One might, perhaps, be
even more justified iii raising a similar question witb refer-
ence to the relation of our own and of preceding ages to
a universally human culture, and in answering j We aic
on the way to this goal, but are still far from having
actually reached it. Indeed, in view of human imperfection,
it may be doubted whether we will ever be able to reach
it, unless the imperfection itself be included as an element
in such a culture. The ambiguity of the word 'humanity ' is
such that it may signify human weaknesses as well as human
sympathy and other virtues. It was in the latter, the more
favourable, sense of the term that Herder, even in his day,
attempted, in his " Ideas," to portray the history of man-
kind as an ** education to humanity." This expression
suggests that history manifests only a ceaseless striving
toward true humanity ; the goal itself lies beyond the reach
of possible experience.
Now, a survey of the course of progtess described in
the preceding chapters may well cause us to doubt
whether the presupposition from which Herder set out in
his reflections on the philosophy of history is correct. The
assumption that factors ^ preparatory to the development
470
THE DEVELOPMENT TÖ HUMANITY 471
to faumanity äre already to be found in the original nature
of man^indeed> even earUer than this^ in the general con-
ditions of his natural environment— is not beyond question.
Neither primitive nor totemic man shows the faintest traoe
of what we should^ strictly speaking^ call himiknity. He
gives evidence merely of an attachment to the nearest asso-
ciates of horde or tribe, such as is foreshadowed even among
animals of social habits. In addition^ he exhibits but occa-
sional manifestations of a friendly readiness to render assis-
tance when danger threatens at the hands of strangers.
It is not until the heroic age that we encounter
phenomena such as might properly be interpreted to indicate
the gradual rise of feelings of humanity. But if we take
into account the entire character of this age, we are more
inclined to contrast it, precisely when it reaches its zenith;
witfa all that we to-day understand by humanity. Con-
sider, for example, the sharply demarcated State organiza-
tions of the heroic era, its depreciation of stränge peoples»
and its repudiation of universal human ties, brusqudy
expressed during times of war in its treatment of the
enemy and, during times of peace, in slavery. Tbe
question as to whether and in how far the beginnings
of our ideas of humanity reach back into the past and
prevail at lower levels of culture, is confronted with a
serious difiiculty. Conceptions such as these are obviously
themselves products of a long development and have
been in constant flux. The concept * humanity * suffers
from an ambiguity which has attached to it ever since the
time of its origin, and which has in no wise diminished
as the Word has acquired broader meanings. The word
humanitas, which in later classical Latm was practicaUy
equivalent to our concept * human nature,* in both its good
and its bad connotations, acquired an additional meaningi
in the language of mediseval scholars. During this period
of strong partiality for abstract word formations, the term
came to be used also for tbe coUective concept * mankind/
that is, the Ronuui genus hominum^2L concept independent
of value judgtnents of any sort. Thus, the word ü"«#4
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 473
ditions which succeed the age of heroes and gods cannot
undertake to do more than point to the phenomena that give
expression to the new motives that dominate this later period.
Sharp demarcations are in this instance even less possible
than in the case of the earlier stages of htiman develoip-
ment. The more comJ>rehensive the ränge of human
strivings and activities^ the more gradual are iht transi-
tions and the more fully are the underlying motives— pre-
cisely because they involve the universally human— fore-
shadowed in the natural predispositions and impulses of
man. Tendencies to esteem nutn as man^ and a willing^ess
to render him assistance^ are not foreign even to the primi-
tive mind. Even at the beginnings of human culture there
are present^ dimly conscious, tbose tendencies out of which
the idea of humanity may finally develop. Moreover^ every
later advance seems to lead in the direction of this con-
ception. The transition from tribe into State, the changing
intercourse of peoples^ and the spread over wide regions
of the mental creations of a Single people, of language,
religion, and customs— all these phenomena are obviously
Steps on the way to the idea of humanity and to its per-
manent incorporation into all departments of human
endeavour. Neither in its rise nor in its further changes,
moreover, does this new idea entail the disappearance of
previous conditions or of the psychical factors involved in
their development. On the contrary, humanitarian culture
takes up into itself the creations of preceding eras, and
allows them to take firmer root. Thus, the idea of a
cultural conmiunity of peoples has not weakened, but, so
far as we may conclude from the past course of histoiy, has
strengthened and enriched, the self-consciousncsf oC separate
peoples and the significance of the individual State. Tbc
dissemination of cultural products has not lanhed ia tiear
decrease. National differences Kave led latber to "*^
increase of these products, and haire th» «abacmet "ö*
value attaching to the spiritual diMiMiuivsas:s$ -rf ^
and of the individual pcrsonality. Tk*?
even more than in the case o€ the eErlic-
474 ELEMENTS OK FOLK PSYCHOLOGY.
history, speak only of relative values, needs scarcely be
remarked. Humanitarian development indudes ä vast
number of new conditions, in addition to those that nnderUe
the preceding stages of cidture. Since, moreover, the s}ti-
thesis at which this development aims is everywhere still
in the process of becoming^ the way itself is for the timc
being the attainable goal. We ^y neither be said
to be on the way io humanity^ if we ixi^an by this
a condition in which none but humanitarian interests
prevail, nor does a humanitarian age, in the sense
of the exclusion of more restricted human relations, appear
at all within the field of vision disclosed to us as a result of
past history. As a legacy from the primitive cra, man has
permanently retained not only the general needs of indi-
vidual life but also the most restricted forms of {anuly
and tribal Organization. In like manner, it will be im-
possible for an a'ge of humanity ever to dispense with the
more limited articulations of State and society that have
arisen in the course of cultural development. Scarcely any
general result Stands out as more certain, in a retrospective
survey of our investigations, than the fact that, while every
period discards äs worthless a vast number of products,
some of which were valuable to an earlier age, therc
are other products which prove to be imperishable. From
this point of view, that which precedes is not merely
preparatory to the further course of developmient but is
itself the beginning of the development. The imme-
diäte beginning, however, is veiled in obscurity. The
earlier age is ever unconsciöusly preparing the way for onc
that is to come. The clan of primitive tribal Organization
faad no idea of a Coming Statef, nor had the ancient demon
worshipper any notion of a cult of rewarding and punishing
celestial deities, yet State and deity cult couM not have arisen
except for clan and demon-belief. Similarly, the earlier
modes of collective life possessed the idea of humanity only
in the forttt of a hidden germ. Hence we may not properly
describe these prepaVatory stages, which exhibit phenomena
of a different and, in part, an entirely dissimilar sort, as
THE DEVELOPMENT TQ HUMANITY 475
a development to hunDanity. The term applies rather to
an age in which the idea of humanity, having come
to clear consciousness, exercises an influenae upon the
various phases of culture, and is entertained by a suffi-
ciently large portion of majikind to insure its permanent
eifectiveness. But even witb this liniitation the development
may not be regarded as one of tminterrupted progress.
However widely disseminated the humanitarian idea may
come to be, there will remain localities and levels of culture
to which it has not penetrated. But, inasmuch as peoples
of very different cultural stages enter into relations with
one another, the possibility is open for such a tum of events
as will obscure the idea of the development to humanity
for long periods. That such deviations from the path of
progress have frequently occurred in the past is certain ;
that they are never to occur in 'the future is scarcely prob-
able. For this reason one can scarcely hope to do more
than to show that, in spite of such retrogressions, the
development to humanity forms ä generally connected Whole,
and that here also psychological law b regnant.
That such law prevails is at onoe evident from the
fact that of the two conceptions which we have found to
be involved in the idea of humanity, the external and objec-
tive concept expressed by the collective term ' mankind *
is historically the earlier ; the concept ref erring to' inner
characteristics, and associated in the consciousness of the
individual with clearly defined value-feelings, foUows only
gradually. We might express this relationship by the
phrase, M&nkind must prepare the way for himian nature.
•This does not imply that bolated manifestations of the
latter might not long precede the rise of the idea: of
mankind— indeed, must necessarily have preceded it, in
so far as a predisposition is concemed. It means merely
that human nature did not, as ä matter of fact, attain
to its complete development, nor was 4t able to do so,
until after the idea of the unity of mankind had pro-
gressed beyond the stage of vague Impulses or oT
tion on tbe part of but tf fewiädividuals in advai
476 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHÖLOGYr
age. In oAer words : The collective concept * manldnd,' as
representing, not merely a generic term ci^ated by tfae in-
tellect, but a real totality ultimately uniting all its memben
in a social whole, preceded the concept ^ human natuie/ as
connoting a recognition of universal human rights to whid
each of the members of the him^an race may lay daim, and
of duties which he, in tum, owes to human society. The case
could not be otherwise. Unless the idea of mankind were
already present in some form, even thougb this be at the
outset inadequate, the requirement that an individual give
expression to humanitarian sentiments would be impossible,
since thfere would be no object of the activity. If wt
consider the sequence of the various phenomena^ invx>Ived
in the development to humanity, we find ä striking
agrettment between history and the results to whidr oar
analysis of the concept * humanity * has led us. The
earliest of the phenom^na here in question dates far
back to the beginnings of the events known to us throogfa'
historical monuments, and consists in the rise of warld
empires, Though the term * world empire * is sometimes
used to refer merely to a great kingdom that results from
the absorption of ä number of separate States, such a use of
the Word does not do justicö to its meaning. The idea of
world empire really comfes into existence only at the moment
when such a kingdom lays claim to embracing thte terrestrial
part of the univers^ and. therefore the whble of mankind,
however much this claim' may represent a mere demand
which has never, of course, äctually been realized. The very
fact of the demSind, however, itself involves the conscious idea
of a unity embracing the whole of mankind. Moreover, the
endeavour to realize this ambition fbUows with inner neoessity
in the case of all political organizations that call themselves
world empires/ particularly at the period öf their zenitU
and of an increasing consciousness of power. This leads
to further important results, which, though ät first doubtless
not consciously sought, nevertheless later increäsingly become
the object of voluntary endeavour. Though extemally re-
taining the tra(}itional political Organization» the world
THE DEVELOPMENT Tö HUMANITY 477
empire r^uired an extension of the institutioos of law and
of administration that had thus far prevailed in the mon
limited State. A similar cbange gradually took place
in connection with intercourse and its fostering agencies,
and subsequently in connection with language, customs,
and religious beliefs. Thus, it wais the world empire
that first prepared the way for world culture, only meagre
beginnings of which existed in the period of a more restricted
political life. The extension of wants and of the means
of their satisfaction was first evident in the field of .commerce
though a similar tendency camie more and more to prevail
in the various departments of mental life. Pre-eminent
among these interests was the one which is the most
universal and is based on the most common needs, such as
are experienced by all members of human sodety, namely,
religion. Thus, as one of the last of the creations possess-
ing universal human significance, tvorld religion makes its
appearance. The preceding age did not progress beyond
national religions. However much the mythological elements
of cult, in particular, may have tiavelled from one ,people
to another, these elements were assimilated by the national
religions. Inasmuch as these religions continued, on the
whole, to preserve their own identiti^, the fact that any
elements were of foreign origin very soon disappeared
from the folk-consciousness. Not until the period which
we are now discussing do we find religions that lay
Claim to being universal. Even though this claim may
remain ä mere demand, just as in the casc of the world
empire, it is precisely as such that every historical world
religion has asserted its influence. This striving for uni-
versality is far keener in connection with world religion
than it is in the case of world empire and world cukure.
In comparison with this endesavour to becomc universal, the
fact that no period ever witnessed nuerely a Single world
religion is relatively unimportant, though not to be over-
looked in considering the spiritual needs of mankind. Dis-
regarding subordinate religions and such as are of
significance for culture as a whole^ there are
478 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
two great world religions, Christianity and Buddhism.
These have asserted themselves side by side, and will
presumably continue further to maintain themselves,
inasmuch as they correspond to sharply defined charac-
teristics of universal world culture. FinaHy, world culture
and the world religions form the basis of world histarj^
a third element in the coUective consciousness of man-
kind. If we understand by * world history/ not the
political or cultural events that simultaneously run their
independent courses^ but the historic consciousness of man-
Idnd itself, combining the idea of mankind as a unity with
that of the development of this unity in accordance witb
law, then world history, in this, the only aiccurate meaning
of the term, is the last of all the factprs involved in the
idea of humanity. Since the individual who is developing
in the direction of the ideal of humanity mirrors all other
aspects of htunan nature, world history ultimately becomes
for faim the gradual realization .of the idea of humanity.
Thus, world empires, world culture, worM religions, and
world history represent the four main Steps in the develop-
ment to humanity.
2. World Empires.
Even in the midst of the spiritual forces dominating the
heroic age there are phenomena that foreshadow a develop-
ment transcending the limits of this period. Of these phleno-
mena, none is more prominent than the striving for world
dominion. The first battles of early political organizations,
and the victories over conquered peoples, led to an enhanced
consciousness of power on the part of the individual State.
This consciousness found expression, first in strife between
neighbouring dominiona, and later, as soon as one of these
had gained the supremacy, in the establishment of an enipire
includin^ many separate States. Such an Impulse to
transcend the limits of the Single State is so natural and
so directly prefigured in the motives to individual action that
we come upon it wherever any historically active political
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY. 479
organizations have arisen. In the realms of western Asia,
such attempts are to be found from the time of the Su-
merian and Accadian States down to the struggle of
Babylon and Assyria for the ruiership of the world.
Egypt^ had ä succession of dynasties which at first
glance might seem to simulate a unified history, but which
in reality represents the transference of supreme power from
one State or city to. another, and along with this the grow-
ing ambition for a single all-embracing dominion. The
same phenomenon appears in the struggle of the Greek and
Latin tribes for hegemony^ and also in the foundation of
the great Persian kingdom of the Achasmenidas ; the latter
gave way to the world emfüre of Alexander, which, though!
of Short duratioiv was never again equalled in magnitude ;
succeeding it, came the world empire of the Romans, the
last that could properly lay claim to the name.
It is in Egypt, on the one hand, and in the succession
of West-Asiatic kingdoms, on the other, that the first stages
of this development of a world kingdom out of the
dominance of one powerful State over a nimiber of vassal
States are clearly exhibited. The struggle for supremacy,
in which vassal might elevate himself to the position of
ruler and lord be reduced to vassal,, and in which newly
immigrant peoples often took a decisive part, immeasurably
enhanced the striving to extend the sphere of dominion.
This development reached its culmination when the supreme
ruler of a power that dominated a very considerable number
of vassal States expressly asserted the claim of being ruler
of the world. The fact that such a claim was made wherever
a suprraoacy of this sort came into existence under conditions
of relatively limited intercourse, testifies to the immanent
necessity of the development. Wherever the domain of such
an empire approximated the limits of the known world, the
universal State was conceived as including^also the rest
of the inhabited earth. This conc^ption came to ex*
pression in the title which the ruler regularly assumed.
He laid claim to being the king of kings, the overlord
of the world, the ruler of the * iBour quarters of tbo
48q ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
Through a reversal of that process of transferenoe by whid
the characteristics of the terrestrial State were carried over,
in deity cult, to the divine State^ the ruier of the terrestrial
State now faimself became a god. This accounts for the
surprising uniformity with wfaich the idea of a god-monaxd
arose wherever that of a world monarch' was developed.
