Skip to main content

Full text of "Völkerpsychologie : eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte"

See other formats


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  preserved  for  generations  on  library  shelves  before  it  was  carefully  scanned  by  Google  as  part  of  a  project 
to  make  the  world's  books  discoverable  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 
to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 
are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  culture  and  knowledge  that 's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  marginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  file  -  a  reminder  of  this  book's  long  journey  from  the 
publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prevent  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  technical  restrictions  on  automated  querying. 

We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  of  the  file s  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  from  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machine 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  large  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encourage  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attribution  The  Google  "watermark"  you  see  on  each  file  is  essential  for  informing  people  about  this  project  and  helping  them  find 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  responsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can't  off  er  guidance  on  whether  any  specific  use  of 
any  specific  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  means  it  can  be  used  in  any  manner 
any  where  in  the  world.  Copyright  infringement  liability  can  be  quite  severe. 

About  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organize  the  world's  Information  and  to  make  it  universally  accessible  and  useful.  Google  Book  Search  helps  readers 
discover  the  world's  books  white  helping  authors  and  publishers  reach  new  audiences.  You  can  search  through  the  füll  text  of  this  book  on  the  web 


at|http  :  //books  .  google  .  com/ 


über  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Regalen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfügbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 

Das  Buch  hat  das  Urheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nutzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  partnerschaftlicher  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.  Nichtsdestotrotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  verhindern.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 

Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  für  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  für  diese  Zwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google -Markenelementen  Das  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppen  zu  erreichen. 


Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter  http  :  //books  .  google  .  com  durchsuchen. 


I£Ü^.*i>*Sl- 


lOR-^'NWERSnT 


Q 


Völkerpsychologie 


Eine    Untersuchung    der   Entwicklungsgesetze 


Sprache,  Mythus  und  Sitte 


Wilhelm  Wundt 


Zweiter  Band 

Mythus  und  Religion 


Dritter  Teil 


Leipzig 
Verlag  von  Wilhelm  Engelmann 

1909 


Alle  Rechte,  besonders  das  der  Obenetznng,  werden  vorbehalten. 


117283 


Meiner  treuen  Gefährtin 
im  Urwald  der  Mythen  und  Märchen 

zugeeignet. 


Vorwort 


Daß  in  dem  folgenden,  die  Betrachtungen  über  Mythus  und  Reli- 
gion abschließenden  Teil  der  Völkerpsychologie  das  Märchen 
durch  den  Raum,  der  ihm  gewidmet  ist,  unverhältnismäßig  bevorzugt 
erscheint,  wird,  wie  ich  nicht  zi^eifle,  manchen  Leser  befremden.  Ist 
man  doch  gewohnt,  es  in  den  Werken  über  Mjthologie  entweder 
überhaupt  nicht  oder  höchstens  beiläufig,  aus  Anlaß  der  Heldensage, 
in  die  es  da  und  dort  deutlich  hereinragt,  oder  aber  in  dem  Sinne  er* 
^-ähnt  zu  finden,  daß  es  als  ein  letzter,  eigentlich  bereits  außerhalb  des 
M>^us  liegender  Rest  mythologischer  Überlieferung  betrachtet  wird. 
Man  pflegt  ihm  so  ungefähr  eine  ähnliche  Stellung  zu  den  Mj-then- 
überliefenmgen  des  Epos  einzuräumen,  wie  dem  vereinzelten  aber- 
gläubischen Brauch  zum  Götterkultus,  Und  je  mehr  so  der  Märchen- 
held zu  einem  letzten,  ins  Kindliche  und  Volksmäßige  übertragenen 
Nachkommen  der  epischen  Helden  und  Götter  der  Vorzeit  wird,  um 
so  mehr  ven\'ischen  sich  dann  zugleich  die  Grenzen  zwischen  dem 
mit  seinen  letzten  Wurzeln  in  das  Gebiet  des  M^'thus  hereinreichenden 
und  dem  in  freier  Phantasiedichtung  entstandenen  Märchen.  Wo  die 
als  ursprünglich  anerkannten  Formen  von  Mythus  und  Sage  märchen- 
hafte Bestandteile  bieten,  da  werden  daher  diese  selbst  nicht  selten 
als  poetische  Zugaben  angesehen,  die  nicht  mehr  dem  eigentlichen 
Mythus  angehören. 

Nun  hat  sich  freilich  seit  den  epochemachenden  Arbeiten  der 
Brüder  Grimm  manches  ereignet,  was  diese  an  sich  ältere,  aber 
hauptsächlich  durch  sie  begründete  Auffassung  des  Verhältnisses  von 
Mythus  und  Märchen  zu  erschüttern  vermochte.  Und  gerade  die 
Beobachtungen,  die  diese  Forscher  als  überzeugende  Belege  für  die 
Nachwirkung  uralter,  aus  Götter-  und  Heldensage  stammender  mytho- 
logischer Motive  im  Märchen  ansahen,  mußten  wohl  gelegentlich  schon 


VI  Vorwort. 

den  Verdacht  erwecken,  daß  hier  nicht  die  Sage,  sondern  umgekehrt 
das  Märchen  die  mythologische  Anschauung  in  ihren  primäreren 
Formen  enthalte.  Begünstigt  wurde  dieser  Verdacht  durch  die  von 
der  vergleichenden  Märchenforschung  immer  klarer  ans  Licht  gestellte 
Tatsache  des  Vorkommens  gewisser  in  den  höheren  Mythenformen 
anklingender  Märchenmotive  in  so  weiter  Verbreitung  und  unter  so 
abweichenden  Ursprungsbedingungen,  daß  die  Annahme  ihrer  Ent- 
stehung auf  dem  Wege  der  Rückbildung  im  höchsten  Maße  zweifel- 
haft wird,  vielmehr  auch  hier  die  Vermutung  eines  umgekehrten  Pro- 
zesses sich  aufdrängt.  Am  entscheidendsten  wird  aber  endlich  dieser 
Wandel  der  Anschauungen  durch  die  Mythentraditionen  der  Natur- 
völker unterstützt.  Noch  freilich  spielen  in  diesem  Fall  bei  den  Ethno- 
logen selbst  die  aus  der  Mythologie  der  Kulturvölker  übernommenen 
Voraussetzungen  von  einer  Himmelsmythologie,  aus  der  in  abstei- 
gender Entwicklung  alle  weitere  Mythenbildung  entsprungen  sei,  oder 
auch  die  Hypothese  zweier  einander  parallel  gehenden  Mythologien, 
einer  höheren  und  niederen,  von  denen  die  letztere  den  Seelen-  und 
Zaubervorstellungen  entstamme,  die  herrschende  Rolle.  Wer  jedoch 
den  Schatz  von  M}rthenerzählungen,  den  die  Sammelarbeit  der  letzten 
Jahrzehnte  zutage  gefördert  hat,  frei  von  den  Vorurteilen  der  tradi- 
tionellen Mythologie  betrachtet,  wird  sich  kaum  der  Überzeugung 
verschließen  können,  daß  bei  den  primitiven  Völkern  die  gesamte 
Mythenüberlieferung  die  Form  des  Märchens  besitzt,  und  daß  demnach 
diesem  Material  gegenüber  die  Aufgabe,  einen  ursprünglichen  Mythus 
zu  finden,  aus  dem  es  hervorgegangen  sei,  von  vornherein  hinfällig 
wird.  Statt  dessen  erhebt  sich  so  die  andere,  aus  dem  oft  ver- 
worrenen Material  dieser  Märchen  diejenigen  herauszufinden,  die  als 
wahre  > Mythenmärchen  €,  d.  h.  als  geglaubte  und  auf  Leben  und 
Kultus  einflußreiche  Überlieferungen  anzusehen  sind.  Natürlich  ließ 
sich  nun  aber  eine  überzeugende  Begründung  dieser  wesentlich  ver- 
änderten Anschauungen  über  Mythenentwicklung  nicht  ausfuhren, 
ohne  auf  die  Tatsachen  selbst  etwas  ausfuhrlicher  einzugehen  und 
zugleich  die  schwachen  Seiten  der  herkömmlichen  mythologischen 
Theorien  zu  beleuchten.  Demgegenüber  glaubte  ich  mich  in  dem 
Abschnitt  über  den  Mythus  in  Sage  und  Legende  um  so  kürzer 
fassen  zu  können,  da  es  sich  hier  um  ein  allgemeiner  bekanntes  und 
leicht  zugängliches  Gebiet  handelt,  wo  es  wesentlich  nur  darauf  ankam. 


Vorwort.  VII 

den  gesamten  Zusammenhang  der  Mythenentwicklung  an  einzelnen 
hervorragenden  Beispielen  zu  schildern  und  auf  die  Punkte  hinzu- 
weisen, wo  sich  auch  hier  die  Tatsachen  einer  solchen  vom  Mythen- 
märchen aufsteigenden  viel  eher  als  einer  zu  ihm  herabsteigenden 
Entwicklung  einreihen  lassen. 

Aus  einem  andern  Grunde  schien  es  mir  angemessen,  dem  letzten, 
der  religiösen  Entwicklung  gewidmeten  Kapitel  der  Darstellung  engere 
Grenzen  zu  ziehen.  Einerseits  sind  die  einzelnen  Gestaltungen  des 
religiösen  Denkens  so  sehr  von  den  besonderen  Bedingungen  der 
Kultur  und  Geschichte  abhängig,  daß  sie  durchaus  der  historischen 
Betrachtung  anheimfallen.  Anderseits  sind  die  Grundmotive,  die  in 
der  Stufenreihe  der  Kultformen  und  der  religiösen  Kulthandlungen 
hervortreten,  im  ganzen  so  übereinstimmender  Art,  daß  hier  der  Ver- 
such, das  Bild  dieser  Entwicklung  mit  Rücksicht  auf  die  ihr  imma- 
nenten psychologischen  Motive  in  seinen  Hauptumrissen  zu  zeichnen, 
einer  eingehenden  Schilderung  der  einzelnen  geschichtlich  gewor- 
denen Religionsformen  und  ihrer  Unterschiede  vorzuziehen  schien. 
Das  um  so  mehr,  da  sich  von  einer  solchen  allgemein  vergleichenden 
Betrachtung  aus  wohl  am  ehesten  der  Zugang  zu  einer  Beantwortung 
der  von  der  Religionsgeschichte  meist  grundsätzlich  beiseite  gescho- 
benen, von  der  Philosophie  in  einer  von  bestimmten  metaphysischen 
oder  ethischen  Voraussetzungen  aus  behandelten  Frage  nach  dem 
Wesen  der  Religion  und  ihrem  Verhältnis  zum  Mythus  gewinnen  ließ. 

Je  mehr  nun  diese  letzte  Frage  von  dem  theologischen  Religions- 
historiker, welcher  Richtung  er  im  übrigen  in  dem  Streit  der  theolo- 
gischen Meinungen  folgen  mag,  begreiflicher  und  berechtigter  Weise 
vom  Standpunkte  derjenigen  Religion  aus  behandelt  zu  werden  pflegt, 
der  er  selbst  angehört,  und  je  mehr  auch  die  philosophische  Be- 
arbeitung der  Probleme  ihrerseits  wieder  direkt  oder  indirekt,  in 
zustimmender  oder  ablehnender  Tendenz  durch  diesen  theologischen 
Standpunkt  beeinflußt  ist,  um  so  entschiedener  muß  sich  hier,  wie 
ich  meine,  die  Psychologie  bemühen,  eine  neutrale  Stellung  zu  be- 
haupten. Sie  darf  an  das  Christentum  keinen  andern  Maßstab  psy- 
chologischer Betrachtung  anlegen  als  an  jede  andere  Religion.  Sie 
muß  wie  überall  die  Erscheinungen  aus  den  hinter  ihnen  stehenden 
allgemein  menschlichen  Motiven  und  im  Zusammenhang  mit  den 
sonstigen  Erscheinungen  religiöser  Entwicklung  zu  begreifen  suchen. 


VUl  Yonrort- 

DaÖ  «iieser.  wcmi  ich  mkii  des  Ausdrucks  bedienen  darf,  nicht  irre- 
ligiöse, aber,  sotcm  man  unter  Religion  eine  bestimmte  positive 
ReÜgion  \*efsteht  auöcnrcligiöse  Standpunkt  im  allgemeinen  nicht  der 
dies  Theolog«!  sein  kann,  \-crsteht  sich  von  selbst.  Dennoch  scheint 
es  mir  nirftt  unmöglich,  daü  auch  er  sich  mit  dieser  objektiven 
Betrjbohcungsweise  befreunden  kann,  wenn  er  wahrnimmt,  wie  im 
Lichte  einer  solchen  psychologischen  Entwicklungsgeschichte  der  Rc- 
ag:ioa  dos  Christentum  in  der  Abstufung  der  relativen  Werte,  von 
vienen  in  diesem  Fall  freilich  allein  die  Rede  sein  kann,  an  allgemein 
meoschUcher  Bedeutxmg  vielleicht  mehr  gewinnt,  als  von  jenem  ab- 
s«>luten  Wert  aller  Werte  aus,  den  es  als  inspirierte,  damit  aber  auch 
wiutikMrhdlb  der  allgemeinen  religiösen  Entwicklung  stehende  Religion 
be4AS|Mruoht. 

Ich  w kirne  dieses  Buch  meiner  Tochter  Eleonore.  Ohne  ihre  treue 
Milhilte  in  der  Durcharbeitung  der  reichen  Sammlungen  von  Märchen 
uiivi  Mythen»  namentlich  der  Naturvölker,  würde  es  mir  unmöglich 
gewesen  *ein>  es  &\\  x-ollenden. 

l.eip^iir*  im  Ociembcr  1008. 

W.  Wundt. 


Inhalt. 


Ka|HtrL    Der  Natomiytiuis i 

L  OEe  BescaJKdieile  des  N&tmrsTC&x« i 

1.  Ei€e  ■vthotcf^KbcA  SfitenK i 

2.  Dfie  Fms9R!&  <&er  Myäteaaitw  ick  lang.        5 

L  £iM2*üfae£Ie  lad  iHjenciae  Emd3S5< 5 

3.  Ine  nrräteaoildeade   z&i   <£e  käBsdeiische  Phantasie   im  G<biec 

<1EI   Jk^fiK  lliV  hdlB      .....................  10 

c  Der  «rspcte^Q^e  Xaznrarrthos  32d  df«  Mvthe&dichtnig    ....  17 

d.  MT:&n  awi  KbIcbs jo 

e^  Dce  IffTti— g  STtbo Ionischer  GesamaBsdiains^cn 26 

3-  JucücB.  Sage  md  Lebende  als  Entwuckhingsiomcp  dc$  Myttcs   .  3^ 

1.  AÜfcsaeBCS  Verbälra£s  d:«Kr  Foratea 29 

b.  Du  Märzes 33 

c-  Ke  S«2«-    -    -  3<i 

d-  EH.«  Legcad« .    .  44 

4.  Der  Xaanajthos  zni  cie  Himmrlsmythologi«  .  49 

II-  Dai  Mjthenaiärehen öo 

1.  I>ai  praemnve  Mythen ir.ärchc 3 60 

2.  Das  Mrdieamarchen  als  geschlossene  Erzlhiong 75 

a.  Allgemeiner  Charakter  der  entwickelteren  Mirckenenihhmg    .    .  73 

b.  Hurptformen  de*  Mythenmirchens S4 

3.  Du  GLick^siirchcn    ....            Sq 

a.  Allgemeine  Movxve  des  Giicksmärckec^ So 

b.  Das  reine  Abentenermirchen 01 

c.  Das  MotiT  der  Vergelnmg  im  Glücksmirchen 101 

d.  Wandlungen  des  Glücksmärchens  anter  dem  Einfloß  der  Knltnr  .  107 

e.  Das  Rätsel-  nnd  das  Wettmixchcr. llö 

4.  Das  mvtholcglsche  Tiermärchen .122 

a.  Verhältnis  des  arspninglichen  Tiermärchens  znm  Toteniismus  .    .  122 

b.  Das  legendarlsche  Märchentier  und  das  Scherrmärchen    ....  12S 

c.  Das  Tiermärchen  auf  der   Stufe  der  Gleichstellung  von  Mensch 

and  Tier.     Tiervem^ag  aod  Sühnopfer 151 

d.  Heiligung  der  Tiere  Tind  Versohnangsopfer.     Das  Motiv  der  hüf- 
refchen  Tiere 137 

e.  Die  Ehe  zwischen  Mensch  und  Tier  und  ihre  Sproblinge.    .    .    .  144 


Inhalt. 

Seite 

f.  Tierwerdung  des  Menschen 149 

g.  Der  Mensch    als  Tierahne.     Die  freiwillige  Tierwerdang.     Das 
Motiv  der  dankbaren  Tiere 152 

h.  Die  Tierverwandlang  als  Bosheitszauber  und  dessen  Vergeltung .  158 

i.  Die  Tierverwandlang  als  Strafe 163 

k.  Die    Tierverwandlang    als    mjrthologische    Wurzel    der    Seelen- 

wandemngslehre 167 

1.  Die  mythologischen  Fabeltiere:  der  Drachentypos 171 

m.  Untergang  des  mythologischen  Tiermärchens.     Sein  Übergang  in 

die  Fabel 180 

5.  Die  Pflanze  im  Mythenmttrchcn 185 

a.  Die  Pflanze  als  Zaubermittel 185 

b.  Die  Zauberverwandlong  von  Menschen  in  Pflanzen 190 

c.  Das  Vegetationsmärchen 195 

6.  Das  Himmelsmärchen  and  seine  irdischen  Parallelen 207 

a.  Die  Himmelserscheinangen  und  die  mythenbildende  Phantasie.    .  207 

b.  Der  Aufstieg  zum  Himmel  und  der  Abstieg  zur  Erde 218 

c.  Das  Verschlingungsmärchen 230 

d.  Das  Tmhenmärchen 254 

e.  Das  Zwillingsmärchen 271 

f.  Zerstreute  Motive  von  Himmelsmärchen 288 

7.  Das  Kulturmärchen 294 

a.  Allgemeine  Entwicklung  des  Kulturmärchens 294 

b.  Das  Kulturmärchen  als  Urform  der  Legende 302 

8.  Die  Wandlungen  des  M3^enmärchens 310 

m.  Der  Mythus  in  Sage  und  Legende 323 

1.  Götter,  Helden  und  Dämonen 323 

2.  Orts-  und  Stammessagen 341 

a.  Die  Ortssage 341 

b.  Die  Stammessage 346 

c  Die  Wandersage 354 

3.  Die  Heldensage 357 

a.  Die  Stoffe  der  Heldensage 357 

b.  Die  mythische  Heldensage:  der  Heraklestypus 363 

c.  Die  mythische  Heldensage:  der  Argonautentypus 372 

d.  Die  hutorbche  Heldensage:  Nibelungen-  und  Dietrichstypus    .    .  376 

e.  Die  Varianten  der  Nibelungensage 382 

f.  Die  Ilias.    Obergänge  der  Helden-  in  die  Göttersage 387 

4.  Die  Göttersage 393 

a.  Anfänge  der  Göttervorstellungen  bei  den  Naturvölkern 393 

b.  Die  Hypothese  eines  ursprünglichen  Monotheismus 404 

c.  Die  Götter  der  ältesten  Kulturvölker 407 

d.  Die  Entwicklung  der  Göttervorstellungen  bei  den  Israeliten    .    .  415 

e.  Die  Göttersage  unter  dem  Einfluß  der  Heldensage.    Einzelgötter 

und  Götterstaat 420 

f.  Schöpfungssage  und  Theogonie 432 

g.  Sintflut-  und  Sintbrandsagen 453 


Inhalt.  XI 

Seite 

h.  Die  apokalyptische  Weltimtergangssage 465 

5.  Die  Legende 47« 

a.  Allgemdne  Entwicklang  der  Legende 472 

b.  Der  Heflbringer  als  titiger  ond  als  leidender  Held 482 

c.  Die  Boddhalegende 485 

d.  Die  christliche  Heiligenlegende 490 

e.  Der  Motirwandel  in  der  Legende 496 

6.  Die  Wandenmgen  des  Mythos 500 

a.  Wandenmgen  ond  Wandlangen  der  Mythen 500 

b.  Allgemeine  Kriterien  der  Mythenwandenmg 508 

c  Die  mythologischen  Analogien 514 

d.  Die  Formen  der  mythologischen  Oberliefemng 519 

e.  Ursprang  and  Wandernng  der  heiligen  2^1en 530 

f.  Die  heilige  Drei 533 

g.  Sieben,  Nenn  and  Zwölf  als  heilige  Zahlen $40 

h.  Die  heiligen  Zahlen  der  Neuen  Welt 546 

rV.  Die  JenseitsTorstellangen 552 

1.  Allgemeine  Entwicklung  der  Jenseitsvorstellungen 55^ 

2.  Die  Unterwelt  und  ihre  Götter 560 

a.  Die  Vorstellungen  von  der  Unterwelt 560 

b.  Die  Unterweltsgötter 569 

3.  Der  Himmel  als  Ort  der  Seligen 574 

a.  Die  Himmelsgötter  als  Heilsgötter 574 

b.  Die  Himmelfahrt  der  Seele 578 

4.  Das  Jenseits  als  Ort  der  Vergeltung  und  die  Seelenwanderung    .    .  583 

a.  Himmel  und  Hölle 583 

b.  Die  Seelenwanderung 587 

Sechstes  Kapitel.    Der  Ursprung  der  Religion 593 

I.  Der  religiöse  Kultus 593 

1.  Die  Entwicklung  des  Kultus 593 

a.  Mythus  und  Kultus 593 

b.  Vorreligiöscr   und    religiöser   Kultus.     Merkmale    des    religiösen 
Kultus 595 

c.  Der  Bedeutungswechsel  der  religiösen  Symbole 602 

d.  Die  Kultlegende 605 

2.  Die  Kaltformen 611 

a.  Die  primitiven  Zauber-  und  Dämonenkalte 611 

b.  Vegetationskalte  und  Jahresfeste- 619 

c.  Der  Kampf  der  Kulte.     Ackerbauer  und  Nomade 632 

d.  Heils-  und  Heiligungskulte 643 

e.  Der  Kultus  der  chthonischen  Götter 646 

3.  Die  Kulthandlungen 656 

a.  Das  Gebet.     Allgemeine  Charakteristik  der  Gebetsformen    .    .    .  656 

b.  Die  psychologische  Entwicklung  der  Gebetsformen 661 

c  Die  Ausgangspunkte  der  religiösen  Opferhandlungen 667 

d.  Das  Opfermahl.     Die  Heiligung  des  Opfernden 674 


Xn  Inhalt. 

Seite 

e.  Das  Opfer  als  Geschenk  an  die  Gottheit.    Der  Opfertod  ....  679 

f.  Die  Heilignngszeremonien.     Reinigung  and  Sühne 683 

g.  Pie  Vergöttlichang  als  vollendete  Heilignng 696 

4.  Die  Formen  der  Kaltlegende 709 

a.  Die  Kaltlegenden  der  Ackerbanlcnlte.    Demeter-  nnd  Dionysos- 
typas.     Die  Mithraslegende 709 

b.  Die  Christaslegende.     Christas  and  Baddha 715 

II.  Das  Wesen  der  Religion 726 

1.  Die  Religion  als  psychologisches  Problem 726 

2.  Die  metaphysische  and  die  ethische  Warzel  der  Religion 746 

3.  Gegenwart  and  Zakanft  der  Religion 755 

Register 767 


Fünftes  Kapitel. 
Der  Naturmj^hus. 

I.  Die  Bestandteile  des  Naturms^hus. 

I.   Die  mythologischen  Systeme. 

Unter  den  Bestandteilen  des  mythologischen  Denkens  sind  es  vor 
andern  die  Naturmythen,  die  jenem  Zusammenhang  mythischer  Vor- 
stellimgen  sein  Gepräge  geben^  den  man  mit  einem  die  systematische 
Darstellung  des  mythologischen  Inhalts  auf  diesen  Inhalt  selbst  über- 
tr^enden  Ausdruck  die  »Mythologie«  eines  Volkes  zu  nennen  pflegt. 
Nachdem  in  den  Mythologien  der  Kulturvölker  Göttervorstellungen 
entstanden  sind,  die  entweder  unmittelbar  in  bestimmten  Naturgegen- 
ständen verkörpert  oder  als  deren  unsichtbare  Beweger  gedacht  wer- 
den, gehen  diese  Vorstellungen  mit  den  sonstigen  Bestandteilen  des 
mythologischen  Denkens,  insbesondere  mit  den  Erzeugnissen  des 
Seelenglaubens  mannigfache  Verbindungen  ein.  Dabei  bilden  vor- 
nehmlich die  Dämonenvorstellungen  gewissermaßen  ein  Zwischenreich, 
das  aus  dem  Gebiet  der  Seelen  und  Geister  in  das  der  Naturgötter 
hinüberreicht,  und  das  eben  damit  zugleich  eine  Vereinigung  aller 
dieser  Bestandteile  zu  einem  einheitlichen  Ganzen  möglich  macht. 
Schließlich  findet  dann  diese  Einheit  ihren  Ausdruck  in  den  Götter- 
vorstellungen, die,  zu  idealen  Ebenbildern  menschlichen  Wesens 
erhoben,  den  besonderen  Charakter  des  Volkes,  dessen  Phantasie 
diese  Gestalten  geschaffen  hat,  am  treuesten  widerspiegeln.  Darum 
bewahren  die  Geister  und  Dämonen,  soweit  sie  nicht  selbst  durch 
die  Verbindung  mit  Göttervorstellungen  beeinflußt  werden,  an  den 
verschiedensten  Orten  und  unter  abweichenden  Kulturbeding^ngen  im 
ganzen  übereinstimmende  Züge.  Die  Psyche,  die  Seele  im  Blut,  die 
Ahnengeister,   die  Dämonen   der  Berge  und  Einöden,    der  Wolken 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  I 


Der  Natarmythas. 


und  Winde,  sie  kehren  nicht  minder  wie  die  Formen  des  Zaubers 
überall  wieder,  und  selbst  die  primitivsten  unter  diesen  Vorstellungen 
leben,  wenn  sie  der  fortschreitenden  Kultur  weichen,  noch  als  Rudi- 
mente im  Aberglauben  fort,  oder  sie  erhalten  sich  in  Handlungen, 
die,  auch  wenn  sie  durch  ihren  Bedeutungswandel  einen  neuen  In- 
halt gewonnen  haben,  immer  noch  die  Spuren  jenes  übereinstimmen- 
den Ursprungs  an  sich  tragen.  Dem  gegenüber  sind  die  Gestalten 
des  Naturm}rthus  ungleich  veränderlicher,  und  selbst  wenn  die  Mo- 
tive, aus  denen  sie  entsprungen,  verwandter  Art  sind,  unterscheiden 
sich  die  Wirkungen  dieser  Motive  in  so  vielen  Zügen,  daß  namentlich 
da,  wo  gegenüber  dem  in  den  Vordergrund  tretenden  ethischen 
Charakter  der  Göttervorstellungen  die  ursprüngliche  Naturanschauung 
allmählich  verblaßt,  die  Beziehungen  dieser  mythologischen  Bildungen 
in  den  M}rthotegien  stammesfremder  und  zum  Teil  selbst  stammver- 
wandter Völker  verhältnismäßig  zurücktreten.  Wenn  man  darum  wohl 
sagen  kann,  daß  die  allgemeinen  Eigenschaften  des  Menschen  mehr 
vielleicht  als  nach  irgend  einer  andern  Seite  seines  geistigen  Lebens 
in  der  Übereinstimmung  der  Seelen-  und  Dämonenvorstellungen  zum 
Ausdruck  kommen,  so  gilt  nicht  minder,  daß  die  fundamentalen 
Unterschiede  der  Rassen-  und  Volkscharaktere  in  der  Verschiedenheit 
der  Göttervorstellungen  hervortreten.  Dieser  tiefgreifende  Gegensatz 
zwischen  beiden  Hauptbestandteilen  des  Mythus  steht  aber  offenbar 
in  engster  Verbindung  damit,  daß  die  Geister  und  Dämonen  eines 
persönlichen  Charakters  entbehren,  während  die  Naturgötter  immer 
mehr  zu  persönlichen  Wesen  von  spezifischer  Eigenart  sich  erheben. 
In  diesem  Charakter  der  Naturgötter  liegt  zugleich  der  Grund,  daß 
sie  die  eigentlichen  Träger  der  mythologischen  Systeme  werden,  die 
dann  auch  über  die  aller  Mythologie  gemeinsamen  animistischen  Be- 
standteile ihre  Herrschaft  ausdehnen. 

Dieses  Verhältnis  bringt  es  mit  sich,  daß  man  nun  auch  bei 
der  Untersuchung  der  Mythenentwicklungen  von  jener  Vereinigung 
mythischer  Vorstellungen  zu  einem  mehr  oder  minder  geschlossenen 
m}rthologischen  System  auszugehen  pflegt,  um  dann  in  ihm  den 
einzelnen  Mythengebilden,  aus  denen  sich  ein  solches  System  zu- 
sammensetzt, ihre  Stellung  anzuweisen.  Der  einzelne  Mythus  erscheint 
so  von  vornherein  als  Glied  eines  Systems,  aus  dessen  ganzem  Zu- 
sammenhang er  in  seiner  Eigenart  erst  verständlich  wird.     Auch  wird 


Die  mythologischen  Systeme. 


diese  Betrachtungsweise  dadurch  wesentlich  unterstützt,  daD  die  Um- 
wandlungen der  Mythen  und  die  Aufnahme  von  außen  zugefiihrter 
Stoffe  nicht  minder  wie  ihre  Neubildung  Prozesse  sind,  bei  denen 
ursprünglich  geschiedene  mythische  Elemente  sich  verbinden,  indes 
die  fremden  oder  neuen  Bestandteile  durch  eine  bereits  vorhandene 
ältere  Tradition  assimiliert  werden,  so  daß  sich  der  Umfang  des 
mythologischen  Systems  fast  ins  unbegrenzte  erweitem  kann,  ohne 
daß  doch  jene  Verbindung  zu  einem  einheitlichen  Ganzen  im 
wesentlichen  beeinträchtigt  würde.  In  der  Mythologie  muß  eben 
schließlich,  so  gut  wie  in  Sprache  und  Sitte,  die  geistige  Einheit 
eines  Volkes,  wie  sie  sich  unter  dem  Einfluß  des  gemeinsamen  Ur- 
sprungs und  des  fortdauernden  Verkehrs  ausgebildet  hat,  ihren  Aus- 
druck finden. 

Inwieweit  diese  Einheit  eine  ursprüngliche  oder  eine  gewordene, 
selbst  erst  unter  dem  Einfluß  der  sprachlichen  Mitteilung  imd  des  Ver- 
kehrs entstandene  sei,  bleibt  aber  immerhin  eine  offene  Frage,  um  so 
mehr,  da  eben  jene  Verbindungen  und  Assimilationen,  die  fortan 
zwischen  ursprünglich  einander  fremden  Mythenbildungen  zu  beob- 
achten sind,  deutlich  auf  ein  solches  Zusammenwachsen  heterogener 
Bestandteile  hinweisen.  Auch  darf  die  Analogie  mit  Sprache  und  Sitte 
nicht  dazu  verfuhren,  die  Eigentümlichkeiten  zu  übersehen,  die  die  Pro- 
dukte der  m}rthenbildenden  Phantasie  von  andern  geistigen  Erzeug- 
nissen scheiden.  Ist  doch  hier  schon  die  eine  Tatsache  bezeichnend, 
daß  es  mythologische  Vorstellungen  in  großer  Zahl  gibt,  die  sichtlich 
an  den  verschiedensten  Orten  unabhängig  entstanden  sind  und  dennoch 
wesentlich  übereinstimmende  Züge  aufweisen.  Hierher  gehören  ins- 
besondere auch,  wie  wir  später  sehen  werden,  manche  der  Beziehungen 
zwischen  den  Mythen  verschiedener  Völker,  auf  die  sich  die  Wander- 
hypothese in  ihren  mannigfachen  Wandlungen  berufen  hat').  Wäre 
hier  die  Übereinstimmung  der  Vorstellungen  allein  schon  entscheidend, 
so  würde  man  genötigt  werden,  in  erster  Linie  dem  Seelen-  und 
Dämonenglauben  eine  solche  alle  Schranken  des  Raumes  und  der 
Zeit  überschreitende  und  alle  Stufen  der  Kultur  überdauernde  Macht 
der  Übertragung  zuzuschreiben,  während  es  innerhalb  der  Natur- 
mythen bei  den  mannigfachsten  Analogien  doch  an  weitreichenden 


')  Vgl.  TeU  I,  S.  566  ff. 


Der  XatQrmythas. 


Unterschieden  nicht  fehlt  Gleichwohl  sind  es  gerade  die  Natur- 
mythen, die  zumeist  zu  jener  Zurückiiihrung  auf  ein  einziges  System 
einer  ursprünglichen  Naturreligion  Anlaß  gaben,  indem  man  vor  allem 
den  Naturgöttern  eine  übereinstimmende  Bedeutung  zuschrieb,  die  auf 
eine  einstige  Identität  bezogen  wurde.  Wird  eine  solche  Wander- 
hypothese, wie  es  nicht  selten  geschehen  ist,  auf  das  Ganze  oder 
wenigstens  auf  die  Grundbestandteile  eines  mythologischen  Systems 
ausgedehnt,  so  ist  damit  aber  notwendig  auch  die  Voraussetzung  ver- 
bunden, die  ursprüngliche  Entstehung  der  Mythen  selbst  sei  schon 
in  der  Form  der  Schöpfung  eines  mythologischen  Systems  vor  sich 
gegangen.  Denn  nur  dann  läßt  sich  ja  diese  Schöpfung  als  eine  ihrem 
eigensten  Wesen  nach  einmalige  verstehen,  wenn  der  komplexe  Cha- 
rakter des  Ganzen  die  mehrmalige  Entwicklung  aus  den  gleichen 
Motiven  von  vornherein  ausschließt  So  läßt  sich  denn  auch  von 
einer  einzelnen  Geister-  oder  Dämonenvorstellung  niemals  behaupten, 
sie  könne  nicht  an  sehr  verschiedenen  Orten  unabhängig  auftreten. 
Aber  ein  Götterreich  wie  das  babylonische  oder  ägyptische  würde, 
wenn  es  sich  an  einem  andern  Ort  der  Erde  im  wesentlichen  mit 
den  gleichen  Göttergestalten  und  in  Begleitung  der  gleichen  Mythen- 
erzählungen wiederholen  sollte,  nur  einmal  entstanden  sein  können, 
und  selbst  größeren  aus  diesem  Ganzen  gelösten  Bestandteilen  würden 
wir,  so  lange  nur  die  Zahl  der  übereinstimmenden  Züge  groß  genug 
ist,  den  gleichen  Anspruch  auf  singulären  Ursprung  zuerkennen 
müssen.  Freilich  würde  man  dann  aber  auch,  da  ein  komplexes  Ge- 
dankensystem solcher  Art  unter  allen  Umständen  eine  planmäßige  Ent- 
stehung fordert,  unvermeidlich  zugleich  zu  jener  Erfindungstheorie  ge- 
drängt, die  entweder  mit  dem  aufgeklärten  Rationalismus  alle  Religion 
und  Mythologie  als  Priesterweisheit  deutet,  oder  mit  dem  romantischen 
Symbolismus  in  ihnen  Erzeugnisse  einer  uralten  Philosophie  sieht*). 
Eine  so  große  Rolle  daher  bei  der  Entstehung  der  Mythen  die  Über- 
tragung einzelner  mythischer  Stoffe  und  Motive  gespielt  haben  mag, 
die  Wanderung  der  mythologischen  Systeme  als  solcher  ist  nach 
allen  Zeugnissen  der  Geschichte  und  der  Mythenvergleichung  eine 
verhältnismäßig  späte,  überall  erst  unter  dem  Einfluß  religiöser  Be- 
weggründe auftretende  Erscheinung.     So  waren  in  den  ersten  Jahr- 


»)  Vgl.  TcU  I,  S.  551  ff. 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklang. 


hunderten  unserer  Zeitrechnung  die  verschiedensten  Kulte  mit  den 
ihnen  zugehörigen  Göttervorstellungen  nach  Rom  gewandert.  Aber 
das  konnte  nur  geschehen,  nachdem  jede  dieser  Religionen  zu  einem 
Lehrsystem  geworden  war,  das  eine  bestimmte  Glaubensordnung  für 
seine  Bekenner  forderte.  Als  solche  Lehrsysteme  konnten  dann  diese 
religiös-mythologischen  Systeme  auch  ohne  weiteres  mit  philosophi- 
schen Lehrsystemen  in  Konkurrenz  treten  oder  mit  ihnen  eigenartige 
Verbindungen  eingehen.  Beispiele  dieses  philosophisch-religiösen  Syn- 
kretismus bietet  schon  die  indische  Spekulation  in  ihren  auf  der  gleichen 
religiösen  Grundlage  sich  erhebenden  Weltanschauungen,  und  in  der 
griechischen  Philosophie  der  Stoizismus  und  Piatonismus,  besonders  in 
ihren  späteren  Wandlungen. 

Indem  auf  solche  Weise  der  Zusammenschluß  zu  einem  System 
überall,  wo  er  uns  in  der  Geschichte  begegnet,  als  ein  letzter  Vor- 
gang erscheint,  der  über  die  Mytholog^ie  hinaus  und  in  die  sie  fort- 
fuhrende religiöse  und  philosophische  Entwicklung  hineinreicht,  wird  es 
zugleich  verständlich,  daß  die  mythologischen  Systeme  um  so  mehr, 
auf  je  früherer  Stufe  wir  sie  antreffen,  aus  losen  Verbindungen  ein- 
zelner Mjrthen  bestehen,  die  meist  nur  durch  irgend  welche  in  ihnen 
wiederkehrende  handelnde  Wesen  äußerlich  zusammenhängen,  während 
von  einer  inneren  Einheit  solcher  an  Zahl  anscheinend  unbegrenzter, 
nicht  selten  von  Ort  zu  Ort  und  von  einem  Erzähler  zum  andern 
varürender  Mythen  nicht  die  Rede  sein  kann.  Das  um  so  weniger, 
als  in  dem  frühesten  Stadium  solcher  Mythenbildung,  wie  es  in  den 
Märchen  und  Legenden  der  primitivsten  Völker  vorliegt,  selbst  die 
einzelne  mythische  Erzählung  häufig  durchaus  nicht  in  sich  geschlossen 
ist,  sondern  in  einer  phantastischen  Folge  von  Ereignissen  besteht, 
die  ohne  ein  erkennbares  Motiv  anfangt  und  aufhört. 

2.   Die  Faktoren  der  Mythenentwicklung. 

a.  Individaelle  und  allgemeine  Einflüsse. 
Sind  die  mythologischen  Systeme  überall  erst  die  späten  Erzeug- 
nisse einer  langen  Entwicklung  und  ist  das  Ganze  eines  solchen 
Systems  aus  einer  Menge  ursprünglich  isolierter  oder  nur  äußerlich 
verbundener  einzelner  Mythen  zusammengewachsen,  so  fuhren  nun 
aber  doch  diese  Elemente  selbst  schon  mancherlei  äußere  und  innere 


Der  Xi 


Bedingungen  ihrer  Verbindm^  in  der  ihre  Ansbfeitimg  begleitenden 
wechselseitigen  Angleichiii^  verschiedener  Mydicn  und  in  der  qatür- 
liehen,  in  übcreiastimmmrien  Motiven  begründeten  Verwandtschaft 
mit  sich.  An  dieser  allmählichen  Ausbildung  der  urspnii^[lich  überall, 
wie  wir  voraussetzen  dürfen,  losen  und  fragmentarischen  Mytfaener- 
zählimgen  ist  nun  von  frühe  an  die  Dichtung  stark  beteiligt.  Nach- 
dem unter  ihrem  Einflüsse  die  einzelne  mydiische  Begebenheit  eine 
einheitliche  Gedankenform  gewonnen,  greift  ihre  gestaltende  Macht 
mehr  und  mehr  in  den  Zusammenhang  der  Handlui^nen  ein.  Sie  ver- 
bindet so  einzelne  Mythen  zu  einem  größeren  Mytiienzyldus.  Die 
ersten  Aniange  dieser  dichterischen  Formung  des  Mythus  entziehen 
sich  unserer  Nachweisung.  Denn  sie  fließen  ununterscheidbar  mit  der 
Mythenbildung  selbst  zusanmien,  wie  sie  sich  infolge  der  allgemeinen 
Bedingungen  der  Naturanschauung  ohne  deutlich  unterscheidbare  indivi* 
duelle  Einflüsse  ent\^4ckelt.  Doch  läßt  schon  hier  jene  Einheit  des 
Gedankens,  die  eine  ursprünglich  zusammenhanglose  Folge  von  Be- 
gebenheiten verbindet,  mit  Sicherheit  auf  solche  Einflüsse  zurück- 
schließen. Denn  mag  auch  die  einzelne  Naturanschauung  infolge  der 
gleichartigen  Bedingungen  der  äußeren  Umgebimg  wie  der  geistigen 
Anlage  in  sehr  vielen  Individuen  unabhängig  entstehen  und  so  der  Ge- 
samtheit von  vornherein  als  gemeinsamer  Besitz  sich  mitteüen,  —  von 
dem  eine  Reihe  solcher  Naturanschauungen  verknüpfenden  Gedanken 
ist  es  lun  so  wahrscheinlicher,  daß  er  zuerst  nur  in  einem  Einzelnen 
entstanden  sei,  je  eigenartiger  er  ist.  Dieser  Vorgang  der  poetischen 
Fortbildung  der  Mythen  wiederholt  sich  nun  aber  in  gesteigertem 
Maße,  sobald  er  sich  über  eine  Mehrheit  von  Einzelmythen  ausdehnt 
Damit  tritt  dann  der  Einfluß  der  schöpferischen  Macht  der  dichte- 
rischen Persönlichkeit  so  überzeugend  hervor,  daß  selbst  da,  wo  sich 
diese  der  geschichtlichen  Erinnerung  entzieht,  oder  wo,  wie  das  bei 
den  weiteren  Verbindungen  zahlreicher  Einzelmythen  geschehen  kann, 
durch  das  Zusammenwirken  vieler  Individuen  die  letzte  Einheit  eines 
gfrößeren  Mythenzyklus  zustande  kommt,  die  Tradition  selbst  sich  eine 
mythische  Persönlichkeit  schafit,  auf  die  sie  jene  Einheit  zurückführt 
Unvermeidlich  ereignet  es  sich  aber  bei  einer  solchen  poetischen 
Verarbeitung  des  überlieferten  Mythenstoffis,  daß  die  in  der  Volks- 
phantasie entstandenen  Mythengebilde  selbst  neue  Sprossen  treiben, 
die    aus   jenen    dichterisch    umgewandelten   Mythen    ihre    Nahrung 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklnng. 


empfangen.  So  entsteht  eine  Kette  von  Wechselwirkungen,  durch 
die  sich  die  ursprünglich  zerstreuten  mythischen  Elemente  unter  dem 
Einfluß  einer  zuerst  frei  wuchernden  und  dann  kunstmäßig  gepflegten 
Dichtung  allmählich  zu  einem  Ganzen  ordnen.  So  wird  die  Frage, 
was  hier  der  ursprünglichen  mythenbildenden  Phantasie,  und  was  der 
willkürlich  verknüpfenden  und  ausschmückenden  Dichtung  angehörte, 
immer  schwieriger  und  für  die  letzten  Stadien  dieses  Prozesses  schließ- 
lich unlösbar,  weil  es  eine  von  der  poetischen  Umgestaltung  unbeein- 
flußte mythische  Tradition  überhaupt  nicht  mehr  gibt  und  selbst  die 
etwa  neu  einsetzende  Mythenbildung  sofort  von  der  Dichtung  in 
Besitz  genommen  wird. 

Wenn  darum  Herodot  schon  bemerkt  hat,  von  Homer  und  Hesiod 
seien  den  Griechen  ihre  Götter  gegeben  worden,  so  ist  das  freilich 
nicht  wörtlich  zu  nehmen.  Denn  die  epische  und  theogonische  Dichtung 
würde  ohne  ein  im  allgemeinen  Bewußtsein  lebendes  mythologisches 
Substrat  nicht  möglich  gewesen  sein.  Aber  selbst  die  ursprüng- 
lichen, von  den  Dichtem  verbundenen  und  weitergeführten  Mythen 
waren,  schon  bevor  sich  ihrer  die  kunstmäßige  Dichtung  bemächtigte, 
von  einer  ungezählten  Menge  anonymer  Volksdichter,  die  meist  ohne 
es  zu  wollen  und  zu  wissen  diesen  Stoff*  veränderten,  indem  sie  ihn 
erzählend  weitergaben,  geformt  und  da  und  dort  mit  einem  neuen 
Gedankeninhalt  erfüllt  worden.  Gegen  diese  wechselseitige  Assimi- 
lation von  Mythus  und  Dichtung,  die,  wo  sie,  wie  im  Epos,  unbeschränkt 
walten  kann,  schließlich  beide  ununterscheidbar  zusammenfließen  läßt, 
bildet  nun  der  Kultus  durch  die  Heilighaltung  der  Tradition,  die  ihn 
umgibt,  eine  Schutzwehr.  Darum  bietet  noch  für  lange  Zeit  auch 
da,  wo  der  Kultus  selbst  von  den  Wirkungen  poetischer  Umgestaltung 
imd  theosophischer  Spekulation  keineswegs  frei  geblieben  ist,  die 
Kultushandlung  in  ihrer  Beziehung  auf  bestimmte  Göttergestalten  und 
die  ihnen  zugeschriebenen  Eigenschaften  und  Schicksale  das  einzig 
sichere  Kriterium,  an  dem  sich  die  Mythen,  an  deren  Wahrheit 
der  Volksglaube  festhält,  von  jener  unbeschränkten  Zahl  poetischer 
Mythenbildungen  scheiden,  die  wohl  auch  noch  gelegentlich  geglaubt, 
in  der  Regel  aber  doch  wegen  der  allzu  spürbaren  Einflüsse  poetischer 
Ausschmückung  bereitwillig  als  dichterische  Phantasiegebilde  anerkannt 
werden.  Diese  reichen  dann  höchstens  in  einzelnen  Zügen,  in  denen 
sie  mit  den  kultischen  Vorstellungen  zusammentreffen,  in  jene  höhere 


g  Der  Natiirm3rthii8. 


Wirklichkeit  der  geglaubten  Mythen  hinüber.  Gleichwohl  bleibt  auch 
der  Kultus  vor  der  Einwirkung  der  Dichtung  nicht  ganz  geschützt 
Schon  das  Kultlied  fordert  in  den  Attributen,  mit  denen  es  die  Götter 
ausrüstet,  und  in  den  Taten  und  Wundem,  auf  die  es  anspielt,  die 
poetische  Ausschmückung  heraus.  Nicht  minder  betätigt  sich  diese 
in  den  Kulthandlungen,  die  der  bildenden  Kunst  wie  der  Dichtung 
reiche  Motive  künstlerischer  Fortbildung  bieten.  Das  zeigt  deutlich 
die  mythologische  Kunst  der  Griechen,  in  der  aus  der  Kulthandlung 
gerade  diejenige  Form  der  Dichtung  hervorging,  die  schließlich  in 
noch  höherem  Grade  als  das  Epos  den  mythischen  Stoff  der  freien 
dichterischen  Gestaltungskraft  dienstbar  gemacht  hat:  das  Drama. 
Zugleich  ist  es  aber  der  Kultus,  der  seine  erhaltende  Kraft  gegen- 
über den  von  ihm  getragenen  mythischen  Vorstellungen  vornehmlich 
dadurch  betätigt,  daß  seine  Tradition  an  eine  aus  dem  äußeren  Be- 
dürfnis einer  Leitung  der  Kultusordnungen  und  aus  dem  inneren  eines 
den  Interessen  der  Gesamtheit  dienenden  näheren  Verkehrs  mit  der 
Gottheit  entstandene  Priesterschaft  gebunden  ist.  Indem  diese  vor 
allem  auf  früheren  Stufen  der  Kultur  die  natürliche  Trägerin  der 
geistigen  Bildung  wird,  ist  sie  es,  die  ebensowohl  die  Tendenz  zu 
einer  planmäßigen  Ausgestaltung  und  Verbindung  der  überlieferten 
mythischen  Stoffe  wie  zu  spekulativen  Fortbildungen  in  sich  birgt. 
Aus  diesen  entspringen  dann  schließlich  die  Anfange  einer  in  erster 
Linie  den  religiösen  Interessen  zugewandten  Philosophie.  Auch  für 
die  hier  eingreifende  Form  der  lehrhaften,  zwischen  Dichtung  und 
Philosophie  die  Brücke  schlagenden  Weiterbildung  des  mj^hologi- 
schen  Denkens  bietet  die  griechische  Geistesgeschichte  in  den  aus 
den  Mysterienkulten  hervorgewachsenen  philosophischen  Richtungen 
sprechende  Belege.  Wo  immer  aber  solche  von  dem  Kultus  ge- 
tragene mythologische  Bildungen  sich  zu  allgemeinen  Weltanschau- 
ungen entwickelt  haben,  da  steht  das  Streben  im  Vordergrund,  den 
Naturmythus  mit  den  Seelenvorstellungen  in  eine  innere  Beziehung 
zu  setzen.  Die  auf  den  Grundton  solcher  Kulte  gestimmten  theo- 
sophischen  Ideen  treten  daher  nun  in  einen  scharfen  Gegensatz  zu 
den  aus  dem  reinen  Naturmythus  hervorwachsenden  Systemen  einer 
der  Interpretation  der  wirklichen  Welt  zugewandten  Naturphilosophie, 
mag  auch  dieser  Gegensatz  eine  allmählich  eintretende  Verbindung 
und   Verständigung   nicht   ausschließen.     Dies    zeig^   wiederum   das 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklang. 


wechselnde  Verhältnis  dieser  beiden  Strömungen,  die  ursprünglich  ab- 
weichenden mytholc^ischen  Motiven  entstammen,  in  der  griechischen 
Philosophie.  So  heftig  hier  die  Philosophie  von  Xenophanes  an  bis 
auf  Plato  die  dem  Naturmythus  entstammende  homerische  Götterwelt 
bekämpft,  so  folgt  doch  die  spätere  Spekulation  mehr  und  mehr  dem 
Vorbild  jener  Verbindungen  himmlischer  und  unterirdischer  Götter, 
das  ihr  die  Mythologie  gibt.  Nirgends  freilich  haben  auch  diese 
beiden  umbildend  und  vereinend  auf  die  im  Volke  lebenden  my- 
thischen Stoffe  einwirkenden  Kräfte,  die  weltlich  gerichtete  epische 
Dichtung  auf  der  einen  und  die  den  mystischen  Kulten  entstammende 
Theosophie  und  Philosophie  auf  der  andern  Seite,  in  so  ausgeprägter 
Scheidung  der  Motive  das  mythologische  Denken  beeinflußt  wie  bei 
den  Griechen.  Für  den  auf  die  strenge  Ordnung  des  Lebens  gerich- 
teten Sinn  der  Römer  überwogen  so  sehr  die  Motive  des  Kultus,  daß 
sich  bis  in  die  späteren  Zeiten  die  ursprünglich  bei  ihnen  heimischen 
und  die  von  außen  eingeführten  Kultformen  trennten.  Das  Bedürfnis 
nach  Einheit  der  mythologischen  Anschauungen  konnte  sich  darum 
hier  nur  in  den  Beziehungen  und  Verbindungen  geltend  machen,  die 
man  zwischen  den  Göttervorstellungen  verschiedenen  Ursprungs  meist 
ziemlich  willkürlich  herstellte.  Die  römische  Dichtung  aber,  wie  sie 
überhaupt  griechischen  Vorbildern  folgte,  lebte  von  den  Schätzen, 
die  ihr  aus  dem  Reichtum  der  griechischen  Mythenwelt  zuströmten. 
So  trennten  sich  hier  die  Einflüsse  des  Kultus  und  der  Kunst  frühe 
schon  in  dem  Sinne,  daß  der  erstere  die  einheimische  Tradition  gegen- 
über den  eindringenden  fremden  Elementen  zu  wahren,  die  letztere 
die  Assimilation  des  Eigenen  an  die  fremde  Kultur  zu  fördern  suchte. 
Wieder  in  anderer  Weise  hat  sich  endlich  ein  analoger  Prozeß  bei 
den  germanischen  Völkern  gestaltet.  Hier  war  entscheidend,  daß  die 
fremde  Kultur  diesen  Völkern  in  der  Form  einer  neuen  Religion  zu- 
geführt wurde,  die  unbedingt  die  Vertilgung  der  heimischen  Götter 
verlangte.  Damit  wurde  der  Kultus  auf  einer  Stufe  seiner  Entwicklung 
jäh  unterbrochen,  auf  der  ihm  der  Übergang  zu  theosophischer  Ge- 
dankendichtimg  noch  fem  lag.  Die  weltliche  Dichtung  aber,  die  sich 
der  in  der  heimischen  Sage  lebenden  mythischen  Stoffe  verhältnis- 
mäßig spät  erinnerte,  stand  selbst  schon  unter  dem  Einfluß  der  ein- 
gedrungenen christlichen  Kultur,  so  daß  unvermeidlich  die  aus  dieser 
übernommenen  Ideen  mit  in  die  Mythendichtung  eingehen  und  die 


lO  I^er  Natnrmythns. 


aus  den  Überlieferungen  der  Vorzeit  entnommenen  GöttervorsteUungen 
teilweise  verändern  mußten.  So  ist  das,  was  wir  heute  germanische 
Mythologie  nennen,  zu  einem  wesentlichen  Teile  ein  Werk  der  Dich- 
tung und  besonders  in  allem  dem,  was  hier  die  zerstreuten  Mythen 
zu  einem  Ganzen  verbindet,  einer  Dichtung,  die  nicht,  wie  die  home- 
rische, selbst  noch  mitten  in  den  Vorstellungen  lebt,  die  sie  darstellt, 
sondern  eine  untergegangene  Welt  schildert,  in  die  sie  Züge  hinein- 
trägt, die  ihrer  eigenen  Zeit  und  Umgebung  angehören.  Im  vollen 
Gegensatze  zu  diesen  unter  sich  wieder  mannigfach  abweichenden, 
überall  aber  durch  den  wechselnden  Widerstreit  von  Kultus  und  Dich- 
tung entspringenden  Motiven,  die  die  mythologische  Entwicklung  'im 
Abendlande  bestimmten,  hat  allem  Anscheine  nach  bei  den  orien- 
talischen Völkern  von  frühe  an  der  Kultus  die  Grundlage  jener  überall 
mit  der  Erhebung  zu  einer  höheren  Kultur  eintretenden  Verbindung 
ursprünglich  zerstreuter  Mythen  zu  einem  mythologischen  System  ge- 
bildet. Im  Zusammenhange  damit  hat  aber  hier  der  Einfluß  eines  alle 
Gebiete  des  geistigen  Lebens  beherrschenden  Priesterstandes  eine  Ver- 
bindung von  Mythus,  Dichtung  und  Philosophie  hervorgebracht,  in 
der  alle  diese  Erzeugnisse  den  Interessen  des  Kultus  sich  unter- 
ordneten, der  auf  solche  Weise  die  ihm  von  frühe  an  innewohnende 
erhaltende  Kraft  auch  auf  Mythus  imd  Dichtung  übertrug.  Wo  sich 
gleichwohl,  wie  in  Indien,  aus  einem  solchen  mythologischen  System 
eine  den  Mythus  überwindende  Philosophie  emporrang,  da  sind  darum 
auch  diese  Regungen  religiöser  Spekulation  aus  den  Priesterschulen 
hervorgegangen,  und  sie  haben,  im  Unterschiede  von  der  abend- 
ländischen Philosophie,  durchweg  die  äußere  Verbindung  mit  dem 
Kultus  aufrecht  erhalten.  Freilich  konnte  es  nicht  ausbleiben,  daß 
auch  sie  wieder  auf  Mythus  und  Kultus  zurückwirkten,  indem  vor 
allem  in  die  dem  letzteren  dienende  religiöse  Hymnendichtung  die 
Elemente  einer  solchen  vertieften  Spekulation  übergingen. 

b.  Die  mythenbildende  und  die  künstlerische  Phantasie  im  Gebiet 

des  Natarmythus. 

So  Stellen  sich  denn  jene  mythologischen  Systeme,  die  uns  in 
den  Mythologien  der  Kulturvölker  entgegentreten,  überall  als  relativ 
späte  Produkte  einer  Verschmelzung  ursprünglicher  mythischer  Ele- 
mente mit  den  Erzeugnissen  der  Dichtung  und  eines  mehr  und  mehr 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklnng.  1 1 

aus  dieser  sich  loslösenden  philosophischen  Nachdenkens  dar,  wobei 
vornehmlich  die  Bestandteile,  die  in  diesem  Mythengewebe  der  um- 
gestaltenden und  frei  erfindenden  Dichtung  angehören,  von  den  eigent- 
lichen Grundlagen  der  Mythenbildung  nicht  mehr  zu  trennen  sind. 
Bei  der  Verwandtschaft  zwischen  der  künstierischen  und  der  mythen- 
bildenden Phantasie  lag  es  daher  nahe,  beide  überhaupt  als  identisch 
anzusehen,  woraus  man  dann  ohne  weiteres  das  Recht  entnahm,  die 
dichterischen  Weiterbildungen  des  Mythus  prinzipiell  dem  Mythus 
selbst  zuzuzählen.  Betrachtet  man  demnach,  wie  es  unter  den  neueren 
Forschem  am  ausgesprochensten  wohl  Ludwig  Uhland  getan  hat,  alle 
Mythenentwicldung  von  Anfang  an  als  einen  integrierenden  Teil  einer 
nie  aufhörenden  und,  soweit  wir  ein  Volkstum  zurückverfolgen  können, 
immer  dagewesenen  Volksdichtung,  so  ist  damit  von  selbst  gegeben, 
daß  man  nun  auch  das  Zusammenwachsen  zu  einzelnen  Mythenzyklen, 
die  sich  weiterhin  zu  einem  mythologischen  System  vereinigen,  als 
einen  dem  Mythus  immanenten  Vorgang  ansieht,  der  teils  offen  teils 
latent  in  den  ursprünglichsten  Anschauungen  eines  Volkes  bereits  vor- 
gebildet sei*).  Mit  dieser  Idee  der  Einheit  von  Mythus  und  Dich- 
tung verbindet  sich  so  fast  unvermeidlich  die  Vorstellung,  die  Mytho- 
logie eines  Volkes  sei  von  Anfang  an  ein  Ganzes,  das  zwar  fortan 
wachsen  und  sich  innerlich  umbilden  könne,  das  aber  doch  auf  jeder 
Stufe  dieser  Entwicklung  wenigstens  im  Keim  jene  Einheit  bereits  be- 
sitze, die  sich  in  der  späteren  Mythendichtung  nur  in  reicherer  Ent- 
faltung darbiete. 

Doch  so  wahr  es  ist,  daß  die  Funktionen  der  Phantasie  im  letzten 
Grunde  übereinstimmender  Art  sind,  wo  und  wie  sie  immer  sich 
äußern  mögen,  so  sind  doch  diese  Äußerungen  selbst  von  den  all- 
gemeinen Bedingungen  geistiger  Entwicklung  abhängig,  unter  denen 
sie  zu  Stande  kommen.  So  besteht  das  wesentliche  Merkmal  der 
Phantasie  in  der  sinnlichen  Anschauung,  dasjenige  zugleich,  durch 
das  sie  sich  hier  als  die  einfachste,  nie  fehlende  und  deshalb  im 
allgemeinen  unerkannt  bleibende  Form  ihrer  Funktion  erweist,  darin, 
daß  sie  unmittelbar  aus  den  psychophysischen  Elementen  der  Wahr- 
nehmung, den  Empfindungen  und  Bewegungsimpulsen,  entspringt  und 


»)  Ludwig  Uhland,    Schriften    zur  Geschichte    der  Dichtung   und   Sage,  Bd.  6, 
1868,  S.  5  fr. 


12  Der  Naturmythus. 


von  den  mit  beiden  wieder  unlösbar  verbundenen  assimilativen 
Wirkungen  reproduktiver  Vorstellungsbestandteile  unmittelbar  getragen 
ist,  so  daß  eben  darum  die  Phantasiebestandteile  der  Wahrnehmung 
zugleich  mit  den  Empfindungselementen  objektiviert  werden  und  so, 
mit  diesen  zusammenfließend,  unmittelbar  in  dem  Wahmehmungs- 
bilde  enthalten  sind').  Den  vollen  Kontrast  hierzu  bildet  auf  der 
andern  Seite  die  Phantasie  in  der  Kunst.  Ihre  Erzeugnisse  dokumen- 
tieren sich  vor  allem  dadurch  als  Gebilde  einer  spezifischen,  von  dem 
Anschauungsobjekt  selbst  verschiedenen  geistigen  Tätigkeit,  daß  sie 
als  willkürliche  Veränderungen  eines  in  der  Natur  gegebenen,  aber 
von  der  Phantasie  bearbeiteten  Stoffs  erscheinen,  mag  nun  dieser 
Stoff  ein  bildsames  Material  der  äußeren  Natur  sein,  wie  bei  der 
bildenden  Kunst,  oder  in  den  in  der  menschlichen  Sprache  enthaltenen 
Klang-  und  Bedeutungsinhalten  bestehen,  wie  bei  den  musischen 
Künsten,  insonderheit  bei  der  der  Mythenbildung  nächstverwandten 
unter  ihnen,  der  Dichtkunst').  Zwischen  der  Phantasie  in  der  un- 
mittelbaren Anschauung  und  der  künstlerischen  Phantasie  steht  nun 
die  mythenbildende  in  der  Mitte.  Auch  sie  verbindet  sich  ur- 
sprünglich unmittelbar  mit  der  sinnlichen  Wahrnehmung.  Denn  nur 
so  kann  es  kommen,  daß  ihre  Produkte  selbst  als  Objekte  der  An- 
schauung gelten,  die,  soweit  die  Bedingungen  der  Umgebung  und 
der  geistigen  Entwicklung  einer  Gemeinschaft  übereinstimmende  sind, 
in  dem  Bewußtsein  der  Einzelnen  in  den  wesentlichsten  Zügen  ein- 
ander gleichen.  So  ist  der  ursprüngliche  Mythus  nicht  die  Schöp- 
fung eines  Einzelnen,  und  die  objektive  Wirklichkeit,  die  ihm  bei- 
gelegt wird,  schließt  den  Gedanken  an  seine  willkürliche  Erzeugung 
aus.  Ganz  anders  bei  dem  Kunstwerk  und  demgemäß  schon  bei 
der  in  ihren  primitiven  Formen  dem  Mythengebilde  verwandtesten 
Kunst,  der  des  Dichters.  Wo  immer  die  Dichtung  ursprünglich  selb- 
ständig auftritt,  oder  wo  sie  in  jene  Produkte  mythologischer  Apper- 
zeption, denen  eine  ähnliche  unmittelbare  Wirklichkeit  wie  den  An- 
schauungsobjekten zukommt,  verändernd  eingreift,  da  erscheint  sie  als 
Ganzes  oder  bei  den  mannigfachen  Übergängen,  die  hier  möglich 
sind,  in  den  einzelnen  dichterischen  Bestandteilen  eines  mythologischen 


")  Vgl.  Teil  I,  S.  lyff. 
»)  Ebenda  S.  590  ff. 


14  Der  Natimnythns. 


werden.  Psychologisch  aber  wird  das  Kriterium  der  Unterordnung 
unter  einen  nach  aller  Wahrscheinlichkeit  eine  individuelle  Entstehung 
voraussetzenden  Gedanken  in  seiner  Anwendung  auf  das  Ganze  eines 
Mythengebildes  um  so  schwieriger,  je  mehr  das  letztere  die  Spuren 
der  Zusammensetzung  aus  vielen,  ursprünglich  disparaten  Bestandteilen 
an  sich  trägt.  Denn  kaum  läßt  sich  dann  ermitteln,  welche  Elemente 
einer  solchen  Komposition  direkt  unter  dem  Einfluß  eines  leitenden  Ge- 
dankens entstanden  sind,  und  auf  welche  dieser  etwa  nachträglich  erst 
übertragen  worden  ist.  Hier  macht  eben  die  wechselseitige  Assimila- 
tion von  Mythus  und  Dichtung  die  Scheidung  beider  zu  einer  Aufgabe, 
die  nie  auf  Grund  der  Betrachtung  des  aus  beiden  Elementen  gemischten 
Produktes,  sondern  immer  nur  an  der  Hand  der  Vergleichung  vieler 
Erzeugnisse  verwandten  Ursprungs,  die  die  gleichen  Motive  bald  in 
einfacherer  Form  bald  in  veränderter  Mischung  enthalten,  gelöst 
werden  kann.  Eine  solche  Aufgabe  ist  nun  weder  eine  ausschließ- 
lich historische  noch  eine  rein  psychologische,  sondern  sie  bedarf 
freilich  in  erster  Linie  der  Feststellung  der  zeitlichen  Verhältnisse  der 
MythenstofTe  und  ihrer  geschichtlichen  Zusammenhänge;  sie  kann 
aber,  wenn  diese  Fragen  erledigt  sind,  niemals  der  psychologischen 
Kriterien  entbehren,  die  Mythus  und  Dichtung  voneinander  scheiden. 
Sobald  man  nun  in  diesem  Sinne  die  Elemente  von  Mythus  imd 
Dichtung  voneinander  und  beide  wieder  von  den  philosophischen 
Ideen  zu  sondern  sucht,  die  sich  der  mythologisierenden  Dichtung 
als  eines  Hilfsmittels  fiir  ihren  Ausdruck  bedienen,  so  verwandelt 
sich  auch  jener  Begriff  eines  mythologischen  Systems,  das  von  An- 
fang an  den  Inhalt  der  innerhalb  einer  Volksgemeinschaft  lebenden 
Vorstellungen  in  ein  zusammenhängendes  Ganzes  verbunden  habe, 
von  selbst  in  das  Produkt  dichterischer  Verarbeitung  und  Ergänzung 
eines  in  zerstreute  Teile  zerfallenden  mythologischen  Stoffs,  auf  den 
an  sich  der  Begaff  eines  Systems  oder,  wie  man  dieses  auch  aufzu- 
fassen pflegt,  einer  den  späteren  philosophischen  Systemen  voraus- 
gehenden mythologischen  Weltanschauung  schlechterdings  nicht  an- 
wendbar ist.  Hat  doch  neben  der  Dichtung  und  symbolisierenden 
Philosophie  schließlich  auch  noch  die  wissenschaftliche  Mj^ologic 
das  ihrige  getan,  um  jene  Teile  zu  einem  systematisch  geordneten 
Ganzen  zu  verbinden,  indem  sie  die  zerstreuten  mythischen  Stoffe 
nach  Kategorien,   die  zumeist  der  Naturphilosophie  entlehnt  waren, 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklnng.  le 

in  eine  Systematik  der  einzelnen  Götter,  eine  Theogonie,  Kosmo- 
gonie^  Eschatologie  usw.  sonderte,  ein  Unternehmen,  für  das  vor 
allem  die  theogonische  Dichtung  bereits  die  Wege  geebnet  hatte. 
Hier  liegt  zugleich  der  Punkt,  wo  die  spekulative  Mythologie  der 
Romantik,  die  jedes  jener  angeblichen  mythologischen  Systeme  als 
ein  philosophisches  Lehrgebäude  in  symbolisch-poetischer  Form  an- 
sah, zum  Teil  heute  noch  nachwirkt "].  Denn  solange  die  empirische 
Mythenforschung  an  der  Idee  der  Einheit  von  Mythus  und  Dichtung 
festhielt,  mußte  auch,  da  die  dichterische  Verarbeitung  der  Mythen 
überall  schon  eine  Verbindung  der  einzelnen  mythischen  Stoffe  in 
sich  schließt,  die  Idee  einer  systematischen  Einheit  erhalten  bleiben. 
Die  rein  philologische  Behandlung  des  Mythus  sah  sich  aber  um  so 
weniger  veranlaßt,  diesen  Standpunkt  zu  verlassen,  als  fiir  sie  eben 
jene  poetischen  Bearbeitungen  des  Mythus  die  Hauptquellen  waren,  aus 
denen  sie  ihre  Vorstellungen  schöpfte.  Werke  wie  Ludwig  Prellers 
griechische  und  römische  oder  Karl  Simrocks  deutsche  Mythologie 
bezeichnen  deutlich  diesen  Standpunkt,  der  von  der  Voraussetzung 
einer  Identität  von  Dichtung  und  Mythus  aus  an  sich  konsequent 
ist,  wenn  er  sich  auch  von  vornherein  in  die  Schwierigkeit  ver- 
wickelt, M3^hendichtungen  von  widerstreitendem  Inhalt  und  von  sehr 
abweichendem  literarischem  Ursprung  zu  verbinden,  während  außer- 
dem dichterische  Gewebe  späteren  Ursprungs  den  mythischen  Ein- 
schlag beinahe  ganz  überdecken,  so  daß  solche  Darstellungen  viel- 
mehr eine  Literaturgeschichte  der  mythologischen  Dichtung  als  eine 
Geschichte  der  Mythenbilduug  selbst  enthalten.  Die  Göttervorstel- 
lungen, die  in  den  Werken  der  Dichter  vorkommen,  und  von  diesen 
selbst  zum  Teil  erst  ausgebildet  worden  sind,  die  Mythen,  Märchen 
und  Sagen,  die  von  ihnen  erzählt  werden,  sie  bilden  den  wesent- 
lichen Bestand  jener  mythologischen  Systeme.  Je  mehr  sich  daher 
in  solchen  Dichtungen  ein  einheitlicher  Götterkreis  und  zusammen- 
hängende Mythenzyklen  herausgebildet  haben,  um  so  mehr  erscheint 
natürlich  auch  die  Mythologie  als  ein  einheitliches  Ganzes,  das  sich 
in  mancher  Beziehung  den  dogmatisch  abgeschlossenen  Religions- 
systemen oder  den  philosophischen  Systemen  späterer  Zeiten  an  die 
Seite  stellen  und  demnach  als  deren  Vorstufe  betrachten  läßt.    Nun 


')  Vgl.  Teil  I,  S.  535. 


,6  Der  N 


mußten  sich  freilich  unabhängig  von  der  Frage,  was  in  cmem  solchen 
S>'stem  urspnii^cbe  ni\'thok)giscfae  Vorsreliong  und  was  Dichtung 
%cif  schon  vom  Standpunkt  philologisch-historiscfacr  Mediodik  aus 
Bedtakca  erheben,  sobald  nachweislich  eine  soldie  im  wesentiidien 
aas  der  Dichtung  geschöpfte  M>-thol(^e  ganz  verschiedenen  Orten 
und  Zeiten  entstammte.  Dies  trat  am  offensten  bei  der  sc^;enannten 
> deutschen  Mythologie«  zutage,  die  sich,  al^^esehen  von  den  in  ihrer 
mythologischen  Deutung  viel  umstrittenen  Überiebnissen  in  Sagen  und 
Märchen,  auf  Entlehnungen  aus  der  nordischen  Mythologie  stützte^ 
deren  Berechtigung  um  so  zweifelhafter  war,  als  diese  sich  selbst 
wieder  aus  sehr  abweichenden  und  zum  TeO  unter  q>ateren  Kultur- 
einflüssen umgewandelten  Bestandteilen  zusammensetzt  Nidit  anders 
verhielt  es  sich  aber  schließlich  doch  auch  mit  der  römischen  und 
griechischen  Mythologie,  wo  in  der  römischen  Religion  vor  allem  im 
Kultus  noch  deutlich  die  Kluft  zwischen  den  heimischen  und  den  ein- 
geführten, vornehmlich  dem  griechischen  Pantheon  entlehnten  Göttern 
zutage  tritt,  während  die  griechische  in  den  mannig&ch  abweichen- 
den L/ikalkulten  und  in  den  Beeinflussungen  diu-ch  auOeifaellenische 
Stämme,  das  überlieferte  mythologische  System  nicht  minder  als  eine 
synkrctistische  Bildung  späterer  Zeit  erkennen  läßt.  So  war  es  denn 
eine  Tat  von  epochemachender  Bedeutung,  daß  Jakob  Grinmi,  mehr 
durch  die  Not  der  dürftigen  Überlieferung  gedrängt  als  im  prinzipiellen 
Gegensatze  zu  der  seitherigen  Auffassung,  den  entgegengesetzten  W^ 
einschlug,  indem  er  die  mythologischen  Anschauungen  der  deutschen 
Vorzeit  aus  den  Spuren,  die  sie  in  Dichtung  und  Sage,  in  einzelnen 
Sitten  und  Bräuchen  und  in  abergläubischen  Vorstellimgen  zurück- 
gelassen, zu  erschließen  suchte.  Als  sich  nun  aber  diese  Methode, 
eine  in  ihrer  Totalität  verloren  gegangene  Mythologie  aus  ihren 
zerstreuten  Resten  zu  rekonstruieren,  mit  der  Erkenntnis  des  be- 
schränkten und  im  einzelnen  sehr  verschiedenen  Wertes  der  poetischen 
Überlieferung  verband,  da  mußte  sich  ein  ähnlicher  Umschwimg  voll- 
ziehen, wie  ihn  ungefähr  gleichzeitig  die  historische  Methode  in  ihrer 
Anwendung  auf  die  Geschichte  des  Altertums  erlebte.  Statt  der 
literarischen  Überlieferung  zu  vertrauen,  suchte  man  die  erhalten  ge- 
blichenen Denkmäler  als  Selbstzeugnisse  vergangener  Kultur  zu  ver- 
werten und  auf  der  ho  gewonnenen  Grundlage  nun  erst  die  literarische 
Überlieferung  selbst  von  ihren  mythischen  und  dichterischen  Bestand- 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklnng.  ly 

teilen  zu  reinigen.  Konnte  jedoch  die  historische  Forschung  Dich- 
tung und  Mythus,  die  hier  beide  nur  in  ihrer  negativen  Bedeutung, 
als  Entstellungen  der  historischen  Wirklichkeit,  in  Betracht  kamen, 
immer  noch  als  zusammengehörige  und  darum  ihrem  Wesen  nach 
übereinstimmende  Erscheinungen  behandeln,  so  änderte  sich  die  Situa- 
tion, sobald  man  die  nämlichen  Prinzipien  auf  die  historische  Mytho- 
logie übertrug.  Denn  hier  handelte  es  sich  nun  nicht  mehr  um  die 
objektive  Wirklichkeit  überlieferter  Tatsachen,  sondern  einzig  und 
allein  um  ihre  subjektive  Wahrheit  und  Allgemeingfültigkeit,  das 
heißt  darum,  ob  irgend  eine  mythologische  Vorstellung  oder  Mythen- 
erzählimg  jemals  als  geglaubte  Wirklichkeit  im  Volksbewußtsein 
gelebt  habe,  oder  ob  sie  dichterische  Erfindung  oder  aber  auch 
dichterische  Ausschmückung  eines  ursprünglichen  mythologischen  Ge- 
bildes sei.  Damit  verbindet  sich  dann  zugleich  die  andere  Frs^e,  in- 
wieweit jene  Vereinigung  verschiedener  Bestandteile  zu  einem  Ganzen, 
die  man  ab  ein  mehr  oder  minder  in  sich  geschlossenes  mytho- 
logisches System  zu  betrachten  pflegt,  selbst  in  der  im  Volksbewußt- 
sein lebenden  mythologischen  Anschauung  bereits  vorgebildet,  oder 
inwiefern  sie  das  Produkt  der  zu  ihr  hinzugetretenen  Dichtung  und 
einer  aus  dieser  wieder  hervorwachsenden  primitiven  philosophischen 
Spekulation  sei. 

Hiemach  zerlegt  sich  die  Untersuchung  jenes  subjektiven  und 
zugleich  innerhalb  der  mythenbildenden  Gemeinschaft  allgemeingültigen 
Wahrheitsgehaltes  der  mythologischen  Anschauungen  naturgemäß  in 
die  Beantwortimg  dreier  Fragen:  erstens  in  die  nach  den  wesent- 
lichen Unterschiedsmerkmalen  der  im  engeren  Sinne  mythischen  von 
den  dichterischen  Bestandteilen  des  Mythus,  zweitens  in  die  nach  den 
Kriterien  des  Glaubens  an  die  Wirklichkeit  eines  mythischen  Inhalts, 
und  endlich  in  die  nach  der  Entstehung  einer  mythologischen  Ge- 
samtanschauung. 

c.  Der  ursprüngliche  Naturmythas  and  die  Mythendichtang. 

Die  Antwort  auf  die  erste  der  obigen  Fragen  läßt  sich  nun  natur- 
gemäß nicht  dem  ursprünglichen  Mythus  entnehmen,  der  uns  in 
seiner  von  der  Dichtung  unabhängigen  Gestalt  zunächst  unbekannt 
ist.  Vielmehr  kann  sich  diese  erst  ergeben,  wenn  aus  der  von  An- 
fang an  mit  der  mythologischen  Vorstellung  verbundenen  poetischen 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  2 


l8  Der  Naturmythas. 


Form  die  Elemente  der  Dichtung  eliminiert  sind.  Als  das  Merkmal^ 
das  die  Dichtung  von  dem  mythologischen  Kern,  den  sie  in  sich 
birgt,  unabänderlich  scheidet,  haben  wir  aber  jene  Einheit  des  Ge- 
dankens anzusehen,  die  überall  in  der  Erfahrung  auf  eine  singulare 
Entstehung  hinweist,  die  bei  geistigen  Erzeugfnissen  in  der  Regel  zu- 
gleich mit  einem  individuellen  Ursprung  zusammenfällt.  Dabei  steht 
hier  das  Singfuläre  an  sich  nicht  anders  als  wie  in  der  Sprache  dem 
Regulären,  das  in-  den  gemeinsamen  Bedingungen  der  Anschauung 
seine  Quelle  hat,  gegenüber.  Obgleich  sie  als  Erzeugt  eines  indivi- 
duellen Bewußtseins  die  Spuren  dieses  Ursprungs  bewahrt,  kann  sich 
daher  die  singfuläre  Erscheinung  mit  den  auf  allgemeinen  Bedingimgen 
beruhenden  regulären  Bildungen  der  mythologischen  Phantasie  so  innig 
verbinden,  daß  sie  aus  diesem  Zusammenhang  nicht  gelöst  werden 
kann,  ohne  daß  man  das  mythologische  Gebilde  selbst  zerstört,  um 
bloß  noch  zerstreute  und  zusammenhanglose  Bruchstücke  zurückzu- 
behalten. Auch  werden  wir  bald  sehen,  daß  gerade  hierin  zwischen 
den  singulären  Bestandteilen  des  Mythus  und  denen  der  Sprache  ein 
charakteristischer  Unterschied  besteht,  durch  den  sich  die  Sprache  als 
die  ursprünglichere,  der  Mythus  wenigstens  in  seiner  ims  zug^änglichen 
Konstitution  als  die  spätere  Bildung  kennzeichnet.  Damit  hängt  dann 
zugleich  der  weitere  Unterschied  zusammen,  daß  zwar  beide  sich  un- 
aufhörlich verändern  und  weiter  entwickeln,  daß  dabei  aber  doch 
innerhalb  der  unserer  Nachweisung  einigermaßen  zugänglichen  Peri- 
oden geistiger  Entwicklimg  der  Mythus  ungleich  mehr  in  dem  Fluß 
fortwährenden  Werdens  und  Vergehens  begriffen  ist.  Bei  ihm  können 
wir  noch  unmittelbarer  in  die  Werkstätte  des  geistigen  Zusammen- 
wirkens der  Einzelnen  mit  den  in  der  Gemeinschaft  verbreiteten  An- 
schauungen hineinblicken.  Mag  bei  der  Sprache  der  individuelle  Anteil 
an  der  gemeinsamen  Schöpfung  dereinst  nicht  geringer  gewesen  sein, 
als  allgemeines  Hilfsmittel  des  geistigen  Verkehrs  drängt  sie  von  frühe 
an  zur  Stabilisierung  der  einmal  in  den  Gebrauch  der  Gemeinschaft 
übergegfangenen  Bildungen,  so  daß  die  individuellen  Einwirkungen 
auf  diese  Bildungen  bald  sich  verwischen.  Als  Ausdrucksform  des 
geistigen  Lebens  ist  daher  der  Mythus  das  wandelbarere  Gebilde. 
Er  nimmt  nicht  bloß  neue  Inhalte  in  sich  auf,  ähnlich  dem  Wort,  das 
seine  Bedeutung  ändert,  sondern  er  geht  schließlich  selbst  unter,  um 
die  durch  seinen  Zerfall  zu  selbständigem  Leben  erwachte  Dichtung  zu 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklong.  ig 

befruchten  und  aus  seiner  Verbindung  mit  der  Dichtung  die  Anfange 
der  Philosophie  aus  sich  entspringen  zu  lassen.  Auf  diese  Weise 
bezeichnen  die  von  der  willkürlichen  dichterischen  Fortbildung  noch 
unberührten  Bestandteile  des  Mythus  und  die  poetischen  Fortbildungen 
des  letzteren  ähnliche  Anwendungsformen  der  allgemeinen  völker- 
psychologischen Begriffe  des  Regulären  und  des  Singulären,  wie  sie 
ims  zuerst  bei  der  Sprache  b^egnet  sind;  aber  das  Verhältnis  dieser 
Formen  ist  hier  ein  wesentlich  anderes  geworden,  und  in  dieser  seiner 
Eigenart  beleuchtet  es  zugleich  die  Natur  des  Mythus  selbst,  wie  er 
uns  stets  in  der  Überlieferung  in  jener  Mischung  aus  Bestandteilen 
allgemeinen  und  individuellen  Ursprungs  begegnet.  Suchen  wir  aus 
dieser  Mischung  diejenigen  Elemente  zu  gewinnen,  die  die  Merkmale 
ursprünglicher,  von  allen  Einflüssen  der  Dichtung  noch  unberührter 
mythischer  Elemente  an  sich  tragen,  so  bleiben  als  solche  lediglich 
die  einzelnen  Vorstellungen  der  mythenbildenden  Phan- 
tasie, die  das  Substrat  abgeben,  mit  dem  dann  die  dichterische 
Phantasie  in  einer  überall  die  Spuren  individueller  Willkür  an  sich 
tragenden  Weise  schaltet.  Indem  dann  aber  die  so  entstandenen 
Gebilde  mythologischer  Dichtung  selbst  allmählich  zu  relativ  festen 
Mythen  von  allgemeiner  Geltung  erstarren,  wirken  sie  einerseits  zu- 
rück auf  die  ursprünglichen  mythologischen  Vorstellungen,  die  so 
neue  und  neue  Züge  aus  der  Dichtung  herübernehmen,  und  werden 
sie  anderseits  zu  Kernpimkten  neuer  dichterischer  Weiterbildungen, 
an  denen  sich  nunmehr  derselbe  Prozeß  wiederholen  kann. 

Mit  der  Frage  nach  Entstehung  des  Mythus  aus  ursprünglichen 
mythologischen  Vorstellungen  und  ihrer  Verbindung  und  Weiterbildung 
durch  die  Dichtung  ist  jedoch  die  andere  nach  dem  allgemein- 
gültigen Wahrheitsgehalt  der  mythologischen  Anschauungen  noch 
nicht  beantwortet.  Denn  man  darf  keineswegs  etwa  annehmen,  eine 
ursprüngliche  mythologische  Vorstellung,  wie  sie  aus  den  innerhalb 
einer  Gemeinschaft  verbreiteten  Bedingungen  der  Anschauung  ent- 
springt, gelte  eben  wegen  dieses  generellen  Ursprungs  zugleich  als 
allgemeingültige  Wahrheit,  während  eine  solche  umgekehrt  den  dichte- 
rischen Elementen  des  Mythus  abgesprochen  werde.  Vielmehr  besteht 
eine  allgemeine  mythologische  Anschauung  selbst  niemals  in  einer 
Summe  fest  gefugter  Überzeugungen;  sondern  sie  bewegt  sich  zu- 
nächst in  fluktuierenden,  von  den  Einflüssen  des  Augenblicks  bestimm- 


20  ^Cf  Natarmythas. 


baren  Vorstellungen,  aus  denen  erst  allmählich  und  nie  ohne  die  Mit- 
hilfe dichterischer  Verarbeitung  stabilere  mythische  Gebilde  hervor- 
gehen. Diese  gewinnen  dann  erst  jene  subjektive  Wahrheit,  die  für 
den  Gläubigen  selbst  zugleich  als  objektive  Wahrheit  gilt,  weil  sie 
die  für  eine  naive  Glaubensstufe  hierzu  ausreichende  allgemeine  An- 
erkennung genießen.  An  dieser  Entstehung  der  zu  Glaubenswahr- 
heiten erhobenen  Anschauungen  ist  nun  die  Dichtung  mit  der  aus 
ihr  entspringenden  primitiven  Philosophie  selbst  wesentlich  beteiligt. 
Darum  bildet  nicht  einmal  der  relative  Gehalt  an  dichterischen  Be- 
standteilen des  Mythus  einen  für  den  Glaubenswert  desselben  gültigen 
Maßstab.  Vielmehr  kann  es  eben  infolge  jener  fortwährenden  Rezep- 
tion individueller  poetischer  Schöpfungen  durch  das  allgemeine  Be- 
wußtsein um  so  leichter  geschehen,  daß  Erzeugnisse  der  Dichtung  zu 
den  wesentlichsten  Bestandteilen  geglaubter  Mythen  werden,  als  es  ja 
die  dichterische  Verbindung  ursprünglich  zusammenhangloser  m5rthi- 
scher  Vorstellungen  ist,  die  die  Stabilität  und  Erhaltung  des  Mythus 
sichert,  damit  aber  auch  eine  wesentliche  Grundlage  seiner  Wert- 
schätzung im  Sinne  allgemeiner  Glaubensnormen  abgibt.  Denn  als 
eine  solche  gilt  für  das  naive  Bewußtsein  in  erster  Linie  der  Inhalt 
dessen,  was  seit  unvordenklicher  Zeit  in  Geltung  gewesen  und  da- 
durch zum  Bestandteil  einer  von  menschlicher  Willkür  imberührbar 
scheinenden  Satzung  geworden  ist. 

d.  Mythus  and  Kultus. 

Ist  es  so  nicht  die  Entstehungsweise  mythologischer  Vorstellungen 
und  ihrer  Verknüpfung  im  Mythus,  was  den  subjektiven  Wahrheits- 
gehalt des  letzteren  ausmacht,  so  ist  es  demnach  eine  andere,  mit 
der  Bildung  solcher  in  der  Stabilisierung  mythologischer  Inhalte 
begfründeter  Normen  eng  zusammenhängende  Seite  der  mytholo- 
gischen Entwicklung,  die  hier  maßgebend  wird.  Nun  äußern  sich 
Normen  des  Fürwahrhaltens  irgend  welcher  Vorstellungs-  und  Gefuhls- 
inhalte  in  dem  Handeln  des  Menschen,  das  diesen  Normen  ent- 
spricht, oder  das,  wenn  es  ihnen  widerstreitet,  der  allgemeinen  Miß- 
billigung unterworfen  ist.  Darum  ist  die  Norm  selbst  zunächst  nicht 
darauf  gerichtet,  was  geglaubt  oder  nicht  geglaubt  wird,  sondern  sie 
bezieht  sich  direkt  auf  eine  von  der  Gemeinschaft  allen  Einzelnen  als 
Pflicht  auferlegte  Handlung.     In  diesem  Sinne  ist  sie  eine  Lebens- 


Die  Faktoren  der  Mythenentwickltmg.  21 

norm,  die  erst  dadurch  zur  Glaubensnorm  wird,  daß  sie  von  den 
äußeren  Wirkungen  der  Motive  auf  diese  selber  zurückgeht.  Hierin 
liegt  denn  auch  der  Gnmd  der  vor  allem  auf  mythologischem  Gebiet 
luis  in  weitester  Ausdehnung  begegnenden  Tatsache,  daß  bestimmte 
Bräuche  und  Sitten  als  feste  J-ebensnormen  fortbestehen  können,  die 
als  Glaubensnormen  längst  zu  existieren  aufgehört  haben,  weil  die 
mythologischen  Vorstellungen,  denen  sie  dereinst  ihren  Ursprung  ver- 
dankten, vergessen  sind. 

Die  Gesamtheit  der  aus  bestimmten  mythologischen  Motiven  ent- 
sprungenen Handlungen  nennen  wir,  so  lange  die  ihnen  zugrunde 
liegenden  Glaubensnormen  noch  eine  lebendige  Bedeutung  bewahren, 
mit  einem  Ausdruck,  den  dereinst  die  Römer  für  die  Ordnung  ihrer 
religiösen  Feste  und  Opfer  einführten,  den  Kultus.  Dieses  in  fast 
alle  Kultursprachen  übergegangene  Wort,  ebenso  wie  der  dem 
römischen  Kultus  entstammende,  mit  ihm  nahe  zusammenhängende 
Begriff  der  Religion  weist  nicht  bloß  auf  den  besondem  Wert  hin, 
den  man  der  strengen  Befolg^ung  der  äußeren,  in  Handlungen  sich 
betätigenden  Normen  als  einer  »Pflege  der  Götter«  beilegt,  sondern 
es  verrät  sich  darin  auch  die  in  der  Rechtssprache  der  Römer  mit 
so  großer  Virtuosität  bewährte  Gabe,  aus  der  Fülle  der  Merkmale 
eines  Begfriffs  das  vor  andern  entscheidende  herauszugreifen.  Indem 
der  Kultus  alle  die  Handlungen  umfaßt,  die  innerhalb  einer  Gemein- 
schaft als  solche  gelten,  die  den  Schutz  und  die  Hilfe  der  Götter 
vermitteln  sollen,  verleiht  er  dem  enger  begrenzten  Umkreis  mytho- 
logischer Vorstellungen,  die  sich  auf  dieses  Schutzverhältnis  und  auf 
die  aus  ihm  für  den  Menschen  entspringende  Pflicht  beziehen,  einen 
höheren,  sie  über  die  Menge  aller  andern  Mythenbestandteile  empor- 
hebenden Wert.  Dieser  Wert  selbst  gründet  sich  aber  wiederum  auf 
zwei  Eigenschaften  der  die  Grundlage  des  Kultus  bildenden  mytho- 
logischen Vorstellungen,  von  denen  die  eine  praktischer,  die  andere 
theoretischer  Art  ist.  Praktisch  liegt  der  Wert  des  Kultus  und 
der  in  ihm  zum  Ausdruck  kommenden  Anschauungen  in  dem  Ver- 
trauen auf  die  schützende  und  helfende  Macht  der  Götter  oder 
auch  in  der  Erwartung  einer  durch  magische  Handlungen  bewirkten 
Abwendung  eines  von  ihnen  gefürchteten  Unheils.  Theoretisch  be- 
steht dagegen  die  Bedeutung  der  von  dem  Kultus  getragenen 
Mythengebilde  in  dem  unbedingten  Wahrheitsgehalt,   der  ihnen  zu- 


22  I^er  Naturmythus. 


geschrieben  wird.  Ein  Zeugnis  dieser  zur  Überzeugung  gesteigerten 
Form  des  Glaubens  lieg^  eben  in  den  Kultushandlungen  selbst: 
Verrichtungen,  die  das  Tun  und  Lassen  des  Menschen  in  allen 
Lebenslagen  beherrschen,  und  die  vielfach  in  der  Hingabe  seiner 
wertvollsten  Güter  oder  seines  eigenen  I^bens  bestehen,  können  ihren 
Ursprung  nur  in  Beweggründen  haben,  deren  Wirklichkeit  keinem 
Zweifel  ausgesetzt  ist.  Damit  erhebt  sich  aber  der  Inhalt  jener 
Glaubensvorstellungen,  von  denen  der  Kultus  getragen  ist,  nach 
Wertgehalt  wie  äußerer  Geltung  weit  über  den  Umkreis  der  übrigen 
fortan  schwankenderen  und  der  Zerstörung  oder  Umwandlung  un- 
gleich mehr  ausgesetzten  Bestandteile  des  mythologischen  Denkens. 
Hier  liegt  daher  zugleich  die  Grenze,  die  den  Mythus  in  der  um- 
fassenderen Bedeutung  dieses  Begriffs  scheidet  von  der  Religion« 
Wie  der  Kultus  in  der  in  äußeren  Handlungen  sich  betätigenden 
Pflege  der  Götter  und  damit  in  der  Pflicht  gegen  sie  besteht,  so 
enthält  die  Religion  das  Motiv  der  inneren  Gebundenheit  an  die 
durch  den  Wahrheitsgehalt,  der  ihnen  beigelegt  wird,  geschützten 
Glaubensnormen.  Darum  gehören  Religion  und  Kultus  zusammen: 
jene  verhält  sich  zu  diesem  wie  das  Denken  zum  Handeln.  Wie 
wir  überall  nur  aus  dem  Handeln  auf  das  Denken  zurückschließen 
können,  da  schon  die  sprachliche  Äußerung  ein  Handeln  ist,  das  zu- 
dem im  Gebet  zu  einem  wichtigen  Bestandteil  des  Kultus  wird,  so 
bildet  anderseits  der  Kultus  das  einzige  Kriterium,  nach  dem  wir  die 
Elemente  des  religiösen  Glaubens  von  dem  gesamten  Inhalt  des 
mythologischen  Denkens  zu  scheiden  imstande  sind.  Die  Frage,  wie 
diese  Entwicklung  der  Religion  aus  dem  Mythus  im  einzelnen  erfolgt, 
und  unter  welchen  äußeren  und  inneren  Bedingungen  Mythus  und 
Rebgion  selbst  sich  scheiden,  dies  wird  uns  erst  im  nächsten  Kapitel 
beschäftigen  können.  Hier,  wo  es  sich  bloß  um  die  allgemeinen 
Eigenschaften  des  Mythus  handelt,  mußte  nur  als  eines  wesentlichen 
Momentes  der  Mythenbildung  dieser  von  frühe  an  sich  ausbilden- 
den Differenzierung  der  Inhalte  des  mythologischen  Denkens  in  den 
Kulthandlungen  gedacht  werden.  Insofern  aber  die  Anfange  des 
Kultus  schon  zu  den  primitiven  Stufen  der  Mythenentwicklung  zurück- 
reichen, bildet  der  in  ihm  zum  Ausdruck  gelangende  Wertunter- 
schied, wenn  auch  seine  deutlichere  Ausbildung  erst  einer  späteren 
Zeit   angehört,   doch   einen  integrierenden  Bestandteil  der  Mythen- 


24  I^cr  Naturmythus. 


giösen  Glaubensinhalten  nahe  berühren  oder  auch  völlig  außerhalb  der- 
selben liegen  können  und  gleichwohl  in  weiten  Kreisen  als  unzweifel- 
hafte Wahrheiten  gelten.  Insbesondere  gehören  hierher  solche  Mythen, 
die  mit  der  Vorgeschichte  der  Völker  verwebt  sind,  oder  denen  die 
in  sie  eingehenden  Göttervorstellungen  einen  Teil  des  Wahrheits- 
gehaltes mitteilen,  die  jene  selbst  durch  den  ihnen  geweihten  Kultus 
empfangen.  So  entsteht  ein  mehr  oder  minder  großes  Gebiet  ge- 
glaubter Mythen,  die  in  kultischer  und  religiöser  Beziehung  gleich- 
gültig sind,  deren  Wahrheitsgehalt  sie  aber  dennoch  nur  dem  Grade 
nach  von  den  durch  den  Kultus  geschützten  Vorstellungen  scheidet 
Immerhin  besitzen  solche  religiös  gleichgültige  Mythenbestandteile 
insofern  einen  niedrigeren  Wahrheitswert,  als  von  frühe  an  eine 
ungleich  größere  Freiheit  besteht,  sie  zu  glauben  oder  nicht  zu  glauben, 
imd  als  sie  durchweg  einer  veränderlicheren  Tradition  anzugehören 
pflegen.  So  gruppieren  sich  um  den  Kultus  und  die  in  ihm  leben- 
den Glaubensvorstellungen  nach  jeder  der  ^n  ihm  vereinigten  Seiten 
Handlungen  und  Vorstellungen  von  fortschreitend  abnehmendem  Werte. 
Auf  der  einen  Seite  leben  abgeblasste  und  verwandelte  Kulthandlungen 
in  überkommenen  Sitten  und  Gewohnheiten  weiter.  Auf  der  andern 
erhalten  sich  zahlreiche  Mythen  von  religiös  gleichgültigem  Inhalt,  denen 
gleichwohl  die  Überlieferung  einen  Wahrheitswert  zugesteht.  Was  in 
beiden  Fällen  mangelt,  das  ist  aber  das  Attribut  der  Heiligkeit, 
das  allein  den  eigentlichen  Kultushandlungen  und  den  mit  ihnen  ver- 
bimdenen  Glaubensvorstellungen  zuerkannt  wird,  und  das  nach  beiden 
Richtungen  erhaltend  auf  ihren  mythisch-religiösen  Inhalt  einwirkt. 
Denn  die  peinliche  Beachtung  der  überlieferten  Kulte  schließt  zugleich 
ihre  unveränderte  Bewahrung  als  eine  religiöse  Pflicht  in  sich;  und 
die  Heiligung  der  Glaubensvorstellungen  macht  sie  den  Einflüssen 
dichterischer  Ausschmückung,  denen  alle  Mythengebilde  unterworfen 
sind,  schwerer  zugänglich. 

Das  Verhältnis  dieser  von  dem  Glorienschein  der  Heiligkeit  um- 
gebenen Kulthandlungen  und  der  von  ihnen  getragenen  Bestandteile 
des  Mythus  zu  den  unverbindlicheren  Normen  des  profanen  Brauchs 
sowie  zu  den  gleichgültigen  und  dennoch  geglaubten  Mythen  erweist 
sich  nun  aber  schließlich  als  ein  ebenso  veränderliches,  wie  die  Grenze 
eine  fließende  ist,  die  beide  voneinander  scheidet.  Auf  den  frühesten 
Stufen    mythologischer   Entwicklung   hat  jeder    Brauch   von   irgend 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklang.  25 

weiterer  Verbreitung  einen  kultischen  Wert.  Denn  der  Zauberglaube, 
der  die  primitive  Mythologie  durchdringt,  macht  jede  wichtigere 
Handlung  zum  Bestandteile  eines  magischen  Kultes,  und  indem  in 
die  Mythenbildung  die  gleichen  Zaubervorstellungen  eingehen,  fehlt 
es  noch  völlig  an  Merkmalen,  die  das  Heilige  von  einem  außerhalb 
liegenden  Gebiet  geglaubter  Mythen  sondern.  Wie  die  Zauberhand- 
lung deshalb,  weil  sie  sich  auf  alle  Ereignisse  des  täglichen  Lebens 
beziehen  kann,  eine  noch  nicht  durch  feste  Normen  geregelte  primi- 
tivste Kulthandlung  ist,  so  breitet  sich  daher  auch  die  subjektive 
Überzeugung  von  der  Wirklichkeit  der  Zaubervorstellungen  über  alle 
die  m)^ologrischen  Inhalte  aus,  die,  ähnlich  dem  Tun  und  Lassen 
des  Menschen  selbst,  von  Zaubervorstellungen  erfüllt  sind.  Besonders 
sind  es  hier  die  früher  geschilderten  Tabubräuche,  in  denen  sich,  zu- 
nächst noch  gebunden  an  bestimmte  äußere  Gegenstände,  die  Idee 
einer  spezifischen  Heiligkeit  ausbildet,  die  sich  dann  alsbald  auch  auf 
die  Handlungen  ausdehnt,  die  zu  solchen  geheilig^ten  Objekten  in 
Beziehung  stehen ').  Es  wird  später  unsere  Aufgabe  sein,  diese  Ent- 
wicklimg  des  Kultus  näher  zu  verfolgen.  Dann  wird  sich  zeigen,  daß 
es  wesentlich  der  Hinzutritt  der  Götter  des  Naturmythus  zu  dem  in- 
mitten der  Seelenvorstellungen  entspringenden  primitiven  Zauberkultus 
ist,  der  mit  den  höheren  Kultformen  auch  jene  Scheidung  der  Mythen 
und  der.  mythologischen  Vorstellungen  in  einen  durch  den  Götter- 
kultus geheiligten  und  in  einen  profaneren  Teil  hervorbringt.  Nach- 
dem diese  Grenze  einmal  gezogen  ist,  geschieht  dann  die  weitere  Ent- 
wicklung hauptsächlich  im  Gefolge  der  mit  der  fortschreitenden  Er- 
hebimg der  Göttervorstellungen  verbundenen  Beschränkung  der  durch 
den  Kultus  geschützten  Glaubensinhalte,  wobei  nun,  in  dem  Maße, 
als  aus  diesen  allmählich  Bestandteile  sich  ausscheiden,  um  in  die 
Region  der  gleichgültigeren  Mythen  hinüberzuwandern,  der  Wahr- 
heitsgehalt der .  letzteren  mehr  und  mehr  auch  in  der  subjektiven 
Schätzung  abnimmt,  indes  sich  gleichzeitig  der  Anteil  der  Dichtung 
an  aller  Mythenbildung  zunächst  bei  diesen  gleichgültigeren  Mythen 
der  Beobachtung  aufdrängt.  Damit  wird  die  Einordnung  einzelner 
Mythen  unter  die  anerkannten  Erzeugnisse  der  Dichtung  zu  einem 
bedeutsamen  Moment  mythologischer  Entwicklung,  das  wiederum  bei 


«)  Vgl.  Teil  n,  S.  300  ff. 


26  ^^f  Natarmythus. 


der  Ausbildung  der  Religion  eine  wichtige  Rolle  spielt  Freilich 
wird  bei  der  Auffassung  dieses  Verhältnisses  zumeist  übersehen,  daß 
es  überhaupt  keinen  Mythus  gibt,  an  dem  nicht  die  Dichtung  ihren 
Anteil  hätte.  Darum  wird  dem  fortan  durch  die  Kultushandlungen 
in  die  Sphäre  der  Wirklichkeit  erhobenen  Mythus  die  bloß  in  der 
Sage  und  Legende  fortlebende  Dichtung  im  Sinne  willkürlicher  Er- 
findung gegenübei^estellt,  während  doch  auch  hinter  der  dichte- 
rischen Ausgestaltimg  ein  Kern  mythologischer  Vorstellungen  ver- 
borgen ist,  der  erst  die  dichterische  Fortbildung  und  Ausschmückung 
herausgefordert  hat.  In  dieser  Scheidung,  bei  der  die  Ansprüche  der 
Dichtung  an  den  mythischen  Inhalt  auf  der  einen  Seite  ebenso  ver- 
kürzt wie  auf  der  andern  übertrieben  werden,  liegt  aber  immerhin  ein 
wichtiger  Impuls  für  die  Entfaltung  einer  selbständigen  Dichtung,  die 
erst  von  dem  Augenblick  an  frei  sich  betätigen  kann,  wo  sie  sich  die 
Macht  zutraut,  den  Mythus  selbstschöpferisch  umzugestalten  oder  sogar 
aus  eigener  Kraft  Werke,  die  den  Erzeugnissen  der  mythenbildenden 
Phantasie  gleichen,  zu  schaffen. 

e.  Die  Bildung  mythologischer  Gesamtanschaaungen. 

Zwischen  den  den  Mythus  zuerst  bereichernden  und  dann  allmäh- 
lich zerstörenden  Einflüssen  der  Dichtung  und  der  erhaltenden,  den 
subjektiven  Wahrheitswert  der  mythischen  Gebilde  steigernden  Kraft 
des  Kultus  liegt  die  Entstehung  einer  mythologischen  Ge- 
samtanschauung mitten  inne,  als  ein  Ergebnis  der  Mythenent- 
wicklung, das  von  jenen  beiden  Faktoren  gleichzeitig  bestimmt  wird. 
Denn  auf  der  einen  Seite  ist  es  die  Dichtung,  die  die  einzelnen 
mythologischen  Vorstellungen  mehr  und  mehr  zu  Inhalten  eines  zu- 
sammengesetzten mythischen  Geschehens  verbindet,  und  die  in  der 
Unterordnung  der  einzelnen  Begebenheiten  unter  bestimmte  herr- 
schende Motive  umgestaltend  auf  die  mythischen  Inhalte  selbst  ein- 
wirkt. So  entstehen  größere  Mythenzyklen,  die,  indem  die  ihnen  ge- 
meinsamen Götter-  und  Heroenvorstellungen  vornehmlich  die  m)rthen- 
bildende  Phantasie  beherrschen,  die  einzelnen  Mythen  mehr  und  mehr 
zu  einer  einheitlich  verbundenen  Schilderung  ihrer  Taten  und  ihres 
Lebens  gestalten.  Auf  der  andern  Seite  ist  es  jener  Inhalt  m)^o- 
logischer  Vorstellungen,  der  sich,  getragen  von  dem  Kultus,  durch 
einen  die  sonstigen   Gebilde  des  Mythus   überragenden  praktischen 


Die  Faktoren  der  Mythenentwicklang.  27 

Glaubenswert  auszeichnet,  der  vor  allem  jene  stabileren  Göttervor- 
stellungen liefert,  die  der  dichterischen  Verwebung  und  Verbindung 
der  Mythen  ihre  Richtung  geben. 

Treffen  in  dieser  Weise  Dichtung  und  Kultus  in  ihrem  EinfluD 
auf  die  Entstehung  einer  mythologischen  Gesamtanschauung  zusammen, 
so  wirken  nun  aber  dennoch  beide  gleichzeitig  nach  divei^ierenden 
Richtungen  auf  die  so  sich  herstellende  Einheit  der  mythischen  Stoffe 
ein.  Indem  die  dichterische  Phantasie  die  Fäden  des  Mythengewebes, 
dessen  sie  sich  bemächtiget,  weiterspinnt,  erweitert  sie  unablässig  den 
Umfang  der  mythologischen  Anschauungen.  Indem  dagegen  der  Kultus 
den  wertvollsten  Kern  der  Mythenbildung  unverändert  zu  bewahren 
strebt,  übt  er  eine  konzentrierende  und  gleichzeitig  auf  solche  Gebilde 
der  dichterischen  Weiterfuhrung  des  Mythus,  die  für  den  Vorstellungs- 
inhalt des  Kultus  selbst  gleichgültig  sind,  eine  abstoßende  Wirkung 
aus.  So  entsteht  aus  diesem  Wechselverhältnis  schließlich  jene  Los- 
lösung der  Dichtung  von  dem  Mythus,  durch  die  sich  die  dichterische 
Phantasie  völlig  der  Fesseln  entledigt,  die  ihr  durch  die  im  Kultus 
konzentrierten  Glaubensvorstellungen  auferlegt  waren,  während  sie 
dabei  freilich  zugleich  ihren  eigenen  Einfluß  auf  diese  Vorstellus^en 
mehr  und  mehr  einbüßt.  Allerdings  verschwindet  dieser  Einfluß 
nicht  ganz.  Namentlich  setzen  die  Wechselwirkungen  des  an  über- 
lieferte Normen  gebundenen  Kultus  und  der  über  solche  Begrenzungen 
immer  wieder  hinausstrebenden  Dichtung  r^dniaßfg  da  wieder  an^ 
wo  in  dem  Kultus  selbst  unter  der  Wirkui^  neuer  Kukurbedingungen 
oder  infolge  der  Mischung  bis  dahin  geschiedener  Kulte  Umwälziingen 
eintreten,  die  wiederum  die  Mitarbeit  der  Diditung  herausfordern. 
Auch  dann  strebt  aber  dieses  Wideispiel  zwischen  der  konservieren- 
den Kraft  des  Kultus  und  der  weiterfuhrenden  der  dichterischen 
Phantasie  immer  wieder  einem  Gleichgewicht  zu,  bei  dem  ein  fester 
Bestand  von  Mythen  als  die  durch  den  Kultus  geschützte  mytho- 
logische Gesamtanschauung  feststeht,  während  die  sonstigen  in  i^ 
Tradition  fortlebenden  oder  als  dichterische  Neubildungen  neu  auf- 
tauchenden Mythen  im  einzelnen  ein  fortwährendes  Otztllieren  um 
diesen  Gleichgewichtszustand  veranlassen. 

Das  System,  in  das  die  wissenschaftliche  Mytbdog^ie  <2e  G^rsarc^ 
heit  der  in  einem  Volke  lebenden  Mythen  und  mydiologifcfaen  V<«^ 
Stellungen  bringt,  gründet  sich  nun  naturgemäß  zmOdmi  acf  oe»  ^* 


28  I^cr  Natarmythns. 


dem  Kultus  getragenen  Inhalt.  Aber  indem  man  gleichzeitig  darauf 
ausgeht,  ein  möglichst  vollständiges  Bild  jener  mythologischen  Vor- 
stellungswelt zu  geben,  pflegt  man  sich  doch  um  so  weniger  auf 
das  engere  Gebiet  der  Kultusvorstellungen  und  Kultushandlungen 
zu  beschränken,  als  naturgemäß  die  Grenze  gegenüber  der  eigent- 
lichen, den  Mythengehalt  willkürlich  umgestaltenden  oder  neue  Mythen 
erfindenden  Dichtung  nicht  selten  schwer  zu  ziehen  ist.  So  pflegt 
denn  das  mythologische  System  neben  den  unlösbar  mit  dem  Mj^us 
verbundenen  dichterischen  Elementen  auch  solche  Dichtungen  zu 
enthalten,  die  freie  Weiterfiihrungen  eines  ursprünglicheren  mythi- 
schen Stoffes  sind.  Kann  auf  diese  Weise  die  Einheit  des  mytho- 
logischen Systems  schon  um  deswillen  keine  ursprüngliche  sein, 
weil  sie  eine  grossenteils  willkürliche  ist,  so  bildet  nun  aber  auch 
alles  das,  was  zu  der  als  Grundlage  dieses  Systems  dienenden 
mythologischen  Gesamtanschauung  gehört,  keine  ursprüngliche  Ein- 
heit. Vielmehr  kann  hier  im  Hinblick  auf  den  Anteil,  den  Kultus 
wie  Dichtung  auf  die  Ausbildung  dieser  Gesamtanschauung  ausgeübt 
haben,  das  Ursprüngliche  nur  in  den  einzelnen  Mythen  und  mytho- 
logischen Vorstellungen  bestehen.  Denn  einerseits  ist  der  Kultus  aus 
einzelnen  Handlungen  hervorgegangen,  die  für  zauberkräftig  oder  auf 
einer  höheren  Stufe  für  heilig  gelten;  und  anderseits  beruht  jene 
Bildung  von  Mythenzyklen,  die  durch  bestimmte  ihnen  gemeinsame 
Vorstellungen  zusammengehalten  werden,  überall  bereits  auf  weit 
reichenden  Assoziationen  und  auf  einer  verhältnismäßig  hoch  ent- 
wickelten Fähigkeit  poetischer  Verknüpfung.  Demnach  kann  mm 
auch  der  Versuch  einer  psychologischen  Entwicklungsgeschichte  des 
Mythus  und  vor  allem  des  die  höheren  Stufen  der  Mythenbildung 
beherrschenden  Naturmythus  nicht  von  den  Systemen  der  Mythologie, 
und  er  kann  nicht  einmal  von  den  mythologischen  Grundanschau- 
ungen oder  den  sie  tragenden  Kultordnungen,  sondern  er  muß  von 
den  Einzelmythen  und  den  in  ihnen  auftretenden  mythologischen 
Vorstellungen  ausgehen.  Dabei  ist  aber  der  Einzelmythus  wieder 
unserer  Beobachtung  zunächst  gegeben.  Denn  die  Helden,  Götter 
oder  Dämonen,  die  in  solchen  Mythen  vorkommen,  sind  zimächst 
nicht  für  sich  isoliert  gegeben,  sondern  nur  in  den  mythischen  Er- 
zählungen, deren  handelnde  Personen  sie  sind. 

Nun  stimmen  die  Einzelmythen  in  ihren  allgemeinen  Eigenschaften, 


Mlrchen,  Sage  und  Legende  als  Entwicklangsformen  des  Mythus.  29 

wenn  man  von  ihrer  Entstehimgsweise  und  ihrem  Zusammenhang  mit 
Zauber-  und  Kulthandlungen  absieht,  durchaus  mit  den  bekannten 
Formen  der  poetischen  Erzählung  überein.  So  sehr  jedoch 
dieser  Umstand  auf  die  von  Anfang  an  vorhandene  Beteiligung  der 
Dichtung  und  ebenso  umgekehrt  auf  den  Ursprung  der  frühesten 
Formen  der  Dichtung  aus  dem  Mythus  hinweist,  so  besitzen  doch 
diese  Formen  als  Gebilde  der  mythenbildenden  Phantasie  ihre  be- 
sonderen Eigentümlichkeiten,  die  mehr  und  mehr  verloren  gehen,  so- 
bald sich  ihrer  die  freie  dichterische  Nachbildung  bemächtiget.  Diese 
dem  Mythus  und  der  Dichtung  gemeinsamen  Formen  der  Erzählung, 
die  wir  demnach,  da  unter  jenen  beiden  der  Mythus  das  Frühere  ist, 
zugleich  als  die  ursprünglichen  Grundformen  des  Mythus  betrachten 
dürfen,  sind  das  Märchen,  die  Sage  und  die  Legende.  Es  gibt 
keinen  einzigen  Mythus,  der  nicht  einer  dieser  drei  Formen  zuge- 
hörte. Durch  die  fortgesetzte  Einwirkimg  freier  dichterischer  Umge- 
staltung entstehen  dann  aber  aus  ihnen  zunächst  mythisch-poetische 
Mischformen,  bis  endlich  die  nach  diesen  Vorbildern  frei  erfindende 
poetische  Phantasie  die  reinen  Märchen-,  Sagen-  und  Legendendich- 
tungen hervorbringt. 


3.  Märchen,  Sage  und  Legende  als  Entwicklungsformen 

des  Mythus. 

a.  Allgemeines  Verhältnis  dieser  Formen. 

Daß  Märchen,  Sage  und  Legende  zu  dem  Mythus  in  enger  Be- 
ziehung  stehen,   ist  längst  anerkannt.     Dennoch  sind  die   Anschau- 
ungen  über  ihr  Verhältnis   zu    diesem   in  der  neueren  Entwicklung 
der  Mythologie  nicht  unbeträchtlichen  Wandlungen  unterworfen  ge- 
wesen.    Während  man  zu  den  Zeiten  Jakob   Grimms  geneigt  war, 
alle  drei   als  Überiebnisse  und  Umgestaltungen   des  Mythus  zu  be- 
trachten,   wobei   Sage    und   Legende   wieder    diesem    am    nächsten 
stünden,  das  Märchen  dagegen  als  sein  letzter,   einer  kindlich  naiven 
Stufe  der  Anschauung  angepaßter  Ausläufer  zu  betrachten  sei,  scheinen 
heute  die  ethnologische  wie  die  historische  Erweiterung  der  Studien 
über  Mythenentwicklungen  immer  mehr  einer  Auffassung  entgegen- 
zuführen, nach  der  alle  Mythenbildung  von  Anfang  an  einer  dieser 
Formen  oder  mehreren  zugleich  angehört,  so  daß  Märchen,  Sage  und 


ßo  Der  Naturmythus. 


Legende  nicht  sowohl  abgeleitete  als  vielmehr  selbst  mehr  oder 
minder  ursprüngliche  Formen  des  Mythus  sein  würden.  In  der  Tat 
wird  sich  niemand,  der  die  einzelnen  Mythen,  die  sich  in  der  Tradi- 
tion irgend  eines  Volkes  vereinigt  finden,  auf  ihr  rein  ästhetisches 
Verhältnis  zu  den  künstlerisch  ausgebildeten  mustergültigen  Beispielen 
jener  drei  Formen  prüft,  der  Überzeugung  verschließen  können,  daß 
jeder  Einzelmythus  entweder  den  Charakter  des  Märchens  oder  der 
Sage  oder  Legende  oder  endlich  einer  Mischung  einiger  dieser  Formen 
an  sich  trägft.  Hiemach  würde  der  Mythus  nicht  als  der  Vater  jener 
in  die  erzählende  Dichtung  übergegangenen  Formen,  sondern  als  der 
Oberbegriff  zu  betrachten  sein,  dem  sich  diejenigen  Märchen,  Sagen 
und  Legenden  unterordnen  lassen,  die  der  ursprünglichen  Mythen- 
bildung und  der  mit  ihr  verwachsenen  Volksdichtung,  nicht  erst  der 
späteren  Kunstdichtung  angehören.  Wir  werden  dann  zwar  das 
Mythenmärchen  und  die  mythologische  Sage  und  Legende  den  Kunst- 
dichtungen von  verwandtem  ästhetischem  Qiarakter,  aber  nicht  den 
Mythus  als  solchen  dem  Märchen,  der  Sage  und  Legende  gegenüber- 
stellen können. 

Offenbar  hat  jedoch  besonders  das  Märchen  dieser  Auffassung 
Schwierigkeiten  bereitet.  Wer  von  den  Mythologien  der  Kulturvölker 
ausgeht,  der  ist  zwar  sofort  bereit,  der  Sage  und  Legende  ihre  mytho- 
logische Bedeutung  zuzugestehen,  und  in  diesem  Sinn  bezeichnet  man 
auch  wohl  ohne  weiteres  den  Hauptinhalt  solcher  Mythologien  ak 
Göttersage,  kosmogonische  Sage  und  dergl.  Aber  das  Märchen  soll 
in  dem  Umkreis,  dieser  Mythenbildungen  keinen  oder  doch  höchstens 
einen  sehr  zurücktretenden  Platz  einnehmen,  da  es  schon  innerhalb 
der  mythologischen  Zusammenhänge  mehr  als  freie  Erfindung  und 
Ausschmückung  denn  als  wirklich  geglaubter  Mythus  auftrete.  Da- 
her denn  auch  vor  allem  das  Märchen  ebensowohl  als  Mythenmärchen, 
also  nach  der  gewöhnlichen  Annahme  als  kindliche  Einkleidung  und 
Umgestaltung  eines  im  sogenannten  »höheren  Mythus«  vorhandenen 
mythischen  Stoffes,  wie  als  vollkommen  freie  Kunstdichtung  vorkommt, 
wogegen  Sage  und  Legende  auch  noch  in  den  epischen  Bearbeitungen, 
die  sie  finden,  zumeist  irgend  einen  mythischen  Kern  erkennen  lassen. 
Nun  ist  allerdings  der  letztere  Gegensatz  mehr  ein  scheinbarer  als 
ein  wirklicher,  wie  besonders  die  Legendendichtung  älterer  und  neuerer 
Zeit  und  die  Vorliebe  beweist,  mit  der  sie  bis  herab  auf  Goethe  und 


Mlrchen,  Sage  nnd  Legende  als  Eotwicklungsformen  des  Mythas.  31 

Gottfried  Keller  auch  als  reine  Kunstdichtung  gepflegt  worden  ist. 
An  sich  ist  also  jede  dieser  Formen  ebensowohl  als  dichterische  Ge- 
staltung eines  überlieferten  Mythus  wie  als  freie  poetische  Schöpfung 
möglich.  Daß  aber  da,  wo  diese  Formen  einen  mythischen  Inhalt 
in  sich  beigen,  dem  Märchen  von  frühe  an  sein  reichlicher  Anteil 
an  der  Ausgestaltung  auch  jener  »höheren  Mythologie«  zukomme, 
dieser  Überzeugung  hat  sich  schließlich  auch  die  Untersuchung 
vieler  Mythen  der  Kulturvölker  nicht  entziehen  können.  Man  erinnere 
sich  nur  der  unverkennbaren  Märchenzüge  der  Argonauten-  und 
Heraklessage,  der  Märchenepisoden  der  Odyssee  oder  auf  germa- 
nischem Gebiet  an  den  Baidermythus,  dessen  Analyse  einen  reichen 
Einschlag  weitverbreiteter  Märchenmotive  zeigt. 

Gleichwohl  hat  es  nicht  den  Anschein,  als  wenn  die  mythologische 
Forschung  darin  einig  wäre,  was  man,  ganz  abgesehen  von  den  An- 
schauungen, die  über  das  genetische  Verhältnis  dieser  Formen  mög- 
lich sind,  also  schon  im  rein  ästhetischen  Sinne,  innerhalb  irgend 
einer  gegebenen  Mythensammlung  als  Sage,  Legende  oder  aber 
auch  als  Märchen  zu  bezeichnen  habe.  Das  lehrt  hinreichend  der 
schwankende  Sprachgebrauch,  der  uns  hier  überall  begegnet.  Ich 
kann  mich  begnügen  auf  zwei  Beispiele  neuesten  Datums  hinzuweisen. 
Paul  Ehrenreich  gibt  einer  Schrift,  in  der  eine  Menge  gemeinsamer 
Züge  in  den  Volkserzählungen  weit  entlegener  Gebiete  der  Neuen  Welt 
mit  solchen  der  Alten  Welt  nachgewiesen  wird,  den  Titel:  »Mythen 
und  L^enden  der  südamerikanischen  Urvölker«  (Berlin  1905).  Es 
kann  aber  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  Mehrzahl  der  Stoffe, 
deren  weitgehende  Wanderungen  hier  wahrscheinlich  gemacht  sind,  der 
Märchentradition  angehört.  Oskar  Dähnhardt  gibt  dem  ersten  Bande 
einer  Sammlung  »naturdeutender  Sagen,  Märchen,  Fabeln  und  Legen* 
den«  den  Titel:  »Natursagen«  (Leipzig  1907).  Aber  wenn  man  dai 
mit  musterhaftem  Fleiße  zusammengetragene  Material  des  voriiegenden 
ersten  Bandes  überblickt,  so  kann  wiederum  kein  Zweifel  idn,  daß 
in  dieser  ganzen  Sammlung  dem  Märchen  der  Löwenanteil  zufällt^  ot>- 
gleich  auch  im  Einzelnen  diese  märchenhaften  Stoffe  in  der  Regel  alu 
»Sagen«  bezeichnet  werden.  Ich  bin  natürlich  weit  davon  entfernt, 
diese  Vermengung  den  verdienten  Verfassern  beider  Bücher  2^jm 
Vorwurf  zu  machen:  ich  führe  die  Tatsache  nur  an  als  ein  2^eichf:n 
des    durchweg  in   der   mythologischen  Literatur   herrschenden    viel- 


7  2  Der  Naturmythus. 


deutigen  Gebrauchs  dieser  Benennungen.  Dennoch  scheint  es  mir 
nicht  ganz  gleichgültig  zu  sein,  wie  man  in  diesem  Fall  die  Bezeich- 
nungen anwendet.  Hinter  den  Namen  verbergen  sich  ja  stets  die 
Begriffe  selbst,  und  so  willkürlich  und  gleichgültig  daher  die  Be- 
nennung irgend  einer  Erzählung  an  sich  sein  mag,  so  überträgt  sich 
doch  unvermeidlich  etwas  von  dem  herkömmlicher  Weise  durch  den 
Namen  gedeckten  Begriff  auf  die  Sache  selbst,  oder  wenn  die  Be- 
zeichnungen immer  mehr  ineinanderfließen,  so  verwischen  sich  schließ- 
lich auch  die  Unterschiede  der  Dinge.  Mag  aber  auch  dieser  Gefahr 
durch  eine  nähere  Erläuterung  vorgebeugt  werden,  so  wird  es  immer- 
hin zweckmäßiger  sein,  einem  gegebenen  Thema  von  vornherein 
den  Namen  zu  geben,  auf  den  es  nun  einmal  nach  der  geschicht- 
lichen Entwicklung  unserer  wissenschaftlichen  Terminologie  Anspruch 
erheben  kann.  Gleichwohl  genügt  in  diesem  Fall  der  Hinweis  auf 
die  ursprüngliche  Bedeutung  keineswegs,  um  der  Vermengung  der 
Formen  zu  steuern.  Denn  erstens  sind  auch  hier  die  Namen  einem 
unvermeidlichen  Bedeutungswandel  unterworfen  gewesen,  der  meist 
die  Nötigung  herbeiführte,  sie  über  ihre  einstigen  Grenzen  zu  er- 
weitem; und  zweitens  ist  jener  Zustand  des  Ineinanderfließens  der 
Begriffe  kein  willkürlich  oder  zufällig  herbeigeführter,  sondern  er  be- 
ruht darauf,  daß  sich  gerade  die  Formen  des  Mythus  am  allerwenigsten 
an  eine  Regel  binden,  durch  die  Verschlingungen  und  Verschmelzungen 
der  Formen  vermieden  würden.  Weit  mehr  ist  das  natürlich  noch 
bei  jenen  kunstmäßigen  Formen  der  Dichtung  der  Fall,  die  den  aus  der 
Volksüberlieferung  hervorwachsenden  Märchen,  Sagen  und  Legenden 
nachgebildet  sind.  So  ist  denn  überhaupt  die  Frage  nach  ihrer  an- 
gemessenen Begrenzung  und  nach  den  Merkmalen,  die  jeder  von 
ihnen  eigentümlich  sind,  keineswegs  eine  bloß  geschichtliche  oder 
gar  mythengeschichtliche,  sondern  sie  ist  zugleich  eine  psychologisch- 
ästhetische Frage.  Die  folgenden  Bemerkungen  sollen  daher  zunächst 
von  der  letzteren  Seite  als  der  einfacheren  ausgehen;  und  im  An- 
schlüsse daran  soll  dann  versucht  werden,  das  so  sich  ergebende  all- 
gemeine Verhältnis  jener  Formen  erzählender  Dichtung  auf  die  Be- 
ziehungen anzuwenden,  in  denen  sie  als  Entwicklungsformen  des 
Mythus  zueinander  stehen. 


Märchen,  Sage  und  Legende  als  Entwicklnngsformen  des  Mythus.  33 

b.  Das  Märchen. 

Unter  den  genannten  Formen  haben  wir  das  Märchen  als  die- 
jenige kennen  gelernt,  die  nach  den  ethnologischen  Zeugnissen  wie 
nach  den  psychologischen  Merkmalen  als  die  ursprünglichste  gelten 
muß  *).  Bei  den  primitivsten  Völkern  ist  es  die  verbreitetste  und 
neben  den  Anfangen  des  Liedes  die  einzige  Form  der  Dichtung, 
und  noch  bei  den  Kulturvölkern  weisen  mannigfache  Spuren  darauf 
hin,  daß  sich  die  höheren  epischen  Formen  auf  einer  ursprüng- 
licheren Grundlage  märchenhafter  Erzählungen  entwickelt  haben. 
Diese  Ursprünglichkeit  ist  aber  zugleich  eine  unmittelbare  Folge  der 
psychologischen  Natur  des  Märchens.  Ein  Kind  des  Augenblicks 
bedarf  es  keiner  in  ferne  Vergangenheit  zurückreichender  Erinnerung, 
sondern  wandelt  die  Eindrücke  der  täglichen  Umgebung  unter  der 
Wirkung  der  Affekte  des  Wunsches  und  der  Furcht,  von  denen  sie 
begleitet  sind,  mit  phantastischer  Willkür  in  eine  erträumte  Wirklich- 
keit um.  Eben  darin,  daß  die  Märchenerzählung  nichts  als  dieses 
freie  Spiel  der  Phantasie  voraussetzt,  das  sich  an  einem  einfachen, 
keine  längere  Tradition  und  Reflexion  erfordernden  Stoff  betätigt,  liegt 
der  Grund,  daß  das  Märchen  noch  heute  die  der  kindlichen  Phantasie 
adäquate  Form  epischer  Dichtung  geblieben,  ebenso  wie  es  der- 
einst der  Anfang  einer  solchen  gewesen  ist,  und  sich  auf  primitiven 
Kulturstufen  noch  heute  diese  Stellung  bewahrt  hat.  In  der  Ähnlich- 
keit, die  in  dieser  Beziehung  das  Bewußtsein  des  Kindes  mit  dem 
des  primitiven  Menschen  trotz  aller  auch  hier  nicht  zu  übersehender 
Unterschiede  besitzt,  liegt  denn  auch  das  zwingende  Motiv  dafür,  daß 
gelegentlich  ein  einer  höheren  epischen  Gattung  angehörender  Stoff 
in  der  Kindererzählung  wieder  zum  Märchen  werden  kann.  Doch 
ist  das  weder  ein  Beweis,  daß  das  Märchen  überhaupt  auf  diesem 
Wege  der  Rückbildung  entstanden  sei,  noch  auch,  daß  in  den  Fällen, 
in  denen  wir  einem  und  demselben  Stoff  sowohl  in  der  Form  der 
höheren  epischen  Dichtung  wie  in  der  des  Märchens  begegnen,  jene 
erste  Form  die  primäre  sei.  Vielmehr  kann  nicht  minder  ein  ur- 
sprünglicherer Märchenstoff  unter  der  Einwirkung  äußerer  Bedingungen, 
besonders    solcher,    die    mit   der  Entwicklung    einer   geschichtlichen 


')  Vgl.  Teil  I,  S.  326  fr. 
Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3. 


7  4  I^cr  Natarmythas. 


Tradition  verbunden  sind,  entweder  nach  seinem  ganzen  Inhalt  oder 
in  einzelnen  seiner  Bestandteile  in  die  höheren  epischen  Formen 
übergegangen  sein.  Daß  von  diesen  beiden  möglichen  Fällen  der 
zweite  im  ganzen  der  häufigere  und  unter  zweifelhaften  Umständen 
der  wahrscheinlichere  ist,  dies  ergibt  sich  aber  aus  der  Vorherr- 
schaft der  Märchendichtung  bei  primitiveren  Völkern  und  aus  den 
bei  ihnen  zu  beobachtenden  direkten  Übergängen  zu  Stammessagen, 
in  die  neben  den  fortan  bestehen  bleibenden  Märchenmotiven  dunkle 
Erinnerungen  an  Wanderungen  der  Völker  und  an  Helden  der  Vor- 
zeit verwebt  sind,  sowie  aus  der  überaus  häufigen  Aufnahme  völlig 
märchenhafter  Züge  oder  einzelner  Märchenepisoden  in  das  ausge- 
bildete Epos.  Man  denke  nur  an  die  noch  völlig  zwischen  Märchen 
und  Sage  mitten  inne  stehende  Epik  der  Serben  und  Kirgisen  oder 
auch  auf  einer  höheren  Stufe  epischer  Kunst  an  die  Märchenepisoden 
der  Odyssee'). 

Indem  zwischen  dem  Märchen  und  den  in  der  Entwicklung  der 
Gattungen  der  Dichtung  nach  ihm  kommenden  Formen  der  poetischen 
Erzählung  die  Sage  ein  wichtiges  Mittelglied  bildet,  kann  auch  sie 
sowohl  in  der  allgemeinen  Volksüberlieferung  wie  in  Erzählungen 
vorkommen,  die  sich  lange  vor  ihrer  etwaigen  schriftlichen  Fixierung 
mit  mannigfachem  Wechsel  der  Form  und  nicht  selten  mit  mannig- 
fachen Variationen  des  Inhalts  in  der  mündlichen  Tradition  fortpflanzen. 
Oder  sie  kann  als  reine  Kunstdichtung  entstehen,  die  entweder  an 
die  überlieferten  Stoffe  sich  anlehnt  oder  vollkommen  freie  Erfindung 
ist,  die  nur  in  ihrer  Form  jene  im  Volke  lebenden  Erzählungen  nach- 
ahmt. In  allen  diesen  Fällen  ist  aber  das  Märchen  von  der  Sage 
und  ihrer  Nebenform  der  Legende,  durch  Merkmale  geschieden,  die 
es  an  sich  schon  als  die  ursprünglichere  Form  erscheinen  lassen. 
Was  das  Märchen  erzählt,  ist  überall  und  nirgends  geschehen.  Es 
fehlen  ihm  die  Beziehungen  auf  Ort  und  Zeit,  soweit  sich  solche 
nicht  in  dem  Kolorit  der  allgemeinen  Kultur  verraten,  der  der  Ur- 
sprung oder  die  spätere  Gestaltung  des  Märchens  angehört,  durch 
die  der  einer  älteren  Kulturgeschichte  angehörende  Inhalt  lebens- 
fähig bleibt.     In   der  Verknüpfung  der  Ereignisse  folgt  aber  dieses 


*)  Vgl.  Teil  I,    S.  3  26  ff.    und   hinsichtlich    der  Übergangsfonncn   des  Märchens 
zum  Epos,  ebenda  S.  366  f. 


4  Märchen,  Sage  und  Legende  als  Entwicklangsformen  des  Mythus.  3  j 

nicht  den  Gesetzen  der  Wirklichkeit,  sondern  den  Eingebungen  der 
von  den  Affekten  der  Freude  an  Glück  und  Glanz  und  der  Furcht 
vor  dem  Unheimlichen  erregten  Phantasie.  So  gibt  es  denn  auch 
keine  Grenze,  die  hier  den  Menschen  von  den  durch  die  Phantasie 
belebten  Gegenständen  seiner  Umgebung  trennt.  Menschen  verwandeln 
sich  in  Tiere  und  Tiere  in  Menschen  oder  beide  sogar  in  Steine  und 
Bäume,  und  demnach  können  in  dieser  Zauberwelt  nebeneinander 
Menschen,  Tiere  und  gelegentlich  selbst  Pflanzen  und  andere  Natur- 
objekte als  redende  und  handelnde  Wesen  auftreten.  Die  Samm- 
lungen der  Volksmärchen  wie  die  ihnen  nachgebildeten  Kunstdichtungen 
bieten  hier  eine  Fülle  von  Beispielen,  nur  weichen  die  letzteren  nicht 
selten  in  doppelter  Richtung  von  dem  echten  Volksmärchen  ab. 
Bald  nehmen  sie  bestimmtere  Beziehungen  zu  Ort  und  Zeit  auf  und 
werden  so  zu  Mischformen  aus  Märchen  und  Sage,  bald  verwenden 
sie  die  in  dem  echten  Märchen  nur  sparsam  vorkommende  Belebung 
lebloser  Natur-  und  selbst  Kunstobjekte  im  Übermaß.  Zur  ersteren 
Gattung  gehören  manche  Stücke  aus  Tausend  und  eine  Nacht  samt 
ihrer  das  Ganze  bereits  in  die  Sphäre  der  Sage  erhebenden  Rahmen- 
erzählung. Die  zweite  Form  wird  durch  nicht  wenige  neuere  Dichtungen 
besonders  auch  solche  des  trefflichen  Andersen  vertreten.  Duieii 
gegenüber  bilden  die  bekannten  und  zumeist  in  vielen  Parallelen  über 
andere  Länder  verbreiteten  Stücke  der  Grimmschen  Sammlung^  wie 
Rotkäppchen,  Aschenputtel,  Tischlein  deck  dich,  Allerleibraiih^  Dom- 
röschen und  viele  andere  treffende  Beispiele  echter  Märdiendicbtimg. 
Daß  das  Volksmärchen  diese  Züge  des  reinen  Märchens  treuer  be- 
wahrt hat  als  die  Kunstdichtung,  ist  wohl  weniger  in  dem  individuelleren 
Ursprung  der  letzteren  als  vielmehr  darin  begründet,  daß  der  Stoff 
solcher  Volksdichtung  in  den  Umwandlungen,  die  er  bei  der  Tradition 
von  einem  Erzähler  zum  andern  erfahrt,  weit  mehr  den  allgemeijiea 
Bedingungen  sich  anpassen  muß,  unter  denen  die  aller  Sdiranken 
spezifischer  Bildungseinflüsse  ledige  Phantasie  eines  Volkes  iteht 
Dieser  Zustand  ist  aber  in  der  Phantasie  des  Kindes  am  meiiliea  rer- 
u-irklicht,  weil  diese  am  wenigsten  von  den  besonderen  getdiiftglichrto 
Einflüssen  berührt  wird,  die  die  Erhebung  des  Märchent  im  Ssi^^ 
veranlassen.  Darum  trägt  das  echte  Märchen  den  NaflKS  »lünr^- 
märchen«  im  Grunde  zu  Unrecht.  Denn  seine  ÜbereiMtiHMnc^  -zsc 
der  kindlichen  Phantasie  ist  nur  eine  Folge  jener  hmfmmmg  42.  * 

r 


^5  ^^cr  Naturmythas. 


allgemeinsten,  von  besonderen  Bildungseinflüssen  unabhängigen  B< 
dingungen,  unter  denen  die  Volksphantasie  steht.  Darum  kann  ; 
auch  der  erwachsene  und  vor  allem  der  gebildete  Mensch  so  gi 
wie  das  Kind  den  Zauber  des  Märchens  genießen,  nicht  weil  er,  w 
das  eine  verbreitete  Meinung  ist,  seine  Phantasie  künstlich  auf  d 
Stufe  des  Kindes  zurückversetzt,  sondern  weil  er  sich  an  ihrem  freie 
Spiel  erfreut,  bei  dem  er  des  Zwangs  entledigt  ist,  den  Wirklichkc 
und  Reflexion  sonst  auf  ihn  ausüben., 

c.  Die  Sage. 

Vom  Märchen  scheidet  sich  nun  die  Sage  durch  die  Beziehui 
der  erzählten  Begebenheiten  auf  einen  bestimmten  Ort  und  eine  b 
stimmte  Zeit,  wozu  als  drittes  Merkmal  auch  noch  die  Beziehung  a 
wirkliche  Persönlichkeiten  der  Geschichte  hinzutreten  kann.  Do< 
dieses  letztere  Merkmal  ist  zwar  ein  sehr  häufiges,  aber  es  ist  keine 
wegs  ein  notwendiges.  Vielmehr  genügen  Ort  und  Zeit,  wenn  s 
auch  nur  als  allgemeine  geschichtliche  Orientierungspunkte  gegeb< 
sind,  vollständig,  um  der  Erzählung  einen  gewissen  Grad  historisch 
Glaubwürdigkeit  zu  geben.  Gesteigert  wird  dann  dieser  noch  d 
durch,  daß  im  Hintergrund  der  Sage  bestimmte  in  der  Traditic 
fortlebende  Ereignisse  stehen.  So  würden  die  Beziehungen  auf  d 
Kämpfe  um  Troja  in  dem  griechischen  oder  die  auf  die  Bui^^d< 
und  Hunnen  in  dem  deutschen  Epos  der  Erzählung  den  Qiarakti 
der  Sage  verleihen,  auch  wenn  keiner  der  Fürsten,  die  nach  Trp 
zogen,  und  keiner  der  Helden  der  Nibelungensage  jemals  gele' 
haben  sollte.  Die  Sage  kann  demnach  vollkommen  erdichtete  E 
eignisse  berichten,  und  ihre  Helden  können  ganz  und  gar  erfund< 
sein,  der  Umstand,  daß  sie  sich  als  Erzählung  eines  der  Geschieh 
angehörenden  Ereignisses  gibt,  genügt  vollständig,  um  sie  vom  Märch< 
zu  scheiden.  Dagegen  hat  sie  mit  diesem  noch  jene  Kausalität  d 
Zaubers  gemein,  die  auch  hier  im  Grunde  nichts  anderes  als  d 
Projektion  der  eigenen  Wünsche  und  Befürchtungen  in  die  Begebe; 
heiten  ist.  Nur  zieht  allerdings  der  Schein  des  Geschichtlichen,  d< 
sich  die  Sage  gibt,  dieser  Phantastik  des  Zaubers  engere  Schranke 
Die  Tierverwandlungen  und  die  grotesken  Naturwunder  treten  zurü< 
gegen  die  mit  den  Vorstellungen  der  Wirklichkeit  eher  vereinbart 
Talismane  und  Amulette  der  von  dämonischen  Wesen  geschmiedet« 


; 


Märchen,  Sage  und  Legende  als  Entwicklungsformen  des  Mythos.  37 

Zauberwaflfen,  der  Zaubermittel,  die  den  Körper  unverwundbar  machen 
und  der  Seele  magische  Kräfte  verleihen.  So  werden  in  der  Sage 
zumeist  nur  Erscheinungen,  wie  sie  auch  das  wirkliche  Leben  bietet, 
ins  Wunderbare  gesteigert,  und  insonderheit  der  Sagenheld  selbst 
besitzt  nur  die  allgemein  menschlichen  Eigenschaften  in  einem  die 
natürlichen  Grenzen  menschlicher  Kraft  weit  überschreitenden  Maße. 
Diese  Tendenz,  die  im  Märchen  unbeschränkt  waltende  Macht  der 
Phantasie  auf  eine  Steigerung  natürlicher  Eigenschaften  zu  beschränken, 
erscheint  so  als  eine  unmittelbare  Folge  jener  Beziehung  der  Sage 
auf  bestimmte  Länder  und  Zeiten,  auf  geschichtliche  Ereignisse  und 
Persönlichkeiten.  Sie  fuhrt  damit  aber  zugleich  zu  einer  energischeren 
Ausbildung  der  persönlichen  Eigenschaften  des  Sagenhelden.  Bietet 
auch  der  Märchenheld  schon  in  den  typischen  Figuren  des  Starken 
und  des  Schlauen  die  ersten  Anfange  einer  solchen  Charakteristik, 
so  bleibt  er  doch  im  übrigen  weit  mehr  ein  Spielball  äußerer  Zauber- 
kräfte, als  daß  er  selbstätig  die  Handlung  bestimmte').  Ganz  anders 
der  Sagenheld,  in  dem  sich  nicht  nur  jene  allgemeinen  Typen  in 
der  mannigfaltigsten  Weise  individualisieren,  sondern  der  vor  allem 
auch  ungleich  mehr  durch  sein  eigenes  Handeln  in  die  Ereignisse 
eingreift.  Mit  dieser  zunehmenden  Vermenschlichung  des  Helden  geht 
die  Scheidung  von  der  Tierwelt,  wie  sie  schon  in  dem  Schwinden 
der  höchstens  in  spärlichen  Märchenresten  stehen  gebliebenen  Tier- 
verwandlungen sich  ausspricht,  Hand  in  Hand.  Die  Tiere  werden, 
indem  auch  sie  die  Wirklichkeit  nur  in  einer  phantastisch  gesteigerten 
Form  spiegeln,  zu  treuen  und  durch  die  Zauberkräfte,  mit  denen  sie 
gleichfalls  ausgestattet  sind,  hilfreichen  Begleitern  des  Menschen,  unter 
ihnen  vor  allen  das  Roß  des  Helden,  oder  sie  werden  zu  furchtbaren 
von  ihm  bekämpften  Ungeheuern,  in  deren  Schlangen-  und  Vogel- 
gestalten die  alten  Seelendämonen  noch  fortleben.  Die  Pflanze  aber 
kann  ein  belebend  oder  tötlich  wirkendes  Mittel  in  der  eigenen  Hand 
oder  in  der  der  feindlichen  Mächte  sein,  deren  Nachstellungen  der 
Held  unterliegt. 

Wie  das  Märchen,  so  ist  schließlich  auch  die  Sage  ebensowohl 
in  der  Form  der  Volksdichtung  wie  als  individuelle  Kunstdichtung 
möglich.     Doch  die   im   ganzen    höhere   Stufe    der   Kultur   und    die 


«)  Vgl.  Teil  I,  S.  3S2f. 


38  ^cr  Natnrmythtu. 


geschichtliche  Perspektive,  die  die  Sage  im  Gegensatz  zum  Märchen 
eröflfnet,  begünstigen  hier  eine  engere  Verbindung  der  Kunstdichtung 
mit  der  in  der  Tradition  lebenden  Volkssage  und  eine  dichterische 
Fortbildung  und  Umwandlung  der  letzteren,  wie  sie  bei  dem  Volks- 
märchen infolge  seiner  scharfen  Sonderung  von  der  es  nachahmenden 
Kunstdichtung  bei  weitem  nicht  in  gleichem  MaDe  besteht.  Der  in 
der  allgemeinen  Überlieferung  lebende  Sagenstoff  pflegft  freilich,  so 
gvit  wie  der  des  Märchens,  zunächst  ein  einzelnes  Ereignis  zu  sein. 
Die  von  Mund  zu  Mund  sich  fortpflanzende  Sage  behandelt  ein  eng  be- 
grenztes Thema,  sie  erzählt  einen  an  einen  bestimmten  Ort  gebimdenen 
oder  in  eine  bestimmte  geschichtliche  Umgebung  versetzten  phan- 
tastisch ausgeschmückten  Vorgang.  Aber  indem  gewisse  über  längere 
Zeiten  sich  erstreckende  Ereigfnisse  und  einzelne  sagenhafte  Persön- 
lichkeiten sich  durch  eine  größere  Zahl  solcher  Erzählungen  hindurch- 
ziehen, regen  sie  die  Phantasie  einzelner  Dichter  an,  diese  zunächst 
wohl  nur  äußerlich  zusammengehaltenen  Stücke  zu  einer  Einheit  zu 
verbinden  und  ihnen  eine  rhythmisch  und  melodisch  zu  gesteigertem 
Eindruck  erhobene  künstierische  Form  zu  geben.  Ob  es  ein  einziger 
Dichter  ist,  der  in  dieser  Weise  einen  zusammenhängenden  Sagen- 
stoff gestaltet,  ober  ob  aus  den  Liedern  vieler  Rhapsoden  schließlich 
wiederum  durch  die  endgültige  Bearbeitung  eines  einzelnen  das  Ganze 
sich  mehr  mosaikartig  zusammensetzt,  ist  fiir  den  allgemeinen  Charakter 
des  letzteren  gleichgültig.  Das  Wesentiiche,  das  hier  die  zum  Epos 
werdende  Sage  von  dem  Märchen  scheidet,  ist  eben  dies^  daß  die 
Sage  an  bestinunte  Ort-  und  Zeitbeziehungen  und  in  ihren  höheren 
Formen  an  bestimmte  der  Geschichte  zugezählte  Helden  geknüpft  ist, 
und  dadurch  bereits  das  Motiv  zur  Zusammenfugfung  einer  Menge 
an  den  gleichen  Ort,  die  gleiche  Zeit  und  vor  allem  an  die  gleichen 
Helden  geknüpften  Sagenstoffe  in  sich  schließt,  damit  aber  auch  eine 
ungleich  eingreifendere  dichterische  Verarbeitung  herausfordert  Als 
das  Material  solcher  Verarbeitung  dienen  jedoch  sichtlich  nicht  bloß 
jene  in  der  Tradition  lebenden  und  zum  Teil  selbst  schon  märchen- 
haft umgestalteten  Erinnerungen,  sondern  auch  die  im  Volke  gleich- 
zeitig lebenden  Märchenstoffe,  die  der  Sage  inkorporiert  und  so  aus 
jener  ursprünglichen  Beziehungslosigkeit  zu  Zeit  und  Raum  gelöst 
werden.  Ein  sprechendes  Zeugnis  dafür  ist  die  Tatsache,  daß  nunmehr 
in  die  Sage  zahlreiche  Züge  eingehen,  die  selbst  nach  dieser  Aufnahme 


Märchen,  Sage  und  Legende  als  Entwicklnogsformen  des  Mythus.  ^q 

in  einen  epischen  Sagenzyklus  ihren  märchenhaften  Qiarakter  beibe- 
halten, nur  daß  dieser,  gemäß  der  Stimmung  einer  kriegerischen  Um- 
gebung und  der  höheren  Kultur,  der  der  epische  Sänger  angehört, 
gleichfalls  auf  einen  erhabeneren  Ton  abgestimmt  ist.  Hierdurch  er- 
klärt es  sich  auch,  daß  jene  Zauberwelt  des  ursprünglichen  Märchens 
in  den  vereinzelten  Volkssagen,  obgleich  ihnen  dem  epischen  Sagen- 
zyklus gegenüber  im  allgemeinen  die  größere  Ursprünglichkeit  zu- 
geschrieben werden  muß,  doch  eine  viel  geringere  Rolle  spielt  als  in 
dem  kunstmäßig  ausgebildeten  Epos.  Die  Einzelsage  entfernt  sich 
oft  nur  wenig  von  dem  Boden  des  geschichtlich  Möglichen.  Ihre 
mjrthologischen  Ingredienzien  sind  zumeist  die  der  niederen  Gattung. 
Es  sind  die  Geister,  die  in  einsamen  Burgen  ihr  Wesen  treiben,  die 
Wald-  und  Bergdämonen  und  die  Zaubermittel  der  Befschwörungen 
und  Amulette,  die  in  dem  Volksglauben  heute  noch  ihre  Rolle 
spielen.  Erst  in  dem  Sagenzyklus,  der  die  Schicksale  von  Helden 
und  Heldengeschlechtem  poetisch  verherrlicht,  steigern  sich  mit  der 
Größe  der  Aufgabe  die  Mittel,  deren  die  dichterische  Phantasie  bedarf, 
um  die  Ereignisse  in  eine  das  Maß  des  alltäglichen  Lebens  über- 
ragende Höhe  zu  heben.  Damit  steigern  sich  notwendig  auch  die 
Ansprüche  an  die  Zauberwelt,  die  den  Hintergrund  der  bereits  vom 
ersten  Dämmerlicht  der  Geschichte  beleuchteten  Handlungen  bildet, 
auf  dem  sich  das  durch  diesen  weiteren  historischen  Horizont  selbst 
schon  vergrößerte  Bild  der  Helden  und  ihrer  Taten  bewegt.  So 
nimmt  hier  der  in  der  Einzelsage  nicht  selten  zu  einem  kümmer- 
lichen Rest  geschwundene  mythologische  Apparat  immer  mächtigere 
Formen  an.  Die  Geister  und  Dämonen  der  Einzelsage  mit  ihrem  auf 
den  momentanen  Eindruck  des  Unheimlichen  oder  Überraschenden 
gestinmiten  Eintagsleben  genügen  der  dichterischen  Phantasie  nicht 
mehr.  An  die  Stelle  jener  an  Zahl  unbegrenzten,  aber  eines  indivi- 
duellen Charakters  entbehrenden  Zauberwesen  treten  die  persönlichen 
Götter,  wie  sie  indessen  im  Kultus  zur  Herrschaft  gelangt  sind  und 
unter  dessen  Einfluß  jene  niedere  Dämonenwelt  mehr  und  mehr 
zurückgedrängt  haben.  Sie  mischen  sich  nun  in  die  Kämpfe  der 
menschlichen  Helden,  womit  sich  dann  dieses  von  der  epischen  Sage 
entworfene  Bild  auf  die  Götterwelt  selbst  überträgt.  In  der  epischen 
Ausgestaltung  der  Göttersage  wiederholt  so  die  dichterische  Phantasie 
gerade  hier,  wo  sie  wiederum  den  geschichtlichen  Boden  ganz  unter 


40  Der  Naturmythus. 


sich  verliert,  das  in  ort-  und  zeitloser  Phantastik  schweifende  Märchen 
auf  einer  höheren  Stufe.  Hiermit  kehren  aber  auch  vornehmlich  in 
der  Göttersage  die  alle  Grenzen  überschreitenden  Zauberwirkungen 
wieder,  die  das  Märchen  in  seinen  noch  durch  keine  Bande  einer 
geschichtlichen  Wirklichkeit  gefesselten,  nur  von  dem  schrankenlosen 
Walten  der  Phantasie  eingegebenen  Gebildeti  geschaffen  hat.  So 
verliert  die  Göttersage  wieder  den  Charakter  der  eigentlichen  Sage. 
Auch  sie  schwebt  nun  über  Raum  und  Zeit,  als  ein  Geschehen,  das 
sich  überall  und  nirgends  ereignet,  und  das  eben  dadurch  seine 
Wiederholung  im  Kultus  herausfordert,  eine  Nachahmung,  hinter  der 
allezeit  das  dem  Zauber  immanente  Motiv  steht,  auf  den  Nachahmen- 
den selbst  die  Zauberkräfte  zu  leiten,  die  den  göttlichen  Wesen  zu- 
geschrieben werden.  Nur  darin,  daß  die  Göttergeschichte  mit  einzelnen 
bevorzugten  Helden,  die  in  die  geschichtliche  Vergangenheit  des 
Volkes  verlegt  werden,  in  Verbindung  tritt,  schiebt  sich  zwischen  die 
Götter-  und  Heldensage  in  der  Heroensage  ein  Zwischengebilde  ein, 
das,  an  den  Eigenschaften  beider  teilnehmend,  Übergänge  vermittelt 
und  die  Grenzen  zwischen  beiden  um  so  zweifelhafter  machen  kann, 
als  die  Grenzen  zwischen  den  Heroen  und  den  Göttern  selbst  unsichere 
zu  sein  pflegen. 

Indem  nun  aber  die  Göttersage  überall  da,  wo  sie  solcher  Be- 
ziehungen zu  menschlichen  Helden  und  durch  sie  der  Verbindungen 
mit  irgend  einer  sagenhaften  Vorgeschichte  entbehrt,  den  Qiarakter 
des  Märchens  mit  allen  seinen  grotesken  Zauberwundem  auf  einer 
höheren,  die  Züge  des  Märchens  ins  Ungeheure  steigernden  Stufe 
wiederholt,  wird  der  Ausdruck  >Sage«  besonders  da,  wo  selbst  die 
Bestandteile  der  Heroensage  aus  ihr  verschwinden,  immer  unanwend- 
barer. Ebenso  entfernt  sie  sich  sowohl  durch  den  Schauplatz  ihrer 
Handlung  wie  durch  die  Größe  der  Göttergestalten  und  endlich 
durch  die  von  dem  Sagenzyklus  herübergenommene  Verknüpfui^ 
der  geschilderten  Vorgänge  von  dem  in  allen  diesen  Beziehungen 
auf  einer  primitiveren  Stufe  verbliebenen  Märchen.  Demgemäß  pflegt 
man  denn  auch  beiden,  der  Helden-  und  Heroensage  auf  der  einen 
und  dem  Märchen  auf  der  andern  Seite,  den  Göttermythus  als 
eine  dritte  Form  der  Volksdichtung  gegenüberzustellen,  die  mit  der 
Sage  die  Verbindung  zu  einem  epischen  Ganzen,  mit  dem  Mär- 
chen das  freiere  Spiel  der  Phantasie  und  die  Entrückung  über  die 


Märchen,  Sage  und  Legende  als  Entwicklirngsformen  des  Mythus.  41 

Schranken  von  Raum  und  Zeit  gemein  hat,  über  beide  aber  durch 
seinen  erhabeneren  Inhalt  emporragt.  Damit  pflegt  man  dann  auch 
noch  die  weitere  Voraussetzung  zu  verbinden,  der  auf  solche  Weise 
gleichzeitig  zwischen  und  über  jenen  andern  Formen  stehende  Götter- 
mythus sei  die  ursprüngliche  Quelle  beider,  indem  der  Mythus 
zur  Sage  werde,  sobald  er  zu  bestimmten  Landschaften  und  histo- 
rischen Erinnerungen  mit  den  dazu  gehörigen  Begebenheiten  in  Be- 
ziehung trete,  und  daß  er  zum  Märchen  herabsinke,  wenn  sich  die 
Mythenerzählung  zur  Stufe  der  kindlichen  oder  der  ihr  ähnlichen 
naiven  Volksphantasie  herablasse.  Diese  Annahme  gründet  sich  aber 
auf  mythologische  und  ästhetische  Voraussetzungen,  die  allen  Ge- 
setzen psychologischer  Wahrscheinlichkeit  widerstreiten,  und  die  ge- 
schichtlich mit  einem  gewissen  Schein  der  Wahrheit  nur  dann  auf- 
recht erhalten  werden  können,  wenn  man  die  historische  Entwicklung 
überhaupt  erst  bei  dem  Punkte  beginnen  läßt,  bis  zu  dem  im  all- 
gemeinen die  Tradition  der  Kulturvölker  zurückreicht.  Auf  diese 
Weise  kommt  man  zu  der  Vorstellung,  alle  Mythologie  habe  mit 
einem  Göttermythus  begonnen,  aus  diesem  sei  durch  die  Aufnahme 
geschichtlicher  Erinnerungen  die  Sage,  und  aus  beiden  sei  dann 
wieder  durch  eine  mit  dem  Verfall  des  Götterglaubens  Hand  in  Hand 
gehende  Degeneration  das  Märchen  entstanden.  So  bewegen  sich  hier 
Mythus  wie  Dichtung  in  absteigender  Richtung.  Der  den  Mythus 
und  die  älteste  Dichtung  beherrschende  Glaube  an  erhabene  Himmels- 
götter soll  auf  der  einen  Seite  der  Heldensage  Platz  machen,  in  der 
die  Götter  in  ihrer  Größe  mehr  und  mehr  auf  das  menschliche  Maß 
herabsinken,  und  auf  der  andern  in  dem  aus  dunkeln  Erinnerungen 
an  die  einstige  Helden-  und  Götterwelt  und  aus  willkürlichen  phan- 
tastischen Einfallen  zusammengesetzten  Kindermärchen  ausklingen. 
In  dieser  nach  zwei  Seiten  hin  rückwärts  gerichteten  Entwicklung 
erblickt  man  zugleich  einen  unmittelbaren  Ausdruck  der  Tatsache, 
daß  überall,  wo  sich  dieser  Prozeß  in  der  Geschichte  verfolgen  läßt, 
mit  dem  schwindenden  Götterglauben  auch  der  Göttermythus  allmäh- 
lich verblaßt  oder  höchstens  in  den  nie  ganz  erlöschenden  niederen 
Dämonen-  und  Zaubervorstellungen  noch  fortlebt. 

Doch  so  unzweifelhaft  solche  Erscheinungen  regressiver  Entwick- 
lung vorkommen,  und  so  wahrscheinlich  es  daher  ist,  daß,  ähnlich  wie 
sich  alte  Kultformen  in  bedeutungslos  gewordenen  Bräuchen  erhalten, 


^2  Ücr  Naturmythus. 


SO  auch  gelegentlich  in  zerstreuten  Einzelsagen  und  Märchen  Reste 
einer  vormaligen  höheren  Mythologie  anzutreffen  sind,  so  unmöglich 
ist  es,  daß  mit  einem  solchen  höheren  Göttermythus  die  mytho- 
logische Entwicklung  begonnen  habe.  Der  Annahme,  daß  die  Sagen- 
oder Märchendichtung  überall  auf  jenen  als  die  ursprünglichere 
mythologische  Form  zurückführe,  widersprechen  nicht  nur  die  zahl- 
reichen Volksdichtimgen  dieser  Art,  die  eines  mythologischen  Zu- 
sammenhangs völlig  entbehren,  sondern  dem  widerspricht  vor  allem 
auch  die  Mythendichtung  primitiver  Völker.  Hier  fallen,  wie  wir 
bald  sehen  werden,  Naturmythus  und  Naturmärchen  völlig  zusammen. 
Einen  Göttermythus  gibt  es  überhaupt  nicht,  oder  wenn  man  von 
ihm  reden  wollte,  so  würde  man  als  solchen  nur  gewisse  Märchen 
und  Märchenzyklen  bezeichnen  können,  die  sich  ganz  in  jener 
niederen  Sphäre  phantastischen  Zaubers  bewegen,  wie  sie  unseren 
Zaubermärchen  noch  eigen  ist,  ebenso  wie  auch  die  Kulte  solcher 
Völker  den  Zauberbräuchen,  die  in  dem  Aberglauben  der  Kultur- 
völker als  Reste  früherer  ausgebildeterer  Kulte  vorkommen  können, 
verwandt  sind.  Nehmen  wir  zu  diesen  ethnologischen  Tatsachen 
die  mannigfachen  Spuren,  die  uns  auch  in  den  Göttermythen  der 
Kulturvölker  als  Hinweise  auf  einen  ursprünglicheren,  den  Märchen- 
charakter ausgesprochener  an  sich  tragenden  Zustand  des  Mythus 
begegnen,  so  wird  jene  naturmythologische  Theorie  eines  anfang- 
lichen Göttermythus,  aus  dem  durch  eine  Art  fortschreitender  De- 
generation die  niederen  Formen  mythologischer  Dichtung  hervor- 
gegangen seien,  unwiederbringlich  zerstört.  Sie  entspricht  so  wenig 
der  Wirklichkeit  wie  der  Mythus  vom  goldenen  Zeitalter.  Vielmehr 
eröffnet  sich  uns  der  Ausblick  auf  eine  auf-  und  eine  absteigende 
Phase  mythologischer  Entwicklung,  die  sich  in  der  Mythenerzählung 
wie  im  Kultus  sowohl  in  dem  Nebeneinander  der  Kulturstufen  wie 
in  dem  den  Zeugnissen  der  Überlieferung  zu  entnehmenden  Nach- 
einander der  Zustände  erkennen  lassen.  Freilich  bringen  es  dabei 
zugleich  die  wesentlich  abweichenden  Bedingungen  der  gesamten 
geistigen  Kultur,  die  diese  Entwicklung  begleiten,  mit  sich,  daß  weder 
die  uns  heute  gegebenen  Zustände  niederer  Rassen  als  ganz  über- 
einstimmend mit  den  ursprünglichen  der  Kulturvölker,  noch  daß 
vollends  die  aufsteigenden  Phasen  in  der  Entwicklung  der  letzteren 
als  übereinstimmend  mit  den  absteigenden  gelten  können.     Was  den 


Märchen,  Sage  nnd  Legende  als  Entwicklnngsfonnen  des  Mythos.  /^^ 

primitiven  Zustand  gegenüber  dem  späteren,  abgesehen  von  der  Fülle 
der  sonstigen  Kultureinflüsse,  hier  vor  allem  kennzeichnet,  das  ist  die 
enge  Beziehung,  in  die  im  primitiven  Glauben  der  in  Zaubermärchen 
und  einzelnen  märchenhaften  Sagen  niedergelegte  mythologische  und 
poetische  Inhalt  zu  dem  Kultus  und  den  einzelnen  Zauberriten  tritt, 
die  das  Tun  imd  Lassen  des  Naturmenschen  auf  Schritt  und  Tritt 
begleiten.  Je  inniger  diese  Kultelemente  mit  den  primitiven  Mythen- 
erzählungen teils  ihrem  unmittelbaren  Inhalte  nach  teils  in  ihrer  all- 
gemeinen Gesinnung  zusammenhängen,  um  so  mehr  überträgt  sich 
naturgemäß  auch  der  Glaube  an  die  Wirksamkeit  der  einzelnen  Riten 
auf  die  Mythenerzählungen.  •  So  sehr  diese  daher  in  ihrem  ganzen 
Kolorit  dem  Volksmärchen  der  Kulturvölker  gleichen  mögen,  das 
Motiv  des  Glaubens  unterscheidet  viele  von  ihnen  mindestens  ihrem 
Hauptinhalte  nach.  Freilich  gilt  das  nicht  von  jeder  einzelnen  der- 
artigen Erzählung.  Dem  widersprechen  schon  die  zahlreichen  Vari- 
anten, die  in  der  Regel  umlaufen,  und  die  die  willkürliche  Weiter- 
dichtung und  Ausschmückung  zu  deutlich  verraten,  als  daß  nicht  von 
Anfang  an  vieles  ganz  imd  anderes  wenigstens  zum  Teil  als  freie 
Dichtung  gelten  müßte.  Vielmehr  ist  es  auch  hier  nicht  sowohl  der 
einzelne  Zug  als  der  ganze  Charakter  der  Erzählung,  durch  den  diese 
als  ein  Bild  der  Weltanschauung  des  Naturmenschen  erscheint.  Mit 
der  Loslösung  von  der  letzteren  gehen  denn  auch  alle  diese  Formen 
der  Erzählung  eines  mythischen  oder  im  Geiste  der  mythenbildenden 
Phantasie  erdichteten  Inhalts  sichtlich  mehr  und  mehr  in  eigentliche 
Dichtungen  über,  die  mit  dem  Mythus  fortan  nur  noch  die  Eigen- 
schaften gemein  haben,  die  den  Schöpfungen  der  Phantasie  über- 
haupt zukommen.  Dazu  gehört  innerhalb  der  ganzen  Entwicklimg 
der  mythologischen  Dichtung  und  ihrer  späteren  Nachwirkungen 
insbesondere  auch  der  Zauber,  der,  abgesehen  von  dem  ihn  etwa 
begleitenden  Glauben  an  seine  Wirklichkeit,  eben  nichts  anderes  als 
ein  willküriiches,  von  den  Affekten  der  Furcht  und  Hoffnung  ge- 
tragenes Spiel  der  Phantasie  ist,  und  für  dessen  äußere  Erscheinungs- 
formen es  daher  vollkommen  gleichgültig  bleibt,  ob  er  ganz  oder 
teilweise  geglaubt,  oder  ob  er  bloß  als  eine  dichterische  Erfindung 
angesehen  wird. 