In the pre-Babylonian reabns of the Euphrates and Tigris
Valleys, the ruler erected his own image^ as an object of wor-
ship, in the temple ; in the land of the Pharaohs, the heads of
the sphinxes placed in front of the temples bore thie featuies
of the monarch. Even Alexander the Great commanded that
the Egyptian priests greet him as a son of the god AmoD
Re ; after acquiring the authority of the great Persian Idngs,
he demanded from those about him the extemal signs of
divine adoration. Similarly, the Roman em^rors of the period
from Diocletian down to Constantine. In spite of their in-
clination toward republican offices and customs^ which by
their very nature militated against such cerembonial, these em-
perors accepted the idea that the world ruler should be wor-
shipped in cult. As the god-idea gained increasing power,
however, deity cult itself presented a counteractmg influence
to the fusion of the ideas of world ruler and deity. A rivalry.
arose between god and ruler. The king whose omnipotence
led to his deification repelled the ruler of heaven^ and the
ruler of heaven and earth, on his part, refused to tolerate any
rival of earthly origin. This led toi a temporary compromise
in which the ruler^ though not himself regarded as a deity»
was nevertheless held to be the son of a god, as well as
the agent who executed the divine will. Or, after the
pattern of hero myths, and in remote resemblance to ancestor
cult, the ruler was believed to enter into the heaven of gods
upon his death, so that it came to be only the deceased ruler
who received divine adoration. The later ruiers of Babylon,
for example, called themselves the sons of Marduk, who was
the Chief god of Babylonia^ and the features of this deity
were given to the image of Hammurabi. The Romas
emperors, on the other band, from the time of Augustus
on, were accorded divine reverence after death'. y/hta
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 4»«
the king, rcalizing the exalted charactcr of divinc inajeft^y»
finally camc to feel himsclf entirely human, thesc pracu*^*
vanisbed. The emperor now became cither ihc mcrc t^V^^'
sentative of the deity or one who was divinely favourcd abov«
other men. Hence the developmcnt tenninate* in a Corin»»!»
of royalty which has even yet not dibapiitarcd-^lh« loruiula,
•' by the grace of God."
The development which we havc des^riliC^l \nuV^''^^
continuously from beginnings that werc aliiwbt i^iut^»4>^'*'y
with those of States until it eventuatcd in ihc worl'l i^^*^'
XVhat, we must now ask, werc its motivating forte»? VV«:
cannot ascribe it to a craving for power which ovcrmanlcr%
the ruler of the single State as soon as he has successfuUy con-
quered a foreign territory and a forcig n people. Doubilcss
this factor was operative, yct it was obviously an cffect rathcr
than a cause, although an effect which, in the reciprocal
relations of impulses, itself forthwith bccamc a cause. 13ut
the immediatc and decisive factors that led to the »dra vi
establishing a world State, are to bc f ound only parij> u.
the motives underlying the extension of the smgle 5>i»Vt
into a World State, and in the rcsults connected wiu. Im
attainment of this ambition. These motivcs anö »«am
were, in the first instance, of an cxternal n*^« '*^/
consisted in the fact that the world State cnjoyeC «Äü^i^c
means of subsistence and power by reason Ol tte ^^^>^
which it received from subjugated provinccs or i«« ^4-1^.
States. Tributes of grain and cattle, of precum mm ^.^
metals, and especially of valuable '^^"^J*^ "-'^
placed at the command of the Pharaoh, or of lie J«*tvv^., ^
or Persian monarch, for the buildtng^ J» -J»:.^, ,.,.^
temples, and his palaces, for niili^ary "^T^*^ ^-"^ «-
officialdom more directly subject to *V*^*J''*' *^* ''••^''-
born natives. Everything which the *>P^^ . ^*^- ' •.. inr
its maintenance was demanded in a ^j^^^Z^^'*^ '■" J«
world empire. Thus, it was the ^^*^' It^T '* * t-^^
of subsistence and power that led toÄ^^'P*''^'-:-.. ^^m
Single State by the world empire, J—** ^' *« :ut ä
influence, on a smaller scale, tba* #■* -^^^ os^
3^
482 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGYi
ascendancy over the earlier tribal oiiganization. In extending
its authority over wider and wider territory, the world empiie
itself finally perished as a result of the increasing difficulty in
unifying its forces. It either broke up into separate States
or a similar process of expansion started anew within the
same boundaries^ beginning now with one of the erstwhile
vassal States and now with a new tribe that migrated into
the territory. The first of these changes is illustrated by
the Babylonian-Assyrian empires ; the other, by, the catas-
trophes suifered almost contemporaneously by the reahn of
the Pharaohs^ through the influx of the Hyksos, and by
Babylon, at the hands of the conquering hordes of tbe
Hittites. The same i^nomena recur in the partition ol
the empire of Alexander the Great and in the downfoll
of the Koman world empire. Unless world empires de-
generate into a mere semblance of universal dominion, as
did the Holy Roman Empire they obviously become the
more short-lived in proportion as history comes to move
the more rapidly. Hence the Napoleonic attempt to revive
the old idea in a new form became a mere episode. The
Single State finally triumphed over the world empire, and
everything goes to show that the idea of an all-embtacing
world empire is little likely to recur unless the continuity
of history is to be seriously interrupted.
It thus appears that the idea of establishing a world
empire is not to be accounted for solely in terms of a constant
striving to augment the means of power. Such endeavour
prevails now, no less than formerly, in every State that has
in any way attained to an independent development of its
power. At the present time, however, none but at most an
occasional Utopian dreamer adheres to the idea of creating
an all-inclusive world State. Even wfaere this occurs the
idea is completely antithetical to that of earlier times. The
ideal which is at present proposed for the distant future
involves, not the extension of any single State into a world
State, but rather the dissolution of existing States and the
establishment of ,a society of universal peace among
nations, such as would reuder entirely superfluous any
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 483
instruments of power on the part of the State itself.
But we have further evidence that the impiUse to in-
crease the means of power could not have been the
only, nor even the decisive, factor in the development
of the idea of a world empire. This evidence is to be
found in the fact that, whUe a world empire never existed
except as an idea, the age in which this idea dominated
histpry regarded the world empire as a reality. Hence there
must have been other motives, of an ideal nature, to bridge
over the chasm between idea and reality in such wise as to
identify the former with the latter. Though it is possible
to urge, in explanation, that the knowledge of the real
world was at that time limited, this does not solve the
Problem. Even though the Babylonian king might have
feit satisfied to call himself the ruter over the four quarters
of the earth because practically all countries of which he
had knowledge in the four directions of the wind paid
tribute to him, this of itself is not adequate to account för
the fact that he regarded the universality as absolute and
not relative. Over and above the fact of a limitation of
knowledge, there was requisite particularly the idea of the
unity of the world, and the application of this idea to the
reality given in perc^tion. This idea of unity is similar
to that of the absolute unity of the workt-order whose
centre is the earth, an idea that dominated the astronomical
conceptions of antiquity. Both ideas, that of a world empire
embracing the whole of manldnd and that of a universe
whose centre is the earth and whose boundary is the crystal
sphere of the heaven of fixed stars, sprang from the same
mythological world-view that also found expression in the
conception of a divine State projected from earth mto heaven.
To these gods, with a supreme deity at their head, belonged
the rulership of the world. Whenever a change in the city
that formed the centre of the terrestrial world empire re-
sulted in a new supreme deity, the conditions of the earthly
kingdom were all the more fieiithfully mirrored in the divine
kingdom, for the other gods becamie, as it were, the rp"
of this supreme deity. This mythological picture» pr
OS
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY, '485
^^«.icnded under the term world cidture. In so far as the
** Äi of world empire involves factors that lead to world
^fe «ture, these affect primarily the material aspect of the
a nfk of pecples— world intercourse, the resulting mukiplica-
gmsx of needs on the part of peoples, and the exchange of
r^tea^ means for the satisfaction of these needs. The spiritual
^Rcpases of culture, which outlast these external and material
^Qi^taseSy make thcir appearance more particularly at the time
j^ien the world empire is approaching its end. Süice, how-
3^ /er, it is these spiritual phases that are of predominant
l^^gnificance^ world culture as a whole is to be regarded
=^T^3 an after-eflfect of world empire rather than as a direct
^gyesult toward which the latter has contributed. The reason
r ipr this is not far to seek. It lies in the one-sided striving
jBg.<or the acquisition of external means of power, and in the
^j:on5equent despotic pressure which the world empire, par-
^acularly in ancient times, brought to bear upon its separate
eoginembers. It is also connected, however, with the fact that
^ the dissolution of world empires usually brings in its wake
^ migrations and a shifting of peoples. Even within the culture
^ of the ancient Orient, the spread of the elements of myth and
.]i saga, as well as of the products of art and science, came
^ especially with the destruction of earlier world empires and
^ the reconstruction of others. The empire of Alexander the
Great led to what was perhaps the greatest epoch of
world culture in the history of civilization, yct the latter
was conditioned, not so much directly by this empire, as by
its disintegration at the time of the Diadochi. Similarly,
t the downfall of the last world empire that may properly
lay Claim to the name— the Grseco-Roman kingdom— like-
wise resulted in a great cultural movement, due in part to
the shifting of peoples which took place at this time, though
more especially to the spread of Christianity. Here, again,
the fact that the world empire was preparatory to world
culture is substantiated. For the dying world empire
employed even the last powers over which, in its final agony,
it still had control, to pave the way for the world religipn
that wai taking its rise.
486 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
Nevertheless, as a result of the tremendous resources
whicfa, in the beginnings of a higher civilization, were
possessed by the world empire alone, there was one field
in which the period of such empires was directly creative
and in which it set an example to future ages. I refer to
the techni({ue of mass and to the monumental art con-
nected with it. The streets, viaducts« and magtuficent
edifires of the period of the Roman emperors have lonjf
aroused the wonder and admiration of later generations, as
monuments of a power that had unlimited means at its
command. The constructions of the Egyptian, Babylonian-
Assyrian, and Persian world empires lacked the artistic
execution which the influence of Greek art made possible
to the constructions of the Romans. We have now come
to know, however^ that the former were not surpassed by;
the latter in the inunensity which resulted from the con-
sciousness^ on the part of the builders^ that they had countless
human forces at their disposal. The canals and roadways of
the Egyptian and Babylonian monarchs, moreover, also give
clear evidence that the needs of agriculture and commerce
were provided for in a way that would have been impos-
sible, in these early stages of world culture, except through
the resources at the command of a world State. The exten-
sion of intercourse resulting from world empire is to bc
regarded as- at least a partial factor in the transition to the
Institution of money. It exercised an influence also toward
the development of a system of writing, whose purpose it
was to communicate the decrees of govemment to officials
and vassals, and to preserve a record of the deeds of rulers
and of the laws enacted by them. In this wise, the material
aspects of world culture exerted an influence upon the mental
aspocts» whose direct expressions are speech and writing.
Ai regarils the relation of speech and writing, the
t^i^d fundamental elements of all culture, the culture of
indtviduali and world culture show an important difference.
l» rtif <2MUure of individuals, of course, speech long precedes
^vittlllt^ Vtfbal expression being crystallized into writing
onlv 4&\^X Ä vt^liÄtivcly high level of culture has been
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 487
attained. In world culture, on the other hand, writing
paved the way for verbal intercourse. The reason for
this difference lies in the fact that speech is a natural
product of the direct intercourse of individuals who are
sharing a common life. Writing, however, is an invention by
which individuals seek to disseminate and to preserve the
ideas embodied in speech far beyond the spacial and tem-
poral bounds that limit oral communication. Hence, com-
mimication in writing is the first step from folk culture to
World culture. The simplicity. of the characters which it
employs enables it to pass from one people to another and
from one generation to the next even more readily than does
the speech of commerce. For though the latter is of a more
universal character than the many separate mother tongues,
it asserts itself only with difficulty in competition with them.
The history of cuneiform writing is especially instructive as
regards the point under present discussion. The Semitic
people, whose migration to Babylonia succeeded that of the
Sumerians,, lost all knowledge of the Sumerian language, but
they preserved the written texts as sacred. In the course
of folk migrations, cuneiform writing likewise penetrated to
the coast regions of Asia Minor, although in this instance
it was continually used to express new idioms not to be
found in the land of its origin. Letters have been
found representing a correspondence between certain Baby-
lonian kings and Egyptian Pharaohs, and dating from
the fifteenth Century before Christ. These letters, called
Tel-el-Amama letters after the place of their discovery,
are a remarkable testimony to the fact that the demands
of commerce gradually cause speecl) to follow m the wake
of writing, even though the^means Vhich the Babylonian
employs to make his cuneiform writing intelligible indicates
that his Egyptian correspondent possessed only a slight
acquaintance with the Babylonian language.
. It was not until a much later time that any language
of intercourse and Uterature became sufBciently widespread
to be called a world language, even in that relative sense
which attaches to all universal terms of tWs sort. This
488 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGYj
occurred in the case of the Greek längnag«, under the ruk
of the Diadochi. In this instance, again, tbe first advance
in the direction of world culture followed, in the maiiii
upon world empire. For^ though we must admit that the
empire of Alexander was of altogeth^r too brief a dura-
.tion for such a purpose, it is nevertheless true that it
witnessed only the beginnings of a world dominance of
Greek language and culture. Taking into account thfe narrow
limits of the cultural world of that period of history^ there
has been no age since that of the Diadochi conceming which
we would be prepared to say that it attained to so wide-
spread a dissemination of a uniform culture. The striving
beyond a national to a world culture which took ptace at
that time was^ of course, the fruition of far earlier tendencies.
The fact that the Gredc colonies retained the language and
customs of the mother country was itself a pr^>arataiy
Step. Following* the train of colonists we^e individual
travellers, whose desire for knowledgfe led them beyoiid
the regions where the Greek language was known. Even
in that early day, Pythagoräs and Xenophanes^ Herodotus
and Xenophon, Democritus and Plato made extensive travels
throughout the lands bordering on the Mediterranean.
Alexander's expedition to India, a count^ which had up
to that time been regarded as a marvellous fairyland,
marked the culmination of the joumeys to remote regions
which had, at the outset, been undertaken by individuals.
Nevertheless, the spread of the Impulse to wander remains
of primary significance for the Hellenistic period. The
warrior, the tradesman, and the physiciän share this in^Hilse
with the scholar and the artist. In the läge of tribal organiza;«
tion, it was the tribe or clan that travelled to distant places,
its object being to escape the pressure of want and the necd
threatened by the exhaustion of the hunting-grounds or the
soll ; in the heroic age, it was the people as a whole who
left their homes, either because they were crowded out by
enemies or because they were eäger to assert their power by
establishing cities and States ; in the age under present
contid$ration, {t is th^ individual who is seized with the
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 489
longing for travel, bis purpose being to find elscwhere more
favourable opportunities for the exercise of bis vocation,
er, perbaps, to see tbe world, and tbus to enlarge bis
field of experience and bis knowledge. Tbe large and
rapidly growing cities tbat spring up into centres of tbe
new World culture attract tbe people of all lands/ as do
also tbe ancient and far-famed seats of intellectual
culture. In Alexandria; Pergamus^ Atbens, and, finalljr,
in Rome, tbere mingle representatives of all races— of
tbe Greek, Egyptian, Syrian, Persian, and Italic peoples.