Sind  nun  aus  diesem  Grund,   nicht  minder  wie  infolge  der  oben 
erörterten  engen  Verwebungen  beider,  die  Grenzen  zwischen  Mythus 


44  ^cr  Naturmythus. 


und  Dichtung  fließende,  so  scheitert  auch  jene  angeblich  direkt  aus 
dem  Mythus  in  die  Dichtung  führende  Reihe  der  Begriffe  Götter- 
mythus, Heroensage  und  Märchen  im  Hinblick  auf  das  tatsäch- 
liche Verhältnis  der  gewöhnlich  zu  ihnen  gezählten  Formen  der  Er- 
zählung. Erstens  gibt  es  keinerlei  äußere  Kriterien,  durch  die  sich 
die  Dichtung  von  der  unter  ihrer  Mithilfe  zustande  gekommenen 
mythologischen  Form  scheiden  ließe.  Der  Göttermythus  kann  so- 
wohl die  Form  des  Märchens  wie  die  der  Sage  besitzen;  und  eine 
dieser  beiden  Formen  besitzt  er  immer.  Wo  die  selbst  der  theo- 
gonischen  Sage  zumeist  eigene,  wenn  auch  noch  so  unbestimmte  Be- 
ziehung auf  Raum  und  Zeit  fehlt,  da  wird  eben  der  Mythus  zum 
reinen  Zaubermärchen,  für  das  die  hier  in  den  meisten  Fällen  vor- 
kommende Steigerung  ins  Gewaltige  und  Übermenschliche  oder  die 
Verlegung  über  die  Erde  imd  unter  die  Erde,  deren  sich  auch  das 
gewöhnliche  Märchen  bedienen  kann,  keinerlei  Unterscheidungsmerk- 
mal abgibt.  Zweitens  ist  der  Glaube  an  den  mythischen  Inhalt  ein 
subjektives,  vor  allem  von  den  Beziehungen  zum  Kultus  abhängendes 
Merkmal,  das  fiir  den  objektiven  Inhalt  des  Erzählten  nach  keiner 
Richtung  maßgebend  sein  kann,  und  über  dessen  Vorhandensein  wir 
bei  den  namentiich  aus  älterer  Tradition  stammenden  Mythen  kaum 
mehr  urteilen  können.  Ob  die  nordischen  Skalden  den  Inhalt  der 
Eddalieder,  die  sie  poetisch  geformt,  durchweg  geglaubt  haben,  darf 
man  wahrscheinlich  bezweifeln.  Anderseits  kann  das  Märchen,  das 
einem  Kinde  erzählt  wird,  für  dieses  heute  noch  als  eine  irgendein- 
mal  geschehene  Wirklichkeit  gelten.  Fassen  wir  alle  die  Formen  der 
Erzählung,  deren  Inhalte  irgend  welche  mythologische  Vorstellungen 
bilden,  unter  dem  allgemeinen  Begriff  des  Mythus  zusammen,  so 
kann  daher  dieser  in  den  beiden  Gestalten  des  mythologischen 
Märchens  und  der  mythologischen  Sage  auftreten.  Der  Götter- 
mythus ist  aber  keine  dritte  Gattung  neben  ihnen,  sondern  er  ist  ent- 
weder Märchen  oder  Sage,  oder  er  kann  aus  beiden  gemischt  sein. 

d.  Die  Legende. 

Als  eine  für  die  Entwicklung  des  Mythus  besonders  wichtige 
Unterart  der  Sage  tritt  uns  endlich  in  der  Mythendichtung  der  ver- 
schiedensten Länder  und  Zeiten  die  Legende  entgegen.  Der  heutige 
Gebrauch  des  Wortes  schwankt  zwischen   einer  engeren  und  dner 


.  k^  Der  Sasannwunm. 

<»<U:i  hiiitci'  dem  firobcn  Hasen  5cr  AcTmknnroQzr  wmät  sidi  dann 
uu*|jlUtu^i  Webe  irgend  tsn  messdmiaier  Hdd  oocr  FrfmVr  in 
iiirti*  tMJiihiifmi  LfmbüIiiiÄgca  ital^e^oL  Aber  was.  wx  TJscuct  schon 
«Mti{4MliJUtr4  hat,  von  ^!er  ongdcKsncs  Jfaäxrsibl  dc  i1iit%lTM3if.n  HcQ^cn 
^ilt*),  (U*  0h  tnt  redzr  ric  rnfsrr  jsgcncaiiadiCB  Hciocn  der 
Niluivolk#Tf  «ie  mik!,  so»  grr  vic  osr  ISväms  Tom  goüdcBcn  Zcit- 
rtll^jr,  \'rit\tiMfmi/:n  fiet  eagesKa  Wänsiaic  mct  des  Wales  gcsosscncr 
(/lilur  ifi  /I^n  M/thc»-  In  oc=z  AugeaSÄct.  wo  ädi  &se  WvBcb- 
MM(t  W^rfUf^^if^  ^  <iscr  3l2r=sea-  :«5cr  Sagoigestalt  Tcdräpon, 
(U  wird  rJI^SÄ-^  G-^öitait  zzsn  Hcüöes  cäncr  Les^esdc,  ob  am  <Scscr 
Hrl/I  iirif^r  "^^n  ViaSiJi  tocesaadschc  VorsacIhn^eB  an  Ticnlinc, 
*#rWjr  ^#fi  ^'f  ^^f  ^^  Groacja^  cärscBcäicr  \  ürsarThmgoi  ein  kirdi- 
Il^^^^r  \M\m^  f^  L'ard  »5«  ^5car:^  Aasaicgäoi  wät  vnTinandrr 
^UUMH0ift/U  i-Jfjiim  'itr  Ecrsidcbag^  aadi  ät  5cai  a^agänsüuuucadtn 
W^fr#7ffr>//fi//rn  «*  yerbinräcn  ?ficsc=-  so  wrc  acsc  trote  anacver  Vcr- 
H<  »M^t/t/ f»h^i^  \f^:^^MtSMit  macrc  G^in.äu  Igfag:  5er Helden  der  Lesende 
/|Mf/4#  /:^  '/;irf**dj<:  bdesGÄt,  laÄ  es  kcanc  unrAäsdie  Fonm  glrt. 
111  (Uf  4t^  U^^^at^  «  barxskea  Yaräscea  so  2iädi%  ist  «ie  in  der 
i  ^i(f^ff/U  "r^i*^^  ^io!^  ""-^^  MänÄca  5er  csz^ccxnenen  AsDeiaaner 
^^UU'^H  ^M^  J*Ärch«ir>'kkai  voa  kgcaiartÄ  Oamkter  &  mdsten 
iy,UfAffuiff^t$^h  *J»^  ^^  rcgcasü%  poeg::  iäer  der  m^  als  Heß- 
\,nHi//f  i£^i^:P^^  ffeJ^  zagSödi  5e  Z^f^HSrfSr  des  Spottes  za  sein. 
W/Mi  ^^-»»f  rif/fj^^*  ^itr  Möc*Ä£-  :=3f  de:  VSkswir  in  der  kmisciien 
A,M^t»frMvJ^i*ftjf  ^i«-  He2g:€Ä«:ea5ei  .aii  ii  5eT  EnSdita^  eigens 
Ml*i^'U^'f  ^^*rf^tfeÄ^  SpocScgooea  ^««rsfct  rtaSm  ia  ia  bekannL 
j^  th^^f  ^^^  f.>yifiieferte  ge^Iacbc  -wrd.  :s:i  »  Vv^tfer  leiil  es  dazu 
^h  ^^ff  kU^ifr^'^'  'i^  fifdbätJt  'm  äc=L  Wecrsael  iroa  Eznse  load  Scheix 
m  MffM^f9  'V'  J*«  <^  5axr£ä^ta5t  cfae  rresae  F^ialkäe  n  der 
Uf-\  i^rm^'/^ff  Voilotm  dta  Zaabertaaz  sb^^eoSa  Imh&Ien  Futo- 
/o»fo^.  f^A^r  '^^f  ti^^tertn  Sfcifcn  ci  c3ca  S3r>Ts?oeien  des  giieihfaUieu 
|iHfM4  ^^r  ^Tr/ilich  zu<Jcn  kotcscben  E^jcsooa  der  i 


',  »,*AM^  0/v**^/A*m««;  -^ 


1163 


Der  Natnrmytliiis  nnd  die  I^mmelsmythologie.  40 

4.  Der  Naturmythus  und  die  Himmelsm3^hologie. 

Alle  Mythenbildung  besteht,  wie  oben  bemerkt  wurde,  aus  ein- 
zelnen mythischen  Vorstellungen,  die  zunächst  zu  Märchen,  dann  zu 
Sagen  und  Legenden  verbunden  werden,  und  die  erst  verhältnismäßig 
spät  durch  die  Vereinigfung  zahlreicher  solcher  Mythengebilde  zu 
einem  Ganzen  zusammenwachsen,  das  wir  ein  »mythologisches  System« 
nennen.  Dabei  soll  dieser  Ausdruck  keinerlei  logische  Ordnung, 
sondern  lediglich  den  innerhalb  einer  Volksgemeinschaft  mehr  und 
mehr  zur  Ausbildung  gelangenden  psychologischen  Zusammenhang 
solch  ursprünglich  ganz  oder  großenteils  disparater  Mythengebilde 
bedeuten.  Nennen  wir  diesen  Zusammenhang  das  »natürliche  System« 
einer  solchen  Summe  von  Mythenbildungen,  so  stellen  sich  dem  nun 
schon  in  sehr  früher  Zeit  künstliche  Systeme  gegenüber,  die  nicht 
in  dem  tatsächlichen  Zusammenhang  der  Mythenbildungen  oder  doch 
nur  zum  Teil  in  diesem  bestehen,  sondern  eine  von  außen,  nach 
Gesichtspunkten,  die  ihnen  selbst  möglicher  Weise  fremd  sind,  hin- 
eingetragene logische  Ordnung  enthalten.  Hierbei  pflegt  dann  diese 
Ordnung  nach  irgend  welchen  Hypothesen  über  den  Ursprung  der 
Mythen  orientiert  zu  sein,  die  in  den  seltensten  Fällen  einer  direkten 
Prüfung  an  den  Tatsachen  zugänglich  sind.  Für  den  Charakter  dieser 
Hypothesen  sind  daher  in  erster  Linie  die  allgemeinen,  früher  be- 
sprochenen Anschauungen  über  Ursprung  und  Entwicklung  des  Mythus 
entscheidend,  und  sie  sind  demnach  von  vornherein  von  dem  Bestreben 
geleitet,  die  einzelnen  wirklich  existierenden  Mythen  einer  solchen 
Grundanschauung  unterzuordnen '). 

In  der  neueren  Mythologfie  sind  solche  »künstliche  Systeme«  im 
allgemeinen  in  einer  doppelten  Form  vertreten.  Die  verbreitetste,  für 
die  Prellers  »Griechische  Mythologie«  ein  klassisches  Beispiel  ist,  geht 
von  der  vermuteten  ursprünglichen  Naturbedeutung  eines  Helden, 
eines  Gottes  oder  eines  Mythus  aus  und  schildert  im  Anschlüsse 
daran  die  einzelnen  Züge,  wie  sie  in  der  mythologischen  Überlieferung 
neben-  und  nacheinander  enthalten  sind.  Dabei  werden  dann  die 
einzelnen  Bestandteile  der  Tradition  entweder  auf  jene  hypothetische 
Ursprungsbedeutung  zurückgeführt  oder,  falls  dies  nicht  gelingt,  als 
spätere   Umgestaltungen,   Anlagerungen  weiterer  Mythenstoffe   oder 

«)  Vgl.  Teü  I,  S.  527  ff. 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  4 


CO  I^cr  Natiumythas. 


poetische  Umdichtungen  und  Ausschmückungen  der  Sage  betrachtet. 
Zweifellos  ist  das  die  unschädlichere  Form  eines  künstlichen  Systems. 
Die  tatsächliche  Überlieferung  kann  hier  zu  ihrem  Rechte  gelangen, 
wenn  auch  die  Ordnung  und  Verbindung  der  Tatsachen  kaum  von 
der  vorangestellten  Hypothese  unbeeinflußt  bleiben  wird.  Denn  es 
ist  ja  klar,  daß  z.  B.  derjenige,  der  in  Herakles  von  vornherein  einen 
Sonnengott  sieht,  dem  unter  dem  Namen  dieses  Heroen  überlieferten 
Sagenzyklus  nicht  mehr  völlig  unbefangen  gegenübersteht,  sondern 
geneigt  sein  wird,  den  Mythus,  wo  es  angeht,  in  der  Richtung  jener 
Hypothese  zu  deuten.  Weit  bedenklicher  noch  ist  aber  die  zweite 
Form  künstlicher  Systeme.  Den  Mythologen  dieser  Richtung  ist  es 
nämlich  eingestandenermaßen  überhaupt  nicht  darum  zu  tun,  die 
Geschichte  des  Mythus  selbst  darzustellen  oder  gar  mit  den  jeweils 
bestehenden  Kulturbedingungen  in  Beziehung  zu  bringen,  sondern  sie 
sehen  ihre  wesentliche,  wenn  nicht  einzige  Aufgabe  in  der  Ermittel- 
ung seines  Ursprungs.  Die  Tatsachen  der  Mythengeschichte  werden 
daher  nur  insoweit  herbeigezogen,  als  sie  eben  auf  diesen  Ursprung 
Licht  werfen  können,  und  es  gilt  dabei  meist  als  ziemlich  gleichgültig, 
ob  solche  Zeugnisse  der  Götter-  oder  Heldensage  oder  dem  Volks- 
märchen angehören.  Hier  läßt  schon  die  Art  der  Problemstellung  eine 
durch  die  unmittelbar  gegebenen  Tatsachen  bestimmte  systematische 
Ordnung,  sei  es  eine  natürliche  oder  künstliche,  kaum  aufkommen. 
Eher  läßt  sich  daran  denken,  alle  irgendwo  existierenden  Mythen 
nach  den  Naturobjekten  zu  klassifizieren,  auf  die  sie  zu  beziehen  sind 
oder,  was  hierbei  als  die  Regel  anzunehmen  ist,  hypothetisch  bezogen 
werden,  also  von  Sonnenmythen,  Mondmythen,  Stemenmythen  usw. 
zu  reden.  Diese  Begriffe  pflegt  man  dann  freilich  nicht  bloß  auf 
solche  Mythen  anzuwenden,  in  denen  wirklich  diese  Himmelsobjekte 
eine  noch  im  Bewußtsein  erhalten  gebliebene  oder  zu  irgendeiner 
Zeit  unzweifelhaft  nachzuweisende  Rolle  spielen,  sondern  auf  alle, 
als  deren  ursprüngliche  Ausganspunkte  die  betreffenden  Himmelser- 
scheinungen angenommen  werden.  Dabei  pflegen  jedoch  die  Mytho- 
logen dieser  Richtung  wieder  jeweils  irgendeine  einzelne  Himmels- 
erscheinung, sei  es  den  Mond,  sei  es  die  Sonne,  sei  es  irgendein 
Sternbild,  wie  z.  B.  den  Orion,  als  den  einzigen  oder  doch  nahezu 
einzigen  Gegenstand  anzusehen,  der  zu  mythologischen  Vorstellungen 
angeregt  habe.     Höchstens  darin  wird  von  diesem  Standpunkte  aus 


Der  Natarmytlins  and  die  Himmelsmythologie.  ^I 

dem  geschichtlichen  Wandel  der  Vorstellungen  einigermaßen  Rech- 
nung getragen,  daß  man  teils  einen  später  eingetretenen  Übergang 
von  einer  dominierenden  Vorstellung  zur  andern,  z.  B.  vom  Mond 
auf  die  Sonne,  annimmt,  teils  auch  eine  allgemeine  Tendenz  sol- 
cher Wandlungen  zugesteht,  wodurch  die  ursprünglich  alleinherr- 
schende Himmelsmythologie  durch  die  Projektion  der  Himmelser- 
scheinungen auf  die  Erde  allmählich  Sagen,  Legenden  und  Märchen 
Platz  gemacht  habe,  die  der  Hauptsache  nach  einen  irdischen  Schau- 
platz haben.  Da  nun,  wenn  man  von  gewissen,  unter  verwickelten 
Bedingungen  des  Kultus  und  des  kosmogonischen  Mythus  entstandenen 
Göttersagen  absieht,  die  Mythen  in  ihrer  gfroOen  Mehrheit  tatsächlich 
ihren  Schauplatz  auf  der  Erde  haben,  darunter  insbesondere  auch 
diejenigen,  denen  man  irgendeinen  solaren,  lunaren  oder  sonstigen 
himmlischen  Ursprung  zuzuschreiben  pflegt,  so  bewegt  sich  der  größte 
Teil  dieser  Mythologien  in  einer  hypothetischen  mythologischen  Ver- 
gangenheit. Das  kann  nicht  wundernehmen,  da  ja  hier  nicht  die 
wirklich  existierenden  oder  irgendwann  geschichtlich  nachweisbaren, 
sondern  die  vor  jeder  Geschichte  liegenden  ersten  Ausgangspunkte 
mythologischer  Vorstellungen  die  Probleme  dieser  mythologischen 
Systeme  bilden^). 


')  Der  Mond  wird  z.  B.  von  E.  Siecke  (Mythologische  Briefe,  1902,  Drachenkämpfe, 
1907),  die  Sonne,  die  in  den  früheren  Himmelsmythologien  dieser  Art  aber  auch  bei 
den  Natarmythologen  der  ersten  Klasse,  z.  B.  bei  Preller,  die  Hauptrolle  za  spielen 
pflegt,  neuerlich  besonders  von  L.  Frobenius  (Das  Zeitalter  des  Sonnengottes,  I,  190J) 
endlich,  wenigstens  in  der  großen  Mehrzahl  der  Fälle,  der  Orion,  meist  zugleich  in 
seinen  Beziehungen  zu  andern  Sternbildern,  namentlich  den  Plejaden,  von  Ed.  Stucken 
als  der  Ausgangspunkt  aller  Mythenbildnng  betrachtet  (Astralmythen,  1896 — 1907). 
So  verschieden  diese  in  den  einzelnen  Hypothesen  vorherrschenden  Objekte  an  sich 
sind,  so  betrachten  doch  deren  Vertreter  und  andere  einer  solchen  ausschließlichen 
Himmelsmythologie  zugeneigte  Gelehrte  diese  Unterschiede  nicht  selten  als  verhältnis- 
mäßig gleichgültig.  (Vgl.  Hugo  Winckler,  Kritische  Schriften,  V,  1905/6,  S.  88.) 
Übrigens  erkennt  man  in  den  Richtungen  dieser  Hypothesen  deutlich  die  verschiedene 
Richtung  der  spezielleren  Studiengebiete  der  Mythologen:  die  Astralmythologie  wird 
im  allgemeinen  von  den  Babylonisten ,  die  Mond-  und  Sonnenmythologie  von  den 
Vertretern  der  griechischen  Mythologie  und  meist  auch  von  den  Ethnologen  bevorzugt, 
soweit  diese  der  Himmelsmythologie  huldigen.  So  schließt  Äch  P.  Ehrenreich  in  der 
Annahme  einer  Priorität  des  Mondes  an  Siecke  an,  während  Frobenius  die  Sonnen- 
mythologie bevorzugt.  Außerhalb  dieses  Kreises  stehen  dann  noch  meist,  aber  der 
vorsichtigeren  Methode  Prellers  folgend,  die  Vertreter  der  indischen  und  der  ger- 
manischen Mythologie,  die  neben  Sonne  und  Mond  auch  dem  dereinst  von  W.  Schwartz 
in  den  Vordergrund  gestellten  Gewitter  die  herrschende  Bedeutung  zuweisen. 

4* 


6  2  Der  Natnrmythas. 


Es  kann  an  dieser  Stelle  nicht  unsere  Aufgabe  sein,  den  Inhalt 
der  Hypothesen  näher  zu  erörtern,  die  unter  diesem  alle  andern  Fragen 
gegen  die  des  Ursprungs  der  mythologischen  Vorstellungen  zurück- 
stellenden Gesichtspunkt  ans  Licht  getreten  sind.  Der  allgemeine 
Charakter  dieser  Hypothesen  ist  in  der  in  Kap.  III  (Teil  I,  S.  543  flF.) 
gegebenen  Übersicht  der  naturalistischen  Formen  »konstruktiver 
Mythologie«  geschildert  worden,  und  auf  das  Einzelne  wird  erst  bei 
den  verschiedenen  Gruppen  von  Naturmythen  eingegangen  werden 
können.  Wohl  aber  wird  hier,  vor  dem  Eintritt  in  die  spezielleren 
Probleme  des  Naturmythus,  insofern  eine  kurze  kritische  Orientierung 
über  die  erwähnten  Hypothesen  erforderlich  sein,  als  gerade  sie  sich 
in  ihrem  Zurückgehen  auf  die  letzten  Motive  des  Naturmythus,  die 
doch  wohl  in  gewissen  allgemeingültigen  geistigen  Eigenschaften  ihre 
Quelle  haben  müssen,  äußerlich  am  nächsten  mit  der  psycholog^ischen 
Betrachtung  zu  berühren  scheinen.  Demnach  kann  die  von  den 
Mythologen  dieser  Richtung  geübte  Methode  in  gewissem  Sinne  als 
der  Versuch  einer  Psychologie  des  Mythus  betrachtet  werden,  und  es 
ist  daher  zu  erwägen,  inwiefern  vom  völkerpsychologischen  Stand- 
punkte aus  einer  solchen  Methode  zu  vertrauen  sei  oder  nicht.  Diese 
Frage  kann  um  so  weniger  zurückgestellt  werden,  als  von  ihrer  Beant- 
wortung ebenso  die  Stellung  der  einzelnen  Aufgaben  wie  der  einzu- 
schlagende Weg  abhängt. 

Hier  fällt  nun  zunächst  die  Gleichförmigkeit  in  die  Augen ,  mit 
der  in  diesem  Fall  die  vergleichende  Methode  auf  die  verschiedensten 
Gegenstände  angewandt  wird,  und  noch  mehr  die,  mit  der  sie  immer 
und  immer  wieder  zu  demselben  Resultat  fuhrt.  Das  erhellt  deutlich 
aus  irgend  einem  beliebig  herausgegriffenen  Beispiel.  Eine  Unter- 
suchung E.  Böklens  über  die  Paradiesessage  kommt  schließlich  zu 
der  folgenden  Reihe  von  Gleichungen:  Mond  =  Adam  =  Eva  = 
Schlange  =  Paradies  =  Lebensbaum  =  Baum  der  Erkenntnis  = 
Cherub  mit  flammendem  Schwert  =  Kain  =  Abel  *).  Ähnlich  be- 
trachtet E.  Siecke  in  seiner  Deutung  der  Heraklesmythen  den  Herakles 
selbst,  die  sämtlichen  Ungeheuer ,  die  er  bezwingt,  seine  Keule ^  den 
Augias  samt  dessen  Stall  usw.  alles  als  ursprüngliche  Verkörperungen 


')  Erast  Böklen,  Adam  und  Qain  im  Lichte  der  vergleichenden  Mythenforsdning, 
1907. 


Der  Natnrmythas  und  die  Himmelsmythologie.  ^3 

des  Mondes '].  Nun  ist  es  selbstverständlich  nicht  die  Meinung  dieser 
Autoren,  daß  diese  Gleichungen  jemals  gleichzeitig  gültig  gewesen 
seien,  sondern  es  müßte  fiir  jede  solche  Mondgleichung  eine  andere 
Epoche  angesetzt  werden,  so  daß  also  z.  B.  zur  Zeit,  als  Adam  Mond- 
wesen war,  Eva  noch  nicht  existierte,  und  Adam  seine  Mondnatur 
bereits  eingebüßt  hatte,  als  sich  in  jener  der  Mond  verkörperte  usw. 
Aber  gesetzt,  man  ließe  diese  Annahme  gelten,  so  würde  doch  erstens 
deutlich  gemacht  werden  müssen,  was  aus  den  älteren  Mondwesen 
geworden  sei,  als  die  jüngeren  an  ihre  Stelle  traten,  und  sodann, 
jn  welcher  Reihenfolge  überhaupt  diese  Ablösung  geschah,  nament- 
lich da,  wo  die  betreffenden  Vorstellungen  gar  nicht  voneinander 
zu  trennen  sind.  War  Adam  Mensch,  als  Eva  in  Gestalt  der  Mond- 
sichel apperzipiert  wurde?  Ist  Adam  oder  ist  das  Paradies  das  frühere 
Mondwesen?  Oder  ist  vielleicht  Adam  irgend  einmal  der  Mann  im 
Monde  gewesen?  Auf  alles  das  erhalten  wir  nur  die  dürftige  und 
offenbar  nicht  für  alle  diese  Fälle  zureichende  Auskunft ,  eine  spätere 
Zeit  habe  im  allgemeinen  die  Tendenz,  ein  ursprüngliches  Mond- 
wesen zu  einem  Sonnenwesen  zu  befördern.  Wann  und  wie  diese 
Rangerhöhung  erfolgt  sei,  bleibt  aber  unbestimmt,  da  diese  Frage 
außerhalb  des  Ursprungsproblems  liegt,  mit  dem  sich  diese  mytho- 
logischen Theorien  allein  beschäftigen. 

Schlimmer  als  mit  der  Frage  des  Wechsels  und  der  Verbindung 
dieser  ursprünglich  gleichartigen  Vorstellungen  steht  es  jedoch  mit 
der  ihrer  eigenen  psychologischen  Wahrscheinlichkeit.  Alle  Mythen 
der  Indogermanen  sind  nach  Siecke  vom  Monde  ausgegangen.  Das 
gleiche  gilt  nach  Böklen  auch  für  die  Semiten  und  nach  den  An- 
hängern der  Mondhjq)othese  unter  den  Ethnologen  für  die  Natur- 
völker. Offenbar  neigt  man  sich  also  zu  der  Ansicht,  es  handle 
sich  hier  um  ein  ftir  die  gesamte  Menschheit  gültiges  Gesetz  geistiger 
Entwicklung.  Nun  ist  es  psychologisch  schon  im  höchsten  Grade 
unwahrscheinlich,  daß  es  jemals  eine  Zeit  gegeben  habe,  in  der  allein 
der  Himmel  die  mythenbildende  Phantasie  angeregt  habe;  und  wenn 
für  irgend  eine  Zeit,  so  ist  sie  für  die  des  beginnenden  Mythus  am  un- 
wahrscheinlichsten. Ist  dies  doch  die  gleiche  Zeit,  in  der  auch 
Seelen-,   Dämonen-  und  Zaubervorstellungen,  von   denen  die   einen 

')  Ernst  Siecke,  Drachenkämpfe,  Untersachungen  zur  indogermanischen  Sagen- 
knnde,  1907,  S.  59  ff. 


54  Der  Natnrmythus. 


ganz,  die  andern  wenigstens  g^roOenteils  auf  Erden  ihren  Schauplatz 
haben,  herrschend  gewesen  sind.  Wenn  es  aber  etwas  gibt,  was 
die  Hypothese,  der  primitive  Mensch  sei  einzig  und  allein  vom  Himmel 
zu  seinen  mythologischen  Vorstellungen  angeregt  worden,  an  Un- 
wahrscheinlichkeit  übertrifft,  so  ist  es  die  weitere  Aimahme,  es  sei 
außerdem  der  gleiche  Gegenstand  gewesen,  dem  sich  überall  zunächst 
das  Interesse  zugewandt  habe,  mag  nun  als  dieses  bevorzugte  Objekt 
der  Mond,  die  Sonne  oder  der  Orion  gelten.  Eine  solche  Ver- 
engerung der  Aufmerksamkeit  ist  allenfalls  bei  einem  einzelnen  In- 
dividuum denkbar.  Es  ist  also  möglich,  daß  ein  Mythologe  nach 
einem  einzigen  Objekt  sein  mythologfisches  Denken  orientiert.  Daß 
aber  die  ursprüngliche  Naturanschauung  der  Menschheit  in  dieser 
Weise  orientiert  sei,  das  schließt  eine  an  das  Unmögliche  g^renzende 
UnWahrscheinlichkeit  in  sich. 

Dem  entspricht  nun  auch  die  Beweismethode,  deren  sich  diese 
Richtimg  der  Naturmythologie  bedient.  Nicht  die  objektiv  vorliegenden 
Zeugnisse  über  die  Bedeutung  bestimmter  mythologfischer  Objekte, 
wie  wir  sie  ja  z.  B.  bei  der  Beziehung  des  Gottes  Helios  auf  die  Sonne 
oder  der  Selene  auf  den  Mond  ohne  weiteres  gelten  lassen  werden, 
pflegen  dabei  entscheidend  zu  sein,  sondern,  abgesehen  von  andern,  im 
allgemeinen  schon  erheblich  zweifelhafteren  Namenbeziehungen,  sind 
es  fast  ausschließlich  subjektive  Analogien,  die  man  erst  willkürlich 
in  die  Objekte  hineindeuten  muß,  um  sie  dann  wieder  aus  ihnen  her- 
auszudeuten. Daß  die  Mondsichel  jemals  für  die  Keule  des  Herakles 
gegolten  habe,  ist  weder  durch  die  Überlieferung  noch  durch  irgend- 
welche objektive  Analogien  sichergestellt.  Wenn  man  einmal  subjektiv 
diese  Analogie  gebildet  hat  und  etwa  noch  die  Verbindung  von  Schwert 
und  Keule  als  Waffen  wirksam  werden  läßt,  so  mag  es  wohl  sein, 
daß  man  auch  die  entferntere  Assoziation  zwischen  einer  Sichel  und 
einer  Keule  vollziehen  kann.  Daß  sie  jemals  in  der  mythenbildenden 
Phantasie  selbst  existiert  habe,  dafür  liegt  aber  nicht  der  geringste 
Beweis  vor.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  andern  Zeugnissen«  Wo 
positive  Gründe  nicht  ausreichen,  da  werden  dann  wohl  auch  negative 
ins  Feld  geführt:  weil  der  Drache  ein  Wesen  ist,  das  auf  Erden  nicht 
vorkommt,  während  die  Mondphasen  und  vollends  die  Verfinsterungen 
des  Mondes  Phänomene  bieten,  die  als  Verschlingungen  durch  ein 
Ungeheuer  gedeutet  werden  können,  so  sollen  die  Drachenkämpfe 


Der  Natnnnytlitis  und  die  Hirilmelsmythologie.  ec 

Überhaupt  nur  vom  Himmel  und  hier  wieder  vom  Monde  ausgegangen 
sein.  Das  einzige  was  in  dieser  Beweisreihe  im  wirklichen  Mythus 
sicher  nachzuweisen  ist,  das  ist  die  in  der  Tat  weit  verbreitete  Vor- 
stellung vom  Verschlungenwerden  der  großen  Gestirne  bei  den  Ver- 
finstenmgen,  wobei  übrigens  der  Mond  vor  der  Sonne  keinerlei  Vor- 
zug genießt,  sondern  eher  das  Gegenteil  zutrifft.  Daß  auch  das 
Schwinden  des  abnehmenden  Mondes  in  ähnlicher  Weise  aufgefaßt 
werde,  ist  schon  eine  sehr  viel  seltener  vorkommende  Erscheinung 
(siehe  unten  11,  7).  Und  daß  der  Drache  eo  ipso  ein  Himmels-  oder 
gar  ursprünglich  ein  Mondwesen  sein  müsse,  ist  vollends  eine  ganz 
und  gar  willkürliche  Annahme.  Man  braucht  nur  die  lebhaft  an  den 
primitiven  Gorgonentypus  erinnernden  Masken  indianischer  Krank- 
heitsdämonen oder  die  vielköpfigen  Bilder  der  Malayen  und  anderer 
Stämme  asiatischer  Abkunft  von  gleicher  Bedeutung  anzusehen,  um 
an  die  Möglichkeit  eines  irdischen  Ursprungs  der  Drachengestalt  zu 
glauben,  abgesehen  davon,  daß  diese  jedenfalls  in  der  Tradition  der 
Völker  vorwiegend  der  Erde  angehört  *j.  Da  es  weder  wahrscheinlich 
ist,  daß  Krankheitsdämonen  am  Himmel  lokalisiert,  noch  auch,  daß 
sie  jemals  vom  Himmel  zur  Erde  gewandert  sind,  so  ist  also  auch 
hier  der  ausschließlich  lunare,  solare  oder  stellare  Ursprung  eine  will- 
kürliche Hypothese.  Ähnlich  überall  sonst,  wo  solche  Schlüsse  nicht 
auf  direkte  Zeugnisse,  sondern  bloß  auf  mehrdeutige  Ähnlichkeiten 
gegründet  werden.  Bei  dem  primitiven  Gorgonentypus  z.  B.  wird 
man  wohl  eher  an  die  erschreckenden  Bilder  des  Fratzentraumes  er- 
innert als  an  das  stille  Antlitz  des  Mondes,  dessen  Ebenbild  nach  der 
Meinung  vieler  Naturmythologen  die  Gorgone  sein  soll  (vgl.  Teil  I, 
S.  150,  Fig.  21 A  und  Teil  II,  S.  114  ff.).  Oder  die  Schilderung  der 
Symplegaden  gfibt  so  unmittelbar  den  Eindruck  wieder,  der  dem  auf 
schwankem  Boot  durch  eine  felsige  Stromenge  steuernden  Schiffer 
sich  aufdrängt,  daß  auch  der  gelegentlich  einmal  im  primitiven 
Märchen  vorkommende  Zug  vom  plötzlichen  Heraustreten  der  auf- 
gehenden Sonne  aus  einem  alsbald  wieder  zuklappenden  Spalt  am 
Horizont  offenbar  die  Übertragung  des  irdischen  Bildes  auf  den 
himmlischen  Vorgang  wahrscheinlicher  macht  als  das  umgekehrte 
usw.  (vgl.  unten  II,  6,  b). 


*)  VgL  TeU  n,  S.  388  ff.  und  Fig.  58  S.  390. 


«6  I^cr  Natarmythas. 


Doch,  wie  es  auch  immer  mit  der  Haltbarkeit  einer  solchen 
Einheitshypothese  bestellt  sein  mag,  gesetzt,  sie  wäre  durchführbar 
und  besser  begfründet,  als  sie  es  wirklich  ist,  was  würde  für  die 
psychologische  Erkenntnis  des  Mythus  imd  seiner  Entwicklung  damit 
gewonnen  sein?  Wir  würden  uns  dann  im  Besitz  einer  sehr  merk- 
würdigen Tatsache  befinden,  nämlich  in  dem  einer  Einheit  und 
Gleichförmigkeit  des  primitiven  mythologischen  Bewußtseins,  wie  sie 
sich  oflFenbar  nirgends  sonst  wiederholt,  weder  in  Sprache  noch 
Sitte  noch  selbst  im  Gebiet  der  gegenüber  den  heute  bestehenden  Er- 
scheinungen der  Naturmythologie  sehr  viel  übereinstimmenderen  Seelen- 
vorstellungen. Doch  die  tatsächliche  Entwicklung  dieses  mytho- 
logischen Denkens  würde  um  so  rätselhafter  bleiben,  je  merkwürdiger 
jene  hypothetische  Gleichförmigkeit  ist.  Gleichwohl  bleibt  für  die 
psychologische  wie  für  die  historische  Betrachtung  das  Hauptproblem 
dies:  wie  ist  das  mythologische  Bewußtsein  auf  den  verschiedenen 
Stufen  seiner  Entwicklung  tatsächlich  beschaffen  gewesen,  und  wie 
sind  diese  Stufen  auseinander  hervorgegangen?  Mit  dem  Versuch, 
diese  Frage  zu  beantworten,  löst  sich  nun  aber  zugleich  das,  was 
wir  das  »natürliche  System«  der  Mythologie  nennen  können,  in  eine 
Entwicklungsgeschichte  des  Mythus  auf,  imd  für  die  Völkerpsychologie 
steht  hier,  wie  für  die  Geschichte,  nicht  das  im  Vordergrund  des 
Interesses,  was  möglicher  Weise  jenseits  der  geschichtlich  erreich- 
baren Grenzen  der  wirklich  im  Völkerbewußtsein  lebenden  Vorstel- 
lungen liegt,  sondern  was  den  Inhalt  dieser  Vorstellungen  selbst  bildet. 
Der  Standpunkt  des  Völkerpsychologen  unterscheidet  sich  aber  von 
dem  des  Historikers  nur  dadurch,  daß  jenem  im  Interesse  der  psycho- 
logischen Verbindung  der  verschiedenen  mythologischen  Entwick- 
lungsstufen die  vergleichende  Betrachtung  und  deshalb  die  Berück- 
sichtigung der  Völker  verschiedener  Kulturstufen  in  umfassenderem 
Maße  vorgezeichnet  ist,  während  der  Historiker  zunächst  in  der  Be- 
schreibung der  einzelnen  Mythologfien  seine  Aufgabe  sieht,  für  deren 
Lösung  er  dann  die  Vergleichung  nur  aushilfsweise  herbeizieht. 

Die  teils  in  Überlieferungen  teils  noch  im  mythologischen  Bewußt- 
sein der  Gegenwart  erhaltenen  Zeugnisse  des  mythologischen  und 
insonderheit  des  naturmythologfischen  Denkens  sondern  sich  nun  all- 
gemein in  drei  Formen:  erstens  in  einzelne  Aussagen  über  die  Be- 
deutung  der    einzelnen  Naturobjekte,    zweitens  in  Erzählimgen,    in 


Der  Natarmythixs  and  die  Himmelsmythologie.  ^n 

denen  Naturvorgänge  oder  Begebenheiten,  die  in  die  Naturvorgänge 
eingreifen,  eine  das  mythologische  Denken  kennzeichnende  Rolle 
spielen,  und  die,  wie  erörtert,  wieder  in  Mythenmärchen,  Sagen  und 
Legenden  zerfallen,  endlich  in  Handlungen,  die  auf  irgendwelche 
naturmythologische  Motive  zurückweisen,  und  die  in  Kulten  oder  Kult- 
rudimenten zu  bestehen  pflegen.  Von  diesen  Quellen  ist  im  allge- 
meinen die  erste  die  unsicherste.  Einzelne  Aussagen,  die  nicht  von 
einem  zusammenhängenderen  Ganzen  getragen  sind,  pflegen  überaus 
schwankend  zu  sein,  und  es  besteht  daher  bei  ihnen  meist  wenig 
Sicherheit  darüber,  ob  sie  Produkte  eines  beliebigen  vorübergehenden 
Einfalls  eines  Einzelnen  oder  von  allgemeinerer  Bedeutung  sind.  Auch 
Kulte  und  namentlich  Kultrudimente  können  aber  bestehen  bleiben, 
wenn  die  Erinnerung  an  die  Naturanschauung,  innerhalb  deren  sie  ent- 
standen, verblaßt  oder  ganz  verschwunden  ist.  Sie  gewinnen  daher, 
soweit  sie  nicht  der  später  zu  betrachtenden  Entwicklungsgeschichte 
des  Kultus  zugehören,  erst  da  eine  Bedeutung,  wo  sie  in  direktem 
Zusammenhang  mit  der  Mythentradition  selbst  stehen,  in  welchem 
Fall  sie  dann  entscheidende  Kriterien  dafür  abgeben  können,  ob  der 
Inhalt  einer  Mythenerzählung  als  Wahrheit  geglaubt  wird  oder  nur 
noch  in  der  Tradition  neben  andern  rein  erdichteten  Geschichten 
fortlebt.  So  bleiben  uns  hier  als  die  festeren  Orientierungspunkte 
für  die  Entwicklung  des  mythologischen  Denkens  eben  jene  Formen 
von  Märchen,  Sage  und  Legende  übrig,  deren  allgemeinere  mytho- 
logische Bedeutung  oben  erörtert  wurde.  Sie  geben  in  der  Tat,  wenn 
sie  mit  Rücksicht  auf  die  ihnen  zugemessene  Glaubwürdigkeit  und  die 
etwa  stattfindende  Einmengung  rein  dichterischer  Bestandteile  sowie 
auf  ihren  schlieOlichen  Übergang  in  reine  Formen  der  Dichtung  zu 
Rate  gezogen  werden,  das  treueste  Bild  der  zu  einer  bestimmten  Zeit  in 
einem  Volke  herrschenden  wirklichen  Naturanschauung.  Dazu  müssen 
sie  aber  freilich  jeweils  als  das  hingenommen  werden,  was  sie  un- 
mittelbar sind,  nicht  als  Produkte  einer  hypothetischen,  in  der  wirk- 
lichen Mythenentwicklung  überhaupt  nicht  mehr  nachweisbaren  Ver- 
gangenheit. Wie  die  Psychologie  der  Sprache  die  wirkliche  Sprache, 
so  hat  eben  auch  die  des  Mythus  den  wirklichen,  geglaubten  Mythus 
zu  ihrem  eigentlichen  Inhalt.  Und  wenn  es  jemals  in  Frage  kommen 
kann,  von  den  in  der  Geschichte  erreichbaren  Vorstellungen  auf 
ihre   für  uns  nicht   mehr  erreichbaren  Vorbedingungen  zu  schließen. 


eg  Der  Naturmythns. 


dann  werden  wir  immerhin  erwarten  dürfen,  der  Wahrheit  um  so 
näher  zu  kommen,  zu  je  primitiveren  Stufen  wir  in  der  tatsächlichen 
Entwicklung  des  Mythus  zurückgehen.  Merkwürdiger  Weise  ist  es 
jedoch  gerade  dieser  Gesichtspunkt,  der  von  den  Vertretern  der 
naturmythologischen  Ursprungshypothesen  in  der  Regel  vernach- 
lässigt wird.  Man  geht  etwa  von  der  babylonischen,  g^echischen 
oder  auch  der  germanischen  Mythologie  aus  und  sucht  nun  von  den 
hier  auftretenden,  nach  allen  Anzeichen  unter  dem  Zusammenfluß 
der  verwickeltsten  Bedingungen  entstandenen  Göttergestalten  wo 
möglich  direkt  auf  das  Urphänomen  zurückzugehen,  das  ihnen  zu 
Grunde  liegen  soll. 

Nun  ist  unter  den  oben  erwähnten  drei  Formen  der  Mythen- 
erzählung die  des  Märchens  die  ursprünglichste.  Wir  besitzen  hier- 
für vor  allem  das  unwiderlegliche  Zeugnis  in  der  Mythenerzählung 
der  primitiven  Völker,  die,  wenn  wir  die  ihnen  imter  dem  Namen 
von  »Naturvölkern«  manchmal  zu  Unrecht  zugezählten  Polynesier, 
viele  amerikanische  und  die  meisten  afrikanischen  Stämme  ausnehmen, 
eine  Mythologie  überhaupt  nur  in  der  Form  des  Mythenmärchens 
besitzen.  Ein  entfernteres  Zeugnis  bieten  aber  auch  die  märchen- 
haften Bestandteile  der  Helden-  und  Göttersagen,  die  wenigstens  in 
vielen  Fällen  den  Charakter  größerer  Ursprünglichkeit  zeigen  als  die 
ausgebildeten  Sagen  selbst.  Danach  ist,  wenn  auch,  wie  bereits 
bemerkt,  rückläufige  Bewegungen  hier  so  wenig  wie  anderwärts  aus- 
geschlossen sind,  der  einzuschlagende  Weg  von  selbst  vorgezeichnet. 
Er  kann  nur  von  dem  im  allgemeinen  Ursprünglicheren  zum  Späteren 
fuhren,  also  vom  Mythenmärchen  zur  Helden-  und  Göttersage  und 
zu  der  ihnen  gleichgeordneten  Legende.  Dementsprechend  wird  aber 
hier  der  Begriff  des  Naturmythus  selbst  aufzufassen  sein.  Wenn  da 
und  dort  die  Ausdrücke  »Naturmythus«  und  »Himmelsmythus«  im 
wesentlichen  in  identischer  Bedeutung  verwendet  werden,  so  beruht 
das  schon  auf  der  im  Hintergrund  stehenden  Hypothese,  jeder  Mythus, 
der  nicht  etwa  direkt  den  Seelenvorstellungen  einzuordnen  ist,  ge- 
höre zu  dem  weiten  Bereich  der  Himmelsmythen.  Das  ist  an  sich 
ebensowenig  berechtigt,  als  wenn  man  in  der  Astronomie  die  einzige 
Naturwissenschaft  sehen  wollte.  Für  den  Mythus  gilt  vielmehr, 
ebenso  wie  für  das  menschliche  Bewußtsein  überhaupt,  der  Satz,  daß 
wir  in  ihm    alles  das  zur  Natur  zu  rechnen  haben,  was  außerhalb 


Der  Natnrmythas  nnd  die  Himmelsmytbologie.  jq 

unseres  eigenen  Bewußtseins  liegt.  Der  Naturmythus  hat  daher  Tiere 
und  Pflanzen,  Steine  und  Berge,  Flüsse  und  Meere  und  die  Wesen, 
mit  denen  die  Phantasie  diese  Umgebung  beleben  mag,  ebenso  zu 
seinem  Inhalt  wie  die  Himmelserscheinungen.  Seelenmythen  und 
Naturmythen  bilden  in  diesem  Sinne  allein  die  im  allgemeinen  deut- 
lich geschieden  einander  gegenübertretenden  Gebiete  des  Mythus, 
wobei  freilich  auch  diese,  wie  es  sich  bereits  bei  den  Seelenvor- 
stellungen gezeigt  hat,  imd  wie  uns  die  Entwicklung  der  Jenseits- 
vorstellungen weiterhin  zeigen  wird,  maimigfach  aufeinander  einwirken. 

Unter  den  genannten  Formen  des  Naturmythus  bedarf  nun  inner- 
halb der  Aufgaben  der  psychologischen  Entwicklungsgeschichte  die 
primitivste  und,  wie  wir  sehen  werden,  auf  lange  hinaus  wirksamste, 
die  des  Mythenmärchens  einer  besonders  eingehenden  Betrachtung. 
Dazu  fordert  schon  der  Umstand  heraus,  daß  gerade  diese  Form 
in  den  systematischen  imd  historischen  Darstellungen  der  Mythologie 
überaus  stiefmütterlich  behandelt  zu  werden  pflegt.  Hierin  wirkt  noch 
immer  die  Vorstellimg  nach,  das  Märchen  sei,  soweit  es  überhaupt 
mythologische  Elemente  enthalte,  nichts  als  eine  rudimentäre  Form 
vormaliger  Götter-  und  Heldensage.  Doch  abgesehen  davon  ver- 
langt das  Mythenmärchen  auch  noch  deshalb  eine  besondere  Berück- 
sichtigfung,  weil  naturgemäß  die  primitivste  Form  der  Mythenerzählung 
zugleich  diejenige  ist,  die  uns  über  Ursprung  und  Anfänge  der  Mythen- 
bildung am  ehesten  Aufschluß  geben  kann,  und  weil  es  für  das  Ver- 
ständnis der  Weiterentwicklungen  des  Mythus  wichtig  ist,  schon  hier 
auf  die  Beziehungen  imd  die  Verbindungsglieder  hinzuweisen,  die  sich 
von  diesen  ursprünglichen  zu  den  entwickelteren  Formen  erstrecken. 
Dagegen  werden  wir  uns  bei  den  letzteren  selbst  dann  um  so  mehr 
auf  eine  Übersicht  der  allgemeinen  Entwicklungsmomente  und  auf 
ihre  Erläuterung  an  einzelnen  typischen  Beispielen  beschränken  können, 
ak  es  sich  für  die  psychologische  Seite  der  Aufgabe  nur  um  die 
in  aller  Mythenbildung  im  wesentlichen  übereinstimmend  wieder- 
kehrenden Motive  handeln  kann,  während  hinwiederum  die  Differen- 
zierung der  einzelnen  Mythologien  der  Kulturvölker  eine  so  überaus 
vielgestaltige  und  von  den  spezifischen  Kulturbedingungen  der  Völker 
abhängige  ist,  daß  ihre  eingehende  Betrachtung  den  Einzelgebieten 
der  historischen  Mythologie  überlassen  bleiben  muß. 

Gerade  im  Hinblick  auf  jene  allgemeine  psychologische  Aufgabe 


6o  I^cr  Naturmythos. 


fuhrt  aber  die  Untersuchung  des  Mythenmärchens  noch  einen  be- 
sonderen Vorteil  mit  sich.  Begreiflicherweise  sind  es  nämlich  diese 
primitiven  Formen  des  Mythus  und  der  ihnen  nahestehenden  Er- 
zeugnisse frühester  Dichtung,  die  gewisse  allgemeine,  auch  der  Sage 
und  Legende  nicht  fehlende  Eigenschaften  eben  wegen  der  relativen 
Einfachheit  der  mythischen  und  poetischen  Stoffe  besonders  deutlich 
hervortreten  lassen,  während  sie  sich  bei  den  höheren  Formen  in- 
folge ihrer  verwickeiteren  Zusammensetzung  und  der  größeren  An- 
zahl abändernder  Bedingungen  leichter  verbergen  können.  Dahin 
gehören  in  erster  Linie  die  Verwebungen  verschiedener  Mythenstoffe 
zu  komplexeren  Gebilden  sowie  die  nicht  selten  in  ihrem  Gefolge 
wiederum  eintretenden  Vereinfachungen,  Erscheinungen,  die  sich 
beim  Märchen  oft  mit  der  größten  Sicherheit  nachweisen  lassen,  und 
deren  psychologische  Analyse  nun  uns  als  Vorbild  für  die  Lösung 
der  gleichen  Aufgabe  bei  der  Götter-  und  Heldensage  dienen  kann. 
Nicht  minder  bieten  Märchen  und  Fabel  die  günstigsten  Objekte  für 
die  Verfolgung  der  Mythenwanderungen,  da  hier  ebenfalls  die  rela- 
tive Einfachheit  des  Inhalts  bei  gleichwohl  klar  erkennbarer  Eigenart 
bald  die  ursprüngliche  Indentität  zweier  Mytheninhalte  bald  die  Ein- 
wirkung des  einen  auf  den  andern  in  vielen  Fällen  unzweifelhaft  machen 
kann,  während  der  Nachweis  der  gleichen  Beziehungen  bei  der  Helden- 
und  Göttersage  wegen  der  größeren  Zahl  der  Faktoren,  aus  denen  sie 
sich  zusammensetzen,  meist  unsicherer  ist.  Den  sprechenden  Beleg 
hierfür  bildet  die  Tatsache,  daß  M5rthenwanderungen  in  früher  un- 
erwartetem Umfang  wirklich  zuerst  bei  Märchen  und  Fabel  exakt 
nachgewiesen  worden  sind. 


II.  Das  Mythenmärchen. 

I.  Das  primitive  Mythenmärchen. 

In  Formen,  die  das  Gepräge  größter  Ursprünglichkeit  an  sich 
tragen,  begegnet  uns  die  Märchenerzählung  bei  den  Eingeborenen  im 
Innern  des  australischen  Kontinents  und  bei  manchen  Stämmen  an 
der  Nordwestküste  Amerikas.  Diese  Völker,  die  bis  in  eine  nahe 
Vergangenheit  und  zum  Teil  heute  noch  von  äußeren  Kultureinflüssen 
wenig  berührt  worden  sind,  führen  zumeist  ein  unstetes  Jj^er-  und 


Das  primitive  Mythenmärchen.  6l 

Fischerleben,  das  sie  wohl  seit  undenklicher  Zeit  nahezu  auf  der 
gleichen  Stufe  primitiver  Kultur  zurückgehalten  hat,  während  sie  ihre 
soziale  Organisation  und  die  mit  dieser  zusammenhängenden  Sitten 
imd  Kultfeste  verhältnismäßig  treu  bewahrt  haben.  Auf  einer  ähn- 
lich ursprünglichen  Stufe  findet  sich  die  Märchenerzählung  noch  bei 
den  Waldindianem  Südamerikas  und  den  melanesischen  Urbevölke- 
rungen; doch  verdanken  wir  den  beiden  erstgenannten  Gebieten  die 
verhältnismäßig  reichsten  Sammlungen.  Dabei  hat  freilich  die  be- 
kannte Eigenschaft  des  Märchens,  weite  Ländergebiete  zu  durchwandern 
und  an  den  entlegensten,  anscheinend  außerhalb  jedes  Kulturzu- 
sammenhangs stehenden  Orten  in  oft  auffallend  übereinstimmenden 
Zügen  wiederzukehren,  offenbar  auch  an  den  Grenzen  jener  dem 
sonstigen  Kulturverkehr  fast  ganz  entzogenen  Gebieten  nicht  Halt 
gemacht.  So  bieten  insbesondere  die  Mythenmärchen  der  südameri- 
kanischen Urbevölkerungen  zahlreiche  Beziehungen  zu  denen  Nord- 
amerikas und  der  Alten  Welt.  Nicht  minder  reichen  einzelne  Mythen- 
motive von  Nordwestamerika  über  die  ozeanische  Inselwelt  bis  nach 
Südafrika;  imd  selbst  in  der  Märchentradition  Australiens  begegnen 
uns  einzelne  Züge,  die  weitverbreiteten  Mythen  angehören,  so  daß 
hier  äußere  Beeinflussungen  keineswegs  ausgeschlossen  sind').  Die 
von  Mund  zu  Mund  gehende  Erzählung,  die  den  überall  im  wesent- 
lichen gleich  gerichteten  Anlagen  der  mythenbildenden  Phantasie  ent- 
g^enkommt,  ist  eben  in  ungleich  höherem  Maße  der  Verbreitung 
fähig  als  Waffen  und  Werkzeuge  oder  gar  als  die  sonstigen  Erzeug- 
nisse der  Kultur,  denen  zudem  ererbte  Sitten  und  Anschauungen  einen 
unvergleichlich  größeren  Widerstand  entgegensetzen.  Aber  der  Grund- 
ton der  Märchen-  und  Mythenwelt  eines  Volkes  ist  doch  schließlich 
auf  den  Gesamtzustand  seiner  eigenen  Kultur  abgestimmt,  und  so 
bewahrt  denn  auch  das  mythologische  Märchen  überall,  unbeschadet 
einzelner  Züge  oder  ganzer  Episoden,  die  ihm  von  außen  zugeflossen 
sein  mögen,  seinen  eigenartigen  Charakter.  Da  übrigens  die  Tradition 
im  allgemeinen  um  so  lückenhafter  wird,  auf  einer  je  niedrigeren  Stufe 
poetischer   Gestaltungskraft  sich    der  das   fremde    Gut  aufnehmende 


*)  P.  Ehrenreich,  Die  Mythen  und  Legenden  der  südamerikanischen  Urvölker  und 
ihre  Beziehungen  zu  denen  Nordamerikas  und  der  Alten  Welt,  1905.  Über  Analogien 
zwischen  nordwestamerikanischen,  ozeanischen,  australischen  und  afrikanischen  Mythen 
▼gl.  Frobenius,  Die  Weltanschauung  der  Naturvölker,  1898,  S.  94ff. 


02  I^cr  Naturmythus. 


Stamm  befindet,  so  ist  es  wiederum  begreiflich,  daO  sich  unter  diesen 
Bedingungen  die  Übertragung  meist  nur  auf  vereinzelte  besonders 
eindrucksvolle  Züge  beschränkt.  Hiermit  kann  dann  freilich  auch  die 
Entscheidung,  ob  eine  bestimmte  Übereinstimmung  auf  Übertragung 
oder  spontaner  Entstehung  aus  verwandten  Anlagen  und  Anschauungen 
beruhe,  unsicher  werden.  Jedenfalls  ist  es  überall  erst  der  durch  eine 
größere  Zahl  koinzidierender  Merkmale  zu  erschließendfe  singulare 
Charakter,  der  auch  hier  für  eine  Wanderung  überzeugend  eintritt. 
Wo  eine  solche  Koinzidenz  fehlt,  da  kann  höchstens  noch  die  dem 
sonstigen  Medium  fremdartige,  auf  eine  höher  entwickelte  Kultur  hin- 
weisende Beschaffenheit  eines  einzelnen  Zuges  für  eine  solche  Annahme 
eintreten.  Darum  können  wir  bei  den  komplizierten  Motiven  gewisser 
über  Kultur-  und  Halbkulturvölker  verbreiteter  Fabeln  und  Märchen 
sicherlich  mit  der  größten  auf  diesem  Gebiete  erreichbaren  Wahr- 
scheinlichkeit annehmen,  daß  die  Motive  gewandert  sind.  Für  das 
Bild  des  mythologischen  Denkens  der  primitiven  Völker  ist  aber  die 
Frage  solcher  vereinzelter  Beimengungen  relativ  unerheblicher,  weil 
doch  nur  das  dauernd  festgehalten  werden  kann,  was  ihrer  eigenen 
Stufe  mythologischen  Denkens  entspricht.  Darum  können  wir  diese 
für  die  Ethnologie  sehr  wichtige,  für  die  Völkerspychologie  und 
namentlich  für  die  Entwicklungsgeschichte  der  Mythenbildung  ver- 
hältnismäßig gleichgültigere  Frage  um  so  mehr  bei  Seite  lassen,  weil 
die  Eigenschaften,  durch  die  sich  die  Mythen  bestimmter  Völker  als 
primitive  kennzeichnen,  dieselben  bleiben,  ob  sie  zum  Teil  durch  Ver- 
mischungen mehrerer  Traditionen  zustande  gekommen  sind  oder 
nicht.  Denn  auf  alle  Fälle,  mögen  sie  selbständig  geschaffen  oder 
teilweise  von  außen  assimUiert  sein,  entsprechen  sie  der  niederen 
Kulturstufe  der  Menschen,  die  die  Träger  solcher  Überlieferungen 
sind,  sowie  dem  zurückgebliebenen  Inhalt  der  Mythenbildungen  selbst. 
Immerhin  bringen  es  diese  Wechselwirkungen  mit  sich,  daß  es 
ein  vergebliches  Bemühen  sein  würde,  wenn  man  etwa  ii^fend  einen 
abgelegenen  Winkel  der  Erde  aufsuchen  wollte,  in  welchem  das 
primitive  Naturmärchen  völlig  unberührt  von  äußeren  Einflüssen  und 
unvermischt  mit  anderweitigen  Elementen  zu  finden  wäre.  Dazu 
kommt,  daß  neben  den  in  der  Tradition  fortlebenden  primitiven  Formen 
bereits  Motive  einer  verhältnismäßig  weiter  reichenden  Mythenent- 
wicklung einwirken    können,   die   gleichwohl    ebenfalls  autochthonen 


Das  primitive  Mythenmärchen.  63 

Ursprungs  ist.  In  der  Tat  werden  wir  unten  sehen,  daß  gewisse  zu  den 
frühesten  Stufen  zurückreichende  Kultzeremonien  teils  durch  die  Vor- 
stellungen, aus  denen  sie  hervorgewachsen,  teils  wohl  auch  durch  andere, 
die  aus  ihnen  selbst  erst  entsprungen  sind,  die  Quellen  einer  Klasse  von 
Mythenmärchen  bilden,  die  als  primitive  Formen  der  Legende  eine 
die  sonstigen  Erzählungen  überragende  Stellung  einnehmen,  und 
die,  schon  weil  sie  infolgedessen  treuer  im  Gedächtnis  bewahrt  werden, 
leichter  zu  größeren  Märchenzyklen  zusammentreten.  Überdies  werden 
sie  aber  durch  die  Beziehung  zum  Kultus  oder  zu  Stammesüberliefe- 
rungen von  kultischer  Bedeutung  bereits  von  bestimmten  Zweckvor- 
stellungen getragen,  die  nun  auch  in  einem  einheitlichen  Gedanken- 
zusammenhang, der  sonst  dem  primitiven  Märchen  ganz  fehlt,  ihren 
Ausdruck  finden.  Übrigens  pflegen  auch  solche  weiter  entwickelte 
Bestandteile  des  Mythenschatzes  in  den  Gebieten,  wo  das  primitive 
Naturmärchen  zu  Hause  ist,  noch  einen  ursprünglicheren  Charakter 
zu  bewahren.  Vor  allem  gilt  das  von  der  Stellung  der  Tiere  zum 
Menschen,  in  der  namentlich  die  Stammeslegende  die  Vorstellung 
der  Tierahnen  mit  großer  Zähigkeit  festhält.  Aus  dieser  doppelten 
Komplikation  der  Bedingungen,  aus  dem  Einfluß  der  Zuwanderung 
und  aus  der  Vermischung  mit  Legenden,  die  bereits  einer  höheren 
Stufe  der  Mythenbildung  angehören,  bedarf  es  nun  selbstverständlich 
auch  da,  wo  das  primitive  Naturmärchen  noch  in  unverfälschter  Form 
zu  finden  ist,  einer  Sonderung  von  solchen  anderweitigen  Mythenbe- 
standteilen. Dabei  können  dann  aber  nur  diejenigen  Eigenschaften 
der  durch  eine  solche  Auslese  gewonnenen  Mythenmärchen  maßgebend 
sein,  die  zunächst  durch  zwei  Bedingungen  negativ  bestimmt  sind: 
erstens  durch  den  Mangel  zugewanderter  Mythenstoffe,  und  zweitens 
durch  ihre  Unabhängigkeit  von  der  Kult-  und  Stammeslegende,  die 
sie  von  frühe  an  begleitet.  Die  Zulässigkeit  einer  derartigen  Aus- 
lese ergibt  sich  übrigens  vornehmlich  auch  daraus,  daß  solche  Ge- 
biete, die  der  Zuwanderung  von  außen  zugeführter  Mythenstoffe  am 
unzugänglichsten  geblieben  sind,  umgekehrt  durch  die  größte  Ver- 
breitung solcher  primitiver  Naturmärchen  sich  auszeichnen,  wie  das 
schon  ihr  ausschließliches  Vorkommen  bei  den  am  längsten  der 
Kultur  unzugänglichen  Völkern  Australiens  und  Melanesiens,  sowie 
bei  verschiedenen  Stämmen  der  nordpazifischen  Küste  Amerikas  be- 
weist.    Vergleicht  man  hier   die  von  F.  Boas   mitgeteilten  Märchen- 


64  I^cr  Naturmythas. 


Sammlungen  mit  den  statistischen  Ermittelungen  des  gleichen  Autors 
über  die  Zuwanderung  von  Mythen  aus  größerer  Feme,  so  ergibt 
sich,  daß  im  ganzen  der  primitive  Typus  bei  solchen  Stämmen  am 
häufigsten  ist,  die  der  Zuwanderung  am  wenigsten  zugänglich  ge- 
wesen sind  ^. 

Durch  zwei  Eigenschaften  unterscheidet  sich  nun  das  primitive 
Naturmärchen  von  den  Mythenbildungen  fortgeschrittener  Art,  Erstens 
ist  es,  gegenüber  dem  ausgebildeteren,  von  irgend  einem  einheitlichen 
Gedanken  getragenen  Märchen,  die  lose,  manchmal  eine  Reihe  selt- 
samer Begebenheiten  nur  äußerlich  aneinander  reihende  Form  der 
Erzählung,  die  in  die  Augen  fallt.  Ohne  leitende  Motive  scheinen 
die  berichteten  Vorgänge  zu  einem  Ganzen  zusammengefügt,  so  daß 
eine  solche  Erzählung  unter  Umständen  bei  einem  früheren  Punkte 
endigen,  aber  auch  beliebig  weitergeführt  werden  könnte.  Dies*  ist  eine 
Eigenschaft,  die  sichtlich  zugleich  die  Verbindung  mehrerer,  ursprüng- 
lich getrennter  Stücke  zu  einem  größeren  Ganzen  begünstigt.  Denn 
solche  Verbindungen  müssen  sich  hier  beinahe  von  selbst  einstellen, 
wenn  etwa  ähnliche  Vorstellungen  in  beiden  Erzählungen  anklingen, 
oder  wenn  sich  gewisse  in  der  Handlung  eine  Rolle  spielende  Wesen 
aus  der  einen  in  die  andere  herüberziehen.  Die  zweite  Eigenschaft 
dieser  primitiven  Märchen  besteht  in  dem  Ineinanderfließen  der  Unter- 
schiede von  Tier  und  Mensch,  eine  Eigenschaft,  in  der  hier  der  Glaube 
an  die  tierischen  Ahnen  und  die  Schutztiere  der  Einzelnen  wie  der 
Stammesabteilungen  in  drastischer  Weise  zum  Ausdruck  kommt"). 
Nicht  bloß  daß,  ähnlich  wie  im  späteren  Märchen,  Tiere  und  Menschen 
nebeneinander  oder,  wie  in  der  eigentlichen  Fabel,  Tiere  in  der  Über- 
zahl oder  allein  auftreten,  sondern  Tier  und  Mensch  vermischen  sich 
derart,  daß  ein  Tier  zu  Zeiten  ganz  mit  den  Organen  und  den  künst- 
lichen Werkzeugen  des  Menschen  ausgerüstet  sein  kann,  um  im 
nächsten  Augenblick  in  einem  Vogelnest  zu  hausen  oder  als  Vogel 
davonzufliegen,  als  Fisch  zu  schwimmen  oder  als  Hase  über  Berg 
und  Tal  zu  eilen.  Eigentliche  Verwandlungen  von  Menschen  in 
Tiere  und  von  Tieren  in  Menschen  fehlen  darum  zwar  keineswegs, 
aber  sie  treten  doch  im  Vergleich  mit  dem  späteren  Zaubermärchen, 

')  F.  Boas,  Indianische  Sagen  von  der  nord- pazifischen  Küste  Amerikas,  1895, 
S.  340  ff. 

«)  Vgl.  Teil  II,  S.  238  ff. 


Das  prünidve  MyChcnmäTcbcn, 


65 


in  dem  sie  eine  HauptJoUe  spielen,  verhältnismäßig  weit  zurück. 
Offenbar  sind  sie  hier  gewissermaOen  noch  gegenstandslos,  weil 
die  meisten  dieser  handelnden  Wesen  Tiere  ond  Menschen  zugleich 
sind.  Möglicherweise  ist  es  der  dem  Erzähler  gelegentlich  selbst 
aiifetoßende  Widerspruch  dieser  Doppelnaturen,  der  ihn  zur  Ver- 
wandlung als  dem  naheliegenden  Mittel  greifen  läüt,  jenen  auszu- 
gleichen; und  wenn  wir  annehmen,  aus  solchen  primitiven  Formen 
seien  die  späteren  entwickelt  worden,  so  erscheint  es  wohl  mög- 
lich, daü  auf  diesem  Wege  überhaupt  zum  erstenmal  das  Motiv  der 
Verwandlung  in  das  Zaubermärchen  gekommen  sei,  worauf  es  dann 
freilich  selbständig  weiter  geiiuchert  hat  und  dadurch  erst  ein  so 
wichtiger  Bestandteil  der  Mythendichtung,  namentlich  auch  auf  der 
Stufe  des  Gottermythus  geworden  ist.  Gleichzeitig  mußte  sich  aber 
dann  dieses  zwischen  Tier  und  Mensch  schwankende  Bild  mehr  und 
mehr  zur  ruhenden  Vorstellung  verdichten,  indem  die  Märchenphan- 
tasie jene  die  spätere  Mythologie  erfüllenden  Misch  gestalten  schuf^ 
die  mit  der  menschlichen  Form  wesentliche  Attribute  der  tierischen 
verbinden.  Hier  hat  dann  sichtlich  besonders  die  Entwicklung  der 
bildenden  Kunst  eingegriffen,  die  durch  die  eigenste  Natur  ihrer 
Schöpfungen  znt  Fixierung  dieser  Phantasiegebilde  gezwungen  wurde, 
damit  aber  auch  selbst  wieder  im  gleichen  Sinne  die  mythologischen 
Vorstellungen  beeinflußte.  Wohl  fehlt  auch  auf  der  primitiven  Stufe 
die  Gestalt  des  Ungeheuers  nicht  ganz;  aber  sie  gehört  hier  weniger 
dem  Naturmärchen  als  dem  all  verbreiteten  Dämonenglauben  an.  Sie 
entbehrt  daher,  sei  es  als  Schreckgespenst  der  Nacht  oder  des  Sturms^ 
sei  es  als  ein  irgendwo  auf  Erden  oder  im  Himmel  weilender  Dämon, 
der  fest  umrissenen  Gestalt,  die  das  eigentliche  Ungeheuer  des  späteren 
Naturmärchens  auszeichnet;  und  ähnlich  unbestimmt  sind  die  Vorstel- 
lungen, die  besonders  in  der  australischen  Legende  von  einem  an 
Kraft  und  Zaubermacht  die  heutigen  Menschen  übertreffenden  früheren 
Geschlecht  erzählt  werden'). 

Kaum  in  eine  andere  Eigenschaft  dieser  primitiven  Märchenmytho- 
logie  können  wir  uns  so  schwer  hineindenken  wie  in  diesen  Polymor- 
phismus von  Wesen,  die  weder  Tiere  noch  Menschen,  sondern  beides 
zugleich  sind,  ohne  daß  doch,  wie  bei  den  späteren  Tierungeheuem 


'J  N.W,  Thomas,  Nativei  of  AustrtlU,  p.aaiff.     DaEU  auieu  e. 
Wtt«dt«  VJJlkerpfycholofi«  H,  3.  5 


66  ^^^  Naturmythüs. 


und  Tiergöttem,  eine  Scheidung  dieser  Eigenschaften  nach  Körper- 
teilen und  Organen  existierte,  und  ohne  daß  meist  auch  nur  die 
späterhin  zur  Verstärkung  des  Eindrucks  so  oft  verwendete  Ver- 
grössening  der  Gestalten  eine  erhebliche  Rolle  spielte.  Die  Blütezeit 
der  Riesen  und  Ungeheuer  gehört  im  allgemeinen  einer  späteren  Stufe 
der  Mythenphantasie  an.  In  jenen  Anfangen  vollbringen  aber  das 
Kaninchen,  der  Rabe,  selbst  das  Insekt  Taten,  die  menschliche  Kraft 
weit  hinter  sich  lassen,  ohne  dass  von  einer  ungewöhnlichen  Größe 
dieser  Tiere  die  Rede  wäre.  Es  ist,  als  ob  ein  Unterschied  zwischen 
groß  und  klein  überhaupt  noch  nicht  existierte.  So  ist  es  denn 
wohl  begreiflich,  daß  manche  Ethnologen  in  den  Tiemamen  der 
primitiven  Mythen  durchweg  Totemnamen  gesehen  haben,  hinter  denen 
sich  Menschen  verbergen  sollen,  in  welchen  man  die  Ahnen  und 
Stammeshelden  der  den  gleichen  Namen  tragenden  Totemabteilungen 
der  Stämme  verehre.  Aber  dieser  Annahme  widerspricht,  mindestens 
wenn  sie  fiir  alle  diese  Erzählungen  gelten  soll,  die  Art,  wie  in 
vielen  Fällen  solchen  Wesen  gleichzeitig  menschliche  und  tierische 
Eigenschaften  beigelegt  werden.  Daher  denn  auch  die  halb  tier- 
halb menschengestaltigen  Symbole,  mit  denen  die  Bilderschrift  der 
Amerikaner  die  Totemabteilungen  bezeichnet,  erst  spätere  Überleb- 
lebnisse einer  mythologischen  Anschauung  zu  sein  scheinen,  die  in 
jenen  Naturmärchen  noch  in  ihrer  vollen  Lebendigkeit  erhalten  ge- 
blieben, und  die  der  Wurzel  der  Totemvorstellungen  näher  steht  als 
jene  Symbole.  Diese  Wurzel  ist  aber,  wie  wir  früher  sahen,  der 
Glaube  an  den  Übergang  der  Seelen  in  Tiere  mit  dem  hieraus  sich 
entwickelnden  Kultus  der  als  Schutzdämonen  geltenden  Tierahnen*). 
Gerade  bei  den  australischen  Stämmen,  wo  jene  phantastisch  zwischen 
Mensch  und  Tier  hin  und  her  spielenden  Märchengestalten  noch  be- 
sonders lebenskräftig  sind,  spielt  daher  der  Tiertanz  in  den  ernsten 
wie  burlesken  Episoden  der  Kultzeremonien  eine  bevorzugte  Rolle. 
Mag  auch  dieser  Tanz  als  Scherzspiel,  wie  die  Geschichte  der 
griechischen  Komödie  zeigt,  noch  weit  über  primitive  Zustände  hinaus 
erhalten  bleiben,  so  verhält  sich  das  doch  sicherlich  anders  auf  einer 
Stufe,  wo  sich  die  Burleske  noch  nicht  völlig  verselbständigt  hat, 
sondern  wo  die  komische  und  die  ernste  Seite  solcher  Vorstellungen 


Vgl.  Teil  II,  S.  268  flf. 


Das  primitive  Mytbeomärchen.  67 

und  Handlungen,  wie  dies  ihre  Verbindung  mit  den  Kultzeremonien 
zeigt,  noch   eng  zusammenhängen.     Da   ist   eben   der  Tiertanz   nur 
ein  Ausdruck  des  gleichzeitig  fremdartig  und  doch  auch   durchaus 
menschenähnlich  anmutenden  Wesens  und  Treibens  der  Tiere,  eine 
Doppel  Wirkung,  zu  der  die  Vorstellung  der  Tierahnen  noch  einen 
Schinuner    religiöser    Scheu   hinzubringt.     Wenn    daher   vor    allem 
die  Märchenhelden  mit  Tiemamen  genannt  werden,  so  ist  das  nur 
ein  Reflex  jener  Rolle,   die  der  Tierahne   im  Volksglauben  spielt. 
Dieser  Name  will  zunächst  weder  sagen,  daO  ein  solches  Wesen  ganz 
Mensch,  noch  daß  es  ganz  Tier  sei.     Wohl  aber  deutet  er  an,  daß 
die  Tiervorstellung  hier  noch  den  stärkeren  Eindruck  auf  die  mythen- 
bildende Phantasie  ausübt,  wobei  dann  diese  das  Tier  mit  mensch- 
lichem Denken  und  Fühlen  ausstattet.     Immerhin  verhalten  sich  in 
dieser  Beziehung  die  Erzählungen,  die  nach  ihren  sonstigen  Eigen- 
schaften der  primitiven  Märchendichtung  zuzurechnen  sind,  nicht  ganz 
übereinstimmend,  sondern  es  scheinen  sich  in  einzelnen  Märchen  be- 
reits nach  zwei  Richtungen  hin  die  Vorstellungen  mehr  und  mehr  zu 
fixieren.     Auf  der  einen  Seite  begegnen  wir  nämlich  Erzählungen, 
in  denen  der  Märchenheld  allem  Anscheine  nach  wirklich  nur  noch 
den  Namen  dem  Tier  entlehnt,  selbst  aber  durchaus  als  Mensch  ge- 
dacht ist:   hier  ist,  wie   in  der  Bilderschrift,   der  Name   in   der  Tat 
schon  völlig  zum  Totemzeichen  geworden.    Anderseits  kommen  jedoch 
in  den  gleichen  Gebieten  Märchen  vor,  die  ganz  die  formalen  Eigen- 
schaften dieser  frühen  Stufe  an  sich  tragen,  und  bei  denen  die  han- 
delnden Wesen  äußerlich  durchaus  als  Tiere  auftreten,  wetin  sie  auch 
in  ihrem   Denken  und  Tun  und  in  dem  Besitz  der  Sprache    dem 
Menschen  gleichen:   hier  haben  wir  also   offenbar  bereits  Urformen 
der  Tierfabel  vor  uns.    Bei  allem  dem  bleibt  es  für  die  primitive  Stufe 
bezeichnend,  daß  diese  drei  Formen  noch  nicht  durch  feste  Grenzen 
geschieden  sind. 

Im  Vergleich  mit  den  Tieren,  besonders  mit  solchen,  die  in  den 
Stammestraditionen  eine  Rolle  spielen,  nehmen  schließlich  die  Pflanzen 
und  andere  Naturgegenstände,  darunter  selbst  der  Himmel  und  die 
Gestirne,  in  dem  primitiven  Naturmärchen  eine  verhältnismäßig  zu- 
rücktretende Stellung  ein.  Auffallend  geformte  Steine,  die  isoliert 
oder  in  geringer  Zahl  am  Wege  liegen,  können  frühe  schon  nament- 
lich  als  Schlußpunkte   einer   solchen  Märchenerzählung   vorkommen: 

5* 


68  ^^T^  Naturmythas. 


sie  sind  dann  verwandelte  Menschen  oder  Tiere ,  die  gewissermaßen 
zur  Bestätigung  des  erzählten  Inhalts  an  der  betreffenden  Stelle  liegen 
geblieben  sind.    Das  sind  Ansätze  eigentlicher  Verwandlungsmythen, 
die   gerade   in  der  Form   der  Verwandlung  in  Steine  noch  in  die 
spätesten  Zeiten   der  Märchen-   und  Sagendichtung  hinreichen  und 
augenscheinlich  teils  der  Menschen-  oder  Tierähnlichkeit  der  Objekte 
teils  ihrem  fremdartigen  Vorkommen  an  bestimmten  Orten  das  fort- 
wirkende Motiv  ihrer  Erhaltung  oder  Erneuerung  verdanken.     Unter 
den    Gestirnen    bilden   bloß   Sonne   und   Mond   Bestandteile    dieser 
Märchendichtung.     Wo  kleinere  Sterne  oder  Gruppen  von  ihnen,  wie 
die  Plejaden,  je  einmal  vorkommen,  da  darf  man  dies  wohl  auf  Ein-» 
Wirkungen  eines  entwickelteren  Astralmythus  zurückbeziehen.     Selbst 
Sonne  und  Mond  spielen  aber  eine  verhältnismäßig  zurücktretende 
Rolle,  wie  dies  vor  allem  die  Mythen  der  Australier  und  mancher 
Stämme  der  nordpazifischen  Küste  Amerikas  zeigen.     Das  ist  ange- 
sichts der  großen  Bedeutung,  die  beide  Gestirne  auf  der  Stufe  des 
späteren  Mythenmärchens  gewinnen,   um  so  bemerkenswerter,  weil 
ein  eingreifenderer  Bedeutungswandel,  der  die  astralen  Vorstellungen 
allmählich  verhüllt  oder  ganz  aus  dem  mythologischen  Bewußtsein  ver- 
drängt haben  könnte,  hier  nach  dem  ganzen  Charakter  der  Mythen- 
erzählung noch  ausgeschlossen  ist.     Dem  entspricht  es  auch,   daß 
die    beiden    großen   Gestirne    hauptsächlich    in    zwei   Formen    vor- 
kommen, die  später  mehr  und  mehr  zurücktreten.     Nach  der  einen 
sind  sie  überhaupt  keine  lebenden  Wesen,  sondern  glänzende  Gegen- 
stände, etwa  die  Sonne  aus  einem  Ball  glänzender  Federn  bestehend, 
eine  Form,   in  der  offenbar  die  Sonnenstrahlen  apperzipiert  werden, 
oder  aber  Scheiben  oder  Lichter,  die  von  einem  Mann  am  Himmel 
herumgeführt  werden.     Nach  der  andern  Form  sind  sie  Wohnstätten 
von  Menschen  oder  von  Tiermenschen,  die  irgendeinmal  zum  Himmel 
gewandert  sind.     Hier  ist  die  letztere  Vorstellung  sichtlich  von  der 
Mondfigur  ausgegangen;  sie   wird   dann  aber   auch    auf  die    Sonne 
übertragen.     Dagegen  fuhrt  die  Anschauung,  daß  Sonne  und  Mond 
selbst  lebende  Wesen  seien,  schon  zur  folgenden  Entwicklungsstufe 
des  Natiu-märchens  hinüber,  wie  das  namentlich  die  Märchen  von  den 
Himmelswanderungen  eines  Brüderpaares,  von  der  Pfeilleiter,  die  ein 
Märchenheld  nach  dem  Himmel  geschossen  hat,  imd  andere  zeigen. 
Dasselbe  gilt  von  der  Beziehung  der  Mondphasen   auf  Kampf  und 


Das  primitive  Mytbenmärchen.  69 

Tod  oder  andere  Erlebnisse  eines  Mondwesens,  die  später  zu  An- 
knüpfungspunkten von  Himmelsmärchen  werden.  Freilich  ist  zu  be- 
merken, daß  einzelne  der  hierher  gehörigen  Züge,  wie  namentlich 
die  sehr  verbreiteten  von  der  Pfeilleiter  und  die  ihr  ähnlichen,  durch 
die  Himmel  und  Erde  zu  einander  in  Beziehimg  gebracht  werden,  da 
und  dort  schon  in  die  primitive  Märchendichtung  hineinragen.  Doch 
die  vereinzelte  Weise,  in  der  namentiich  in  den  australischen  Mythen- 
märchen diese  Vorstellungen  auftreten,  macht  es  nicht  unwahrschein- 
lich, daß  auch  sie  von  außen  importiertes  Gut  sind.  Gerade  bei 
diesen  Himmebmärchen  wird  man,  wie  bei  manchen  andern  Bestand- 
teilen primitiver  Naturmythologie,  zu  der  Annahme  gedrängt,  daß  es 
keinen  von  Verkehr  und  Kultur  noch  so  weit  entlegenen  Stamm 
gibt,  dessen  Mythenschatz  nicht  bis  zu  einem  gewissen  Grad  aus 
primitiveren  und  aus  höher  entwickelten  Elementen  gemischt  ist,  so 
daß  wir  aus  solchen  Sammlungen  wieder  notwendig  die  Erzählungen 
von  primitiverer  Gestalt  herausnehmen  müssen,  um  die  ursprüngliche 
Form  des  Naturmärchens  zu  gewinnen. 

In  diesem  Sinne  einer  Auswahl  des  Typischen  und  zugleich  ver- 
möge der  weiten  Verbreitung  analoger  Traditionen  bei  primitiven  Völkern 
mutmaßlich  Autochthonen  mögen  die  folgenden  Erzählungen,  die  ich 
zunächst  den  Berichten  über  australische  Mythen  entnehme,  als  Bei- 
spiele solcher  Mythenmärchen  dienen.  Ich  gebe  sie  in  abgekürzter 
Form,  von  allem  für  den  mythischen  Kern  Unwesentlichen  ab- 
strahierend. Die  Namen  der  Märchen  wesen  sollen  dabei  in  die  ent- 
sprechenden deutschen  Tiernamen  übersetzt  werden  *j. 

Ein  australisches  Märchen  erzählt:  »Die  Elster  war  eine  böse 
alte  Frau,  die  sich  viel  Grassamen  gesammelt  hatte.  Einst  kampierte 
ein   benachbarter  Stamm  in  ihrer  Nähe.     Als  nun  die   Männer  zur 


*}  Die  folgenden  australischen  Beispiele  sind  den  Sammlungen  von  K.  L.  Parker, 
Australian  legendary  Tales,  1907,  nnd  N.  W.  Thomas,  Natiyes  of  Anstralia,  1906,  die 
amerikanischen  der  reichen  Sammlang  von  F.  Boas,  Indianische  Sagen  von  der  nord- 
pazifischen Küste  Amerikas,  1895  (Zeitschrift  für  Ethnologie,  1888  und  1891 — 95)  ent- 
nommen. In  diesen  Sammlungen,  besonders  in  den  beiden  letztgenannten  finden  sich 
übrigens  außerdem  zahlreiche  Stücke,  die  der  später  zu  erörternden  Legendenerzählung 
angehören,  und  andere,  die  Bestandteile  der  weit  verbreiteten  Wandermärchen  ent- 
halten. Als  Beispiele  primitiver  Naturmärchen  sind  hier  selbstverständlich  nur  solche 
ausgewählt,  die  außerhalb  dieser  weiterreichenden  Entwicklung  liegen,  und  für  die 
auch  sonst  die  oben  besprochenen  Merkmale  des  Primitiven  zutreffen. 


70  I^er  Nftturmythus. 


Jagd  gezogen  waren,  ging  die  Elster  hin  und  überredete  die  Frauen 
Honig  und  Früchte  zu  suchen.  Sie  wollte  indessen  die  Kinder  hüten 
und  ihnen  Grassamen  zu  essen  geben.  Als  aber  die  Frauen  fort 
waren,  brachte  die  Elster  die  Kinder  in  ihr  Haus,  einen  hohlen  Baum, 
das  sie  verschloß.  Die  zurückkommenden  Frauen  hörten  das  Weinen 
der  Kinder,  konnten  aber  nie  mehr  eine  Spur  von  ihnen  entdecken« 
(Parker,  p.  15  ff.).  Neben  dem  fragmentarischen  Charakter  der  Er- 
zählung ist  hier  besonders  die  zwittei^estaltige  Natur  der  Heldin  zu 
bemerken,  die  völlig  als  Mensch  handelt  und  doch,  gleich  dem  Vogel, 
in  einer  Baumhöhle  nistet.  In  dem  folgenden  Beispiel,  das  übrigens 
schon  etwas  in  das  Gebiet  der  Heilbringerlegenden  herüberreicht, 
nähern  sich  die  Tiernamen  noch  mehr  den  bloßen  Totembezeich- 
nimgen:  »Als  Kranich  und  Känguruhratte  sich  heirateten,  gab  es 
noch  kein  Feuer  auf  Erden.  Da  entdeckten  sie  zufallig  die  Kunst  es 
durch  Reiben  hervorzubringen.  Dadurch  lernten  sie  dann  auch,  die 
Speisen  am  Feuer  zu  bereiten,  statt  sie,  wie  es  bisher  geschehen 
war,  bloß  an  der  Sonne  zu  trocknen.  Sie  beschlossen  aber  die  Sache 
geheim  zu  halten.  Als  die  Leute  jedoch  merkten,  daß  ihre  Speise 
anders  aussah  als  die  anderer  Leute,  so  wurden  die  Nachteule  und 
der  Papagei  ausgesandt,  sie  zu  beobachten,  und  diese  entdeckten  nun 
ihre  Feuerhölzer.  Man  veranstaltete  jetzt  ein  großes  Korroborri. 
Bei  diesem  wurden  auch  jene  beiden  vom  Tanze  hingerissen,  so  daß 
sie  alles  vergaßen  und  den  Sack  mit  den  Feuerstäben  verloren.  Seit- 
dem kennen  alle  Stämme  das  Feuermachen«  (Parker,  p.  24  ff.).  Dem 
mag  der  folgende  primitive  Sonnenmythus  sich  anreihen;  »Ehe  die 
Sonne  die  Erde  erhellte,  war  beständig  Streit  zwischen  den  Vögeln 
und  den  andern  Tieren.  Einmal  wurden  dem  Emu  alle  seine  Eier 
zerstört  bis  auf  eines.  Das  warfen  die  Feinde  an  den  Himmel.  Da 
stieß  es  an  einen  Holzhaufen,  den  ein  Himmelswesen  gesammelt 
hatte,  entzündete  ihn,  und  die  Erde  war  nun  von  Licht  erfüllt.  Seit- 
dem entzündet  ein  Himmelswesen  täglich  das  Feuer  wieder  und  sammelt 
nachts  Holz  dafür«  (N.  W.  Thomas,  p.  247  ff.)  *). 

Diesen  australischen  Erzählungen  kommen  die  folgenden  amerika- 


*)  Weitere  Beispiele  zentralaustralischer  Märchen  von  primitivem  Charakter  bietet 
die  Sammlang  von  C.  Strehlow  und  M.  von  Leonhardi,  Mythen,  Sagen  und  Märchen 
des  Arando- Stammes,  VeröfTentlichnngen  des  städt.  Völkermuseums  in  Frankfurt  a.  M. 
1907  (Nr.  4,  20,  21,  23  u.  a.). 


Das  primitive  Mytheomärcheo.  yi 

nischen  Ursprungs  in  ihrem  Aufbau  ziemlich  nahe:  »Ein  Mädchen 
war  sehr  eitel  imd  wollte  den  Sonnenmann  heiraten.  Sie  suchte  ihn 
daher  in  seinem  unterirdischen  Hause  auf.  Des  Abends  kam  er 
zurück  imd  steckte  die  Sonne  an  einem  Pfahl  neben  sich  auf.  Der 
Mann  hatte  aber  nie  eine  Frau  zuvor  gesehen  und  war  deshalb  an- 
fanglich sehr  zornig.  Allmählich  gab  er  sich  jedoch  zufrieden  und 
heiratete  das  Mädchen.  Sie  hatten  einen  Sohn;  nach  einiger  Zeit 
kehrte  sie  dann  in  ihre  Heimat  zurück«  (Boas,  S.  15  f.).  In  dem 
Sohn  der  Sonne  kann  man  hier  möglicherweise  den  Hinweis  auf 
die  Sonne  des  nächsten  Tages  erblicken.  Ein  anderes  primitives 
Sonnenmärchen  ist  dieses:  »Ein  Knabe  wurde  wegen  seines  zänki- 
schen Wesens  von  seinen  Eltern  verlassen,  und  er  blieb  allein  mit 
einer  alten  Frau  im  Dorfe  zurück.  Er  erlegte  Tiere,  ernährte  damit 
sich  und  die  Alte  und  machte  Mäntel  aus  ihren  Fellen.  Da  kam 
eines  Tages  der  Sonnenmann  zu  ihm  herab  und  bot  ihm  seinen 
Bogen  für  die  Mäntel  an.  Der  Knabe  war  das  zufrieden.  Er  erl^e 
von  mm  an  alles  was  er  haben  wollte,  wurde  sehr  reich  und  ver- 
teilte, als  sein  Stamm  wieder  zurückgekehrt  war,  viele  Nahnmgsmittel 
unter  die  Leute«  (Boas,  S.  17J.  In  dem  Bogen,  den  der  Sonnen- 
mann mit  sich  fuhrt,  klingt  hier  offenbar  schon  die  auch  in  der 
späteren  Himmelsmythologie  weit  verbreitete  Vorstellung  der  Sonne 
als  eines  Schützen  an,  der  in  den  Sonnenstrahlen  seine  Pfeile  ver- 
sendet. In  den  Mänteln,  die  der  Sonnenmann  als  Gegengabe 
empfängt,  darf  man  vielleicht  ein  Bild  der  Sonnenflecken  sehen,  die 
auch  sonst  noch  im  Mythus  als  Verhüllungen  eines  Sonnenhelden 
erscheinen.  In  allem  dem  steht  diese  Erzählung  bereits  deutlich  dem 
Übergang  zur  entwickelteren  Märchenform  nahe.  Wie  die  Sonne, 
so  ist  auch  der  Mond  vielfach  der  Held  des  primitiven  Märchens. 
Aber  noch  scheinen  hier  die  Phasengestalten  des  Mondes,  die,  wie 
wir  sehen  werden,  in  dem  späteren  Naturmärchen  eine  wichtige  Rolle 
spielen,  gegenüber  der  allgemeinen  Form  des  Gestirns  wenig  beachtet 
zu  werden;  daher  diese  Märchen  bald  von  einem  geköpften  Mond- 
mann, bald  von  einem  im  Monde  sitzenden  Menschen  oder  Tier  er- 
zählen, wobei  die  Assoziation  mit  einem  Geköpften  wohl  durch  die 
Ähnlichkeit  der  Mondfigur  mit  einem  menschlichen  Gesicht  unter- 
stützt wird,  während  eine  anders  gerichtete  Assimilation  die  in  der 
Mythenbildung    fast    aller   Zeiten    und   Völker    wiederkehrende   Vor- 


7  2  I^c  Naturmythus. 


Stellung  vom  »Mann  im  Monde  €  wachruft  (vgl.  die  Märchen  bei  Boas, 
S.  15,  247). 

Schließlich  sei  noch  ein  amerikanisches  Tiermärchen  hier  an- 
gereiht, das  auf  der  Ubergangsstufe  zur  Fabel  steht:  »Ein  Kaninchen 
lebte  mit  seiner  Großmutter  in  einem  unterirdischen  Hause.  Neben 
ihnen  wohnte  der  Bär,  der  zwei  Kinder  hatte.  Als  der  Bär  eines 
Tages  ausgegangen  war,  plünderte  das  Kaninchen  dessen  Wohnung 
und  ließ  nichts  darin  als  einen  Korb  voll  Wespen  und  einen  voll 
Ameisen.  Das  Kaninchen  und  seine  Großmutter  aber  kochten  und 
brieten  und  gaben  ein  großes  Fest.  Als  der  Bär  heimkam  und  sein 
Versteck  geplündert  fand,  ging  er  zum  Kaninchen,  um  sich  zu  er- 
kundigen, wo  sein  Vorrat  hingekommen  sei.  Als  nun  das  Kaninchen 
ihn  auslachte,  da  wurde  er  sehr  zornig  und  wollte  mit  ihm  kämpfen. 
Das  Kaninchen  steckte  jetzt  seine  Großmutter  in  einen  Korb,  legte 
deren  Mantel  an  und  riß  sich  ein  Bein  aus,  das  es  als  Hammer  ge- 
brauchte. Mit  dem  schlug  es  den  Bären  tot,  und  ebenso  tötete  es 
auch  die  jungen  Bären«  (Boas,  S.  1 1). 

Diese  Beispiele  mögen  genügen,  um  den  allgemeinen  Charakter 
dieser  primitiven  Märchen  zu  kennzeichnen.  Das  augenfälligste 
Merkmal  bleibt  der  Mangel  eines  in  sich  abgeschlossenen,  einem  be- 
stimmten Zweck  sich  unterordnenden  Gedankeninhalts.  Selbst  da, 
wo  der  Erzähler  auf  Naturphänomene  hinweist,  die  als  Folgen  der 
berichteten  Vorgänge  angesehen  werden  können,  wie  z.  B.  auf  den 
Mann  im  Mond,  oder  auf  einen  Stein,  der  früher  einmal  ein  Mensch 
gewesen,  da  entspringen  solche  Erscheinungen  aus  der  unmittelbaren 
mythologischen  Apperzeption,  ohne  daß  sie  zu  einem  in  sich  ge- 
schlossenen Zusammenhang  von  Handlungen  verknüpft  werden.  So 
wenig  daher  im  übrigen  der  oft  gebrauchte  und  noch  öfter  miß- 
brauchte Vergleich  des  Naturmenschen  mit  dem  Kinde  zutrifft,  so 
besteht  doch  in  der  Form  dieser  primitiven  Mythen  insofern  eine 
gewisse  Ähnlichkeit  mit  den  ersten  Mitteilungen  des  Kindes,  als 
auch  das  Kind,  das  zum  erstenmal  etwas  erzählen  will,  noch  nicht 
über  eine  lose  Aneinanderreihung  von  Vorstellungen  hinauskommt. 
Hinter  der  äußeren  Folge  der  Begebenheiten  tritt  in  beiden  Fällen 
die  Frage  nach  dem  Warum  der  Erscheinungen  zurück.  Hieraus 
erklärt  es  sich  wohl,  daß  die  Zauberverwandlung,  die  zuerst  eine 
gewisse  Kausalität  des  Gedankens  einfuhrt,  in  dem  primitiven  Märchen 


Das  Mythenmärchen  tls  geschlossene  ErztUnng.  y) 

noch  eine  geringe  Rolle  spielt.  Immerhin  liegt  hier  der  Punkt,  wo 
da  und  dort  bereits  die  primitive  in  entwickeltere  Formen  hinüber- 
reicht. 


2.  Das  Mythenmärchen  als  geschlossene  Erzählung. 

a.  Allgemeiner  Charakter  der  entwickelteren  Märchenerzählnng. 

Das  Wesen  der  entwickelteren  Formen  des  Märchens  hat  man 
nicht  selten  in  ihrem  ätiologischen  Charakter  gesehen.  Indem  man 
eine  gewisse  ursächliche  Verknüpfung  der  erzählten  Ereignisse  auch 
dem  Märchen  zuerkennt,  nimmt  man  an,  insbesondere  stets  der  in 
Märchenform  gekleidete  Naturmythus  trage  den  Zweck  in  sich, 
irgendeine  Naturerscheinung  auf  ihre  Ursachen  zurückzuführen  oder 
zu  erklären.  Nun  scheitert  aber  diese  Auffassung,  wenn  man  sie  auf 
die  Zauberwelt  des  Märchens  anwenden  will,  fast  überall.  Denn  die 
für  das  Märchen  und  besonders  das  Mythenmärchen  geltende  Ver- 
knüpfung der  Erscheinungen  hat  mit  dem  durch  die  Wissenschaft 
geläuterten  KausalbegrifT  so  gut  wie  nichts  gemein.  Immerhin  kann 
man  es  wohl  ein  ätiologisches  Motiv  nennen,  wenn  z.  B.  nach  einer 
nordamerikanischen  Fabel  der  Rabe  schwarz  ist,  weil  er  sich  dereinst 
einmal  an  einem  Feuer,  an  dem  er  eine  Mahlzeit  braten  wollte,  aus 
Ungeschicklichkeit  die  Flügel  verbrannt  hat,  oder  weil  er  mit  den 
andern  Farben,  mit  denen  ihn  die  Himmelsgötter  bemalen  wollten, 
unzufrieden  war  und  daher  zur  Strafe  von  ihnen  schwarz  angestrichen 
wurde ').  In  Wahrheit  bewegen  sich  jedoch  diese  Märchen  ebensogut 
auf  dem  Gebiet  der  Zauberverwandlung  wie  etwa  die  Erzählung,  daß 
sich  ein  Knabe  in  einen  Adler  verwandelte,  der  zum  Himmel  flog 
und  hier  zum  Morgenstern  wurde,  oder  die  andere,  nach  der  sieben 
Geschwister,  die  dereinst  auf  Erden  gelebt,  als  Plejaden  an  den 
Himmel  versetzt  wurden ').  In  diesen  und  unzähligen  ähnlichen  Mythen 
herrscht  im  allgemeinen  eine  ebensolche  Verknüpfung  der  Vor- 
stellungen wie  in  jenen  Märchen  vom  Schwarzwerden  des  Raben. 
Der  einzige  Unterschied  besteht  darin,  daß  die  Berußung  am  Feuer 
und    die   Bemalung  Vorgänge    sind,    die    den    uns    geläufigen    Ent- 


')  Boas,  Indianische  Sagen,  S.  io6  u.  241. 

*)  G.  Dorscy,  The  Pawnee,  p.  497  f.     Eine  Plejadenmythe  ebenda,  p.  488f. 


nA  Der  Naturmythus. 


stehungsweisen  schwarzer  Färbungen  näher  liegen.  So,  wie  sie  im 
Märchen  geschildert  werden,  sind  sie  aber  nicht  weniger  zauberhaft 
wie  die  Verwandlung  eines  zum  Himmel  fliegenden  Vogels  in  einen 
Stern  oder  wie  die  Verwandlung  von  sieben  Brüdern  oder  Schwestern 
in  ein  Sternbild.  Darum  beruht  hier  der  Begriff  des  Ätiologischen 
selbst  bei  jenen  explikativen  Märchen  im  Grunde  doch  nur  dar- 
auf, daß  wir  geneigt  sind,  auch  die  Märchenphantasie  allzusehr 
unseren  Gesetzen  verstandesmäßigen  Denkens  unterzuordnen.  Dieses 
Streben  scheitert  aber  unvermeidlich  an  der  phantastischen  Folge 
der  Erscheinungen,  die  die  eigenartige  Kausalität  des  Zaubers  kenn- 
zeichnet, und  an  deren  Wesen  es  nichts  ändert,  wenn  sie  durch 
irgendwelche  Assoziationen  in  einzelnen  Fällen  einer  uns  geläufigen 
Folge  näher  gebracht  wird  als  in  andern.  Dazu  kommt,  daß  solche 
explikative  Märchen  und  Märchenepisoden,  denen  man  mit  dem  in 
dem  Charakter  der  Zauberkausalität  begründeten  Vorbehalt  einen 
ätiologischen  Sinn  zuschreiben  kann,  wie  der  Fabel  vom  Schwarz- 
werden des  Raben,  gegenüber  den  Formen  von  rein  mythologischer 
Bedeutung  eine  Ausnahmestellung  einnehmen,  weil  sie  durchweg  zu 
den  Scherzmärchen  gehören,  deren  Motive  von  denen  der  ernsthaft 
gemeinten  Mythen  in  Märchenform  wesentlich  abweichen.  In  diesen 
letzteren  bewegt  sich  die  Phantasie  durchaus  nur  in  dem  freien  Spiel 
von  Vorstellungen,  die  von  den  subjektiven  Motiven  des  Wunsches, 
der  Furcht  und  des  Hoffens  geleitet  sind,  und  in  die  die  wirkliche 
Erfahrung  nur  insoweit  eingreift,  als  die  von  ihr  ausgehenden  Reize 
erregend  auf  die  Phantasie  einwirken. 

Betrachtet  man  das  mythologische  Märchen  in  diesem  Lichte 
einer  von  Zauberwirkungen  und  von  Gefiihlsmotiven  beherrschten 
Phantasiewelt,  so  läßt  sich  demnach  auch  zwischen  den  oben  ge- 
schilderten primitiven  und  den  entwickelteren  Formen  des  Mythen- 
märchens nur  insofern  eine  Grenze  ziehen,  als  in  diesen  die  einzelnen 
Vorgänge  zu  einem  Ganzen  verbunden  sind,  das,  von  einheitlichen 
Motiven  getragen,  selbst  zu  einer  Einheit  sich  abschließt.  Nicht  die 
Zauberwirkung,  die  schon  dem  primitiven  Märchen  eigen  ist,  auch 
nicht  der  Einfluß  der  Affekte  auf  den  Inhalt  macht  daher  das  Wesen 
des  entwickelteren  Mythenmärchens  aus,  sondern  das  von  da  an 
immer  entschiedener  hervortretende  Merkmal,  daß  das  einzelne  zauber- 
hafte Ereignis   Glied   eines  phantastischen  Zusammenhangs  ist,   der 


Das  Mythenmärchen  als  geschlossene  Erzfihlnng.  ye 

mindestens  annähernd  durch  irgendeinen  einheitlichen  Gedanken  be- 
herrscht wird. 

So  bildet  der  Übergang  von  der  primitiven  zu  der  geschlossenen 
Märchenform  einen  der  wichtigsten  Schritte  nicht  bloß  in  dem  Fort- 
gang von  den  niederen  zu  den  höheren  Formen  der  Mythenbildung, 
sondern  auch  einen  der  bedeutsamsten  in  der  Entwicklung  des 
menschlichen  Bewußtseins  überhaupt.  Denn  dieser  Fortschritt  von 
einer  Reihe  lose  zusammenhängender  Vorstellungen,  die  nur  durch 
die  äußere  Aufeinanderfolge  der  erzählten  Begebenheiten  und  durch 
die  Gleichheit  der  handelnden  Personen  verbunden  sind,  zu  der  ein- 
heitlichen Erzählung,  die  in  einem  durch  die  dargestellten  Ereignisse 
vorbereiteten  Ergebnis  endet,  ist  genau  das  psychologische  Bild  des 
allgemeineren  Übergangs  von  der  rein  assoziativen  zur  apperzeptiven 
Verbindung  einer  Gedankenreihe.  Oder,  genauer  ausgedrückt,  es 
ist  der  Schritt  von  der  Apperzeption  einer  Anzahl  einzelner  Vor- 
stellungen, deren  jede  durch  elementare  Gleichheits-  und  Berührungs- 
verbindungen zuilächst  nur  mit  vorangehenden  und  folgenden  Gliedern 
verkettet  ist,  zu  der  Apperzeption  einer  durch  ein  beherrschendes 
Motiv  verbundenen  Gesamtvorstellung,  die  durch  die  Erzählung  in 
ihre  Teile  gegliedert  wird.  Es  ist  dieselbe  Entwicklung,  wie  sie 
auch  die  Sprache  in  ihrem  Übergang  von  dem  den  Anfang  des 
sprachlichen  Denkens  bildenden  attributiven  zu  dem  vollkomme- 
neren prädikativen  Aufbau  der  Sätze  zurücklegt*).  Wie  bei  der 
Sprache,  so  ist  aber  auch  beim  Mythus  dieser  Übergang  kein  plötz- 
licher. Bereitet  er  sich  dort  in  assoziativen  Verbindungen  vor,  die 
mehr  und  mehr  zu  Bestandteilen  einer  einheitlichen  Vorstellung  zu- 
sammenwachsen, so  führen  hier  jene  Märchen,  die  irgend  eine  Natur- 
erscheinung, wie  einen  seltsam  aussehenden  Stein  oder  Baum,  ein  am 
Himmel  geschautes  Bild  u.  dgl.,  mit  den  erzählten  Begebenheiten  ver- 
weben, von  der  loseren  primitiven  zur  fester  geschlossenen  Märchen- 
form hinüber.  Sobald  eine  solche  Erscheinung  nicht  mehr  bloß 
äußerlich  der  Erzählung  angefügt  ist,  sondern  als  deren  Endzweck 
erscheint,  so  vollzieht  sich  damit  schon  der  Übergang  zur  geschlossenen 
Erzählung.  Der  Umfang  des  so  entstandenen  Ganzen  kann  dann 
wachsen  und  Umgestaltungen  erfahren,  indem  Episoden  aus  ursprüng- 


')  Vgl.  Bd.  I,  TeU  n,  S.  249  ff.,  316  ff. 


•7  6  ^^^  Natnrmythus. 


lieh  selbständigen  Märchen  aufgenommen  werden  oder  auch  aus  dem 
Fortspinnen  loser  Assoziationen  hervorgehen,  wie  es  schon  beim 
primitiven  Märchen  wirksam  ist.  Solche  assoziativ  entstandene  Epi- 
soden lassen  sich  dann  gewissermaßen  als  Rückfalle  in  die  primitive 
Märchenform  betrachten.  Sie  können  aber  auch  selbst  wieder  zu  einem 
relativ  in  sich  geschlossenen  Ganzen  zusammenwachsen.  Diese  Ver- 
vielfältigung der  Motive  durch  die  Assimilation  weiterer  MärchenstofTe 
oder  durch  die  Verdichtung  zufallig  hervorschieOender  Assoziations* 
reihen  zu  neuen  Einheiten,  die  den  Aufbau  der  Erzählung  ver- 
wickelter machen,  bildet  daher  den  Übergang  zu  der  Entstehung  von 
Märchenzyklen,  die,  wenn  die  Beziehung  auf  bestimmte  Zeiten  und 
Orte  oder  auf  kultische  Einrichtungen  und  deren  mythologfische  Träger 
hinzukommt,  zu  den  Formen  der  Sage  und  Legende  überfuhren. 

Kündet  nun  das  geschlossene  Märchen  durch  die  bei  ihm  zum 
erstenmal  hervortretende  umfassendere  Verbindung  einen  überaus 
wichtigen  Fortschritt  in  der  Entwicklung  des  Denkens  an,  so  zeigt 
aber  diese  Stufe  immer  noch  zwei  Merkmale,  durch  die  sie  mit  dem 
primitiven  Mythenmärchen  zusammenhängt,  und  in  denen  sie  gewisse 
der  Märchenstufe  des  Mythus  zukommende  Eigenschaften  zum  Teil 
sogar  zu  gesteigerter  Geltung  bringt.  Das  eine  dieser  Merkmale  ist 
die  auch  hier  noch  bestehende  völlige  Unabhängigkeit  von  Raum  und 
Zeit.  Wo  und  wann  sich  die  erzählten  Begebenheiten  ereigfnet  haben, 
bleibt  unbestimmt:  sie  lassen  sich  höchstens  indirekt  mit  Hilfe  des 
gesamten  Kolorits  der  Kultur,  der  sie  angehören,  einigermaßen  lokali- 
sieren. Das  zweite  Merkmal  besteht  in  der  Art,  wie  Mittel  imd  Zweck, 
UrsachjB  und.  Wirkung  in  diesen  Erzählungen  verknüpft  sind.  Noch 
ist  diese  Verbindung  eine  durchaus  phantastische:  sie  ist  von  Zauber- 
vorstellungen beherrscht,  neben  denen  der  aus  der  gewöhnlichen  Er- 
fahrung vertraute  Verlauf  der  Erscheinungen  als  ein  selbstverständ- 
licher gilt,  darum  aber  auch  unbeachtet  bleibt.  Ihm  gegenüber 
kommen  die  Begriffe  Ursache  und  Wirkung,  Mittel  und  Zweck  über- 
haupt nicht  in  Frage;  oder  sie  beginnen  sich  doch  erst  von  jener 
Grenze  an,  wo  das  Mythenmärchen  in  die  biologische  Fabel  über- 
geht, oder  wo  es  sich  gar  dem  kosmogonischen  Mythus  zuwendet, 
allmählich  hervorzuwagen').     Daß   der  Vogel   fliegt   und  der  Fisch 


»j  Vgl.  Teil  II,  S.  177fr. 


Das  Mythenmärohen  tls  geschlossene  Erzählung.  nn 

schwimmt,  daß  ein  schwerer  Körper  fallt  oder  durch  menschliche 
Kraft  in  die  Höhe  geworfen  werden  kann,  diese  und  die  vielen  andern 
ähnlichen  Dinge,  die  sich  alltäglich  ereignen,  bedürfen  in  den  Augen 
des  Naturmenschen  keiner  Erklärung.  Das  Ungewöhnliche  oder  das 
durch  die  Macht  des  Eindrucks  Auffallende  dagegen,  wie  Donner  und 
Blitz,  Auf-  und  Untergang  der  Sonne,  die  Mondgestalten,  der  Regen- 
bogen, die  Stürme  und  Winde  in  ihrem  aller  Voraussicht  spottenden 
Wechsel,  endlich  die  Gestalten  und  Färbungen  der  Tiere,  die  um  so 
fremdartiger  anmuten,  je  menschenähnlicher  sonst  das  Tun  und  Trei- 
ben der  Tiere  erscheint,  —  dies  und  manches  andere,  was,  so  häufig 
es  begegnen  mag,  immer  wieder  Furcht  oder  Neugier  und  Interesse 
erregt,  beschäftigt  auf  dieser  Stufe  der  Mythenbildung  vor  allem  die 
Phantasie.  Für  die  Art  aber,  wie  diese  die  Dinge  verknüpft,  sind 
auf  der  einen  Seite  doch  die  aus  der  alltäglichen  Erfahrung  ge- 
schöpften Anschauungen,  nur  ins  Groteske  gesteigert,  und  auf  der 
andern  alle  jene  vom  Seelenglauben  ausgehenden  Zauber-  und  Dä- 
monenvorstellungen maßgebend,  die  auch  den  Gedanken  über  Krank- 
heit und  Tod,  über  Erfolg  ini  Kampf,  den  Ertrag  der  Jagd  und  das 
Gedeihen  der  Nährfrüchte  ihre  Richtung  geben.  Wie  die  Zauber- 
wirkung die  früheste  Form  ist,  unter  der  sich  der  Naturmensch  über- 
haupt eine  Verknüpfung  von  Ursachen  und  Wirkungen  denkt,  so 
trägt  er  daher  diese  Zauberkausalität  auch  in  die  Schöpfungen  seiner 
Phantasie  hinüber,  und  hier  waltet  sie  um  so  schrankenloser,  weil  sie 
nirgends  durch  den  Zwang,  den  die  Wirklichkeit  auf  das  Spiel  der 
AfTekte  ausübt,  gehemmt  wird. 

So  ist  denn  gerade  der  Beginn  des  entwickelten  Mythenmärchens 
die  Blütezeit  des  eigentlichen  Zaubermärchens  und  damit  zugleich  ein 
Symptom  des  Zauberglaubens  selbst  auf  seinem  Höhepunkt.  Mag 
auch  zu  keiner  Zeit  jeder  einzelne  Zug  in  einem  solchen  Märchen 
für  wirklich  gehalten  werden,  als  möglich  erscheint  er  auf  alle  Fälle; 
oder  wo  etwa  die  alles  Maß  überschreitenden  Übertreibungen  der 
Märchenphantasie  an  dieser  Möglichkeit  Zweifel  erwecken,  da  reichen 
immerhin  Erscheinungen  von  ähnlichem  Charakter  durchaus  auch  in 
den  Bereich  des  allgemein  geglaubten  Zaubers  hinein.  Das  erhellt 
ohne  weiteres  aus  der  Übereinstimmung,  die  in  dieser  Beziehung 
zwischen  dem  Charakter  des  Zaubermärchens  und  den  wirklich  ge- 
übten Zauberbräuchen  und  Zauberkulten  besteht.     Nicht  minder  bietet 


^g  Der  Natnrmythns. 


das  sonstige  Verhalten  des  Menschen  auf  dieser  Stufe,  besonders  auch 
die  Art,  wie  er  selbst  über  die  Glaubwürdigkeit  seiner  Märchen  urteilt, 
sprechende  Belege.  So  erzählt  K.  von  den  Steinen  von  einem  Fall, 
wo  ein  flüchtiger  Negersklave  von  den  Bakairi  verfolgt  wurde.  Man 
konnte  ihn  nicht  erwischen,  aber  in  einem  der  nächsten  Büsche  fand 
sich  eine  Schildkröte:  da  beruhigten  sich  die  Bakairileute,  in  der 
festen  Überzeugung,  der  Knabe  habe  sich  in  die  Schildkröte  ver- 
wandelt'). Von  den  Pawnee-Indianem  berichtet  Dorsey,  sie  unter- 
schieden sehr  bestimmt  zwei  Kategorien  ihrer  Märchen,  solche,  die 
wahr,  und  solche,  die  zu  irgend  eineni  Zweck  von  den  alten  Männern 
erfunden  seien;  zu  den  wahren  Geschichten  rechneten  sie  aber  in  erster 
Linie  diejenigen,  die  von  himmlischen  Wesen  erzählt  würden,  und  die 
mit  alten  Zeremonien  in  Verbindung  stünden").  Das  letztere  ist  schon 
deshalb  verständlich,  weil  die  irdischen,  in  der  unmittelbaren  Umgebung 
des  Menschen  sich  ereignenden  Zaubergeschichten,  namentlich  die 
wunderbaren  Tierverwandlungen,  den  Eindrücken  der  Wirklichkeit 
gegenüber  nicht  auf  die  Dauer  Stand  halten  können,  wogegen  die 
Himmelserscheinungen  fem  genug  sind,  um  sich  einer  solchen  Ver- 
gleichung  zu  entziehen.  Auch  beschränken  sich  gerade  die  Himmels- 
märchen von  frühe  an  weit  mehr  auf  die  Erscheinungen  selbst,  wenn 
diese  auch  von  der  Phantasie  mannigfach  umgestaltet  werden,  wäh- 
rend der  Verwandlungszauber,  zu  dem  vor  allem  das  Verhältnis  des 
Menschen  zur  Tierwelt  Anlaß  gibt,  zunächst  bei  ihnen  zurücktritt. 
Wie  fließend  übrigens  überhaupt  die  Grenzen  zwischen  dem  Ge- 
glaubten und  dem  Erdichteten  sind,  das  bezeuget  die  Tatsache,  daß 
die  nämlichen  Indianerstämme,  die  die  gewöhnlichen  Tierverwand- 
lungsgeschichten fiir  erfunden  halten,  dennoch  der  Erzählung  vieler 
dieser  Märchen  geradezu  eine  Zauberwirkung  zuschreiben.  So  wird 
von  manchen,  analog  wie  der  Rezitation  von  Beschwörungsformeln 
und  Zauberliedern,  den  Erzählungen,  die  von  der  Unterwerfung  der 
Büflel  unter  den  Menschen  handeln,  die  magische  Kraft  zugeschrieben 
der  Verminderung  der  Büffelherden  vorzubeugen^). 

Hiernach  darf  man  sich  durch  den  Ausdruck  »Märchen«,  den  diese 
frühesten  Mythen  ihrem  ganzen  Charakter  nach  verdienen,  durchaus 


')  K.  von  den  Steinen,  Unter  den  Naturvölkern  Zentralbrasiliens,  S.  350. 
')  G.  Dorsey,  Mythology  of  the  Pawnee,  p.  10 ff. 
3)  Dorsey  a  a.  O.,  p.  437,  503  ff. 


Das  Mjdieiimirchen  als  geschlossene  Erziblnng.  jq 

nicht  verfuhren  lassen,  in  ihnen  von  vornherein  Dichtungen  zu  sehen, 
die  das  Gepräge  phantastischer  Erfindungen  allzu  deutlich  an  sich 
trügen,  ab  daß  jemals  an  sie  geglaubt  werden  könnte.  Bei  dieser 
Annahme  übersieht  man  völlig,  daß  die  Art,  wie  der  Naturmensch 
die  Dinge  der  Wiridichkeit  auffaßt,  mit  der  im  2^ubermärchen  herr- 
schenden Verbindung  der  Erscheinungen  übereinstimmt  Das  Zauber- 
märchen ist  eben  die  Form  der  Erzählung,  die  der  Stufe  des  Zauber- 
glaubens wirklich  entspricht;  und  natürlich  gibt  es  auf  dieser  Stufe 
gerade  so  gut  wie  später  Geschichten,  die  als  wahr  geglaubt  werden, 
und  andere,  die  für  erfundene  gelten.  Aber  nicht  Zauber  und  Wun- 
der bflden  die  Merkmale,  die  Wahres  und  Falsches  scheiden,  sondern 
diese  werden  lediglich  dem  Inhalt  dessen  entnommen,  was  als  wahr 
überliefert  und  unter  die  allgemein  geltenden  Glaubensnormen  auf- 
genommen ist  Wie  dieser  Maßstab  noch  heute  der  in  der  allge- 
meinen Anschauung  gültige  ist,  so  ist  er  es  natürlich  auch  für  den 
primitiven  Menschen.  Für  diesen  ist  aber  eben  der  Zauberglaube  die 
überlieferte  Norm  des  Denkens  und  Handelns.  Darum  besitzen  hier 
selbst  die  extravagantesten  Zaubermärchen  nicht  an  sich,  sondern 
höchstens  infolge  ihrer  vielleicht  allzu  starken  phantastischen  Über- 
treibungen oder  wohl  noch  häufiger  wegen  ihres  gleichgültigen  In- 
halts eine  verminderte  Glaubwürdigkeit  Selbst  diese  kann  aber  wie- 
derum dadurch  beseitigt  werden,  daß  die  erzählten  Ereignisse  in  eine 
entfernte  Zeit  oder  an  weit  entfernte  Orte  verlegt  sind.  Das  ist 
der  Grund,  weshalb  der  Übergang  des  Märchens  in  die  Sage  und 
L^ende  weder  die  2^uberwirkungen  an  sich  noch  auch  namentlich  den 
Glauben,  den  sie  finden,  zu  vermindern  pflegt,  sondern  daß  vielmehr 
die  Beziehung  auf  bestimmte  Orte  und  Zeiten  und  auf  wirkliche  oder 
für  wirklich  gehaltene  Personen  diesen  Glauben  unterstützt. 

Gilt  so  das  Zaubermärchen,  wie  im  Grunde  schon  diese  Über- 
gänge in  die  noch  auf  lange  hinaus  mit  der  wirklichen  Geschichte 
zusammenfließenden  Formen  der  Sage  und  Legende  bekunden,  in 
seinem  Ursprung  keineswegs  als  Schilderung  einer  bloßen  Phantasie- 
welt, sondern  als  ein  treues,  höchstens  da  und  dort  etwas  gesteigertes 
Abbild  der  wirklichen  Welt,  so  trägt  nun  aber  gerade  das  Mär- 
dien  in  seiner  übersprudelnden  Phantastik  zugleich  die  Kraft  fort- 
währender Umbildungen  und  Neubildungen  in  sich.  Freilich  kann 
nicht  alles,  was  die  märchenbildende  Phantasie  in  dieser  Weise  schafit 


8o  Der  Natarmythiis. 


oder  was  ihr  von  außen  zugeführt  wird,  fortan  den  gleichen  Wert 
beanspruchen;  doch  entfaltet  hier  nun  das  Zaubermärchen  in  einem 
von  keiner  andern  Form  des  Mythus  wie  der  Dichtung  übertroffenen 
Grade  die  Macht,  für  die  verlorenen  Werte  neue  zu  schaffen.  So 
hat  es  neben  seiner  Eigenschaft,  die  Anschauungswelt  des  Natur- 
menschen widerzuspiegeln,  von  Anfang  an  noch  die  andere,  ein  er- 
freuendes Spiel  der  Phantasie  zu  sein.  Neben  dem  Tanz,  der  in 
seinen  Übergängen  von  der  kultischen  Handlung  zur  erheiternden 
Pantomime  die  gleichen  Wandlungen  bietet,  gehört  darum  die  Märchen- 
erzählung aller  Orten  zu  den  gesuchtesten  Beschäftigungen  des  Natur- 
menschen. Das  verrät  sich  auch  noch  in  einer  andern  Parallele  mit 
dem  Tanz:  wie  dieser  in  den  burlesken  Tiertänzen  und  Pantomimen 
den  Höhepunkt  ausgelassener  Freude  bezeichnet,  so  schafft  das 
Märchen  komische  Gestalten  und  ergötzliche  Szenen,  unter  denen 
vor  allem  die  Tierverwandlungen  burleske  Formen  annehmen,  die 
den  Tiertänzen  und  Tierpantomimen  auch  ihrem  Inhalte  nach  genau 
entsprechen  können.  Gilt  aber  in  der  Blütezeit  des  Zaubermärchens 
die  Erzählung  gelegentlich  ganz  so  wie  der  Tanz  als  ein  Zauber, 
der  den  Regen  beschwören  oder  Tiere  bändigen  kann,  so  bleibt, 
nachdem  der  Glaube  an  diesen  objektiven  Zauber  längst  geschwunden, 
der  subjektive,  der  die  Phantasie  des  Hörers  fesselt,  fortan  be- 
stehen. Darum  ist  unter  allen  Formen  des  Mythus  das  Zauber- 
märchen die  unvergänglichste,  wenn  ihm  auch  sein  Übei^ang  in  ein 
freies  Spiel  der  Phantasie  verhältnismäßig  frühe  jene  ernstere  Be- 
deutung geraubt  hat,  die  auch  hier  selbstverständlich  die  ursprüng- 
liche ist.  Durch  diesen  Übergang  sind  nun  aber  längst  schon  die 
Verbindungen  gelöst  worden,  die  bei  Sage  und  Legende  den  Glauben 
an  die  Wirklichkeit  ihres  Inhalts  infolge  ihrer  Beziehungen  zu  Ge- 
schichte und  Kultus  lebendig  erhielten.  So  ist  es  gekommen,  daß  das 
Märchen  schließlich  bei  den  Mythologen  fast  zu  einem  verstoßenen 
Stiefkind  des  Mythus  geworden  ist,  obgleich  es  mit  besserem  Recht 
seine  Mutter  genannt  werden  könnte. 

Diese  Eigenschaft,  das  dauerndste  und  dabei  das  wandlungs- 
fahigste  mythische  Gebilde  zu  sein,  gewinnt  jedoch  das  Märchen 
erst  von  dem  Augenblick  an,  wo  es  sich  zur  geschlossenen  Erzäh- 
lung erhebt.  In  seiner  primitiven  Form  mit  ihren  ziellos  schweifen- 
den Assoziationen  ist  es  allzu  vergänglich,   als  daß   es  sich  in  dem 


82  ^er  NatormTthns. 


gleichförmigen  Bedingungen  des  Zauberglaubens  ihre  Quelle  haben 
können,  sondern  g^nze  komplexe  Verwebungen  von  Motiven,  die 
in  dieser  Verbindung  jedenfalls  nur  einmal  entstanden  sind,  kehren  in 
den  Märchenerzählungen  weit  entlegener  Ländergebiete  und  Zeiten 
wieder,  nur  jedesmal  eingetaucht  in  das  besondere  Medium  der 
Kultur  und  Gesittung,  dem  ein  solcher  Mythenstoff  zugewandert  ist 
Je  größer  aber  die  natürliche  Verwandtschaft  ist,  die  vermöge  ihres 
Zusammenhangs  mit  den  allgemeinen  Eigenschaften  menschlichen 
Denkens  und  Fühlens  die  Märchenstoffe  schon  vor  diesem  Austausch 
besitzen,  und  je  größer  zugleich  die  Kraft  der  Assimilation,  die 
jede  Kultursphäre  ausübt,  um  so  schwerer  wird  es  natürlich  fest- 
zustellen, welches  der  erste  Ursprungspunkt  solcher  Wandermärchen 
gewesen  sein  mag.  In  der  Tat  ist  diese  Frage  nur  da  mit  zureichen- 
der Wahrscheinlichkeit  zu  beantworten,  wo  der  Mytheninhalt  Züge 
bietet,  die  entweder  auf  eine  Naturanschauung  von  lokal  beschränkter 
Ausdehnung  oder  auf  spezifische  Kulturbedingungen  hinweisen,  die 
sich  anderwärts  nicht  wiederfinden,  und  die  nun  gleichwohl  mit  der 
solchen  Traditionen  eigenen  Zähigkeit  in  der  neuen  Umgebung  als 
unverständlich  gewordene  Elemente  festgehalten  werden.  Diese 
Ausdauer  verdankt  eben  hier  wiederum  das  entwickelte  Märchen 
der  in  ihm  herrschenden  Zweckverknüpfung,  die  nach  bekannten 
Gesetzen  der  Wiedererinnerung  auch  der  Bewahrung  der  bloß  äußer- 
lich und  zufällig  assoziierten  Bestandteile  zu  statten  kommt.  So 
wichtig  daher  nicht  bloß  in  ethnologischer  und  historischer,  sondern 
mit  Rücksicht  auf  diese  allgemeinen  Bedingungen  der  Erhaltung  und 
Aneignung  auch  in  psychologischer  Hinsicht  die  Wandermärchen 
sind,  so  gewinnen  sie  doch  ihre  psychologische  Bedeutung  wesent- 
lich erst  durch  die  weitere  Tatsache,  daß  auch  die  Bedingungen  zu 
autochthoner  Märchenbildung  überall  existieren,  weil  diese  mit  der 
geistigen  Natur  des  Menschen  ebenso  eng  verwebt  ist  wie  der 
Geister-  und  der  Zauberglaube  selbst,  der  das  ursprüngliche  Medium 
dieser  mythologischen  Form  ist.  So  läßt  es  sich  denn  auch  nicht 
verkennen,  daß,  wie  groß  die  Zahl  der  Wandermythen  immerhin 
sein  mag,  die  in  der  Märchenerzählung  der  verschiedenen  Völker 
nachzuweisen  sind,  doch  neben  ihnen  immer  noch  zahlreiche  vor- 
kommen, die  entweder  nur  einzelne,  zweifelhafte  Elemente  mit  den 
Mythen  anderer  Regionen  gemein  haben,  oder  die,  abgesehen  von 


Das  Mythenmärchen  als  geschlossene  Erzählung.  83 

den  aus  allgemein  menschlichen  Bedingungen  abzuleitenden  Analogien, 
offenbar  auf  ein  bestimmtes  engeres  Gebiet  beschränkt  sind.  So 
setzt  sich  neben  der  Aufnahme  von  außen  zugeführter  Stoffe  eine 
autochthone  Mythenbildung,  die  diese  Aufnahme  selbst  erst  ermög- 
licht, sichtlich  von  der  Stufe  des  primitiven  auch  in  die  des  späteren 
Märchens  fort,  bei  dem  dann  außerdem  die  Bedingungen  der  Wan- 
derung von  Ort  zu  Ort  und  der  Übertragung  durch  viele  Genera- 
tionen neu  hinzutreten'). 

So  weit  nun  aber  schließlich  jene  Kausalität  des  Zaubers,  die  an 
der  Wiege  des  mythologischen  Naturmärchens  steht  und  dieses  bei 
seinen    Wandlungen   und    auf  seinen    Wanderungen    begleitet,    von 
dem  entfernt  ist,   was  das  gereifte  und  vollends  das   wissenschaft- 
liche Denken  Kausalität   nennt,   so   trägt  doch   schon   der    Zauber 
das  Merkmal  an  sich,   das  nicht  bloß  iiir  die  erste  Entstehung  ur- 
sächlicher Verknüpfung,   sondern  allezeit  für  deren  Anwendung  das 
entscheidende  bleibt:  das  ist  die  Zerlegung  nach  Grund  und  Folge. 
Gerade  auf  dieser  Stufe  der  Zauberkausalität  ist  sie  übrigens  stets 
zugleich  mit  dem  Gedanken  verbunden,  daß  die  Folge  der  irgend- 
wie gewollte  Zweck  des  Geschehens  sei.     Dieser  Zweck  eben  gibt 
der   Märchenerzählung   jene   Einheit   des    Gedankens,    auf   der   die 
epochemachende   Stellung   beruht,    die    das   Zaubermärchen   in   der 
Geschichte   des  Denkens  wie  der   erzählenden  Dichtung  einnimmt. 
Nach  diesen  beiden  Richtungen  besitzen  nun  aber  die  verschiedenen 
Formen,  in  die  sich  von  nun  an  das  Märchen  mit  Rücksicht  auf  die 
in  ihm   vorherrschenden  Motive  sondert,    wieder  eine   verschiedene 
nythologische  Bedeutung.    Während  nämlich  in  dem  primitiven  Mär- 
hen  die  verschiedenen  Zaubermotive  noch  ohne  deutliche  Sonderung 
leinanderfließen,  scheiden  sich  jetzt  die  die  Erzählung  beherrschen- 
m   Affekte   und   Triebe   schärfer   voneinander.      So   wird   hier  das 
meinsame  Zaubermotiv  wieder  von  abweichenden  psychologischen 
>tiven  getragen,   die  auf  die  verschiedenen   Richtungen  allgemein 
nschlicher  Affekte  zurückgehen.     Innerhalb  jeder  dieser  Formen 
inen  dann  ebensowohl  weit  verbreitete  Wandermythen  wie  andere 
commen,  denen  mit  Wahrscheinlichkeit  ein  autochthoner  Ursprung 
schreiben   ist.     Da  nun  aber  die  Übertragung  von   Ort   zu  Ort 

)  Näheres  über  die  Wanderung  der  Mythen  überhaupt  vgl.  unten  III,  6. 

6* 


84  ^cf  Natnnnythus. 


wieder  besondere  ethnologische  und  psychologische  Bedingfungen  vor- 
aussetzt, so  sollen  hier  die  wichtigeren  Gattungen  des  Mythenmärchens 
zunächst  noch  ohne  Rücksicht  auf  diese  Bedingungen  der  Übertragung 
betrachtet  werden. 

Handelte  es  sich  nun  bloß  darum,  die  allgemeinen  psychologischen 
Motive  des  Mythenmärchens  und  seiner  verschiedenen  Formen  zu 
ermitteln,  so  würde  es  vielleicht  genügen,  sich  die  Volksmärchen  der 
heutigen  Kulturvölker  zu  vergegenwärtigen,  die,  so  sehr  sie  sich  durch 
Umdichtung  und  Anpassung  gewandelt  haben,  doch  die  Grundmotive, 
aus  denen  das  Märchen  als  mythologische  Form  dereinst  entstanden 
ist,  noch  mehr  oder  minder  deutlich  erkennen  lassen.  Immerhin  hat 
sich  selbst  da,  wo  die  Überlieferung  uralte  Züge  verhältnismäßig  treu 
bewahrt,  die  Naturanschauung,  von  der  jene  Motive  getragen  sind, 
wesentlich  verändert,  und  wenn  sie  auch  in  den  Zauberverwandlungen 
und  den  phantastischen  Gestalten  der  Zauberwesen  in  dem  späteren 
Märchen  nachwirkt,  so  hat  sie  doch  hier  die  reale  Bedeutung  verloren, 
die  ihr  in  ihrer  ersten  Entwicklung  zukommt,  und  die  auf  die  Be- 
schaffenheit der  Motive,  auf  ihre  Qualität  wie  auf  ihre  Stärke,  nicht 
ohne  Einfluß  sein  kann.  Denn  vor  allem  als  das,  was  sie  heute  nicht 
mehr  sind,  als  Motive,  die  an  der  Bildung  der  mythologischen  Welt- 
anschauung selbst  mitgewirkt  haben,  besitzen  die  im  Märchen  zimi 
Ausdruck  kommenden  menschlichen  Stimmungen  und  Affekte  einen 
dauernden  Wert  fiir  die  Entwicklungsgeschichte  des  Mythus;  und  nicht 
nur  das,  was  etwa  unter  der  Herrschaft  solcher  Affekte  als  erstrebens- 
oder  als  hassenswert  gilt,  sondern  auch  der  Umkreis  der  Mittel,  zu 
denen  die  mythenbildende  Phantasie  greift,  um  die  Affekte  in  Hand- 
lungen und  äußere  Erlebnisse  umzusetzen,  wird  um  so  mehr  zu  einem 
treuen  Ausdruck  der  mythenbildenden  Kräfte,  je  mehr  solche  Hand- 
lungen noch  als  die  treibenden  Kräfte  der  Natur  selbst  angesehen 
werden. 

b.  Hauptformen  des  Mythenmärchens. 

In  jener  von  dem  späteren  Bedeutungswandel  der  mythischen 
Motive  noch  relativ  unberührten  Form,  in  der  das  Märchen,  wenn  auch 
nicht  in  jedem  einzelnen  Zug,  so  doch  in  dem  allgemeinen  Cha- 
rakter der  in  ihm  herrschenden  Verknüpfung  der  Erscheinungen  die 
Naturanschauung  wirklich  widerspiegelt,  aus  der  es  entsprungen  ist, 


Das  Mytbeninttrcheii  als  geschlossene  Erzfthlnng.  ge 

läßt  es  nun  in  der  Differenzierung  der  Motive  zugleich  ein  stufen- 
weises Aufsteigen  über  die  einer  deutlich  ausgeprägten  Gedanken- 
einheit noch  entbehrende  primitivste  Form  erkennen.  Freilich  handelt 
es  sich  hier  in  Anbetracht  der  fließenden  Natur  aller  dieser  Entwick- 
lungen nirgends  um  feste  Grenzlinien.  Vielmehr,  wie  die  lose  und 
al^erissene  Handlung  vielfach  neben  den  entwickelteren  Erzählungen 
bei  den  gleichen  Völkern  zu  finden  ist,  so  und  noch  in  höherem 
Maße  gilt  wiederum  von  den  einzelnen  Formen  der  letzteren,  daß  sie 
alle  nebeneinander  vorkommen,  und  daß  die  verschiedenen  Motive, 
die  diesen  Formen  entsprechen,  in  einer  und  derselben  Erzählung  sich 
mannigfach  durchkreuzen  und  mischen,  daher  es  gerade  bei  den  ur- 
sprünglichen Mythenmärchen  sehr  oft  zweifelhaft  bleibt,  zu  welcher 
Gruppe  man  ein  einzelnes  zählen  soll.  Diese  Verhältnisse  gestalten 
sich  dadurch  noch  verwickelter,  daß  auch  das  Mythenmärchen  be- 
reits nicht  bloß  Motive  verschiedenen  Inhalts,  sondern  infolge  der 
zunehmenden  Macht  der  Tradition  solche  verschiedenen  Alters  ent- 
halten kann,  die  demnach  nicht  mehr  einem  einheitlichen  Kul- 
turmedium angehören.  So  läßt  sich  denn  keines  der  Märchen- 
motive an  bestimmte,  fest  umgrenzte  Kulturstufen  binden,  sondern 
höchstens  ist  innerhalb  gewisser  Kulturkreise  ein  relatives  Überge- 
wicht der  einen  oder  andern  Form  festzustellen.  Insbesondere  gilt 
das  auch  von  dem  weiteren  Bedeutungswandel,  der  bei  dem  allmäh- 
lichen Übergang  des  Mythenmärchens  in  die  poetische  Märchener- 
findung eintritt,  einem  Übergang,  bei  dem  einzelne  der  ursprüng- 
lichen Mythenmotive  ihren  Inhalt  völlig  verlieren,  und  andere  ihn 
im  wesentlichen  unverändert  bewahren  können,  unter  allen  Um- 
ständen aber  die  Macht  der  einzelnen  Motive  bedeutende  Verschie- 
bungen erfährt.  Gewisse  Märchengattungen,  die  zuerst  verhältnis- 
mäßig zurücktreten,  werden  auf  diese  Weise  allmählich  die  herr- 
schenden, während  andere,  die  anfänglich  im  Vordergrund  stehen, 
verschwinden  oder  eine  Umwertung  erfahren.  Für  das  erstere  Ver- 
hältnis bietet  das  Glücksmärchen  mit  dem  unverwüstlichen  Reiz, 
den  es  mit  seinen  Abenteuermotiven  ausübt,  für  das  zweite  das  Tier- 
märchen mit  dem  ungeheuren,  ein  weites  Gebiet  der  Geschichte 
menschlicher  Geisteskultur  in  engem  Rahmen  widerspiegelnden 
Wandel  seiner  Bedeutungen  einen  sprechenden  Beleg.  Findet  sich 
das  Glücksmärchen  in  den  Anfängen  mythologischer  Märchenbildung 


86  I^cr  Natnrmythus. 


selten  in  seiner  reinen,  von  andern  objektiveren,  sei  es  biologfischen 
sei  es  kosmologischen,  Motiven  freien  Form,  so  ist  es  umgekehrt  in 
der  späteren  Märchendichtung  durchaus  zum  herrschenden  Typus  ge- 
worden, und  vor  allem  in  dieser  Form  der  reinen,  leicht  von  mytho- 
logischen Elementen  ganz  sich  lösenden  Abenteuergeschichte  ist  es 
dann  in  die  weitern  Formen  erzählender  Dichtung,  die  Anekdote, 
Novelle,  das  Epos,  übergegangen.  Das  Tiermärchen  dagegen,  das 
in  seinem  Ursprung  mit  dem  Seelen-  und  Totemglauben  auf  das 
engste  verwachsen  ist,  hat  in  der  Tierfabel  nicht  nur  den  Zusammen- 
hang mit  diesen  mythischen  Motiven  fast  ganz  verloren,  sondern 
es  ist  in  der  scherzhaften  und  in  der  moralischen  Form  der  Fabel- 
dichtung neuen  Zwecken  dienstbar  geworden,  die  nicht  einmal  mehr 
in  den  Affekten,  die  die  Erzählung  auslöst,  mit  dem  ursprünglichen 
Tiermärchen  etwas  gemein  haben.  Darum  können  wir  uns  in  die 
Stimmung,  die  das  primitivste  Glücks-  und  Abenteuermärchen  spiegelt, 
noch  heute  zurückversetzen,  denn  diese  Stimmung  ist  uns  noch  immer 
nicht  nur  aus  unsern  Kindermärchen,  sondern  aus  allen  möglichen 
andern  Formen  erzählender  Dichtung  geläufig.  Aber  in  die  Gefiihls- 
und  Vorstellungswelt  des  primitiven  mythologischen  Tiermärchens 
können  wir  uns  nicht  mehr  versetzen,  oder  es  ist  das  doch  nur  dann 
einigermaßen  möglich,  wenn  wir  uns  in  jene  Naturanschauung  einzu- 
leben suchen,  für  welche  die  von  uns  heute  gezogene  Grenze  zwischen 
Mensch  und  Tier  noch  nicht  existierte,  und  der  Glaube  an  die 
wechselnden  Verkörperungen  der  Psyche,  an  die  Ahnengeister  und 
Schutzdämonen  in  Tiergestalt  dem  Leben  und  Treiben  der  Tiere  ein 
erhöhtes  Interesse  zuwandte. 

Versuchen  wir  es  hiernach  die  psychologischen  Grundformen  des 
Mythenmärchens,  entsprechend  den  in  ihm  herrschenden  und  für  die 
ursprüngliche  Bedeutung  wie  für  die  späteren  Wandlungen  maß- 
gebenden Motiven  aus  der  Fülle  der  bei  Natur-  und  primitiven  Kultur- 
völkern vorkommenden  Märchenstoffe  zu  sondern,  so  muß  freilich 
von  vornherein  darauf  verzichtet  werden,  eine  solche  Einteilung  nach 
fest  bestimmten  logischen  Gesichtspunkten  vorzunehmen.  Das  Mär- 
chen überhaupt  und  vollends  das  Mythenmärchen  mit  seiner  noch 
lebendig  gebliebenen  Zauberkausalität  ist  eine  Phantasieschöpfung,  die 
so  sehr  jeder  verstandesmäßigen  Logik  widerstrebt,  daß  hier  auch 
die  unterscheidenden  Merkmale  nur  psychologische  sein  können,  und 


Das  Mythenxnärchen  als  gfeschlossene  Erzählung.  gy 


daß  man  eine  streng  durchzuführende  Scheidung  der  Motive  schon 
deshalb  nicht  erwarten  darf,  weil  eine  solche  in  der  Wirklichkeit 
nirgends  vorhanden  ist.  Immerhin  stehen  sich  in  dieser  Mischung 
der  Elemente  deutlich  solche  von  subjektiver  Natur  und  andere 
objektiven  Ursprungs  gegenüber.  Jene  wurzeln  in  den  unver- 
gänglichen Eigenschaften  des  menschlichen  Gemüts.  Die  Motive, 
die  aus  dieser  Wurzel  erwachsen  sind,  reichen  daher  von  den 
frühesten  Anfangen  der  Mythenbildung  bis  in  die  spätesten  Formen 
der  Märchendichtung  und  ihrer  novellistischen  und  epischen  Weiter- 
bildungen hinein:  es  ist  das  menschliche  Schicksal  mit  seinem 
Wechsel  von  Glück  und  Unglück,  von  Erfolg  und  Mißgeschick,  das 
von  unvordenklichen  Zeiten  her  das  unerschöpfliche  Thema  mensch- 
lichen Sinnens  bildet  und  als  solches  in  die  Mythenbildung  und  in 
die  aus  ihr  entspringende  Dichtung  aller  Zeiten  und  Völker  übergeht. 
Darum  ist  diese  erste,  subjektive  Klasse  der  Schicksalsmotive  höch- 
stens insofern  von  den  andern,  aus  objektiven  Eindrücken  herstam- 
menden zu  scheiden,  als  es  von  frühe  an  Mythenmärchen  gibt,  in 
denen  jene  stark  überwiegen.  Wir  können  sie  die  Glücksmärchen 
nennen.  Schon  in  ihren  Anfängen  sind  es  vorzugsweise  mensch- 
liche Helden,  die  handelnd  und  leidend  in  ihnen  auftreten,  und 
dieser  Zug,  der  mit  ihrem  Ursprung  aus  dem  Wechsel  menschlicher 
Schicksale  auf  das  engste  zusammenhängt,  ist  es  zugleich,  der  ihnen 
ihre  Unvergänglichkeit  weit  über  das  Zeitalter  des  Mythus  hinaus 
sichert.  Als  mitwirkender  Faktor  geht  aber  das  Schicksalsmotiv  zu- 
meist auch  in  solche  Märchenformen  ein,  in  denen  objektive,  in 
der  Naturanschauung  und  dem  Verhältnis  des  Menschen  zu  seiner 
Umgebung  wurzelnde  Bedingungen  die  entscheidende  Bedeutung  be- 
sitzen. Diese  sind  gerade  in  der  Periode  des  Mythenmärchens  um  so 
mehr  die  vorwaltenden,  als  die  selbständige  Betätigung  des  eigenen 
Seins  hier  noch  zurücktritt  gegenüber  den  übermächtigen  Einflüssen 
der  Naturumgebung.  Solcher  objektiver  Motive  gibt  es  vornehmlich 
zwei,  die,  in  der  ursprünglichen  Naturanschauung  nicht  deutlich  ge- 
schieden, vielfach  ineinanderfließen,  da  jene  beseelende  Apperzep- 
tion, die  die  Objekte  der  Natur  in  menschenähnlich  handelnde  Wesen 
verwandelt,  hier  zwischen  dem  wirklich  Lebendigen  und  dem  lebendig 
Vorgestellten  höchstens  Grad-,  aber  keine  Wesensunterschiede  kennt. 
Immerhin  ist  schon  in  der  Aufeinanderfolge,   in  der   die  Objekte  in 


88  I^er  NaturmythDS. 


bevorzugter  Weise  in  den  Blickpunkt  der  mythologischen  Apperzep- 
tion treten,  ein  Weg  vom  Nahen  zum  Femen  erkennbar,  der  mehr 
und  mehr  von  den  durch  unmittelbaren  Kontakt  das  Leben  des 
Menschen  fördernden  oder  gefährdenden  Wesen  seiner  Umgebung 
zu  den  mehr  indirekt,  daher  aber  freilich  um  so  tiefer  sein  Wohl 
und  Wehe  berührenden  Objekten  der  großen  Welt,  zu  den  Gestirnen, 
Wolken  und  andern  Himmelserscheinungen,  hinüberführt.  So  treten 
zwei  objektive  mythische  Motive  einander  gegenüber:  die  biolo- 
gischen und  die  kosmologischen.  Beide  sind  sowohl  vermöge 
der  ihnen  gleichförmig  zugeteilten  Attribute  des  Lebens  wie  infolge 
der  Nähe,  in  der  die  Objekte  der  irdischen  Welt,  die  Berge,  Felsen, 
die  hochwachsenden  Bäume  und  die  in  weite  Feme  schweifenden 
Vögel  in  solche  der  himmlischen  übergehen,  nirgends  durch  scharfe 
Grenzen  geschieden.  Abstrahieren  wir  hier  zunächst  von  diesen  in 
den  Eigenschaften  der  mythologischen  Apperzeption  begründeten 
Mischungen  und  Übergängen,  so  lassen  sich  aber,  jenen  objektiven 
Motiven  entsprechend,  die  Tiermärchen,  die  Pflanzenmärchen 
und  die  Himmelsmärchen  als  die  drei  von  den  Eindrücken  der 
Umwelt  ausgehenden  Formen  mythischer  Erzählungen  unterscheiden. 
In  sie  alle  reichen,  von  frühe  an  mehr  oder  minder  ausgesprochen 
die  Schicksalsmotive  hinüber.  Zugleich  zeigen  sie  in  der  Reihen- 
folge, in  der  sie  im  mytholog^chen  Denken  die  Herrschaft  ftihren, 
eine  bestimmte  Gesetzmäßigkeit,  in  der  sich  deutlich  die  Entwicklung 
der  Naturanschauung  selbst  spiegelt.  Zuerst  steht  das  Tiermärchen 
durchaus  im  Vordergrund.  Wie  in  der  Geschichte  der  bildenden 
Kunst  das  Tier  der  Pflanze  vorangeht  und  die  Darstellung  der  letz- 
teren bei  der  Entwicklung  des  Ornaments  vielfach  sich  in  der  Um- 
bildung tierischer  zu  pflanzlichen  Formen  betätigt,  so  ist  auch  das 
Pflanzenmärchen,  abgesehen  von  nebensächlichen  Verwendungen  von 
Bäumen  und  andern  Pflanzen  in  sonstigen  Märchenformen,  allem 
Anscheine  nach  ein  später  Ableger  des  Tiermärchens,  der  sich 
aus  diesem  zumeist  erst  unter  dem  Einfluß  der  Kultur  des  Bodens 
und  des  mit  diesem  verbundenen  Kultus  entwickelt  hat.  Mit  dem 
Pflanzenmärchen  gleichzeitig  ist  die  Herrschaft  der  dritten  Gattung, 
der  Himmelsmärchen,  zu  denen  die  Ansätze  zwar  in  einzelnen 
Mythen  von  frühe  an  nicht  fehlen,  die  aber  doch  erst  die  Überhand 
gewinnen,   wo  auch  im  Kultus  und  im  kosmogonischen  Mythus    die 


Das  Glttcksmärchen.  89 


Bedeutung  der  Himmelsgötter  in  den  Vordergrund  tritt.  Neben  diesen 
Gattungen  entwickelt  sich  endlich,  in  seinen  Anfangen  bis  in  die 
frühesten  Stadien  der  Mythenbildung  zurückreichend,  das  Kultur- 
märchen, eine  Form  mythologischer  Erzählung,  *3ie  gewisse  Kultur- 
güter, wie  die  Verwendung  des  Feuers,  die  Erfindung  von  Waflfen 
und  Werkzeugen,  die  Bebauung  des  Ackers  usw.,  zu  ihrem  Gegen- 
stande hat,  und  die  schließlich  in  die  der  Sage  parallelgehende  Form 
der  JL»egende  überführt. 


3.  Das  Glücksmärchen. 

a.  Allgemeine  Motive  des  Glücksmärchens. 

Im  Vordergrund  der  mythenbildenden  Motive  stehen  von  frühe 
an  die  Wechselfälle  des  Geschicks.  Der  Erfolg  in  Jagd  und  Krieg, 
das  Bestehen  der  Gefahr  und  der  Sieg  im  Wettkampf  um  Besitz  und 
Ruhm,  —  das  sind  die  Fragen,  die  das  Interesse  des  Menschen  zu 
allen  Zeiten  beschäftigen  und  seine  Affekte  erregen.  Die  subjektiven 
Gefühle,  die  diese  Erlebnisse  begleiten,  objektivieren  sich  aber  der 
naiven  Phantasie  als  Zauberwirkungen,  über  die  der  Erfolgreiche 
verfLigft,  und  die  ihm  durch  die  Hilfe  schützender  Zauberwesen  zu- 
teil werden,  oder  als  solche,  die  dem  Unterliegenden  dämonische 
Ungeheuer  oder  haßerfüllte  dämonische  Tiere  und  menschliche  Zau- 
berer bereiten.  So  erweckt  das  mythologische  Zaubermärchen  die 
Gebilde  des  primitiven  Dämonenglaubens  zu  gesteigertem  Leben. 
Es  läßt  sie  mannigfaltigere  Formen  annehmen  und  verleiht  ihnen 
einen  dauernderen  Bestand.  Denn  die  der  unmittelbaren  Umgebung 
angehörenden  Träger  dieser  magischen  Kräfte  sind  immer  gegen- 
wärtig; und  wo  die  Wahrnehmung  ihres  gewöhnlichen  Tuns  und  Trei- 
bens Zweifel  an  der  Wirklichkeit  einer  solchen  Zauberwelt  erwecken 
könnte,  da  wird  diese  durch  den  Traum  und  die  Fiebervision  wach 
erhalten,  oder  da  kommt  das  Vertrauen  in  die  Überlieferung  zu  Hilfe, 
die  von  gewaltigen  Ungeheuern  und  Zauberern  der  Vergangenheit 
oder  von  einer  Vorzeit  erzählt,  in  der  die  Tiere  dem  Menschen  noch 
näher  standen,  und  in  der  ihm  ihre  Sprache  verständlich  gewesen  sei '). 


*)  James  Mooney,   Myths  of  thc  Cherokecs,  Ethnol.  Rep.   Washington,   XIX,    i, 
1900,  p.  249  f. 


QO  I^"  Naturmythus. 


Jene  Wechselfalle  des  Geschicks,  die  das  unermüdlich  wieder- 
kehrende Thema  des  Märchens  bilden,  begegnen  uns  nun  vornehm- 
lich in  zwei  Gestaltungen,  in  denen  sie  in  der  Märchendichtung 
aller  Zeiten  fortwirken:  die  eine  hat  die  wunderbare  Errettung  aus 
Not  und  Gefahr,  die  andere  den  durch  unwiderstehliche  Zaubermächte 
herbeigeführten  Untergang  in  Schmach  oder  Tod  zum  Inhalt.  Darin, 
daß  beide  Wendungen  des  Geschicks  in  der  Regel  neben-  und 
nacheinander  in  Szene  treten,  bleibt  das  Glücksmärchen  ein  phan- 
tastisches Bild  des  wirklichen  Lebens,  indes  zugleich  die  verstärkende 
Wirkung  zur  Geltung  kommt,  die  die  Aflfekte  nach  dem  Gesetz  des 
Kontrastes  der  Gefühle  aufeinander  ausüben.  Hierin  besteht  das 
Motiv  psychologischer  Steigerung,  das  sich  von  hier  aus  in  die 
höhere  epische  und  dramatische  Dichtung  fortsetzt,  die  beide  noch 
jenen  Wechsel  menschlicher  Schicksale  mit  dem  Zaubermärchen 
gemein  haben.  Ebenso  bekundet  sich  darin,  daß  die  Tüchtigen  und 
Guten  schließlich  siegen  und  die  Schlechten  untergehen,  schon  in 
der  frühesten  Märchendichtung  ein  Gegensatz  der  Charaktere  und 
Handlungen,  in  dem  man  immerhin  die  Keime  einer  sittlichen  Wert- 
beurteilung erblicken  kann;  nur  daß  freilich  hier  die  Begriffe  des 
Guten  und  Schlechten  überall  von  dem  umgebenden  Medium  primi- 
tiver Zaubervorstellungen  bestimmt  sind.  Auch  macht  das  ursprüng- 
liche Märchen  seine  Lieblinge  meist  erst  dadurch  als  solche  kennt- 
lich, daß  es  sie  tatsächlich  siegen  läßt,  indes  sich  die  Gegenstände 
seines  Hasses  von  frühe  an  durch  ungeheuerliche  Gestalt  und  ab- 
scheuerregende Eigenschaften  zu  verraten  pflegen.  So  kehren  der 
Riese  und  das  vielköpfige  Ungeheuer  überall  wieder,  um  die  über- 
wältigende Macht  und  die  vielfache  von  allen  Seiten  drohende  Ge- 
fahr zum  unmittelbarsten  sinnlichen  Ausdruck  zu  bringen.  Unter 
den  Eigenschaften  aber  sticht  als  die  hassenswerteste  die  des  Men- 
schenfressers hervor,  ein  Zug,  der  wiederum  der  Märchendichtung 
aller  Kulturstufen  geblieben  ist.  Mag  in  ihm  ursprünglich  wohl 
der  einst  bestehende  wirkliche  Kannibalismus  anklingen,  so  bleibt 
doch  auch  da,  wo  eine  solche  Erinnerung  längst  verschwunden  ist, 
diese  Vorstellung  des  menscheovertilgenden  Ungeheuers  in  mensch- 
licher Gestalt  durch  das  Entsetzen,  das  sie  erregt,  unauslöschlich  dem 
Gedächtnis  eingepräg^t.  Dabei  bleiben  übrigens  die  Zaubermittel, 
über  die  alle  Gattungen  von  Märchenwesen,  die  Lieblinge  des  Er- 


Das  Glücksmärchen.  qi 


Zählers  wie  die  gefiirchteten  oder  verspotteten  Ungeheuer  verfiigen, 
im  wesentlichen  die  nämlichen,  unter  ihnen  vor  allem  die  zauber- 
hafte Verwandlung.  Ist  sie  doch  sichtlich  der  einfachste  Weg,  auf 
dem  die  Märchenphantasie  ihren  Günstlingen  Glück  und  Rettung  aus 
der  Gefahr,  den  ihr  Verhaßten  oder  von  ihr  Verhöhnten  Untergang 
und  Mißgeschick  bereiten  kann.  Darin  unterscheidet  sich  wieder 
das  ursprünglichere  Mythenmärchen  nicht  von  seinen  späteren  Nach- 
kömmlingen. Nur  ist  jenes  noch  reicher  an  wunderbaren  und  doch 
wie  selbstverständlich  erscheinenden  Verwandlungen,  während  in 
diesen  meist  spezifische  Zaubermittel  nötig  sind,  um  Verwandlungen 
oder  sonstige  Wunder  hervorzubringen.  Die  Zauberwaffen  und  Zauber- 
schilde, die  Talismane  und  wundertätigen  Kräuter,  die  der  Medizin- 
mann mit  sich  führt,  fehlen  freÜich  auch  in  den  frühesten  Zauber- 
märchen nicht  ganz;  aber  im  Vergleich  mit  der  späteren  Mär- 
chendichtung treten  sie  noch  zurück  gegenüber  den  ohne  solche 
Zwischenmittel  geschehenden,  gewissermaßen  selbst  zu  den  natür- 
lichen Vorgängen  gezählten  wunderbaren  Ereignissen. 

b.  Das  reine  Abentenermärchen. 

Die  allgemeinste  Form,   in  der  diese  Motive  des  Glücksmärchens 
in  der  Volkserzählung  zum  Ausdruck  kommen,   ist  die  des  reinen 
Abenteuermärchens.     Das  Abenteuer  als  solches,  ohne  besondere 
Rücksicht  darauf,  ob  es  dem  Guten  gut  oder  dem  Schlechten  schlecht 
geht,    fesselt   hier    die   Phantasie.     Die    moralischen    Eigenschaften 
des  Helden  spielen  überhaupt  noch  keine  Rolle.     Nur  fordert  es  der 
Wunsch  nach  einem  befriedigenden  Zusammenschluß  der  Geschichte, 
daß   diese  glücklich  endet.     So  entgeht  in  einer  Kaffirerzählung  der 
Märchenheld  Sikulume  den  Nachstellungen  mehrerer  Kannibalen  da- 
durch,  daß   er   auf  den  Rat  einer   alten  Frau   einen  Stein   mit  Fett 
beschmiert.     Die  Kannibalen,  die  das  Fett  riechen,   streiten  sich  um 
den   Stein.     Der   eine   von   ihnen   verschlingt   ihn,    worauf  dann  die 
andern    ihren    Genossen    verschlingen.     Dieser    Kunstgriff,    der   die 
Kannibalen  in  der  Verfolgung  aufhält,  wiederholt  sich  nun  zunächst  noch 
mehrmals.     Hierauf  wirft  Sikulume   seinen  Mantel  weg   und  läßt  ihn 
in  entgegengesetzter  Richtung  davon  fliegen,  um  die  Kanniba  en      le 
dem   Mantel   nachjagen,    irrezuführen.     Endlich    begegnet    ^^^^^^^""^^^ 
seinen  Freunden,    von    denen    der  eine,    ein    kleiner    z^^  ^^  ""  *^^^ 


Q2  Der  Natnrmythns. 


Mann,  als  die  verfolgenden  Kannibalen  sich  wieder  nahen,  einen 
Stein  in  eine  Hütte  verwandelt,  die  alle  aufnimmt,  aber  für  die 
Kannibalen  ein  Stein  bleibt.  Als  diese  sich  an  dem  Stein  die  Zäline 
ausgebissen  haben,  lassen  sie  endlich  von  der  Verfolgung  ab.  Dem 
nach  diesen  Abenteuern  mit  seinen  Gefährten  nach  Hause  zurück- 
gekehrten Sikulume  teilt  nun  eine  alte  Frau  mit,  das  ganze  Dorf 
sei  von  einem  Wasserungeheuer  verschlungen  worden.  Darauf  springt 
Sikulume  ins  Wasser,  läßt  sich  ebenfalls  von  dem  Ungetüm  auf- 
fressen, bohrt  aber  dann  von  innen  ein  Loch  in  dieses,  so  daß  es 
stirbt  und  das  ganze  Dorf,  Menschen  und  Vieh  wieder  aus  ihm 
hervorkommen.  Aus  dem  Fell  des  Ungeheuers  macht  Sikulumes 
Schwester  ihm  einen  Mantel  und  Sandalen,  mit  denen  er  auszieht, 
um  die  Tochter  eines  fernen  Häuptlings  zu  freien,  der,  ebenfalb  ein 
Zauberer,  bis  dahin  alle,  die  in  dieser  Absicht  zu  ihm  kamen,  ge- 
tötet hat.  Sikulume  gewinnt  aber  die  Liebe  des  Mädchens,  und 
nach  einigen  Verwandlungen,  bei  denen  er  zuerst  von  der  Mutter 
in  ein  Elentier,  dann  von  dem  Mädchen  selbst,  die  ihn  ins  Feuer 
wirft,  in  ein  Stück  Kohle  und  endlich,  indem  sie  diese  Kohle  ins 
Wasser  wirft,  wieder  in  einen  Menschen  verwandelt  ist,  ergreift  er 
mit  ihr  die  Flucht.  Auf  diese  nimmt  das  Mädchen  ein  Ei,  einen 
Milchsack,  einen  Topf  und  einen  Stein  mit.  Als  der  Vater  die 
beiden  verfolgt,  wirft  sie  zuerst  das  Ei  hin,  das  wird  zu  einem  dichten 
Nebel,  der  die  Fliehenden  verbirgt,  dann  den  Milchsack,  der  wird 
zu  einem  großen  Wasser,  dann  den  Topf,  der  verbreitet  ringsum 
Finsternis,  endlich  den  Stein,  der  sich  zu  einem  mächtigen  Fels  er- 
hebt. Da  muß  der  Verfolger  umkehren,  Sikulume  aber  kehrt  mit 
seiner  Frau  in  sein  Dorf  zurück  und  wird  ein  großer  Häuptling*). 
Diese  Erzählung,  deren  Grundthema  in  den  Märchentraditionen  der 
verschiedensten  Ländergebiete  bald  mit  dem  Nebenmotiv  der  rück- 
wärts geworfenen  Zaubergegenstände  bald  ohne  dasselbe  und  noch 
sonst  mit  mannigfachen  Variationen  des  Inhalts  wiederkehrt,  ist 
ein  typisches  Beispiel  für  diese   Stufe  des  Mythenmärchens').     Der 


')  G.  Mc  CaU  Theal,  Kaffir  Folk-Lore,  p.  85  fr. 

^)  Parallelen  der  obigen  Erzählung  finden  sich  bei  den  Buschmännern,  den  AI- 
gonkins  in  Nordamerika.  Aber  auch  in  ozeanischen  und  asiatisch-enropäuchen  Mär- 
chen klingt  das  gleiche  Thema  an:  so  in  der  g^riechischen  Jasonmythe,  in  der  be- 
sonders auch  die  beiden  verbreiteten  Motive,  die  Gewinnung  eines  von  Zanberwesen 


Das  Glücksmärcben.  93 


Held  wie  seine  Gegner  verfugen  über  alle  erdenklichen  Zauberver- 
wandlungen    meist    ohne    weiter   hinzukommende   magische   Mittel. 
Der  HeU   ^tgtj   weil   er   durch    stärkeren  Zauber  seine  Feinde  zu 
betören  oder  abzuwehren  weiß.    Aus  den  bei  der  rettenden  Flucht 
gebrauchten  Zauberverwandlungen  ersieht  man  deutlich,  wie  schon 
die  phantastische  Steigerung  natürlicher  Eigenschaften  der  Objekte 
oder  von  ihnen  erregter  Assoziationen  genügt,  um  die  Objekte  zu 
Zaubennitteln  zu  machen.     Das  Feuer  zerstört:  demzufolge  vernichtet 
CS  auch  das  durch  Verzauberung  entstandene  Tier,  das  es  zu  Kohle 
verbrennt    Die  glühende  Kohle  wird  aber  durch  Wasser  gelöscht: 
demnach  wird  diese  auslöschende  Wirkung  zum  Gegenzauber,   der 
die  ursprüngliche  Natur  des  Verzauberten  wiederherstellt.    Das  zer- 
brechende Ei,  das  seinen  Inhalt  über  die  Umgebung  ergießt,  assoziiert 
sich   mit   der  Vorstellung  eines   aufsteigenden  Nebeb,   der  flüssige 
Inhalt  des  Sacks  mit  einem  ausgedehnten  See,   der  dunkle  Innen- 
raum des  Topfes  mit  der  Finsternis  und   der   kleine  Stein  mit  der 
eines   gewaltigen  Febblocks.     Das    sind   sicherlich   nicht   etwa   ab- 
sichtliche  Symbolisierungen,   sondern   in   diesen    Steigerungen    und 
Assoziationen   betätigt    sich   lediglich    das   unwillkürliche   Spiel    der 
Phantasie,  das  durch  die  Eindrücke  §elbst  und  die  von  ihnen  ausgelösten 
Vorstellungen  gelenkt  wird.     In  diesen  Prozeß  greifen  dann  noch  Er- 
innerungen an  leicht  verfügbare,  in  der  gleichen  Erzählung  verwendete 
oder  durch  Tradition  geläufige  Motive  ein.     Zu  der  ersten  und  ein- 
facheren,   der    Märchendichtimg    überaus    geläufigen   Art    der    Er- 
innerungsmotive gehören  in  dem  obigen  Beispiel   die  Verdoppelung 
der  Kannibalenszene  und  das  wiederholte  Zurückwerfen  von  Zauber- 
gegenständen.    Weit   verbreitete  und   darum  möglicher  Weise  ganz 
oder  teilweise  von  außen  aufgenommene  Bestandteile  sind  femer  das 
Motiv  der  Rettung  durch  die  Verzauberung  dieser  zurückgeworfenen 
Gegenstände  sowie  das  des  verschlingenden  Ungeheuers,  das  zuerst 
in  den  Kannibalenszenen  und  dann  in  der  Rettung  des  Helden  und 
seines  Dorfes  aus  dem  Bauche  des  Ungeheuers  noch  einmal  in  einer 
bei  zahlreichen  Natur-  und  Kulturvölkern  vorkommenden  Komplikation 
auftritt.     Sie  wird  uns   unten  in  anderem  Zusammenhange  bei    der 


bewachten  Schatzes  und  die  Hilfe  der  zauberkundigen  Tochter  seines  He.itzer»,  v^ieder- 
kehren.  Noch  andere  Parallelen  zu  dem  gleichen  Thema  hut  Andrew  Lang  genammelt 
(A  far  travcUed  Tale,  Custom  and  Myth,  1885,  P-  87  ff-)- 


QA  Der  Naturmythus. 


Betrachtung  der  »Verschlingungsmythen«  näher  beschäftigen.  Bei 
allen  diesen  sei  es  selbständig  entstandenen,  sei  es  zugewanderten 
Motiven  der  Bedrohung  durch  verfolgende  Feinde  und  Ungeheuer 
und  der  wunderbaren  Rettung  spielt  übrigens  der  Angsttraum  und 
seine  Lösung,  dessen  Bedeutung  auch  fiir  die  Vorstellung  von  Un- 
geheuern bereits  früher  betont  wurde,  wiederum  eine  unverkennbare 
Rolle ').  Noch  jetzt  beobachten  wir  in  unseren  Träumen  nicht  selten, 
wie  sich  die  Angstgefühle,  die  aus  verstärkten  Herz-  und  gehemmten 
Atembewegungen  entspringen,  zur  Bedrängnis  durch  verfolgende 
Tiere  oder  Feinde  und,  wenn  die  Angstgefühle  sich  lösen,  zu  Vor- 
stellungen wunderbarer  Errettung  aus  der  Gefahr  gestalten.  Auch  das 
Motiv  der  Wiederholung  der  Vorgänge  hat  hier  in  regelmäßig  sich 
wiederholenden,  durch  die  gesteigerte  Erregbarkeit  der  Sinneszentren 
phantastisch  umgestalteten  Eindrücken  sein  physiologisches  Substrat*). 
In  der  obigen  Fluchtszene  begegnen  sich  dann  dieses  aus  dem  Angst- 
traum stammende,  in  die  Märchendichtung  hinübergewanderte  Motiv 
sich  häufender  Hindernisse  mit  dem  andern  des  Zaubers  durch  rück- 
wärts geworfene,  dadurch  dem  eignen  Anblick  entzogene,  und  so 
einer  geheimnisvollen  Verwandlung  fähig  gewordene  Gegenstände.  Es 
ist  die  gleiche  Vorstellung,  die  unj  in  anderer  Verbindung  in  dem  weit 
verbreiteten  Mythus  von  der  Entstehung  der  Menschen  aus  zurück- 
geworfenen Steinen  begegnet^).  Eine  Wirkung  dieser  Verlegung  eines 
Zaubervorgangs  ins  Unsichtbare  ist  auch  das  meist  sie  begleitende 
Verbot,  nach  dem  geheimnisvollen  Vorgang  sich  umzusehen.  Eine 
weitere  Folge  ist  es  dann,  daß  der  Verstoß  gegen  dieses  Verbot  den  es 
Übertretenden  selbst  verzaubert:  man  vergleiche  die  Verwandlung  von 
Lots  Weib  in  eine  Salzsäule,  als  sie  sich  nach  den  durch  Gottes  Rat- 
schluß untergehenden  Städten  umsieht  ti.  Mos.  19,  26).  Die  Erstarrung, 
die  psychologische  Begleiterscheinung  des  Staunens  und  Schreckens, 
objektiviert  sich  hier  unmittelbar  zur  Verwandlung  in  Stein,  deren 
weite  Verbreitung  im  Märchen  in  der  Bedeutung  einer  Strafwirkung 

')  Teil  n,  S.  109  ff. 