Greek is tbe language of common intercourse. Alexandria,
bowever, jgtadually displaces Atbens as tbe cbief seat of
science. Tbe latter comes to be fostered, not by Greeks,
but, in large part, by individuals of otber nationalities^
particularly tbose of tbe Oriente
(Tbis new world culture possesses twio distinctive cbarac*
teristics. Tbe first of tbese consists in a growing indif-
ference to tbe State as such. Tbe second, antitbetical
to the former and yet most dosely related to it, is a
high appreciation of tbe individual personality, connected
witb wfaicb is a tendency on tbe part of tbe individual to
develop bis own personality and to assett bis rights. Tbat
whicb tbe public vahies undergoes a diiange. Tbe emphasisf
sbifts, on tbe one band, from tbe State to a culture wbich
is universally human, and tbiis independent of State boun*
daries ; it (»tsses, on tbe otber band, from political interests,
in part, to tbe individual personality and, in part, to universal
spiritual development. Tbus, world culture is at once
cosmopolitan and individualistic. As respects both tbese
characteristics, bowever, tbe interest in bumanity finds ex-
pression in a traiiscendence of tbe limits of a Single people.
Here, again, preparatory stages will be found far back
in Greek culture. As early as tbe time of the Sophists, indi«
viduals, wandering from city to city as travelling teachers,
proclaim the spirit of personal freedom and the dependence
of all social institutions and ties upon the will of the indi-
vidual. vWhen we come to tbe Epicurean and Stoic schools,
whicb reacb over into tbe period of «Irly world culture, ihm
490 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
kfea of humanlty in both its aspects receives its classic ex-
pression, though with differing emi^ases» conditioned by the
ethical and reUgious needs a& a whole. Similar conditions
prevail in the positive sciences. In natural science» which
reached its first classical development in the Alexandrian
period^ an interest in universal natural laws, as discovered in
astronomy and mechanics, occurs side by side with an absorp-
tion in descriptive observations of tbe most detailed sort. His«
tory fluctuates between attempts at an abstract schematization
of the epochs of political development^ after the pattem of
the Aristotelian Classification of the forms of the State^ and
biographical accounts of dominating personalities and their
deeds. Similarly, philology combines the grammatical dis-
putes of the Peripatetic and Stoic schools--disputes as yet
unfruitful in their abstract generalities— with that niinute
pursttit of literary studies which has since given the period
the discreditable name of ' Alexandrianism.* Art also mani-
fests this caincidentia oppositoram. The moniunental
edifices of this epoch exhibit a tendency toward the colossal,
whereas sculpture is characterized by a painstaking and
individualizing art of portraiture ; the drama portraying
the pompous action of ruler and State, appears alongside
of the play of civic intrigue and the mime.
As the result both of inner dbsolution and of the aggres-
sion of new peoples who were just entering upon their
political development, Hellenistic world culture underwent
disintegration. It first split up into Greek and Roman
divisions, in correspondence with the partition of the Roman
World empire and that of the Christian Church connected
with it. Except the fact of the Separation itself, nothing
shows more significantly how far both divisions were from
possessing a world culture than does the decline of that
indispensable means of common culture, language. The
iWest preserved meagre remnants of the Latin civilization,
the £ast, fragments of the Greek civilization. In the course
of tbe centuries, the clergy of the West developed a class
of scholars who were out of sympathy with the prevailing
tendencies toward national culture. In the East, the
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 491
barbarian nations, which the Church barely succeeded in
holding together, exercised a benumbing influence upon
culture ; cultural activity, therefore, sank into adull lethargy.
The ancient world empires» whose last brilliant example» the
monarchy of Alexander, had formed the transition to the first
great world culture, gave place, at this later time, to world
religion. As the result of struggks which, though long, were
assured of ultimate success, world religion subjected the
political powers to its authority. Destined, in the belief
of peoples, to be imperishable, this religion outlived the
changing forms of the secular State, and was the only
remaining vehicie of world culture, fragmentary as this
may have been. But the inner dissolution to whidi the last
of the great world empires, that of Rome, succumbed, over-
powered also the Church as soon as the latter endeavoured
to become a new world State and insisted on the duty of
believers to render obedience to it. When this occurred,
the world culture fostered by it necessarily proved too weak
to assimilate the new tendencies which were beginning to
manifest themselves. Conditions were ripe for the striving
to achieve a new culture. In contrast with the ideal of the
Church, this culture was concemed with the actual world,
and therefore feit itself related to the cultural idea of
antiquity. Thus arose the culture of the^ Renaissance. In
it, we again have a world culture in the true sense of the
word, even though it was shared, at the outset, only by
the ambitious and the educated, as had, indeed, ako
essen tially been the case with its prototype.
The culture of the Renaissance formulated its ideal by,
reference both to the past and to the future. It sought to
revive the world culture of the Grseco-Roman period, but
yet to give to the latter a content suited to the spirit of
the new agc and to the tasks awaiting it. Hence the
Renaissance was not merely a rebirth, as its name might
suggest, but a new world culture. Though possessing many
traits in common with the older culture of Hellenism, it
bore, in an even greater measure, its own peculiar
stamp. The most noteworthy feature common to the two
492 ELEMENTS OK FOLK PSYCHOLQGYi
W49 ibcir combiaatton of ontversalism and indii
fealure that is, pcrhaps, characteristic of wc
as such. Apparentif boüi üniversalism and mdividij
become more prominent with the course of time. Dot
the period of thc Renaissance, the ciUtivation— one mi]
almost tay the cult^of the individual persouality pro|
rcached the hig^hest point that it had as yet atlained* 1
humaB monster, who violated mthout comptmctton al
of propriety and custom, and the ascetic zealot^ who
üced hinoself for a visionary ideali could both alike
admiration because of the unlqueness of their chs
Atong with this emphasis of individual personality,
flourished social Ideals of a rcligious and a politi
nature. It was under this influence that the reformati
of the churcb began its work and that new polilical tfaeor
and Utopian accounts of a happy future for the htiu
race made their appearance. In still another rcspect
the age of the Renaissance appear to be a genuine
in an enlarged world, of the Hellenistic period. Ag3
individual is overpowered by the impulsc to travel, ad
a consequence, the age of great geographica! discover
inaugurated. The voyages of the great discoverei
Coiumbus, Vasco da Gama, and Magellan— were the
for the most part, of personal initiative. And^ though otl
motivcs may have lurked in the background, the discove«
themselves were chiefly inspired by that desire to wh
which, more than a Century earlierj had led rhe Venfl
Marco Polo to t^ravel alone in the distant lands of
Asia.
But, in certain essential particulars^ the later peric
World culture possessed a character all its own. The ba
of culture was no longer a world State, but a world Cbun
No longer, moreover, was there an indifference to the Sta
as had been so generally the case in Hellenistic timcs.
heightened political interest was everyvvhere beginning u^
manifest. That which long continued to give this peri^
unique stamp was the struggle between State and Chun
The social impulsei tended in the direction of a aew po|
snoi'
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY :493
Order, and to ä certain extent, even at this time, toward
a social reconstruction. The world culture of this period»
moreover, sustained a completely altered relation to lan-
guage, that universal vehicle both of mental life and of the
material culture which grows up out of the intercourse of
peoples. It was not a world language, such as results
naturally from the authority of a world empire, that con-
stituted the basis of the new cultural unity. On the contrary,
the latter was dependent upon a multiplicity of languages,
which gave expression to the mental individuality of peoples
just as did the national States to the diversity of particular
political and social interests. The iniluence of more exten-
sive educational activities made itself feit. The forms pf
commerce and of the interchange of the mental products of
nations were manifold, yet education rendered the means
of material and intellectua) intercourse conmion property so
far as this was possible and necessary. Thus, world culture
itself acquired sl new foundation. A world language must
of necessity be an active and a living language, and, in view
of the fact that all social institutions are historically condi-
tioned, it can attain its supremacy only through the influence
of a world empire. Hence every world culture whose basis
is a unity of langiiage, in the sense of a world language, is
doomed to be transitory. Fragments of such a culture may
survive, but it itself must perish along with the language by
which it is sustained and, more remotely, with the political
power by which the language is upheld. AI) this is
changed as soon as world culture is established on the basis
of a multiplicity of national tongues as well as of national
States. ^Then, for the first time, may world culture become
more than merely an occasional epoch of history ; thence*
forth it may enjoy a' permanent development. With this
in mind, one may say that the period of the Renaissance laid
the foundation for a new form of world culture, whose
characteristic feature is that combination of humanistic and
national endeavour which is still prevalent throughout the
civilized world.
494 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGE
4. World Religions.
One of the most significant marks of the heroic age
is the existence of national religions. Just as each laa i\
possesses its own heroes, so also does it liave hs own gods,
wbo are reverenced as its protectors in wars with foreigii ,
peoples. Tnie, gods and their cults may occasionally pass
over fiom one people to another. Wherever there is tt
assimilation of foreign cults, however, all traces of origin dis-
appear ; the gods ^o are taken over from other peoples aie ^
added to the Company of native gods, and enrich the national 1.
pantheon. So far as these conditions are concemed, worid l
empires bring few changes. At most, they expressly
anbordinate the gods of conqueied lands to the god of tbe
luling city, amd dius prqsare for the idea of an allHXun}xe-
hensive divine State oortesponding to the universal t^res-
trial State. The decisive step in the completion of this
developm^it is taken only uncter the infloence of the world
culture that grows up out of the world «npire. The special
national deities that represent the particular interests of
individual peoples then inevitably recede in favour of gods
and cults sustained by universal human needs, in which case
the cults are, on the whok, identical, even though the deitifs
bear different names.
It is of importance to note the motives diat led to the first
Steps toward the realization of a universal human religion.
They were identical with the very earliest incentives to
rdigion, such as prevailed among all peoples on the very
threshold of the belief in demons and gods. For, after the
disappearance of political interests, to which the national gods
owed their supremacy, it was again two experienoes that occu-
pied the foreground-— sicA/i^ss and death. During the period
of Hellenistic world culture, the occupation of the ph)rsician
was held in especial esteem. Connected with this was the fact
that the cult of iEsculapius, the god of healing, grew from
small beginnings into a cult whose influence extended over
disunt lands. Even more marked was the increaae in the
infloence of thosi^ cults that centred about a world after
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 495
death and the individual's preparation for it. The origin
of these cults was connected both with the needs of this
life and with the desire for endless joy in the beyond.
In view of their identical development, how could it have
escaped notice that, whatever formal differences there might
be, the Grecian Demeter, the Phrygian Cybele, and the
Phoenician Astarte were alike in nature? Even more than
was the case with the Greek mysteries^ these Oriental cults
carried over into the cults of the beyond, into which tliey
developed, certain ecstatic and orgiastic elements of ancient
Vegetation cults. All the more readily, therefore» were the
latter cults incorporated into the deity cults, inasmuch as these
had as their concem the satisfaction of human needs gener-
ally . But conditions were ripe for a still further advance. As
has been suggested, the national and State interests which
fettered man to the actual world of his environment gave way
to interests transcending this world. In proportion as this
occurred, however, did the life of the present, deprived of
its former values, relinquish all cherished desires in favoun
of that heavenly world possible to all men regardless of
class, calling, or nationality. This change was antithetical
to the innate fear of death, and yet was its own final product.
All these cults thus became redentption catts. To be
redeemed from the evil of the world— the desire of deeper
religious minds— or, after the enjoyment of the good things
of this life, to receive still greater happiness after death*-flL
hope doubtless entertained by the majority then as now— such*
was the primary object of the cults of these supranational
gods. National cults had fashioned the gods in the image of
man, even though cxalting them with all the power of the
mythological Imagination into the superhuman and the un-
approachable. At this later period, all eflforts were directed
toward bringing these anthropomorphic gods nearer to man
as regards the activities in which they engaged, and particu-
larly as regards the experiences which they underwent. No
figure in the later Greek pantheon better lent itself to such
a purpose ihan did Dionysos. Like the female deities re*^
senting Mother Earth, this male deity originated in the ai
496 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
niQ|i
rivifl
o mi
ipafl
field and fertility cnlts. LaieTi hüweirer. be becaine
morc traftsfonned by kgend into tbe ideal of a siriv
stiffering deiry, wbo, afcer a horrible dcath, arose
gloiy. Related to Dionv-sos were otber deitJes who
became süpreitie in thc Hcllenistic age— Mithra^ Anis,
and Serapis* AU of these were gods who had been
from pain and angatsfa« and were therefore ca
ihcir syrapathy, of rcdceming man.
In iu bcginnings, Christianity also was one of
rctigions of redcmptton, Ovtr tive bandred years
iti rise^ rooreover, there had ajready appeared in l
East a rdigion in whjcb the $anie ibought o
ihe forcground* I refer to Buddhism. iWith n
to the Steps by which Buddhism aitained its $up
otir only data arc the controversies of the philo
scbools tbat particiiiaied in the development. The
troverstes make it probable that tbe basal motives i
were similar to ihose that were later operative in tlie
World of the Occidem* There were also essential
eoces» however, traceable lo ihe fact that the
Brahmanic Systems had a common religious snbstrat
that Hindoo thoughc had attaincd to a fairly ad^ t
of philosophical development. One fact is dt
Versal— the appearance of a redemptive rcligion marl
decadenoe of an old and the rise of a new pcriod of
Beginning with the Helleinsüc period, iherefore, and a
iRg With increased strengih durmg tbe Roman world
there was a transitton from> a national to a ^mnanistic
lÄ'orld religion was a more decisi^^e indication of thisj
Ihan were any of tbe other elements of world culrure,
wti even world empire, which prepared Ihe way for
cuUuie. The old gods could no longer satisfy ihe l
age, unless, at any rate, they unden%ent marked transfon
tkms, The age required new gods, in whom national tr
were secondary, as they were in llfe itself, and univei
human characleristics were s^ipreme. It was particuli
the unique worth of the individual human personal
without regard to binh, class, and occupation, whi^
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 497^
period of transition from the national to the humanistic ideal
empbasized. Hence the obstacles which the surrounding ^workt
placed in the way of personal endeavour were ineiritably
feit the nx>re deeply in proportion as the values of the
narrower Community life disappeared. A change in mood
took place within the consciousness of the age, as it so often
does within that of the individual, and this change was en*
hanced by the contrast of emotions. The world lost the values
which it had thus far held, and became a place of evil and
suffering. In contrast with it, there loomed up a yonder world
in which the desired ideals were beUeved to meet fulfilment.
This mood, of course, did not continue permanently. World
religion was of inner necessity forced to adapt itself to the
earthly life in proportion as State and society again acquired
a more fixed Organization. But, just as the strata of the
earth's crust retain the effects of a geological catastropbe
long af ter it has passed, so spiritual life continues to exhibit
the influence of upheavals that have occurred in the transi«
tions from age to age, even though the spiritual values tbem«
selves have undergone many changes. In this respect, world
religion manifests a conserving power greater than that of
any other product of mental life.