«)  Vgl.  Physiolog.  Psychologie^,  III,  S.  652  ff. 

^)  Einen  ähnlichen  Behindeningszauber  durch  zurückgeworfene  Gegenstände  wie 
in  dem  obigen  Kaffirmärchen  vgl.  in  einem  solchen  der  Menomini-Indianer,  W.  J.  Hoff- 
mann, Ethnol.  Rep.  Washington,  XIX,  1896,  p.  196  ff.  Desgleichen  im  neugriechischen 
Märchen  (von  Hahn,  Neugriech.  und  alban.  Märchen  II,  Nr.  68),  im  litauischen  (Leskien 
und  Brugmann,  Litauische  V^olkslieder  und  Märchen  Nr.  9)  und  sonst  noch. 


Das  Glücksmärchen.  gc 


sich  teils  aus  diesem  psychologischen  Moment,  teils  aus  der  natür- 
lichen Assoziation  mancher  Steine  mit  menschlichen  Formen  erklärt. 
DaO  der  Schluß  der  Erzählung,  der  Held  sei  ein  großer  Häuptling 
in  seinem  Dorfe  geworden,  in  keinem  andern  Zusammenhang  mit  den 
vorangegangenen  wunderbaren  Abenteuern  steht,  als  in  der  glück- 
lichen Rettung,  ist  endlich  diesem  mit  der  großen  Mehrzahl  der 
Märchen  gleicher  Art,  bei  denen  es  die  Herrschaft  der  Zauberwirkung 
zu  einer  individuellen  Gestaltung  des  Helden  nicht  kommen  läßt, 
gemein.  Wo  eine  Geschichte  überhaupt  einen  Helden  hat,  da  pflegt 
sie  mit  der  Versicherung  zu  schließen,  dieser  sei  ein  großer  Krieger, 
J^er  oder  Häuptling  geworden.  Noch  steht  aber  dieser  Schluß  in 
keinem  inneren  Zusammenhang  mit  den  vorangegangenen  Aben- 
teuern. Diese  selbst  könnten  auch  ganz  anders  beschaffen  sein  oder 
sich  ins  unbegrenzte  weiter  fortsetzen,  wie  denn  nicht  selten  solche 
Märchen  offenbar  aus  mehreren,  die  ursprünglich  getrennt  waren, 
zusammengeschweißt  sind.  Die  einzige  Bedingung  ist,  daß  der  Held 
aus  allen  seinen  Abenteuern  als  Sieger  hervorgehe.  Da  der  Hörer 
nicht  mehr  verlangt,  als  dieses  glückliche  Ende  zu  erfahren,  so  schließt 
sich  jedoch  in  dieser  Versicherung  das  noch  lose  zusammengefügte 
Märchen  zu  einem  Ganzen  zusammen. 

Eine  besondere  Färbung  gewinnen  solche  Schicksalsmärchen  da, 
wo  sie  unter  dem  Einfluß  der  Geister-  und  Dämonenvorstellungen 
stehen,  so  daß  sich  ihnen  nun  besonders  stark  der  Zug  des  Spuk- 
haften mitteilt.  Dies  mag  das  folgende,  auch  sonst  einem  von  dem 
der  vorigen  Erzählung  wesentlich  abweichenden  Kulturmedium  an- 
gehörende Märchen  der  Odschibwä-Indianer  veranschaulichen:  >In 
einem  Wald  wohnte  eine  Hexe,  die  hatte  einen  Zauberball,  mit 
dem  sie  Kinder  fing,  indem  der  von  ihr  fortgeworfene  Ball  die 
Eigenschaft  hatte,  stets  wieder  zu  ihr  zurückzukehren.  Auf  diese 
Weise  fing  sie  eines  Tages  auch  den  Knaben  eines  im  selben  Walde 
wohnenden  Jägers,  den  sie  nun  die  Kunst  lehrte,  über  die  Geister, 
namentlich  über  die  der  Tiere  und  Vögel  die  Herrschaft  zu  ge- 
winnen, um  mit  ihrer  Hilfe  zu  zaubern.  Als  der  Knabe,  um  das 
zu  erreichen,  50  Tage  lang  gefastet  hatte,  gehorchten  ihm  in  der 
Tat  alle  Geister,  und  er  machte  sich  jetzt  auf  den  Weg,  um  einem 
bösen  Dämon  das  Geld,  das  er  besaß,  und  eine  Zauberbrücke,  die 
sich  auf  Befehl  beliebig  verlängern  oder  verkürzen  ließ,  wegzunehmen. 


q6  I^cr  Natnrmythas. 


Die  hilfreichen  Geister  verliehen  dem  Knaben  wunderbare  Kräfte:  er 
konnte  seine  Gestalt  verändern  und  alles  sehen  und  hören  was  in 
weiter  Entfernung  vor  sich  ging.  Um  das  Haus  des  Dämons  zu  fin- 
den, befestigte  er  auf  den  Rat  der  Hexe  den  Zauberball  an  seinem 
Fuß  und  erreichte  so,  dem  Ball  nachgehend,  einen  reißenden  Fluß, 
an  dessen  anderm  Ufer  er  das  Haus  des  Dämons  erblickte.  Er  kam 
mit  Hilfe  des  Balls  glücklich  hinüber.  Dort  saß  der  Böse  in  einem 
Zimmer,  die  kleine  Brücke  und  die  Goldsäcke  bewachend,  die  von 
den  Querbalken  des  Hauses  herabhingen.  Um  ihn  aus  dem  Hause 
zu  entfernen,  befahl  nun  der  Knabe  seinen  hilfreichen  Geistern,  ihn 
hungrig  zu  machen.  Nachdem  sich  infolgedessen  der  Dämon  entfernt 
hatte,  um  Essen  zu  holen,  nahm  der  Knabe  die  Goldsäcke  und  die 
Brücke  weg  und  versteckte  sich  damit  in  einem  Kleid,  das  in  der  Ecke 
der  Hütte  hing.  Als  nun  jener  bei  der  Rückkehr  sein  Gold  gestohlen 
fand,  suchte  er  lange  nach  dem  Dieb  und  fand  ihn  endlich  in  seinem 
Versteck.  Indessen  hatte  sich  dieser  mit  Hilfe  der  Geister  ganz  klein 
gemacht  und  das  Gold  samt  der  Brücke,  die  sich  entsprechend 
verkleinert  hatten,  in  seiner  Achselhöhle  festgeklebt.  Dennoch  ent- 
deckte sie  hier  der  Böse  und,  nachdem  er  sie  abgekrazt,  befahl  er 
seiner  Dienerin,  den  Knaben  zu  kochen.  Er  selbst  ging  dann,  seine 
Freunde,  die  Wasserdämonen,  dazu  einzuladen.  Da  schlug  ihm  der 
Knabe  vor,  er  solle  ihn  doch,  da  er  gar  zu  dünn  geworden,  erst 
einige  Tage  füttern,  damit  die  Mahlzeit  zureiche.  Diesem  Rat  folgte 
er,  und  nach  zwei  Tagen  schon  war  der  Knabe  so  unfömilich  dick, 
daß  er  seinen  Kopf  nicht  mehr  bewegen  konnte.  Als  nun,  während 
der  Dämon  gegangen  war  seine  Freunde  einzuladen,  die  Dienerin 
den  Knaben  kochte,  bewirkte  dieser  mit  Hilfe  seiner  Geister,  daß  ihn 
das  kochende  Wasser  nicht  verbrannte,  sondern  ihm  seine  frühere 
Gestalt  wiedergab.  Sobald  dies  geschehen  war,  sprang  er  aus  dem 
Wasser,  übergoß  damit  die  Magd,  nahm  das  Geld  und  die  Brücke  mit 
und  zündete  die  Hütte  an.  Wie  nun  der  Dämon  zurückkehrte  und  den 
Untergang  seiner  Hütte  sah,  merkte  er,  daß  er  dem  BaUträger  nichts 
anhaben  könne.  Er  lief  daher  zum  Fluß  und  bot  dem  Knaben,  der  be- 
reits diesen  überschritten  hatte,  seine  Dienste  an.  Dieser  ging  schein- 
bar auf  das  Anerbieten  ein  und  legte  die  Brücke  über  den  Fluß.  In 
dem  Augenblick,  wo  der  Verfolger  mitten  darauf  stand,  ließ  sie  nun  der 
Knabe  zusammenschrumpfen,  und  jener  fiel  ins  Wasser  und  ertrank. 


Das  Glücksmärchen.  gy 


Auf  der  Heimreise  vergaß  jedoch  unser  Held  die  Hilfe  seiner  Geister 
anzurufen.  Infolgedessen  verirrte  er  sich  und  legte  sich  hungrig  und 
müde  nieder.  So  traf  ihn  ein  Zauberer,  der  machte  aus  einem  Stück 
Pappelholz  eine  Frau,  der  er  befahl  den  Ballträger  zu  speisen,  worauf 
er  verschwand.  Mit  ihr  verheiratete  sich  dann  der  Knabe,  und  sie 
lebten  eine  Zeitlang  einträchtig  in  ihrer  Hütte,  bis  ihn  eines  Tages 
die  Wanderlust  weiterführte.  Da  fiel  die  Frau  plötzlich  um  und  war 
wieder  ein  Stück  Holz.  Nun  erlebte  der  Ballträger  noch  mancherlei 
Abenteuer.  Zuerst  kam  er  zu  einer  Hütte,  in  der  eine  Frau  mit 
rotem  Haar  wohnte,  die  Menschenfleisch  aß  und  mit  ihm  spielen 
wollte.  Aber  die  Vögel  warnten  ihn  vor  ihr.  Sie  trug,  wie  ihm  der 
Specht  verriet,  ihr  Herz  nicht  in  der  Brust,  sondern  unter  dem  roten 
Haar  verborgen.  Darauf  tötete  sie  der  Ballträger  nach  kurzem  Kampf 
und  schenkte  dem  Specht  ihren  Skalp,  den  er  heute  noch  trägt. 
Dann  traf  er  im  Wald  eine  fliehende  Frau.  Die  sagte  ihm,  ein 
Riese  komme  hinter  ihr  her,  der  ihr  halbes  Dorf  bereits  aufgefressen 
habe.  Auch  zeigte  sie  ihm  in  einem  Felsen  das  Haus  des  Riesen. 
In  dieses  begab  sich  der  Ballträger,  verrammelte  die  Tür  und  er- 
wartete den  Riesen.  Als  dieser  die  Tür  geschlossen  fand  und  zum 
Fenster  hereinstieg,  hieb  er  ihm  den  Kopf  ab.  Den  Körper  ver- 
brannte er,  und  dabei  kamen  nun  aus  ihm  die  Reste  derer  zum  Vor- 
schein, die  er  verzehrt  hatte.  Da  schoß  der  Ballträger  sechsmal  seinen 
Pfeil  gen  Himmel  empor.  Die  Reste  wurden  jetzt  wieder  lebendig 
und  kehrten  in  ihr  Dorf  zurück,  wo  der  Häuptling  dem  Ballträger 
seine  Tochter  zur  Frau  gab.  Dieser  konnte  aber  nicht  lange  still 
liegen,  sondern  zog  bald  weiter.  Er  kam  abermals  in  einen  Wald 
zur  Hütte  einer  Hexe,  die  Menschenfleisch  aß  und  ihm  einen  Wett- 
lauf vorschlug,  wobei  der  Gewinnende  den  andern  töten  sollte.  Zu- 
nächst war  die  Hexe  dem  Ballträger  immer  voraus.  Aber  dieser 
überhohe  sie  endlich,  indem  er  sich  abwechselnd  in  einen  Wolf,  eine 
Taube,  eine  Krähe,  einen  Habicht  und  in  einen  Kolibri  verwandelte, 
sobald  er  in  einer  dieser  Gestalten  ermüdet  war.  Nun  tötete  er  die 
Hexe  und  wanderte  weiter.  Da  begegnete  er,  nachdem  er  noch  einen 
Kampf  mit  einem  zaubergewaltigen  weißen  Bären  siegreich  bestan- 
den hatte,  einem  Wasserungeheuer,  das  er  zu  fangen  suchte,  das 
aber  eine  giftige  Flüssigkeit  gegen  ihn  ausspritzte.  Jetzt  wußte  er, 
daß  er  an  dieser  sterben  werde.     Er  eilte  daher  nach  Haus  und  be- 

Wandt,  Völkerpsychologie  II,  3.  7 


q8  Der  Natarmythns. 


fahl  seine  Leiche,  wenn  er  gestorben  sei,  auf  einem  Baumgerüst  aus- 
zusetzen. Ak  das  geschehen  war,  rollte  sein  Ball  von  selbst  zu  dessen 
früherer  Besitzerin  zurück.  So  wußte  diese,  daß  er  gestorben  sei, 
und  sie  verwandelte  nun  den  Geist  des  Toten  in  einen  Rotvogel,  der 
sich  in  einer  benachbarten  Hütte  niederließ  und  dort  für  die  Seinigen 
Nahrung  sanunelte,  bis  die  Frau  des  Ballträgers  ihn  eines  Tages  auf 
Befehl  ihres  Schwiegersohns  tötete  und  Herz  und  Kopf  ihren  Knaben 
zu  essen  gab.  Als  diese  die  Teile  gegessen  hatten,  wurden  sie  zornig 
gegen  die  Mörder  ihres  Vaters  und  verließen  die  heimische  Hütte, 
um  nie  wiederzukehren.  Unterwegs  übernachteten  sie  bei  einer  alten 
Frau,  und  diese  entdeckte  nun,  nachdem  jene  am  Morgen  gegangen 
waren,  Gold  auf  dem  Boden  ihrer  Hütte,  das  im  Augenblick  ver- 
schwand, als  sie  danach  griff.  Das  war  das  Gold,  das  der  Rotvogel 
als  Geist  noch  unter  seinen  Armen  getragen,  imd  das  die  Knaben  mit 
ihm  verzehrt  hatten.  Indessen  war  der  Ball  wiederum  zu  seiner  ur- 
sprünglichen Besitzerin  zurückgerollt,  die  daraus  erkannte,  daß.  aber- 
mals dem  Ballträger  Unglück  begegnet  sei.  Sie  ließ  den  Ball  vor 
sich  herrollen  und  kam  so  zu  dem  Gerüst,  auf  dem  jener  lag.  Da 
erweckte  sie  ihn  zum  Leben,  und  er  gab  ihr  nun  die  Brücke  und 
das  Gold  zurück,  die  er  dem  Dämon  abgenommen  hatte.  Hierauf 
vei^[rub  sie  beide  in  die  Erde,  so  daß  sie  den  Menschen  nie  wieder 
sichtbar  geworden  sind.  Der  Ballträger  aber  kehrte  zu  seiner  Familie 
zurück,  von  der  er  so  lange  getrennt  gewesen,  und  unterstützte  seinen 
Vater,  der  jetzt  ein  alter  Mann  geworden  wäre "). 

Auch  diese  Geschichte  ist  ein  reines  Abenteuermärchen,  in  der 
spezifischen  Form,  wie  sie  sich  bei  wandernden  Jäg^erstämmen  als 
phantastisches  Bild  der  eigenen  Lebensweise  wohl  ausbilden  kann,  wie 
sie  dann  aber  weit  über  diese  Stufe  hinaus  infolge  der  natürlichen 
Affinität,  in  der  Wanderlust  und  Abenteurerleben,  der  überraschende 
Wechsel  der  Umgebung  und  der  Eindruck  des  Wunderbaren  zuein- 
ander stehen,  erhalten  bleibt.  Freilich  gehört  dazu  eine  Phantasie, 
wie  sie  durch  das  einsame  Streifen  in  Wald  und  Steppe,  den  Ver- 
kehr mit  der  Tierwelt  und  die  stete  Wachsamkeit  g^en  drohende 
Gefahren  geweckt  wird,  um  das  Wandermotiv  zu  einer  solchen  Fülle 


V  W.  J.  Hoffinann,  The  Menomini  Indians,  Ethnol.  Rep.  WasUngton,  XIV,  1896, 
p.  223«: 


Das  GlücksmKrchen. 


99 


Wechselnder  Bilder  und  Zauberverwandlungen  zu  gestalten  wie  es  hier 
geschehen  ist.  Zugleich  sieht  man  deutlich,  wie  dieses  Wandermotiv 
dazu  herausfordert,  ursprünglich  unabhängig  entstandene  Erzählungen 
oder  Varianten  der  gleichen  Geschichte  zu  verbinden.  So  sind  be- 
sonders die  beiden  Berichte  vom  Ende  des  Ballträgers,  die  Verwand- 
lung seiner  Seele  in  einen  Rotvogel  und  seine  Wiederbelebung,  außer- 
dem aber  auch  die  wiederholten  Begegnungen  mit  Hexen,  die  ihn  zum 
Spiel  auffordern,  ursprünglich  wohl  nebeneinander  erzählte  Varianten 
gewesen.  Das  eigentümliche  Greistesleben  der  Indianer  Nordamerikas, 
wie  es  noch  in  zahlreichen  ähnlichen  Abenteuermärchen  zu  erkennen 
ist,  tritt  uns  aber,  abgesehen  von  dem  allgemeinen  Medium  des  Geister- 
und Dämonenglaubens  dieser  Rasse,  in  manchen  einzelnen  Zügen 
entgegen:  so  in  dem  Zauberball,  der  an  die  auch  in  manche  Kult- 
zeremonien hereinreichende  Bedeutung  des  Ballspiels  erinnert,  sowie 
in  dem  hier  wie  in  andern  Mythen  sehr  häufigen  Motiv  des  Wett- 
laufs, das  gleichfalls  im  Spiel  wie  im  Kultus  bei  diesen  Stämmen 
eine  große  Rolle  spielt*).  In  manchen  Fällen  sind  es,  entsprechend 
der  von  den  Indianern  heilig  gehaltenen,  von  den  Weltrichtungen 
hergenommenen  Vier-  oder  Sechszahl,  vier  oder  sechs  Bälle,  die 
bei  den  magischen  Zeremonien  und  Behexungen  verwendet  werden. 
Ebenso  wird  der  Wettlauf  nach  den  vier  Windrichtungen  unter- 
nommen*). Nicht  minder  schießt  in  der  obigen  Erzählung  der  Ball- 
träger seinen  Pfeil  sechsmal  nach  dem  Himmel.  Die  Stellung,  die  das 
Spiel  in  den  Kultzeremonien  dieser  Völker  einnimmt,  und  die  an  die 
analoge  des  Tanzes  erinnert,  steht  überhaupt  wohl  in  enger  Verbin- 
dung mit  jener  Neigung  zum  Geister-  und  Dämonenglauben,  der  auch 
im  Märchen  einen  breiten  Raum  einnimmt,  und  der  die  amerika- 
nische Rasse  noch  in  jüngster  Zeit  dem  aus  den  Kreisen  der  weißen 
Bevölkerung  zugewanderten  Spiritismus  besonders  zugänglich  ge- 
macht hat  ^).  Die  intensive  Spannung,  die  das  Wett-  und  Glücksspiel 
wachruft,  ist  in  der  Tat  in  ihrem  subjektiven  Gefühlston  eoenso  der 


*)  W.  J.  Hoffmann,  a.  a.  O.  p.  127  ff.  Zur  allgemeinen  Verbreitung  des  Ball-  und 
Laufspiels,  sowie  der  mit  ihnen  zusammenhängenden  Zeremonien  vgl.  Stewart  Culin, 
The  Games  of  the  North  American  Indians,  Ethnol.  Rep.,  XXIV,  1907,  p.  561  ff.  Über 
deren  kultische  Bedeutung  vgl.  Kap.  VI. 

«)  Dorsey,  The  Pawnee,  p.  480,  536. 

3)  Vgl.  Teil  I,  S.  406. 

7* 


lOO  ^^^  Naturmythus. 


atemlosen  Erwartung  des  dem  Wilde  auflauernden  Jägers  wie  der 
bangen  Furcht  verwandt,  die  den  einsamen  Wanderer  bei  den  un- 
heimlichen Geräuschen  und  vorüberhuschenden  Schatten  des  Waldes 
beschleicht.  So  begreift  es  sich  wohl,  daß  dem  Spiel  mit  seinen  au 
die  Chancen  von  Gewinn  und  Verlust  gebundenen  Affekten  auf  einer 
Stufe  naiver  Naturanschauung,  die  noch  unmittelbar  die  subjektiven 
Regungen  des  Gemüts  nach  außen  trägt,  der  gleiche  unheimliche 
Zauber  innewohnt,  der  in  der  Geister-  und  Dämonenwelt  den  Men- 
schen bald  sichtbar  bald  unsichtbar  umgibt.  Zu  allem  dem  gesellt 
sich  endlich  in  imserer  Erzählung  ein  letzter,  über  die  Alte  wie 
die  Neue  Welt  verbreiteter  Zug  des  Seelenglaubens,  der  möglicher- 
weise von  außen  zugewandert,  freilich  aber  auch  eben  wegen  seiner 
naheliegenden  Beziehungen  zu  überall  wiederkehrenden  Seelenvor- 
stellungen selbständig  entstanden  sein  kann:  das  ist  die  rothaarige 
Hexe,  die  ihr  Herz  im  Haar  trägt.  In  ihr  mischen  sich  zwei  una 
schon  bekannte  Motive  des  Seelenmythus,  der  Sitz  der  Seele  im 
Herzen  und  im  Haar,  und  die  Vorstellung  von  den  Translokationea 
der  Seele*).  Daß  beide  einander  ohnehin  verwandte  Vorstellungs- 
kreise sich  assimilieren,  liegt  um  so  näher,  da  sich  in  den  zwei  Vor- 
stellungen des  Menschen  ohne  Herz  und  der  Seele  im  Haar  die 
beiden  Hauptseiten  des  Zauberglaubens,  das  unheimliche  Grauen  und 
die  magische  Wirkung  nach  außen,  vereinigen.  Wie  sich  in  der 
Vorstellung  des  Seelenlosen,  aber  scheinbar  Beseelten  die  Furcht  vor 
dem  Toten  mit  der  vor  dem  Dämon  verbindet,  so  ist  das  Haar,  wie 
sein  bis  in  späte  Zeiten  herabreichender  Gebrauch  in  Amuletten 
zeigt,  vor  andern  Teilen  des  Körpers  der  Träger  magischer  Zauber- 
wirkungen*). 

So  wenig  hiernach  solche  Glücksmärchen,  wie  sie  uns  die  beiden 
obigen  Beispiele,  das  afrikanische  in  einer  mehr  nach  außen  ge- 
wandten, das  amerikanische  in  einer  innerlichen,  von  dem  Seelen- 
und  Geisterglauben  getragenen  Form  darbieten,  wahrscheinlich  jemals  in 
ihrem  ganzen  Zusammenhang  geglaubt  worden  sind,  so  erscheinen 
sie  doch  in  allen  ihren  Bestandteilen  als  Produkte  jenes  wirklich 
noch  lebendigen  oder  doch  in  verhältnismäßig  naher  Vergangenheit 


*)  Vgl.  Teil  n,  S.  123  f.     Dazu  Frazcr,  The  golden  Bough,  m,  p.  351fr, 
»)  Vgl.  Teil  n,  S.  270  ff. 


Das  Glücksmärchen.  loi 


lebendig  gewesenen  Glaubens,  der  sich  in  den  Zauberriten  und  Kult- 
zeremonien zu  erkennen  gibt.  Ist  auch  das  Ganze  des  Märchens  iiir 
den  Erzähler  selbst  nicht  selten  eine  Dichtung,  die  er  willkürlich  ab- 
ändert, so  ist  doch  das  Material,  aus  dem  er  sie  formt,  das  allgemein 
geltende,  dem  er  in  der  ihn  umgebenden  Welt  und  in  seinem  eigenen 
Schicksal  überall  als  Wirklichkeit  zu  begegnen  glaubt.  Dabei  entfernt 
diese  Erzählungen  gerade  das,  was  sie  gegenüber  dem  primitiven 
Märchen  zu  vollkommeneren  dichterischen  Formen  macht,  nämlich 
die  Lust  am  Fabulieren,  die  sich  in  der  Häufung  der  abenteuerlichen 
Erlebnisse  nicht  genug  tun  kann,  in  ihrem  ganzen  Zusammenhang 
von  dem  Boden  der  geglaubten  Wirklichkeit.  Je  mehr  sich  die  Aben- 
teuer durch  ihre  Verbindung  steigern  und  verwickeln,  umsomehr  wird 
daher  das  Ganze  zu  einer  primitiven  Form  kunstmäOiger  Dichtung. 

c.  Das  Motiv  der  Vergeltung  im  Glücksm&rchen. 

Über  das  Abenteuermärchen  erhebt  sich  eine  Reihe  anderer  Zauber- 
märchen, die  ebenfalls  der  allgemeinen  Klasse  der  Glücksmärchen 
zugezählt  werden  können,  in  denen  sich  aber  mit  den  Wechselfallen 
von  Glück  und  Unglück  die  Motive  der  Vergeltung,  der  Rache 
für  widerfahrenes  Übel  oder  der  Belohnung  für  empfangene  Wohltat 
verbinden.  In  dem  reinen  Abenteuermärchen  verteilt  der  Erzähler 
Glück  und  Unglück  gewissermaßen  nach  eigenem  Gefallen:  seinen 
Lieblingen,  den  großen  Jägern,  Kriegern  und  Häuptlingen,  bescheert 
er  den  Erfolg;  die  Gegenstände  seines  Hasses,  die  Kannibalen,  die 
Ungeheuer,  die  bösen  Dämonen  läßt  er  unterliegen  oder  untergehen. 
Wo  die  Gefühle  der  Vergeltung  hinzutreten,  da  geht  nun  diese 
Verteilung  von  Gunst  und  Ungunst  von  dem  Erzähler  auf  die  handeln- 
den Personen  der  Erzählung  selbst  über.  Der  Mitleidige  oder  Hilf- 
reiche wird  aus  der  Gefahr  gerettet  oder  mit  Glücksgütem  belohnt; 
den  Mißgünstigen  oder  Neidischen  ereilt  die  Strafe.  Das  sind  Motive, 
die  in  das  Märchen  von  dem  Augenblick  an  eingehen,  wo  innerhalb 
dieser  Zauberwelt  das  Wollen  und  Streben  der  handelnden  Wesen  eine 
Anteilnahme  beansprucht,  während  doch  dieses  Wollen  noch  ganz 
inmitten  des  allgemeinen  Zaubermediums  verbleibt. 

So  erzählt  ein  im  übrigen  der  primitiven  Stufe  noch  nahestehen- 
des Eskimomärchen:  »Eine  alte  Frau  und  ihr  Enkel  lebten  in  einer 
Hütte.    Der  Enkel  hatte  ein  Kleid  von  Vogelfedem,  über  das  ihn  die 


I02  I^cr  Naturmythns. 


Leute  verspotteten.  Darüber  erzürnte  sich  die  Großmutter,  und  da 
sie  eine  Zauberin  war,  so  verwandelte  sie  den  Jungen  in  einen 
schönen  Seehund,  den  alle  Männer  zu  jagen  suchten.  Der  Seehund 
aber  schwamm  immer  weiter  weg  von  der  Küste.  Dann  ließ  die 
Alte  einen  Sturm  entstehen,  in  dem  alle  Männer  ertranken,  während 
der  Seehund  wieder  in  einen  schönen  Knaben  verwandelt  ans  Land 
zurückkehrte.  Unter  den  ausgezogenen  Männern  entkam  nur  ein 
einziger,  der  mit  dem  Knaben  freundlich  gewesen  war.  Er  kehrte 
nach  manchen  weiteren  Abenteuern  (deren  Erzählung  wohl  ursprüng- 
lich ein  selbständiges  Zaubermärchen  gebildet  hatte)  wohlbehalten  in 
seine  Heimat  zurück*)«. 

Ein  weiteres  Beispiel,  in  welchem  das  Vergeltungsmotiv  noch 
deutlicher  hervortritt,  ist  das  folgende  von  der  pazifischen  Küste 
Nordamerikas:  >Ein  Knabe  wurde,  weil  er  heimlicher  Weise  allerlei 
Zauberei  trieb,  von  seinen  Angehörigen  verlassen.  Diese  schifften 
sich  während  seiner  Abwesenheit  ein.  Nur  die  Großmutter  hatte 
Mitleid:  sie  verbarg  in  einer  Ecke  eine  Muschel  mit  etwas  Speise 
und  glühender  Kohle  und  wies  einen  Hund,  den  sie  zurückließ,  an, 
ihrem  Enkel  die  Muschel  zu  zeigen.  Als  dieser  nun  zurückkehrte 
und  von  dem  Hund  zu  dem  Essen  gefuhrt  wurde,  weinte  er  und 
dachte  nach,  wer  wohl  Mitleid  mit  ihm  gehabt  habe.  Darüber 
schlief  er  ein  und  träumte,  ein  Mann  befehle  ihm  aufzustehen  und 
sich  zu  baden.  Als  er  das  tat,  sah  er-  wieder  den  Mann,  wie  er 
über  den  Rücken  des  Hundes  strich.  Da  verwandelte  sich  der  Hund 
in  eine  Frau  mit  schönem,  schwarzem  Haar,  und  der  Knabe  selbst 
war  durch  das  Bad  ein  schöner  junger  Mann  mit  langem  rotem 
Haar  geworden.  Er  nahm  nun  den  verwandelten  Hund  zur  Frau. 
In  einer  folgenden  Nacht  erschien  ihm  aber  wieder  der  Mann  und 
sagte  zu  ihm:  ,ich  will  dir  Nahrung  und  gutes  Wetter  geben  und 
dich  an  denen  rächen,  die  dich  verlassen  haben.  Nimm  den  Zeder- 
bast, mit  dem  du  dich  zu  waschen  pflegst,  mit  dem  schlage  ins 
Wasser,  so  werden  viele  Heringe  herbeikommen*.  Also  geschah  es, 
und  der  junge  Mann  hatte  Heringe  im  Überfluß.  Da  erschien 
ihm  in  einer  andern  Nacht  wieder  der  Fremdling  und  sagte:  , deine 
Großmutter  hatte  Mitleid  mit  dir,  sie  hat  dir  Speise  und  Kohle  ge- 


F.  Boas,  The  Central  Eskimos,  Ethnol.  Rep.  VI,  1888,  621  ff. 


Das  Glttcksmirelien.  103 


geben*.  Jetzt  rief  der  junge  Mann,  als  er  erwacht  war,  den  Raben 
und  schickte  ihn  mit  vielen  Heringen  zu  seinen*  Verwandten.  Die 
Großmutter  erkannte  sofort,  daß  die  Fische  von  ihrem  Enkel  waren, 
und  als  der  Rabe  dreimal  mit  seinen  Fischen  kam,  da  erkannten 
auch  die  andern,  daß  der  Zurückgelassene  nun  reich  geworden  sei, 
und  sie  beschlossen  zu  ihm  zurückzukehren.  Hier  schlug  der  junge 
Mann,  den  sie  zuerst  wegen  seiner  Verwandlung  gar  nicht  erkannten, 
jeden  Morgen  mit  seinem  Zederbast  so  viel  Fische  aus  dem  Wasser, 
als  sie  nur  immer  begehrten.  Eines  Nachts  erschien  ihm  aber  end- 
lich der  Fremdling  abermals  im  Traume  und  gab  ihm  an,  wie  er 
sich  an  denen,  die  böse  gegen  ihn  gewesen  waren,  rächen  sollte. 
Am  nächsten  Morgen  rief  er,  nachdem  er  wieder  die  Heringe  her- 
beigelockt, einen  Wal,  der  alle  Fische  auffraß.  Als  nun  die  Leute 
den  Wal  verfolgen  wollten,  sagte  der  junge  Mann:  ,laßt  das,  ich 
werde  den  Wal  rufen  und  in  eure  Hände  geben*.  Das  geschah  so. 
Als  aber  der  Wal  gekommen  war  und  ihn  die  Leute  zerlegen  wollten, 
ließ  der  junge  Mann  diejenigen,  die  gut  gegen  ihn  gewesen,  auf  die 
eine,  und  die,  die  böse  gewesen  waren,  auf  die  andere  Seite  treten 
und  rief  dem  Wal  zu:  ,räche  mich!*  Darauf  schlug  der  Wal  mit 
seinem  Schwanz  um  sich  imd  tötete  alle,  die  bös  gegen  den  Knaben 
gewesen,  die  andern  ließ  er  leben«  "). 

Die  Traumerscheinung,  die  hier  als  die  treibende  Macht  der 
Zauberverwandlungen  und  der  schließlichen  Rache  des  Helden  auf- 
tritt, weist  deutlich  auf  die  Rolle  hin,  die  Traum  und  Vision  im 
Glauben  wie  im  Zauberbrauch  der  nordamerikanischen  Indianer 
spielen.  Auch  in  dieser  das  Leben  eines  der  Fischerei  obliegenden 
Küstenvolkes  spiegelnden  Erzählung  ist  darum,  ähnlich  wie  in  dem 
obigen  Wander-  und  Abenteuermärchen,  weniger  der  Held  selbst 
als  der  ihn  schützende  Geist  der  eigentliche  Träger  der  Handlung. 

Direkter  noch  gehört  die  folgende,  gleichfalls  das  Thema  der 
strafenden  Vergeltung  variierende  Erzählung  der  Pawnee- Indianer 
in  das  Gebiet  der  Geistervorstellungen:  Ein  geheimnisvoller  Knabe, 
der  sich  später  als  der  Geist  des  Windes  zu  erkennen  gibt,  geleitet 
einen  am   Grabe  seiner  Frau   trauernden  Mann  in   das   Geisterland. 


*)  F.  Boas,  Indianische  Sagen  von  der  nordpazifischen   Küste   Amerikas,    1895, 
S.  Siff. 


I04  ^c'  Naturmythus. 


Auf  dem  Wege  dahin  versieht  ihn  eine  alte  Hexe  mit  allerlei  Zauber- 
mitteln, die  ihn  den  Zugang  in  das  im  Süden  gelegene  Totenland 
finden  lassen  und  den  Geist  wieder  ins  Leben  zurückfuhren  sollen. 
Die  Hauptrolle  spielen  dabei  Lehmbälle,  die  nach  viermaliger  Be- 
rührung den  Geist  auf  die  Erde  zurückrufen.  Nach  der  Überwin- 
dung verschiedener  Hindemisse  durch  die  mitgebrachten  Zaubermittel, 
unter  denen  rote  Bohnen,  deren  Genuß  den  Verkehr  mit  Geistern 
möglich  macht,  eine  Rolle  spielen,  kehrt  der  Mann  mit  der  dem 
Geisterreich  Entrissenen  in  seine  Heimat  zurück  und  lebt  glücklich, 
bis  er  ihr  eines  Tages  untreu  wird.  Da  stirbt  die  Frau  sofort  zum 
zweiten  Male.  Nach  einer  Variante  der  gleichen  Erzählung  findet  der 
nach  Hause  zurückgekehrte  Mann  statt  seines  Weibes  nur  noch  ihre 
Gebeine  auf  dem  Bett*). 

Wie  diese  und  viele  andere  Beispiele  zeigen,  tritt  das  Vergeltungs- 
motiv in  den  Märchen  der  primitiveren  Völker  fast  nur  in  der 
Form  der  Rache  auf.  Der  Märchenheld  entgeht  durch  die  über- 
l^ene  Zaubermacht,  die  er  von  Haus  aus  besitzt,  oder  die  ihm  durch 
wohlwollende  Zauberwesen  mitgeteilt  wird,  den  Nachstellungen  seiner 
Feinde,  den  Gefahren,  die  ihm  von  Ungeheuern  und  boshaften  Hexen 
drohen,  und  diese  selbst  ereilt  das  Mißgeschick,  das  sie  ihm  bereiten 
wollten.  Dabei  ist  es  bemerkenswert,  wie  frühe  schon  in  diesen 
Märchen  das  menschenfressende  Ungeheuer  und  die  menschenfressende 
Hexe  eine  Rolle  spielen.  Mag  es  sein,  daß  in  diesem  Zug  die  Er- 
innerung an  anthropophagische  Sitten  fortlebt,  so  ist  doch  augen- 
fällig, daß  frühe  schon  der  Abscheu  gegen  diese  sich  zu  regen  be- 
ginnt. Nicht  minder  bedeutsam  ist  die  Gestalt  der  Hexe,  in  der 
sich  die  Vorstellung  einer  besonderen  Zaubermacht,  die  meist  in 
bösem,  selten  nur  in  gutem  Sinne  ausgeübt  wird,  in  der  Märchen- 
dichtung aller  Zeiten  und  Völker  verkörpert.  Immerhin  scheint  es, 
daß  dieses  Bild  des  menschenfressenden  Ungeheuers  und  des  boshaften 
alten  Weibes  sowie  die  Verbindung  beider  in  der  menschen-  und  be- 


')  G.  A.  Dorsey,  The  Pawnee  Mythology,  I,  1906,  p.  536.  Mit  den  Seelenvor- 
stellangen,  die  in  diese  nnd  einige  andere  von  Dorsey  a.  a.  O.  mitgeteilten  Erzählnngen 
hineinspielen,  hängen  wahrscheinlich  die  an  die  Entstehung  des  Menschen  aas  Lehm 
erinnernden  Lehmbälle  sowie  möglicherweise  der  Gebrauch  der  Bohne  als  Zauber- 
mittel zusammen  (vgl.  Teil  11,  S.  212),  während  die  Vierzahl  bei  den  Amerikanern 
allgemein  als  die  heiligste  Zahl  gilt  (s.  unten  III,  6). 


Das  Glücksmärchen.  105 


sonders  kinderfressenden  Hexe  in  dem  Märchen'  der  Kulturvölker  häu- 
figer als  in  dem  der  Naturvölker  wiederkehrt.  Das  mag  in  erster  Linie 
mit  der  schon  erwähnten  Tatsache  zusammenhängen,  daß  die  andern  in 
primitiven  Zuständen  noch  vorherrschenden  Märchengattungen,  denen 
biologische  und  kosmologische  Motive  zu  Grunde  liegen,  später  mehr 
und  mehr  schwinden,  so  daß  das  Glücksmärchen  von  einer  gewissen 
Stufe  an  die  Vorherrschaft  behauptet.  Anderseits  prägt  sich  darin 
auch  der  lange  nachwirkende  tiefe  Abscheu  gegen  den  Menschen- 
fraß aus,  der  diesen  selbst  dann  noch  für  sein  Opfer  als  ein  schweres 
Schicksal  empfinden  läßt,  wenn  nicht  der  Lebende,  sondern  der 
Leichnam,  und  wenn  dieser  nicht  von  Menschen,  sondern  von  Vögeln 
und  wilden  Tieren  verzehrt  wird.  Hier  wirken  wohl  mehr  als  der 
natürliche  Instinkt,  die  schon  den  fleischfressenden  Tieren  eigene 
Scheu  vor  dem  Fleisch  der  eigenen  Gattung,  bei  dem  Menschen  die 
Motive  der  Seelenvorstellungen.  Wie  diese  durch  das  Streben  nach  An- 
eignung der  fremden  Lebenskraft  die  Entstehung  anthropophagischer 
Sitten  begünstigen,  so  rufen  sie  auf  der  andern  Seite  in  der  Über- 
zeugung, daß  alles  Übel,  das  dem  Körper  widerfahre,  auch  die  Seele 
schädige,  ein  mit  der  wachsenden  Schätzung  der  Persönlichkeit  sich 
steigerndes  Widerstreben  hervor,  das  sehr  bald  über  jene  primi- 
tiveren Motive  die  Oberhand  gewinnen  muß.  Befremdlicher  mag 
die  Beharrlichkeit  erscheinen,  mit  der  die  böse  Zauberin  in  der  Ge- 
stalt eines  alten  Weibes  in  zahlreichen  weit  voneinander  entfernten 
Ländergebieten  durch  lange  Zeiten  erhalten  geblieben  ist.  So  all- 
gemein wie  die  des  menschenfressenden  Ungeheuers  ist  diese  Ge- 
stalt freilich  nicht.  Der  orientalischen  Märchenliteratur  scheint  sie 
fremd  zu  sein,  und  auch  in  den  Mythen  und  Märchen  der  Mittel- 
meerländer tritt  sie  zurück.  Wo  sie  aber  auch  in  der  Märchentradition 
der  Kulturvölker  vorkommt,  da  dürfen  wir  wohl  annehmen,  daß  sie 
in  längst  entschwundenen  Vorstellungen  ihren  Ursprung  hat.  Durch 
seinen  Kampf  gegen  heidnischen  Aberglauben  mag  das  Christen- 
tum dazu  beigetragen  haben,  die  göttlichen  Wesen  weiblichen  Ge- 
schlechts, denen  das  griechische  und  römische  und  vornehmlich  das 
germanische  und  keltische  Altertum  die  Vorausbestimmung  der  Zu- 
kunft und  die  Teilnahme  an  menschlichen  Schicksalen  zuschrieb,  so- 
wie die  im  Besitz  einer  besonderen  Sehergabe  oder  Zauberkraft  ge- 
glaubten Frauen  in  böse  Zauberinnen  zu  verwandeln  und  so   an   der 


Io6  ^^^  Naturmythas. 


ungeheuren  Ausdehnung  des  späteren  Hexenglaubens  mitschuldig 
sein ;  die  bösen  Zauberwesen  fehlten  aber  schon  dem  ursprünglichen 
Volksglauben  keineswegs,  und  speziell  die  Gestalt  der  Hexe,  des 
alten,  über  bösen  Zauber  gebietenden  Weibes  ist  bei  den  veiiiältnis- 
mäßig  spät  erst  vom  Christentum  berührten  Völkern  des  Nordens 
von  Europa,  Asien  und  Amerika  weit  verbreitet.  Denn  die  Hexe  ist, 
wenn  nicht  ausschließlich,  so  jedenfalls  vornehmlich  eine  Schöpfung 
des  Nordens.  Wo  der  Mensch  am  schwersten  um  die  Not  des 
Daseins  kämpft,  da  ist  sie  zu  Hause,  und  man  darf  vielleicht  sagen: 
wo  das  Weib  in  der  Arbeit  um  diese  tägliche  Not  frühe  altert,  der 
Mann,  der  in  Kampf  und  Gefahr  täglich  sein  Leben  aufs  Spiel  setzt, 
selten  alt  wird,  da  bildet  das  durch  die  Arbeit  verbrauchte,  ver- 
schrumpfte und  verbitterte,  nach  dem  Verlust  ihrer  Angehörigen  in 
die  Einsamkeit  verstoßene  alte  Weib  die  Züge,  deren  die  Phantasie 
zur  Ausmalung  des  Bildes  der  Hexe  bedarf.  Sie  wird  aber  ein  be- 
sonders wirksames  Ingredienz  des  Zaubermärchens  von  dem  Augen- 
blick an,  wo  in  diesem  das  Motiv  der  Rache  hervortritt,  deren  durch 
bösen  Zauber  vermitteltes  Werkzeug  sie  ist. 

Wie  sehr  aber  auch  in  der  frühesten  Märchenerzählung  dies 
Motiv  im  allgemeinen  vorwaltet,  so  fehlt  es  doch  schon  hier 
nicht  ganz  an  der  ergänzenden  Seite  der  Vergeltung,  an  der  Be- 
lohnung für  empfangene  Wohltat  Häufig  ist  sie  freilich  mehr 
negativer  als  positiver  Art.  Die  rächende  Strafe,  die  den  Bösen  trifft, 
wird  von  dem  Gutgesinnten  abgewandt,  der  mit  jenem  die  gleiche 
Gefahr  teilt.  Doch  in  einzelnen  Märchen  schlägt  schon  auf  einer 
sehr  frühen  Stufe  auch  diese  die  Rache  begleitende  Schonung  in  die 
doppelseitige  Vergeltung  um,  bei  der  Lohn  und  Strafe  gerecht 
zwischen  Guten  und  Bösen  verteilt  werden.  Hier  ist  es  dann  freilich 
sehr  oft  nicht  mehr  der  Märchenheld  selbst,  der  Lohn  und  Strafe 
zuerkennt;  sondern  ein  Zauberwesen,  ein  bald  rächender  bald  lohnen- 
der Dämon  hält  Umschau  unter  den  Menschen  und  verleiht  ihnen 
nach  ihren  Taten  Glück  oder  Untergang.  So  erzählen  die  Cowitchin- 
Indianer  von  der  nordpazifischen  Küste  Amerikas  von  einem  Manne 
mit  Namen  Qals,  der  vom  Himmel  gestiegen  und  durch  alle  Länder 
gewandert  sei,  die  Guten  belohnend,  die  Bösen  bestrafend.  Die,  deren 
Tun  ihm  mißfiel,  verwandelte  er  in  Steine  oder  Tiere.  Eines  Tages 
traf  er  zwei  Männer  im  Walde,  von  denen  ihm  der  eine  freundlich, 


Das  Glücksmärchen.  107 


der  andere  unfreundlich  begegnete.  Jeder  von  beiden  hatte  einen 
Hirsch  erlegt.  Da  wurde  der  Hirsch  des  freundlichen  Mannes,  als 
er  ihn  nach  Hause  trug,  immer  schwerer,  imd  als  er  zerlegt  wurde, 
zeigte  es  sich,  daß  das  Hirschfett  viele  Kisten  füllte.  Als  aber  der 
unfreundliche  Mann  nach  Hause  kam,  war  sein  Hirsch  zu  einem 
Haufen  vermoderten  Holzes  geworden.  Einmal  kam  Qals  zu  Fischern, 
die  Flundern  fingen  und  sie  an  der  Sonne  brieten.  Da  lehrte  er  sie 
Feuer  durch  Reiben  von  Holz  zu  entzünden').  Es  ist  bemerkens- 
wert, wie  in  dieser  Erzählung,  ebenso  wie  in  andern  ähnlichen  Mythen, 
die  Rache  immer  noch  die  überwiegende  Rolle  spielt.  Doch  geht 
diese  über  die  primitiveren  Vergeltungsgeschichten  auch  darin  hinaus, 
daß  der  Träger  der  Handlung,  der  Lohn  und  Strafe  verteilt,  über  den 
Handelnden  selbst  steht,  so  daß  in  ihm  gewissermaßen  die  Idee  der 
vergeltenden  Gerechtigkeit  selbst  verkörpert  erscheint  Damit  hängt 
dann  noch  ein  anderer  Zug  zusammen.  Dieser  Lohnende  und  Strafende 
tritt  nun  gelegentlich  auch  als  ein  Wohltäter  der  Menschen  auf,  der 
sie,  selbst  wo  sie  es  nicht  durch  besondere  Taten  verdient  haben,  mit 
den  Gütern  früher  Kultur,  zu  denen  als  eine  der  wertvollsten  die  Feuer- 
bereitung gehört,  bekannt  macht.  Damit  entfernen  sich  aber  diese 
M5rthen  aus  dem  Bereich  des  eigentlichen  Märchens:  sie  reichen  in 
die  Legende  hinüber,  als  deren  primitivste  Formen  sie  uns  noch 
beschäftigen  werden  (vgl.  unten  7  und  III,  5.) 

d.  Wandlungen  des  Glücksmärchens  unter  dem  Einfluß  der  Kultur. 

Spiegelt  sich  in  der  allmählichen  Steigerung  der  Motive  des 
Glücksmärchens  vom  reinen  Abenteuer  mit  glücklichem  Ausgang  zur 
Rache,  Strafe  und  endlich  zur  doppelten  Vergeltung  unverkennbar 
die  allmähliche  Entwicklung  eines  sittlichen  Gewissens  aus  vorsitt- 
lichen Affekten,  so  ist  Cur  die  weitere  Entwicklung  das  Ver- 
hältnis, in  dem  in  der  Märchenerzählung  die  strafende  und  die  loh- 
nende Seite  der  Vergeltung  zu  einander  stehen,  nicht  minder  be- 
zeichnend. Das  ursprüngliche  Mythenmärchen  kennt  nur  die  Rache, 
und  allein  in  die  bereits  frühe  neben  dem  Mythenmärchen  entstan- 
dene Legende  von  wohltätigen,  nun  zum  Teil  schon  in  Kulten  ge- 
feierten   Zauberwesen    der  Vorzeit   gehen    auch  die   Lohnmotive    in 


*)  Boas,  Indianische  Sagen,  S.  45ff. 


Io8  ^cr  Natunnythns. 


gutem  Sinne  mit  stärkerer  positiver  Betonung  ein.  Hier  hat  sich 
nun  in  der  Märchendichtung  der  Kulturvölker  das  Verhältnis  wesent- 
lich verändert.  Wohl  reichen  auch  in  sie  zusammen  mit  den  nie 
verschwindenden  Ungeheuern,  Menschenfressern  und  bösen  Dämonen 
als  uralte  Überlebnisse  die  Rachemotive  mit  ihren  als  Strafmitteln 
vorkommenden  Zauberverwandlungen  in  Tiere,  Steine  und  Bäume 
hinüber.  Doch  vielfach  regt  sich  schon  die  Tendenz  zu  jener  scherz- 
haften Verwendung  dieser  strafenden  Zaubermittel,  wie  sie  in  paro- 
distischer  Form,  aber  mit  dem  gesamten  Zauberapparat  des  helle- 
nistischen Aberglaubens  ausgestattet  Apulejus  in  seinem  Roman 
vom  goldenen  Esel  künstlerisch  nachgebildet  hat.  In  dem  wirklichen 
Volksmärchen  gewinnen  dagegen  die  Motive  der  Dankbarkeit  und 
der  Belohnung  erwiesener  Wohltat  im  allgemeinen  die  Oberhand. 
Sprechende  Zeugen  dafür  sind  zwei  der  meistgewanderten  Märchen- 
stoffe der  abendländischen  Kulturwelt:  das  Märchen  von  dem  dank- 
baren Toten  und  das  von  den  dankbaren  Tieren'). 

Neben  diesen  nächsten  Motiven  der  Rache  und  Dankbarkeit  bilden 
sich  nun  aber  zugleich  die  weiteren  moralischen  Kontraste  aus:  der 
Hochmut,  der  gedemütigt,  und  die  Bescheidenheit,  die  erhoben  wird, 
wie  in  dem  weitverbreiteten  Aschenputteltypus  (Grimm,  Nr.  112),  oder 
der  standhaften  Treue,  die  die  boshafte  Verleumdung  zu  Schanden 
macht,  wie  in  dem  verwandten  Rapunzelmärchen  (Grimm,  Nr.  9)  usw. 
Daneben  fehlt  der  Übergang  zur  Legende  auch  hier  nicht.  Er  voll- 
zieht sich  innerhalb  der  christlichen  Kultur  überall  von  selbst,  wo 
Christus,  ein  Heiliger  oder  Gott  lohnend  und  strafend  eingeführt  wer- 
den (vgl.  Grimm,  Nr.  87  und  die  Kinderlegenden  im  Anhang  der 
Sammlung).  Endlich  aber  bewahrt  auch  das  reine  Abenteuermärchen 
durch  alle  Zeiten  seine  unverwüstliche  Lebensdauer,  und  gerade  bei 
ihm  erscheint  neben  uraltem  Gut,  das  vielfach  gewandert  ist  und  sich 
gewandelt  hat,  neu  Geschaffnes,  das  die  einstmals  ernst  geglaubte 
Zauberverwandlung  in  ein  Phantasiespiel  umbildet,  in  dem  die  bunte 
Mischung  der  Überlebnisse  einer  weit  entlegenen  Vergangenheit  mit 


*)  über  die  Verbreitung  dieser  Märchenmotive  vgl.  K.  Simrock,  Der  gute  Gerhard 
und  die  dankbaren  Toten,  1856.  R.  Köhler,  Kleinere  Schriften,  I,  S.  isSflf.  Das  Thema 
der  dankbaren  Tiere  bildet  übrigens  nur  eine  Unterform  des  allgemeineren  der  hilf- 
reichen Tiere  (z.  B.  Grimm,  Nr.  33,  107).  Über  den  Typus  der  Märchen  von  den 
dankbaren  Tieren  vgl.  unten  5. 


Das  Glücksmärchen. 


109 


Zügen  aus  dem  Leben  und  Treiben  einer  bis  in  die  Gegenwart  her- 
einreichenden Kultur  allein  schon  dazu  herausfordert,   den  Ernst  in 
Scherz  umzukehren.     So  bildet  neben  der  Zunahme  der  reinen  Glücks- 
und Abenteuermärchen    die  Vermischung  mit    absichtlicher  Komik, 
die  sich  in  lächerlichen  Gestalten  und  Situationen  und  in  der  Ver- 
spottung gewisser  Stände,   Berufe   und  Charaktertypen  betätigt,  ein 
bezeichnendes  Merkmal,  das  die  spätere  Märchendichtung  von  dem 
Mythenmärchen,  aus  dem  sie  dereinst  hervorgegangen  ist,  scheidet. 
Diesem   Wandel    der    psychologischen    Motive,    den    der    Fort- 
schritt der  Kultur  mit  sich  fuhrt,  geht  parallel  die  Bereicherung  der 
äußeren  Hilfsmittel  wie  die  Verfeinerung  der  intellektuellen  Waffen, 
deren  sich  die  Helden  wie   ihre  Gegenspieler  bei  ihren  Abenteuern 
bedienen.     Das  Märchen   ist    eben   auch  hier  ein  phantastisch   ge- 
steigertes Abbild  des  Lebens.     Wo  es  sich  bei  dem  Naturmenschen 
um  die  Gewinnung  von  Jagdtieren,  ihr  Fett  zum  Nahrungsvorrat  und 
ihre  Bälge  zur  Kleidung  für  den  Winter  oder  zum  Schutz  der  Hütte 
handelt,  da  dreht  sich  das  Märchen  der  Kulturvölker  um  Schätze  aus 
Gold,  Silber  und  Edelstein.    Besonders  das  Gold  und  der  vergrabene 
Schatz,  nicht  selten  beide  vereint  in  der  Form  des  verborgenen  Gold- 
hortes,   bilden  einen   immer  und    immer  wiederkehrenden  Stoff  in 
Märchen  und  Sage.     Daß  der  Schatz  unter  einem  Baum  vergraben 
oder  in  einen  See   oder  Fluß  versenkt   wird,    ist  nicht   minder   ein 
aus   dem  Leben    gegriffener  Zug  dieser  Erzählungen.     In  der  Un- 
sicherheit barbarischer  Kriegszeiten  bietet  der  Wald  und  in  ihm  der 
einzelne  nur  dem  Kundigen  erkennbare  Baum  den  günstigsten  Ort  für 
die  Bergung  eines  Besitzes;    auf  der  andern  Seite  ist  der  in  Wind 
und  Wetter  erlittene  Schiffbruch  eine  so  häufige  Ursache  zum  Unter- 
gang  des  auf  schwankem  Kahn   mitgefiihrten  Gutes,   daß  man  sich 
nicht  wundern  kann,  wenn  auf  diese  entgegengesetzten  Anlässe  der 
sichersten  Bergung  und  des  drohendsten  Verlustes  auch   das  Schatz- 
märchen in  seinen  verschiedenen  Variationen  immer  wieder  zurück- 
kommt.    Daneben   wirkt  das  Zaubermotiv,   das  die  Erwerbung  des 
Schatzes  zu  umgeben   pflegt,    auf  diesen   selber  zurück.     Besonders 
mit   dem  Edelstein  und   dem   Golde   assoziiert   sich  so   die   Zauber- 
wirkung,   mit   beiden    freilich   infolge    der    Bedingungen    ihres   Vor- 
kommens wie   ihres  Gebrauchs  in  abweichender  Weise.     Der  Edel- 
stein, der  durch  sein  spärliches  Vorkommen  in  kleineren  Stücken  sich 


HO  Der  Natarmythas. 


auszeichftet,  wird  zum  Talisman,  der  seinem  Besitzer  entweder  im  Ver- 
borgenen Macht  verleiht  oder  der  sich  infolge  einer  eingetretenen 
Verschiebung  dieser  Vorstellung  ihm  hilfreich  erweist,  indem  er  die 
Gabe  der  Rede  annimmt,  die  seinen  Besitzer  vor  Gefahren  warnt,  ihm 
den  Ort  verrät,  wo  ein  Gegner  verborgen  ist  usw.'). 

Wie  dem  Edelstein  die  Kleinheit,  so  verleiht  dem  Golde  die  An- 
häufung zu  großen  Massen  eine  die  Seltenheit  steigernde  Anziehungs- 
und Zauberkraft,  wobei  das  Gold  außerdem  durch  seine  Ähnlichkeit 
mit  dem  strahlenden  Glanz  der  Sonne  in  das  Himmelsmärchen  hin- 
überspielt und  ihm  nun  der  Mond  als  das  silberne  Gestirn  gegen- 
übertritt. So  birgft  die  verstoßene  Königstochter  in  »Allerleihrauh« 
in  ihrer  wunderbaren  Nußschale  ein  Kleid  so  golden  wie  die  Sonne, 
eins  so  silbern  wie  der  Mond  und  eins  so  glänzend  wie  die  Sterne 
(Grimm  Nr.  65).  Schwerlich  ist  es  gerechtfertigt,  solche  naheliegende 
Assoziationen  auf  einen  Ursprung  dieses  Goldmotivs  aus  einem  eins- 
tigen Himmelsmärchen  zu  deuten.  Dagegen  spricht  schon  der  Um- 
stand, daß  gerade  diese  Art  der  Verwendung  der  Himmelsmotive  erst 
mit  der  Periode  des  Kulturmärchens  und  vor  allem  in  dem  Moment 
hervortritt,  wo  das  Gold  in  dem  Glücksmärchen  eine  zunehmende 
Rolle  zu  spielen  beginnt.  Dies  weist  deutlich  darauf  hin,  daß  das 
Gold  und  nicht  der  Glanz  des  Himmelslichtes  hier  das  primäre  Glied 
der  Assoziation  ist.  Die  Anziehung,  die  das  Gold  auf  den  Schatz- 
gräber und  die  schmuckbegehrende  Prinzessin  ausübt,  breitet  sich 
dann  als  zauberhafte  Kraft  auch  auf  dessen  sonstige  Eigenschaften 
aus.  Im  goldenen  Regen  befruchtet  Zeus  nach  dem  griechischen 
Mythus  die  Danae.  Goldene  Äpfel  wachsen  im  Zaubergarten  der 
Hesperiden.  Die  goldenen  Äpfel  der  Idun  sind  die  Speise  der 
nordischen  Götter,  ohne  die  sie  ihre  immerwährende  Jugendkraft  ein- 
büßen. Der  von  Odin  auf  Balders  Scheiterhaufen  gelegte  Goldring 
läßt  jede  neunte  Nacht  acht  gleiche  Goldringe  herabtropfen.  In  dem 
»goldenen  Zeitalter«,  wie  es  schon  Hesiod  schildert,  und  wie  es 
später  die  Komödie  zu  einem  Bild  schwelgerischen  Überflusses  aus- 
gestaltet hat,  heftet  sich    endlich  an  das  glänzende  Metall  das  Bild 


')  Ober  Edelsteine  als  Talismane  vgl.  Teil  II,  S.  217  fif.  Der  Talisman  als 
führender  and  mfender  Fingerring  eines  blinden  Riesen  findet  sich  z.  B.  in  einem 
rumänischen  Stück  der  von  W.  Grimm  gesammelten  Märchen  der  Polyphemgmppe 
(W.  Grimm,  Abhandl.  der  Berliner  Akademie,  1857.  S   iSf-)  vgl.  über  diese  unten  XU,  6. 


Das  Glücksmärchen.  i  j  x 


einer  aller  Mühe  und  Plage  entrückten  und  alles  nur  denkbare  Glück 
genießenden  seligen  Zeit^).  Wo  aber  das  Gold  nicht  als  allge- 
meiner Ausdruck  des  Überflusses  erscheint,  sondern  selbst  zauber- 
hafte Eigenschaften  annimmt,  da  ist  es  wiederum  das  Tier,  sein  gol- 
denes Fell,  seine  goldenen  Haare  und  Hörner  oder  die  goldenen  Eier, 
die  der  Wundervogel  legt,  denen  solche  Zauberkraft  vom  Märchen 
zugeteilt  wird.  So  rettet  der  goldene  Widder,  der  durch  die  Lüfte 
und  über  das  Meer  fliegt,  Phrixos  und  Helle  (Apollodor,  I,  9,  i). 
Die  Gans  mit  den  goldenen  Federn  im  deutschen  Märchen  hält  jeden 
fest,  der  sie  oder  einen  andern,  der  bereits  von  ihr  gefangen  ist,  an- 
rührt (Grimm,  Nr.  64).  Der  goldene  Wunderfisch,  den  der  Fischer 
aus  dem  Wasser  zieht,  verleiht  ihm  Reichtum  in  Fülle:  an  der  Stelle, 
wo  ein  Stück  des  Fisches  auf  die  Erde  geworfen  wurde,  wachsen 
zwei  goldene  Lilien,  das  Pferd,  das  ein  Stück  verzehrt  hat,  gebiert 
zwei  goldene  Füllen,  die  Frau,  die  den  Rest  gegessen,  zwei  goldene 
Kinder  (Grimm,  Nr.  85).  Die  beiden  Tiere,  die  bei  den  Kulturvölkern 
der  alten  Welt  neben  dem  Goldvogel  und  dem  Goldfisch  andern 
voranstehen,  sind  besonders  noch  der  goldene  Esel  und  Ziegen- 
bock. In  Indien  reicht  der  Ziegenbock,  bei  den  Semiten  der  Esel 
als  theiliges  Tier«  bis  in  ein  hohes  Altertum  zurück').  So  begegnet 
uns  denn  auch  der  Esel  als  bevorzugtes  Tier  in  den  wichtigsten 
Momenten  der  Legende  vom  Leben  Jesu:  bei  der  Geburt,  bei  der 
Flucht  nach  Ägypten,  beim  Einzug  in  Jerusalem.  Kein  Wunder  da- 
her, daß  in  der  Zeit  der  Christenverfolgungen  die  Anhänger  der 
neuen  Religion  gelegentlich  als  Eselsanbeter  verspottet  wurden^).  Da 
solcher  Spott  selbst  von  Seiten  der  Gläubigen  mit  Vorliebe  auf  heilige 
Tiere  wie  auf  heilige  Personen  sich  entlädt,  so  figuriert  aber  auch 


')  Hesiod,  Werke  and  Tage,  109fr.  Daza  Fragmenta  Comicoram  graecorum, 
Kratinos  Fr.,  161,  Pherekrates  Fr.,  106,  Meineke.  Das  Leben  des  Überflusses,  das 
die  antike  Komödie  in  die  ferne  Zeit  der  Herrschaft  des  Kronos  verlegt,  ist  be- 
zeichnenderweise dem  Zeitalter  der  geographischen  Entdeckungen  ein  der  Gegenwart 
angehöriget,  aber  räamlich  fem  gelegenes  »Schlaraffenland«.  An  diese  räumliche  Um- 
deatnng  der  »goldenen  Zeit«  streift  aber  allerdings  schon  im  Altertum  das  Phäaken- 
land  der  Odyssee  (Od.  6,  S.  293  fr.],  wie  ja  auch  die  Irrfahrten  des  Odysseus  bereits 
eine  Art  phantastischer  Entdeckungsreisen  sind. 

')  Über  die  Beziehung  des  Ziegenbocks  zu  dem  Gotte  Agni  und  dem  Opferfeuer 
f.  Oldenberg,  Religion  des  Veda,  S.  75  f.  Über  den  Eselskultus  der  Semiten  R.  Smith, 
IMc  Religion  der  Semiten,  S.  225  f. 

3)  H.  Reich,  Der  König  mit  der  Domenkrone,  1905,  S.  5  ff. 


112  Der  Natunnythns. 


noch  in  den  Weihnachtsspielen  des  Mittelalters  besonders  der  Esel 
als  komisches  Tier.  Schon  der  goldene  Esel  im  Roman  des  Apu* 
lejus  ist  aber  ein  sprechender  Zeuge  der  Verspottung  eines  Tieres, 
das  zur  Zeit  des  Dichters  wohl  von  vielen  für  zauberkräftig  gehalten 
wurde.  In  dem  Schicksal  des  Heiligen,  dem  Spott  anheimzufallen, 
konkurriert  nun  mit  dem  Esel  der  Ziegenbock,  wie  er  auch  das  Vor- 
recht auf  ein  goldenes  Fell  oder  auf  goldene  Haare  mit  ihm  teilt; 
und  die  Neigung  des  Märchens,  den  von  dem  naiven  Hörer  noch 
geglaubten  Zauber  zum  Scherz  zu  wenden,  fehlt  auch  hier  nicht 
In  den  goldenen  Tieren  des  Märchens,  die  später  besonders  im 
Scherzmärchen  verwendet  werden,  wirkt  daher  wahrscheinlich  das 
Gold  noch  nach,  mit  dem  der  Mythus  die  Götter,  und  die  Kunst 
deren  Bilder,  sowie  die  der  heiligen  Tiere  ausstattet.  So  darf  man 
denn  auch  in  den  goldenen  Tieren  des  heutigen  Märchens  noch 
späte  Nachwirkungen  einstiger  Kulttiere  sehen.  Gleichwohl  hat  sich 
hier  wahrscheinlich  frühe  schon  das  Streben  nach  seinem  Besitz  in 
eine  dem  Edelmetall  selbst  innewohnende  Zauberwirkung  umgesetzt, 
die  sich  mit  den  dem  Tiere  ohnedies  beigelegten  magischen  Eigen- 
schaften verband.  In  weiterer  Fortführung  dieser  Assoziationen  macht 
dann  das  Märchen  zuweilen  die  Tiere  selbst,  während  es  ihnen  ihr 
gewöhnliches  Äußere  läßt,  zu  goldspendenden  Zauberwesen,  wie 
im  Märchen  vom  Goldesel  (Grimm,  Nr.  36),  oder  vom  Groldvogel 
(Nr.  60)  wo  dann  freilich  die  persönliche  Gunst,  die  bei  dem  Glücks- 
zauber nie  zu  fehlen  pflegt,  darin  sich  äußert,  daß  die  Eier  des 
Vogels  und  die  Exkremente  des  Esels  nur  für  den  rechtmäßigen  Be- 
sitzer von  Gold  sind,  nicht  für  den  betrügerischen  Wirt  oder  Gold- 
schmied, die  sich  das  Wundertier  aneignen  wollen.  Wie  die  gold- 
spendende Wunderkraft  ausbleibt,  wo  sie  nicht  am  Platze  ist,  so  kann 
sie  sich  aber  auch  umkehren.  So  läßt  in  einem  Zigeunermärchen 
der  Teufel  eine  Frau  mit  einem  kleinen  Ziegenbock  niederkommen, 
der  die  üble  Eigenschaft  hat,  alles  Gold  im  Hause  zu  verzehren,  so- 
daß  seine  Angehörigen  verarmen,  bis  endlich  der  Ort  an  den  Tag 
kommt,  wo  der  Bock  das  Gold  wieder  von  sich  gibt  und  so  der  böse 
Anschlag  des  Teufels  zu  nichte  wird ').  Ist  in  diesem  Fall  das  gold- 
fressende Tier  ein  Bosheitszauber  des  Teufels,   so  hat  übrigens  in 


^}  WlUlocki,  Märchen  and  Sagen  der  transsylvanischen  Zigeuner,  Nr.  42. 


Das  Glücksmärchen. 


113 


zahlreichen  andern  Märchen  die  dem  Teufel  selbst  beigelegte  Bocks- 
gestalt dazu  geführt,  die  Beziehung  des  Ziegenbocks  zum  Golde  auf 
ihn  zu  überträfen:  so  in  dem  Märchen  von  seinen  drei  goldenen 
Haaren,  die  das  Glückskind  aus  der  Hölle  holt.  Dabei  ist  an  diese 
Haare  ein  Zauber  gebimden,  sodaO  der  Teufel  bei  jedem,  das  man 
ihm  ausreißt,  eines  der  Geheimnisse  verraten  muß,  die  nur  ihm  be- 
kannt sind  (Grimm,  Nr.  29).  Mit  dieser  ist  endlich  noch  eine  letzte 
Form  des  Goldzaubers  verwandt,  darin  bestehend,  daß  sich  dem 
Glückskinde  selbst  alles  was  es  berührt  in  Gold  verwandelt,  eine  Gabe 
die  dann  freilich  ihrem  Besitzer  zum  Fluch  wird,  so  daß  hier  die 
moralisierende  Wendung  entsteht,  die  dem  Wunschmärchen  nicht 
selten  gegeben  wird.  Man  kennt  dieses,  wie  die  ganze  Gattung,  der 
es  angehört,  jedenfalls  späte  Motiv  aus  einem  der  Märchen,  die  um 
die  Sagengestalt  des  Königs  Midas  gewebt  sind.  Ihm  ist  auf  seinen 
Wunsch  von  Dionysos  jene  verhängfnisvoUe  Gabe  verliehen.  Aber 
er  ist  froh  sie  wieder  los  zu  werden  und  die  goldspendende  Eigen- 
schaft durch  ein  reinigendes  Bad  auf  den  vorüberfließenden  Strom 
übertragen  zu  dürfen  (Ovid  Met.  XI,  100  ff.). 

Mit  dem  Gold  und  den  Edelsteinen  gehen  natürlich  auch  alle 
andern  Güter,  die  eine  fortgeschrittene  Kultur  kennt,  Schlösser  mit 
Gärten,  in  denen  wunderbare  Früchte  reifen,  prachtvolle  Gewänder 
und  Waffen  und  vieles  andere  in  das  Märchen  ein.  Aus  den  großen 
Jägern  und  Häuptlingen  der  primitiveren  Märchen  werden  Könige, 
Prinzen  und  Prinzessinnen,  oder  arme  Glückskinder,  die  diese  heim- 
führen; und  mit  diesen  äußeren  Wandlungen  verbinden  sich  neue 
Formen  zauberkräftiger  Mittel,  die  das  Märchen  erfindet.  Dahin 
gehören  vor  allem  die  Zaubergeräte,  die  in  unerschöpflicher  Fülle 
Früchte  und  Speisen,  die  sonst  in  ihnen  aufbewahrt  oder  auf  ihnen 
daigeboten  werden,  auf  den  Wunsch  des  Besitzers  hervorbringen, 
wie  das  Ochsenhorn  der  Amalthea,  das  Speise  wie  Trank  schafft 
(Apollodor  n,  7,  5).  Es  findet  in  dem  Mehltopf  und  dem  Ölkrüg- 
lein  der  Witwe  von  Zarpath,  die  nach  der  Verkündigung  des  Pro- 
pheten Elia  niemals  leer  werden  sollen,  sein  bescheideneres  Gegen- 
stück (i.  Könige  17,  10).  Die  moderne  Fassung  des  gleichen  Motivs 
beg^net  uns  in  dem  »Tischleindeckdich«  des  deutschen  Märchens, 
auf  dem,  sobald  ihm  der  Befehl  zugerufen  wird,  sofort  ein  leckeres 
Mahl  bereit  steht,   eine  Form,  in  der  dieser  Wunschzauber  in  zahl- 

W  u  n  d  t ,  Völkerpsychologie  II,  3.  8 


IIA  Der  Natarmythns. 


reichen  Varianten  in  den  Glücksmärchen  anderer  Völker  wiederkehrt 
(Grimm,  Nr.  36)'). 

Im  selben  Maße,  wie  diese  äußeren  Hilfsmittel  vollkommener  wer- 
den, erheben  sich  neben  der  heldenhaften  Ausdauer  Klugheit  und 
listige  Erfindungsgabe  zu  vornehmlich  geschätzten  Eigenschaften. 
Damit  zugleich  nehmen  Kampf  und  Streit  edlere  Formen  an,  und 
auch  ihnen  kommen  neue  Zaubermittel  zu  statten.  Die  Kunst  sich 
unsichtbar  zu  machen,  entweder  durch  unmittelbare  Magie  oder  durch 
Tamhelme  oder  Tarnkappen  greift  wirksam  in  die  Maschinerie  des 
Zaubers  ein"*).  Dabei  wird  dann  die  Fähigkeit  sich  augenblicklich 
an  beliebige  ferne  Orte  zu  versetzen  entweder  den  nämlichen  2^uber- 
mitteln  zugeschrieben,  oder  es  treten  wohl  auch  noch  besondere 
Flügelschuhe  oder  Siebenmeilenstiefel  dafür  ein.  Mit  der  Ausbil- 
dung der  Waffentechnik  kommt  hierzu  noch  das  Schwert,  das,  von 
einem  dämonischen  Schmied  gefertigt,  Wundertaten  vollbringen  hilft, 
oder  in  späterer  Zeit  die  unter  teuflischer  Mithilfe  gegossene  Frei- 
kugel, die  nach  dem  Willen  des  Schützen  jedes  Ziel  trifft.  Ihnen 
stehen  das  Zauberhemd  und  die  unverwundbar  machende  Zaubersalbe 
zur  Seite,  an  deren  Stelle  dann  auch  das  Blut  eines  dämonischen 
Drachen  treten  kann. 

Nehmen  viele  dieser  Zaubermittel,  wie  besonders  die  Zauberwaffe 
und  das  Zauberhemd,  bereits  Formen  an,  die  eine  besondere  er- 
finderische Tätigkeit  voraussetzen,  so  gewinnen  nun  im  gleichen  Maße 
die  Intelligenz  als  solche,  die  Klugheit,  die  Gefahren  zu  en^ehen 
und  den  Gegner  zu  überlisten  versteht,  der  Scharfsinn,  der  gestellte 
Aufgaben  zu  lösen  und  Fragen  zu  beantworten  weiß,  eine  immer 
mehr  wachsende  Bedeutung.  Diese  Eigenschaften  lassen  nicht  bloß 
den  Typus  jener  Märchenhelden  zunehmen,  die  durch  ihre  Ver- 
schlagenheit über  den  physisch  Stärkeren,  aber  geistig  Beschränkteren 
obsiegen,  sondern  sie  erzeugen  auch  neue  Märchenmotive.  Ein  be- 
sonders dankbares,  das  zugleich  deutlich  das  Übergewicht  bezeichnet, 

*)  Vgl.  dazu  die  Parallelen  in  Bd.  3  der  Grimmschen  Sammlung.  Mit  Flügelpferd, 
Tarnkappe  und  zahlreichen  andern  weit  verbreiteten  Märchenmotiven  vereinigt  in  einem 
neugriechischen  Märchen  bei  J.  G.  von  Hahn,  Nr.  15,  S.  131  ff. 

')  Somadeva  Bhatta,  Indische  Märchen,  übersetzt  von  H.  Brockhaus,  I,  S.  6  (Ver- 
schwinden durch  unmittelbare  Magie).  J.  G.  von  Hahn,  Griechische  und  albanesische 
Märchen,  Nr.  15,  S.  136,  Nr.  114,  S.  163.  Dazu  die  altgriechische  Perseusmythe 
(Apollodor  n,  4,  4). 


Das  Glücksmärchen. 


"5 


das  hier  allmählich  die  verstandesmäOige  Reflexion  über  die  Phantasie 
gewinnt,  bildet  der  glückliche  Handelsgewinn,  der  ohne  ein 
weiteres  Mittel  als  das  der  schlauen  Berechnung  aus  nichts  oder  aus 
einem  wertlosen  Gegenstand  Reichtümer  schafft,  und  dem  dann  frei- 
lich als  sein  Gegenstück  das  Scheitern  solcher  Spekulationen  und  Pro- 
jekte durch  Unbedachtsamkeit  gegenübersteht.  Eine  Geschichte  der 
letzteren  Art  ist  die  bekannte  vom  »zerbrochenen  Topf«,  die  schon 
in  den  indischen  Märchensammlungen  steht  und  wahrscheinlich  von 
hier  aus  in  verschiedenen  Varianten  ihre  Runde  fast  über  die  ganze 
zivilisierte  Welt  gemacht  hat.  Ein  Brahmane  ist  glücklicher  Besitzer 
eines  mit  Reisbrei  gefüllten  Topfes.  Er  hängt  ihn  an  die  Wand  und 
berechnet,  was  er,  wenn  eine  Hungersnot  entsteht,  durch  den  Ver- 
kauf dieses  Topfes  und  darauf  gegründete  weitere  glückliche  Käufe 
gewinnen  wird:  ein  paar  Ziegen,  dann  Rinder,  Gold,  endlich  ein 
Haus,  Frau  und  Kinder.  Vertieft  in  diese  Ausmalung  seiner  Zukunft 
schlägt  er  um  sich  —  und  der  Topf  mit  dem  Reisbrei  liegt  zer- 
brochen auf  der  Erde^).  Das  positive  Seitenstück  dazu  findet  sich  in 
einem  nubischen  Märchen,  zu  dem  ebenfalls  zahlreiche,  möglicher- 
weise auch  unabhängig  entstandene  Varianten  über  alle  Welt  zerstreut 
sind:  ein  armer  Mann  besitzt  eine  Flasche,  mit  der  er,  allerdings  nicht 
ohne  gelegentlich  bedenkliche  Aufschneiderei  zuhilfe  zu  nehmen, 
Handel  treibt:  so  gewinnt  er  nacheinander  mit  der  Flasche  eine 
Nadel,  mit  dieser  einen  Milchtopf,  mit  dem  Milchtopf  eine  Ziege,  mit 
ihr  ein  Schaf,  mit  dem  Schaf  eine  Kuh,  mit  der  Kuh  ein  Kamel,  mit 
dem  Kamel  ein  Pferd,  endlich  mit  dem  Pferd  eine  ganze  Viehherde'). 
Je  mehr  dieses  Motiv  der  Schlauheit  überhand  nimmt,  um  so  mehr 
verdrängt  es  natürlich  die  Zaubermittel  des  Märchens:  was  vorher 
der  Glückszauber  geleistet,  das  erreicht  nun  die  kluge  Berechnung 
mit  natürlichen  Mitteln.  Damit  tritt  eigentlich  schon  das  Märchen 
selbst  vom  Schauplatz  ab,  um  der  abenteuerlichen  Novelle  zu  weichen. 
Ein  bezeichnendes  Beispiel  bietet  hier  die  altägyptische  Erzählung 
vom  »Schatz  des  Rampsinit«.  In  ihrem  äußeren  Aufbau,  in  dem 
verborgenen  Schatz  und  vor  allem  in  der  Königstocher,  die  dem 
glücklichen    Entdecker    des    Raubes    als    Lohn    versprochen    wird, 


Benfey,  Panschatantra,  II,  S.  345  f. 

Leo  Reinisch,  die  Bilinsprache,  I,  S.  181  f. 

8* 


Das  Glücksmärclien.  nj 


da  an  ist  der  Dämon  besänftigt').  Statt  des  Dämons  kann  aber  auch 
bloß  menschlicher  Übermut  zur  Stellung  der  verhängnisvollen  Rätsel- 
frage fuhren,  wie  im  deutschen  Rätselmärchen,  wo  nebenbei  die  kluge 
Königstochter  als  eine  Art  umgekehrter  Sphinx  auftritt,  da  sie  sich 
anheischig  macht,  jedes  Rätsel,  das  man  ihr  aufgibt,  zu  lösen  oder 
den  Freier,  der  es  gestellt  hat,  zu  heiraten,  wogegen  diesem  im 
Fall  der  Lösung  das  Haupt  abgeschlagen  wird  (Grimm,  Nr.  22). 
Übrigens  braucht  sich  die  überlegene  Klugheit  nicht  immer  in  der 
I  eigenen  Lösung  des  Rätsels  zu  äußern,  sondern  sie  kann  auch  darin 
bestehen,  daß  diese  Lösung  irgendwie  erlauscht  wird:  so  im  vorigen 
Beispiel,  wo  die  Königstochter  den  Freier  im  Traum  ausfragt,  oder 
in  einem  der  vielen  Märchen,  in  denen  der  Teufel  von  seiner  dem 
Bedrängten  hilfreich  beistehenden  Großmutter  ausgefragt  wird  (Grimm, 
Nr.  125). 

Einen  besonders  häufigen  Bestandteil  des  Rätselmärchens  bildet 
das  Zahlenrätsel:  es  ist  fiir  den  Erfinder  die  leichteste,  fiir  den 
Befragten  aber  je  nach  Umständen  eine  sehr  leichte  oder  eine  sehr 
schwere,  ja  meistens,  wenn  er  des  Rätsels  nicht  von  vornherein 
kundig  ist,  eine  gar  nicht  zu  lösende  Aufgabe.  So  ist  das  Sphinx- 
fätscl,  das  von  Oedipus  gelöst  wird,  von  so  naiver  Einfachheit,  daß 
schon  unsere  Kinder,  denen  wir  es  erzählen,  sich  einigermaßen  dar- 
über wundem  können,  wie  sich  so  viele  vergeblich  um  seine  Lösung 
bemüht  haben  sollen "*].  Das  andere  Extrem  findet  sich  in  einem 
neugriechischen  Märchen,  wo  eine  Reihe  von  zehn  Rätselfragen,  die 
ein  Drache  den  Wanderern,  die  vor  seinem  Schlosse  anlangen, 
stellt,  nach  einander  lauten:  was  ist  das  erste  Wort?  was  das  zweite? 
was  das  dritte?  usw.  bis  zum  zehnten.  Hier  errät  dann  natürlich  der 
Held  diese  Fragen  wieder  nicht  aus  eigener  Klugheit,  sondern  die 
Antworten  sind  ihm  von  einer  weisen  Frau  verraten  worden.  Bei 
der  zehnten  Antwort  aber  zerplatzt  der  Drache,   und  der  Held  zieht 

*)  Somadeva  Bhatta  I,  S.  38. 
j  *)  Ludwig  Laistner  (Das  Rätsel  der  Sphinx,  Bd.  I,  S.  4  ff.)  hat  das  Sphinxmärchen 

-        som  Ausgangipankt  aller  der  Mythen  und  Märchen  genommen,  in   denen  überhaupt 
l       die  Motive  der  Furcht  und  der  Pein  eine  Rolle  spielen,  wie  der  Märchen  von  der 

iMittagtfran,  der  Empusa,  dem  Namensgeheimnis  usw.  Infolge  der  so  von  ihm  etwas 
wQIkaxlieh  hergestellten  Verbindungen  zwischen  diesen  verschiedenen  Märchentypen 
hAben  aber  die  meisten  der  Erzählungen,  die  I-aistner  auf  den  Sphinxtypus  zurück- 
fthrt,  kanm  überhaupt  etwas  mit  dem  Rätselmärchen  zu  tun. 


1 1 8  Der  Natnrmythus. 


nun  als  dessen  Erbe  in  das  Schloß  ein').  Obwohl  Rätselmärchen 
dieser  verschiedenen  Gattungen  weit  verbreitet  vorkommen,  so  ist 
übrigens  ihre  Zahl  im  ganzen  nicht  sehr  groß.  Das  erscheint  auf- 
fallend, wenn  man  einerseits  die  Bedeutung  in  Betracht  zieht,  die  ge- 
rade der  Rätsellösung  als  einer  fiir  die  naive  Auffassung  besonders 
sinnenfalligen  Klugheitsprobe  zukommt,  und  anderseits  die  reiche 
Entwicklung,  die  das  Rätsel  als  selbständige  Form  bei  vielen  Völkern 
erfahren  hat,  und  in  der  es  mit  dem  ii^endeine  Klugheitsmaxime  in 
epigrammatisch  zugespitzter  Form  enthaltenden  Sprichwort  ungefähr 
gleichen  Schritt  hält.  In  der  Tat  sind  ja  beide  auch  insofern  ver- 
wandt, als  das  Sprichwort  nicht  selten  als  Imperativ  ausspricht,  was 
das  Rätsel  als  Frage  aufgibt.  Nun  ist  es  eine  im  allgemeinen  be- 
greifliche Tatsache,  daß  Rätsel  wie  Sprichwort  ihre  Blütezeit  in 
einer  gewissen  Übergangszeit  zwischen  Unkultur  und  Kultur  haben. 
Sie  sind  vorzugsweise  da  zu  Hause,  wo  in  dem  Menschen  die  Freude 
an  der  Verstandesübung  bereits  erwacht  und  wo  er  doch  der  Natur 
noch  nahe  genug  ist,  um  sofort  das  verstandesmäßig  Erfaßte  in  ein 
anschauliches  Bild  oder  Beispiel  zu  formen.  So  reichen  bei  den  alten 
Kulturvölkern  sprichwörtliche  Lebensmaximen,  wie  sie  die  griechische 
Tradition  den  sieben  Weisen  zuschrieb,  oder  geheimnisvolle  Rätsel- 
sprüche, wie  sie  auf  religiösem  Boden  Prophetie  und  Orakelwesen  mit 
sich  brachten,  in  eine  sehr  frühe  Zeit  zurück.  Bei  den  Indern  sind 
in  der  spätem  Märchen-  und  Fabeldichtung  diese  Formen  in  oft  breit 
ausgesponnene  moralische  Betrachtungen  übergegangen,  die  den  Er- 
zählungen angefügt  werden").  In  üppigster  Blüte  treffen  wir  endlich 
heute  noch  Sprichwort  und  Rätsel  bei  den  Negervölkem  Zentral- 
afrikas und  bei  den  kuschitischen  Mischbevölkerungen  im  Norden  des 
gleichen  Erdteils^).  Um  so  auffallender  ist  es,  daß  bei  denselben 
Völkern  unter  den  aus  dem  Märchen  hervorgegangenen  novellistischen 
Erzählungen  Stoffe,  die  sich  um  eine  Rätselfrage  drehen,   kaum  zu 


*)  J.  G.  von  Hahn,  Griechische  und  albanesische  Märchen,  II,  S.  3iof. 

^)  Die  Sammlang  »Pantschatantra«  ist  in  diesem  Sinne  sogar  nach  gewissen 
moralischen  Motiven  geordnet,  wie  z.  B.  »Verfeindnng  von  Freunden«,  »Erwerbung 
▼on  Freunden«,  »Verlust  von  Besessenem«  usw.  (vgl.  Benfey,  Pantschatantra  Bd.  a). 

3)  Vgl.  die  reiche  Sprichwörter-  und  Rfttselsammlung  der  Ewe-Stämme  Deutsch- 
Togos  bei  J.  Spieth,  Die  Ewe-Stämme.  Material  zur  Kunde  des  Ewe- Volkes  in  Deutsch- 
Togo,  I,  1906,  S.  S9^^)  sowie  für  die  kuschitischen  Stämme  L.  Reinisch,  Texte  der 
Saho-Sprache,  1889,  S.  299  flf. 


Das  Glücksmärchen.  ng 


finden  sind.  Möglicherweise  hat  hier  gerade  die  reiche  Ausbildung 
von  Rätsel  und  Sprichwort  zu  selbständigen  und  sehr  eindrucksvollen 
Formen  ihre  Verflechtung  in  die  Erzählung  zurückgedrängt.  Nicht 
minder  hat  die  Tendenz  zu  verständiger  Reflexion,  die  in  diesen 
Formen  sich  ausspricht,  bei  allen  afrikanischen  Völkern  mit  Ausnahme 
der  Bantustämme  das  eigentliche  Mythenmärchen  bis  auf  geringe 
Reste  zurückgedrängt  und  es  in  novellistische  Erzählungen  übei^e- 
führt. 

Häufiger  als  das  Rätsel  bildet  die  Wette,  namentlich  wenn  man 
auch  noch  die  Mischform  der  Rätselwette  hierherzieht,  den  Inhalt 
der  durch  die  intellektuelle  Kultur  beeinflußten  Märchenstofle.  Dies 
hängt  wohl  damit  zusammen,  daß  d^  Motiv  der  Wette  auf  Fähig- 
keiten sehr  verschiedener  Art  zurückgehen  kann.  Das  Rätsellösen 
bleibt  immer  eine  Verstandesleistung;  die  Wette  beginnt  zwar  auf 
rein  physischem  Gebiet,  wie  bei  dem  Wettlauf,  dem  Obsiegen  des 
Stärkeren  im  Ringkampf,  aber  auch  sie  endet  in  dem  Wettstreit 
um  die  höchsten  Leistungen  des  Scharfsinns.  So  findet  sich  denn 
namentlich  das  Thema  des  Wettlaufs,  meist  zugleich  mit  dem  der 
klugen  Überlistung  vermischt,  in  oft  übereinstimmenden  Formen 
in  den  Märchen  und  Fabeln  der  verschiedensten  Völker  der  Erde. 
Wird  der  Wettkampf  mit  geistigen  Waffen  gekämpft,  so  verbindet 
er  sich  häufig  mit  dem  in  dem  Glücksmärchen  überhaupt  sehr  ver- 
breiteten Nebenmotiv,  den  Schwachen  über  den  Starken,  oder  auch 
den  Dummen,  aber  vom  Glück  Begünstigten  über  den  Klugen  ob- 
siegen zu  lassen.  In  diesem  Fall  pflegt  dann  das  Wettmotiv  nicht 
selten  noch  den  Zauber  zu  Hilfe  zu  nehmen:  eine  gütige  Fee  oder 
ein 'mit  Zauberkraft  begabtes  Tier  verschafft  dem  Kleinen  und  Ver- 
achteten den  Sieg  über  den  Starken  und  Übermütigen.  Daneben 
bietet  das  Wettmärchen  eine  besonders  gfünstige  Gelegenheit,  gewisse 
auch  sonst  nach  alter  mythischer  Tradition  bevorzugte  Zahlen,  vor 
allem  die  Dreizahl  anzuwenden.  Drei  wetten  miteinander  und  drei 
Wetten  folgen  einander,  und  erst  der  Gewinn  der  dritten  ent- 
scheidet. Dieser  Vorzug  bleibt  der  Dreizahl,  auch  wenn  das  Wett- 
märchen selbst  den  Zaubermotiven  entwächst,  und  das  letztere  ge- 
schieht natürlich  in  dem  Maße,  als  die  überlegene  Klugheit  zur 
entscheidenden  Ursache  des  Gewinns  wird.  So  gehen  in  einem  neu- 
griechischen Märchen   drei  Königssöhne  aus,    sich   Gemahlinnen  zu 


1 20  Der  Natnrmythus. 


suchen.  Es  ist  ihnen  aber  aufgegeben,  sie  da  zu  finden,  wohin 
der  von  jedem  abgeschossene  Pfeil  fallt.  Durch  diesen  Loswurf  er- 
ringt der  älteste  eine  Königstochter,  der  mittlere  eine  Fürstentochter 
und  der  jüngste  eine  Äffin.  Dann  sollen  drei  Wetten  entscheiden, 
wer  das  Königreich  vom  Vater  erhält.  Alle  drei  gewinnt  der  jüngste, 
weil  ihm  die  verachtete  Äffin  zu  allem  verhilft,  was  die  Wette  for- 
dert: ihr  Haus  ist  das  reinlichste,  die  Früchte,  die  sie  herbeibringt, 
sind  die  schönsten,  und  selbst  als  bei  der  dritten  Wette  der  Besitz 
der  schönsten  Frau  vom  Gewinnenden  gefordert  wird,  da  verwandelt 
sie  sich  durch  die  magische  Kunst  der  Äffin-Mutter  in  die  schönste 
Frau').  Demgegenüber  steht  ein  anderes,  echt  griechisches  Lügen- 
märchen ganz  auf  natürlichem  Boden.  Ein  König  ist  so  arm,  daß 
er  bei  seinem  Tode  nichts  hinterläßt  als  ein  gesatteltes  Roß.  Er 
vermacht  dem  ältesten  seiner  drei  Söhne  den  Zaum,  dem  mittleren 
den  Sattel  und  dem  jüngsten  das  Pferd.  Alle  machen  sich  nach- 
einander auf,  ihr  Erbteil  zu  verkaufen,  und  sie  kommen  alle  zu  einem 
und  demselben  Manne,  der  dem,  der  am  stärksten  lügen  könne,  sein 
Haus  gegen  ihr  Erbe  zur  Wette  setzt.  Die  beiden  älteren  verlieren, 
aber  der  jüngste  gewinnt,  denn  er  schneidet  so  gewaltig  auf,  daß 
dagegen  die  Lügen  des  Gegners  nicht  aufkommen  können*). 

Eine  höchst  ergiebige  mythologische  Quelle  solcher  Wettmärchen 
ist  endlich  der  Alten  Welt  aus  den  Vorstellungen  guter  und  böser 
Wesen  zugeflossen,  die  um  die  Herrschaft  über  die  Welt  und  den 
Menschen  kämpfen.  Die  Idee  dieses  Kampfes  hat  vielleicht  schon 
von  alteranischer  Zeit  her  zu  Scherzmärchen  herausgefordert,  die  sich 
dann  in  jene  Teufelsmärchen  des  Mittelalters  fortsetzten,  in  denen 
Volkswitz  und  Mönchswitz  mit  einander  wetteiferten.  Da  wettet  S.  B. 
der  Teufel  mit  Gott,  wem  von  ihnen  das  Schöpfungswerk  besser  ge- 
linge, und  nun  erschafft  Gott  den  Adam,  der  Teufel  die  Eva.  Oder  Gott 
erschafft  den  Schwan,  der  Teufel  die  Gans,  Gott  die  Biene,  der  Teufel 
bringt  nur  die  Wespe  zustande.  Oder  der  Teufel  wettet  mit  Jesus,  wer 
die  beste  Pflanze  schaffen  könne :  da  schafft  Jesus  den  Weinstock,  der 
Teufel  aber  den  Brombeerstrauch  usw.^).  Diese  überaus  zahlreichen 
Wettmärchen,  die  sich  an  die  Schöpfungssage  anlehnen,  sind  zumeist 

*)  J.  G.  von  Hahn,  Griechische  und  albanesische  Märchen,  II,  S.  31. 

^}  Ebenda  I,  S.  313  ff. 

3)  O.  Dähnhardt,  Natursagen,  I,  S.  89  ff.,  170  ff. 


Das  Glücksmärchen.  121 


Varianten  des  gleichen  Themas:  der  Teufel  macht  alles  schlechter 
als  Gott,  oder  er  bringt  nur  mehr  oder  minder  Mißlungenes  zustande. 
Das  hindert  freilich  nicht,  daß  in  dieser  Gattung  von  Märchen,  die 
teils  weit  gewandert,  teils  wohl  auch  wahrscheinlich  aus  der  gleichen 
mythologischen  Vorstellung  heraus  selbständig  entstanden  sind,  der 
Teufel  gelegentlich  als  der  an  List  überlegene  Ratjgeber  Gottes  bei 
der  Schöpfung  mitwirkt.  Hier  schließen  sich  dann  jene  zahlreichen 
Märchen  an,  in  denen  ein  Mensch  einen  Pakt  mit  dem  Teufel  schließt, 
aber  im  letzten  Augenblick  diesen  zu  überlisten  und  seine  Seele  zu 
retten  weiß.  Goethe  hat  in  seinem  Faust  dieses  Vertragsmotiv  wieder 
mit  dem  Thema,  aus  dem  es  hervorgegangen,  mit  der  Wette  zwischen 
Gott  und  Teufel,  vereinigt  und  so  aus  beiden  seine  große  Tragödie 
des  Menschenlebens  mit  seinem  Streben  und  Irren  und  seiner  end- 
lichen Erlösung  gestaltet. 

Alle  diese  Entwicklungen,  mag  bei  ihnen  ein  mytholog^ischer 
Hintergrund  beibehalten  sein,  wie  bei  dieser  letzten  Verwertung  des 
Motivs  der  Wette,  oder  mag  er  völlig  ver§chwinden,  wie  bei  den 
ganz  auf  den  Boden  menschlichen  Tuns  gestellten  novellistischen 
Fortbildungen  des  ursprünglichen  Märchens,  überschreiten  nun  an 
sich  die  Stufe  des  ursprünglichen  Mythenmärchens.  Vor  allem  gilt 
das  von  jenen  MärchenstofTen,  bei  denen  menschlicher  Verstand  und 
Erfindungsgeist  zu  dem  die  Handlung  tiagenden  Hauptmotiv  werden. 
Weit  mehr  gehen  die  äußeren  Elemente,  die  an  den  höheren  Stand 
der  Kultur  geknüpft  sind,  wie  Gold,  Edelsteine  und  raffiniertere 
Zaubermittel,  in  den  Dienst  der  ursprünglichen  mjrthischen  Märchen- 
motive über,  so  daß,  wenn  man  sich  diese  Hilfsmittel  hinwegdenkt, 
kaum  ein  nennenswerter  Unterschied  zwischen  dem  primitiveren 
Mythenmärchen  und  dem  Zaubermärchen  der  Kulturvölker  übrig 
bleibt.  Trotz  dieser  Übereinstimmung  sind  aber  diese  durch  die 
Kultur  hervorgebrachten  Veränderungen  in  doppelter  Hinsicht  von 
großer  Bedeutung  für  die  weitere  Mythenentwicklung.  Erstens  sind 
es  begreiflicherweise  ganz  besonders  die  bereits  vom  Glanz  der 
äußeren  wie  zum  Teil  der  inneren,  geistigen  Kultur  umstrahlten 
Märchenmotive,  die  in  die  späteren  mythologischen  Formen  der  Sage 
und  Legende  hinüberreichen.  Um  die  Frage  zu  beantworten,  was 
in  dem  mythologischen  Inhalt  dieser  Formen  aus  dem  Märchen 
übernommen,   und  was  etwa  selbständig  durch   die  Wirkung   neuer 


122  ^cr  Natarmythas. 


Beding^gen  hinzugekommen  sei,  gewinnen  daher  solche  von  der 
beginnenden  Kultur  beleuchtete  Motive  eine  besondere  Bedeutung. 
Zweitens  erzeugt  die  Kultur  mit  ihren  neuen,  eigenartigen  Inhalten 
wesentlich  auch  neue  Hilfsmittel  des  Verkehrs  und  der  Tradition, 
durch  die  sich  nun  die  mythischen  Stoffe  über  entlegene  Völker 
und  ferne  Zeiten  verbreiten.  Für  das  Problem  der  Wanderung  der 
Mythen  sind  daher  die  Mythenmärchen  dieser  Stufe  von  großem 
Werte.  Da  sie  aber  hier  hauptsächlich  in  ihren  Verbindungen  mit 
Sage  und  Legende  wirksam  werden,  so  soll  diese  Frage  erst  im 
Zusammenhang  mit  den  Wanderungen  der  Sage  erörtert  werden 
(vgl.  III,  6). 

4.  Das  mythologische  Tiermärchen. 

a.  Verhältnis  des  nrsprünglichen  Tiermärchens  zum  Totemismus. 

Schon  im  primitiven  Märchen  sind  neben  dem  Menschen  die 
Tiere  die  bevorzugten  Träger  der  Handlung.  Sie  überragen  hier  weit 
alle  andern  Naturobjekte,  wie  Steine,  Flüsse,  Bäume,  und  selbst  die 
Himmelserscheinungen  treten  weit  zurück,  obgleich  gerade  sie  oft 
kaum  von  den  Tieren  geschieden  und  durch  mannigfache  Meta- 
morphosen von  Tieren  und  Menschen  in  Gestirne  mit  ihnen  ver- 
bunden sind.  Diese  bevorzugte  Stellung  der  Tiere  im  primitiven 
Mythus  und  Kultus  bleibt  nun  bei  dem  Übergang  zu  den  ent- 
wickelteren Formen  nicht  bloß  unvermindert  bestehen,  sondern  sie 
empfangt  durch  die  regelmäßigeren  Beziehungen,  in  die  bestimmte 
Tiere  zum  Leben  des  Menschen  gebracht  werden,  eine  festere  Grund- 
lage. Denn  hier  gerade  tritt  nun  die  Verbindung  dieser  Tiergestalten 
des  Märchens  mit  den  Totemvorstellungen  deutlich  hervor.  Die 
Zweckverknüpfungen,  in  die  die  Erzählung  die  Tiere  mit  dem  Men- 
schen bringet,  sind  eben  ein  unmittelbarer  Ausdruck  der  engen  Be- 
ziehungen, die  der  Totemglaube  zwischen  bestimmten  Tieren  und  der 
Stammesgeschichte  sowie  der  Kultur  der  Völker  und  deren  Entstehung 
herstellt*).  Wie  der  Glaube  an  tierische  Ahnen  gewisse  Tiere  zu 
Schutzdämonen  der  Sippen  und  Stämme  erhoben  hat  und  diese 
letztere  Vorstellung  auch  dann  noch  bestehen  läßt,  wenn  jener  Ur- 


«)  Vgl.  Teü  n,  S.  241  ff. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  123 

Sprung  aus  dem  Seelenglauben  längst  verdunkelt  ist,  so  erweckt 
dieses  spezifische  Schutzverhältnis  nun  weiterhin  im  Kontrast  hierzu 
die  Vorstellung  des  feindlichen  Tieres.  Das  wechselnde  Ver- 
hältnis von  tätigem  Schutz  und  feindseliger  Verfolgung,  das  die 
Sippen  und  Stämme  bald  zu  gemeinsamen  Zwecken  zusammenfuhrt, 
bald  in  Kämpfen  um  Besitz  und  Herrschaft  entzweit,  wird  so  auch 
auf  die  Tierwelt  übertragen.  Tier  und  Mensch  bleiben  aber  dabei 
eng  verbunden,  ui>d  die  Vorstellung,  daß  die  hilfreichen  wie  die 
feindseligen  Tiere  den  Menschen  zum  Gegenstand  ihrer  Unterstützung 
wie  ihres  Hasses  nehmen,  ist  so  überwiegend,  daß  die  Tiere  unter- 
einander in  der  Regel  nur  wieder  in  bezug  auf  dieses  entgegenge- 
setzte Verhältnis  zum  Menschen  auch  sich  wechselseitig  helfen  oder 
bekämpfen.  Losgelöst  von  diesem  Verhältnis  gehören  die  Freund- 
schaften und  Feindschaften  der  Tiere  einem  sehr  viel  späteren  Sta- 
dium an,  in  dem  sich  das  Tiermärchen  zur  Tierfabel  und  damit 
zu  einer  seinem  ursprünglichen  mythologischen  Boden  längst  ent- 
fremdeten Form  der  Dichtung  gewandelt  hat.  Diese  Beziehung 
zum  Menschen,  die  aus  der  Zeit  der  schützenden  Totemtiere  her- 
stammt, reicht  aber  in  den  weitverbreiteten  Vorstellungen  über  die 
gute  oder  böse  Natur  bestimmter  Tiere  noch  weit  über  die  Zeiten 
des  Mythenmärchens  hinaus  bis  in  den  Aberglauben  der  Gegenwart 
und  die  unwillkürlichen  Zu-  und  Abneigungen,  denen  viele  Tiere 
noch  heute  begegnen.  Dabei  sind  dann  freilich  an  die  Stelle  der 
ursprünglichen  Totembeziehungen  Assoziationen  getreten,  bei  denen 
bald  die  Lebensweise  der  Tiere  bald  später  entstandene  Gebilde 
tiergestaltiger  Götter  oder  Dämonen  eine  Rolle  zu  spielen  pflegen. 
So  brachte  der  nächtliche  Flug  der  Fledermaus  diese  mit  dem  spuk- 
haften Treiben  finsterer  Dämonen  und  vollends  den  Maulwurf  und  die 
Maus  ihr  unterirdisches  Wirken  mit  der  Hölle  in  Verbindung,  ein 
Schicksal,  in  das  durch  die  Maus  auch  noch  die  sie  verschlingende 
Katze  verwickelt  wurde.  Auf  der  andern  Seite  ist  das  Johannis- 
würmchen zum  Ruf  eines  glückbringenden  Tierchens  gekommen, 
wahrscheinlich  weil  sein  Halsschild  zusammen  mit  den  Flügeldecken 
annähernd  der  Figur  eines  Kreuzes  gleicht'). 

*)  Über  Rudimente  Älterer  mythologischer  Vorstellungen  in  solchen  Volksunter- 
scheidungen guter  und  böser  Tiere  vgl.  Jacob  Grimm,  Deutsche  Mythologie  4,  * 
S.  S45ff.,  ni,  S.  189  ff. 


124  ^*'  Naturmythus. 


Nun  sind  zweifellos  schon  in  viel  früheren  Stadien  der  Mythen- 
entwicklung die  Ursachen,  die  ursprünglich  diese  Vorstellungen  über 
das  freundliche  und  feindliche  Verhältnis  der  Tiere  zum  Menschen 
bestimmten,  vergessen  oder  durch  andere  ersetzt  worden,  bei  denen 
solche  Eigenschaften  überhaupt  nicht  mehr  maßgebend  waren,  son- 
dern umgekehrt  zu  der  einmal  fixierten  Vorstellung  von  der  freund- 
lichen oder  feindlichen  Natur  eines  Tieres  irgendwelche  Ipse  Asso- 
ziationen die  Motive  hergaben.  So  sind  viele  der  in  solchem  Sinne 
mit  Gott  und  Christus,  mit  den  Aposteln  und  Heiligen  oder  dem 
Teufel  und  seinen  Unterdämonen  in  Verbindung  gebrachten  Tiere 
aus  alten  heidnischen  Vorbildern  hervorgegangen.  Wie  die  Satyrn 
und  Faune  dem  Bild  des  mittelalterlichen  Teufels  ihre  Züge  liehen, 
so  ist  der  Ziegenbock  zu  einem  spezifischen  Teufelstier  geworden. 
In  andern  Fällen  sind  es  wohl  mehrere  sich  durchkreuzende  Mythen- 
motive gewesen,  die  eine  bestimmte  Form  fixierten.  So  hat  der 
Schlange  wohl  zum  Teil  noch  die  Nachwirkung  der  alten  Drachen- 
märchen, dann  aber  vor  allem  die  Rolle,  die  ihr  die  biblische  Para- 
diesessage zuteilt,  in  den  Märchen  und  Sagen  der  vom  Christentum 
beeinflußten  Gebiete  die  Bedeutung  einer  Inkarnation  des  Satans 
gegeben.  Der  Rabe  aber,  bei  den  germanischen  wie  griechisch- 
italischen  Völkern  wegen  seiner  weissagenden  Bedeutung  und  seiner 
Beziehungen  zu  den  höheren  Göttern  als  ein  heiliges  Tier  geltend, 
hat  sich  infolge  des  allgemeinen  Gegensatzes  zu  den  heidnischen  Vor- 
stellungen und  zu  einem  nicht  geringen  Teil  wohl  auch  wegen  seines 
schwarzen  Gefieders,  ähnlich  wie  die  Eule  als  Vogel  der  Nacht  und 
der  Pfau  wegen  seiner  mit  der  christlichen  Demut  kontrastierenden 
Eitelkeit,  in  ein  dem  Teufel  dienstbares  Tier  verwandelt*).  Mögen 
nun  auch  so  tiefeingreifende  Einflüsse  wie  die  durch  Christentum 
und  Islam  in  ihrer  Vereinigung  mit  den  alteranischen  Anschauungen 
in  den  Vordergrund  gerückten  Gegensätze  eines  guten  und  bösen 
Prinzips  anderwärts  kaum  wieder  in  gleicher  Stärke  vorgekommen 
sein,    so    haben    doch    analoge   Bedeutungsänderungen   wahrschein- 


*)  Eine  Menge  von  Beispielen,  in  denen  Tiere  nnd  Pflanzen  in  den  vom  Christen- 
tnm  nnd  Islam  beeinflaßten  Gebieten  teils  wohl  darch  derartige  Assoziationen  teils 
unter  der  Herrschaft  der  Teufelsvorstellnngen  nnd  biblischer  Reminiszenzen  ihre  noch 
heute  nachwirkenden  spezifischen  Eigenschaften  angenommen  haben,  findet  man  bei 
Dähnhardt,  Natursagen,  I,  1907,  S.  146  ff. 


Das  mythologische  TiennXrchen.  X25 

lieh  nii^ends  gefehlt.  Schon  in  relativ  frühen  Formen  des  mytho- 
log^hen  Tiermärchens  kann  daher  der  Zusammenhang  mit  den 
die  ursprüngliche  Auffassung  der  Tiere  bestimmenden  Totemvor- 
stellungen  zurücktreten  und  durch  andere,  direkt  dem  Leben  der 
Tiere  und  des  Menschen  entlehnte  Züge  überwuchert  sein.  Nur 
in  zwei  Fällen  bleiben  offenbar  noch  auf  lange  hinaus  die  ur- 
sprünglich das  Interesse  an  der  Tierwelt  in  erster  Linie  bestimmen- 
den Märchenzüge  erhalten.  Der  eine  ist  der,  wo  das  Tier  zur 
Fristung  des  menschlichen  Lebens  unentbehrlich  ist,  wie  der  Büffel 
bei  den  Prärie-Indianern  Nordamerikas,  und  wo  es  nun  in  seiner 
Eigenart  und  seiner  ins  Menschliche  umgewandelten  Lebensweise  zu 
einem  Hauptthema  der  Märchenerzählung  wird.  Dabei  hat  aber  diese 
keineswegs,  wie  man  nach  der  Analogie  der  späteren  novellistischen 
Dichtung  erwarten  könnte,  das  Jagdabenteuer  als  solches  zu  ihrem 
Inhalte,  sondern  sie  berichtet,  wie  das  Tier  zuerst  dem  Menschen 
dienstbar  geworden,  wie  es  infolge  irgendwelcher  Zaubereinflüsse  frei- 
willig unter  seine  Herrschaft  gekommen,  wie  es  durch  Opfer  ge- 
wonnen oder  durch  Verträge  gebunden  worden  sei  usw.').  Der 
zweite  Fall  einer  solchen  Beziehung  von  anscheinend  ursprünglichem 
Charakter  ist  der,  wo  ein  bestimmtes  Tier  entweder  in  unmittelbarer 
Anlehnung  an  die  Totemvorstellungen  als  der  Urahne  einer  Völker- 
schaft bezeichnet  wird,  oder  wo  man  ihm  die  Herbeibringung  gewisser 
primitiver  Kulturgüter,  wie  des  Feuers,  der  Waffen  und  Jagdgeräte 
oder  bestimmter  Zeremonien  und  Zaubermittel,  zuschreibt.  Dahin 
gehört  z.  B.  der  Rabe  bei  den  Stämmen  der  pazifischen  Küste  Nord- 
amerikas oder  das  Kaninchen,  der  »g^roße  Hase«  bei  den  Algonkin- 
indianem.  Hier  treten  in  der  Regel  Tiere,  die  nicht  der  Ernährung 
des  Menschen  dienen,  die  aber  wohl  ursprünglich  mit  Seelen-  und 
dadurch  indirekt  mit  Ahnenvorstellungen  in  Verbindung  stehen,  als 
die  Helden  der  Tiermythen  dieser  zweiten  Kategorie  auf.  Die  große 
Bedeutung,  die  gerade  diese  Klasse  der  Mythenmärchen  in  der 
Tradition  vieler  relativ  primitiver  Völker  einnimmt,  erhellt  übrigens 
daraus,  daß  sie  sich  vor  allen  andern  zu  ganzen  Märchenzyklen  ver- 
binden, indem  das  als  Ahne  oder  »Heilbringer«  geschilderte  Tier  in 
einer  größeren  Zahl  einzelner  Märchen  auftritt.     Zugleich  bilden  die 


';  Charakteristische  Beispiele  bei  Dorscy.  The  Pawnee,  p.  480  ff. 


128  Der  Natnrmythiu. 


beharrlichsten  Bestandteilen  des  Zaubers,  und  die  Tierverwandlung 
des  Menschen  überdauert  hier  wieder  verhältnismäßig  lange  den  um- 
gekehrten, auf  primitiveren  Stufen  häufigeren  Übergang  vom  Tier 
zum  Menschen.  Mögen  auch  die  Veränderungen,  die  dieser  Glaube 
erleidet,  sichtlich  seiner  allmählichen  Auflösung  entgegenführen,  so 
beweisen  sie  doch  ebenso  zweifellos,  daß  dieser  Märchenzauber,  in 
welcher  Richtung  er  immer  stattfinden  mag,  das  Spiegelbüd  einer 
dereinst  geglaubten  Wirklichkeit  ist.  Was  eine  spätere  Zeit  als  bloße 
dichterische  Erfindung  preisgibt  und  dabei  doch  noch  halb  wider- 
strebend festhält,  das  ist  eben  dereinst  einmal  volle  Wirklichkeit 
gewesen.  Auch  hier  gUt\  was  von  der  Mythenentwicklung  überhaupt 
gilt:  der  Glaube  an  die  unmittelbare  sinnliche  Wirklichkeit  der  mytho- 
logischen Vorstellungen  beruht  nicht,  wie  die  rationalistische  Mythen- 
deutung annimmt,  auf  einer  Korruption  ursprünglicher  religiöser 
Symbole,  sondern  er  ist  selbst  das  Ursprüngliche,  das  allmählich 
zuerst  einer  Beschränkung  und  dann  einer  Umdeutung  seines  In- 
haltes Platz  macht. 

b.  Das  legendarische  Märchentier  und  das  Scherzmärchen. 

Jene  Tierverwandlungen,  die  durch  ihre  Verbindung  mit  dem 
verbreiteten  Zauberglauben  selbst  in  die  Sphäre  einer  geglaubten 
Wirklichkeit  hineinreichen,  treten  mm  bemerkenswerter  Weise  bei 
einer  Gattung  von  Tiermärchen  verhältnismäßig  zurück,  die  im 
übrigen  die  Spuren  des  ursprünglichen  Zusammenhangs  mit  den 
totemistischen  Vorstellungen  am  treuesten  bewahrt  hat.  Dies  ist 
die  Gattung  der  legendarischen  Tiermärchen.  Indem  in  ihnen 
ein  bestimmtes  Tier  als  Stammesahne  und  als  Kult-  und  Kulturbringer 
geschildert  wird,  ist  es  offenbar  gerade  die  bevorzugte  Stellung,  die 
ein  solcher  Ahne  und  Kulturbringer  in  Tiergestalt  in  einer  meist 
über  ein  größeres  Ländergebiet  sich  erstreckenden  Überlieferung  ein- 
nimmt, die  ihn  in  der  Regel  gegen  Verwandlungen  schützt.  Der 
Rabe  und  der  Präriewolf  (Coyote)  der  pazifischen  Küstenstämme 
Amerikas,  der  Hase  der  Algonldnindianer  sind  feststehende,  zugleich 
mit  den  in  den  Geheimbänden  dieser  Völker  gepflegten  Kulten  in 
engster  Verbindung  stehende  Gestalten.  Diese  Gestalten  sind  daher 
vor  dauernderen  Verwandlungen  ebenso  gut  geschützt  wie  die 
typischen    Gestalten    der    christlichen  Apostel    und    Heiligen.     Wo 


Dts  iBTthdiociidie  Tiennlrcheo.  12g 

solche  Verwandhingen  bei  jenen  Tierahnen  dennoch  vorkommen,  da 
mögen  sie  durch  ÜbertF^rm^en  anderer  Märchenstoffe  oder  durch 
eine  freie  Weiterdichtung  entstanden  sein,  bei  der  jene  Kultur- 
und  Kultbedeutung  der  legendarischen  Tiere  in  den  Hintergrund  tritt. 
Das  verrät  sich  auch  darin,  daß  zahlreiche  Einzelmärchen  solcher 
Gruppen  in  der  Tat  ganz  außer  Zusammenhang  mit  der  l^enda- 
tischen  Bedeutung  der  Tiere  liegen.  Auch  das  findet  ja  seine  Paral- 
lele in  den  Mythen  der  Kulturvölker,  wo  z.  B.  die  Heraklesm>-then 
bunt  geni^  aus  wirklichen  Kultur-  und  Heilbringersagen  und  aus 
andern  Erzählungen  gemischt  sind,  die  lediglich  das  verbreitete 
Märchenmotiv  von  den  Abenteuern  eines  allgewaltigen  Helden  weiter 
ausspinnen. 

Noch    ein   fernerer   Zug   ist   aber  für  diese   legendarischen  Tiere 
schon  auf  der  frühesten  Stufe  charakteristisch:   das  ist  die  Neigung, 
diese   Ahnen-    und   Schutztiere   nebenbei   zugleich   in   einer   beson- 
deren Märchengruppe  zu  scherzhaften  Wesen  zu  machen,  denen 
allerlei  komische  Unfälle  begegnen,   die  geprellt  werden  und   dafür 
Spott  ernten  usw.      So  sind  namentlich    der  Rabe   und   der  große 
Hase   für  die  Indianer  Nordamerikas   die  Helden  zahlreicher  Scherz- 
und  Spottmärchen   geworden,    und    sie   sind    das    geblieben,    nach- 
dem   sie    ihrer   ernsthaften   Bedeutung    zumeist   verlustig   gegangen 
waren.    Auch  dieser  Zug  findet  seine  Parallele  in  der  Mythendichtung 
aller  Zeiten.     So   sind    noch   im   christlichen  Mythus  der   hinkende, 
der  dumme  und  der  geprellte  Teufel  bekanntlich  beliebte  Spottfiguren. 
Ebenso  sind  die  Heiligen  und  Apostel,  unter  den  letzteren  nament- 
lich der  heilige  Petrus,  der  Scherzlust  des  Volksmärchens  und  seiner 
ParaUelen    in    Legende    und    kirchlichem   Drama    nicht    ^"^^^"^^^ 
ja   im  Märchen,    das   auch   in    dieser  Beziehung    die   ^^^"^^^*^^ 
freiesten  schalten  läßt,  wagt  sich  dieser  Scherz  S^^^^^,^^\J^n.     Be- 
die    Personen  Gottes,   Christi  und  der  heiligen  F^"^*^,*^\^^^   beliebte 
sonders    ist  es   das   in    der   Märchcndirhtung    aller    ^c»^^^  ^^^^^^    ^^^ 
Wettmotiv,    das  in  dem  Thema,   wer   von   beiden,    ^^'J^  ,j.^^^j^.,  ^.^ 
Teufel,    die    Schöpfung   besser   besor^^cu,    oder    ^^      \.i^^\vi    ilurch 
Werke  des  Schöpfers  stören,  und  ob  solche  ^^^^"^^^^"'j^f  jene  Spott- 
die  größere  List  Gottes  vereitelt  werden   können,    *^*^^^j^    j^^f    den 
lust,    die    sich    am   Teufel    auszulassen    liebt,    nun      ^^^^^^    ^.^^^    .^ 
Herrn    selbst   überträgt.       Vollends    geschieht    daSi         ^ 

W  u  n  d  t ,  Völkerpsychologie  II,  3. 


I70  I^er  Naturmythus. 


einer  einfachen  Weiterbildung  dieses  Wettmotivs  der  Satan  in  einen 
Ratgeber  Gottes  umwandelt,  ein  Verkehr,  in  den  dann  auch  noch 
mit  Vorliebe  die  komische  Figur  unter  den  Aposteln,  der  heilige 
Petrus,  hineingezogen  wird.  Nicht  selten  bildet  gerade  er  durch  die 
Ungeschicklichkeit,  mit  der  er  sich  überlisten  läßt,  eine  Art  Pendant 
unter  den  Himmelsbewohnern  zu  der  Gestalt  des  dummen  und  ge- 
prellten Teufels*).  In  diesen  noch  in  das  Gebiet  der  christlichen 
Legenden-  und  Märchendichtung  hereinreichenden  Umbiegungen  eines 
ernsten  und  heiligen  Stoffes  in  den  Spott  wiederholt  sich  jenes  schon 
mehrfach  berührte  Motiv  des  Kontrastes,  das  nach  einer  Ausgleichung 
der  durch  die  ernste  Handlung  erweckten  Spannung  des  Gemüts 
verlanget.  Dieser  Prozeß,  der  auf  allen  Stufen  der  mythologischen 
Entwicklung  wiederkehrt,  läßt  sich  in  solchen  Auswüchsen  der  bib- 
lischen Legende  zum  Scherzmärchen  in  seinem  Werden  und  Wachsen 
besonders  deutlich  verfolgen,  weil  er  sich  hier  einigermaßen  im  Licht 
der  Geschichte,  nicht  bloß  in  der  Tiefe  der  im  Volke  lebenden  Über- 
lieferungen vollzieht.  Da  kann  es  nun  aber  keinem  Zweifel  unter- 
liegen, daß  den  Ausgangspunkt  für  das  Einsetzen  der  Spottmotive 
diejenige  Persönlichkeit  der  Überlieferung  bildet,  auf  die  die  Gefühle 
der  Furcht  und  des  Grauens  vor  allem  gerichtet  sind,  weil  sie  selbst 
nichts  anderes  als  eine  Verkörperung  dieser  Gefühle  ist:  der  Satan. 
Die  biblische  Teufelsgestalt  hat  diese  Neigung  zur  Umbiegung  des 
Furchtbaren  in  das  Burleske  schon  aus  seiner  eranischen  Heimat  mit- 
gebracht,   wo    das   von    dem  späteren    Parsismus   in   märchenhaften 


')  Zahlreiche  Märchen  dieser  Art,  die  sich  teils  an  die  Schöpfungs-  teils  an  die 
Paradies-  und  die  Sintflutsage  anlehnen  vgl.  bei  Dähnhardt,  Natnrsagen,  I,  S.  90  ff., 
164  ff.,  257  ff.  Daß  der  heilige  Petnis  als  komische  Figar  in  diesen  Scherxm&rchen 
nicht  selten  mit  dem  Teufel  konkurriert  oder  geradezu  dessen  SteUe  einnehmen  kann, 
führt  Dähnhardt  darauf  zurück,  daß  die  Paulicianer,  Bogomilen  und  andere  Sekten 
orientalischen  Ursprungs  den  Petrus  im  Gegensatz  zu  Paulus  als  den  Repräsentanten 
des  strengen  Judenchristentums  für  einen  falschen  Apostel  erklärten  (S.  205).  Aber 
für  die  Verkehrung  dieser  Apostelgestalt  ins  Scherzhafte  gibt  es  doch  wohl  noch 
andere  mehr  psychologische  Gründe,  die  bis  in  die  Evangelien  zurückreichen.  Der 
Apostel,  der  sich  zuerst  vermißt,  mit  dem  Herrn  sterben  zu  wollen  und  ihn  gleich 
darauf  dreimal  verleugnet,  ehe  der  Hahn  zweimal  kräht  (Marcus  14,  a6ff.),  und  der 
sich,  weil  er  in  blinder  Leidenschaft  dem  Knecht  Malchus  das  Ohr  abhaut,  einen 
gerechten  Verweis  zuzieht  (Joh.  18,  10),  dieser  Apostel  hat  in  solchen  Taten 
selbst  schon  einen  Zug  ins  Komische,  und  so  ist  denn  auch  in  den  mittelalterlichen 
Mysterienspielen  da,  wo  von  der  Einwirkung  paulicianischer  Lehren  nicht  wohl  die 
Rede  sein  kann,  Petrus  mit  Vorliebe  als  komische  Apostelfigur  verwendet  worden. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  I  ^  I 

Legenden  ausgebildete  Motiv  der  Rivalität  zwischen  Ormuzd  und 
Ahriman  bei  der  Erschaffung  der  lebenden  Wesen  mit  seinem 
Übergang  in  das  Wettmotiv  bereits  auf  ältere  Überlieferungen 
zurückgeht.  Ihre  Seitenstücke  findet  diese  mythische  Gestalt  in 
den  Tierdämonen  aller  Zeiten  und  Völker,  von  den  primitiven 
Formen  an,  die  in  Tiertänzen  von  bald  kultisch  ernsthafter,  bald 
burlesker  Natur  gefeiert  werden,  wie  sie  auch  diesen  in  den  schon 
äußerlich  den  Übei^fang  zur  Burleske  vermittelnden  tierischen  Zügen 
gleicht  Die  Teufelsgestalt,  diese  bei  den  Kulturvölkern  der  Alten 
Welt  letztüberlebende  unter  diesen  zwitterhaften  Dämonenformen, 
zeigt  aber  zugleich  in  den  an  sie  anknüpfenden  Märchenbildungen 
deutlich,  wie  jener  Übergang  von  Furcht  in  Spott  mit  innerer 
Notwendigkeit  eine  Art  ansteckender  Wirkung  ausübt,  teils  indem 
dieser  Spott  durch  die  Handlung  auch  auf  die  ihm  an  sich  unzugäng- 
lichen Personen  übergeht,  wie  bei  dem  Wettmotiv  zwischen  Gott 
und  Teufel,  teils  indem  der  einmal  losgelassene  Humor  auf  solche 
übergreift,  denen  die  legendarische  oder  märchenhafte  Tradition  selbst 
schon  Züge  leiht,  die  zu  ihm  herausfordern. 

c.    Das  Tiermärchen  auf  der  Stafe  der  Gleichstellung  von  Mensch 
und  Tier.     Tiervertrag  und  Sühnopfer. 

Suchen  wir  von  diesen  relativ  allgemeingültigen,  dabei  aber 
doch  sekundären  Umbildungen  zum  Scherzmärchen  absehend,  die 
Formen  des  mythologischen  Tiermärchens  nach  den  Motiven  seiner 
ursprünglichen  Entstehung  zu  scheiden,  so  läßt  sich  hierzu  als  das 
äußerlichste,  eben  darum  aber  auch  als  das  am  deutlichsten  erkenn- 
bare Merkmal  das  in  ihm  vorausgesetzte  Verhältnis  der  Tiere  zum 
Menschen  verwenden,  ein  Merkmal,  hinter  dem  sich  gleichwohl 
tiefere  Unterschiede  verbergen.  Im  Hinblick  auf  diese  lassen  sich 
dann  die  verbreiteten  Märchenstoffe  in  zwei  große  Gruppen  zerlegen, 
von  denen  die  zweite  wieder  in  zwei  Untergruppen  zerfällt,  so  daß 
demnach  im  ganzen  drei  Spielarten  solcher  Märchen  entstehen. 
Sie  bilden  sichtlich  eine  Entwicklungsreihe,  wie  auch  ihre  Ver- 
breitung über  Völker  verschiedener  Kulturstufe  zeigt.  Hiemach 
können  wir  diese  drei  Arten  wohl  als  die  drei  Stufen  der  Ent- 
wicklung des  Tiermärchens  bezeichnen.  Dabei  fehlen  freilich 
Übergänge  um  so   weniger,   als  die  verschiedenen  Formen  in  einem 

9* 


1^2  I^cr  Naturmythus. 


und  demselben  Gebiet  nebeneinander  vertreten  sein  können,  woraus 
sich  dann  von  selbst  Mischungen  infolge  des  Zusammenwachsens 
verschiedener  Märchenstoffe  ergeben.  Außerdem  greifen  natürlich 
in  jede  dieser  Formen  von  Tiermärchen  die  Grundmotive  der  Hoff- 
nung und  Furcht  wiederum  ein,  so  daß  mit  Rücksicht  hierauf  jedes 
Tiermärchen  zugleich  irgend  einer  der  oben  erörterten  Formen  der 
Glücksmärchen  zugehört. 

Als  erste  Stufe  der  Entwicklung  können  wir  demnach  diejenige 
betrachten,  auf  der  Tiere  und  Menschen  einander  gleich- 
geordnet gegenüberstehen,  wobei  aber  doch  im  ganzen  die  Neigung 
besteht,  dem  Tier  höhere  Kräfte  als  dem  Menschen,  insbesondere 
Zauberkräfte  zuzuschreiben.  Über  diesen  Märchen,  die  vorzugs- 
weise bei  Völkern  vorkommen,  bei  denen  sich  auch  noch  die  losere 
Form  primitiver  Märchenerzählung  findet,  liegt  eine  Stimmung, 
die  der  des  ursprünglichen  Totemglaubens,  wie  wir  ihn  uns  nach 
seinen  mehr  oder  weniger  deutlich  erhaltenen  Resten  denken  müssen, 
gleichkommt.  Vielleicht  darf  man  annehmen,  daß  sich  gerade  in 
der  Märchentradition,  vermöge  ihrer  den  lebendigen  Glauben  an 
deren  Inhalt  unter  Umständen  lange  überdauernden  Beharrlichkeit, 
die  Züge  der  ursprünglichen  Totemvorstellungen  noch  deutlicher 
bewahrt  haben  als  in  Glauben  und  Kultus.  Zauberverwandlungen 
aus  Bosheit  oder  Rache  von  Mensch  in  Tier  kennt  diese  Märchenart 
nicht.  Eine  solche  Verwandlung  setzt  eben  schon  ein  gewisses 
Bewußtsein  vom  Wesensunterschied  der  Geschöpfe  voraus,  wie  es 
auf  dieser  Stufe  anscheinend  noch  nicht  vorhanden  ist.  Wohl  aber 
kann  es  vorkommen,  daß  Menschen,  die  als  Zauberer  gelten  oder 
Tiere,  die  über  Zauberkräfte  gebieten,  an  andern  Wesen,  Menschen 
oder  Tieren,  sonstige  Zauberverwandlungen  bewirken,  sei  es  um 
sie  vor  Nachstellungen  zu  schützen,  sei  es  auch  aus  Rache  oder  zur 
Strafe:  die  letztere  Bedeutung  hat  offenbar  frühe  schon  die  Verwand- 
lung von  Menschen  in  Steine.  Dagegen  gehört  die  als  Strafe  be- 
wirkte Verwandlung  von  Menschen  in  Tiere  offenbar  durchgehends 
einer  sehr  viel  späteren  Stufe  an,  auf  der  die  totemistischen  Quellen 
des  Tiermärchens  bereits  versiegt  sind. 

Das  folgende  Eskimomärchen,  das  der  primitiven  Erzählungsform 
noch  sehr  nahesteht,  zeigt  an  einem  einfachen  Beispiel  diese  Zu- 
sammengehörigkeit von  Mensch  und  Tier:    >Eine  junge  Frau  erhielt 


Das  mythologische  Tiermärchen.  133 

einen  jungen,  zwei  oder  drei  Tage  alten  Polarbär.  Da  sie  keine 
Angehörige  hatte,  so  nährte  und  behandelte  sie  ihn  wie  ihr  eigenes 
Kind.  Als  er  etwas  größer  geworden  war,  ging  er  auf  die  Jagd 
und  versorgte  sie  reichlich  mit  Nahrung.  Darob  wurde  sie  von 
ihren  Stammesgenossen  beneidet,  und  diese  wollten  den  Bären  töten. 
Hierauf  beriet  sich  die  Frau  mit  ihrem  Bären.  Beide  schieden  unter 
Tränen,  und  er  wanderte  aus.  Die  Frau  aber  traf  sich  noch  oft  mit 
ihm,  und  er  versorgte  sie  fortan  reichlich  mit  Speise«').  Dem  mag 
sich  das  folgende,  bei  Indianern  der  nordpazifischen  Küste  aufgezeich- 
nete Märchen  anschließen:  »Es  waren  einmal  acht  Brüder,  die  gingen 
aus,  Bergziegen  zu  jagen.  Der  älteste  schlug  den  andern  vor,  jeder 
solle  für  sich  die  Tiere  verfolgen,  und  sie  wollten  sich  dann  an  einem 
bestimmten  Platz  am  Fuß  des  Berges  wieder  treffen.  Als  sie  sich 
aber  getrennt  hatten,  jagte  er  keine  Ziegen,  sondern  sammelte  Fam- 
wurzeln. Wie  er  nun  nichts  als  diese  zum  Versammlungsort  mitbrachte, 
wurden  die  Brüder  zornig.  Sie  nahmen  ihm  seinen  Mantel  und  banden 
ihn  an  einen  Baum,  um  ihn  verhungern  zu  lassen.  Zu  Hause  sagten 
sie,  der  Bruder  sei  den  Berg  herabgestürzt  und  tot  liegen  geblieben. 
Zu  dem  Verlassenen  kamen  nun  aber  die  Tiere  mit  Speise,  um  ihn 
zu  nähren,  und  eine  zauberkundige  alte  Frau  tat  etwas  Fett  in  eine 
kleine  Muschel  und  beschmierte  damit  die  Seile,  mit  denen  der  junge 
Mann  festgebunden  war.  Darauf  lockerten  sich  die  Bande,  er  wurde 
frei,  fing  viele  Bergziegen  und  kehrte  wohlbehalten  zu  seiner  Frau 
zurück«^).  In  beiden  Erzählungen  sind  die  Tiere  hilfreiche,  den 
Menschen  schützende  und  rettende  Wesen.  Auch  das  Motiv  der 
Dankbarkeit,  das  in  dem  Märchen  von  den  dankbaren  Tieren  in  der 
späteren  Märchendichtung  so  weitverbreitet  vorkommt,  spielt  vielleicht 
schon  herein;  nur  ist  der  Ton  der  Erzählung  ungleich  primitiver,  und 
es  fehlen  die  besonderen  Begebnisse,  die  in  dem  späteren  Märchen 
den  Dank  der  Tiere  motivieren.  Zugleich  als  Zauberwesen  erscheint 
das  rettende  Tier  in  der  folgenden  australischen  Erzählung:  »Die 
Schwarzen  zogen  einst  zu  einer  Weihezeremonie  aus.  Nur  ein  Hund 
blieb  im  Lager  zurück.  Da  kamen  andere  Schwarze,  um  jene 
in  ihrem  Lager  zu  überfallen.    Als  sie  es  leer  fanden,  fragten  sie  den 


')  F.  Boas,  The  Central  Eskimo,  Ethnol.  Rep.  VI,  1888,  p.  638  f. 
')  Boas,  Indianische  Sagen  von  der  nordpazifischen  Küste,  S.  96. 


11^  Der  Natnnn3rthiis. 


Hund,  wohin  die  Leute  gezogen  seien.  Zuerst  gab  dieser  keine 
Antwort.  Als  sie  ihn  aber  mehrmals  fragten,  antwortete  er  endlich; 
im  selben  Augenblick  verwandelten  sich  jedoch  die  Feinde  in  Steine, 
und  als  solche  stehen  sie  noch  jetzt  in  dieser  Gegend« '). 

Eine  entwickeltere  Form  der  gleichen  Klasse  tritt  uns  in  solchen 
Erzählungen  entgegen,  die  in  der  Art  des  Verkehrs  zwischen  Mensch 
und  Tier  noch  ganz  der  vorigen  Märchengruppe  gleichen,  wo  aber 
die  Erzählung  selbst  auf  eine  frühere  Zeit  hinweist,  in  der  Mensch 
und  Tier  einander  näher  gestanden,  das  Tier  noch  nicht  Jagdtier 
oder  sonst  dem  Menschen  dienstbar  gewesen  sei.  Unter,  dem  Ein- 
fluß dieser  Erinnerungen  an  einen  ursprünglichen  Totemismus  werden 
nun  besonders  solche  Tiere,  denen  der  Mensch  seine  Ernährung  ver- 
dankt, und  die  außerdem  der  Zauber  schützender  Totemtiere  umgibt, 
neben  dem  Menschen  zu  bevorzugten  Trägem  der  Handlung.  Die 
Nachwirkung  jener  früher  geschilderten  Zeremonien,  bei  denen  das 
gleichzeitig  als  Tierahne  und  Schutzdämon  verehrte  Tier  von  dem 
Tabu,  das  auf  dem  Genuß  seines  Fleisches  ruht,  bald  durch  die 
wechselseitige  Aushilfe  der  Stammesabteilungen,  bald"  durch  die  Dar- 
bringung von  Opfern  und  durch  andere  Kulthandlungen  befreit  wird, 
findet  hier  ihren  Ausdruck  in  mannigfachen  Märchen.  In  diesen  wird 
erzählt,  wie  sich  aus  irgend  einem  Anlaß  die  Tiere  freiwillig  dem 
Menschen  untergeordnet,  oder  wie  sie  durch  einen  Vertrag  ihm 
dienstbar  geworden  seien,  oder  wie  endlich  die  Einwilligung  sie  zu 
töten  dereinst  durch  ein  Opfer  erkauft  wurde.  In  allen  diesen  Zügen 
ist  bei  dieser  Gruppe  noch  deutlicher  als  bei  der  vorigen  der  Zu- 
sammenhang mit  den  alten  Totemvorstellungen  erkennbar;  aber  sie 
enthalten  daneben,  in  die  phantastische  Märchenform  übertragen, 
zugleich  eine  Art  abgekürzter  Geschichte  der  weiteren  Wandlungen 
der  Totemvorstellungen,  die  sie  bewahren,  während  in  der  sonstigen 
Tradition  möglicherweise  jede  Spur  einer  solchen  Erinnerung  ge- 
schwunden sein  kann.  Eine  merkwürdige  Rolle  spielt  dabei  gelegent- 
lich die  Idee  des  Vertrags,  die  hier  von  der  menschlichen  Gesell- 
schaft auf  das  Verhältnis  zwischen  Mensch  und  Tier  übergeht,  und 
die  ja  an  sich  schon  eine  reifere  Entwicklung  bezeichnet  Wie 
verführerisch    diese   Übertragung   noch   lange    erschienen  ist,   lehren 


*)  K.  L.  Parker,  Australian  legcndary  Tales,  p.  50 f. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  j sc 

Übrigens  die  vorbeugenden  Verträge  mittelalterlicher  Magistrate  mit 
Heuschrecken  und  andern  schädlichen  Tieren  sowie  das  gegen  Tiere 
wegen  des  von  ihnen  gestifteten  Schadens  eingeleitete  Prozeßverfahren. 
Endlich  findet  sich  wohl  auch  in  dem  noch  nahe  an  die  Gegenwart 
heranreichenden  Brauch,  den  Kühen,  Pferden  und  Bienen  den  Tod 
des  Hausherrn  anzukündigen,  ein  letzter  Schimmer  dieser  altüber* 
kommenen  Vorstellungen  der  Gleichheit  von  Mensch  und  Tier'). 
Natürlich  darf  man  in  diesen  Erscheinungen  nicht  Beweise  dafür 
erblicken  wollen,  daß  bei  ihnen  die  Anschauungen  lebendig  gewesen 
seien,  aus  denen  dereinst  solche  Rechtsnormen  und  Sitten  hervor- 
gingen, sondern  auch  hier  hat,  wie  so  oft,  der  äußere  Brauch  die 
Motive,  denen  er  entsprungen  war,  lang  überdauert.  Immerhia 
wäre  das  kaum  möglich  gewesen,  wären  nicht  die  alten  durch  neue 
Motive  ersetzt  worden,  die  vermöge  der  Stetigkeit  dieser  Vorgänge 
des  Bedeutungswandels  immer  noch  in  einer  gewissen  Affinität  mit 
jenen  geblieben  waren.  So  hat  sich  bei  dem  Tiervertrag  und  Tier- 
prozeß die  Vorstellung  der  bindenden  Kraft  des  Vertrags  und  der 
Wirkung  der  Strafe  von  dem  Tier,  dem  man  dereinst  ein  Bewußt- 
sein für  diese  Rechtsakte  zuschrieb,  auf  die  mit  feierlichen  Formen 
umgebene  Rechtshandlung  selber  zurücl^ezogen.  Nicht  freiwillig^ 
sondern  durch  die  Zauberkraft  des  feierlichen  Vertrags  waren  nun  die 
Heuschrecken  an  diesen  gebunden,  und  ebenso  barg  wohl  die  unter 
der  Anwendung  altehrwürdiger  Rechtssymbole  vollzogene  Strafe  die 
Zauberkraft  in  sich,  schädlichen  Handlungen  der  Tiere  von  ähnlicher 
Art  künftig  vorzubeugen^).     Übrigens  kann  sich  diese  Idee  des  Ver- 


')  K.  von  Amira,  Tierstrafen  und  Tierprozesse,  Mitteil,  des  Österreich.  Instituts 
für  Geschichtsforschang,  Bd.  4,  189 1,  S.  545  ff.  Ober  die  Sitte  des  Totansagens  Wnttke, 
Der  deutsche  Vollcsaberglaube',  S.  429f. 

')  von  Amira  faßt  in  etwas  abweichendem  Sinne  den  Tierprozeß  als  eine  Art 
von  »Gespensterprozeß«  auf,  da  es  sich  bei  ihm  um  ein  zauberisches  Bannen  der 
im  Tiere  tätig  gedachten  Dämonen  gehandelt  habe.  Aber  obgleich  dies  als  gelegent- 
lich mitwirkender  Nebengedanke  nicht  ausgeschlossen  ist,  so  scheint  mir  doch  gegen 
einen  solchen  Dämonenzauber  als  Hauptmotiv  der  Umstand  zu  sprechen,  daß  sich 
dieser  Prozeß  nicht  in  den  sonstigen  Formen  der  Dämonenbeschwörung  oder  auch 
der  Hexenverfolgung,  sondern  in  den  üblichen  Rechtsnormen  vollzieht.  Die  Kraft 
des  Zaubers  kann  ja  auch  dann  Unheil  verhüten,  wenn  dieses  nicht  selbst  von  dämo- 
nischen Zaubermächten  ausgeht,  und  in  diesem  Sinne  kann  auch  der  feierlich  ge- 
schlossene Vertrag  und  der  Richterspruch  einen  Zauber  auf  den  ausüben,  der  an  den 
Vertrag  gebunden,   oder  über  den  das  Urteil  gesprochen  worden   ist,   ohne  daß   der 


136  Der  Naturmythas. 


trags  zwischen  Mensch  und  Tier  auch  zu  der  eines  Abkommens 
zwischen  Tieren  verschiedener  Gattung  erweitern.  In  dieser  Form 
begegnet  sie  uns,  zum  erdichteten  Gleichnis  für  die  Darstellung 
menschlicher  Verhältnisse  umgewandelt,  gelegentlich  in  der  Tierfabel. 
Obgleich  diese  dem  Bereich  geglaubter  Mythen  ferne  liegt,  so 
kann  sie  doch  zuweilen  noch  etwas  von  dem  frischeren  Hauch  des 
ursprünglichen  Mythenmärchens  erkennen  lassen.  Das  geschieht 
besonders  da,  wo  der  Mensch  als  Mithandelnder  auftritt  und  so  die 
alte  Vorstellung  der  Wesensgleichheit  von  Mensch  und  Tier  wieder 
zum  Durchbruch  gelangt.  So  schließen  in  einem  indischen  Märchen 
des  Somadeva  Bhatta  die  Schlangen  und  die  Vögel  einen  Vertr^, 
nach  welchem  dem  Adler,  dem  König  der  Vögel,  alltäglich  et'ne 
Schlange  zur  Speise  geliefert  werden  muß,  gegen  welchen  Trbut 
dann  die  Schlangen  von  den  Vögeln  außerdem  nicht  mehr  gefährdet 
werden  sollen.  Da  kommt  eines  Tages  ein  Mensch,  der  sich  der 
Schlangen  erbarmt  und  sich  statt  einer  solchen  dem  Adler  als  Opfer 
darbietet.  Als  aber  der  Adler  entdeckt,  daß  es  ein  Mensch  ist,  den 
er  zerfleischt,  macht  er  ihn  wieder  lebendig.  Seitdem  ist  der  einstige 
Tribut  aufgehoben').  Hier  erfahrt  offenbar  die  Idee  der  Ablösung 
des  Opfers  eine  eigentümliche  Umkehrung.  Nicht  das  Tier  löst  den 
Menschen,  sondern  dieser  das  Tier  von  dem  Opfer,  —  eine  Um- 
kehnmg,  die  wohl  für  die  indische  Auffassung,  daß  die  Hingabe 
nicht  bloß  für  den  Nebenmenschen,  sondern  für  alle  lebende  Kreatur 
vor  allem  menschliche  Pflicht  sei,  höchst  bezeichnend  ist. 

Mit  jener  Verwebung  von  Traditionen  über  die  dereinst  einmal 
durch  Opfer,  Verträge  oder  geheimnisvolle  Zauberwirkungen  ein- 
getretenen neuen  Beziehungen  zwischen  Tier  und  Mensch,  die  diesem 


diesem  Zaaber  Unterliegende  selbst  ein  dämonisches  Wesen  ist.  Aach  für  die  Sitte 
des  Totsnsagens  gilt  der  gleiche  Gesichtspunkt.  Das  Unterlassen  des  Braachs  bringt 
nach  dem  Volksaberglanben  Unglück,  ein  Motiv,  das  natürlich  zu  seiner  Erhaltung 
beiträgt,  wenn  jede  sonstige  Erinnemng  an  seine  Bedeatong  geschwanden  ist.  Aber 
die  Tiere,  bei  denen  die  Totansage  unterlassen  wird,  haben  dabei  keinen  direkten 
Anteil  an  dem  drohenden  Unheil,  sondern  dieses  beruht  lediglich  darauf,  daß  die  An- 
sage die  allgemeine  Bedeutung  einer  Beschwörungsformel  gegen  irgendwelches,  zu- 
weilen mit  den  Tieren  selbst  in  gar  keiner  Beziehung  stehendes  Unheil  besitzt,  z.  B. 
gegen  den  Tod  des  neuen  Besitzers  oder  eines  seiner  Angehörigen. 

')  Die    Märchensammlung   des    Somadeva   Bhatta   aus    Kaschmir,    deutsch    von 
H.  Brockhaas,  1843.  IT,  S.  100  f. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  I  7  y 

die  Jagd  und  den  Genuß  des  Fleisches  der  Tiere  zu  erlaubten  Hand- 
lungen machten,  oder  die  ihm  Zaubermittel  in  die  Hand  gaben,  deren 
sich  besonders  der  Medizinmann  zum  Behuf  der  notwendigen  Erhaltung 
und  Vermehrung  der  Tiere  zu  bedienen  weiß,  pflegen  nun  zumeist 
noch  andere  Veränderungen  des  Tiermärchens  Hand  in  Hand  zu 
gehen,  durch  die  es  sich  allmählich  der  folgenden  Stufe  anzunähern 
beginnt.  Die  Erzählung  wird  verwickelter,  die  Motive  des  reinen 
Glücksmärchens  treten  in  größerer  Menge  hinzu.  Im  Gefolge  dessen 
steigern  sich  die  Zauberverwandlungen;  und  unter  diesen  kommen 
mehr  und  mehr  auch  Tierverwandlungen,  besonders  solche  in  der 
Richtung  vom  Tier  zum  Menschen,  vor.  Endlich  mehren  sich  die 
Vermischungen  mit  Zügen  des  Himmelsmärchens;  und  damit  beginnt 
der  Übergang  zum  Kulturmärchen.  Mit  jenem  vorwaltenden  Motiv 
der  ersten  Bezwingung  der  Jagdtiere  verbindet  sich  dann  zuweilen 
schon  das  andere  der  ersten  Gewinnung  der  Komfrüchte  sowie  der 
frühesten  Jagd-  und  Ackergeräte  (siehe  unten  7). 

d.  Heiligang  der  Tiere  and  Versöhnangsopfer.      Das  Motiv  der  hilf- 
reichen Tiere. 

Auch  für  diese  Übergangsformen  zu  den  nächsten  Stufen  bieten 
die  Märchenschätze  der  nordamerikanischen  Indianer  zahlreiche  Bei- 
spiele. Einige  von  G.  Dorsey  bei  den  Pawnee  gesammelte  mögen 
hier  angeführt  werden*):  »Ein  Knabe  ging  aus,  um  nach  Büffeln  zu 
sehen.  '  Als  er  unterwegs  Artischocken  aß,  kam  im  Wind  eine  Stimme 
zu  ihm,  die  sagte  ihm,  er  sei  von  seiner  Geburt  an  beschützt  worden. 
Weiter  begegnete  ihm  nun  ein  Mann,  der  ihm  die  Kopfbedeckung 
eines  Habichts  verlieh  und  dafür  rote  Farbe,  blaue  Perlen,  Adler- 
fedem  und  Tabak  als  Opfer  verlangte.  Damit  hatte  er  die  Macht 
erlangt,  zu  jeder  Zeit  die  Büffel  zu  rufen«  (Dorsey,  p.  482.)  Bezeich- 
nend für  den  reinen  Zaubercharakter  dieser  Erzählung  ist  einerseits 
der  Genuß  der  Artischocke,  die  bei  vielen  Indianern  als  Zauberkraut 
gilt,  anderseits  das  der  heiligen  Vierzahl  der  Winde  entsprechende 
aus  vier  Gegenständen  zusammengesetzte  Opfer.  Ist  es  doch  auch 
die  Stimme  des  Windes,  die  die  Wundergabe  dem  Knaben  ankündigt. 
Ähnliche  Erzählungen,  in  denen  beim  Rufen  der  Büffel  der  Wind  als 


')  G.  A.  Dorsey,  The  Pawnee,  I,  p.  473  ff. 


138  ^cr  Natnrmythus. 


Schutzgeist  und  die  Artischocke  als  Zauberkraut  Verwendung  finden, 
kehren  in  dem  gleichen  Gebiet  noch  in  verschiedenen  Varianten  wieder 
(Dorsey,  p.  484,  486  f.).  In  andern  Erzählungen  bringt  ein  Knabe 
dadurch,  daß  er  eine  Büffelkuh  heiratet,  die  Büffel  in  die  Gewalt  des 
Menschen:  >Ein  Jüngling  vermied  die  Weiber,  verkehrte  aber  mit 
einer  Büffelkuh,  und  diese  brachte  ein  Kalb  zur  Welt  Als  nun 
Frau  und  Kind  in  die  Hütte  des  Mannes  kamen,  da  wurden  sie 
nach  vier  Tagen  wie  andere  Menschen.  Doch  durfte  das  Kind 
nicht  fallen,  sonst  würde  es  wieder  zum  Büffel  geworden  sein. 
Dagegen  brachte  es  seinem  Vater  täglich  Wasser  —  vermutlich, 
wie  man  wohl  hier  interpolieren  darf,  um  selbst  durch  das  Bad  die 
Menschengestalt  zu  bewahren.  Da  verweigerte  der  Vater  eines  Tages 
die  Annahme  dieses  Wassers,  und  nun  g^gen  die  Frau  und  ihr  Kind 
in  das  Büffellager.  Der  Maim  folgte  ihnen.  Er  bestand  dann  mit 
Hilfe  seines  Kindes  verschiedene  Proben,  durch  die  er  sich  die  Er- 
laubnis erwirkte  zu  bleiben.  Er  erkannte  nun  seine  Frau  aus  den  Kühen 
heraus  und  wurde  selbst  durch  Magie  in  einen  Büffel  verwandelt. 
Schließlich  kehrte  er  zu  seinen  Stammesgenossen  zurück  und  lehrte 
sie,  wo  man  Büffel  finden  und  wie  man  sie  töten  und  zugleich  heilig 
machen  könne«  (Dorsey,  p.  487,  eine  Variante  der  gleichen  Erzählimg 
p.  486).  Durch  die  Erzählung  dieses  Märchens  glaubt  man,  wie  Dorsey 
berichtet,  die  Büffel  herbeizulocken,  damit  sie  sich  selbst  deirbieten, 
um  getötet  zu  werden.  Bemerkenswert  ist  der  Zug,  daß  die  Berührung 
mit  der  Erde  dem  zum  Menschen  gewordenen  Büffelkind  seme  ur- 
sprüngliche Gestalt  wiedergibt,  ein  Zug,  der  an  die  bei  Natur-  wie 
Kulturvölkern  weitverbreiteten  Vorstellungen  von  den  magischen 
Beziehungen  zu  »Mutter  Erde«  erinnert').  Die  Kraft  des  Wassers 
dagegen,  Verwandlungen  zu  bewirken  oder  solche,  wo  sie  auf  magische 
Weise  entstanden  sind,  zu  bewahren,  begegnet  uns  mannigfach  auch 
sonst  in  der  Märchendichtung;  sie  steht  offenbar  in  naher  Affinität, 
zu  den  Lustrationsvorstellungen  (Teil  II,  S.  321  ff.). 

Noch  deutlicher  tritt  die  auch  in  der  vorigen  Erzählung  an- 
klingende Opferidee  in  der  folgenden  hervor:  >Ein  Knabe  hatte 
einen  roten  und  einen  schwarzen  Pfeil.  Mit  denen  schoß  er  auf 
eine  Büffelkuh   und  folgte  ihr,    um   den   in  ihr   steckengebliebenen 


')  A.  Dieterich,  Mutter  Erde,  1905,  S.  8ff. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  13Q 

Pfeil  wieder  zu  bekommen.  Da  wurde  sie  in  der  Nacht  zur  Frau 
und  sie  heirateten  sich.  Im  Büffeldorf  angelangt  entging  er  den 
Feindseligkeiten  ihrer  Verwandten,  indem  er  sich  in  eine  Feder 
verwandelte.  Dann  aber  nahm  er  aus  dem  Büffeldorfe  mehrere  Büffel 
nach  Hause  mit:  hier  wurden  sie  getötet  und  ihr  Fleisch  geheiligt 
Infolgedessen  kehrten  ihre  Geister  mit  der  Nachricht  hiervon  in 
das  Büffeldorf  zurück«  (Dorsey,  p.  502).  Auch  diese  Geschichten 
werden  nach  Dorsey  bei  den  Büffelzeremonien  erzählt,  damit  die 
Tiere  kommen  und  sich  anbieten.  Nun  kann  natürlich  die  Er- 
zählung diese  magische  Kraft  nur  aus  den  in  ihr  berichteten  Hand- 
lungen selbst  schöpfen.  In  allen  diesen  Märchen  spiegelt  sich  also 
die  Vorstellung,  daß  die  Tiere  irgend  einmal  durch  die  Ehe 
von  Menschen  mit  Büffelkühen  und  durch  andere  zauberhafte  Hand- 
lungen bewogen  worden  seien,  Jagdtiere  zu  werden,  wobei  wahr- 
scheinlich das  Erscheinen  im  nächsten  Jagdgebiet  als  freiwilliges 
Anerbieten  hierzu  aufgefaßt  wird.  Dieses  Verhältnis  wird  aber  von 
dem  Menschen  dadurch  gewahrt,  daß  er  das  Fleisch  bei  der  Tötung 
der  Tiere  heiligt,  d.  h.  einen  Teil  davon  unter  Weihezeremonien 
den  Göttern  oder,  was  offenbar  das  ursprünglichere  ist,  den  Geistern 
der  Büffel  selbst  opfert,  um  ihnen  die  Rückkehr  in  ihre  Heimat 
möglich  zu  machen.  Auf  diese  Weise  gewinnt  die  Sache  zugleich 
den  Charakter  eines  Vertrags.  Der  Büffel,  der  sein  Fleisch  dem 
Jäger  darbietet,  hat  das  Recht,  dafür  eben  jene  »Heiligung«  zu 
fordern,  die  seinem  Geist  die  Wiedererstehung  als  Büffel  möglich 
macht.  Wahrscheinlich  ist  es  vor  allem  das  bei  dem  Opfer  vergossene 
Blut,  das  eine  solche  neue  Verkörperung  des  Geistes  hier  möglich 
macht.  Darauf  weist  deutlich  eine  Erzählung  der  Cherokesen  hin, 
die  sich  in  verwandten  Vorstellungen  beweget,  nur  daß  statt  des 
Büffels  der  Bär  das  noch  immer  von  dem  Schimmer  der  Heiligkeit 
umgebene,  zum  Jagdwild  gewordene  Totemtier  ist.  In  dieser  Erzählung 
sagt  ein  Bär  einem  Manne,  der  in  seine  Höhle  gekommen  ist,  am 
nächsten  Tag  würden  Jäger  kommen;  sie  würden  ihn,  den  Bären, 
töten  und  sein  Fleisch  zerschneiden.  Dann  solle  der  Mann  das  aus- 
fließende Blut  mit  Blättern  bedecken.  So  geschah  es,  und  als  der 
Mann  mit  den  Jägern  die  Höhle  verließ,  sah  er  noch,  wie  der  Bär 
wieder  lebendig  unter  den  Blättern  hervorkam.  Wir  sehen  uns 
hier  mitten  hineinversetzt  in  jene  Gedankenverbindungen,   durch  die 


140  -Der  Naturmythus. 


dem  Jagdtier  seine  heilige  Bedeutung  gewahrt  bleibt,  während  es 
doch  zugleich  ein  Nutztier  geworden  ist.  Zugleich  wirft  aber  die 
Wiedererstehung  des  Tieres  aus  seinem  Blute  ein  bezeichnendes  Licht 
auf  den  engen  Zusamenhang,  in  dem  das  Blut  als  Opfer  für  das 
getötete  und  verzehrte  Fleisch  mit  der  Bedeutung  des  Blutes  als  eines 
Trägers  der  Seele  steht ').  Dabei  ist  es  unverkennbar  bei  diesen  noch  in 
totemistische  Vorstellungen  hineinreichenden  Opferriten  das  geschlach- 
tete, aber  heilig  gehaltene  Tier  selbst,  dem  geopfert  wird,  und  der 
Sinn  dieses  primitiven  Opfers  besteht  wesentlich  in  der  von  der  Blut- 
seele ausgehenden  Wiederbelebung  des  Tieres.  Diese  geht,  wie  jeder 
fiir  die  Anschauung  des  Menschen  unfaßbare  Zaubervorgang,  unsichtbar 
vor  sich :  daher  das  Blut  des  toten  Bären  mit  Blättern  bedeckt  werden 
muß').  Wahrscheinlich  sind  auf  der  Kulturstufe,  auf  der  sich  die 
Cherokesen  oder  die  Pawnee  befanden,  als  diese  Erzählungen  bei 
ihnen  gesammelt  wurden,  schon  lange  zuvor  alle  diese  Totem-  und 
Opfervorstellungen  teils  ganz  verblaßt,  teils  nur  noch  in  schwachen 
Resten  vorhanden  gewesen.  Aber  das  Märchen  hat  die  Vorstellungen 
bewahrt,  die  sich  im  wirklichen  Leben  längst  verdunkelt  hatten. 

Was  übrigens  diese  und  ähnliche  Vorstellungen  immerhin  verhältnis- 
mäßig lange  lebendig  hielt,  das  ist  wohl  der  Umstand,  daß  sich  in 
ihnen  die  erfinderische  Phantasie  der  Indianer  ein  Mittel  geschaffen 
hat,  um  das  ererbte  Gefühl  heiliger  Scheu  vor  dem  einstigen  Totem- 
tier  mit  dem  Bedürfnis,  es  der  eigenen  Lebensfristung  zu  opfern,  ins 
Gleichgewicht  zu  bringen:  die  Geister  der  Tiere,  die  ins  Büffellager 
oder  in  die  Bärenhöhle  zurückkehren,  werden,  wie  viele  glauben, 
wieder  zu  wirklichen  Büffeln  oder  Bären,  so  daß  diese  mehrmals 
nacheinander  geopfert  und  gegessen  werden  können,  ehe  sie  das 
ihnen  zugemessene  Alter  erreichen.  Nach  einer  Erzählung  der  Caddo, 
eines  den  Pawnee  verwandten  Stammes,  der  aber  mehr  den  Ackerbau 
als  die  Jagd  betreibt,  waren  alle  Wesen  ursprünglich  gleich.  Da 
beschlossen  die  Götter,  weil  die  Nahrung  knapp  wurde,  einige  zu 
Tieren  zu  machen.  So  entstanden  die  Bären,  Büffel,  Hirsche  usw. 
Werden  sie  getötet,  so  werden  sie  aus  ihrem  Blute  zehnmal  wieder 
lebendig.     Die  Bären   sind   dabei    immer  wilder   geworden,    bis  sie 

')  James  Mooney,  Myths  of  Cherokee,  Ethnol.  Rep.  Washington,  XIX,    i,  1900, 

p.  327^- 

«)  Vgl.  hierzu  Teil  II,  S.  15  f. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  I^I 

schließlich  Menschen  auffraßen').  Ähnlich  wie  hier^  so  ist  auch 
bei  den  Cherokesen  die  Vorstellung  der  Wiederbelebung  der  Tiere 
mit  den  Mythen  von  einem  seligen  Zeitalter,  in  dem  Mensch  imd 
Tier  noch  nicht  verschieden  waren  oder  noch  friedlich  miteinander 
lebten,  verwebt.  Auch  die  Tiere  haben  noch  jetzt  Stämme,  Häupt- 
linge, Spiele,  sie  leben  in  einem  Totenland  weiter  usw.  Wer  ein 
Tier  jagft,  muß,  wie  bei  Menschen,  den  Stamm  versöhnen.  Das 
geschieht  durch  das  Opfer,  durch  das  dann  zugleich  bewirkt  wird, 
daß  das  Tier  aus  seinem  Blute  wiedererzeugt  wird.  So  entsteht  ein 
getötetes  Tier  so  lange  von  neuem,  bis  die  ihm  bestimmte  Lebens- 
zeit ohnehin  abgelaufen  ist,  worauf  es  dann  in  das  Tötenland  eingeht^]. 
Diese  Tradition  beleuchtet  das  die  Tötung  der  Tiere  begleitende  Opfer 
noch  von  einer  andern  Seite:  indem  das  Tier  durch  das  Blut  wieder- 
belebt wird ,  sichert  dies  zugleich  die  Versöhnung  der  Sippe ,  der  es 
angehört.  Auch  dies  bestätigt  aber,  daß  es  ursprünglich  die  getöteten 
Tiere  selbst  sind,  denen  das  Opfer  dargebracht  wird.  Dieses  ver- 
einigt jedoch  hier  schon  den  offenbar  ursprünglicheren  Gedanken 
eines  Zaubers,  der  das  Getane  ungeschehen  macht,  mit  der  bereits 
in  die  Rechtsvorstellungen  hineinreichenden  Idee  der  Sühne  für 
begangene  Schuld.  Wir  begegnen  diesem  Opfermotiv  direkt  in  dem 
folgenden  Märchen  der  Pawnee:  »Ein  Mädchen  gelangte  dereinst  mit 
Hilfe  ihrer  vier  Brüder  Adler,  Krähe,  Habicht  und  Elster  in  das  Land 
der  Büffel.  Jene  schwangen  sie  nämlich  an  einem  vom  Himmel 
herabhängenden  Seil  nach  Westen,  von  wo  zurückkehrend  sie  dann 
einen  reichen  Vorrat  an  Büffeln  mitbrachte.  Da  war  sie  eines  Tages 
verschwunden,  und  die  Brüder  suchten  sie.  Mit  Hilfe  des  Coyote 
(des  bald  als  schützender  Zauberdämon,  bald  als  komische  Figur 
auftretenden  Präriewolfs)  fanden  die  Brüder  das  Mädchen  bei  den 
Büffeln,  wie  es  gerade  mit  ihnen  das  Ringspiel  spielte,  und 
brachten  es  wieder  nach  Hause.  Seitdem  ließen  sich  die  Büffel 
töten.  Es  mußte  ihnen  aber  jährlich  ein  junges  Mädchen  ge- 
opfert werden«  (Dorsey  a.  a.  O.,  p.  505  f.).  In  der  Vierzahl  der 
Brüder,  die  den  auch  sonst  in  Vogelgestalt  vorgestellten  vier  Winden 
entsprechen,  und  noch  mehr  in  dem  vom  Himmel  herabhängenden 


')  Dorsey,  Traditions  of  thc  Caddo,  1905,  p.  iio. 
')  James  Mooney  a.  a.  O.,  p.  261  f. 


IA2  I^cr  Naturmythus. 


Seil  reicht  diese  Erzählung  zum  Teil  in  das  Gebiet  der  Himmels- 
märchen hinüber,  aus  dem  ihm  diese  Züge  übrigens  nur  äußerlich 
angehängt  scheinen.  Das  Hauptmotiv  ist  auch  hier  offenbar,  wie  in 
so  vielen  andern  Märchen  der  gleichen  Indianer,  die  Gewinnung  der 
Büffel.  Natürlich  ist  das  Menschenopfer  selbst,  das  dereinst  dieser 
Gewinnung  dienen  sollte,  längst  verschwunden;  aber  es  würde  kaum 
denkbar  sein,  wie  es  in  die  Erzählung  gekommen  sein  sollte,  wenn 
es  nicht  einmal  wirklich  geübt  worden  wäre.  So  ist  in  diesem  Zug 
und  in  dem  oben  erwähnten  von  der  Hingabe  des  Blutes  der 
geschlachteten  Tiere  die  Erinnerung  an  zwei  Urformen  des  Opfers 
erhalten  geblieben:  bei  der  einen  wird  die  Tötung  des  Tieres 
durch  die  Hingabe  seines  Blutes  oder  anderer  Teile  seines  eigenen 
Leibes  gesühnt,  bei  der  andern  bietet  der  Mensch  sich  selbst  in  der 
Gestalt  einer  stellvertretenden  Person  dar,  um  durch  solchen  Tausch- 
vertrag das  Tier  zu  gewinnen*). 