There are only two world religions, in the strictest sense
of the term, Buddhism and Christianity. Confucianism,
which might perhaps be included so far as the number of
its adherents is ooncemed, is a System of ethical teachings
rather than a religion. Hence, when we take into account
the vast number of Chinese peoples, Confucianism will be
found to embody a* great nimiber of different religiout
developments, the most important of which are the ancient
ancestor cult and Buddhism, the latter of which penetrated
into China from elsewhere. The faith of Islam is a com-
bination of Jewish and Christian ideas with ancient Arabian
and Turanian traditions. As such, it has brilliantly fuUilled
the mission of bringing a cultural religion to barbarian er
semi-barbarian peoples, but it cannot be credited with
being an original religious creation. Judaism finally formed
a supremely important element of Christianity, <me whose
33
498 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGV:
1
ces
1
influence mmld appew to have beea absolutely
pensable. lo ttself» however« it is not a world reii^ioi]^
is one of those vanquished cults which st ruf gl
supremacy in the pre^^Coastanliiiian period of ibe
U'orld empire*
But whae^ let us ask, were the powerful farces
gav« tbese two great viforld religiona thetr supf
Surely it was not merely their inner superiority, thot
be in Qo way dbputed. Nor was it simply propitii
ternal drciimstaiices, such, for exampkp as the fact
Constantine inade Christianity the State religion. De
Jcss rhere ^'cre a great number of co^peratingr
foremost among them beiog tfae desire for a
humanisttc religion» independent of nationality or
Position in lifc* And yet this abo could not have
decisive significance — precisely such a longing was
less characterbtic of all the religious tendencies
transitional period. Moreover, this leaves unexpU
peculiarities of each of the two great TiiT>rld religions.
are in complete accord as regards their universal^ hi
tendency, but are just as different in content as i
Buddhtstic pagoda from a Gothic cathedral. As a hk
of fact, these world reUgions are also cultural rel
Back of each of them is a rieh culture, with characti
peculiar to itself, even though its basal Clements are
sally human. Hence it is that thcsc two world religions
not merely expressions of a striving for a imiversally \
religious and moral ideale in tlie sense in which such a sfl
IS common to mankind as a whole ; it should rather hm*
pbastzed that they reflect the essentially differcnt fonns w
this striving has assumed within humanity, Buddhisii
Its fundamental views, represents the highest expressioi
which the religious feeling of the Orient has attained, n
Christianity, as a result of the conditions which deteim
its spread, has become the embodiment of ibe refl
though t of Ibe Occidental world* To appreciate thts
WC must not allow ouj minds to be diverted to the tan
profusion of beliefs in magic and demons which Bi
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 49«
exhibits, nor to the traditional and, in part, ambiguous
sayings o£ the great ascetic himself . If we would discover
the parallels between Buddhism and Christianity, vrt must
hold ourselves primarily to the ideas that have rcttaxaco.
potent within the religion of Buddha. True, the worlds whicÜ
thesc religions disclose to our view differ, yet in neither cas«
had religious feeling up to that time received so exalted a»
expresston. In Buddhism, as in original Christianity, human
life is regarded as a suflfering, and this «nderlies both the
irresistible impulse to ascetidsm and repentance, and the
hope for unclouded bliss in the future. The CWristian of
the primitive church looks forward to the speedy return of
Christ, and to His inauguration of an eternal, heavenly king-
dom. In contrast with this, it b as a prolonged migration
through animal bodies, alternating wlth rcbirth in human
form, that the Hindoo thinker conceives that great process of
purification by means of which sense is finally to be entirely
overcome and man is to partake of an undimmed knowledge
of the truth, and, with this, of supreme and never-ending
bliss. This is the true Nirvana of Bxiddha. Nirvana does
not represent the nothingness of «ternal oblivion, but an
eternal lest of the soul in pure lüaowledge, a peace which
puts an end to all striving, just as does the heaven for
which the Christian hopes. The differcnce between Nirvana
and the Christian heaven is merely that, in the one case,
the emphasis falls on knowledge, whereas, in the other, it is
placed on feeling. This distinction, however,» not abso-
lute. Buddha, also, preaches love of onc's neighbour-indeed,
sympathy with every suffering creature ; and the ChHstian,
as well as the Buddhist, seeka the knowledge of God.
Moreover, ideas of purification are ncccssarüy mvolved j^
redemptivc religions, and hence are to be found in Chris-
tianity no less than in the world ««Jy*°; «' Ü»e 0^1^^.
though in a diflferent form. The Occidental Chri^T^"
swayed by his prompter emotions, J'^^®"" «he njost vivid
colours the agonies of the damned and the purificati^^^ .,
the sinners in need of redemption. ^n« Patient and p^'
seeking Oriental «ntertains the conoepiion of « p,^
5O0 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY.
suffcnng that leads gradiuliy, rhrough tha ligtit of
kdg^, from thc dcbascment of animal existence to
of redemption.
A furthcr feature which differentiates tbese
KÜgioas developmenrs is tfacir relation to the cont
philosophy which affected them, Buddbism gtew
phibsopby and theo became a folk religion. In its
st bMame transformed from an esoteric into an
teaching, continually absorbing older ekmenrs of folk
It5 ethical basis never entirety disappeared, yet it
more and more obscured by a molittude of miracle-li
and magical ideas. Christianiry, on the other band,
as a folk religion and, in so far, as an exotertc leacU
Bni» in enicring into the sttife of religions and into
oontrovarsies of the thoufht-systcms of the Helleni!
Roman perk>d, Christianity passed under ihe control
phtlosophy. Predscly becanse it lay outside the re.
phikisophy, it was subjected to the influence
various schoob^ thougli it wbs most decisively
by Platonism and Stoicism* loasmuch as philosoph
had its settiDg* in a superstitious age, it was the !e
10 puxify ChristtaDtty from the belief in demons, mirac
and magk which the latter, as a folk religion, embodied fi
the vtry outset. Nevertlieless, philosophical thought
mented the real meaning of religious Statements w
tdealized interpreiation. This gave birth to dogma»
consisted of a peculiar combination of esoteric and e
Clements, and for this very reason assumed a mystical cl
ler, Hence it is that Buddhlsmj which sprang from
sophy, never possessed any real dogmas in the sense o
ing norms of faith, whereas Christianity, which origina
a folk religion p feil a prey in its dogmatization to a theqli
which prcscribed the content of belief*
These two world religions, which dominate the
centres of Spiritual culture, da not, surely, OT^*e their
macy over other religious cults to the extemal conditi
of their origin, Indeed, these conditions differ in the ^
cases. To account for the pre-eminence of the i
i
e^l
i
laÄI
eok
I
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 501
religions we must look to the religious and moral
nucleus which they possess in the sayings and teachings
as well, also, as in the ideal lives of their founders. In
spite of all differences, there is a similarity of charactcr
between the prince who wandered about as a beggar, preach-
ing to the peoples the salvation which pure knowledge brings
to him who renounces all extemal goods of life, and the man
of the common people who pronounced blessings on the poor
and the suffering because they are prepared above others to
find the way to heaven. Another remarkable coincidence is
the fact that the religious communities which they inspired
sought to deprive them of the very characteristic which opens
human hearts to them ; they were real persons who lived
and to whose deeds and suflfering^ their contemporaries bore
testimony. What, as compared with them, are the redeeming
gods in the pantheon of the various nations— Dionysos,
Mithra, Osiris, or even Serapis, whose worship was estab-
lished by the Ptolemies tmder the driving power of
ideas of extensive political authority? The need of a living
god whose existence was historically attested led irresistibly
to the elevation of the man into a god. Thus, though
in an entirely different world-setting and with a completely
changed hero-personality, the process through which deities
were created at the beginning of the heroic age was re-
peated. At this later period, however, it was not the
universal type of idealized manhood that was regarded
as the incamate deity, but a single ideal personality.
This purely human deity was no longer boimd by
national ties ; he was not a guardian of the State
and ä helper in strife with other peoples, but a god of
mankind. For every individual he was both an ideai
and a helper, a saviour from the imperfections and limita-
tions of earthly life. With this process of deification, the
religions whose central object of cult was the suffering
individual who secures for himself and for mankind redemp*
tion from suffering, opened their doors also to the gods
and demons of earlier ages. Thus, there penetrated u
Buddhism the Hindoo pantheon, together with the be^
503 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY
in magic and ^pirits whtcb were enteriained bjj
peoples converted co Buddhism* Tbe Christian Churc
not finaily supersede thc earlier heathen folk beliei
it had assimilatcd the latter in the concepttons of d^
and thc devil, in the oilt of saints» and in the
of relics, tbe last-meniioned ol whicb also constil
tmportant element oE Buddhism.
In the case of Chrisiianity, there was $tiU anoihcF'
which prepared the soil tot thc new reJigion, This
wai due eitber to a direct transference or» as is probal
60 f ar as the tnain outline of the history af the passi
are ooncernedj to the real similarity of this evcnt with i
legends, prcvalent in all parts of the eanh, of the death 3
resurrection of a deity. Such legends everywhere grew
oüt of Vegetation cults, whicli date back to tbe beginnings
agriculture. The hopes centred about a world beyond caiü
the cults based on these ideas to incorporate the sout
Tbe latter then displaced the original motives of veg<
cults. In this way, higher fonms of soul cult
developed, as exemplified by the ancient mysteriesj
by the related secret ciihs of oiber peoples. The
$ive alm now came to be tbe attainment of sah
from the earthly into a heavenly world. It was thc
thac this goal would be the more certain of attai
Bicnt if, yielding to the old association of the mystii
and secret with the magical and miraculotis, the ein
of initiated cxilt companions were narrowly limited.
how different ts ihe form which this very ancient h
of a god who suffers^ dies, and rises again ass
in the suffering and death of Christ I Jesus was aj
person, whose death on the cross many had witnessed^
whose resurrection his disciples had reported. Moreoyj
the cult of this crucified Saviour was not envelopeB
a veil of secrecy. The redeeming god did not wisK
win heaven merely for a few who had gained the priv
through magical ceremonies, Tbe Christian heaven was _
to all, to rieh and poor, though espÄially to the poor, w?
were to receive in the beyond a rieh compensation foi
I
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 503
good things denied them upon earth. It is but natural
that this new cult^ with its vastly deeper and more vital
significance^ and with the strength which it nevertheless
continued to draw from the old traditional legends, won
for itself the allegiance of the new world with its strivings
for a greater security in life as in death. Even some
of the Roman soldiers, Coming from their Saturnalian
or Sacaean festivals, may, perhaps, have feit strangely
moved upon seeing re-enacted, as a terrible reality, that
which in their country was a playful custom, representing a
survival of a once serious cult and ending in the mimic
death of the camival king. It was obviously in recollection
of these very prevalent festivals that the coarser members
of the crowd gave to him who was crucified the name
*• King of the Jews." The appellation was exactly suited
to heighten the cont^ast between the joyous tumult of such
mimic cults and this murderous reality.
The above scene was prophetic of the entire subsequent
development of the new religion. That Christianity became
a world religion was not due merely to the depth and
sublimity of its spirit— these were hidden under a cover of
mythological elements, from which Christianity was not free
any more than were other religions. Christianity gained its
supremacy, just as did Buddhism, in its own way, through a
capacity to assimilate auxiliary mythological conceptions to
an extent scaxcely equalled by any of the previous religions.
The very fact that the latter were national religions precluded
them, to a certain extent, from incorporating alien ideas. It
was not only mediaeval Christianity that took over a large
part of the earlier belief of heathen peoples. Even present-
day Christianity might doubtless be called a world religion
in this sense, among others, that, in the various forms of
its beliefs and professions, it includes within itself, side by
side, the most diverse stages of religious development, from
a monotheism free from all mythological Clements down to
a motley coUection of polytheistic beliefs, including survivals
of primitive ideas of magic and demons.
But there is another pbenomenon in which the spin'
504 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY j
i
Christianity comes to cxpression evcn more significantly than
in its capacity to adapt itself to the most diverse stages of \
religious development. Here^ again, there is a similarity ^
between Christianity and .the other great world religicm, ;•
Buddhism. The belief of Hindoo antiquity in a populos ;
heaven of god$ was very early displaced^ in the priestly
wisdom of India, by the idea of " the etemal, unchangeable "
Brahma. We here have an abstract deity-idea from whidi .
every trace of personality has disappeared. It was under the ^
influence of this priestly philosophy that Buddha grew up^
and his esoteric teaching, therefore, did not indude a belief t
in a personal deity. Meanwhile^ the ancient gods had am-
tinued to maintain their place in populär belief, though their
original character was obscured by rankly flourishing ideas
of magic and demons. This State of affairs was due to
the fact that there was no longer a supreme deity who
could give to mythology a religious basis. In the reli-
gious movement which began with Buddha, however,
the latter himself came to be a supreme deity of this
sort, the old nature gods and magic demons becotning
subservient to him. The god-idea had been etherealized
into the abstract idea of a superpersonal being, but its place
was taken by the humian individual exalted into a deity.
Christianity underwent the same crucial changes, though
in a different manner. In the philosophy of the Greeks,
the personal deity of populär belief had been displaced by
a superpersonal being. Plato's ** idea of thfe good," the
Aristotelian Nous, which, as pure form, holds sway beyond
the boundaries of the world, even the Stoic Zeus as the
repräsentative of the teleological character of the world
Order, and, finally, the gods of Epicurus, conceived as in-
definite forms dwelling in nebulous rejfions and unconcemed
with the world— all manifest the same tendency either to
elevate the personal deities of the heroic age into super-
personal beings, or, as was essentially done by Epicurus,
to retransform them into subpersonal, demon-lik'e beings.
In contrast with this tendency, Jesus, as the representative
of a religious folk belief, holds fast to the god of ancient
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 505
tradition, as developed in the Jahve religion of the Israelit es.
Indeed, it is in the conception of Jesus that this god receives
his deepest and most personal expression, inasmuch as he
is conceived as a god of love^ to whom man Stands in
the relation of son to fatber. This conception of thfe rela-
tion of God to man Christianity sought to retain. But history
is not in accord with this traditional view. Cult and dogma
alike testify that in this case also the deity came to be super-
personal from an early period on. To cult, which is always
concemed with personal gods^ Christ became the supremB
deity ; in the Catholic Church, there came to be also a large
number of secondary and subsidiary gods, who sometimes
even crowded the Christ into the background, as is exempli-
fied particularly by the cult of the Vii^in Mary. Dogma,
on its part, cannot conceal the Tact that it originäted In
philosophy, which is destructive of personal gods. For
dogma ascribes attributes to the deity that are irreconcilable
with the concept of personality. ^The deity is represented
as etemal, omnipotent, all-good, omnipresent— in short, as
infinite in all attributes thät are held to express liis nature.
The conception of the infinite, however, contradicts that of
personality, for the latter demands a character that possesses
sharply defined attributes. However comprehensive our
conception of personality may be, limitation is necessarily
implied ; the concept loses its meaning when associated with
the limitless and the infinite. Even though dogma may con-
tinue to maintain that belief in a personal God is funda-
mental to Christian faith, such a belief is nevertheless self-
contradictory ; the union of the ideas * personal ' and * god *
must be understood as ä survival within the era of world
religions, where many such survivals occur, of the god-
idea developed by national religions.
The truth is that the transformation of the personal god
into a superpersonal deity is probably the most important
mark of world religion. National religion displaced the sub-
personal demon in favour of the personal god ; in world
religion, the personal god is exalted into a superpersonal
deity. At thisr point tb^e is a very close connectk
5o6 ELEMENTS OE FOLK PSYCHOLOGY
betwecn world religioa and world cukure. As the idu
that the universe is bounded by a sphere of fized
Stars must give way to the conception of the infini-
tude of the universe, so also does world culture transoend
the limits imposed upon it by the preparatory world cmpiTe,
whose own origin was the State. World Culture, as we have
Seen, coines to signify a cultural unity of mankind, such as
indudes the national States. Similarly, world religion strives
toward the idea of a deity who is superpersonal, and who,
though only in so far as he is superpersonal, transcends the
world of experience. The foimdations of this concluding
stage in the develofHnent of religiioa had lon^^ been laid bj
philosophy. In religion itself, the culmination was actually
attained with the recedenoe of the deity in cult ; in theology,
it came with the ascription to the deity of attributes of
absoluteness and infinitude, even though the deity-oonception
did not clearly emerge from a mystic incomprehensibility
rendered inevitable by the combination of contradictoryideas.
Though the transition from a personal god to a super-
personal deity is the decisive characteristic that marks a
world religion^ there is closely connected with it a secood
distinctive feature. In Christianity, indeed, it was the latter
that prepared the way for the idea of the non-personal
character of God. The fact to which I refer is that, in addi-
tion to the non-personal deity, there is believed to be a per-
sonal god in the form of an exalted human individual.
Cult continues to require a personal being to whom man may
come with his needs and desires. And by whom could his
trouble be bitter understood than by a deity who himself lived
and suffered as a man? In Buddhism, therefore, as well as in
Christianity, the god-man became the personal representative
of the non-personal deity, not as the result of any extemal
transference, but in consequence of the same inner need.
The god-man is a representative in more than one respect.
Cult honours him as the deity who dwelt upon earth in human
form, and who represents tli^ godhead ; it tums to him also
as the human individual who represents numldnd before
God. Back of these two ideas of representativeness that
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 507.
dominate belief and cult, there is still a furdier, though an
unrecognized, need for a representative. The religious nature
requires that there shall be a personal god as the representa-
tive of him who has been exalted into a non-personal deity
and has become inaccessible. The infinite god posited by the
religious intellect is unable to satisfy the religious nature that
is pressed by the cares and sufferings of finitude. Herewith
the way is opened for a development whose course is deter-
mined by the changing relations into which the two aspects
of the concept ' god-man ' enter with one another. On the
first stage, the divine aspect of the god-man overshadows
the human character. At this period, it might appear as
though World religion merely substituted a new god for the
older gods. Though the superpersonal deity receives recog-
nition in dogma, and the devdopment, therefore, marks an
important religious advance over the age of gods, the cult is
directed to the person of the god-man. Then comes a second
stage, in which the human aspect of the concept * god-man *
occupies the foreground. The god-man becomes an ideal
human being who succours man in the afilictions of his soul,
but who does so not so much by his divine power as by the
example of himian perfection which he represents. At the
third stage, the god-man finally comes to be regarded as in
every respect a man. It is recognized that, through the
religious movement which bears his name, he indeed pre-
pared the way for the idea that the deity is a non-personal
source of being, exalted above all that is transitory. Never-
theless, the god-man is conceived as an ideal man only in
the sense in which one may speak of any ideal as actual.
Hence, the world religion derives its name from him not so
much because of what he himself was as because of that
which he created. From this point of view, it is eventually
immaterial even whether or not Jesus or Buddha ever lived.
The question becomes one of historical fact, not one of reli- 1
gious necessity. Jesus and Buddha live on in their religious
creations. That these creations, to say notl^kig of aoy other
proofs, point back to powerful religious personalities, the
unbiased will r^ard as certain, though fiom this third f
of view the question is of subordinate importance.
So8 ELEMENTS OF FOIX PSYCHOLOCl
A World reiigion may lay claim to being such noTfl
wi account of iis widc acccprance, but also becausc
.- it>* to iocorporate thc Clements of other religk
a «imlar matmer, and morc i>articularly, a world
ooe that indodes withiii tiself Clements represeni
stagtt of \ts own dei^lopnieDt. Historically eonside^
gious elements aie jmtaposed in sucli a maniier
religious life of thc past b mirrored in the presenr.
tbe religioQ can at no time emancipate itself f rom its tij
developineat« tt is just as impossible to retum to
giotts QOtiotis of earlier times as tt is to transforni
into thc contemporaries of Charlemagne or even of F^
thc Grcat. Thc past oever returas, Nevertheless, ic|
^•crsally charaeteratic of menra! development, parc
mithin thc sphcrc of reiigion, that thc new not only*
ttfiuc^ to be affected by thc old, but that tbe more ad|d
stagcs of culture actually embody tnany elements fl
past. That thcsc be pennt tted to exist side by side
higher conceptions, and that there be no limiting' exte
harrtcrs in etther direction, is all the more demanded
World reiigion tnasmuch as the independence of State
Society» which its very nature impUes, presupposes, if
aU, the freedom of personal bclief.
Inasmuch as tt possesses a unii^ersal human: signif
reiigion cannot cscape thc change to which ever
human is subject, This appears most strücingly
undcniable facl that the fundamental idea of tbe nvc
World religions, Buddhisra and Christianily, has in^
cases changed. I refer to ihe idea of salvüUan,
not, of course, mean to deny that an individual nmy
permanent ty or temporarily retum to the reltgious idea^
thc pist uith a fervour which again reinstates in ]
impulses that have long since disappeared. Nevertifl
ihc prescnt-day idea of salvation is no longer identicaW
that whtch animated the primitive Christtan Cburch
it looked forward to the return of its Saviour, Chris
is a reiigion of humanity. Precisely for this reason,
erery age« took up into itself tbe feelings and aspirati
y ai
n, tt
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 509
representing the ideal spiritiial forces of that age. All that
was permanent in the midst of this change was really the
religious Impulse as such^ the feeling that the workl of sense
belongs to an ideal supersensuous order— a feeling for which
World religion seeks extemal corroboration in the devetop-
ment of religion itself • In distinction f rom national religions^
which sprang from an infinitely large number of sources,
a World religion requires a personal foimder. To this
Personality is due also the direction of the further develop-
ment of the religion. Thus, the final and most important
characteristic of world religion is the fact that it is pre-
eminently an historical religion. It is historical both in
that it has an historical origin, and in that it is constantly
subject to the fluz of historical development.
5. World History.
The meaning attached to the term ' world history *
clearly shows how firmly rooted is the anthropocentric view
of the world in connection with those matters that are of
deepest concem to man. World history is regarded as the
history of mankind— indeed, in a still narrower sense, as,
in the last analysis, the mental history of mankind. If
facts of any other sort are taken into account, this
is not because they are an essential part of the subject-
matter, but because they represent extemal conditions
of historical events. The justifiability of this point of
view may scarcely be disputed. If the purpose of all
historical knowledge is to understand the present con-
dition of mankind in the light of its past, and, in so faf
as we also attribute to this khowledge a practical value, to
indicate the probable course of the future, then the history
of mind is the immiediate source of historical knowledge/' If
this be true, it foUows that the essential content of history
consists in those events which spring from the psychical
motives of human conduct. Moreover, it is the nexus and
change of motives underlying such conduct that lends to
events the inner continuity which is universally demand"^
of history.
0f nofi. For
off che tsatb^ oi tbe »br
€tc* Nov, witli dits
idea m miod^ we caimoc fmä 10
ttel still pre^?ail amcm^
at ooe time pf
tliai, wfaile ibejr ivoiild not
its moTt restricted ajod familiär
Mfiftiderarioii tf the teiro were lafceii
iog^* From tbc lattcr point of viewj!
primitive people of nanire ts no less a
than it thc political and cultural conditi
Europc* But there it neverthelest
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 511
betweai the two cases. The historically trained European
understands, to a fairly great extent, the exteraal circum-
stances that have led to präsent conditions. He is conscious
not merely of the present but also of its preceding history,
and he therefore looks forward to the future with the expecta-
tion of further historical changes. The man of nature kbows
only the present. Of the past be possesses merely frag-
mentary elennents, legendary in character, and much altered
by the embellishments of a myth-creating Imagination ; his
Provision for the future scarcely extends beyond the Coming
day. Hence, we should scarcely be justified in imqualißedly
caUing peoples of nature * peoples without a hbtory/ In the
broader sense of the textn, they have a history, as well as
faave the solar System, the eartb, the animal, and the plant.
But they lack a history in the narrow^er sense, according to
which historical scienoe includes among ' historical ' peoples
only such as have had sonie special significance in the de-
velopment of mental culture. That even this Hmitation is
variable and uncertain need scarcely be mentioned. The past
sfaows US many instances in which hordes that were previously
unküown, and were thus, in the ordinary meaning of the
term, peoples without a history, ^suddenly stepped into the
arena of the cultured world and its history. The colonial
history of the present, moreover^ shows that the charac*
teristics and the past development of races occupying regions
of the earth newiy opened to cultural peoples, have not been,
and are not, without influence upon the oourse of history.
It should also be remembered that between an historical
tradition compr^hending the entire cultural world and
recoUection limited to the im^ediate past, there are a great
number of intermediate stages. These stages are dependent
primarily upon the forms of social Organization, though also
upon other cultural factors. Peoples that have failed to
advance beyond a tribal Organization miay frequently have
traversed wide regions of the earth and yet have preserved
at most certain legendary elements of thk history of theaa
migrations, although retaining myths, cults, and customs
indefinitely. On the other band, wfaerevtr a national
512 ELEMENTS OF. FOLK PSYCHOLOGY
has arxsen» there has developed also a national traditic»,
intenxüngled with which, of course» there have long coih
tinued to be mythological and I^endary elements. Btt
the tradition, eren in this case» relates exciusively to the
particular people who entertain it. Strängte races are
as yet touched upon only in so £ar as tbey have directly |
affected the interests of those who preserve the tradition.
Indeed, such races continue to have but an Snconspicuous
place in tradition until the establishment of world empiies
and of the partly anticipatory colonial and trade inter*
relation of peoples. Hence it is not until the rise
of World empires that we find the transition to world
history in the sense in which the tenn is most com«
monly employed to-day. In so far as world history. in-
volves a transcendence of the history of a Single people
but nevertheless a limitatioh to the circle of cultmal
peoples who arie more or less generally interrelated, it is
a direct product of world culture. Such a history includes
all peoples who participate in world culture and exdudes
all those who have no share in it.
Considered from a psychological point of view, the
different meanings of the concept * history, ' in its relation
to the various stages of mental culture, clearly show a
fluctuation between twa ideas which, though opposite,
nevertheless mutually imply each other. On the one
hand, there is the purely objective conception of history.
History, in this case, is regarded as a course of events
of such a nature that the specific occurrences may
be brought by an extemal observer into an orderly
sequence of conditions and results. On the other hand,
history has been conceived as a course of events, which
not only exhibits an orderly sequence from an objective
point of view, but which is also subjeciively experienced
as a nexus by the individuals concemed. In the one case,
history is a reconstruction, on the basis of extemal observa-
tion, of the inner connection of phenomena ; in the other, it
is the conscious experience of the latter connection. Man-
kind exemplifies all possible transitional stages between these
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 513
two extremes— history as merely objectiveiy given, and as
experienced both objectiveiy. and subjectively. Indeed» it
is even tnie to say that, as a matter of fact, none but such
transitional stages actually occur. Even the horizon of
primitive man includes a narrow circle of consciously experi*
enced history. On the other hand, man is ever far from
attaining to a self-conscious grasp of his own history in
its entirety. Thus, that which is in a high degree charac«
teristic of world religion is true also of workl history.
Wathin the conscious horizon of each individual very different
levels of historical consciousness are represented, even in
the case of the culturaL peoples ivho participate more or
less actively in the course of world history. Here, as in
World religion, we find that what was developed in a
sequence during the course of ages continues to remain, at
any rate roughly speaking, in juxtaposition. Moreover, even
apart from this, we never survey nibre than a segment of the
entire nexus of historical factors. One of the most im-
portant taskfs of the historian consists in tracing the chlain
of events back to motives which are, in part, inaccessibl^
to superficial Observation, and, in part, indeed, remain of a
problematical nature even when we believe that, through
inference, we have gained an approximately true conception
of them. Nevertheless, it is not necessary that immediate
knowledge be compkte m order that there may be a con-
sciously experienced nexus of events such as is demanded
for the content of history proper. It b merely necessary that
some interconnection be actually experienced and that its
relations be directly apprehended. This knowledge, more-
over, must possess siÜKcient power to influence decisively
the actual course of events.
. This narrower conception of history brings historical
events into relation with the human wiU. The will is really
a phase of conscious experience. It is necessary, however,
to Single it out for special discussion^ hecause <rf the fact
that populär opinion either regards it as the exchisive factor
in history or eise stresses it 9Q one-sidedly tfiat the causal
viewj required in princii^e even for individual i
34
514 ELEMENTS ÖE E.OLK PSYCHOLOGYj
ness, threatens to vanish eatirely froxn the conception of
historical life. Naturally, the wiU does not become an i
influence definitely affecting the course of events until indi- {
riduals have become consciously aware of the interconnected- f
ness of historical life. MQienever, therefore, an exaggerated :
importance is attached to the functlon of volition, the con- I
scious intervention of individual personalities in the course \
of events readily comes to appear as the decisive feature ;
that distinguishes the historical from the prehistorical stages
of human development. But this is erroneoiis in both hs
implications. Even the life of primitive peoples of nature
is not entirely unaffected by individual personalities, whose
influence may be more or less permanently operative even
after thqy themselves have been forgotten. On the other
band, the will acts of individuals constitute but one
factor among the many which determine historical üife.
Moreover, inasmuch as every particular vojjtion is condi-
tioned by motives inherent in the general Constitution of
individual consciousness, it is subject to the same psychical
causality that dominates human consciousness in general.
The criterion for differentiating historic from prehistoric
existence, therefore, is not the influ«ice of a personal will
upon the life of the group, but rather the fact that the con-
scious experience of historical continuity includes a recog-
nition of the efTect of individual personalities upon the
destinies of peoples. The advance to such an insight is
inaugurated by world empires, in which the vicissitudes of
peoples first begin to form a unified history ; it reaches its
completion in world culture, which creates a common mental
faeritage for mankind, and thus engenders the consciousness
of a universal Community.
Of the various Clements of world culture that give impetus
to this development, the world religions occupy the foremost
place. In extent and permanence they surpass not only the
world cmpires but also all other forms of material and
Spiritual interchange between peoples. However much the
traditions associated with world religions may be interwoven
with mythological and legendary Clements, they neverthelcss
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 515
constitute a bond whose primary effect is to arouse amiong
peoples who may otherwise be widely different in culture
and history, the idea of a universal human Community.
iThe peoples of Eastern Asia^ for example, though exhiibiting
marked political differences^ were united by Buddhism into
a conununity of religious thought^ in whicb they became
conscious that^ in spite of däfferences of race and of history^
they possessed a similar religious and ethical temper. If
we compare the Brahmanic doctrines with the sayings of
such teachers as Confucius and Lao-tsze, we are Struck
particularly by the similarity of ethical trend as well as
by the divergence df this trend from that of Occidental
thought. In its idea of a conununity of faith, Islan^sm
likewise brought the consciousness of unity to niunerous
peoples of barbaric culture— to a mort limited extent than
Buddhism, it is true, but for this reason all the more force-
fuUy. Of Christianity, it is even more true that, from the
very beginning, it took as its guiding principle the belief
that in the eyes of God there is no distinction either of
race or of class and occupation. Hence it has regarded
missionary activity amöng heathen peojrfes as a task whose
purpose it is finally to unite the whole of mankind beneath
the cross of Christ. Thus, world religion destroyed the
barriers «rected by the preceding national religions, and
took as its aim the unification of men and races into an all-
embracing conununity. To the adherent of a national reli-
gion, the race that believed in a different god was stränge
and hostile ; both characteristics^ strangeness and hostility,
were included by the Greek in the term * barbarian.* The
Christian speaks of heathen who have not as yet bieheld
the light of pure truth, but for him there are no barbarians.