Lassen  uns  diese  Märchen  und  Traditionen  der  Nordamerikaner 
noch  tief  in  die  Vorstellungswelt  einer  Urzeit  hineinblicken,  in  denen 
das  Tier  als  Ahne  und  Beschützer  oder  mindestens  als  gleichberech- 
tigtes Wesen  dem  Menschen  gegenüberstand,  so  verblassen  nun 
natürlich  diese  Vorstellungen  auch  im  Märchen ,  wenn  sie  im  Leben 
und  Kultus  seit  lange  schon  hinfallig  geworden  sind.  So  finden  sich 
in  der  sonst  überaus  reichen  Märchen-  und  Fabeldichtung  der  afri- 
kanischen Stämme  ähnliche  Erzählungen  kaum  vertreten,  ein  Mangel, 
der  dem  in  diesen  Ländern  zu  bemerkenden  Zurücktreten  sonstiger 
Reste  totemistischer  Vorstellungen  durchaus  entspricht.  Eine  gewisse 
Ausnahme  bilden  nur  die  Bantuvölker,  bei  denen  auch  die  weiteren 
Stufen  des  Tiermärchens  noch  in  reicherer,  ihrem  Ursprung  offenbar 
näher  gebliebener  Form  erhalten  sind.  Aber  auch  hier  ist  jener  auf 
amerikanischem  Boden  noch  so  oft  zu  beobachtende  Gedanke  eines 
auf  der  Anerkennung  gleicher,  wenn  nicht  älterer  Rechte  der  Tiere 
beruhenden  Verhältnisses  bereits  zu  der  bloßen  Vorstellung  hilfreicher 
Tiere  abgeblaßt,  die  durch  eine  ihnen  verliehene  Zauberkraft  dem 
Menschen  in  Not  und  Gefahr  beistehen.  Sie  bilden  in  dem  an  Un- 
geheuern und  boshaften  Menschenfressern  reichen  Abenteuermärchen 


*)  Vgl.  hierzu  die  nnten  (Kap.  VI)  folgenden  Bemerkungen  über  die  Entwicklung 
des  Opferkultus. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  143 

dieser  Stämme  ein  wirksames  Mittel,  um  den  dem  Hörer  erwünschten 
glücklichen  Ausgang  herbeizuführen.      Als  Beispiel  mag  eine  kleine 
Kaflfirerzählung  angeführt  werden,    die  zugleich  durch  die  Häufung 
der    in    ihr  vorkommenden   Zauberverwandlungen    zu    der  nächsten 
Stufe  überleitet.    Doch  sind  es  auch  hier  noch   zumeist  nicht  Ver- 
wandlungen der  Tiere  selbst,  sondern  Verwandlungen  anderer  Gegen- 
stände,   die    solche    hilfreiche    Tiere    zur   Rettung   ihrer  Schützlinge 
hervorbringen.      »Während   einer  Hungersnot  wurde    eine  Frau   zur 
Kannibalin.    Sie  zog  mit  ihrem  Sohn  in  ein  anderes  Dorf,  fraß  zuerst 
die  Einwohner  des  Dorfes  auf  und  begann  dann  auch  die  Tiere  zu 
jagen.    Ihr  Bruder,   der  im  Heimatdorf  zurückgeblieben  war,  hatte 
zwei  Töchter,  die  einmal  zum  Wasserholen  fortgegangen  waren.     Sie 
zerbrachen  aber  den  Topf  und  liefen  nun  aus  Angst  zu  der  Hütte 
ihrer  Tante.     Diese  versteckte  sie.     In  dem  Versteck  fanden  sie  aber 
einen  halben  Menschen,  dessen  andere  Hälfte  gefressen  war,  und  in 
der  Nebenkammer  hörten  sie  die  Tante  ihre  Axt  schleifen.    Da  ent- 
flohen sie,  während  die  Kannibalin  schlief,  und  ließen  an  ihrer  Stelle 
zwei  Holzklötze  zurück.     Als  das  Weib  statt  der  Mädchen  die  Klötze 
fand,   wurde  sie  wütend  und  verfolgte  die  Kinder,   die,  um  sich  zu 
retten,   auf  einen  hohen  Baum  kletterten.     Das  Weib  wollte   diesen 
abhauen,  um  sich  der  Mädchen  zu  bemächtigen.     Da  erscholl  plötz- 
lich   der   Gesang   eines  Vogels,    und    bei  jedem  Ton    des  Gesangs 
kehrte  das  Holzstück,  das  die  Hexe  eben  abgeschlagen  hatte,  wieder 
an  seine  Stelle  zurück,  so  daß  der  Baum  unversehrt  blieb.   Die  Hexe 
verschlang  nun  wütend  den  Vogel.     Aber  dabei  fiel  eine  Feder  zu 
Boden.     Diese  sang  weiter,  bis  die  Alte  erschöpft  hinfiel.     Indessen 
kam   der   Vater   der   Kinder  mit   drei  großen   Hunden,    die   fraßen 
die  Hexe  auf,  und  die  Mädchen  kehrten  unversehrt  mit  ihrem  Vater 
nach  Hause  zurück  c ').     Diese  Geschichte  zeigt  bereits  ausgeprägt  das 
Motiv  der  »hilfreichen  Tiere«,  wie  es  dann  weiterhin  in  die  Märchen- 
literatur  der  Kulturvölker,   als  ein  letzter  Rest  jener  auf  dem  Unter- 
grund  der  Vorstellungen  tierischer  Ahnen-  und  Schutzgeister  erwach- 
senen    Mythenmärchen,    zurückgeblieben    ist.     Daß    ein    Vogel    das 
hilfreiche  Tier  ist,  kehrt  ebenfalls  in  den  weiteren  Variationen  .dieses 
Motivs  häufig  wieder.    Denn  wo  die  Beziehungen  zu  den  alten  Jagd- 


')  Mc  Call  Theal,  Kaffir  Folk-Lore,  p.  122  ff. 


144  '^  Xacaxamhns. 

und  TotcmÜeicn  zurüdctreten  und  das  Tier  nur  noch  ak  Zaubenvesen 

ciae  Roüc  spielt,  da  wird  der  im  Flug  unerwartet  erscheinende  und 

■MTcosr  vcrscfavindeode   Vogel   bevorzugt,    und    sein    Gesang   wird 

r=32  ZazbenzzEiel.  das  anaLc^  der  gesprochenen  Zauberformel  wirkt. 

Bc»c»5er5  rerkörpcrt  sich  aber  diese  Zauberkraft  des  Vogels  wieder 

^  scsea  :eae  vmkferinre  Eigenschaft  des  plötzlichen  Kommens  und 

•jeaesK  vcri'srrmicti  Federn,   die  darum  überall  im  Zauberglauben 

ct-ijücr  V-Kker.   a!s  Ausstattungen   der  Stäbe   der  Medizinmänner 

▼3E    raxn  lasbersirkeaien  Kopfputz   der  Priester   und  Krieger   und 

bcL    5er   Zere=3cnkn   der  amerikanischen   Medizingesellschaften    als 

beÖKriasgsT-rtjer  Schmuck   der  Altäre   dienen.     Als    eine  Art  Vor- 

Mcr  ITrccg^s^ssr-re  lu   ica  spateren  Ausgestaltungen  des  Themas 

ic    bifräräjca   TÄre   ra   dem   Märebenschatz   der   Kulturvölker    ist 

üanj«»^   5ie   röc^i  Erzählung  auch  daran  zu  erkennen,  daß  in  ihr 

5c  Kandmac  iss  Vogels  nicht  näher  moti\-iert  ist;  namentlich  fehlt 

DccSL  ;rs=i   iÄ?  spärcy  gewissermaßen  als  Ersatz  für  die  geschwun- 

ÄüK   Vx^ceSrac   Ärschcr  Schutzgeister,     eingeführte    Motiv    des 

Tmääs  fir  «^BCöseae  WohhaL  wie  es  in  den  Varianten  des  Märchens 

T^Q^  5-^   >.iatf±kc:^s  TKrea«   und  dann,  nachdem  erst  der  Mensch 

imr  iEosöiafc  ier  HiaclTi:^  geworden  ist,   in  denen  vom  »dank- 

:ai;jx  ricsrv.  ar  Geä-.2i§  kommt   s.  oben  S.  ioS\    Eher  klingt,  dem 

5fcäam:  i<  Gmascsircfeats  entsprechend  in  dem  sich  die  Erzählung 

^TTC-rr:    insr  ä  GegeaRÜ  der  Beweggrund  der  Rache  an,   die  der 

V^i£jr.  fir  ier  Hok  2C2xaK.  da  dkse.  nachdem  sie  das  ganze  Dorf 

wi^!(SX>Cäs«sK.  Äjci  OS?  P.ere  vefichitc. 

;    Tt,«  li*  :vitrlt^  M«XJ^\  "i  Tier  mnd  ihre  Sprößlinge. 

I^  ^««^tt  vescrxte«  Cbergangrformen  mit  den  zuweilen  in 
s«  ««samiaVarwÄäacgea  vcoTicr  zu  Mensch  und  umgekehrt, 
ndnen  ^aä:  sn  üt  Äs«  BesaadÄacn  bcrdts  der  zweiten  Stufe 
n-  -:K.vX?^«äer  TÄiwccäex  Ä  iuOerjch  durch  das  Merkmal  ge- 
«nuccoiM!:  Ä  ifti  i«ä  —  »  Zaubervcrwandlung  in  der  beson- 
^-rr»  ^:nr  •«-  V-'w«^«^  vcc  Tieren  in  Menschen  eine  für 
^SaiW  «ein««  ?ioae  spielt  Dabei  fehlt  auch  der 
«fl—SR^h^  ^Jukxr  ncit  Aber  acch  tritt  er  zuhick  und  meist  be- 
*^  *   V  ^^   ^^  «cffichc  Komplement  der  Menschwerdung, 


Das  mythologische  Tiermärchen.  145 

lieh   gewesen  war.     In   dem   Hervortreten    solcher   Verwandlungen, 
die  daneben  wohl  auch  durch  die  Verbindung  mit  den  jeder  Art 
von  Zauber  forderlichen  Motiven  des  Glücksmärchens  begünstiget  wer- 
den, gibt  sich  bereits  das  zunehmende  Bewußtsein  der  Unterschiede 
zwischen  Mensch  und  Tier  zu  erkennen.     Aber  die  Nachwirkungen 
der  alten  Vorstellungen  sind  noch  mächtig  genug,  um  diese  Unter- 
schiede  eher  in  eine  geheimnisvolle  Überlegenheit  der  Tiere  als  in 
eine  solche  des  Menschen  zu  verlegen.     Demgemäß  gestaltet   sich 
auch  hier  der  Verkehr  im  ganzen  auf  dem  Fuße  der  Gleichheit.    Dies 
findet   seinen   sprechenden  Ausdruck    darin,    daß    gerade  auf  dieser 
Stufe  die  Ehe  zwischen  Mensch  und  Tier,  namentlich  junger  Männer 
mit   weiblichen   Tieren,   sehr   häufig  den  Mittelpunkt  der  Handlung 
bildet.     Meist  tritt   hierbei   die  Verwandlung  unter   dem  Einfluß  des 
so   geschlossenen  Ehebundes  ein,   und   es  kann  dann  die  Rückver- 
wandlung des  zum  Menschen   gewordenen  Weibes  in   das  Tier  aus 
irgend  welchen  die  Ehe  störenden  Gründen   erfolgen.     Ein  Beispiel 
dieser  Art  bildet  die  oben  (S.  138)  erzählte  Geschichte  der  Pawnee- 
Indianer,  bei  der  jedoch  die  Ehe  selbst  gegenüber  den  Hauptmotiven 
der  Versöhnung   und   Heiligung    noch   zurücktrat.     Als    spezifisches 
Motiv  erscheint  sie  dagegen  in  der  folgenden  Erzählung:  >Ein  Knabe 
wanderte  aus  unglücklicher  Liebe  aus,  ging  in  die  Prärie  und  heiratete 
dort  einen  Hund.     Auf  Bitten  seiner  Mutter  kehrte  er  später  in  sem 
Dorf  zurück.     Der  Hund,  den  er  geheiratet,   wälzte   sich,   als   er  mit 
ihm  das  Dorf  betrat,  im  Staube  und  wurde  zu  einer  Frau.    Der  junge 
Mann    aber   wurde   ein  großer  Krieger.     Als   er  sich  jedoch  spater 
wieder  mit  seiner  früheren  Liebe  zusammenfand,  verließ  ihn  die 
frau   mit   ihrem  Kinde,   und  von   da  an  war  es  auch  mit  sein      ^^^ 
folgen   zu   Ende*  (Dorsey  ebenda,  S.  499).     Beachtenswert   is^^   ^^^^ 
hier,    ähnlich    wie   in    einer    oben    mitgeteilten    ^^^^^^^^^^^^^  Folgen 
Führung  mit  der  Erde  die  Verwandlung  vermitteln  hilft.    I^  ^^vandlung 
der  durch   die  Untreue  des  Mannes  verschuldeten   R^^  ^  ^^  Zauber- 
klingt neben  dem  Motiv  der  Rache  deutlich  auch  das    ^^^^^^.^^^^i^^g 
macht  des  Tieres  an,   wie  ja  eine   solche  schon  in  d^^ 
selbst  sich  betätigt.  ^^^^^    i^,    einen 

Von    der   Vorstellung    der    Ven\'andlung    eines  ^^-eiteren:  der 

Menschen   führt  aber  nur  ein  kleiner  Schritt  zu   ^^^^^^ppelgestaltige 
Übergang  gelingt  nur  halb,  und  es  entstehen   daher         ^^ 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3. 


146  Der  Nattinnythns. 


Wesen,  halb  Tiere,  halb  Menschen.  Indem  diese  nun  als  eine  eigene 
Spezies  erscheinen,  die  man  sich  schon  infolge  ihrer  wunderbaren 
Gestalt  mit  besonderen  Zauberkräften  ausgestattet  denkt,  bilden  die 
Erzählungen  solcher  Art  nicht  selten  Episoden  von  Schöpfungsmärchen 
und  Stammessagen.  In  dieser  doppelten  Verbindung  kommen  sie 
schon  auf  primitiven  Kulturstufen  vor.  Ein  Beispiel  g^bt  die  folgende 
Eskimogeschichte:  »Ein  alter  Mann  lebte  mit  seiner  Tochter,  die  alle 
Freier  ausschlug.  Endlich  heiratete  sie  einen  rot-  und  weißgefleckten 
Hund.  Beide  bekamen  zehn  Kinder;  fünf  davon  waren  Hunde,  die 
fünf  andern  oben  Menschen  und  unten  Hunde.  Der  alte  Mann  mußte 
aber  für  die  ganze  Familie  sorgen.  Da  ihm  nun  die  Kinder  zu  viel 
Lärm  machten,  so  schaffte  er  sie  alle  auf  eine  einsame  Insel  und 
befahl  dem  Hund,  jeden  Tag  herüberzuschwimmen  und  für  die  Familie 
Essen  zu  holen.  Zu  diesem  Zweck  hatte  die  Frau  diesem  ein  paar 
Stiefel  um  den  Hals  gehängt,  um  das  Esstn  hineinzutun.  Doch  der 
Alte  füllte  die  Stiefel  mit  Steinen  statt  mit  Speise,  so  daß  der  Hund 
ertrank.  Jetzt  schickte  die  Frau  aus  Rache  ihre  fünf  jungen  Hunde 
zu  ihrem  Vater,  damit  sie  ihm  Füße  und  Hände  abnagten.  Der 
schnitt  ihnen  jedoch  die  Fingerglieder  ab,  aus  denen  Seehunde  und 
Wale  wurden.  Um  die  Kinder  vor  den  weiteren  Nachstellungen  des 
Alten  zu  schützen,  schickte  endlich  die  Frau  die  einen  in  das  Innere 
des  Landes,  die  andern  in  einem  Boot  übers  Meer,  wo  sie  die  Ahnen 
der  Europäer  geworden  sind. «  *)  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  daß 
der  offenbar  durch  die  Berührung  mit  europäischen  Reisenden  ver- 
anlaßte  Schluß  erst  ein  späterer  Zusatz  zu  dem  ursprünglichen,  wohl 
mit  der  Entstehung  der  Seehunde  und  Wale  endenden  Märchen  ist. 
An  die  Vorstellung  der  aus  der  Ehe  von  Mensch  und  Tier  ent- 
sprossenen Doppel wesen  schließt  sich  endlich  eng  eine  andere  an, 
die  das  Grundmotiv  zahlreicher  Mythenmärchen  der  Neuen  Welt  ab- 
gibt imd  auch  unter  den  Märchenstoffen  der  Alten  Welt  nicht  fehlt: 
es  ist  das  Motiv  der  zeitweisen  Verwandlung  der  aus  jener 
Mischehe  entsprungenen  Tiere  in  die  menschliche  Gestalt  und  — 
eine  Vorstellung,  die  meist  mit  dieser  verknüpft  ist  —  der  Ver- 
hinderung ihrer  Rückverwandlung.  Entlang  der  pazifischen 
Küste  Amerikas  findet  sich  dieses  Märchen  in  manchen  Varianten.   Die 


')  Boas,  The  Central  Eskimo,  Ethnol.  Rep.  Washington,  VI,  1888,  p.  637. 


Das  mythologbche  Tiermärchen.  I^y 

typische  Form  ist  die  folgende:  »Eine  Frau  heiratet  einen  Hund  und 
gebiert  eine  Anzahl  junger  Hunde.  Darauf  wird  sie  von  ihren  An- 
gehörigen verlassen.  So  muß  sie  denn  allein  durch  das  Suchen  von 
Wurzeln  und  Muscheln  sich  und  ihre  Kinder  ernähren.  Da  trifft  sie 
Spuren  von  Kinderfiißen  im  Sande,  kann  aber  nirgends  etwas  anderes 
als  ihre  jungen  Hunde  entdecken.  So  legt  sie  sich  denn  eines  Tages 
in  ein  Versteck  und  merkt  mm,  daß  ihre  Hündlein  ihre  Felle  ab- 
geworfen haben  und  in  Menschenkinder  verwandelt  im  Sande  spielen. 
Sie  springt  hinzu,  nimmt  die  Felle  weg  und  wirft  sie  ins  Feuer.  Die 
Kinder  laufen  schreiend  umher,  suchen  überall  nach  ihren  Kleidern, 
finden  sie  aber  nicht  und  müssen  so  die  menschliche  Gestalt  bei- 
behalten. Die  Knaben  wachsen  nun  auf  und  werden  tüchtige  Jäger 
und  Fischer,  die  sich  und  die  Mutter  ernähren.«*)  Charakteristisch 
ist,  daß  die  durch  das  Ablegen  der  Felle  bewirkte  Verwandlung  auch 
hier  im  Verborgenen  vor  sich  geht,  und  daß  die  Kinder  zuerst 
schreiend  nach  ihren  Fellen  suchen,  also  den  bleibenden  Übergang 
in  menschliche  Kinder  als  eine  Art  Zwang  empfinden.  Noch  wird 
demnach  diese  Verwandlung  nicht,  wie  bei  der  der  folgenden 
Stufe  eigenen  Umkehrung  dieses  Verwandlungsmotivs,  der  Über- 
gang von  Tier  zu  Mensch  als  eine  Erlösung  empfunden,  was  sie 
eben  auch  nach  der  Anlage  der  Erzählung  durchaus  nicht  sein  kann. 
Immerhin  regt  sich  in  dem  Grauen  vor  den  von  einem  mensch- 
lichen Weibe  geborenen  Hunden,  wodurch  das  ganze  Dorf  zur  Flucht 
veranlaßt  wird,  ein  Gefühl  des  Abscheus  gegen  diese  Ehe  zwischen 
Mensch  und  Tier.  In  einigen  Varianten  der  Erzählung  erscheint 
aber  auch  dieser  Abscheu  noch  als  ein  Unrecht,  das  die  Rache 
herausfordert.  Als  die  Mutter  der  Hunde  der  Großmutter,  die  Mit- 
leid mit  ihr  gezeigt,  in  die  Ferne  melden  läßt,  ihre  Kinder  seien 
junge  Männer  und  glückliche  Jäger  geworden,  da  beschließt  das  aus- 
gewanderte Dorf  wieder  heimzukehren.  Doch  wie  die  Knaben  sie 
kommen  sehen,  gehen  sie  ans  Wasser,  ihre  Haare  zu  waschen,  und 
dies  erregt  nun  einen  so  heftigen  Wind,  daß  die  Ankommenden  er- 


^)  Boas,  Indianische  Sagen  von  der  nord-pazifischen  Küste,  S.  1 14^-5  340'  ^gj* 
femer  Boas,  American  Folklore,  X,  1897,  p.  37ff.  Dasselbe  Motiv  auch  sonst  weit 
verbreitet:  so  in  neugriechischen  Märchen:  von  Hahn,  Griech.  und  alban.  Märchen,  I, 
Nr.  14,  31  (Var.  U,  Nr.  100),  52,  ü,  Nr.  102.  Leskien  und  Bnigmann,  Litauische 
Volkslieder  und  Märchen  Nr.  23  usw. 


148  ^cr  Naturmythus. 


trinken  und  sich  in  viele  kleine  Inseln  verwandeln').  Auch  hier  be- 
wahren, wie  man  sieht,  die  verwandelten  Tiere  den  Charakter  von 
Zauberwesen.  In  dem  Bericht,  daß  das  Waschen  der  Haare  den 
Sturm  und  die  Verzauberung  der  Ankommenden  bewirkt,  klingt  aber 
das  uralte  Motiv  der  dämonischen  Kraft  der  Haare  an,  das  wir  als 
ein  eigenartiges  Produkt  der  Seelenvorstellungen  kennen  gelernt 
haben*).  Ein  weiteres  Motiv,  das  weit  über  diese  längst  verblaßten 
Vorstellungen  hinaus  gerade  diesem  Märchenstoflf  seine  Dauer 
gesichert  hat,  ist  endlich  wohl  der  Gedanke,  daß  der  Verlust  des 
Felles  oder  beim  Vogel  des  Gefieders,  der  mit  dem  Verlust  des 
schützenden  Kleides  beim  Menschen  in  Parallele  gebracht  wird, 
die  Tiernatur  unwiederbringlich  aufhebt.  Es  erscheint  beinahe  wie 
eine  Anwendung  des  Sprichwortes  >Kleider  machen  Leute«.  Als 
solche  bleibt  der  Vorgang  auch  da  noch  ein  ergötzliches  Verwand- 
lungsmotiv, wo  an  die  Verwandlung  selbst  längst  nicht  mehr  geglaubt 
wird.  Für  das  primitive,  dem  Glauben  an  Zauberverwandlungen  noch 
nicht  entwachsene  Bewußtsein  liegt  ein  zureichender  Grund,  das  Tier 
durch  den  Verlust  seines  FeUes  zum  Menschen  \verden  zu  lassen, 
schon  darin,  daß  das  Fehlen  der  behaarten  oder  befiederten  Körper- 
bedeckung fest  mit  der  Vorstellung  des  Menschen  verbunden  ist. 
Unter  die  Märchenstoffle  der  Kulturvölker  ist  das  gleiche  Motiv  in 
der  Erzählung  von  der  Zauberjungfrau  gedrungen,  die  sich  in  einen 
Schwan  verwandeln  kann,  und  die  von  dem  Helden  gezwimgen  wird, 
die  seine  zu  werden,  indem  er  ihr  Gewand  oder  ihren  Schleier  raubt 
und  es  ihr  dadurch  unmöglich  macht,  sich  wieder  in  den  Vogel  zu 
verwandeln^).  Aber  die  alte  Vorstellung  von  der  Ehe  zwischen 
Mensch  und  Tier  ist  hier  offenbar  verschollen.  Darum  ist  der  Schwan 
ursprünglich  schon  eine  menschliche  Jungfrau  gewesen,  die  sich 
erst  in  das  Tier  verwandelt  hat  oder  zu  verwandeln  vermag.  So 
tritt  denn  an  die  Stelle  des  einst  vielleicht  auch  hier  vorhanden 
gewesenen  Schwanenkleides  ein  sonstiger  Zauberschleier  oder  ein 
Zauberkleid,  und  der  Raub  führt  eigentlich  nicht  mehr  eine  dauernde 


')  Boas,  Indianische  Sagen,  S.  115.    Varianten  dieses  Märchens  bei  verschiedenen 
Stämmen  der  pazifischen  Küste  ebend.  S.  167  ff.,  263  f. 
»)  Vgl.  Teil  II,  S.  23,  io8. 
^)  Vgl.  über  die  Verbreitung  dieses  Märchens  R.  Köhler,   Kleinere   Schriften,   I, 

s.  444. 


Das  mythologische  Tiennärchen.  I^q 

Umwandlung,  sondern  nur  den  Verlust  einer .  Zaubergabe  herbei. 
Dadurch  spielt  die  Erzählung  schon  stark  in  die  Motive  der  folgenden 
Entwicklungsstufe  hinüber,  aus  deren  Mischung  mit  einem  älteren 
Stoff  das  Märchen  vielleicht  entstanden  ist. 

f.  Tierwerdung  des  Menschen. 

Die  dritte  Stufe  mythologischer  Tiermärchen  ist  dadurch  ge- 
kennzeichnet, daß  auf  ihr  im  Gegensatze  zu  der  vorigen  die  Ver- 
wandlung von  Menschen  in  Tiere  die  vorherrschende  Rolle 
spielt,  indes  der  entgegengesetzte  Prozeß  in  der  Regel  erst  in  der 
Form  der  Rückkehr  aus  der  tierischen  in  die  menschliche  Gestalt 
vorkommt.  Innerhalb  der  weiteren  Entwicklung  der  dabei  wirksam 
werdenden  Motivreihe  wird  dann  diese  Rückverwandlung  als  die  Er- 
lösung aus  einem  erzwungenen  Zustand,  und  endlich  in  einer  hier 
einsetzenden  rückwärts  gerichteten  Assoziation  die  Tierverwandlung 
selbst  zuerst  als  eine  Erniedrigung  und  dann  als  Strafe  für  irgend 
eine  begangene  Schuld  betrachtet.  Doch  wie  diese  Vorstellung 
der  Tierwerdung  des  Menschen  nur  allmählich  aus  der  vorigen 
hervorgegangen  ist  und  anfanglich  in  mannigfachen  Verbindungen 
mit  ihr  vorkommt,  so  bilden  auch  jene  drei  Momente  des  ein- 
fachen, noch  durchaus  nicht  mit  dem  Gefühl  der  Erniedrigung  ver- 
bundenen Verwandlungszaubers  in  der  primären  Richtung  vom  Men- 
schen zum  Tier,  der  diesen  Vorgang  begleitenden  Erlösung  aus 
einem  naturwidrigen  Zustand,  und  endlich  der  Auffassung  des  Zauber- 
zustandes als  einer  Strafe  sichtlich  die  aufeinanderfolgenden  Stadien 
einer  zusammenhängenden  Entwicklung.  Die  einfache  Zauberver- 
wandlung, bei  der  sich  das  Selbstgefühl  des  Menschen  erst  in  der 
Neigung  ankündigt,  den  menschlichen  Zustand  als  den  ursprünglichen 
zu  denken,  ist  das  Primäre;  und  oft  genug  kreuzt  sich  daher  noch 
dieses  Selbstgefühl  mit  den  entgegengesetzten  Motiven  der  voran- 
gegangenen Stufe.  Märchen  dieser  gemischten  Gattung  kommen 
zuweilen  schon  in  der  Tradition  mancher  Stämme  vor,  in  denen 
auch  der  Tiervertrag  und  die  Ehe  zwischen  Mensch  und  Tier  eine 
Rolle  spielen.  In  dem  zweiten  Stadium  ist  das  schon  wesentlich 
anders  geworden.  Hier  wird  die  Verwandlung  in  ein  Tier  entweder 
durch  einen  feindlichen  Zauberer  oder  durch  ein  sonstiges  Verhängnis 
herbeigeführt,  und  die  Rückkehr  zur  menschlichen  Gestalt,  die  durch 


I^O  I^cr  Natormythas. 


einen  wirksamen  Gegenzauber  erfolgt,  wird  als  befreiende  Erlösung 
gefühlt  Aber  wie  jenes  Schicksal  ohne  Schuld  über  den  Menschen 
verhängt  wird,  so  hat  es  naturgemäß  auch  noch  nicht  den  Charakter 
der  Strafe.  Diesen  gewinnt  es  erst  durch  die  rückwärts  gerichtete 
Wirkung,  die  das  die  Rückkehr  zum  menschlichen  Zustand  be- 
gleitende Gefühl  der  Befreiung  begleitet.  Das  Böse,  das  zuerst 
noch  der  äußeren  Zaubermacht  zugeschrieben  wurde,  verlegt  der 
Mensch  nun  in  diesem  letzten  Stadium  ebenso  in  sich  selbst,  wie  er 
zuvor  schon  die  Erlösung  als  eine  selbsterlebte  empfunden  hat.  Dabei 
bleibt  freilich  in  beiden  Fällen  der  Zauber,  der  die  Verwandlung  wie 
die  Rückverwandlung  bewirkt,  auch  wenn  der  Verwandelte  selbst 
über  den  Zauber  gebietet,  doch  eine  jenen  inneren  Gefühlserlebnissen 
fremd  gegenüberstehende  Macht.  So  werden  denn  auch  diese  sub- 
jektiven Erlebnisse  niemals  zu  direkten  Ursachen  der  Verwandlungen 
und  Rückverwandlungen,  sondern  der  ganze  Prozeß  entfaltet  sich  zu 
einer  zusammengesetzten  kausalen  Vorstellungsreihe:  eine  begangene 
Schuld  erregt  die  strafende  Zaubermacht,  und  die  Erlösung  des  Ver- 
zauberten wird  wieder  durch  die  gleiche  oder  eine  ähnliche  äußere 
Macht  bewirkt.  Als  eine  letzte  Folge  schließt  sich  dann  hieran  noch 
die  an,  daß  der  Zustand,  der  durch  die  Tierverwandlung  herbei- 
geführt wird,  irgendwie  der  begangenen  Schuld  adäquat  ist  und  da- 
durch die  Sühne  für  dieselbe  in  sich  trägt.  Führt  nun  auch  dieser 
Schritt  im  allgemeinen  über  das  mythologische  Märchen  in  seinen 
volksmäßigen,  nicht  durch  die  religiöse  Dichtung  veränderten  Formen 
hinaus  und  zu  den  religiösen  Vergeltungsformen  hinüber,  so  liegt 
doch  unverkennbar  die  Anlage  zu  dieser  letzten  Frucht  der  fortschrei- 
tenden Ausbildung  von  Vorstellungen  über  das  Verhältnis  von  Mensch 
und  Tier  schon  im  Tiermärchen  selbst.  Bietet  doch  dieses  von  An- 
fang an  in  seinen  einzelnen  Stadien  sprechende  Zeugnisse  für  die 
sukzessive  Entstehung  der  in  die  Märchenerzählung  hereinscheinen- 
den sittlichen  Vorstellungen  mit  dem  sie  beherrschenden  Gesetze,  daß 
jeweils  eine  vorangehende  Stufe  die  ihr  nachfolgende  latent  bereits  in 
sich  schließt,  oder  daß,  wie  wir  dieses  Prinzip  auch  ausdrücken  können, 
die  Entwicklung  den  Vorstellungen  selbst  immanent  ist.  Gleichwohl 
würde  sie  ohne  den  Hinzutritt  der  als  Reize  und  auslösende  Kräfte 
wirkenden  äußeren  Bedingungen   niemals  eintreten. 

Für  das   erste  der  hier  kurz  gekennzeichneten  Stadien  bietet  die 


Das  mythologische  Tiermärchen.  jci 

Märchenerzählung  der  gleichen  Indianerstämme,  die  sich  durch  eine 
so  große  Fülle  von  Tiermärchen  der  vorigen  Stufe  auszeichnet, 
bemerkenswerte  Beispiele,  an  denen  besonders  auch  die  allmähliche 
Loslösung  der  reiferen  Vorstellungsweise  von  den  vorangegangenen 
hervorleuchtet  In  manchen  dieser  Erzählungen  gewinnt  ein  Knabe 
Macht  über  die  Tiere  und  damit  zugleich  die  Fähigkeit,  Menschen 
in  Tiere  zu  verwandeln.  So  in  der  folgenden,  außerdem  stark  mit 
den  Zügen  des  Abenteuermärchens  ausgestatteten  Geschichte:  »Ein 
Mann  hatte  zwei  Söhne,  von  denen  der  eine  Macht  über  Steine,  der 
andere  über  Tiere  besaß,  daher  der  letztere  auch  der  Tierknabe 
genannt  wurde.  Bei  einer  Hungersnot  tötete  er  den  Fuchs,  der  alles 
Wild  zur  Seite  gebracht,  und  führte  es  dem  Volk  wieder  zu.  Im 
gleichen  Volk  lebte  aber  ein  mächtiger  Zauberer,  Krähenfeder  genannt, 
der  nahm  dem  Tierknaben  die  Kleider  und  verwandelte  ihn  dann  in 
einen  Adler.  Aber  dieser  verwandelte  sich  selbst  wieder  zurück  in 
ein  kleines  Kind,  und  als  solches  fand  ihn  eine  alte  Frau,  die  ihn 
aufzog.  Als  er  nun  erwachsen  war,  verrichtete  er  viele  Wundertaten 
und  gewann  dadurch  alles  Volk  für  sich.  Einmal  waren  die  Büffel 
selten  geworden,  und  die  Leute  baten  den  Steinmann,  der  an  einer 
fernen  Quelle  hauste  und  viele  Büffel  besaß,  ihnen  solche  zu  über- 
lassen. Dieser  erklärte  aber,  sie  nur  dem  zu  geben,  der  die  hin- 
reichende magische  ICraft  habe.  Hatte  er  diese  nicht,  so  warf  er  ihn 
in  das  kochende  Wasser  der  Quelle.  Als  jedoch  der  Tierknabe  kam, 
bestand  er  alle  Prüfungen,  denn  alle  Tiere  halfen  ihm.  Dann  gab 
ihm  der  Häuptling  der  Büffel  den  Stein,  aus  dem  der  Steinmann 
seine  Kraft  zog.  Diesen  Stein  zerschlug  der  Tierknabe  in  Stücke 
und  tötete  damit  den  Steinmann.  Eines  der  Stücke  wurde  aber  zu 
dem  Steinaltar  der  Medizinhütte  genommen,  die  der  Tierknabe  grün- 
dete« (Dorsey,  Pawnee,  p.  513).  Ein  anderes  Märchen  erzählt  von 
einem  Manne,  der  einen  sterbenden  Wolf  trifft.  Dieser  hinterläßt  ihm 
sein  Fell.  Dieses  Fell,  in  dem  der  Geist  des  Wolfes  wohnt,  verleiht 
dem  Mann  dessen  Stärke,  und  er  wird  ein  großer  Krieger.  Ahnlich 
gewinnt  ein  anderer  von  einem  sterbenden  Pferd,  dem  er  begegnet, 
die  Kraft  nie  zu  ermüden  (Dorsey  a.  a.  O.,  p.  532).  In  diese  Erzäh- 
lungen spielt  unverkennbar  zugleich  die  weitverbreitete  Vorstellung 
hinein,  daß  die  Seele  Sterbender  beim  letzten  Ausatmen  in  Lebende 
übergehen  könne.     Wenn  diese  Mitteilung  der  ausgehauchten  Seele, 


I  c  2  I^^  Nattirmythus. 


die  sich  gewöhnlich  auf  Angehörige  oder  Kinder  beschränkt,  hier 
auf  das  Tier  übertragen  wird  *) ,  so  ist  es  offenbar  gleichzeitig  ein 
Fortwirken  totemistischer  Anschauungen  und  die  naheliegende  Ver- 
gleichung  menschlicher  mit  tierischen  Eigenschaften,  wodurch  sich 
hier  der  Gedanke  einer  Vererbung  reg^.  Auf  diese  Weise  kann  sich 
dann  auch  schließlich  in  den  Abstammungsmythen  die  Vorstellung 
von  tierischen  Ahnen  des  Menschen  umkehren,  indes  der  Totemismus 
selbst  und  seine  Nachwirkungen  nichts  desto  weniger  daneben  fort- 
bestehen und  in  andern  Traditionen  sich  widerspiegeln.  So  sind 
nach  einem  australischen  Märchen  die  Fliegen  und  die  Bienen 
ursprünglich  nebeneinander  angesiedelte  Völker  gewesen.  Die  einen 
verbrachten  ihre  Zeit  mit  Spiel  und  Müßiggang,  die  andern  waren 
arbeitsam  und  sammelten  Vorräte  für  die  Zukunft.  Schließlich  wurden 
aber  die  Fleißigen  es  müde,  mit  für  die  Trägen  zu  sorgen.  So 
trennten  sie  sich,  und  jene  verwandelten  sich  in  Bienen,  diese  in 
Fliegen  "*).  Diese  Geschichte  nähert  sich  schon  allzusehr  der  exem- 
plifizierenden Fabel,  als  daß  sie  für  ein  wirkliches  Mythenmärchen 
genommen  werden  könnte.  Aber  sie  macht  deutlich,  wie  frühe 
gerade  die  Differenzierung  der  Eigenschaften  der  Tiere  zu  einer 
Umkehrung  der  Vorstellungen  von  den  Tierahnen  heraus- 
fordert. Auch  ist  nicht  zu  übersehen,  daß  eine  solche  zunächst 
vielleicht  als  Scherzfabel  entstandene  Erzählung  bei  der  nahen  Ver- 
wandtschaft, die  auf  dieser  Stufe  Tier  und  Mensch  verbindet,  immer 
auch  leicht  den  Scherz  in  Ernst  verwandeln  kann. 

g.  Der  Mensch  als  Tierahne.    Die  freiwillige  Tierwerdung.     Das  Motiv 

der  dankbaren  Tiere. 

In  der  Tat  bezeugen  auf  einer  den  australischen  Zuständen  bereits 
beträchtlich  überlegenen  Kulturstufe  manche  ursprünglich  jedenfalls 
ernsthaft  gemeinte  Traditionen  der  nordamerikanischen  Stämme 
deutlich  eine  Tendenz  zur  Umkehrung  der  ursprünglichen  Ab- 
stammungsvorstellungen. Es  beschränkt  sich  dabei  allerdings  die 
Überlieferung,  daß  die  Tiere  dereinst  Menschen  gewesen,  in  der  Regel 
auf  die  Totemtiere.  Hier  darf  man  aber  eine  solche  Tradition  immer- 
hin bereits  als  ein  erstes  Symptom  der  absoluten  Höherschätzung  des 

')  Vgl.  Teil  II,  S.  46  f. 

')  Parker,  Australian  legendary  Tales,  p.  106  f. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  i  ^  ? 


Menschen  betrachten.  Ist  nach  dem  Totemglauben  ein  Tier  der 
Stammvater  eines  Menschenstammes,  so  fuhrt  schon  deshalb  nur 
ein  kleiner  Schritt  zu  der  umgekehrten  Vorstellung,  daß  Menschen 
die  Ahnen  gegenwärtiger  Tiere  gewesen  seien,  weil  die  Tierverwand- 
lung der  Seele  an  sich  ebensogut  von  der  verwandelten  Seele  wie 
von  dem  Menschen,  dem  sie  anfanglich  angehörte,  ausgehen  kann. 
Beide  Vorstellungen  sind  Kinder  des  gleichen  Glaubens,  und  es  hängt 
wohl  wesentlich  nur  von  der  relativen  Wertschätzung  der  Totemtiere 
ab,  ob  sie  oder  ob  der  Mensch  selbst  an  den  Anfang  gesetzt  werden. 
So  sind  nach  vielen  Erzählungen  der  Cherokesen  die  Bären  ver- 
wandelte Vorfahren  des  Cherokesenstammes.  Darum  sind  sie  auch 
nach  Stämmen  und  Sippen  geordnet,  ein  Häuptling  steht  über  ihnen, 
ganz  nach  menschlichem  Vorbild.  Die  folgende  Erzählung,  in  die 
zugleich  das  früher  besprochene  Motiv  des  Vertrags  mit  dem  Jagdtier 
hineinspielt,  gilt  als  eine  Art  Tradition  dieser  Verwandlung:  »Ein 
Knabe  aus  einem  Cherokesenklan  trieb  sich  fortwährend  im  Walde 
herum,  und  wenn  seine  Angehörigen  Boten  zu  ihm  schickten,  um 
ihn  zur  Heimkehr  aufzufordern,  so  behauptete  er,  im  Walde  auch 
ohne  Arbeit  Essen  genug  zu  finden.  Als  aber  die  Boten  mehrmals 
wiederkehrten,  da  fanden  sie,  daß  ihm  Haare  aus  seinem  Körper 
woichsen.  Nun  beschloß  der  ganze  Klan,  zu  ihm  in  den  Wald  zu 
ziehen,  nachdem  sie  zuvor  sieben  Tage  lang  gefastet  hatten.  Als 
die  andern  Cherokesen  wiederum  Boten  schickten,  um  die  Aus- 
gewanderten zur  Rückkehr  zu  bewegen,  waren  diese  gleichfalls  mit 
Haaren  bedeckt;  und  sie  weigerten  sich  zurückzukehren,  da  sie 
Essen  genug  hätten.  Vielmehr  forderten  sie  jedermann  auf,  zu  ihnen 
zu  kommen,  dann  würden  sie  ihm  von  ihrem  Fleisch  geben.  Auch 
solle  man  sich  nicht  furchten,  sie  zu  töten,  denn  sie  lebten  immer. 
Endlich  lehrten  sie  die  Leute  die  Gesänge,  mit  denen  man  sie  rufen 
sollte,  und  diese  Gesänge  werden  von  den  Bärenfängern  noch  heute 
gesungen«  ').  Hier  sehen  wir  das  Vertragsmotiv  der  früher  bespro- 
chenen Erzählungen  mit  diesem  neuen  Motiv  des  menschlichen  Ur- 
sprungs der  Tiere  sich  mischen.  Als  eine  sonst  noch  wiederkehrende 
Vorstellung  begegnet  uns  außerdem  die,  daß  vorausgegangenes  Hungern 
solche  Umwandlungen  befördere.     Wie  die  Nahrung  den  Bestand  des 


'j  Mooney,  Myths  of  Cherokee,  p.  325  f. 


I  c  ^  Der  Naturmythus. 


Körpers  erhält,  so  wird  umgekehrt  ihr  Mangel  als  ein  Mittel  gedacht, 
das  ihn  leichter  der  Zauberverwandlung  zugänglich  mache,  eine  Vor- 
stellung, die  wahrscheinlich  noch  weit  in  die  späteren  Motive  der 
Askese  hineinreicht.  Übrigens  ist  sie  von  der  Richtung  der  Verwand- 
lung unabhängig.  So  erklärt  in  einem  andern  Märchen  der  Chero- 
kesen  ein  in  einer  Bärenhöhle  zum  Bären  gewordener  Mami  den 
Jägern,  die  ihn  auffinden,  sie  müßten  ihn  sieben  Tage  und  Nächte 
ohne  Essen  und  Trinken  einsperren,  damit  er  seine  Menschennatur 
wieder  annehmen  könne.  Als  aber  die  Frau  des  Mannes  ihn  schon 
nach  fünf  Tagen  wieder  herausholt,  stirbt  er  bald,  denn  er  hatte 
zwar  die  Bärennatur  abgelegt,  konnte  aber  noch  nicht  als  Mensch 
leben '). 

Verbreiteter  noch  als  diese  Erzählungen,  nach  denen  ein  ganzes 
Tiergeschlecht,  besonders  das  der  Totemtiere,  dereinst  aus  Menschen 
entstanden  ist,  sind  jedoch  solche  Märchen,  die  von  der  zauberhaften 
Verwandlung  einzelner  Menschen  berichten.  Dabei  ist  zimächst 
auch  dieser  Gruppe  singulärer  Verwandlungen  mit  der  vorigen 
die  Grundbedingung  gemeinsam,  daß  der  Mensch,  der  sich  ver- 
wandelt, freiwillig  oder  gezwungen  unter  die  Tiere  gegangen  ist, 
um  mit  ihnen  zu  leben.  Ähnlich  wie  sich  die  Annahme  der  Tier- 
natur ohne  weiteres  darin  ausspricht,  daß  dem  Menschen  Haare  oder 
Flügel  wachsen,  so  wird  er,  wenn  er  unter  die  Tiere  geht,  allmählich 
selber  zum  Tier;  ja  dies  wird  in  solchem  Fall  beinahe  als  eine  selbst- 
verständliche Folge  angesehen,  so  daß  es  gar  nicht  mehr  als  Wimder 
oder  Zauber  erscheint.  Unterstützt  wird  dieser  gewissermaßen  natür- 
liche Übergang,  wenn  die  Tiere  menschenähnliche  Züge  an  sich  tragen. 
Darum  ist  es  in  den  Gebieten,  in  denen  die  menschenähnlichen  Affen 
leben,  ein  verbreiteter  Glaube,  diese  seien  einst  Menschen  gewesen, 
oder  sie  seien  von  Anfang  an  eine  eigenartige  Menschenrasse.  Auch 
kommt  es  leichter  vor,  daß  ein  Mensch  unter  die  Bären  oder  unter 
die  Seehunde  geht,  um  allmählich  selbst  einer  der  ihren  zu  werden, 
als  daß  er  etwa  auf  ähnliche  Weise  zum  Vogel  wird.  Vielmehr 
ist  der  letztere  Übergang  in  der  Regel  die  Folge  einer  plötzlichen 
Zauberverwandlung.  Darum  ist  nun  aber  auch  in  diesem  Fall  der 
sich  verwandelnde  Mensch  entweder  von  Hause  aus  ein  zwiespältiges 


*)  Mooney,  a.  a.  O.  p.  327  fF. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  jee 

Zauberwesen,   oder  er  unterliegt  wider  seinen  Willen  einer  äußeren 
Zaubermacht.     Ganz  anders  bei  jenen  Verwandlungen,  nach  denen 
ein  Ticrgeschlecht  seinen  Ursprung  auf  menschliche  Ahnen  zurück- 
fuhrt oder  ein  Einzelner  unter  die  Tiere  gegangen  ist.     Wie  hier  die 
Verwandlung  eine  freiwillige  zu  sein  pflegt,  so  wird  sie  auch  nicht 
im  geringsten  von  denen,  die  sie  erleiden,   als  ein  Übel  empfunden. 
Wohl  suchen  ihre  Angehörigen  sie  nicht  selten  zu  überreden,  wieder 
zu  den  Menschen  zurückzukehren,  womit  sich  dann  die  Vorstellung 
verbindet,  daß  sie  in  diesem  Fall  von  selbst  wieder  zu  Menschen 
würden.     Es  kann  dabei  aber  leicht  vorkommen,  daß  der  Ausgewan- 
derte vorzieht,  unter  den  neuen  Genossen  zu  bleiben.     In  einem  an 
der  nordpazifischen  Küste  Amerikas  aufgezeichneten  Märchen  begegnen 
wir  diesem  Kampf  der  Motive  in  einer  Weise,  die  eine  gewisse  Hin- 
neigung des  Menschen  zum  Tier  nicht  verkennen  läßt.     Ich  gebe 
das  für  uns  Wesentliche  aus  der  durch  Wiederholungen  weiter  aus- 
gesponnenen Erzählung:   »Eis  war  einmal  ein  Mann,  der  übte  einen 
Zauber  auf  Seehunde  aus,   so  daß  sie  herbeigeschwommen  kamen 
und  sich  freiwillig  seinen  Pfeilen  stellten.     Eines  Tags  aber  ergriff 
ihn   ein  Seehund   und    zog   ihn   in    die   Tiefe.     Seine  Angehörigen 
fuhren  nun  auf  Booten  aus,  ihn  zu  suchen.     Da  sahen  sie  ihn  aus 
der  Feme  mitten  unter  den  Seehunden  liegen.    Ein  zweites  Mal  trafen 
sie  ihn  wieder  unter  diesen,    er  hatte   aber  schon  Haare  auf  dem 
Rücken  und  Bartborsten  angenommen.     Ein  drittes  Mal  bemerkten 
sie,  daß  er  auf  dem  Bauche  gezeichnet  war  wie  ein  Seehund.     Da 
fing  sein  Bruder,  um  ihn  nach  Hause  zu  locken,  einen  großen  Wal- 
fisch und  legte  ihn  vor  dem  Hause  an  den  Strand,  hoffend,  daß  der 
Verlorene  herankommen  werde.     Das  geschah  auch,  aber  es  gelang 
weder  diesmal  noch  bei  weitern  ähnlichen  Versuchen,  ihn  festzuhalten. 
Endlich  wandte   der  Bruder  Zaubermittel  an.     Da  kam  eines  Tags 
der    zum    Seehund    gewordene    von   selbst   zum   Dorfe   zurück   und 
brachte  auch  eine  Frau,  die  er  unter  den  Seehunden  genommen,  und 
das  Kind,   das   sie  von  ihm  hatte,  mit.     Er  übernachtete  in  seinem 
Hause,  doch  am  andern  Morgen  war  er  wieder  verschwunden.     Da» 
wiederholte  sich  mehrmals.     Da  drangen  sein  Bruder  und  die  andern 
Leute  inständig  in  ihn,   doch  bei  ihnen  zu  bleiben.     Er  aber  spra/:h 
zu  ihnen:    trauert  nicht  mehr  um  mich;   ich  lebe  glücklich  bei  'J^n 
Seehunden  im  Wasser,  denn  drunten  ist  es  schöner  als  bei  euch  Un^r 


156  Der  Naturmythus. 


auf  Erden.  Da  ließen  sie  ihn  ziehen  und  achteten  seiner  nicht  mehr, 
wenn  sie  ihn  auf  den  Klippen  oder  im  Wasser  erblickten«  ^.  So 
merkwürdig  diese  Geschichte  an  Goethes  bekannte  Ballade  vom 
Fischer  anzuklingen  scheint,  so  dürfen  wir  doch  nicht  übersehen, 
daß  wir  hierbei  in  die  Seele  des  Erzählers  nicht  ohne  weiteres  die 
Motive  verlegen  dürfen,  die  die  Handlung  in  uns  selbst  erweckt. 
Gewiß  mag  in  einem  oft  genug  von  Hungersnot  heimgesuchten 
Fischervolk  gelegentlich  in  diesem  und  jenem  der  Gedanke  sich 
regen,  daß  es  die  Seehunde  besser  haben  als  er.  Von  der  tiefen 
Naturstimmung  des  Goetheschen  Gedichts  weiß  er  sicherlich  nichts. 
Dagegen  zeigen  solche  Erzählungen  deutlich,  daß  der  Übergang  von 
Mensch  zu  Tier  immer  noch  kein  allzugroßer  Schritt  ist,  der  sogar 
ohne  spezifische  Zaubermittel  getan  werden  kann,  falls  nur  der  Mensch 
sich  entschließt,  selbst  unter  die  Tiere  zu  gehen.  Darum  wird  nun 
aber  auch  der  Vorgang  von  dem  Verwandelten  kaum  als  ein  Übel 
aufgefaßt.  Seine  Stammesgenossen  mögen  den  Verlust  des  Gefährten 
beklagen,  dieser  scheint  seine  neue  Umgebung  kaum  anders  zu 
empfinden,  als  wenn  er  einer  fremden  Sippe  sich  anschlösse.  Noch 
verkehren  also  Mensch  und  Tier  gewissermaßen  auf  dem  Fuße  der 
Gleichheit.  Nur  darin,  daß  sich  der  Mensch,  der  die  Tiere  als  seine 
ausgewanderten  Brüder  betrachtet,  immerhin  selbst  als  den  Erst- 
geborenen der  Schöpfung  (lihlt,  kündet  sich  ein  Wandel  der  An- 
schauungen an. 

Aus  dem  hier  sich  ergebenden  neuen  Verhältnis,  bei  dem  die  Ge- 
fühle der  Abhängigkeit  des  Tieres  vom  Menschen  und  der  treuen 
Genossenschaft  beider  gemischt  sind,  gewinnen  nun  zugleich  die  so 
zur  Entwicklung  gelangten  Motive  die  Kraft,  weit  über  dieses  Sta- 
dium ihrer  Entstehung  hinaus  anzudauern,  um  in  einzelnen  Zügen 
bis  tief  in  die  spätere  Märchendichtung  der  Kulturvölker  und  in 
der  Beschränkung  auf  die  treuen  Genossen  des  Menschen,  die  Haus- 
tiere, schließlich  bis  in  die  Gegenwart  zu  reichen,  indem  die  aus  dem 
täglichen  Umgang  entspringenden  gemütvollen  Beziehungen  zwischen 
Mensch  und  Tier,  die  dabei  mehr  und  mehr  in  den  Vordergrund 
treten,  einen  immer  neuen  Reiz  ausüben.  So  läuft  jenes  Thema  vom 
Menschen,   der  unter  die  Tiere  geht,   um  selbst  die  Tiernatur  anzu- 


';  Boas,  Indianische  Sagen,  S.  90  ff. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  I57 

nehmen,  allmählich  in  das  andere  von  den  hilfreichen  Tieren  aus, 
die  dem  Helden  ihre  physische  Kraft  oder  noch  häufiger  ihre  Zauber- 
kraft leihen,  um  ihn  aus  Not  und  Drangsal  zu  befreien  und  ihm  zu 
Glück  und  Reichtum  zu  verhelfen.  In  diesem  Thema,  das  in  den 
weiten  Wanderungen,  die  es  in  der  Märchenerzählung  der  Kulturvölker 
gemacht  hat,  seine  unverwüstliche  Anziehungskraft  bekundet,  wirkt  auf 
solche  Weise  in  verwandelter  Form  ein  Motiv  nach,  das  schon  auf 
frühen  Stufen  der  Kultur  in  das  Verhältnis  zwischen  Mensch  und  Tier 
einen  Zug  der  Freundschaft  und  der  wechselseitigen  Hilfe  hineinträgt 
(vgl.  oben  S.  132  flf.).  Als  ein  Beispiel  jener  späteren  Wandlungen  sei 
hier  ein  skandinavisches  Märchen  erwähnt,  in  dem  allerdings  das  hilf- 
reiche Tier  nur  als  ein  Nebenmotiv  erscheint,  wo  aber  die  innere  Ver- 
wandtschaft zwischen  der  frühen  Vorstellung  eines  Vertrags,  den  der 
Mensch  mit  seinen  Jagdtieren  schließt,  und  dem  des  Freundschafts- 
bundes zwischen  Mensch  und  Tier  in  die  Augen  fallt.  Eine  dänische 
Version  des  Märchens  lautet:  »Ein  Junge  findet  im  Wald  einen  toten 
Hirsch:  den  teilt  er  zwischen  einem  Bären,  einem  Falken,  einer  Ameise 
und  einem  Hund.  Zum  Dank  dafür  verleiht  ihm  jedes  dieser  Tiere 
die  Gabe,  seine  Gestalt  anzunehmen.  Da  kommt  der  Junge  in  ein 
Schloß.  In  diesem  wohnt  eine  Prinzessin,  die  verurteUt  ist,  vom  Troll 
geholt  zu  werden,  sobald  sie  von  einem  Sonnenstrahl  beschienen  wird. 
Der  Junge  heiratet  die  Prinzessin.  Aber  das  Verhängnis  ereilt  diese: 
ein  Sonnenstrahl  trifft  sie,  und  sie  wird  von  dem  Troll  geholt  und  in 
einer  Berghöhle  gefangen  gehalten.  Zum  Berg  folgt  ihr  der  Junge 
als  Hund,  dringt  dann  als  Ameise  in  die  Höhle  ein  und  kriecht  in 
das  Ohr  der  Prinzessin.  Hier  rät  er  ihr,  den  Troll  auszufragen.  Da 
sagt  ihr  dieser,  daß  sein  Leben  in  seinem  Herzen  sitze,  das  weit  weg 
in  einem  See  verborgen  sei.  In  diesem  See  hause  ein  Drache;  in 
diesem  befinde  sich  ein  Hase,  in  dem  Hasen  eine  Ente  und  in  der 
Ente  ein  Ei,  in  dem  Ei  aber  das  Herz.  Darauf  fliegt  der  Prinz  als 
Falke  zu  dem  See.  Hier  tötet  er  als  Bär  den  Drachen,  als  Hund 
den  Hasen,  als  Falke  die  Ente  und  entnimmt  dieser  das  Ei,  das  er 
zurückbringt  und  am  Kopf  des  Trollen  zerschlägt,  worauf  dieser  augen- 
blicklich stirbt.  <^J     Das  Hauptmotiv  beruht  hier   augenscheinlich  auf 

')  Grundtvig,  Dänische  Volksmärchen,  übersetzt  von  A.  Strodtmann,  II,  1879, 
'^.  194  ff.  F.  Kauffmahn  hat  die  Varianten  dieses  Märchens  mit  Rücksicht  auf  das  Motiv 
des  Tcrsteckten  Herzens   verfolgt   (Balder,    Mythus  und   Sage,    1902,    S.  143 ff)-      Als 


jcg  Der  XatnmiTthiis. 

der  verbreiteten  Vorstellung  vom  Sitz  der  Seele  im  Herzen,  wobei 
diese,  vielleicht  im  Zusammenhang  mit  dem  Klopfen  des  Herzens, 
als  wandernde  Seele  gedacht  wird*),  —  eine  Vorstellung,  die  zu 
der  weiteren  von  ihrem  verborgenen  Ort  und  dadurch  zu  dem 
auch  sonst  verbreiteten  Einschachtelungsmotiv  geführt  hat.  Die 
weiter  hinzukommenden  dankbaren  Tiere  aber,  die  dem  Jungen 
ihre  eigene  Gestalt  leihen,  erinnern  lebhaft  an  den  Bären,  der  dem 
Cherokesen  seine  Stärke,  und  das  Pferd,  das  ihm  seine  Ausdauer  im 
Laufen  vererbt,  wenn  man  nur  zu  dieser  Vorstellung  noch  die  andere 
nimmt,  daD  der  Verkehr  mit  dem  Tier  den  Menschen  selbst  die 
Tiematur  annehmen  läßt  Das  spätere  Märchen  substituiert  nur 
diesen  allmählichen  Verwandlungen,  die  dem  Naturmenschen  als  natür- 
liche erscheinen,  überraschende  Zauberwirkungen,  und  es  fiigt  das 
an  und  fiir  sich  einer  höheren  Kultursphäre  angehörende  Motiv  der 
Dankbarkeit  hinzu  (vgl  hierzu  oben  S.  io8,  144). 

h.  Die  Tieryerwandlang  als  Bosheitszaaber  nnd  dessen  Vergeltnng. 

Wesentlich  anders  als  bei  diesen  noch  spät  in  dem  Motiv  von 
den  hilfreichen  Tieren  nachwirkenden  Vorstellungen  gestaltet  sich 
die  Tierverwandlung  in  dem  zweiten  Stadium  dieser  Entwicklung. 
Hier  ist  sie  zu  einer  Schädigung  geworden,  die  ein  Mensch  nur  da 
freiwillig  auf  sich  nimmt,  wo  ihn  etwa  die  Tiergestalt  leichter  vor 
verfolgenden  Feinden  verbergen  kann,  oder  wo  ihm  die  Eigenschaften 
des  Tieres  vorübergehend  nützlich  sind.  In  den  weitaus  meisten 
Fällen  ist  es  aber  ein  böser  Zauber,  der  ihm  dadurch  zugefugt  wird, 
und  der  anderes  Leid  im  Gefolge  haben  kann,  bis  ihn  endlich  ein 
heilsamer  Gegenzauber  wieder  aus  der  lästigen  Tierhülle  befreit    So 


weitere  Beispiele  zu  diesen  bei  den  KoltniTölkem  aller  2^iten  verbreiteten  Motiven 
der  hilfreichen  nnd  der  dankbaren  Tiere  seien  angefUhrt:  Masp^ro,  Les  contes  popn- 
laires  de  r£g3rpte  ancienne^,  p.  8.  Somadeva  Bhatta,  Indische  Märchen  Sammlung, 
deutsch  von  H.  Brockhaus,  1846,  I,  S.  186  ff.,  U,  S.  198,  204  ff.  Brauns,  Japanische 
Märchen,  S.  92ff.,  167 ff  (Letztere  Erzählung  geht  zugleich  in  einer  Tierehe  ans, 
wobei  freilich  der  Hundegatte  sich  nachträglich  als  Gott  offenbart,  während  die 
Behaarung  des  Volkes  der  Ainos,  die  die  Sprößlinge  des  Paares  sind,  hieraus  ab- 
geleitet wird.)  Femer  Grundtvig,  Dänische  Märchen,  I,  S.  115  ff.,  II,  S.  10 ff.  Grimm 
Nr.  27,  60.  von  Hahn,  Griech.  und  alban.  Märchen,  I,  Nr.  i,  9  (Var.  II,  9),  37,  61. 
Leskien  und  Brugmann,  Litauische  Märchen  Nr.  6,  11. 
«)  Vgl.  Teil  n,  S.  31  ff.,  208  f. 


Das  mythologische  Tiermärchen.  1  en 

wird  unter  allen  Umständen  die  Rückkehr  zur  menschlichen  Form 
als  eine  Erlösung  betrachtet,  ausgenommen,  wenn  die  Metamor- 
phose der  eigenen  Gestalt  ein  willkürlich  zu  handhabendes  Hilfsmittel 
in  den  Händen  des  Zauberers  ist  Übrigens  sind  beide  Arten  der 
Verwandlung  zumeist  miteinander  verbunden.  Denn  der  Zauberer, 
der  die  Fähigkeit  besitzt,  andere  in  Tiere  zu  verwandeln,  kann  natür- 
lich davon  auch  zu  eigenem  Vorteil  Gebrauch  machen.  In  den 
Zaubermotiven,  die  aus  der  Märchendichtung  in  die  sogenannte  höhere 
Mythologie  der  Kulturvölker  hineinreichen,  treflFen  wir  ja  vor  allem 
auch  die  Götter  selbst  mit  dieser  doppelten  Fähigkeit  ausgerüstet. 
Die  Götter,  in  der  'griechischen  Mythologie  allen  voran  Zeus,  der 
Vater  der  Götter,  in  der  nordischen  Odin,  können  ebensowohl  selbst 
Tiergestalt  annehmen  wie  Menschen  in  Tiere  verwandeln.  Doch  in 
dem  Märchen  sind  die  ursprünglichen,  durch  die  Vorstellung  der 
überragenden  Macht  der  Götter  später  verdunkelten  Motive  beider 
Verwandlungen  deutlicher  erkennbar,  und  sie  lassen  sich  auch  in  ihrer 
völkerpsychologischen  Entwicklung  besser  übersehen. 

Hier  tritt  uns  nun  vor  allem  die  für  den  allmählichen  Wandel  der 
Anschauungen  über  das  Verhältnis  zwischen  Tier  und  Mensch  höchst 
bezeichnende  Tatsache  entgegen,  daß  die  Tierverwandlung  des 
Menschen  im  Sinne  der  Zufiigung  eines  schweren  Übels,  dessen  Be- 
seitigung durch  die  Rückverwandlung  in  die  menschliche  Gestalt  heiß 
begehrt  und  als  Erlösung  empfunden  wird,  bei  primitiveren  Völkern 
überhaupt  kaum  vorkommt,  sondern  daß  dieses  Märchenmotiv  überall 
erst  von  einer  gewissen  Kulturhöhe  an  wirksam  wird.  So  häufig  in 
den  Mythenmärchen  der  Eingeborenen  Amerikas  Verwandlungen  in 
Steine  als  furchtbare  Zauberwirkungen  und  zuweilen  sogar  schon  als 
Strafen  für  begangene  Schuld  sich  finden,  einer  Tierverwandlung  in 
gleicher  Bedeutung  begegnet  man  nicht,  oder  wenn  sie  vorkommen 
sollte,  so  ist  sie  jedenfalls  höchst  selten  oder  verbirgt  sich  hinter 
andern  Motiven,  die  noch  dem  ersten  Stadium  dieser  Entwicklung 
angehören.  Nicht  anders  verhält  es  sich  bei  den  Neger-  und  Bantu- 
völkem.  So  reich  die  phantastischen  Abenteuermärchen  der  Bantus 
an  allen  möglichen  Verwandlungen,  darunter  auch  solchen  Tierver- 
wandlungen sind,  bei  denen  irgendwelche  Zauberwesen,  um  Glück 
oder  Unheil  zu  bringen,  selbst  die  Tiergestalt  annehmen,  und  so 
üppig  vor  allen  bei  den  eigentlichen  Negervölkern  die  Tierfabel  sich 


'■        .    ..    .:\  5ich  ;:iiTicioh 

• '  ^  '••  :i  '-'^.n-ch   un  : 

.'--  ^■--:.  .;:::e  I>rco-h:ir- 

.  .■-•"    ::    !'jr  .\ci..;uno-  v-j 

:     ■■':•.::  }.i.:]::un^  phantas- 

'-•.-.     ':l?::Ln   und  iihc-r- 
•;..:     'S.; leitet,    ein    so 
.-    \::*".:cr    als    auf    den 
":     .'^-::r.ig"L'n  lassen,   die 
.     iT.   c:n:cir:c^ten  /iist. :nd 
;    :    Mxiwn    des   Gliu:!^s- 
--.   '  -.'C-.^schj.ften   mit  sich. 
.^.  V  ^M.üum  fast  nie  khh, 
•    -r '.:::.    l;ie  erste  he>teht 
.  "t::!   :\'Sen  cdrr  L>-i;ten 
•    •.::.::  ::i.rcn    meist    in    uner 
■  •    V  >jhen.     Nan^entiich  iler 
;•,   v.r.v.iinielt,   ist  verm.»^'e 
-.-■'.   >.:!\st  beliel^o;    /m    ver- 
.  .'M!  .ius/.uiihen,  sei  es  uir. 
"  :  ,:v'\     nie    zweite   I'.i^en- 
;.  *.  .iIht  alinlichen  .\s<<)zi:i- 
...:vr.  r.   d.er   die  X'env.iii.:- 
.  -v'-^e  besitzt,  in  dem  Tier 
•  .  -er  V  >r   der  X'erwandiun.;- 
"•.'  v\.e;:de  AiiSf.lehnunL^  vier 
.,;-:•.',:    \\«n    d^n   Objekten, 
.   <  ^   :>:  CS  im  zweiten   eine 
\un    l{.:nde'.n    imd  Wissen. 


l6o  J^er  Naturmythus. 


entwickelt  hat,  jenes  Motiv  der  Erniedrigung,  das  diese  Verwandlui 
als  Unheil  und  die  Rückkehr  zur  menschlichen  Gestalt  als  eine   E 
lösung  empfinden  läßt,  fehlt  ganz,   wo   die  Fähigkeit  der  Selbstve 
Wandlung  ein  Vorzug  ist,  dessen  sich  der  Zauberer  erfreut,  oder  w 
wie  in  der  Tierfabel,  die  Tierwelt  zu  einem  Abbild  der  Menschei 
weit    wird.     So    ist    es   wesentlich  nur  die   passiv    erduldete   Tie 
Verwandlung,  an  die  in  ihren  einander  ablösenden  Phasen  die  Gefüh 
des  Erduldens  und  der  Erlösung  geknüpft  sind,  in  denen  sich  zugleic 
der  Wandel  der  Vorstellungen  über  das  Verhältnis  von  Mensch  ur 
Tier  spiegelt.     Allerdings  muß  hier  noch  jene  gesteigerte  Erregba 
keit  der  Phantasie  hinzukommen,  wie  sie,   außer  in  der  Neigung  : 
Vision  und  Ekstase,  auch  in  dem   erfinderischen  Reichtum  phanta 
tischer  Zauber-  und  Abenteuermärchen  sich  äußert.     Diese  Neigut 
findet    aber   in   dem  Wechsel    zwischen   Dulden,   Hoffen  und  übe 
strömendem    Jubel,    der    die    Tierverwandlungen    begleitet,    ein    i 
passendes  Substrat,    weil   sich    auf  das   Tier   leichter  als    auf   de 
Stein   oder  den  Baum  die  peinlichen  Gefühle  übertragen  lassen,  d 
das  Bewußtsein  der  hilflosen  Hingabe  an  einen  erniedrigten  Zustar 
begleiten.     Diese    enge   Verbindung    mit   den   Motiven   des  Glück 
märchens  bringt  endlich  noch  zwei  weitere  Eigenschaften  mit  sie 
deren  erste  dem  Verwandlungsmärchen  in  diesem  Stadium  fast  nie  fei 
und  deren  andere  ihm  mindestens  häufig  zukommt.    Die  erste  bes^ 
darin,  daß  die  passiv  erduldeten  und  die  von  einem  bösen  oder  g» 
Zauberwesen  bewirkten   aktiven  Selbstverwandlungen   meist   in   ( 
und  derselben  Folge  von  Erlebnissen  sich  mischen.     Namentlicl- 
Zauberer,   der  aus  Bosheit  andere   in  Tiere  verwandelt,  ist  ver 
dieser  Gabe  fast  immer  auch  imstande,  sich  selbst  beliebig  zu 
wandeln,  sei  es  um  seinen  Spuk  im  geheimen  auszuüben,  sei 
auch  auf  diese  Weise  seine  Macht  zu  betätigen.     Die   zweite 
Schaft,  die  aus  einer  minder  offen  liegenden,  aber  ähnlichen  / 
tion  entspringt,   besteht  darin,  daß  der  Zauberer,   der   die  V 
lung  hervorzubringen  vermag,  zugleich  die  Gabe  besitzt,  in  d 
den  Menschen  wieder  zu  erkennen,  der  dieser  vor   der  Verv 
gewesen.     Ist  es   im   ersten  Fall   eine  naheliegende  Ausdeh 
Vorstellung   einer   spezifischen  Machtbetätigung    von   den 
auf  die   sie   wirkt,   auf  das  tätige  Subjekt,  so  ist  es  im  zw 
nicht  minder   natürliche  Assoziation   zwischen   Handeln   ur 


l62  üer  Naturmythus. 


schlief  endlich  müde  und  hungfrig  unter  einem  Baume  ein.  Da  fühlte 
er  auf  einmal  vor  seinem  Gesicht  einen  heißen  Atem,  der  ihn  er- 
weckte, und  er  sah  einen  gewaltigen  Tiger  an  seiner  Seite.  Entsetzt 
sprang  er  auf.  Aber  der  Tiger  besänftigte  ihn  und  bat,  ihm  eine 
Drahtschlinge  zu  lösen,  die  um  sein  Bein  geschlungen  war  und  ihn 
am  Gehen  hinderte.  Das  gelang  auch  dem  Burschen  mit  vieler  Mühe. 
Der  Tiger,  um  sich  dankbar  zu  erweisen,  rief  nun  den  Elephanten 
und  noch  andere  Tiere  herbei,  die  dem  Flüchtigen  ein  Zelt  bauten 
und  ihn  täglich  mit  Nahrung  versorgten.  So  lebte  der  Jüngling  eine 
Zeitlang  glücklich  und  zufrieden  unter  den  Tieren  des  Waldes.  Doch 
endlich  überkam  ihn  das  Heimweh,  und  er  teilte  seinem  Freund,  dem 
Tiger,  seinen  Entschluß  mit  heimzukehren.  Dieser  erklärte,  als  er 
sich  nicht  abbringen  ließ,  ihn  begleiten  und  schützen  zu  wollen.  So 
langte  der  junge  Mann  nach  manchen  Fährlichkeiten  in  der  Heimat 
an.  Da  traf  er  aber  alles  verändert.  Die  Häuser  waren  leer  und 
verfallen.  Das  Haus  seiner  Eltern  stand  zwar  noch,  aber  auch  die 
Eltern  waren  nicht  mehr.  Dagegen  kam  ihm  seine  Schwester  ent- 
gegen und  empfing  ihn  scheinbar  freundlich.  Sie  bat,  es  sich  im 
Hause  bequem  zu  machen,  während  sie  fortgehe  und  ihm  seine  Lieb- 
lingsgerichte bereite.  Er  hatte  aber  schon  vor  dem  Betreten  des 
Dorfes  auf  den  Rat  seines  Tigers  ein  Kraut  gepflückt,  das  ihm, 
wenn  er  es  aufs  Herz  legte,  die  Fähigkeit  gab,  verzauberte  Personen 
wiederzuerkennen  und  sie  zu  entzaubern,  wenn  er  ihnen  etwas  von 
dem  Kraut  ins  Gesicht  warf.  Als  nun  der  junge  Mann  so  einsam 
da  saß,  näherten  sich  ihm  aus  einem  Winkel  mit  betrübten  Mienen 
zwei  Ratten,  in  denen  er  erschreckt  seine  Eltern  erkannte.  ,Fliehe*, 
riefen  sie  ihm  zu,  ,ehe  deine  Schwester  wiederkommt.  Sie  hat  uns 
und  noch  viele  Leute  im  Dorf  verwandelt  oder  aufgefressen.  Fliehe, 
damit  du  nicht  das  gleiche  Schicksal  teilst^  Gleichzeitig  sah  der 
Jüngling  schon  seine  Schwester  in  Drachengestalt  sich  dem  Haus 
nähern.  Da  enteilte  er  aus  der  Hintertür,  doch  wäre  es  um  ihn  ge- 
schehen gewesen,  wenn  nicht  in  diesem  Augenblick  der  treue  Tiger, 
der  mittlerweile  im  Hinterhalt  gelegen,  herbeigeeilt  wäre  und  den 
Drachen  gepackt  hätte.  Er  biß  diesem  den  Hals  durch,  so  daß  er 
sterbend  in  seinem  schwarzen  Blute  sich  wälzte.  Der  Jüngling 
aber  umarmte  den  Tiger,  entzauberte  unter  seinem  Beistand  mit  dem 
Wunderkraut  seine  Eltern,  sowie  die  andern  Einwohner  des  Dorfes, 


Das  mythologische  Tiermärchen.  159 

die  als  Vögel  und  andere  Tiere  im  benachbarten  Walde  umherirrten. 
Auch  die  Ausgewanderten  kamen  zurück,  im  Dorfe  kehrten  wieder 
Glück  und  Freude  ein,  und  der  Jüngling  samt  seinem  Tiger  werden 
bis  zimi  heutigen  Tage  von  dem  dankbaren  Volke  gepriesen.«*)  In 
dieser  Erzählung  ist  das  gesamte  Inventar  vereinigt,  aus  dem  sich 
die  Zaubermärchen  dieser  Gattung  zusammensetzen:  die  von  bösen 
Zauberwesen  bewirkte  Verwandlung  von  Menschen  in  Tiere  und  die 
Erlösung  aus  diesem  Zustand,  wobei  als  ein  bedeutsamer,  durch  die 
Häufigkeit  seines  Vorkommens  den  inneren  Zusammenhang  der  Vor- 
stellungen verratender  Zug  hinzukommt,  daß  die  Erlösungstat  schließ- 
lich von  dankbaren  Tieren  herrührt.  Zu  dem  Bosheitszauber  tritt 
aber  auch  schon,  in  unmittelbarer  Verbindung  mit  der  Erlösung,  das 
Motiv  der  Vergeltung,  womit  der  Übergang  zu  dem  folgenden 
Stadium  gegeben  ist'). 

i.  Die  Tierverwandlang  als  Strafe. 

In  diesem  dritten  Stadium  tritt  schließlich  zu  der  Erlösung  als 
deren  Bedingung  die  vorausgegangene  Strafe,  imd  allmählich  löst 
sich  das  letztere  Motiv  selbständig  ab.  So  erreicht  in  der  als  Strafe 
für  begangene  Schuld  eintretenden  Tierverwandlung  diese  ganze  Ent- 
wicklung ein  Ziel,  bei  dem  sie  der  Assimilation  durch  die  religiösen 
Vergeltungsvorstellungen  fähig  geworden  ist.  Doch  spricht  für  den 
allmählichen  Verlauf  dieses  Prozesses  schon  die  Tatsache,  daß  auf 
den  weiter  zurückliegenden  Stufen  der  Kultur  immer  und  zumeist 
auch  noch  auf  derjenigen,  die  durch  die  Märchenwelt  der  Kultur- 
völker vertreten  ist,  der  bloße  Bosheitszauber  mit  darauf  folgender 
Erlösung  weitaus  überwiegt.  Dazu  kommt  außerdem,  daß  das  Motiv 
der  Strafe  zunächst  noch  in  unmittelbarem  Anschlüsse  an  den  Bos- 
heitszauber aufzutreten  pflegt,  indem  nach  der  Erlösung  des  ohne 
seine  Schuld  Verzauberten  nun  sofort  auch  der  böse  Zauberer,   der 


')  C.  W.  E.  Brauns,  Japanische  Märchen,  S.  92  f. 

')  Beispiele  von  Bosheitszauber  finden  sich  besonders  zahlreich  in  den  orienta- 
lischen Märchensammlnngen,  z.B.  Somadeva,  I,  S.  55  ff.  looi  Nacht,  z.B.  i.  Nacht 
die  Geschichte  vom  Scheich  und  der  Gazelle,  2.  Nacht  die  des  Scheichs  mit  dem  Maul- 
tier, 751.  Nacht  u.  a.  Analoge  Beispiele  im  Märchenschatz  der  Zigeuner  (H.  von  Wlis- 
locld,  Märchen  und  Sagen  der  Transsylvanischen  Zigeuner,  1S86,  N.  13,  14,  15,  16, 
42).     Dazu  Grundtvig,  Dänische  Märchen,  I,  S.  51  ff.,  11,  S.  95  ff.    Grimm,  Nr.  49. 

II* 


:"_        -'...'..r      :i      A..-rdin^5    ist 

:  r- :     .."  f.: -er.  .-i-ber:   in  dem 

1     z'...   :=:  r:t:;er.-  und  Teufel.svor- 

-  7:  i  ^-.'  \?.iz\:  ha:,  ist  zumeist  aucli 
..::.re  j;:i'A  .r-iwii:  c:e  böse  Ilexc 
:   l:--iern:irc::en    Grimm,  Nr.  60., 

.  \:  :::'::•:!<  ver.vani-j'.re  Kind  wird  er- 

-  -.r.-r  An.r:::l.ire   rjfjjcben  und  in 
.' :::    7:-:".?   ibzichen.    wie    in    dem 

-  ^-  ::f  iiun?  :::::  ien  sieben  Brüdern 
..   :     11.   :l:  7e.::e!  iie  .Macht  haben 

-  izz:    'J':z'.    5:!chcr  X'crvvandlung- 
:_•   .•-  >:.•.-:_•>:!.   :::a^  wohl  in  diesem 

.\.;    jTw    :i-e:i  haben.     Freier   be- 
•-;r.:r..5v:he  Marchemiichtung,    in 
.:.^i:i    /.trr.-chenien  Geister  an  und 
..:.:  n.jh:  iurch  einen  mächtigeren 
^.  • .  ::  5::i.    Hier  pfiegt  sich  sehr  regei- 
.::c  Verwandlung  in  einer  Gegen- 
.  •   : .  sen  Zauberer  selbst  womöglich  in 
^  -•^'  verset.:t  als  den.   den  er  über  .sein 
.,,    •..-'1   d.e  Kr-:ählungen  des    itrabischen 
•    f  -.:  Tvich  an  solchen  Gegenverw and- 
.  -.r  ^jhcichs  das  Kind,  das  diesem  von 
*.  i:::  K.iib  und  die  Sklavin   in    eine 
>:   Si'.bst  :rur  Strafe  in   eine   Gazelle 
.-. i::;.n  Gcschiclite  wird  ein  Scheich 
,  ••..:::  S<..:vtn  im  Bett  ertappt,  in  einen 
•    •   -  .•.:"  ::.■.-?«-'  ^<-.'*'*5^  ^^^^'^*-    ^^^^"  ^^  sich 
'   ;*:-us  benachbarten  Kaufmanns  ver- 
. .  ^-    l\\*b.:cr  des  Kaufmanns   in   ihm 
•  '-  •>:::  '.^i-dcr  n:ensch!ichc  Gestalt,   und 

' •  .;  unc---^'-«-'  Weib  in  ein  Maui- 

.  .,;j   \Vc:^^    sr:t*.wn   sich    alle    Gcgenver- 

:-   • -Vv::*:  .ib  »G'.;..chts  um  Gleichc^'.     Das 

.• .'<'"::c;  ist  in  diesen  orientalischen 

.,.  ,^,v  Wasser,  über  dem   eine 

n '   »'«^^  ^  *  * 


Das  mythologbehe  'nermlrchen.  ige 

Zauberformel  gesprochen  worden  ist,  —  eine  Verbindung  des  Wort- 
und  Wasserzaubers,  bei  der,  diesem  besonderen  Fall  angepaßt,  das 
Wort  die  magische,  das  Wasser  die  umwandelnde  Seite  des  zaube- 
rischen Vorgangs  repräsentiert'). 

Sichtlich  ist  es  nun  an  sich  schon  ein  wesentlicher  weiterer  Fort- 
schritt über  diese  Anwendung  der  Tierverwandlui^  als  strafender 
Vergeltimg  für  den  gleichartigen  Bosheitszauber,  wenn  jene  zu  einer 
selbständigen  Strafe  wird,  die  fiir  eine  Verschuldung  von  völlig 
abweichender  Art  eintritt,  so  daß  sich  hier  jenes  im  Gebiet  der 
höheren  Dämonenvorstellungen  nicht  selten  bestehende  Verhältnis, 
daß  die  Zauberverwandlung  aus  Bosheit  durch  ein  anders  geartetes 
Übel  bestraft  wird,  gewissermaßen  umkehrt:  eine  irgendwie  beschaffene 
größere  oder  geringere  Verschuldung  wird  in  der  Form  der  Tier- 
verwandlung bestraft,  woran  sich  dann  in  natürlicher  Folge  die 
weitere  Wirkung  anschließen  kann,  daß,  sobald  durch  die  eine  Zeit 
lang  erduldete  Erniedrigung  zum  Tier  die  Schuld  gesühnt  ist,  die 
Erlösung  durch  Rückverwandlung  erfolgt.  In  der  psychologischen 
Entwicklung  dieser  primären  strafenden  Verwandlungen  ist  es  nun 
aber  wieder  ein  bedeutsamer  Zug,  daß  es  zunächst  nicht  die  großen, 
sondern  die  kleineren  Sünden  sind,  die  auf  solche  Weise  gestraft 
werden.  Der  Lucius  im  Roman  des  Apulejus,  der  zur  Strafe  für 
seine  Neugier  imd  für  den  vorwitzigen  Wunsch,  Glückszauber  zu 
üben,  durch  ungeschickte  Verwechslung  der  Zaubermittel  in  einen 
Esel  verwandelt  wird,  ist  ein  typisches  Beispiel,  mit  dem  der  Dichter 
wohl  zugleich  die  in  seiner  Zeit  umlaufenden  Märchenerzählungen 
ähnlicher  Art  parodiert  haben  mag.  Hatte  doch  in  der  hellenistischen 
Literatur  diese  Form  der  Wundererzählung,  die  in  Ägypten  schon  in 
frühe  Zeiten  hinaufreicht,  weit  in  den  Mittelmeerländem  und  über  sie 
hinaus  sich  ausgebreitet.  Ihr  bot  der  üppig  aufschießende  Dämonen- 
glaube des  Zeitalters  einen  besonders  günstigen  Boden.  Gerade  mdem 
sich  aber  die  Volkserzählungen  dieser  Art  im  Gebiet  der  kleineren  Ver- 
schuldungen oder  solcher,  die  als  kleinere  geachtet  wurden,  wie  Lüge, 
listiger  Betrug,  eheliche  Untreue  und  dergl,  bewegten,  eröffneten  sie 
zugleich  dem  zu  allen  Zeiten  geschätzten  Scherzmärchen  eine  ergiebige 
Quelle  des  Witzes,  da  schon  der  Kontrast  der  Tiergestalt  mit  den 


')  Cbcr  Wortzauber  vgl.  Teil  II,  S.  195  f.,  über  Wuierzaober  ebenda  S.  321  ff. 


i66 


Der  NatnrmTtbns. 


Gefühlen  und  Neigungen  des  Kulturmenschen  jener 
sicher    ist,   wie    sie  seit  Urzeiten  in    dem   komisch 
Triumphe  gefeiert  hat  *).    Noch  in  unsern  heute  umi^ 
bietet  die  Geschichte  von  den  >sieben  Raben«  (Gi 
Bild    solcher   Tiervenvandlungen    um   leichter   Vl 
Bringt  man  in  Abzug,  was  aus  dem  Gebiet  der  i 
diese   Erzählung    übergegangen    ist,    so   bleibt 
Handlung  der  folgende:  »Ein  Elternpaar  schickt 
aus,    um  Taufwasser   fiir   die   eben   geborene 
Jenen  fallt  der  Krug  in  den  Brunnen,  und  si- 
nicht  nach  Hause.     Da  ruft  der  Vater  im  / 
wollte,  daß  die  Jungen  zu  Raben  würden*.    Ka 
auch    schon   sieben  schwarze  Raben   über 
Die  Schwester,  die,   als   sie  herangewachsei 
hört,  macht  sich  nun  Gewissensbisse  darüb 
des  Unglücks  ihrer  Brüder  sei.     Sie  zieht  ? 
kommt  nach  langer  Wanderung  an  einen  I 
geweissagt  ist,  die  Brüder  finden  wird.    D 
zu  der  ihr  der  Schlüssel   fehlt.     Da  schi 
Fingerchen   ab   und    schließt   damit   auf. 
Abend  die  sieben  Raben  geflogen.    Ihr 
erlöst  werden,  wenn   ihr  Schwesterlein 
wo  dieses  hinter  der  Tür  hervortritt,   ni 
Gestalt  an,  und  alle  kehren  fröhlich  nac  ^ 
ist,  wie  man  sieht,  die  Verschuldung,  u-  ^' 


mde 

.  herr- 

Furcht 

i.  Diese 

.ndeni  die 

j  K^ungen 

^  des  Völkcr- 

r  bestimmten, 

sr  bedeutsamen 

i-rlösang,    das 

,5  Her  lum  ersten- 

erhiDdet  sidi  unter 

jaaibirkeit  gqfcn- 

.^j^  dum  durch  die 

SV  (kr  anfopfernden 

^stfier  Emiedriguiig. 

Motivwandd 


;^3rti«Venwidhii«cn  und 
j|,flrt«l»ta  RadicmotTO 

':A  ^  ""^  cntenmal  das 
\- der  Strafe  Mnübcr;  und 


sokhen 

^   b  glekkcm  Maße 

^        — ^^  Venchiebuiig 

tritt 


sehr   unerhebliche,    ein    unbedachter  z^ 
höchstens  noch  von  Seiten   der  Knabi^ 
Kruges   und   die    aus   Angst   unterUu 
Dafiir  tritt  nun  aber  ein  neues  Motivcl 
besteht  darin,  daß  die  Erlösung  dun 
werden  muß.    Die  Schwester  gibt  il# 
zu  finden.     Auch  das  ist,  ähnlich  c 
Strafe  verhängten  V^erwandlung,  ber- 


^.>  Wie  diese  Neigung  zu  komischen  Ep; 
die  die  christlichen  SchriftsteUer  von  sol 
zum  Teil   stark  herübergewirkt  hat,  beir 
erzählungen.  1906.  S.  32f. 


M  der  ktite  Schritt, 
Godiiclite  des 
lyil,  in  der 


ifchen. 


i6q 


erst  gestreift  wird.     Das  ist 
Strafe  für   schwere  religiöse 
*»  sich  hier  vermöge  einer  nahe- 

zu dem  gegenwärtigen  Leben 
'»;  afe  für  ein  der  bloßen  Befrie- 

»MVA     '    "  '"    '  '  s  Leben.     In  dem  Märchen,  so 

'^  ^Uit    .       '*'        '  Ibstlose  Hingabe  und  der  Dank- 

■  •^■•»Hi4         "  '^*^  kennt,  ist  es  durchweg  erst 

•<#iiM.  ""'  ein  unbedachtes  Wort,  eine  leicht- 

jy^jj  • "  Ticrvenvandlung  als  direkte  Strafe 

^       ^   '*'*•  dt.     So  geschieht  es  denn  infolge 

'^    * '  ''■  'rf  j,  an  denen  vermöge  der  psychischen 

^:he  Gebiet  so  reich  ist,   daß  gerade 
r   ethisch  höchststehenden  Form   des 
rgang  in  das  Scherzmärchen  besonders 
Mythenmärchen  und  nicht  der  Volks- 
ctzten  Schritt  getan,  der  das  Motiv  der 
iier   letzten   Ausbildung   entgegenfuhrte, 
irund    eines    ausgebildeten  Göttermythus 
iystik,  die  in  der  Idee  der  Seelenwan- 
i  er  Verwandlung  als  Strafe   erst  konsequent 
/m   dieses  Ziel    zu  erreichen,    mußte    frei- 
-.»gisches  Motiv   die    in   dem   Seelenglaubcn 
\'orstellung  von  der  Psyche  und  ihrer  Ver- 
armen,  und   es  mußte  außerdem  eine  unter 
Göttervorstellungen   stehende  Ausbildung   der 
i'enden  Vergeltung  hinzukommen.    Das  Mythen- 
irenzen   beider  Vorstellungen,    aber   es    über- 
'^n  seinen  Tierverwandlungen  haben  die  Seelcn- 
<t:inen  Anteil,    oder  sie    klingen   höchstens  da 
•icbe  an,  mit  der  z.  B.  in   den  abendländischen 
*-ing   die  Verwandlung  in  Vogelgcstalt    gewählt 
xnnbare  Erinnerung  an  den  Seelenvogel.     Doch 
rohen  kennt  durchweg  diese  Bevorzugung  nicht, 
i^urchweg  die  Vorstellung,  daß  dem  Übergang  in 
Trennung  der  Psyche  vom  K^irpcr,  also  der  Tod 
-sgehe.     Vielmehr  verwandelt   sich    der    Mensch 


l68  I^CT  Naturmythns. 


Gefühle  erheben,  indem  sie  diese  in  die  ihnen  ursprünglich  fremde 
Zauberwelt  eindringen  läßt.  Dabei  werden  die  in  der  letzteren  herr- 
schenden Motive  des  egoistischen  Strebens  nach  Glück  und  der  Furcht 
vor  schädlichem  Zauber  selbst  in  sittliche  Motive  umgewandelt.  Diese 
Entwicklung  vollzieht  sich  aber  nicht  mit  einem  Male,  sondern  die 
einzelnen  Motive,  aus  denen  sich  schließlich  die  sittlichen  Regungen 
zusammensetzen,  bilden  sich,  wie  diese  die  Entwicklung  des  Völker- 
bewußtseins spiegelnde  Volksdichtung  zeigt,  in  einer  bestimmten, 
für  die  Psychologie  des  sittlichen  WoUens  höchst  bedeutsamen 
Aufeinanderfolge.  Zuerst  entsteht  das  Motiv  der  Erlösung,  das 
an  sich  nur  die  Erhebung  des  Menschen  über  das  Tier  zum  ersten- 
mal energisch  zum  Ausdruck  bringt.  Diese  verbindet  sich  unter 
besonderen  Bedingungen  mit  dem  Gefühl  der  Dankbarkeit  gegen- 
über der  erlösenden  Handlung,  imd  hieraus  erwächst  dann  durch  die 
Rückwirkung  auf  den  Handelnden  das  Motiv  der  aufopfernden 
Hingabe  für  die  Rettung  eines  andern  aus  seiner  Erniedrigung. 
Dazu  kommt  in  der  Folge  als  ein  selbständiger  weiterer  Motivwandel 
die  Rücklenkung  des  schon  bei  den  primitiveren  Verwandlungen  und 
namentlich  bei  dem  Bosheitszauber  stark  hervortretenden  Rachemotivs 
auf  den  Zaubernden  selbst.  Damit  zieht  sich  zum  erstenmal  das 
Motiv  der  rächenden  Vergeltung  in  das  der  Strafe  hinüber;  und 
dieses  verselbständigt  sich  endlich,  indem  die  Strafe  aus  einem  solchen 
sekundären  zu  emem  primären  Motiv  wird.  In  gleichem  Maße 
verschwindet  dann  aber  unter  dem  Einfluß  dieser  letzten  Verschiebung 
der  Vorstellungen  die  niedere  Zauber-  und  Dämonenwelt,  und  es  tritt 
entweder  ein  übermenschliches,  im  übrigen  aber  nur  unbestimmt 
gedachtes  Zauberverhängnis,  oder  es  treten  höhere  Göttervorstellungen 
an  ihre  Stelle.  So  ist  diese  glänze  Entwicklung  sittlich  und  religiös 
zugleich,  und  sie  ist  daher  auch  bereits  mit  jenen  persönlichen  Götter- 
vorstellungen verflochten,  die  schon  weit  über  das  Gebiet  der  dem 
Mythenmärchen  ursprünglich  eigenen  Vorstellungen  hinausliegen,  so 
sehr  die  letzteren  noch  vermöge  des  alle  diese  Wandlungen  über- 
dauernden Zauberglaubens  an  zahlreichen  Stellen  in  die  höhere  Götter- 
welt hineinreichen. 

Hierin  liegt  es  nun  offenbar  begründet,  daß  der  letzte  Schritt, 
der  hier  möglich  ist,  imd  der  in  der  weiteren  Geschichte  des 
menschlichen  Denkens  eine  bedeutsame  Rolle  gespielt  hat,   in  der 


Das  mythologische  Tiermärchen.  i6q 

Entwicklung  des  Mythenmärchens  kaum  erst  gestreift  wird.  Das  ist 
die  Tierverwandlung  des  Menschen  als  Strafe  für  schwere  religiöse 
und  sittliche  Verschuldungen  oder,  wie  sich  hier  vermöge  einer  nahe- 
liegenden Beziehung  des  zukünftigen  zu  dem  gegenwärtigen  Leben 
das  Verhältnis  meist  gestaltet,  als  Strafe  fiir  ein  der  bloDen  Befrie- 
digung sinnlicher  Triebe  hingegebenes  Leben.  In  dem  Märchen,  so 
rührende  Züge  der  Erlösung  durch  selbstlose  Hing^abe  und  der  Dank- 
barkeit für  erfahrene  Wohltat  es  bereits  kennt,  ist  es  durchweg  erst 
das  kleine,  entschuldbare  Vergehen,  ein  unbedachtes  Wort,  eine  leicht- 
sinnige Tat  und  ähnliches,  was  die  Tierverwandlung  als  direkte  Strafe 
auf  das  Haupt  des  Schuldigen  lädt.  So  geschieht  es  denn  infolge 
eines  jener  merkwürdigen  Sprünge,  an  denen  vermöge  der  psychischen 
Kontrastgesetze  das  mythologische  Gebiet  so  reich  ist,  daß  gerade 
hier,  auf  der  Schwelle  zu  der  ethisch  höchststehenden  Form  des 
Verwandlungszaubers,  der  Übergang  in  das  Scherzmärchen  besonders 
häufig  vorkommt.  Nicht  das  Mythenmärchen  und  nicht  der  Volks- 
mythus überhaupt  hat  den  letzten  Schritt  getan,  der  das  Motiv  der 
Strafe  in  dieser  Form  seiner  letzten  Ausbildung  entgegenführte, 
sondern  es  ist  die  auf  Grund  eines  ausgebildeten  Göttermythus 
gepflegte  philosophische  Mystik,  die  in  der  Idee  der  Seelenwan- 
derung das  Motiv  der  Tierverwandlung  als  Strafe  erst  konsequent 
zu  Ende  geführt  hat.  Um  dieses  Ziel  zu  erreichen,  mußte  frei- 
lich als  weiteres  mythologisches  Motiv  die  in  dem  Seelenglauben 
selbständig  entwickelte  Vorstellung  von  der  Psyche  und  ihrer  Ver- 
körperung in  neuen  Formen,  und  es  mußte  außerdem  eine  unter 
dem  Einfluß  höherer  Göttervorstellungen  stehende  Ausbildung  der 
ethischen  Idee  der  strafenden  Vergeltung  hinzukommen.  Das  Mythen- 
märchen streift  die  Grenzen  beider  Vorstellungen,  aber  es  über- 
schreitet sie  nicht.  An  seinen  Tierverwandlungen  haben  die  Seelen- 
vorstellungen noch  keinen  Anteil,  oder  sie  klingen  höchstens  da 
und  dort  in  der  Vorliebe  an,  mit  der  z.  B.  in  den  abendländischen 
Märchen  dieser  Gattung  die  Verwandlung  in  Vogelgestalt  gewählt 
wird,  —  eine  unverkennbare  Erinnerung  an  den  Seelenvogel.  Doch 
das  orientalische  Märchen  kennt  durchweg  diese  Bevorzugung  nicht. 
Vor  allem  fehlt  aber  durchweg  die  Vorstellung,  daß  dem  Übergang  in 
die  Tiergestalt  eine  Trennung  der  Psyche  vom  Körper,  also  der  Tod 
des  Menschen  vorausgehe.     Vielmehr  verwandelt   sich    der   Mensch 


lyo  I^c^  Naturmythus. 


ganz  und  bei  lebendigem  Leibe  in  das  Tier  und  wird  ebenso  aus 
diesem  bei  der  Erlösimg  wieder  in  seine  einstige  Gestalt  zurück- 
verwandelt. Eben  darum  fehlt  es  auch  hier  an  einer  Reihe  von 
Verwandlungen,  wie  sie  die  Seelenwanderung  voraussetzt  In  ethischer 
Beziehung  scheidet  sich  endlich  die  Strafe  der  Tierverwandlung  im 
Mythenmärchen  von  der  Seelenwanderungsidee  nicht  bloß  dadurch, 
daß  jene  stets  für  einmalige  Verschuldungen  eintritt,  womit  eben 
zusammenhängt,  daß  sie  selbst  nur  in  einer  einmaligen  Verwand- 
lung besteht,  während  die  Strafe  bei  der  Seelenwanderung  von  der 
gesamten  Lebensführung  abzuhängen  pflegt.  Dadurch  tritt  nun  auch 
hier  erst  eine  besondere  Assoziation  zwischen  der  Art  des  schuld- 
haften Lebens  und  den  Eigenschaften  des  Tieres  hervor,  in  dessen 
Körper  die  Seele  eingeht,  eine  Zuteilung,  die  der  Tierverwandlung 
des  echten  Mythenmärchens  fremd  bleibt.  So  weiß  das  »Gesetzbuch 
des  Manu«  nicht  bloß  das  einzelne  Tier  anzugeben,  in  das  der  Mensch 
für  eine  bestimmte  Verfehlung  verwandelt  wird,  sondern  es  zählt  die 
ganze  Reihe  der  Tiere  auf,  die  er  in  allmählich  aufsteigender  Richtung 
durchwandern  muß,  um  endlich  als  Mensch  wiedergeboren  zu  werden. 
In  allem  dem  bekundet  sich  die  Seelenwanderung  als  eine  philoso- 
phische Konzeption,  die  zwar  von  den  TierverwandluAgen  des  Volksr- 
mythus  in  ihrer  Verbindung  mit  dem  Seelenmythus  ausgegangen  ist, 
selbst  aber  diesem  Mythus  nicht  mehr  angehört. 

Betrachtet  man  jedoch  diese  in  der  Seelenwanderungslehre  zum 
Durchbruch  gelangte  Vorstellung  der  Tierverwandlung  als  einer  Strafe 
für  schwere  Verschuldung,  die  nach  dem  Prinzip  der  vergeltenden 
Gerechtigkeit  abgestuft  ist,  als  das  Endziel,  dem  die  Mythologie 
der  Tierverwandlungen  zustrebt,  ohne  es  selbst  zu  erreichen,  so 
bewegt  sich  diese  ganze  Entwicklung  zwischen  zwei  Punkten,  bei 
deren  letztem  die  im  Anfang  und  am  Ende  herrschenden  Anschau- 
ungen über  das  Verhältnis  zwischen  Mensch  und  Tier  als  Gegen- 
sätze erscheinen.  Im  Anfang  ist  das  Tier  in  der  Gestalt  der  als 
Ahnen-  und  Schutzdämonen  verehrten  Totemtiere  der  Vater  oder 
mindestens  der  ältere  Bruder  des  Menschen,  der  sich  vor  allem  da, 
wo  er  dem  Menschen  hilfreich  nahetritt,  selbst  vorübergehend  in  einen 
Menschen  verwandeln  kann.  Dann  wird  allmählich  das  Schutzverhältnis 
ein  wechselseitiges,  das  durch  Verträge  oder  durch  Opfer,  die  aus 
dem   vorangegangenen    Stadium    übernommen    sind,    gefestigt    ist. 


•^  Das  mythologische  Tiermärchen.  lyi 

Jetzt  erscheinen  namentlich  die  in  Heerden  lebenden  Tiere  als  eigen- 
artige Stammesverbände.  Aus  dem  älteren  wird  so  das  Tier  zum 
»jüngeren  Bruder«  des  Menschen.  Als  solcher  hat  es  diesem  nütz- 
liche Dienste  zu  leisten ;  aber  seinem  Wesen  nach  bleibt  es  ihm  gleich, 
wenn  es  auch  immer  noch  infolge  der  ihm  zugeschriebenen  Ver- 
wandlungen über  besondere  dämonische  Kräfte  verfugt.  Von  da  an 
bewegt  sich  nun  die  Schätzung  des  Tieres  immer  mehr  abwärts: 
in  einen  Menschen  wird  es  nicht  mehr  verwandelt,  außer,  wenn  es 
zuvor  ein  solcher  gewesen  ist,  in  der  Form  der  Erlösung.  Die  Tier- 
verwandlung des  Menschen  wird  daher  jetzt  als  eine  Erniedrigung 
imd  zuletzt  als  eine  Strafe  empfunden,  worauf  dann  in  der  Fortbildung 
dieser  Anschauung  die  sich  anschließende  mystische  Theosophie  in 
ihr  ein  Mittel  findet;  durch  das  sich  die  Strafe  in  einem  jenseits  des 
gegenwärtigen  Daseins  liegenden  Leben  nach  der  Schwere  der  reli- 
giösen Verschuldung  abstuft. 

1.  Die  mythologischen  Fabeltiere:  der  Drachentypas. 

In  naher  Beziehung  zu  jenen  partiellen  Tierverwandlungen,  wie 
sie  nach  dem  Mythenmärchen  bald  die  Ehe  zwischen  Mensch  und 
Tier  bald  der  Aufenthalt  unter  den  Tieren  hervorbringt,  scheinen 
äußerlich  jene  Mischgestalten  zu  stehen,  die  schon  eine  frühe  Kunst 
in  den  Verbindungen  menschlicher  und  tierischer  Formen  erzeugt, 
und  die  dann  auch  die  Sage  teils  bei  der  Schilderung  der  Kämpfe 
der  Götter  und  Helden  mit  Ungeheuern  zur  Darstellung  dieser  letz- 
teren, teils  zur  Ausstattung  der  Götter  und  Heroen  selbst  mit  Tier- 
attributen  verwendet.  Man  denke  nur  an  die  Giganten  und  Heka- 
toncheiren,  die  Zyklopen  und  Zentauren,  an  die  Sphinx-  und  die 
Greifgestalten,  endlich  an  die  tierköpfigen  oder  von  ihren  »heiligen 
Tieren«  umgebenen  Götter  *).  Auf  den  wahrscheinlichen  Zusammen- 
hang dieser  Vorstellungen  mit  einem  uralten,  freilich  in  den  Gebieten, 
wo  sich  in  Kunst  und  Kultus  diese  Mischformen  erhalten  haben,  längst 
dem  Gedächtnis  entschwundenen  totemistischen  Seelen-  und  Ahnen- 
kult ist  schon  früher  hingewiesen  worden  (Teil  II,  S.  283  ff.).  Zur  Be- 
wahrung  dieser  Nachwirkungen  vergessener  Vorstellungen  mochten 


')  M.  W.  de  Visser,  Die  nicht  menschengestaltigen   Götter   der  Griechen,    1903, 
bes.  S.  183  ff. 


iy2  I^er  Natarmythug. 


wohl  später  hinzugetretene  Motive  das  ihrige  mit  beitragen.  Be- 
sonders aber  hat  hier  eine  Wanderung  der  Vorstellungen  eingegriffen, 
bei  der  diese  in  bereits  fest  ausgebildeten  Formen  in  fremde  Gebiete 
übertragen  wurden,  innerhalb  deren  die  ursprünglichen  Motive  selbst 
wohl  niemals  vorhanden  gewesen  waren.  Auf  diese  in  den  meisten 
Fällen  sehr  komplexen  und  zumeist  auch  infolge  der  Mythenwande- 
rungen einer  sicheren  Nachweisung  ihres  Urspmngs  sich  entziehen- 
den Erscheinungen  näher  einzugehen,  liegt  hier  um  so  weniger  ein 
Grund  vor,  als  die  meisten  dieser  Gestalten  erst  in  der  Helden-  und 
Göttersage  zur  Ausbildung  gelangen,  während  das  Mythenmärchen 
im  allgemeinen  nur  in  den  unbestimmteren  Vorstellungen  von 
furchtbaren  Tier-  oder  Menschenungeheuern  und  von  der  Zauber- 
macht gewisser  Tiere  die  Vorbereitung  dazu  bietet.  Nur  eine  unter 
diesen  Formen  gibt  es,  die,  obgleich  auch  sie  sich  offenbar  erst 
in  der  Götter-  und  Heldensage  voll  entwickelt  hat,  doch  infolge 
ihrer  großen  Verbreitung  neben  den  ursprünglich  schon  dem  Märchen 
eigenen  Riesen,  Zwergen  und  Spukdämonen  zu  einer  beliebten 
Märchengestalt  gieworden  ist,  wenn  sie  auch  weniger  dem  eigent- 
lichen Mythenmärchen  als  seinen  späteren  Umbildungen  angehört: 
das  ist  die  Gestalt  des  Drachen.  Ihre,  freilich  keineswegs  nach 
allen  Richtungen  zureichend  geklärte  Entstehungsgeschichte  mag  uns 
zugleich  als  Beispiel  iiir  die  Komplikation  der  Bedingungen  dienen, 
die  bei  der  Entstehung  dieser  Gattung  mythologischer  Vorstellungen 
zusammenwirken. 

Die  Drachengestalt  ist  bekanntlich  ein  Mischgebilde  aus  min- 
destens zwei,  zuweilen  aber  auch  drei  und  mehr  Tierformen,  die 
in  ihr  in  einer  sonst  selten  wieder  erreichten  VoUkonmienheit  zu 
einer  organischen  Einheit  verbunden  sind.  Den  Rumpf  bildet  die 
gewundene  Schlange,  deren  Haut  aber  in  ihren  stacheligen  Schuppen 
an  den  Panzer  des  Krokodils  oder  Alligators  erinnert.  Auch  Kopf 
und  Gebiß  sind  zum  Teil  diesen  Riesentieren  nachgebildet,  während 
die  spitze,  geringelte  Zunge  wieder  der  Schlange  entnommen  ist,  da- 
gegen die  Zehen  und  Krallen  an  den  Raubvogel,  der  lange  Schweif 
und  die  zuweilen  vorkommenden  Homer  an  die  eines  großen  Zwei- 
hufers gemahnen.  Dazu  kommen  als  weitere,  nicht  regelmäßige,  jedoch 
häufige  Attribute,  ein  feuersprühender  Rachen,  mehrere  Köpfe  und 
zuweilen  gewaltige  aus  dem  Rumpf  hervorwachsende  Flügel.     Das 


Das  mythologische  Tiermärchen.  ij^ 

ist  die  typische  Gestalt  des  Drachen,  wie  sie,  mit  geringen  haupt- 
sächlich zwischen  den  Grundgestalten  der  Schlange  und  des  Kroko- 
dils sich  bewegenden  Variationen,  in  der  Alten  Welt  von  dina  und 
Japan  an  bis  in  den  hohen  Norden  überall  wiederkehrt,  und  wie  sie 
in  der  Neuen  Welt  und  im  Süden  des  afrikanischen  Kontinents 
wenigstens  in  der  verwandten  Form  einer  fabelhaften  Riesenschlange 
verbreitet  ist  Gerade  diese  einfacheren,  noch  enger  an  eine  wirk- 
liche Tiergestalt  sich  anschließenden  Märchenwesen  bei  Naturvölkern 
zeigen  aber  deutlich,  wie  sich  bei  der  Ausbildung  der  spezifischen 
Drachengestalt  allgemeine  psychologisdie  Motive  mit  historischen 
Bedingungen  verbunden  haben,  um  der  Form  in  dieser  besonderen 
Eigenart  bei  den  Kulturvölkern  die  Vorherrschaft  über  die  andern, 
ähnlichen  furchterregenden  dämonischen  Wesen  zu  sichern.  Weist 
die  Eigenart  dieses  Gebildes  auf  eine  singfuläre  Entstehung  und  auf 
geschichtliche  Wanderungen  hin,  so  würde  anderseits  die  weite 
Verbreitung  schwerlich  möglich  gewesen  sein,  wären  nicht  gewisse 
überall  selbständig  wiederkehrende  psychologische  Motive,  die  in 
der  gleichen  Richtung  liegen,  zu  Hilfe  gekommen.  Dadurch  ge- 
hört der  Typus  des  Drachen  zu  jenen  mythologischen  Vorstellungen, 
die  weder  ausschließlich  von  einem  bestimmten  geschichtlichen  Ur- 
sprungspunkt ausgegangene,  noch  auch  überall  unabhängig  aus  den 
gleichen  psychischen  Motiven  entstandene  Bildungen,  sondern  eben 
beides  zugleich  sind:  mythische  Gebilde  aus  allgemeingültigen  Motiven, 
aber  in  der  Eigenart  ihrer  Entwicklung  doch  zugleich  innerhalb  der 
Kulturwelt  durch  singulare  geschichtliche  Einflüsse  bedinget. 

Unter  den  allgemeinen  psychologischen  Motiven  stehen  hier  vor 
allem  zwei  im  Vordergrund,  die  auf  diese  typische  Verkörperung 
des  Furchtbaren  hindrängen.  Das  eine  lieget  in  der  schrecken- 
erregenden Wirkung  der  das  gewöhnliche  Maß  weit  überschreitenden 
Größe  einer  Tier-  oder  Menschengestalt  überhaupt,  die  durch  die 
monströse,  aus  verschiedenen  Formen  gemischte  Bildung  gesteigert 
wird.  Das  »Ungeheuer«  in  dieser  allgemeinsten  Bedeutung  des 
Wortes  spielt  schon  im  frühen  Mythenmärchen,  besonders  im  Glücks- 
märchen als  Verkörperung  der  Gefahren,  die  den  abenteuernden 
Helden  bedrohen,  eine  hervorragende  Rolle.  In  der  Gestalt  des 
Riesen  wird  das  Ungeheuer  mit  Vorliebe  in  menschlicher  Form  ge- 
dacht.  Der  riesenhafte  Kannibale,  der  Menschen,  Viehherden  und  ganze 


1^4  ^*'  Naturmythus. 


Dörfer  verschlingt,  ist  so  der  verbreitetste  Repräsentant  des  Ungeheuer- 
typus bei  den  Naturvölkern,  der  sich  dann  zum  Teil  noch  weit  in  die 
Sage  und  in  das  spätere  Märchen  erstreckt  (S.  5 4  f.,  90  ff.,  104  f.).  Das 
zweite  Motiv  entspringt  aus  dem  Eindruck  der  Schlange  mit  dem  ihr 
eigenen  Charakter  des  Unheimlichen  und  Dämonischen.  Aus  den 
Affekten,  die  an  die  Auffassung  dieser  Tiere  bald  als  schützender 
Ahnen-  oder  Hausgeister,  bald  als  furchtbarer  dämonischer  Wesen 
geknüpft  sind,  entspringt  ein  Schwanken  der  Gemütslage,  wie  es  dem 
Gebiet  des  Dämonischen  überall  eigen  ist,  und  wie  es  besonders  bei 
der  Schlange  durch  die  Bewegungsweise  und  den  versteckten  Aufent- 
haltsort des  Tieres  den  Übergang  der  Seele  in  den  furchterregenden 
Dämon  begünstigt  (vgl.  Teil  II,  S.  61  f.).  In  der  Riesenschlange  ver- 
binden sich  nun  diese  beiden  Eigenschaften  des  gewaltigen  Unge- 
heuers und  des  dämonischen  Tieres  zu  einem  Ganzen,  das  die  wesent- 
lichsten Eigenschaften  des  Drachen  bereits  an  sich  trägt.  Indem 
vollends  die  Riesenschlange  in  der  mythologischen  Vorstellung  zu 
einem  nie  gesehenen,  der  Vorzeit  angehörenden  Wesen  wird,  kann 
sie  sich,  wie  dies  bei  den  australischen  Waramunga  geschieht,  zum 
Gegenstand  eines  Zeremonienkultus  erheben,  bei  dem  die  Furcht 
vor  der  dämonischen  Macht  der  gewöhnlichen  Schlange  durch  diese 
mythologische  Vergrößerung  ins  Ungeheure  sichtlich  gesteigert  ist '). 
Weiter  ausgebildet  findet  sich  dann  dieselbe  Vorstellungsreihe  in 
Amerika,  wo  die  Schlange  als  Kult-  und  Zaubertier  überhaupt  wohl 
die  ausgedehnteste  Bedeutimg  gewonnen  hat.  So  sind  nach  dem 
Mythus  der  Cherokesen  die  Schlangen  die  Herrscher  über  alle  andern 
Tiere  und  sogar  über  die  Pflanzen,  eine  Vorstellung,  die  möglicher- 
weise durch  das  beiden  zuweilen  gemeinsame  Merkmal  des  Giftigen 
veranlaßt  sein  mag.  Als  der  Häuptling  des  Stammes  aller  Schlangen 
gilt  aber  eine  riesige  Klapperschlange,  die  dereinst  —  vielleicht  eine 
dunkle  Erinnerung  an  die  Seele  in  Schlangengestalt  —  ein  Mensch 
gewesen  sein  soll,  und  die  als  Zeichen  ihrer  Macht  Hörner  am  Kopfe, 
einen  strahlenden  Diamantj^g^  der  Stirn  und  glänzende  Schuppen 
am  übrigi^^^Ba*  trag^^^^^^ —  bereits  ein  deutliches  Hinüber- 
spiekii  j^^l^^^fung^^^^^^Kte,  wie  sie  sich  in  der  historischen 
Drache^^L^Hi^^'i^^^^^^l      Schon    die    Ausstattung    dieses 


Tdbes  of  Cenlml  Anstralia,  p.  227  ff. 
okccs,  Ktlin.  Eep.  ^X,  1900,  p.  256 ff. 


Das  BjtfMlogiselie  Tiennlrdieii.  i-c 


Schlangenkönigs  mit  strahlenden  Attributen,  mit  der  wohl  audi  die 
Vorstellung  zusammenhangt,  daß  sein  Anblick  todbringend  sei,  weist 
jedoch  außerdem  auf  die  Assimilation  anderer  Vorstellui^ren  hin, 
die  in  das. Gebiet  des  Himmelsmarchens  hineinreichen.  In  der  Tat 
erzählt  ein  Märdien  der  Cherokesen,  die  Tochter  der  Sonne  habe 
dereinst  einmal  durch  ihre  Strahlen  ein  Fieber  erzeugt,  an  dem  \iele 
Menschen  starben.  Da  sei  die  gehörnte  Riesenschlange  zum  Himmel 
gesandt  worden;  sie  habe  die  Tochter  der  Sonne  getötet,  und  das 
Fieber  sei  verschwunden').  Wie  hier  die  Riesenschlange  das  leuch- 
tende Himmel^estim  tötet,  so  assoziiert  sich  nun  auch  umgekehrt 
die  Vorstellung  einer  feurigen  Riesenschlange  mit  andern  Himmelf»- 
erscheinungen,  wie  mit  dem  Blitz  und  dem  Regenbogen,  und  damit 
treten  dann  wohl  noch  jene  weiteren  Mythen  in  Beziehui^, 
nach  denen  beim  Sonnenuntergang  und  bei  den  Verfinsterungen  der 
großen  Gestirne  diese  von  einem  dunkeln  Dämon  verschlungen 
werden,  während  das  Feuer  der  verschwindenden  Sonne  zugleich  als 
der  feurige  Rachen  des  verschlingenden  Ui^feheuers  appendpiert 
wird.  Von  hier  aus  li^  eine  weitere  Verbindung  nahe,  wie  sie 
unter  den  Kulturvölkern  der  Alten  Welt  die  Chinesen  in  ihren 
übrigens  den  sonst  verbreiteten  Formen  verwandten  Drachenunge- 
heuern zum  Ausdruck  gebracht  haben:  das  ist  die  Verbindung  mit 
dem  Bilde  eines  riesigen,  aus  seinen  Augen  Blitze  schleudernden^ 
mit  seinen  gewaltigen  Schwingen  den  Donner  erzeugenden  Raub- 
vogels*). So  wahrscheinlich  es  hiemach  aber  ist,  daß  der  spätere 
Drachentypus  seine  Eigenschaft  Feuer  zu  speien  und  seine  Vogelattri- 
bute zum  Teil  diesen  himmlischen  Projektionen  irdischer  Schlangen- 
und  Vogelgestalten  verdankt,  so  bleibt  das  doch  immer  ein  neben- 
sächlicher Zug.  Der  eigentliche  Vorfahre  des  Drachens,  namentlich 
seiner  die  abendländische  Kulturwelt  beherrschenden  Form  ist  un- 
verkennbar die  irdische  Riesenschlange,  deren  Bild  dann,  außer  in 
Himmelserscheinungen,  auch  in  andere  irdische  Naturerscheinungen 
hinüberwandem  oder  mit  andern  Riesentieren  von  ähnlichen  furcht- 


')  Mooney,  a.  a.  O.  p.  252  ff. 

*)  Über  den  Blitz  als  Schlange  bei  den  Algonkins  u.  a.  vgl.  Brinton,  The  Myths 
of  the  New  World^j'igos,  p.  134  ff.  Über  den  Regenbogen  als  Schlange  bei  den 
Aostraliem  in  Queensland  Howitt,  The  native  Tribes  etc.  p.  434,  bei  den  Cherokesen 
Mooney  a.  a.  O.,  p.  408.     Über   das  Verschlingrungsmotiv   überhaupt  vgl.  unten  6,   e. 


iy6  I^cf  Natnrmytiias. 


errufenden  Eigenschaften  in  Konkurrenz  treten  konnte.  In  der  Tat 
ist  es  allem  Anscheine  nach  eine  Mischung  dieser  beiden  Bedin- 
gungen, die  schließlich  der  zur  Vorherrschaft  gelangten  Drachengestalt 
ihren  Ursprung  gegeben  hat. 

Im  Vordergrunde  steht  hier  zunächst  die  Aufiiahme  des  Bildes 
der  Schlange  in  den  Kreis  der  kosmogonischen  Mythen,  wie  sie  uns 
am  ausgeprägtesten  in  der  babylonischen  Schöpfungssage  des  Epos 
Enuma  elisch  begegnet*).  Der  Vorstellung  der  Urmutter  Tihamat, 
die  sich  mit  Schlangen,  Molchen,  Hunden,  Skorpionen  und  anderen 
schrecklichen  Tieren  umgibt,  spiegelt  unverkennbar  das  Bild  der 
am  fernen  Horizont  die  Küste  begrenzenden  Meerflut;  und  der  Gott 
Marduk,  der  auf  den  Leib  der  Tihamat  tritt  und  diesen  in  die  zwei 
Teile  spaltet,  aus  deren  einem  der  Himmel  und  aus  deren  anderem 
die  Erde  wird,  ist  das  deutliche  Bild  des  durch  den  kosmogonischen 
Maßstab  ins  Übergewaltige  vei^ößerten  Drachentöters.  Jene  Welt- 
schlange selbst  ist  aber  wohl  zu  einem  Vorbild  des  furchtbaren  Meer- 
ungeheuers geworden,  das  bei  den  orientalischen  Völkern  in  einen 
G^ensatz  zu  dem  Fisch  tritt,  der  als  ein  dem  Menschen  wohl- 
gesinntes, ihn  aus  der  Gefahr  der  stürmischen  Seeflut  rettendes  Wesen 
erscheint.  So  ist  in  China  und  Japan  der  Fisch  das  verbreitete 
Symbol  der  Erlösung  aus  Not  und  Schuld.  In  der  indischen  Flut- 
sage ist  es  der  Gott  selbst,  der  in  Fischgestalt  die  Arche  lenkt; 
und  wenn  in  Griechenland  der  Delphin  die  ähnliche  Rolle  des 
Retters  übernimmt,  so  ist  es  wohl  das  mit  dem  Seetier  überhaupt 
sich  verbindende  Bild  der  sicheren  Bewegung  durch  die  den  Menschen 
gefährdende  Meerflut,  das  diese  Vorstellungen  en^eckte,  ein  Bild, 
das  ja  auch  in  dem  christlichen  Fischsymbol  lange  nachgewirkt  und 
hier,  nachdem  seine  ostasiatische  Heimat  längst  vergessen  war,  die 
merkwürdigsten  Deutungen  gefunden  hat  (vgl.  unten  6  c).  Freilich 
können  die  Riesen  unter  den  Fischen  oder  fischartigen  Tieren,  der 
Walfisch,  der  Haifisch,  wohl  auch  als  Seeungeheuer  gedacht  werden. 
Bei  der  Schlange  mag  aber  gerade  der  mythische  Charakter  eines 
solchen  in  der  Tiefe  des  Meeres  verborgenen  Fabelwesens  diesen 
Eindruck  des   Furchtbaren   begünstigt  haben.      Dabei    hat   mm    die 


')  Vgl.    die  Obersieht  seines  Inhalts  nnd    die   Hanptstellen  bei  O.  Weber,   Die 
Literatur  der  B-  mcr,  -^       " 


Das  mythologische  Tiermfirchen.  I*?^ 

Riesenschlange  in  der  orientalischen  Mythen-  und  Märchenwelt  frühe 
schon  in  dem  Krokodil  einen  Konkurrenten  gefunden.  Während  die 
Meeresschlange  vor  allem  in  Babylon  ihre  mythische  Heimat  hat,  wird 
das  Riesenkrokodil  seit  alter  Zeit  in  Ägypten  gleichzeitig  als  heiliges 
Tier  verehrt  und  als  Zauberwesen  gefürchtet.  So  begegnet  uns  denn 
in  den  biblischen  Anspielungen  auf  uralte  mesopotamische  Mythen- 
märchen, im  Buche  Hiob,  im  Psalm,  in  einzelnen  Versen  des  Propheten 
Jesaja  eine  Mehrheit  solcher  Ungeheuer  unter  den  Namen  Leviathan, 
Behemoth,  Rahab,  wobei  es  freilich  bei  der  gegebenen  Schilderung 
einigermaßen  unsicher  bleibt,  welche  der  beiden  Tiergestalten,  Schlange 
oder  Krokodil,  oder  vielleicht  neben  beiden  auch  das  Nilpferd,  als 
Vorbilder  gedient  haben  (Hiob  26,  40 — 41,  Psahn  74,  89,  Jes.  27,  51) '). 
Wie  es  sich  aber  auch  mit  der  Verteilung  der  Rollen  zwischen  diesen 
schon  in  ihren  Namen  auf  eine  Mehrheit  solcher  Fabelwesen  hin- 
weisenden Vorbildern  verhalten  möge,  die  zwei  Tatsachen  scheinen 
sicher,  daß  einerseits  eine  Verschmelzung  der  Eigenschaften  ver- 
schiedener Tiere  hier  bereits  eingeg^iTen  hat,  und  daß  anderseits 
unter  den  wirklichen  Vorbildern  die  Riesenschlange  und  das  Riesen- 
krokodil im  Vordei^rrund  stehen.  So  entspricht  die  Mischform  des 
Drachen,  die  in  jenen  biblischen  Anspielungen  noch  zwischen  den 
verschiedenen  Urtypen  schwankt,  genau  den  zwei  großen  Kultur- 
völkern, die  auf  die  vorderasiatische  Welt  den  entscheidenden  Ein- 
fluß geübt  haben:  Babylon  und  Ägypten.  Aber  lange  noch  hat  in 
der  Konkurrenz  der  diesen  Gebieten  angehörenden  Riesentiere  die 
Schlange  den  Vorrang  behauptet.  Vor  allem  da,  wo  Sümpfe  und 
Wassertiefen  dem  Ungeheuer  als  Wohnstätten  angewiesen  werden, 
bleibt  der  Schlangentypus  der  vorherrschende,  während  die  aus 
Schlange  und  Eidechse  gemischte  Form  mehr  an  den  Aufenthalt  in 
Höhlen  und  Erdschluchten  gebunden  ist.  Darum  kehrt  die  Vor- 
stellung von  der  Riesenschlange  der  Urzeit  auch  anden^ärts  besonders 
in  kosmogonischen  M>'then  wieder,  vermöge  der  Bedeutung,  die 
in  ihnen  der  Wassertiefe  zukommt:  so  in  der  Midgardschlange, 
die  nach  der  nordischen  Sage  das  ganze  Erdenrund  tmispannt 
Daneben  drängt  sich  aber  auch  überall  da  die  Schlange  in  den 
Vordergrund,   wo   das    Ungeheuer  als  eine  Verkörperung  der  Bos- 


*    H.  Gunkel.  Schöpfung  and  Chaos  in  Urzeit  nnd  Endzeit.  1895.  ^-  ^9^- 

Wandt.  V : Ikcrpsychologic  D,  3.  12 


1^3  ^^^  Natarxnythns. 


heit  gedacht  ist,  eine  Vorstellung,  die  sichtlich  durch  die  un- 
heimlich schleichende  Bewegung  des  Tieres  und  das  tötliche  Gift 
ihres  Bisses  unterstützt  wird.  So  bilden  nach  dem  Avesta  und  im 
Bundehesh  Schlangen,  Kröten  und  Skorpionen  das  Gefolge  Ahrimans, 
des  bösen  Weltschöpfers,  Vorstellungen,  mit  denen  die  Verkörperung 
Satans  in  der  biblischen  Paradiesesschlange  entweder  von  Anfang  an  im 
Zusammenhang  steht,  oder  mit  denen  sie  sich  jedenfalls  in  der  von 
dem  eranischen  Mythus  in  weiter  Ausdehnung  beeinflußten  christ- 
lichen und  mohammedanischen  Mythen-  und  Märchendichtung  vielfach 
verbunden  hat.  Doch  der  Charakter  dieser  in  der  äußeren  Gestalt 
des  Ungeheuers  sich  ausprägenden  Bosheit  ist  nun  selbst  dem  Wandel 
unterworfen.  Bei  den  früheren  Formen,  wie  sie  uns  in  den  Vor- 
fahren des  Drachen  bei  den  Naturvölkern  begegnen,  ist  das  Unge- 
heuer lediglich  der  zum  Objekt  gewordene  Schrecken  selbst  Für 
den  Märchenhelden  ist  es  böse,  weil  es  ihm  nach  dem  Leben  trachtet. 
Über  diese  naiv  egoistische  Stufe  erhebt  sich  erst  der  Sagenheld. 
Er  sucht  Ungeheuer  auf,  um,  wie  Perseus  oder  Herakles,  ein  unschul- 
diges Opfer  zu  retten,  oder  um  die  Welt  von  den  Schrecken  zu  er- 
lösen, die  es  verbreitet.  In  dieser  Folge  der  Kampfmotive  gehören 
die  des  großen  kosmogonischen  Kampfes  der  Lichtgötter  gegen  die 
Ungeheuer  der  Finsternis  ihrem  allgemeinen  Charakter  nach  der  letzten 
Stufe  der  Mythenbildung  an.  Bezeichnend  bleibt  es  aber  für  die 
Gleichförmigkeit  der  Mittel,  über  die  in  allen  diesen  Fällen  der 
Mythus  verfugt,  daß  das  Tierungeheuer,  nachdem  es  einmal  in  dem 
Drachentypus  seine  endgültige  Gestaltung  gefunden,  weiterhin  von 
der  ethischen  Entwicklung,  die  den  Motiven  des  Drachenkampfes  eigen 
ist,  unberührt  bleibt. 

Unter  den  Stufen  dieser  Entwicklung  drängt  sich  nun  besonders 
eine  in  den  Vordergrund,  die,  der  Grenze  zwischen  Mythenmärchen 
und  Sage  angehörend,  deutlich  die  allgemeinen  Bedingungen  erkennen 
läßt,  aus  denen  die  Motive  des  Drachenkampfes  hervorgehen.  Nach- 
dem es  sich  nämlich  in  den  roheren  Anfangen  dieser  Kampfesmythen 
nur  um  das  Leben  selbst  gehandelt  hatte,  beginnen  mehr  und  mehr 
der  Held  und  das  Ungeheuer  um  den  Besitz  eines  äußeren  Gutes 
zu  kämpfen.  Dieses  Gut  ist  ein  Schatz  aus  Gold  und  Edelsteinen, 
den  der  Drache  hütet,  und  den  der  Held  durch  Erlegung  des 
Ungeheuers   zu   erringen   trachtet.      Darum    liegt  jetzt    der   Drache 


Das  mythologische  Hermirchen.  lyn 

fest  in  seiner  Erdhöhle,  in  der  der  Schatz  vergraben  ist,  oder  er 
bewacht  die  Bäume,  die  die  goldnen  Früchte  tragen.  Auch  über- 
fallt er  nicht  unvermutet  die  ihm  B^egnenden,  sondern  der  Held 
sucht  das  Ungeheuer  auf,  um  ihm  den  Schatz  zu  entreißen. 
So  wehrt  ein  furchtbarer  Drache  den  Zugang  zu  dem  Garten  der 
Hesperiden,  so  schützt  der  Drache  Fafner  den  Hort  der  Nibelunge. 
Auch  die  biblische  Paradiesesschlai^e  ist  möglicherweise,  als  sich  die 
Sage  vom  Lebensbaum  in  den  Baum  der  Erkenntnis  des  Guten  und 
Bösen  umgewandelt  hatte,  aus  dem  Wächter  des  Gartens  zu  dem  Ver- 
führer geworden,  in  welchem  nun  die  Schlangen-  mit  der  Satansgestalt 
verschmolz.  Dieser  Kampf  des  Helden  mit  dem  Drachen,  der  einen 
Schatz  hütet,  weist  aber  unmittelbar  auf  das  Glücksmärchen  in  der 
spezifischen  Form  hin,  die  es  unter  dem  Einfluß  der  Edelmetalle  und 
Edelsteine  gewonnen  hat  (vgl  oben  S.  109  f.).  Von  hier  aus  überträgt 
sich  dann  der  Ruhm  des  Drachentöters  vom  Märchenhelden  auf  den 
Sagenhelden,  und  es  beginnen  nun  auch  die  dem  Glücksmärchen 
ebenen  Zaubervorstellungen  in  einer  diesem  Zaubertier  angepaßten 
Form  auf  den  Drachen  überzugehen:  sein  Blut  macht  unverwundbar, 
es  verleiht  dem,  der  es  trinkt,  die  Gabe,  die  Sprache  der  Tiere  zu  ver- 
stehen. Die  Furchtbarkeit  des  Ungeheuers  selbst  wird  zauberhaft  ge- 
steigert, indem  jedem  abgeschlagenen  Kopf  neue  Köpfe  nachwachsen, 
wie  bei  der  Lemäischen  Hydra,  oder  indem  die  gewaltigen  Zähne  des 
Ungeheuers,  nach  rückwärts  geworfen,  durch  die  Hinzimahme  des  all- 
gemein an  solchen  Wurf  ins  Blinde  gebundenen  Zaubers  furchtbare 
gewaflfnete  Streiter  erstehen  lassen,  wie  in  den  Drachenmythen  von 
Kadmos  und  Jason  (siehe  oben  S.  92).  Auf  solche  Weise  läßt  die 
Besiegrung  des  Drachen  den  Sieger  selbst  dessen  Zauberkraft  gewinnen, 
und  je  furchtbarer  der  Drache  durch  die  Ausstattung  mit  jenen  Eigen- 
schaften erscheint,  in  um  so  hellerem  Lichte  strahlt  die  Macht  und 
der  Ruhm  des  sieghaften  Helden.  Darum  gewinnt  die  Drachengestalt 
ihre  abschreckendsten  Züge  in  der  Heldensage,  und  sie  wächst  sich 
zur  gewaltigsten  Größe  aus  in  der  Göttersage,  wo  sie  dann  freilich 
in  dem  Streben,  den  Göttern  ebenbürtige  Gegner  hervorzubringen, 
wieder  an  dem  Polymorphismus  der  Göttergestalten  teilnimmt. 

Vielleicht  unter  der  Nachwirkung  der  Vorstellungen  solcher  Götter- 
kämpfe und  in  der  christlichen  Welt  unter  der  besonderen  Wirkung, 
die   die  AfiRnität    der  Teufels-  zur  Drachengestalt  ausübte,    hat  sich 


igO  ^^^  Naturmythas. 


endlich  das  Ungeheuer  in  eine  Verkörperung  des  Bösen  überhaupt 
umgewandelt.  Damit  ging  dann  auch  der  Drachenkampf  vom  welt- 
lichen Helden  auf  den  Glaubensstreiter  über.  Es  ist  die  letzte  Wen- 
dung, die  das  Motiv  dieses  Kampfes  erfuhr.  Sie  steht  imter  dem 
doppelten  Einfluß  der  Verbindung  der  Drachen-  mit  der  Teufelsvor- 
stellung  und  der  im  Gefolge  der  Kriege  gegen  die  Ungläubigen  ent- 
standenen Gestalt  des  christlichen  Kämpfers,  der  Held  und  Heiliger 
zugleich  ist.  So  entstanden  die  Typen  des  heiligen  Georg,  des  heiligen 
Michael,  des  heiligen  Longinus  u.  a.  Die  Drachen,  die  sie  bekämpfen, 
sind  samt  und  sonders  Verkörperungen  des  Satans.  Der  Drachen- 
kampf bedeutet  jetzt  den  Sieg  über  den  Teufel  und  seine  Höllen- 
genossen. Daneben  bewahren  aber  doch  auch  noch  in  Märchen  und 
Sage  die  alten  Bedeutungen  ihre  Lebenskraft.  Vor  allem  das  Märchen 
hat  dabei  gegenüber  dem  Drachen,  diesem  Inbegriff  der  Furchtbar- 
keit und  Bosheit,  auch  die  Unschuld  bewahrt,  mit  der  es  das  Furcht- 
bare mildert  und  die  Bosheit  gelegentlich  in  Harmlosigkeit  umwandelt. 
Wie  es  aus  den  Riesen  und  Trollen  zuweilen  gutmütige  Gesellen  und 
aus  den  tückischen  Kobolden  hilfreiche  Spukgeister  macht,  so  werden 
in  der  neugriechischen  Variante  unseres  Schneewittchenmärchens 
sogar  die  sieben  g^uten  Zwerge  durch  vierzig  Drachen  ersetzt,  die  das 
arme  Schneewittchen  schützen  (Grimm,  Nr.  53;  von  Hahn,  Nr.  103). 
Das  konnte  freilich  nur  unter  dem  mitwirkenden  Einfluß  der  großen 
Verbreitimg  geschehen,  die  gerade  im  griechischen  Märchen  die 
Drachengestalt  gefunden,  und  die  diesen  Bedeutungswandel  des 
Furchtbaren  in  das  Barocke,  aber  Harmlose  möglich  macht,  nach  der 
allgemeinen  Regel,  daß  das  Furchtbare  aufhört  furchtbar  zu  sein, 
sobald  es  zur  Gewohnheit  geworden  ist. 

m.  Untergang  des  mythologischen  Tiermärchens.     Sein  Übergang 

in  die  Fabel. 

Mit  den  äußeren  Umwandlungen  des  Tiermärchens,  die  wir  bis 
dahin  verfolgt  haben,  geht  eine  innere,  verborgenere  Umbildung,  die 
aber  doch  an  mancherlei  Symptomen  erkennbar  ist,  Hand  in  Hand: 
das  geglaubte  Mythenmärchen  geht  mehr  und  mehr  in  eine  poetische 
Erzählung  über,  die  von  vornherein  als  Erfindung  gilt,  und  die  damit 
zugleich  den  spezifischen  Zwecken  dienstbar  wird,  die  sich  mit  der 
ästhetischen  Wirkung  einer  solchen  naiven  Erzählung  verbinden  können. 


Das  mythologische  Tiermttrchen.  l3x 

Alle  diese  Ausläufer  des  animalischen  Mythenmärchens  tragen  den 
Namen  der  Tierfabel,  die  wieder  die  älteste  Gattung  der  Fabd 
überhaupt  ist.  Die  frühe  Ausbildung,  die  sie  als  kunstmäOige  Form 
vor  allem  in  Griechenland  gefunden,  und  die  sie  nahe  an  die  Ent- 
stehungszeit des  Epos  heranrückt,  hat  bei  ihr  jene  natürlichen  Quellen 
der  Volksüberlieferung  vergessen  lassen,  die  bei  dem  Epos  in  der 
neben  ihm  fortbestehenden  Volkssage  noch  offen  zu  Tage  liegen. 
Denn  der  Überlieferung  des  Volksmärchens  war  längst  schon  der 
Glaube  an  seine  Wirklichkeit  abhanden  gekommen,  den  sich  die  Volks- 
sage fortan  bewahrte.  Um  dem  der  poetischen  Umbildung  voran- 
gehenden Ursprung  des  Märchens  und  vor  allem  auch  seiner  nach 
Ausdehnung  wie  Bedeutung  wichtigsten  Form,  des  Tiermärchens,  auf 
die  Spur  zu  kommen,  muß  man  daher  notwendig  über  die  Märchen- 
überliefenmg  der  Kulturvölker  zurückgehen  zu  jener  Stufe,  wo  das 
Märchen  noch  in  der  mythologischen  Gesamtanschauung,  von  der 
es  getragen  ist,  als  geglaubte  Wirklichkeit  gilt.  Auf  dieser  Stufe  ist 
aber  das  Märchen  ohne  allen  Zweifel  ebensogut  Mythus  wie  die  Sage, 
und  es  ist  zugleich  dessen  primitivere  Form.  So  bilden  denn  das 
mythologische  Tiermärchen  und  die  poetische  Fabel  die  beiden 
Endstationen  einer  Entwicklung,  zwischen  denen  an  sich  kaum  ein 
kürzerer  Weg  liegt  als  zwischen  der  Volkssage  und  dem  kunstmäOigen 
Epos,  nur  daß  dieser  Weg  in  frühere  Zeiten  zurückreicht  und  sich 
darum  nicht  der  direkten  geschichtlichen  Nachweisung,  sondern  erst 
der  psychologischen  Betrachtung  erschließt. 

Diese  Betrachtung  hat  uns  nun  gezeigt,  daß  das  Tiermärchen 
genau  so  lange  die  Form  bleibt,  in  der  die  von  Mund  zu  Munde 
gehende  Volkserzählung  die  mythologische  Anschauung  widerspiegelt, 
als  die  Vorstellungen  über  Tierahnen  und  Schutztiere,  über  Tier- 
verträge und  Sühnopfer  für  erworbenes  Jagdrecht  noch  in  wirklicher 
Geltung  stehen,  imd  als  im  allgemeinen  die  Tierverwandlung  des 
Menschen  noch  nicht  als  ein  Übel,  die  Rückverwandlung  als  eine 
Elrlösung  aufgefaßt  wird.  Demzufolge  gehören  nun  aber  auch  alle  jene 
Stadien,  wo  solche  Verwandlungen  zunächst  in  der  Form  des  Bos- 
heitszaubers und  seiner  rächenden  Vergeltung  und  endlich  gar  der 
Strafe  für  begangene  Schuld  auftreten,  bereits  einer  Bewegung  an, 
die  mehr  und  mehr  aus  dem  Gebiet  des  Mythus  in  das  der  reinen 
Dichtung  überführt.     Erst  in  dem  Seelenwanderungsglauben  erfahrt 


l82  Der  Naturmythus. 


diese  Bewegung  wieder  eine  Rücklenkung  gegen  ihren  Ausgangs- 
punkt Aber  dies  geschieht  im  Gefolge  starker  philosophisch-reli- 
giöser Einwirkungen,  bei  denen  die  ursprünglich  hier  fem  liegenden 
Vorstellungen  von  der  Psyche  und  ihren  Schicksalen  eine  entschei- 
dende Rolle  spielen. 

Mit  dem  Übergang  des  mythologischen  Tiermärchens  in  die  poe- 
tische Fabel  verschwinden  jedoch  keineswegs  die  Motive,  aus  denen 
einst  das  erstere  hervorgegangen  ist.  Die  Lust  am  Abenteuer  als 
solche  wirkt  freilich,  weil  in  ihr  ursprünglich  schon  der  Mensch  selbst 
als  handelnde  Person  in  den  Vorderg^rund  tritt,  mehr  in  den  novel- 
listischen Weiterbildungen  des  Glücksmärchens  als  in  der  Fabel  fort, 
wie  sie  ja  von  Anfang  an  außerhalb  des  Tiermärchens  Uegt.  Doch 
auch  die  bei  den  Tierverwandlungen  des  letzteren  wirksamen  Trieb- 
federn der  Rache,  der  Bosheit  und  ihrer  Vergeltung,  endlich  der 
Strafe  erfahren  bei  ihrer  allmählichen  Umbiegung  in  die  Tierfabel 
nicht  an  sich,  wohl  aber  in  der  Art,  wie  sie  zur  Darstellung  kommen, 
eine  wichtige  Verändenmg.  Bei  dem  Mythenmärchen  bleiben  sie 
der  Handlung  immanent,  der  Erzähler  und  Hörer  werden  zwar  mit 
von  ihnen  ergfriffen,  aber  es  geschieht  das  nicht  anders,  als  wie 
sie  auch  im  wirklichen  Leben  von  den  ähnlichen  Handlungen  be- 
rührt werden.  Je  mehr  die  märchenhaften  Vorstellungen  noch  als 
Wirklichkeit  gelten,  umsomehr  erregen  sie  daher  auch  durch  dieses 
Miterleben  die  eigenen  Affekte.  Mit  dem  Übergang  zur  poetischen 
Erfindung  dagegen  wird  die  Erzählung  zur  beabsichtigten  Schildenmg 
der  Folgen  bestimmter  Motive  und  der  aus  ihnen  entspringenden 
Handlungen.  Damit  gewinnt  sie  mehr  und  mehr  einen  lehrhaften 
Charakter,  und  indem  der  Erzähler  diese  Lehre  andern  mitteilt, 
herrschen  naturgemäß  nicht  mehr,  wie  im  ursprünglichen  Tiermärchen, 
geglaubte  Motive  der  Tiere  selbst,  sondern  rein  menschliche  Motive, 
die  aber  den  Tieren  untergeschoben  werden.  Daraus  ergeben  sich  für 
diese  letzte  poetische  Umbildung  des  Tiermärchens  zwei  Folgen: 
erstens  werden  die  Handlungen  der  Tiere  nicht  bloß  tatsächlich, 
sondern  absichtlich  zu  Abbildern  menschlichen  Tuns;  und  zweitens 
verschwinden  die  dem  mythologischen  Tiermärchen  eigenen  Be- 
ziehungen zwischen  Mensch  und  Tier  völlig.  Damit  verschwindet 
dann  auch  der  Mensch  selbst  aus  der  Handlung,  deren  lehrhaftes 
Wesen  eine  zureichende  Gleichartigkeit  der  handelnden  Personen  und 


Das  mythologische  Tiennärchen.  igß 

daneben  eine  stark  in  die  Augen  fallende  Kennzeichnung  ihrer  ver- 
schiedenen Charaktere  fordert.  Dies  geschieht,  indem  in  der  Fabel 
die  Träger  der  Handlung  nur  noch  dem  Tierreich  angehören,  wobei 
sich  zugleich  in  den  stark  hervortretenden  Unterschieden  der  Tiere 
das  einfachste  und  anschaulichste  Mittel  zur  Darstellung  bestimmter 
Charaktertypen  bietet.  So  kommt  es,  daß  die  Fabel  äußerlich  zur 
reinen  Tierhandlung  wird,  während  sie  doch  innerlich  durchaus  die 
Bedeutung  einer  Schilderung  menschlichen  Tuns  und  seiner  Folgen 
gewinnt  Hierin  liegt  von  vornherein  eine  auf  das  Moralische  zu- 
steuernde Tendenz,  die  sich  denn  auch  aus  den  anfanglich  noch  in 
das  mythologische  Tiermärchen  hereinreichenden  sonstigen  Motiven 
immer  entschiedener  herausarbeitet.  Daraus  entspringt  dann  end- 
lich jene  der  lehrhaften  Tendenz  der  Fabel  anhaftende  verstandes- 
mäßige Nüchternheit,  die  zu  der  Phantastik  der  Urform,  aus  der  sie 
sich  entwickelt,  dem  mythologischen  Tiermärchen,  im  stärksten 
Kontraste  steht. 

Hier  ist  nun  der  Punkt,  wo  die  früher  (s.  Teill,  S.  3 52  ff.,  2,  Aufl. 
373  ff.)  bei  den  Formen  erzählender  Dichtung  geschilderte  > biologische 
Fabel«  die  Brücke  bildet,  die  von  dem  Mythenmärchen  zur  Tierfabel 
hinüberfuhrt.  Verfolgt  man  nämlich  diese  explikative  Fabelgattung 
zurück  auf  ihre  ersten  Anfange,  so  bieten  sich  solche  durchgehends 
zunächst  nur  als  Nebenepisoden  echter  Mythenmärchen,  die  anscheinend 
einem  augenblicklichen,  von  dem  Eindruck  der  Gestalt,  der  Farbe 
oder  der  Zeichnung  eines  Tieres  angeraten  Einfall  ihre  Entstehung 
verdanken.  Namentlich  werden  solche  Züge  nicht  selten  einem  echten 
Mythenmärchen  als  nachträgliche  Ergänzungen  angefügt,  die  ohne 
Beeinträchtigung  des  sonstigen  Inhalts  hinwegbleiben  könnten.  Ein 
einfaches  Beispiel  bietet  hier  das  früher  (Teil  I  S.  353,  2.  Aufl.  374) 
erwähnte  Bantumärchen  von  dem  Mond  und  dem  Hasen,  wo  dem 
Himmelsmärchen  vom  Ursprung  des  Todes  das  explikative  Motiv  der 
Hasenscharte  ganz  äußerlich  beigefügt  ist  *).     Indem  sich  dieses  Motiv 


')  Weitere  charakteristische  Beispiele  solcher  Übergänge  vgl.  Dorsey,  Pawnee, 
p.  497.  W.  J.  Hoffmann,  The  Menomini  Indians,  Ethnol.  Rep.,  XIV,  p.  229.  A.  F. 
Chamberlain,  Journal  of  Amer.  Folklore,  IX,  1896,  p.  45  nsw.  Zahlreiche  biologische 
Episoden  dieser  Art  finden  sich  aach  in  den  von  Dähnhardt  gesammelten  Aus- 
schmückungen der  biblischen  Schöpfungs-  und  Flutsage  in  der  asiatisch-europäischen 
Märchentradition.     Besonders  die  Tiere  im  Kasten  Noahs  und  das  beliebt  gewordene 


ig^  ^c'  Naturmytlius. 


verselbständigte,  hat  es  dann  der  mit  verstandesmäßiger  Reflexion 
gepaarten  fabulierenden  Phantasie  jene  Fülle  einzelner  Stoffe  geliefert, 
die  der  biologischen  Fabel  in  manchen  Gebieten  ein  überaus  reiches 
Feld  der  Erfindung  erobert  haben.  Auf  der  einen  Seite  neigt  sie 
sich  so  der  Scherzfabel  zu,  auf  der  andern  geht  sie  allmählich  durch 
die  Verbindung  mit  Motiven  des  Glücksmärchens  in  die  moralische 
Fabel  über.  In  ihr  hat  sich  jene  nach  außen  gerichtete  explikative 
Tendenz  der  biologischen  Fabel  psychologisch  verinnerlicht,  damit 
aber  diese  zugleich  am  meisten  ihrem  mythologischen  Ursprung  ent- 
fremdet Wie  eng  hier  mit  dem  Wechsel  der  Motive  ursprüngliche 
Verschiedenheiten  und  durch  die  Kultur  eingetretene  Veränderungen 
der  geistigen  Anlage  zusammenhängen,  das  erhellt  übrigens  deutlich, 
wenn  man  die  verhältnismäßig  spärlichen  und  überdies  meist  noch 
mit  wirklichen  m3^ologischen  Zügen  vermischten  biologischen  Fabel- 
motive amerikanischer  Mythenmärchen  mit  der  ungeheuren  Fülle  der 
reinen  biologischen  und  moralischen  Fabeln  der  Afrikaner,  namentlich 
der  in  dieser  Richtung  besonders  begabten  Negerstämme,  vergleicht, 
und  wenn  man  beachtet,  wie  in  diesen  Gebieten  das  Mythenmärchen 
überhaupt  zurücktritt  und  insbesondere  das  mythologische  Tiermärchen 
fast  ganz  verschwunden  ist.  So  treffend  der  Neger  in  Sprichwort 
und  Tierfabel  einen  reichen  Schatz  von  Lebensklugheit  niederzulegen 
weiß,  und  so  stark  bei  ihm  in  Glauben  und  Kultus  uralte  Dämonen- 
und  Zaubervorstellungen  fortleben,  so  arm  entwickelt  oder,  wie  wir 
vielleicht  auch  sagen  dürfen,  so  stark  zurückgedrängft  sind  bei  ihm 
durch  die  selbst  den  Zaubei^lauben  durchdringende  verstandesmäßige 
Reflexion  jene  mythologischen  Ausgangsmotive  der  Tierfabel,  die 
eben  auch  hier,  nach  einem  Schicksal,  dem  die  mythologischen  Ent- 
wicklungen so  oft  anheimfallen,  durch  ihre  eigenen  Produkte  vernichtet 
werden'). 


Motiv  von  dem  Eindringen  des  Teafels  in  diesen  bieten  hier  naheliegende  Assozia- 
tionen (Dähnhardt,  Natorsagen,  I,  S.  25  7  ff.).  Ebenso  haben  sich  an  die  Gestalt  Salomos, 
als  des  weisen  Richters  über  Tiere  und  Menschen,  die  im  Orient  eine  große  RoUe 
spielt,  eine  Menge  biologischer  Märchen  nnd  Märchenepisoden  angeschlossen  (ebenda 
S.  321  ff.).  Da  aber  hier  die  biologischen  Motive  als  Ausschmückangen  eines  von 
anßen  zugewanderten  Sagenstofis  auftreten,  so  ist  es  bei  der  weiten  Verbreitung  dieser 
Gattung  explikativer  Tiermärchen  nicht  unwahrscheinlich,  daß  sie  aus  beliebigen  vor- 
her vorhandenen  Märchen  assimiliert  worden  sind. 

')  Vgl.  als  Beispiele  biolo|;ischer  und  itioralisierender  afrikanischer  Fabeln  außer 


Die  Pflanze  im  Mythenmärchen.  185 

5.  Die  Pflanze  im  Mythenmärchen. 

a.  Die  Pflanze  als  Zanbermittel. 

Wie  in  der  Entwicklung  der  bildenden  Kunst  das  Tier  zu  den 
frühesten  Objekten  bildlicher  Darstellung  gehört,  dem  in  sehr  viel 
späterer  Zeit  und  nicht  selten  erst  durch  die  Umbildung  von  Tier- 
formen vermittelt  die  Pflanze  nachfolgt,  so  begegnet  uns  diese  auch 
im  M3^enmärchen  zumeist  erst  auf  der  Schwelle  einer  bereits  fort- 
geschrittenen Kultur.  Sie  tritt  aber  selbst  dann  noch  weit  zurück 
gegenüber  dem  Tier,  das  durch  seine  mit  denen  des  Menschen  über- 
einstimmenden Triebe  und  Handlungen,  seine  Verwendung  als  Jagd- 
und  Nutztier  und  endlich  durch  die  Gefahr,  die  von  dem  Tier  der 
Wildnis  droht,  fortan  in  ungleich  höherem  Grade  die  Affekte  anregt 
und  das  Interesse  fesselt').  So  verdankt  denn  auch  die  Pflanze  ihre 
Stellung  im  Mythus  vor  allem  der  ihr  zugeschriebenen  Zauberwirkung, 
die,  offenbar  aus  der  Beobachtung  der  bald  giftigen  bald  günstigen 
Wirkungen  gewisser  Pflanzen  auf  den  Menschen  hervorgegangen, 
im  Märchen  durch  allen  Wandel  der  Zeiten  hindurch  an  das 
Zauber  kraut  gebunden  bleibt,  das  dann  von  hier  aus  in  Sage 
imd  Legende  übergeht.  Daneben  kommt  dann  auch  der  an  einem 
Zauberbaum  gewachsenen  Zauberfrucht  eine  größere  Bedeutung  zu. 
Doch  für  die  Zauberzwecke,  deren  der  primitive  Medizinmann  im 
täglichen  Leben  bedarf,  ist  das  Kraut  geeigneter  als  die  Frucht.  Teils 
entspricht  es  in  der  Vielheit  seiner  Formen  und  Wirlomgen  besser 
der  Mannigfaltigkeit  der  Bedürfnisse,  teils  entzieht  es  sich  leichter 
dem  Auge,  falls  die  Zauberwirkung  unscheinbare  Träger  verlangt. 
Daher  denn  auch  das  Zauberkraut  von  den  allverbreiteten  Pflanzen- 
formen äußerlich  nicht  verschieden  zu  sein  pflegt,  wogegen  der 
Zauberfrucht  auffallende,  ihre  Wunderkraft  kennzeichnende  Eigen- 
schaften beigelegt  werden,  wie  den  goldenen  Äpfeln  der  Hesperiden 
oder  der  nordischen  Idun  oder  den  dem  Smaragd  gleichenden 
Früchten  der  Sykomore  im  Reich  der  ägyptischen  Nut.     Die  Früchte 


den  in  Teil  I  a.  a.  O.  angegebenen  Sammlungen  besonders  noch  Jakob  Spieth,    Die 
Ewe-Stämme,   I,   1906,   S.  572  ff.     Ferner  L.  Reinisch,  Texte  der  Saho-Sprache,  1889, 
S.  178  ff.     Texte  der  Bilin-Sprache,  1883,  S.  198  ff. 
*)  Vgl.  Teil  I,  S.  186  ff,  2.  Aufl.  206. 


l86  I^*'  Naturmythus. 


des  Baums  der  Erkenntnis  in  der  biblischen  Paradiesessage  machen 
hier  allerdings  eine  scheinbare  Ausnahme.  Denn  hier  ist  nicht 
sowohl  an  den  Genuß  der  Frucht  an  sich  als  an  die  Nichtachtung 
des  göttlichen  Verbots  die  nachfolgende  Strafe  gebunden.  Also 
nicht  weil  die  Frucht  eine  Zauberwirkung  ausübt,  sondern  weil 
der  Baum  »tabu«,  das  heißt  ein  heiliger  Baum  ist,  wird  das  Ur- 
eltempaar  geächtet,  ähnlich  wie  auf  den  polynesischen  Inseln  der 
Genuß  geheiligter  Speisen  oder  der  Anblick  geheiligter  Stätten 
dem  Übertreter  Ausstoßung  aus  der  Gesellschaft  zuzog.  Der  »Baimi 
der  Erkenntnis«  erweckt  aber  außerdem  durch  seinen  Namen  schon 
den  Verdacht,  daß  er  kein  ursprünglicher  Besitz  der  Legende 
ist.  Möglich,  daß  er  mit  dem  inmitten  des  Paradieses  stehenden 
»Lebensbaum«  dereinst  zusammenfiel,  dessen  Früchte  den  Göttern, 
denen  sie  ewiges  Leben  spendeten,  vorbehalten  waren.  In  dieser 
Form  würde  er  sich  der  weit  verbreiteten  Vorstellung  einfugen,  daß 
die  Götterspeise  für  den  sterblichen  Menschen  »tabu«  sei.  Eine 
spätere  Umbildung,  welche  auf  die  schon  im  Märchen  vielbehandelte 
Frage  nach  dem  Ursprung  des  Todes  zurückging,  mochte  dann  das 
Bedürfnis  nach  einem  Wunderbaum  erwecken,  der  umgekehrt  durch 
die  Nichtachtung  des  Tabugebots  den  Tod  in  die  Welt  gebracht 
habe,  und  den  nun  eine  stark  nach  priesterlicher  Erfindung  aus- 
sehende Umdeutung  zum  Träger  einer  höheren  göttlichen  Erkenntnis 
machte.  So  wurden  die  Früchte  des  Lebensbaums,  deren  Genuß 
ausschließliches  Vorrecht  der  Götter  gewesen,  auch  dem  Paradieses- 
menschen zugeteilt,  der  erst  durch  die  Vertreibung  aus  dem  Paradies 
dieser  Früchte  und  damit  des  ewigen  Lebens  verlustig  ging.  An 
diese  sichtlich  schon  in  der  biblischen  Sage  eingetretenen  Um- 
wandlungen des  ursprünglicheren  und  einfacheren  Mythenmotivs  hat 
sich  schließlich  später  noch  eine  Fülle  weiterer  Legendenbildungen 
über  den  Lebensbaum  und  seine  wunderbare  Geschichte  angeschlossen, 
durch  die  dieser  Mythus  zur  Wurzel  einer  vielverzweigten  Mythenent- 
wicklung geworden  ist'). 

Gegenüber   diesen   späteren,    bereits    mit   dem    kosmogonischen 
Mythus  zusammenhängenden  Baumlegenden  reicht  nun  das  Zauber- 


')  Vgl.  über  diese  A.  Wünsche,  Die  Sagen  vom  Lebensbaum  und  Lebenswasser, 
1905.    (Ex  Oriente  Lux,  herausgeg.  von  Hugo  Winckler,  Bd.  i,  S.  51  ff.) 


Die  Pflanze  im  Mythenmftrclien.  187 

kraut  schon  in  das  frühe  Mythenmärchen  zurück.  Es  bildet  daher 
allem  Anscheine  nach  die  ursprünglichste  Form,  in  der  die  Pflanze 
überhaupt  in  den  Mythus  eindringt  Denn  jene  Vorstellungen  von 
heiligen  Bäumen,  von  Lebensbäumen  imd  Zauberfrüchten  gehören, 
ebenso  wie  die  nachher  zu  erörternden  Zauberverwandlungen  in 
Pflanzen  einer  späteren  Stufe  an.  Die  Wunderwirkungen  des  Zauber- 
krautes erfüllen  dagegen  von  früh  an  ebenso  die  Märchendichtung, 
wie  in  der  Wirklichkeit  der  » Medizinmann  €  einen  hervorragenden 
Einfluß  ausübt  (vgl.  Teil  U,  S.  103).  Allerdings  kommt  die  Gestalt 
dieses  berufsmäßigen  Zauberers  nicht  allzuoft  im  Märchen  vor.  Dazu 
gehen  ihm  zu  sehr  die  sonstigen  Eigenschaften,  besonders  der  Ein- 
druck des  Seltenen  und  Unheimlichen  ab,  den  hier  der  Zauber  um 
so  mehr  fordert,  als  seine  Wirkungen  phantastisch  gesteigert  sind. 
Der  gewöhnliche  Medizinmann  heilt  Krankheiten  oder  sucht  sein 
Opfer  mit  solchen  heim.  Das  Zauberkraut  des  Märchens  macht 
Menschen  unverwundbar,  verwandelt  sie  in  Tiere  oder  Steine  oder 
erlöst  sie  aus  solchen  Verwandlungen.  Immerhin  spiegelt  sich  der 
Einfluß  des  primitiven  Medizinmanns  darin,  daß  das  Zauberkraut 
überall  nur  in  den  Händen  menschlicher  Zauberer  Verwendung 
findet.  Der  Dämon  oder  gar  der  Gott  bedarf  seiner  nicht.  Zeus 
tötet  oder  verwandelt  ohne  weiteres  durch  einen  Machtspruch.  Auch 
bevorzugt  das  Märchen  von  frühe  an  das  Weib,  das,  wie  anderer 
Zauberkünste,  so  der  Zauberkräuter  und  der  Bereitung  der  Zauber- 
säfte kundig  sein  soll.  Unverkennbar  ist  es  die  frühe  Arbeitsteilung 
zwischen  Mann  und  Weib,  die  sich  hierin  ausspricht.  Indem  sie  dem 
Weib  die  häusliche  und  heimliche  Arbeit  zuweist,  macht  es  dieses 
auch  zu  solchen  im  Verborgenen  sich  vorbereitenden  Künsten  ge- 
eigneter. Bei  dem  Manne  müssen  besondere  Bedingungen  des  Berufs 
hinzukommen,  wie  bei  dem  Schmied,  dessen  kunstreiche  Arbeit,  oder 
bei  dem  Henker,  dessen  Verkehr  mit  den  Toten  den  Eindruck  des 
Unheimlichen  fördert. 

Nicht  bloß  die  Steigerung  der  Wirkungen  ins  Groteske  und  Über- 
menschliche scheidet  aber  das  Zauberkraut  im  Märchen  von  den 
Kräutern  und  andern  Pflanzenmitteln  des  wirklichen  Lebens,  sondern 
auch  die  Unbestimmtheit,  die  in  jenem  über  der  Natur  der  zauber- 
kräftigen Pflanze  schwebt.  Der  Medizinmann  ist  immerhin  nicht  bloß 
Zauberer,  sondern  er  ist  zugleich  der  primitive   Arzt,   der  von  Er- 


igg  Der  Natannythas. 


fahnmgen  über  die  Wirkung  gewisser  Pflanzen  geleitet  wird,  und  der 
mit  Rücksicht  darauf  je  nach  Umständen  eine  Auswahl  unter  den 
Mitteln  trifft,  die  er  in  seiner  Tasche  mit  sich  fuhrt.  So  hat  die 
Apotheke  des  amerikanischen  Medizinmannes  uns  nicht  bloß  den 
ursprünglich  als  Zaubermittel  gebrauchten,  aber  schon  bei  den  In- 
dianern zum  Genußmittel  entarteten  Tabak,  sondern  auch  wertvolle 
Droguen,  wie  die  Rinde  des  Cinchonabaumes  und  die  Jalapewurzel 
geschenkt.  Dem  gegenüber  ist  dem  Märchen  und  dem  sich  in 
ihm  spiegelnden  Volksglauben  die  Natur  des  Krautes  oder  Saftes, 
denen  die  Zauberwirkung  zukommt,  meist  gleichgültig.  Wenn  sich 
bei  der  wirklichen  Medizin  von  früh  an  und  noch  bis  in  eine  ver- 
hältnismäßig fortgeschrittene  Kultur  Zauberwirkung  und  natürliche 
Wirkung  zu  verbinden  pflegen,  so  hat  das  Märchen  mit  dem  primi- 
tiven Aberglauben  nur  die  erstere  bewahrt.  Eine  merkwürdige 
Folge  davon  ist  es,  daß  nicht  bloß  ein  und  dasselbe  Zauberkraut  zu 
jedem  möglichen  Zauber,  sondern  daß  es  auch  ebenso  wieder  zur 
Entzauberung  dienen  kann.  So  verwandelt  sich  in  dem  japanischen 
Märchen  die  böse  Schwester  mit  Hilfe  desselben  Ringelkrautes  in 
einen  Drachen,  mit  dem  sie  ihre  Eltern  und  das  ganze  Dorf  in  Tiere 
umwandelt,  und  mit  dem  dann  diese  wieder  durch  den  heimkehren- 
den Bruder  entzaubert  werden  (S.  162).  Im  deutschen  Märchen  von 
den  zwei  Brüdern  verwandelt  die  Hexe  zuerst  den  Jäger  und  seine 
Hunde  durch  die  Berührung  mit  der  Zauberrute  in  Steine,  um  sie 
dann,  von  dem  Bruder  des  Jägers  bezwungen,  durch  die  gleiche 
Berührung  wieder  in  ihre  ursprüngliche  Gestalt  zurückzuverwandeln 
(Grimm,  Nr.  60).  Verliert  das  Märchen  diese  naivste  Form,  wie  es 
bei  der  Assimilation  durch  die  Heldensage  zu  geschehen  pflegt,  so 
erwacht  dann  freilich  auch  das  Bedürfnis  einer  gewissen  Differen- 
zierung, die  jedoch  immer  noch  unbestimmt  genug  bleibt.  Jetzt  gibt 
Medea  dem  Jason  eine  Salbe,  die  ihn  für  die  Dauer  eines  Tages 
gegen  Feuer  und  Eisen  sichert,  den  vor  dem  goldenen  Vließ  Wache 
haltenden  Drachen  aber  versenkt  sie  durch  ein  Zauberkraut  in  Schlaf 
(Apollodor  I,  9,  23);  und  Kirke  mengt  ihren  unheimlichen  Zaubersaft 
mit  Honig  und  Wein,  womit  sie  die  Gefährten  des  Odysseus  in 
Schweine  verwandelt,  doch  nimmt  sie  einen  andern  Saft  (q)dp)iaK0v 
äXXo),  um  ihnen  durch  Bestreichimg  mit  diesem  nicht  nur  ihre  mensch- 
liche   Gestalt   wiederzugeben,    sondern   sie   jünger  zu    machen,    als 


Die  Pflanze  im  Mythenmärchen.  189 

sie  zuvor  gewesen  (Od.  10,  391  fF).  Oder,  wie  Ovid  die  Geschichte 
variiert:  sie  berührt,  um  die  durch  die  erste  Berührung  mit  der  Zauber- 
rute bewirkte  Verzauberung  aufzuheben,  mit  der  rückwärts  gewende- 
ten Rute  das  Haupt  der  Verzauberten  (Ovid  Met.  14,  300).  Eine 
ähnliche  Doppelwirkung  kann  neben  andern  Zaubermitteln  sogar  die 
Zauberwaffe  ausüben:  so  heilt  der  Speer  des  Achilleus  durch  seinen 
Rost  nach  dem  Spruch  des  Orakels  die  Wunde  des  Telephos,  die  er 
selber  geschlagen*). 

In  der  Verwendung  der  Zauberrute  statt  des  Krautes  liegt  nun 
aber  eine  weitere  Übertragung.  Die  Zweige,  aus  denen  die  Rute 
gebunden  ist,  haben  die  Beziehung  zu  einer  spezifischen,  der  medi- 
zinischen einigermaßen  analogen  Wirkung  vollends  eingebüßt,  um 
ganz  und  gar  in  ein  magisches  Zaubermittel  überzugehen.  Die  Rute 
wirkt  nur  noch  durch  eine  entweder  von  dem  Zaubernden  selbst  oder 
von  einem  dämonischen  Wesen  in  sie  geleg^te  Kraft  Darum  dient 
sie  nicht  bloß  als  ein  Mittel  andere  zu  verzaubern,  sondern,  ähnlich 
dem  Talisman,  um  dem  Zaubernden  selbst  wunderbare  Kräfte  zu 
verleihen,  wie  der  eine  Abart  der  Zauberrute  bildende  Besen  der 
Hexe  das  Vermögen  zum  Schornstein  hinaus  zu  fliegen,  oder  wie 
die  Wünschehiite  durch  ihre  Bewegungen  dem  glücklichen  Besitzer 
anzeigt,  wo  Schätze  oder  Wasserquellen  verborgen  liegen.  Unter 
diesen  abergläubischen  Varianten  der  Zauberrute  ist  die  der  Wünschel- 
rute die  dauerndste  geblieben:  sie  erstreckt  sich  gelegentiich  noch 
heute  bis  in   die  Kreise  der  wissenschaftlich  Gebildeten'). 