The god to whom the Ch'ristian prays likewise rules the
heathen world, and to the heathen, also, the gospel is
preached. True, we find a recurring limitation in that it is
only the Christian who is ä brother to Christians. Never-
theless, it is prophesied of the heathen that they will at
one time be received into the brotherhdod of the disdples
of Christ. At the end of time^ there is 10 be but one
^1 THE DEVELOPMENT TO HURTANITYi ?5i7,
constitutions had concerned men from the tiait of th«
I jfly Sophists on. Particularly during the Hellenistic period
^^?d at the time of the Renaissance, such inquiries were
„ focal interest^ as a resiilt of the jgreat political changes
at were then taking place. Yet, whenever the underlying
..WS of such changes were sought, it was the Single State
\at formed the basis of investigation ; by comparing its
^"jcissitudes with those of other States, the ättempt was
''^lade to arrive at a general law along some such
^"iiie as the Aristotelian Classification of States into
■^nonarchies, aristocracies, democracies, etc. There was
'*iardly ever a Suggestion that the historical sequence of
*zivilizations and of States was a connected process intelli-
^^ible m causal or teleological terms. Religion alone was
*^conceived as a phenomenon which was, on tlie one
"^hand, independent of the Umits of ä single people, and
■■'yet, on the other, subject, in its development, to law.
"^^The idea that Christ ianity was destined to be ä world
^religion, together with the fact that it had originated his-
^ torically and faad spread widely, did not admit of any other
Interpretation. Within this Christian circle of ideas, more-
* ever, the historical development and growth of religion
* were, quite naturally, brought into connection with the
' world beyond, in which the development was thought to
f await its completion. The religious philosophy of history
' thus terminated in £ prophecy whose culmination was
^ the final triumph of Christianity. The Age of Enlighten-
^ ment, after effecting a unification of Christianity with the
' religion of reason^ again made the world of historical
' experience the scene of triumph. This triumph' was held
to consist in the ultimate developmeht of Christianity into
a religion of reason— a conception in which the idea of the
destiny of Christianity to become a world religion undergoes
a philosophical transformation which recurs even in the
writings of Kant.
Apart from this transfonnation, whfch' was only partially
oomplete even in the Age of Enligbtenment, the idea of
religious development that gttw up in connection with
e{Q^r THE DEVELOPMENT TO' HUMANITY 519
long with the natural light, as much or as little of the
-.^ipcmatural thought of an earlier period as he might deem
/ise. This auxiliary concept was that of education-^3, ccmi-
"jeption that would readily suggest itself to an age vitally
™fntcrested in pedagogical questions. The thought here
**nvolved represents merely a special application to this par-
■^^icular instante of the idea that the world is govemed by a
"'personal deity. Thus it cäme about that, from the time of
'^Lbcke and Leibniz down to that of Lessing and Herder, the
''P^favourite conception of history wais that of an education of
^'mankind. But it is sigtiificant that the very work whose title
'-^'incorporates this idea, Lessing's Education of the Human
^'Race, really ends by displacing it. True, as a result of
^ Biblical tradition, the idea of education is here brought into
* cüonnection with the thought that the Jewish race is the
f' chosen people of God, Freed from this connection, how-
-- ever, and applied to mankind in general, the ideai of educa-
fi tion, in Lessing's work, becomes that of self-education, or,
M what is the same thing, that of a developmeni determined by
i the general laws of mental life. Hence conditions were
k ripe for the further advance made by Herder, in his Ideas
t on the Philosophy of the History of Mankind. Though
\ frequently lapsing, in his discussions of details, into the
transcendent teleology of the preceding period, Herder
nevertheless did away in principle with the restriction of
the history of mankind to religious 'development, substt-
tuting for the latter the development to humanity.
Thus was determined the progtamme which historical
science, at about the same time, accepted as its own— the
Programme of ä universal history, whose task did not consist
in presenting a loosely connected series of the histories of
separate States, but in describing the conmion participation
of peoples and States in the development of a universal
culture. Furthermore, the way was cleared for the philo-
sophical Position that history is not, as was once thought, the
expression of a predetermined plan whose purpose is that of
a divine education, but that it is the result of laws immanent
in historical life itself. Though variously expressed and
■ THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 521
f^Ün4 is striving. Hence it is that the philosophers of
■iiis %ge are led time and again to divide the total life
■>f faumanity into periods inclusive of past, present, and
future, precisely as did the world-plan of Augustine, whose
basal conception was the idea of redlemption. Since these
periods are not derived from the progress of events^ but
are for the most part imposed upon it in conformity to the
dictates of logic, the course of history is mapped out by
reference to logical categories. Each of the great cultural
peoples is portrayed as representing a specific idea^ and,
disregarding everything that mig^t disturb their sequence,
these ideas are arranged in a logical series. Thus, Hegel
begins his reconstruction of history with an account of the
Chinese as the people who possessed the earliest civiliza-
tion. He docs so, however, not because Chinese culture
was as a matter of fact the earliest, but because it
has apparently been möre stable than other cultures,
as well as more closely bound up with rigid ex-
terna! forms. Correspondingly, al) succeedmg stages of
history are arranged by Hegel according to the prin-
ciple, on the one hand, of ä progress from bondage to
Spiritual freedom, and, on the other, of a transition frmn
finite limitation to a striving for the infinite. This phil-
osophy of history should not be criticized for its lack of
knowledge conceming the beginnings of culture. Its funda-
mental error lies in the fact that, in tracing the development
of mankind, it is guided, not by, the rieh concrete actuality
pf events but by a logical schematlsm which is in large
measure imposed upon history, and only to a far less degree
abstracted from it. That which was once a plan prescribed
by Gk)d for mankind here at length becomes a plan
elaborated by philosophers.
' kWithout question, therefore, a philosophy of history must
faenceforth adopt a different course. True, it cannot dis-
pense with principles that are in ja certain sense extemal
to history itself. Yet the fünction of such a philosophy
would appear to consist ih oonsidering historical life from
the potnt of view of the purposes that come to realiiation
522 ELEMENTS OF FOLK PSYCHOLOGY;
within it, and of the values that are created on the various
Icvels of historical cukure. Such a teleology of history—
indeed, in the last änalysis, every teleology— must be pre-
ceded by a causal investigation, which begins, here as every-
where, by entirely ignoring purposes and values. Now, his-
tory is really an account of mental life. As such, it gives
consideration to physical factors only in so far as they
furnish the indispensable bäsis of mind. Hence the direct
approäch to a philosophy of history. which aims, not to
acquire a knowledge of reality from a priori concepts but,
conversely, to derive ideas from reality, is a psychidogical
account of the developntent of mankind. Although the
concrete significance of the pärticular, as such, precludes
the historian from disregärding it, everything that is merely,
pärticular should be igtiored by one who is giving a psycho-
logical account of events. The aim, in this latter case,
should be that of discovering the determining motives of
historical life and its changes, and of interpreting these by
reference to the universal laws of mind. Supplementing
this aim should be the endeävour to gain, so far as possible,
an insight into the laws that are immanent in history
itself. Our first three chapters Jhave attempted to give an
account of the development of folk consciousness during the
periods that, for the most part, preceded self-conscious his-
torical life. But neither this account nor the bare outline
which our 'final chapter gives of the beginnings of the
development to humanity must pretend to be ä Substitute
for, or in any way to represent, a philosophy of history.
The difference between an investigation such as ours and
a philosophy of history is precisely the same as that which
distinguisbes a psychological description of mental life in
general from ä philosophical Interpretation. But, if any-
where, it is especially in the field of history that a psycho-
logical analysis, concemed primarily to understand life in
its actual occurrence, must precede questions regarding the
meaning of events änd the value which individual historical
rs possess as respects both thömselves and thcir
t influence. In other words, we may hencefortbt
THE DEVELOPMENT TO HUMANITY 523
demand that any philosophy of history, which seeks to
contribute to our understanding of the questions just
mentioned, should be based on a psychological accoimt of
the development of mankind.
The xmint that we would emphäsize is not that the
philosophy of history has failed^ in the past centuries^ to find
a satisfactory Solution of its problem, and that its failure was
inevitable. To the historical mind there is a far more
important consideration. This consists in the fact that,
when freed from its original mythologfical and teleological
connectionSy the general conception of a history of mankind
developed during these centuries has given clear definition to
the idea of humanity in its most universal form'. Himianity,
it has been shown, includes within itself all antecedent social
phenomena— peoples and States, religion and culture. This
entire social complex has been subsimied under the priaciple
that law is immanent in all historyt
i
INDEX
Prepared by Dr, Alma de Vries Schaub on ihe basis of ihe German Index
compiled by Dr, Hans Lindau.
Abraham, 45, 154, 355, 361, 384, 435 ;
and Isaac, 435
Adorament, 21, 86, 100, 105, iio, 120,
131, 449 £F.
Adventure, Märchen of, 279 f., 395
iEsculapius, 439
Agamy, 36, 169, 181
Age, of the development to humanity,
470 £F. ; of heroes and gods,
281 £F. ; of Personalities, 320 ; of
primitive man, 11 ff.; the tote-
mic, iiöfiF.
Age-groups, 41, 51, 131
Agricultural ceremonies, 135
Agricultnre, 126 f., 14Q, 486 ; Animals
in, 120 f., 124
Alexandrianism, 490
Ailegories, 421 £F.
Amulets, 86, 227 ff., 292, 439, 451
Anabaptists, 444
Ancestor, Animal, 117, 132 f., 204,
230 ff. ; Demon, 467 ; Human,
204, 214, 230 ff. ; Totem, 186
Ancestor cnlts, 205, 230 ff.
Ancestor theory, 361 f.
Ancestor worship, 117, 186 f., 204,
214, 410, 480
Ancestial spirits, 419
Animals, Breeding of, 120, 289 ff.,
420 ; Domestic, 120, 289 ff., 420 ;
Sacred, I2X ; Sonl, 83, 190 ff.,
2x4, 368, 412 f. ; Totem» X17 ff.,
131 ff., X43, 188 ff.| 193, 200, 260,
412 f. ; TrantformatiODt into, 133,
37a ff., 4x2 f.
Animal colt, 1x7» 136
Animal dance, 464
Animal fable, 272
Animal mask, 95, 105, 135
Animal names, 187 f.
Animal sacrifice, 210 f., 433 f.
Animal totem, 117, 138 f., 186, 214
Animism, 139, 193, 204 f.
Anthropology, Prehistoric, 14 f.
Anthropophagy, 31, 209 f.
Arbitrator, 331
Architecture, 261, 451 ff.
Art, 94 ff., 104, 256 ff., 322, 448 ff.,
490 ; Pormative, 100 ff., 256 f. ;
Imitative, 107 f. ; Memorial, 23 f.,
107 f. ; Miniatore, 453 ; Musical,
262 ff., 456 ff.
Aristotle, X2 f., 19, 350, 504, 517
Asceticism, 198
Augustine, 516, 521
Aversion, 194
Awe, 194
Backofen, y., 34 ff.
Baptism, 444 f.
Barter, 168 ; Secrct, lo^ ax, 31 ff., 55,
X20 ; Marriage by, 157
BejTond, Belief in a, 394 ff., 412,
420 f., 423 ff., 43X, 495, 502
Blessedness, 396, 403 f., 406
Blood, Relation of sonl to, 191, 206 ff.,
213 ; Taboo of, 200, 210
Blood-magic, 19X
Blood-relationship, 208 f.
Blood-revcnge, X63, 3x4, 333, 339 ff.,
344«.
Blowpipe, xoo f., X04
sts
$36
INDEX
Bocmamng, i? L, iiSi i77
Bow «nd arrow, 16^, t6 ff., j$, 49, 1 "2.
"4
BrestJi, ReUtion of waul to, 192 I.
Buddha, 3S1 ff., 425 f., 49a f., 504,
S07
Boddhlim^ 10» 47S, 496 ff.* 515
BfiU-rowcr, 99 f., iBt, 166
Borial, 316 ff.» 397
findi sooti tji
Cftpturt» llanitge hy, 154 ff., t6^,
%»
CMlle, 314 f., la?* 4P
Castf^oit. 390 f^ 294 f.
Caltk-tmi$ittg« tao, 114, 137 f,
CftHSility» 93 f.
Cav«, 22 ff^ C06, toS
C^lesüäL cuHs, 251
Celastial uurchcti, 275 f«
Ccicstial mythology, 76, 80^91, t$oi.,
134 ff. 1 140, 189, 220^ 246, 258, jssff,,
419
C^lostial pbeuomend, 304 ff*
Cemmics, 30, 80, 135, 259 L
Ceremonicä, lutictiiumn, 1B5 1, iM f.,
244 ff. ; SäQCtiücaliofi, 442 ff. ;
VegcUHon, 135!,, i8g, 149, 418 ff.
Chaos, 3BS, 390, 392
Chief wife, 45 (.,16a ff., 31^
Chief taiij, 121, 134, 195, 233
CWenaimhip, 119^ 125, 233, 314, 332
Chnsitanity, 10» 478, 496 ff*, 515 f.
Church atad State, 491 L
Chmingw, 177, 181, 185, 190» 204,
2tt, 224 ff.
Circumcbioii, 445
Cities» Foundation of» 31 r« 3: 3 f.
Clan mmm, 141 ff«
Classes, DifferenÜatioo of, 125^ 311,
316 ff.
Club, Men's, 4t, 47, 119* «5** «73 'v
355. ^l% 409
Coat of armi^ H3^ ^3'
Colonizatjon, 300 f.
Common propcrty, 248, 3*7 ^^
^ommunity Ubour, 136, 247 f *
ioo,Si
xe«n
Conipür_
Conceptioo to
189 f., 191, I
Conjufaboii,26
Consdeisce^ jai
Colisecrikloo g
Couatiiutioo^ 51
Conlmct,
Cord magii
Corporeal ^
216, 22 s
Corroborccj^
Cosmogony, 37
Co^mopolitaci&a
Couater^gods^ ;
Cautiter-magic,
Countijig, Systi
Couvade, [98
Creadon-mytU^
Crematioti, 218
Crouchiiig grai
CultS, ÄUCCitC
Cdcsti^l, 25.1
Dcity, 205.
DemoR, 249 1
416 f.; Mpt
saiats, 178 f.
Soul, 421
Vegetatic
41a ff.
CüJt sissöci
I79f-.^SS
Gült ceren __
Cult pracüces;
CuU songSj 961
Custom, 350
Dance, 90, 95 f
437 ; Cereni
249, 264, 418
Dance-song, 9j
Dead, DisposaL
23^ fp 397.
393 ff.
Deaf and di
Death, St f., 49
Debt, 343
Degeneration I
Deity cult. ~
3Wf
idS
INDEX
527
Dcity saga, 384 f.
Demon battles, 370, 404 f.
Detnon cult, 249 ff.
Demons, 75 ff., Si ff., 105, 196, aoi, 203,
217!., 221 f., 224, 236, 263 f., 284!.,
351 ff., 361 ff., 387 ff., 418 ff. ; and
the epic, 458 f. ; and heroes, 283 ff.,
369, 372 f., 454 ; Vegctaüon, 441
Destiny, 366
Development, Theory of , 353 ff.
Devourment, Märchen of , 276 ff.
Differentiation of classes, 125, 311,
316 ff. ; of vocations, 311, 321 ff.
Digging-stick, 26, 100, 120, 124, 126 f.