Eine   letzte  Metamorphose  erfährt  endlich  die  Reihe  dieser  dem 
PHanzenreiche  entstammenden  Zaubermittel  in  dem  Zauberstab,  in 
den  die  Zauberrute  von  selbst  übergeht,   wenn  das   in  ihr  zur  Herr- 
schaft gelangte  Motiv  der  magischen  Berührung  die  Erinnerung 
an    die    mitwirkende    Zauberkraft    der    Pflanze    zurückgedrängt    hut. 
Darum  kann  der  Zauberstab  am  Ende  ebensogut  aus  Metall  wie  u\iä 
Holz  bestehen.     Auch  schließen  sich  an  ihn   leicht  weitere   As»o/.Uw 
tionen  an.   So  taucht  etwa  bei  dem  Szepter  de»  Koni(?B  dunkel  die  Vt>r. 
Stellung  eines  Zauberstabs,  ebenso  wie  bei  dicHCf«  die  des  HerrRchcrft 
über    das  Reich    der  Geister   im  Hintergrund    den    BewußtsciiiH     i^^f^ 


')  Prellen  Griech.  Mythol.  H^,  S.  148. 

':  Vgl.  L.  Weber,  Die  Wünschclrnte,  1905. 


IQO  Der  Natunnythas. 


Seinem  Ursprung  aus  der  Pflanze  wird  aber  der  Zauberstab  durch 
diese  Verbindungen  um  so  mehr  entfremdet.  Er  repräsentiert  nur 
noch  die  magische  Wirkung  durch  körperliche  Berührung,  und  selbst 
diese  kann  sich  endlich  zu  einer  pantomimischen  Gebärde  verflüch- 
tigen: der  auf  einen  fernen  Gegenstand  hinweisende  Stab  reicht  hin, 
um  auf  jenen  den  Zauber  auszuüben  —  eine  Handlung,  die  als  letzte, 
zu  einer  halbvergessenen  Symbolik  verflüchtigte  Zaubervorstellung, 
wieder  auf  die  primitiven  Erscheinungen  eines  direkten  Zaubers 
zurückweist,  bei  der  etwa  der  gegen  die  Hütte  des  Feindes  geschwun- 
gene Speer  diesen  verderben  soll   (vgl.  Teil  11,  S.  i88  ff.). 

b.  Die  Zauberverwandlang  von  Menschen   in  Pflanzen. 

Gewinnt  die  Pflanze  als  Zaubermittel,  wie  im  Glauben  des  Natur- 
menschen, so  im  Mythenmärchen,  schon  in  früher  Zeit  eine  zwar  im 
Vergleich  mit,  der  Bedeutung  des  Tieres  zurücktretende,  inmierhin 
aber  eigenartige  Stellung,  so  verhält  sich  dies  nun  wesentlich  anders 
da,  wo  sie  mit  einer  der  vornehmsten  Seiten  des  Tiermythus  in 
Konkurrenz  tritt:  im  Gebiet  der  Zauberverwandlungen.  Auf  den 
frühesten  Stufen  der  Märchenerzählung  fehlen  die  Pflanzenverwand- 
lungen des  Menschen  gänzlich.  Denn  wenn  in  vereinzelten  Fällen 
ein  Baum  oder  Holzblock  ähnlich  wie  irgend  ein  anderes  bewegtes 
Objekt  als  menschenähnlich  handelndes  Wesen  vorkommt,  wenn  z.  B. 
in  einem  Esldmomärchen  der  Schwiegersohn  einer  Frau  ein  Stanmi 
von  Treibholz  ist,  der  mit  den  an  ihm  hervorstehenden  Ästen  See- 
hunde fangt,  die  er  den  Seinigen  täglich  als  Nahrung  bringt'),  so 
spielt  bei  solchen  anthropomorphen  Apperzeptionen  beweglicher 
Gegenstände  die  Pflanzennatur  keine  Rolle.  Auch  handelt  es  sich 
meist  überhaupt  nicht  um  Verwandlungen,  sondern  die  Gegenstände 
sind  von  Anfang  an  Menschen  in  absonderlicher  Gestalt.  Selbst  noch 
in  dem  Märchen  der  Kulturvölker  ist  aber  die  Pflanzenverwandlung 
ein  seltenes  Vorkommnis,  und  es  kann  kaum  zweifelhaft  sein,  daß  sie 
hier  erst  nach  dem  Vorbild  der  Tierverwandlungen  eingedrungen  ist, 
während  immer  zugleich  spezifische,  ihrem  allgemeinen  Charakter  nach 
an  verwickeitere  Kulturbedingimgen  gebundene  seelische  Stimmungen 
dazu  gefuhrt  haben,  der  gewohnten  Verwandlung  in  ein  Tier  die  in 


*)  Boas,  The  Central  Eskimos,  Ethnol.  Rep.  Washington,  VI,  p.  621  ff. 


Die  Pflanze  im  MythenmärcHen.  igi 

eine  Pflanze  oder  in  eine  Frucht  zu  substituieren.    So  werden  wir  es 
noch  kaum  als  eine  eigentliche  Pflanzenverwandlung  anzusehen  haben, 
wenn  in  der  nordischen  Riesensage  Loki  die  Idun  in  eine  Nuß  ver- 
wandelt,   um  sie  als  Falke  in  seinen  Klauen  dem  Riesen,   der  sie 
geraubt,  zu  entfuhren  (Snorra  Edda  26,  56).    Hier  wie  in  zahlreichen 
ähnlichen  Märchenstofien  ist  nicht  die  Pflanze  als  solche  bedeutsam, 
sondern  es  handelt  sich  um  ein  Versteckenspiel,   bei  dem  ein  mög- 
lichst kleiner  Raum  als  Ort  des  Verstecks  gewählt  wird.    Als  solcher 
kann  aber  ebenso  gut  eine  Nuß  wie  ein  Ei  dienen,  das  noch  häufiger 
in  der  gleichen  Rolle  vorkommt.     Auch   die  Nuß  ist  in  diesem  Fall 
nicht  die  Persönlichkeit  selbst.    Wo  diese  im  ursprünglichen  Märchen 
empfindend  und  handelnd  gedacht  wird,  da  wird  sie,  wenn  sich  dies 
mit  dem  Motiv  der  Verborgenheit  verbindet,  zur  Ameise,  Fliege  und 
dergl.,  niemals  zur  Pflanze  oder  Frucht.     Eme  Pflanzenverwandlimg, 
die  auch  in  dieser  Bewahrung   der   persönlichen  Eigenschaften   der 
Tierverwandlung  gleicht,  gehört  erst  der  späteren  Märchendichtung  an, 
und  wo  sie  in  die  Volkssage  zurückreicht,  da  ist  sie  ebenfalls  wahr- 
scheinlich eine  relativ  spät  entstandene  dichterische  Ausschmückung. 
-Selbst  in  dieser  Einschränkung  steht  sie   übrigens  noch  immer  weit 
hinter   der  Tierverwandlung  zurück.      So  finden   sich   in   einer  von 
dem   römischen   Schriftsteller  Antoninus  Liberalis    (2.  Jahrh.  n.  Chr.) 
angelegten  Sammlung  von  41  Verwandlungen  nach  älteren  Quellen 
nur  vier  Verwandlungen   in  Pflanzen,    fast    alle   andern   sind  Tier- 
verwandlungen.    Eine  besondere  Neigung  zu  ihnen  hat  unverkennbar 
Ovid.     Immerhin    bleiben    sie    auch   bei   ihm    Ausnahmen,    und    es 
befinden   sich   unter  ihnen   manche,    die   anderwärts  nicht   bezeugt, 
also    möglicherweise    freie   Erfindungen    des   Dichters    sind').      Die 
Geistesrichtung  der  hellenistischen  Zeit,  die  sich  hier   in  dem  römi- 
schen   Dichter    spiegelt,    ist   auch    in   dieser   Beziehung    wohl    zum 


')  Ich  erwähne  als  Pflanzenverwandlungen  bei  Ovid  Met,  I,  545  flf.  (Daphne  in 
einen  Lorbeer);  II,  367  (Die  Schwestern  des  Phaeton  in  Pappeln);  III,  475 ff.  (Nar- 
zissQS  in  die  Blume  gleichen  Namens);  IV,  234 ff.  (Leokothoe  in  eine  Weihrauch- 
staude);  VIII,  6S5  ff.  (Philemon  und  Bancis  in  Bäame);  IX,  334ff.  (Dryope  in  eine 
Lotosstaude) ;  X,  196  (Hyanzinthus  in  die  gleichnamige  Bltime);  X,  480  (Myrrha  in 
den  gleichnamigen  Baum).  Weiterhin  lassen  sich  noch  hierher  zählen  HI,  113  (Pyramas 
und  Thisbe,  deren  Blut  der  Blüte  des  Mandelbaoms,  unter  dem  sie  sterben,  die  rote 
Farbe  verleiht,  ein  nur  bei  Ovid  vorkommendes  Mibrchen),  und  X,  725  die  aus  dem 
Blut  des  Adonis  hervorsprießende  Blume. 


ig2  Der  Natunnjrthas. 


Teil  direkt  von  dem  nächst  Griechenland  wichtigsten  Boden  der 
Kultur  dieser  Zeit,  von  Ägypten,  beeinflußt.  Schon  in  den  altägyp- 
tischen Märchenstoflen  ist  aber  mit  nüchterner  Verständigkeit  eine 
alle  Schranken  überfliegende  Phantastik  gemischt.  Als  Beispiel  der 
ersteren  vergleiche  man  die  früher  erwähnte  Erzählung  vom  Schatz 
des  Rhampsinit  Innerhalb  der  phantastischen  Gruppe  bildet  aber  die 
Pflanzen-  mit  der  Tierverwandlung  zusammen  ein  wirksames  Mittel  zur 
Steigerung  dis  Wunderbaren ').  Die  hellenistische  Zeit  scheint  dann 
anderseits  wieder  bis  zu  den  heutigen  Griechen  nachzuwirken.  Denn 
in  keiner  der  Märchensammlungen  der  heutigen  Kulturvölker  flnden 
sich  wohl  so  zahlreiche  Pflanzenverwandlungen  wie  in  denen  der  Neu- 
griechen "*).  Von  Wunderbäumen,  die  Wünsche  erfüllen,  oder  in  denen 
gute  oder  böse  Geister  verborgen  sind,  oder  die  plötzlich  zu  riesen- 
hafter Größe  emporwachsen,  erzählen  aber  auch  indische  wie  poly- 
nesische  Märchen').  Der  Baum,  der  zum  Himmel  wächst,  um  lebende 
Menschen  oder  auf  einer  späteren  Stufe  ihre  Seelen  zu  jenem  empor- 
zutragen, wird  uns  als  eine  schon  bei  primitiven  Völkern  verbreitete 
Form  von  Himmelsmärchen  unten  begegnen  (6).  Noch  in  der 
mittelalterlichen  Sage  kehrt  im  Anschluß  an  den  Baum  im  Paradies 
die  gleiche  Vorstellung  in  dem  am  Ende  der  Tage  zum  Himmel 
emporwachsenden  Wunderbaum  wieder^).  Hier  fließen  dann  aber 
sichtlich  die  Motive  zum  Teil  mit  andern  uralten,  über  die  ganze 
Erde  zerstreuten  Kulten  zusammen,  in  denen  einzelne  Bäume  teils 
wegen  ihrer  auffallenden  Eigenschaften,  teils  weil  sie  als  Kultstätten 
dienen,  die  Bedeutung  »heiliger  Bäume  €  gewinnen.  So  gilt  bei  den 
Cherokesen  und  andern  nordamerikanischen  Stämmen  die  Zeder  als 
ein  geheiligter,  in  Kultliedem  angerufener  Baum.     Auf  Raiatea  und 


')  Vgl.  bei  Masp6ro,  Les  Contes  popalaires  de  TEgypte  ancienne,  das  Märchen 
von  den  zwei  Brüdern,  p.  17  ff. 

']  Vgl.  z.  B.  J.  G.  von  Hahn,  Griechische  und  albanesische  Märchen,  I,  S.  73, 
163  f.  (Variante  II,  S.  214),  I,  S.  271  (Variante  des  eben  erwähnten  altägyptischen 
Märchens).  Züge  neugriechischen  Aberglaubens,  der  sich  an  einzelne  Pflanzen 
knüpft  and  dahin  gehörige  Märchen,  K.  Dieterich,  Zeitschr.  des  Vereins  für  Volks- 
kunde, Bd.  15,  1905,  S.  390 ff.,  über  deutsche  volkstümliche  Vorstellungen,  die  zum 
Teil  in  das  Gebiet  des  Pflanzenmärchens  hineinreichen,  Franz  Sohns,  Unsere  Pflanzen^, 
1904. 

^)  Märchensammlung  des  Somadeva,  übers,  von  Brockhaus,  II,  S.  84  f.  W.  W. 
Gill,  Myths  and  Songs  of  the  South  Pacific,  1876,  p.  49  ff. 

^)  Wünsche,  Die  Sagen  vom  Lebensbaum,  S.  73  ff. 


Die  Pflanze  im  MjrthenmXrclien.  103 

andern  polynesischen  Inseln  brachte  man  am  Fuße  des  wunderbaren 
Aoabaumes  Opfer  dar  und  wagte  im  Dunkeln  nur  mit  Zittern  sich 
ihm  zu  nahen  *).  Das  sind  deutliche  Hinweise  auf  die  Stellung,  die 
der  Baum  in  den  späteren  anthropogonischen  und  kosmogonischen 
Mythen  bald  als  erster  Ursprungsort  des  Menschen,  bald  als  der  in 
der  Tiefe  der  Erde  wurzelnde  und  mit  seiner  Krone  den  Himmel 
tragende  Weltbaum  einnimmt  "*).  So  treffen  hier  zwei  Motive  zu- 
sammen, um  dem  Baum  seine  Bedeutung  in  den  Kosmogonien  vieler 
Völker  zu  sichern:  das  eine,  das  in  die  frühesten  Anfänge  des 
Mythenmärchens  zurückreicht,  entsteht  aus  jener  Vorstellung  des 
Emporragens  zum  Himmel,  die  dann  die  weitere  der  Wanderung  zu 
diesem  und  der  Verbindung  zwischen  Himmel  und  Erde  hervorbringt; 
das  zweite,  spätere,  ist  der  Baum  als  Kultstätte.  Hier  bietet  er 
sich  unter  günstigen  Naturbedingungen  als  ein  weithin  sichtbares 
Merkzeichen  für  den  Ort,  wo  das  Opfer  dargebracht  und  die  Kult- 
handlung abgehalten  wird,  ähnlich  wie  in  andern  Fällen  der  Opfer- 
pfahl oder  der  Opferstein.  Er  ist  wie  diese  von  dem  Gefühl  der 
Heiligkeit  umgeben  und  vor  ihnen  durch  sein  eindrucksvolleres  Bild 
ausgezeichnet.  Doch  eben  der  Zusammenhang  mit  dem  Kult  und 
mit  den  kosmogonischen  Mythen  macht  zugleich  die  Vorstellungen 
vom  Weltbaum  zu  verhältnismäßig  späten  Erzeugnissen  der  mythen- 
bildenden Phantasie.  Nicht  minder  entfernen  sie  sich  aber  infolge- 
dessen mehr  und  mehr  von  jenen  Verwandlungsmythen,  mit  denen 
sie  nun  fast  nur  noch  durch  den  allgemeinen  Charakter  des  Zauber- 
haften in  Beziehung  stehen.  Weit  näher  bleiben  hier  manche  anthro- 
pogonische  Mythen  dem  eigentlichen  Mythenmärchen  mit  seinen 
einzelnen  Zauberverwandlungen.  Dies  spricht  sich  schon  darin  aus, 
daß  beide  Verwandlungen,  die  eines  Menschen  in  einen  Baum  und 
die  umgekehrte  des  Baumes  in  einen  Menschen,  von  denen  die  letztere 
bereits  in  die  anthropogonischen  Mythen  hinüberreicht,  im  Wechsel 
miteinander  auftreten  können.     Auch  ist  es  in  beiden  Fällen  vorzugs- 


')  J.  Mooney,  Myths  of  Cherokee,  Ethnol.  Rep.,  IX,  p.  42off.  W.  Ellis,  Poly- 
nesian  Researches,  II,  1829,  p.  lögfF. 

»)  Vgl.  Mannhardt,  Der  Baumkultus,  S.  7  ff-,  «ler  übrigens  in  diese  Beziehungen 
wohl  zu  sehr  die  verhältnismäßig  späten  Vorstellungen  von  einer  Pflanzenseele  hinein- 
legt.  Über  den  Weltbaum  in  altorientalischen  und  abendländischen  kosmogonischen 
und  apokalyptischen  Mythen  vgl.  Wünsche,  a.  a.  O.  S.  5 1  ff. 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  '3 


ig^  Der  Naturmythus. 


weise  der  einzeln  stehende  Baum,  wie  die  Pappel,  der  Lorbeer,  der 
mit  der  Menschengestalt  wechselt.  Eben  deshalb,  weil  eine  solche 
Formassoziation  und  mit  ihr  die  Möglichkeit  jenes  Wechsels  fehlt, 
kommt  auch  offenbar  die  Verwandlung  eines  Menschen  in  eine 
Blume  nur  selten  imd  erst  in  den  späten  dichterischen  Umbildungen 
des  Mythenmärchens  vor.  Dieses  geht  hier  bereits  in  die  biologische 
Pflanzenfabel  über,  indem  besonders  die  Farbe  der  Blüte  aus  dem 
Blute  des  Verwandelten  abgeleitet  wird,  wie  denn  auch  meist  nicht 
der  Mensch  selbst,  sondern  bloß  das  von  ihm  vergossene  Blut  in  die 
Pflanze  übergehen  soll. 

Mit  dieser  späten,  vorwiegend  schon  dem  Einfluß  dichterischer 
Fortbildung  des  Mythenmärchens  unterworfenen  Verwandlung  stehen 
nun  auch  die  Motive  solcher  Metamorphosen  wieder  in  nahem 
Zusammenhang.  Diese  Motive  gehören  durchweg  bereits  einer 
reifen  Kultur  an,  die  in  empfindsamen  lyrischen  Stimmungen  und 
in  einem  in  den  Gefühlen  der  Wehmut  und  Entsagung  schwel- 
genden Naturgefiihl  ein  Gegengewicht  gegen  das  aufregende  Getreibe 
des  Lebens  und  seiner  Genüsse  zu  finden  strebt.  Da  ist  es  die 
stille  Einsamkeit  der  Pflanzenwelt,  die  solchen  lyrischen  Stimmungen 
entgegenkommt  So  stehen  denn  unter  den  Motiven  dieser  Ver- 
wandlungen in  erster  Linie  das  Mitleid  und  das  gnädige  Erbarmen,, 
das  die  Götter  dem  Bedrängten  oder  Leidenden  ihren  Schutz  gewähren 
läßt,  indem  sie  ihn  der  Gefahr  oder  dem  Schmerz  durch  die  Ver- 
wandlimg  entziehen.  So  wird  Daphne,  um  dem  sie  verfolgenden 
Liebesgotte  zu  entgehen,  auf  ihr  Flehen  zum  Lorbeer.  Die  drei 
Schwestern  des  Phaeton,  untrösüich  über  den  Tod  des  Bruders, 
werden  von  Zeus  in  Pappeln  verwandelt,  aus  denen  fortan  goldene 
Tränen  fließen.  Die  in  Verzweiflung  den  Tod  ersehnende  Myrrha 
wird  durch  der  Götter  Mitleid  zum  Baum,  aus  dem  später  der  Knabe, 
den  sie  im  Schöße  trägt,  geboren  wird.  Philemon  und  Baucis  werden 
gleichzeitig  zu  Bäumen,  weil  die  Götter  von  dem  Wunsch  der  Gatten, 
keines  von  ihnen  möge  das  andere  überleben,  gerührt  sind.  Selbst 
wo  die  Verwandlung  den  Charakter  einer  Strafe  annimmt,  da  ist  es 
das  Mitgefühl  mit  dem  zum  Tode  Bestimmten  oder  die  Bewunderung 
seiner  Anmut,  was  die  Götter  bewegt,  sein  Gedächtnis  zu  bewahren, 
indem  sie  ihn  in  eine  Blume  verwandeln:  so  den  Narzissus,  der  zu 
dem  eigenen  im  Fluß  geschauten  Bild  in  törichter  Liebe  entbrennt, 


Die  Pflanze  im  M3rtlieimiärchen.  ige 

oder  Dryope,  die,  weil  sie  die  in  einer  Lotosstaude  lebende  Najade 
durch  Abpflücken  der  Blume  leichtsinnig  getötet  hat,  selbst  in  eine 
Lotos  verwandelt  wird«  Alles  das  sind  Stimmungen,  die  dem  ur- 
sprüi^lichen  Märchen  fremd  sind,  imd  von  denen  selbst  das  spätere 
volkstümlich  gebliebene  nichts  weiß.  Sie  sind  poetische  Umbildungen 
der  alten  Tierverwandlimgen,  die  mit  diesen  nichts  als  die  äußere 
Analogie  gemein  haben,  und  die,  so  bemerkenswert  sie  für  die 
Dichtung  der  Zeit,  der  sie  angehören,  sein  mögen,  den  Bereich  des 
eigentlichen  Mythenmärchens  längst  überschritten  haben. 

c.  Das  VegetationsmärcHen. 

Anders  verhält  es  sich  mit  der  dritten  und  letzten  Form,  in  der 
die  Pflanze  in  das  Märchen  eingeht,  und  in  der  sie  sogar  der  Haupt- 
träger seiner  Handlung  zu  werden  scheint.  Sie  entsteht  da,  wo  der 
erste  Ursprung  oder  das  Wachstum  der  Pflanze  selbst  das  Thema 
der  Erzählung  abgibt.  Auch  solche  »Vegetationsmärchen«,  wie 
wir  nach  diesem  wesentlichen  Inhalt  die  Gattung  nennen  können, 
gehören  freilich  ebenfalls  einer  bereits  fortgeschrittenen  Stufe  der 
Mythenentwicklung  an.  Bei  primitiveren  Völkern  findet  sich  von 
ihnen  keine  Spur.  Wohl  begegnet  uns  hier  in  manchen  Mythen- 
märchen die  Erinnerung  an  die  Anfange  der  Kultur  des  Bodens  und 
an  den  ersten  Erwerb  der  Produkte  des  Ackerbaus:  so  z.  B.  bei  den 
Eingeborenen  Nordamerikas  an  die  Gewinnung  der  Komfrüchte  und 
an  die  des  als  Kult-  wie  Genußpflanze  hochgeschätzten  Tabaks. 
Aber  die  Mythenmärchen  solcher  Art  gehören  ganz  in  das  Gebiet 
der  unten  zu  erörternden  »Kulturmärchen«:  mit  der  Vegetation  selbst 
haben  sie  nichts  zu  tun.  Denn  durchgehends  wird  hier  die  Ein- 
fuhrung der  Früchte  und  Pflanzen  als  ein  den  Urvätern  von  irgend 
welchen  Zauberern  oder  Kulturheroen  gemachtes  Geschenk  erwähnt. 
Das  Werden  und  Wachsen  der  Pflanze  selbst  kommt  dabei  in  der 
Regel  nicht  in  Frage  (vergl.  unten  7). 

Unter  den  einfachsten  Bedingungen  begegnet  uns  dagegen  ein 
solches  Vegetationsmärchen  wohl  da,  wo  das  üppige  Gedeihen  der 
Nährfrüchte,  auch  ohne  daß  ihnen  eine  besondere  Pflege  zu  teil  wird, 
das  Interesse  auf  sich  lenkt.  Kommt  dann  außerdem,  wie  in  der 
polynesischen  Inselwelt,  die  Armut  der  einheimischen  Säugetierfauna 
hinzu,  so  wird  es  begreiflich,  daß,  einigermaßen  ähnlich,  wie  der  In- 

13* 


ig6  r)cr  Naturmythus. 


dianer  dem  nötigen  Vorrat  an  Jagdwild,  so  der  Bewohner  dieser  Inseln 
dem  Gedeihen  der  Früchte,  die  seine  Hauptnahrung  abgeben,  sein 
Sinnen  und  Trachten  zuwendet.  Wie  dort  die  Büffel  und  Bären,  so 
werden  darum  hier  der  Brodfruchtbaum  und  die  Kokospalme  bisweilen* 
zu  Gegenständen  von  Mythenmärchen,  die  sich  mit  deren  Entstehung 
und  Vermehrung  beschäftigen.  Trotzdem  lassen  sich  diese  beiden 
Fälle  nicht  ganz  in  Parallele  bringen.  Erstens  spielen  die  Baum- 
märchen in  den  Traditionen  der  Polynesier  bei  weitem  nicht  die 
Rolle,  die  dem  Tiermärchen  bei  den  amerikanischen  Jägervölkem  zu- 
kommt; und  zweitens  sind  diese  Vegetationsmärchen  höchst  einförmiger 
Art:  es  fehlen  ganz  die  reichen  Beziehungen,  die  dort  aus  den  tote- 
mistischen  Ahnenvorstellungen  und  aus  der  unmittelbar  sich  auf- 
drängenden Verwandtschaft  von  Mensch  und  Tier  hervorgehen.  Diese 
Vegetationsmärchen  besitzen  daher,  wenn  ihnen  auch  die  mythologische 
Grundlage  nicht  fehlt,  doch  einen  wesentlich  explikativen  Charakter, 
dem  ähnlich,  der  in  dem  rein  biologischen  Tier-  und  Pflanzenmärchen 
über  die  Grenze  des  Mythischen  hinausfuhrt,  um  mehr  und  mehr  zu 
einem  verstandesmäßigen  Spiel  auszuarten.  Selbst  in  dieser  Beschrän- 
kung ist  aber  das  polynesische  Baummärchen  keineswegs  gleich  primi- 
tiven Rangs  wie  das  aus  dem  Totemismus  hervorgewachsene  und 
überall  noch  dessen  Spuren  zeigende  mythologische  Tiermärchen, 
sondern  es  trägt  das  Gepräge  der  phantasiereichen  kosmogonischen 
Dichtung,  die  diese  Völker  unter  dem  Einfluß  des  südlichen  Himmels 
und  der  gewaltigen  Eindrücke  des  Meeres  entwickelt  haben.  Dazu 
kommt,  sicherlich  nicht  als  das  Letzte,  die  hohe  Begabung  der  Rasse, 
deren  weit  ausgedehnte  Wanderungen  nicht  minder  wie  ihre  mannig- 
fach variierenden  physischen  Eigenschaften  auf  Mischungen  eingewan- 
derter mit  eingeborenen  Völkern  schließen  lassen,  während  die  poly- 
nesischen  Idiome  überdies  auf  geneologische  Beziehungen  zur  indischen 
Halbinsel  hinweisen*).  Darum  ist  vor  allem  die  polynesische  Rasse, 
wie  schon  W.  v.  Humboldt  auf  Grund  der  Zeugnisse  ihrer  Sprache 
und  Dichtung  bemerkt  hat,  keineswegs  eine  primitive  zu  nennen, 
sondern  sie  zeigt  deutlich  die  Spuren  einer  alten,  aber  durch  Wan- 


')  G.  Gcrland,  in  Waitz-Gerland,  Anthropologie  der  Naturvölker,  VI,  S.  4iSff. 
Gastav  Fritsch,  Globus,  Bd.  21,  1907,  S.  8ff.  Über  die  linguistischen  Fragen  vgl. 
P.  W.  Schmidt,  Die  Mon-Khmer- Völker  ein  Bindeglied  zwischen  Völkern  Zentralasiens 
und  Anstronesiens,  1906. 


Die  Pflanze  im  Mythenmarclien.  107 

derungen,  Mischungen  mit  Urbevölkerungen  und   durch  die  insulare 
Lage  in  Verfall  geratenen  Kultur. 

So  bilden  denn  auch  die  Pflanzenmythen  der  Polynesier  keine 
Ausnahme  von  der  Regel,  daß  diese  Märchengattung  überhaupt  relativ 
späten  Ursprungs  ist.  Dagegen  unterscheiden  sie  sich  allerdings  darin 
von  den  Pfianzenmärchen  der  Griechen  und  Römer,  daß  sie  offenbar 
nicht  bloß  dichterische  Übertragungen  der  Tierverwandlungen  sind, 
sondern  wirklich  den  Charakter  von  Mythenmärchen  besitzen,  die 
wahrscheinlich  dereinst  geglaubt  wurden.  Wenigstens  deutet  darauf 
die  Tatsache  hin,  daß  sich  die  meisten  dieser  Märchen  auf  »heilige 
Bäume«  beziehen,  denen  man  sich  nur  mit  religiöser  Scheu  zu  nahen 
wagte  (S.  193). 

Die  typische  Form,  in  der  das  Vegetationsmärchen  in  Polynesien 
mehrfach  wiederkehrt,  ist  in  der  folgenden  Tahitischen  Erzählung  ent- 
halten: »Zur  Zeit  als  es  noch  keine  Nährpflanzen  gab,  sondern  die 
Leute  sich   mit  roter  Erde  nährten,  sah  ein  Ehepaar  seinen  Sohn, 
dem  diese  Speise  nicht  genügte,  täglich  mehr  abnehmen.   Da  sprach 
der  Mann:  ,ich  will  sterben  und  zur  Speise  für  ihn  werden*.    Er  betete 
daher   zu  den  Göttern  imd  starb.     Seine  Frau  aber  pflanzte  seinen 
Kopf,  Herz,  Magen  und  andere  Teile  an  verschiedenen  Orten  in  die 
Erde.     Nach   einiger   Zeit   hörte   sie  Blätter,  dann  Blüten,    endlich 
Früchte    fallen.     Da  war  aus  dem  Kopf  des  Gestorbenen  der  Brot- 
fruchtbaum   geworden.«      Nach   andern  Erzählungen   soll   aus   den 
Nieren   die  Kastanie,    aus    den  Beinen    die   Yamswurzel    entstanden 
sein').     Eine  auf  den  Hervey-Inseln   aufgezeichnete  Variante  dieses 
Märchens  ersetzt  den  Menschen  durch  einen  Fisch  und  verbindet  sich 
außerdem  mit  einer  Tierverwandlung:  »Ein  Mädchen  badete  täglich 
in  einem  Strom,    in  dem  es  viele  Aale  gab.     Da  verwandelte  sich 
plötzlich  einer  von  ihnen  in  einen  schönen  Jüngling  und  erklärte  ihr 
seine  Liebe.     Er  war  der  Gott  der  Aale.     Täglich,  wenn  sie  kam, 
wurde  er  zum  Menschen,   und  wenn  sie  fortging  wieder  zum  Fisch. 
Eines  Tages  erklärte  er  ihr,  sie  müßten  sich  nun  scheiden:  es  werde 
ein  großer  Regen   kommen,    in    diesem   werde   er   zu  ihrem  Hause 
schwimmen,  dann  solle  sie  ihm  den  Kopf  abschneiden  und  vergraben. 
So  geschah  es.     Aus  den  beiden  Gehirnhälften   des  Fisches  wucKs 


")  Ellis,  Polynesian  Researches,  I,  p.  381  f. 


Iq8  Der  Natnrmythxis. 


aber  ein  Zwillingsbaum  hervor,  aus  dem  die  beiden  Arten  der  Kokos- 
nuß entstanden.  Darum  sieht  man  an  jeder  Nuß  eine  Zeichnung  der 
Augen  und  des  Mundes,  und  der  Kern  der  Nuß  wird  das  Gehirn 
genannt.  Auch  werden  Kokosblätter  auf  den  Fischfang  mitgenommen, 
und  menschliche  Köpfe  werden  bildlich  ,  Kokosnüsse  des  Gottes 
Rongo*  genannt.  Frauen  aber  ist  es  verboten  Aale  zu  essen«  *).  In 
diesem  Märchen  klingt  möglicherweise  noch  eine  versprengte  und 
dem  übrigen  Inhalt  fremd  gewordene  Erinnerung  an  die  indische 
Flutsage  an  mit  dem  wunderbaren  Fisch,  der  die  Arche  des  Urvaters 
Manu  aus  den  Fluten  rettet.  Im  übrigen  erscheint  sie,  gleich  andern, 
ihr  ähnlichen  polynesischen  Baum-  und  Pflanzenmythen,  schon 
stark  im  Übergang  vom  echten  Mythenmärchen  zur  biologischen 
Pflanzenfabel.  Auf  den  Zusammenhang  mit  deni  ersteren  deutet  noch 
der  Brauch,  Kokosblätter,  wie  man  wohl  vermuten  darf  ab  Be- 
zauberungsmittel,  auf  den  Fischfang  mitzunehmen,  vielleicht  auch 
das  Verbot  für  die  Frauen  Aale  zu  essen.  Die  explikative  Tendenz, 
die  sich  in  der  Vergleichung  der  Kokosfrucht  mit  den  Teilen  des 
Kopfes  ausspricht,  nähert  aber  das  Ganze  bereits  sehr  der  biologischen 
Fabel,  so  daß  sie  wohl  schon  im  Volksglauben  mehr  der  poetischen 
Erfindung  als  dem  geglaubten  Mythus  sich  zuneigt.  Auch  ist 
es  unverkennbar,  daß  das  Vegetationsmärchen  in  den  durch  diese 
Erzählungen  vertretenen  Formen  dem  Verwandlungsmärchen  so  nahe 
verwandt  ist,  daß  es  fast  wie  eine  besondere  Spezies  desselben  er- 
scheint. In  der  Tat  konunen  gerade  auf  polynesischem  Gebiet  da 
und  dort  Verwandlungsmärchen  vor,  die  fast  ebenso  gut  bei.  Ovid 
stehen  könnten  —  wiederum  ein  Beweis,  daß  wir  es  hier  mit 
einem  ungleich  fortgeschritteneren  Zustand  mythologischer  Tradition 
als  bei  den  sonstigen  sogenannten  »Naturvölkern«  zu  tun  haben.  So 
erzählt  ein  neuseeländisches  Märchen,  das  sich  an  die  dortige  Wander- 
sage  anschließt,  die  Tochter  eines  der  Auswanderer  aus  Hawaii  sei 
hier  zurückgeblieben,  weil  sie  mit  einem  Häuptling  verheiratet  war. 
»Als  sie  aber  mit  ihrem  Gatten  in  Zwist  geriet,  sandte  sie  ihre 
eigene  Tochter  mit  mehreren  ihrer  Gefährtinnen  den  übrigen  Aus- 
wanderern nach.  Sie  landeten  an  der  Nordinsel  von  Neuseeland.  Jene 
geriet  jedoch  mit  zwei  ihrer  Gefährtinnen  in  Streit,  und  als  diese  vor 


')  W.  W.  Gill,  Myths  and  Songs  from  thc  South  Pacific,  1876,  p.  77  f. 


Die  Pflanze  im  MythenmXrclieii.  Iqq 

ihr  flohen,  verwandelte  sie  die  Fliehenden  in  Ti-Bäume,  die,  wenn 
man  sich  ihnen  in  der  Ebene  zu  nahen  glaubt,  immer  femer  zu  rücken 
scheinen«  *).  Auch  dieses  Verwandlungsmärchen  trägft  ganz  den 
Charakter  einer  sinnig  erfundenen  Fabel,  die  die  bekannte  perspek- 
tivische Täuschung  veranschaulicht,  daß  hohe  Bäume  aus  weiter  Feme 
zu  nahe  gesehen  werden  und  sich  daher  bei  der  Annäherung  des 
Beobachters  zu  entfernen  scheinen. 

Ein  ähnliches  Hervorwachsen  von  Bäumen  aus  dem  Kopf  eines 
Menschen,  wo  dieser  Kopf  selbst  die  Wurzel  des  Baumes  ist, 
kommt  vereinzelt  auch  in  den  Märchenerzählungen  anderer  Völker 
vor.  Doch  wird  dabei  im  allgemeinen  nicht,  wie  in  Polynesien,  von 
der  ersten  Entstehung  einer  ganzen  für  den  Menschen  besonders 
wichtigen  Pflanzenspezies  berichtet,  sondem  es  ist  ein  einzelner  Baum, 
dem  dieser  Ursprung  zugeschrieben  wird,  so  daß  dadurch  der  Vor- 
gang dem  einer  Verwandlung  noch  näher  rückt.  So  findet  sich  z.  B. 
in  der  Tradition  der  Mayas  in  Guatemala  eine  solche  Erzählung,  die 
im  übrigen,  abgesehen  von  dieser  individuellen  Beschränkung,  ganz 
den  Baummythen  Polynesiens  gleicht.  Aber  die  nahe  Beziehimg  zu 
einer  bloßen  Metamorphose  tritt  hier  darin  hervor,  daß  neben  ihr 
eine  der  raffiniertesten  Verwandlungen  steht:  die  in  eine  Baumblüte, 
in  die  das  Herz  des  Helden  übergeht  "*). 

Damit  sind  wir  schließlich  einer  Form  nahe  gekommen,  in  der 
uns  weitverbreitet  auch  in  der  Alten  Welt  ein  letzter  Anklang  an 
den  anthropogonen  Ursprung  gewisser  Pflanzen  begegnet.  Er  be- 
steht in  dem  Übergang  eines  einzelnen  Körperteils  in  einen 
Pflanzenteil,  in  ein  Blatt,  eine  Blüte  oder  eine  Frucht.  Auf  die  wahr- 
scheinliche JBeziehung  der  Niere  zur  Frucht  der  Bohne,  die  hierher 
gehört,  ist  früher  schon  hingewiesen  worden -(Teil  II,  S.  12).  Vor 
allem  ist  es  aber  das  Herz,  das,  ein  Seelenträger  wie  die  Niere, 
nur  diese  in  der  Herrschaft  über  die  Seelenvorstellungen  lang 
überdauernd ,  der  am  häufigsten  eine  solche  Verwandlung  erleidende 
Seelenteü  ist.  Hier  ist  es  die  Vorstellung  von  dem  >  wandernden 
Herzen«,  die  unter  dem  gleichzeitigen  Eindruck  der  leicht  wahraehm- 


')  G.  Grey,  Polynesian  Mythology  and  ancient  traditional  History  of  the  New 
Zealand  Race,   1885,  p.  102  f. 

')  Brasseur  de  Bourboar,  Popol  Vuh,  Le  livre  sacr^  et  les  mythes  de  l'antiquit^ 
am^ricaine  avec  les  livres  hdroiques  et  historiques  des  Quich^es,  1861,'p.  92f.,  I39ff. 


200  ^c'  Natonnythus. 


baren  Herzbew^^ungen  und  gewisser,  der  Herzform  ähnlicher  Tiere 
in  dem  konservativen  Totenkultus  der  Ägypter  inmitten  einer  hoch 
entwickelten  Kultur  lange  erhalten  geblieben  ist  (Teil  II ,  S.  208  f.). 
Begreiflich  daher,  daß  auch  in  dem  Märchenschatz  der  Ägypter  das 
wandernde  Herz  nicht  fehlt.  So  erzählt  eines  dieser  Märchen  von 
zwei  Brüdern,  von  denen  der  jüngere  auszog  und  nach  mannigfachen 
Abenteuern  in  das  zauberhafte  »Tal  der  Akazien«  gelangte.  Dort 
wurde  sein  Herz  aus  seinem  Leibe  genommen  und  in  eine  Akazien- 
blüte verwandelt.  Das  hinderte  ihn  aber  nicht  weiterzuleben,  bis 
eines  Tages  die  Akazie  gefallt  wurde.  Im  gleichen  Augenblick  sank 
er  tot  nieder.  Drei  Jahre  sucht  mm  der  ältere  Bruder  das  verloren 
gegangene  Herz  vergebens.  Endlich  im  vierten  findet  er  am  Fuß 
der  Akazie  ein  Samenkorn,  in  dem  er  das  Herz  des  Bruders  erkennt 
Er  legt  es  in  frisches  Wasser,  und  während  es  in  diesem  anschwillt, 
schlägt  der  Bruder  die  Augen  auf  und  wird  wieder  lebendig.  Das 
Herz  gibt  ihm  der  ältere  dann  zu  trinken,  und  so  wandert  es  an 
die  ihm  gebührende  Stelle  im  Körper  zurück  *).  Diese  Vorstellung 
von  dem  imabhängfigen  Fortleben  des  Herzens  außerhalb  des  Körpers 
und  dem  an  seine  Erhaltung  gebundenen  Leben  dieses  Körpers,  die 
einigermaßen  an  die  »Buschseele«  mancher  Naturvölker  (Teil  11,  S.  245} 
erinnert,  findet  sich  übrigens  auch  unabhängig  von  irgend  welchen 
Pflanzenverwandlungen.  So  erzählt  ein  samojedisches  Märchen  von 
sieben  Brüdern,  die  des  abends,  ehe  sie  schlafen  gingen,  ihre  Herzen 
aus  der  Brust  nahmen  und  sie  auf  die  Zeltstangen  legten,  um  sie  am 
nächsten  Morgen  wieder  zu  sich  zu  nehmen.  Eines  Tages  aber  nahm 
ein  anderer  Samojede,  um  sich  fiir  den  von  den  Brüdern  begangenen 
Mord  seiner  Mutter  zu  rächen,  die  sieben  Herzen  hinweg«  Am  näch- 
sten Morgen  kommt  er  dann  wieder  und  wirft  die  Herzen  der  sechs 
jüngeren  Brüder  auf  den  Boden,  worauf  sie  sofort  sterben.  Das  Herz 
des  ältesten  behält  er  zurück  imd  verspricht  es  ihm  wiederzugeben, 
wenn  er  die  Mutter  wieder  zum  Leben  erwecke.  Der  tut  es,  indem 
er  ihren  in  einem  Beutel  verschlossenen  Geist  über  ihre  Gebeine 
wehen  läßt.  Die  wiedererweckte  Alte  gibt  dann  schließlich  allen  ihre 
Herzen  zurück,  die  indes  zum  Himmel  emporgefahren  und  gereinigt 


')  Masp^ro,   Les  contes  populaires  de  TEgypte  ancienne^,  Le  conte  des  deax 
fthieSy  p.  14  f. 


Die  Pflanze  im  MytHenmMrclien.  20I 

worden  waren.  So  können  auch  ihre  Besitzer  gen  Himmel  fahren, 
wo  sie  an  einer  schönen  und  warmen  Stelle  heute  noch  leben').  In 
diesem  Märchen  gehen,  wie  man  sieht,  die  Vorstellungen  von  dem 
Herzen  als  Seelenträger  und  von  der  Hauchseele ,  ganz  so  wie  in 
vielen  primitiven  Kulten,  friedlich  nebeneinander  her. 

Noch  eröffnen  aber  diese  Pflanzenverwandlungen  einzelner  Körper- 
teile, namentlich  des  Herzens,  einen  Ausblick  in  anderer  Richtung, 
auf  die  schon  das  obige  altägyptische  Märchen  hinweist  Einge- 
schlossen in  eine  Frucht,  einen  Kern  oder  ein  Samenkorn  entzieht 
sich  ein  solches  aus  dem  Körper  gewanderte  Herz  zugleich  der  Wahr- 
nehmimg.  So  tritt  an  die  Stelle  der  Verwandlung  die  heimliche 
Bergung,  sei  es  nun,  daß  diese  aus  jener  hervorgeht,  oder  daß  sie 
unmittelbar  aus  der  Vorstellung  des  wandernden  Herzens  entsteht. 
Mit  diesem  Übergang  kann  dann  natürlich  auch  an  die  Stelle  der  Nuß, 
des  Kerns  und  ähnlicher  der  Pflanze  entstammender  Bergungsmittel 
irgend  ein  anderes  treten,  wie  das  Ei  oder  ein  Tier,  und  imter 
der  Macht  dieses  Bergungsgedankens  werden  noch  andere  Hinder- 
nisse, ein  Berg  oder  ein  See,  zwischen  das  verborgene  Herz  und  die 
Möglichkeit  seiner  Erreichung  gesetzt  So  entsteht  jene  Gattung  von 
Märchen,  deren  Held,  mag  er  nun  ein  böser  2^uberer  oder  ein  zu 
Ruhmestaten  bestimmter  glänzender  Jüngling  sein,  durch  den  in  tiefe 
Verborgenheit  begrabenen  Träger  seiner  Seele  gegen  alle  Gefahren 
geschützt  ist,  nur  daß  freilich  auch  er,  solange  es  überhaupt  einen 
Ort  in  der  Welt  gibt,  wo  sein  Leben  bedroht  werden  kann,  an  der 
Vergänglichkeit  des  Irdischen  teilnimmt  Das  oben  aus  Anlaß  des 
Motivs  der  »dankbaren  Tiere«  erzählte  dänische  Märchen  mit  seinen 
Varianten  ist  ein  Beispiel  dieser  Art  In  einer  nochmaligen,  wahr- 
scheinlich aus  dieser  hervorgegangenen  Wendung  begegnet  uns  das- 
selbe Motiv  in  dem  germanischen  Baidermythus.  Nichts  was  auf  der 
Erde  wächst,  kann  Balder  etwas  anhaben.  Nur  die  Mistel  ist  unbe- 
achtet geblieben,  als  man  die  Pflanzen  und  alle  andern  Wesen  zu 
seinem  Schutze  in  Pflicht  nahm.  Gerade  mit  der  Mistel  tötet  dann 
aber  der  blinde  Hödur  den  Göttersohn.  Auch  dieser  Mythus  dürfte 
auf  eine  ältere  Form  zurückgehen,  bei    der  die  im  Winter  einsam 


')  A.  Castr^n,   Ethnologische  Vorlesungen  über  die   altaischen  Völker,   deutsch 
von  Schiefner,  1857,  S.  172  ff. 


202  I^cr  Naturmythus. 


reifende  Frucht  der  Mistel  selbst  das  Leben  Balders  in  sich  barg, 
so  daß  er  zwar  nicht  zu  den  Unsterblichen  gehörte,  aber  doch 
gegen  die  gewöhnlichen  Fährlichkeiten  des  Lebens  geschützt  blieb'). 
Eine  spätere  Zeit,  der  dieses  Märchenmotiv  unverständlich  geworden 
war,  oder  die  es,  was  vielleicht  noch  wahrscheinlicher  ist,  zu  der  in 
den  Vegetationskulten  entstandenen  Heiligung  bestimmter  Pflanzen 
in  Beziehung  brachte,  führte  dann  jenes  Verbergungs-  in  das  ihr  ge- 
läufigere allgemeine  Zaubermotiv  über.  Indem  sich,  wofür  gerade  die 
Mistel  ein  hervorragendes  Beispiel  ist,  die  heilige  Pflanze  in  die  gefahr- 
bringende Zauberpflanze  verwandelte,  genügfte  nun  die  magische 
Wirkung  der  letzteren,  um  dem  Märchen-  oder  Sagenhelden  den 
Untergang  zu  bereiten,  —  eine  Anschauung,  die  wohl  irgend  ein 
rationalisierender  Dichter  wiederum  in  einen  Treueid  verwandelte, 
von  dem  die  Zauberpflanze  unglücklicherweise  ausgenommen  worden 
war.  Nachdem  endlich  auch  die  Zauberwirkung  der  Pflanze  unver- 
ständlich geworden,  sehen  wir  in  der  Darstellung  Saxos  die  Mistel 
durch  ein  Schwert  ersetzt  (Saxo,  Gest.  Dan.  III,  77).  Nach  einer 
andern  Richtung  veränderte  sich  dagegen  das  Verbergungsmotiv  da, 
wo  es  seine  Geltung  bewahrt  hat,  wie  im  Märchen.  Hier  bleibt  die 
Vorstellung  der  Entfernung  der  Seele  oder  ihres  Trägers,  des  Herzens, 
aus  dem  Menschen,  dem  sie  gehören,  die  vorherrschende.  Statt  der 
Pflanze  und  ihrer  Frucht  kann  daher  nun  ein  anderer  Seelenträger 
eintreten,  wie  das  die  mannigfachen  Varianten  dieses  Märchenmotivs 
zeigen.  Immerhin  bildet  höchstwahrscheinlich  die  Pflanze  den  Aus- 
gangspunkt, teils  weil  es  vornehmlich  die  älteren  MärchenstofTe  dieser 
Art  sind,  die  sie  bewahrt  haben,  teils  weil  es  in  diesen  Fällen  zugleich 
heilige  Pflanzen,  wie  im  Norden  die  Mistel  oder  in  Ägypten  die  Akazie 
zu  sein  pflegen,  die  als  Bewahrer  des  Herzens  gelten.  Gerade  in  Ägypten 


')  Auf  den  Znsammenhang  des  Baldermythus  mit  den  Verbergnngsmythen  haben 
schon  J.  G.  Frazer  und  F.  Kaoffmann  hingewiesen  (Frazer,  The  golden  Bough,  IH, 
p.  326  ff.,  Kauffimann,  Texte  and  Untersachangen  zur  altgermanischen  Religionsge- 
schichte, I,  1902).  Weitere  Parallelen  zum  Motiv  des  verborgenen  Herzens  oder 
Lebens  ebenda  S.  136  ff.  Das  Motiv  des  in  einer  Pflanze  oder  ihrer  Fracht  verbor- 
genen bildet  übrigens  nur  eine  Unterart  des  weit  verbreiteten  Motivs  vom  außerhalb 
des  Körpers  lebenden  Herzen.  Als  weitere  Beispiele  hierzu  vgl.  z.  B.  ein  samoje- 
disches  und  ein  tartarisches  Märehen  bei  Castr^n,  Vorlesungen,  S.  172 ff.,  226 ff. 
Auf  die  nahe  Beziehung  dieses  Motivs  zu  den  Seelenvorstellungen  (Teil  II,  S.  208  f.) 
braucht  hier  kaum  noch  besonders  hingewiesen  zu  werden.     . 


Die  Pflanze  im  Mythenmärchen.  203 

liegt  außerdem  die  Beziehung  dieses  Märchenmotivs  vom  »wandernden 
Herzen«  zu  den  im  Volksglauben  verbreiteten  Seelenvorstellungen 
offen  vor  Augen.  Abgesehen  von  dem  hohen  Alter  würde  bei  der 
ägyptischen  Erzählung  schon  dieser  Umstand  zureichen,  der  Pflanze  und 
besonders  ihrer  zur  Bergung  der  Seele  vor  andern  geeigneten  Frucht 
den  Vorrang  vor  sonstigen  Bergungsarten  zuzusprechen.  Diese  sind 
daher  umsomehr  für  spätere  Übertragungen  zu  halten,  als  sie  keinerlei 
Beständigkeit  mehr  wahrnehmen  lassen.  So  fuhrt  dieses  verbreitete 
und  zum  Teil  weit  in  die  höheren  Mythenformen  hineinreichende 
Märchenmotiv  auf  eine  Verwebung  von  Seelen-  und  Zaubervor- 
stellungen zurück,  die  wieder  bis  zu  einem  gewissen  Grade  imabhängig 
von  einander  die  weiteren  Gestaltimgen  des  Mythus  bestinmit  und 
so  einen  mehr  oder  minder  tief  eingrreifenden  Bedeutungswandel  er- 
zeugt haben.  Infolge  dessen  hat  sich  dann  bald  das  Bergungsmotiv 
zum  alleinherrschenden  erhoben,  wie  in  zahlreichen  der  späteren 
Märchen  dieser  Art,  bald  aber  ist  auch  die  Vorstellung  der  zauber- 
haften Wirkung  der  Pflanze  zur  dominierenden  geworden,  wo  nun 
der  einstige  Zusammenhang  mit  den  Seelenvorstellungen  nur  noch 
leise  anklingt:  so  besonders  bei  dem  Übergang  des  Märchens  in  die 
Helden-  und  Göttersage,  bei  denen  wir  auf  diesen  Entwicklungsprozeß 
noch  näher  zurückkommen  werden. 

Bilden  so  in  den  geschilderten  Fällen  bis  herab  zu  diesen  letzten 
durch  ihren  Bedeutungswandel  imkenntlich  gewordenen  Verzweigfungen 
die  Mythen  über  den  Ursprung  gewisser  Pflanzen  oder  einzelner 
Pflanzenindividuen  und  Pflanzenteile  im  wesentlichen  nur  Modifikationen 
des  allgemeinen  Verwandlungszaubers,  so  könnte  man  vielleicht  er- 
warten, ein  eigentliches  Vegetationsmärchen  in  reiner  Form  etwa 
noch  in  solchen  Gebieten  zu  finden,  in  denen  die  Kultur  des  Bodens 
das  Wachstum  der  Nährpflanzen  zu  einer  der  dringendsten  Sorgen 
des  Menschen  gemacht  hat.  Doch  diese  Erwartung  findet  sich 
nicht  bestätiget.  So  sehr  bei  den  Kulturvölkern  der  Alten  Welt  der 
einstige  Kultus  der  Vegetationsgeister  in  Erntebräuchen,  Festzeiten 
und  einzelnen  abergläubischen  Vorstellungen  noch  nachwirkt,  in  das 
Märchen  sind  solche  Elemente  kaum  eingedrungen.  Aber  auch  bei 
jenen  Halbkulturvölkem  der  Neuen  Welt ,  bei  denen  die  Dämonen 
der  Fruchtbarkeit  zum  Teil  bis  in  die  Gegenwart  herein  in  Kultus 
und  Sitte  lebendig  geblieben  sind,  wird  das  eigentliche  Märchen  davon 


204  ^*'  Natnrmythns. 


allem  Anscheine  nach  nicht  berührt.  So  ist  bei  den  Zufiis,  Navajos 
und  andern  von  der  mexikanischen  Kultur  beeinflußten  Stämmen 
Neu-Mexikos  und  Arizonas,  bei  denen  die  Vegetationskulte  den  Haupt- 
bestand der  jährlichen  Feste  bilden,  trotzdem  in  den  zahlreichen 
mythischen  Traditionen,  die  von  ihnen  gesammelt  worden  sind,  das 
eigentliche  Vegetationsmärchen  nicht  vertreten.  Das  würde  vielleicht 
zu  verwundem  sein,  wenn  nicht  eben  der  Kultus  selbst  überall  die 
Kraft  in  sich  trüge,  den  Mythus  aus  dem  Gebiet  des  Märchens  in 
das  der  Sage  und  Legende  hinüberzufuhren.  Höchstens  als  Reste 
früherer  Legenden  würden  also  vielleicht  solche  Märchen  zu  er- 
warten sein.  Hier  fuhrt  dann  aber  die  für  daä  eigentliche  Märchen 
charakteristische  Isolierung  der  einzelnen  Erzählung,  die  mit  ihrer 
Loslösung  von  zeitlichen  und  räumlichen  Bedingungen  zusammen- 
hängt, die  etwa  vorhandenen  Ansätze  zu  einem  Vegetationsmärchen 
in  ein  gewöhnliches  Zaubermärchen  über,  in  welchem  der  Träger 
der  Handlung  nicht  mehr  die  Pflanze,  sondern  der  Mensch  selbst  ist. 
So  kommen  in  der  Tat  bei  jenen  Ackerbauvölkem  Märchen  vor,  die 
sich  um  die  Gewinnung  der  Nährfrüchte  und  um  die  innerhalb  einer 
primitiven  Kultur  so  dringende  Hungerfrage  bewegen.  Aber  die 
Nährfrucht  scheint  in  ihnen  keine  andere  Rolle  zu  spielen,  als  das 
Gold  und  andere  Schätze  im  Glücksmärchen.  Diese  Erzählungen  sind 
also  keine  Vegetationsmärchen ;  auch  sind  sie  schwerlich  aus  solchen 
hervorgegangen.  Ein  Märchen,  das  K.  Th.  Preuß  bei  den  Huichol- 
Indianern  in  Neu-Mexiko  aufgezeichnet  und  »die  Hochzeit  des  Maises c 
überschrieben  hat,  kann  wohl  als  ein  Beleg  hierfür  angesehen  werden. 
Es  lautet  im  wesentlichen  folgendermaßen:  »Als  einmal  große  Hungers- 
not herrschte,  ging  ein  Mann  aus,  Mais  zu  kaufen.  Eine  Taube,  die 
Maisteig  im  Schnabel  trug,  zeigte  ihm  zuerst  den  Weg.  Dann  traf 
er  Leute,  die  ihn  weiter  nach  der  Maishütte  führten,  ihn  schoren, 
dann  aber  plötzlich  verschwanden.  Jetzt  öffnete  die  Besitzerin  der 
Hütte  die  Tür  und  frag^  nach  seinem  Begehr.  Er  will  Mais  kaufen. 
Da  fragt  sie  dep  gelben,  den  roten,  den  punktierten,  endlich  den 
weißen  Mais,  ob  sie  mit  ihm  gehen  wollen.  Die  drei  ersten  wollen 
nicht,  aber  der  weiße  Mais  sagt  ja.  Da  sagt  die  Frau  dem  Mann:  ,Nimm 
dieses  Mädchen  mit,  aber  halte  es  g^ut^,  und  sie  gibt  ihm  verschie- 
dene Vorschriften,  die  er  alle  genau  befolgen  soll.  Doch  als  er  zu 
Hause  ankam,  behandelte  seine  Mutter  sie  schlecht.     Das  Mädchen 


Die  Pflanze  im  Mythenmärchen.  205 

mahlte  Mais,  bis  ihm  das  Blut  aus  den  Händen  floß  und  diese  ver- 
brannten. Da  verschwand  es  plötzlich^  und  als  der  Mann  versuchte, 
es  wiederzuholen,  ging  es  nicht  mehr  mit  ihm.  Nun  kehrte  er  nach 
Hause  zurück  und  sagte  zu  seiner  Mutter:  ,du  hast  sie  ausgezankt, 
und  wir  werden  Hungers  sterbende '),  Preuß  gibt  folgende  Interpre- 
tation dieses  Märchens:  die  Leute,  die  den  Helden  scheeren  und 
dann  verlassen,  sind  die  Ameisen,  die  im  Maisfeld  die  herabhängenden 
Narbenbüschel  der  jungen  Maiskolben  abfressen.  Der  Held  selbst 
ist  also  der  hervorsprießende  Maiskolben,  der  noch  keinen  Mais  ent- 
hält Da  die  Ameisen  dem  Helden  die  Haare  abfressen,  während  er 
auf  der  Suche  nach  Mais  ist,  so  ist  damit  sein  Hungertod  besiegelt 
Die  begegnende  Taube  weist  zugleich  auf  das  diesen  Völkern  heilige 
Tier  der  Erd-  und  Maisgöttin  hin,  nach  welchem  der  Mais  selbst 
zuweilen  die  »Taubec  genannt  wird.  Preuß  bemerkt,  das  Märchen 
werde  nicht  mehr  verstanden.  Das  ist  in  der  Tat  um  so  be- 
greiflicher, da  die  Erzählung  offenbar  infolge  dieser  Verdunkelung 
Bestandteile  aufgenommen  hat,  die  ihm  den  Charakter  eines  Vege- 
tationsmärchens, wenn  es  je  ihn  besaß,  genommen  haben.  Denn  in 
der  jetzigen  Fassung  ist  nicht  mehr  der  Maiskolben,  sondern  der 
hungernde  Mensch  der  Held,  und  die  Weisungen  der  alten  Frau 
gleichen  Zaubervorschriften,  die  befolget  werden  müssen,  wenn  der  Mais 
wachsen  und  keine  Hungersnot  eintreten  soll.  Die  personifizierende 
Schilderung  der  Vegetation  scheint  also  zu  einem  gewöhnlichen 
Zaubermärchen  geworden  zu  sein,  in  das  sich  aus  jener  nur  Rudi- 
mente gerettet  haben.  Wollte  man  aber  aus  diesen  jene  Schilderung 
zu  rekonstruieren  versuchen,  so  würde  nicht  ein  Märchen,  sondern 
eine  Allegorie  oder  ein  allegorisches  Rätsel  zurückbleiben,  eine  Form 
rationalisierender  Dichtung,  die  von  dem  Märchen  und  vor  allem  von 
dem  Mythenmärchen  weit  ablieget.  Hinter  ihr  steht  eben  schon  ein 
entwickelter  Kultus,  und  hinter  diesem  ein  Priesterstand,  wie  er  über- 
all in  der  Rätselallegorie  die  ihm  adäquate  Dichtungsart  findet,  weil 
sie  die  sinnvolle  Beziehung  mit  dem  Reiz  des  Geheimnisvollen  ver- 
einigt. Man  braucht  sich  nur  die  Ausschmückung  der  Festplätze  mit 
ihrer  Fülle  symbolischer  Bilder  bei  den  Zufiis  und  andern  Stämmen 
zu  vergegenwärtigen,  um  eine  solche  allegorische  Rätseldichtung  als 


*)  K.  Th.  Preuß,  Globus,  Bd.  91,  S.  189. 


2o6  ^c*"  Natnrmythus. 


einen  diesem  Kultus  durchaus  entsprechenden  Ausdruck  zu  ver- 
muten, wie  er  uns  ja  auch  auf  einer  etwas  höheren  Stufe  des 
Götterkultus  in  dem  meist  ebeiifalls  in  eine  allegorische  Rätsel- 
form gefaßten  Orakelspruch  begegnet.  Geht  nun  eine  solche  alle- 
gorische Dichtung  in  die  Volkstradition  über,  so  sucht  sich  diese 
hier  wie  überall  das  Unverständliche  verständlich  zu  machen,  nicht 
indem  sie  es  rationalisiert,  sondern  indem  sie  es  in  eine  den  ge- 
wohnten Betätigfungen  der  Volksphantasie  adäquatere  Form  überfuhrt. 
Diese  ist  aber  auch  hier  wieder  das  Zaubermärchen.  Wer  den 
nötigen  Vorrat  an  Früchten  ernten  will,  der  muß  die  Zaubervor- 
schriften beachten,  die  ihm  eine  weise  alte  Frau  oder  die  Über- 
lieferung vorschreibt,  sonst  stirbt  er  Hungers:  das  wird  möglicher- 
weise der  Sinn  sein,  der  nun  einer  solchen  unverständlich  gewordenen 
Allegorie  untergeschoben  wird. 

Blicken  wir  hiemach  auf  die  Stellung  zurück,  die  die  Pflanze  über- 
haupt im  Mythenmärchen  einnimmt,  so  ist  ersichtlich,  daß  sich  diese 
Stellung  in  doppelter  Weise  als  eine  untergeordnete  kundgibt.  Einmal 
darin,  daß  die  früheste  und  primitivste  Verwendung,  die  der  Pflanze 
als  Zaubermittel,  zugleich  die  dauerndste  bleibt.  Hier  hängt  diese 
Verwendimg  auf  das  engste  mit  der  Zähigkeit  zusammen,  mit  der 
der  Zauberglaube  in  wenig  veränderten  Formen  alle  Kulturstufen 
begleitet.  Dagegen  scheint  die  Pflanzenverwandlung  kaum 
mehr  als  eine  verhältnismäßig  späte  poetische  Nachbildung  der  Tier- 
verwandlungen zu  sein,  in  der  sich  die  Herrschaft  eines  feiner  ge- 
stimmten Geftihlslebens  verrät.  Das  Vegetationsmärchen  endlich 
ist  wohl  nur  eine  unter  ausnahmsweisen  Bedingungen  entstehende 
Abzweigung  derartiger  Verwandlungfsmythen,  oder  es  ist  eine  durch 
populäre  Umbildung  entstandene  Degeneration  einer  Rätselallegorie 
zum  Zaubermärchen.  Die  Vegetation  als  solche,  vor  allem  die  an 
ihre  geordnete  Pflege  sich  anschließenden  Kulte  wachsen  eben  von 
Anfang  an  über  die  Sphäre  des  Mythenmärchens  hinaus,  indem  sie 
den  Mythus  zu  der  Stufe  der  Sage  und  Legende  erheben.  Dabei 
fehlen  freilich  die  ursprünglichen  Märchenmotive  nicht;  aber  diese 
werden  sofort  in  den  Zusammenhang  einer  von  dem  Kultus  getra- 
genen Götterlegende  aufgenommen,  in  der  sie  die  Gebundenheit  an 
bestimmte  Raum-  und  Zeitbedingungen,  zu  der  schon  die  regelmäßige 
Wiederkehr  gewisser  Naturvorgänge  gehört,  dem  Gebiet  des  Märchens 


Das  Himmelsmärchcn  und  seine  irdischen  Parallelen. 


207 


entzieht.  Diese  Bedingungen  sind  es  zugleich,  die,  wie  wir  sehen 
werden,  gerade  die  Vegetationskulte  zu  einer  Grundlage  der  höheren 
Kultformen  machen.  Dabei  bilden  freilich  in  jenen  Kulten  noch 
andere  mythologische  Vorstellungen  eine  wichtige  Quelle  des  Mythus, 
die  ihrerseits  von  frühe  an  schon  in  das  Märchen  einströmt.  Es 
*  ist  die  Klasse  der  Himmelsmärchen,  die  so  eine  der  wichtigsten 
Brücken,  wenn  auch  keineswegs  die  einzige,  darstellt,  die  von  dem 
Mythenmärchen  zu  den  mythologischen  Formen  der  SsLgt  hinüber- 
führt. Die  ursprüngliche  Zugehörigkeit  dieser  Form  zum  Märchen 
kann  aber  um  so  weniger  bezweifelt  werden,  als  sie  hier  bis  zum 
primitiven  Mythenmärchen  zurückreicht,  um  erst  beim  Übergang  in 
die  spätere  Märchendichtung  allmählich  zu  verschwinden, 

6.  Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen. 

a.  Die  Himmelserscheinnngen  und  die  mythenbildende  Phantasie. 
Die  Erscheinungen  des  Himmels,  als  belebte  handelnde  Wesen 
gedacht,  reichen  bis  in  die  allerersten  Anfange  des  Mythenmärchens 
zurück.  Aber  weder  hier  noch  auf  den  zunächst  folgenden  Stufen 
sind  sie  irgendwie  vorherrschende  Inhalte.  Vielmehr  werden  sie  weit 
zurückgedrängt  von  den  mannigfaltigen  Gestaltungen  des  Tier-  und 
des  Glücksmärchens.  Der  alle  Märchendichtung  beherrschende  Zauber 
hat  daher  zumeist  auch  die  Erde,  nicht  den  Himmel  zu  seinem  Schau- 
platz. Für  das  quantitative  Verhältnis,  in  welchem  im  allgemeinen 
das  Himmelsmärchen  zu  den  übrigen  Märchengattungen  von  Anfang 
an  steht,  geben  übrigens  schon  die  oben  {S.67ff.)  angeführten  Beispiele 
primitiver  Mythenmärchen  ein  ungefähres  Maß  ab.  Zugleich  ist  hier 
wie  in  der  ganzen  folgenden  Entwicklung  die  Bedeutung  der  Himmels- 
erscheinungen auch  insofern  eine  beschränkte,  als  sie  niemals  für 
sich  allein  den  Inhalt  der  Erzählung  ausmachen,  sondern  teils  gemischt 
mit  irdischen  Erscheinungen,  teils  in  unmittelbarer  Anlehnung  an  diese 
in  sie  eingehen.  Auch  in  dieser  Hinsicht  steht  das  Himmelsmärchen 
in  einem  augenfälligen  Gegensatz  zu  dem  Tiermärchen,  bei  dem  nicht 
nur  in  zahlreichen  Erzählungen  die  Tiere  von  Anfang  an  eine  allein- 
herrschende  Rolle  spielen,  sondern  das  selbst  in  der  Zeit  seines 
Verschwindens  noch  zur  Quelle  einer  neuen  eigenartigen  Form  der 
Dichtung,  der  Tierfabel,  wird. 


2o8  ^cr  Naturmythus. 


Dem  gegenüber  erscheint  das  Bild  des  Himmels  in  der  primitiven 
Mythologie  der  Völker  als  ein  je  nach  Naturanlage  und  Natur- 
umgebung mannigfach  wechselndes.  Im  allgemeinen  aber  pflegt 
sein  Anteil  da  am  reichsten  zu  sein,  wo  das  Märchen  bei  Beginn 
einer  höheren  Kultur  in  die  Formen  der  Sage  einmündet,  und  wo 
nun  insonderheit  die  kosmogonische  Sz^e  den  Himmelserscheinungen 
neue  Motive  entnimmt.  Dagegen  schwindet  von  da  an  in  dem 
Märchen  selbst,  soweit  es  nicht  eben  in  diese  höhere  Form  des 
Mythus  aufgenommen  wird,  der  Anteil  des  Himmels  mehr  und  mehr 
bis  auf  geringe  Reste,  von  denen  zweifelhaft  bleibt,  ob  sie  überhaupt 
noch  mit  dem  ursprünglichen  Himmelsmärchen  zusammenhängen 
und  nicht  bloß,  wie  die  sonnenglänzenden  und  sternbesäten  Kleider 
der  Märchenprinzessinnen,  wahrscheinlich  erst  ein  spät  entstandener 
Schmuck  der  Dichtung  sind.  Wenn  z.  B.  in  dem  deutschen  Märchen 
von  den  sieben  Raben  (Grimm,  Nr.  25)  das  seine  Brüder  aufsuchende 
Schwesterchen  zuerst  die  Sonne,  von  der  sie  heiß  und  zornig,  dann 
den  Mond,  von  dem  sie  kalt  und  feindlich  empfangen  wird,  und 
schließlich  die  ihr  freundlich  begegnenden  Sterne  um  Rat  fragt,  so 
haben  solche  Ausschmückungen,  in  denen  sich  durchaus  die  Natur- 
stimmung einer  jüngeren  Vergangenheit  spiegelt,  mit  dem  ursprüng- 
lichen Himmelsmärchen  sichtlich  nichts  mehr  gemein  *). 

Um  die  Bedeutung  zu  würdigen,  die  den  Himmelserscheinungen 
für  die  Mythenbildung  zukommt,  ist  es  nun,  besonders  auch  im  Hin- 
blick auf  solche  bereits  außerhalb  liegende  Motive,  nützlich,  sich  zu- 
nächst über  die  Vorstellungen  im  einzelnen  zu  orientieren,  die  das 
menschliche  Bewußtsein  innerhalb  der  verschiedenen  Stadien  der 
Mythenentwicklung  überhaupt  mit  den  Himmelserscheinungen  ver- 
binden kann.  Diese  Vorstellungen  lassen  sich  teils  den  Mythen- 
bildungen selbst,  teils  auch  den  Aussagen  entnehmen,  die  über  die 
Erscheinungen  gemacht  werden.  Die  Antworten,  die  man  auf  beiden 
Wegen  gewinnt,  stimmen  freilich  durchaus  nicht  immer  mitein- 
ander überein;  und  auch  die  in  den  Mythen  und  namentlich  den 
Mythenmärchen  enthaltenen  Vorstellungen  können  ziemlich  weit  aus- 
einandergehen.     Aus  diesen  Schwankungen    ergibt   sich  von   selbst 

')  Als  solche  Berater  des  Menschen  erscheinen  Sonne,  Mond  und  Sterne  des 
öfteren  in  dem  späteren  Märchen:  vgl.  z.  B.  in  einem  litauischen,  Leskien  und  Bmg- 
mann,  a.  a.  O.  S.  441. 


D«s  fgmnnfTnmirc^gA  t»i  scdK  dc<£sciMft  F^wc«U«l«tit.  >sH> 


schoQ  ein  Polymorphismus  der  VorsteUuiig«»^  wk  er  uivk  ja  Awch 
bd  den  andern  Fonnen  des  M>-theninärcli^[i$^  obwohl  ttioht  im 
gietdicn  Grade  begegnet  ist  Dieser  Unterschied  mag  haui>t^chlk^h 
daraus  entspringen,  daß  die  einzelnen  Angaben  die  ax^nbUckUch 
bestdiende  Au£E2ssung  repräsentieren,  wiihrend  der  Mythw»  viele» 
bewahrt,  was  durdi  Tradition  überkonunen  ist.  Im  ganaen  läßt  »toh 
aber  wohl  aus  beiden  Quellen  zusammen  über  den  Umfang,  innerhalb 
dessen  sich  die  mythologischen  Vorstellungen  bewegen,  ein  Anhalt 
gewinnen.  Freilich  lassen  sich  dabei  die  einzelnen  Stadien  iler 
Mythenbildung  nur  unsicher  scheiden.  Zwar  gibt  ea  primitivere 
Formen  der  Auffassung,  die  nur  den  Anfingen  des  Mythenn>ärchenii 
eigen  sind,  und  andere,  eine  reichere  Kultur  vorau»«etxcnde,  die 
in  der  Regel  erst  in  der  Sage  auftreten.  Aber  auch  hier  «ind 
teils  wohl  infolge  der  Wanderungen  mancher  Vorstellungen,  tclU 
vermc^e  der  Beharrungstendenz  anderer  die  Grenzen  unheütlnmU, 
so  daß  wir  die  hier  möglichen  Scheidungen  der  folgcntlcn  lictrwch- 
tung  der  einzelnen  Formen  des  Himmelsmhrchcna  und  Heiner  C^ber* 
gänge  in  den  späteren  Naturmythus  überlassen  müssen. 

Die  Stellung  der  verschiedenen  Himmelscrschcinungcn  im  Mythrn- 
märchen  ist  nun  außerdem  offenbar  von  äußeren  IkdlnuiinKcn  ah- 
bängig.  Namentlich  variiert  danach  der  Anteil  der  Wolken  und  dr« 
Gewitters.  Wo  sich  dieses  mit  großer  Regelmäßigkeit  wietlerholf, 
wie  in  den  tropischen  Regionen  der  ICrdc,  da  scheint  es  gcwUsur- 
maßen  als  eine  selbstverständliche  Zugabc  des  I^t)eni  hlnK^nonmien 
zu  werden,  ohne  im  Mythenmärchen  merklich  bcrvorÄUtretön,  Wo 
^gegen,  wie  in  manchen  subtropischen  (icbictett,  z.  H.  In  den  Puchlo- 
ländern  Zentralamerikas,  die  Wasaerarmut  dtn  J^>dc«s  r*'flM/^MIyu 
Niederschläge  zu  einer  der  ersten  Lebensfragen  umhi^  t\a  y^^winiien 
die  meteorologischen  Vorgänge  eine  vorberrw:bciidir  \^ei\fMim^  Vn-I 
gleichmäßiger  bilden  begreiflicherweise  über  die  {^'^um  l,nU'  tiin  *v/iM»t 
und  Mond  Objekte  des  Himmelsmärchcns,  Ua/i  Ih^-tUi  int>\,iuinfiuU 
der  Mond  der  Sonne  in  der  Herrschaft  vorangc«ang*rn  m  v/m  -  moj/*. 
Forscher  annehmen,  bestätigt  sich  aber  nicht  ').  Vklfin  Jm  if.i  mh 
Gegenteil  nicht  bloß  im   primitiven  Mythenmärcbcn,  i^^,t$^U  nt  Wi^U 

n  Fritz  Schultze,  Psychologie  der  xNatnrvölker  1900,  ^'  ^»•'    Kr«^  *>-v^    M,-^v' 
logische  Briefe,   1901,  S.  248. 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3,  M 


2  I  o  ^^  Naturmythtts. 


weit  Über  dieses  hinaus  die  Sonne  höchstens  im  Verein  mit  dem 
Monde  das  herrschende  Gestirn.  Erst  von  dem  Augenblick  an,  wo 
die  Mondphasen  als  Hilfsmittel  zur  Messung  der  Zeit  verwendet  werden, 
beginnt  auch  die  mythologische  Bedeutung  des  Mondes  in  den  Vorder- 
grund zu  treten.  Vorher  bilden  die  Erscheinungen  des  Mondwechsels 
allem  Anscheine  nach  nur  Gegenstände  einer  unregelmäßigen  Beob- 
achtung, die  gegenüber  dem  leuchtenden  Tagesgestirn  und  seinen 
bald  ersehnten,  bald  gefiirchteten  Wirkungen  nicht  aufkommen  können. 
Weit  zurück  hinter  Sonne  und  Mond  stehen  endlich  die  Sterne.  Am 
ehesten  spielt  hier  die  Venus,  durch  ihr  spätes  Verschwinden  am 
Morgen,  ihr  frühes  Erscheinen  am  Abend  gekennzeichnet,  eine  her- 
vortretende Rolle;  neben  ihr  noch  solche  Sterne,  die,  wie  die  Gruppe 
der  Plejaden,  durch  ihr  zeitweises  längeres  Verschwinden  vom  Himmel 
die  Aufmerksamkeit  auf  sich  lenken.  Wo  sie  freilich  bestimmt  in 
der  Siebenzahl  aufgefaßt  werden ,  da  darf  man  dies  bei  Naturvölkern 
sicher  als  ein  versprengtes  Fragment  aus  der  Astralmythologie  der 
Kulturvölker  ansehen,  da  die  Siebenzahl  keine  unmittelbar  sinnen- 
fallige  Eigenschaft  dieser  Stemgruppe,  sondern  erst  aus  anderweitigen 
astronomischen  und  astralmythologischen  Vorstellungen  auf  sie  über- 
tragen ist  (vgl.  unten  f  und  III,  6).  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  gewissen 
Sternbildern,  an  die  mit  einer  gewissen  Regelmäßigkeit  bestimmte 
Vorstellungen  gebunden  werden,  wie  Orion,  großer  Bär,  südliches 
Kreuz  u.  a.*).  Daß  die  Sterne  eines  solchen  Bildes  als  ein  Ganzes 
aufgefaßt  werden,  mag  an  verschiedenen  Orten  unabhängig  geschehen 
sein.  Wo  aber  der  große  Bär  als  Bär  oder  gar  der  Orion  als  Jäger 
erscheint,  da  haben  wir  dies  um  so  sicherer  auf  ein  Eindringen  von 
außen  verschlagener  astrologischer  Vorstellungen  zu  beziehen,  je 
weniger  das  Bild  dem  zu  ihm  in  Beziehung  gebrachten  Gegenstand 
ähnlich  ist,  oder  je  mehr  es,  wie  z.  B.  die  Auffassung  des  Orion  als 
Jäger,  direkt  auf  eine  fremde  Mythologie  hinweist.  Eher  als  diese 
Sternbilder  kommt  schon  frühe  die  Milchstraße  als  ein  zusammen- 
hängendes Gebilde  zur  Geltung.  Sie  variiert  dann  aber  auch  sehr 
in  ihrer  Bedeutung:  bald  ist  sie  ein  mit  Sand  bestreuter  Pfad,  bald 
ein  das  Himmelsland  durchziehender  Strom,  bald  verspritzte  Milch, 
bald  endlich  ein  Baum,  der  sich  in  mächtige  Äste  verzweigt. 

*)  Andree,  Ethnographische  Parallelen  und  Vergleiche,  I,  S.  103  fF.    P.  Ehrenreich, 
Mythen  und  Legenden  der  südamerikanischen  Urrölker,  S.  38  ff. 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  2 1 1 

Wie  diese  Vorstellungen,  in  die  die  Volksphantasie  das  Bild  der 
Milchstraße  kleidet,  so  kann  nun  auch  die  Auffassung  des  Himmels 
selbst,  und  können  noch  weit  mehr  die  beiden  Hauptgestime  Sonne 
und  Mond  nicht  bloß  innerhalb   verschiedener  Völker   und  Zeiten, 
sondern  in  einem  und  demselben  Mythenkreise  außerordentlich  in  der 
Auffassung  wechseln.    Zwischen  engeren  Grenzen  bewegt  sich  natür- 
lich diese  beim  Himmel.     Er  ist  entweder  ein  Land,  in  das  sich  am 
Horizont  die  ferne  Ebene  fortsetzt,  oder  in  das  sich  die  Berge  er- 
heben,   oder  häufiger  noch  ein  Meer,   in  dem  die  großen  Gestirne 
dahinsegeln,  eine  Anschauung,  die  durch  das  Bild  eines  Kahnes,  das 
die  Mondsichel   darbietet,    unterstützt   wird.     Zuweilen   scheint  sich 
auch  frühe  schon  der  Gedanke  zu  regen,  daß  über  dem  sichtbaren 
Himmel  ein  Geisterreich,  noch  mehr  aber  der  andere,  daß  unterhalb  des 
Horizonts  eine  unsichtbare  Welt  liege,  in  der  die  Gestirne  verschwinden, 
wenn  sie  für  uns  untergehen,  wobei  übrigens  diese  Anschauung  mit 
der  Vorstellung  eines  künftigen  Lebens  zunächst  noch  nicht  in  Ver- 
bindung steht.     Ungleich  mannigfaltiger  sind  die  Auffassungen  über 
Sonne  und  Mond.    Bei  der  Sonne  sind  hier  in  erster  Linie  die  Strahlen 
wirksam,   die  sie  aussendet,  und  die  bald  als  Haare,  bald  als  Pfeile 
gesehen  werden,    bald    die  Sonne  selbst  als  eine  mächtige  Spinne 
erscheinen   lassen,    die   im  Mittelpunkt   ihres  Netzes   sitze.     Hierbei 
bietet  vor  allem  das  Bild  der  Pfeile  den  Anlaß  zu  einer  weitverbrei- 
teten Umkehrung,  indem  jene  als  eine  nach  der  Sonne   gerichtete 
Pfeilkette  geschaut  werden,  auf  der  sich  der  Verkehr  zwischen  den 
Gestirnen  und  der  irdischen  Welt  bewege.    Andere  Auffassungen  der 
Sonne  sind  die  eines  himmlischen  Feuers,  eines  glänzenden  Schildes, 
eines  Federballs  usw.,    wobei    diese  Objekte   von   einem  Menschen, 
Vogel   oder  von  andern  Tieren   über  den  Himmel  gefuhrt  werden. 
Daraus  scheint  sich  dann  erst  weiterhin  die  Vorstellung  eines  Sonnen- 
hauses zu  entwickeln,  in  welchem  der  Sonnenmann  oder  die  Sonnen- 
frau wohne.    Einer  späteren  Stufe  gehört  endlich  die  Auffassung  der 
Sonne  selbst  als  eines  himmlischen  Wesens  an,  wobei  aber  immer 
noch  die  Vorstellung  von  Tieren,  Pferden  oder  Vögeln,  die  den  Sonnen- 
wagen   ziehen,    herübergenommen   wird.     Hier   reicht    das    Sonnen- 
märchen bereits  in  die  Sphäre  des  aus  der  Vorstellung  eines  Sonnen- 
gottes entwickelten  Mythus  hinüber. 

Nicht  minder  mannigfaltig  sind  die  Vorstellungen,  die   das  i^jl'i 

14* 


212  I^cr  Natnrmythas. 


des  Mondes  erweckt.  Teils  wird  hier  von  frühe  an  das  Gestirn  selbst 
in  seiner  wechselnden  Gestalt  als  ein  lebendes  Wesen  geschaut.  Teils 
regt  die  eigentümliche  Zeichnung  seiner  Oberfläche  an,  den  Mond 
als  die  Wohnstätte  von  Tieren  oder  Menschen  zu  sehen.  Unter  den 
Tieren  sind  der  Hase  und  Frosch  die  häufigsten.  Wird  dieses  Bild 
mit  dem  andern  verbunden,  daß  der  Mond  selbst  ein  lebendes  Wesen 
sei,  so  werden  dann  gelegentlich  jene  Tiere  zu  Boten,  die  er  aus- 
sendet. Überhaupt  aber  unterstützt  die  wechselnde  Lichtgestalt  vor 
allem  bei  ihm  einen  großen  Polymorphismus  der  Vorstellungen. 
Hinter  dem  Mondmann,  der  Tiere  zu  seinen  Begleitern  oder  Ein- 
wohnern und  Boten  hat,  steht  offenbar  hauptsächlich  die  Gestalt  des 
Vollmondes,  während  der  Halbmond  als  Profil  eines  Gesichts  ohne 
Nase,  die  Sichel  im  ersten  und  letzten  Viertel  leicht  auch  als  Schiff 
oder  Wagen  gesehen  wird,  je  nachdem  der  Himmel  selbst  als  Meer 
oder  Land  erscheint.  Das  Bild  des  Gesichts  scheint  im  Anfang  das 
vorherrschende  zu  sein;  das  andere  der  auf  dem  Himmelsozean 
schwimmenden  Barke  hat  dann  von  zwei  Seiten  her  einen  Einfluß 
auf  die  spätere  Mythenbildung  gewonnen,  wobei  in  beiden  Fällen 
geläufige  Vorstellungen  der  irdischen  Umgebung  nicht  bloß  mit- 
wirkten, sondern  auch  das  himmlische  Bild  selbst  derart  assimilierten, 
daß  es  selbst  frühe  schon  verdrängt  wurde.  So  kann  denn  auch 
auf  seine  Mitwirkung  meist  nur  mit  einer  gewissen  Wahrscheinlich- 
keit zurückgeschlossen  werden.  Die  eine  Richtung,  nach  der  sich 
diese  Vorstellung  des  Himmelskahnes  entwickelt,  ist  die  des  Seelen- 
schiffs, auf  dem  nach  dem  Tode  die  Seele  einer  jenseitigen  Welt 
zugeführt  wird.  Bei  ihr  hat  wohl  die  Anschauung  des  Auf-  und 
Niedergangs  der  Gestirne  als  des  Verschwindens  in  einer  solchen 
jenseitigen  Welt  wesentlich  mitgewirkt  (Teil  II,  S.  74).  Die  andere 
Richtung  ist  die  des  rettenden  Schiffes,  das  über  den  alles  be- 
deckenden Ozean  hinsteuert,  eine  Anschauung,  die  uns  bei  der 
Flutsage  noch  beschäftigen  wird  (s.  unten  III,  4).  Seltener  und 
durchweg  erst  späteren  Mythen  zugehörig  sind  die  Vorstellungen 
des  Halbmondes  als  einer  Trinkschale,  der  Mondsichel  als  eines 
goldenen  Horns,  eines  Schwertes  usw.,  Vorstellungen,  von  denen  es 
überdies  oft  zweifelhaft  bleibt,  ob  sie  wirklich  mit  den  Mondphasen 
in  Beziehung  stehen.  Eine  letzte  Erscheinung,  die  beim  Mond  wie 
der  Sonne  verwandte  Anschauungen  wachruft,  ist  endlich  die  Ver- 


finstenmg  diese:  grafksn  f^t»ai  ■■  Zz^  itr  ■■srhraäi  5iii£  2?c  iner  dis 
des   vcisciiingcnaen   YiigassKSS^    zas   bes3iia=5    bsE    äst   ^rcsjet 

5%ontw  nfi f»g!y*-ny»«»n    JurJl    ny    Tm^lig"   igyiin^T  '^tn-T-r*^   OST  ZVxaÜireL-- 

heit  »iilnsaiitr:  ^irir±  1miifcf"irm  cacaiazic&  \nrr  Ss,  Vernsceraotgc: 
bei  Sonne  und  Moof  23  sd  vsrwan^st  Vjr£imgg»  ^2-^  s^c^  der 
spatere  iadisdie  llrdcB  bone  zxxf  cxbcs  imf  3rn^rbra  Däcxn  Rj2i=l 
zurückfolnt*.  Zweäeüfazaesr  ss  es.  oö.  trie  szaa  sswrrjfa  rTilmmf!. 
auch  das  Vcisdivinden  des  Moaass  ii  äsa  T^ca  rvscbca  sesaer 
Ab-  und  Zunahme,  jemals  asf  den  giexbea  Vocgaa^  bcxogcn  virc. 
Wohl  aber  mag  jenes  BQd  des  TCxsciiBDgcsdea  Ungrfaeaers  darch 
die  venrandte  AufEassong  des  *^ »■■■*■  ■-in^n^jm;<>  ssta^tJEtzt  v>erdcn« 
die  wir  unten  c  als  die  Grundlage  einer  kkr  ansgeps  igten  Gattm^ 
primitiver  Himmelsmarchen  von  ^^n^'^^^tn  Cliaiakter  kennen  lernen 
werden,  und  die  skh.  gieid:  den  Vcfinsteim^en.  schon  durdi  die 
Plötzlichkeit  ihres  Eintiitts  und  Veiiaa&  Ton  jenen  Eiscfaeinui^en  des 
regelmäßigen  Mondwechsels  urvnlTirh  unterscheiden.  Bei  der  Selten- 
heit der  eigentlichen  Verönsteraogen  spiekn  äbi^cns  diese  selbst  im 
Himmdsmardien  kaum  eine  TjciiiMUMicitL  RoDe.  Mehr  scheint  bei 
der  Sonne  ein  anderes,  rein  sob^cklnes  FlBnomen  zuweilen  hen-or- 
zutreten:  das  ist  die  durch  die  y arhhiHci  i  eguug  des  in  die  Sonne 
blickenden  Auges  vorübergehend  erfolgende  whrinlme  Verfinsterung 
der  Sonnenscheibe.  Sie  dürfte  sich  in  der  öfter  wiederkehrenden 
Vorstellung  eines  Felles  oder  Schleiers,  mü  dem  die  Sonne  bedeckt 
wird,  verrateiL 

Geringer  sind,  der  Gieichfc^nnigkeit  der  Fndifinin^  gemäß,  die 
Schwankungen  in  der  Auflassung  der  Stane.  Anf  pfimitiver  Stufe 
werden  sie  zuweilen  mit  dem  Neumond  m  Bcxidiui^  gebracht  und 
als  die  zerschl^enen  Bruchstücke  des  vorigai  Mondes  gedeutet,  an 
dessen  Stelle  in  der  wieder  wachsenden  SchcBie  ein  neuer  trete.  Im 
Märchen  erscheinen  sie  am  häufigsten  ak  zum  Hinmid  gcuanderte 
oder  von  höheren  Wesen  an  ihn  versetrte  Mnrlun  oder  Tieren 
namentlich  als  Vögel  Im  späteren  Marrhf  wmdda  sie  sich  dai^ 
zuweilen  in  gütige  Ratgeber  des  Märcbenhdfc»  md  seinen  Irrfahrt^ 
um,  ohne  übrigens  in  der  Regel  ander»  ak  «Mbt  iem  unbestimsi^ 


'     Kern.  Der  Baddhismos  nnd  »e;ne  C^efCfcid*^  m         ^f  tters.  von  H-  j 
I.  1S82,  S.  340  ff. 


214  ^^^  Naturxnythus. 


Begriflf  »Sterne«  zu  erscheinen.  In  jener  ursprünglicheren  Form  sind 
sie  aber  offenbar  vorbildlich  für  die  in  späteren  Ss^en  vorkommende 
Himmelsentrückung  des  Helden,  mit  der  dessen  irdische  Laufbahn 
abschließt.  Noch  nach  einer  andern  Richtung  gewinnt  endlich  das 
Sternenheer  eine  mehr  aushilfsweise  Bedeutung,  indem  es  das  aus 
der  wechselseitigen  Assimilation  der  Vorstellungen  des  himmelauf- 
rs^enden  Baumes  und  der  am  Himmel  dahinziehenden  Milchstraße 
entstehende  Bild  des  Himmelsbaumes  vervollständigt.  Denn  wahr- 
scheinlich werden  hierbei  den  Sternen  zunächst  die  den  Baum 
schmückenden  Lichter  entlehnt.  Auch  diese  Vorstellungen  reichen 
aber  bereits  in  die  Sphäre  des  kosmologischen  Mythus  hinüber,  in  der 
sie  mit  andern  astrologischen  Elementen  zusammentreffen,  und  unter 
deren  Einwirkung  dann  jenes  ursprüngliche  Bild  starke  Veränderungen 
erfährt,  wie  das  der  wohl  aus  solchen  Vorstellungsverbindungen  ent- 
sprungene »Lebensbaum«  des  babylonischen  Weltbildes  zeigt  (vgL 
unten  III,  f). 

Am  schwankendsten  unter  den  Bildern  der  Himmelserscheinungen 
sind  schließlich  die  der  Winde  und  Wolkeit  sowie  des  Gewitters. 
Beide,  die  Winde  und  Wolken,  werden  nicht  selten  verschmolzen, 
indem  die  am  Himmel  dahineilende,  vom  Wind  getriebene  Wolke 
selbst  als  Winddämon  aufgefaßt  wird.  Frühe  bildet  sich  sodann  die 
Unterscheidung  der  vier  Hauptrichtungen  der  Winde  aus,  nach  denen 
besonders  auf  amerikanischem  Boden  die  Vierzahl  überhaupt  die 
Bedeutung  einer  »heiligen  Zahl«  empfangen  hat  (vgl.  unten  IE,  6  h). 
Die  Wolken  sind  uns  bereits  als  die  Substrate  gewisser  Dämonen- 
vorstellungen begegnet,  wie  sie  zusammen  mit  den  Eindrücken  der 
Berge  und  des  Gewitters  wahrscheinlich  die  Riesen,  Titanen,  Gi- 
ganten und  ähnliche  Wesen  entstehen  ließen  (Teil  11,  S.  384).  Der 
Blitz  erscheint  selbst  ursprünglich  als  ein  feuriges  Ungeheuer,  das 
teils  wohl  infolge  der  gezackten  Form  des  Blitzstrahls  teils  ver- 
möge der  Assoziation  mit  der  die  Dämonen-  mit  den  Seelen- 
vorstellungen verbindenden  Schlangengestalt  als  eine  rasch  beweg- 
liche Schlange  apperzipiert  wird.  Daß  dieser  als  Schlange  gesehene 
Blitz  zusammen  mit  dem  Kriechen  der  Schlange  auf  dem  Boden, 
das  an  ein  Hervorkommen  aus  verborgenen  Erdhöhlen  denken  läßt, 
ihr  wie  dem  ihr  nachgebildeten  Drachen  auch  noch  im  Märchen 
die    Rolle   von    Hütern   eines   geheimen,    gleich    dem    Feuer    gold- 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  215 

glänzenden  Schatzes  zuweist,  hat  schon  W.  Schwartz  hervorge- 
hoben'). Mag  auch  seine  Auffassung  allzu  einseitig  von  dem  natur- 
mythologischen Faktor  dieses  Einflusses  bestimmt  sein,  so  darf  man 
doch  annehmen,  daß  sie  imter  dem  Vorbehalt  einer  solchen  Bei- 
mischung von  Elementen  des  Seelenglaubens  mit  einem  Teil  der 
hier  wirksamen  Motive  übereinstimmt.  Daß  das  Bild  des  Blitzes 
durch  jene  andern  Elemente  verdrängt  wurde,  das  konnte  aber  um 
so  leichter  geschehen,  als  in  der  Auffassung  des  Blitzes  selbst  offen- 
bar frühe  schon  an  die  Stelle  der  Schlange  ein  anderes  Bild  trat:  das 
des  Geschosses,  des  Pfeils  oder  Speers,  wie  ihn  überall  die  Götter 
schleudern,  und  wie  er  uns  bereits  in  den  Anfangsstadien  dieser 
Bildung  von  Wettergöttem  in  den  kultischen  Darstellungen  der  nord- 
und  zentralamerikanischen  Stämme  begegnet  ist  (Teil  11,  S.  423  ff.). 
Eine  gewisse  Mithilfe  hat  hierbei  vielleicht  die  gelegentliche  Auf- 
findung von  Meteorsteinen  geleistet,  die  der  Volksmund  noch  heute 
» Donnersteine  €  nennt,  und  in  denen  man  die  beim  Blitz  geschleuderten 
Geschosse  sah.  Der  Hauptschritt  ist  aber  wohl  durch  den  Übergang 
zu  einem  kriegerischen  Leben  geschehen ,  durch  das  Pfeil  und  Speer 
zu  geläufigen,  äußerlich  so  verwandte  Erscheinungen  leicht  assimi- 
lierenden Bildern  wurden.  Damit  ist  dann  weiterhin  die  Verbindung 
nahegelegft,  in  die  von  nun  an  diese  Bilder  mit  der  Vorstellung  per- 
sönlicher, über  den  Wolken  thronender  Götter  treten,  daher  sie  auch 
mehr  der  Göttersage  als  dem  Mythenmärchen  angehören.  In  diesem 
spielen  überhaupt  die  Winde,  Wolken  und  Blitze  eine  verhältnismäßig 
geringe  Rolle.  Sie  sind  in  den  unterhalb  der  Göttersage  liegenden 
Regionen  mehr  im  Volksglauben  und  in  der  Lokalsage  verbreitet,  als 
im  eigentlichen  Märchen.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  Licht  und 
Dunkel,  die  an  das  Erscheinen  und  Verschwinden  der  großen  Ge- 
stirne allzu  eng  gebunden  sind,  als  daß  sie  zu  selbständigen  mythischen 
Wesen  werden  könnten.  Wo  sie  überhaupt  neben  den  Gestirnen 
vorkommen,  da  werden  sie  als  unlebendige  Dinge  aufgefaßt,  die  in 
eine  Truhe  gesperrt  sind,  und  die  sich,  sobald  diese  geöffnet  wird, 
über  die  Umgebung  verbreiten. 

Reichen  schon  diese  Verschlingungs-  und  Truhenmärchen  in  ihren 
mannigfachen  Umwandlungen,  in  denen  sie  teils  von  vornherein  dem 


']  W.  Schwartz,  Der  Ursprung  der  Mythologie,  1860,  S.  46  ff. 


2i6  I^cr  Naturmythus. 


irdischen  Leben  angehören,  teils  vom  Himmel  wieder  zu  diesem 
zurückgewandert  sein  mögen,  weit  in  die  späteren  Entwicklungen  der 
Helden-  und  Göttersage  hinüber,  so  gilt  dies  nun  nicht  minder  von 
andern  Himmelsmärchen,  die  nicht  nur  ebenfalls,  wie  sich  von  selbst 
versteht,  Projektionen  irdischer  Vorgänge  an  den  Himmel  sind, 
sondern  bei  denen  überdies  Motive  ähnlichen  Inhalts  vorkommen, 
von  denen  die  einen  am  Himmel,  die  andern  dauernd  auf  Erden 
ihren  Schauplatz  haben  können.  So  treten  sich  Sonne  und  Mond 
als  Gatte  und  Gattin,  als  Zwillinge,  als  Bruder  und  Schwester,  oder 
als  beides  zugleich  gegenüber.  Spiegelt  sich  in  den  hier  wirksam 
werdenden  Motiven  zum  Teil  an  sich  schon  eine  höhere  Stufe  der 
Kultur,  so  tritt  diese  nun  auch  in  dem  umfassenderen  Umfang  der 
Stoffe  dieser  fortschreitenden  Himmelsmythologie  hervor.  Neben 
Sonne  und  Mond  erscheint  die  Venus  als  ein  drittes  wichtiges  Ge- 
stirn, dann  die  Reihe  der  übrigen  Planeten,  besonders  Jupiter  und 
Saturn  und  in  weiterem  Anschlüsse  Merkur,  unter  den  Sternbildern 
die  Zwillinge,  der  Stier,  Orion  und  die  Plejaden.  Überall  sind  hier 
schon  in  den  Namen  der  Sterne  und  Sternbilder  die  mythologischen 
Grundlagen  ai^edeutet,  auf  denen  einerseits  die  älteste  astronomische 
Beobachtung  ruht,  während  es  anderseits  wesentlich  die  geschärfte 
Beobachtung  des  Himmels  ist,  die  diese  Erweiterung  des  mytho- 
logischen Horizontes  möglich  gemacht  hat. 

Der  Polymorphismus  dieser  Erscheinungen  wird  überdies  noch 
dadurch  gesteigert,  daß,  nachdem  das  Himmelsmärchen  aus  der 
Projektion  der  irdischen  Umgebung  an  den  Himmel  entstanden  ist, 
nun  auch  das  unter  der  Mitwirkung  der  kosmischen  Phänomene 
ausgestaltete  Bild  wieder  zur  Erde  zurückkehrt,  ein  Vorgang,  der 
namentiich  auf  den  früheren  Stufen  des  Mythenmärchens  in  den 
Wanderungen  von  Menschen  und  Tieren  zum  Himmel  und  ihrer 
Rückwanderung  hervortritt.  Aber  auch  wo  diese  äußeren  Bedingungen 
fehlen,  da  kümmert  sich  das  Himmelsmärchen  so  wenig  wie  das  auf 
dem  festeren  irdischen  Boden  spielende  Zaubermärchen  um  Wider- 
sprüche. Auch  sein  Reich  gehört  der  von  den  Impulsen  des  Augen- 
blicks geleiteten  Phantasie,  nicht  der  logischen  Reflexion.  Diese  pflegt 
höchstens  der  Mythologe  hinzuzubringen,  der  damit  freilich  auch  den 
wirklichen  Charakter  des  Naturmärchens  um  so  gründlicher  beseitigt, 
je  mehr  er  die  Phantastik  des  Märchens  entweder  nach  seinen  Ver- 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen. 


217 


Standesbedürfnissen  oder  nach  irgend  welchen  leitenden  Vorstellungen 
zurechtrückt,  von  denen  er  selbst  beherrscht  ist. 

Um  die  Verbindungen  und  Verschlingungen  himmlischer  und 
irdischer  Motive  in  dieser  Klasse  der  Mythenmärchen  zu  verfolgen, 
wird  es  hiemach  zweckmäßig  sein,  wenn  wir  aus  der  Fülle  dieser 
MärchenstofTe  vprnehmlich  solche  Gruppen  herausgreifen,  in  denen 
von  Anfang  an  entweder  himmlische  und  irdische  Erscheinungen  direkt 
zu  einander  in  Beziehung  gesetzt  sind,  oder  in  denen  ähnliche  mythische 
Vorgänge  sowohl  am  Himmel  wie  auf  Erden  spielen  können.  Als 
solche  Gruppen  sind  die  folgenden  vier  hervorzuheben:  i)  die  Märchen, 
deren  Hauptthema  in  dem  Aufstieg  von  Menschen  und  Tieren 
zum  Himmel,  namentlich  zu  Sonne  und  Mond,  oder  im  Herab- 
stieg zur  Erde  besteht;  2)  die  Verschlingungsmärchen,  die 
in  ausgeprägter  Weise  den  Charakter  von  Parallelmärchen  be- 
sitzen, da  die  Erzählungen  sowohl  am  Himmel  wie  auf  Erden  spielen 
können;  3)  die  Verbergungs-  oder  Truhenmärchen,  und  end- 
lich 4)  die  Zwillingsmärchen,  für  die  beide  das  nämliche  gilt. 

Diese  vier  Gruppen  bilden  übrigens  keineswegs  eine  Entwicklungs- 
folge. Sie  bilden  sie  vor  allem  deshalb  nicht,  weil  gewisse  ein- 
fachere Motive  der  folgenden  Gruppen  schon  zur  ersten  zurück- 
reichen, ebenso  aber  diese,  wenn  auch  spärlicher,  später  sich 
wiederholen  können.  Dennoch  sind  sie  insofern  für  die  Entwick- 
lung des  Himmelsmärchens  kennzeichnend,  als  auf  primitiven  Stufen 
Erzählungen  vom  Aufstieg  zum  Himmel  und  vom  Herabstieg  zur 
Erde  der  Menge  wie  der  Wichtigkeit  nach  die  Hauptmasse  der 
Himmelsmärchen  ausmachen,  während  später  die  Verschlingungs- 
und Truhenmotive  eine  wachsende  Bedeutung  gewinnen  und  im 
Verhältnis  zu  ihnen  das  Auf-  und  Abstiegsmotiv  zurücktritt.  Zu 
ihnen  kommt  dann  durchgängig  erst  später  das  Zwillingsmärchen. 
Aber  auch  daran  ist  diese  Reihenfolge  als  eine  einigermaßen  der 
Ausbildung  psychologischer  Motive  parallel  gehende  zu  erkennen, 
daß  die  erste  Gruppe  mit  wenigen  Ausnahmen  durchaus  in  das  Gebiet 
der  eigentlichen  Mythenmärchen  fällt,  wogegen  sich  in  die  zweite 
Gruppe  dieses  mit  den  wohl  ursprünglich  ebenfalls  dem  Märchen  ent- 
lehnten, aber  auf  eine  höhere  Stufe  gehobenen  Sagenstoffen  teilt, 
und  endlich  die  dritte  und  vierte  zumeist  einer  Kultur  angehören, 
innerhalb    deren   Sage    und   Legende   das    einstige   Mythenmärchen 


2iS  ^r  Naturmythus. 


zurückgedrängt  haben,  so  daß  hier  im  wesentlichen  nur  noch  von 
solchen  Himmelsmärchen  geredet  werden  kann,  die  bereits  von  der 
Sage  assimiliert  sind.  Gleichen  Schritt  damit  hält  das  Schwinden  der 
Himmelsmotive  in  der  zurückbleibenden  reinen  Märchenerzählung. 
In  dieser  fehlen  sie  von  nun  an  bis  auf  schattenhafte  und  in  ihrer 
Bedeutung  gewandelte  Reste  gänzlich.  Sonne,  Mond  und  Sterne  sind 
höchstens  noch  warnende  oder  freundliche  Berater  des  Märchen- 
helden, oder  es  werden  wohl  auch  einmal  Kinder  in  Sterne  ver- 
wandelt. Aber  diese  Gestirne  selbst  haben  jenen  Qiarakter  wirklicher 
Tier-  oder  menschenähnlicher  Wesen  verloren,  den  sie  dereinst  im 
Mythenmärchen  besaßen.  Solche  Züge  sind  vielmehr  innerhalb  dieser 
späteren  Zeit  nur  noch  in  den  von  der  Sage  assimilierten  Märchenstoffen 
erhalten  geblieben.  Doch  indem  der  Inhalt  der  letzteren,  nachdem  er 
zuerst  von  der  Erde  zum  Himmel  gewandert,  nun  umgekehrt  in  eine 
dem  Menschen  nähere,  zwischen  Himmel  und  Erde  schwebende 
Region  zurückgekehrt  ist,  geht  der  wirkliche  Himmelsmythus  schließ- 
lich auch  der  Sage  wieder  verloren. 

b.  Der  Aufstieg  zum  Himmel  und  der  Abstieg  zur  Erde. 

Auf  einer  primitiven  Stufe  der  Kultur  begegnet  man  den  Himmels- 
erscheinungen, vor  allem  den  Gestirnen,  fast  durchweg  in  Erzählungen, 
in  denen  sie  mit  einer  Wandenmg  von  Tieren  oder  Menschen  nach 
dem  Himmel  in  Verbindung  gebracht  sind.  Die  Gestirne  erscheinen 
dabei  sehr  häufig  selbst  als  solche  nach  oben  gewanderte  Geschöpfe 
irdischer  Herkunft.  An  den  Aufstieg  schließt  sich  dann  oft  ein  Ab- 
stieg an:  die  zum  Himmel  gewanderten  Menschen  oder  Tiere  kehren 
nach  einiger  Zeit  wieder  von  dort  zur  Erde  zurück.  Viel  seltener 
kommt  es  vor,  daß  dieser  Abstieg  der  primäre  Vorgang  ist.  Beide 
Wanderungen  stehen  aber  in  naher  Verbindung  mit  der  bei  allen 
primitiven  Völkern  verbreiteten  und  zum  Teil  noch  in  die  Frühzeit 
der  Kulturvölker  hineinreichenden  Vorstellung,  daß  Himmel  und  Erde 
ursprünglich  einander  berührten  und  erst  durch  die  Arbeit  früherer 
Kulturträger  voneinander  getrennt  wurden,  immer  aber  noch  sich 
nahe  genug  seien,  um  einen  Verkehr  leicht  zu  gestatten.  So  berichtet 
schon  die  Ahnensage  der  australischen  Dieri  von  einem  Heroenpaar, 
welches  das  Feuer  gebracht,  die  Verfertigung  der  Steinäxte  und  die 
Zeremonien  gelehrt,  und  es  zugleich  den  Menschen  möglich  gemacht 


Dm  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen. 


219 


habe  aufrecht  zu  gehen,  indem  diese  Urahnen  ein  Känguruhfell  durch 
Pflöcke  am  Boden  befestigften  und  in  der  Mitte  durch  eine  Stange 
erhöhten,  so  daß  es  zum  Himmel  geworden  sei*).  Es  sind,  wie 
man  sieht,  im  kleinen  dieselben  Bilder,  die  wir  in  einer  in  die 
Göttersage  herübergenommenen  und  darum  etwas  gesteigerten  Form 
aus  Hesiod  kennen  (Theog.  722  ff.).  Innerhalb  dieser  naiven  Vorstel- 
lungen von  den  räumlichen  Dimensionen  des  Kosmos  besitzen  nun 
auch  die  Vögel  in  ihrem  Flugvermögen  das  immer  bereitstehende 
Mittel,  sich  zum  Himmel  zu  erheben  und  dort  als  Grestime  zu  bleiben. 
Es  sind  hauptsächlich  die  Gruppen  der  kleineren  Sterne,  die,  wie 
die  Plejaden  und  Hyaden,  zeitweise  verschwinden  und  wieder 
hervortreten,  die  auf  solche  Weise  als  Schwärme  von  Tauben  oder 
von  andern  Vögeln  gelten,  die  zum  Himmel  gelangt  sind.  Größere 
Vögel,  wie  der  Adler,  erscheinen  vielmehr  als  Gewitterwesen,  indem 
ihr  Körper  wohl  als  Wolke,  ihr  Flügelschlag  als  Wehen  des  Windes 
aufgefaßt  wird,  indes  die  an  den  Sturm  und  an  den  Eindruck  des 
gewaltigen  Raubvogels  gebundenen  Gefühle  der  Furcht  hier  sich 
assimilieren.  Dieses  noch  lange  da  und  dort  im  Märchen  stehen- 
gebliebene Bild  der  Sterne  als  Himmelsvögel  hat  sich,  als  die  alten 
totemistischen  Vorstellungen  erloschen  waren,  in  der  eranischen  und 
der  späteren  jüdisch-christlichen  Mythologie  in  das  Bild  der  zwischen 
Himmel  und  Erde  schwebenden  Engel  verwandelt.  Von  der  in  dieser 
Verbindung  der  Attribute  zum  Ausdruck  kommenden  Idee  der 
Steigerung  über  das  Irdische  ist  aber  das  primitive  Märchen,  aus 
dessen  Vorstellungssphäre  diese  Bilder  schließlich  hervorgewachsen 
sind,  bei  dem  engen  Horizont,  der  seine  Welt  umgrenzt,  noch  weit 
entfernt.  Darum  kann  wohl  hier  gelegentlich  an  die  Stelle  des  Vogels 
ein  anderes  Tier  treten,  das,  weil  es  des  Flugfvermögens  entbehrt, 
von  einem  gewaltigen  Jäger  an  den  Himmel  geworfen  wird,  wo  es 
zerplatzte,  so  daß  aus  ihm  ein  Sternbild,  wie  etwa  das  des  großen 
Bären,  entstand,  —  offenbar  eine  frühe  Form  eines  explikativen 
Naturmärchens,  das  vielleicht  einen  Einblick  in  die  Entstehung  von 
Sternbildern  aus  einer  solchen  Ordnung  der  Sterne  gewährt'). 

Für  den  Menschen,  der  den  Himmel  ersteigen  will,  bieten  sodann 


^]  Howitt  and  Siebert,   Legcnds    of   the  Dieri  and  kindrcd  Tribes   of  Central 
Australia,  Journal  of  the  Anthropological  Institute,  Vol.  24,  1904,  p.  106  ff. 
')  Boas,  Indianische  Sagen,  S.  20. 


220  ^cr  Naturmythus. 


die  himmelanstrebenden  Bäume  die  Wege,  an  die  zunächst  gedacht 
werden  kann.  Entweder  ist  der  Baum  an  und  für  sich  schon  hoch 
genug,  um  an  ihm  empor-  oder  herabklettemd  den  Verkehr  zwischen 
Erde  und  Himmel  herzustellen.  Oder  ein  herabhängender  Ast  schnellt 
durch  seine  elastische  Kraft  den  Himmelswanderer  nach  oben.  Im 
Notfall  hilft  auch  der  Zauber,  der  plötzlich  den  Baum  zum  Himmel 
wachsen  läßt').  Diese  Vorstellung  vom  Himmelsbaum  reicht,  unter- 
stützt durch  den  teilweise  wohl  selbst  in  ihr  wurzelnden  Glauben  an 
heilige  Bäume  und  an  die  später  sich  ausbildende  Idee  vom  Welt- 
baum, der  Himmel  und  Erde  trägt,  nach  zwei  Richtungen  in  die 
weitere  mythologische  Entwicklung  hinein.  Auf  der  einen  Seite 
sollen,  nachdem  der  Himmel  für  gewöhnliche  Sterbliche  unzugänglich 
geworden  ist,  Baumranken,  die  an  geheimnisvoller  Stätte  vom  Himmel 
zur  Erde  gingen,  die  Wege  gewesen  sein,  auf  denen  die  Helden  der 
Vorzeit  dereinst  zu  den  Göttern  eingingen,  oder  auf  denen  nach  der 
Kosmogonie  von  Tonga  die  Götter  selbst  zur  Erde  herabstiegen "),  — 
eine  Vorstellung,  die  ebenso  an  die  Erzählungen  der  Nordwest- 
amerikaner von  den  an  Bäumen  zum  Himmel  steigenden  oder  zur  Erde 
gekommenen  Menschen  wie  an  die  griechische  Sage  von  Herakles 
erinnert,  der  auf  dem  Berge  Öta  in  dem  von  seinem  Scheiterhaufen 
aufsteigenden  Rauch  zum  Himmel  gehoben  wird  (ApoUodor  II,  7,  7). 
Auf  der  andern  Seite  sollen  es  nach  einer  Vorstellung,  die  sich  eben- 
falls besonders  in  Polynesien  findet,  unter  andern  Wegen  heilige 
Bäume  von  gigantischer  Größe  sein,  an  denen  die  Seelen  zum  Himmel 
aufsteigen  ^). 

Weiter  verbreitet  ist  jedoch  unter  diesen  Vorstellungen  eines  Hin- 
überwanderns  von  Menschen  oder,  auf  einer  späteren  Entwicklungs- 
stufe, von  Seelen  zum  Himmel  die  andere,  nach  der  eine  solche  Wande- 
rung auf  dem  sichereren  Boden  der  festen  Erde  zum  Horizont  fuhrt, 
wo  nach  naiver  Anschauung  Himmel  und  Erde  zusammenstoßen. 
Hier  eröffnen  sich  dann  zwei  Wege  der  Weiterwandenmg:  einer,  der 
aufwärts  zum  Himmel,  und  ein  anderer,  der,  dem  Lauf  der  unter- 
gehenden Sonne  folgend,  abwärts  in  ein  Totenreich  fuhrt.   Auf  diesen 


')  Boas,  a.  a.  O.  S.  17,  53.     Frobenius,  Weltanschauung  der  Naturvölker,  S.  131. 
')  Grcy,  Polynesian  Mythology",  188$,  p. 40  ff.    Bastian,  Inselgruppen  in  Ozeanien, 

»883,  P.  30. 

3)  Grey,  a.  a.  O.  p.  159  f. 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  22 1 

früh  sich  regenden  Gedanken  eines  Doppelweges,  der  später  nament- 
lich für  die  Wanderungen  der  Seele  nach  dem  Tode  wichtig  wird, 
kommen  wir  bei  den  Jenseitsvorstellungen  zurück  (IV).  Ursprünglich  ist 
die  Vorstellung  der  Himmelswanderung  auch  hier  die  vorherrschende 
und  zumeist  die  alleinherrschende.  Sie  findet  sich  in  der  Form  von 
Erzählungen  über  den  Ursprung  von  Sternen  aus  ehemaligen  Menschen 
mehrfach  bei  den  Eingeborenen  Zentralaustraliens*),  und  in  Verbin- 
dung mit  den  täglichen  Bewegungen  von  Sonne  und  Mond,  zum 
Teil  aber  auch  bloß  in  der  Form  einer  abenteuerlichen  Wanderung 
bei  amerikanischen  Stämmen.  So  wandern  in  einem  Märchen  der 
nordpazifischen  Indianer  drei  Brüder,  die  im  Gebirge  jagen,  immer 
weiter  bei^an.  Da  entdecken  sie  plötzlich,  daß  sie  hoch  oben  auf 
einem  flachen  Felde  angelangt  sind.  Die  zwei  ältesten  suchen  wieder 
herabzuklettern  und  kommen  dabei  ums  Leben.  Der  jüngste  aber 
läßt  sich  an  einem  Seil,  das  er  oben  befestigt,  zur  Erde  herab  und 
kommt  wohlbehalten  hier  an^).  In  einem  Märchen  der  Cherokesen 
ziehen  verschiedene  junge  Leute  aus,  um  die  Sonne  aufzusuchen. 
Schließlich  kommen  sie  an  den  Ort,  wo  der  Himmel  die  Erde  be- 
rührt Hier  bewegt  sich  aber  der  Himmel  fortwährend  auf  und  ab, 
wobei  sich  jedesmal  auf  ganz  kurze  Zeit  eine  Art  Tür  öffnet,  aus 
der  die  Sonne  in  menschlicher  Gestalt  hervortritt.  Die  Männer  suchen 
ebenfalls  durch  diese  Öffnung  zu  schlüpfen.  Dies  gelingt  aber  nur 
einem  von  ihnen.  Die  andern  müssen  zurückkehren,  und  ihre  Reise 
dauert  so  lange,  daß  sie  als  alte  Männer  wieder  in  ihrem  Dorfe  an- 
kommen^). Die  hier  mitspielende  Vorstellung  von  der  auf-  und  zu- 
klappenden Öffnung  begegnet  uns  vielfach  auch  auf  dem  irdischen 
Schauplatz  des  Mythenmärchens  bei  der  Schilderung  gefahrvoller 
Durchfahrten  durch  enge  Felsschluchten:  so  in  der  Argonautenfahrt, 
wo  dann  der  von  der  zuerst  hindurchfliegenden  Taube  ausgehende 
Zauber  die  fortwährend  gegeneinander  schlagenden  Symplegaden  zu 
dauerndem  Stillstande  bringt  (Apollodor,  I,  9,  20).  Zu  drohenden 
Ungeheuern    umgewandelt    finden    sich    diese    Felsen    schließlich    in 


')  C.  Strchlow,  Die  Aranda-  und  Loritja-Stämme  in  Zentralaustralien,  Veröffent- 
lichungen des  Stadt.  Vülkermuseums  in  Frankfurt  a.  M.  I,  1907,  S.  20. 

")  Boas,  Indianische  Sagen,  S.  290. 

3)  J.  MÄ)ney,  The  Myths  of  Cherokee,  Ethnol.  Rep.  Washington,  XIX,  1900, 
p.  35s  f. 


222  ^C""  Naturmythus. 


der  Skylla  *und  Charybdis  der  Odyssee  (Od.  12,  234ff.).  Es  liegt 
natürlich  kein  Grund  vor,  in  dieser  Übereinstimmung  etwas  anderes 
zu  sehen  als  eine  mythologische  Objektivierung  der  bei  dem  gefahr- 
vollen Durchgang  empfundenen  Furcht,  die  überdies  bei  der  Schiff- 
fahrt die  Schwankungen  des  Fahrzeugs  auf  die  steil  ansteigenden 
Felswände  hinüberträgt.  Wahrscheinlich  ist  also  diese  weit  verbreitete 
Vorstellung  irdischen  Ursprungs  und  erst  sekundär  auf  den  als  Felsen- 
enge gedachten  Übergang  zwischen  Himmel  und  Erde  übertragen. 
Nicht  selten  verschmäht  nun  aber  die  Märchenphantasie  die  natür- 
lichen Mittel,  die  ihr  zu  Gebote  stehen,  den  Flug  des  Vogels,  die 
emporragenden  Bäume,  endlich  die  Wanderung  zu  den  Grenzen  der 
Erde.  Sie  ersinnt  künstliche  Werkzeuge,  die  den  zum  wirklichen  Auf- 
und  Absteigen  an  irdischen  Gegenständen  gebrauchten  nachgebildet 
sind,  ohne  sich  freilich  an  die  beschränkenden  Bedingungen  der 
Wirklichkeit  im  geringsten  zu  halten.  Da  ist  es  denn  für  den  Auf- 
stieg zum  Himmel  die  Leiter,  für  den  Herabstieg  das  Seil,  die  vor 
allem  als  Verkehrsmittel  dienen.  Es  ist  bezeichnend,  beruht  aber 
offenbar  auf  naheliegenden  Assoziationen,  daß  sich  beide  in  diesen 
Himmelsverkehr  teilen :  das  Seil  ist  für  den,  der  auf  eigene  Hilfe  an- 
gewiesen ist,  das  zunächst  bereit  stehende  Mittel,  sich  an  ihm  von 
einer  Höhe  herabzulassen;  zum  Aufstieg  muß  er  sich  der  Leiter  be- 
dienen. Sie  bedarf  einer  festen  Wand,  an  die  sie  angelehnt  werden 
kann,  während  für  das  Seil  eine  Befestigung  in  der  erst  zu  erklim- 
menden Höhe  unmöglich  ist.  Beruht  demnach  die  früheste  Himmels- 
leiter im  Mythenmärchen  von  Hause  aus  auf  den  praktischen  Er- 
fahrungen des  täglichen  Lebens,  so  ist  sie  doch  in  nicht  geringerem 
Grade  eine  reine  Phantasieleiter,  wie  das  Ersteigen  des  Himmels  ein 
Phantasieuntemehmen  ist.  Es  ist  die  Pfeilleiter,  die  von  dem  Be- 
steiger  des  Himmels,  ehe  er  sein  Unternehmen  ausführt,  hergestellt 
und  dann  sofort  wieder  abgebrochen  wird.  Ein  Mensch,  in  ganz 
seltenen  Fällen  auch  eines  der  mit  menschlichen  Eigenschaften  be- 
gabten Tiere,  schießt  einen  Pfeil  gegen  den  Himmel.  Nach  dem 
Punkt,  wo  dieser  stecken  geblieben,  sendet  er  einen  zweiten,  diesem 
läßt  er  einen  dritten  in  derselben  Richtung  folgen,  und  das  setzt 
er  fort,  bis  die  so  gebildete  Kette  bei  der  Erde  anlangt.  Nun  steigt 
er  an  ihr  zum  Himmel  empor ,  um  oben  angekommen  die  Kette 
abzubrechen.     Die  Regionen,  in  denen  diese  Pfeilleiter  im  Himmels* 


Das  Ifimmelsmärchen  und  seine  irdiscben  Parallelen.  223 

märchen  eine  Rolle  spielt,  sind  ziemlich  ausgedehnt,  aber  sie  bleiben 
doch  streng  auf  primitive  Jägervölker  beschränkt:  ihre  Hauptgebiete  sind 
Amerika,  namentlich  der  Nordwesten  des  Kontinents,  und  die  mela- 
nesischen  Stämme  Ozeaniens.  In  Polynesien  fehlt  die  Pfeilleiter  ganz, 
nicht  minder  in  Australien  und  Afrika,  wo  überall  der  Aufstieg  zum 
Himmel  in  einer  der  vorhin  erwähnten  Formen,  sei  es  als  Empor- 
klettem  an  Bäumen,  sei  es  als  Wanderung  zum  Horizont,  vorkommt, 
Vorstellungen,  von  denen  namentlich  die  letztere  den  Vorzug  genießt, 
daß  sie  wohl  die  dauemste  Form  ist,  in  der  man  sich  die  Möglich- 
keit einer  solchen  Wanderung  denkt :  reicht  sie  doch  von  den  Stam- 
meslegenden der  Dieri  und  anderer  australischer  Stämme  bis  in  die 
Anschauungen  der  späteren  griechischen  Orphiker  von  dem  Weg,  den 
die  Seele  zum  Himmel  einschlägt*).  Demgegenüber  gehört  die  Pfeil- 
leiter durchaus  nur  jener  frühen  Lebensstufe  an,  wo  Pfeil  imd  Bogen 
das  Leben  beherrschen.  In  spätere  Zeiten  reicht  sie  höchstens  noch 
in  Spuren  hinüber.  Eine  solche  kann  man  vielleicht  in  freilich  ge- 
wandelter Form  in  der  Geschichte  von  Herakles  sehen,  der  es  wagt 
gegen  den  Sonnengott  selbst  seinen  Bogen  zu  spannen,  dem  aber 
Helios,  statt  ihn  zu  strafen,  in  Anerkennung  seines  Mutes  einen  gol- 
denen Kahn  zur  DurchschifTung  des  Ozeans  schenkt  (Apollodor  ü, 
5,  10).  Mehr  als  solche  Spuren  finden  sich  auch  unter  den  Ein- 
geborenen Australiens  und  Afrikas  nicht,  obgleich  hier  gelegent- 
lich nach  der  Stammeslegende  der  Himmelsgott  eine  Strickleiter 
herabließ,  an  der  die  Vertreter  des  Stammes  zum  Himmel  gestiegen 
sind").     Obwohl  demnach  das  Verbreitungsgebiet  der  Pfeilleiter  trotz 


')  Howitt  and  Siebert,  Legends  of  the  Dieri,  Jonrn.  of  the  anthropol.  Inst. 
XXXrV,  1904,  p.  119  f.  Howitt,  The  native  Tribes  of  Sonth  East  Australia,  p.  47«  f-» 
p.  413  ff.  Über  die  Vorstellungen  der  späteren  neuplatonischen  Orphiker  von  den 
Pfaden  der  Seele  bei  ihrer  Himmelswanderung  vgl.  O.  Gruppe,  Griechische  Mythologie 
und  Religionsgeschichte,  Bd.  2,  S,  1036  ff. 

»)  Howitt,  The  native  Tribes  of  South  East  Australia,  1904,  P-  4*3  f-    Frobenin» 
nimmt  auf  Grand  solcher  Züge  eine  immerhin  spurweise  oder  in  ihren  Anfilngen  vor- 
handene Vorstellung  von  der  Pfeüleiter  auch  in  Australien  and  Afrika  an  (Die  Welt- 
anschauung    der  Naturvölker,   S.  169  ff.).     Aber  die  Erzählung   von   cmem  einzelnen 
gegen   die  Sonne  oder  gegen  eine  Wolke  gerichteten  PfcUschuß,    wie  m  dem  oben 
erwähnten  Fall  des  Herakles,  zu  der  die  Parallelen  auch  in  Afrika  vorkommen,  kann 
doch  deshalb  nicht  hierher  gezählt  werden,  weil  es  sich  bloß  um  em  Kampfeamotiv, 
nicht  um  die  Herstellung  einer  Himmelsleiter  handelt.     Eine   solche  ist  ^"^'^"^8*   di^ 
von  einem  Gott  herabgelassene  Strickleiter.    Ihr  fehlt  aber  wieder  das  der  PfcilleUex 


2  24  ^^^  Natunnythus. 


seiner  geographischen  Ausdehnung  ein  verhältnismäßig  beschränktes 
ist,  so  liegt  darin  doch  keineswegs  ein  zureichender  Grund  zu  der 
Annahme,  die  Vorstellung  der  Pfeilleiter  habe  sich  von  einem  ein- 
zigen Punkt  über  die  Stämme  verbreitet,  bei  denen  wir  sie  vorfinden. 
Dagegen  spricht  vielmehr  vor  allem  die  relative  Unabhängigkeit 
dieser  Verbreitung  von  der  räumlichen  Nähe  und  ihre  direkte  Ab- 
hängigkeit von  dem  Leben  des  wandernden  Jägers.  Die  melanesi- 
schen  Stämme  haben  es  nicht  vermocht,  den  polynesischen  Völkern 
Ozeaniens  die  Märchen  dieser  Gattung  mitzuteilen.  Ebenso  sind  die 
Kulturvölker  der  Anden  und  die  unter  ihrem  Einflüsse  stehenden 
Halbkulturvölker  von  ihnen  unberührt  geblieben.  Nicht  minder  fehlt 
die  eigentliche  Pfeilleiter  in  Australien,  wo  Bumerang  und  Wurfkeule, 
und  in  Afrika,  wo  Speer  und  Schwert  die  Handhabung  von  Pfeil 
und  Bogen  verhältnismäßig  zurückgedrängt  haben.  Nur  da,  wo  diese 
die  Hauptwaffen  sind,  mit  denen  der  Mensch  durch  die  Jagd  sein 
Leben  fristet,  und  wo  daher  die  Treffsicherheit  beim  Gebrauch  dieser 
Waffe  die  über  alles  andere  geschätzte  Eigenschaft  geworden  ist, 
lieget  jene  uns  so  fremdartig  anmutende  Vorstellung  nahe  genug,  um 
in  der  Phantasie  eine  Brücke  nach  dem  Himmel  zu  schlagen.  Sie  ist 
hier,  vollends  in  der  baumlosen  Ebene,  die  vielleicht  nächstliegende 
Ergänzung  des  am  Himmel  festgebundenen  Seils,  mit  dem  man  sich 
von  diesem  zur  Erde  herablassen  kann. 

Die  Form,  in  der,  abgesehen  von  den  seltenen  Fällen,  in  denen 
sich  ein  Tier  oder  ein  Mädchen  ihrer  bedient,  die  Pfeilleiter  vor- 
kommt, ist  nun  durchweg  eine  doppelte:  entweder  ist  es  ein  einzelner 
Knabe  oder  Mann,  der  sie  abschießt,  oder  es  sind  zwei  Brüder,  die 
das  Unternehmen  zusammen  wagen.  Dabei  können  dann  in  beiden 
Fällen  die  Besteiger  des  Himmels  entweder  gewöhnliche  Menschen 
sein,  die  dieses  Abenteuer  unternehmen,  um  nun  mit  den  Himmels- 
bewohnem  in  Verkehr  zu  treten,  die  Töchter  der  Sonne  zu  heiraten,  den 
täglichen  Transport  der  beiden  großen  Gestirne  zu  übernehmen  und 

wesentliche  Merkmal,  daß  sie  nicht  von  dem  Hinaufsteigenden  selbst  hergestellt  ist. 
Sie  kommt  daher  anch  nur  auf  gleicher  Linie  mit  andern  Formen  der  Entrückong 
zum  Himmel  in  den  Ahnenlegenden  vor.  Abgesehen  von  Nordamerika  hielt  sich  da- 
gegen die  Pfeilleiter  als  Mittel  des  Aufstiegs  zum  Himmel  sporadisch  und  weit  getrennt 
von  ihrem  Hauptverbreitungsgebiet  im  Nordwesten  noch  in  Südamerika:  so  bei  den 
Jägerstämmen  der  Tupis  im  Guyanagebiet.  (P.  Ehrenreich^  Mythen  und  Legenden  der 
südamerikanischen  Völker,  S.  49.) 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  225 

dergl.,  oder  sie  können  selbst  von  einem  Himmelsmenschen  abstammen 
und  ihren  Vater  aufsuchen  wollen.  Zu  der  letzteren  Gattung  gehört  z.  B. 
die  folgende  Erzählung  aus  Britisch-Kolumbien:  »Ein  Knabe  wohnte 
mit  seiner  Mutter  allein.  Er  fragte  sie  eines  Tages,  ob  er  keinen  Vater 
habe.  Sic  erwiderte  ihm,  sein  Vater  sei  weit  fort.  Da  weinte  der 
Knabe  und  machte  sich  auf  ihn  zu  suchen.  Ein  Schütze  b^egnete 
ihm,  der  ihm  Bogen  und  Pfeile  gab.  Nun  schoß  er  gen  Himmel,  und 
der  Pfeil  blieb  stecken.  Einen  zweiten  ließ  er  folgen,  der  blieb  in 
der  Kerbe  des  ersten,  und  so  fuhr  er  fort,  bis  die  Kette  vom  Himmel 
zur  Erde  reichte.  Er  stieg  hinan  und  kam  zum  Sonnenhaus.  Da 
saß  seine  Stiefmutter  vor  der  Tür.  Sein  Vater  freute  sich  aber  sehr, 
als  er  am  Abend  nach  Hause  kam.  Es  war  ihm  lästig  geworden, 
das  Licht  des  Tages  zu  tragen.  Er  gab  daher  dem  Jungen  seine 
Kleidung  und  seine  Schmucksachen  und  ließ  ihn  statt  seiner  die 
Sonne  tragen,  pr^e  ihm  aber  ein,  nicht  zu  schnell  zu  gehen.  Doch 
dieser  gedachte  der  Warnung  nicht.  Als  er  am  Morgen  aufbrach, 
ward  er  ungeduldig  und  begann  immer  schneller  zu  laufen.  Da 
wurde  es  so  heiß  auf  Erden,  daß  die  Felsen  zerbarsten,  das  Meer 
auszutrocknen  anfing  und  die  Muscheln  schwarz  gebrannt  wurden. 
Nun  wurde  sein  Vater  zornig,  ergriff  ihn,  schleuderte  ihn  zur  Erde 
herab  und  rief:  du  bist  zu  nichts  zu  gebrauchen,  werde  zum  Nerz, 
damit  fortan  die  Menschen  dich  jagen«*).  Dem  mag  in  kurzen  Um- 
rissen der  Hauptinhalt  eines  Brüdermärchens  an  die  Seite  gestellt 
werden,  wobei  die  indianischen  Eigennamen  nach  ihrer  Wortbedeu- 
tung übersetzt  werden  sollen:  > Dereinst  lebte  ein  Häuptling  am 
Himmel,  der  hieß  Sonnenmann,  er  hatte  zwei  sehr  schöne  Töchter, 
wollte  aber  nicht,  daß  sie  heirateten,  und  tötete  daher  alle  Freier. 
Gleichzeitig  lebte  auf  Erden  ein  Häuptling  mit  Namen  Schönwetter, 
der  hatte  zwei  Söhne,  die  ihre  Zeit  mit  Ifichtstun  verbrachten.  Da 
wurde  ihr  Vater  zornig  und  rief:  warum  verbringt  ihr  eure  Zeit  mit 
unnützen  Dingen  und  macht  euch  nicht  lieber  auf,  die  Töditer  des 
Sonnenmanns  zu  freien  ?  Nun  gingen  sie  hin  mit  ihren  Bogen  und 
Pfeilen  und  fingen  an  den  Himmel  zu  beschießen,  llit  flcli  eine  Kette 
gebildet  hatte,  die  bis  zur  Erde  reichte.     Daran  Uctterten  sie 


*)  Boas,  Indianische  Sagen,  S.234.  Eine  VarUntc  dimatMmttAtm  ebtmd.  i.  1^ 
Ein  verwandtes,  aber  weiter  ausgeführtes  melanesischc«  !■■■■•  ■■Cidrlngr^a-  •■* 
Melanesians,  p.  169  ff. 

Wundl,  Völkerpsychologie  II,  3.  15 


226  ^«^  Natnnnythns. 


Himmel  empor.«  Zuerst  treffen  dann  die  Brüder,  als  sie  am  Himmel 
weitergehen,  eine  Anzahl  blinder  Frauen.  Sie  machen  diese  durch 
ein  Zauberkraut  sehend,  worauf  sich  die  Frauen  in  Enten  verwandeln 
und  davonflattern,  zuvor  aber  den  Brüdern  Rat  erteilen,  wie  sie  den 
Nachstellungen  des  Sonnenmanns  entgehen  können.  Weiteren  Rat 
gibt  ihnen  noch  ihr  Großvater,  der  Kranich,  den  sie  unterwegs  treffen. 
Er  verwandelt  ihren  Steiß  durch  Zaubermittel  in  Stein  und  gibt  ihnen 
noch  andere  Schutzmaßregeln  vor  dem  Sonnenmann  und  seinen 
Töchtern  an.  So  kommen  sie  zu  diesen,  denen  die  Jünglinge  ge- 
fallen, und  die  ihrem  Vater  erklären:  wir  wollen  lieber  die  Söhne 
von  Schönwetter  als  die  von  Schlechtwetter  heiraten.  Bei  dem  Sonnen- 
mann müssen  diese  nun  aber  allerlei  Prüfungen  bestehen.  Er  läßt  sie 
z.  B.  auf  einem  Stachelschwein  Platz  nehmen,  was  den  Brüdern  in 
Anbetracht  ihres  steinernen  Gesäßes  keine  Beschwerde  macht.  Ebenso 
bestehen  sie  alle  andern  Proben,  die  ihnen  der  Sonnenmann  auferlegt. 
Dieser  wird  vor  Schreck  über  die  Zauberkunst  der  beiden  Freier 
krank  und  liegt  zu  Hause  bei  seinem  Feuer,  das  nur  noch  niedrig 
brennt,  da  ihm  das  Holz  ausgegangen  ist.  Nun  läßt  er  seine  Schwie- 
gersöhne zuerst  Holz,  dann,  obgleich  es  Winter  ist,  allerlei  Früchte 
holen,  und  als  sie  alles  das  durch  Zauberei  herbeigeschafft,  ver- 
langt er  auch  noch  einen  Zauberspecht  und  eine  doppelköpfige 
Schlange,  um  durch  sie  die  Brüder  zu  verderben.  Doch  die  Tiere 
gehorchen  diesen  mehr  als  dem  Sonnenmann.  Jene  befehlen 
daher  dem  Specht,  ihrem  bösen  Schwiegervater  die  Augen  auszu- 
hacken, und  der  doppelköpfigen  Schlange,  ihn  aufzufressen.  Das 
geschieht,  und  die  Brüder  werfen  nun  seinen  Leichnam  auf  die  Erde"). 
Hier  endet  die  Geschichte.  Man  darf  aber  vielleicht  nach  Analogie 
anderer,  in  den  gleichen  Gebieten  verbreiteter  Erzählungen  annehmen, 
daß  nun  die  beiden  Brüder  selbst  die  Herrschaft  über  den  Himmel 
antreten,  indem  der  eine  zum  Sonnen-,  der  andere  zum  Mond- 
menschen wird. 

Märchen  wie  diese    sind  echte  Beispiele    indianischer  Phantastik. 
Hier  Zug  für  Zug  auf  ein  Naturphänomen  beziehen  zu  wollen,  würde 


^)  Boas,  ebenda  S.  65  fT.  Ein  anderes  wesentlich  einfacheres  Brüdermärchen  mit 
dem  Pfcilleitermotiv  ist  als  Beispiel  primitiver  Märcbenerzählang  schon  Teil  I,  S.  337 
mitgeteilt. 


Das  Himmelsmärchen  and  seine  irdiscben  Partllelen.  227 

darum  sicherlich  verkehrt  sein.  Denn  es  würde  mit  eben  dieser 
Phantastik  im  Widerspruch  stehen,  die,  ihres  Ausgangspunktes  ver- 
gessend, leicht  einen  irgendwo  angeknüpften  Faden  beliebig  weiter- 
zuspinnen  pflegt.  So  mögen  denn  die  Qualen,  die  den  Brüdern 
durch  den  Sitz  auf  dem  Stachelschwein  zugedacht  sind,  vielleicht 
noch  an  die  stechenden  Strahlen  der  Sonne,  die  begegnenden  blinden 
Frauen  mit  ihren  Ratschlägen  an  die  dem  Tag  feindliche  Nacht 
erinnern,  aber  schon  hier  sind  wahrscheinlich  mehr  nur  die  allge- 
meinen Gefiihlstöne  dieser  Vorstellungen  als  diese  selbst  lebendig  ge- 
blieben. Darf  man  doch  nie  vergessen,  daß  die  Naturmärchen  primi- 
tiver Völker  keine  Allegorien  sind,  aber  daß  in  ihnen  die  mytho- 
logische Phantasie  die  ursprünglichen  Naturanschauungen  allmählich 
ganz  aus  dem  Bewußtsein  verdrängen  kann,  indem  mythische  Ge- 
bilde verschiedener  Herkunft  umgestaltend  aufeinander  einwirken. 
Nur  zwei  zum  ursprünglichen  Motiv  des  Himmelsmärchens  zurück- 
kehrende, eng  miteinander  zusammenhängende  Vorstellungen  treten 
wieder  am  Schluß  der  Geschichte  hervor:  der  Sonnenmann  wird 
zuerst  geblendet,  dann  durch  ein  Ui^eheuer  getötet  und  endlich  in 
die  Tiefe  geworfen.  Damit  reicht  das  Märchen  sichtlich  in  einen 
Vorstellungskreis  zurück,  innerhalb  dessen  jeder  neue  Tag  eine  neue 
Sonne  bring^.  Doch  ist  damit  selbstverständlich  nicht  gesagt,  daß 
der  spätere  Märchenerzähler,  bei  dem  ohnehin  die  Himmelsmotive, 
soweit  sie  nicht,  wie  das  Bild  der  Pfeilleiter,  eine  gewisse  Sta- 
bilität in  sich  tragen,  verdunkelt  sind,  selbst  noch  jenem  primi- 
tiven Anschauungskreise  angehört.  Der  Tod,  den  der  Sonnenmensch 
durch  die  zweiköpfige  Schlange  erleidet,  verbindet  aber  diese  Erzäh- 
lung außerdem  mit  den  Motiven  der  im  Folgenden  zu  erörternden 
Verschlingungsmärchen.  Indem  sich  nun  von  eben  jener  Vorstel- 
lung aus,  nach  der  die  Sonne  des  neuen  Tages  ein  neuer  Licht- 
herrscher ist,  leicht  auch  das  geläufige  Bild  des  Kampfes  um  die 
Herrschaft  in  die  Himmelsphänomene  hineintragen  läßt,  wird  damit 
nicht  nur  die  Verbindung  mit  dem  Verschlingungsmotiv,  sondern 
auch  die  weitere  nahegelegt,  daß  der  künftige  Sonnenhäuptling 
oder  das  Brüderpaar,  das  sich  in  die  Herrschaft  des  Himmels  teilt, 
zwar  ursprünglich  auf  Erden  weilte  und  zumeist  von  einer  irdischen 
Mutter  geboren  ist,  selbst  aber  schon  .von  einem  Sonnenmann  ab- 
stammt.    Immerhin  ist  diese  Vorstellung  vielen  Märchen,  in  denen 

IS* 


2  28  ^cr  Natnrmythns. 


die  Pfeilleiter  ihre  Rolle  spielt,   fremd,  und  selbst  wo  ein  Himmels- 
bewohner  ausdrücklich   als    der  Vater   des   auf   der  Pfeilleiter   auf- 
steigenden  Menschen   erscheint,    da  wird    doch  vorausgesetzt,  daß 
dieser  selbst  auf  Erden  geboren  sei.    Darum  ist  es  nun  aber  schwer- 
lich  gerechtfertigt,    diese  Märchen   derart   allegorisch    umdeuten    zu 
wollen,    daß    das   Aufsteigen    zum   Himmel   bereits    die   Bewegung 
der  Gestirne  bedeute  und  demnach   die   ganze  Erzählung  von  An- 
fang bis  zu  Ende  ein  reines  Himmelsmärchen  sei ').     Das  Mythen- 
märchen des  Naturmenschen  ist  vor  allem  als  das   aufzufassen,   ab 
was  es  sich  gibt.     Auch  wo  uns  irgend  ein  mythisches  Bild  als  eine 
Umdeutung   erscheint,   da  ist  sie  dem   Naturmenschen  Wirklichkeit, 
und   da  muß  sie  darum  selbst  für  uns  noch  deutlich  als  solche  er- 
kennbar sein.    Nie  und  nirgends  hat  aber  das  Bild  der  Pfeilleiter  eine 
andere  unmittelbar  verständliche  Bedeutung  als  die,  daß  sie  ein  der 
Phantasie  des  primitiven  Jägers  naheliegendes  Hilfsmittel  ist,  durch 
das   der  Erdbewohner  zum.  Himmel   gelangen   kann.     Dabei  liegen 
Himmel   und   Erde    einander   noch   nahe   genug,    um   auf  mannig- 
fachen Wegen,    durch   die  Wanderung  zum    Horizont,    das  Empor- 
klettem  an  Bäumen,  für  den  Vogel  durch  den  Flug  und  endlich  für 
den    geübten  Schützen  auf  der   Pfeilleiter,    den  Himmel    erreichbar 
erscheinen  zu  lassen.     Unter  den  Mitteln,  die  diesen  Verkehr  ermög- 
lichen, überwiegen  nun  wieder  weitaus  diejenigen,  die  von  der  Erde 
zum  Himmel  führen.     Das    ist   nach    dem  Charakter  des  Himmels- 
märchens  begreiflich    genug:    dem   abenteuernden  Sinn,    der   diese 
Phantasiewelt  erfüllt,  ist  es  viel  wichtiger,  in  jene  unbekannten  Femen 
zu  wandern,  als  zu  fragen,   wie  irgend  einmal  Tiere  oder  Menschen 
zur  Erde    herabgestiegen    seien.     Solche    Fragen    erheben   sich  erst 
beim   Übergang  zur  kosmogonischen  Dichtung.     Mit  ihr  und  noch 
mehr  mit  der  Entwicklung  persönlicher  Göttervorstellungen  bleiben 
höchstens    die   Bilder  vom  welttragenden  Himmelsbaum   oder   auch 
von    den    Enden    der  Welt,    wo    sich  Erde  und  Himmel  berühren, 
bestehen.   Die  Pfeilleiter  ist  dann  mit  der  primitiven  Kultur,  aus  der  sie 
entsprungen,  längst  verschwunden.    Dennoch  hat  auch  jetzt  der  vom 
Bogen  abgeschossene  Pfeil  nicht  ganz  aufgehört,  den  Raum  zwischen 
Himmel  und  Erde  zu  durchmessen.     Nur  hat  sich   seine  Richtung 


')  So  Frobenius,  Die  Weltanschauung  der  Naturvölker,  S.  1690". 


Das  Himmelsmärchen  and  seine  irdbchen  Parallelen.  22() 

umgekehrt.  Nicht  der  Mensch  richtet  mehr  seine  Pfeile  gen  Himmel, 
oder  wo  das  geschieht,  v/ie  bei  dem  zürnenden  Herakles,  da  erreget 
solch  wahnsinniger  Übermut  nur  das  wohlwollende  Mitleid  des 
Gottes;  vielmehr  ist  es  nun  der  Sonnengott  selbst,  der  seine 
Pfeile  gegen  die  Erde  richtet,  um  einzelne  zu  verderben  oder  um 
Pest  und  Vernichtung  über  die  Länder  zu  senden.  So  bleibt  auch 
in  dieser  Umkehrung  das  Motiv  des  geschossenen  Pfeils  bestehen. 
Immerhin  ist  in  dieser  Beziehimg  der  eingetretene  Wandel  bezeich- 
nend. In  der  Pfeilleiter  überwiegt  ganz  die  Vorstellung  des  selbst 
gehandhabten  Bogens,  mit  dem  der  geübte  Schütze  sicher  sein  Ziel 
trifft:  die  weitere  Vorstellung  des  Sonnenstrahls,  der  die  Bahn  eines 
so  geschossenen  Pfeils  sein  könnte,  klingt  höchstens  leise  daneben 
an.  In  dem  Bild  des  Pfeile  sendenden  Gottes  dagegen  ist  diese  Vor- 
stellung zur  herrschenden  geworden,  die  die  Gestalt  des  irdischen 
Schützen  assimiliert  hat.  So  zeigt  dieser  Wandel  der  Anschau- 
ungen, wie  die  mythologische  Entwicklung  nicht  von  den  Himmels- 
erscheinungen ausgeht  und  diese  allmählich  auf  die  Erde  verlegt, 
sondern  wie  sie  umgekehrt  auf  irdischem  Boden  beginnt  und  dann 
erst  den  Himmel  in  ihren  Bereich  zieht,  gerade  so  wie  bei  den  primi- 
tiven Himmelswanderungen  der  Aufstieg  nach  oben  die  vorherrschende 
Rolle  spielt.  Diese  Einbeziehung  der  Himmelsphänomene  in  den 
Kreis  des  irdischen  Lebens  vollzieht  sich  aber  gerade  auf  primitiver 
Stufe  um  so  leichter,  je  näher  hier  beide  auch  noch  räumlich  einander 
erscheinen,  so  daß  die  Vorstellung  sich  aufdrängt,  jenes  der  Erde  be- 
nachbarte Himmelsland  durch  eine  ausdauernde  Wanderung  erreichen 
oder  auf  Bäumen  und  Leitern  erklettern  zu  können.  In  dem  Maße 
als  in  der  Anschauungswelt  des  Menschen  Himmel  und  Erde  einander 
ferner  rücken,  beginnt  daher  auch  der  Gedanke  an  die  Himmels- 
wanderung, namentlich  an  die  auf  den  direkt  nach  oben  fuhrenden 
Wegen,  zu  verblassen.  Jetzt  erst  wird  der  umgekehrte  Weg  der 
vorherrschende :  die  Götter  steigen  zur  Erde  herab  und  ihre  Geschosse 
richten  sich  gegen  die  Erdbewohner,  denen  sie  zürnen.  Zu  einer 
näheren  Anteilnahme  an  den  Geschicken  der  Menschen  bedürfen  aber 
auch  sie  mindestens  zeitweise  der  irdischen  Wohnsitze,  die  sie  zwischen 
Himmel  und  Erde  auf  den  Gipfeln  unzugänglicher  Berge  aufschlagen. 
Der  primitive  Jäger,  der  seinen  Pfeil  gen  Himmel  sendet,  um  zuerst 
auf  seiner  Pfeilleiter  hinaufzuklimmen  und   sich  dann  wieder  am  Seil 


230  ^er  Naturmythus. 


zur  Erde  herabzulassen,  ist  auf  solche  Weise  selbst  ein  Repräsentant 
dieser  Entwicklung  der  Himmelsmythologie. 

Aber  auch  das  Bestehen  der  Himmelsleiter  ist  mit  dem  Unter- 
gang ihrer  frühesten  Form,  der  Pfeilleiter,  nicht  beendet,  so  wenig 
wie  der  Drang  des  Menschen  zum  Himmel  zu  kommen  jemals  ganz 
verschwindet.  Neben  den  Wunderbäumen  und  der  Wanderung  zum 
Horizont  oder  zu  einem  andern  irgendwo  an  einem  fernen  Ort  ge- 
legenen Eingang  in  eine  andere  Welt  bewahrt  für  den  Verkehr  der 
Seele  mit  dem  Himmel,  wo  das  Bedürfnis  zu  einem  solchen  sich 
einstellt,  die  Leiter  ihren  Wert  als  ein  überall  bereitstehender  Weg, 
auf  dem  sich  jene  in  Traum  und  Ekstase  zum  Himmel  erheben  kann, 
oder  mit  dessen  Hilfe  die  Geister  der  Höhe  dem  Menschen  nahe 
treten.  So  sieht  Jakob  nach  der  Erzählung  des  Elohisten  im  Traum 
eine  Leiter,  deren  oberes  Ende  zum  Himmel  reicht  und  auf  der  die 
Engel  auf-  und  abgehen  (i.  Mos.  28,  12).  Diese  Phantasieleiter  ist 
freilich  keine  Pfeilleiter  mehr.  Auch  fuhrt  sie  nicht  den  Visionär 
selbst  zum  Himmel  empor,  sondern  sie  läßt  ganz  im  Sinne  jener 
Umkehrung  in  der  Richtung  der  direkten  Himmelswanderung  die 
Bewohner  des  Himmels  zu  ihm  herabkommen ;  und  so  dient  sie  denn 
auch,  wie  die  spätere  Dichtung  das  Bild  noch  weiter  ausschmückt, 
der  Wanderung  dieser  höhern  Wesen  durch  die  Regionen  des  Himmels, 
wo  sie  als  »Himmelskräfte  auf-  und  niedersteigen  und  sich  die 
goldenen  Eimer  reichen«  (Faust,  I.  Teil,  449).  Doch  in  der  christ- 
lichen Märtyrer-  und  Heiligenlegende,  der  der  Dichter  dieses  bei- 
nahe schon  zur  Metapher  verblaßte  Bild  wohl  entlehnt  hat,  ist  auch 
die  Himmelsleiter  ein  auf-  wie  abwärtsführender  Weg  geblieben:  der 
Visionär  sieht  den  Himmel  offen,  von  wo  die  Engel  zu  ihm  herab- 
kommen, um  ihn  in  das  Reich  der  Seligen  emporzufiihren'). 

c.  Das  Verschlingangsmärchen. 

Ist  der  Schauplatz  der  Himmelswanderungen  seiner  Natur  nach 
ein  doppelter,  halb  irdischer,  halb  himmlischer,  so  sind  die  drei  nun 
folgenden  Gattungen  von  Märchen  dadurch  gekennzeichnet,  daß  sie 


')  Sehr  anschaolich  ist  dieser  Vorgang,  worauf  mich  mein  verehrter  Frennd 
G.  Heinrici  aufmerksam  macht,  in  dem  Martyrium  der  heil.  Perpetua  geschildert. 
(Passio  Sanctarum  Martyrum  Perpetyae  et  Felicitatis.  Superior.  permiss.  ed.  Luc. 
Holstenias.  Romae  1663,  p.  9). 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  23 1 

sowohl  auf  der  Erde  wie  im  Himmel  spielen  können,  daß  aber  die 
einzelne  Erzählung  auf  einen  einzigen  Schauplatz,  sei  es  auf  den 
irdischen  oder  den  himmlischen,  beschränkt  zu  sein  pflegt.  Dies 
liegt  in  der  Natur  der  diesen  Märchengattungen  zu  Grunde  liegenden 
Vorstellungen.  Ungeheuer,  die  Menschen  und  Tiere  verschlingen, 
gibt  es  auf  Erden,  kann  es  aber  auch  am  Himmel  geben,  so  lange 
die  Gestirne  nnd  Wolken  als  lebende  Wesen  gedacht  werden;  imd 
nicht  anders  verhält  es  sich  mit  den  Erscheinungen,  die  den  Inhalt 
der  Zwillings-  und  der  Truhenmärchen  bilden.  Der  Kampf  mit  dem 
Ungeheuer,  der  am  Himmel  spielt,  kann  aber  nicht  gleichzeitig  auf 
Erden  stattfinden.  Hier  überall  handelt  es  sich  daher  nur  um  Mythenin- 
halte, die  in  ihren  irdischen  und  hinmilischen  Formen  einander  parallel, 
nicht  wie  bei  den  Himmelswanderungen  ineinander  übergehen.  Wir 
können  daher  diese  drei  Märchengnippen  auch  unter  der  Bezeichnung 
der  Parallelmärchen  zusammenfassen.  Als  ihr  gemeinsames  Merk- 
mal können  jedoch  die  engen  Assoziationen  betrachtet  werden,  die 
zwisclien  den  himmlischen  und  irdischen  Formen  dieser  Erzählungen 
bestehen,  und  die  ihre  wechselseitige  Assimilation  begünstigen,  ein 
Merkmal,  das  sie  im  allgemeinen  von  den  unten  zu  erörternden 
Kampf-  und  Verfolgungsmärchen  trennt,  bei  denen  sich  die  Himmels- 
motive deutlich  von  den  irdischen,  die  natürlich  auch  hier  die  Aus- 
gangspunkte abgeben,  scheiden.  Doch  fehlt  es  natürlich  auch  hier 
nicht  an  Übergängen,  und  besonders  die  Verschlingungsmärchen 
bilden  solche  Übergangsglieder,  insofern  sie  in  der  Regel  zugleich 
Motive  des  Kampfes  enthalten.  Was  sie  auszeichnet  und  den  Parallel- 
märchen einordnet,  das  ist  aber  die  große  Ahnlichkcft  der  irdischen 
und  der  himmlischen  Märcheninhalte,  die  zugleidi  eine  wechselseitige 
Assimilation  der  Elemente  auf  Erden  und  der  am  Himmel  spielenden 
Erzählungen  begünstigt. 

Daß  nun  bei  diesen  Parallelmärchen  die  irdischen  den  hnmnlischen 
Motiven  vorausgegangen  sind,  kann  selbstverständlich  aicbt  bezv.  eiftlt 
werden.  Wenn  nicht  auf  Erden  Krokodile,  All^^atoieii,  Wale,  Haifische 
und  andere  Tiere  vorkämen,  die  gelegentlich  MciMchcD  verschür.g-en- 
so  könnte  natürlich  auch  der  Untergang  der  Sonne  Uiler  einer  c-öitlÄ 
Wolke  oder  das  Verschwinden  des  Mondes  und  der  Sonne  \,'z.  -yeß 
Mond-  und  Sonnenfinsternissen  nicht  als  Venddagaog  d'jr:r.  ^ 
Ungeheuer    aufgefaßt    werden.       Ein    chanldcrirtiKfcer    Ur.:er=£Ü^ 


232  I^cr  Natnnnythas. 


zwischen  der  mythologischen  Apperzeption  dieser  außergewöhnlichen 
Ereignisse  und  des  täglichen  Sonnenuntergangs  besteht  nun  vor  allem 
darin,  daß  die  Verfinsterui^en  und  die  allerdings  seltener  unter  dem 
gleichen  Bild  erscheinende  abnehmende  Mondphase  auf  ein  Ver- 
schlingen durch  gewaltige  Landtiere,  meist  riesige  Hunde  oder  Wölfe, 
bezogen  wird,  während  es  ein  Seeungeheuer,  ein  fisch-  oder  schlangen- 
gestaltiger  Drache  zu  sein  pflegt,  der  die  Sonne  bei  ihrem  Untergang 
verschlingt.  Diese  Verschiedenheit  der  Tiere,  die  ihr  Bild  zu  der 
Erscheinui^  des  die  Sonne  verschlingenden  Ungeheuers  leihen,  spricht 
sich  auch  darin  aus,  daß  die  den  Verfinsterungen  entsprechenden 
Verschlingungsmythen  unregelmäßig  über  die  Regionen  der  Erde 
zerstreut  sind,  indes  die  Sonnenuntergangsmythen  hauptsächlich  am 
Seestrand  und  an  großen  Flußläufen  ihren  Ursprung  zu  nehmen 
scheinen.  Zugleich  ist  es  offenbar  die  Regelmäßigkeit  des  Phänomens 
sowie  die  größere  Ähnlichkeit  des  sich  aufdrängenden  Bildes  mit  dem 
des  verschlingenden  Ungeheuers,  die  in  diesem  Fall  die  Schildenmgen 
zu  Parallelmärchen  gestaltet,  bei  denen  das  irdische  und  himmlische 
Bild  sich  wechselseitig  durch  Austausch  ihrer  Elemente  assimilieren 
können,  wogegen  die  Verfinsterungsmärchen  vermöge  der  Eigenart 
der  Himmelserscheinungen  nur  in  unregelmäßigere  und  unbestimmtere 
Beziehungen  zu  irdischen  Vorgängen  treten.  Darum  m^  zwar  von 
frühe  an  das  Bild  eines  solchen  Ereignisses  in  verschiedene  Mythen- 
gebilde eingehen ;  dennoch  scheint  es  nicht,  daß  dieses  Himmelsphä- 
nomen zu  einer  fest  ausgeprägten  Mythenform  geführt  hat.  So 
bleiben  als  typische  und  zugleich  charakteristische  Verschling^ungs- 
märchen  nur  die  Sonnenuntergangsmythen  zurück,  die  zugleich  den 
Charakter  von  Parallelmythen  in  dem  obigen  Sinne  besitzen. 

Verschlingungsmärchen  in  diesem  weiteren  Sinne,  d.  h.  Erzählungen, 
in  denen  überhaupt  Menschen  von  gewaltigen  Tieren  oder  Ungeheuern 
verschlungen  werden,  sind  nun  über  die  ganze  Welt  verbreitet,  ohne 
daß  man  natürlich  berechtiget  wäre,  dies  ohne  weiteres  auf  eine  solare 
oder  auch  lunare  Bedeutung  solcher  Mythen  zu  beziehen.  Auch  die 
spätere  Befreiung  aus  dem  Ungeheuer  bietet  dazu  kein  Motiv.  Sie  fehlt 
begreiflicherweise  stets  auf  jener  primitiven  Stufe,  wo  die  aufgehende 
Sonne  als  eine  neue  erscheint,  etwa  wie  in  dem  obigen  Aufstiegs- 
märchen, wo  ein  junger  Sonnenmensch  mit  Hilfe  eines  Drachen  den 
alten  besiegt  (S.  226).    Außerdem  fehlt  aber  das  Befreiungsmotiv,  wie 


Das  Himmelsmärchen  mid  seine  irdischen  Parallelen. 


233 


wir  sogleich  sehen  werden,  regelmäßig  bei  den  reinen  Sonnenunter- 
gangsmythen. Endlich  darf  man  ja  erwarten,  daß  die  Gefahr,  von 
wilden  Tieren  verschlungen  zu  werden,  auch  in  der  Märchendichtung 
des  Naturmenschen  sich  spiegelt,  indes  ihm  hier  zugleich  das  Glücks- 
motiv der  Errettung  aus  dem  Bauch  des  Ungeheuers  zu  Hilfe  kommt, 
so  selten  auch  ein  solches  Ereignis  in  der  Wirklichkeit  vorkommen 
mag.  In  der  Tat  gfibt  es  eine  sehr  große  Zahl  von  Verschlingungs- 
märchen,  bei  denen  wir  keinerlei  Grund  haben,  an  einen  Sonnen- 
untergangsm)^us  zu  denken,  gerade  so  wie  nicht  jeder  Kampf,  den 
eine  phantastische  Märchenerzählung  schildert,  ursprünglich  ein  Kampf 
am  Himmel  gewesen  sein  muß.  Vielmehr  wird  es  in  jedem  einzelnen 
Fall  einer  besonderen  Prüfung  bedürfen,  um  zu  entscheiden,  wo  ein 
solches  den  Parallelformen  angehöriges  Märchenmotiv  seinen  nächsten 
Ursprung  hat.  Natürlich  ist  eine  solche  Prüfung  nicht  dadurch 
zu  erledigen,  daß  man,  ähnlich  wie  bei  den  Aufstiegsmythen,  dem 
Himmel  zuweist,  was  das  Märchen  selbst  in  den  Himmel  verlegt,  und 
der  Erde,  was  es  auf  Erden  geschehen  läßt.  Denn  bei  den  Parallel- 
märchen ist  es  immer  möglich,  daß  ebensogut  eine  ursprünglich  am 
Himmel  spielende  Geschichte  auf  die  Erde  wie  umgekehrt  eine  irdische 
an  den  Himmel  verlegt  wird.  Aber  es  kann  auch  vorkommen,  daß 
Motive  von  beiderlei  Art  ineinander  geflossen  sind.  Um  zu  ent- 
scheiden, welcher  dieser  Fälle  wahrscheinlich  ist,  wird  man  daher 
gut  tun,  zunächst  von  den  Mythenmärchen  auszugehen,  die  sich  ohne 
weiteres  dadurch  als  Sonnenuntergangsmythen  zu  erkennen  geben, 
daß  sie  direkt  auf  den  Himmel  und  die  Sonne  bezogen  werden. 
Dann  erst  wird  zu  untersuchen  sein,  inwieweit  etwa  Motive,  die  ihnen 
entlehnt  sind,  in  solchen  Mythenmärchen  und  ihren  Umbildungen 
wiederkehren,  die  nach  dem  Märchen  selbst  und  ohne  Zweifel  auch 
nach  dem  Glauben  des  Märchenerzählers  auf  Erden  spielen,  während 
doch  ihr  ursprünglicher  Schauplatz  wegen  der  bei  den  Parallel- 
märchen vorkommenden  Verbindungen  von  Elementen  möglicher- 
weise der  Himmel  sein  kann. 

Nun  gribt  es  reine  Sonnenuntergangsmärchen  nur  wenige, 
und  sie  kommen  offenbar  bloß  in  einer  sehr  frühen  Zeit  der  Mythen- 
entwicklung vor,  in  der  auch  noch  das  Aufstiegmärchen  in  seiner 
ursprünglichen  naiven  Form  besteht,  mit  dem  jene  meist  in  un- 
mittelbare  Verbindung   gebracht   sind.      Solche   reine   Sonnenunter- 


234  ^®'  Naturmythns. 


gangsmärchen  treffen  wir  also  in  keiner  der  Mythologfien  der  Kultur- 
völker, und  selbst  bei  den  Naturvölkern  Nordwestamerikas  und  Mela- 
nesiens, wo  sie  hauptsächlich  zu  finden  sind,  leben  sie  nur  noch  in 
wenigen  vereinzelten  Erzählungen.  Ein  Beispiel  dieser  Art  haben 
wir  oben  als  Abschluß  einer  Himmelswanderung  kennen  gelernt 
(S.  226).  Es  repräsentiert  den  wahrscheinlich  regelmäßigen  Typus 
eines  primitiven  Sonnenuntergangsmärchens,  bei  welchem  das  ver- 
schlingende Ungeheuer  die  Sonne  des  abgelaufenen  Tages  für  immer 
tötet.  Zugleich  spiegelt  sich  in  dem  mythologischen  Bild  über- 
aus deutlich  die  Naturanschauung,  mit  der  es  hier  sichtlich  noch 
völlig  zusammenfällt:  die  zweiköpfige  Schlange  umfaßt  den  Sonnen- 
menschen von  zwei  Seiten  her,  sie  verschlinget  ihn  aber  nicht  ganz, 
sondern,  nachdem  sie  ihn  getötet,  werfen  ihn  die  Brüder  ins  Meer. 
Das  ist  das  unverkennbare  Bild  einer  die  Sonne  rechts  und  links  um- 
fassenden Wolke,  die  schließlich  von  ihr  nur  noch  ein  kleines  Stück 
übrig  läßt,  das  dann  anscheinend  mit  plötzlicher  Geschwindigkeit  ver- 
sinkt. Dieses  Versinken  wird  hier  unmittelbar  als  ein  Herabsturz 
zur  Erde  geschaut. 

In  einer  interessanten  Variante  dieses  Märchens,  die  aber  in 
mehreren  wichtigen  Stücken  abweicht,  ist  es  nur  der  eine  der  beiden 
Brüder,  der  auf  der  Pfeilleiter  zum  Himmel  steiget.  Er  trifft  hier 
zuerst  einen  Tintenfisch,  der  ihm  seinen  Mantel  leiht,  und  mit  dem 
er  unbemerkt  in  das  Haus  des  Sonnenmanns  gelangt,  um,  während  er 
als  Sklave  bei  diesem  dient,  heimlich  seine  jüngste  Tochter  zu  freien. 
Als  er  sich  nun  wegen  der  ihm  widerfahrenden  schlechten  Behand- 
lung an  dem  Schwiegervater  rächen  will,  zaubert  er,  da  er  hört,  daß 
sich  dieser  vor  Fischen  furchtet,  durch  seinen  Speichel  mehrere  Wale 
herbei,  worauf  nun  der  Sonnenmann,  ähnlich  wie  in  der  vorigen 
Erzählung,  von  ihm  getötet  und  in  die  Tiefe  geworfen  wird").  Hier 
haben  wir  es  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  mit  einer  der  in  ähnlichen 
Formen  so  oft  wiederkehrenden  Verbindungen  verschiedener  Erzäh- 
lungen von  verwandtem  Inhalt  zu  tun.  Der  Tintenfisch,  der  Wal,  die 
Schlange,  sie  alle  sind  verschiedene  Formen,  in  denen  das  Bild  der 
hinter  Wolken  untergehenden  Sonne  apperzipiert  werden  kann.  Alle 
diese  Bilder  konnten  um  so  leichter  vermenget  werden,  je  mehr  ihre 


*)  Boas,  a.  a,  O.  S.  68  flf. 


Das  Himmelsmärchen  nnd  seine  irdischen  Parallelen.  235 

eigentliche  Bedeutung  in  der  Tradition  verblaßte.  Charakteristisch 
ist  aber  in  dieser  Erzählung  noch  der  Zug,  daß  sich  der  Sonnen- 
mann vor  den  großen  Fischen  furchtet:  er  weist  darauf  hin, 
wie  in  dieses  Bild  der  untergehenden  Sonne  verschiedene  solche 
Fische  hineingesehen  werden  können.  In  der  Erzeugung  der  den 
Sonnenmenschen  bedrängenden  Wale  aus  dem  Speichel  hat  sich  end- 
lich noch  ein  Motiv  aus  dem  uns  bereits  bekannten  Seelenzauber  dem 
Ganzen  beigemischt  (vgl.  Teil  II,  S.  20  ff.). 

Das  hier  berichtete  Märchen  ist,  wie  man  sieht,  in  seinen 
beiden  Varianten  ein  Sonnenuntergangsmythus.  Mit  dem  Tod  des 
Sonnenmenschen  ist  die  Geschichte  abgeschlossen :  am  nächsten  Tag 
tritt  der  neue  Sonnenmensch  seine  Herrschaft  an.  Diese  Vorstellung, 
daß  jeder  Tag  eine  neue  Sonne  bringt,  mag  in  den  Gebieten,  in 
denen  heute  noch  die  Erzählung  in  der  Überlieferung  fortlebt,  längst 
nicht  mehr  geglaubt  werden,  in  der  Zeit,  in  der  das  Märchen  ent- 
standen ist,  muß  dieser  Glaube  bestanden  haben.  In  der  Tat  erzähl- 
ten noch  Togoneger,  die  gegenüber  den  nordpazifischen  Indianern  einer 
erheblich  höheren  Kulturstufe  angehören,  an  Spieth,  in  alten  Zeiten 
habe  bei  ihnen  die  Ansicht  bestanden,  jedes  Dorf  habe  seine  be- 
sondere Sonne  und  seinen  besonderen  Mond;  in  neueren  Zeiten  sei 
aber  die  Ansicht  durchgedrungen,  daß  diese  Meinung  falsch  sei*). 
Die  Vorstellung,  die  im  Osten  erscheinende  Sonne  sei  dieselbe,  die 
am  Abend  zuvor  im  Westen  untergegangen,  ist  aber  wohl  noch 
weniger  einleuchtend  als  die  andere,  an  verschiedenen  Orten  scheine 
die  gleiche  Sonne.  Es  ist  also  wohl  begreiflich,  daß,  solange  der 
Sonnenuntergangsmythus  seinen  ursprünglichen  Inhalt  bewahrte,  er 
sich  unmöglich  mit  der  andern  Vorstellung  einer  unmittelbaren  Er- 
rettung des  Sonnenhelden  aus  dem  Ungeheuer  verbinden  konnte. 
Das  wäre  höchstens  in  den  Polarregionen  im  Hochsommer  möglich 
gewesen,  in  Gegenden,  in  denen  die  spärlichen  Reste  solch  un- 
mittelbarer Sonnenuntergangsmärchen  heute  wenigstens  nicht  mehr 
aufzufinden  sind,  wogegen  sie  uns,  abgesehen  von  den  südlicheren 
Küstenländern  Nordwestamerikas,  noch  in  Melanesien  begegnen. 
Wohl  aber  ist  es  möglich,  daß  dasselbe  Motiv  in  umgekehrter  Form, 
als   Sonnenaufgangsmythus,    erscheint:   die    über   den  Horizont   aut- 


')  J.  Spieth,  Die  Ewe-Stämme,  S.  355. 


236  ^cr  Naturmythus. 


steigende  Sonne  als  ein  Mann,  der  aus  dem  Rachen  eines  Unge- 
heuers hervorkommt.  Doch  wo  diese  Vorstellung  anklingt,  hat  sie 
sich  zu  einem  selbständigen  Mythus  gestaltet,  der  nicht  an  einen  un- 
mittelbar vorausgegangenen  Sonnenuntergangsmythus  gebunden  ist, 
wenn  er  auch  in  einem  psychologischen  Zusammenhang  mit  dem 
letzteren  steht,  insofern  die  Vorstellung  des  Verschlungenwerdens 
jedenfalls  die  näherliegende  ist.  In  der  Tat  hat  Codrington  eine  sehr 
altertümlich  anmutende  Erzählung  von  einer  der  melanesischen  Inseln 
(Ysabel  Island)  bewahrt,  in  der  uns  diese  Umwandlung  eines  Sonnen- 
untergangs- in  ein  Sonnenaufgangs-  oder  eines  Verschlingungs-  in 
ein  Befreiungsmärchen  sprechend  entgegentritt:  »Ein  Fischer  saß  auf 
einem  Hügel  nahe  dem  Strand  und  blickte  auf  die  See  herab.  Da  sah 
er,  wie  das  Wasser  des  Meeres  schwarz  wurde  und  Blasen  trieb.  Nun 
ging  er  hinab,  legte  am  Ufer  Keule  und  Schild  nieder  und  schwamm 
in  die  See.  Dann  steckte  er  einen  Obsidian  in  sein  Ohr  und  tauchte 
unter.  Da  kam  ein  großer  Fisch  auf  ihn  zu,  verschlang  ihn  und 
schwamm  mit  ihm  ostwärts,  bis  sie  an  eine  seichte  Stelle  kamen. 
Hier  legfte  sich  der  Fisch  hin,  der  Fischer  aber  erinnerte  sich  an  den 
Stein  in  seinem  Ohr,  schnitt  damit  den  Bauch  des  Fisches  von  innen 
auf  und  schlüpfte  heraus.  Da  sah  er,  wie  dicht  neben  ihm  plötzlich 
der  Sonnenmann  aus  einer  Öffnung  emporstieg.  Er  befahl  dem 
Fischer  ihn  auf  seinem  Weg  am  Himmel  zu  begleiten.  Als  sie  eine 
Zeitlang  gegangen  waren,  kamen  sie  im  Dorf  der  Sonnenkinder  an, 
bei  denen  der  Fischer  blieb,  und  die  er  lehrte,  wie  man  aus  roher 
Nahrung  mittels  des  Feuers  gekochte  bereite.  Dann  zogen  auch  die 
Sonnenkinder  ihres  Weges,  verboten  aber  dem  Fischer  ihnen  zu 
folgen.  Als  er  es  dennoch  tat,  ließen  ihn  jene  durch  ein  Loch  des 
Himmels  herabblicken,  und  er  bemerkte  nun,  daß  er  wieder  gerade 
über  dem  Hügel  seines  Heimatdorfes  war.  Da  versorgten  die  Sonnen- 
kinder ihn  noch  mit  Samen,  machten  eine  Kiste  und  banden  ein  Seil 
daran.  Der  Fischer  setzte  sich  in  die  Kiste,  und  die  Sonnenkinder 
ließen  das  Seil  zur  Erde  herab,  wo  jener  wohlbehalten  wieder  bei 
den  Seinigen  ankam'). 

Daß  diese  Geschichte  aus  einer  Mischung  verschiedener  Märchen- 
motive besteht,  die  erst  verbunden  wurden,  als  die  ursprüngliche  Bedeu- 


')  Codrington,  The  MeUnesians,  p.  365  ff. 


Das  Himmelsinärclien  nnd  seine  irdischen  Parallelen. 


237 


tung  teilweise  verdunkelt  war,  ist  unverkennbar.  Sie  beginnt  als  ein 
gewöhnliches  Verschlingungsmärchen,  das,  wie  es  auf  Erden  spielt,  so 
auch  möglicherweise  ursprünglich  nichts  mit  einem  Sonnenmärchen 
zu  tun  hatte.  Dann  hat  offenbar  eines  jener  Sonnenaufgangsmärchen 
herübergewirkt,  nach  denen  die  Sonne  des  Morgens  plötzlich  aus  der 
Tür  ihrer  Hauses  tritt.  Mit  dieser  Vorstellung  hat  sich  aber  noch 
die  andere  des  Sonnenuntergangs  als  einer  Verschlingung  der  Sonne 
durch  ein  Fischungeheuer  verwebt.  Zu  beiden  ist  endlich  die  einer  ver- 
borgenen Rückwanderung  der  Sonne  während  der  Nacht  von  Westen 
nach  Osten  hinzugetreten:  das  klingt  in  dem  Schwarzwerden  des  Meeres 
imd  in  dem  Weg  des  Fisches  von  Westen  nach  Osten  an.  Gleich- 
wohl ist  es  nicht  der  Sonnenmann  selbst,  der  sich  aus  dem  Fisch 
befreit,  sondern  die  Erscheinung  des  Sonnenaufgangs  wird  einer 
andern,  wohl  noch  früheren  Gruppe  von  Sonnenmärchen  entnommen, 
in  der  die  Sonne  des  Morgens  aus  der  Türe  ihres  Hauses  tritt*).  Der 
Fischer  ist  daher  zu  einem  bloßen  Begleiter  des  Sonnenmanns  nach 
seinem  Hause  geworden,  das  irgendwo  sonst  am  Himmel  gedacht 
wird.  In  dem  Herablassen  in  einer  Kiste  spielt  endlich  aus  einer 
andern  Märchengfruppe ,  die  wir  unten  kennen  lernen  werden,  das 
Truhenmotiv  herein.  Ebenso  klingt  aus  einer  verbreiteten  Gruppe 
von  Kulturmärchen  das  Feuerholen  aus  dem  Himmel  mit  der  damit 
verbundenen  Unterweisung  in  der  Nahrungsbereitung  an  (vgl.  unten  7). 
Aber  da  diese  Tat  im  Märchen  meist  einem  menschlichen  Urahnen 
zugeschrieben  wird,  so  hat  sich  die  Anwendung  des  Motivs  umge- 
kehrt: nicht  der  Fischer  lernt  von  den  Sonnenkindern  die  Kunst  des 
Kochens,  wie  man  erwarten  sollte,  da  doch  sie  das  Feuer  besitzen, 
sondern  jener  unterweist  diese,  —  eine  Umstellung,  in  der  sich 
wiederum  die  Verdunkelung  der  ursprünglichen  mythischen  Motive 
verrät.  Nicht  minder  zeigt  sich  diese  auch  in  der  Mischung  der 
verschiedenen,  ganz  abweichenden  mythischen  Vorstellungen  ange- 
hörigen  Züge,  wobei  dann  diese  Mischung  jedenfalls  ihrerseits  wieder 
die  Verdunkelung  begünstigen  mußte.  Dabei  tritt  nun  ein  neues 
Moment  hervor:  das  Märchen  bringt  das  Sonnenuntergangsmotiv  der 
Verschlingung  durch  ein  Ungeheuer  mit  dem  Sonnenaufgang  in 
Verbindung,  und   es  führt  zu   dem  Ende   zwei  Hilfsmotive   ein,  die 


')  VgL  hierzn  das  primitive  Himmclsmärchcn  auf  S.  71. 


238  ^c'  Naturmythus. 


verborgene  Wanderung  von  Westen  nach  Osten  und  die  gewaltsame 
Öffnung  des  Fischbauchs,  die  in  einem  früheren  Stadium  vielleicht 
durch  den  Sonnenmenschen  selbst  erfolgte,  und  die  jetzt  dem  be- 
gleitenden Fischer  überlassen  geblieben  ist  Dann  müssen  aber 
schon  in  der  ursprünglichen  Fassung  des  Märchens  der  Unter-  und 
der  Aufgang  der  Sonne  Inhalte  Verschiedener  Erzählungen  oder 
mindestens  ganz  verschiedene  Teile  einer  einzigen  gebildet  haben. 
Auch  spricht  alles  dafür,  daß  das  Verschlingungsmotiv  zunächst  nur  der 
Erscheinung  des  Sonnenuntergangs  zugeteilt  war  und  erst  später  durch 
das  von  irdischen  Vorbildern  des  gleichen  Märchenstoffes  stammende 
Motiv  der  gewaltsamen  Öffnung  des  Fischbauchs  mit  dem  Sonnen- 
aufgang in  Verbindung  gebracht  wurde.  Immerhin  blieben  beide 
Vorgänge  vermöge  der  räumlichen  und  zeitlichen  Trennung  einander 
noch  fem  genug,  daß  hier  leicht  Verdunkelungen  und  Verschiebungen 
eintreten  konnten,  wie  sie  unverkennbar  bei  dem  obigen  melane- 
sischen  Märchen  stattfanden. 

Diesen  außerordentlich  spärlichen  und  selbst  an  den  Orten,  wo  sie 
sich  vorfinden,  nie  vollkommen  rein  erhaltenen  Beispielen  unzweifel- 
hafter Sonnenunter-  und  Sonnenaufgangsmärchen  gegenüber  ist  nun 
die  Zahl  der  nach  ihrem  unmittelbaren  Inhalt  auf  der  Erde  spielen- 
den Verschlingungsmärchen  geradezu  Legion,  und  ihre  Formen  sind 
zugleich  überaus  mannigfaltig  je  nach  der  besonderen  Art,  wie  die 
Verschlingung  geschieht,  wie  der  Aufenthalt  des  Helden  im  Fisch- 
bauch, und  wie  endlich  seine  Rettung  aus  diesem  geschildert  wird. 
Nur  in  dem  einen  Punkt  stimmen  alle  diese  Märchen  überein,  daß 
der  Verschlungene  wieder  gerettet  wird,  mag  ihm  nun  ein  Befreier  von 
außen  zu  Hilfe  kommen  oder  er  selber  sich  den  Weg  bahnen,  und  mag 
er  aus  dem  Rachen  des  verschlingenden  Ungeheuers  oder  durch  ein  in 
dessen  Eingeweide  gebohrtes  Loch  hervorkriechen.  Man  pflegt  mm 
gerade  diese  Verbindung  der  Verschlingung  mit  der  nachherigen  Rettung 
als  einen  Beleg  dafür  anzusehen,  daß  es  sich  hier  überall  um  einen  ur- 
sprünglichen Sonnenmythus  handle,  da  nur  die  Sonne  dieses  Schauspiel 
des  Verschwindens  und  Wiedererstehens  nacheinander  biete,  während 
auf  Erden  der  von  einem  Untier  Verschlungene  kaum  jemals  wieder 
aus  diesem  gerettet  werde.  Aber  das  Märchen  schildert  ja  nicht  die 
Wirklichkeit  selbst,  sondern  die  auf  Grund  allgemein  menschlicher 
Triebe  und  Wünsche  phantastisch  umgedichtete.     So  gehören  denn 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  ^^g 

auch    vor   allem    die   Verschlingungsmärchen    zugleich    zur    gfroßen 
Klasse  der  Glücksmärchen,  und  da  ist  es  denn  schlechthin  undenkbar, 
daß  der  Erzähler  den  Glückshelden  im  Bauch  des  Ungeheuers  stecken 
läßt     Auf  irgend  einem  Wege   muß  dieser  wieder  heraus,  und  als 
der  befriedigendste  wird  natürlich  der  vorgezogen,  daß  sich  der  Held 
durch  eigne  Kraft  befreit,   und   das  geschieht  wieder  am  vollkom- 
mensten, wenn  er  sich  selbst  mit  der  Waffe,  die  ihm  zu  Gebote  steht, 
seinen  Weg  bahnt.     Auf  der  andern  Seite  haben  wir  oben  gesehen, 
daß  die  ursprünglichen  solaren  Verschlingungsmärchen  nur  Sonnen- 
untergangsmärchen sind,  und  daß  die  Übertragung  auf  den  Sonnen- 
aufgang   aus    begreiflichen    Gründen   wahrscheinlich    nie    eine   voll- 
ständige gewesen  ist,   ja  daß  sie   in  der  Form  einer  unmittelbaren 
Verbindung  der  Verschlingung  und  der  darauf  folgenden  Befreiung 
eines  und  desselben  Sonnenmenschen  möglicherweise  niemals  bestan- 
den hat.    Und  doch  bildet  gerade  dieser  Fall  bei  den  auf  der  Erde  spie- 
lenden Verschlingungsmärchen  die  Regel.   Demnach  ist  es  offenbar  weit 
wahrscheinlicher,  daß  hier  das  Wiederbefreiungsmotiv  in  dem  irdischen 
Märchen  entstanden   und,   wenn   es  je  in  dem  himmlischen   vorge- 
kommen sein  sollte,  aus  jenem  in  dieses  herübergewandert  ist,  nicht 
umgekehrt.  Auf  der  andern  Seite  läßt  sich  nicht  verkennen,  daß  in  vielen 
der  Verschlingungsmärchen,  die  auf  Erden  ihren  Schauplatz  haben, 
einzelne    Züge    vorkommen,    die    an   die   Sonnenuntergangsmärchen 
erinnern.     Dahin  gehört  nicht  die  Errettung  aus  dem  Bauch  des  Un- 
geheuers, auch  nicht  die  auf  einem  gewaltsam  eröffneten  Weg,  wo- 
bei dann  meist  das  Ungeheuer  selbst  zu  Grunde  geht.     Wohl  aber 
gehört  hierher  der  merkwürdige  Zug,  daß  sich  in   manchen   dieser 
Erzählungen  der  Verschlungene  in  dem  Bauche  des  Ungeheuers  ein 
Licht  anzündet,  oder  daß  in  andern  Fällen  von  der  großen  im  Fisch- 
bauch herrschenden  Hitze   geredet  wird,    wobei    dann   beidemal   der 
Gerettete    durch    die   Verbrennung   seine   Haare  verliert.     Mag    nun 
auch  die  erhöhte  Temperatur  im  Innern  des  Ungeheuers  an  sich  noch 
nicht  als  eine   zwingende  Analogie  angesehen   werden,  da  sie  möi»- 
licherweise  auf  die  natüriiche  Wärme  der  inneren  Organe  eines  Tinr-i 
bezogen  werden  kann,   die  auch  dem   primitiven  Menschen  bekannt 
ist,  so  liegt  es  doch  nahe  genug,  sie  mit  jener  Feuerentzündunj:  im 
Fischbauch  in  Verbindung  zu  bringen  und   als   eine  Abschwarhunj^ 
dieses   kräftigeren  Motivs   zu  betrachten,   die   möglichen^'eisc  «pülrr 


2/fo  Der  Nätarmythns. 


eben  unter  dem  Einfluß  einer  gewissermaßen  rationalisierenden  Um- 
deutung  des  Feuers  in  die  wirklich  beobachtete  innere  Wärme  ent- 
standen sein  könnte.  Jedenfalls  ist  aber  das  Feueranzünden  selbst 
einer  solchen  Übertragung  aus  dem  Sonnenuntergangsmärchen  um 
so  dringender  verdächtig,  je  unmotivierter  diese  Handlung  im  ganzen 
sonstigen  Zusammenhang  der  Erzählung  erscheint.  So  gibt  es  denn  auch 
begreiflicherweise  Fälle,  in  denen  eine  solche  assimilative  Wirkung 
der  himmlischen  Form  des  Verschlingungsmythus  auf  eine  irdische 
möglich,  aber  unsicher  ist.  Dahin  gehört  z.  B.  das  folgende  mela- 
nesische  Märchen:  »Einst  lebte  ein  Kannibale  so  groß  wie  ein  Baum, 
der  alle  Menschen,  deren  er  habhaft  werden  konnte,  verschlang,  so 
daß  schließlich  das  ganze  Dorf  entfloh  mit  Ausnahme  einer  Frau, 
die  sich  in  einer  Höhle  verborgen  hielt  und  hier  einen  Sohn  gebar. 
Nachdem  dieser  zwanzig  Jahre  alt  geworden,  beschloß  er  das  Unge- 
heuer zu  töten.  Er  baute  sich  ein  Haus  auf  einem  hohen  Baum  und 
wartete  ab,  bis  der  Kannibale  herankam.  Dann  warf  er  ihm  zuerst 
Steine,  hierauf  Felsblöcke  und  endlich,  nachdem  er  ihm  auch  noch 
das  eine  Auge  ausgestochen  hatte,  ein  brennendes  Scheit  Holz  in 
den  Schlund.  Da  verendete  der  Riese,  das  Volk  aber  kehrte,  als  es 
die  Kunde  vernahm,  zurück,  der  Knabe  heiratete  die  Tochter  des 
Riesen  und  wurde  ein  großer  Häuptling«*).  So  verführerisch  es  er- 
scheinen mag,  hier  nach  bekannten  Mustern  einen  Sonnenmythus 
oder  allenfalls  auch,  indem  man  das  dem  Riesen  ausgestochene  Auge 
zu  Hilfe  nimmt,  einen  Mondmythus  zu  konstruieren,  so  wird  man 
doch,  wenn  man  die  oben  geforderten  Kriterien  anwendet,  in  diesem 
Fall  selbst  eine  assimilative  Einwirkung  der  Sonnenuntergangsvor- 
stellung auf  das  irdische  Verschlingungsmärchen  zweifelhaft  lassen 
müssen.  Denn  der  dem  Ungeheuer  in  den  Rachen  geworfene  Feuer- 
brand kann  immerhin  auch  als  eine  natürliche  Wafie  zu  dessen  Tötung 
gelten,  die  eine  solche  Assoziation  nicht  unbedingft  nötig  macht,  sie 
aber  freilich  auch  nicht  ausschließt. 

Doch  abgesehen  von  diesen  an  sich  seltenen  zweifelhaften  Fällen 
ist  die  Zahl  der  Mythenmärchen,  in  denen  ohne  solche  direkte  Motive 
im  Innern  des  verschlingenden  Ungeheuers  ein  Feuer  entzündet  wird, 
zwar  ansehnlich  genug,  um  den  Zufall  auszuschließen ;  aber  sie  bleibt 


*)  H.  H.  Romilly,  From  my  Verandah  in  New  Guinea,  1889,  p.  120  ff. 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  24 1 

klein  gegenüber  der  Masse  von  Verschlingungsmärchen,  bei  denen 
ii^endwelche  Beziehungen  zu  Himmelserscheinungen  überhaupt  nicht 
vorhanden  sind.  Wo  nun  das  Merkmal  der  unmotivierten  Entzün- 
dung des  Feuers  fehlt,  wo  nicht  einmal  der  Wärme  im  Fischbauch 
gedacht  ist,  sondern  die  ganze  Erzählung  einfach  als  eine  wunderbare 
Rettung  aus  einer  den  Menschen  oft  genug  auf  Erden  bedroh- 
enden Gefahr  auftritt,  da  liegt  natürlich  nicht  der  geringste  Grund 
vor,  in  dem  Verschlingungsmotiv  als  solchem  einen  auf  die  Erde  über- 
tragenen Sonnenmythus  zu  sehen.  Die  folgenden  Beispiele  werden 
genügen,  dies  an  den  drei  typischen  Formen  irdischer  Verschling- 
ungsmärchen zu  veranschaulichen.  Die  erste  Form  besteht  in  der 
Verschlingung  und  nachherigen  Errettung  aus  dem  Bauche  des 
Ungeheuers  durch  gewaltsame  Öffnung  desselben,  ohne  daß  je- 
doch dieser  Flucht  das  Anzünden  eines  Feuers  vorangeht.  Hier- 
her gehört  eine  schon  oben  unter  den  Glücksmärchen  angeführte 
Kaffirerzählung  (S.  91  fT.).  Als  Sikulume  von  seiner  ersten  mit  andern 
Knaben  xmtemommenen  abenteuerlichen  Wanderung  nach  Hause 
kommt,  findet  er  das  ganze  Dorf  ausgestorben.  Nur  ein  altes 
Weiblein  ist  übrig  geblieben,  das  ihm  erzählt,  alles  sei  von  einem 
furchtbaren  Ungeheuer  verschlungen  worden.  Da  steigt  er  in 
den  Fluß,  in  dem  das  Ungeheuer  lebt  und  läßt  sich  ebenfalls  von 
diesem  verschlucken.  In  dem  Magen  des  Tieres  trifft  er  seinen  Vater, 
seine  Mutter  und  alle  andern  Leute  des  Stamms  samt  ihrem  Vieh. 
Er  nimmt  dann  sein  Messer  und  durchsticht  das  Ungetüm  von  innen 
nach  außen,  so  daß  dessen  Blut  hohe  Wellen  treibt  und  es  selbst 
stirbt.  Sikulume  aber  erweitert  die  Wunde,  bis  alle,  die  gefangen 
gewesen  waren,  Menschen  und  Vieh,  wieder  aus  dem  Bauch  des 
Tieres  hervorkommen.  Diese  Geschichte  trägt  oiTenbar  kein  ein- 
ziges Merkmal,  das  veranlassen  könnte,  sie  auf  einen  Himmclsvorgang 
zu  beziehen.  Auch  würde  es  gezwungen  sein,  bei  dem  Blut  des 
Ungeheuers  etwa  an  die  Abendröte  zu  denken.  Denn  -dieser  Zug 
ist  ja  in  dem  Inhalt  der  Erzählung  selbst  zureichend  begröndet,  und 
es  liegt  daher  kein  Anlaß  vor,  hierzu  eine  andere  ErscheiBiiig  her- 
beizuziehen, die  mit  diesem  Inhalt  in  keiner  Verbindung  Miüd. 

Als  Beispiel  des  zweiten  Typus,  der  Errettung  des  Vcadumigenen 
in  Verbindung  mit  der  Erwähnung  der  inneren  Hitasc  fl  ^W^^'-rs 
mag  das  folgende  Märchen  der  Kawitchin-Indianer  Vf^  ■ördpazi- 

Wundt,  Volkerpsychologie  II,  3. 


2A2  I^cr  Naturmythus. 


fischen  Küste  dienen:  »Zwei  Knaben  fuhren  eines  Tags  auf  ihrem 
Boot  in  die  See.  Da  erblickten  sie  aus  der  Feme  einen  Walfisch. 
Sie  überhäuften  nun  diesen  mit  Schmähreden  und  hörten  auch  dann 
nicht  auf,  ak  das  Tier  näher  kam  und  sie  bedrohte.  Da,  als  sie  zum 
viertenmal  auf  seine  Warnung  nicht  hörten,  verschlang  sie  der  Wal 
samt  ihrem  Boote.  Als  sie  nun  so  im  Magen  des  Wals  saßen,  er- 
laubte ihnen  dieser  von  seinem  Fleische  zu  essen.  Nur  seinen  Magen 
sollten  sie  nicht  angreifen,  sonst  müsse  er  sterben.  Die  Knaben  aber 
fürchteten,  der  Wal  möchte  sie  zu  weit  ins  Meer  hinaustrs^en.  Sie 
schärften  also  ihre  Steinmesser  und  zerschnitten  seinen  Magen.  Da 
starb  der  Wal ,  trieb  auf  den  Wellen  umher  und  strandete  schließlich 
an  der  Mündung  eines  Flusses.  Hier  schrieen  die  Knaben,  damit 
die  Leute  sie  hörten,  und  als  diese  herbeikamen,  erkannte  ihr  Vater 
sie  an  ihren  Stimmen.  Da  nahmen  die  Leute  ihre  Steinmesser,  öff- 
neten den  Wal,  und  die  Knaben  kamen  heraus.  Es  war  aber  so  heiß 
im  Bauche  des  Wals  gewesen,  daß  sie  ihre  Haare  verloren  hatten«  *). 
Eine  in  das  Binnenland  von  einem  Fischer-  auf  ein  Jägervolk  über- 
trs^ene  Variante  dieser  Erzählung  ist  die  folgende  der  Cherokesen: 
»Ein  riesiger  Fisch  verschluckte  dereinst  einen  Jäger.  In  dem  Magen 
des  Tieres  war  es  sehr  heiß  und  der  Jäger  suchte  daher  zu  ent- 
kommen. Er  nahm  eine  Muschelschaale  und  bohrte  sich  mit  ihr 
einen  Weg  nach  außen.  Als  er  hervorkam,  war  er  aber  durch  die 
Säfte  des  Fisches  für  immer  kahl  geworden«').  Auch  diese  Erzäh- 
lungen würde  man,  wenn  sie  fiir  sich  allein  stünden,  wohl  nur 
für  gewöhnliche  Abenteuermärchen  halten,  die  von  Anfang  an  so 
gut  wie  sonstige  See-  und  Ungeheuergeschichten  keinen  weiteren 
Inhalt  hatten  als  den,  der  noch  jetzt  zu  erkennen  ist.  Dennoch  fallt 
ein  Zug  auf,  der  andern  wunderbaren  Errettxmgen  ähnlicher  Art 
fehlt:  das  ist  die  Hitze  im  Innern  des  Ungeheuers,  die  in  der  einen, 
wahrscheinlich  ursprünglicheren  Version  ausdrücklich  als  so  groß  ge- 
schUdert  wird,  daß  sie  die  Haare  der  Verschlungenen  verbrannte,  — 
eine  Hitze,  bei  der  man,  da  sie  denn  doch  die  gewöhnliche  innere 
Wärme  eines  Tieres  überschreitet,  unwillkürlich  an  eine  Beimischung 
fernerer  Motive  denken  wird. 


»)  Boas,  a.  a.  O.  S.  51. 

')  James  Mooney,  Myths   of  thc  Cherokee,   Ethnol.  Rep.  Washington,  XIX,  i, 
1900,  p.  320. 


Das  Himmelsmärchen  and  seine  irdischen  Parallelen. 


243 


Dieser  Verdacht  gewinnt  nun  in  der  Tat  durch  die  Märchen  des 
dritten  Typus,  bei  denen  im  Bauch  des  Ungeheuers  ein  Feuer 
brennt,  das  meist  von  dem  Verschlungenen  selbst  entzündet  wird, 
eine  Stütze.  Dahin  gehört  z.  B.  die  folgende ,  dem  weitverbreiteten 
Kreis  der  Rabenmärchen  entnonmiene  Geschichte  der  Tlinkitindianer: 
»Einst  ließ  sich  Jelch  der  Rabe  von  einem  Walfisch  verschlucken. 
Er  machte  es  sich  in  dem  Magen  des  Untiers  bequem  und  zündete 
ein  kleines  Feuer  an.*  Da  bat  ihn  der  Wal,  sich  in  Acht  zu  nehmen, 
daß  er  nicht  sein  Herz  verletze,  sonst  müsse  er  sterben.  Doch  Jelch 
konnte  der  Versuchung  nicht  widerstehen  und  pickte  von  Zeit  zu 
Zeit  trotz  der  wiederholten  Bitten  des  Tieres  an  dem  Herzen.  So 
starb  der  WaL  Aber  der  Rabe  wußte  nicht,  wie  er  wieder  hoaus* 
kommen  sollte.  Da  strandete  der  Körper  des  Wals,  und  die  Leute 
kamen,  den  Speck  von  ihm  abzulösen.  Jelch  dachte  jetzt  bei  sich: 
wenn  niu-  einmal  jemand  bis  zu  mir  herabschnitte.  Kaum  gedacht, 
so  ging  sein  Wunsch  in  Erfüllung,  und  Jelch  flog  von  dannen«'). 
Hier  ist  die  Bitte  des  Wals,  sein  Herz  zu  schonen,  dieser  mit  der 
obigen  Erzählung  von  den  zwei  Knaben  gemein,  was  eine  Beein- 
flussung sehr  wahrscheinlich  macht  und  daher  die  Vermutung  verstärkt, 
die  Hitze  im  Bauch  des  Fisches,  von  der  dort  die  Rede  war,  sei  eine 
bloße  Abschwächung  des  Feuers  in  ihm.  Dagegen  fehlt  das  Ver- 
brennen der  Haare,  wenn  nicht  etwa  der  in  andern  Märchen  der 
Tlinkit  und  auch  sonst  häufig  vorkommende  Zug,  daß  der  Rabe  erst 
durch  die  Berührung  mit  Feuer  schwarz  geworden  sei,  ursprünglich 
ei^nzend  für  das  Motiv  der  Enthaarung  eingetreten  ist.  Dies  macht 
eine  Variante  dieser  Erzählung  nicht  unwahrscheinlich,  in  die  zugleich 
die  in  der  Regel  mit  diesem  Schwarzwerden  im  Zusammenhang 
stehende  Rolle  des  Raben  als  Feuerbringer  hineinspielt.  Sie  stammt 
von  den  Eskimos  der  Behringsstraße  und  ist  überdies  durch  die 
Beimischung  des  Gespensterhaften  für  diese  nördlichsten  Stämme 
charakteristisch:  »Als  der  Rabe  sich  (nach  manchen  zuvor  erzählten 
Abenteuern)  wieder  aus  einem  Menschen  in  einen  Vogel  verwandelt 
hatte,  sah  er  einen  Wal  vorbeischwimmen,  und  er  flog  in  dessen 
offenen  Rachen.  Da  fand  er  sich  in  einem  wohnlichen  Raum,  in 
dem  eine  Lampe  brannte.     An  der  Lampe  saß  eine  schöne  Frau, 


')  Boas,  a.  a.  O.  S.  315  f. 

16* 


244  ^^^  Naturmythus. 


die  sich  ihm  als  der  Geist  des  Wals  zu  erkennen  gab.  Sie  verbot 
ihm,  ein  Rohr  zu  berühren,  aus  dem  beständig  Öl  in  die  Lampe 
träufelte.  Er  gehorchte  aber  nicht,  sondern  brach  ein  Stück  von 
dem  Rohr  ab  und  verzehrte  es,  da  es  süß  schmeckte.  Da  kam  die 
Frau  nie  wieder,  der  Wal  aber  starb  und  trieb  ans  Land.  Männer 
kamen,  fanden  ihn  und  bohrten  ein  Loch  in  seinen  Leib.  Aus 
diesem  entfloh  der  Rabe.  Als  er  fort  war,  fiel  ihm  aber  ein,  daß  er 
seinen  Feuerbohrer  vergessen  hatte,  und  er  kehrte  zurück,  diesen  zu 
holen« ').  Hier  ist  das  Verschlingungsmotiv  deutlich  mit  einer  Episode 
der  Feuerbringungslegende  zusammengeflossen,  als  deren  Träger  in 
diesen  Gegenden  in  der  Regel  der  abwechselnd  sich  in  Vogel  oder 
Mensch  verwandelnde  Rabe  gilt,  und  es  mag  sein,  daß  diese  Asso- 
ziation mit  dem  Feuerzauber  durch  die  Vorstellung  des  Feuers 
im  Fischbauch  angeregt  worden  ist  Dieses  selbst  erscheint  jedoch 
hier  wie  in  den  andern  Erzählungen  gleicher  Art  so  wenig  durch 
die  Verschlingung  an  sich  motiviert,  daß  die  Annahme,  sie  sei 
von  einem  andern  Mythenkreis  her  hinzugekommen,  mindestens  sehr 
wahrscheinlich  ist.  Daß  aber  dann,  sobald  einmal  bei  den  gleichen 
Völkern  Sonnenuntergangsmärchen  umgingen,  wie  wir  sie  oben  kennen 
lernten,  vor  allem  an  eine  Einwirkung  der  letzteren  gedacht  werden 
muß,  ist  einleuchtend. 

Aus  diesem  Verhältnis  pflegen  nun  diejenigen  Mythologen,  die 
in  den  Himmelserscheinungen  überhaupt  die  ursprünglichsten  Quellen 
der  Mythenbildung  sehen,  zweierlei  zu  schließen:  erstens  soll  der 
Sonnenuntergangsmythus  in  toto  in  jene  irdischen  Formen  des  Märchens 
übergegangen,  diese  sollen  also  lediglich  in  die  nähere  Umgebung 
des  Menschen  projizierte  Sonnenuntergangsmythen  sein;  und  zweitens 
sollen  wahrscheinlich  auch  die  andern  Verschlingungsmärchen,  so 
lange  nur,  wie  bei  den  Erzählungen  des  ersten  der  drei  oben  geschil- 
derten Typen,  eine  wunderbare  Rettung  aus  dem  Innern  des  Ungeheuers 
stattfindet,  als  abgeblaßte  Umwandlungen  des  gleichen  Sonnenunter- 
und  Sonnenaufgangsmotivs  zu  deuten  sein.  Daß  zu  der  letzteren 
Annahme  keinerlei  Berechtigung  vorliegt,  weder  in  den  objektiven 
Bedingungen  beider  Naturerscheinungen,   noch  auch   in   den  subjek- 


*)  E.  W.  Nelson,  The  Eskimo  about  Bering  Strait,   Elhnol.  Rep.  XVIII,  i,   1899, 
p.  464  f. 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen. 


245 


tiven  der  Mythenentwicklung,  wurde  oben  schon  bemerkt.  Objektiv 
bilden  die  Sonnenuntergangs-  und  die  Sonnenaufgangsmythen  ge- 
trennte Mythenstoffe,  und  psychologisch  ist  es  undenkbar,  daß  die 
unzähligen  Anlässe,  die  die  irdische  Umgebung  zur  Ausbildung  von 
Verschlingungs-  und  Rettungsmärchen  gibt,  vor  dem  einen,  himm- 
lischen gänzlich  in  den  Hintergrund  getreten  seien.  Dies  ist  um  so 
undenkbarer,  als  man  ja  doch  schließlich  zugestehen  muß,  daß  die 
Verschlingung  durch  das  Ungeheuer  überhaupt  ein  irdischer  Vorgang 
ist,  der  die  mythologische  Apperzeption  der  Himmelserscheinung 
bestimmt  hat,  nicht  umgekehrt.  Aber  auch  in  den  Fällen,  wo 
das  Feuer  im  Bauch  des  verschlingenden  Ungeheuers  oder  in 
abgeblaßter  Form  dessen  innere  Wärme  auf  eine  Beziehung  zum 
Sonnenuntergang  hinweist,  ist  durchaus  nicht  anzunehmen,  damit  sei 
auch  der  ganze  Märchenstoff  aus  einer  Umwandlung  des  himmlischen 
in  ein  irdisches  Phänomen  hervorgegangen.  Vielmehr  zeigft  gerade 
das  Märchen  überall  und  so  auch  das  Verschlingimgsmärchen  in 
andern  begleitenden  Zügen,  wie  leicht  hier  bloß  einzelne  Motive 
herüber-  und  hinüberwandern,  und  wie  ofl  sogar  aus  einem  an  sich 
verschiedenen  Mythengebiet  einzelne  Elemente  assimiliert  werden 
können.  So  bieten  die  obigen  Beispiele  des  dritten  Typus,  besonders 
das  letzte,  eine  unverkennbare  Assoziation  mit  den  die  Feuerbringung 
behandelnden  Kulturmärchen,  ohne  daß  irgend  daran  zu  denken  wäre, 
nun  die  ganze  Erzählung  als  eine  Feuerbringungsmythe  aufzufassen. 
Nicht  minder  haftet  aber  das  Feuer  im  Bauch  samt  dem  mit  ihm 
in  direkter  Verbindung  stehenden  Verlust  des  Haares  dem  übrigen 
Märcheninhalt  viel  zu  äußerlich  an,  als  daß  es  hier  zu  einem 
wesentlichen  Grundmotiv  des  Vorgangs  gemacht  werden  könnte. 
Auch  hier  handelt  es  sich  daher  augenscheinlich  um  eine  Assimi- 
lation der  Elemente  verschiedener  Märchengruppen,  nicht  um  einen 
Übergang  der  einen  Gattung  in  die  andere.  Dabei  ist  diese  Assimi- 
lation hier  wie  in  den  meisten  andern  Fällen  offenbar  eine  wechsel- 
seitige. Zunächst  hat  das  geläufige  terrestrische  Verschlingfungsmärchen 
den  himmlischen  Vorgang  in  seinen  allgemeinen  Zügen  sowie  in  ein- 
zelnen besonderen  Vorstellungen,  wie  in  der  Apperzeption  der  Wolke 
als  eines  Fisches,  einer  Schlange,  eines  Drachen,  assimiliert,  und  dann 
ist  das  beim  Sonnenuntergang  im  Innern  des  verschlingenden  Un- 
geheuers  gesehene  Feuer  hinwiederum  von  einer  Anzahl   irdischer 


246  I^er  Nataimythas. 


Verschlingungsmärchen  assimib'ert  worden.  In  den  ^>^i"t^— 
heute  noch  beide,  die  solaren  und  die  terrestriscfacn ! 
einander  vorkommen,  in  den  Ländern  des  noidwcsÜidKi 
gind  sie  so  von  den  Eskimos  der  Behringsstiaße  an  bis 
Califomien  oft  noch  unmittelbar  nebeneinander  zu  finda.  so  da0  es 
bei  der  großen  Ähnlichkeit  dieser  Mythenstoffe  zu  vcnnBHkni  väie. 
wenn  sie  nicht  aufeinander  gewirkt  hätten. 

Aber  auch  noch  in  den  Mythologien  der  curopaischijiijtHrlten 
Kulturvölker  sind  Mythen  und  Mythenfragmente  eilialtBii  gcbKcbrn, 
die  auf  solche  Einwiricungen  hinzuweisen  scheinen,  obgleich  hier 
sichere  5>puren  jener  nur  noch  bei  primitiven  Völkern  vorkommenden 
rein  solaren  Verschlingungsmythen  nicht  zu  finden  sind.  Deim  cfie 
drei  oben  angeführten  terrestrischen  Verschlingui^ismäidien  sind 
Über  die  ganze  Weit  verbreitet,  darunter  vereinzelt  andi  (fie,  in 
denen  der  Held  im  Bauch  des  Ungeheuers  ein  Feuer  anzündet,  oder 
in  denen  er  durch  die  Hitze  im  Innern  desselben  seines  Haares 
verlustig  geht  Noch  viel  zahlreicher  sind  freilkji  die  andern,  bei 
denen  zu  einer  Einwirkung  von  Himmelsmärchen  kein  Anhahsponkt 
voriiegti  weil  sie  sich,  ganz  wie  das  Kaffirmärchen  von  Siknhnnc, 
dufchMim  nur  im  Kreis  des  gewöhnlichen  Abenteuer-  und  Glödc»- 
märebens  bewegen  V     Gleichwohl  bieten  manche  unter  den  Mythen 


^  'MhUt^nhn  iJeUpIHe  fisd  ^cMmmelt  ron  Leo  Frobeans,  Das  Zdtahcr  des 
ti^^hmftfi*9^Ht%^  f,  ifff$4,  i^.  $9 ff.  Einzelne  ron  ihnen  nebst  Analogien  ans  der  Bfytiio- 
f//gU(  4^f  AlUfk  Kultmrwi^lktr  bat  aoeh  Hans  Schmidt  erörteit  in  seinem  Backe:  Jona, 
tf\ftM  i^HlMfm^hm$n  zur  Tergleiebenden  Religionsgeschichte,  1907.  Beide  ^oiscber 
l^/tftscft  4mM  1fni\Uth  rMi  d^:r  aoeh  sonst  in  mythologischen  Untersachnngen  sehr  hlnfig 
MtfUt^ff  idAMimut  aas:  wenn  einzelne  FiUe  einer  größeren  Grappe  von  Mythen  ein 
tH\$  WalkfiNvMfilUsbiMtit  aaf  eine  HbaoMlserscheiniing  za  beziehendes  Merkmal  entbnlten, 
*tf  n4^MH  mhU  4i«  ttbfff eo  FiUe,  denen  dieses  Me^mal  fehlt,  die  aber  sonst  ihrem 
kUuttHiMt^h  Cht^ßkUr  Mich  zar  selben  Klasse  gerechnet  werden  können,  anf  das 
ifiMMkM  iiimm^kmdi¥  zar««kzafahren.  Demzofolge  betrachten  sie  nicht  nm*  Acjcnigen 
yßf^itUHunnuimytkim,  die  den  Zog  des  Feneranzündens  oder  erentnell  aneh  solehe, 
m0  lt\f*ik  nntt  rt«r  U^ttsrw  Hitze  nnd  des  Haarrerlastes  des  Geretteten  enthalten,  son- 
n^fH  Hit**U  /IU,  In  ntfnttn  *\ch  dieser  selbst  einen  Weg  nach  aiil>en  bahnt  und  schHeßlich 
l^hßfUttfii^t  äIU,  Ut  nuntm  ein  Ungehener  einen  Menschen  rerschlingt  nnd  der  letztere 
l^$fß^4il  ¥^fn,  »U  «ftprttBgllche  .Sonnenmitergangsmythen.  Das  wire  nnr  erlaubt,  wenn 
VifMfKllftirffffflr*'*  ^^^^^  Ungeheuer  auf  Erden  nicht  rorklmen,  oder  wenn  sich  das 
Ml^ffiU^h  »♦*!  i«/l«f  k«tftiog«geschichte  genan  an  die  Wirklichkeit  hielte.  Da  von 
M4$m  rt*»*  0#»j(^.fi»«JI  '/nfflfft,  «o  Ut  klar,  daß  diese  Art  der  Mjthenxnterpretation  den 
»H  H^tktitt(U9t  HhI4.  U^nSi*  aU  Axiom  Toranssetzt. 


Das  Himmelsmärchen  nnd  seine  irdischen  Parallelen. 


247 


dieser  Art  insofern  ebenfalls  interessante  Belege  für  die  große  Verbrei- 
tung jener  Assimilationswirkungen  zwischen  solaren  und  terrestrischen 
Mythenelementen,  als  gerade  hier  Beispiele  vorkommen,  in  denen 
sich  die  Märchentradition  in  verschiedene  Richtungen  zu  verzweigen 
scheint,  so  daß  die  eine  Gruppe  eine  assimilative  Einwirkung  von  einem 
bestimmten  mythischen  Inhalte  her  erfahren  hat,  während  eine  andere 
davon  freigeblieben  ist.  So  ist  die  Erzählung  von  der  Rettung  der 
Hesione  durch  Herakles,  wie  wir  sie  bei  ApoUodor  lesen,  und  wie  sie 
nach  sonstigen  Andeutungen  die  geläufige  war,  ein  einfaches  Helden- 
abenteuer, bei  dem  nur  eine  absolut  willkürliche  Mythendeutung  an 
einen  solaren  Ursprung  denken  kann :  Hesione  wird,  um  dem  Befehl 
des  Orakels  zu  genügen,  am  Meeresstrand  an  einen  Felsen  gefesselt 
und  hier  dem  Fischungeheuer  als  Opfer  dargeboten.  Da  kommt 
Herakles  des  Weges  und  befreit  sie ,  indem  er  das  Ungeheuer  tötet 
(ApoUodor,  II,  5,  9).  Weder  Hesione  noch  Herakles  werden  aber 
von  dem  Fisch  verschlungen;  die  Geschichte  gehört  also  überhaupt 
nicht  in  den  Kreis  der  Verschling^ngsmythen.  Nun  scheint  freilich, 
worauf  nicht  bloß  Lykophron,  ein  spät  hellenistischer  Dichter,  dessen 
Zeugnis  für  den  Ursprung  des  Mythus  an  sich  nichts  beweisen  würde, 
sondern  auch  ein  Fragment  des  Hellanikos  hindeutet,  eine  andere 
Version  dieser  Erzählung  im  Umlauf  gewesen  zu  sein,  nach  welcher 
Herakles  selbst  in  den  Bauch  des  Ungeheuers  sprang  und  die  Jung- 
frau befreite,  indem  er  jenem  die  Bauchwände  von  innen  durchschnitt. 
Hans  Schmidt  schließt  daraus,  diese  Version  sei  wahrscheinlich  die 
ursprünglichere  und  die  andere  aus  ihr  durch  Abschwächung  ent- 
standen *).  Selbstverständlich  ist  es  aber  nicht  nur  ebensogut  möglich, 
sondern  nach  dem  Vorbilde  der  oben  besprochenen  Wechselwirkungen 
auf  diesem  Gebiete  sogar  wahrscheinlicher,  daß  andere  umlaufende 
Märchen,  in  denen  das  Hereinspringen  des  Helden  in  den  Rachen  des 
Fisches  und  das  gewaltsame  Herausdringen  aus  diesem  vorkamen, 
auf  den  Heraklesmythus  assimilierend  gewirkt  und  so  diese  Variante 
erzeugt  haben.  Doch  wie  dem  auch  sei,  ob  die  gewöhnliche  Form 
oder  die  allem  Anscheine  nach  mehr  sporadische  die  ursprüngliche 
gewesen  ist,  jedenfalls  wird  damit  die  Heraklessage  noch  nicht  zu 
einem  Sonnenuntergangsmythus,    sondern  sie  bleibt,  was  sie  zuvor 


Hans  Schmidt,  Jona,  S.  3  ff. 


248  ^€'  Naturmythus. 


war,  ein  Heldenabenteuer,  das  nur  im  zweiten  Fall  in  jene  Reihe 
zahlreicher  Verschlingungsmythen  terrestrischen  Ursprungs  aufge- 
nommen ist,  wie  wir  sie  in  dem  Sikulumemärchen  oben  kennen  lernten. 
Ähnlich  verhält  es  sich  mit  der  Sage  von  Perseus  und  Andromeda, 
die  ja,  wie  man  mit  einigem  Grund  vermutet,  das  ältere  Vorbild  jener 
Heraklesmythe  ist.  In  ihr  fehlt  es  vollends  sowohl  bei  den  früheren 
Schriftstellern  wie  in  den  Überlieferungen  der  Kunst  an  jeder  Andeu- 
tung des  Verschlingungsmotivs  *).  Ebensowenig  ist  die  rettende  Tat 
mit  den  astralen  Deutungen,  die  man  der  Gestalt  des  Perseus  zu  geben 
sucht,  in  eine  Beziehung  zu  bringen.  Vielmehr  ist  es  diesmal  nur 
jener  späthellenistische  Dichter  Lykophron,  der  auch  hier  den  Helden 
durch  das  Meerungeheuer  verschlingen  läßt*).  Wahrscheinlich  ist 
also  die  Perseussage  überhaupt  nie  ein  Verschlingungsmythus  gewesen, 


')  Vgl.  hierza  E.  Knhnert  in  Roschers  Mytholog.  Lexikon,  lU,  S.  2000  ff. 

')  Hans  Schmidt,  a.  a.  O.  S.  I9f.  Schmidt  weist  übrigens  noch  auf  ein  Vasen- 
bild des  Moseom  Greg.  Welcker,  Taf.  24,  reproduziert  bei  Schmidt  S.  23,  hin,  anf 
welchem  anscheinend  auch  in  die  Jasonsage  ein  Verschlingxmg^mythos  verwebt  wird, 
wahrscheinlich  indem  Jason,  statt  in  Zaaberschlaf  zu  verfallen,  wie  in  der  gewöhn- 
lichen Sage,  von  dem  Drachen,  den  er  nachher  tötet,  verschlangen  worden  ist  nnd  in 
dem  auf  dem  Bilde  dargestellten  Moment  eben  wieder  aasgespieen  wird.  Aach  hier 
fehlt  übrigens  das  Feuer-  so  gut  wie  das  Haarmotiv.  Vielmehr  zeigt  im  Gegenteil 
Jason  lang  herabhängendes  Haupthaar.  Ist  demnach  dieses  Bild  kein  Zeugnis  für 
einen  Sonnenuntergangsmythus,  so  läßt  es  dagegen  vermuten,  daß  die  Verwebung  des 
Verschlingungsmythus  mit  andern  Mythenstoffen  in  Gegenden,  in  denen  überhaupt  die 
Ungeheuermythen  eine  Rolle  spielten,  auch  sonst  sich  einstellte.  Übrigens  hat 
H.  Schmidt  aus  einer  Handschrift  der  Biblia  Pauperum  des  14.  Jahrhunderts  auch  zwei 
interessante  Jonabilder  wiedergegeben,  wo  auf  deren  erstem,  anscheinend  vor  der 
Verschlingung,  Jona  mit  üppigem  Lockenhaar,  auf  dem  zweiten,  eben  aus  dem  Bauch 
des  Fisches  heraussteigend,  völlig  kahlköpfig  abgebildet  ist.  Daraus  wird  man  schwer- 
lich mit  dem  Verf.  schließen  können,  in  diesen  Bildern  habe  noch  irgendwo  der 
Sonnenuntergangsmythus  nachgewirkt,  und  dieser  müsse  daher  an  einem  Punkt  der 
Erde  entstanden  sein,  wo  die  Sonne  mit  Strahlenkrone  unter-,  aber  ohne  solche 
wieder  aufgehe,  was  bei  den  Inselbewohnern  des  indischen  Ozeans  zutreffen  soll 
(Frobenius,  a.  a.  O.  S.  194  ff.).  Vielmehr  liegt  es  doch  wohl  auch  hier  erheblich  näher 
an  das  irdische  Motiv  zu  denken,  das  in  der  Geschichte  selbst  liegt  und  nicht  dazu 
nötigt,  alle  möglichen  Verschlingungsmärchen  auf  die  Sonne  zurückzuführen  nnd 
zugleich  vorauszusetzen ,  alle  diese  Mythen  seien  von  einem  einzigen  Punkt  der  Erde 
ausgegangen;  sondern  man  wird  annehmen  dürfen,  daß  wer  nach  der  Vorstellung  des 
Märchenerzählers,  wo  immer  dieser  zu  Hause  sein  mag,  von  einem  Ungeheuer  >niit 
Haut  und  Haaren«  verschlungen  wurde,  mindestens  >die  Haare  lassen«  mußte,  vollends 
wenn  es  im  Inneren  des  Untiers  heiß  ist  oder  ein  Feuer  in  seinem  Bauche  brennt. 
Damm  wird  das  Kahlwerden  höchstens  allenfalls  indirekt,  insofern  es  eine  Folge 
dieses  Feuers  ist,  auf  eine  Beziehung  zu  der  solaren  Form  des  Mythus  hinweisen. 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Pandlelen.  249 

und  wenn  sie  das  Vorbild  der  ihr  Zug  um  Zug  gleichenden  Hesione- 
sage  war,  so  verliert  für  beide,  selbst  bei  der  weitherzigsten  Neigung, 
in  allen  Abenteuermärchen,  in  denen  die  Verschlingung  durch  ein 
Ungeheuer  vorkommt,  einen  Sonnenmythus  zu  sehen,  dieses  Motiv 
seine  Bedeutung. 

Stellen  sich  so  alle  diese  angeblich  aus  der  gleichen  Quelle  eines 
solaren  Mythus  entsprungenen  und,  wie  nicht  selten  außerdem  an- 
genommen wird,  von  einem  einzigen  Ort  ausgegangenen  Mythen- 
stoffe als  Inhalte  weltverbreiteter  Märchen  heraus,  die  unzweifelhaft 
an  vielen  Orten  entstanden  und  teilweise  assimilierend  aufeinander 
wirkten,  so  wird  es  nun  auch  verständlich,  daß  analoge  Assimi- 
lationen noch  andere,  ursprünglich  davon  weiter  abliegende  Märchen 
umgewandelt  haben.  Eine  der  bemerkenswertesten  dieser  Verbin- 
dungen ist  die  mit  dem  Motiv  der  hilfreichen  Tiere.  Angesichts 
der  großen  Verbreitung,  deren  sich  dieses  Motiv  in  der  Märchen- 
tradition aller  Zeiten  erfreut,  ist  allerdings  eine  solche  Verbindung 
verständlich  genug.  Merkwürdig  bleibt  sie  aber  deshalb,  weü  sie 
einen  vollständigen  Wandel  in  dem  Charakter  des  verschlingenden 
Ungeheuers  und  dadurch  in  der  Handlung  selber  herbeiführt.  Daß 
unter  den  Rettungen,  die  ein  hilfreiches  Tier  vollbringen  kann,  auch 
das  sichere  Geleit  über  die  Untiefen  von  Strom  und  Meer  nicht  fehlt, 
sahen  wir  schon.  In  dem  japanischen  Märchen  (S.  161  f.)  trägt  sogar 
ein  Tiger  seinen  Schützling  ungefährdet  über  das  Wasser.  In  der 
indischen  Flutsage  ist  es  ein  Wunderfisch,  der  die  Arche  Manus  dem 
rettenden  Berge  zuführt  (S.  176).  Die  Griechen  haben  dieses  Motiv 
in  der  schönen  Sage  von  Arion  zu  einer  Verherrlichung  der  be- 
zaubernden Macht  der  Musik  ausgebildet:  die  herbeischwimmenden 
Delphine  erretten  den  Sänger,  sobald  er  seine  Leier  ertönen  läßt,  vor 
dem  arglistigen  Anschlag  der  Bootsleute  (Herodot,  I,  14).  Klingt  schon 
in  dieser  Geschichte  das  Motiv  der  dankbaren  Tiere  an,  so  erscheint 
es  nun  vollends  deutlich  in  einer  späteren  Delphinsage,  der  die 
Arionsage  möglicherweise  als  Vorbild  gedient  hat,  indes  außerdem 
das  aus  zahlreichen  andern  Märchen  geläufige  Thema  der  Vergeltung 
für  erfahrene  Wohltat  einwirkte:  »Koiranos  der  Parier  hatte  in  Byzanz 
Delphine  gekauft,  sie  aber,  als  sie  geschlachtet  werden  sollten,  aus 
ihren  Netzen  befreit.  Als  nun  kurz  darauf  sein  Schiff  bei  einem  See- 
sturm scheiterte,    kamen  alle  seine  Begleiter  um,    ihn  selbst  nahm 


2  CO  ^*'  Natunnythus. 


jedoch  ein  herbeigeeilter  Delphin  auf  den  Rücken  und  trug  ihn  sicher 
an  den  Strand«  (Plutarch,  De  soUert.  animal.  36,  12).  Aber  noch 
von  einer  andern  Seite  her  hat  sichtlich  das  Motiv  der  hilfreichen 
Tiere  auf  die  alten  Ungeheuermythen  eingewirkt.  Schon  die  indische 
Flutsage  zeigt  nach  dieser  Richtung,  denn  der  rettende  Wunderfisch 
erweist  sich  schließlich  selbst  als  eine  Verkörperung  des  Gottes 
Brahman.  Ebenso  sind  im  griechischen  Sagenkreis  die  Delphine 
gleichzeitig  rettende  und  heilige  Tiere.  So  liegt  denn  hier  noch  ein 
weiterer  Wandel  der  Motive  nahe  genug:  das  Tier  handelt  nicht  aus 
eigenem  Antrieb,  sondern  unter  dem  Gebot  eines  rettenden  Gottes. 
Das  ist  die  Form,  in  der  uns  der  Delphin  mit  einer  dem  Märchen 
so  oft  eigenen  Vertauschung  der  Rollen  in  der  Dionysoslegende  be- 
gegnet: »Als  der  junge  Dionysos  von  Ikarien  nach  Naxos  übersetzen 
wollte,  mietete  er  von  tyrrhenischen  Piraten  ein  Schiff.  Die  Räuber 
aber  steuerten  nach  der  asiatischen  Küste,  um  dort  ihren  Fährgast 
als  Sklaven  zu  verkaufen.  Da  ließ  der  Gott  im  Schiffsraum  Weinranken 
und  Epheu  sprießen  und  verwandelte  die  Ruder  und  Mastbäume  in 
Schlangen,  die  Bootsleute,  die  sich  erschreckt  ins  Meer  stürzten,  in 
Delphine  (Homer.  Hymnen  VI,  3 2 ff.;  Ovid,  Met.  III,  650 ff.)").  Ganz  als 
Werkzeug  des  Gottes  und  als  Retter  zugleich  erscheint  endlich  das 
Tier  in  dem  Walfisch  des  Jona  der  biblischen  Legende,  in  der  so  durch 
den  Zusammenfluß  und  die  Wechselwirkung  aller  dieser  Märchen- 
motive das  einstige  Ungeheuermärchen  einen  religiös- moralischen 
Inhalt  gewonnen  hat,  während  es  zugleich  wieder  zu  dem  ursprüng- 
lichen Verschlingungsmotiv  zurückgekehrt  ist.  Nur  ist  jetzt  die  Ver- 
schlingung selbst  zur  rettenden  Tat  geworden.  Als  Jona,  um  sich 
dem  ihm  von  Jahwe  gewordenen  Auftrag  zu  entziehen,  von  Japho 
nach  Tarsis  übers  Meer  setzt,  erregt  Jahwe  einen  Sturm.  Die  Schiffer 
werfen  Lose,  um  zu  erfahren,  wer  das  Unheil  verschuldet  habe,  und 
das  Los  trifft  Jona.  Aber  als  er  auf  sein  eigenes  Verlangen  ins  Meer 
geworfen  wird,  um  den  Sturm  zu  beruhigen,  da  hat  Jahwe  Erbarmen 
mit  ihm  und  beordert  einen  großen  Fisch,  Jona  zu  verschlingen. 
Drei  Tage  und  drei  Nächte  bringt  Jona  im  Bauch  des  Fisches  zu, 
dann  wird  er  von  ihm  ausgeworfen  und  begibt  sich  nun  nach  Ninive, 


')  Vgl.  hierzu  auch  Usener,  Die  Sintflatsagen,   1899,   S.  115  ff.     Hans  Schmidt, 
Jona,  S.  96  S, 


252  Der  Natarmythas. 


deutschen  Märchen  vom  >Wolf  und  den  sieben  Geißlein«:  der  Wolf 
verschafft  sich  durch  allerlei  List  in  Abwesenheit  der  Mutter  Geiß 
Eingang  in  deren  Wohnung,  und  er  frißt  hier  die  jungen  Geißlein 
mit  Ausnahme  des  jüngsten,  das  sich  im  Uhrkasten  versteckt  hat. 
Als  die  Geiß  heimkommt,  erfahrt  sie  von  ihrem  Jüngsten  das  Unheil. 
Beide  finden  den  Wolf  nach  seiner  Mahlzeit  auf  der  Wiese  schlafend, 
und  in  seinem  Bauch  rumoren  die  sechs  Geißlein.  Da  schneidet  die 
Mutter  Geiß  ihm  den  Bauch  auf  Die  Jungen  spazieren  heraus ,  und 
statt  ihrer  füllt  sie  den  Bauch  mit  sechs  Wackersteinen,  die  den  Wolf, 
als  er  an  der  nächsten  Quelle  seinen  Durst  löschen  will,  durch  ihre 
Schwere  ins  Wasser  ziehen,  so  daß  er  ertrinkt  (Grimm,  Nr.  5,  vgl.  auch 
das  Märchen  vom  »Rotkäppchen«.  Grimm,  Nr.  26).  Vielfach  hat  man 
das  Verschlingungsmotiv  in  der  griechischen  Kronossage  auf  einen 
Import  aus  phönikischen  Kulten  bezogen,  in  denen  insonderheit 
Kinderopfer  im  Gebrauch  waren  ').  Der  Mythus  pflegt  ja  auch  sonst 
noch  Kultformen  in  Göttergeschichten  umzuwandeln,  wobei  dann  in 
der  Regel  dem  Kult  die  primäre,  dem  Mythus  die  sekundäre  Stellung 
zukommen  wird.  Außerdem  faßt  man  aber  auch  diese  Kronossage 
als  einen  Sonnenuntergangsmythus  auf:  der  Stein  bedeute  die  Sonne, 
und  Kronos  sei  der  Herr  über  Licht  und  Dunkel,  der  die  Sonne 
wie  die  andern  Gottheiten  des  Lichts  verschlinge  und  wieder  von 
sich  gebe').  Damit  würde  hier  die  Mythenbildung  wieder  zu  einer 
allegorischen  Dichtung.  Auch  ist  es  bezeichnend  für  diese  Mythen- 
deutung, die  eigentlich  selbst  schon  die  ursprüngliche  Mythenbildung 
begleitet  haben  müßte,  daß  sie  zwei  Sageninhalte  von  so  gänzlich 
abweichendem  Oiarakter,  wie  die  Legende  vom  Propheten  Jona  und 
den  theogonischen  Mythus  vom  kinderverschlingenden  Kronos  auf 
ein  und  dasselbe  äußere  Grundmotiv  zurückfuhrt.  Betrachtet  man 
aber  beide  Sagen  nicht,  wie  es  bei  diesen  naturmythologischen 
Deutungen  geschieht,  bloß  darauf  bedacht,  welchem  Himmelsvoi^^g 
sie  allenfalls  ähnlich  seien,  sondern  jede  im  Zusammenhang  mit  den 
verschiedenen  Abwandlungen  der  allgemeinen  Mythengattung,  dem 
sie  angehört,  so  erhellt  zunächst,  daß  beide  innerhalb  dieser  Gattimg 
der  Verschlingungsmythen  gewissermaßen  an  entgegengesetzten  Polen 


*)  Preller-Robert,  Griechische  Mythologie*,  I,  S.  53  f. 

*)  A.  Kuhn,  Entwicklungsstufen  der  Mythenbildung,  1874,  S.  148. 


Das  Himmelsmärchen  nnd  seioe  irdischen  Parallelen. 


253 


liegen:  die  Jonageschichte  ist  eine  Legende  von  scharf  ausgeprägtem 
religiös-sittlichem  Charakter,  die  die  Bergung  des  Propheten  im  Fisch- 
bauch bloß  als  ein  nebensächliches  Mittel  der  erforderlichen  Wunder- 
maschinerie zu  Hilfe  zieht,  ein  Mittel,  das  sie  natürlich  den  in  zahl* 
reichen  Märchenerzählungen  verbreiteten  Verschling^ungsepisoden  ent- 
nahm, oder,  was  wohl  noch  wahrscheinlicher  ist:  der  priesterliche 
Dichter  der  Jonalegende  mag  eines  der  zahllosen  Märchen  von  den 
hilfreichen  Tieren  aufgegriffen  und  zu  seinen  Zwecken  umgestaltet 
haben.  Daß  er  aber  an  den  Sonnenuntergang  gedacht  haben  sollte, 
dazu  liegt  nicht  der  allergeringste  Anhaltspunkt  vor.  Fehlen  doch  der 
Sage  gerade  die  Momente,  die,  wie  die  Feuerentzündung  oder  die 
Hitze  im  Fischbauch,  auch  nur  auf  eine  assimilative  Nebenwirkung 
der  Sonnenuntergangsmärchen  bezogen  werden  könnten.  Ganz  anderer 
Art  ist  die  Kronossage.  Sie  enthält  keine  Spur  vom  Motiv  der  hilf- 
reichen Tiere.  Vielmehr  ist  das  menschenfressende  Ungeheuer  des 
primitiven  Märchens  sein  unverkennbares  Vorbild.  Darin  folgt  jedoch 
diese  Sage  nur  dem  allgemeinen  Charakter  kosmogonischer  Mythen, 
denen  die  Steigerung  nicht  nur  ins  Übermenschliche,  sondern  in  das 
Groteske,  Furchtbare  und  nicht  ganz  selten  sogar  in  das  Abscheuliche, 
wie  wir  später  sehen  werden,  als  ein  gemeinsamer  Zug  zukommt  (III,  4). 
So  ist  auch  der  seine  Kinder  verschlingende  Kronos  zu  einem  gro- 
tesken Bilde  geworden,  das,  wie  so  manche  andere  Bestandteile  der 
Theogonie,  schon  auf  die  Griechen  abstoßend  und  sicherlich  nicht 
im  mindesten,  wie  die  Jonageschichte  auf  die  Hebräer,  erbaulich 
gewirkt  hat.  Nur  eines  hat  sie  allerdings  mit  dieser  gemein:  das  ist 
dies,  daß  auch  sie  das  Verschlingungsmotiv  verwendet.  Aber  sie  hat 
es  nicht  mit  dem  hilfreichen  Tier,  sondern  direkt  mit  dem  furchtbaren 
Ungeheuer  in  Verbindung  gebracht.  Daß  Kulte  wie  der  des  phöni- 
kischen  »Moloch«  auf  die  Ausbildung  dieser  Mythen  eingewirkt 
haben  können,  ist  gewiß  nicht  zu  bestreiten.  Doch  das  Material  zur 
Bildung  solcher  mythologischer  Vorstellungen  fand  der  mythologische 
Dichter  viel  unmittelbarer  als  am  Sternenhimmel  in  seiner  Umgebung 
vor,  in  den  allverbreiteten  Ungeheuermythen.  In  der  Tat  fehlen  auch 
bei  der  Kronossage  alle  Merkmale,  die  etwa  auf  assimilative  Wechsel- 
wirkungen mit  solaren  Verschlingungsmythen  bezogen  werden  könnten. 
Sollten  sie  stattgefunden  haben,  so  sind  sie  also  jedenfalls  nicht  mehr 
zu  finden,  und  ihre  Annahme  bleibt  eine  willkürliche. 


2  54  ^®'  Naturmythxis. 


d.  Das  Trahenmärchen. 

Unter  dem  Namen  »Truhenmärchen«  sollen  hier  alle  die  Erzäh- 
lungen zusammengefaßt  werden,  die  sich  um  die  Vorstellung  eines 
in  irgendeinem  Behälter,  einer  Truhe,  Kiste,  einem  Korb  oder  Netz 
geborgenen  Wesens,  eines  Menschen  oder  Tieres,  in  den  meisten 
Fällen  aber  eines  Kindes  oder  eines  Zwillingspaars  von  Kindern,  be- 
wegen. Es  mag  die  einheitliche  Bezeichung  als  »Truhenmärchen« 
hier  erlaubt  sein,  weil  in  der  Tat  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  eine 
Truhe  oder  Kiste  der  bergende  Behälter  ist,  weil  aber  auch  da,  wo 
ein  Korb,  ein  Netz  oder  irgend  ein  anderes  Gehäuse  an  dessen 
Stelle  tritt,  dadurch  der  Inhalt  dieser  Art  von  Erzählungen  nicht  ge- 
ändert wird.  Dieser  Inhalt  besteht  im  allgemeinen  darin,  daß  das  in 
dem  Behälter  eingeschlossene  Wesen  oder  Paar  aus  unbekannter  Feme, 
sei  es  von  der  See  oder  auf  einem  Fluß  geschwommen  kommt  oder 
auch  durch  die  Lüfte  vom  Himmel  herabgelassen  wird.  Die  An- 
kömmlinge sind  daher  in  der  Regel  zugleich  wunderbaren  Ursprungs 
und  besitzen  selbst  den  Charakter  von  Wunderwesen  oder,  wenn  sie 
Menschen  sind,  von  Kulturheroen.  Mit  diesem  allen  Truhenmärchen 
gemeinsamen  Moment  der  wunderbaren  Erscheinung  kann  sich  dann 
auch  das  der  wunderbaren  Errettung  der  Insassen  des  Behälters 
verbinden,  an  welcher  Errettung  zumeist  irgendwelche  höhere  Wunder- 
wesen beteiligt  sind.  In  dieser  ihnen  nicht  ausnahmslos,  aber  sehr 
häufig  zukommenden  Eigenschaft  stehen  die  Truhenmärchen  in 
einem  gewissen  Gegensatz  zu  den  Verschlingungsmärchen,  bei  denen 
die  Vorstellung  der  Vernichtung  durch  das  verschlingende  Ungeheuer 
zunächst  im  Vordergrund  steht,  während  der  Gedanke  der  Errettung 
erst  als  eine  weitere  sekundäre  Folge  hinzutritt.  Dagegen  stehen 
die  Truhen-  mit  den  Verschlingungsmärchen  darin  auf  gleichem 
Boden,  daß  auch  sie  Parallelmärchen  sind.  Auch  sie  zerfallen  in 
zwei  Gruppen,  von  denen  die  eine  ihren  Schauplatz  am  Himmel,  die 
andere  auf  der  Erde  hat.  Wie  bei  der  vorigen  Klasse,  so  kann 
übrigens  auch  hier  die  Handlung  ein  Himmelsmärchen  sein,  das  auf 
der  Erde  beginnt  oder  endigt,  indem  sie  sich,  ähnlich  wie  bei 
den  Verschlingungsmärchen,  mit  einer  Himmelswanderung  verbindet. 
Insbesondere  kann  das  in  dem  Sinne  geschehen,  daß  die  Truhenge- 
schichte  selbst    zum    Bestandteil    einer  Wandererzählung   wird:    der 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  255 

Hdd  steigt  etwa  an  der  Pfeilleiter  oder  an  einem  Baume,  oder  er 
fliegt  als  Vogel  zum  Himmel  empor  und  wird  dann  zuweilen  später 
in  einem  Korb  wieder  zur  Erde  herabgelassen.  Im  letzteren  Fall  ist 
das  Truhenmotiv  offenbar  nur  eine  Modifikation  des  für  den  Abstieg 
vom  Himmel  mit  Vorliebe  verwendeten  Seiles. 

In  seinen  einfachsten  Gestaltungen  schließt  sich  das  solare  Truhen- 
märchen an  jene  als  Episoden  der  Himmelswanderung  bereits  erwähn- 
ten Sonnenaufgangsmythen  primitivster  Art  an,  in  denen  der  Sonnen- 
mann als  Träger  der  Sonne  oder  diese  selbst  als  menschenähnliches 
Wesen  aus  einer  Hütte  oder  einer  plötzlich  sich  öffnenden  und  rasch 
wieder  schließenden  Pforte  hervortritt  (S.  221  und  237).  Dieses  der 
Plötriichkeit  des  Sonnenaufgangs  entiehnte  mythische  Bild  pflegt  nun 
aber  doch  erst  dem  eigentlichen  Truhenmärchen  Platz  zu  machen, 
wenn  das  Erscheinen  der  Sonne  zugleich  als  eine  Tat  der  Befreiung 
aufgefaßt  wird,  durch  die  das  Tageslicht  der  Finsternis  entrissen  wor- 
den sei.  Dadurch  spielen  diese  als  Sonnenaufgangsmythen  auftreten- 
den Truhenmärchen  teils  in  die  kosmogonischen  Mythen  teils  in  die 
Kulturmärchen  hinüber.  Beides  fällt  anfänglich  schon  deshalb  leicht 
zusammen,  weil  zwischen  der  Entstehung  gewisser  Naturordnungen 
und  der  Herbeischaffung  von  Kulturgütern,  also  z.  B.  zwischen  der 
Herbeibringung  des  Tageslichts  und  der  Kunst  der  Feuerbereitung, 
nicht  streng  geschieden  wird,  indem  man  beides  auf  legendenhafte 
Kulturheroen  zurückführt.  Wo  als  solche  früheste  Wohltäter  des 
Menschen  gewisse  Tiere  oder  pseudomorph  zwischen  Tier  und  Mensch 
stehende,  bald  die  Gestalt  des  einen  bald  die  des  andern  annehmende 
Wesen  erscheinen,  da  knüpft  dann  auch  das  solare  Truhenmärchen 
an  diese  Tierheroen  an;  und  es  können  hier  schon  die  Gegensätze 
des  feindlichen,  dem  Menschen  das  Licht  vorenthaltenden  und  eines 
andern,  jenes  durch  Gewalt  oder  List  befreienden  Wesens  sich  aus- 
bilden. Daß  dabei  das  Licht  in  einem  Behälter,  einer  Truhe  ver- 
borgen ist,  aus  der  es  herausgeholt  wird,  ist  dann  die  nächstliegende 
Vorstellung.  So  in  dem  folgenden,  zur  Klasse  der  nordamerikanischen 
Rabenmythen  gehörenden  einfachen  Märchen :  > Einst  gab  es  noch  kein 
Tageslicht,  denn  die  Möwe  bewachte  es  in  einer  Kiste.  Ihr  Vetter 
der  Rabe  wünschte  es  aber  zu  bekommen.  Da  bewirkte  er  eines 
Tages,  daß  sich  die  Möwe  einen  Dorn  in  den  Fuß  trat.  Der  Rabe 
erbot  sich,  sie  davon  zu  befreien,   dazu  aber  müsse  er  etwas  sehen. 


256  Der  Natnrmythns, 


So  veranlaßte  er  die  Möwe,  ein  wenig  ihre  Kiste  zu  öffiien.  Er  stieß 
ihr  jedoch  den  Dom  nur  tiefer  in  den  Fuß,  denn  er  behauptete,  er 
müsse  noch  mehr  Licht  haben,  um  zu  sehen.  Da  schrie  die  Möwe 
und  öffnete  endlich  die  Kiste  ganz.  Seitdem  gibt  es  Tag  und  Nacht« '). 
In  einem  weiter  ausgeführten,  ebenfalls  in  das  Gebiet  primitiver  kos- 
mogonischer  Vorstellungen  hereinreichenden  Märchen  der  Eskimos 
ist  es  der  Rabe  selbst,  der  die  Sonne  wegen  der  Bosheit  der  Men- 
schen in  einen  Sack  steckt.  Durch  die  ihm  gebrachten  Opfer  er- 
weicht, gibt  er  sie  dann  von  Zeit  zu  Zeit  auf  zwei  Tage  heraus,  »Da 
beschloß  der  Bruder  des  Raben,  den  Leuten  zu  helfen.  Er  verwan- 
delte sich  in  ein  kleines  Blatt,  das  seines  Bruders  Frau  mit  dem 
Wasser  trank.  Sie  gebar  infolgedessen  ein  Kind,  das  beständig  nach 
der  Sonne  verlangte,  so  daß  der  Vater  nicht  umhin  konnte,  sie  ihm 
von  Zeit  zu  Zeit  zum  Spielen  zu  geben.  Einmal  aber  legte  das  Kind 
plötzlich  sein  Rabengewand  an,  nahm  die  Sonne  und  flog  mit  ihr 
zum  Himmel.  Hier  setzte  es  diese  fest  und  bewog  den  Himmel,  sich 
mit  der  Sonne  und  den  Sternen  um  die  Erde  zu  drehen.  Seitdem 
wechseln  Tag  und  Nacht  regelmäßig  miteinander.  Der  junge  Rabe 
aber  heiratete  später  und  hatte  viele  Kinder,  die  allmählich  ganz  ge- 
wöhnliche Raben  wurden«*).  In  einer  andern  Version  der  Rabenmythe 
bei  den  Tlinkit  Britisch-Kolumbiens  sind  es  drei  Kisten,  in  denen 
ein  Häuptling  dereinst  Sonne,  Mond  und  Sterne  gefangen  hielt.  Sein 
Enkel  Jelch,  der  in  der  Kulturlegende  der  Tlinkit  bald  als  Mensch 
auftritt  bald  sich  in  einen  Raben  verwandelt,  erhält  vom  Großvater 
auf  sein  Bitten  zuerst  den  Kasten  mit  den  Sternen  zum  Spielen,  imd 
er  läßt  sie  an  den  Himmel  entweichen.  Dann  erhält  er  auch  den 
Kasten  mit  dem  Monde,  mit  dem  dasselbe  geschieht.  Endlich  nimmt 
er  den  dritten  mit  der  Sonne  heimlich  weg,  als  der  Großvater  aus 
der  Tür  gegangen  ist.  Jelch  selbst  verwandelt  sich  nun  in  einen 
Raben  und  fliegt  von  dannen.  »Da  hörte  er  Stimmen  von  Menschen, 
aber  er  sah  sie  nicht,  weil  noch  keine  Sonne  war.  Jelch  fragte  sie: 
,wollt  ihr,  daß  Licht  werde?*  Sie  antworteten:  ,du  betrügst  uns,  denn 
du  bist  nicht  Jelch,  der  allein  das  Licht  bringen  kann*.  Jetzt  öffnete 
Jelch,  um  sie  zu  überzeugen,  seinen  Kasten,  und  die  Sonne  erschien 


')  Boas,  Indianbche  Sagen,  S.  55. 

')  E.  W.  NelsoD,  The  Eskimo   about  Bering  Strait,   Ethnol.   Rep.,   XVIII,    1899, 
p.  457  ff. 


Das  Himmelsmärclien  und  seine  irdischen  Parallelen^.^ 257 

am  Himmele.  An  diese  Erzählung  schließt  sich  unmittelbar  eine  an- 
dere, die  berichtet,  wie  Jelch  von  einer  fernen  Insel  das  Feuer  geholt 
habe,  —  also  wiederum  die  Verschmelzung  kosmogonischer  und 
kulturmythologischer  Elemente  in  einem  einzigen  legendarischen 
Helden«). 

Nun  würde  es  auch  hier  sicherlich  nicht  gerechtfertigt  sein,  wollte 
man  diese  Märchen  von  der  Verwahrung  der  Sonne  und  der  andern 
Himmelslichter  in  Kisten  für  irgendwie  festliegende  und  bei  den  Stäm- 
men, unter  denen  sie  erzählt  werden,  heute  noch  geglaubte  Geschichten 
halten.     Abgesehen  davon,  daß  mindestens  viele  der  heutigen  Eski- 
mos und  der  Indianer  der  kolumbischen  Küste  der  Stufe  jener  kind- 
lichsten Anschauungen   offenbar  entwachsen  sind,  widerspricht  dem 
schon  die  fluktuierende  Natur  dieser  halb  Natur-  halb  Kulturmärchen. 
Immerhin  gilt  auch  hier,  was  für  das  Verhältnis  des  späteren  Mär- 
chens zum  Mythenmärchen   gilt:   spi^elt  jenes  im  allgemeinen  die 
mythologische  Anschauung   einer  fernen  Vergangenheit,   so  beweget 
sich  dieses  in  der  Sphäre  einer  wohl  im  ganzen  ebenfalls  schon  vor- 
übei^^angenen,   aber  in   ihrem  Gesamtcharakter  und   in   manchen 
einzelnen  Zügen  noch  bestehenden  oder  doch  vor  kurzem  erst  unter- 
gegangenen Mythologie  (vgl.  oben  S.  59,  63  fr.).     Unter  diesem  Ge- 
sichtspunkte bietet  nun  das  Truhenmotiv  im  reinen  und  namentlich 
im  solaren  Himmelsmärchen  zwei  hervorstechende  Züge,  durch  die  es 
sich  von  den  Verschlingungsmythen  gleicher  Art  scharf  unterscheidet. 
Wie  diese  in  allen  ihren  ursprünglichen  Gestaltungen  dem  Sonnen- 
untergang, so  ist  das  Truhenmotiv  ganz  und  gar  dem  Sonnenauf- 
gang zugewandt.    Ein  zweiter,  vieUeicht  nicht  gleich  durchgreifender, 
aber    gerade   in   diesen    primitiven   Mythenbildungen    sehr   häufiger 
Gegensatz  besteht  darin,   daß  der  Sonnenuntergangsmythus   m  der 
Zugehörigkeit  zu  den  Verschlingungsmärchen  zugleich  ein  biologischer 
Mythus  ist,  indes  der  Sonnenaufgang  als  ein  Vorgang  erscheint,  bct 
dem  die  Sonne  selbst  als  ein  Gegenstand   aufgefaßt  wird,   dem  un- 
mittelbar   keine  Lebenseigenschaften  beigelegt    werden.      Hier    geht 
vielmehr  die  Handlung  ganz  allein  von  dem  Wesen  aus,  das  bts  da- 
hin  die  Sonne  in  Verschluß  gehalten  hat.     Das  Truhenmarchcn   ist 


'J  A.  Krause,  Die  Tlinkit-Indianer,   ,885,  S.  261  ff.      Über   VariaBten  dicscH  TciU 
der  Rabensage  vgl.  Ijoas,  Indianische  Sagen,  S.  276. 

Wundt,  VölkerpsycholüKic  II,  3.  *^ 


258  I^er  Naturmythus. 


SO  nur  eine  Variante  jener  andern  primitiven  Sonnenmärchen,  in  denen 
die  Sonne  als  ein  Schild,  Federball  u.  dergl.  geschildert  ist,  der  von 
einem  Manne  am  Himmel  herumgetragen  werde.  Dieses  Bild  hat  hier 
nur  unter  dem  Eindruck  der  Plötzlichkeit  des  Hervortritts  die  An- 
schauung des  Hervorholens  aus  einer  Truhe  assimiliert.  Dadurch 
wird  nun  aber  zugleich  die  Assoziation  mit  der  in  sonstigen  Märchen- 
motiven verbreiteten  und  in  den  gleichzeitigen  Kulturmärchen  aus- 
gebildeten Gestalt  des  Feuerbringers  nahegelegt.  Die  Bringung  des 
Tageslichts  und  die  Verbreitung  der  Kunst  der  Feuerbereitung  er- 
scheinen als  verwandte  Handlungen,  daher  denn  auch  vielfech  noch 
im  späteren  Mythus  das  Herabholen  des  Feuers  vom  Himmel  durch 
einen  Helden  der  Vorzeit  zur  Quelle  auch  des  irdischen  Feuers  wird. 
Als  eine  ähnliche  frühe  Wohltat  gilt  aber  die  erste  Spendung  des 
himmlischen  Feuers,  und  so  hat  der  Kulturheld,  der  im  Anfang  das 
Feuer  gebracht,  auch  die  Finsternis  beseitigt,  die  dereinst  die  Erde 
bedeckte.  Damit  ist  zugleich  das  Bild,  das  der  einzelne  Sonnen- 
aufgang erweckt,  zu  einer  weit  an  den  Anfang  der  Dinge  gerückten 
halb  kosmogonischen  halb  kulturmythologischen  Anschauung  ge- 
worden; und  dieser  Wandel  vollendet  sich,  sobald  die  Vorstellung 
von  einer  Wanderung  der  Sonne  während  der  Nacht  sich  ausbildet, 
wie  auch  im  übrigen  diese  Vorstellung  anfänglich  noch  beschaffen 
sein  mag. 

Unter  dem  Einfluß  dieser  letzteren  Anschauung  nimmt  nun  aber 
auch  das  solare  Truhenmotiv  wiederum  andere  Formen  an.  Zu- 
nächst wird  die  Sonne  selbst,  indem  hier  wohl  zugleich  die  Sonnen- 
untergangsvorstellungen herüberwirken,  auch  bei  ihrem  Aufgang  als 
ein  lebendes  Wesen  gedacht.  Dann  verbinden  sich  nicht  nur  die 
anfänglich  oft  noch  den  verschiedenen  Standorten  am  Himmel  zuge- 
teilten verschiedenen  Sonnen,  sondern  selbst  die  der  aufeinanderfol- 
genden Sonnenauf-  und  Sonnenuntergänge  zu  einem  einzigen  zu- 
sammenhängenden Bilde:  zu  der  einen  Sonne,  die  nach  einer  zu- 
weilen noch  vorkommenden  Anschauung  am  Horizont  hinter  den 
Bergen  herumwandert,  oder  die  des  Nachts  einer  von  den  Toten 
bewohnten  Unterwelt  leuchtet.  In  dem  Maße,  als  sich  dieser  Wandel 
der  Anschauungen,  an  dem  naturgemäß  die  allmählich  sich  fester 
konsolidierenden  Jenseitsvorstellungen  beteiligt  sind,  Bahn  bricht, 
beginnen    das  Verschlingungsmotiv   des  Sonnenuntergangs   und    das 


Dms  Hnnmelssilrchcn  «ad  seine  irdiscIieB  PinlMen«  j^g 

Tnihenmotiv  des  Sonnenaufgangs  abzublassen.    Während  aber  \^>n 
jenem  immer  noch  Spuren  in  einzekien  Verschlingungsmärchen  irdisd)cn 
Ursprungs  zu  finden  sind,  die  frühe  schon  das  Element  der  Feucrcnt« 
zündui^  im  Bauch  des  verschlingenden  Ungeheuers  assimiliert  haben» 
^-ändert  das  Truhenmotiv  zumeist  wohl  in  einem  noch  früheren  Stadium 
ganz  an  den  Anfang  der  Dinge  zurück :  es  wird  zu  einem  primitiven 
kosmogonischen  Mythus,  der,  nachdem  der  anfängliche  tierische  oder 
halbtierische  Lichtbringer  von  den  späteren  Göttern  abgelöst  ist,  auch 
das  ursprüngliche  Truhenmotiv  zimicktreten  und  schließlich  ganz  ver- 
schwinden läßt    Immerhin  ist  uns  ein  interessantes  Übergangsstadium 
in  dem  kosmogonischen  Mythus  der  Polynesier  erhalten  geblieben. 
Hier  ist  zunächst  freilich  die  Sonne  selbst  zum  Sonnengott  geworden 
und  damit  natürlich  die  ursprüngliche  naiv  kindliche  Form  des  Iler- 
vorgehens  aus  der  Truhe  verschwunden.    Ebenso  ist  die  Vorstellung 
hinfällig    geworden,    die   Sonne   sei    erst   von   einem   andern  Licht- 
wesen herbeigebracht.     Aber  der  polynesische  Maui,  der  die  Eigen- 
schaften des  Gottes,  des  Kulturbringers  und  des  Urahnen  der  Mcnnch- 
heit  in  sich  vereinigt  und  als  der  oberste  Ordner  der  Dinge  verehrt 
wird,  hat  dem  Sonnengott  Ra,  der  anfänglich  in  unregelmäßiger  l^ilr 
über  den  Himmel  lief,  seine  regelmäßige  Bahn  und  »einen  geordneten 
Lauf  angewiesen.    Maui  hat  sich  aufgemacht  mit  seinen  Wrüdern,  \nn 
den  Sonnengott  zu  bezwingen.     Sic  wandern  mehrere  Nächte  laug, 
bis  sie  an  den  Abgrund  kommen,  wo  am  Morgen  der  Gott  uun  der 
Unterwelt  emporsteigt.     Maui  mahnt  die  Brüder,  »ich  vor  den  t/«- 
lichen  Pfeilen  des  Gottes  zu  hüten.     Dann   lehrt  er  nie,  Stricke  xu 
Schlingen  zu  flechten  —  nach  einer  andern  Vcniion  »Ind  cn  die  Umrc 
von  Mauis  Schwester,  die  hier  verwendet  werden,  —  und  al»  nun  der 
Sonnengott  hervorkommt,   da   fangen  sie  ihn   in   dem  Nct/c.     Muul 
schlägt   ihm   zahlreiche  Wunden.     Er  blutet,    »eine   Mü^^el   bri-chni 
und  er  schreit  entsetzlich.     Zugleich  fliegen  seine  Pfeile,  und  er  zli'ht 
mit  Macht  an  den  Stricken,  sich  zu  befreien.     Doch  Maui  übcrwüllj^^i 
den    Gott,    und    hinfort   zieht   er   nur   noch    langsam    »eine  h^hu\. 


')  W.  W.  Gill,  Myths  and  Songs  of  the  South  Pacific,    iSV^,  ^^JLJ^'J'^*'*^'-  f , 
Te  Tohunga,  Alte  Sagen  aus  Maoriland  (1907)  S.61  f.    Ir^  ^^^^!TtMä^^^       ''"  '* 
und  andere  Maorisagen  in  einer  die  einheimischen  Sänger  **^      «^  ^|^  ,„4^      ^''*  *'•  '^  U 
ausgeschmückt,   aber   in  den   Grundzügen   übereinstimmend    "*^.  '^   '^"^  -  .-n^ 

wiedergegeben.    Das  Motiv  des  Einfangens  der  Sonne   kommt  ttwif       •'H»  w.*^^ 

17*  ^^ 


200  Der  Naturmythus. 


Sichtlich  ist  auch  diese  lebendige  Schilderung  der  im  Morgenrot 
blutig  über  den  Seespiegel  aufsteigenden  Sonne  von  dem  täglichen 
Schauspiel  auf  den  kosmogonischen  Mythus  übertragen  worden. 
Auch  ist  .der  Gott  Maui,  so  gut  wie  der  primitivere  Jelch  der 
Rabe,  Feucrbringer  und  Bringer  des  Tageslichtes  zugleich.  Doch 
hat  sich  die  letztere  Tat  wohl  unter  dem  gleichzeitigen  Einfluß 
der  Erhebung  der  Sonne  zur  selbständigen  Gottheit  und  der  Vor- 
stellung des  Tagesumlaufs  der  Gestirne  sowie  unter  dem  Herein- 
spielen anderer  Kampfessagen  in  einen  Streit  der  Götter  verwandelt, 
nach  welchem  dem  unterlegenen  Gott  von  dem  Sieger,  der  sich 
darin  wieder  als  Kulturheros  bewährt,  das  Gesetz  vorgeschrieben  wird, 
nach  dem  er  von  nun  an  seine  Bahn  zu  wandeln  habe.  Doch  in 
dieser  ganzen  Schilderung  klingen  deutlich  genug  Motive  wieder  an, 
die  uns  schon  bei  viel  primitiveren  Märchen  begegnet  sind:  so  in 
der  Vorstellung  eines  einst  rascheren  Laufs  der  Sonne  die  Ge- 
schichte von  dem  Sonnenknaben,  der  von  dem  alten  Sonnenmann 
herabgeworfen  wird,  weil  er  durch  seinen  rasenden  Lauf  die  Erde 
verbrennt  (S.  225),  vor  allem  aber  in  den  Schlingen,  in  denen  die 
Sonne  festgehalten  und  zu  langsamerem  Gang  gezwungen  wird,  das 
alte  Motiv  der  in  einer  Kiste  verwahrten  und  aus  ihr  befreiten  Sonne. 
Liegt  nun  in  dem  völb'gen  Auseinandergehen  der  Inhalte  ursprüng- 
licher Sonnenaufgangs-  von  denen  der  Sonnenuntergang^smythen  ein 
erneuter  Beweis,  daß,  wo  überhaupt  bei  den  Verschlingungsmärchen 
die  Wiederbefreiung  aus  dem  verschlingenden  Ungeheuer  hinzutritt, 
diese  Verbindung  nicht  himmlischen,  sondern  irdischen  Ursprungs  ist, 
so  fehlt  es  aber  natürlich  nicht  an  weiteren  Umgestaltungen  auch 
des  Truhenmotivs,  durch  die  dessen  Ursprung  verdunkelt  werden 
kann.  Besonders  können  solche  Umgestaltungen  an  jene  früher  er- 
wähnten Beziehungen  anknüpfen,  in  denen  die  Mittel  des  Auf-  und 
Abstiegs  bei  der  Himmelswanderung  zu  einander  stehen.  Einer  der 
häufigsten  Wege  der  Herabkunft  ist  hier,  wie  wir  oben  sahen,  das 
herabgelassene   Seil.     An   dem   Seil   befestigt  sich   leicht  auch    ein 


fach  sonst  vor.  Dabei  können  dann  andere,  damit  leicht  assoziierbare  Vorstellnngen, 
wie  z.  6.  die  der  Abschniirung  des  Sonnenhalses,  die  von  der  Auffassung  der  Sonne 
als  Gesicht  oder  Kopf  ohne  Körper  ausgeht,  das  Truhenmotiv  verdrängen  and  das 
Ganze  in  eine  explikative  Fabel  umwandeln:  so  in  einem  an  früherer  Stelle  (Teil  I, 
S-  349)  erwähnten  Märchen  der  Menomini-Indianer. 


202  I^w  Naturmythus. 


im  Himmelsmärchen,  vollständig  zur  Episode  einer  Himmelswanderung 
geworden,  wo  das  herabgelassene  Seil  nebst  Korb  ebenso  das  nächst- 
liegende Hilfsmittel  des  Abstiegs  wie  der  Baum  oder  die  Pfeilleiter 
ein  solches  des  Aufstiegs  bildet.  An  einen  Sonnenuntergang  bei  dem 
Korb  zu  denken  liegt  daher  ebenso  wenig  ein  Grund  vor,  wie  bei 
der  Pfeilleiter  an  einen  Sonnenaufgang.  Dasselbe  gilt  von  den  andern, 
die  primitiven  Himmelsvorstellungen  widerspiegelnden  Zügen,  die 
sonst  noch  in  die  Erzählung  verwebt  sind:  von  den  buckeligen 
Töchtern  des  Mondes,  bei  denen  man  wohl  an  eine  äußere  Assozia- 
tion mit  der  gekrümmten  Halbmondform  denken  darf,  von  den  dem 
Mond  ins  Angesicht  geworfenen  Bären,  worin  sich  die  Zeichnung  der 
Vollmondscheibe  spiegelt,  endlich  von  dem  Zerkratzen  des  Mond- 
gesichts, das  wohl  den  Mondwechsel  andeutet  usw.  Alle  diese  Züge 
tragen  aber,  ebensowenig  wie  sie  Auf-  und  Untergangsmythen  sind, 
einen  »explanatorischen«  Charakter  an  sich.  Sie  entspringen  einer 
phantastisch  schwärmenden  Märchenphantasie,  die  von  den  durch  die 
verschiedenen  Eindrücke  angeregten  Assoziationen  geleitet  wird,  ohne 
daß  damit  die  Absicht  verbunden  wäre,  den  einzelnen  Naturvorgang 
oder  auch  nur  den  einzelnen  Eindruck  selbst  mythologisch  zu  deuten. 
Dasselbe  gilt  schließlich  von  der  Bergrung  der  Sonnentochter  in  ihrem 
Haus,  ihrem  Widerstreben  Menschen  zu  sehen  oder  von  diesen,  die 
sie  blendet,  gesehen  zu  werden.  Dies  sind,  samt  den  imter  dem 
Sonnenhaus  wohnenden  Spinnen,  in  deren  Fäden  das  Bild  der  Sonnen- 
strahlen mit  dem  der  zur  Erde  gehenden  Stricke  zusammentrifft, 
Vorstellungen,  die  alle  dem  Gewebe  wechselnder  Mythenmotive  an- 
gehören, und  bei  deren  Verbindung  in  diesem  Fall,  wie  in  so  vielen 
andern,  offenbar  um  so  weniger  an  die  zusammenhängende  Schil- 
derung irgend  eines  Himmelsvorganges  gedacht  wird,  als  sich  wohl 
bei  vielen  der  einzelnen  Elemente,  aus  denen  dieses  Ganze  zu- 
sanmiengesetzt  ist,  das  ursprüngliche  Motiv  bereits  verdunkelt  hat. 

Diesen  bald  ganz,  bald  zum  Teil  im  Himmel  spielenden  Erzählungen 
von  einer  Truhe,  in  der  die  Sonne  verborgen  ist,  um  plötzlich  aus 
ihr  zu  Tage  zu  treten,  gehen  nun  wieder  mannigfache,  ihrem  unmittelr 
baren  Inhalte  nach  irdische  Märchen  parallel  von  Menschen,  die,  in 
einer  Truhe  ausgesetzt,  nach  längerer  Zeit  aus  diesem  Gewahrsam 
befreit  werden.  Nach  dem  Charakter  dieses  Motivs  und  nach  der 
Natur  des  Märchens   ist  dies  ebenso  begreiflich,  ja  selbstverständ- 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Paridlelen.  263 

lieh  wie  die  Tatsache,  daß  das  Bild  der  Verschlingung  durch  ein 
Ungeheuer  in  einer  irdischen  und  in  einer  himmlischen  Form  vor- 
kommt.    Allerdings  bieten  beide  Fälle  offenbar  von  Anfang  an  und 
in   den  verschiedenen  Perioden   der  Märchenentwicklung   etwas   ab- 
weichende Bedingrungen  ihrer  Verbreitung.     Mag  für  die  Himmels- 
phänomene das  eine  und  das  andere  Bild  ursprünglich  vielleicht  gleich 
nahe  liegen,  für  die  umgebende  irdische  Welt  verhält  es  sich  nicht 
ganz  so.     Da  bedroht  die  Gefahr,  von  Ungeheuern  verschlungen  zu 
werden,   den  Menschen  jedenfalls  früher,  als  für  ihn  die  Vorstellung 
der  Truhe  und  vollends  die,    daß  ein  Mensch  in  eine  solche  ein- 
geschlossen sei,  Bedeutung  gewinnt.    Vielmehr  tritt  diese  Vorstellung 
wohl  am  frühesten  in  der  allgemeinen  Form  eines  in  der  Truhe  ent- 
haltenen Gegenstandes,   der  aus  ihr  hervorgeholt  werden  kann,    in 
seinen  Gesichtskreis  ein.     Dem  entsprechen  nun  in  der  Tat  die  ur- 
sprünglichen Gestaltungen  des  himmlischen  Truhenmärchens,  die  wir 
oben  kennen  lernten,  und  die  freilich  nur  der  primitivsten  Stufe  mytho- 
logischer Anschauungen  angehören,   während  sie  später  völlig  ver- 
schwinden.   Auf  einem  ganz  andern  Boden  steht  dagegen  das  irdische 
Truhenmärchen.    Hier  tritt  die  Truhe  überhaupt  erst  von  dem  Augen- 
blick ihre  Rolle  an,  wo  sie  einen  lebenden  Inhalt,  meist   einen  zu 
künftigen  Taten  berufenen  Helden  birgt.     Das  ist  eine  Vorstellung, 
die  von  vornherein  verwickeitere  Kulturbeding^ngen  voraussetzt,  und 
die  bereits  deutlich  auf  Heroensage   und  Legende  hinweist,  mytho- 
logische   Formen,    die   zwar   immer   noch    einen   reichen   Einschlag 
von   Märchenelementen   enthalten  können,    selbst    aber  jenseits  der 
Grenzen  des  Märchens  liegen.     Darum  sind  nun  auch   die  irdischen 
Truhenmärchen  durchaus  nicht  etwa  im  selben  Sinne  Parallelbildungen 
zu  den  himmlischen,   wie   das  von  den  Verschlingungsmärchen  gilt, 
wo  beide  auf  der  gleichen  Stufe  naiver  Naturanschauung  stehen  und 
emander    eine   lange    Strecke    begleiten    und  aufeinander   einwirken 
können.     Für   die   beiden   Formen    des   Truhenmärchens    gilt    viel- 
mehr  genau  das  Gegenteil.    Das  himmlische  gehört  einer  längst  ent- 
schwundenen Urzeit  an,    aus   der   nur  noch   spärliche  Reste   in    das 
Himmelsmärchen  der  primitiven  Völker  hereinragen.    Das  irdische  feKlt 
auf  dieser  Stufe  ganz.     Es  beginnt  in  der  Märchendichtung  erst  von 
dem  Zeitpunkt  an,   wo  das  Truhenmotiv  in  der  Sage  und  gau^  ^ie- 
sonders  in  der  Legende  seine  Bedeutung  gewinnt.     Beide  MärcVi^n- 


264  ^^^  Naturmythus. 


gattungen  sind  also  hier  eigentlich  von  vornherein  unvergleichbar. 
Außer  dem  Truhenmotiv  haben  sie  nichts  miteinander  gemein, 
und  auch  dieses  enthalten  sie  in  wesentlich  abweichender  Fassung. 
Dennoch  besitzt  dasselbe  auch  in  seinen  irdischen  Anwendungen 
durchaus  den  Charakter  eines  Märchenmotivs.  Es  reiht  sich  hier 
ganz  jener  verbreiteten  Gattung  von  Aussetzungsmärchen  an,  in 
denen  ein  ungerecht  oder  um  böswilliger  Verläumdung  willen  ver- 
stoßenes Weib  seiner  Kinder  beraubt  oder  mit  ihnen  in  die  Wildnis 
verstoßen  wird,  um  schließlich  wieder  zu  Ehren  erhoben  zu  werden, 
während  das  ausgesetzte  Kind  meist  zu  großen  künftigen  Taten 
bestimmt  ist  So  ist  diese  allgemeinere  Form  des  Aussetzung^ 
märchens  eine  Gestaltung  des  Glücksmärchens,  die  freilich  vermöge 
der  besonderen  Kulturbeding^ngen,  die  es  fordert,  auf  primitiven 
Stufen  nicht  vorkommen  kann,  die  aber  doch  in  ihrer  Unabhängig- 
keit von  besonderen  Raum-  und  Zeitbeziehungen  ebenso  wie  in  ihrer 
psychologischen  Motivierung  durchaus  noch  der  Sphäre  des  eigent- 
lichen Märchens  angehört.  Dieses  Aussetzungsmärchen  verbindet  sich 
nun  vor  allem  da  mit  dem  Truhenmotiv,  wo  die  Vorstellung  der  Hilf- 
losigkeit des  Ausgesetzten  hinzukommt,  also  beim  ausgesetzten  Kind 
oder  kindlichen  Zwillingspaar.  Wahrscheinlich  sind  daher  die  Fälle, 
wo  ein  Kind  samt  seiner  Mutter,  ein  Liebespaar  oder  überhaupt  ein 
der  Kindheit  entwachsener  Mensch  in  der  Truhe  ausgesetzt  wird, 
erst  aus  der  Übertragung  jener  ursprünglicheren  Form  entstanden. 
Fördernd  auf  diese  Übertragrung  hat  namentlich  wohl  die  besondere 
Bedingung  eingewirkt,  daß  als  Ort  der  Aussetzung  ein  Strom  oder 
die  See  gewählt  wurde.  Dadurch  kann  dann  leicht  auch  wieder 
an  die  Stelle  der  Truhe  die  Barke  treten,  oder  es  können  sogar 
vermöge  der  naheliegenden  Assoziation  des  rettenden  Schiffs  mit  dem 
Fisch  als  dem  hilfreichen  Tier  Übergänge  in  die  Märchen  vom  Arion- 
oder  grar  in  die  vom  Jonastypus  stattfinden,  wie  wir  ja  solche  Über- 
gänge und  Verbindungen  auch  in  den  Vorstellungen  vom  Toten- 
schiff bereits  angetroffen  haben  (Teil  II,  S.  44).  So  fem  demnach  das 
solare  Truhenmärchen  der  Urzeit  und  das  irdische,  von  mannigrfachen 
Bedingungen  einer  höheren  Kultur  umgebene  äußerlich  einander 
stehen,  so  fordert  immerhin  der  Reichtum  der  sich  bietenden  und 
darum  möglicherweise  weit  zurückreichenden  Assoziationen  auch  hier 
eine    sorgsame   Prüfung   der   Frage,    inwiefern   hinter   den    äußeren 


Das  Himmelsmärchen  and  seine  irdischen  Parallelen.  265 

Unterschieden  innere,  auf  wechselseitigen  Assimilationen  dieser  ver- 
schiedenen Vorstellungskreise  beruhende  sich  verbergen,  oder  ob 
etwa  die  übereinstimmende  Vorstellung  der  Truhe  selber  aus  dem 
einen  Gebiet  in  das  andere  durch  die  Vermittlung  irgendwelcher 
historischer  Beziehungen  gewandert  ist. 

Schon  im  Märchen  bildet  nun  das  Truhenmotiv  durchweg  nicht 
den  Hauptinhalt,  sondern  einen  Nebenbestandteil  oder  eine  vorberei- 
tende Episode  zur  Haupthandlung  einer  Geschichte.  So  erzählt  eine 
griechische  Variante  des  Aschenputtelmärchens,  wie  die  zwei  bösen 
Schwestern,  nachdem  der  Prinz  Aschenputtel  geheiratet  hat,  diese 
besuchen,  gerade  als  sie  der  Geburt  eines  Kindleins  entgegensieht 
Da  die  Schwestern  sie  allein  antreffen,  so  stecken  sie  sie  schnell  in 
einen  Kasten  und  werfen  sie  in  den  Fluß.  Der  Kasten  wird  aber 
ans  Ufer  getrieben,  wo  eine  alte  Frau,  mit  deren  Verstand  es  nicht 
mehr  ganz  richtig  ist,  sie  findet  Sie  trägt  den  Kasten  heim,  um  ihn 
als  Brennholz  zu  verwenden.  Wie  sie  aber  mit  der  Axt  darauf 
schlägt,  springt  die  Kiste  auf,  und  die  junge  Königin  tritt  heraus. 
Hierauf  wandelt  sich,  als  sie  in  der  Wildnis  eine  Höhle  findet,  diese 
in  ein  Schloß  um,  in  dem  alles  enthalten  ist,  dessen  sie  bedarf.  Der 
junge  König  sucht  und  findet  sie,  und  beide  wandern  samt  dem 
Wunderschlosse  nach  der  Hauptstadt,  die  bösen  Schwestern  werden 
bestraft  und  das  Paar  lebt  glücklich  bis  an  sein  Ende  *).  In  ähnlicher 
Weise  ist  das  Truhenmotiv  überall,  wo  es  noch  sonst  vorkommt, 
Bestandteil  eines  Glücksmärchens:  die  Einschließung  in  die  Truhe 
und  die  Aussetzung  in  ihr  bildet  hier  eine  der  mannigfachen  Gefahren, 
die  dem  Glückskind  bei  seinen  Abenteuern  begegnen.  So  in  dem 
deutschen  Märchen  von  dem  »Teufel  mit  den  drei  goldenen  Haaren«. 
Dem  Söhnlein  einer  armen  Frau  wird  geweissagt,  daß  er  mit  vier- 
zehn Jahren  die  Tochter  des  Königs  zur  Frau  bekommen  werde. 
Der  König,  der  davon  hört,  kauft,  um  dies  Schicksal  abzuwenden, 
den  armen  Eltern  ihr  Kind  ab,  tut  es  heimlicherweise  in  eine  Schachtel 
und  wirft  diese  in  den  Fluß.  Die  Schachtel  geht  aber  nicht  unter, 
sondern  strandet  bei  einer  Mühle.  Da  wird  das  Glückskind  von  den 
Müllersleuten,  die  selbst  keine  Kinder  haben,  entdeckt  und  liebevoll 
aufgezogen.  Nachdem  gerade  vierzehn  Jahre  verflossen  sind,  betritt  der 


*)  J.  G.  von  Hahn,  Griechische  und  albanesische  Märchen,  I,  S.  73»- 


266  I^eif  Naturmythus. 


König  zufallig  einmal  die  Mühle.  Als  ihm  die  wunderbare  Auffindung 
des  Knaben  berichtet  wird,  merkt  er,  daß  er  das  Glückskind  vor  sich 
hat.  Er  sucht  dieses  abermals  zu  beseitigen,  um  die  unerwünschte 
Heirat  zu  nichte  zu  machen.  Aber  das  Glückskind  entgeht  auch 
dieser  Gefahr,  und  es  besteht  außerdem  alle  die  Proben,  die  ihm  der 
König  aufgibt,  unter  ihnen  die,  die  dem  Märchen  seinen  Namen 
gegeben  hat,  den  Raub  der  drei  goldenen  Haare  des  Teufels,  und 
führt  am  Schluß  die  Prinzessin  heim  (Grimm,  Nr.  29).  Wie  hier,  so 
pflegt  übe»^all  das  Truhenmotiv  eine  episodische  Ausschmückung, 
kein  wesentlicher  Inhalt  des  Märchens  zu  sein,  und  es  kann  daher 
in  einzelnen  Versionen  vorkommen,  während  es  in  andern  fehlt.  In 
der  Regel  ist  es,  wie  in  den  angeführten  Beispielen,  Bosheit  oder 
Mißgunst,  die  die  Einsperrung  in  die  Kiste  veranlaßt,  und  diese  wird 
den  Wellen  preisgegeben,  um  den  darin  Ausgesetzten  umkommen  zu 
lassen.  In  seltenen  Fällen  kann  aber  auch  die  Truhe  oder  ein  an- 
derer ihr  ähnlicher  Verschluß  als  rettendes  Asyl  dienen,  durch  das 
das  Glückskind  einer  drohenden  Gefahr  entzogen  wird.  So  in  einer 
neugriechischen  Variante  von  >  AUerleihrauh« ,  in  der  allerdings  die 
Truhe  durch  einen  Schacht  ersetzt  ist:  die  Prinzessin  erbittet  sich, 
um  der  Werbung  ihres  Vaters,  der  sie  zur  zweiten  Frau  nehmen 
möchte,  zu  entgehen,  außer  einem  Anzug  von  Gold  und  einer  Tasche 
voll  Dukaten  auch  ein  Bett  und  einen  Schacht,  der  zehn  Klafter  tief 
in  die  Erde  geht.  Als  das  alles  beschafft  ist,  steigt  sie  in  den  Schacht 
und  ruft:  ,Erde  tu  dich  noch  weiter  auf*,  worauf  sie  tief  hinimter- 
fahrt  und  an  einem  ganz  andern  Ort  wieder  herauskommt.  Das 
weitere  verläuft  dann  im  wesentlichen  ähnlich  wie  im  deutschen 
Märchen  *). 

Genau  mit  denselben  Zügen,  nur  ins  Heroische  vergrößert,  be- 
gegnet uns  das  Truhenmotiv  in  der  Heldensage.  So  wird  Perseus 
mit  seiner  Mutter  Danae  in  eine  Kiste  eingeschlossen  ins  Meer  ge- 


')  J.  G.  von  Hahn,  Griechische  und  albanesische  Märchen,  I,  S.  191  f.  Dazu 
Grimm,  Nr.  65.  Das  sonst  seltene  Truhenmotiv  ist  bemerkenswerterweise  im  griechi- 
schen Märchen  ungewöhnlich  häufig,  übereinstimmend  mit  seinem  ebenfalls  relativ- 
häufigen  Vorkommen  in  der  griechischen  Heroensage.  Außer  den  xwei  oben 
angeführten  Beispielen  vgl.  noch  in  von  Hahns  Sammlung  Nr.  4,  8,  27,  42,  unter 
denen  die  letztere  ein  drollig  erfundenes  Scherzmärchen  dieser  Gattung  ist,  in  der  das 
bei  den  Griechen  besonders  beliebte  Motiv  der  schlauen  Überlistung  die  Hauptrolle 
spielt. 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen..  267 

worfen,  und  diese  wird  dann  an  einem  fernen  Strande  in  einem 
Fischernetz  aufgefangen  (Pherekydes  fr.  26).  Ein  Seitenstück  zur 
Sage  von  Perseus  und  Danae  ist  die  von  Telephos  imd  seiner  Mutter 
Auge,  nicht  minder  die  Ödipussage  in  einer  von  der  gewöhnlichen 
abweichenden  Version,  nach  der  das  Knäblein  nicht  ausgesetzt, 
sondern  ebenfalls  in  eine  Kiste  eingeschlossen  und  ins  Meer  geworfen 
wird*).  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  hier  das  Truhenmotiv  von 
einem  Sagenstoff  zum  andern  hinübergewandert  ist.  Jedenfalls  beweist 
aber  seine  Verbreitung  die  bei  einem  Volk,  das  fast  überall  das  Meer 
vor  Augen  hat,  begreifliche  Neigung,  unter  den  Märchenmotiven,  die 
dem  Wechsel  von  Gefahr  und  Errettung  entspringen,  auch  dieses  in 
die  Sage  zu  verweben.  Im  Binnenland  ist  natürlich  die  einfache  Aus- 
setzung des  Kindes  mit  oder  ohne  seine  Mutter  weit  häufiger  als  die 
den  Wellen  übergebene  Truhe.  Der  deutsche  Sagenschatz  zeigt  dies 
an  einem  Beispiel,  auf  das  schon  Usener  als  eine  offenbare  Umbildung 
des  obigen  Märchens  vom  Glückskind  hingewiesen  hat.  Vor  Kaiser 
Konrad  dem  Franken  flieht  Graf  Leopold  von  Calw  in  eine  öde  Mühle 
im  Schwarzwald,  weil  er  den  Landfrieden  gebrochen.  Da  kommt 
eines  Tags  der  Kaiser  zufallig  in  dieselbe  Mühle.  Leopold  flieht  in 
das  Dickicht.  Seine  Hausfrau  aber  muß  in  der  Mühle  bleiben,  weil 
sie  ein  Kind  gebären  soll.  Indessen  hört  der  Kaiser  eine  Stimme, 
die  spricht  zu  ihm:  heute  kommt  hier  ein  Kind  zur  Welt,  das  soll 
dein  Tochtermann  werden.  Da  gebietet  der  Kaiser,  das  Kind  zu 
töten.  Seine  Dienstleute  aber  haben  Erbarmen  mit  dem  Knäblein 
und  setzen  es  im  Walde  aus.  Hier  findet  es  zufallig  Herzog  Heinrich 
von  Schwaben.  Er  bringt  es  seiner  Gemahlin,  und  sie  nehmen  es, 
da  sie  selbst  keine  Kinder  haben,  an  Kindesstatt  an.  Später  wird 
dem  jungen  Heinrich  seine  unbekannte  Herkunft  verraten.  Auch 
Kaiser  Konrad  erfährt  davon  und  sucht  den  unwillkommenen  Tochter- 
mann zu  beseitigen.  Aber  da  sein  Anschlag  mißlingt,  fügt  er  sich 
schließlich  in  das  Unvermeidliche.  Heinrich  heiratet  des  Kaisers 
Tochter  und  wird  nachmals  Kaiser  Heinrich  III.  (Grimm,  Deutsche 
Sagen,  Nr.  480J.  Diese  Sage  ist  schon  deshalb  von  hohem  Interesse, 
weil  sie  Zug  für  Zug  eine  sagenhafte  Umbildung  des  zweifellos  älteren 
Märchens  ist,    also  deutlich  veranschaulicht,   wie  hier,   entgegen  der 


Vgl.  Usener,  Die  Sintflutsagen,  1899,  S.  83  fr. 


268  ^c'  Naturmythas. 


geläufigen  Auffassung  dieser  Formen,  nicht  die  Sage  zum  Märchen, 
sondern  umgekehrt  das  Märchen  zur  historischen  Sage  geworden  ist 
Diese  hat  in  allem  wesentlichen  die  Züge  des  Märchens  beibehalten; 
nur  hat  sie  die  phantastischen  Wundertaten  des  Glückskinds  beseitigt, 
die  dem  geschichtlichen  Stoff  nicht  mehr  adäquat  sind.  Zugleich  ist 
aber  an  die  Stelle  der  Truhe  die  einfache  Aussetzung  getreten. 

Ein  bekanntes  Beispiel  der  Rettung  in  der  Truhe  aus  dem  Gebiet 
der  Legende  ist  die  Aussetzungsgeschichte  Moses.  Als  der  Ägypter- 
könig das  Gebot  hat  ausgehen  lassen,  von  allen  neugeborenen  Kindern 
der  Hebräer  sollten  nur  die  Mädchen  am  Leben  bleiben,  die  Knaben  in 
den  Nil  geworfen  werden,  verheimlicht  die  Mutter  Moses  drei  Monate 
lang  seine  Geburt,  dann,  da  sie  ihn  nicht  länger  verbergen  kann,  ver- 
fertigt sie  ein  Kästchen  aus  Papyrusschilf,  in  das  sie  ihn  legt,  und  das 
sie  am  Ufer  des  Flusses  birgt.  Dort  findet  es  die  Tochter  des  Pharao, 
die  nun  den  Knaben  aufzieht  (2.  Mose  2).  Solange  sich,  wie  hier,  dies 
Motiv  nur  innerhalb  der  anscheinend  natürlichen  menschlichen  Macht- 
mittel bewegt,  bleibt  jedoch  die  Rettung  in  der  Truhe  immerhin  ein 
gefahrvolles  Mittel,  dem  ein  glücklicher  Zufall  zu  Hilfe  kommen  muß. 
Erst  mit  dem  Übergang  in  das  Gebiet  des  schrankenlosen  Glücks- 
zaübers  oder  des  göttlichen  Wunders  kann  die  Truhe,  ähnlich  wie 
der  Fisch  des  Jona,  von  Anfang  an  die  Rettung  sichern.  So  ver- 
birgt Aphrodite  den  Adonis,  als  er  eben  aus  seiner  in  einen  Baum 
verwandelten  Mutter  Smyrna  geboren  wird,  von  seiner  Schönheit  ge- 
rührt in  einer  Truhe  (ApoUodor  in,  14,  4).  In  dieser  Bedeutung  des 
rettenden  Schutzes  vor  drohender  Gefahr  verwendet  dann  auch  die 
griechische  Dionysos-  und  die  ägyptische  Osirislegende  das  Truhen- 
motiv. Nach  der  verbreiteten  Fassung  der  ersteren  birgt  Zeus  den 
vorzeitig  geborenen  Götterknaben  in  seinem  eigenen  Schenkel,  um 
ihn  aus  diesem,  wenn  seine  Zeit  gekommen,  noch  einmal  zu  gebären 
(Ovid  M.  in,  287  ff.).  Diese  Bergung  ist  freilich  eine  Abänderung  des 
Truhenmotivs,  aber  sie  ist  diesem  immerhin  verwandt  genug,  daß 
aus  ihr  in  einer  Version  der  Legende  auch  die  wirkliche  Truhe  ent- 
stehen konnte').  In  der  Osirislegende,  wie  sie  Plutarch  berichtet,  ist 
die  Truhe  in  ein  späteres  Stadium  der  Lebensgeschichte  des  Gottes 
verlegt.     Hier  ist  es  Typhon,  der  feindliche  Bruder,  der  durch  List 


')  Uscncr,  a.  a.  O.  nach  Pansanias,  III  24,  3. 


Das  Himmelsmiürchen  nnd  seine  irdischen  Parallelen. 


269 


den  Osiris  veranlaßt,  sich  in  dem  Kasten  zu  bergen,  und  dann  diesen 
ins  Meer  wirft  (Plutarch,  De  Iside  et  Osiride,  1 2  ff.).  Die  Dionysos- 
und  die  Osirislegende  sind  einander  nahe  verwandt.  Bei  beiden  duldet 
es  keinen  Zweifel,  daß  sie  mit  Vegetationskulten  und,  nach  einer  bei 
diesen  überall  sich  einstellenden  Beziehung,  mit  Seelenkulten  und  Jen- 
seitsvorstellungen in  Verbindung  stehen.  Beide  haben  zugleich  eine 
lange  Geschichte  hinter  sich:  sie  enthalten  eine  Fülle  mythologischer 
Motive,  an  deren  Verbindung  unter  dem  Einfluß  der  Mysterien,  in 
deren  Dienste  sie  traten,  schließlich  theosophische  Spekulation  und 
priesterliche  AUegorisierung  teilgenommen  haben.  Zu  erörtern,  wie 
das  geschehen  ist,  muß  einem  späteren  Orte  vorbehalten  bleiben 
(Kap.  VI).  Daß  das  Truhenmotiv  in  der  Gestalt,  in  der  es  in  beiden 
Fällen  vorkommt,  zu  den  in  die  Legende  aufgenommenen  Märchen- 
zügen gehört,  ist  aber  nicht  zu  bezweifeln.  Ob  er  ihr  angehört 
hat,  ehe  der  Mythus  seine  kultischen  Umbildungen  erfuhr  oder 
nicht,  kann  hier  dahingestellt  bleiben.  Sicher  ist  nur,  daß  es  schon 
in  alter  Zeit  eine  Deutung  erfuhr,  die,  nachdem  der  Mythus  erst 
zum  Substrat  des  Vegetationskultes  geworden  war,  nahe  genug  lag: 
der  den  strahlenden  Osiris  in  die  Truhe  einschließende  Typhon 
wurde  zum  Sinnbild  des  Winters,  die  Wiedererstehung  des  Gottes 
aus  der  Truhe  zum  Symbol  der  wiederkehrenden  Frühlingssonne. 
Dem  Kultus  ist  hier  überall  die  ausschmückende  Dichtung  gefolgt. 
Diese  ist  aber  kein  ursprünglicher  Mj^hus  mehr,  sondern  hinter  ihr 
steht  die  priesterliche  Allegorie,  die  dann  erst,  indem  sie  sich  im 
Kultus  befestigt  und  teilweise  selbst  wieder  in  die  Volkssage  über- 
geht, nochmals  zum  Mythus  wird.  Um  so  merkwürdiger  ist  es, 
daß  am  Ende  dieser  verwickelten  Umbildungen  das  irdische  Truhen- 
motiv in  gewissem  Sinne  bei  dem  Punkte  wieder  angelangt  ist,  von 
dem  auf  der  primitiven  Stufe  des  Himmelsmärchens  das  solare  aus- 
ging. Die  den  jungen  Sonnengott  verschließende  Truhe  ist  zum  Bild 
der  kommenden  Frühlingssonne  geworden,  das  sich  in  dem  täglichen 
Sonnenaufgang  in  kleinerem  Umkreise  wiederholt.  Gleichwohl  kann 
davon  nicht  die  Rede  sein,  daß  jene  frühesten  Sonnenaufgangsmythen 
etwa  auf  diese  späten  Erzeugnisse  einer  von  Symbolik  und  Allegorie 
durchsetzten  Kultlegende  herübergewirkt  haben.  Beide  liegen  nahezu 
an  entgegengesetzten  Polen  mythologischer  Entwicklung,  und  zwischen 
ihnen  erstrecken  sich  weite  Gebiete  von  Märchen  und  Sage,   inner- 


270  I^cr  Naturmythns. 


halb  deren  auch  nicht  mit  einem  Schatten  von  Wahrscheinlichkeit 
ein  Zusammenhang  der  durch  allbekannte  Motive  des  Glücksmärchens 
nahe  gelegten  Vorstellung  einer  Bergung  in  der  Truhe  mit  Himmels- 
erscheinungen angenommen  werden  kann.  Dennoch  ist  jener  schein- 
bare Kreislauf  kein  bloß  zufalliger.  Wie  dem  naiven  Naturmenschen 
das  Bild  der  am  Horizont  aufsteigenden  Sonne  als  ein  Hervorholen 
der  leuchtenden  Sonnenscheibe  aus  einem  sie  zuvor  bergenden  Ver- 
schluß erscheint,  so  steht  am  Ende  dieser  Entwicklung  die  kultische 
Verehrung  der  Frühjahrssonne,  die  in  einem  dem  winterlichen  Ver- 
schlusse entsteigenden  Götterjüngling  symbolisch  verkörpert  wird; 
und  die  allegorische  Übertragung  dieser  Jahrsmythe  auf  das  mensch- 
liche Leben  und  Fortleben  läßt  schließlich  das  gleiche  Mittel  als 
Ausdruck  der  Unsterblichkeitshoffnungen  erscheinen.  Das  Bild  ist 
dasselbe,  aber  der  dem  Bilde  zugrunde  liegende  Anschauungfskreis 
ist  ein  anderer  geworden,  wenn  auch  die  immer  und  immer  wieder- 
kehrende Rückverwandlung  der  Symbole  in  eine  geglaubte  Wirklich- 
keit nachträglich  Anfang  und  Ende  einander  nahe  bringen  kann. 
Gleichwohl  kann  das  Truhenmärchen  in  keiner  seiner  beiden  Formen, 
der  himmlischen  und  der  irdischen,  in  dem  Sinne  zu  den  > Parallel- 
mythen« gezählt  werden,  daß  assimilative  Einwirkungen  von  dem 
einen  auf  das  andere  Gebiet  nachzuweisen  sind. 

Dagegen  fuhren  von  dem  Truhenmärchen  aus  Assoziationen  nach 
andern  Richtungen,  die  zunächst  zwischen  den  irdischen  und  dann 
durch  deren  Vermittlung  wohl  auch  zwischen  gewissen  himmlischen 
Motiven  Ausgleichungen  bewirken.  Solche  erstrecken  sich  nament- 
lich von  jener  Form  aus,  bei  der  die  Bergung  in  der  Truhe  die 
Rettung  zum  Zweck  hat.  Hier  scheinen  sich  die  Fäden  einer  im 
Bewußtsein  verdunkelten,  aber  immer  noch  wirksamen  Verbindung 
der  Vorstellungen  von  der  Truhe  zum  bergenden  Fisch  wie  zum 
rettenden  Schiff  zu  erstrecken.  Mose  und  Jona,  beide  sind  von  Gott 
erwählte  Werkzeuge,  und  nur  durch  den  Grad  des  Wunders  unter- 
scheidet sich  ihre  Rettung.  Als  Arche,  die  den  Stammvater  der 
Menschen  mit  allem  was  zu  ihm  gehört  vor  den  Fluten  der  Urzeit 
sichert,  wird  aber  die  Truhe  zum  rettenden  Schiff.  Hier  ist  es  dann 
zugleich,  wie  wir  sehen  werden,  gerade  die  letztere  Vorstellung,  die 
der  assimilativen  Beeinflussung  durch  Himmelsmotive  wahrscheinlich 
nicht  ganz  entbehrt.     Doch  das  sind  Beziehungen,   die  bereits  weit 


Dms  Hbrnnelsmirchen  and  seine  iidiselieik  Pmrmllelen.  27 1 

über  das  Gebiet   des  Märchens   hinaus-  und  in  das  der  Sage  und 
Legende  hinüberreichen  (vgl.  unten  ÜI,  5). 

e.  Das  Zwillingsmftrchen. 

Da  im  Gebiet  des  Mythenmärchens  und  seiner  Weiterbildungen 
der  Begriff  der  Zwillinge  von  dem  allgemeineren  der  Geschwister  und 
endlidi  sogar  von  dem  der  zwei  durch  gemeinsame  Schicksale  ver- 
bundenen Genossen  weder  tatsächlich  noch  insbesondere  nach  den 
bestimmenden  Motiven  strenge  zu  scheiden  ist,  so  soll  hier  auch  der 
B^jiff  des  »Zwillingsmärchens«  in  einem  weiteren  Sinne  genommen 
werden,    indem   wir  darunter   alle   die   Märchen-   und   Mythenstoffe 
zusanunenfassen,    in   denen   zwei  Persönlichkeiten,  die  der  gleichen 
Generationenstufe   angehören,  durch  ihre  Handlungen  in  ein  freund- 
liches oder  feindliches  Verhältnis  treten  oder  endlich  überhaupt  al» 
stets   verbundene    Teilnehmer    der   gleichen    Unternehmungen    vor- 
kommen,   ohne  daß  sich  damit  ein   bestimmtes  Verhältnis  wechsel- 
seitiger Gesinnung  verbände.  Übrigens  pflegt  gerade  in  diesem  letzteren 
Fall  rein   äußerlicher  Verbindung  das  Geschwisterverhältnis  nicht  zu 
fehlen:  so  namentlich  bei  manchen  Brüdermärchen  primitiver  Völker, 
bei  denen  schon  der  unbestimmt  bleibende  psychologische  Chaniktcr 
der  Helden  eine  solche  innere  Beziehung  ausschließt.     Dagegen  »Ind 
andere  die  Zweiheit  der  Personen  mit  sich  flihrcndc  Verhältnisse,  wie 
das  von  Gatten  und  Gattin,  Vater  und  Sohn,  Oheim  und  Neffen  usw., 
hier  um  so  mehr  fernzuhalten,    als  die  jenem  weiteren  Begriff  der 
» Zwillingsmärchen  c  zugrunde  liegenden  Motive  in  diesen  Fällen  durch- 
weg andern  Platz  machen,  die  höchstens  äußerlich  an  jene  erinnern 
können  *). 

Auch  das  Zwillingsmärchen  in  dem  oben  bezeichneten  Sinne  ge- 
hört nun  zu  der  Gattung  der  Parallelmythcn ,  und  cn  Hc:blicßt  «ich 
hier  insofern  am  nächsten  an  das  Truhenmärchen  an,  als  bei  ihm 
ebenfalls  die  ausgesprochenen  Himmelsmotivc  nur  auf  den  frUhc:*vt#:n 

')  Solche  Erweiterungen  pflegen  dann  auch  nicht  die   »»  MärchCÄ  Md  H«^^   ^^^^ 
mittelbar  vorliegenden  Beziehungen,    sondern   die   sehr   ^^P^^j^^^vI^Lj^        *^•^^• 
tungcn  zur  Grundlage  zu  nehmen,   die  erst   die  Mythologcn    y^^^TZ^^  ''•'^>r.-, 
lichkeiten  geben:  so  z.  B.  wenn  Stucken  Abraham  und  Lot  und  ■~^**^*  ^  .j^ 

Merkmal  der  Zweiheit  gekennzeichnete  Gestalten  als  rHo*ktiren   tmmm  VM,  ?>♦.,.. v 
Astralmythen,  S.  81  ff.). 


2*7  2  I^cr  Natnrmythas. 


Stufen  der  Mythenentwicklung  vorkommen,  indes  sich  die  auf  der 
Erde  spielenden  Erzählungen  über  alle  Zeiten  erstrecken.  Dabei 
findet  sich  höchstens  insofern  ein  charakteristischer  Unterschied,  als 
von  frühe  an  Mythen  von  ausgesprochen  zwiespältiger  Natur  nicht 
fehlen:  solche,  die  zwar  zuerst  und  im  weiteren  Verlauf  zum  größten 
Teil  auf  der  Erde  spielen,  denen  aber  doch  innerhalb  der  Mythen- 
entwicklung selbst  schon  eine  Beziehung  zu  bestimmten  Himmels- 
phänomenen zugeschrieben  wird.  Nun  legt  allerdings,  wie  wir  sahen, 
die  nachträgliche  Interpretation  der  Mythen  auch  dem  Truhen-  und 
dem  Verschling^ngsmotiv  und  vielen  andern  eine  solare  oder  astrale 
Bedeutung  unter.  Doch  hier,  im  Gebiet  der  Zwillingsmärchen  und 
ihrer  Weiterbildungen  zur  Helden-  und  Göttersage,  ist  es  der  Mythus 
selbst,  der  auf  einer  gewissen  Stufe  seiner  Entwicklung  die  Zwillings- 
helden in  manchen  Fällen  als  irdische  und  himmlische  Wesen  zugleich 
auffaßt,  indem  er  zwar  ihr  Leben  und  ihre  Taten  auf  die  Erde  ver- 
legt, dann  aber  den  Abschluß  dieser  Taten  in  ihrer  Versetzung  unter 
die  Gestirne  sieht.  Freilich  ist  diese  Erhebung  irdischer  Helden  zu 
Himmelswesen  nicht  den  Zwillingsgestalten  allein  eigen,  sondern  diese 
teilen  das  mit  noch  sehr  vielen  andern  Sagenhelden.  Ein  weiteres 
Moment  verleiht  jedoch  hier  der  Erscheinung  ein  besonderes  Interesse. 
Während  den  sonstigen  mit  einer  Apotheose  endenden  Märchen  und 
Mythen  analoge  Formen,  die  von  vornherein  am  Himmel  ihren  Schau- 
platz haben,  nicht  gegenüberstehen,  gehören  die  Zwillingsmärchen 
eben  darin  zugleich  zu  den  Parallelmythen,  daß  den  Erzählungen,  die 
auf  Erden  beginnen  und  enden,  besonders  innerhalb  der  primitiven 
Naturmärchen  solche  gegenüberstehen,  die  ihren  Hauptschauplatz  am 
Himmel  haben. 

Hierbei  sind  nun  diese  ursprünglichen  himmlischen  Zwillings- 
märchen, ganz  so  wie  die  himmlischen  Verschlingungs-  und  Truhen- 
märchen, nur  den  frühesten  Formen  der  Mythenbildung  eigen.  Auch 
ihre  nächsten  Ausgangspunkte  bilden  die  beiden  großen  Gestirne, 
Sonne  und  Mond.  Doch  wirken  der  Geschwistervorstellung  mannig- 
fache andere  Motive  entgegen.  Auf  der  einen  Seite  ist  ja,  wie  wir 
.sahen,  die  Anschauung,  beide  Gestirne  seien  selbst  belebte  Wesen, 
ursprünglich  keineswegs  die  vorherrschende  (S.  211);  und  sobald  die 
Sonne  nur  als  glänzender  Federball,  oder  als  Feuerscheibe,  der 
Mond  je  nach  seiner  Gestalt  als  Wohnstatt  eines  Tieres,  als  Schiff, 


Dss  HxzzmicIsmSFclieB  «nd  seine  irdbchen  Parallelen,  ^-s 


Schale,  gebomtes  Ai^esicht  u.  dergl.  gesehen  wird,  oder  gar  alle 
diese  VofsteDui^eii  fiMtwahrend  ineinander  fließen,  liegt  das  ZwUIings- 
modv  fern  (S.  212).    Aber  auch  wenn  die  Belebung  eintritt,  hemmt 
offenbar  die  Verschiedenheit  beider  Gestirne  in  ihrem  Aussehen  wie 
im  Wedisel  ihrer  Erscheinung  das  Aufkommen   einer  Vorstellung, 
dfc  eine  gewisse  Gleichartigkeit  voraussetzt;  daher   auch   auf  dieser 
Stufe    der  Personifikation   das   Geschwister-   namentlich    durch    das 
Gattenverhältnis  zurückgedrängt  werden  kann,  oder  aber  beide  Ge- 
stirne innerhalb  primitiver  Anschauung  vielleicht  noch  häufiger  als 
selbständige,   in   keiner  näheren  Beziehung  stehende  Himmelswesen 
erscheinen.     ENe    spärlichen  himmlischen  Zwillingsmärchen,    die   so 
noch  übrig  bleiben,  schließen  sich  in  der  Regel  an  den  Aufstieg  zum 
Himmel  an,  wie  mehrere  der  dort  (S.  221,  225  f.)  betrachteten  primi- 
tiven Mythenmärchen  zeigen.    Auch  sehen  wir  in  diesen  Beuipiclen 
schon  die  beiden  Formen  repräsentiert,  in  denen  die  zwei  groikia 
Gestirne  als  Geschwister  erscheinen.    Im  einen  Fall  ist  es  ein  Hrlidef' 
paar,  das,  selbst  vielleicht  schon  himmlischen  Urtprui^^  zum  Himmel 
aufsteigt   und  die  Lenkung   der   beiden   Himmdflschter  übernimmt, 
nachdem   deren  bisherige  Beherrscher  gestürzt  sind   ^S,   226;,   f:iiu: 
Anschauung,    bei   der   übrigens  wohl   meist   die  Sonne    die  ffcMJj/t^ 
rolle   spielt,    und   die    wahrscheinlich    mit    der  andern,    daß    j^uier 
Tag  eine  neue  Sonne  bringe,  nahe  zusammenhangt.     iJtm  Mefit  aU» 
andere  typische  Form  eine  Himmels  Wanderung  gegenüber,  bei  der 
ein   Erdensohn,  in  diesem  Fall   wohl  meist  kein  BrUderpa^;   '/ben 
allerlei  Erlebnisse  hat,   in  denen  er  mit  dem  Sanoco-  oder  M/yfi/1' 
mann  in  Verkehr  tritt,  Dienste   bei   ihnen  verriditco  muüf   Vr^Aß^u 
unterworfen  wird,  schließlich  aber  eine  Tochter  des  S€mmMts)^an/it^$ 
heiratet  usw.  (S.  234).    Hier  werden  sichtlich  Somic  und  M^^  in  e;» 
Verhältnis  gebracht,   das  dem  von  Genossen  und,  weim  6m  y,^S: 
nicht  ausgesprochen  wird,  dem  von  Geschwistern  catsprcoM»  V^ur^_ 
Wir  haben  es  also  in  diesen  Fall,  da  der  Erdenwandcrcr  «r  h^   .-^ 
am   Himmel  bereits  bestehendes  Verhältnis   cingr^^  ^^fMfid'.    -^j^ 
einer  primäreren  Form  des  Zwillingsmärchens   a»  HBÄd  z^    *i«», 
bei  welchem  zugleich  der  abweichende  GefühlstoOf  *■?•••  r>-a^raBÄ: 
beider  Gestirne  innewohnt,  charakteristisch  hcnrort  Mßtm      ^aoHi^ 

menschen  ist  der  Mond  nicht,  wie  einem  späten  Z*  •■fear^^^dh 

Mondscheinstimmung,   ein  befreundetes,  der   Sä  '•»^..:>^ 

Wundt,    Volkerpsychologie  II,  3. 


2<7  4  ^cr  Naturmythns. 


Wehmut  und  ähnlichen  Gefühlen  verwandtes  Gestirn,  sondern,  wie 
die  Nacht  selbst  für  ihn  nur  Furcht  und  Schrecken  birgt,  so  ist  er 
der  kalte,  neidische  Nebenbuhler  der  Sonne.  Freilich  erscheint  auch 
das  Sonnenwesen  häufiger  furchtbar  als  wohlgesinnt.  Aber  sein 
Übelwollen  ist  von  anderer  Art,  mehr  gewalttätig  imd  drohend,  dem, 
der  sich  ihm  naht,  Qual  oder  jähen  Untergang  bereitend.  Das  sind 
Züge,  die  noch  ganz  dem  Eindruck  und  seinen  Gefühlswirkimgen  ent- 
sprechen, und  die  darum  auch  namentlich  bei  der  Sonne  plötzlich 
zwischen  Gegensätzen  wechseln  können.  So  gilt  denn  von  diesen 
himmlischen  Zwillingsmärchen  überhaupt,  daß  sie  mehr  unmittelbare 
Gefühlsreaktionen  des  entgegengesetzten  Eindrucks  dieser  Himmels- 
erscheinungen als  irgendwie  fester  ausgebildete  Anschauungen  sind. 
Das  zeigt  ja  schon  deutlich  genug  die  Tatsache,  daß  neben  ihnen 
alle  jene  vagen  Vorstellungen  bestehen,  in  denen  die  gleichen  Ge- 
stirne als  Feuerbälle,  Schilde,  Tierwohnungen  usw.  apperzipiert  wer- 
den. Der  Wilde  verhält  sich  eben  anders  auf  die  an  ihn  gerichtete 
Frage,  was  ein  solcher  Hinmielsgegenstand  sei,  und  da,  wo  er,  dem 
Lauf  seiner  Phantasie  folgend,  die  Himmelserscheinungen  als  Hand- 
lungen mit  erlebt.  Dort  ist  er  ganz  und  gar  intellektuell  gerichtet, 
hier  waltet  ebenso  einseitig  seine  durch  eigene  Erlebnisse  und  augen- 
blickliche Gemütsstimmungen  bestimmte  kombinierende  Phantasie. 
Aber  da  er  in  Wirklichkeit  zwischen  diesen  Zuständen  selbst  schwankt, 
und  da  jedesmal  die  momentane  Wahrheit  für  ihn  die  ganze  Wahr- 
heit ist,  so  darf  man  gewiß  in  einem  solchen  Mythenmärchen  auch 
niemab  die  volle  geglaubte  Wirklichkeit  sehen.  Immerhin  darf  man 
annehmen,  daß  diese  in  der  Richtung  jener  fabulierenden  Erzäh- 
lungen liege,  und  daß,  wo  die  letzteren  in  mannigfaltiger  Weise 
variieren  oder  mit  den  nüchternen  Vergleichungen  der  Gestirne  und 
irdischer  Objekten  wechseln,  der  Glaube  des  Naturmenschen  selbst 
schwankt,  ohne  daß  er  darum  diesen  Zweifel  als  einen  quälenden 
Gemütszustand  empfände.  Dazu  kommt  endlich  noch  ein  anderes 
Moment,  das  die  Bedeutung  dieser  Himmelsmärchen  überhaupt  un- 
sicher macht.  Zerstreute  Fragmente  aus  den  astronomischen  An- 
schauungen der  Kulturvölker  sind  wohl  fast  aller  Orten  in  den  Vor- 
stellungskreis der  Primitiven  eingedrungen,  und  sie  lassen  sich  natür- 
lich nicht  immer  so  sicher  als  von  außen  zugeführte  Fremdlinge 
ansehen,    wie  in   den  Fällen,  wo   sie   geradezu  die  Sternbilder  der 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen. 


275 


altweltlichen  Astronomie  voraussetzen.  Können  wir  sicher  sein, 
daß,  wo  in  australischen  oder  amerikanischen  Mythenmärchen  die 
PIejaden  in  der  Siebenzahl  vorkommen,  das  kein  autochthoner  Be- 
standteil in  dem  sonst  vielleicht  durchaus  ursprünglichen  Märchen 
ist,  so  ist  es  schon  zweifelhafter,  ob  etwa  die  Auffassung  von 
Moi^n-  und  Abendstem  als  Zwillingen  auf  eigener  Anschauung  be- 
ruht, oder  ob  auch  sie  äußerer  Anregimg  ihren  Ursprung  verdankt. 
Sicher  ist  aber  jedenfalk,  daß,  abgesehen  von  Sonne  und  Mond,  bei 
denen  sie  überdies,  wie  oben  bemerkt,  meist  durch  andere  Assozia- 
tionen zurückgedrängt  wird,  die  Zwillingfsvorstellung  im  ursprüng- 
lichen Himmelsmärchen  keine  irgend  nennenswerte  Rolle  spielt.  Ins- 
besondere gilt  das  auch  von  dem  Sternbild  der  Zwillinge,  das  erst 
in  der  Heldensage  der  Kulturvölker  als  Abschluß  der  Laufbahn 
zweier  Helden  vorkommt,  hier  aber,  wie  wir  sogleich  sehen  werden, 
offenbar  ebenfalls,  so  gut  wie  die  PIejaden  im  Märchen  der  Natur- 
völker, einen  sekundären  Bestandteil  bildet. 

Verhältnismäßig  am  frühesten  gewinnt  nun  das  Brüder-  und  Ge- 
schwisterpaar eine  erheblichere  Bedeutung  in  den  kosmogonischen 
Mythen  und  in  den  Zwischenformen  zwischen  ihnen  und  den  Kultur- 
bringerlegenden,  die  bei  zahlreichen  Naturvölkern  vorkommen.  Wo 
immer  aber  solche  Mythen  näher  bekannt  sind,  da  erweisen  sie  sich 
als  sehr  zusammengesetzte,  weit  über  die  Stufe  des  Mythenmärchens 
hinaus  liegende  Bildungen,  wie  denn  die  Schöpfungssagen,  abgesehen 
von  einzelnen  der  äußeren  Beeinflussung  dringend  verdächtigen  Fällen, 
späte  Produkte  sind,  die  eine  ausgebildete  Götter-  und  Heroensage 
voraussetzen.  Das  gilt  nicht  bloß  von  den  hierher  gehörigen  Mythen 
der  Polynesier,  sondern  auch  von  denen  der  Irokesen  und  vieler 
Präriestämme  Nordamerikas,  die  nach  ihrer  Mythenbildung  so  wenig 
wie  nach  ihrer  sozialen  Organisation  den  Namen  von  »Naturvölkern« 
verdienen.  So  darf  denn  auch  der  Umstand,  daß  sich  bei  diesen 
Völkern  zumeist  noch  Mythenmärchen  erhalten  haben,  die  einer 
primitiveren  Stufe  des  mythologischen  Denkens  angehören,  nicht  dazu 
verführen,  die  Gestalten,  die  in  ihren  kosmogonischen  Dichtungen 
vorkommen,  mit  den  Trägern  solcher  in  den  gleichen  Gebieten  um- 
laufenden primitiven  Mythenmärchen  zusammenzuwerfen.  Hier  läßt 
durchweg  das  einzelne  mythische  Gebilde  selbst  schon  erkennen, 
welcher  der  innerhalb  eines  bestimmten  Gebietes  umlaufenden  Mj'then- 

18» 


2^6  ^c'  Naturmythus. 


bildungen  es  zuzurechnen  sei.  So  wenig  man  daher  die  Hesiodische 
Theogonie  mit  den  einzelnen  Mythenmärchen  der  Odyssee  oder  die 
Osirislegende  in  der  verwickelten  Gestah,  in  der  sie  Plutarch  erzählt, 
mit  andern  außerhalb  des  Kultus  liegenden  altägyptischen  Zauber- 
märchen auf  gleiche  Linie  stellen  kann,  ebensowenig  darf  man  die 
Kosmogonien  der  Polynesier  oder  der  Irokesen  mit  beliebigen,  bei 
den  gleichen  Völkern  umlaufenden  einzelnen  Märchen  vermengen.  Bei 
den  primitiveren  Stämmen  der  nordpazifischen  Küste  Nordamerikas 
und  der  südamerikanischen  Bakairi,  Tupi  u.  a.,  endlich  bei  den  Pueblo- 
völkern  wird  das  Problem  infolge  der  unverkennbaren  Mischung  ur- 
sprünglicher MärchenstofTe  mit  von  außen  hinzugekommenen  kosmo- 
gonischen  Elementen  wo  möglich  noch  verwickelter.  Hier  kann  dann 
allenfalls  noch  das  einzelne  Mythenmärchen  als  Maßstab  der  ver- 
breiteten mythologischen  Denkweise  gelten.  Ein  Ganzes  ^  wie  die 
wahrscheinlich  aus  unzähligen  solchen  Mosaikstücken  heimischen  und 
fremden  Ursprungs  zusammengesetzte  Rabenlegende  oder  der  Kom- 
plex der  Sagen  vom  großen  Hasen  läßt  sich  aber  unmöglich  als  ein 
einziger  Mythus  behandeln,  noch  lassen  sich  die  in  solchen  Märchen- 
und  Mythenzyklen  auftretenden  Gestalten  immer  als  die  gleichen 
betrachten.  Alle  diese  mythologischen  Formen,  die  teils  ausge- 
sprochen dem  Gebiet  der  kosmogonischen  Sagen,  teils  dem  Über- 
gangsgebiet zwischen  ihr  und  der  Kulturlegende  angehören,  werden 
uns  daher,  so  groß  der  Einschlag  primitiver  Mythenmärchen  ist,  den 
sie  enthalten,  doch  erst  an  einer  späteren  Stelle  beschäftigen  können 
(III,  2  und  5). 

Sieht  man  von  diesen  einer  abgesonderten  Entwicklung  angehö- 
renden Schöpfungs-  und  Ursprungsmythen  ab,  so  bleiben  nun  noch 
als  eigenartige  Zwillingsmythen,  die  zwischen  jenen  spärlich  vor- 
kommenden reinen  Himmelsmärchen  und  den  weitverbreiteten,  ganz 
auf  irdischem  Boden  spielenden  Brüder-  und  Geschwistermärchen  in 
der  Mitte  stehen,  jene  Formen  der  Heroensage,  in  denen  bald  Zwil- 
lingsbrüder, bald  Bruder  und  Schwester,  bald  endlich  engverbundene 
Genossen  in  Kampf  und  Gefahr  einander  gegenüberstehen.  Die 
Blüteperiode  des  Zwillingsmotivs  in  diesem  weiteren  Sinne  fallt  ge- 
rade in  das  Zeitalter  der  Heroensage.  Vor  allem  die  Gestalten  der 
hilfreichen  und  mehr  noch  die  der  feindlichen  Brüder  wiederholen 
sich  hier  überall.    So   in  dem  Freundespaar  Gilgamesch  und  Eabani 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  277 

des  babylonischen  Epos  oder,  indem  die  Individuen  durch  ganze 
Fürstengeschlechter  ersetzt  werden,  in  den  Kam  und  Pandu  des 
indischen  Epos.  Ähnlich  begegnen  uns  als  schärfer  ausgeprägte 
Persönlichkeiten  in  der  griechischen  Sage  ein  Kastor  und  Polydeukes, 
Achilleus  und  Patroklos,  und  als  feindliche  Paare  ein  Atreus  und 
Thyestes,  Eteokles  und  Polyneikes  u.  a.;  nicht  minder  in  der  israe- 
litischen Vätersage  neben  den  verbündeten  Brüdern  Simeon  und  Levi 
( I.Mose  34,  I  ff.)  und  dem  Freundespaar  David  und  Jonathan,  als 
Repräsentanten  des  frühen  Kampfes  um  Besitz  und  Recht  die  feind- 
lichen Paare  Kain  und  Abel,  Esau  und  Jakob.  Dabei  ist  es  ein 
stehender  Zug  in  aller  Mythendichtung,  daß  sie  mit  Vorliebe  das 
Freundespaar  dem  feindlichen  Brüderpaar  gegenüberstellt:  Der 
Freund  sucht  sich  den  Freund  nach  freier  Wahl;  der  Bruder  dagegen 
ist  besonders  in  der  orientalischen  Sage  der  geborene  Feind  des 
Bruders.  Dies  hat  seine  natürlichen  Gründe  in  eben  jenem  Streit 
um  Besitz  und  Herrschaft  und  um  die  Vorrechte  der  Erstgeburt,  der 
vor  allem  die  Fürstengeschlechter,  die  Hauptträger  der  Sage,  entzweit. 
Daneben  mögen  poetische  Motive  noch  mitwirken.  Wie  die  Ver- 
schiedenheit der  äußeren  Abstammung  den  Eindruck  der  inneren 
Zusammengehörigkeit,  so  verstärkt  umgekehrt  die  Verbindung  durch 
gleiche  Abstammung  den  des  seelischen  Gegensatzes.  Daher  denn 
auch  dieser  Kontrast  erhöht  wird,  wenn  ein  ursprünglich  verbundenes 
Brüderpaar  sich  erst  in  ein  feindliches  umwandelt,  wie  bei  dem  Kampf 
um  Theben  Eteokles  und  Polyneikes  oder  in  der  römischen  Grün- 
dungssage Romulus  und  Remus,  bei  denen  außerdem  das  Truhen- 
motiv der  Aussetzung  in  einer  beide  umschließenden  Wanne  und 
das  verbreitete  Märchenmotiv  des  die  Zwillinge  säugenden  hilfreichen 
Tieres  mitwirken.  Wo  im  Gegensatze  hierzu  die  Feindschaft  zwischen 
den  Brüdern  als  eine  angeborene  erscheint,  da  kann  der  Mythus 
den  Streit  der  feindlichen  Zwillinge  bis  in  den  Schoß  der  Mutter 
zurückverlegen:  so  bei  Esau  und  Jakob  (i.  Mose  25,  22)  oder  in 
der  argivischen  Sage  bei  Akrisios  und  seinem  Bruder  Proitos  (Apol- 
lodor  II,  2,   i). 

Die  naturmythologische  Deutung  pflegt  auch  diese  Freundes-  oder 
Feindespaare  der  Heldensage,  ähnlich  wie  die  Verschlingungsmythen 
und  die  Aussetzungen  in  der  Truhe,  mit  ursprünglichen  Himmels- 
märchen in  Verbindung  zu  bringen.     In  der  Tat  stehen  ja  Himmels- 


278  I^cr  Naturmythus. 


motive  der  mannigfaltigsten  Art  zur  Verfügung,  wenn  man  nicht  die 
wirkliche  Entwicklungsgeschichte  des  Märchens  zu  Rate  zieht,  sondern 
äußeren  Analogien  folgt.  Ist  doch  unter  den  Sternbildern  das  der 
»Zwillinge«  schon  von  den  alten  Dichtern  und  Mythographen  mit  dem 
sagenhaften  Vorbild  festverbundener  Heldenbrüderschaft,  Kastor  und 
Polydeukes,  in  unmittelbare  Beziehung  gebracht  worden.  Auch  der 
unabänderliche  Wechsel  von  Morgen-  und  Abendstem  wird  zuweilen 
im  Sinne  einer  treuen  Geleitschaft  aufgefaßt.  Und  wie  reich  ist  vollends 
die  Fülle  der  Bilder,  die  der  Hirtimel  fiir  das  Verhältnis  der  feind- 
lichen Brüder  bietet!  Da  sind  es  vor  allem  Sonne  und  Mond,  die 
sich  fortwährend  verfolgen  und  nie  erreichen,  ja  von  denen  der  Mond 
in  dem  Moment,  wo  ihn  die  Sonne  demnächst  zu  erreichen  scheint, 
als  Neumond  verschwindet,  also,  wie  man  sich  vorstellen  kann,  von 
seinem  Verfo^er  getötet  wird.  Das  Bild  der  feindlichen  Brüder  wird 
hier  nur  dadurch  einigermaßen  zurückgehalten,  daß  man  das  andere 
des  die  Gattin  oder  Geliebte  verfolgenden  Gatten  oder  Freiers  bevor- 
zuget. Um  so  bereitwilliger  bieten  sich  die  beiden  Sternbilder  des 
Orion  und  der  Plejaden  wiederum  als  Ebenbilder  eines  feindlichen 
Geschwißtcrpaares.  Wenn  Orion  und  Plejaden  zur  Zeit  der  Sonnen- 
wende nacheinander  verschwinden  imd,  sobald  dies  geschehen,  die 
Äquinoktialstürme  losbrechen,  wird  dies  auf  die  Verfolgung  feind- 
licher Brüder  oder  auch  sonst  sich  befehdender  Wesen  gedeutet; 
und  in  ähnlichem  Sinne  werden  dann  auch  sonstige  Sternbilder  oder 
Sterne  herbeigezogen').  Versucht  man  jedoch  von  diesen  mytho- 
logischen Deutungen  aus  eine  Brücke  zu  dem  in  den  primitiven 
Himmelsmärchen  enthaltenen  Zwillingsmotiv  zu  schlagen,  so  mißlingt 
dieser  Versuch.  Zwischen  jenen  naiven  Erzählungen,  in  denen  zwei 
Brüder  auf  der  Pfeilleiter  oder  auf  einem  der  andern  primitiven  Wege 
zum  Himmel  wandern,  um  dort  die  Führung  von  Sonne  \md  Mond 
zu  übernehmen,  einer  Mythe,  in  der  von  Freundschaft  und  Feind- 
schaft überhaupt  nicht  die  Rede  ist,  oder  in  denen  ein  Himmels- 
besucher von  dem  Sonnenmann  gastlich  empfangen,  von  dem  Mond- 
mann ^aber  feindlich  verfolgt,  oder  wo  er  umgekehrt  von  jenem  mit 
allerlei  Gefahren  bedroht  wird,  —  von  solchen  echten  und  primitiven 


')  £.  Siecke,  Die  Liebesgeschichte   des  Himmels,   1892.    Ed.  Stacken,  Attral- 
mythen,  S.  88  ff. 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen. 


279 


ZU  diesen  hypothetisch  erfundenen  Himmelsmythen  führt  kein  Weg. 
In  den  Zwillingsmythen  der  Heldensage  selbst  findet  sich  aber  nur 
bisweilen  die  eine  Beziehung  zum  Himmel,  daß  die  Helden  schließ- 
lich unter  die  Sterne  versetzt  werden,  wofür  vor  allem  das  Sternbild 
der  »Zwillinge«  das  klassische  Beispiel  ist.  Diese  Versetzung  an  den 
Himmel  bietet  in  gewissem  Sinne  wohl  ein  G^enstück  zu  der  primi- 
tiven Wanderung  zum  Himmel.  Doch  dieses  Gegenstück  ist  so  be- 
schaffen, daß  es  unmöglich  jene  Wanderung  zum  Vorbild  haben  kann. 
Sie  ist  in  der  lakonischen  Weise,  in  der  sie  meist  ohne  nähere  An- 
gabe der  Mittel  imd  Wege  erzählt  wird,  offenbar  ein  bereits  die 
Wunder  der  Göttersage  voraussetzendes  Hilfsmittel,  das  dem  Bedürfnis 
des  Hörers  nach  unvergänglicher  Fortdauer  des  Helden  genügen  will. 
Man  müßte  also  annehmen,  es  habe  einmal  in  einer  gänzlich  verloren 
gegangenen  Vorgeschichte  der  Heldensage  eine  Form  des  Himmels- 
märchens gegeben,  die  zu  dieser  irdischen  Vermenschlichung  die  Vor- 
stufe gebildet  habe.  Das  ist  aber  in  diesem  Fall  im  allgemeinen  nur 
dann  möglich,  wenn  man  tatsächlich  später  entstandene  Vorstellungen 
auf  den  Ausgangspunkt  der  Mythenentwicklung  zurücküberträgt.  Im 
griechischen  Mythus  bildet  das  bereitstehende  Hilfsmittel  die  Ver- 
setzung unter  die  Sterne,  die  hier  einen  so  geläufigen  Abschluß  des 
Heldenlebens  bildet,  daß  Hygin  in  seiner  Statistik  von  Aufnahmen 
in  die  Götterwelt  ungefähr  zwölf  solcher  Erhebungen  verzeichnet, 
ohne  damit  wahrscheinlich  alle  vorkommenden  erschöpft  zu  haben 
(Hygin  fab.  124).  Der  Held  gehört  —  das  liegt  in  der  Natur  seines 
Tuns  —  zimächst  der  menschlichen  Welt  an.  Die  Erhöhung  zum 
Gott  bildet  die  Vollendung  seines  Lebens,  nicht  dessen  Anfang.  Doch 
die  dichterische  Ausschmückung  der  Sage  läßt  nun  gern  dieses  Ende 
auf  den  Anfang  zurückstrahlen:  so  wird  der  schließlichen  Erhebung 
zum  Gott  die  göttliche  Geburt  hinzugefügt.  Diese  poetische  Ver- 
bindung von  Geburt  und  Tod  macht  dann  wiederum  den  Mythologen 
geneigt,  das  was  tatsächlich  nur  als  ein  Erzeugnis  später  Entwicklung 
nachzuweisen  ist,  seiner  Deutung  der  Sage  zu  Grunde  zu  legen.  Bei 
diesem  Unternehmen  erweisen  sich  auch  hier  jene  Assimilationen 
weitverbreiteter  Märchenstoffe,  wie  wir  sie  schon  bei  den  Verschlin- 
gungs-  und  Truhenmythen  kennen  lernten,  besonders  wirksam.  Um 
der  späteren  Betrachtung  der  Heldensage  nicht  vorzugreifen,  mag  es 
genügen,  hier  auf  ein  einziges  Beispiel  hinzuweisen,  das  für  die  stellare 


28o  ^cr  Naturmythus. 


Hypothese  besonders  günstig  gewählt  ist,  auf  den  schon  in  früher 
Zeit  in  der  Sage  selbst  auf  das  Sternbild  der  Zwillinge  bezogenen 
Dioskurenmythus.  ApoUodor  und  Hygin  haben  im  wesentlichen 
übereinstimmend  die  Hauptzüge  der  Sage  wiedergegeben,  wie  sie 
sich  schließlich  in  der  Dichtung  gestaltet  hatten  (ApoUodor  III,  lo,  7; 
Hyg^n  fab.  80).  Danach  wird  die  Mutter  der  Dioskuren,  Leda,  in 
einer  und  derselben  Nacht  von  Zeus  und  von  ihrem  Gatten  Tyndareos 
umarmt :  der  eine  der  Zwillinge,  Polydeukes,  ist  daher  von  vornherein 
zur  Unsterblichkeit  bestimmt,  der  andere,  Kastor,  ist  sterblich.  Nach- 
dem beide  auf  Erden  den  Heldentod  gestorben,  erbittet  Polydeukes 
von  Zeus  auch  für  seinen  Bruder  die  Unsterblichkeit.  Sie  wird  ihm 
in  dem  Sinne  gewährt,  daß  jeder  von  ihnen  abwechselnd  mit  dem 
andern  am  Himmel  erscheinen  und  in  der  Unterwelt  weilen  solle, — 
ein  Zug,  der,  wie  schon  Welcker  bemerkte,  eher  auf  den  Moi^en- 
und  Abendstern,  als  auf  das  Sternbild  der  Zwillinge  zu  passen  scheint  *). 
Später  wird  dann  aber  auch  dem  Kastor  die  dauernde  Unsterblich- 
keit zuteil,  imd  so  leuchten  jetzt  beide  den  Schiffern  auf  hoher  See 
als  rettendes  Zwillingsgestim.  Indem  man  nun  dieses  Bild  zum 
Ausgangspunkt  der  mythologischen  Dichtung  nahm,  wurde  die  ur- 
sprüngliche Naturbedeutung  der  Dioskuren  darin  gesehen,  daß  sie 
Lichtgötter  seien,  die  sich  erst  in  der  Heldensage  zu  irdischen  Helden 
umgewandelt  hätten^).  Die  Geschichte  der  Sage  unterstützt  diese 
Annahme  nicht  im  geringsten.  Wohl  aber  zeigt  sie  ein  Ineinander- 
greifen ursprünglich  offenbar  unabhäng^iger  Mythenmärchen,  die  hier 
jener  Erhöhung  der  Dioskuren  zu  Himmelswesen  zu  Hilfe  kamen. 
In  der  Ilias  nennt  Helena  beide  ihre  leiblichen  Brüder,  von  einer 
Mutter  geboren  (II.  3,  236).  In  der  Odyssee  werden  sie  Söhne  des 
Tyndareos  und  der  Leda  genannt,  und  nur  darin  klingt  hier  ihre 
Erhebung  unter  die  Sterne  an,  daß  Zeus  sie  noch  »unter  der  Erde 
mit  Ehre  begabt  hat,  so  daß  sie  einen  um  den  andern  Tag  leben 
und  sterben  und  gleich  den  Göttern  Ehre  genießen«  (Od.  11,  298  ff.). 


')  Welcker,  Griechische  Götterlehre,  I,  S.  309  ff. 

')  Preller,  Griechische  Mythologie,  II^,  S.  94.  O.  Gruppe,  Griechische  Mytho- 
logie und  Religionsgeschichte,  II,  S.  727  f.  Die  Vermutungen  über  die  nähere  Natur 
dieser  Lichtgötter  und  über  ihren  orientalischen  Ursprung,  wie  sie  sich  bei  Gruppe 
zusammengestellt  finden,  können  hier  als  für  die  vorliegende  Frage  unwesentlich  außer 
Betracht  bleiben. 