Dionysian mysteries, 447
Discoveries, Geographica!, 492
Divination, 441 £•
Divine State, 329, 373, 388, 411, 416,
494
Dog, 22 f., 124, 290
Domestic animals, Breediogof, 120 f.,
289 ff.
Drama, 9, 462 ff., 490
Dreams, 189 f., 193, 205 f., 401, 407
Dress, 21 ; Origjin of, 85 ff., xao, 126,
131. m» 449
Duel, 336
DwelUog, 21 ff., 106
Dwarf pcoples, 19^ 77 f., 115, 353
Eclipse of the sun, 81
Ecstasy, 249, 397, 4^3 ^, 434
Education and history, 519
Elysium, 403 f.
Emotion, 81, 92 f., 105, 114, 264, 268,
356, 367 ff., 423, 466, 468f.; as
related to magic, 93
Eadogamy, 1x8, 149, 151, 166
Enlightenmeiitt 11, 470, 517
Epic, 9, 280, 450^457 ff.
Ethnology, 5 f., 122
Eunochs, 294
Evil magic, 274
Exogamy, 46, 118, 144 ff., 163 ff., 183,
196, 289 £•
Family, X2 f., 34 ff., 235, 31 1 ff. ; Joint,
153, 312 ff.; The origioal, 12;
Single, 313, 315
Fathor-right, 56, 3x4
Fear, 81, 92, X94, 200, 224, 370, 400
Fetish, x86f., 214, 220 ff., 352 f., 439,
454
Fetishism, 139, 186 f., 204, 352
Fire, 30 f., X24 ; Acquisition of, 30 ff ;
Kindling of, 49, 292 ; Lustration
by, 20x£., 218 ff., 243, 338, 407,
443 f., 446 ; Solstice, 202 ; Trial by,
243» 338
First-fruits, Sacrifice of, 440 f.
Flood, Universal, 39X ff.
Plood saga, 391 ff.
Flute, 97, 266
Folk psychology, History of, x ff. ;
If ethods of, 6 f . ; Problem of , 3 f. ;
relatiön to ethxK^ogy, 5 f. ; relation
to general psychology, 3 ; relation
to philosophy of hbtory, 522 f.
Food, of primitive man, 24ff. ; Pro-
hifaitionson, 199 f.
Forest-dweUers, 19^ X22, 395
Formative art, 99 ff., 256 f.
Fortitude, 242 f., 247
Foundation of ctties, 3xx, 323 ff.
Frazer, J. G., 38, X52, X89 f.
Fusion, Radal, xxi, 288 f.
Gathering of food, 24 f., X24, X40, X44
Genetic psychology, 4
Gestüte langoage» $8 ff., 69
Gestures, Graphic, 62 f.; Pointing,
6x f. ; Significant, 63
Gift, 432 ff. ; Consecration, 438f. ;
Ifarriage by, X58, x^f.; Votive,
438f.
Gift theory of sacrifice, 240, 432 ff.
GilUn, Messrs. Spencer and, li, 38, x88
Gods, Abode of, 364, 366; Age ol
heroes and, 8 f., I2X, 235 f., 28x ff. ;
Battles of , 370, 388 f., 404 f. ; Belief
in, 285f.; Characteristics of , 282 ff .,
362 ff. ; Cult of, 20s, 325, 4x4 ff.,
424 ff . ; Dedine of , 36s ; and demoDS,
366f., 369, 459; Devetopment of,
362 ff. ; Images of, 223 f., 247, 450,
453 f.; Judgment of, 337; of the
moment, 362 ff. ; Qr^gln of , 350 ff.,
364 ff., 369; Particular, 362 ff. ; Per-
fection of, 364 f.; Personality of,
S36, 366ff.; of tha prewit, 234;
528
INDEX
. of, 218, 374 f., 3Ä4f. ; Super^
personal, 390, 467, 504 U.
God-man, 5o6f.
Greek language and culturc, ^ ff,
Grimm, Jacob, 459
Graves, Crouching, di&
Gfotip-marriagCi 38, 41 f., 44 f., 48^
168 ff., 316
Guardian animal, 190, 233
Guardian ddty, 315, 50t
Guardian sptnts, 178, 369
Guide^ 407 f.
Guüt, «03, 2$i, 430
Gynocracy, 35 f.
Hades, 398, 401, 404
Hammurabi, Code of, 330, 338, 343,
347i 4
Harvest, Sacnfioes in coBaectkm with,
440 f.
Heart and soul, 907
Heaven, 395, 404
Hctvens, Mytliology of the, 76, 80,
91 f., 130 f., 134 f., 140, 189, 2ao,
246, 258, 355 f., 419; Piienomena
of thc, 304 ff.
H€£€h 520 L
Hclios,358f.
Hercules, 376 f., 382, 407
Herd, 52, 121
Härder, 53, 470^ 472, 519
Hermes, 407 f.
Hero, 9, 281 ff. ; Cult of the, 204;
and demon, 283 ff., 369, 372 f., 454 ;
and god, 282 ff., 364, 369 ff., 454
Hero saga, 228, 356, 374 ff.
Heroic age, 281 ff.
Heroic song, 9
UilUbrand, Karl, i
Historical consdonsness, 478
Historical rcLigion, 509
History, 510 ff, ; and saga, 377 ff.
HohbeSf Thomas, li f., 34, 36, ixx
Hoc^ 30^ 136 f., 134
Hoe^cuiture, 134, 138, 246, 248, 250,
289
Horde, 52, 120, 145, x8o, 237, 302,
HorM,293
lfaMpitalil]r,34i
Hostage, 343
Howitt, A. W., t8, 37 f., 142» t88
Human naturc, 471 f,, 475
Hunwnity, 9, 470 ff. ; Ideal crf^ 410
Honting, 24!., 140^ 144; Use of dO£
iOj 22 f.
Hut, Cornea], a6i, 451; Poie^ a6i;
Spkericalf 261
Hynms, 385, 393, 430, 461, 465
Ideals, Religious, 4x0
Ideas, of a beyond, 393 ff „ 420, 413 1
431» 49S * Coocrclc, 73 ; Mjllio-
logical, 74
Idols, 131
Images, Divine, 223 f., 447, 450^ 453 f.
Imiuüon of animalSy 95
lounortality, Belief in, 333, 39421,
412, 430 f., 423 ff., 431, 495, 502
Imprisonment, 342 £F.
Indixridual rulcrshipf ^87^ 3x3
Individuaüsm, 489, 493
Infanticide, 43 f., 175, 237
Inünitude, 505 f.
Inarumecits, of concossioa, 265;
Musical, 97 ff., 265!^ 457, 468;
Stringed, 97 f., 266 ; Wind, 265 f.
Initiation ceremonies, 202, 241 ff., 247
InteUigence of primitive man, 109 ff.
Intichiuma ceremonies, 185 f., x88f.,
244 ff.
Islamism, xp, 316, 497
Javelin, 1241.
Joint famil/i 153, 312 ff.
Jordan festival, 203, 446
Judaism, 497
Judge, 331 ff„ 347; Appointed, 331;
in the under World, 403
Judgment of the gods, 337
Judidal functiotjs, Division ol, 348 f.
Justice, Administration of, 331 ff.
Jus prima nocUs, 46, x68
JmstaHonm,^S^*
Kant, 470, 517
Kern, H^ 55
Kidneysy as vehides of tbe sonl, 209,
2xxf.,22x,434f.i445
Kii8,24A
INPEX
.529
KUaischf Hermann, 15
Knlfe, 131, 44Q
Koüman, yuUus, 77
LabouTi Community, 156, 147 f.;
Degradation of, 331 f. ; Division of,
49f*f 300 ; Equalization of, 3221.
Landscape painüng, 456
Lang, Andrew, 153, 187
Languagc, S3fiF., 137 ; Gesturei 58 ff.,
69
Lawgivers, 307 f.
Lazarus and Siänihal, Messrs^ 2
Legal System, 3270,
Legends, 381 ff., 421 f. ; Mura-miirat
231 ; of redemption, 382 f.; Reli-
gious, 38z ; of saintSi 381 ff., 464
Lessing, 4x4, 519
Lie,63, X14
Lippert, JuUus, 205, 231
Liturgy,463,465ff.
Loin cord, 85 ff.
Lustration, 20xff., 2x9 f., 252 f., 338,
407, 412, 443 ff.
Magic, Belief in, 75 ff., 8x, 84 ff., 92,
94 f 1 105» 37Ö f., 434 ff- J Cord, 86 f.,
202, 415, 440 ; Evil, 274 ; Imita-
tive, 354 ; Protective, 85, 449
Magicstaff, 335f.
Magic test, 337 f.
Magical offering, 440
Magical transference, 201 ff.
Magician, 84f.,330,378
Man^ E. H,, 79
Mankind and human oature, 471 f.i
475
Mannhardi, W., 249, 292, 44X
Märchen, 270 ff. ; of adventure, 279 f.,
395; Celestial, 275 f., 395; of
devourment, 277 ff.
Märcben-cycle, 380
Märchen-hcro, 356, 375 ff., 387, 459
Märchen-myth, 270 ff., 387 ff., 413,
458 f.
Mark Community, 309 f.
Market, 327, 463
Marriage, 12, 34 ff., 89; by barter,
157; of brother and sister, zz8,
X48ff. ; by capture, 153 ff«, 163,
i67f. ; by contract, 158 f.; by
gift, 158 f. ; Group, 38, 41 f., 44 f.,
48, 168 ff., 3x6; Modesol contractu
ing, 155 ff., 172 f. ; Pirraum, 168 ff. ;
by purchase, 158 f. ; Single, 51
Mask,9S, 105, 135, 262ff.
Matemal descent» 35 ff.» 47, 146 ff.,
165, 173 ^, 196^-1 3x4
Maternal mle, 35, 3x4
Martin, Rudolf, 50
McLennan, J. F„ 145, 153
Meal-times of primitive man, 24
Medicine-men, 83 f., 89, X05, x8o, 223,
233» 254 ^-.330, 341. 409
Memorial art, 24, 107
Men's dub, 41, 47, 119, 131, 173 f.,
^SSU 3»«» 409
Metempsychosis, 412 ff.
Migrations, xii, 287f. ,* Folk, Z26ff.,
164, 288f.; Tribal, 120, 138, X91,
488
Military Organization, 310
Milk industry, 137 f., 289, 296 f.
Mimic pUy, 459, 462, 490
Monogamy, 34, 36, 43, 46 ff., 89, 114,
167, 169 ff., 311 ff.
Monotheism, 77, 225, 231, 353 ff.
Monumental edifices, 452, 490
Morality, Primitive, xi4f.
Morgan, Lewes, 38, 152
Mother-right, 34 ff., 3x4
Müller, Max, 225
Mummy, 207
Mura-mura legends, 176 f., 231
Mttrder,339f., 346
Music, 95 ff., 264«., 449, 456 f., 4^
465 ff.; Absolute, 468
Musical Instruments, 97 ff., 265 f., 457,
468
Mysterycults, 420 ff., 502
Myth, 75 f., 375 f., 384 ff.. 413«.;
Celestial, 76, 80, 91, 130 f., 134 ff.,
140, 189, 220, 246, 258, 355 ff., 419 ;
Cosmogonic, 385 ff., 404 ; and cult,
414 ff. ; Märchen-, 270 ff., 387 ff.,
413, 458 f.; Theogonic, 384 ff.; of
the underworld, 397ff.; of worid
destruction, 391 f.
Mythical hero, 379
Mythology, Nattff^ j6
35
T3Ö
INDEX!
Narrative, 270 ff.
Nature, Man of, iiff.
Natore-demons, 370
Natnre-mythology, 76
Neaoderthal skull, 14 f.
Nirvaiia,499
Nomads, 120« 138, 4x9
Novel, Short, 464
Nombers, Sacred, 305, 407; Social
Organization and, 3040.
Oath,33Sf.
Offering, 432 ff,
Oracle, 442
Ordeal, 336 f.
Orders, 255
Organization, Military, 310 ; PoUtical,
302 ff. ; Tribal, x 17 ff., 132, 140 ff.,
Omamentation, 100 ff.
Other-world ideas, 394 ff., 410, 420 ff.,
431, 495» 502
Painting, 106 ff., 456, 468
Palace, Royal, 452, 454, 481
Pasha, Etnin, 1 14
Passion plays, 463, 465
Particular gods, 362 f.
Paternal descent, 37, 146 ff., 173 f.,
196 f., 314
Paternalrule, 35, 314
Patriarchal family, 313
Patriarchal period, 35 f.
Penal law, 338 ff.
Penitential psalm, 430 £•
Personalities, Age of, 320
Personality, 489, 505
Phallus cult, 212
Philology, 2, 53, 490
Philosophy, 354, 496, 504, 518; of
history, 5 19 ff.
Pirrauru marriage, 168 ff.
Plant totem, 134, 176, 184, 188 ff., 192,
199, 214, 245
Platform disposal of the dead, 216,
405
Plough, 134, 138, 248, 289 ff., 298
Poison, Arrow, 26 ; Plant, 25 f.
Poetry, 267ff., 4S7
Pole-houses, 261
PoUtical Organization, 302 ff.
Polyaodry, 42 ff., 167, 967, 171 f., 312
Pülygamy, 41 f., 47, 166 ff., 31 j
Polygyny, 42 ff., 139^ 167, 170 ff., 312,
315^.
Polytheism, 80, 355, 357, 371
Pottcry,30,8o, i3S,259f.
Praise, Hymns of, 430
Prayer, 427 ff. ; Penitential, 430 f.;
of Petition, 427 f ^ 439 ; of thanks-
giving, 429f., 439
Prehistory, 13 f., 451
Preusi, K. Tk., 242, 435, 4^
Priesthood, 321, 330, 332
Priests' Code, 200, 210, 329, 345^ 432
Primitive man, Discovery of, 11 ff.
Property, 47, 114, 120, 138, 173 f.,
I95f. ; Commoii, 248, 317 ff, ; Pri-
vate, 298, 300, 317«.
Prophetic signs, 442
Promiscoity, 36, 38, 169» 181
Prohibition of certain foods, 199 f.
Protection, Right to, 340 ff.
Protective magic, 85
Psyche, 205 f., 212 ff., 217, 220, 241,
40s
Punishment, 338, 342, 404, 406 f., 431;
and sacrifice, 433
Poppet show, 464 f.
Purgatory, 407 f., 412
Porification, 201 f., 2 19 f., 499 ; Rit<9
of, 201, 443 f. Cf. Lnstration.
Pygmies, 19, 77 ff., 115, 353
Rain*magic, 253, 268
Rain priests, 249, 263, 268
RatÜe, 100, 266
Ratzcl^ Friedrich, $
Realm of the dead, 396 f., 400
Reconciliation, 432
Redemption, 410, 447, 495 f. ; Legends
of, 381 ; Religions of, 496
Reformation, 492
Refrain, 96!, 104
Relationship, M alayan System of , 38 ff.
Religion, Origin of, 75 ff., 282 ff.
Religious Ideals, 410
Renaissance, 455 f., 491 f., 517
Retribution, Idea of, 401, 408, 411,
413
RevelaÜon, 518
INDEX
531
Rhytbm, 103 f., 3681.
Rights, Equality of, 320
Rings, Exchange of , 87
Root languages, 68 f.
Roskqff, G. G., 75
Rousseau, J. f., 12
Rulership, Individual, 287, 313
Sacredness, 195 f., 199
Sacrificc, 253 f., 295 f., 427, 431 ff. ;
Animal, 210 f., 433 f. ; to tbe dead,
238 ff., 253 f., 433 £•; Human, 210,
433 ff., 440, 447; of reconciliation,
432
Saaificial animal, 2 10 f.