Das  Htmmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  28 1 

Daß   jene    Sage  von    der   göttlichen  Abstammung   des   Polydeukes 
entweder  späteren  Ursprungs  ist  oder  jedenfalls  aus  einer  andern  in 
die  kyklische  Epik  übergegangenen  Mythenquelle  stammt,  kann  wohl 
nicht  zweifelhaft  sein.     Wie  das  geschehen,  mag  hier  dahingestellt 
bleiben.    Sicher  ist  nur,  daß  dabei  zwei  Mythenmärchen  zusammen- 
geflossen sind,    die  erst  in  ihrer  Verbindung  die  Dioskurensage   in 
ihrer  späteren  Form  erzeugt  haben  (ApoUodor  in,  10,  7).    Beide,  von 
Apollodor  nebeneinander  gestellt,  erzählen  die  Geburt  der  Helena  in 
verschiedener  Weise.    Nach  der  einen,  einem  echten  Mythenmärchen, 
hat  sich  die  Nemesis,  um  den  Nachstellungen  des  Zeus  zu  entgehen, 
in    eine   Gans  verwandelt.      Darauf  verwandelt   sich  Zeus   in   einen 
Schwan  und  bringt  sie  zu  Fall.    Das  Ei,  das  sie  legt,  findet  ein  Hirte 
und  bringt  es  der  Leda,   die  es  in  einer  Kiste  verwahrt.     Aus  dem 
Ei  wird  Helena  geboren.     Nach  der  zweiten  Mythe  wohnt  Zeus  der 
Leda  selbst  als  Schwan  bei,  imd  diese  gibt  zwei  Zwillingspaaren  das 
Leben:  dem  Polydeukes  und  der  Helena,  die  den  Gott,  dem  Kastor 
und  der  Klytämnestra,  die  den  Tyndareos  zum  Vater  haben.     Es  ist 
das  so   oft  vorkommende  Märchenmotiv  von  der  Bergimg  entweder 
des  im  Herzen  wohnenden   oder   auch   des    keimenden  Lebens    an 
einem  verborgenen  Ort,  namentlich  in  einem  Ei,  das  uns  in  beiden 
Versionen  zugleich  in  Verbindung  mit  dem  Truhenmotiv  begegnet. 
Das  unverkennbare  Zeugnis  dafür,  daß  diese  Erzählungen  aufeinander, 
insbesondere   die   erste  auf  die  zweite   eingewirkt  hat,   liegt  hier  vor 
allem  in  dem  Schwan,  der  in  der  ersten  wohl  motiviert,  in  der  zweiten 
ein  heterogener  Bestandteil  ist.    Nachdem  jedoch,  wie  sonst  noch  so 
oft  in  den  Genealogien  der  Heroensage,  abweichende  Versionen  über 
die  Abstammung  der  Helena  in  Umlauf  waren,   lag  die  Verbindung 
dieser  Elemente  nahe  genug;  und  so  wirkte  nun  der  göttliche  Cha- 
rakter der  Helena  naturgemäß  auf  ihren  Zwillingsbruder  Polydeukes, 
und   von   diesem   aus   ergriff  er  auch  dessen  Bruder  und   Genossen 
Kastor,   —   ein  Übergang,    den   die   Dichtung    weiterhin   durch    die 
Fürbitte  des  ersteren  motivierte.     So  ist  die  stellare  Natur  der  Dios- 
kuren  offenbar  keine  ursprüngliche,  wie  ja  denn  auch   das  Sternbild 
gleichen  Namens  nicht  bloß  zwei,   sondern  mindestens  drei  deutUclv 
sichtbare  Sterne  erster  und  zweiter  Größe  enthält.     Es  mochte  also 
wohl  geschehen,  daß  die  Zwillingskinder,    nachdem  sie  einmal    von 
der  Sage  ausgebildet  waren,  in  das  Sternbild  hineingesehen  wurd^tv-^ 


2S2  I^er  Naturmythus. 


dagegen  ist  so  gut  wie  ausgeschlossen,  daß  sie  selbst  zuerst  am 
Himmel  als  Heldenpaar  existiert  haben  sollten,  um  dann  von  da  aus 
nach  der  Erde  zu  wandern.  Erblickte  man  einmal  in  dem  Sternbild 
das  zum  Himmel  erhobene  Heldenpaar,  so  mochte  nun  immerhin 
auch  dieses  himmlische  Bild  wieder  auf  die  Gestalten  der  Heldensage 
zurückwirken,  ähnlich  wie  in  andern  Fällen,  wo  die  Erhebung  zu 
den  Unsterblichen  in  dieser  besonders  ansprechenden  Form  geschah. 
Der  unter  die  Sterne  versetzte  Held  bleibt  sichtbar,  man  kann  zu 
ihm  vertrauensvoll  aufblicken,  und  zugleich  strahlt  der  Glanz  des 
Gestirns  auf  die  Sagengestalt  des  irdischen  Helden  zurück,  dem  sich 
so  der  Gefiihlston  der  Himmelserscheinung  mitteilt.  Darum  sind  in 
diesen  Fällen  die  der  Himmelswelt  entlehnten  Attribute  weder  bloß 
dichterische  Metaphern  noch  wirkliche  Himmelserscheinungen,  wie  die 
hier  einander  entgegentretenden  Richtungen  euhemeristischer  und 
astraler  Mythendeutung  annehmen,  sondern  sie  besitzen  jene  Wirklich- 
keit der  Phantasieschöpfung,  die  ihre  Gestalten  aus  allen  den  Ele- 
menten zusammensetzt,  die  in  ihre  Entwicklung  eingegriffen  haben. 
Der  Mythus  von  den  Zwillingen  selbst  ist  daher  nicht  vom  Himmel 
auf  die  Erde  gewandert,  sondern  die  Heldensage  hat,  indem  in  ihr 
Züge  des  Mythenmärchens  und  der  Göttersage  zusammenflössen, 
beide  schließlich  zu  einem  eigenartigen  Gebilde  vereinigt,  das  in  der 
Geburtsgeschichte  der  Helden  hier,  wie  auch  sonst  noch,  den  Ein- 
schlag der  Märchenbestandteile,  in  der  Erhöhungsgeschichte,  die  die 
Heldenlaufbahn  abschließt,  die  Einwirkung  der  Göttersage  erkennen 
läßt.  Jene  Theorie  von  der  Entwicklung  der  Mythen,  die  sie  zuerst 
am  Himmel  entstehen  und  dann  in  irgendeinem  späteren  Zeitpunkte 
zur  Erde  wandern  läßt,  steht  aber  nicht  bloß  im  Widerspruch  mit  der 
Geschichte  des  Mythus,  die  von  einer  solchen  Wanderung  nichts 
weiß,  sondern  auch  mit  der  Psychologie  der  M}^henbildung,  die 
jene  Translokation  als  eine  innerlich  unmögliche  zurückweisen  muß. 
Weder  plötzlich  und  mit  einem  Male  haben  Himmelserscheinungen 
auf  irdische  MythenstofTe  Einfluß  gewonnen,  noch  auch  hat  es  je  eine 
Zeit  gegeben,  wo  die  letzteren  nicht  vorhanden  gewesen  wären, 
sondern  in  fortwährend  hin-  und  hergehenden  Assimilationen,  die 
äußerlich  unkenntlich  bald  die  Himmelserscheinungen  nach  irdischen 
Vorbildern  umformten,  bald  auch  Vorstellungs-  und  nicht  selten 
bloße  Gefiihlselemente  ursprünglich  geschiedener  Anschauungen  ver- 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  283 

banden,  hat  sich  überall  die  Entwicklung  vollzogen.  Dabei  gehört  nun 
vor  allem  die  Zwillingssage  zu  den  m3^ologischen  Bildungen,  die 
sichtlich  zunächst  auf  irdischem  Boden  stehen  und  erst  sekimdär  unter 
dem  Einfluß  der  Göttersage  in  assimilative  Wechselwirkungen  mit 
dem  Himmelsmythus  treten.  Daher  denn  auch  von  den  spärlichen 
primitiven  Zwillingsmärchen  der  Naturvölker,  die  der  Doppelheit  der 
großen  Gestirne  ihren  Ursprung  verdanken,  keinerlei  Brücke  zu  diesen 
Formen  der  Heroensage  hinüberfuhrt.  Diese  sind  in  allem  Wesent- 
lichen Produkte  ihrer  eigenen,  der  Helden-  und  Göttersage  gleich- 
zeitig angehörenden  Mythenperiode.  Wo  ursprünglichere  Elemente 
in  sie  hinüberreichen,  da  sind  dies  die  alten  Motive  des  Glücks-  und 
Zaubermärchens,  nicht  die  des  primitiven  Himmelsmärchens. 

Das  Ähnliche  gilt  nun,  wenn  wir  den  in  der  Märchentradition 
selbst  enthaltenen  Zeugnissen  vertrauen  dürfen,  von  der  dritten  und 
letzten  Entwicklungsphase,  in  der  uns  das  Zwillingsmotiv  en^egcn- 
tritt:  von  dem  Brüdermärchen  der  neueren  Kulturvölker,  das 
allerdings  mit  den  ähnlichen  Erzählungen  der  Naturvölker  in  der 
Märchenform  zusammentrifft,  das  aber  im  übrigen  nicht  weniger  weit 
wie  die  heroische  Zwillingssage  von  diesem  abliegt.  Anderseits  teilt 
das  heutige  Brüder-  und  Geschwistermärchen  zwar  mit  der  heroischen 
Zwillingssage  den  irdischen  Schauplatz,  in  seinem  Inhalt  weicht  es  je- 
doch so  weit  von  ihr  ab,  daß  an  einen  direkten  Übergang  wiederum 
nicht  zu  denken  ist,  und  die  gemeinsamen  Züge  zumeist  viel  wahr- 
scheinlicher auf  eine  Übereinstimmung  in  den  allgemein  menschlichen 
Motiven  als  auf  Nachwirkungen  der  Sage  bezogen  werden  können. 
Schon  die  spärliche  Anzahl  der  noch  lebendig  gebliebenen  oder 
der  jüngsten  Vergangenheit  angehörenden  Zwillingsmärchen  scheidet 
diese  von  den  Kampfgenossen,  den  hilfreichen  und  den  feindlichen 
Brüdern  des  Heroenmythus*}.  Viele  der  neueren  Brüdermärchen  ent- 
halten überdies  das  Zwillingsmotiv  nur  episodisch,  ohne  daß  es  in 
ihnen  von  entscheidender  Bedeutung  ist.  Wo  das  letztere  zutrifft, 
da  sind  es  aber  auch  hier  die  Motive  der  hilfreichen  und  der  feind- 

')  In  der  im  ganzen  114  Stücke  umfassenden  Sammlung  neugriechisclier  Märchen 
von  V.  Hahn  zähle  ich  einschließlich  derer,  in  denen  das  Geschwisterverhältnis  nur 
eine  nebensächliche  und  episodische  Rolle  spielt,  höchstens  sechs  Brüder-  oder  Ge- 
schwistermärchen, und  doch  scheint  die  neugriechische  Märchenliteratur  daran  noch 
verhältnismäßig  reich  zu  sein  im  Vergleich  mit  andern  Ländern. 


284  ^^^  Natarmythus. 


liehen  Brüder  oder  Geschwister,  die  einander  gegenüberstehen.  Unter 
den  Stoffen  der  ersteren  Art  ist  vor  allen  das  speziell  sogenannte 
»Brüdermärchen«  (Grimm,  Nr.  60)  durch  seine  Wanderungen  be- 
kannt. Zwei  Zwillingsbrüder,  meist  Söhne  eines  armen  Mannes,  die 
sich  so  ähnlich  sehen  wie  ein  Ei  dem  andern,  ziehen  aus,  um 
ihr  Glück  zu  machen,  jeder  begleitet  von  drei  hilfreichen  Tieren, 
die  ihnen  durch  den  Zauber  ihrer  Geburt  zugeteilt  sind.  Bei  der 
Trennung  verabreden  sie  ein  Zauberzeichen,  das,  wenn  der  eine  in 
Gefahr  ist,  dies  dem  andern  verraten  soll.  Nun  gelang^  der  eine 
der  Brüder  in  eine  Stadt,  wo  er  eine  Prinzessin  erlöst,  als  sie  eben 
einem  das  Land  verwüstenden  Drachen  geopfert  werden  soll,  indem 
er  diesen  tötet.  Er  entlarvt  einen  Hofmann,  der  sich  für  den  Be- 
freier ausgegeben,  vollbringt  nach  den  meisten  Varianten  des  Mär- 
chens mit  Hilfe  seiner  Tiere  auch  sonst  noch  allerlei  Glückszauber 
und  erringt  so  die  Prinzessin  und  das  Königreich.  Eines  Tages  geht 
er  dann  mit  seinen  Tieren  auf  die  Jagd.  Hier  trifft  er  im  Wald  eine 
Hexe,  die  ihn  durch  List  in  ihre  Gewalt  bekommt  und  samt  den 
Tieren  in  Stein  verwandelt.  Als  man  ihn  schon  verloren  gibt,  kommt 
nun  sein  jüngerer  Bruder  des  Weges  gezogen,  wird  von  der  Königin 
seiner  Ähnlichkeit  wegen  für  den  Gemahl  gehalten.  Als  er  mit  ihr 
des  Nachts  das  Lager  teilt,  legt  er  sein  Schwert  zwischen  sich  und 
sie.  Am  nächsten  Tag  zieht  auch  er  mit  seinen  Tieren  in  den 
Wald,  trifft  ebenfalls  die  Hexe,  überlistet  aber  diesmal  sie  und  zwingt 
sie,  alle,  die  sie  in  Steine  verwandelt,  wieder  zum  Leben  zu  er- 
wecken. Dann  wird  die  Hexe  verbrannt,  und  die  Brüder  kehren  mit 
den  andern  Erlösten  fröhlich  nach  Hause  zurück.  Dieses  Märchen 
existiert  in  vielen  Varianten,  deren  Unterschiede  sichtlich  zumeist  aus 
Vermischungen  mit  andern  Märchenstoffen  entstanden  sind').  Aber  die 
Hauptmotive  kehren  überall  wieder:  die  Ähnlichkeit  der  Brüder,  die 
drei  hilfreichen  Tiere,  die  Bekämpfung  des  Drachen,  endlich  die  beiden 
Abenteuer  mit  der  Hexe  und  mit  der  Erlösung  des  älteren  Bruders 
durch  den  jüngeren.  Variabler  sind  einige  andere  Bestandteile,  wie 
die  Entlarvung  des  Betrügers,  der  sich  für  den  Besieger  des  Drachen 
ausgibt,    die  z.  B.    dem    griechischen,    und  das   Schwert,    das    der 


*)  Vgl.  z.  B.  das  dänische  Märchen'bei  Grundtvig,  I,  S.  277  fF.;  das  neugriechische 
bei  von  Hahn,  S.  166  ff.  (Nr.  22);  das  litauische,  Leskien  und  Brugmann,  S.  389  fr. 


Das  Himmelsmärcben  und  seine  irdischen  Parallelen. 


285 


jüngere  Bruder  zwischen  sich  und  die  Königin  legft,  das  dem  litauischen 
Märchen   fehlt,    wo    auch    die  Zahl    der   Brüder   auf  drei  vermehrt 
ist.    Nun  sind  viele  dieser  Züge,  der  konstanten  wie  der  variableren, 
dem  Zwillingsmärchen   mit    der  Heldensage    gemein:   so   vor  allem 
das  Hauptmotiv  des  Drachenkampfes.     Dieser  ist  jedoch  ein  so  ver- 
breiteter Bestandteil  des  Mythenmärchens  überhaupt,  daß  man  darum 
noch   nicht    an    ein   Fortleben   der  Perseus-,    Herakles-   oder   Sieg- 
friedsage denken  muß.     Ebenso  pflegt  der  Drache,  der  sich  wenig 
verändert  vom  primitiven  Märchen  bis  in  die  Helden-  und  Göttersage 
hinübererstreckt,  die  Züge  seines  früheren  in  sein  späteres  Dasein  mit- 
zunehmen;  und   auch   die  Tat   der  Befreiung   aus   der   Gewalt   des 
Ungetüms   ist    ein    Motiv,    das   zu    allen  Zeiten   wiederkehrt.     Sind 
darum  hier   Verbindungen  zwischen  den  Erzählungen  verschiedener 
Kulturzeitalter  immerhin  möglich,  so  verbietet  doch  eben  die  Gleich- 
artigkeit eines   solchen    überall   wiederkehrenden   Themas,    alle  Er- 
zählungen,  die   dies  Motiv   enthalten,   als   Abwandlungen   einer  und 
derselben  ursprünglichen  Geschichte  anzusehen.     Würden  doch  jene 
leisen  Erinnerungen  an  vorausgegangene  Erzählungen  schwerlich  aus- 
reichen, den  gleichen  Stoff  neu  zu  gestalten,  wenn  nicht  die  Motive 
dazu  selbst  gegenwärtig  blieben,  die  eben  deshalb  aber  auch  ohne 
solche  Assoziationen  einen  in  den  Grundmotiven  übereinstimmenden 
Inhalt  neu  erzeugen  können.    Wo  nicht  besondere  singulare  Merkmale 
oder  äußere  Zeugnisse  hinzukommen,  da  haben  wir  daher  bei  solchen 
Märchenepisoden  noch  kein  Recht,  direkte  Beziehungen  anzunehmen. 
Und  selbst   wo   diesen  die    Bedeutung  hilfreicher  Assoziationen  zu- 
kommen sollte,  ist  das  für  den  Inhalt  der  mythischen  Tradition,  wie 
er  zu   irgendeiner  Zeit   sich  gestaltet  hat,  gleichwohl  nebensächlich, 
w^eil  es,    um  die   Bedeutung  solcher  permanenter  mythischer  Motive 
zu  würdigen,   in  erster  Linie  auf  die  konkrete  Gestaltung  des  Inhalts 
ankommt.     Dieser  ist  es  aber,    der  bei  dem  späteren,   heute   noch 
in   der  Volksüberlieferung  fortlebenden  Zwillingsmärchen  wieder  ein 
neuer,  in  seiner  äußeren  Gestaltung  wie  in  den  bewegenden  Motiven 
von  dem  der  Heldensage    abweichender  ist.     Nur   einen  Zug  gibt 
es,   der  wie  ein  erratischer  Block  aus  einer  fernen  Kultursphäre  hier 
in  ein  gänzlich  verändertes  Medium  hereinragt:  das  ist  das  Siegfried- 
Brunhildenmotiv,  das  Schwert,  das  nach  ritterlicher  Sitte  auch  den 
Brautwerber  von  der  Braut  trennt,  wenn  er  da«  Lager  mit  ihr  te»l» 


286  ^cr  Naturmythus. 


Aus  diesem  einen,  nicht  einmal  konstanten  Zug  des  Märchens  zu 
schließen,  das  Ganze  sei  ein  Überlebnis  der  Heldensage,  würde  aber 
natürlich  um  so  weniger  berechtiget  sein,  als  solche  Beimischungen  auf 
vereinzelte  Fragmente  beschränkt  zu  sein  pflegen.  Das  trifft  im  allge- 
meinen um  so  mehr  zu,  je  fremdartiger  die  Welt,  aus  der  sie  stammen, 
der  Lebensphäre  des  Märchens  selbst  ist.  Diese  ist  aber  hier  in  ihren 
Grundmotiven  durchaus  die  kleinbürgerliche  Welt  der  Gegenwart  und 
jüngsten  Vergangenheit.  Nicht  Fürsten  und  Ritter,  sondern  Jäger 
und  Handwerker,  Wirte  und  Kaufleute  sind  die  handelnden  Personen. 
Prinzessinnen  und  Königreiche  bilden  nur  die  Ideale,  in  denen  sich 
den  Glückskindern  dieser  modernen  Abenteuermärchen  ihre  Wünsche 
verwirklichen  müssen. 

Das  nämliche  gilt  von  der  zweiten  Gattung  der  noch  gegenwärtig 
unter  den  Kulturvölkern  lebendig  gebliebenen  Zwillingsmärchen,  in 
der  das  Motiv  der  feindlichen  Brüder  oder  Geschwister  den  Mittel- 
punkt der  Handlung  bildet.  Auch  diese  Gattung  zeiget  ein  völlig 
verändertes  Aussehen  gegenüber  der  Heldensage.  Schon  äußerlich 
tritt  dies  darin  hervor,  daß  nicht  mehr,  wie  durchweg  in  dieser, 
ein  feindliches  Brüderpaar  mit  Gaben  und  Hilfsmitteln,  die  im  allge- 
meinen gleich  verteilt  sind  und  daher  auch  imgefahr  die  gleiche 
Teilnahme  des  Hörers  jedem  der  Helden  zuwenden,  um  die  Herrschaft 
kämpft,  sondern  daß  auf  eine  Persönlichkeit,  die  meist  als  die  unter- 
drückte und  verfolgte  dasteht,  das  Hauptinteresse  gelenkt  wird.  So 
ist  es  der  Kampf  der  Bosheit  gegen  die  Unschuld  oder  des  prahle- 
rischen Dünkels  und  äußeren  Scheins  gegen  Bescheidenheit  und 
wahre  Tüchtigkeit,  die  zur  eigentlichen  Domäne  des  Themas  von 
den  feindlichen  Geschwistern  geworden  ist.  Damit  hängen  noch 
zwei  andere  neue  Eigentümlichkeiten  zusammen:  es  sind  mindestens 
ebenso  oft  Schwestern  wie  Brüder,  die  einen  solchen  anfanglich  un- 
gleichen, dann  aber  durch  die  glänzenden  Gaben  des  unscheinbaren 
Glückskindes  oder  durch  die  Gunst  der  Zaubermächte  für  dieses  sieg- 
reichen Kampf  führen;  und  es  kämpft  in  der  Regel  auch  nicht  mehr 
bloß  einer  gegen  einen,  sondern  viele  gegen  einen,  meist  die  älteren 
g^en  den  jüngeren,  —  wieder  im  Gegensatz  gegfen  die  Heldensage, 
wo  vornehmlich  der  jüngere  es  ist,  der  dem  altem  sein  Erstgeburts- 
recht sei  es  durch  Gewalt  sei  es  durch  List  streitig  zu  machen 
sucht.    Die  Mehrzahl  der  feindlichen  Geschwister  ist  hier  ein  wirksames 


Das  Himmelsmärchen  und  seine  irdischen  Parallelen.  287 

Mittel,   durch  das  die  Erzählung  das  Mitgefühl  mit  dieser  gehäuften 
Unterdrückung   des  Schwächeren    und    den    schlieOlichen   Eindruck 
seines  Sieges  zu  steigern  weiß.     Dabei  ist  der  Sieg,  wie  besonders 
in    den   verbreiteten   Märchen    vom   Aschenputteltypus,    aus    einem 
physischen  zu  einem  moralischen  geworden:  die  gedemütigte  Schwester 
will  zuerst  selbst  verborgen  bleiben  und  muß  schließlich  fast  mit  Ge- 
walt zu  den  ihr  gebührenden  Ehren  erhoben  werden*).    Hier  reichen 
keine    andern  Motive    mehr   als    die    allgemein    menschlichen    aus 
dem   primitiven  Mythenmärchen    in   die   Heldensage   hinüber.     Auf 
der  primitiven  Stufe  tritt  der  einzelne  hinter  der  Horde  oder  Sippe 
zurück.     Das  Verhältnis  der  Brüder  fehlt  zwar  nicht,  aber  es  kann 
zumeist   erst  unter  dem  Einfluß  äußerer  Bedingungen    eine   in  den 
Mythus    eingreifende  Bedeutung   gewinnen.     Einen   solchen  Einfluß 
kann  nun  besonders  die  Zweiheit  der  beiden  großen  Gestirne  Sonne 
und    Mond    ausüben.     So    ist    das   primitive    Zwillingsmärchen    im 
allgemeinen  Himmelsmärchen.     Aber  es  hat  wegen  der  Fülle   der 
sonstigen   Assoziationen,    die  die  gleichen  Himmelsmotive  anregen, 
nur  eine   episodenhafte  Bedeutung,   und  keine   irgend   nachweisbare 
Beziehungen  reichen  von  diesen  spärlichen  Himmelsmärchen  zu  den 
folgenden  Zeitaltem  hinüber.     Erst  in  der  Heldensage  gewinnt  das 
Geschwister-  und  besonders  das  Zwillingsverhältnis  den  ihm  eigenen 
Motivwert.     Dieser  gehört  aber  ganz  und  gar  dem  irdischen  Leben, 
den  Triebfedern  von  Liebe  und  Haß,  von  der  Hilfe  der  Genossen 
in  Kampf  und  Ge&hr,  dem  Streit  um  Besitz,  Ehre  und  Vorrechte 
an.     Es   ist   das   Blütezcitalter   des  ZwOlingsnaärchens   sowohl  nach 
der  Fülle  der  Stoffe  wie  nach  der  Variation  der  Motive,  die  einer 
Periode  angehören,  wo  auf  der  einen  Seite  die  treue  Genossenschaft 
von  Mensch  zu  Mensch,   auf  der  andern  der  Zweikampf  als  Mittel 
zur   Schlichtung   der  Streitigkeiten   einzelner   wie    feindlicher   Sippen 
und  Stämme  gepflegt  wird.     Wieder  ein   eigenartiges  Aussehen   ge- 
winnt endlich   das  Zwillingsmotiv  in   der   späteren   Märchendichtung. 
Teils  spielt  es  hier  nur   noch  eine  episodenhafte  Rolle,   teils   löst  es 
sich  in  dem   allgemeineren  der  hilfreichen   oder   der  feindlichen    Gc- 

']  Grimm,  Nr.  21.  von  Hahn,  Nr.  2.  Einige  andere  zu  dieser  GittÄg  d-r  ferne- 
liehen  Brüder  oder  Geschwister  gehörige  Märchen  Grimm,  Nr.  O,  97.  rr,^  Kaün. 
Griechische  Märchen  Nr.  3,  26,  51,  episodenhaft  ebenda  Nr.  ja    U1I6»    i^.^    j,^^. 

mann,  Litauische  Märchen  Nr.  11   ;S.  389  ff.;. 


2QO  I^cr  Naturmythu». 


Zu-  und  Abnahme  und  Verschwinden  des  Mondes  bewegen  sich  daher 
vorzugsweise  die  Vorstellungen  der  primitiven  Himmelsmythologrie. 
Aber  auch  diese  Erscheinungen  nehmen  an  der  zusammenhängenden 
Mythenerzählung  nur  wenig  teil,  sondern  die  Äußerungen  über  sie 
beschränken  sich  auf  einfache  Aussagen  oder  auf  Episoden  anderer 
Märchen,  namentlich  der  Aufstiegsmythen.  Nicht  selten  findet  sich 
hier,  vielleicht  noch  in  einer  entfernten  Assoziation  mit  der  Vor- 
stellimg,  daß  Sonne  und  Mond  an  den  Himmel  geworfene  Bälle  seien, 
unter  dem  Eindruck  der  größeren  Sternenhelle  zur  Zeit  des  Neu- 
mondes die  Vorstellung,  bei  einem  solchen  Wurf  sei  der  Mond  zer- 
sprungen, und  es  seien  dadurch  die  Sterne  enstanden.  Bei  den 
Zentralaustraliem  sind  solche  Traditionen  in  verschiedenen  Varianten 
mit  der  Anschauung  verbunden,  die  großen  Gestirne  seien  von 
Himmelsmenschen  getragene  Schilde  oder  ähnliche  Objekte.  So  trägt 
nach  einer  Erzählung  der  Arunta  der  Mondmann  allnächtlich  seinen 
glänzenden  Schild  am  Himmel  herum,  während  er  Opossums  fanget. 
Klettert  er  bei  dieser  Jagd  auf  einen  Baum,  so  stellt  er  seinen 
Schild  unten  ab.  Der  Glanz  des  Schildes  wird  aber  von  einer  Nacht 
zur  andern  geringer,  und  schließlich  begegnet  dem  Mondmann  ein 
anderer  Himmelsmensch,  der  in  seinem  Schild  einen  viel  kleineren, 
lebhaft  glänzenden  Stern  trägt.  Er  nimmt  den  Mond  aus  dem 
Schild  des  ersteren  heraus,  setzt  seinen  Stern  hinein  und  flieht  dann, 
nachdem  beide  miteinander  gerungen  haben*).  Solche  Erzählungen, 
bei  denen  sich  das  Bild  des  Verschwindens  der  Mondscheibe  und 
des  lebhafteren  Erstrahlens  des  Sternhimmels  durch  die  Umformung 
in  einen  Streit  des  Mond-  und  Sternenmannes  umgewandelt  hat, 
bilden  übrigens  in  der  Fülle  der  andern  Mythenmärchen  dieser 
Stämme  eine  verschwindende  Minderzahl.  Bei  den  Verfinsterungen 
der  beiden  großen  Gestirne  ist  endlich  die  noch  bei  den  Indem  er- 
halten gebliebene  Vorstellung  der  Verschlingung  durch  ein  Unge- 
heuer auch  bei  den  Naturvölkern  das  Bild,  unter  dem  die  Erscheinung 
aufgefaßt  wird,  ohne  übrigens  wegen  ihrer  Seltenheit  eine  erhebliche 
Bedeutung  zu  gewinnen  (vgl.  oben  S.  213). 

Unter  den  andern  Phänomenen  des  Sternhimmels  sind  wohl  die 
Plejaden   und    neben   ihnen    einzelne   Doppelsterne   am   häufigsten 


*)  Strehlow  und  von  Leonhard,  a.  a.  O.  p.  17,  mit  einer  Variante  ebenda  p.  18. 


Das  Himmelsmärchen  and  seine  irdischen  Parallelen.  20 1 

noch  Objekte  dieser  primitiven,  mehr  in  zerstreuten  Vorstellungen 
als  in  ausgeführten  Erzählungen  enthaltenen  Himmelsmythologie.  Es 
ist  wahrscheinlich  der  durch  die  dichte  Anhäufung  der  Sterne  ent- 
stehende lebhafte  Eindruck,  dann  auch  ihr  zeitweises  Versehwinden 
am  nächtlichen  Himmel,  was  diese  Bevorzugung  bewirkt  Dabei  wird 
übrigens  in  den  ursprünglicheren  Anschauungen  die  Zahl  der  Sterne 
des  Bildes  nur  als  eine  unbestimmte  Vielzahl  aufgefaßt.  So  sind  es 
nach  einem  zentralaustralischen  Märchen  Mädchen,  die  mit  Feuer- 
bränden einen  Tanz  ausführten  und  dann  zum  Himmel  emporstiegen'). 
Auch  hier  reiht  sich  demnach  das  Motiv  dem  der  Himmelswande- 
rungen ein.  Wo  ausdrücklich  die  Siebenzahl  angegeben  ist,  wie 
das  außer  in  mehreren  amerikanischen  Plejadenmärchen  auch  in 
einem  australischen  geschieht,  da  kann  man  natürlich  sicher  sein, 
daß  diese  Zahlenangabe  entweder  von  außen  übertragen  oder  von 
dem  Berichterstatter  hinzugefügt  ist"*).  Das  um  so  mehr,  als  das 
Sternbild  nur  sechs  deutlich  sichtbare  Sterne,  der  kleineren,  imdeut- 
licheren  aber  sehr  viel  mehr  zählt,  so  daß  die  Siebenzahl  offen- 
bar überhaupt  erst  unter  der  Herrschaft  der  Heiligkeit  dieser  Zahl 
in  das  Sternbild  hineingesehen,  nicht  an  ihm  selbst  beobachtet  ist. 
Schon  bei  den  meisten  Kulturvölkern  und  noch  viel  mehr  bei  den 
Naturvölkern  haben  wir  es  also  hier  mit  einem  versprengten  Frag- 
ment astrologischer  Wissenschaft  zu  tun,  das  irgend  einmal  auf  un- 
bekannten Wegen  von  außen  eingedrungen  ist.  Die  griechischen 
Dichter  haben  diesen  Widerspruch  der  Beobachtung  mit  der  tradi- 
tionellen Siebenzahl  auszugleichen  gesucht,  indem  sie  den  sinnigen 
Mythus  von  der  Merope  erfanden,  die,  weU  sie  als  die  einzige 
unter  den  sieben  Schwestern  einem  Sterblichen,  dem  Sisyphos,  ver- 
mählt gewesen,  sich  aus  Scham  den  Blicken  entziehe  (Ovid  Fast.  IV, 
175  f.) ^).  Mit  den  Plejaden  in  enger  Verbindung  steht  der  Orion, 
dieses  prachtvolle  Sternbild,  in  dem  vielleicht  schon  die  Baby- 
lonier,  dann  aber  besonders  die  Griechen,  das  Bild  eines  gewaltigen 


*:  Strehlow,  a.  a.  O.  S.  20. 

')  Vgl.  z.  B.  Mooney,  Myths  of  Cherokee,  a.  a.  O.  p.  255.  Parker,  Australian 
legendary  Tales,  p.  40  ff. 

3)  Nach  einer  andern  ebenda  von  Ovid  erzählten  Version  ist  diese  siebente  der 
Plejaden  die  trojanische  Elektra,  die  sich  aus  Schmerz  über  den  Fall  von  Troja  die 
Hand  über  die  Augen  legt. 


202  I^er  Natarmythas. 


Kriegers  oder  Jägers  erblickten.  Er  bietet  zugleich  einen  Fall  dar, 
wo  nicht  erst,  wie  bei  dem  Zwillings-  und  selbst  dem  Siebengestim, 
die  mythologische  Anschauung  in  den  Sternen  den  ruhenden  Ab- 
schluß einer  irdischen  Laufbahn  sieht,  sondern  wo  allem  Anscheine 
nach  von  Anfang  an  das  Bild  als  das  eines  himmlischen  Helden  auf- 
gefaßt wird.  Um  so  bezeichnender  ist  es,  daß  es  offenbar  lange 
gedauert  hat,  bis  die  mythologische  Dichtung  auch  diesem  Helden 
etwas  von  dem  wechselvollen  Leben  mitteilte,  das  irdische  Helden 
auszeichnet.  Die  einzige  Beziehung  bleibt  die  zu  den  Plejaden, 
in  denen  die  Phantasie  zuerst  Vögel  und  dann  Nymphen  erblickte, 
die  der  himmlische  Jäger  drohend  mit  geschwungener  Keule  ver- 
folgt (U.  22,  29;  Od.  II,  572  f.,  Hesiod  W.  u.  T.  6i8flF.).  Es  ist 
das  Bild  des  um  die  Wintersonnenwende  vor  ihm  im  Meer  ver- 
schwindenden Siebengestims,  das  im  Verein  mit  den  nun  los- 
brechenden. Äquinoktialstürmen  diese  Vorstellung  des  verfolgenden 
Jägers  erzeugt  hat,  in  die  hier  unter  dem  wachsenden  Einfluß  des 
Sternenhimmels  auf  die  Anschauung  vielleicht  das  alte  Bild  des  im 
Wolkenflug  dahinstürmenden  wilden  Jägers  übergegangen  ist.  Aber 
wie  sich  jenes  Schaiispiel  Jahr  für  Jahr  und  Tag  um  Tag  wiederholt, 
so  birgt  es  auch  kein  reicheres  Leben  in  sich.  Es  gleicht  in  seiner 
Einförmigkeit  noch  ganz  jenen  isolierten  mythologischen  Bildern, 
in  denen  bei  den  Naturvölkern  auch  die  Erscheinungen  an  Sonne 
und  Mond  zumeist  als  Augenblickshandlungen  ohne  inneren  Zu- 
sammenhang aufgefaßt  werden.  Erst  die  spätere  Dichtung  hat  dieses 
himmlische  Jagdbild  mit  der  übrigen  Götterwelt  in  Beziehung  ge- 
setzt und  es  so  allmählich  in  das  bewegte  Leben  dieser  hineinge- 
zogen *). 

In  ähnlicher  Weise,  wie  selbst  in  der  unter  dem  Einfluß  der 
Götter-  und  Heldensage  so  reichbelebten  Mythologie  der  Griechen 
gerade  diejenigen  Gestalten  des  späteren  Mythus,  die  von  Anfang  an 
am  gestimten  Himmel  ihre  Heimat  haben,  in  diesen  Fällen  eine  der 
mythologischen  Weiterbildung  widerstrebende  Stabilität  zeigen,  so 
nehmen  an  dieser  nicht  minder  jene  frühen  Himmelsgötter  teil,  die 
durch  ihre  Fixierung  in  bestimmten  Himmelsobjekten  im  Gegen- 
satze zu  dem  Polymorphismus  der  sonstigen  Göttervorstellungen  relativ 


»}  PrcUer-Robert,  Griechische  Mythologie*,  S.  449  ff. 


Das  Himmelsmärchen  and  seine  irdischen  Parallelen. 


293 


entvvicklungslos  bleiben.  So  der  in  der  gesamten  griechischen  Götter- 
geschichte schon  durch  die  Bindung  seines  Namens  an  das  Objekt 
stabilste  aller  Götter,  Helios,  mit  der  ihm  beigeordneten  Selene, 
oder  ihre  Parallelgestalten  im  römischen  Pantheon,  Sol  und  Luna. 
Diese  Stabilität,  die  bei  den  Helden-  und  Göttermythen  der  Kultur- 
völker aus  der  Gleichförmigkeit  der  Erscheinung  hervorgeht,  wird 
nun  innerhalb  der  primitiven  Himmelsmythologie  der  Naturvölker 
noch  unterstützt  durch  die  Flüchtigkeit  der  mythologischen  Erinne- 
rung, die  eine  inhaltsreichere  Mythendichtung  erst  möglich  macht, 
wo  ihr  bestimmtere  Assoziationen  mit  den  fortwährend  sich  wieder- 
holenden und  dabei  doch  unendlich  wechselvollen  Ereignissen  der 
irdischen  Umgebung  zu  Hilfe  kommen,  wie  bei  den  Parallelmythen. 
Darum  beschränkt  sich  aber  auch  außerhalb  des  Umkreises  der 
letzteren  das,  was  man  primitive  Himmelsmythologie  nennen  könnte, 
auf  vereinzelte  Vorstellungen  und  schwache  Ansätze  zu  Mythenmärchen, 
deren  große  Gleichförmigkeit  und  Dürftigkeit  gegenüber  den  von 
frühe  an  unvergleichlich  reicher  sich  gestaltenden  Glücks-  oder  Tier- 
märchen, die  auf  irdischem  Boden  spielen,  in  die  Augen  fallt  So 
versiegen  denn  auch  auf  einer  vorgerückteren  Stufe  der  Mythen- 
erzählung sehr  bald  die  Quellen  des  eigentlichen  Himmelsmärchens 
gänzlich,  so  weit  nicht  Teile  desselben  in  Tiermärchen  und  Fabel 
übergehen.  Einen  Beleg  hierfür  bilden  besonders  die  mittel-  und 
südafrikanischen  Völker,  Neger-  wie  Bantustämme,  bei  denen  dieses 
Zurücktreten  der  Himmelsmythen  sicherlich  nicht  auf  Phantasie-  oder 
Erfindungsarmut  bezogen  werden  kann,  wie  das  die  übersprudelnde 
Phantastik  des  Glücksmärchens  vor  allem  bei  den  Bantustämmen 
und  die  durch  ganz  Afrika  blühende  Fabeldichtung  bezeugen.  Aber 
die  Quellen  der  Himmelsmythologie  versiegen,  weil  jene  einzelnen 
Bilder,  die  sich  in  dem  Wechsel  von  Tag  und  Nacht  und  in  den 
Erscheinungen  der  Mondphasen  oder  der  seltenen  Verfinsterungen  in 
wenig  veränderter  Form  wiederholen,  an  sich  keinen  Ansporn  zur 
Entstehung  neuer  mythologischer  Motive  und  zu  ihrer  Verbindung 
in  sich  tragen. 

So  sind  es  denn  vornehmlich  zwei  Bedingungen,  die  die  weitere 
mythologische  Entwicklung  mit  sich  führt,  und  die  jenes  Neuaufleben 
der  Himmelsmythen  im  Gefolge  haben,  das  in  den  späteren  Mythus 
entscheidend  eingreift.      Die  eine  liegt  in   der  Entstehung  kosmo- 


2QA  Der  Natarxnythus. 


gonischer  Mythen,  die  andere  in  der  Ausbildung  persönlicher 
Göttervorst eilungen.  Beide  Erscheinungen  stehen  wieder  in  enger 
Verbindung.  Sie  gehören  aber  einer  verhältnismäßig  späten  Periode 
der  Mythenentwicklung  an.  Darum  reichen  aber  auch  kaum  mehr 
irgendwelche  Erinnerungen  von  dem  primitiven  Himmelsmärchen  zu 
dieser  in  Götter-  und  Schöpfungssagen  niedergelegten  Himmelsmytho- 
l<^ie  hinüber.  Höchstens  finden  sich  leise  Assoziationen,  die  von 
dem  einen  zu  dem  andern  Gebiet  leiten,  und  die  in  der  Überein- 
stimmimg der  Objekte  des  Mythus  ihre  Quelle  haben.  Aber  diesen 
Objekten  steht  die  mythenbildende  Phantasie  doch  beidemal  so  ganz 
anders  gegenüber,  daß  die  Kontinuität  der  Entwicklung,  die  natürlich 
auch  hier  nicht  fehlt,  zu  einem  großen  Teil  außerhalb  der  Himmels- 
mythen selbst  sich  vollzieht.  Die  Probleme,  die  sich  hier  eröffnen, 
fuhren  daher  unmittelbar  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Sage  und 
Legende.  Ehe  wir  uns  ihnen  zuwenden,  bedarf  jedoch  eine  Form  des 
Mythenmärchens  noch  einer  näheren  Betrachtung,  die  hier  die  Kon- 
tinuität der  Entwicklung  namentlich  nach  der  dem  wichtigen  Gebiet 
der  Legende  zugekehrten  Seite  vermitteln  hilft:  das  Kulturmärchen. 

7.  Das  Kulturmärchen. 

a.    Allgemeine  Entwicklang  des  Kaitarmärchens. 

In  der  gesamten  Mythengeschichte  gibt  es  kaum  eine  Erscheinung, 
die  in  gleicher  Weise  alle  Phasen  ihrer  Entwicklung  verbindet,  wie 
die  Vorstellung  von  frühen  Wohltätern  der  Menschen,  die  diesen 
ihre  vornehmsten  Kulturgfüter  gebracht  haben.  Ob  diese  Kulturgüter 
der  primitivsten  Art  sind,  wie  die  Bereitung  des  Feuers,  die  Verfer- 
tigung der  täglichen  Werkzeuge,  die  Einführung  der  Jagd  imd  der 
Anfange  des  Ackerbaues,  oder  ob  sie  bereits  in  die  Sphäre  der 
höheren  geistigen  Kultur  hineüireichen,  wie  der  Kultus  der  Götter,  die 
Kenntnis  der  Heilmittel,  die  Erfindung  der  Schrift,  macht  im  Wesen 
der  Sache  keinen  Unterschied.  Überall  finden  sich  solche  Kultur- 
traditionen, nach  denen  an  bestimmte  Wesen  von  menschlicher  oder 
tierischer  Art  die  Erringung  der  wichtigsten  Lebensgüter  gebunden 
ist.  Ein  Kulturgut,  das  vor  andern  die  Völker  der  verschiedensten 
Abstammung  und  Kulturstufe  verbindet,  ist  das  Feuer.  Fast  alle 
Kulturbringer  sind  daher  Feuerbringer,  sei  es  nun,  daß   auf  sie  die 


Das  Kulturmärchen. 


295 


Kunst  der  Feuerbereitung  durch  Reibung  von  Hölzern,  das  später 
noch  in  germanischen  Ländern  sogenannte  » Notfeuer  c,  zurückgeführt 
wird,  sei  es,  daß  sie  der  Mythus  dieses  Feuer  direkt  vom  Himmel 
holen  läßt,  wie  durchweg  späterhin,  wo  jene  primitive  Feuerbereitung 
in  Vergessenheit  geraten  ist,  nun  aber  die  Vorstellung  der  Himmels- 
götter auf  die  Sage  herüberwirkt.  Vorbereitet  wird  dieser  Übergang 
von  einem  der  irdischen  Umgebung  angehörigen  Lehrmeister  in  der 
fortan  geübten  täglichen  Kunst  der  Feuerbereitung  zu  einer  dereinst 
einmal  geschehenen  Segenspendung  eines  himmlischen  Heros  durch  die 
schon  auf  den  ersten  Stufen  dieser  Entwicklung  hervortretende  Ten- 
denz, den  Ursprung  solcher  Kulturgüter  mit  kosmogonischen  Vorstel- 
lungen, so  dürftig  diese  auch  in  der  frühesten  Zeit  noch  sein  mögen, 
zu  verbinden.  Vielleicht  daß  diese  Mythen  von  der  Feuerbringung 
an  den  ersten  kosmogonischen  Vorstellungen  mitgewirkt  haben,  da 
in  vielen  der  frühen  Kulturmärchen  die  Entzündung  der  himmlischen 
Feuerspender,  der  Gestirne,  und  die  des  irdischen  Feuers  als  ver- 
wandte, von  einem  und  demselben  Wesen  vollbrachte  Taten  ge- 
schildert werden.  Indem  dann  aber  gerade  der  in  Anlehnung  an  die 
Göttersage  sich  entwickelnde  kosmogonische  Mythus  beide  Vorstel- 
lungen scheidet,  wandelt  sich  jener  allgemeine  Feuerspender  einer 
frühen  Stufe  in  den  Feuerräuber  um,  der  das  ursprünglich  im 
Alleinbesitz  der  Götter  stehende  Feuer  den  Menschen  bringt.  So 
zieht  sich  hier  das  gleiche  Thema  in  wechselnden,  jeweils  durch  die 
gesamte  mythologische  Umgebung  bestimmten  Wandlungen  von  den 
»Muramurac  der  Australier,  den  wunderbaren  Ahnen  der  jetzt  leben- 
den Menschen,  die  zuerst  die  Kunst  der  Feuerreibung  verbreiteten, 
über  den  Raben  der  nordpazifischen  Indianer,  der  die  himmlischen 
Feuer  aus  ihrem  Gefängnis  befreit  und  daran  die  irdischen  entzündet 
hat,  bis  zu  dem  gewaltigen  Feuerräuber  Prometheus,  der,  ein  Frevler 
gegen  die  Götter,  zum  Wohltäter  der  Menschen  wird. 

Auf  der  frühesten  dieser  Stufen,  wie  sie  sich  noch  deutlich  genug, 
aber  da  und  dort  schon  im  Schwinden  begriffen,  bei  den  zentral- 
australischen Stämmen  vorfindet,  herrscht  teils  die  Vorstellung,  die 
heutigen  Zustände  der  Welt  seien  niemals  geworden,  sondern  sie 
hätten  immer  bestanden;  teils  sind  aber  auch  Erzählungen  verbreitet, 
die  von  der  Erschaffung  der  Ahnen  der  jetzigen  Stämme  durch  andere, 
menschenähnliche,   nur  meist  an  Größe  überragend  gedachte  Wesett 


**T'  *«innr"tnis» 


:i:     1^:=:   senznen     ^-.TnTiunigsr-     du    tult  kaum  zu  den   eigent- 

.::r    jir'r  .ifitigaTrsricT  Tijrliisx  iziintüi   inmr,   ia  hier  noch  die  heu- 

::ir    -^^ir-r-   ,:i>  Msiszier    sir.  JJcsei   :a  jerr  ?3egt,   das  man   sich 

^J3.  -c-:'sr  3;r:±  ar  jniligs>  Ilmirinj'a:  5ir  Kraderkeime  in  Frauen 

ji-  ; -     -.asr   Wjsser    nnir  ?*fcaiÄa:    r*    dti^ikii   sucht.    Trotzdem 

3-— sca:  ;jraeral  ät  iaar^i  m   uirc  -AVi^a  xr  Vorzeit  auf  die  nicht 
<:-!ä    liurr  ist  araiscnsr  Füsc^j  rarickg^rjirt  werden,  die  sich  im 
•«arr2?cr2t   ibictl  nss-  xmcmacf  fcoK:      Was  diese  Wesen,   die 
•nuc  :je«»  rtr:-^  umr-  r^cir   J«ismrc3a=ÄQ  ier  Muramura  zusammen- 
üJl    f-c   .^r.  ana>.xrct  JieÄL.tK!i  spörsrer  Kulturstufen  scheidet,  ist 
f    jL'irs  -ssÄv  Ali   st;  2io>c  -xiiff'  R,ir  n  einem  sehr  geringen  Teile 
-^oirtTT:—:^:?;::   sf»tu*urt  r*fii  ?ie  vieLcnefar  Zauberbringer  sind,  eben 
,;ir.^   äX*    iirr  sr    b.iitr  jl>  Wohltäter  geschätzt  werden.     Überall 
%iv.v    *vv!'5ir»v:  mar.  «"ur  A^gxS?.  diese  Wesen  seien  dereinst  herum- 
^-^3^:-r,    ;in-  iiu  VnnuJc»  i^r  Zauberzeremonien,  wie  der  Bcschnei- 
,1:;^»^    iV"  Kultr-jnjir.  o?:  Scschwömngen  zur  Vermehrung  der  Toteoc- 
Ti?«^    uTw:    Tot^mnflaiu«.    -u    lehren.     Wohl   in  Verbindung    dam:: 
n-.r,    ihnen  Twwctlon  aüca  üe  Erschaffung  der  Totems  selbst  zuge- 
^v-hTvhon*.    Diese  >Miri-:nura<,  bei   denen   die   Verdoppelung    des 
V  .-»rr.-?  vielleicht  ihre  iea  Menschen  überragende  Größe,   vielleicht 
.,  ot  hl(vß  den  Pluml  beoeuten  soll,   die  gattungsmäßige  Benennung 
.-.v^   Ak  ITnhestimmhek  ^eser  Vorstellungen  verrät  sind  so  die  ersten 
t   *^es»r>  ühermeiwehlic^JCf  v.Wheimnisse  und  darum  selbst  übermensch- 
v^  ^x.N^A^'^hten  l/'hrcr  acr  Medizinmänner,   unter  denen  sich  die  von 
v*vM    sitwninv^iKk   TrÄ.-cx-a   von   Generation   zu   Generation   fbrtge- 
•^5^**    K^      >^  xv-N»iv.v*3  sich  hier  mit  der  Vorstellung  aus  früher 
-:;   .cV'vM«*»v-tk-  x^^JUttisse  auch  schon  die  Anfänge  einer  Art 
>i.KX»»^^K*  ^Sc-^s-c**öi^.  Ji^is  vier  auf  einer  etu^as  höheren  Stufe  die 
^jfciM*>»   vv^v.x.-Mi«^r  c«cspnagen.     Nur  ein  einziger  Zug,  der  zu- 
*<Ml»fc  .KSNk^t   V*  ,>>*lwfiwfc  >xh:  l'rseit  eigen  ist,   verbindet  sie  bereits 
J^  jl^  s^Hiik^v^  \4:Tja-^tvVÄ:  neben  den  Zeremonien  und  Zauber- 
vÄu   WS>»  >*v   ^'»v^^  ^'»'f  KcuerK^hrung  kennen  gelehrt.     Doch  ist 
"es**    ^  s>.H;vtOsto   vv»  ^^  \erbceiteter  wie  ihre  Stellung  als  Zauber- 
^Av%-     ^:vv:i*v^K    :<-V*«K  «^^  -^^^«  ^^«  ^""^t,   ähnlich   der  ge- 


XNt;-i  i'A^"  Auxcral-a.  1904,  p-  475  ff-    N'-  W.  Thomas, 


Das  Knltnnnärehen. 


2Q7 


samten  natürlichen  Ordnung  der  Dinge,  als  eine  immer  vorhanden 
gewesene  zu  gelten,  so  daß  die  Tradition  vom  Feuerbringer  gelegent- 
lich die  Form  annehmen  kann,  ein  Mensch  der  Vorzeit  sei  irgend- 
einmal  zu  den  Menschen  unter  der  Erde  herabgestiegen,  um  diese  in 
der  ihnen  bis  dahin  unbekannten  Feuerbereitung  zu  unterweisen  *). 
Daneben  hat  sich  aber  auch  hier  an  die  Märchen  von  der  Himmels- 
ersteigung die  andere  Vorstellung  angeschlossen,  das  Feuer  sei  der- 
einst von  den  Vorfahren  der  Urzeit  vom  Himmel  geholt  worden*). 
Weit  vielgestaltiger  erscheint  bereits  die  Klasse  der  Kulturmärchen 
bei  den  Wald-  und  Prärie-Indianern  Amerikas.  Auch  hier  kehrt  aller- 
dings überall  die  Tradition  wieder,  einst  seien  die  Menschen  durch 
Heroen  oder  göttliche  Wesen  in  den  Kultzeremonien,  insbesondere  in 
Tanz  und  Ballspiel,  die  beide  als  besonders  wichtige  Bestandteile  der 
Kultfeier  gelten,  unterrichtet  worden.  Auch  den  Tabak  und  die  Heil- 
kräuter, die  die  Taschen  des  Medizinmannes  füllen,  fuhrt  man  auf 
solche  frühe  Wohltäter  zurück.  Der  Stand  der  Priester  und  Medizin- 
männer hat  den  besonderen  Beruf,  diese  in  früher  Zeit  ihnen  mitge- 
teilten Zauber-  und  Kultgeheimnisse  zu  bewahren.  Daneben  breitet 
sich  aber  diese  Vorstellung  auch  über  die  Jagdtiere  und  die  Produkte 
des  Ackerbaus  aus.  Der  hierher  gehörenden  Erzählungen  über  die  Ge- 
winnung der  Büffel  und  Bären  ist  schon  bei  dem  Tiermärchen,  von  dem 
sie  eine  besondere  Gattung  bilden,  gedacht  worden  (S.  138  fr.).  Doch 
auch  das  Korn  beginnt  nun  eine  wichtige  Rolle  in  diesen  Berichten 
zu  spielen.  Es  tritt  meist  in  der  Form  auf,  daß  rätselhafte  Frauen, 
die  einem  auf  Abenteuer  ausziehenden  Märchenhelden  begegnen, 
diesem  die  Früchte  übei^eben.  Die  Einleitung  zu  solchen  Erzählungen 
ebenso  wie  zu  denen  über  das  Heranlocken  der  Tiere  bildet  nicht 
selten  der  Bericht  über  eine  große  Hungersnot,  der  auf  diese  Weise 
gesteuert  worden  sei.  Nirgends  fehlt  endlich  der  Mythus  vom  Raub 
des  Feuers  vom  Himmel,  meist  durch  einen  Vogel,  der  zum  Himmel 
flog,  seltener  in  Verbindung  mit  den  Auf-  und  Abstiegsmärchen 3). 
Vornehmlich   durch  diese  Mythen  von   der  Gewinnung   des  Feuers 


')  C.  Strehlow,  Die  Aranda-  und  Loritja-Stämme  in  Zentralaastralien,  1907, 
S.  9  ff.,  3^f- 

')  Howitt,  a.  a.  O.  p.  486. 

3)  Dorsey,  The  Pawnee,  I,  p.  484  ff.,  501  ff.  Vgl.  auch  Brinton,  Myths  of  the 
New  World^,  p.  191  ff. 


2q8  I^cr  Natnrmythas. 


scheinen  dann  solche  Kulturmärchen  teils  mit  der  Göttersage  teils 
mit  den  kosmogonischen  Mythen  in  Verbindung  getreten  zu  sein 
und  dadurch  bei  vielen  Völkern,  wie  z.  B.  bei  den  Irokesen  und 
namentlich  bei  den  Kulturvölkern  der  Anden  und  in  den  von  ihnen 
beeinflußten  Gebieten  Mittel-  und  Südamerikas,  aus  dem  ursprüng- 
lichen Kulturmärchen  in  die  Schöpfungs-  und  Ursprungssagen  über- 
nommen zu  sein.  Daneben  sind  die  Traditionen  des  Kulturmärchens 
offenbar  noch  einer  andern  Form  der  Mythenbildung  forderlich  ge- 
worden, die  zu  Zeiten  bei  den  Kämpfen  der  roten  gegen  die  sie 
imterdrückende  weiße  Rasse  eine  Rolle  gespielt  haben:  die  Wohl- 
täter der  Vergangenheit  werden  in  die  Zukunft  verlegt,  zu  Befreiem, 
die  den  Unterdrückten  ihren  Heimatboden  wieder  zurückgeben  sollen. 
Diese  besonders  bei  den  Stämmen  der  Sioux  gehegten  Messiaserwar- 
tungen wurden  dann  zu  einem  nicht  geringen  Teil  durch  die  christ- 
lichen Vorstellungen  bestimmt,  die  den  Eingebornen  von  den  Ein- 
dringlingen, gegen  die  sich  die  Bewegimg  richtete,  selbst  mi^eteilt 
waren.  Aber  daneben  blieben  doch  auch  hier  jene  Motive  wirksam, 
die,  wie  wir  sehen  werden,  jederzeit  den  kosmogonischen  Mythus 
in  einen  Zukunftsmythus  umkehren  können,  so  daß  nun  Weltunter- 
gang und  zukünftige  Welt  nur  die  mehr  oder  minder  veränderten 
Widerspiegelungen  des  mythischen  Ursprungs  zu  sein  pflegen*). 

Sehen  wir  von  diesen  durch  die  Verbindung  mit  mannigfachen 
späteren  mythologischen  Elementen  bedingten  Verwicklungen  ab, 
so  ist  nun  das  Kulturmärchen  in  seiner  davon  noch  frei  geblie- 
benen Gestalt  offenbar  zunächst  eine  vereinzelt  dastehende  Erzählung, 
in  die  Bestandteile  anderer  Märchen  eingehen  können,  der  aber 
jenes  Zurückgehen  auf  den  Ursprung  bestimmter  Kulturgüter  oder 
als  Kulturgüter  geschätzter  Zaubermittel  und  Zeremonien  ihre  eigent- 
liche Bedeutung  gibt.  In  solchen  Verbindungen  lehnt  es  sich  am 
leichtesten  auf  der  einen  Seite  durch  die  abenteuerlichen  Erleb- 
nisse, die  der  Gewinnung  der  Kulturgüter  voranzugehen  pflegen,  an 
das  Glücksmärchen,  auf  der  andern  durch  die  Beziehungen,  die 
namentlich  das  Motiv  der  Feuergewinnung  mit  sich  führt,  an  das 
Himmelsmärchen  an.  Ein  charakteristisches  Beispiel  dieser  Art  ist 
das   folgende   Kulturmärchen    der   Pawnee- Indianer:    >Ehe   es  Korn 


*)  James  Mooney,  Ethnol.  Rep.  Washington,  XIV,  1896,  p.  653  fr.    Vgl.  unten  m,  4. 


Das  KnltnrmärcheD.  2QQ 


und  Büffel  gab,  lebte  das  Volk  von  Wurzeln  und  es  herrschte  daher 
oft  Hungersnot.  Da  wurde  eines  Tags  einem  Knaben  vom  Monde, 
dessen  Spiegelbild  er  im  Meer  sah,  befohlen  zu  fasten  und  aus  einer 
Quelle  zu  trinken.  Als  er  dann  weiterzog,  begegnete  er  zuerst  drei 
Frauen  von  verschiedenem  Alter,  einer  jungen,  einer  mittleren  und 
einer  alten.  Dann  kam  er  zu  einer  Höhle.  In  ihr  saß  ein  Mädchen, 
das  sich  in  ähnliche  Frauen  von  verschiedenem  Alter  verwandeln 
konnte.  Sie  erklärte  ihm,  sie  sei  der  Mond,  gab  ihm  Jagdstöcke 
und  Würfelspiele  für  Männer  und  Frauen,  zeigte  ihm  einen  Ameisen- 
hügel als  Vorbild  für  die  Hütten,  die  sein  Volk  bauen  sollte,  gab 
ihm  Korn,  um  es  zu  säen,  und  lehrte  ihn  Zeremonien,  um  Büffel  zu 
erlangen.    So  bekam  das  Volk  zuerst  Speise  c*). 

Wir  sehen  hier  deutlich  eine  Mischung  von  Himmels-  und  Kultur- 
märchen vor  uns.  Der  Mond  ist  das  hilfreiche  Himmelswesen,  das 
dem  Knaben  zur  Erlangung  der  seinem  Volke  noch  fremden  Kultur- 
güter verhilft.  Die  drei  Frauen  sind  unverkennbar  die  drei  Phasen 
des  Mondfe,  die  für  eine  kindliche  dessen  Zu-  und  Abnahme  noch 
nicht  scheidende  Anschauung  übrig  bleiben:  Neumond,  Halbmond 
und  Vollmond.  Die  Höhle,  in  der  der  Knabe  das  Mondmädchen 
findet,  deutet  auf  die  Region  unter  dem  Horizont  hin,  aus  der 
der  Mond  beim  Aufgang  hervorkommt.  Fasten  und  Trinken  aus 
einer  mit  magischer  Kraft  begabten  Quelle  sind  endlich  dem  Indianer 
geläufige  Hilfsmittel  für  den  Verkehr  mit  Geistern.  Dies  leitet  zu- 
gleich auf  die  mutmaßlichen  Gründe  hin,  die,  wie  schon  die  früheren 
Beispiele  der  Tier-  und  der  Glücksmärchen  zeigen,  die  Rolle  des 
Helden  in  der  weit  überwiegenden  Zahl  der  Fälle  einem  Knaben 
zuteilen,  ein  Zug,  der  allmählich  in  dem  Maße  zurücktritt,  als  die  ge- 
waltigere, ein  größeres  Maß  von  Kraft  und  Klugheit  fordernde  Aufr 
gäbe  den  gereifteren  Mann,  und  der  besonnene  Rat  und  der  Seher- 
blick in  die  Zukunft  den  lebenserfahrenen  Greis  fordern.  Man  denke 
an  einen  Theseus  und  Herakles  oder  an  die  Helden  des  trojanischen 
Kampfes,  unter  denen  die  Lieblinge  des  Dichters,  ein  Achill  und 
Hektor,  gerade  noch  in  dem  Jünglingsalter  stehen,  das  die  Lebens- 
frische des  Knaben  mit  der  Kraft  des  Mannes  vereint,  und  im  Gegensatz 
zu  ihnen  an  die  auf  ein  langes  Leben  zurückblickenden  oder,  indem 


^)  Dorsey,  The  Pawnee,  p.  473  f. 


700  ^cr  Naturmythus. 


sich  dieser  rückwärtsgevvandte  Blick  in  die  Zukunft  erweitert,  über  die 
Gabe  vorausschauender  Weissagung  gebietenden  Greise,  einen  Nestor 
und  Teiresias.  Dem  kindlichen  Volk  ist  die  ehrfurchtgebietende  Ge- 
stalt dieser  Greise  unbekannt,  und  selbst  die  heldenhafte  Manneskraft 
tritt  zurück  gegen  den  von  günstigen  Schicksalsmächten  geleiteten 
Knaben,  dem  die  Zaubermittel  in  die  Hand  gegeben  sind,  mit  denen 
er  sich  Glück  erringt  und  seinen  Stammesgenossen  die  Geheimnisse 
mitteilt,  durch  die  sie  sich  Vorrat  an  Wild  und  Früchten  verschaffen 
können.  Daß  sich  der  Naturmensch  diese  Gaben  vor  allem  in  dem 
auf  eine  noch  völlig  ungewisse  Zukunft  blickenden  und  von  Unterneh- 
mungslust erfüllten  Knaben  verwirklicht  denkt,  ist  psychologisch  nicht 
weniger  verständlich  wie  die  Verbindung  des  Greisenalters  mit  der 
vorwärts  wie  rückwärts  blickenden  Gabe  des  Sehers;  und  wenn  die 
letztere  Assoziation  in  primitiven  Zuständen  wenig  bemerkbar  ist, 
so  liegt  das,  abgesehen  von  der  kürzeren  Lebensdauer,  teils  in  der 
geringeren  Wertschätzung  des  Alters,  teils  wohl  auch  darin  beg^ndet, 
daß  die  Stelle  des  weisen  Beraters  oder  des  Sehers  auf  dieser  Stufe 
noch  ganz  von  dem  Medizinmann  eingenommen  wird,  der  bei  dem 
aufreibenden  Charakter  seines  Wanderberufs  selten  der  höheren  Alters- 
klasse angehört.  Aber  es  ist  doch  nicht  bloß  das  zukunftsreichere 
Leben  des  Knaben,  das  diesen  zum  Träger  der  Kulturgüter  und  der 
ihre  Erwerbung  vermittelnden  Geheimnisse  geeignet  macht.  Auch 
jene  Sehergabe,  die  auf  einer  höheren  Kulturstufe  dem  Greisen- 
alter vorbehalten  bleibt,  wird  von  dem  Naturmenschen  mit  Vorliebe 
dem  in  die  Ferne  ziehenden  abenteuerlustigen  Knaben  zugeteilt. 
Was  diesen  Glücksknaben  der  Naturvölker  von  dem  weiser  Rat- 
schläge kundigen  Greis  der  Kulturvölker  wesentlich  scheidet,  das  ist, 
daß  jener  über  äußere  Zaubermittel  gebietet,  die  ihm  zumeist  von 
hilfreichen  Zauberwesen  geschenkt  oder  gelehrt  werden,  während 
dieser  im  Vorausschauen  der  durch  höhere  Schicksalsmächte  be- 
stimmten Ereignisse  eine  das  sonstige  menschliche  Maß  überragende 
Erkenntnis  betätigt.  Was  übrigens  den  Wunderknaben  des  Primi- 
tiven, wie  viele  Erzählungen  andeuten,  und  wie  es  auch  in  dem 
obigen  Märchen  ausgedrückt  ist,  zum  Gewinn  jener  Hilfe  von  Zau- 
berwesen befähigt,  das  ist  zugleich  die  besondere  Gabe,  in  Träumen 
und  Visionen  auf  sie  hingewiesen  zu  werden.  Die  der  Psycho- 
logie des  Traumes  bekannte  Erfahrung,   daß    das  Knabenalter  ver- 


Das  Kulturmärchen. 


301 


möge  eines  Zusammenflusses  verschiedener  physischer  und  psychischer 
Bedingungen  zu  Traum  und  Vision  in  höherem  Grade  veranlagt  ist 
als  das  spätere  Leben,  bildet  daher  wohl  eine  der  Grundlagen  für 
die  Entstehung  dieser  kindlichen  Heroen  auf  primitiver  Stufe.  Die 
Zauberwesen,  die  dem  Glücksknaben  die  Gaben  mitteilen,  durch 
die  er  dem  Mangel  seiner  Volksgenossen  steuert,  sind  aber  nicht 
Heroen  oder  Götter,  sondern  wimdertätige  Frauen.  Bald  begegnen 
schöne  Frauen  unbekannten  Ursprungs  dem  Knaben  im  Walde  und 
versehen  ihn  mit  Früchten;  bald  sind  sie  auf  Erden  wandelnde 
Himmelswesen,  die,  wie  in  der  obigen  Erzählung  der  Mond,  als 
Frauen  erscheinen.  Auch  hier  spiegelt  sich  in  dem  Mythus  das 
wirkliche  Leben  des  Naturmenschen.  Während  der  Mann  zu  Jagd 
und  Kampf  auszieht,  ist  es  die  Frau,  die  das  Zelt  aufschlägt,  die 
Speise  vorbereitet  und  die  erste  dürftige  Kultur  des  Bodens  be- 
sorgt: sie  und  nicht  der  Mann  ist  also  in  Wahrheit  die  Spenderin 
der  frühesten  Kulturgüter.  Das  klingt  noch  an  in  den  Feen  imd 
Elfen  des  späteren  Märchens  und  nach  einer  andern  Seite,  gegen- 
über den  weit-  und  schicksalskundigen  Greisen,  in  den  weissagenden 
und  zaubermächtigen  Frauen  der  Sage.  So  zeichnet  der  Mythus  auf 
jeder  Stufe  die  Geschlechtscharaktere  wieder  in  eigenartiger  Weise, 
während  doch  die  verschiedenen  Kulturen  stetig  untereinander  ver- 
bunden sind.  Für  die  Art,  wie  die  Kulturgüter  geschätzt  werden, 
ist  aber  schließlich  auch  die  verschiedene  Art  kennzeichnend,  wie 
ihr  erster  Erwerb  im  Märchen  geschildert  wird.  Für  den  Bau  der 
Wohnstätten  wird  der  Mensch  in  unserer  Erzählung  lediglich  auf  das 
Beispiel  gewisser  Tiere,  wie  der  Ameisen,  hingewiesen,  und  Korn 
zum  Säen  wird  ihm  geschenkt.  Dagegen  macht  die  Gewinnung  der 
Jagdtiere  umfangreiche  Zeremonien  und  Zaubermittel  erforderlich, 
die  zu  einem  wesentlichen  Teil  dazu  bestimmt  sind,  die  Jagdtiere 
selbst  günstig  zu  stimmen  und  ihre  Zahl  zu  vermehren.  Hierdurch 
wird  die  oben  bemerkte  Tatsache  verständlich,  daß  die  frühesten 
Kultiirheroen  nicht  selbst  die  Spender  der  realen  Kulturgüter  sind, 
sondern  Wesen,  denen  der  Primitive  die  erste  Mitteilung  von  Zauber- 
zeremonien, Kulttänzen  und  andern  von  ihm  für  heilbringend  ge- 
haltenen Bräuchen  zuschreibt.  So  ist  die  Gestalt  des  Kulturhelden 
in  gewissem  Sinne  älter  als  die  Kultur  selbst,  und  erst  mit  dem  Fort- 
schritt dieser  hat  auch  jene  allmählich  die  Attribute  gewonnen,   die 


^02  ^*'  Natnrmythus. 


sie  zur  Trägerin  der  wirklichen  Kulturgüter  macht,  und  durch  die  sie 
sich  dann  schließlich  zu  einer  rein  menschlich  gedachten  Persönlich- 
keit erhebt. 

b.  Das  Kaitarmärchen  als  Urform  der  Legende. 

Das  Kulturmärchen  ist  nach  allem,  was  wir  über  seine  Entwick- 
lung ermitteln  können,  ursprünglich,  wie  das  Mythenmärchen  über- 
haupt, eine  für  sich  bestehende  Erzählung,  neben  der  zahlreiche 
andere  den  gleichen  Inhalt  in  abweichender  Weise  behandeln 
können.  Die  Helden  einer  solchen  Erzählung  besitzen  zugleich  einen 
so  unbestimmten  Charakter,  daß  auch  sie  keinerlei  Verbindung  her- 
stellen. Gleichwohl  besitzt  das  Kulturmärchen  vor  andern  die  Ten- 
denz, die  Gestalten,  die  als  die  Kulturbringer  gedacht  werden,  aus 
einer  Erzählung  in  die  andere  hinüberzutragen  und  so  allmählich  eine 
Mehrheit  von  Erzählungen  zu  einer  Art  von  Märchenzyklus  zu  ver- 
binden. Dabei  bleibt  dieser  allerdings  lange  Zeit  noch  sehr  lose  zu- 
sammengefugt. Nicht  bloß  die  einzelnen  Inhalte  können  sehr  ver- 
schieden geartet  sein,  sondern  auch  die  Hauptgestalt  des  Kultur- 
bringers  kann  wechselnde  Formen  annehmen.  In  allem  dem  erkennt 
man  deutlich,  daß  eben  hier  ursprünglich  voneinander  unabhängige 
Märchen  verbunden  worden  sind,  indem  man  sie  auf  den  gleichen 
Märchenhelden  bezog,  der  selbst  häufig  kaum  durch  etwas  anderes 
als  durch  den  gleichen  Namen,  den  man  ihm  beilegt,  als  derselbe 
gekennzeichnet  ist.  An  den  so  einmal  entstandenen  losen  Zyklus  von 
Erzählungen  mochten  dann  andere  sich  anlagern,  so  daß  sich  ein 
solcher  Märchenzyklus  mehr  und  mehr  erweiterte  und  schließlich 
einen  großen  Teil  der  MärchenstofTe  eines  Gebietes  in  sich  aufnahm, 
ohne  dabei  freilich  die  Verschiedenartigkeit  und  die  lockere  Verbin- 
dung seiner  Inhalte  zu  verlieren.  Natürlich  können  wir  diesen  Prozeß 
nicht  mehr  Schritt  für  Schritt  verfolgen.  Wir  können  nur  aus  seinen 
Wirkungen,  aus  den  in  der  Tradition  gegebenen  Märchen  dieser  Art 
auf  ihn  zurückschließen.  Da  jedoch  diese  Märchen,  abgesehen  von 
den  zahlreichen  Variationen,  die  sie  bieten,  doch  nicht  bloß  durch 
die  Einheit  des  Helden  oder  wenigstens  seines  Namens,  sondern 
auch  durch  einen  gewissen,  nicht  allen,  aber  vielen  der  Einzel- 
stücke zukommenden  analogen  Inhalt  zusammengehalten  sind,  so 
darf  man  wohl  voraussetzen,  daß  an  der  Entstehung  solcher  Zyklen 


Das  KalturmXrchen. 


303 


zwei  Assoziationsmotive  beteiligt  waren:  erstens  eine  Assoziation 
des  Inhalts,  die  vermöge  der  Verwandtschaft  des  letzteren  leicht 
auch  zu  einer  Ubertrag^g  des  Helden  der  einen  Geschichte  in  die 
andere  fuhren  konnte;  und  zweitens  eine  Assoziation  der  Helden 
selbst,  die  ihrerseits  wieder  eine  Angleichung  der  Inhalte  be- 
wirkte, so  daß  diese  beiden  Motive  sich  wechselseitig  unterstützten, 
ohne  daß  das  eine  oder  andere  bei  der  einzelnen  Erzählung  un- 
bedingt als  das  primäre  angesehen  werden  kann.  Nur  die  ursprüng- 
liche Tendenz  zur  Verbindung  überhaupt  wird  man  imb^ingt 
schon  deshalb  in  den  Inhalt  wenigstens  einer  größeren  Gruppe 
solcher  Märchen  verlegen,  weil  eben  der  vorherrschende  Charakter 
der  des  Kulturmärchens  ist  Der  Held  ist  Feuerbringer ,  er  lehrt 
Geräte  und  Waffen  verfertigen,  zdg^,  wie  man  durch  Zauber 
Jagdtiere  und  Fische  herbeilockt.  Er  bleibt  endlich  in  der  Regel 
auch  der  erste,  der  die  Medizinmänner  in  der  Abhaltung  von 
Zeremonien,  in  der  Gewinnung  von  Heilkräutern  und  in  andern 
Geheimnissen  imterwiesen  hat.  Daneben  mischt  er  sich  in  dürftigen 
Anfangen  kosmogonischer  Mythen  wohl  auch  in  die  Weltordnung  ein : 
er  befreit  das  Tageslicht,  lehrt  die  Gestirne  ihren  Wandel  regeknäßig 
vollbringen,  versetzt  Berge  und  Seen  usw.  Aber  das  bleiben  doch 
nur  Nebenbestandteüe,  wie  sie  auf  einer  Stufe  der  Anschauung,  für 
die  Natur  und  Kultur  noch  nicht  sicher  geschieden  sind,  unvermeid- 
lich sich  aufdrängen.  Schwerer  wiegen  jene  Assoziationen,  deren 
Zentrum  der  Märchenheld  selbst  oder  unter  Umständen  sein  bloßer 
Name  ist,  wenn  dieser  von  dem  Zentralgebiet  solcher  Kulturmärchen 
sich  loslöst  und  auf  andere  Märchenstoffe,  auf  Glücks-  und  Tier- 
märchen und  schließlich  auch,  indem  die  willkürlich  fabulierende 
Märchendichtung  an  das  Mythenmärchen  anknüpft,  in  Scherzmärchen 
und  Tierfabeln  von  explikativ- biologischem,  von  komischem  und 
schließlich  von  moralisierendem  Inhalt  übergeht.  Namentlich  aber 
drängt  sich  neben  diesen  mehr  oder  minder  veränderlichen  Auswüchsen 
ein  durch  assoziative  Beziehungen  mit  dem  Kulturmärchen  nahe  zu- 
sammenhängender Märchenstoff  in  den  Vordergrund:  es  ist  der  des 
genealogischen  Märchens,  das  die  primitive  Form  der  späteren 
Stammessage  bildet,  und  das  in  diesen  seinen  Anfangen  wiederum 
die  Tendenz  hat,  sich  mit  noch  unausgebildeten  märchenhaften  Frag- 
menten kosmogonischer  Mythen  zu  verbinden.    So  hebt  sich  aus  der 


304  ^^^  Naturmythus. 


Fülle  solcher  bloß  durch  die  Einheit  des  Märchenhelden  verbundener 
Erzählungen,  die  wieder  den  verschiedensten  Formen  des  Mythen- 
märchens angehören  können,  eine  Anzahl  heraus,  die  auf  den  Ur- 
sprung des  Stammes  zurückgehen.  Mit  diesen  lose  aneinander  ge- 
reihten Beständteilen,  die  so  eine  Art  von  Ahnenlegende  bilden,  ver- 
binden sich  dann  vorzugsweise  auch  die  Erzählungen  von  jenem  ersten 
Erwerb  der  Kulturgüter,  als  deren  Urheber  jene  Ahnen  erscheinen. 
Dabei  bewahrt  aber  jedes  dieser  Stücke  auch  darin  die  Märchenform, 
daß  ^s  die  Ereignisse  nur  ganz  unbestimmt  in  vergangene  Zeiten 
verlegt.  Wo  sich,  wie  z.  B.  bei  den  Polynesien!,  festere  Traditionen 
über  einstige  Wanderungen  vorfinden,  da  sind  jene  Stadien  des 
Mythenmärchens  und  der  primitiven  Ahnenlegende  bereits  weit  über- 
schritten, wie  sich  denn  auch  diese  höhere  Stufe  in  der  Ausbildung 
wirklicher  kosmogonischer  Mythen  und  einer  eigentlichen  Götter- 
sage ankündigt  Auf  der  andern  Seite  setzen  sich  dann  an  solche 
Ahnenmärchen,  die  als  die  Anfange  einer  Stammeslegende  gelten 
können,  alle  möglichen  Mythenmärchen  und  Märchendichtungen 
andern  Inhalts  an,  die,  da  sie  nur  durch  den  Namen  des  in  seiner 
Gestalt  höchst  veränderlichen  Märchenhelden  zusammengehalten  wer- 
den, wahrscheinlich  unabhängig  von  dieser  stehenden  Fig^r  ent- 
standen und  erst  späterhin  dem  Inventar  der  unter  seinem  Namen 
umgehenden  Geschichten  beigefügt  worden  sind,  im  übrigen  aber 
weder  mit  dem  Ahnen-  noch  dem  Kulturmärchen  etwas  zu  tun  haben. 
In  zwei  verschiedenen,  durch  manche  Übergänge  vermittelten 
Formen  treten  uns  nun  diese  Gestalten  in  den  beginnenden  Ahnen- 
und  Kulturtraditionen  primitiver  Völker  entgegen.  Die  eine  ist  die 
von  menschenähnlich,  übrigens  in  sehr  unbestimmten  Umrissen 
vorgestellten  Wesen,  denen  der  Besitz  übermenschlicher  Kenntnisse 
und  Kräfte  und  meist  wohl  auch  eine  übermenschliche  Körper- 
größe zugeschrieben  wird.  Dieser  erste  Typus  wird  vor  allem  durch 
die  »Muramura«  der  Australier  vertreten,  die  als  die  Stifter  der 
Zeremonien,  der  Totems  und  der  sonstigen  Sitten  und  gesellschaft- 
lichen Einrichtungen  gelten.  Bei  der  zweiten  Form  führt  die  Haupt- 
figur der  Märchen  und  besonders  des  Kulturmärchens  einen  Tier- 
namen. Sie  tritt  in  vielen  Erzählungen  auch  als  das  entsprechende 
Tier  auf,  in  andern  wird  sie  unverkennbar  menschlich  vorgestellt, 
oder  es  wird  auch  ausdrücklich  von  ihren  Metamorphosen  aus   der 


Das  Knltnrmärclien. 


305 


einen  in  die  andere  Gestalt  berichtet.  Das  Hauptverbreitungsgebiet 
dieser  äußerlich  als  Tiermärchen  erscheinenden,  durch  die  polymorphe 
Natur  des  Helden  charakterisierten  Ahnenlegenden  ist  Amerika,  vor 
allem  der  Norden  dieses  Kontinents.  Dahin  gehören  der  Rabe  der 
pazifischen  Küste,  der  vom  hohen  Norden  bis  zur  kalifornischen 
Grenze  herabreicht,  der  Hase  der  Algonkinvölker,  der  Coyote  der 
nördlichen  Prärie-  und  Waldindianer,  endlich  eine  Anzahl  ähnlicher 
Gestalten  von  beschränkterer  Verbreitung,  wie  der  Nerz,  der  Mink, 
das  Eichhörnchen  u.  a.  Eine  große  Schwierigkeit  in  der  Deutung 
dieser  Gestalten  besteht  vielfach  darin,  daß  sie  offenbar  durch  die 
entwickeltere  Ahnen-  und  Göttersage  sowie  durch  ausgebildetere 
kosmogonische  Mythen  zurückgedrängt  worden,  allem  Anscheine  nach 
also  in  der  Märchentradition  erhalten  gebliebene  Reste  urwüchsigerer 
Legenden  sind.  Hierdurch  haben  diese  stehenden  Figfuren  mehr  und 
mehr  den  Charakter  von  Kulturheroen  eingebüßt  und  sind  zu  Helden 
von  Scherzmärchen  geworden,  an  deren  bald  tollen  bald  tölpel- 
haften Streichen  man  sich  ergötzt.  Eine  charakteristische  Figur  dieser 
Art  ist  der  Mänäbush  (Manabozo,  auch  Nunabozo)  der  Menomini- 
Indianer,  eines  Irokesenstammes,  bei  dem  die  um  diesen  Helden  sich 
gruppierenden,  nirgends  mehr  ernsthaft  genommenen  Märchen  offen- 
bar als  eine  tiefere  Bodenschicht  unter  den  später  von  den  gleichen 
Völkern  ausgebildeten  kosmogonischen  Mythen  und  Heldensagen 
erhalten  geblieben  sind.  Indem  die  einzelnen  Stücke  dieses  Märchen- 
zyklus fast  nur  noch  der  scherzhaften  Unterhaltung  dienen,  haben  sie 
dann  eine  Fülle  weiterer  phantastischer  Märchendichtungen  aus  sich 
entstehen  lassen,  die  den  ursprünglichen  mythischen  Kern  so  gut  wie 
ganz  verhüllen*).  Schon  der  Umstand,  daß  die  Schicksale  dieses 
Helden  großenteils  Reiseabenteuer  sind,  die  nicht  selten  an  bestimmte 
Lokalitäten  geknüpft  werden,  entfernt  sie  von  dem  eigentlichen 
Märchen  und  macht  sie  zu  einer  Sammlung  ergötzlicher  Novellen  von 
freilich  noch  roher  Form  oder  zu  einer  Art  primitiver  und  zugleich  ins 
grotesk  Komische  gewandelten  Odyssee.  Dabei  hat  sich  der  indivi- 
duelle Charakter  so  verwischt,  daß  man  meist  unsicher  bleibt,  ob  er 
Tier  oder  Mensch  oder  beides  zugleich  ist.     Auch  der  Name,  der  in 


*    W.  J.  Hoffmann,  The  Menomini  Indians,  Ethnol.  Rep.  Washington,  XIV,  1896, 
p.  162  ff. 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  20 


2o6  I^cr  Natnrmythus. 


der  Sprache  der  Indianer  einen  närrischen  Gesellen  bedeuten  soll, 
und  der  demnach  wohl  erst  nach  dem  Übergang  in  das  Scherz- 
märchen entstand,  gibt  darüber  keine  Auskunft.  Dagegen  besitzen 
die  Rabenlegenden  unverkennbar  einen  weit  ursprünglicheren  Qia- 
rakter,  wenn  auch  über  sie  bereits  verschiedene  Wellen  der  M}^en- 
bildung  hinweggegangen  sein  mögen  und  ihre  Niederschläge  zu- 
rückgelassen haben,  so  daß  hier  wirkliche  Züge  des  primitiven 
Kulturmärchens  und  der  Ahnenlegende  mit  Stoffen  des  Scherz- 
märchens und  der  Fabel  gemischt  sind*).  Eben  darum  fließen 
aber  auch  in  diesen  Erzählungen  alle  möglichen  Stoffe  sowohl  des 
eigentlichen  Mythenmärchens,  wie  seiner  dichterischen,  auf  indivi- 
duellen Einfallen  und  Erfindungen  beruhenden  Weiterbildungen  zu- 
sammen. Alle  diese  Stücke  deshalb,  weil  sie  auf  den  Namen  eines 
und  desselben  fabelhaften  Helden  getauft  sind,  als  einen  einheit- 
lichen Mythus  oder  auch  nur  als  gleichwertige  mythische  Gebilde 
zu  betrachten,  ist  daher  gewiß  ebenso  ungerechtfertigt,  als  wenn 
man  etwa  die  Anekdoten,  die  auf  den  Namen  Friedrichs  des  Großen 
umlaufen,  für  wahr  halten  wollte,  weil  sie  von  einer  wirklichen 
historischen  Person  erzählt  werden  und  einzelne  von  ihnen  wahr  sein 
mögen.  Gegenüber  der  heutigen  Anekdote  läßt  aber  das  Märchen 
einer  solchen  Sammlung  zerstreuter  Stücke  der  Phantasie  einen  viel 
freieren  Spielraum,  weil  es  eigentlich  nur  der  Name,  kein  irgendwie 
ausgeprägter  Charakter  des  Helden  ist,  der  die  einzelnen  zusammen- 
hält. So  werden  Glücksmärchen  und  Tiermärchen,  Himmelsmärchen 
und  Kulturmärchen  und  schließlich  frei  erfundene  Scherzmärchen  und 
Fabeln,  die  unter  den  verschiedensten  äußeren  Bedingungen  entstanden 
und  zum  Teil  von  einem  Stamm  zum  andern  gewandert  sind,  schließ- 
lich unter  einen  und  denselben  Nenner  gebracht.  Der  Held,  der 
einen  Tiemamen  trägt  und  in  einer  Erzählung  wirklich  ein  Tier  ist, 
braucht  dies  darum  noch  nicht  in  einer  andern  zu  sein.  Daneben 
drängt  aber  doch  eben  diese  Namengleichheit  wohl  schon  frühe  dazu, 
solche  aus  dem  verschiedenen  Ursprung  der  einzelnen  Stücke  ent- 
standenen Widersprüche  gelegentlich  auszugleichen.  Da  wird  etwa 
dem  Raben  in  einer  Reihe  von  Erzählungen  eine  menschliche  Ahnen- 

^)  Diese  Rabenlegenden  sind  verschiedentlich  gesammelt:  so  von  Aurel  Krause, 
Die  Tlinkit-Indianer,  1885,  S.  253  ff.  und  besonders,  unter  Berücksichtigung  der  Ver- 
breitung der  Mythen,  von  F.  Boas,  Indianische  Sagen,  S.  105  ff.,  232  ff. 


Das  KultQrmärchen.  ^07 


reihe  angedichtet,  in  einer  andern  ist  er  als  Mensch  geboren,  hat 
sich  aber  später  in  einen  Raben  verwandelt,  und  in  noch  andern 
verwandelt  er  sich  gelegentlich  in  den  Vogel,  um  dann  zur  Abwechs- 
lung wieder  die  menschliche  Gestalt  anzunehmen.  So  erscheint  der 
Polymorphismus  dieses  Helden  der  Urlegende  als  ein  natürliches 
Produkt  der  disparaten  MärchenstofTe,  aus  denen  sich  seine  Gestalt 
zusammensetzt. 

Ist  nun  die  Gestalt  solch  legendarischer  Helden  primitiver  Art 
keineswegs  auf  das  Gebiet  des  Kulturmärchens  beschränkt,  sondern 
birgt  sich  hinter  ihr  ein  Sammelname,  der  Mythen  und  Märchen 
aller  Gattungen,  naturwüchsige  und  individuell  erfundene,  umfaßt,  so 
fallt  damit  von  selbst  auch  die  von  Kurt  Breysig  aufgestellte  Hypo- 
these, in  jener  Gestalt  reflektiere  sich  die  Erinnerung  an  irgend 
einen  wirklichen  Helden,  dem  der  Mensch  seine  vornehmsten  Kultur- 
güter verdanke*).  Abgesehen  von  allen  andern  Bedenken,  denen 
diese  wie  jede  andere  Art  euhemeristischer  Hypothese  begegnet,  steht 
hier  die  Annahme  solcher  in  der  mythologischen  Tradition  nach- 
wirkender wirklicher  »Heilbringer«  im  schärfsten  Widerspruch  mit 
der  Geschichte  dieser  Mythenbildungen  selbst.  Die  ersten  und  ur- 
sprünglich allem  Anscheine  nach  die  einzigen  Heilstaten  solcher 
Kulturheroen    bestehen,    wie    wir    sahen,    nicht    in    der    Mitteilung 


')  Kurt  Breysig,  Die  Entstehung  des  Gottesgedankens  und  der  Heilbriager,  1905. 
Vgl.  dazu  auch  P.  Ehrenreich,  Götter  und  Heilbringer,  eine  ethnologische  Kritik, 
1906.  In  seinem  neuesten,  besonders  den  Erscheinungen  des  gesellschaftlichen  Lebens 
mit  großer  Sorgfalt  nachgehenden  Werke  (Die  Völker  ewiger  Urzeit,  Geschichte  der 
Menschheit,  i.  Bd.,  1907)  hat  Breysig  seine  Auffassung  vor  allem  durch  den  Nach- 
weis zu  stützen  gesucht,  daß  von  der  oft  behaupteten  absoluten  »Ungeschichtlichkeit« 
der  sogenannten  Naturvölker  nicht  die  Rede  sein  könne,  sondern  daß  bei  ihnen  eine 
historiche  Tradition  überall  existiere,  die  in  Sitten,  Glaubensformen  und  sozialen  Ein- 
richtungen ihren  Ausdruck  finde  (S.  91  fif.).  Die  Richtigkeit  dieser  Bemerkung  ist  gewiß 
zuzugeben.  Naturvölker  im  absoluten  Sinne  gibt  es  nicht  auf  der  heutigen  Erde  und 
hat  es  wahrscheinlich  schon  seit  lange  nicht  mehr  gegeben.  Immerhin  besteht 
zwischen  der  in  den  vorhandenen  Anschauungen  und  Einrichtungen  fixierten  Vorge- 
schichte und  der  in  den  Überlieferungen  über  die  Vergangenheit  festgehaltenen  ein 
wesentlicher  Unterschied.  Die  erstere  ist,  soweit  sich  aus  ihr  sichere  Schlüsse  ziehen 
lassen,  wirkliche  Geschichte;  die  letztere  ist  im  allgemeinen  mythisch,  nicht  nur  bei 
den  Natur-,  sondern  während  einer  sehr  langen  Zeit  auch  bei  den  Kulturvölkern,  d.  h. 
sie  besteht  aus  Märchen,  Sagen  und  Legenden,  die  bei  den  Naturvölkern  schon  in  einer 
sehr  nahen,  bei  den  Kulturvölkern  in  einer  etwas  ferneren  Vergangenheit  die  Ge- 
schichte verdrängen. 

20* 


308  E)er  Natarmythus. 


wirklicher  Kulturgüter,  sondern  von  Zauberzeremonien,  denen  un- 
mittelbar oder  als  Hilfsmitteln  zur  Vermehrung  der  Totems  eine 
magische  Wirkung  zugeschrieben  wird.  Solche  Zeremonien,  wie  sie 
die  Muramura  der  Australier  dereinst  gelehrt  haben  sollen,  sind  in 
ihrer  komplizierten  Zusammensetzung  überhaupt  so  gut  wie  bei  den 
Kulturvölkern  Produkte  einer  langen  Entwicklung.  Wie  der  Kultus 
irgendeiner  der  geschichtlich  entstandenen  Religionen  aus  zahlreichen 
Quellen  verschiedener  Zeiten  zusammengeflossen  ist,  so  und  in  noch 
viel  höherem  Grade  gilt  das  von  den  Zauberzeremonien  der  Natur- 
völker, die  in  der  Regel  eine  weit  zurückreichende  Vergangenheit, 
immer  aber  eine  Menge  völlig  anonymer  Urheber  hinter  sich  haben, 
an  die  jede  individuelle  Erinnerung  erloschen  ist,  weil  eine  solche 
überhaupt  nie  existiert  hat.  Wie  aber  bei  den  Kulturreligionen  die 
Tradition  das  Gedächtnis  an  eine  Persönlichkeit  festhält,  an  deren 
Namen  sie  die  Einsetzung  eines  Kultus  knüpft,  so  setzt  der  primitivere 
Kultus  an  deren  Stelle  ein  ganz  und  gar  mythologisches  Wesen  oder 
auf  einer  noch  früheren  Stufe,  wie  bei  den  Australiern,  eine  ganze 
Klasse  unbestimmter  mythologischer  Wesen  der  Vorzeit.  Da  die 
Kultzeremonie  eine  in  Glaube  und  Sitte  unteilbare  Einheit  ist,  so 
wandelt  die  mythische  Apperzeption  diese  Einheit  in  die  eines  Wesens 
oder  einer  einstigen  Generation  zauberhafter  Wesen  um.  Daß  diese 
Form  mythologischer  Apperzeption  noch  tief  in  die  Kulturreligionen 
hineinreicht  und  uns  teilweise  heute  noch  beherrscht,  ist  ja  bekannt 
genug.  Innerhalb  einer  frühen  Kultur  breitet  sich  aber  die  Vor- 
stellung eines  solchen  Erw^erbs  von  Zaubergütern  um  so  leichter  auch 
auf  die  Güter  des  wirklichen  Lebens  aus,  weil  beides  von  frühe  an 
sich  verbindet:  so  bei  der  Feuerbereitung,  die  gleichzeitig  Kulthand- 
lung und  Befriedigung  eines  Lebensbedürfnisses  ist;  so  bei  der  Herbei- 
lockung der  Jagdtiere,  die  durch  Zauber  dem  Mangel  an  Nahrung 
abhilft,  usw. 

Auffallender  als  diese  Beziehung  der  frühesten  Kulturgüter  und  der 
als  solche  geschätzten  Bräuche  und  Kulte  auf  einstige  Zauberwesen 
und  Kulturbringer  ist  jedoch  der  andere,  besonders  bei  den  ein- 
geborenen Stämmen  Amerikas  verbreitete  und  da  und  dort  auch 
in  den  frühesten  Kulttraditionen  der  Alten  Welt  aus  einer  älteren 
Mythenschicht  durchscheinende  Zug,  daß  Tiere  als  solche  Heilbringer 
auftreten.     Dieser  Zug  kann  auf  den  ersten  Blick  um  so  rätselhafter 


Das  Kalturmärchen.  ^og 


scheinen,  als  der  Polymorphismus  dieser  Wesen  zweifeln  läßt,  ob  man 
es  wirklich  mit  Tieren  oder  mit  mythischen  Wesen  zu  tun  habe,  die 
bloß  mit  den  Namen  einstiger  Tiertotems  genannt  sind.  Schwerlich 
wird  man  nun  diese  Frage  etwa  deshalb  im  letzteren  Sinne  entscheiden 
wollen,  weil  gelegentlich  die  Stammesangehörigen  selbst  versichern, 
sie  glaubten  nicht  an  solche  tierische  Helden.  Für  die  gegenwärtige 
Generation  mag  das  gelten.  Aber  dieser  Generation  selbst  ist  die 
Erinnerung  an  die  Entstehung  solcher  Vorstellungen  längst  abhanden 
gekommen.  Auch  spricht  mindestens  gegen  den  unmittelbaren  Ur- 
sprung aus  Totemnamen  die  Verbreitung  dieser  scheinbaren  Tier- 
heroen über  weite  Distrikte,  in  denen  angesichts  der  schon  bei  den 
verschiedenen  Abteilungen  eines  und  desselben  Stammes  wechselnden 
Totemzeichen  unmöglich  jemals  das  gleiche  Tier  als  Totemtier  ge- 
herrscht haben  kann.  Nichtsdestoweniger  wird  man  einen  Zusammen- 
hang mit  dem  Totemismus  um  so  sicherer  annehmen  dürfen,  als  im 
großen  und  ganzen  die  Verbreitung  dieser  Tierhelden  und  die  in 
den  Stammesnamen  und  vereinzelten  Kulten  nachwirkenden  Totem- 
vorstellungen  einander  parallel  gehen.  Um  zu  verstehen,  daß  ein 
solcher  Zusammenhang  im  allgemeinen  besteht,  ohne  sich  doch  mit 
den  einzelnen  Totembezeichnungen  zu  berühren,  müssen  wir  uns 
vor  allem  der  komplexen  Natur  solch  primitiver  Kultürlegenden  er- 
innern. Sind  diese  aus  einer  Fülle  von  Märchen  verschiedensten 
Inhalts  hervorgegangen,  die  offenbar  vielfach  nachträglich  erst  an  den 
Namen  eines  herrschend  gewordenen  Tierhelden  geknüpft  werden, 
und  denen  daneben  nur  der  einer  Anzahl  von  ihnen  zukommende 
Charakter  von  Kult-  und  Kulturmärchen  einen  losen  Zusammenhang 
gibt,  so  nimmt  unter  den  Teilen,  aus  denen  ein  solcher  Zyklus  be- 
steht, naturgemäß  in  Regionen,  wo  das  Tiermärchen  verbreitet  ist, 
dieses  auch  hier  eine  herrschende  Stellung  ein.  In  das  Tiermärchen 
selbst  ragen  aber  mannigfach  schon,  besonders  in  den  Myth€;n  von 
der  Gewinnung  der  Tiere,  den  Schutzverträgen  mit  ihnen  usw.,  die 
Erscheinungen  des  Totemismus  herein.  Nun  besitzen  die  Totemtiere, 
wie  wir  früher  sahen,  den  doppelten  Charakter  von  Ahnentieren 
und  Schutzdämonen,  Vorstellungen,  die  wieder  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  auf  den  primitiven  Seelenglauben  zurückgehen  (Teil  II, 
S.  264  ff.).  Beide  Seiten  vereinigt  auch  die  primitive  Tierlegende 
in  dem  ihrem  Inhalt  das  Gepräge    gebenden  Kulturmärchen.     Hier 


^lo  üer  Natnrmythus. 


ist  sie  teils  Stammeslegende:  der  tierische  Held  eines  solchen  Mär- 
chenzyklus ist,  wenn  nicht  selbst  der  Ahnherr  des  Stammes,  so  doch 
der  Träger  der  ältesten  Stammestradition.  Besonders  aber  tritt  in 
der  Tierlegende  der  Schutzgedanke  in  den  Vordergrund:  er  ist  es, 
der  den  Hauptinhalt  jener  Kulturmärchen  ausmacht,  in  denen  die  in 
allen  Perioden  der  Märchenerzählung  eine  so  wichtige  Rolle  bewah- 
rende Vorstellung  der  hilfreichen  Tiere  in  der  ursprünglichsten  und 
eindrucksvollsten  Form  hervortritt.  Die  Macht  dieses  Schutzgedankens 
in  der  besonderen  Beziehung  auf  die  dem  Menschen  vor  andern 
unentbehrlich  erscheinenden  Zaubermittel  und  frühesten  Kulturgüter 
ist  es  denn  auch,  die  diese  Traditionen  einserseits  mit  den  Ahnen- 
und  durch  sie  indirekt  mit  den  Seelenvorstellungen  verbindet,  ander- 
seits an  den  so  entstehenden  Kern  der  Kult-  und  Kulturmärchen  alle 
möglichen  andern  Mythenmärchen  sich  angliedern  und  schließlich  aus 
ihnen  freie  Märchendichtungen  aller  Art,  besonders  Scherzmärchen, 
hervorwachsen  läßt.  Dabei  kommt  als.  ein  wesentlich  unterstützendes 
Moment  solchen  Märchenzyklen  noch  die  Wanderung  dieser  Mär- 
chen zu  Hilfe.  Keine  andere  Märchengattung  besitzt  von  frühe  an 
in  höherem  Grade  diese  Eigenschaft  der  Übertragung  von  Ort  zu 
Ort  Sie  häng^'  mit  dem  alle  diese  Wanderungen  beherrschenden 
Gesetz  zusammen,  daß  die  Verbindung  mit  irgendeiner  Zentralvor- 
stellung, die  einer  Märchengruppe  gemeinsam  ist,  die  Ausbreitung 
jedes  einzelnen  Bestandteils  eines  solchen  Zyklus  begfünstigt.  Eine 
derartige  Zentralvorstellung  besitzen  aber  die  Kulturlegenden  eben  in 
der  Gestalt  ihres  Helden.  Daher  sich  denn  auch  dieser  über  Ge- 
biete verbreiten  kann,  die  von  den  Totemvorstellungen,  in  denen 
er  ursprünglich  wurzeln  mag,  weit  abliegen,  während  er  selbst  durch 
die  Assimilation  sonstiger  Bestandteile  einen  immer  unbestimmteren 
Charakter  annimmt,  den  endlich  einzelne  Erzählungen  durch  die  der 
Märchenphantasie  zu  Gebote  stehenden  Zaubervenvandlungen  wieder 
auszugleichen  suchen. 

8.  Die  Wandlungen  des  Mythenmärchens. 

Die  Beurteilung  der  mythologischen  Bedeutung  des  Märchens  kann, 
abgesehen  von  den  aus  gewissen  früher  (S.  49  fr.,  58  ff.)  erörterten 
naturmjrthologischen  Theorien  stammenden  Vorurteilen,  hauptsächlich 
durch  zwei  Eigenschaften  dieser  ursprünglichsten  Klasse  von  Mythen- 


Die  Wandlungen  des  MytHenmärchens.  3 1 1 

erzählungen  getrübt  werden:  durch  die  Verbindung  verschie- 
dener Märchenstoffe  einerseits,  und  durch  den  im  Anschlüsse  daran 
sich  vollziehenden  Wandel  der  Märchenmotive  anderseits.  Bei 
allen  Formen,  die  wir  oben  kennen  lernten,  ist  uns  trotz  der  Ver- 
schiedenheit im  einzelnen  doch  dies  als  ein  gemeinsamer  Zug  be- 
gegnet, daß  das  Märchen  als  Mythenmärchen  beginnt  oder  mindestens 
der  Hauptsache  nach  einen  geglaubten  mythischen  Inhalt  birgt,  und 
daß  es  als  freie  Märchendichtung  endet.  Zwischen  diesen  Ausgangs- 
und Endpunkten  liegen  aber  alle  möglichen  Zwischenstufen,  auf  denen 
Mythus  und  Dichtung  mannigfaltig  gemischt  sind,  indes  das  Märchen 
mit  der  höheren,  der  Sage  und  Legende  entsprechenden  Form  er- 
zählender Dichtung,  dem  Epos,  von  frühe  an  das  Streben  teilt,  den 
vorgefundenen  mythischen  Inhalt  durch  freie  poetische  Erfindung  zu 
ergänzen.  Der  allgemeinen  Merkmale,  an  denen  bei  allen  diesen 
Formen  die  mythologischen  und  die  dichterischen  Bestandteile  über- 
haupt zu  erkennen  sind,  ist  oben  gedacht  worden  (S.  10  ff.).  Zu  ihnen 
bringt  nun  aber  das  Märchen  spezifische  hinzu,  die,  weil  sie  ganz 
und  gar  objektiver  Natur  und  zugleich  der  besonderen  Form  der 
Märchendichtung  entnommen  sind,  einen  sichereren  Maßstab  an  die 
Hand  geben  als  jene  im  einzelnen  Fall  vermöge  unserer  Unkenntnis 
der  Entstehungsbedingungen  zuweilen  versagenden  Kriterien.  Solche 
spezifische  Merkmale,  die  sich  der  obigen  Betrachtung  der  Haupt- 
formen des  Mythenmärchens  entnehmen  lassen,  bestehen  darin,  daß 
das  letztere  bei  seinem  Übergang  in  die  Märchendichtung  eigen- 
artige Märchen  formen  erzeugt,  die,  weil  sie  überhaupt  nur 
als  freie  dichterische  Schöpfungen  möglich  sind,  ohne  weiteres  in 
diesem  Fall  eine  Unterscheidung  begründen  würden,  wenn  nicht  auch 
hier  die  Grenzen  einigermaßen  fließende,  und  Mischungen  der  Be- 
standteile nicht  ausgeschlossen  wären.  Hiervon  abgesehen  sind  uns 
aber  als  Formen,  die  überall  die  Endpunkte  der  Entwicklung  des 
Mythenmärchens  und  seinen  Übergang  in  die  freie  Märchendichtung 
kennzeichnen,  die  folgenden  begegnet:  das  Lügenmärchen,  das 
Scherzmärchen,  das  biologische  Märchen,  endlich  als  Formen, 
die  über  die  Grenzen  des  Märchens  überhaupt  hinausreichen,  die 
Tierfabel  und  die  Novelle.  Anfänge  zu  diesen  poetischen  Weiter- 
entwicklungen zeigen  sich  bei  den  drei  ersten  dieser  Formen  schon 
in  einer   sehr  frühen  Zeit  in  Begleitung  des  Mythenmärchens  selbst. 


312  Der  Naturmythus. 


Man  darf  daher  nicht  erwarten,  das  letztere  irgendwo  in  ausschließ- 
licher Herrschaft  zu  finden.  Sollte  es  je  einmal  eine  Zeit  gegeben 
haben,  wo  dies  zutraf,  so  ist  sie  jedenfalls  nirgends  mehr  nachzuweisen. 
Eine  der  frühesten  der  obigen  dichterischen  Abwandlungsformen 
des  Mythenmärchens  ist  nun  das  Lügenmärchen.  Es  ist  das 
natürliche  Erzeugnis  des  Glücksmärchens,  sobald  durch  absichtliche 
Übertreibungen,  wie  deren  nur  die  individuelle  poetische  Erfindung 
fähig  ist,  die  Abenteuer  und  namentlich  die  Zauberwirkungen  so  ins 
Groteske  gesteigert  werden,  daß  sie  schon  in  den  Augen  des  naiven 
Naturmenschen  die  Grenzen  des  Glaubwürdigen  überschreiten  und 
den  Verdacht  der  willkürlichen  Erfindung  erwecken.  Doch  sind  diese 
Grenzen,  wie  nicht  bloß  das  Märchen  selbst,  sondern  auch  seine 
Fortsetzungen  in  Sage  und  Legende  lehren,  so  weite  und  zugleich 
veränderliche,  daß  eine  Entscheidung  wohl  nur  von  Fall  zu  Fall,  ins- 
besondere nach  den  sonstigen  Verbindungen  des  erzählten  Inhalts 
und  den  Bedingungen  seiner  Entstehung  zu  treffen  ist.  Auch  kommt 
es  gerade  hier  gewiß  nicht  selten  vor,  daß  von  gewissen  Teilen 
einer  Bevölkerung  ein  Märcheninhalt  geglaubt  wird,  während  er  einem 
andern  als  reine  Erfindung  gilt,  weshalb  denn  auch,  sobald  nur  erst 
eine  Gattung  von  Lügenmärchen  als  solche  anerkannt  ist,  für  viele 
dieser  Begriff"  auf  die  wirklichen  Mythenmärchen  zurückwirkt.  So 
vollzieht  sich  frühe  schon  in  diesem  Teil  der  Mythenentwicklung  ein 
Umschwung,  ähnlich  dem,  den  späterhin  die  Verstandesaufklärung 
aller  Mythologie  gegenüber  herbeizufuhren  sucht.  Der  Mythus  wird 
in  seinem  ganzen  Umfang  als  ein  Gewebe  von  Lügenmärchen  be- 
trachtet. Das  sind  natürlich  Vermengungen,  bei  denen  der  richtige 
Begriff*  dieser  dichterischen  Auswüchse  des  phantastischen  Glücks- 
märchens verschwindet  In  wie  frühe  Zeit  diese  selbst  in  ihrem  klar 
bestimmten  Gegensatz  zu  dem  wirklichen  Mythenmärchen  zurück- 
reichen, dafür  bietet  übrigens  die  primitivste,  fast  ganz  aus  Mythen- 
märchen bestehende  Mythologie,  die  wir  kennen,  die  der  Eingebomen 
Zentralaustraliens,  ein  sprechendes  Zeugnis.  Sie  unterscheiden  nach 
dem  Bericht  C.  Strehlows  zwei  Gattimgen  der  unter  ihnen  umlaufen- 
den Erzählungen:  die  einen  gelten  ihnen  als  wahr,  die  andern  als 
erfundene  Geschichten,  die  bloß  dazu  bestimmt  sind,  die  Neugier 
der  Weiber  und  Kinder  zu  befriedigen,  vor  denen  gewisse  Zeremo- 
nien,   namentlich   die    der   Männerweihe,    geheim    gehalten    werden 


Die  Wandlnngen  des  Mytheninärclieiis.  ^iß 

müssen.  In  die  gleiche  Kategorie  gehören  dann  bei  diesen  Stämmen 
auch  solche  Geschichten,  die  man  erzählt,  um  den  Kindern  Furcht 
vor  bösen  Geistern  einzujagen,  nebst  den  zum  allgemeinen  Ergötzen 
erfundenen  Scherzmärchen  ^).  Sehi*  erheblich  scheint  in  diesem  Fall 
der  Unterschied  zwischen  beiden  Gattungen  ihrem  Inhalte  nach  aller- 
dings nicht  zu  sein,  was  bei  der  grenzenlosen  Phantastik,  in  der  sich 
auch  das  Mythenmärchen  bewegt,  begreiflich  ist.  Jedenfalls  existiert 
er  aber  im  Bewußtsein  des  Stammes  selbst;  und  ähnlich  wird  man 
wohl  voraussetzen  dürfen,  daß  namentlich  bei  den  reinen  Aben- 
teuermärchen primitiver  Völker  viele  mit  unterlaufen,  die  ziemlich 
allgemein  als  erfunden  gelten  und  daher  zu  beliebiger  weiterer  Aus- 
schmückung herausfordern. 

Das  Scherzmärchen  geht  nicht  selten  unmittelbar  aus  dem 
Lügenmärchen  hervor,  indem  die  groteske  Übertreibung  an  sich  schon 
genügen  kann,  eine  komische  Wirkung  hervorzubringen.  Zu  dieser 
quantitativen  gesellt  sich  aber  bei  ihm  doch  in  der  Regel  auch  eine 
qualitative  Komik,  indem  der  Märchenheld  in  lächerlichen  Situationen 
geschildert,  überlistet  und  da,  wo  er  andern  nachstellt,  selber  zu  Fall 
gebracht  wird.  Es  ist  schon  oben  bemerkt  worden,  wie  solche  Scherz- 
märchen mit  Vorliebe  an  die  Helden  der  beginnenden  Legende  an- 
knüpfen, um  sich  dann  von  da  aus  in  die  höheren  Formen  derselben 
fortzusetzen.  Sind  die  Scherzstücke  anfanglich  nur  vereinzelte  Episo- 
den, so  können  diese  schließlich  so  überwuchern,  daß  der  ursprüng- 
liche Märchen-  und  Legendenheld  ganz  zur  komischen  Figur  und 
damit  zu  einem  Mittelpunkt  freier  erheitender  Phantasiespiele  wird. 
Von  den  die  Männer  ergötzenden,  Weiber  und  Kinder  erschreckenden 
Scherzen  der  Zentralaustralier  erstreckt  sich  die  Reihe  dieser  Schöp- 
fungen über  den  Mänäbush,  den  Coyoten  der  Prärie-Indianer  bis  zu 
dem  Teufel  und  seiner  eigens  zur  Ausschmückung  seines  scherz- 
haften Hofstaates  erfundenen  Großmittter  des  christlichen  Märchens. 
Daneben  sind  vereinzelte  Scherzmärchen,  die  das  Mythenmärchen  be- 
gleiten und  es  überleben,  über  alle  Länder  verbreitet. 


*)  Streblow,  Mythen,  Sagen  und  Märchen  des  Aranda-Stammes,  S.  lOf.  Strehlow 
bezeichnet  die  fUr  wahr  gehaltenen  Erzählungen  als  »Sagen«,  die  Lügen-  und  andere 
erfundene  Geschichten  als  »Märchen«.  Beide  sind  natürlich  nach  der  oben  (S.  33  fr.) 
gemachten  Unterscheidung  des  Begriffs  Märchen;  als  Mythenmärchen  ist  aber  nur  die 
erste  Art  zu  betrachten. 


7  14.  I^cr  Natnrmythus. 


Mit  dem  Scherzmärchen  nahe  verwandt  ist  die  dritte,  nicht  selten 
eine  Unterform  zu  ihm  bildende  Gattung  der  Märchendichtung:  die 
des  biologischen  Märchens,  dessen  wichtige  Übergangsstellung 
zwischen  Märchen  und  Fabel  bereits  früher  erörtert  wurde  (Teil  I 
S.  352  ff.).  Gleich  dem  Scherzmärchen  trägt  es  von  Hause  aus  die 
Spuren  willkürlicher  Erfindung  an  sich.  Man  merkt  ihm  noch  an,  daß 
es  selbst  ursprünglich  scherzhaft  gemeint  ist.  Aber  daneben  hat  es 
doch  zugleich  eine  ernste  Seite,  die  es  von  dem  eigentlichen  Scherz- 
märchen scheidet  und  namentlich  bei  der  weiteren  Ausbreitung  ge- 
legentlich wohl  einmal,  so  gut  wie  das  bei  dem  Lügenmärchen  ge- 
schieht, zur  geglaubten  Erzählung  machen  kann.  Diese  ernsthafte 
Seite  besteht  eben  darin,  daß  es  immerhin,  in  so  absurder  Weise  dies 
auch  geschehen  mag,  Rechenschaft  über  die  Entstehung  natürlicher 
Tierformen  oder  einzelner  Eigenschaften  gewisser  Tiere  gibt.  In  diesem 
Sinne  ist  es  die  unbedingt  früheste  Form  einer  explikativen  Mär- 
chendichtung, also  der  erste  Versuch  einer  Naturerklärung  in  märchen- 
hafter Form.  Daß  eine  solche  die  Tiere,  seltener  nur  die  Pflanzen, 
Steine  und  andere  Naturobjekte  zu  ihrem  Inhalt  hat,  ist  wiederum  ein 
bedeutsames  Zeugnis  für  die  wichtige  Stellung,  die  das  Tier  in  der 
frühesten  Märchenphantasie  einnimmt.  Als  Versuch  einer  solchen 
Naturerklärung  des  einzelnen  Objektes  ist  aber  zugleich  das  biolo- 
gische Märchen  kein  reines  Phantasieprodukt  mehr,  sondern  es  ent- 
hält, mag  es  nun  ernst-  oder  scherzhaft  gemeint  sein,  einen  erheb- 
lichen Anteil  verständiger  Überlegung.  Teils  ist  es  offenbar  die  Rolle, 
die  manchen  Tieren,  wie  dem  Raben,  dem  Hasen,  schon  im  Mythen- 
märchen zukommt,  teils  die  auffallende  Körperform  oder  Zeichnung, 
die  zuerst  eine  solche  explikative  Märchenerfindung  herausfordert. 
So  gibt  es  im  Norden  Amerikas  und  der  nördlichen  Gebiete  der 
Alten  Welt  wohl  ein  Dutzend  Varianten  über  das  Thema,  wie  der 
Rabe  schwarz  geworden  ^ei.  Anderseits  sind  die  Auster,  die  Schild- 
kröte, die  Schlange,  gewisse  auffallend  gestaltete  Fische  die  verbrei- 
tetsten  Gegenstände  dieser  primitiven  Märchenzoologie').  Dabei  be- 
gleitet dieselbe  das  Mythenmärchen  und  seine  Ausläufer  von  den 
frühesten  Anfängen  an  bis  tief  herab  in  die  spätere  Märchendichtung. 
Ein   besonders  dankbares  Feld   für   die   hier  sich  betätigende  Erfin- 


*)  Vgl.  z.  B.  das  Teil  I,  S.  352  f.  (2.  Aufl.  S.  374)  mitgeteilte  melanesische  Märchen. 


Die  Wandlungen  des  Mythenmärchens.  7ie 

dungskraft  bildet  insbesondere  auch  der  biblische  Mythenstoff  der 
Paradieses-  und  Flutsagen').  Diese  üppig  wuchernden  Schößlinge 
der  bereits  ausgebildeteren  kosmogonischen  und  anthropogonischen 
Mythen  zeigen  deutlich,  wie  diese  früh  erwachte  Naturdeutung  ein 
aus  Phantasie-  und  Verstandestätigkeit  gemischtes  Spiel  ist,  mit  dem 
das  Hereintragen  solcher  Reflexionsmotive  in  den  Mythus  vielleicht 
am  frühesten  beginnt,  um  schließlich  durch  den  Übergang  in  die 
sinnreich  erfundene  Tierfabel  den  Verfall  des  Mythenmärchens  selbst 
zu  überdauern.  Keine  Frage  kann  es  aber  sein,  daß,  wo  immer 
solche  biologische  Märchen  oder  Märchenepisoden  vorkommen,  sie 
Produkte  individueller  Erfindung  sind,  die  möglicherweise  durch  die 
Tradition  über  weite  Kreise  sich  ausbreiten  können,  während  sie  an 
sich,  so  g^t  wie  etwa  die  moralisierende  Fabel,  die  sich  allmählich 
aus  ihnen  abzweigt,  außerhalb  des  eigentlichen,  in  allgemein  ver- 
breiteten Anschauungsmotiven  wurzelnden  Mythenmärchens  liegen. 

Reicht  das  biologische  Märchen  immer  noch  insofern  in  das  Mythen- 
märchen zurück,  als  es,  ebenso  wie  das  Scherzmärchen,  von  dem  es  ja 
häufig  nur  eine  besondere  Spezies  bildet,  eine  frei  erfundene  Episode 
in  einem  im  übrigen  noch  mythischen  Stoff  ist,  so  sind  nun  Novelle 
und  Fabel  schließlich  zu  rein  dichterischen  Formen  geworden,  die 
in  Tendenz  und  einheitlichem  Aufbau  durchaus  ihren  individuellen 
Ursprung  verraten.  Daß  gleichwohl  auch  sie  ursprünglich  Ausläufer 
des  Mythenmärchens  sind,  zeigt  aber  deutlich  die  enge.  Beziehung, 
in  der  sie  zu  bestimmten  Formen  des  Mythenmärchens  stehen:  die 
Novelle  zu  dem  Glücksmärchen,  die  Fabel  zu  dem  Tiermärchen.  Dort 
bildet  das  allmähliche  Verschwinden  der  Zauberhilfen  und  ihr  Ersatz 
durch  die  natürlichen  Triebfedern  menschlichen  Handelns  das  äußere 
Zeichen  dieses  Übergangs.  Hier  vollzieht  er  sich  durch  die  in  das 
Tiermärchen  von  außen  hineingetragenen  verständigen  oder  moralischen 
Zwecke. 

Doch  mit  diesen  Übergängen  in  bestimmte  Formen  der  poetischen 
Erzählung,  die  durch  ihre  Einfachheit  immer  noch  eine  gewisse  Ver- 
wandtschaft mit  dem  Mythenmärchen  bewahren,  vollzieht  sich  nun 
noch  ein   zweiter  Wandel,   der  zugleich  dem   mythischen  Charakter 

^;  Vgl.  die  reiche  Sammlung  solcher  biologischer  Auswüchse  der  alttestament- 
lichen  Schöpfungs-  und  Flutsagen  bei  O.  Dähnhardt,  Natursagen,  I,  bes.  S.  127  (f., 
206  ff.,  257  ff. 


3i6  I^er  Naturmythus. 


des  Märchens  eine  längere  Dauer  sichert.  Dieser  Wandel  wird  durch 
die  Aufnahme  der  mythischen  Bestandteile  des  ursprünglichen  Mär- 
chens in  Sage  und  Legende  bewirkt.  Ist  es  dort  die  individuelle 
künstlerische  Erfindungskraft,  die  das  Märchen  aus  der  mythologischen 
in  die  rein  poetische  Form  überfuhrt,  so  ist  es  hier  umgekehrt  die 
festere  Beziehung  auf  bekannte  Orte  und  geschichtliche  oder  für  ge- 
schichtlich gehaltene  Ereignisse  oder  schließlich,  bei  dem  Übergang 
zur  Göttersage,  die  Verbindung  mit  dem  der  Erringung  der  vor- 
nehmsten Lebensgüter  dienenden  Kultus,  die  den  Mythengehalt  des 
Märchens  bewahren  hilft.  Zugleich  ist  es  diese  Verbindung,  die 
gewissen,  bis  dahin  im  Mythenmärchen  selbst  zurücktretenden  und 
in  seinen  Weiterbildungen  zu  Dichtung  und  Fabel  nahezu  ganz  ver- 
schwindenden Formen,  vor  allem  dem  Himmelsmärchen  zu  wachsender 
Bedeutung  verhilft.  In  diesen  Übergang  gereift  dann  wiederum  die 
kosmogonische  Sage  als  ein  wichtiges  Glied  ein.  Doch  an  diese 
Entwicklung  zu  den  höheren  Formen  des  Mythus  schließt  sich  aber- 
mals ein  Übergang  in  frei  erfundene  Dichtungen  an,  die  entweder  in 
die  Märchenform  zurücklaufen,  oder  die,  den  in  Sage  und  Legende 
eingetretenen  Kulturbeziehungen  treu  bleibend,  geschichtliche  Über- 
lieferungen aufnehmen.  So  sind  schließlich  Märchendichtung  und 
Novelle  die  beiden  Formen,  in  die  auf  dieser  höheren  Stufe  die 
Mythenentwicklung  ausläuft,  nur  daß  freilich  jene  poetischen,  mehr 
und  mehr  kunstmäßig  sich  gestaltenden  Umwandlungen  nach  den 
veränderten  Kulturbedingungen,  aus  denen  sie  hervorgegangen,  selbst 
sich  gewandelt  haben. 

Hiemach  läßt  sich  die  Entwicklung  des  Mythenmärchens  samt 
diesen  seinen  Übergängen  in  die  Dichtung  in  dem  folgenden  Schema 
in  ihren  wensentlichsten  Zügen  zum  Ausdruck  bringen: 

Mytiieomarchen 

/ ' s 

Mythus  iD  Sage  und  Legende ».  Märchendichtung 


Novelle  Fabel 


Die  Wandlnngen  des  Mythenmärcliens.  7iy 

Diese  Entwicklung  erscheint  so  zum  Teil  als  ein  Kreislauf,  in  wel- 
chem das  Märchen  den  Ausgangs-  wie  Endpunkt  bildet.  Nur  ist  frei- 
lich das  Märchen  selbst  dabei  ein  anderes  geworden.  Im  Anfang  steht 
das  reine  Mythenmärchen,  am  Ende  die  reine  Märchendichtung  und 
die  ihrerseits  wieder  eine  reiche  Weiterentwicklung  einleitende  No- 
velle. So  schließt  auch  hier  der  scheinbare  Kreislauf  zugleich  einen 
wachsenden  Reichtum  neuer  Erscheinungen  in  sich').  Der  Fehler  der 
überlieferten  Naturmythologie  besteht  nun  darin,  daß  sie,  eingeschränkt 
im  wesentlichen  auf  die  Mythen  und  mythologischen  Dichtungen  der 
alten  Kulturvölker,  die  Bedeutung  des  Mythenmärchens  übersieht 
und  daher  nur  den  absteigenden  Teil  dieser  Entwicklung  beachtet 
So  wird  ihr  das  Märchen,  soweit  es  nicht  freie  Dichtung  ist,  zur 
degenerierten  Sage;  und,  da  sie  nun  einmal  in  diese  abwärts  gehende 
Konstruktion  geraten  ist,  so  wird  ihr  die  höchste  Form  der  Sage, 
die  Göttersage,  zum  Anfang  der  Mythenbildung.  So  haben  in  der 
Anwendung  dieses  einseitigen  Entwicklungsschemas  die  griechische, 
die  indische,  die  ägyptische  und  schließlich  die  babylonische  Mytho- 
logie einander  abgelöst.  Auch  auf  die  Ethnologie  ist  diese  Auf- 
fassung übergegangen.  Nachdem  einmal  die  in  den  Mythologien  der 
Kulturvölker  so  reich  angesammelten  Märchenstoffe  samt  und  sonders 
zu  Göttermythen  gestempelt  waren,  lag  es  ja  nahe,  in  den  Mythen- 
märchen der  Naturvölker  Anfange  einer  sogenannten  »höheren  Mytho- 
logie«, also  eines  Göttermythus,  zu  erblicken,  neben  dem  im  wesent- 
lichen unabhängig  eine  »niedere  Mythologie«  in  den  Seelen-  und 
Zaubervorstellungen  zu  allen  Zeiten  ihr  Dasein  fristen  sollte.  Wo  sich 
aber  jemals  Zweifel  an  dieser  Konstruktion  regten,  da  entschloß  man 
sich  kühn,  zwischen  diesen  beiden  Gebieten,  denen  es  ja  natürlich  an 
Beziehungen  nicht  fehlt,  eine  Brücke  zu  schlagen,  die  von  den  Seelen- 
und  Zaubervorstellungen  direkt  und  ausschließlich  zum  Göttermythus 
führte.  Hier  wird  dann  die  Naturanschauung  mit  der  Fülle  der  aus 
ihr  entsprossenen  Mythenmärchen  überhaupt  aus  dem  Schuldkonto  der 
Mythologen  gestrichen  oder  höchstens  unter  die  Rubrik  späterer  An- 
leihen verwiesen.  Meist  bot  dazu  der  dehnbare  Begriff*  des  »Fetisch« 
ein  bequemes  Mittel.     Ließ  er  sich  doch,   wenn  man  ihn  nur  nach 


^)  Über  die  Entwicklung  der   hier  erwähnten  Formen   der  Dichtung  vgl.  Teil  I, 
S.  326  ff.  (2.  Aufl.  S.  369  ff.). 


5i8  Der  Naturmythus. 


Bedürfnis  wendete,   ebensogut  auf  ein  dämonisches  Zauberwesen  wie 
auf  einen  beginnenden  Gott  deuten'). 

Aber  noch  durch  ein  anderes  Moment  ist  die  Auflassung  des 
Mythus  in  diesen  Anfängen  seiner  Entwicklung  getrübt  worden:  es 
besteht  indem  unterschiedslosen  Zusammenwerfen  des  Mythen- 
märchens mit  der  Märchendichtung,  einer  Vermengung,  die 
mit  der  aus  der  Romantik  überkommenen  Anschauung  zusammen- 
hing, jeder  Mythus  sei  ursprüngliche  Dichtung.  Diese  Ansicht  kehrte 
sich  dann  leicht  auch  in  die  andere  um,  jede  Dichtimg,  sofern 
sie  nur  irgendwie  phantastisch  geartet  sei,  könne  als  Mythus  be- 
trachtet werden.  Scheidet  man  daher  unter  den  poetischen  Weiter- 
bildungen des  Mythenmärchens  im  allgemeinen  die  Novelle,  weil  ihr 
diese  Phantastik  allmählich  abhanden  kommt,  und  die  Fabel  wegen 
ihres  allzu  lehrhaften  Inhaltes  aus,  so  ist  man  im  allgemeinen  geneigt, 
alle  innerhalb  eines  Volkes,  namentlich  eines  primitiveren  umlaufen- 
den Lügen-,  Scherz-,  besonders  aber  alle  biologischen  Märchen  den 
Mythenbildungen  zuzurechnen.  Da  nun  vor  allem  die  letzteren  von  frühe 
an  in  üppig  wuchernder  Fülle  das  Mythenmärchen  begleiten,  so  liegt 
die  Verführung  nahe,  den  explikativen  Charakter  solcher  Dichtungen 
auch  auf  das  wirkliche  und,  wie  der  Zusammenhang  mit  Leben  und 
Kultus  lehrt,  geglaubte  Mythenmärchen  zu  übertragen.  Dies  geschieht 
um  so  leichter,  als  es  unter  diesen  zahlreichen  explikativ-biologischen 
Märchen  manche  gibt,  in  die  als  Nebenbestandteile  irgendwelche 
mythologische  Vorstellungen,  besonders  Elemente  des  Himmels-  und 
des  Tiermärchens,  hereinreichen.  Ein  sprechendes  Beispiel  dieser  Art 
ist  das  in  Südafrika  verbreitete  Märchen  von  dem  Mond  und  dem 
Hasen  (Teil  I,  S.  153):  der  Mond  schickt  den  Hasen,  um  den  Men- 
schen anzukündigen,  daß  sie,  wie  der  Mond  selbst,  wieder  aufleben 
sollen,  wenn  sie  gestorben  sind.  Der  Hase  richtet  jedoch  die 
Botschaft  verkehrt  aus.  Darum  kann  aus  dem  Versprechen  nichts 
werden,  die  Menschen  müssen  sterben,  ohne  wieder  lebendig  zu  wer- 
den. Der  Mond  ergrimmt  über  den  Hasen,  spaltet  dessen  Mund,  ein 
Zeichen  der  Strafe,  das  er  von  da  an  bewahrt  hat.  Diese  Erzäh- 
lung ist  ein  echtes  biologisches  Märchen  von  explikativem  Charakter. 
In    der  Vorstellung   vom   Sterben   und   Wiederaufleben  des   Mondes 


»J  Vgl.  Teil  I,  S.  546  fif.,  n,  S.  142  ff. 


Die  Wandlangen  des  MythenmSrcliens.  310 

und  in  der  Beziehung  der  Figur  im  Monde  auf  einen  Hasen  hat  es 
jedoch  Züge  des  Himmelsmärchens  in  sich  aufgenommen.  Immerhin 
sind  gerade  diese  Züge  so  gewendet,  daß  sie  die  ganze  Fabel  deut- 
lich genug  in  die  Reihe  der  witzig  erfundenen  Scherzfabeln  verweisen. 
Daß  solche  halb  phantastische  halb  verstandesmäßige  Produkte  indi- 
vidueller Erfindung  eine  besonders  g^oße  Macht  der  Verbreitung  be- 
sitzen, lehren  übrigens  genugsam  die  Fabeln  in  der  Weise  des 
Reineke  Fuchs,  von  denen  sich  einzelne  in  unerheblichen  lokalen 
Variationen  über  alle  Gebiete  der  Alten  Welt  verbreitet  haben*). 
Daß  aber  diese  witzigen  oder  in  ihren  weiteren  Umwandlungen  in 
eine  moralische  Tendenz  ausmündenden  Fabeln  mit  dem  geglaubten 
Mythenmärchen  überhaupt  nichts  mehr  zu  tun  haben,  wenn  sie  auch 
ursprünglich  aus  ihm  hervorgegangen  sein  mögen  und  sehr  frühe 
schon  sich  mit  ihm  vermischen,  ist  augenfällig.  Denn  gerade  hier 
bilden  die  Merkmale  der  singulären,  auf  individuelle  erfinderische  Tätig- 
keit zurückweisenden  Entstehung  die  äußeren,  und  die  Scheidung  der 
wirklich  innerhalb  einer  bestimmten  Bevölkerung  geglaubten  von  den 
nicht  geglaubten  Inhalten  die  inneren  Kriterien  für  die  Sonderung 
des  wirklichen  Mythenmärchens  von  solchen  rein  dichterischen  oder 
stark  mit  Dichtung  vermischten  Bestandteilen  der  Volkstradition.  Zu 
diesen  inneren  Kriterien  gehört  insbesondere  auch  dies,  daß  das  echte 
Mythenmärchen  stets  ernsthaft  gemeint  ist,  so  daß,  wenn  einzelne 
Figuren  desselben  zu  Helden  des  Scherzmärchens  werden,  die  letz- 
teren Stücke  eben  damit  auch  sofort  aus  dem  Bereich  der  eigent- 
lichen Mythenmärchen  ausscheiden.  Solche  Lügen-,  Scherz-  oder 
halb  scherzhafte  halb  explikative  biologische  Märchen  kann  dann 
natürlich  da  und  dort  einmal  ein  einzelner  fürwahr  halten,  wie  denn 
ja  schon  die  Australier  gewisse  Lügenmärchen  erfinden,  um  Kinder 
und  Weiber  hinters  Licht  zu  führen  (S.  312  f.).  Immer  aber  bleiben 
dies  Ausnahmen,  die,  aus  der  Vermischung  dieser  Gattungen  hervor- 
gehend, die  Grenzlinien  im  ganzen  nicht  verwischen  können. 

Scheidet  man  nun  nach  diesen  Kriterien  alle  jene  mit  dem  eigent- 
lichen Mythenmärchen  unter  dem  Gesamtnamen  des  Märchens  und 
der  Fabel  vereinigten  Stücke  oder  Episoden,  die  nicht  wirkliche 
Mythen,   sondern   unverkennbare   dichterische  Erfindungen  einzelner 

'}  Vgl.  Teil  I,  S.  343  ff.  (2.  Aufl.  S.  361  ff.). 


^20  I^er  Naturmythus. 


sind,  aus,  so  wird  damit  auch  die  verbreitete  Annahme,  die  ursprüng- 
lichen Formen  des  Naturmythus  seien  zugleich  die  ersten  Versuche 
einer  »Naturdeutung«,  hinfällig.  Sie  trifft  im  Grunde  nicht  einmal 
fiir  die  große  Mehrzahl  jener  biologischen  Märchen  zu,  die  die  Form, 
Farbe  oder  Zeichnung  eines  Tieres  mittels  irgendeiner  zu  diesem 
Zweck  erfundenen  Fabel  zu  erklären  scheinen.  Denn  insoweit  diese 
Fabeln  Scherzfabeln  sind,  haben  sie  tatsächlich  nicht  den  Zweck, 
eine  solche  Erklärung  zu  geben,  sondern  sie  wollen  lediglich  durch 
die  Erdichtung  einer  womöglich  komischen  Entstehungsweise  jener 
Eigenschaften  den  Hörer  und  den  Erzähler  selbst  ergötzen.  Schwer- 
lich ist  z.  B.  jemals  der  Glaube  verbreitet  gewesen,  der  Mond  habe 
wirklich  aus  dem  in  dem  obigen  Märchen  erzählten  Gnmd  dem  Hasen 
seine  Scharte  als  Denkzeichen  mitgegeben.  Doch,  sind  auch  diese 
Erzählungen  selbst  keine  Versuche  einer  wirklichen  Naturdeutung,  so 
zeigen  sie  immerhin,  daß  sich  das  menschliche  Denken  hier  in  einem 
Stadium  befindet,  in  dem  ihm  eine  kausale  Verbindung  der  Erschei- 
nungen, die  sich  auf  dem  Boden  geläufiger  Erfahrungen  bewegt,  nicht 
fremd  ist.  Nur  gehört  das  echte  Mythenmärchen  selbst  der  Kate- 
gorie solcher  Scheinerklärungen  nicht  an.  Denn  die  biologische  Fabel 
entnimmt  ihre  Deutungen  den  außerhalb  des  Mythus  liegenden  prak- 
tischen Lebenserfahrungen  und  wendet  sie  auch  in  keinem  andern 
Sinne  als  eben  in  dem  einer  witzig  erdachten  möglichen  Entstehungs- 
weise gewisser  Eigenschaften  der  Tiere  an.  So  gehört  es  zu 
den  gewöhnlichsten  Lebenserfahrungen,  daß  eine  Scharte  durch  den 
Hieb  mit  einem  Beil  entsteht,  oder  daß  ein  Gegenstand  durch  die 
Berührung  mit  einer  Flamme  schwarz  wird.  Nach  diesen  Erfah- 
rungen hat  der  Urheber  des  biologischen  Märchens  seine  Geschichte 
von  der  Entstehung  der  Hasenscharte  oder  der  schwarzen  Farbe  des 
Raben  erfunden,  ohne  natürlich  selbst  an  sie  zu  glauben.  Dagegen 
ist  der  in  einem  wirklichen  Mythenmärchen  berichtete  Vorgang  ein 
unmittelbar  wahrgenommener,  und  die  Kausalität,  die  allerdings  auch 
hier  nicht  fehlt,  ist  die  des  Zaubers,  der  sich  von  jenen  Deutungen 
des  biologischen  Märchens  eben  dadurch  unterscheidet,  daß  er,  un- 
bekümmert um  die  Kausalverbindungen  der  wirklichen  Erfahrung, 
lediglich  nach  dem  subjektiven  Fürchten  und  Hoffen  des  Menschen 
Erscheinungen  verbindet,  die  einander  beliebig  ferne  liegen,  oder  die  er 
aus  sich  selbst,  durch  die  bloße  Macht  der  Phantasie  entstehen  läßt. 


Die  Wandlangen  des  Mythenmärchens.  32 1 


Gleichwohl  bezeichnet  das  biologische  Märchen,  ebenso  wie  die  aus 
ihm  entspringende  Fabel,  eine  wichtige  Station  in  der  Entwicklung 
des  menschlichen  Denkens:  es  zeigt,  daß  sich  hier  tatsächlich  ein 
verstandesmäßiges  und  von  den  subjektiven  Gemütsbewegungen,  die 
den  Zauber  entstehen  lassen,  unabhängiger  gewordenes  Denken  zu 
regen  beginnt,  wobei  es  freilich  bezeichnend  genug  ist,  daß  diese 
erste  Regung  zunächst  mehr  in  der  Form  scherzhafter  Kombination 
denn  als  ernstgemeinte  Naturerklärung  auftritt. 

In  die  gleiche  Kategorie  ursprünglich  singulärer  Erfindungen  ge- 
hören dann  offenbar  ähnliche  Deutungen  einzelner  lebloser  Naturob- 
jekte, die  etwa  wegen  der  Eigenart  ihrer  Form  die  Aufmerksam- 
keit fesseln,  und  die  sich  nun  gelegentlich  mit  den  Inhalten  des 
Mythenmärchens  verbinden.  Sie  können  daher  gleich  diesen  geglaubt 
w^erden,  ohne  aber  zunächst  mit  den  an  die  Handlung  des  Märchens 
gebundenen  Motiven  in  eine  engere  Verbindui^  zu  treten.  Dahin 
ist  es  wohl  schon  teilweise  zu  rechnen,  wenn  von  frühe  an  so 
vielen  Erzählungen  der  Schluß  angehängt  ist,  einer  der  Helden 
der  Geschichte  sei  in  diesen  oder  jenen  noch  heute  sichtbaren  Stein 
oder  Felsblock  verwandelt  worden.  Auch  vereinzelte,  außerhalb  eines 
Zusammenhangs  mit  eigentlichen  Märchen  stehende  Vermutungen, 
wie  die  über  die  Entstehung  der  Sonne  aus  einem  glänzenden  Ge- 
genstand, einzelner  Sternbilder  aus  einem  an  den  Himmel  gewor- 
fenen Tier  und  andere  ähnliche  mögen  hierher  gehören.  Sobald 
solche  Aussagen,  gleich  den  biologischen  Märchendeutungen,  nicht 
die  unmittelbare  Auffassung  eines  gesehenen  Vorgangs  wiedergeben, 
sondern  sich  nur  auf  die  Frage  beziehen,  wie  irgendein  Gegen- 
stand, namentlich  ein  auffallend  geformter,  einmal  geworden  sein 
könne,  so  scheiden  sie  mit  dem  rein  explikativen  Charakter,  den  sie 
dadurch  annehmen,  aus  dem  eigentlichen  Mythenmärchen  aus,  wie 
sie  denn  auch  aufhören,  zu  dem  eigenen  Fürchten  und  Hoffen  des 
Menschen  in  Beziehung  zu  stehen.  Dagegen  sind  sie  sporadische 
Anfänge  kosmogonis eher  Mythen,  die,  lange  vor  den  eigentlichen 
und  zusammenhängenderen  Kosmogonien  beginnend,  diese  darin  vor- 
bereiten, daß  in  ihnen  zum  erstenmal  das  intellektuelle  Interesse  das 
vorherrschende  ist,  und  daß  daher  in  ihnen  schön  mythenbildende 
Phantasie  und  dichterische  Erfindung  mit  verstandesmäßiger  Reflexion 
sich   vereinigen,  —  ein  Bündnis,    das,   wie  wir  sehen  werden,  vor 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  21 


3  22  ^^^  Natarmythas. 


allem  andern  den  Beginn  des  kosmogonischen  Mythus  kennzeichnet. 
Denn  dieser  ist  überall  mehr  Dichtung  als  Mythus;  und  als  Dichtung 
fuhrt  er  wiederum  bis  an  die  Grenze  interpretierender  Wissenschaft. 
Das  biologische  Märchen  und  die  ihm  analogen  sporadischen  Natur- 
deutungen sind  so  die  ersten  vereinzelten  Anfange  dieser  mehr  und 
mehr  über  den  Mythus  selbst  hinausfuhrenden  Erzeugnisse.  Sie 
zeigen  aber  zugleich,  daß  die  kosmogonische  Dichtung  nicht  mit 
Sonne,  Mond  und  Sternen  beginnt,  sondern  mit  Tier  und  Mensch, 
die,  wie  sie  die  nächsten  Objekte  des  Mythus  sind,  so  auch  seinen 
Übergang  in  die  mythologische  Dichtung  der  Kosmogonien  vor- 
bereiten. Im  Gegensatz  hierzu  bleibt  nun  der  Inhalt  des  eigentlichen 
Mythenmärchens  die  unmittelbar  geglaubte  Wirklichkeit  mit 
ihrer  an  keine  Schranken  von  Raum,  Zeit  und  Erfahrung  gebundenen 
Zauberkausalität.  Wie  das  im  Traum  erscheinende  Bild  eines  Men- 
schen dieser  Mensch  selbst  als  schattenhaftes  Wesen,  oder  wie  der 
zuletzt  ausgehauchte  Atem  die  aus  dem  Leibe  sich  entfernende  Seele 
selbst  ist,  keine  Theorie,  durch  die  sich  der  primitive  Mensch  Leben 
und  Seele  erklären  will,  so  schildert  das  primitive  Naturmärchen  in 
dem  Sonnenuntergang  oder  in  einer  Sonnenfinsternis  den  wirklich  ge- 
sehenen Kampf  zwischen  dem  Sonnenwesen  und  einem  dunkeln  Un- 
geheuer. Ähnlich  gilt  oder  galt  wenigstens  bis  vor  kurzer  Zeit  dem 
Prärie-Indianer  die  Erzählung  von  dem  Knaben,  der  dereinst  einen 
Vertrag  mit  den  Büffeln  geschlossen,  für  die  Tradition  einer  wirk- 
lichen Begebenheit,  die  die  Vorfahren  des  Stammes  erlebten.  So 
ist  der  Mythus  in  seiner  ursprünglichen  Gestalt  keine  Deutung  der 
Wirklichkeit,  sondern  die  Wirklichkeit  selbst,  deren  Bestandteile  durch 
die  phantastische  und  völlig  schrankenlose  Kausalität  des  Zaubers 
verbunden  sind.  Diese  Vorstellungen  gehen  erst  auf  einer  späteren, 
über  die  Periode  des  Mythenmärchens  hinausliegenden  Stufe,  auf  der 
des  kosmogonischen  Mythus,  weiterreichende,  allmählich  das 
Ganze  der  Natur  umschließende  Verbindungen  ein,  und  diese  bilden 
schließlich  wirklich  die  Anfänge  einer  aus  der  mythologischen  Dich- 
tung hervorwachsenden  Naturphilosophie. 


Götter,  Helden  und  DXmonen.  323 

III.  Der  Mythus  in  Sage  und  Legende. 

I.  Götter,  Helden  und  Dämonen. 

Die  mythologischen  Systeme  pflegen,  um  in  die  Fülle  der  mytho- 
logischen Vorstellungen  eine  gewisse  Ordnung  zu  bringen,  an  die 
Spitze  dieser  Ordnung  die  Götter  zu  stellen,  unter  denen  die  Himmels- 
götter wieder  den  Vorrang  behaupten.  In  die  zweite  Linie  rücken 
dann  erst  die  Halbgötter  und  Helden,  zu  denen  endlich  als  letzte  die 
niederen  dämonischen  Wesen  hinzutreten,  soweit  solche  überhaupt 
noch  hinreichend  sicher  begrenzte  Formen  erkennen  lassen.  Dieses 
System  schließt  nun  aber,  mag  es  zunächst  auch  nur  als  eine  Wert- 
abstufung der  Begriffe  gemeint  sein,  eigentlich  schon  die  Hypothese 
einer  abwärts  gerichteten  Entwicklung  in  sich.  Diese,  die  bei  den 
alten  Mythogfraphen  zum  Teil  noch  in  dem  Glauben  an  die  wirkliche 
Abstammung  der  herrschenden  Geschlechter  von  den  Heroen  und 
durch  deren  Vermittlung  von  den  Göttern  selbst  wurzeln  mochte,  ist 
dann  in  der  späteren  Deutung  der  Mythen  in  die  bekannte  Theorie 
eines  abwärts  gerichteten  Wandels  der  mythologischen  Vorstellungen 
übergegangen.  Eine  gewisse  Schwierigkeit  bereitete  hier  freilich  die 
Gattung  der  Dämonen.  Schon  die  alten  Mythographen  hatten  diese 
Wesen  nur  teilweise  ihrem  genealogischen  Schema  einzuordnen  ge- 
wußt. Die  spätere  Mythologie  vollends  konnte  sich  der  Einsicht 
nicht  verschließen,  daß  die  theogonischen  Mythen,  mit  denen  jene 
ihrem  genealogischen  Prinzip  getreu  die  Göttergeschichte  beginnen 
ließen,  verhältnismäßig  späte  Produkte  mythologischer  Dichtung  seien, 
und  daß  gleichwohl  gerade  die  vermeintlichen  Urgötter  mit  den 
Gestalten  der  niederen  Dämonenwelt  eine  merkwürdige  Ähnlichkeit 
zeigrten.  So  wurden  denn  mehr  und  mehr  die  Theogonien  und 
Kosmogonien  in  einen  Anhang  des  mythologischen  Systems  ver- 
wiesen, worauf  nun  dieses  um  so  ungestörter  die  Reihe  der  Götter 
durchlaufen  und  von  ihnen  zu  den  Heroen  und  Helden  herabsteigen 
konnte.  Aus  der  Erzählung  der  Schicksale  und  Abenteuer  der  Helden 
mit  dem  in  sie  eingreifenden  mächtigeren  Walten  der  Götter,  zum 
Teil  auch  aus  den  Schicksalen  der  Götter  selbst  setzte  sich  dann  die 
Götter-  und  Heldensage  zusammen. 

21* 


^24  ^^^  Naturmythus. 


In  diesen  Systemen  bilden  demnach  Sage  und  Legende  in  ihren 
Götter  und  Helden  in  mannigfachem  Verkehr  darstellenden  Formen 
den  eigentlichen  Inhalt  des  Mythus.  Zu  ihm  gibt  dann  die  vielgestal- 
tige Welt  der  Dämonen  einen  wechselnderen  Hinterg^rund  ab,  der  erst 
in  seinen  Beziehungen  zu  jenen  Hauptträgern  der  Handlung  seine  Be- 
deutung gewinnt  und  nur  in  einzelnen  durch  bleibendere  Züge  aus- 
gezeichneten Gestalten  einen  bestimmteren  Charakter  annimmt.  Geht 
man  von  allen  diesen  in  systematischer  oder,  wo  es  angeht,  genea- 
logischer Ordnung  geschilderten  Göttern,  Heroen  und  Dämonen  auf 
die  mythischen  Erzählungen  zurück,  aus  denen  sie  abstrahiert  sind, 
so  bleibt  als  einzige  Form  schließlich  die  Heldensage  übrig,  deren 
Hauptträger  die  zwischen  Menschen  und  Göttern  in  der  Mitte  stehenden 
Helden  sind,  und  in  die  auf  der  einen  Seite  die  Götter,  auf  der  andern 
die  bald  in  uraltem  Zwist  mit  den  Göttern,  bald  als  deren  hilfreiche 
Untergötter  gedachten  Dämonen  eingreifen.  Daß  bei  diesem  nahezu 
konventionell  gewordenen  Bilde  eines  sogenannten  »Pantheon«  mit 
seinen  mythologischen  Nebengestalten  nicht  der  Volksglaube  selbst, 
sondern  in  allen  irgendwie  wesentlichen  Zügen  die  epische  Dichtung 
maßgebend  gewesen  ist,  leuchtet  ein.  Daß  aber  das  Epos  keine 
bleibende  Form  des  Volksglaubens  schildert,  ja  nicht  einmal  eine 
solche,  die  auch  nur  innerhalb  einer  begrenzten  Zeit  in  allen  Schichten 
eines  Volkstums  die  herrschende  ist,  erhellt  ohne  weiteres  aus  den  Ent- 
stehungsbedingungen dieser  Dichtung,  die  eine  bereits  in  festgefügten 
staatlichen  Formen  und  in  ritterlichen  Sitten  sich  bewegende  Vergan- 
genheit voraussetzt  und  damit  zugleich  auf  eine  Zukunft  hinweist,  in 
der  sie  mit  dem  Untergang  dieses  seiner  Natur  nach  vergänglichen 
Kulturzustandes  selbst  wieder  schwinden  wird").  Vor  der  im  Epos 
dichterisch  gestalteten  Sage  liegt  jedoch  das  Mythenmärchen,  das  wir 
oben  in  seinen  verschiedenen  Entwicklungsformen  verfolgt  haben. 
Auf  die  epische  Form  der  Sage  folgen  dagegen  die  den  Einfluß 
der  Wandlungen  des  religiösen  Kultus  und  der  ihn  tragenden  mytho- 
logischen Anschauungen  widerspiegelnden  Formen  der  dramatischen 
Dichtung.  Indem  nun  auf  jeder  dieser  Stufen  die  erhaltende  Macht 
der  Überlieferung  mit  den  vorwärtsstrebenden  Einflüssen  der  neuen 
Faktoren   des   geistigen   Lebens   zusammentrifft,    ergibt    sich   so   ein 


')  Vgl.  Teil  I,  S.  362  ff.  (2.  Aufl.  S.  383  ff.). 


Götter,  Helden  and  Dämonen.  ^25 

Nacheinander  der  mythologischen  Bildungen,  die  dabei  immer  zugleich 
infolge  jener  erhaltenden  Macht  der  Überlieferung  bis  za  einem  ge- 
wissen Grade  als  ein  Nebeneinander  sich  darstellt. 

Daß  diesem  unablässigen  Fluß  der  Mythenentwicklung  kein  künst- 
liches System  gerecht  werden  kann,  mag  es  nun  irgend  ein  einzelnes 
Stadium  willkürlich  herausgreifen  oder,  was  das  gewöhnliche  ist, 
die  verschiedenen  Stadien  nach  den  sie  verbindenden  Götter-  und 
Heroennamen  ohne  Rücksicht  auf  den  Wandel  ihrer  Bedeutungen  zu- 
sanmienwerfen,  ist  einleuchtend.  So  ist  denn  auch  die  Unhaltbar- 
keit  dieses  Zustandes  vornehmlich  den  Religionshistorikem,  deren 
Interesse  nicht,  wie  das  der  Mythologen,  in  erster  Linie  den  Ur- 
sprüngen des  mythologischen  Denkens,  sondern  vielmehr  umge- 
kehrt seinen  religiösen  Weiterbildungen  zugekehrt  zu  sein  pflegt, 
nicht  verborgen  geblieben.  Bezeichnenderweise  ist  daher  vornehm- 
lich von  Usener  an  Stelle  jenes  systematischen  Verfahrens,  das  von 
vornherein  eine  bestimmte  Theorie  mythologischer  Entwicklung  in 
sich  schließt,  geradezu  eine  alphabetische  Anordnung  empfohlen 
worden^).  Freilich  kann  das  nur  gelten,  solange  es  sich  bloß  um  die 
Sammlung  und  Sichtung  des  Stoffs  handelt.  Daß  dagegen  dieser 
Standpunkt  nicht  mehr  festgehalten  werden  kann,  sobald  die  Frage 
nach  der  Entwicklung  von  Mythus  und  Religion  in  den  Vorder- 
grund tritt,  hat  Usener  selbst  gezeigt,  indem  er  den  entscheiden- 
den Schritt  wagte,  jenes  überlieferte  System  mit  seiner  von  oben 
nach  unten  gerichteten  Reihenfolge  der  Götter  in  die  entgegen- 
gesetzte umzukehren.  Entscheidend  war  aber  dieser  Schritt  nicht 
deshalb,  weil  etwa  der  allgemeine  Gedanke  einer  solchen  aufsteigen- 
den Entwicklung  ein  neuer  gewesen  wäre.  Er  lag  ja  für  jeden, 
der  die  innere  Unhaltbarkeit  der  alten,  wenn  auch  in  neuen  Formen 
immer  wieder  neu  auftauchenden  Degenerationstheorie  erkannt  hatte, 
eigentlich  in  dem  Entwicklungsgedanken  schon  eingeschlossen.  Neu 
und  für  die  Religionsgeschichte  epochemachend  war  er  vor  allem 
deshalb,  weil  Usener  ihn  von  dem  bis  dahin  mit  der  entwick- 
lungsgeschichtlichen Betrachtung  sich  verbindenden  Bemühen  frei  zu 


')  H.  Usener,  Götternamen,  1896,  Vorwort.  Die  Stellung,  die  Roschers  >Mytho- 
logisches  Lexikon«  unter  den  neueren  Darstellungen  der  klassischen  Mythologie  ein- 
nimmt, zeigt,  daß  diese  hier  in  eine  positive  Form  gekleidete  skeptische  Ansicht  heute 
in  weiten  Kreisen  geteilt  wird. 


^26  I^c  Naturmythus. 


halten  wußte,  den  Naturmythus  aus  Motiven  ableiten  zu  wollen,  die 
einem  wesentlich  andern  Gebiete,  nämlich  dem  der  Seelen-  und 
Dämonenvorstellungen,  angehören.  Hier  hatte  die  den  philosophischen 
Entwicklungstheorien  eigene  spekulative  Tendenz,  alles,  was  sich  am 
Ende  einer  Entwicklung  als  ein  zusammenhängendes  Ganzes  darstellt, 
womöglich  aus  einer  einzigen  Quelle  entspringen  zu  lassen,  verhäng- 
nisvoll eingewirkt.  Dem  gegenüber  bleibt  es  das  g^roOe  Verdienst 
Useners,  daß  er  von  den  Göttervorstellungen  selbst,  nicht  von  außer- 
halb liegenden  mythologischen  Bildungen  ausging,  um  die  entwickel- 
teren Formen  jener  womöglich  aus  ihren  einfacheren  imd  ursprüng- 
licheren zu  begreifen.  Daß  er  dabei  die  religionsphilosophischen 
Spekulationen  ebenso  sehr  wie  alle  mythologischen  Systeme  ab- 
lehnte, war  um  so  mehr  ein  gutes  Recht  des  Historikers,^  als  jene 
wie  diese  durchweg  die  Tatsachen  der  geschichtlichen  Entwicklung 
allzusehr  außer  Acht  gelassen  hatten.  Und  wenn  er  in  dieses  ab- 
lehnende Urteil  stillschweigend  auch  die  psychologische  Analyse  der 
geschichtlichen  Tatsachen  und  ihrer  Aufeinanderfolge  mit  einschloß, 
so  kann  man  das  dem  exakten  Historiker  im  Hinblick  auf  das  Un- 
vermögen der  überkommenen  psychologischen  Doktrinen,  den  ge- 
schichtlichen Problemen  überhaupt  irgendwie  nahe  zu  kommen,  kaum 
verargen.  Nichtsdestoweniger  liegt  eben  hier  der  Punkt,  wo  die 
Hilfsmittel,  über  die  der  Historiker  auf  seinem  eigenen  Gebiete  ver- 
fugt, nicht  mehr  zureichen,  und  wo  er  sich  gezwungen  sieht,  nötigen- 
falls selbst  die  psychologische  Analyse  vorzunehmen,  die  ihm  die 
dazu  berufene  Wissenschaft,  in  diesem  Fall  die  Völkerpsychologie, 
versagt.  Das  ist  denn  auch  von  Usener  geschehen.  Denn  die 
Theorie  der  Entwicklung  der  Göttervorstellungen,  die  er  in  seinen 
»Götternamen«  gegeben,  gründet  sich  nicht  bloß  auf  die  verglei- 
chende Betrachtung  geschichtlicher  Tatsachen,  sondern  nicht  minder 
auf  eine  psychologische  ^alyse  der  Göttervorstellungen  auf  Grund 
der  Zeugnisse  der  Sprach-  und  Mythengeschichte;  und  seine  das 
überlieferte  Schema  von  Grund  aus  umstürzende  Lehre  von  der 
aufsteigenden  Entwicklung  dieser  Vorstellungen  ist  im  wesentlichen 
nichts  anderes  als  eine  auf  jene  Zeugnisse  der  Geschichte  und 
Völkerkunde  gegründete  psychologische  Theorie.  Auch  geht  diese, 
indem  sie  die  Entwicklung,  als  eine  von  spezifischen  nationalen  Be- 
dingungen  unabhängige,   auf  allgemeine  geistige  Eigenschaften  des 


Götter,  Helden  und  Dftmonen.  ^27 

Menschen  zurückzufuhren  sucht,  auf  der  einen  Seite  ebenso  über 
den  unmittelbar  gegebenen  geschichtlichen  Tatbestand  hinaus,  wie 
sie  anderseits  in  der  Aufsuchung  der  Motive  einer  solchen  psycho- 
logischen Gesetzmäßigkeit  selbstverständlich  psychologische  Erwä- 
gungen zu  Hilfe  nimmt').  Bei  diesem  Ineinandergreifen  der  Faktoren 
kann  nun  freilich  von  dem  Historiker  nicht  erwartet  werden,  daD  er 
den  psychologischen  Anteil  der  Aufgabe  in  gleicher  Weise  wie  den 
historischen  in  einer  auch  nur  vorläufig  befriedigenden  Weise  zu  Ende 
führe,  sondern  er  wird  schließlich  ebenso  dem  Psychologen  über- 
lassen müssen,  was  dessen  Amtes  ist,  wie  dieser  sich  gezwungen 
sieht,  aus  den  Quellen  zu  schöpfen,  die  ihm  die  Forschung  des 
Historikers  erschlossen  hat.  Wo  dieses  Zusammenarbeiten  aus  irgend- 
welchen Gründen  nicht  möglich  ist,  da  pflegt  eben  entweder  der 
Psychologe  in  spekulative  Konstruktionen  zurückzufallen,  die  der  tat- 
sächlichen Grundlagen  entbehren,  oder  der  Historiker,,  der  hier  immer- 
hin die  vorteilhaftere  Position  einnimmt,  bei  einer  provisorischen 
Erledigung  der  psychologischen  Aufgabe  stehen  zu  bleiben.  Der 
gemeinsame  Charakter  solcher  provisorischer  Lösungen  pflegt  aber 
darin  zu  bestehen,  daß  man  zu  demjenigen  Hilfsmittel  greift,  das 
jedem  aus  eigenem  Nachdenken  über  die  Probleme  vertraut  ist:  zur 
Reflexion  über  die  Erscheinungen,  um  dann  in  unmittelbarer  An- 
wendung dieses  subjektiven  Hilfsmittels  auf  die  Objekte  die  ver- 
bindende Tätigkeit  der  Reflexion  an  die  Stelle  der  kau- 
salen Verknüpfung  der  Tatsachen  selbst  treten  zu  lassen. 
Begreiflicherweise  bilden  die  Geisteswissenschaften,  die  Psychologie 
nicht  ausgeschlossen,  das  ergiebigste  Feld  für  diese  uneingeschränkte 
Objektivierung  der  begriffsmäßigen  Reflexion,  weil  ja  ohne  Frage 
das  reflektierende  Denken  eben  mit  zu  den  Erscheinungen  gehört, 
aus  denen  sich  die  geistige  Welt  zusammensetzt.  Die  Gefahr  liegt 
daher  nahe  genug,  diese  uns  vertrauteste  Form  das  allezeit  bereit- 
liegende Netz  ihrer  Subsumtionen  und  Distinktionen  über  die  Dinge 
auszubreiten.  Statt  der  angestrebten  psychologischen  Interpretation 
der  Erscheinungen  kommt  so  lediglich  eine  äußere  logische  Ord- 
nung zustande,  die  das  Problem  selbst  eigentlich  unberührt  läßt. 
Ein  einleuchtendes  Beispiel  dieser  Art  bietet  die  Geschichte  des  Be- 


')  Vgl.  TeU  I,  S.  465 ff. 


^28  ^^"^  Natnrmythus. 


deutungswandels  der  Wörter  und  Begriffe.  Die  Sprachforscher  pflegen 
hier,  wenn  sie  neben  den  rein  historischen  den  psychologischen  Fak- 
toren des  Vorgangs  Rechnung  tragen  wollen,  Verengerungen  und  Er- 
weiterungen des  Begriffsinhaltes,  Übergang  auf  koordinierte,  auf  unter- 
oder  übergeordnete  Begriffe  zu  unterscheiden^).  Daß  in  einem  solchen 
Schema  logfischer  Kategorien  jeder  einzelne  Fall  von  Bedeutungs- 
wandel untergebracht  werden  kann,  ist  einleuchtend.  Aber  ebenso 
gewiß  ist  es,  daß  diese  logische  Ordnung  über  die  psychischen  Vor- 
gänge des  BegTiffswandels  gar  keine  Rechenschaft  gibt,  während  man 
sie  doch  zumeist  in  diesem  Sinne  aufgefaßt  hat. 

Nun  ist  allerdings  die  von  Usener  angewandte  Scheidung  der 
Götterbegriffe  in  die  Stufen  der  »Augenblicksgötter«,  der  »Sonder- 
götter« und  der  »persönlichen  Götter«  einer  solchen  ganz  äußerlich 
bleibenden  Auffassung  des  Bedeutungswandels  schon  deshalb  über- 
legen, weil  ihr  der  Gedanke  einer  fortschreitenden  Entwicklung  des 
Inhalts  der  Göttervorstellungen  zugrunde  liegt.  Auch  kommt  in 
dieser  allgemeinen  Gliederung  eine  Wertabstufung  zum  Ausdruck, 
die  in  gewissen  Grundzügen  mit  den  uns  in  Brauch  und  Kultus 
begegnenden  Unterschieden  übereinstimmt.  Gleichwohl  kann  auch 
ihr  der  Vorwurf  nicht  erspart  bleiben,  daß  sie  die  Stufen  einer 
psychologischen  Entwicklung  in  eine  Aufeinanderfolge  logischer 
Begriffsbildungen  umwandelt,  eine  Substitution,  an  der  neben  jener 
allgemeinen  Tendenz  zu  logischer  Interpretation  der  Erscheinungen 
die  Unterordnung  aller  dieser  mythologischen  Gebilde  unter  einen 
allgemeinen  Götterbegriff,  sowie  die  mit  einer  solchen  begrifflichen 
Auffassung  notwendig  verbundene  Beschränkung  auf  eine  bestimmte, 
im  Gnmde  willkürlich  bevorzugte  Gruppe  von  Merkmalen  die  Schuld 
trägt  Diese  Merkmale  werden  bei  jener  aufsteigenden  Reihe  teils 
den  äußeren  Beziehungen  zu  Zeit  und  Raum,  teils  gewissen  inneren 
Eigenschaften  der  unter  dem  Allgemeinbegriff  »Götter«  zusammenge- 
faßten Wesen  entnommen.  Die  »Augenblicksgötter«  verschwinden 
rasch  im  Fluß  der  Erscheinungen;  sie  entspringen  momentanen 
furchterregenden  Eindrücken,  wie  dem  Blitzstrahl,  oder  sie  äußern 
sich  in  einzelnen,  niemals  an  dem  gleichen  Gegenstand  wieder- 
kehrenden Handlungen,  wie  in  dem  Zurücklassen  der  letzten  Garbe 


*)  Vgl.  Bd.  p,  Teil  n,  s.  471  ff. 


Götter,  Helden  und  Dämonen.  ^20 

auf  dem  Emtefeld.  Die  »Sondergötter«  sind  von  längerer  Dauer, 
aber  sie  sind  an  einen  bestimmten  Ort  und  innerhalb  dieser  räum- 
lichen Grenzen  meist  auch  noch  an  bestimmte  Zwecke  gebunden: 
sie  sind  Beschützer  der  Städte  und  Landschaften,  der  Berufe  und 
Stände  sowie  einzelner  Lebensgebiete.  Die  höheren  oder  »allge- 
meinen Götter«  überschreiten  endlich  die  Grenzen  von  Zeit  und  Raum: 
sie  dehnen  über  die  Natur  und  die  Menschenwelt  ihre  Herrschaft  aus, 
wenn  immerhin  auch  bei  ihnen  noch  die  Differenzierung  der  Sonder- 
götter in  einer  Gebietsscheidung  nachwirkt,  vermöge  deren  dem  ein- 
zelnen Gott  zugleich  sein  besonderes  Funktionsgebiet  zugeteilt  ist. 
Neben  diesen  äußeren  Merkmalen  von  Zeit  und  Raum  steht  dann  das 
innere  der  von  unten  nach  oben  fortschreitenden  Ausbildung  des  per- 
sönlichen Charakters.  Dieser  ist  nur  bei  der  höchsten  Götterklasse 
ein  vollständig  entwickelter.  Die  Sondergötter  zeigen  ihn  höchstens 
in  unvollkommenen  Vorstufen,  die  »Augenblicksgötter«  endlich  sind 
unbestimmte,  ganz  und  gar  unpersönliche  Wesen. 

Der  Vorzug  dieser  Theorie  vom  Standpunkt  geschichtlicher  Be- 
trachtung aus  besteht  vornehmlich  darin,  daß  sie  eine  für  die  Ge- 
schichte des  Mythus  überaus  wichtige  Tatsache  in  eine  kurze  Formel 
faßt:  dies  ist  die  Erscheinung  des  Zusammenfließens  ursprünglich 
getrennter,  oft  an  weit  entlegenen  Orten  entstandener  oder  verschie- 
dene Zweckgebiete  beherrschender  Göttergestalten  in  eine  einzige 
von  weiterer  Verbreitung  und  von  umfassenderer  Bedeutung,  —  eine 
Erscheinung,  der  dann  wiederum  umgekehrt  die  Differenzienmg 
einer  solchen  zu  einer  höheren  Einheit  erhobenen  Göttergestalt  in 
einzelne  nach  räumlicher  Verbreitung  und  an  MachtfuUe  beschränktere 
Götter  gegenübersteht.  Diese  bis  dahin  viel  zu  wenig  beachtete  Tat- 
sache fand  in  der  Gegenüberstellung  der  Sondergötter  und  der  all- 
gemeinen Götter  einen  glücklichen,  wenn  auch  nicht  für  alle  hierher 
gehörigen  Erscheinungen  gleich  zutreffenden  Ausdruck,  indes  die 
Klasse  der  »Augenblicksgötter«  allerdings  von  vornherein  mehr  dem 
logischen  Bedürfnis,  diese  Reihe  nach  unten  abzuschließen,  als  einer 
in  den  Erscheinungen  selbst  gegebenen  psychologischen  Forderung 
entgegenkam').     Aber  auch  die  Trennung  der  Sondergötter  und  der 


*)  Rücksichtlich  der  zweifelhaften  Stellung  dieser  »Augenblicksgötter«  vgl.  Teil  II, 
S.  465  ff. 


7  10  I^cr  Natnrmjrthus. 


allgemeinen  Götter  bleibt  an  sich  nur  eine  logische,  die  den  verschie- 
denen Umfang  des  Raum-  und  des  Machtgebiets  bezeichnet,  über  die 
psychologischen  Bedingungen  des  Übergangs  aus  der  einen  in  die 
andere  Klasse  dagegen  um  so  weniger  Rechenschaft  gibt,  als  das 
einzige  außerdem  noch  maßgebende  innere  Merkmal,  das  der  Persön- 
lichkeit, in  diesem  Fall  im  Stiche  läßt,  da  es  schon  gewissen  Sonder- 
göttem  nicht  ganz  zu  fehlen  pflegt. 