Sacrificial feast, 4461.
Saga, Dcity, 384 f.; Flood, 391«.;
Hcro, 228, 356, 374 ff.
Saints, Legends of, 381 ff., 464 ; Wor-
ship of, 178 f.
Sancüfication, 427; Ceremonies of,
442
Sanctuary, 341 f.
Sarasin, F. and P., 19, 49, 75, 90
Satisfaction of wants, 448 f.
Satjrric play, 464
Scapegoat, 203
Scarab, 229
Schmalz, £., 60
Schmidt, Wilhelm, 78 f.« 114, 353
SchulUe, Leonard, 88
Schweinfurih, Georg, 18 f., 77
Science, 449^ 489 f.
Scott, W. R., 60
Sculpturc, a6i, 453 ff^ 49©
Secret barter, 10, 21, 31 ff., 55i 120
Secret societies, 254 ff.
Secondary wives, 45, 168 ff., 316
Self-education, 519
Self-mutilation, 294 f., 434
Sex totemism, 119, 176, 182 f., 186 f.,
190,193
Sexual Organs and the soul, 211, 434,
445
Shadow soul, 192 f., 205 f.
Shamans, 84
Shame, Feeling of, 88
Shield, 125, 131
Sickness, 81, 83 ff., 90, 494; Demons
of, 82 f., 105, 236
Stnofferlng, 432f.
Single marriage, 51
Skull, 217 ; Neanderthal, 141.
Slave, XS4, iS^
Slavery, X39
Smoke, 220
Snake society, 256, 269
Social psychology, 4
Society, Primitive, soff.
Soil, Cults of tbe, 245 ff.
Solstice festivals, 420
Solstice fire, 202
Song, 95 ff., 104, 267 ff., 449, 458,
460 ff. ; of praise, 430 ; Work, 268 f.,
46X
Soul, Breath, 192 f., 205 ff., 212 f.,
242 f.; Corporeal, 82, 191 f., 205 ff.,
211 ff. ; 216, 221 f., 406; Ideas of
the, 190 ff., 394 ff. ; and kidneys,
209» 211 f. ; Shadow, 192 f., 205 f. ;
Vehiclesof the, 207 ff., 211 f., 221,
434^-. 445
Soul animals, 83, 190 ff., 214, 368,
412 f.
Soul belief, 204 ff.
Soul cults, 421 f., 502
Souls, Exchange of, 242 ; Trans-
migration of, 412 ff.
Sound and meaning, 65 ff.
Spear, 125
Speech, 496 f.
Spencer and Gillen, Messrs., 18, 38, 188
Spencer, Herbert^ 187, 205, 231
Spirit viUages, 396
Sprinkling, 203, 445 f.
State, 8 f., 119, 285 f., 287, 303, 472 ff. ;
Chorch and, 491 f.; EKvine, 329,
373. 388, 4". 41Ö. 494; Forms of
the, 349, 517
Steinen, Karl von den, X02
Stänthal, H., 2, 68
Stipulation, 334
Stringed Instruments, 97 f., 266
Stuhlmann, Franz, 114
Substitute, 435
Sun, Edipse of the, 81
Sweat-lo^^es, 252
Sword, 131, 299
Symbolism, 334. 422, 447
Symmetry, xo3f.
53«
INDEX
Taboo, 131 f., 193 ff., ao3, 0x9, 341 ;
on foods, i99f. ; on relationt by
mamage, 196 ff.
Talisman, 89, 104, 327 ff.
Tattooing, 21, 87, 131, 135,255, 257«.,
4SI
Teleology, 522
Tcmple, 19s, 324f., 450, 452 f., 465,
467,481
Theft, 1x4 ; of women, 46
Thcogony, 3840., 417
Thinking, Primitive, 68 ff.
Tippamalku, 168 ff.
Torturc, 344
Totem, 8, 116 ff., 203 f., 412 f. ; In-
animate, 177, 185 ff.
Totem animal, 1x7 ff., 13X ff., 143,
x88 ff., X93, 200, 260, 412 f.
Totem frieodships, 162 ff.
Totem poles, 143 f., 232 ff.
Totemism, 116 ff.; Animal, 1x7 ff.,
13X ff., 138 f., X7S ff., 193, 2x4, 245,
412 f.; Conception, 176, 180 ff.,
X89 f., X9X, 193 ; Individual, X19,
X75, 178 ff., 187, X89 f. ; Plant, X34,
176, X84, x88 ff., X92, X99, 2x4, 245;
Sex, X19, 176, x8o, x82f., x86f., 190,
193 ; Tribal, X77 ff., X87
Trade, X2i, 300 f., 452
Transference, Magical, 20X ff.
Transformation into animals, 133,
272 ff., 4x2 f.
Transmigration of souls, 412 ff.
Tribal division, xi7f., X4X, X43, X59ff.
Tribal migrations, 120, X38, X91, 488
Tribal Organization, 1x7 ff., 132, X4off.
Tribal wariare, 1x9 f., X23, 125
Tylor, Edward, 205
Undcrworld, 397 ff., 402 ff.
Unity of the world, 483
Universalism, 49s
üscner, Hcmumn^ 36t f.
Vegetation ceremooies, 135 f., 189^
249. 4>8 ff.
Vegetation cults, 135, 243 ff., 250 f.,
294. 418 ff«
Vegetation demons, 441.
Vessels, 30^ 49
Vico, G., 516
Vision, 407, 442
Vocations, Differentiatioo ol, 311,
32Xff.
Votive offering, 438
Wagon, 292 ff.
Want^ Fteedom Iran, xio^ 114;
Satisfaction of, 448 f.
Warfare, 33, xix, 209 ; of tiie gods,
370, 388 f., 404 f.
Water, Lastration by, 201 ff., 219 f.,
252 f., 338. 443 ff- ; Trial by, 338
Weapons, 26 ff., 120, 124 f., 131, 133,
299
Week, 305
Wcrgild, X63, 339
Westermann, D., 58, 68
Wheel, 291 f.
Wife, Chief, 45 f., 168 ff., 3x6;
Secondary, 45, 168 ff., 3x6
Wind Instruments, 265 f.
Witchcraft, 338
Work-songs, 268 f., 461
World, Unity of tiic, 483
World culture, 477, 484 ff., 51a
World destruction, Myths of , 391 f.
World empires, 476, 478 ff., 484 ff.,
493. 5"
Worid history, 474 f., 478, 509 ff.
World language, 487, 493
World religions, 10, 477, 491, 494 ff.
Writing, 486 f.
PHfiM in Qfitii BrUain hy
uNwiN sKomitt, umnx)^ tbs oatsHAH ntnt, woxnio amd lonpor
LIBRARr OF PHILOSOPHY
Modern Philosophy
by guido de ruggiero
TtAKSLATED BY A. HOWARD HANNAY, B.A., and
R. G. COLLINGWOOD, M.A., F.S.A.
FcUow tnd Lecturer of Pembroke Colkfe» Oxford
Demy %vü. i6/. ir#/.
A comprehenaive treatment of the whole development of philotophv in
the last half-century, by one ol the mort brilliant members of the modern
Italian school. The author is not only a man of great learning bnt an
extremely acute and original critic, and the viewt which he ezprettes on
the favourite philosophers of the present day wiÜ aroose oniversal
interest. Alike as htstory, as critidsm and as constructive thooght the
book is a remarkable achievement«
History of Psychology
Volumes II and III
Dtmy%p: Bv G. S. BRETT, M.A. \6t.ttehnit.
Elements of Constructive
Philncnnhv BrJ.S.MACKENZIE,LiTT.D.
r IlllUbUpil y .(Ctmb.) , Hon. LL.D. (Glasg.)
BmeritM Profcttor of Logic tnd Philosophy in UniTcrtity College, Cardiff ;
formerly Fellow of Trinity College, Cambridge
Vemy %pp, Secünd Imfressm i6i.net.
'*The book is snffident. In its paget ii all that the edacated man
needs to know or it likely to care to know. The arrangemtnt is
methodical ; the ttyle is crisp and oondnsive."— Ai;^/!ofy Tim^s.
Introduction to Mathematical
Philosophy " "^^P^S ''"^^'''-
Dmy 8w. SecüMii Edittw 12/. 64/. w/.
" Mr. Rassel! has endeavonred to gite, in non-ledinfcal langnage, an
account of his critidsm as it affects arithmetic and logic He has tieen
remarkably successful." — Athenäum,
The Analysis of Mind
Bv BERTRAND RUSSELL, F.R.S.
Demy Sc«. i6/. ntt.
The Rational Good : A Study
in the Logic of Practice
By L. T. HOBHOUSE, D.Lrrr., LL.D.
Martin White Protetor of Sodolofy ia Üw Univenhy of Loadoo
D$mj 89«. 8/. 6d. Mit.
This volttine it the fint of a series of three ooonected works on first
prindples in Socioloffy. It deals with the basis and the end of human
action in general, and endeavoors to establish the prindples of a rational
Bthics. The application of these prindples to the leading qoeslions of
Sodal Philosophy will be discosaed in a second work, which will seek to
define the trne aim of sodal institutions. The thifd porüon will oompare
the ideal with the actual, examining the natore and oonditions of sodal
development, and also of misdevelopment, arrest, and decay.
The whole work is an attempt to bring the Philosophie and scientific
methods of Sodology into definite relaüon. Though the three portions
are doael^ oonnected, each work Stands lyy itself, the argument elaborated
in one l>eing, where necessary» summarized in another.
The New Psychology : and
its Relation to Life
By A. G. TANSLEY
Dmj 8m. Tbird Imfnsston lOf. Sd. net,
" It is dtfficult to do anything but advise all who take eren a slight
interest in the mind of man, in politics, sodology» edncation, religion,
or art, to buy the book and read every word of it . . . between this book
and all previous ezpositions of the Preudian doctrine there is a world of
difference. ... the book is inspired by a strict and noble optimism.** — Nation.
Psychology and the
's Work
Day
DemySpff. By EDGAR JAMES SWIFT tos. 6d. Met
*' 11 toudies life at many points and aboonda with interestlng matter."
--Times.
The Psychological Problems
of Industry frank ""watts
Dfmy Spü, its. 6d. tut.
An increasing number of persona — works managers, politidans, trade
unionists, welfare workers and students — has become deeply interested
in industrial psydiology. In this book the author has attempted to bring
together and develop much that may legitimately be discossed ander that
heading. No one will deny the dtfficulty of treating this sobiect in a
dispassionate manner, but every endeavour has k>een made to deal with
the more vexed questions in as impartial a wfidt as is homaoly poatibÄe.
Suggestion & Autosuggestion
A Psychological and Pedagogical Study based
upon Investigations madc by thc New Nancy School
By Professor CHARLES BAUDOUIN
Translatid by EDEN and CEDAR PAUL
Dimj 8c«. I $/. Mit.
" A masterly ezposition ol mental attitudes."— ATa^iki/ OuHook,
'*The book may well mark an epoch. It is on tore groond, and lays a
firni foundation which may be built upon, but will never be tcrapptd.
The book it a text-book, and any ttudent who taket elementary pidnt
can leam the lesson." — CkaUenge,
Pure Thought
and the Riddle of the Universe
DimySpp. By FRANCIS SEDLXk i8/.«#a
Consistenily with the standpoint oi Abeolnte Idealism, the natttre ol
the Universe admits of ä priori detennination. In order to vindicate
this, the Hegelian attitnde, the author attempta originally to restate the
whole theme of Hegelian Philosophy. That Hegel's own verskm leavet
room for slight deviations and many-sided ampUncations, oomet to notice
at once under the head of Qnality, bot more particolarly ander that of
Quantity and most conspicuously ander that oi Measare. Apatt from
the immediate connection of this section with phvtical and chemical
change, the author finds in it a key to a dialectically constrnctivt treat-
ment of the ty»tem of Mathematics.
The Mneme
By Profissor RICHARD SEMON
Dimy%p$. TaAirtLATBD by LOUIS SIMON i8/.b#/.
The mnemic theory of tho lato Professor Richard Semoo attempts
to account for the chain of tho varioos physiological processes withoot tho
aid of any vitalistic prindple. It traoes the identi^ of the laws ander-
lying all kinds of organic roprodaction. Im thoy instinct, individoal
memorv, ontogeny, or tho rhythm of Ufo processes. It also throws
a new ught on the problem of tho inboritanoo of acqairod characters.
Repressed Emotions
Cr. 8r». By ISADOR H^ CORIAT» M.D. 7/. &/. rnt.
A now volaine^ cimtalniatf w^adk otlffiMi flsaterial, by ono of the
Pioneers ol ssyidKHHtfhr Tbo concepoons of tho
reprcssion of iwiaaa OW" 'iam tUnking havo been
greaUy widcnod ta fl^ TbOBO oonoeptions are
applied to tho H—Mig i ponoaality, iitorataro
Psyche's Lamp
A Revaluation of Psychological Principles as
Foundation of all Thought
By ROBERT BRIFFAULT
Allthor of ** The Mtkiaf of Homuutf**
7)imy Sv9. 12/. 6V. «r/.
The author discosses the fundamental problems of psychology, the
oonception of life, feeling, Imowledge, free-wiU, the unconscioas, te
from a new and independent «tandpoint« and advances aevend new
theories. The last chapter challenget cnrrent views of individuaUty and
offen a new oonception.
The Psychology of Day
Dreams by dr. j. varendonck
WiTH AN iNTRODucnow BY PROFESSOR SIGMUND FREUD
IDmy Sv$. Jh$Mi x8/. «r/.
This book is a contribution to the study of the mechanism of thinking,
which it reduces to a manifestation of universal energy. It diows in
broad lines along which paths the evolution of the animal mind Into
human intelligence has taken place, how thinking has become a
mental process that has freed itaelf from the outer world for its ex-
citations and from the System of motility for its reactionSi thanks to
the development of memory.
Abnormal Psychology and
Education
Cr.^vü. By frank WATTS, M.A. 7/. 6^.«//.
A new and re-written edition of the author*s work
originally cntitled "Echo Personalities.**
*' This excellent book contains much that is valuable for those engaged
in training the young." — Inquircr,
" Of deep interest to others than teachers/*— i4(^yfi7iim.
" This is a very clear and admirable study . . • his handling of the
Problem of repression in education seems to us excellent. We hop«
this book may find its way into the studies of our teachers." — ChaUengc
Psycho-Analysis
An Outline of the Freudian Theory
By BARBARA LOW, B.A., Ex-Training College Lccturcr
WrrH AN Introductio» bt
ERNEST JONES, M.D., M.R.C.P. (Lond.)
Cr. Svo, Fourth Edition 6/. mt,
" An admirable Utile outline of the theory and application of psycho-
analysis . . . as a primer in the first elements of the subject, it oould
hardly bc improvcd upon.'* — Wcstminstcr Gazette,
LONDON: GEORGE ALLEN AND UNWIN LTD.
RUSKIN HOUSE, 40 MUSEUM STREET, W.Cl
OlD 303 555
STANFORD UNIVERSITY IIBRARIES
STANFORD AUXILIARY IIBRARY
STANFORD, CAllFORNtA 94305-6004
(415) 723-9201
All books may be recolled oFter 7 do/s
^ DATE DUE
F/S JUH3!6b9^
m'yi 2002