Hier  liegt  nun  offenbar  zugleich  der  für  die  psycholog^ische  Seite 
des  Problems  entscheidende  Punkt.  Wenn  logisch  ausgedrückt  die 
Entwicklung  der  Göttervorstellungen  nach  ihrer  allgemeinen  Richtung 
dem  Fortschritt  vom  Einzelnen,  Beschränkten  zum  Allgemeineren, 
Umfassenden  entspricht,  so  erhebt  sich  psychologisch  in  erster  Linie 
die  Frage,  welches  die  inneren  Motive  sind,  die  diese  vorwärts-  und 
unter  besonderen  Bedingungen  wieder  rückwärtsgerichtete  Bewegung 
veranlassen.  Da  über  diese  Motive  nur  auf  Grund  der  spezifischen 
Eigenschaften  jeder  dieser  aus  dem  Fluß  der  Entwicklung  herauszu- 
hebenden Gruppen  Rechenschaft  gegeben  werden  kann,  so  geht  aber 
noch  die  andere  Frage  voran:  sind  wir  überhaupt  berechtigt,  alle 
jene  Erzeugnisse  der  mythenbildenden  Phantasie,  die  hier  nach  dem 
Prinzip  der  logischen  Überordnung  in  eine  Stufenreihe  gebracht  wer- 
den, auch  wirklich  als  Formen  eines  nach  seinen  Hauptinhalten 
immerhin  noch  übereinstimmenden  Begriffs  aufzufassen?  Diese  Frage 
muß  um  so  mehr  erhoben  werden,  als  uns  tatsächlich  überall  in  der 
Mythenentwicklüng  neben  den  Göttern  andere  von  ihnen  spezifisch 
verschiedene  Wesen  begegnen,  die  sie  in  einzelnen  Fällen  an  Be- 
deutung so  überragen,  daß  man  hier  an  der  Existenz  eigentlicher 
Göttervorstellungen  überhaupt  zweifeln  kann.  Mögen  nun  solche 
Zweifel  berechtigt  sein  oder  nicht,  jedenfalls  stehen  dem  Wider- 
streben, alles  was  im  Gebiet  des  Natur-  wie  des  Seelenmythus  Ein- 
fluß auf  den  Menschen  gewinnt,  als  irgendeine  Abwandlung  des 
Götterbeg^ffs  anzusehen,  gewichtige  Gründe  zur  Seite.  Die  Dä- 
monen, die  die  Gräber  der  Verstorbenen  umschweben,  oder  die  in 
Krankheit,  Wahnsinn  und  Ekstase  vom  Menschen  Besitz  ergreifen, 
können  wir  schwerlich  den  Göttern  zuzählen,  nicht  einmal  den  so- 
genannten »Augenblicksgöttem«.  Denn  die  kurze  Dauer  kommt 
hier  gegenüber  der  Verschiedenheit  der  inhaltlichen  Merkmale  kaum 
in  Frage.     Ebenso  verhält  es  sich  mit  den  Naturdämonen  der  Berge, 


Götter,  Helden  und  DSmonen.  ^^j 

der  Wälder,  der  Einöden  und  mit  allen  jenen  andern  gespenstischen 
Wesen,  die,  zunächst  der  Naturstimmung  entspringend,  gelegentlich 
in  das  Leben  der  Götter  wie  der  Menschen  eingreifen  oder  in  ge- 
wissen Fällen  selbst  zu  Göttern  sich  erheben  können.  Trotz  solcher 
Übergänge,  wie  sie  namentlich  in  den  Vorstellungen  der  Schutz- 
dämonen zur  Entwicklung  gelangen,  bleibt  es  aber  dabei,  daß  der 
Dämon  als  solcher  nicht  mit  dem  Gott  in  die  gleiche  Entwicklungs- 
reihe gebracht  werden  kann,  weil  er  ein  von  diesem  spezifisch  ver- 
schiedenes Wesen  ist.  Die  beiden  Merkmale,  die  den  Dämon,  nach- 
dem sich  dieser  mannigfach  schwankende  Begriff  einigermaßen  fixiert 
hat,  von  den  andern  Mythengebilden  scheidet,  sind  offenbar  der 
völlige  Mangel  eines  eigenen,  persönlichen  Charakters  und  seine  aus- 
schließliche Beziehung  auf  das  Wohl  und  Wehe  des  Menschen. 
Beide  Eigenschaften  hängen  wieder  auf  das  engste  zusammen:  der 
Dämon  hat  eben  ^  deshalb  keinen  ihm  eigenen  Charakter,  weil  sein 
Tun  und  Treiben  ganz  und  gar  in  den  Stimmungen  der  Furcht 
und  der  Hoffnung  und  in  den  aus  diesen  hervorgehenden  Bedräng- 
nissen und  Förderungen  aufgeht,  die  als  sein  Werk  erscheinen.  Ge- 
hören nun  von  den  sogenannten  »Sondergöttern«  offenbar  zahlreiche 
ihrem  Wesen  nach  zu  den  Dämonen,  so  ist  damit  von  selbst  ihre 
Einreihung  in  die  gleiche  Vorstellungsreihe  mit  den  Göttern  hin- 
fallig, da  das  hierbei  ausschlaggebende  Merkmal  der  Einschränkung 
auf  bestimmte  Orte  oder  Zweckgebiete  in  diesem  Fall  ein  neben- 
sächliches und  nicht  einmal  durchgreifendes  ist'). 

Aber  noch  eine  andere  Klasse  mythologischer  Gestalten  findet  in 
jenem  von  den  Sondergöttem  zu  den  allgemeinen  Göttern  aufstei- 
genden System  keine  Stelle,  obgleich  gerade  diese  Klasse  bei  der 
Frage  der  Entstehung  der  Götter  von  hervorragender  Bedeutung  ist: 
das  sind  die  Gestalten  der  Helden,  die  im  Mythus  wie  in  der 
mythologischen  Dichtung,  wenn  man  von  der  relativ  spät  entstan- 
denen kosmogonischen  absieht,  eine  den  Göttern  selbst  nahezu  eben- 
bürtige, ja  in  den  Motiven  der  Handlung  ihnen  gegenüber  wichtigere 
Stellung  einnehmen.  Hier  hat  ohne  Frage  das  auch  in  den  heutigen 
mythologischen  Anschauungen    immer   noch    fortwirkende,   einseitig 


')  Über   die   allgemeinen  Eigenschaften   und   die  Hauptgattungen  der  Dämonen 
vgl.  übrigens  Teil  II,  S.  123  ff.,  365  ff. 


9^2  ^cr  Nalurmythus. 


den  Himmels-  und  neben  ihnen  höchstens  noch  den  Unterweltsvor- 
stellungen zugekehrte  Interesse  der  alten  naturmythologischen  Systeme 
die  unbefangene  Würdigung  der  Gestalt  des  Helden  und  seiner  hohen 
Bedeutung  fiir  den  Mythus  beeinträchtigt.  Es  ist  ja  unleugbar,  daß, 
ebenso  wie  sich  in  einzelnen  Fällen  die  Feld-  und  Wald-,  die  Wolken- 
und  Sturmdämonen  zu  Göttern  erhoben,  so  in  noch  ausgedehnterem 
Maße  Helden  zu  Göttern  geworden  oder  auch  in  späteren  Wand- 
lungen einstige  Götter  durch  die  Sage  in  Helden  umgewandelt  sind. 
Vor  allen  hat  hier  Usener  selbst  in  einer  Reihe  wertvoller  mytholo- 
gischer Forschungen  solche  Übergänge  teils  an  den  Kulten,  die 
vielen  der  bekannten  Helden  der  Sage  gewidmet  waren,  teils  an  den 
auf  die  Götter  und  auf  die  Abstammung  von  ihnen  zurückgehenden 
Personennamen  nachzuweisen  gesucht*).  Auch  hier  ist  freilich  ein 
sicherer  Nachweis  nicht  überall  zu  erbringen,  weil  bei  den  Kulten 
;5tets  die  Frage  sich  erhebt,  ob  der  Kultus  früher  sei  als  der  Held, 
und  weil  die  Namengebung  vornehmlich  bei  den  Eigennamen  im 
allgemeinen  häufiger  ein  Zeugnis  für  die  Verehrung  des  Gottes,  nach 
dem  ein  Mensch  benannt  wird,  als  für  die  des  so  benannten  selbst 
ist").  Hat  nun  die  der  Sage  wie  der  epischen  Dichtung  innewohnende 
Tendenz,  die  Träger  der  Handlungen  überall  mit  den  gleichen  mensch- 
lichen Eigenschaften  auszustatten,  dahin  gewirkt,  Götter  und  Helden 
auf  gleiche  Linie  zu  rücken  und  dadurch  den  Übergang  der  Götter 
in  Helden  wie  den  der  Helden  in  Götter  zu  erleichtern,  so  bleiben 
gleichwohl  zwischen  beiden  sehr  bestimmte  Unterschiede,  die  es 
nicht  gestatten,  die  Schranke,  die  sie  trennt,  zu  beseitigen.  Wollte 
man  dies,  so  würde  damit  nicht  minder  ein  für  die  Entwicklung  der 
Göttervorstellungen  unentbehrliches  Motiv  hinweggenommen,  wie  dies 
dann  geschieht,  wenn  man  die  Rolle,  die  dem  Dämon  durch  seine 
Eigenart  in  dieser  Entwicklung  vorbehalten  ist,  ignoriert.  In  das 
Medium,  aus  dem  die  Götter  hervorgehen,  gehören  eben  Dämonen 
und  Helden,  und  viel  eher  können  beide  Gattungen  sagenhafter 
Wesen  unabhängig  bestehen,  als  man  sich  umgekehrt  die  Entstehung 
der  Göttervorstellungen  ohne  sie  denken  könnte.  Für  die  Welt  der 
Dämonen  ist  das  wohl  schon  allgemeiner  anerkannt  als  fiir  die  Klasse 


*)  Usener,   Sitzungsber.   der  Wiener  Akademie,   Phil.-hist.  Klasse,   Bd.  87,    1893, 
S.  44  ff.     Götternamen,  S.  349  ff. 

«)  Vgl.  hierzu  Teil  I,  S.  390  f.  (2.  Aufl.  S.  207  ff.). 


Götter,  Helden  nnd  Dämonen.  733 

der  Helden,  deren  Bedeutung  für  die  werdenden  Götter  kaum  zu- 
reichend gewürdigt  wird.  Dennoch  besteht  diese  Bedeutung  weit 
weniger  darin,  daß  Helden  gelegentlich  zu  Göttern  oder  auch  Götter 
zu  Helden  werden,  als  vielmehr  darin,  daß  sich  die  Handlung  der 
Sage  aus  den  Taten  der  Helden  und  Götter  und  aus  dem  hierzu 
mehr  sporadisch  hinzutretenden  Wirken  der  Dämonen  zusammen- 
setzt. So  ist  es  gerade  das  Nebeneinander  dieser  nicht  sowohl  durch 
eine  quantitative  Stufenfolge,  als  durch  bestimmte  qualitative  Merk- 
male geschiedenen  Wesen,  der  Götter,  Helden  und  Dämonen,  das 
der  Sage  in  ihren  wichtigsten  mythologischen  Formen  ihr  Gepräge 
gibt.  Für  die  Rolle,  die  hierbei  dem  einzelnen  Helden  zugeteilt  ist, 
bleibt  es  aber  gleichgültig,  ob  er  dereinst  selber  ein  Gott  war  oder 
nicht,  oder  ob  er  etwa  am  Ende  seiner  Taten  zu  den  Göttern  er- 
hoben wird.  Für  seine  Stellung  in  der  Sage  sind  lediglich  die  Eigen- 
schaften maßgebend,  die  er  in  ihr  selbst  besitzt,  nicht  die,  die  er  in 
andern  Mythen  oder  in  Kulten  gehabt  hat,  oder  die  er  dereinst  noch 
gewinnen  mag.  So  ist  die  Tatsache,  daß  Herakles  seit  alter  Zeit  in 
besonderen  Kulten  verehrt  war,  während  ihn  die  griechische  Sage 
zu  einem  menschlichen  Helden  machte,  der  erst  am  Abschluß  seines 
Lebens  zum  Gott  erhoben  wurde,  so  interessant  sie  an  sich  ist,  für 
dieses  Bild  eines  menschlichen  Helden  ohne  wesentliche  Bedeutung. 
So  bleiben  denn  auch  die  Merkmale,  die  den  Gott  und  den  Helden 
scheiden,  von  jener  Frage  nach  den  letzten  mythologischen  Quellen 
einer  in  der  Sage  lebenden  Heldengestalt  unabhängig.  Der  Held  ist 
Held  und  nicht  Gott,  was  er  auch  in  einer  von  der  Sage  selbst  ver- 
gessenen Zeit  oder  in  einem  unabhängig  von  ihr  bestehenden  Kultus 
außerdem  sein  mag.  Allerdings  kann  auch  in  der  Sage  seine  schließ- 
liche Erhebung  unter  die  Götter,  die  hier  wahrscheinlich  unter  dem 
Einfluß  des  gleichzeitigen  Kultus  und  gewissermaßen  zur  Erklärung 
desselben  entstanden  ist,  ein  rückstrahlendes  Licht  auf  die  voran- 
gegangene Heldenlaufbahn  werfen,  das  diese  Gestalt  über  das  Maß 
gewöhnlicher  irdischer  Helden  erhebt.  Immerhin  handelt  es  sich 
hier  nur  um  einen  Grad-,  nicht  um  einen  Wesensunterschied.  Unser 
Sprachgebrauch  trägt  diesem  Unterschied  Rechnung,  indem  er  dem 
gewöhnlichen  Helden  den  Heros  als  die  höhere,  den  Göttern  nähere 
Stufe  gegenüberstellt!  Die  Werterhöhung,  die  das  Wort  von  Homer 
ab  in  der  Sage  und  besonders  in  der  kosmogonischen  Dichtung  er- 


3^4  Der  Naturmythus. 


fahren,  kommt  dieser  Unterscheidung  zu  Hilfe.  »Held«  ist  danach 
jeder  durch  seine  Eigenschaften  und  Schicksale  über  das  menschliche 
Mittelmaß  hinausreichende  Mensch,  der  als  solcher  Mittelpunkt  einer 
Sagengeschichte  werden  kann.  Er  trägt  bei  Homer  schlechthin  den 
Namen  »Mann«  (dvrip).  Der  »Heros«  (fipuj^)  dagegen  ist  ein  Held, 
der  sich  durch  seine  Taten  den  Göttern  selbst  nähert,  und  der  meist 
schon  durch  seine  halb  auf  einen  Gott  oder  eine  Göttin,  halb  auf 
einen  Menschen  zurückgehende  Zeugung  diese  größere  Annäherung 
an  die  Götter  verrät.  »Halbgott«  nennt  ihn  daher  schon  Homer 
(IL  12,  23),  und  Hesiod  verlegt  in  seinem  die  Erdbewohner  nach  Welt- 
altem ordnenden  System  Halbgötter  oder  Heroen  in  das  vierte  dieser 
Weltalter  und  läßt  sie,  nachdem  dies  Geschlecht  in  den  in  der  Sage 
geschilderten  Kämpfen  sich  aufgerieben,  auf  die  Inseln  der  Seligen 
versetzt  werden  (Werke  und  Tage  156  ff.).  Doch  abgesehen  von 
solchen  Gradunterschieden  und  von  der  damit  in  der  Regel  verbun- 
denen Vorausbestimmung  zum  Gotte  bewahrt  in  der  Sage  selbst  der 
Heros  durchaus  den  Charakter  des  Helden,  dessen  Begrifisumfang 
weit  genug  ist,  um  alle  Stufen  dieser  Entwicklung  zu  umfassen.  So 
bezeichnen  wir  schon  die  Hauptperson  des  Märchens  als  den  »Märchen- 
helden«, und  von  ihm  an  reicht  dann  die  Gestalt  des  Helden  durch 
alle  Stadien  der  Sagen-  und  Legendenbildung  hindurch  bis  zu  den 
Göttern.  Aber  die  Grenze  zu  diesen  überschreitet  sie  nicht,  so  lange 
nicht  nach  dem  Zeugnis  der  Sage  selbst  der  Held  zum  Gott  wird, 
damit  aber  auch  sein  eigentliches  Wesen  völlig  verändert. 

So  bleibt  sich  die  Sagenüberlieferung  selbst  der  Grenze,  die  den 
Helden  und  noch  den  Heros  vom  Gott  trennt,  allezeit  bewußt.  Auch 
die  Erhebung  unter  die  Götter  bezeichnet  in  ihr  ein  abschließendes 
Ereignis,  mit  dem  die  Laufbahn  des  Helden  ihr  Ende  findet,  imd 
von  dem  an  nun  ein  neues  Leben  für  ihn  beginnt,  eben  das  Leben, 
das  nur  den  Göttern  eigen  ist,  und  das  diese  vom  Menschen  wie 
vom  Helden  scheidet,  so  ähnlich  sie  sonst  dem  letzteren  in  ihrem 
persönlichen  Charakter,  in  ihren  guten  wie  schlimmen  Eigen- 
schaften, ihren  Leidenschaften  wie  Trieben  sein  mögen.  In  der 
Tat  sind  es  zunächst  durchaus  nicht  die  inneren  Eigenschaften,  die 
den  Gott  auszeichnen:  in  ihnen  ist  auch  er  ein  Mensch,  vom  Helden- 
menschen in  nichts  unterschieden,  nicht  einmal  in  der  Machtbeschrän- 
kung, die  selbst  dem  gewaltigsten  Helden  nicht  erspart  bleibt.     Was 


Götter,  Helden  nnd  Dämonen.  ^^e 

den  Gott  vom  Helden  und  damit  vom  Menschen  trennt,  das  sind  nur 
die  äußeren  Bedingungen  seines  Lebens:  der  Wohnort  und  die 
Lebensdauer.  Der  Held  fuhrt  sein  Dasein  auf  Erden.  Ihr  gehört 
in  allem  wesentlichen  sein  Kämpfen  und  Leiden  und  der  Erfolg  seiner 
Taten.  Wenn  er  je  einmal  es  wagt,  zum  Himmel  empor-  oder 
in  die  Unterwelt  hinabzusteigen,  oder  endlich  in  ferne,  sonst  von 
Menschen  nicht  erreichte  selige  Gefilde  vorzudringen,  so  ist  das, 
abgesehen  von  jener  letzten  Entrückimg,  die  dem  selbst  zum  Gott 
werdenden  Heros  zuteil  wird,  eine  Ausnahme,  mit  der  der  Mythus 
das  Übermaß  heroischen  Tuns  ausdrückt,  und  die  daher  nicht  selten 
die  Strafe  der  Götter  auf  das  Haupt  des  Helden  herabbeschwört, 
der  durch  solche  Übergriffe  die  Weltordnung  aus  ihren  Fugen  zu 
bringen  droht.  Umgekehrt  liegen  die  Wohnungen  der  Götter  da, 
wohin  kein  menschlicher  Fuß  zu  dringen  vermag:  in  und  über  dem 
Himmel,  auf  hohen  Bergen,  unter  der  Erde,  auf  fernen  Eilanden; 
und  wie  der  Mensch  nur  in  unerhörtem  Wagnis  oder  am  Ende  seines 
Lebens  diese  Wohnimgen  betreten  darf,  so  wandeln  die  Götter  nur 
ausnahmsweise  auf  Erden,  wenn  sie  ihr  Begehren  nach  irdischen 
Gütern  befriedigen,  die  Kämpfe  irdischer  Helden  mitkämpfen  oder 
irgendwie  sonst  durch  ihre  Gegenwart  in  das  menschliche  Leben  ein- 
greifen wollen,  —  Mythen,  die  schließlich  in  jenen  Gestalten  gött- 
licher Heilbringer  endigen,  in  denen  die  Legende  auf  der  höchsten 
Stufe  dieser  Entwicklung  die  in  mannigfachen  Wandlungen  wieder- 
kehrende Vorstellung  der  Erscheinung  eines  Gottes  auf  Erden  schildert. 
Ist  es  doch,  nur  in  gesteigerter  und  vei^eistigter  Form,  im  Grunde 
derselbe  Gedanke,  der  hier  dem  nie  aufhörenden  Hilfsbedürfnis  des 
Menschen,  von  dem  Wunsch  nach  Jagdtieren  und  Erntesegen  bis 
zur  Sehnsucht  nach  Überwindung  der  Mühsale  und  Übel  des  irdi- 
schen Daseins  selbst,  seinen  Ausdruck  gibt. 

Neben  jenes  erste  des  Wohnorts  tritt  nun  als  ein  zweites  Merkmal, 
das  Götter  und  Helden  scheidet,  dies,  daß  der  Held  auch  in  der 
Beschränkung  seines  Lebens,  so  weit  seine  physische  Stärke  oder 
seine  geistige  Macht  andere  überragen  mag,  immer  ein  Mensch 
bleibt.  Er  muß  kämpfen  und  dulden,  um  Sieg  und  Glück  zu  er- 
ringen; er  ist  den  Beschwerden  des  Alters  und  der  Krankheit  unter- 
worfen und  entgeht  schließlich  dem  Tode  nicht,  es  sei  denn,  daß 
er  von  den  Göttern  in  ihre  Gemeinschaft  aufgenommen  wird,  womit 


^76  I^cr  Naturmythus. 


er  dann  aber  selbst  aus  dem  Kreis  der  eigentlichen  Helden  aus- 
scheidet. Die  Götter  dagegen  leben  mühelos.  Die  Güter,  nach 
denen  sie  begehren,  fallen  ihnen  von  selbst  zu.  Sie  altem  nicht,  und 
kein  Tod  setzt  dem  Genuß  des  Daseins  bei  ihnen  ein  Ziel.  So  ist 
die  Unsterblichkeit  das  größte  der  Vorrechte,  durch  die  sie  sich  über 
den  Helden,  wie  über  alle  andern  sterblichen  Menschen  erheben. 
Auch  hier  freilich  fehlt  es  nicht  ganz  an  Ausnahmen,  die  in  diesem 
Fall  ebenso  die  Götter  den  menschlichen  Helden  näher  rücken,  wie 
die  letzteren  vorübergehend  jenen  den  Rang  streitig  machen  oder 
selbst  dauernd  sich  zu  ihnen  erheben  lassen.  Sobald  die  Götter 
nach  irdischen  Frauen  oder  andern  irdischen  Gütern  begehren,  sich 
mit  irdischen  Helden  messen  oder  in  ihren  Kämpfen  Partei  nehmen, 
so  gelten  unvermeidlich  auch  für  sie  die  Schranken,  die  irdischem 
Tun  und  Treiben  gesetzt  sind.  Der  eine  Gott  kann  vom  andern 
besiegt,  er  kann  von  sterblichen  Helden  überlistet  oder  gar  über- 
wunden werden.  Indem  der  Mythus,  abgesehen  von  jenen  äußeren 
Vorrechten  des  Wohnorts  und  der  Freiheit  von  Krankheit  und  Tod, 
alle  inneren  Eigenschaften  des  Helden  auf  den  Gott  überträgt,  muß 
er  diesen  notwendig  auch  mit  den  Bedürfnissen  ausstatten,  in  denen 
schon  der  Held  nicht  weniger  wie  an  Stärke  das  menschliche  Mittel- 
maß überragt.  Auch  diese  Bedürfnisse  werden  nun  in  gesteigertem 
Grade  auf  die  Götter  übertragen.  Daß  ein  Gott  in  der  Menge  der 
Speisen  und  Getränke,  die  er  zu  vertilgen  vermag,  Übermenschliches 
leisten  kann,  ist  ein  in  der  Göttersage  der  Kulturvölker  überall 
wiederkehrender  Zug.  Ebenso  stattet  aber  die  Sage  die  Götter  aller 
Orten,  indem  sie  die  Unsterblichkeit  mit  diesen  ihren  Bedürfnissen 
in  Verbindung  bringt,  mit  einer  besonderen,  den  Sterblichen  ver- 
sagten Götterspeise  und  einem  Göttertrank  aus,  die  die  Eigenschaft 
von  Speise  und  Trank,  das  Leben  zu  erhalten,  in  jenem  erhöhten 
Maße  besitzen,  daß  sie  es  dauernd  in  dem  gleichen  Zustand  erhalten, 
so  daß,  wer  von  der  Götterspeise  genießt,  weder  sterblich  ist  noch 
altert.  Aber  auch  hier  wird  wiederum  dieser  Vorzug  der  Götter- 
speise, indem  er  nur  das  menschliche  Maß  der  Bedürfnisse  ins  Unge- 
messene vergrößert,  zu  einer  Schranke  des  Götterdaseins.  Die  Götter 
altern  und  werden  vom  Tode  bedroht,  wenn  sie  infolge  irgend  eines 
die  Bereitung  oder  Darbringung  der  Götterspeise  störenden  Ereig- 
nisses diese  entbehren  müssen.    Das  ist  ein  Zug,   der   uns  in  grie- 


Götter,  Helden  nnd  Dämonen. 


337 


chischer  wie  germanischer  Sage  begegnet,  und  der  bei  den  Indern 
wahrscheinlich  mitgewirkt  hat,  den  Göttertrank  Soma  zu  einem  Gegen- 
stand des  Kultus  und  damit  selbst  zum  Gott  zu  erheben.  Und  noch 
ein  anderer  Gedanke  entspringt  schließlich  dieser  in  der  inneren 
Übereinstimmung  der  Götter-  und  Menschenchäraktere  wurzelnden 
Bedürftigkeit  der  Götter,  der  von  dem  Augenblick  an  hervortritt,  wo 
die  kosmogonische  Sage  auf  die  Götter  einzuwirken  beginnt:  das  ist 
der  Gedanke  eines  Wechsels  von  Göttergeschlechtem,  der  der  Auf- 
einanderfolge menschlicher  Generationen  gleicht,  mag  auch  immerhin 
noch,  um  die  Eigenart  der  Götter  so  viel  wie  möglich  festzuhalten, 
jenen  Göttergeschlechtem  eine  unermeßlich  größere  Lebensdauer 
gegeben  werden.  Selbst  auf  das  lebende  Göttergeschlecht  kann  sieh 
so  die  Idee  ihres  dereinstigen  Untergangs  erstrecken,  wie  das  die 
freilich  wohl  schon  unter  dem  Einfluß  der  neu  erstehenden  christ- 
lichen Götterwelt  ausgebildete  nordische  Vorstellung  einer  »Götter- 
dämmerung« zeigt.  Aber  auch  wo  diese  Idee  durch  die  Macht  eines 
noch  lebendigen  Götterkultus  hintangehalten  wird,  da  zeigft  sie  doch 
in  ihren  rückwärts  gerichteten  Anwendungen  deutlich  die  Grenzen, 
bei  denen  die  menschliche  Beschränkung  des  Göttercharakters  jene 
äußeren  durch  Wohnort  und  Lebensbedingungen  gesteckten  Schranken 
verschieben  kann,  so  daß  sie  nicht  bloß  in  der  Richtung  vom  mensch- 
lichen Helden  zum  Gott,  sondern  auch  in  der  vom  Gott  zum  Menschen 
unsicher  werden. 

Alle  diese  Wechselbeziehungen  finden  nun  in  Sage  und  Legende 
ihren  Ausdruck,  indem  hierbei  die  letztere  überall  nur  als  eine 
besondere,  durch  ihre  Beziehungen  zum  religiösen  Kultus  ausge- 
zeichnete Form  der  Sage  erscheint.  Beide  aber  scheiden  sich  da- 
durch zugleich  von  dem  Kultus  selbst,  der,  wie  er  treuer  als  die 
Sage  von  der  Tradition  festgehalten  wird,  so  auch  in  seinem  auf 
die  religiösen  Bedürfnisse  der  Gegenwart  gerichteten  Streben  aus- 
schließlich einer,  wie  das  Wort  »Kultus«  es  andeutet,  die  unbedingte 
Unterordnung  einschließenden  »Pflege«  der  Götter  bei  der  An- 
rufung ihrer  Hilfe  in  der  Not  des  Lebens  zugewandt  ist.  Darum  ist 
er  von  frühe  an  darauf  gerichtet,  jene  menschlichen  Züge  zu  ver- 
wischen; und  unter  ihnen  widerstrebt  ihm  wieder  vor  allem  der  Ge- 
danke an  ein  Versiegen  dieser  Quelle  des  Trostes  und  der  Hoflhung 
durch  einen  Untergang  der  Götter  selbst.     Weist  so  der  Kultus  von 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  22 


ß^3  ^cr  Naturxnythus. 


frühe  an  auf  eine  Erhebung  der  vorhandenen  Göttervorstellungen 
hin,  die  diese  möglichst  der  ihnen  anhaftenden  menschlichen  Züge 
entkleidet,  so  ist  es  dagegen  die  Sage,  in  der  die  Vorbedingungen 
zu  der  ersten  Ausbildung  der  spezifischen  Göttervorstellungen  zu 
Tage  treten.  Das  geschieht  aber  gerade  dadurch,  daß  die  Sage 
überall  Götter,  Helden  und  Dämonen  nebeneinander  in  jenen  mannig- 
fachen Wechselbeziehungen  schildert,  die  sich  auf  einer  niederen, 
der  eigentlichen  Göttervorstellungen  zumeist  noch  entbehrenden  Stufe 
schon  in  der  Handlung  des  Mythenmärchens  vorbereiten.  Den 
Mittelpunkt  der  auf  solche  Weise  alle  diese  mythologischen  Ge- 
bilde zu  einem  Ganzen  zusammenfassenden  Erzählungen  bildet  so 
diejenige  Gestalt,  die  die  Sage  zunächst  wenig  verändert  aus  dem 
Märchen  herübernimmt:  die  des  Helden.  Ihn  erhebt  sie  durch  den 
weiteren  Hinterg^rund,  vor  den  sie  ihn  stellt,  zu  einer  höheren,  vom 
Menschen  bis  nahe  zum  Gott  heranreichenden  Stufe;  und  um  ihn 
bewegen  sich  fortan  die  Handlungen  der  Sage.  Die  Götter  können 
in  die  Begebenheiten  hilfreich  oder  feindlich  eingreifen.  Sie  selbst 
aber  sind  durch  ihr  unwandelbares,  über  die  alltäglichen  Drang- 
sale erhobenes  Dasein  jenem  Wechsel  der  Geschicke  entzogen,  der 
das  Heldenleben  zum  idealen  Vorbild  menschlichen  Strebens  macht. 
Erst  innerhalb  der  Heldensage  werden  daher  die  Götter,  indem  sich 
in  ihrer  Anteilnahme  an  den  Schicksalen  der  Menschen  und  an  den 
Kämpfen  der  Helden  der  Charakter  dieser  auch  auf  sie  überträgt, 
mehr  und  mehr  selbst  zu  persönlichen  Wesen,  auf  die  nun  das 
Interesse,  das  die  ursprüngliche  Sage  nur  für  den  Helden  in  Anspruch 
nimmt,  allmählich  hinüberwandert.  So  teilen  sich  in  die  Gestaltung 
der  Göttervorstellung  Kultus  und  Sage.  Der  Kultus  sorgt  dafür,  daß 
die  Götter  trotz  der  störenden  Einwirkungen  der  Sagenzüge  als 
Helfer  in  der  Not,  aber  auch  als  furchtbare  Rächer  der  Schuld  und 
der  ihnen  versagten  Ehrfurcht  in  Opfer  und  Gebet  zu  übermensch- 
lichen Wesen  erhoben  werden.  Die  Sage  dagegen  bringt  sie  immer 
und  immer  wieder  dem  Menschen  menschlich  näher,  indem  sie 
alles  das,  was  dieser  an  dem  Helden  als  Eigenschaften  verehrt,  die 
er  an  sich  selber  schätzt,  auf  sie  überträgt.  So  kann  sich  denn 
auch  nur  aus  der  Heldensage  allmählich  eine  Göttersage  entwickeln, 
nicht  umgekehrt.  Dabei  bildet  aber  ein  wichtiges  Mittelglied  der 
kosmogonische  Mythus,  der  zuerst  die  Götter  in  den  Fluß  des  Werdens 


Götter,  Helden  nnd  Dlmonen. 


339 


hineinzieht* und  so  den  theogonischen  Mythus  als  eine  spezifische 
Form  der  Göttersage  hervorbringt.  Ein  wichtiges  Zwischenglied 
bildet  hierbei  jene  dritte  Gattung  mythologischer  Wesen,  die  auch 
der  Heldensage  nicht  fehlen,  die  jedoch  bei  diesem  Hinübertragen  aus 
ihr  in  die  Göttersage  eine  erhöhte,  in  den  mythologischen  Bildern 
von  Weltschöpfung  und  Weltuntergang  mit  den  Göttern  wetteifernde 
Bedeutung  gewinnen:  die  Dämonen.  Denn  während  sie  in  den  Un- 
geheuern, den  hilfreichen  und  feindseligen  Zauberwesen  der  Helden- 
sage nur  als  Nebenfiguren  in  eine  Handlung  eingreifen,  die  vor  allem 
von  den  Gestalten  der  Helden  selber  beherrscht  wird,  stellen  sich  in 
der  kosmogonischen  und  theogonischen  Sage  die  Dämonen  dicht 
neben  die  Götter,  und  im  Kampf  mit  ihnen  können  sie  obsiegen 
oder  unterliegen,  mag  auch  der  letztere  Ausgang  durch  die  Stel- 
lung, die  sich  die  Götter  unter  der  vereinten  Einwirkung  des  Kultus 
und  der  Heldensage  errungen  haben,  schließlich  der  entscheidende 
sein.  Indem  so  die  kosmogonischen  Vorstellungen  das  bis  dahin 
zumeist  ruhende  Dasein  der  Götter  in  die  dramatische  Bewegung 
von  Kampf  und  Sieg  hineinziehen,  werden  die  Götter  zu  Helden 
höheren  Stils,  die  von  den  so  erworbenen  Eigenschaften  manches 
wiederum  auf  die  Helden  selbst  übertragen  können.  Aber  ohne  das 
ältere  Vorbild  einer  Heldensage,  in  der  der  Sagenheld  noch  in 
direkter  Linie  vom  abenteuernden  Märchenhelden  abstammt,  würde 
diese  Entwicklung  schwerlich  möglich  sein.  So  steht  denn  auch 
nach  allen  historischen  Zeugnissen  die  kosmogonische  und  theo- 
gonische  Göttersage  nicht  am  Anfang  der  Mythenbildung,  wohin  sie 
die  alten  Mythographen  verlegten,  in  der  Meinung,  mit  dem  Ursprung 
der  Dinge  müsse  auch  der  des  Mythus  zusammenfallen;  sondern  als 
zusammengesetzte  und  selbständige  Sagenform  liegt  sie  erst  nahe 
dem  Ende  dieser  Entwicklung,  mag  sie  auch  in  einzelnen  losen  Frag- 
menten von  den  Zeiten  des  primitiven  Mythenmärchens  an,  das  selbst 
noch  der  eigentlichen  Göttervorstellungen  entbehrt,  vorbereitet  sein. 
Die  wirkliche  Kosmogonie  bedarf  aber  ihrerseits  dieser  Vorstellungen 
in  ihrer  ausgebildeten  Form;  und  in  höherem  Grade  als  die  Helden- 
sage steht  sie  bereits  unter  dem  Einflüsse  dichterischer  Erfindung, 
und  in  vielen  ihrer  Gestaltungen  zugleich  unter  dem  einer  beginnenden, 
auf  dieser  Stufe  freilich  noch  untrennbar  mit  der  Dichtung  verwebten 
philosophischen  Spekulation. 


240  I^cr  Naturmythus. 


Indem  nun  die  Göttersage  erst  im  kosmogonischen  Mythus  zu 
eigenem  Leben  erwacht,  ist  die  Heldensage  naturgemäß  früher  als 
die  Göttersage,  und  der  Held  ist  früher  als  der  Gott.  Erst  der 
Held  und  der  Dämon  zusammen  müssen  dem  Gott  die  Züge  leihen, 
durch  die  er  zum  Träger  einer  selbständigen  Sagengattung  werden 
kann.  Darum  ist  es  die  Heldensage,  die,  indem  sie  dem  Neben- 
einander und  den  Wechselwirkungen  aller  dieser  mythologischen 
Wesen  einen  weiten  Schauplatz  eröffnet,  die  Götter  ebenso  zu 
strebenden  und  handelnden,  kämpfenden  und  siegenden,  und  darin 
eben  den  Helden  ähnlichen  Wesen  erhebt ,  wie  in  ihr  wiederum  die 
Götter  auf  die  Helden  zurückwirken.  Nicht  minder  greift  jedoch  die 
dritte  dieser  Grestalten,  die  des  Dämons,  in  die  Helden-  und  Götter- 
welt bestimmend  ein.  Der  Held  kommt  vor  allem  im  Kampf  mit 
dämonischen  Wesen  und  in  ihrer  Überwindung  den  Göttern  nahe. 
Der  Hauptcharakterzug,  der  den  Gott  von  dem  menschlichen  Helden 
scheidet,  ist  aber  das  dämonische  Wesen  des  Gottes  selbst,  jene 
Beziehung  auf  den  Menschen  und  sein  Schicksal,  die  das  Wesen 
des  Dämons  ganz,  das  des  Gottes  im  Verein  mit  dem  ihm  vom 
Helden  mitgeteilten  Charakter  persönlicher  Eigenart  ausmacht  In 
der  Heldensage  greifen  alle  diese  Einflüsse  ineinander.  Dem  Helden 
treten  die  Dämonen  in  ihren  niedrigeren  Formen,  wie  sie  im  Anschluß 
an  die  allverbreiteten  Spukgestalten  als  Ungeheuer  und  Zauberwesen 
fast  unverändert  die  gleichen  Gebilde  des  Mythenmärchens  fortsetzen, 
gegenüber.  In  dem  Kampf  mit  den  Göttern  erscheinen  von  Anfang 
an  nur  die  gewaltigeren  Dämonengestalten  der  Wolken  und  Stürme, 
der  Berge  und  Wüsten,  und  sie  erheben  sich  selbst  in  diesem  Kampf 
zu  Wesen,  die  den  Göttern  ebenbürtig  sind.  Als  solche  gehen  sie 
dann  vor  allem  in  die  selbständig  werdende  Göttersage   ein. 

So  bilden  die  Dämonen  in  ihren  überaus  wechselvollen  Gestal- 
tungen, wie  sie  von  dem  Naturmythus  zu  den  Seelenvorstellungen 
zurückreichen,  so  anderseits  Bindeglieder  zwischen  der  Helden-  und 
der  Göttersage.  Daneben  können  sie  aber  gerade  auch  in  der  Sage 
noch  die  Mittelpunkte  oder  selbst  die  einzigen  Substrate  der  Erzäh- 
lung sein.  Dies  geschieht  bei  jenen  wechselnden  Sagenbildungen 
einfachster  Art,  die  nur  durch  die  Gebundenheit  an  bestimmte  Orte 
dem  Typus  der  Sage  angehören,  im  übrigen  aber  noch  ganz  in  die 
Sphäre  des  allverbreiteten  Dämonenglaubens  hinabreichen.     Solche 


Orts-  und  Stammessagen.  341 


lokal  beg^nzte  Einzelsagen  sind  es,  in  die  dann  aber  leicht  auch 
fragmentarische,  mythologisch  umgebildete  Stammestraditionen  und 
mit  diesen  die  Gestalten  von  Stammeshelden  eingehen.  So  entsteht 
in  Anlehnung  an  diese  Gestalten  zunächst  die  Stammessage,  die 
sich  im  Gefolge  des  Verkehrs  und  der  Wanderzüge  der  Völker  zu 
der  nunmehr  Ort-  und  Zeitbeziehungen  miteinander  verwebenden 
Wandersage  entwickelt.  Von  hier  aus  eröffnet  sich  dann  ein  er- 
weiterter Schauplatz,  auf  dem  Helden  verschiedenen  Ursprungs  neben- 
einander hervortreten.  So  bilden  die  Orts-  und  die  Stammessage, 
die  Helden-  und  schließlich,  aus  ihr  hervorgehend,  die  Göttersage 
aufsteigende  Formen  einer  Entwicklung,  die  freilich  besonders  auf 
ihren  höheren  Stufen  nicht  mehr  durch  fest  bestimmte  Grenzen  zu 
scheiden  sind,  in  ihrem  allgemeinen  Gang  aber  deutlich  einander 
gegenübertreten.  Dabei  ist  es  übrigens  eine  wichtige  Eigenschaft 
auch  dieser  M)^enentwicklung,  daß  die  niederen  Formen  nicht  aus- 
sterben, wenn  die  höheren  entstanden  sind,  sondern  teils  neben  ihnen 
fortbestehen  und  immer  wieder  neu  entstehen,  teils  aber  auch  von 
ihnen  assimiliert  werden.  Wie  sich  die  Helden-  in  die  Göttersage 
fortsetzt  und  trotzdem  selbständig  weiterlebt,  so  bilden  daher  alte  und 
neue  Orts-  und  Stammesss^en  dauernde  Bestandteile  der  Mythen- 
bildung. Vor  allem  das  gemeinsame  Produkt  dieser  beiden,  die 
Wandersage,  wird  nicht  nur  zu  einem  wesentlichen  Faktor  der  Helden- 
sage, sondern  sie  ist,  über  diese  hinausreichend,  schließlich  diejenige 
Form  der  Mythenerzählung,  aus  der  die  beginnende  Kunstdichtung 
ihre  wichtigsten  Anregungen  geschöpft  hat 

2.  Orts-  und  Stammessagen. 

a.  Die  Ortssage. 

Die  reine  Ortssage  in  ihrer  Unabhängigkeit  von  Zeitbeziehungen 
und  geschichtlichen  Erinnerungen  bildet  die  einfachste  Form  der 
Sage  überhaupt,  diejenige  zugleich,  die  noch  unmittelbar  halb  in  das 
Mythenmärchen  halb  in  den  allverbreiteten  Dämonenglauben  zurück- 
reicht, von  dem  letzteren  nur  dadurch  sich  scheidend,  daß  sie  eine 
einzelne,  an  einen  bestimmten  Ort  verlegne  Begegnung  mit  einer 
dämonischen  Spukgestalt  erzählt  oder  sogar  nur  allgemein  einen  Ort 
als  die  Stätte  solcher  Begegfnungen  bezeichnet.     So  alt  und  primitiv 


^A2  üer  Natnrmythus. 


diese  beginnende  Sagenform  ist,  so  unvergänglich  ist  sie.  Allert 
Wandel  der  Geschichte  überdauernd  reicht  sie  bis  in  die  Gegenwart 
herein,  ohne  dabei  anders  als  in  äußeren  und  nebensächlichen  Zügen 
von  dem  jeweiligen  Zustande  der  Kultur  berührt  zu  werden. 

Schon  das  primitive  Mythenmärchen  endet  nicht  selten  damit, 
daß  es  von  Menschen  erzählt,  die,  nachdem  sie  dies  und  jenes  er- 
lebt, schließlich  in  Steine  oder  auch  in  Bäume  verwandelt  worden 
seien.  Namentlich  die  Verwandlung  in  Steine  ist  eine  der  häufigsten 
Formen  des  Bosheits-  und  des  Strafzaubers,  denen  man  im  Märchen 
begegnet;  und  dem  Bericht  eines  solchen  Ereignisses  pflegt,  wenn 
es  den  Ausgang  der  Geschichte  bildet,  noch  die  Bemerkung  beigefügt 
zu  werden,  diese  Steine  seien  noch  jetzt  an  einem  bestimmten  Ort  zu 
sehen.  Sobald  nun  solche  Berichte  nicht  bloß  Episoden  einer  größeren 
Erzählung  bilden,  wie  etwa  die  Verwandlung  von  Lots  Weib  in  eine 
Salzsäule,  sondern  selbständige,  sichtlich  durch  den  Eindruck  vereinzelt 
stehender  oder  grotesk  aussehender  Steine,  Felsen  oder  Bäume  ent- 
standene Mythen,  so  besitzen  sie  bereits  den  Charakter  von  Orts- 
sagen. Indem  dann  bei  ihnen  der  verwandelte  Mensch  mit  dem 
Gegenstand  immer  noch  verbunden  gedacht  wird,  mischt  sich  dem 
Anblick  des  letzteren  etwas  von  der  Dämonenfurcht  bei,  die  das  Ge- 
spenst einflößt.  Daher  man  denn  auch  solchen  Objekten  namentlich 
zur  Nachtzeit  zuweilen  nur  mit  Zittern  zu  nahen  wagt. 

Dieser  aus  der  unmittelbaren  Wirkung  auf  die  Motive  des  Dämonen- 
glaubens entspringenden  Form  der  Ortssage  begegnen  wir  nun,  bald 
mit  bald  ohne  den  Hinzutritt  von  Märchenmotiven,  überall  und  zu 
den  verschiedensten  Zeiten.  Die  allgemeine  Natur  der  Sage  bleibt 
dabei  unverändert.  Nur  die  Gegenstände,  die  den  Ort  des  Dämons 
fixieren,  wandeln  sich;  dieser  selbst  besitzt  aber  denselben  unpersön- 
lichen Charakter,  der  den  Spukdämonen  überhaupt  eigen  ist.  An 
Stelle  des  Steins,  auf  den  etwa  der  australische  Eingeborene  als  auf 
einen  dereinst  verzauberten  Menschen  hinweist,  ist  es  eine  zerfallene 
Burg,  ein  verlassenes  Haus,  an  die  in  späteren  Zeiten  die  Sage  das 
Umgehen  eines  Geistes  bindet,  obgleich  auch  jetzt  noch  der  einsame 
Fels  oder  Baum  gelegentlich  seine  alte  Stelle  behauptet.  Natürlich 
pflegt  eine  solche  Ortssage  primitivster  Art  auch  darin  den  lokalen 
Charakter  zu  bewahren,  daß  sie  in  der  Regel  auf  ein  begrenztes  Ge- 
biet,   das  der  Umwohner  des  verrufenen   Ortes,  beschränkt  bleibt. 


Orts-  nnd  Stammessagen.  ^a^ 


Solche  engste  Ortssagen  werden  infolgedessen  meist  gar  nicht  mehr 
der  Sage,  sondern  dem  gewöhnlichen  Gespensterglauben  zugerechnet. 

Hieran  schließt  sich  nun  eine  zweite  Gruppe.  Sie  wird  durch 
solche  Sagen  gebildet,  die  an  fernhin  bekannte  Orte  gebunden 
sind,  und  die  mit  der  Kunde  dieser  Orte  selbst  in  weitere  Gebiete 
dringen.  Ihnen  haftet  auch  sonst  die  einem  erweiterten  Verkehr 
entsprechende  Kulturfarbung  an.  Es  treten  bereits  bestimmte  Be- 
rufsgattungen in  ihr  hervor,  besonders  solche,  denen  irgendwie  ein 
Gefühl  des  Unheimlichen  oder  Zauberhaften  anhaftet,  wie  die  des 
Bergmanns,  des  Scharfrichters,  des  Schmiedes.  Gleichzeitig  treten 
jetzt  die  spezifischen  Dämonengestalten  auf,  die  mit  solchen  Berufen  in 
näherer  Verbindung  stehen,  wie  der  Berggeist,  der  dem  Bergmann 
in  der  Tiefe  Rettung  oder  Verderben  bringen  kann,  die  Zwerge,  die 
den  Schmied  Zauberwaffen  fertigen  lehren,  der  Waldschrat,  der  den 
Jäger  irre  fuhrt  usw.  An  die  Gestalten  der  so  in  die  lokale  Sage  ein- 
greifenden Naturdämonen  knüpfen  dann,  indem  diese  mit  weithin  be- 
kannten Orten,  einem  berühmten  Berg  oder  See,  einer  Stadt  oder 
Landschaft,  in  Verbindung  gebracht  werden,  andere  in  der  Tradition 
sich  fortpflanzende  Sagen  an,  die  das  Tun  und  Treiben  dieser  Wesen 
schildern,  so  daß  meist  auch  die  Erzählung  zu  einem  größeren 
Umfang  wächst.  Die  Sagensammlungen  und  Volksbücher  der  ver- 
schiedenen europäischen  Kulturvölker,  für  Deutschland  allen  voran  die 
der  Brüder  Grimm,  enthalten  zahlreiche  Stücke  dieser  Art,  die  nach 
ihrem  Charakter  immer  noch  zwischen  Märchen  und  Sage  mitten 
inne  stehen,  die  aber  durch  die  Beziehung  auf  bestimmte  Lokalitäten 
bereits  der  Ortssage  angehören*). 

Als  eine  dritte  Gruppe  tritt  uns  sodann  diejenige  entgegen,  in 
der  außer  einem  bestimmten  Ort  auch  einzelne  entweder  mythische 
oder  historische  Personen   in   die  Sage  eingehen,   aus   der  nun  die 


')  Deutsche  Sagen  herausgegeben  von  den  Brüdern  Grimm,  4.  Aufl.  von  R.  Steig. 
Viele  unter  den  im  ersten  Teil  dieser  Sammlung  zusammengestellten  »örtlichen  Sagen« 
reichen  übrigens  schon  in  die  folgenden  Gruppen  hinüber.  Ebenso  pflegen  die 
andern  Sammlungen,  von  denen  manche  ebenda  S.  173  ff.  nebst  den  Quellen  ver- 
zeichnet sind,  diese  Gruppen  weder  voneinander  noch  von  den  geschichtlichen  Sagen 
zu  sondern.  Zahlreiche  Einzelbeiträge  aus  dieser  und  den  andern  Sagengruppen 
finden  sich  außerdem  in  der  »Zeitschrift  des  Vereins  für  Volkskunde«  in  Berlin  und 
besonders  in  den  »Hessischen  Blättern  für  Volkskunde«  und  deren  Literaturberichten, 
für  das  Ausland  in  der  reichen  »Folklor« -Literatur. 


344  ^^^  Natannythus. 


dämonischen  Wesen  selbst  verschwinden  können,  indem  hier  die 
Personen,  die  die  Träger  der  Sage  bilden,  deren  Stelle  vertreten. 
Dahin  gehören  z.  B.  die  Sagen  vom  Rodensteiner,  vom  wilden  Jäger, 
vom  Jungrfrausprung  bei  Graz,  dem  Jettenbühl  bei  Heidelberg,  end- 
lich der  Kaiser  Rotbart  im  Kyffhäuser  mit  seinen  Varianten,  dem 
Kaiser  Karl  im  Unterberg  und  im  Brunnen  zu  Nürnberg  und  zahl- 
reiche andere  (Grimm,  Nr.  22,  23,  28,  138,  141,  136  usw.).  Auch 
diese  Sagen  gehören,  wenngleich  andere  Mythen  oder  historische  Er- 
innerungen in  ihnen  anklingen  mögen,  noch  zu  den  reinen  Ortsss^en, 
da  in  vielen  von  ihnen  die  Personen  ohne  jede  Handlung  gedacht 
werden,  in  andern  zwar  eine  solche  erzählt  wird,  diese  aber  höchst 
einfacher  Art  ist,  wie  der  Rotbart  im  Kyfifhäuser,  oder  eine  einmalige 
Tat,  deren  Gedächtnis  an  den  Ort  gebunden  bleibt,  wie  der  Jung- 
frausprung bei  Graz  und  die  ihm  ähnlichen  Erzählungen,  oder  end- 
lich sich  zu  gewissen  Zeiten  in  höchst  einförmiger  Weise  wiederholt, 
wie  der  Zug  des  wilden  Jägers  und  seine  Parallelen. 

Diese  Erzählungen  bilden  endlich  den  Übergang  zu  einer  vierten 
und  letzten  Gruppe,  bei  der  zwar  immer  noch  ein  bestinmitcr  Ort 
oder  mindestens  eine  Stadt,  eine  Landschaft  den  Mittelpunkt  bildet, 
wo  nun  aber  mehr  und  mehr  die  Erzählung  selbst  mit  den  in  sie 
eingehenden  Personen  zur  Hauptsache  wird.  Gleichwohl  gehören 
solche  Stücke  immer  noch  zu  den  Ortssagen,  insofern  auch  sie  ein 
gewisses  lokales  Kolorit  besitzen  und  die  Zeitbeziehungen,  selbst 
wo  die  Sage  an  bestimmte  Personen  der  Geschichte  geknüpft  ist, 
diese  aus  ihrem  wirklichen  historischen  Zusammenhang  löst,  um  sie 
zu  Trägern  einer  novellistischen  oder  märchenhaften  Erzählung  zu 
machen,  die  sich  lediglich  durch  die  Beziehung  auf  einen  bestimmten 
Ort  von  andern,  ähnlichen  Traditionen  unterscheidet.  Wir  können 
danach  diese  ganze  Gruppe  als  die  der  novellistischen  Ortssagen 
zusammenfassen.  Auch  in  ihnen  treten  übrigens  wieder  ebenso- 
wohl sonst  unbekannte,  etwa  bloß  nach  ihrem  Stand  und  Beruf  be- 
zeichnete Personen  wie  solche  der  Geschichte  in  den  Mittelpunkt  der 
Handlung.  So  sind  die  Sagen  vom  Glockenguß  zu  Breslau  (Grimm, 
Nr.  125),  vom  Teufelsloch  zu  Goslar  (Nr.  182),  vom  steinernen  Braut- 
bett (Nr.  229)  und  andere  ähnliche  ebenso  gut  novellistische  Ortssagen, 
wie  die  von  Kaiser  Ottos  Witwen-  und  Waisengericht  (Nr.  474),  vom 
Bau  der  Wartburg  (Nr.  442)  nebst  den  vielen  ihr  venvandten  Grün- 


Orts-  and  Stammessagen.  ^^e 


dungssagen  von  Burgen  und  Städten.  Das  Merkmal  der  Ortssage 
besteht  in  allen  diesen  Fällen  darin,  daß  die  Sage  auf  einen  be- 
stimmten Ort  oder  einen  bestimmt  lokalisierten  Gegenstand  bezogen 
wird,  wo  nun  durch  den  Eindruck  dieser  jeweils  auch  die  Sage  selbst 
im  Gedächtnis  erneuert  wird.  So  ist  die  Sage  vom  Glockengießer 
an  die  Glocke  der  Breslauer  Magdalenenkirche,  die  vom  steinernen 
Brautbett  an  ein  in  Deutschböhmen  gelegenes  Paar  Felsspitzen  ge- 
bunden. An  Kaiser  Ottos  Witwengericht  sollen  vier  im  Lümer 
Bistum  liegende  Burgen  erinnern,  die  der  Kaiser  nach  der  Sage 
an  die  Witwe  des  unschuldig  gerichteten  Grafen  abtrat,  um  sich 
von  der  auferlegten  Buße  zu  lösen.  In  allen  diesen  Fällen  tritt  das 
novellistische  Beiwerk  so  sehr  in  den  Vordergrund,  und  es  kann 
derart  mit  mancherlei  andern  Sagen-  und  Märchenmotiven  vermischt 
sein,  daß  diese  letzte  Gattung  weit  über  die  Grenzen  der  andern 
Ortssagen  hinauswächst  Da  die  Novelle  selbst  in  der  Märchen- 
erzählung ihre  Grundlage  hat,  so  läßt  sich  übrigens  diese  Gruppe 
zugleich  darauf  zurückfuhren,  daß  von  den  ihr  aus  den  primitiveren 
Formen  überkommenen  allgemeinen  Bestandteilen  der  Ortssage,  dem 
dämonischen  und  dem  märchenhaften,  der  letztere  mit  den  aus  ihm 
weiter  entsprungenen  Novellenmotiven  über  den  ersten  das  Über- 
gewicht erlangt  hat.  Immerhin  wird  man  zugeben,  daß  selbst  in 
Eindrücken,  wie  dem  Klang  der  Breslauer  Glocke  oder  dem  steinernen 
Brautbett,  noch  etwas  von  der  Dämonenfurcht  nachzittern  mag,  die 
die  ursprüngliche  Ortssage  erzeuget  hat.  Dafür,  daß  die  novellistische 
Ausschmückung  auch  hier  auf  das  Märchen  zurückgeht,  bilden 
übrigens  manche  dieser  SagenstofTe,  die  noch  deutlich  märchenhafte 
Züge  an  sich  tragen,  die  Belege.  Dahin  sind  namentlich  die  nicht 
seltenen  Stücke  zu  rechnen,  in  denen  in  mittelalterlichen  und  neueren 
Ortssagen  der  Teufel,  oder  in  denen  Zauberverwandlungen  eine  Rolle 
spielen.  So  in  manchen  der  Sagen  von  Kaiser  Otto,  dieser  in  der 
älteren  deutschen  Chronik  besonders  beliebten  Sagengestalt  (z.  B. 
Grimm  Nr.  473,  475).  Ein  anderes  Beispiel  solcher  Art  ist  oben 
schon  unter  den  Umwandlungen  des  Truhenmärchens  besprochen 
worden  (S.  267):  die  Sage  von  Kaiser  Heinrich  III.  (Grimm  Nr.  480). 
Sie  hat  fast  in  allen  ihren  Teilen  die  Züge  des  Märchens,  dem  sie 
entstammt,  beibehalten.  Aber  in  ihrer  Umwandlung  zur  Sage  sind 
an  die  Stelle  der  Märchenhelden  bekannte  Personen  der  Geschichte 


^^6  ^c^  Naturmythus. 


getreten,  und  jene  hat  trotzdem  nicht  sowohl  den  Charakter  der 
historischen  Sage  als  den  der  Ortssage  angenommen.  Denn  alles 
was  von  den  Personen  erzählt  wird,  hat  mit  der  wirklichen  Geschichte 
so  gut  wie  nichts  zu  tun.  Wohl  aber  schließt  es,  wie  durchweg  die 
Ortssagen  dieser  letzten  Gattung,  mit  dem  Hinweis  auf  eine  denk- 
würdige Stätte,  die  an  den  Schauplatz  der  Handlung  erinnert:  an 
der  Stelle  der  Mühle,  in  der  er  dereinst  zur  Welt  kam,  soll  Kaiser 
Heinrich  das  Kloster  Hirschau  zum  Gedächtnis  an  seine  Geburt  und 
wunderbare  Errettung  errichtet  haben  (Grimm,  Nr.  329). 

Indem  sich  die  Ortssage  in  dieser  letzten  Form  mehr  und  mehr 
durch  die  Aufnahme  märchenhafter  und  novellistischer  Züge  erweitert, 
verliert  sie  nun  von  selbst  in  dem  Maße,  als  der  Ort,  an  den  die 
Handlung  gebunden  ist,  an  Bedeutung  zurücktritt  und  mit  andern 
Orten  wechselt,  den  Charakter  der  Ortssage.  Sie  macht  der  ge- 
schichtlichen und  andern  Formen  Platz,  in  denen  mehr  und  mehr 
gewisse  Zeitbeziehungen  in  den  Vordergrund  treten.  So  mündet  sie 
in  Erzählungen  ein,  in  denen  weitere  Quellen  zusammenfließen.  Unter 
ihnen  ragt  als  eine  sehr  ursprüngliche  und  zugleich  dauernde  Form 
die  der  Stammessage  hervor,  die  besonders  in  ihren  Anfangen 
ebenfalls  in  das  Mythenmärchen  zurückreicht. 

b.  Die  Stammessage. 

Die  Anfänge  der  Stammessage  sind  wahrscheinlich  so  alt  wie  die 
der  Ortssage.  Die  frühesten  Anklänge  an  eine  solche  begegnen 
uns  in  jenen  Erzählungen  der  Australier  von  den  Muramura,  den 
fabelhaften  Urwesen,  auf  die  man  die  Kenntnis  der  Zeremonien 
und  Zauberbräuche,  der  Anfertigung  der  Jagdgeräte  und  der  Ent- 
zündung des  Feuers  zurückführt.  Da  diese  Kulturbringer  in  unbe- 
stimmter Vorzeit  gelebt  haben  sollen,  von  der  aus  keinerlei  weitere 
Traditionen  bis  zur  Gegenwart  herabreichen,  so  bilden  die  Berichte 
über  sie  offenbar  nicht  sowohl  eine  wirkliche  Stammessage  als  An- 
sätze zu  einer  solchen,  in  denen  aber  deutlich  ein  Hauptmotiv  zu 
Tage  tritt,  das  jener  auch  in  ihren  späteren  Gestaltungen  erhalten 
bleibt,  in  denen  es  sich  dann  mehr  und  mehr  mit  Sageninhalten 
abweichenden  Ursprungs  verbindet.  Dieses  primäre  Motiv  ist,  wie 
man  hier  deutlich  erkennt,  der  Stammessage  mit  dem  Kulturmärchen 
gemein.     Es  besteht   in   der  mit  dem  Schimmer  des   Zaubers   um- 


Orts-  und  Stammessagen.  ^^y 


gebenen  Verwunderung  über  die  überkommenen  Anschauungen  und 
Bräuche  wie  über  die  Erzeugnisse  eigner  Kunstfertigkeit,  kurz  über 
alles  das,  was  dem  Naturmenschen  nicht  als  ein  von  selbst  in  der 
Natur  Gegebenes,  sondern  als  ein  irgendwie  Geschaffenes  und  Er- 
worbenes entgegentritt.  Er  kann  möglicherweise  Himmel  und  Erde, 
Menschen  und  Tiere  als  ein  nie  Gewordenes  ansehen.  Doch  die 
kultischen  Tänze,  die  Mittel  Feuer  zu  bereiten,  die  Waffen  und  Werk- 
zeuge, sie  müssen,  da  er  sich  seit  Menschengedenken  in  deren  Be- 
sitz weiß,  irgend  einmal  den  Vorfahren  mitgeteilt  sein.  So  wenig 
er  sich  aber  selbst  deren  Gewinnung  zutraut,  ebenso  wenig  können 
sie  von  früheren  Menschen,  die  ihm  gleich  wären,  erfunden  sein.  So 
werden  solche  urzeitlichen  Kulturbringer  als  Angehörige  eines  über- 
menschlichen und  doch  menschenähnlichen  Geschlechts  von  Wesen 
gedacht,  die  man  sich  auch  körperlich  größer  als  die  heutigen 
Menschen  und  an  Lebensdauer  diese  überragend,  im  übrigen  aber 
nur  in  sehr  unbestimmten  Bildern  vorstellt.  Ebenso  besitzen  diese 
zwischen  den  späteren  Urahnen  und  Göttern  oder  Halbgöttern  in  der 
Mitte  stehenden  Wesen  keine  Geschichte.  Nachdem  sie  ihr  Werk 
vollbracht,  scheiden  sie  aus  der  Welt,  um  diese  in  jenem  Zustand  ge- 
schichtslosen  Beharrens  zurückzulassen,  in  dem  die  Erinnerungen  des 
einzelnen  selten  über  die  zwei  nächsten  Generationen  zurückreichen 
(vgl.  oben  S.  307  f.). 

Über  diese  erste  Stufe,  die,  weil  sie  nur  den  Anfang,  nicht  den 
Fortgang  einer  Stammesgeschichte  enthält,  auf  den  Namen  einer 
solchen  kaum  Anspruch  erheben  kann,  geht  nun  eine  zweite  um 
einen  wichtigen  weiteren  Schritt  hinaus.  Sie  bewegt  sich  zwar  immer 
noch  in  einer  Wunderwelt  seltsamer  Zauberwesen;  in  diese  selbst 
aber  bringt  sie  bereits  Leben  und  Bewegxmg,  indem  sie  an  einzelnen 
Punkten  wenigstens  ein  späteres  Geschehen  an  ein  früheres  anknüpft. 
Es  sind  vornehmlich  die  Traditionen  der  melanesischen  und  der  primi- 
tiveren unter  den  amerikanischen  Stämmen,  wie  der  nordwestlichen 
Küsten-,  der  Wald-  und  Prärie-Indianer,  die  dieses  Stadium  repräsen- 
tieren. Der  hervorstechende  Zug  dieser  Fortentwicklung  ist  es,  daß 
nun  nicht  mehr  einem  in  unbestimmter  Mehrheit  gedachten  Geschlecht 
urzeitlicher  Wesen  die  Rolle  der  Kulturbringer  zugeteilt  wird,  sondern 
daß  ein  einzelner  spezifischer  Stammesheld  aus  der  Menge  der  sonst 
die   Natur  erfüllenden  Zauberwesen  emporragt,    auf  den  jetzt  mehr 


7  4.8  ^c'  Naturmythus. 


und  mehr  auch  Mythenmärchen  übertragen  werden,  die  ursprüng- 
lich anderen  Quellen  entstammen.  Die  Sagen  von  Qatl,  von  Jelch 
dem  Raben,  vom  Nerz,  vom  großen  Hasen,  dem  Coyoten  und 
den  zahlreichen  andern  lokal  beschränkteren  Gestalten  der  ameri- 
kanischen Stammestraditionen  sind  ausgesprochene  Beispiele  dieser 
auf  der  gleichen  Kulturstufe  wohl  allverbreiteten  Form  der  Stammes- 
sage. Die  Stammeshelden  sind  Wesen,  die  bald  zwischen  Mensch 
und  Tier  die  Mitte  halten,  bald  vermöge  des  Zaubers,  über  den  sie 
verfugen,  zwischen  beiden  Formen  wechseln  können,  bald  endlich 
in  den  unbestimmten  Umrissen  ihrer  Gestalt  an  die  Muramura  der 
Australier  erinnern.  Aber  sie  werden  nicht  bloß,  wie  diese,  als  ge- 
schichtslos  bleibende  Urheber  der  primitiven  Kultur-  und  vor  allem 
der  Zaubermittel  gedacht,  sondern  es  werden  mannigfache  Ge- 
schichten von  ihnen  erzählt,  in  denen  sich  teils  das  Leben  und 
Treiben  der  Stammesgenossen,  teils  und  besonders  der  Glaube  an 
himmlische  und  irdische  Dämonen,  an  Tier-  und  Ahnengeister  spi^elt. 
So  setzt  sich  diese  Stammessage  aus  zwei  Bestandteilen  zusammen, 
deren  einer  in  den  Dämonenglauben  hinüberreicht,  während  der 
andere  aus  Märchen  und  Märchenfragmenten  besteht,  die  in  der  Figur 
des  Stammeshelden  um  so  leichter  einen  Kristallisationskern  finden, 
je  proteusartiger  diese  Figxir  ist.  Dabei  hat  dann  aber  hier  der 
Dämonenglaube  in  der  Regel  eine  eigenartige  Form  angenommen, 
bei  der  durch  die  lebendiger  gebliebene  Vorstellung  dereinstiger 
Tierahnen  die  Gestalt  des  Sagenhelden  und  seiner  Verwandlungen 
bestimmt  ist.  Indem  an  diese  weiterhin  alle  möglichen  Märchen- 
stoffe zum  Teil  fremden  Ursprungs  sich  anlagern,  steigert  sich  dessen 
Wandelbarkeit.  Er  ist  Feuerbringer,  lehrt  die  Jagdtiere  locken,  Werk- 
zeuge und  Waffen  verfertigen,  Zaubermittel  anwenden.  Die  meisten 
dieser  Helden  werden  endlich,  indem  Scherzmärchen  des  verschie- 
densten Ursprungs  auf  sie  übertragen  oder  neu  gebildet  werden, 
eine  unerschöpfliche  Quelle  der  Erheiterung  (vgl.  S.  313).  Der 
Sagenheld  bewahrt  jedoch  dabei  um  so  mehr  den  unbestimmten, 
jeder  persönlichen  Färbung  entbehrenden  Charakter  des  Märchen- 
helden, als  er  eben  vermöge  dieses  Zusammenfließens  der  Märchen- 
motive und  des  Polymorphismus  seiner  Eigenschaften  alles  zugleich 
ist:  hilfreicher  Dämon  und  Bringer  der  Kulturgüter,  manchmal  selbst 
des  Himmelslichtes  und  der  Nacht,  und  außerdem  Hauptperson  von 


Orts-  und  Stammessagen.  ^aq 


mancherlei  Abenteuern.  Hinter  allem  diesem  Beiwerk  von  außen 
zuströmender  und  von  innen  herausgesponnener  weiterer  Märchen- 
stofTe  kann  dann  schließlich  die  Natur  solcher  Helden  als  Stammes- 
helden in  doppeltem  Sinne  zurücktreten:  einmal  insofern,  ^s  ein 
solcher  Märchenzyklus  nunmehr  zahlreiche  Stoffe  enthält,  die  mit 
dem  Kern  aller  dieser  Sagen,  dem  Glauben  an  einstige  Kulturbringer 
und  Wohltäter  des  Stammes,  nichts  mehr  zu  tun  haben;  und  sodann 
dadurch,  daß  sich  eine  solche  Sage  mit  ihrem  typischen  Helden  über 
zahlreiche  Stämme  verbreitet,  so  daß  sie  einen  Teil  einer  allge- 
meineren Märchentradition  bildet.  So  ist  die  Rabensage  im  hohen 
Norden  Amerikas  zum  Teil  zu  den  asiatischen  Stämmen  hinüber- 
gewandert, bei  denen  sie  dann  freilich  den  Charakter  der  Stammes- 
sage völlig  verloren  hat. 

Ein  weiter  Zwischenraum  scheint  nun  auf  den  ersten  Blick  diese 
primitiven,  noch  eng  mit  dem  Mythenmärchen  verketteten  Formen 
von  den  Stammessagen  der  Kulturvölker  zu  trennen.  Dennoch 
bleiben,  wenn  wir  dort  die  Märchenphantastik,  hier  die  freilich  meist 
spärlichen  Anklänge  an  wirkliche  Geschichte  in  Abzug  bringen,  die 
treibenden  Kräfte  zumeist  die  nämlichen.  Vor  allem  gilt  das  von 
jenen  Motiven,  die  ursprünglich  in  dem  Staunen  über  die  auf  un- 
bekannte Weise  dem  Menschen  zuteil  gewordenen  Kulturgüter  und 
dann,  besonders  nachdem  der  Charakter  des  Stammeshelden  festere 
Formen  angenommen  hat,  wohl  auch  in  der  Dankbarkeit  für  den 
Genuß  solcher  Güter  ihre  Quelle  haben.  Dazu  gesellt  sich  aber 
innerhalb  der  Kulturwelt  nicht  minder  allverbreitet,  wenn  auch  sicht- 
lich später,  noch  eine  zweite  Gattung  von  Stammessagen,  in  denen 
ein  neues,  den  primitiveren  Völkern  unbekannt  gebliebenes  oder  doch 
in  dem  Ahnenkultus  erst  leise  anklingendes  Motiv  wirksam  wird:  das 
der  Abstammung  eines  Volkes  und  der  Abteilungen,  in  die  es  sich 
gliedert,  von  gewissen  Stammeshelden,  die  als  die  Urväter  der  Stämme 
betrachtet  werden.  Wir  können  danach  diese  beiden  Gattungen  der 
entwickelteren  Stammessage  als  die  Kultursage  und  die  Abstam- 
mungssage unterscheiden. 

Von  beiden  ist  die  Kultursage  die  weitaus  ältere.  Wenn  auch 
eine  Tradition,  die  etwa  die  hierher  gehörigen  Sagen  der  geschicht- 
lichen Völker  mit  den  analogen  der  Naturvölker  verbände,  längst  er- 
loschen ist,  so  weist  doch  die  Unvergänglichkeit  der  psychologischen 


3 CO  Der  Naturmythus. 


Motive  auf  einen  solchen  Zusammenhang  hin.  So  ungeheuer  uns  in 
der  Tat  die  Kluft  erscheinen  mag,  die  den  Raben  der  pazifischen 
Indianer  von  dem  griechischen  Prometheus,  oder  die  gar  einen 
Apollon  und  Dionysos  als  Begründer  der  ihnen  geweihten  Kulte  von 
den  Muramura  der  Australier  scheidet,  die  Grundmotive  des  Gedächt- 
nisses an  die  segensreiche  Wohltat  der  Feuerentzündung  und  an 
die  magischen  Kräfte,  die  die  kultische  Zeremonie  dem  Menschen 
selbst  mitteilt,  bleiben  schließlich  die  gleichen.  Doch  mit  den  ge- 
waltigen Veränderungen  des  Mediums,  in  das  diese  Vorstellungen 
dereinstiger  Kulturheroen  gestellt  sind,  haben  sie  sich  selbst  und  mit 
ihnen  die  mythischen  Traditionen,  deren  Mittelpunkte  sie  bilden,  ge- 
wandelt. Die  nächste,  scheinbar  äußerlichste,  aber  die  Mannigffaltig- 
keit  der  Kulturbedingungen  schon  deutlich  zum  Ausdruck  bringende 
Veränderung  besteht  hier  in  der  Vervielfältigung  der  Kulturheroen, 
die  der  wachsenden  Mannigfaltigkeit  der  Kulturgüter  entspricht.  Da 
stehen  neben  Prometheus,  dem  Feuerbringer,  Herakles  als  Besieger 
der  Ungeheuer  und  als  Vorbild  in  Kampf  und  Kampfspiel,  Theseus, 
der  Städtegründer,  die  Dioskuren,  die  Schützer  der  SchiflTahrt  usw. 
Dazu  fügt  besonders  die  spätere  Sage,  zum  Teil  unter  Verwendung 
fremder  Kulturheroen,  die  Begründer  der  Künste,  einen  Orpheus  und 
Dädalus,  oder  sie  wählt  sonstige  Gestalten  der  Heldensage,  die  in 
dieser  nicht  einmal  eine  besonders  hervortretende  Rolle  zu  spielen 
brauchen,  wie  aus  dem  troischen  Sagenkreis  den  Palamedes,  den 
sinnreichen  Erfinder  der  Würfel  und  des  Brettspiels.  In  solchen 
Helden  spiegelt  sich  vor  allem  die  Eigenart  der  Völker  selbst.  So 
ist  es  bezeichnend,  daß  in  der  römischen  Ursprungssage  die  Stelle 
dieser  bei  den  Griechen  von  einer  Fülle  episch  ausgestalteter  Sagen 
umgebenen  Heldengestalten  die  mythischen  Könige  einnehmen,  mit 
denen  die  Stadtchronik  beginnt.  Romulus  wird  als  Gründer  der  Stadt 
und  des  Staates,  sein  Nachfolger  Numa  als  Stifter  des  religiösen 
Kultus  verehrt,  und  um  den  verschiedenen  Stämmen  innerhalb  der 
römischen  Bevölkerung  gerecht  zu  werden,  verschmilzt  noch  die 
spätere  Sage  den  Romulus  mit  dem  sabinischen  Quirinus.  So  ist 
jener  von  frühe  an  stark  ausgeprägte  Sinn  der  Römer  für  staat- 
liche und  rechtliche  Ordnung  auch  dem  Charakter  ihrer  Kulturheroen 
eigen,  die  gewissermaßen  wie  abstrakte,  des  individuellen  Lebens 
entbehrende  Personifikationen  der   beiden  Hauptgebiete   der  Kultur, 


Orts-  and  Stammessagen.  ß  c  i 


der  bürgerlichen  und  der  religiösen,  erscheinen.  Daneben  werden 
dann  die  märchenhaften  Zugaben,  mit  denen  die  Geburt  des  Romulus 
und  der  Verkehr  des  Numa  mit  dämonischen  Wesen  ausgestattet 
sind,  dem  Vorrat  allverbreiteter  Märchenmotive  entnommen.  Aber- 
mals völlig  anderer  Art  sind  die  Kulturheroen  der  Israeliten.  Auch 
sie  entbehren  fast  ganz  des  individuellen  Charakters;  aber  sie  sind 
Typen,  in  denen  sich  die  beiden  Lebensformen  des  herumschweifenden 
Beduinen  und  des  stabileren  Viehzüchters  seit  früher  Zeit  ausgeprägt 
haben,  daher  uns  diese  Gestalten  durchweg  in  Gegensätzen  begegnen, 
wie  in  Kain  und  Abel,  Ismael  und  Isaak,  Esau  und  Jakob.  Daraus 
hat  dann  der  Mythus  jenes  Motiv  des  Kampfes  entwickelt,  in  welchem 
zuerst  in  der  Sage  von  Kain  und  Abel  der  Jäger  über  den  Nomaden, 
und  dann  endgültig  in  den  Gestalten  der  Patriarchen  der  Nomade 
über  den  Jäger  obsiegt.  Es  ist  der  Sieg  der  friedlichen,  höheren  über 
die  wildere,  niedere  Kultur,  die  inmitten  dieses  Bildes  einer  Mischung 
beider  uns  entgegentritt.  Damit  erheben  sich  aber  vornehmlich  die 
Träger  dieser  höheren  Kultur  zu  den  eigentlichen  Stammeshelden. 
Daß  unter  den  Mitteln  in  diesem  Kampfe  nicht  Stärke  und  Tapfer- 
keit, sondern  besonnene  Überlegung,  nicht  ohne  eine  Zugabe  listiger 
Verschlagenheit,  die  Hauptwaffen  des  Siegers  sind,  ist  wiederum 
ebenso  für  den  Charakter  dieser  Kulturheroen  wie  für  den  des  Volkes 
selbst  bezeichnend.  Zugleicht  bringt  es  jedoch  dieser  Charakter  mit 
sich,  daß  hier  Kultursage  und  Abstammungssage  zusammenfließen: 
die  Patriarchen  sind  beides  zugleich,  Kulturhelden  und  Vorväter  des 
Volkes. 

Abgesehen  von  solchen  auch  anderwärts,  am  ausgesprochensten 
wohl  in  der  chinesischen  Ursprungssage  unter  dem  Einfluß  der  patri- 
archalischen Formen  des  Lebens  entstandenen  Verbindungen,  hat 
nun  die  Kultursage  vor  allem  nach  zwei  Richtungen  hin  sich  weiter 
ausgedehnt  und  dadurch  in  die  Entwicklung  der  Helden-  wie  der 
Göttersage  eingegriffen.  Einerseits  übernehmen  die  Götter  nicht 
weniger  wie  die  Helden  da,  wo  sich  eine  reichere  Helden-  und 
Göttersage  entfaltet  hat,  selbst  die  Rolle  von  Kulturheroen.  Sie 
verdrängen  die  menschlichen  Helden  um  so  mehr  aus  dieser  Stel- 
lung, je  stärker  ihr  eigener  persönlicher  Charakter  unter  dem  Ein- 
fluß der  Heldensage  sich  ausgebildet  hat.  So  treten  neben  die 
Kulturhelden  die  Kulturgötter,  die  nun  in  Kulten  gefeiert  werden. 


352  Der  Natunnythns. 


bei  denen  der  Schwerpunkt  der  Feier  auf  ihrer  Verehrung  als  Kultur- 
bringer  ruht.  So  sind  Apollon,  Hermes,  Dionysos,  Demeter  bei  den 
Griechen  vor  andern  als  Kulturgottheiten  verehrt  worden.  Dabei 
wirkte  dann  die  Vorstellung  von  der  überredenden  Macht  der  Götter 
auf  die  religiöse  Wertschätzung  der  Kulturgüter  selbst  zurück.  Ge- 
rade bei  den  Kulturvölkern  ist  es  darum  selten  bloß  eine  einzelne 
Seite  der  Kultur,  als  deren  spezifische  Träger  die  Götter  gelten, 
sondern  mit  ihrer  Macht  und  mit  der  veränderten  Schätzung  der 
Lebensgüter  erweitert  sich  zugleich  ihr  Wirkungskreis. 

Nach  einer  zweiten  Richtung  verändert  sich  femer  mit  ein- 
tretender Kultur  die  Stellung  der  Kulturheroen:  diese  werden  nicht 
mehr  bloß,  wie  in  der  primitiven  Kultursage,  als  Spender,  sondern 
als  Schützer  der  von  ihnen  verliehenen  Güter  gedacht.  Doch 
diese  Vorstellung  des  Schutzhelden  oder  Schutzgottes  geht  hier  außer- 
dem noch  auf  jene  frühere  des  Schutzdämons  zurück,  den  der 
Krieger  und  Jäger  zunächst  in  seiner  Waffe,  der  Handwerker  in 
seinem  Werkzeug  tätig  glaubt,  und  der,  indem  er  über  eine  Sippen-, 
Stammes-  und  Ortsgemeinschaft  sich  ausdehnt,  bald  mit  den  Orts- 
dämonen zusammenfließt,  bald  sich  ihnen  in  den  verschiedenen 
Formen  der  Schutzdämonen  der  Stände,  Handwerke  und  sonstigen 
Berufe  gegenüberstellt  'J.  Indem  diese  örtlichen  Schutzgeister  von  den 
Heroen  und  Göttern,  die  die  Sage  zu  Kulturbringem  erhoben  hat, 
assimiliert  werden,  teilt  sich  nun  auch  den  Göttern  wiederum  etwas 
•von  dem  dämonischen  Wesen  jener  niederen  Schutzmächte  mit.  So 
bildet  dieser  Prozeß,  wie  wir  vermuten  dürfen,  selbst  einen  Bestand- 
teil jenes  allgemeineren  Vorg^angs  der  Verschmelzung  von  Heros 
und  Dämon,  der  die  Götter  entstehen  läßt.  Indessen  dauert  frei- 
lich zugleich  das  Bedürfnis  fort,  gerade  in  dieser  besonderen  Eigen- 
schaft als  Schützer  der  Orte  und  Landschaften,  der  Berufe  und 
Stände  den  Gott  selbst  gegenwärtig  zu  haben.  So  fehlt  es  an 
Rückverwandlungen  nicht,  und  in  die  so  wiederbelebten  lokalen 
Dämonen  geht  abermals  etwas  von  der  Natur  der  Heroen  und  Götter 
ein,  auf  die  sie  einen  Teil  ihres  Wesens  durch  diese  unmittelbare 
Beziehung  auf  das  Wohl  und  Wehe  des  Menschen  übertragen  haben. 
Sie    werden   nun   erst   im    eigentlichen   Sinne    zu    >Sondergöttem«, 


')  Vgl.  Teil  n,  S.  459  ff. 


Orts-  und  Stammessagen.  3^3 


ZU  Wesen,  die  den  Gott  und  den  Dämon  in  sich  vereinigen,  in 
denen  aber  der  Dämon  den  Gott  stark  beeinträchtigt,  indem  er  ihn 
nicht  bloß  seines  sonstigen  außerhalb  jenes  Schutzinteresses  ge- 
legenen Wesens  entkleidet,  sondern  ihn  auch  durch  die  Beschrän- 
kung seiner  Sphäre  wieder  nahe  auf  das  Niveau  der  primitiven  Orts^ 
dämonen  herabdrückt.  Wo  besondere  Beding^gen,  wie  der  Einfluß 
des  Gemeinwesens  oder  die  Macht  eines  Herrschergeschlechts,  als 
deren  Beschützer  ein  Gott  verehrt  wird,  einer  solchen  Rückbildung 
entgegenwirken,  da  kann  dann  freilich  umgekehrt  die  lokale  Bedeu- 
tung auch  den  allgemeinen  Kultus  solcher  Schutzgötter  begfünstigen. 
So  bei  der  Hera  von  Argos,  den  Dioskuren  von  Sparta  u.  a.,  und 
vor  allem  bei  der  attischen  Athena.  Vollends  in  Babylon  und 
Ägypten  werden  die  Schutzgötter  der  Hauptstädte  als  die  Haupt- 
götter des  Reiches  verehrt.  Marduk,  der  Stadtgott  von  Babylon,  er- 
hebt sich  zum  Herrscher  im  babylonischen  Pantheon.  In  Ägypten 
aber  bilden  die  Götter  von  Memphis,  von  Theben  und  von  noch 
andern  Städten  und  Landschaften  Gruppen,  die  jeweils  die  Haupt- 
götter des  Ortes  sind.  So  vereinigt  ja  auch  der  israelitische  Jahwe 
mit  den  Eigenschaften  eines  Stammes-  und  Landes-  die  eines  Schutz- 
gottes des  Volkes  Israel. 

Gegenüber  der  Kultursage,  von  der  diese  Vorstellung  göttlicher 
Schutzmächte  einen  letzten,  wenn  auch  in  der  Sagengeschichte  der 
Kulturvölker  frühe  schon  hervortretenden  Ausläufer  bildet,  ist  nun  die 
zweite  Gattung  der  Stammesmythen,  die  Abstammungssage,  von 
untergeordneter  Bedeutung,  und  sie  ist  mindestens  in  den  ausgebil- 
deten Formen,  in  denen  wir  sie  bei  den  Kulturvölkern  kennen,  überall 
späten  Ursprungs.  Die  ersten  Keime  zu  dieser  Sagengattung  sind 
freilich  schon  in  jenen  Sagen  von  Tierahnen  und  andern  Wesen  der 
Vorzeit  enthalten,  in  denen  die  Stammessage  eben  noch  ungeteilt 
Kultur-  und  Abstammungssage  zugleich  sein  kann,  wenngleich  diese 
zweite  Seite  zurücktritt.  Anders  bei  den  Kulturvölkern,  wo  sich  zu- 
nächst einseitig  die  Stammessage  ganz  zur  Kultursage  zu  entwickeln 
pflegt,  auf  die  dann  abgesondert  und  in  abweichenden  Sagengestalten 
verkörpert  die  Abstammungssage  zu  folgen  pflegt.  Je  später  sie 
auftritt,  um  so  unverkennbarer  erscheint  sie  aber  auch  als  das  Pro- 
dukt einer  Reflexion,  die  bereits  mancherlei  Beobachtungen  und  An- 
schauungen über  Völkerverschiedenheiten  und  Stammesgliederungen 

Wu  n  d  t ,  Völkerpsychologie  II,  3.  23 


oe^.  I^er  Natürmythas. 


voraussetzt.  Dabei  werden  dann  die  Völker-  oder  Stammesnamen,  in 
Personennamen  umgewandelt,  zu  Stammvätern.  So  die  Noachiden  in 
der  Völkertafel  der  Genesis,  die  zwölf  Söhne  Jakobs  in  der  Stammes- 
tafel der  Israeliten,  oder  die  Söhne  des  Hellen  in  der  griechischen, 
die  des  Mannus  nach  dem  Taciteischen  Bericht  in  der  deutschen 
Ahnensage.  Schon  die  abstrakte  Natur  dieser  Ahnennamen,  die 
außerhalb  jeder  Beziehung  zur  sonstigen  Heldensage  stehen,  und  zu 
denen  höchstens  noch  der  Name  ihres  eigenen  Ahnen,  wie  etwa  zu 
dem  des  Hellen  der  des  Menschenbildners  Deukalion  genannt  wird, 
verrät  die  sekundäre  Natur  solcher  Personifikationen.  Nur  wo  die 
Ahnensage  zugleich  Kultursage  ist,  wie  in  der  israelitischen  Patriarchen- 
legende, gewinnen  diese  Namen  etwas  mehr  Leben,  das  ihnen  eben 
dann  von  der  begleitenden  Kultursage  mitgeteilt  wird.  So  haben 
wir  im  ganzen  in  allen  diesen  Abstammungssagen  lediglich  späte, 
der  Ausbildung  der  eigentlichen  Sage  bereits  entwachsene  SchöD- 
linge  des  aus  ihr  nachwirkenden  mythologischen  Triebes  zu  sehen, 
in  der  zugleich  das  namentlich  in  der  späteren  Heldensage  üppig  auf- 
schießende Motiv  genealogischer  Verbindung  der  Helden  untereinander 
imd  mit  den  Göttern  noch  einmal  hervortritt,  um  sich  dann  freilich 
auch  in  dieser  einen  Personifikation  des  Namens  zu  erschöpfen. 

c.  Die  Wandersage. 

In  der  Stammessage  verbindet  sich  frühe  schon  mit  dem  Bericht 
über  Taten  des  Stammeshelden,  zunächst  nur  in  einzelnen  Episoden, 
dann  aber  mehr  und  mehr  in  eine  fortlaufende  Reihe  umgestaltet, 
die  Erzählung  von  dessen  Wanderungen.  Einzelne  Züge  solcher 
Wandersagen  begegnen  uns  bereits  bei  den  Heilbringem  der  Natur- 
völker. Mit  dem  Eintritt  in  die  Kultur  werden  nun  diese  Wande- 
rungen zu  einem  wesentlichen  Inhalt  in  dem  Leben  des  Kulturheros, 
imd  ihre  Erzählimg  nimmt  daher  mit  diesem  Leben  eine  zusammen- 
hängende Form  an.  So  durchwandert  Herakles  die  Länder  und 
vollbringt  seine  Taten,  je  nachdem  Ort  und  Gelegenheit  es  fordern. 
Nur  da,  wo  die  Götter  als  Helfer  und  Schützer  menschlichen  Tuns 
eingreifen,  geht  mit  ihrer  keiner  Motivierung  bedürftigen  Allgegen- 
wart auch  der  Kultursage  wieder  diese  Kontinuität  des  Heldenlebens 
verloren.  Aber  eben  damit  wandeln  sich  auch  die  Götter  zugleich 
in   dauernde   Beschützer  der  von  ihnen    gestifteten  Ordnungen   und 


Orts-  and  Stammessagen.  ^ec 


Kulturgüter  um.  So  ist  die  Wandersage  in  dieser  besonderen  Form 
der  Kultursage  nur  ein  Reflex  des  geschichtlich  fortschreitenden 
Lebens  der  Völker,  und  sie  bildet  als  solcher  einen  Teil  der  zahl- 
reichen Sagen,  in  denen  der  Held,  wie  vor  ihm  schon  in  unbestinmi- 
teren  Formen  der  abenteuernde  Märchenheld,  in  mancherlei  Fahrten 
über  Länder  und  Meere  Wagnisse  besteht,  Feinde  und  Ungeheuer 
überwindet,  um  schließlich  ruhmvoll  sein  Leben  zu  endigen  oder, 
wenn  er  sich  zum  Heros  erhebt,  selbst  zu  den  Göttern  entrückt  zu 
werden.  Nicht  minder  gereift  aber  die  Wandervorstellung  auf  die 
Abstammungssage  über,  der  dieses  Motiv  der  Verbreitung  der  ver- 
schiedenen Völker  oder  ihrer  Stämme  auf  getrennte  Ländergebiete 
immanent  ist.  Nim  ziehen  die  Stammväter  eines  Volkes  von  einem 
einzigen  Orte  aus  in  die  Länder,  die  sie  dann  dauernd  bewohnen. 
Gegenüber  den  in  lebendiger  Schilderung  vorgeführten  Wanderungen 
des  Kulturheros  pflegen  freilich  diese  Züge  in  der  Abstammungssage 
ebenso  schattenhaft  und  unbestimmt  zu  sein,  wie  die  Stammes- 
helden selbst. 

In  allem  dem  bildet  die  Wandersage  eine  natürliche  Verbindung 
zwischen  Orts-  imd  Stammessage.  Sie  ist  an  bestimmte  Orte  als  die 
Ausgangs-  und  Zielpunkte  der  Wanderungen  gebunden.  Die  Wan- 
dernden selbst  sind  die  Stammväter,  die  das  Volk  in  die  neue  Heimat 
geführt,  die  alten  Heiligtümer  und  Kulte  in  diese  verpflanzt  und 
den  aus  Schiffbruch  oder  gefahrvoller  Wüstenwanderung  Geretteten 
die  Segnungen  einer  neuen  Kultur  ak  Lehrer  und  Gesetzgeber 
mitgeteilt  haben.  Das  sind  die  Grundzüge  der  Wandersage,  wie 
sie  in  unabhängiger  Übereinstimmung  die  Wandersage  der  Neusee- 
länder wie  die  der  Israeliten  unter  Mose  entwickelt  hat.  Es  ist 
wahrlich  kein  geringes  Unternehmen,  das  die  Vorfahren  der  Maori 
vollbrachten,  als  sie  auf  schwankenden  Kähnen  die  60  Breitegrade 
umfassende  Strecke  von  Hawaii  nach  Neuseeland  durchmaßen.  Freilich 
ist  nach  den  Erinnerungen  der  Sage  auch  dieser  Wanderzug  nicht 
mit  einem  Male,  sondern  über  zahlreiche  Zwischenstationen  der  insel- 
reichen pazifischen  See  erfolgt,  unter  denen  die  Tradition  namentlich 
Tahiti  festgehalten  hat.  Entweichen  die  Israeliten  dem  Druck  der 
ägyptischen  Zwingherrschaft  in  die  alte,  ihnen  verheißene  Heimat,  so 
wollen  die  Ahnen  der  Maori  aus  den  Kämpfen  und  Kriegen  ihrer 
Heimat  ausziehen,  um  sich  eine  neue,  friedlichere  in  unbewohntem 

23* 


356  ^^^  Natürmythus. 


Lande  zu  suchen.  Auch  sie  nehmen  den  alten  Götterkult  in  das  neue 
Land  mit.  Beim  Abschied  aus  Tahiti  stellt  der  Oberpriester  durch 
Gebet  und  Übung  heiliger  Gebräuche  die  Fahrt  unter  den  Schutz  der 
Götter.  Der  kühne  Führer  nimmt,  um  sich  diesen  Schutz  dauernd 
zu  sichern,  den  heiligen  Mann,  während  er  seine  Zeremonien  ver- 
richtet, wider  dessen  Willen  auf  die  Fahrt  mit.  Stürme  und  gewal- 
tige Seeungeheuer  bedrohen  die  Wanderer,  als  der  Priester  sich  mit 
dem  Führer  entzweit,  bis  jenen  des  jammernden  Volkes  erbarmt,  und 
er  sie  weiterhin  ungefährdet  nach  der  fernen  Küste  fuhrt,  wo  sie  nun 
den  Göttern  der  alten  Heimat  und  den  Geistern  des  neuen  fremden 
Landes  Opfer  darbringen.  In  diese  Erzählung  sind  dann  noch  man- 
cherlei Mythen  eingeflochten,  die  teils  der  reichen  polynesischen 
Mythologie,  teils  der  Assoziation  sonstiger  Märchenstoffe  mit  dem 
Thema  der  Wandersage  ihren  Ursprung  verdanken'). 

Die  Beziehung  zu  bestimmten  wirklichen  Orten  und  Landschaften 
ist  es  nun  auch,  die  in  die  Wandersage  wahrscheinlich  früher  als  in 
jede  andere  Sagengattung  historische  Züge  mit  eingehen  läßt.  Die 
Personen  können  mythisch  sein,  und  sobald  sich  die  Sage  auf  eine 
ihrem  allgemeinen  Charakter  nach  vorgeschichtliche  Vergangenheit 
bezieht,  sind  sie  es  wohl  immer.  In  noch  höherem  Grade  mythisch 
sind  die  Handlungen  dieser  Personen,  wie  die  Wunder-  und  Märchen* 
elemente,  mit  denen  sie  ausgestattet  sind,  ohne  weiteres  verraten. 
Sie  pflegen  es  zu  einem  großen  Teile  selbst  da  zu  sein,  wo  die 
Wandersage  so  neu  ist,  daß  ihre  Hauptpersonen  der  Geschichte  an- 
gehören. Am  sichersten  festgehalten  wird  der  Ort  der  Handlung 
und  mit  ihm  die  Tatsache  der  Wanderung  selbst.  Der  Wanderzug 
israelitischer  Stämme  kann  als  historische  Tatsache  bestehen  bleiben, 
auch  wenn  es  vielleicht  nie  einen  Mose  gegeben  hat,  und  ob- 
gleich die  Sagen  von  seiner  Erwählung  durch  Jahwe  und  von  den 
Wundem,  in  denen  sich  der  Gott  ihm  offenbarte,  zweifellos  Mythen 
sind.  Nicht  minder  bürgt  die  Treue,  mit  der  in  der  Tradition  der 
Maori  die  Namen  von  Hawaii,  Tahiti  und  andern  Inseln  festgehalten 
worden  sind,  daß  eine  solche  Wanderung  stattgefunden  hat,  wenn 
auch  alles  andere,  was  von  ihr  erzählt  wird,  den  Stempel  des  Mythen- 
märchens an   sich  trägt.     Freilich   liegt  darin  noch  keineswegs  der 


')  Grey,  Polynesian  Mythology,  p.  76  flf.     Dittmer,  Te  Tohonga,  S.  95  ff. 


Die  Heldensage.  lej 


Beweis,  daß  jede  Wandersage  überhaupt  einen  historischen  Kern  in 
sich  berge.  Insbesondere  verliert  sie  in  der  Regel  da  ihren  ge- 
schichtlichen Charakter,  wo  die  Wandervorstellung  von  einem  ganzen 
Stamm  oder  Volk  auf  einen  einzelnen  Helden  übertragen  wird.  Hier 
bildet  sie  vielmehr  einen  Hauptbestandteil  gerade  der  märchenhaften 
Züge  der  Handlung,  wie  uns  das  schon  beim  Glücksmärchen  ent- 
gegengetreten ist.  Mit  dieser  Individualisierung  geht  dann  zugleich 
die  Wandersage  in  der  allgemeinen  Heldensage  auf,  zu  deren  fast 
ausnahmslosen  Eigenschaften  es  gehört,  daß  der  Held  wandert,  um 
die  Taten  zu  vollbringen,  die  in  der  Sage  weiterleben. 

3.  Die  Heldensage. 

a.  Die  Stoffe  der  Heldensage. 

Dreierlei  Quellen  können  zusammenfließen,  um  aus  ihrer  Mischung 
die  Heldensage  entspringen  zu  lassen:  der  Mythus,  die  Geschichte 
und  die  Dichtung.  Die  erste  und  die  letzte  dieser  drei  Quellen  fehlen 
keiner  Sage.  Auch  wo  eine  solche  noch  nicht  durch  einzelne  Dichter 
ausgeschmückt  ist,  sondern  nur  in  der  Volkserzählung  lebt,  wird  sie, 
von  Mund  zu  Munde  gehend,  poetisch  umgestaltet,  so  daß  ja  eben 
deshalb  der  Mythus  schon  in  seiner  ursprünglichsten  uns  zugäng- 
lichen Form  in  Wahrheit  eine  Mischung  aus  Mythus  und  Dichtung 
ist  (S.  6).  An  das  so  entstandene  Produkt,  das  in  der  Sage  den 
Ausgangspunkt  aller  weiteren  Mythenentwicklung  bildet,  schließen 
sich  aber  weitere  Umbildungen  innerhalb  beschränkterer  Gemein- 
schaften und  durch  einzelne  Dichter  an.  Als  eine  mehr  oder  minder 
zusammengesetzte  Erzählung  entbehrt  die  Sage,  ähnlich  wie  schon 
das  Märchen,  niemals  einer  gewissen  poetischen  Formung,  mit  der 
sich  solche  Ausschmückungen  imd  Zudichtungen  verbinden,  mögen 
diese  nun  aus  andern  mythischen  Quellen  beigefügt  oder  nach  mythi- 
schen Vorbildern  frei  erfunden  sein.  Nur  um  das  Maß  solcher  freier 
poetischer  Zugaben  kann  es  sich  daher  handeln,  wenn  das  Verhältnis 
beider  zueinander  in  Frage  steht. 

Anders  verhält  es  sich  mit  jenem  mittleren  Bestandteil,  der  der 
Heldensage  spezifisch  eigen  ist,  und  der  sie  sowohl  von  dem  unter 
ihr  liegenden  Märchen  wie  von  der  über  ihr  sich  erhebenden  Götter- 
sage scheidet:   mit  dem  geschichtlichen  Hintergrund,   auf  dem 


358  I^cr  Naturmythns. 


sie  sich  bewegt,  und  der,  wenn  er  auch  selbst  niemals  fehlt,  doch 
in  sehr  verschiedener  Weise  auf  die  Sage  herüberwirken  kann. 
Im  Hinblick  auf  diese  für  den  Gattungscharakter  der  Heldensage 
wesentlichen  geschichtlichen  Faktoren  können  wir  sie  in  zwei  spezi- 
fisch verschiedene  Arten  unterscheiden,  zwischen  denen  es  zwar  an 
Übergängen  nicht  fehlt,  die  aber  doch  in  vielen  Fällen  deutlich  in 
ihren  Eigenschaften  einander  gegenübertreten:  wir  wollen  sie  als  die 
Formen  der  mythischen  und  der  historischen  Heldensage  be- 
zeichnen. Beide  stehen  unter  dem  Einfluß  der  Geschichte.  Das 
trennt  sie  eben,  abgesehen  von  der  niemals  ganz  zu  beseitigenden 
Kulturatmosphäre,  von  dem  noch  geschichtslosen  Märchen  und  von 
der  in  ihren  allgemeinsten  Eigenschaften  wieder  relativ  geschichtslos 
gewordenen  Göttersage  (vgl.  oben  S.  40,  338).  Aber  bei  jeder  dieser 
Formen  ist  die  Beziehung  zur  Geschichte  wieder  eine  wesentlich 
andersartige.  Die  mythische  Heldensage  unterliegt  den  geschicht- 
lichen Einflüssen  nur  indirekt,  teils  in  den  allgemeinen,  den  Ver- 
hältnissen der  Länder,  Völker  und  Zeiten,  in  denen  die  Sage  ent- 
stand, entsprechenden  Eigenschaften  ihrer  Helden,  teils  darin,  daß 
die  geschichtlichen  Bedingungen ,  die  dem  Zeitalter  eigen  sind, 
einen  Verkehr  der  Stämme  und  Völker  mit  sich  fuhren,  der  auf 
die  Ausbreitung  der  Sage  und  auf  ihre  Gestaltung  von  entscheiden- 
dem Einflüsse  ist.  Die  historische  Heldensage  ist  natürlich  diesen 
indirekten  geschichtlichen  Einflüssen  nicht  minder  unterworfen.  Doch 
drängen  sich  bei  ihr  zugleich  die  direkten  Wirkungen  bestimmter 
geschichtlicher  Begebenheiten  und  Personen  in  den  Vordergrund.  Die 
Sage  selbst  liefert  so  entweder  ein  dichterisch  ausgeschmücktes  Bild 
der  wirklichen  Geschichte,  oder  die  von  ihr  erzählte  Handlung  g^bt 
sich  als  eine  Episode  der  letzteren,  die  von  den  im  Hintergrund 
stehenden  großen  geschichtlichen  Ereignissen  unmittelbar  beeinflußt 
ist.  Daneben  fehlt  es  auch  hier  so  wenig  an  mythischen  Begeben- 
heiten wie  an  mythischen  Personen,  und  gerade  die  Haupthelden 
der  Sage  gehören  zumeist  der  letzteren  Gruppe  an.  Oder,  wo  das 
nicht  zutrifft,  wo  der  Hauptheld  selbst  einen  historischen  Namen  trägt, 
da  pflegt  seine  Person  so  sehr  von  mythologischen  Zügen  durch- 
setzt zu  sein,  daß  von  seinem  geschichtlichen  Wesen  oft  nur  wenig 
mehr  übrig  bleibt.  So  ist  es  denn  eine  bemerkenswerte  Eigenschaft 
auch  der  historischen  Heldensage,   daß  der  Hauptheld  oder  die  die 


Die  Heldensage.  3^0 


Handlung  beherrschende  Gruppe  führender  Helden  mythisch  ist, 
während  die  Nebenpersonen  nicht  bloß  in  ihren  Namen,  sondern 
auch  in  ihren  sonstigen  äußeren  wie  Qiaraktereigenschaften  historische 
Züge  treuer  bewahren  können.  Diese  Erscheinung  hat  nichts  Auf- 
fallendes: auf  ihren  Helden  häuft  die  Sage,  was  immer  der  Phantasie 
an  Mitteln,  sein  Bild  ins  Übermenschliche  zu  heben,  zur  Verfügung 
steht.  Die  Nebenpersonen  der  Handlung  können  dann  umso  eher 
innerhalb  der  natürlichen  Schranken  bleiben,  mit  denen  sie  die  Ge- 
schichte umgeben  hat. 

Bekanntlich  ist  es  die  germanische  Heldensage  gewesen,  die  zu- 
erst diese  Beziehungen  zwischen  Sage  und  Geschichte,  und  die  damit 
schon  deutlich  genug  die  oben  bezeichneten  Unterschiede  der  rein 
mythischen  und  der  historischen  Form  der  Sage  ins  Licht  gestellt 
hat,  wenn  diese  auch  infolge  der  von  der  klassischen  Mythologie 
überkommenen  Tendenz,  der  Heldensage  überhaupt  ganz  und  gar  eine 
mythologische  Grundlage  zu  geben,  kaum  die  zureichende  Beachtung 
fanden.  Hier,  auf  germanischem  Boden,  liefen  ja  Sage  und  geschicht- 
liche Aufzeichnung  so  unmittelbar  einander  parallel,  daß  es  nicht  an- 
ging, etwa  die  Kämpfe  der  Burgunden  und  Hunnen,  ähnlich  wie  die 
um  Troja,  für  Mythengeschichte  zu  halten.  Außerdem  bot  sich  hier 
die  für  das  allgemeinere  Verhältnis  zur  Geschichte  sehr  bedeutsame 
Tatsache,  daß  die  Heldensage  überhaupt,  also  insbesondere  auch  ihre 
mythische  Form,  in  den  Eigenschaften,  mit  denen  sie  selbst  in  das 
Licht  der  Geschichte  und  der  dichterischen  Überlieferung  tritt,  genau 
mit  den  großen  geschichtlichen  Bewegimgen  der  sogenannten  Völker- 
wanderung zusammentrifft.  Das  schließt  natürlich  nicht  aus,  daß 
gewisse  Elemente  derselben,  vor  allem  die  rein  mythischen,  zuvor 
schon  längst  vorhanden  waren.  Aber  sie  entbehrten  eben  jenes  um- 
fassenderen Schauplatzes,  dessen  die  Heldensage  bedarf.  Aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  bestanden  sie  also  nur  als  Einzelmythen,  die  nun 
erst,  als  jene  gewaltigen  geschichtlichen  Bewegungen  die  Anregung 
gaben,  in  größere  Mythengebilde  von  der  Form  der  Heldensage  zu- 
sammenflössen. Auch  für  das  griechische  Altertum,  für  das  eine  ähn- 
liche, relativ  mythenfreie  Tradition  der  älteren  Geschichte,  die  der 
Sc^e  parallel  geht,  nicht  vorhanden  ist,  besitzen  wir  übrigens  in 
den  Denkmälern  der  mykcnischen  und  der  kretischen  Kultur  unver- 
werfliche Zeugnisse   dafür,  daß   hier  das  Verhältnis  kein  wesentlich 


360  I^cr  Natnrmythus. 


anderes  gewesen  ist;  und  deutlich  treten  auch  hier  den  rein  mythischen 
die  historischen  Sagen  gegenüber.  Man  denke  an  die  germanische 
Wieland-  und  die  griechische  Heraklessage  als  mythische  Sagen- 
gebilde auf  der  einen,  an  die  Nibelungensage  und  den  troischen 
Sagenkreis  als  historische  Sagen  auf  der  andern  Seite. 

Nun  fließen  freilich  diese  beiden  Sagenformen  nicht  bloß  dadurch 
ineinander,  daß  in  die  historische  Sage  mythische  Gestalten  hinein- 
ragen und  sogar  deren  Hauptträger  sein  können,  sondern,  wo  ims 
die  Geschichte  von  vornherein  nur  als  sagenhafte  Tradition  vorliegt, 
da  pflegt  die  Sage  als  solche  mythisch  und  historisch  zugleich  zu 
sein:  mythisch,  insofern  die  Helden  und  ihre  einzelnen  Taten  zu- 
meist Schöpfungen  des  Mythus  sind;  historisch,  weil  sich  außer- 
dem in  den  Erzählungen  geschichtliche  Ereignisse  spiegeln.  In 
solchen  Fällen  kann  es  natürlich  immer  nur  zu  jener  Form  der 
Heldensage  kommen,  die  wir  oben  als  die  mythische  bezeichnet 
haben,  während  die  historische  stets  bestimmtere  geschichtliche  Er- 
innerungen voraussetzt.  So  wird  denn  auch  die  mythische  Form 
im  allgemeinen  als  die  ältere,  die  historische  als  die  jüngere  an- 
gesehen werden  können,  wenngleich  dies  im  einzelnen  Fall  wohl 
nicht  immer  zutrifft.  Wie  dem  aber  sein  möge,  überall,  wo  sich  eine 
Heldensage  überhaupt  entwickelt  hat,  wirken  Mythus  und  Geschichte 
in  dem  Sinne  zusammen,  daß  Mythen,  die  an  sich  besonderer  Orts- 
und Zeitbeziehungen  entbehren,  und  die  daher  in  den  verschiedensten 
Sagengebieten  wiederkehren  können,  die  Grundbestandteile  bilden, 
während  die  besonderen  geschichtlichen  Bedingungen,  die  die  Ent- 
stehung der  Sage  umgeben,  teils  die  Verbindung  dieser  mythischen 
Elemente  vermitteln,  teils  Nebenbestandteile  liefern,  die  der  Sage 
selbst  noch  auf  lange  Zeit  historische  Glaubwürdigkeit  verschaflfen. 
Indem  so  die  historische  Sage  die  geschichtliche  Überlieferung  durch 
mythische  Beimengungen  fälscht,  strebt  sie  aber  selber  zugleich  nach 
größerer  Annäherung  des  sagenhaften  Bildes  der  Begebenheiten,  die 
sie  schildert,  an  die  Wirklichkeit.  Hieraus  entspringen  dann  weiterhin 
wesentliche  innere  Unterschiede  der  beiden  Formen.  Die  mythische 
ergeht  sich  freier.  Sie  läßt  schrankenloser  die  Phantasie  walten; 
Wunder  und  Zauber  spielen  in  ihr  fortan  eine  vorwiegende  Rolle. 
Dadurch  ist  sie  noch  unmittelbarer  dem  Märchen  verwandt.  Die 
historische  Heldensage  verschmäht  zwar  die  alten  Zaubermotive  nicht 


Die  Heldensage.  ^6l 


ganz,  und  namentlich  den  Hauptheiden  sucht  sie  noch  inuner  in  das 
Reich  des  Wunders  zu  heben.  Aber  sie  wird  realistischer,  indem 
sie  im  ganzen  die  Ereignisse  nach  dem  Vorbild  des  wirklichen  Ge- 
schehens gestaltet.  Diese  Unterschiede  können  so  groß  werden,  daß 
sie  sich  scheinbar  zu  Gegensätzen  erweitem:  dann  wird  die  historische 
Heldensage  ganz  oder  in  ihren  wesentlichen  Teilen  für  Wirklichkeit, 
die  mythische  völlig  für  eine  mythische  imd  dichterische  Erfindung 
gehalten.  Schon  die  stetigen  Übergänge  zwischen  beiden  Formen 
verbieten  jedoch  eine  solche  einseitige  Unterscheidung.  In  Wahrheit 
sind  beide  mythisch  und  historisch  beeinflußt.  Ihr  Unterschied  liegt 
nur  darin,  daß  der  vorwaltend  indirekte  Einfluß  der  geschichtlichen 
Bedingungen  bei  der  mythischen  Form  von  selbst  der  Phantasie 
einen  freieren  Spielraum  läßt,  so  daß  hier  gegenüber  dem  Märchen 
der  erweiterte  historische  Gesichtskreis  und  der  größere  Reichtum 
an  Kulturgütern,  der  sich  der  Sage  erschließt,  nur  steigernd  auf  die 
Triebe  der  Mythenbildung  selbst  einwirkt.  Dem  gegenüber  nimmt 
die  historische  Heldensage  zwar  ebenfalls  an  dem  fördernden  Einfluß 
teil,  den  der  größere  Gesichtskreis  des  geschichtlichen  Lebens  ihr, 
nicht  zum  wenigsten  in  den  in  sie  eingehenden  historischen  Be- 
gebenheiten, eröffnet.  Doch  daneben  machen  sich  hier  in  hohem 
Maße  jene  retardierenden  Kräfte  geltend,  die  das  Streben  nach  An- 
näherung an  das  wirkliche  Geschehen  um  so  mehr  ausübt,  je  mehr 
einzelne  geschichtliche  Tatsachen  in  den  Mittelpunkt  der  Sage  treten. 
Man  vergleiche  die  Sage  von  der  Eroberung  Trojas  mit  der  Herakles- 
oder der  Argonautensage  oder  auch  die  oberdeutsche  Fassung  der 
Nibelungensage  mit  der  Wielandsage. 

In  diesem  Zusammenwirken  von  Mythus,  Geschichte  und  Dichtung 
bedürfen  nun  die  geschichtlichen  Einflüsse  weder  da,  wo  sie  den  Schau- 
platz der  Handlung  erweitem  und  zugleich  an  bestimmte  Orte  binden, 
noch  auch  da,  wo  sie  den  Flug  der  mythologischen  Phantasie  durch 
die  Tradition  der  wirklichen  Ereignisse  einschränken,  einer  besondern 
psychologischen  Motivierung.  Ebenso  ist  die  Dichtung  bei  der  Um- 
formung und  Ausschmückung  des  sagenhaften  Inhaltes  hier  in  keiner 
andern  Weise  als  wie  überall  sonst,  und  namentlich  bereits  in  der 
Märchenerzählung,  bei  der  Verarbeitung  mythischer  Stoffe  tätig.  Um 
so  mehr  drängt  sich  die  Frage  auf,  wie  jener  Stoff  des  Mythus 
selbst  beschaffen  gewesen  sei,  der  durch  das  Zusammenwirken  von 


^52  ^c'  Natunnythus. 


Geschichte  und  Dichtung  zur  Sage  umgebildet  wurde.  Da  die  Helden- 
sage überall  erst  unter  den  Einwirkungen  des  geschichtlichen  Lebens 
entsteht,  so  kann  jene  ihr  vorausgehende  Grundlage  natürlich  nicht 
selbst  schon  die  Form  der  Sage  besitzen.  Sie  kann  aber  auch  nicht, 
wie  die  Theorie  der  Identität  von  Dichtung  und  Mythus  annimmt,  in 
einer  freien  dichterischen  Produktion  bestanden  haben,  da  eine  solche 
einen  bereits  vorhandenen  Stoff  fordert,  an  dem  sie  sich  betätigen 
kann:  dieser  ist  eben  hier  der  Mythus  selbst  oder  jener  Kern  mytho- 
logischer Vorstellungen  in  ihren  in  wesentlich  übereinstimmender  Weise 
innerhalb  einer  Gemeinschaft  entstandenen  Verbindungen,  an  den  sich 
dann  erst  die  Einzeldichtung,  das  Überlieferte  weiterführend,  anschließt. 
Bei  der  Beantwortung  der  obigen  Frage  waren  nun  alle  Richtungen 
der  Mythologie,  mochten  sie  unter  den  beiden  andern  Faktoren 
mehr  der  Geschichte  oder  der  Dichtung  den  Vorzug  geben,  im  all- 
gemeinen darin  einig,  daß  sie  als  diesen  der  Heldensage  vorausgehen- 
den mythischen  Stoff  die  Göttervorstellungen  und  demnach  als  die 
Grundlage  der  Heldensage  die  Göttersage  betrachteten').  Dann  bleibt 
kaum  eine  andere  Wahl,  als  entweder,  wie  dies  heute  noch  in  weiten 
Kreisen  der  Mythologen  geschieht,  die  Wanderungen  und  Kämpfe 
der  Helden  als  Projektionen  himmlischer  Erscheinungen  auf  die  Erde 
anzusehen,  oder  überhaupt  zu  leugnen,  daß  die  Heldensage  ein  mytho- 
logisches Substrat  habe,  und  also  die  Taten  der  Helden  wie  der 
Götter  auf  die  Erinnerung  an  wirkliche  Taten  geschichtlicher  Personen 
zurückzuführen.  Oder  man  kann  höchstens  mit  W.  Grimm  in  einer 
ursprünglichen  Verwebung  geschichtlicher  und  poetischer  Elemente 
das  Wesen  der  Sage  erblicken,  während  der  Göttermythus  in  ihr  bloß 
das  allgemeine  Medium  bilde,  in  der  sich  die  poetische  Erfindung 
bewege.  Da  nun  aber,  wie  auch  W.  Grimm  zugab,  die  Existenz  rein 
mythischer  Sagen  ohne  jeden  geschichtlichen  Kern  nicht  zu  bestreiten 
ist,  so  bleibt  auch  dann  als  die  Hauptquelle  der  Sage  nur  die  Dich- 
tung übrig,  die  in  Verbindung  mit  der  geschichtlichen  Überlieferung 
die  historische,  für  sich  allein  die  poetische  Sage  erzeuge').  Damit  war 
im  Sinne  der  mythologischen  Anschauungen  L.  Uhlands  das  Haupt- 
gewicht wieder  auf  die  Dichtung  gelegt,  und  es  blieb  unbeachtet,  daß 

*)  W.  Grimm,   Über  die  Entstehung   der   altdeutschen  Poesie   und  ihr  Verhältnis 
zur  nordischen,  Kleine  Schriften,  I,  S.  98  ff. 
*)  W.  Grimm,  a.  a.  O.  S.  133  ff. 


Die  Heldensage.  363 


die  Dichtung  jederzeit  eines  Stoffes  bedarf,  der  ihr  irgendwie  gegeben 
sein  muß,  und  der  ihr,  wenn  sie  ihn  nicht  der  Wirklichkeit  entnimmt, 
schließlich  aus  dem  mythologischen  Denken  zufließen  wird.  Es  war 
aber  auch  außerdem  von  jenen  indirekten  Wirkungen  abstrahiert 
worden,  die  das  geschichtliche  Leben  schon  auf  die  rein  mythische 
Heidensage  ausübt.  So  zweifellos  es  daher  keine  Sage  gibt,  die  eine 
dichterische  Formung  vermissen  ließe,  so  wenig  ist  es  psychologisch 
möglich,  daß  der  ursprüngliche  mythische  Sagengehalt  lediglich  ein 
Erzeugrnis  freier  dichterischer  Produktion  sei.  Eine  voraussetzungslose 
Dichtung  gibt  es  nirgends,  imd  gibt  es  am  wenigfsten  in  den  Anfangen 
der  Mythen-  und  Sagenbildung.  Ist  nun  der  ursprüngliche  mythische 
Stoff  der  Sage  weder  Geschichte  noch  Dichtung,  so  kann  er,  da  die 
Heldensage  überall  auf  eine  ihr  vorausgegangene  mythologpische  Ent- 
wicklung zurückweist,  nur  eine  andere  Form  des  Mythus  selbst  sein. 
Welcher  Art  ist  aber  dieser  ursprüngliche  Stoff,  aus  dem  sich  unter 
der  Macht  historischer  Einflüsse,  zunächst  der  indirekten,  dann  der 
direkten,  und  natürlich  nicht  ohne  die  mitwirkenden  der  Dichtung  die 
Heldensage  gestaltet?  Liegt  dieses  mythologische  Substrat  über  ihr, 
in  der  Region  der  Göttersage?  Oder  liegt  es  unter  ihr,  im  Mythen- 
märchen? Der  einzige  Weg,  auf  dem  wir  hier  Aufschluß  gewinnen 
können,  besteht  in  der  psychologischen  Analyse  der  Sage.  Ge- 
lingt es,  diese  Analyse  an  typischen  Sagenbeispielen  in  solcher  Weise 
vorzunehmen,  daß  sich  mit  zureichender  Wahrscheinlichkeit  die  Ein- 
wirkungen der  Geschichte  wie  der  Dichtung  aussondern  lassen,  so 
muß  als  Rest  notwendig  eben  jener  ursprüngliche  mythische  Stoff 
zurückbleiben,  aus  dem  jene  die  Heldensage  entwickelt  haben.  Eine 
solche  Analyse  wird  sich  nun  zunächst  mit  Aussicht  auf  Erfolg  am 
ehesten  da  vornehmen  lassen,  wo  die  geschichtlichen  Einflüsse  am 
geringsten,  wo  sie  also  im  wesentlichen  bloß  indirekte  sind:  bei  der 
mythischen  Heldensage. 

b.  Die  mythische  Heldensage:   Der  Heraklestypus. 

Die  mythische  Heldensage  tritt  uns  überall,  wo  es  eine  voll  aus- 
gebildete Heldensage  gibt,  in  zwei  charakteristisch  verschiedenen, 
wenn  auch  durch  mancherlei  Zwischenstufen  verbundenen  Formen 
entgegen.  Bei  der  einen,  wahrscheinlich  der  ursprünglicheren,  voll- 
bringt der  Held   die   mannigfaltigsten  Taten,    die  sich  zwar  in  ver- 


764  ^^^  Naturmythris. 


verschiedene  Episoden  gliedern  und  auch  durch  eine  Art  Rahmen- 
erzählung in  einen  äußeren  Zusammenhang  gebracht  sein  können, 
ihrem  Wesen  nach  aber  unabhängig  nebeneinander  stehen.  So  er- 
scheint hier  der  Sagenheld  als  der  echte  Nachfolger  des  Märchen- 
helden, wie  er  uns  namentlich  im  Glücksmärchen  begegnet  ist  (vgl. 
S.  89  ff.).  Nur  sind  seine  Taten  gewaltiger.  Sie  entbehren  zwar 
nicht  der  alten  Zaubermittel,  und  noch  weniger  fehlen  bei  ihnen  die 
Zauberwesen,  die  den  abenteuernden  Helden  bedrohen  oder  ihm  zu 
Hilfe  kommen.  Dennoch  ist  der  Sagenheld  in  höherem  Maße  auf 
sich  selbst  gestellt:  es  ist  die  eigene  Kraft  oder,  wo  es  not  tut,  die 
eigene  erfinderische  Klugheit,  durch  die  er  seine  Leistungen  vollbringt. 
Dazu  sind  nun  diese  an  bestimmte  Orte  gebunden.  Er  zieht  durch 
Länder,  die  im  Umkreis  bekannter  Städte  und  Herrschaftsgebiete 
liegen,  um  Ungeheuer  zu  bezwingen,  Bedrängte  zu  befreien  oder 
feindliche  Streiter  zu  besiegen.  So  tritt  uns  hier  das  Bild  eines  Helden 
entgegen,  der  im  wesentlichen  noch  planlos,  ohne  eine  andere  als  eine 
ihm  äußerlich  aufgenötigte  Verbindung  seine  Taten  vollbringt,  der 
aber  in  jeder  dieser  Taten  das  Ideal  widerspiegelt,  das  sich  das  Volk, 
dem  die  Sage  angehört,  von  einem  Menschen  macht,  wie  der  Erzähler 
der  Sage  und  sein  Zuhörer  beide  zu  sein  wünschten.  Darum  ist  immer- 
hin schon  diese  Gestalt  des  wandernden  Helden,  im  Gegensatze  zu 
idem  ganz  als  Spielball  des  Zufalls  erscheinenden  Märchenhelden,  eine 
Persönlichkeit  von  bestimmt  ausgeprägtem  Charakter,  so  äußerlich  die 
Eigenschaften  dieses  Charakters  noch  sein  mögen.  So  wird  er  durch 
diese  beiden  einander  ergänzenden  Züge,  die  Beziehung  seiner  Taten 
zu  Orten  und  Landschaften  und  die  Auspräg^ung  eigener  persönlicher 
Eigenschaften,  zum  Repräsentanten  des  Volkes,  dem  die  Sage  ange- 
hört; und  indem  sich  allmählich  die  Charakterzüge  eines  solchen  in 
der  späteren  Tradition  fortlebenden  Helden  weiterhin  verändern,  spie-  , 
geln  diese  Wandlungen  seines  Bildes  zugleich  den  Wandel  der  all- 
gemeinen Anschauungen.  Ein  typisches  Beispiel  der  mythischen 
Heldensage  dieser  ersten  Form  ist  die  griechische  Heraklessage.  Es 
mag  daher  gestattet  sein,  solche  Sagen  als  die  des  Heraklestypus 
zu  bezeichnen. 

Ihnen  stellt  sich  eine  zweite  Gattung  zur  Seite,  deren  wesent- 
liches Merkmal  darin  liegt,  daß  die  gesamte  Handlung,  die  die  Sage 
schildert,  durch  einen  einzigen  Zweck,  auf  den  das  Streben  des  Helden 


Die  Heldensage.  ^^5 


gerichtet  ist,  zusammengehalten  wird.  Dabei  können  zwischen  den 
Beginn  der  Erzählung,  der  jene  Handlung  vorbereitet,  und  ihrer  Voll- 
endung mancherlei  ganz  abseits  liegende  Episoden  treten,  die  als 
selbständige  Abenteuer  aus  ihr  loszulösen  sind:  jene  Einheit  des  Zwecks, 
die  die  Hauptglieder  verbindet,  hebt  diese  Sagenform  von  vornherein 
scharf  von  der  vorigen  ab.  Dies  bringt  nun  aber  weiterfe  Verände- 
rungen mit  sich,  die  sie  im  allgemeinen  als  die  entwickeltere  kenn- 
zeichnen. Schon  äußerlich  wird  das  Kolorit  der  Orte  und  Land- 
schaften, mögen  auch  diese  selbst  zum  Teil  sagenhaft  sein,  ein  be- 
stimmteres, indem  sie  in  den  Einzelheiten,  die  auf  die  Handlungen 
von  Einfluß  sind,  näher  geschildert  werden.  Dazu  treten  nun  neben 
den  Helden  andere,  sein  Tun  unterstützende  oder  mit  ihren  eigenen 
Plänen  durchkreuzende  Persönlichkeiten.  So  nimmt  die  Handlung 
statt  des  rein  episodischen,  in  einzelne  an  sich  zusammenhanglose  Be- 
gebenheiten zerfallenden  Verlaufs  einen  dramatischen  Charakter  an; 
und  wenn  die  Sage  auch  zumeist  noch,  wie  im  vorigen  Fall,  die  Form 
einer  individuellen  Wandersage  bewahrt,  so  ist  es  doch  nicht  mehr 
ein  anscheinend  planloses  Hin-  und  Herwandern,  durch  das  das  Ganze 
in  eine  Mehrheit  unabhängiger  Wanderzüge  zerfallt,  sondern  wie  das 
Ziel,  so  ist  der  Weg  einheitlicher,  wenn  es  auch  an  zwischenliegenden 
Abwegen  und  Irrfahrten,  die  die  Abenteuerepisoden  mit  sich  führen, 
nicht  fehlt.  Ein  Beispiel  dieser  Sagenform  ist  die  Argonautensage. 
Wir  wollen  daher  diese  Gattung  mythischer  Heldensagen  als  die  des 
Argonautentypus  bezeichnen. 

Die  Gestalt  des  Herakles  nimmt  bekanntlich  eine  so  bevorzugte 
Stellung  in  der  Heldensage  der  verschiedenen  griechischen  Stämme  ein, 
und  die  Beziehungen,  in  die  diese  Sagengestalt  von  frühe  an  zu  andern 
griechischen  und  außergriechischen  Sagen  gebracht  wurde,  sind  so 
mannigfaltige,  daß  nicht  von  einer  einheitlichen  Heraklessage,  sondern 
nur  von  einer  großen  Gruppe  solcher  Sagen  geredet  werden  kann,  die 
zwar,  obgleich  sie  in  dem  Namen  des  Helden  und  in  vielen  Zügen,  mit 
denen  das  Bild  seines  Lebens  ausgestattet  wird,  übereinstimmen,  noch 
auf  keine  Einheit  des  Ursprungs,  wohl  aber  auf  einen  Zusammenhang 
der  griechischen  Landschaften  und  auf  einen  Verkehr  mit  den  klein- 
asiatischen  Gebieten  hinweisen,  über  die  diese  Sagen  verbreitet  sind. 
So  spiegeln  sich  denn  auch  diese  weitreichenden  Beziehungen  der 
griechischen  Stämme   in   der  Periode  der   mythischen  Sage  in  dem 


ß66  ^^T^  Natnrmythus. 


Helden  selbst,  der  in  jeder  der  Varianten  seiner  Sage  immer  wieder 
der  wandernde,  ungeheure  Taten  vollbringende  Mensch  ist,  dessen  her- 
vorstechendste Eigenschaft  vor  allem  in  seiner  unüberwindlichen,  all- 
bezwingenden Stärke  besteht.  Nach  dem  ganzen  Charakter  des  um 
die  Gestalt  des  Herakles  geschlungenen  Mythenkranzes  kann  natürlich 
in  der  Form,  mit  der  die  Mythologie  aus  der  Gesamtheit  der  Tradi- 
tionen ein  Bild  der  Heraklessage  zu  konstruieren  suchte,  diese  Sage 
selbst  nirgends  existiert  haben,  sondern  sogar  auf  dem  Punkte  ihrer 
höchsten  Ausbildung  kann  sie  immer  nur  jeweils  und  an  jedem  Ort 
ein  Ausschnitt  aus  jenem  Gesamtbilde  gewesen  sein.  Doch  dürfen 
wir  wohl  annehmen,  daß  die  gemeing^riechische  Tradition  mit  der 
Form  der  argivischen  Heraklessage,  wie  sie  in  kurzen  Umrissen 
ApoUodor  erzählt,  übereinstimmte.  Da  es  sich  hier  nicht  um  die 
Frage  handelt,  welchen  Ursprungs  diese  Sage  überhaupt  sei,  und 
wie  sie  sich  an  verschiedenen  Orten  gewandelt  habe,  sondern  um  die 
andere,  in  welcher  Weise  eine  mythische  Heldensage  von  dieser  typi- 
schen Form  psychologisch  entstehen  könne,  und  welche  Beschaffen- 
heit der  primäre  mythische  Stoff  vermutlich  hatte,  der  durch  die 
Einflüsse  der  Erweiterung  des  geographischen  Gesichtskreises  imd  des 
Völkerverkehrs  aus  ihm  die  Heldensage  erzeugte,  so  wird  diesem 
Zweck  jene  verhältnismäßig  einheitliche  Form,  die  zugleich  viele  Züge 
alten  Ursprungs  an  sich  trägt,  am  besten  entsprechen. 

Nun  ist  es  aber  auch  hier,  so  sehr  der  Held  noch  die  Züge  einer 
ursprünglichen  Kultur  an  sich  tragen  mag,  offenbar  von  vornherein 
ausgeschlossen,  daß  die  Sage  selbst  in  jener  traditionellen  Form  etwas 
Ursprüngliches  sei.  Ein  Held,  der  seine  Wanderungen  von  der  Grenze 
Thessaliens  durch  ganz  Griechenland  bis  in  die  Küstenländer  Klein- 
asiens, vom  Hellespont  bis  zu  den  »Säulen  des  Herakles«,  diesen  nach 
ihm  so  genannten  Grenzen  der  Alten  Welt,  ausdehnt,  ein  solcher 
Held  mag  in  seinem  Charakter  noch  so  ursprünglich,  die  Sage 
.  kann  es  natürlich  nicht  sein,  sondern  sie  ist  nur  ein  Zeugnis  dafiir, 
daß  man  in  der  Zeit,  in  der  sie  sich  in  dieser  Form  ausbildete,  von 
jenen  Ländern  Kunde  hatte;  und  höchstens  mag  in  einzelnen  dieser 
Wanderungen  daneben  die  Tradition  anklingen,  daß  Erzählungen  von 
solchen  Helden  auch  noch  anderwärts  umliefen.  Je  treuer  der  ur- 
sprüngliche Heraklescharakter  das  Heldenvorbild  einer  frühen  Kultur 
spiegelt,  um  so  mehr  wird  das  in  Wirklichkeit  zutreffen;  denn  je  ver- 


Die  Heldensage.  767 


wandter  die  Züge  solcher  Helden  sind,  von  denen  an  verschiedenen 
Orten  derartige  Wundertaten  erzählt  werden,  um  so  leichter  wird  dann 
mit  eintretendem  Verkehr  die  Gestalt  des  einen  dieser  lokalen  Sagen- 
helden mit  der  eines  andern  benachbarten  zusammenfließen;  insbe- 
sondere die  mächtigere  oder  durch  ihre  Verbreitung  bereits  bevor- 
zugte kann  auf  diese  Weise  die  andern  in  sich  aufnehmen.  Kaum 
wird  man  sich  in  der  Tat  die  Ausbreitung  einer  Heldengestalt  über 
weitere  Ländergebiete  anders  denken  können,  als  in  dieser  Form  einer 
Verdrängung  des  minder  hervorragenden  durch  den  mächtigeren,  ein- 
drucksvolleren Helden,  ein  Vorgang,  der  übrigens  immer  zugleich, 
wie  wir  das  deutlich  in  neueren  Sagen-  und  Legendenbildungen  ver- 
folgen können,  ein  Prozeß  der  Assimilation  ist.  Bei  ihr  gehen  dann 
von  diesem  und  jenem  Helden  einzelne  Züge  in  das  resultierende 
GesamtbUd  ein,  während  eine  bestimmte  unter  den  so  aufeinander 
wirkenden  Gestalten  dem  Ganzen  den  Namen  g^bt.  Auch  hier  kann 
sich  dann  eine  dunkle  Erinnerung  daran,  daß  Traditionen  verschie- 
dener Orte  zu  einer  einzigen  Erzählung  zusammengeflossen  sind,  darin 
erhalten,  daß  nun  einzelne  unter  diesen  Orten  in  der  Sage  als  solche 
erscheinen,  die  der  Held  auf  seinen  Kreuz-  und  Querzügen  berührt 
habe.  Besonders  die  Marien-  und  die  Heiligenlegenden  bieten  augen- 
fällige Beispiele  solcher  offenbar  sekundärer  Wanderungen,  aber  auch 
der  Übertragfungen  der  Taten  eines  dieser  Glaubfenshelden  auf  einen 
andern.  Besonders  an  der  Mutter  Gottes  hat  sich  hier  das  über- 
ragende Ansehen,  dessen  sie  in  der  katholischen  Kirche  genoß  und 
noch  genießt,  auch  darin  bewährt,  daß  die  Legende  sie  an  den  ver- 
schiedensten Orten  erscheinen  und  Wunder  verrichten  läßt.  Nicht 
minder  wird  die  Reliquie  nun  als  ein  das  Leben  des  Heiligen  über- 
dauernder Ersatz  für  seine  unmittelbare  Anwesenheit  gedacht,  ähnlich 
wie  schon  die  Heldensage  nicht  selten  auf  bestimmte  örtliche  Denk- 
mäler der  einstigen  Heldentaten  hinweist.  In  diesem  Sinne  läßt  sie 
auch  den  Herakles  die  nach  ihm  benannten  Säulen  am  Ende  der  be- 
wohnten Welt  zum  Zeugnis  seiner  Wanderung  errichten.  In  diesen 
Zügen,  die  von  der  alten  Heldensage  bis  zur  neueren  Legende  herab- 
reichen, wirken  zugleich  offenbar  noch  jene  primitiveren  Ortsdämonen 
leise  nach,  die  gerade  in  solchen  Verbreitungsmotiven  die  Orts- 
sage mit  der  Heldensage  so  gut  wie  mit  der  Legende  verbinden. 
Eine  Spur  jener  Verschmelzung  einer  Mehrheit  von  Helden  in  einen 


368  I^er  Naturmythus. 


einzigen  hat  sich  übrigens  in  der  Heraklessage  vielleicht  noch  in 
dem  seltsamen,  außer  jeder  Beziehung  zum  übrigen  Inhalt  stehenden 
Zug  erhalten,  wonach  der  Held  erst  von  der  delphischen  Priesterin 
mit  dem  Namen  Herakles  angeredet  worden  sei,  vorher  aber  Alkides 
geheißen  habe  (Apollodor  II,  4,  12).  Noch  deutlicher  weist  die 
ganze  Einkleidung  der  Sage  und  die  Art,  wie  durch  sie  die  einzelnen 
Erzählungen  geordnet  sind,  auf  ein  solches  Zusammenwachsen  der 
Sage  hin.  Die  Ordnung  der  Taten  des  Helden  unter  einen  leitenden 
Gedanken  kommt  in  ihr,  wie  bekannt,  durch  eine  Art  Rahmen- 
erzählung zustande,  nach  der  der  Held  seine  berühmten  zwölf  Ar- 
beiten im  Auftrag  des  Eurystheus,  Königs  von  Mykene,  verrichtet 
habe,  nachdem  er  zum  Zweck  der  Entsühnung  von  dem  im  Wahnsinn 
begangenen  Frevel  der  Tötung  der  eigenen  Kinder  vom  delphischen 
Gotte  dazu  die  Weisung  empfangen.  Zunächst  sind  es  zehn  Helden- 
taten, die  er  so  im  Auftrag  des  Eurystheus  vollbringt.  Da  dieser 
zwei  davon  aus  ziemlich  nichtigen  Gründen  nicht  gelten  läßt,  so 
steigert  sich  dann  erst  ihre  Zahl  auf  zwölf.  Dieser  Bericht  ist  so 
unverkennbar  nachträglich  erfunden,  um  die  Reihe  der  auf  Herakles 
Namen  umlaufenden  Taten  zu  verbinden,  daß  darüber  wohl  kein  Wort 
zu  verlieren  ist.  Als  die  anfänglich  angegebene  Zehnzahl  nicht  zu- 
reichte, um  die  ganze  Reihe  zu  fassen,  mögen  dann  noch  die  Ein- 
wände des  Eurystheus  gegen  die  zwei  hinzuerfunden  und  so  die  Zahl 
auf  zwölf  gebracht  worden  sein.  Weitere,  wie  die  des  Streits  mit  den 
Kentauren,  der  Befreiung  der  Mnesimache,  der  Rettung  der  Hesione 
durch  Tötung  des  Seeungeheuers,  dem  sie  zum  Opfer  bestimmt  ist, 
werden  dann  überdies  noch  als  Abenteuer,  die  ihm  beim  Auszug  zu 
seinen  Arbeiten  begegnen,  episodisch  eingefügt. 

Streift  man  nun  jene  äußere  und  augenscheinlich  sekundäre  Ein- 
kleidung ab,  so  ist  das,  was  als  der  eigentliche  Stoff  der  Herakles- 
sage zurückbleibt,  eine  Anzahl  von  Wundertaten,  zu  denen  der  Held 
Kreuz-  und  Querzüge  durch  die  Länder  unternimmt,  und  die  sich  in 
nichts  von  den  uns  bekannten  der  abenteuernden  Helden  des  Glücks- 
märchens unterscheiden,  außer  in  den  zwei  Punkten,  daß  die  Taten, 
die  im  Märchen  im  allgemeinen  von  verschiedenen  Helden  erzählt 
werden,  hier  an  den  Namen  eines  einzigen  geknüpft  sind,  und  daß 
bei  ihnen  die  unbezwingliche  Kraft  des  Helden  selbst  im  Vorder- 
grund steht,  während  Zaubermittel  und  hilfreiche  2^uberwesen  zurück- 


Die  Heldensage.  ^59 


treten.  Doch  die  durch  diese  Merkmale  gezogenen  Grenzen  sind 
fließende.  Schon  das  Mythenmärchen  kennt  Helden,  die  durch  eine 
größere  Reihe  von  Erzählungen  konstant  bleiben :  so,  abgesehen  von 
den  sogenannten  Heilbringermärchen  primitiver  Völker,  die  vermöge 
der  Zaubernatur  der  Hauptfiguren  hier  abseits  liegen,  namentlich  wieder 
die  der  Heraklesgruppe  verwandten  Abenteuermärchen:  man  erinnere 
sich  z.  B.  des  südafrikanischen  Zyklus  der  Sikulumemärchen  (S.  91  ff.). 
So  bleibt  nur  die  dieser  Form  der  Heldensage  in  besonders  hohem 
Maße  innewohnende  Tendenz,  den  Helden  aus  eigener  Kraft  seine 
Taten  vollbringen  zu  lassen.  Doch  auch  hier  zeigt  sich,  daß  die  Sage 
nur  die  Motive  verschiebt,  nicht  beseitigt,  die  schon  dem  Märchen 
eigen  sind.  Diese  Verschiebung  vollzieht  sich  aber  vornehmlich 
durch  die  Umgebung  der  Heroen-  und  Göttervorstellungen,  in  die  die 
Sage  gestellt  ist.  So  ist  Herakles  schon  durch  seine  göttliche  Ab- 
stammung ausgezeichnet,  die  ihn,  das  Zeuskind,  im  Alter  von  zwei 
Monaten  bereits  zwei  mächtige  Schlangen  mit  den  Händen  erwürgen 
läßt,  und  die  sich  ebenso  in  seiner  ungeheuren  Körpergröße  wie  in 
dem  aus  seinen  Augen  sprühenden  Feuer  verrät.  Heroen  unterrichten 
ihn  in  allen  Künsten  und  Fertigkeiten.  Apoll  gibt  ihm  seine  Pfeile, 
Hephästos  schmiedet  sein  Schwert,  Athena  rüstet  ihn  mit  dem  Waffen- 
rock aus,  und  wo  er  später  in  Bedrängnis  gerät,  da  stehen  ihm  hilf- 
reiche Götter  zur  Seite.  Besonders  ansprechend  tritt  uns  das  in  dem 
halb  komischen,  an  primitive  Sonnenmärchen  erinnernden  Zuge  ent- 
gegen, daß  ihm  Helios,  als  der  Held  zürnend  seinen  Pfeil  gegen  ihn 
richtet,  um  seines  Mutes  willen  verzeiht  und  ihm  noch  dazu  einen 
goldenen  Kahn  schenkt,  um  darin  über  den  Ozean  zu  fahren  (Apol- 
lodor  II,  5,  10).  Die  berühmten  zwölf  Arbeiten  selbst  bewegen  sich  da- 
gegen durchaus  in  den  Bahnen  des  alten  Mythenmärchens.  Ungeheuer 
wie  die  Lernäische  Hydra,  wilde  Tiere  wie  der  Nemeische  Löwe,  der 
Erymantische  Eber,  zuletzt  sogar  der  höllische  Kerberos  werden  teils 
getötet,  teils  als  Siegeszeichen  lebend  zur  Stelle  gebracht;  dazu 
wunderbare  Schätze,  wie  der  Gürtel  der  Hippolyta,  die  Äpfel  der 
Hesperiden  errungen,  endlich  unerhörte  Kraftleistungen  mit  unglaub- 
licher Schnelligkeit  ausgeführt,  wie  die  Ausräumung  des  Augiasstalls 
im  Lauf  eines  einzigen  Tages,  die  Überwindung  des  Riesen  Antäus, 
die  Übernahme  des  Himmels  von  den  Schultern  des  Atlas  auf  die 
eigenen.     Wiederholen    sich    die    vorangegangenen   Wundertaten    in 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  24 


370  ^*r  Natnrmythus. 


analogen  Erzählungen  in  den  Märchen  aller  Zeiten  und  Völker,  so 
tragen  besonders  die  zwei  letzten  das  Gepräge  frühester  Mythen- 
märchen, die  sich  hier  noch  in  die  Heldensage  gerettet  haben.  In 
dem  Riesen  Antäus,  der  aus  der  Berührung  der  Erde  mit  seinen 
Füßen  immer  neue  Kraft  schöpft,  spiegeln  sich  die  Vorstellungen, 
die  seit  früher  Zeit  in  Glauben  und  Brauch  den  Menschen  mit  der 
Mutter  Erde  verbinden,  oder  nach  denen  auch  vermöge  der  häufigen 
Umkehrung  solcher  Vorstellungen  die  Angehörigen  eines  der  Erde 
entrückten  Reiches  der  Geister  sterben  müssen,  sobald  sie  die  Erde 
berühren  ^).  Der  Starke,  der  den  Himmel  auf  seine  Schultern  nimmt, 
fuhrt  uns  endlich  weit  zurück  zu  dem  primitiven  Himmelsmärchen, 
nach  dem  der  Himmel  ein  leicht  erreichbares  Land  ist,  das  dereinst 
die  Erde  berührte,  dann  aber  durch  einen  Riesen  oder  durch  irgend 
ein  Zauberwesen  in  die  Höhe  gehoben  wurde").  Auch  darin  weht 
uns  aber  aus  der  Heraklessage  noch  ganz  der  Erdgeruch  des  Märchens 
entgegen,  daß  die  Taten  des  Helden  an  sich  betrachtet  zum  aller- 
größten Teil  zwecklos  sind.  Wohl  mag  sein  Kampf  gegen  wilde 
Tiere  an  Zeiten  erinnern,  in  denen  solche  noch  in  großer  Zahl  in 
Griechenland  herumstreiften.  Doch  den  Kulturheros,  der  dem  Land 
durch  die  Vernichtung  solcher  Tiere  und  Ungeheuer  seine  Sicherheit 
gegeben,  hat  sichtlich  erst  eine  viel  spätere  Zeit  in  ihm  gesehen. 
Den  erymantischen  Eber,  den  kretischen  Stier  bringt  er  lebendig  zur 
Stelle,  und  es  kümmert  ihn  offenbar  wenig,  wenn  der  letztere,  nach- 
dem er  ihn  wieder  freigelassen,  von  Sparta  bis  nach  Attika  hinüber 
das  Land  verwüstet  (Apollodor  II,  5,  7).  Noch  weniger  gehört  natür- 
lich das  Idealbild  des  bedürfnislosen.  Mühe  und  Drangsal  mit  Ruhe 
ertragenden  Helden,  zu  dem  die  Kyniker  und  Stoiker  den  Herakles 
umgestalteten,  oder  gar  das  Vorbild  besonnener  Klugheit,  das  Pro- 
dikos in  seiner  Fabel  von  Herakles  am  Scheideweg  aus  ihm  machte, 
der  ursprünglichen  Sage  an.    In  dieser  ist  er  noch  ganz  der  durch  seine 


*)  Vgl.  die  Nachweise  über  die  Verbreitung  dieser  Vorstellung  bei  A.  Dieterich, 
Matter  Erde,  1905.  Die  Umkehrung  derselben  im  primitiven  Geistermärchen.  Dorsey, 
The  Pawnce,  p.  489  f.  und  oben  S.  138. 

')  Hierher  gehörige  Mythen  schon  bei  den  Australiern:  Howitt,  Native  Tribes  of 
South  East  Australia,  p.  426f.  Howitt  and  Siebert,  Dieri-Legends,  p.  43.  Ähnliche 
kosmogonische  Vorstellungen  bei  den  Zunis  (Cushing,  Ethnol.  Rep.  Xm,  p.  379),  den 
Polynesiem  (Grey,  Polynesian  Mythology,  p.  i  ff.)  u.  a. 


Die  Heldensage.  371 


Stärke  und  seine  wunderbaren,  aber  im  übrigen  zwecklosen  Taten 
die  Bewunderung  des  Erzählers  und  Hörers  fesselnde  Held,  der  uns 
überall  schon  im  Glücksmärchen  begegnet,  nur  gehoben  durch  die 
Erweiterung  des  geographischen  Gesichtskreises  und  durch  den  Kultur- 
hintergrund, von  dem  er  sich  abhebt  Gleichwohl  sind  auch  jene 
Umwandlungen  des  Märchenhelden  in  phflosophische  Ideale  beredte 
Zeugnisse  für  die  Fähigkeit  der  Anpassung  an  veränderte  Anschau- 
ungen, die  solche  Gestalten  der  m)rtfaenbfldenden  Phantasie  besitzen, 
eine  Anpassung,  wie  sie  ja  schon  bei  dem  Übergang  des  Märchen- 
helden  in  den  Sagenhelden  nicht  gefehlt  bat. 

Gehen  wir  mm  von  solchen  letzten,  in  die  Philosophie  hinein- 
reichenden Ausläufern  der  Sage  auf  ihre  wahrscbeinlscben  Anfänge 
zurück,    wo  sie    selbst    noch    in    eine  Anzahl    voneinander    unab- 
hängiger Ortssagen   zerfiel,   deren  Held  schwerlich   nach  Charakter 
wie  Namen  derselbe  sein  konnte,  so  dürfte  von  hier  aus  auch  noch 
auf  das  Ende  dieser  wie  so  mancher  ähnlicher  Sagen,   auf  die  Er- 
hebung  des  Helden   zu   den  Göttern,    ein   etwas  verändertes   Licht 
fallen.      Daß    an    verschiedenen    Orten    Griechenlands    frühe    schon 
ein    Herakleskultus    bestanden,    daß    also    unter    den   Gestalten,    die 
schließlich  in  diesem  Namen  zusammenflössen,  nicht  bloß  solche  von 
Lokalhelden,   sondern  auch   von  Lokalgöttern,   von    Schutzdämou 
der  Landschaften,    an  die  sich  ähnliche  Mythen  knüpften,    die 
dem  Heraklesmythus  assimiliert  werden  konnten,  nicht  gefehlt  habcfl 
werden,   ist  angesichts   der  Verbindung,   die  sich   so    leicht   zwil 
dem    Ahnenkult    und   dem    durch    die    Sage    bewahrten 
der  Helden  herstellt,  sicherlich  nicht  unwahrscheinlich.      Kzam 
aber  freilich  aus  solchen  Kulten  die  Sagengestalt   selbst  cnt  m 
gegangen   sein.     Sonst  wäre  es  schwer   begreiflich,    wie 
stalt   so  durchaus   die  Züge   des   menschlichen  Helden 
Doch   waren  auch   nur  vereinzelte  Beziehungen    zu 
banden,   so  mußte   nun  umgekehrt  dieser  Zug    auf  die 
zurückwirken.     Nicht   in  dem  Sinne,  daß    sich    diese  flS  < 
sage    ver\vandelt    hätte:    dem    widerstrebte    ihr     Stoff, 
von    seiner    ursprünglichen  Märchenform    her     auf 
Helden   angelegt  war.     Wohl  aber  konnte    nun  dl 
einer  Verbindung  dieses  kultischen  Herakles  und  dflfl        ■ 
durch  dessen  Erhebung  zu  den  Göttern  beim  Abad  ■ 

r 


7^2  ^*^  Naturmythns. 


Taten  genügt  werden.  So  ist  die  Selbstverbrennung  auf  dem  Oeta 
vielleicht  ähnlich  wie  jene  Rahmenerzählung  von  den  zwölf  Aufgaben 
des  Eurystheus  eine  dichterische  Zugabe,  die,  wie  hier  der  Verbindung 
der  einzelnen  Sagenzüge,  so  dort  der  Verbindung  der  einzelnen 
Sagengestalten  dienen  sollte.  Das  ist  ein  Vorgang,  der  uns  deut- 
licher noch  in  einer  andern  Heldensage  begegnet,  deren  Gestalten 
im  übrigen  an  Bedeutung  hinter  der  des  Herakles  zurückstehen:  bei 
der  Dioskurensage.  Auch  die  Dioskuren  sind  in  allen  ihren  übrigen 
Taten  durchaus  menschliche  Helden.  Der  Stoff  ihrer  Sage  weist  auf 
das  weitverbreitete  Zwillingsmärchen  in  jener  Form  zurück,  in  der 
die  Brüder  in  Kampf  und  Not  einander  treu  zur  Seite  stehen.  Aber 
daneben  war  das  Zwillingsgestirn  für  den  Schiffer  an  der  griechischen 
Küste  seit  alter  Zeit  ein  Wahrzeichen,  das  ihn  gefahrvolle  Klippen 
vermeiden  ließ.  So  wurde  durch  eine  natürliche  mythologische  Asso- 
ziation dieses  Wahrzeichens  mit  der  Vorstellung  der  Schutzdämonen 
und  Schutzgötter  das  Gestirn  selbst  zu  einem  besonders  von  den 
Seefahrern  kultisch  verehrten  göttlichen  Wesen.  Als  sodann  die 
sonstigen,  in  das  Gebiet  des  irdischen  Heldentums  gehörenden  Zwil- 
lingssagen mit  dieser  Vorstellung  der  schützenden  Zwillingfsgötter  ver- 
schmolzen, drängte  dies  dazu,  in  dem  Bild  der  Dioskuren,  die  nach 
ruhmvoller  Laufbahn  zu  den  Göttern  erhoben  werden,  beide  Vor- 
stellungen zu  verbinden. 

c.  Die  mythische  Heldensage:  Der  Argonautentypus. 

Gegenüber  diesen  Sagen  vom  »Heraklestypus«,  führt  die  zweite 
Form  mythischer  Heldensagen,  die  wir  oben  als  die  des  Argonauten- 
typus bezeichnet  haben,  obgleich  sie  nicht  aus  einer  Fülle  relativ 
unabhängiger  Erzählungen,  sondern  aus  der  Tradition  eines  einzigen, 
allerdings  zusammengesetzteren  Abenteuers  besteht,  wesentlich  ver- 
wickeitere Bedingungen  mit  sich.  Denn  auch  hier  zerfällt  ja  das 
Ganze  in  eine  Anzahl  von  Einzelbegebenheiten,  deren  jede  einem 
jener  unabhängigen  Abenteuer  der  ersten  Form  gleichkommt;  dabei 
ist  aber  außerdem  jede  dieser  Begebenheiten  mit  dem  Ganzen  in  eine 
festere  innere  Verbindung  gebracht.  Dadurch  fordert  die  Handlung  von 
vornherein  schon  durchweg  eine  größere  Zahl  handelnder  Personen. 
Zwar  bleibt  die  Sage  immer  noch  an  einen  Haupthelden  gebunden. 
Ihm  treten  jedoch  weitere  teils  hilfreiche,  teils  ihn  bekämpfende  Helden 


Die  Heldensage.  ^j^ 


gegenüber,  die  dann  vorübergehend  oder  infolge  irgendwelcher  Wen- 
dungen der  Erzählung  sogar  von  einem  bestimmten  Punkte  an  blei- 
bend das  größere  Interesse  in  Anspruch  nehmen  können.  Diese  Ver- 
vielfältigung der  Personen  sowie  die  g^rößere  Verwicklimg  der  Hand- 
lung bringen  es  mit  sich,  daß  die  Variationen  der  Sage  von  Ort  zu 
Ort  und  ihre  Veränderungen  im  Laufe  der  Zeit  mannigfaltigere  sind, 
um  so  mehr,  als  diese  Form  überall  dem  Einfluß  der  umgestalten- 
den und  erweiternden  Dichtung  ungleich  mehr  Angriffspunkte  bietet. 
Wächst  die  Sage  vom  Heraklestypus  mehr  von  außen,  durch  Appo- 
sition neuer  lokaler  Sagen,  durch  die  ihr  Grundbestand  und  der  Cha- 
rakter des  Helden  nicht  wesentlich  alteriert  wird,  so  verändert  sie 
sich  beim  Argonautentypus  hauptsächlich  von  innen,  durch  Hinzu- 
fiigung  neuer  Motive  und  durch  Assimilation  anderer  Sagenelemente, 
die,  mögen  sie  auch  ursprünglich  von  außen  entlehnt  sein,  ver- 
ändernd in  den  Gang  der  Haupthandlung  eingreifen.  Dazu  kommt, 
daß  diese  Sagenform  durch  die  größere  Zahl  der  Helden,  nicht 
minder  aber  durch  die  Motivierung  des  Zusammenhangs  dazu  drängt, 
Beziehungen  zu  andern  Sagen  und  Sagenkreisen  herzustellen,  so  daß 
jede  einen  ganzen  Sagenkomplex  voraussetzt,  an  dessen  mannigfachen 
Fluktuationen  sie  teilnimmt  Darum  läßt  sich  aus  den  mythologischen 
Schilderungen  der  Argonauten-,  noch  weniger  als  aus  denen  der 
Heraklessage  ein  einheitliches  Bild  gewinnen,  das  in  der  Tradition 
irgendwo  und  zu  irgend  einer  Zeit  in  dieser  Form  bestanden  hat. 
Hier  mögen  diese,  dort  jene  Züge  aus  Lokalsagen  hinzugekommen 
sein.  Vor  allem  aber  war  die  Dichtung  frühe  schon  geschäftig,  die 
ursprünglich  vielleicht  einfache  Erzählung  der  altberühmten  Fahrt 
zuerst  in  der  Motivierung  ihres  Ursprunges,  jener  Vorgeschichte  vom 
fabelhaften  goldenen  Vließ,  und  später  besonders  in  ihrer  Nach- 
geschichte, in  den  von  den  Tragikern  aller  Zeiten  mit  Vorliebe  be- 
handelten Schicksalen  der  Medea,  zu  verändern.  Wir  müssen  uns 
hier  auf  den  von  diesen  Wandlungen  verhältnismäßig  unberührt 
gebliebenen  Kern  der  Sage  beschränken.  Er  ist  vielleicht  am  treu- 
esten  in  einer  Form,  in  der  sie  wirklich  einmal  wenigstens  in  der 
Umgebung  des  Dichters  gelebt  hat,  in  der  Erzählung  des  Pindar 
(Pyth.  4)  erhalten  geblieben.  Nach  ihm  verspricht  Pelias  dem  Jason 
die  von  diesem  nach  angestammtem  Recht  geforderte  Herrschaft  über 
Jolkos,  wenn  er   die   Seele   des  Phrixos  samt  dem  goldenen  Vließ 


7^4  Der  Natarmythus. 


des  Widders,  der  ihn  dereinst  nach  dem  fernen  Kolchis  vor  den 
Nachstellungen  der  bösen  Stiefmutter  gerettet,  nach  der  Heimat 
bringe,  nach  der  sie  sich,  wie  ihm  Phrixos  selbst  im  Traume  offen- 
bart, zurücksehne  ^).  Jason  verspricht,  das  Abenteuer  zu  unternehmen, 
und  dieses  geht  nun  unter  der  Teilnahme  aller  möglichen  berühmten 
Helden  von  statten.  Auch  Herakles,  Theseus,  die  Dioskuren  fehlen 
unter  ihnen  nicht.  Mit  Zauberkraft  ausgestattet  ist  schon  das  Schiff 
Argo,  das  die  Helden  trägt:  sein  Kiel  enthält  einen  Zweig  der  Dodo- 
näischen  Eiche,  der  die  Gabe  der  prophetischen  Rede  verliehen  ist,  — 
ein  Seitenstück  zu  den  redenden  und  weissagenden  Wunderbäumen  der 
Mythen  Südafrikas  und  Polynesiens,  in  weiterem  Abstand  dem  Wunder- 
ring verwandt,  der  sich  seinem  Besitzer  aus  der  Feme  zu  erkennen 
gibt  (s.  unten  6).  In  Bithynien  treffen  sie  in  dem  König  des  Landes 
den  bekannten  starken  Mann  des  Märchens,  der  jeden  zum  Faustkampf 
zwingt  und  überwältigt,  bis  er  an  dem  Märchenhelden  seinen  Meister 
findet  Unter  den  Helden  der  Argo  übernimmt  der  eine  der  Dioskuren, 
Polydeukes,  diese  Rolle.  Dann  treffen  sie  am  thrakischen  Chersones 
den  von  den  Harpyien  geplagten  Seher  Phineus,  dessen  Befreiung  durch 
zwei  der  Helden,  Zetes  und  Kaläis,  bewirkt  wird,  die,  da  sie  selbst 
geflügelte  Zauberwesen  sind,  die  Harpyien  verjagen.  Dann  besteht 
die  Argo  die  Fahrt  durch  die  Symplegaden,  dieses,  wo  es  eine  Schiff- 
fahrt zwischen  gefahrvollen  Klippen  gibt,  vielfach  wiederkehrende  und 
im  primitiven  Märchen  schon  auf  das  Aufklappen  des  Himmelstors 
beim  Sonnenaufgang  übertragene  Abenteuer  (S.  221  f.).  Als  der  Held 
auf  Kolchis  angelangt  ist  und  vom  König  Äetes  das  Vließ  verlangt, 
wird  ihm  dies  nach  bekannter  Märchensitte  unter  der  Bedingung  ver- 
sprochen, daß  er  gewisse  Proben  bestehe.  Diese  gelingen  ihm  dann 
wiederum  in  Übereinstimmung  mit  den  Prototypen  frühester  Aben- 
teuermärchen mit  Hilfe  der  zauberkundigen  Tochter  (S.  92  f.).  Der 
Held  wird  mit  einer  Salbe  gesalbt,  die  ihn  fiir  einen  Tag  unverwund- 


']  Der  Scholiast  bemerkt  hierzu,  die  Znrückholong  der  Seele  sei  ein  Zusatz  des 
Pindar,  da  die  gewöhnliche  Sage  nur  vom  goldenen  Vließ  etwas  wisse.  Aber  schwer- 
lich ist  dieser  Zug  eine  Erfindung  des  Dichters.  Vielmehr  trägt  gerade  er  ein  alter- 
tümliches Gepräge  an  sich,  das  die  spätere  Sage  vergessen  konnte.  Daß  die  Seele 
vor  oder  nach  dem  Tode  außerhalb  des  eigenen  Körpers,  und  daß  sie  besonders  im 
Haar,  hier  also  in  dem  Vließ  des  Widders  ihren  Sitz  habe,  ist  ein  Stück  uralten 
Seelenglaubens,  der  uns  schon  in  den  mannigfaltigsten  Formen  begegnet  ist.  Vgl. 
Teil  n,  S.  23  f.  und  oben  S.  97,  157  f.,  200  flf. 


Die  Heldensage.  ^y^ 


bar  macht.  Die  aus  der  Saat  der  Drachenzähne  erstehenden  be- 
waffneten Männer  bilden  sodann  eine  der  Jason-  mit  der  Kadmussage 
gemeinsame  Abart  der  Zauberverwandlung  zurückgeworfener  Gegen- 
stände (ebend.).  Dem  Angriff  der  Bewaffneten  entzieht  aber  die 
Zauberin  den  Helden  durch  den  zwischen  sie  geworfenen  Stein,  der 
wahrscheinlich  dereinst  ein  Gegenzauber  war,  in  der  Umdeutung 
rationalisierender  Mythographen  aber  zu  einem  natürlichen  Streit- 
objekt geworden  ist,  das  die  Wut  der  Streitenden  gegen  sie  selber 
kehrt.  Den  Kampf  mit  dem  Drachen,  der  ebenfalls  auf  einer  älteren 
Stufe  schwerlich  gefehlt  hat,  beseitigt  ebenso  die  überlieferte  Fassung 
durch  das  einfachere  Mittel  eines  das  Ungeheuer  einschläfernden 
Zauberkrautes.  Auf  der  Rückfahrt  mit  dem  geraubten  Fell  kommt 
ferner  bei  der  Verfolgung  der  Fliehenden  wiederum  der  Zauber  der 
zurückgeworfenen  Gegenstände  in  etwas  veränderter  Fassung  zur 
Anwendung:  statt  Berge  oder  Untiefen  entstehen  zu  lassen,  wird  das 
besonders  in  den  griechischen  Märchenmythen  eine  verbreitete  Rolle 
spielende  Zerstückelungsmotiv  herübergenommen.  Medea  hat  ihren 
Bruder  Absyrtus  mitgenommen,  dessen  Glieder  sie  ins  Meer  streut, 
so  daß  Äetes,  sich  bei  deren  Aufsammlung  verspätend,  die  Flüch- 
tigen nicht  mehr  einholt.  Auf  der  weiteren  Rückfahrt  wiederholen 
sich  nun  die  ähnlichen  Gefahren,  wie  sie  die  Ai^o  auf  dem  Hinweg 
bestanden,  noch  vermehrt  durch  den  ihnen  von  ihrem  redenden  Schiff 
verkündeten  Zorn  der  Götter,  den  sie  durch  die  Entsühnimg  wieder 
abwenden,  die  ihnen  die  Zauberin  Kirke  gewährt.  In  dieser  wie  in 
den  Sirenen,  deren  Zaubergesang  durch  den  die  Fahrt  begleitenden 
Orpheus  überboten  wird,  sowie  in  der  Skylla  und  Charybdis  be- 
gegnen uns  die  auch  aus  den  Märchenepisoden  der  Odyssee  be- 
kannten Gestalten.  Nach  der  Rückkehr  wiederholt  sich  schließlich 
noch  einmal  das  Zerstückelungsmotiv,  diesmal  in  der  an  die  Thyestes- 
sage  erinnernden  Fassung,  in  der  sie  außerdem  mit  der  schon  im 
Mythenmärchen  verbreiteten  zauberhaften  Wiederbelebung  des  zer- 
stückelten Leichnams  verbunden  ist ').  Um  den  Tod  des  Aeton,  des 
Vaters  ihres  Gatten,  an  dem  Mörder  Pelias  zu  rächen,  bereitet  Medea 
diesem  den  Untergang  durch  die  eigenen  Töchter.  Sie  zerstückelt 
vor  deren  Augen  ein  Lamm,  erweckt  es  dann  mit  Hilfe  von  Zauber- 


Vgl.  das  ähnliche  Motiv  im  indianischen  Mythenmärchen  oben  S.  97. 


376  I^er  Naturmythtts. 


kräutern  wieder  zum  Leben  und  überredet  die  Mädchen  mit  ihrem 
alten  Vater  das  gleiche  zu  tun,  damit  er  wieder  jung  werde. 

Das  sind,  abgesehen  von  sonstigen  Zügen,  mit  denen  teils  die 
Lokalsage,  teils  die  Dichtung  diesen  Stoff  ausgestattet  haben  mögen, 
und  von  den  weiteren  Schicksalen  des  Jason  und  der  Medea,  wie  sie 
besonders  die  Dichtung  gestaltet  hat,  die  Hauptzüge  der  eigentlichen 
Argonautensage.  Abgesehen  von  dem  Kulturhintergrund,  auf  dem 
sie  sich  erhebt,  gleicht  diese  Zug  um  Zug  dem  Abenteuermärchen, 
wie  wir  es  aus  den  früher  (S.  91  ff.)  geschilderten  Beispielen  kennen. 
Sie  trägt,  neben  der  Beziehung  auf  bekannte  Orte  und  Länder,  nur 
darin  das  besondere  Kolorit  der  Kultur,  der  sie  angehört,  daß  uns 
in  ihr  die  allverbreiteten  Märchenmotive  besonders  auch  in  solchen 
Abwandlungen  begegnen,  in  denen  sie  noch  in  andern  griechischen 
Mythen  wiederkehren.  So  kann  denn  schließlich  die  mythische 
Heldensage  überhaupt  ein  Märchenzyklus  genannt  werden,  der,  in 
seinem  Stoff  im  wesentlichen  unverändert  bleibend,  durch  die  Aus- 
bildung bestimmterer  persönlicher  Eigenschaften  der  Helden  und  durch 
das  Walten  einer  in  deren  Handeln  eingreifenden  Götterwelt  über  die 
Sphäre  des  Mythenmärchens  und  seiner  Fortsetzungen  in  die  Märchen- 
dichtung emporgehoben  ist.  Doch  selbst  diese  beiden  Haupteigen- 
schaften, der  Charakter  der  Helden  und  die  Teilnahme  der  Götter, 
treten  in  der  mythischen  Heldensage  noch  verhältnismäßig  zurück. 
Sie  werden  erst  zu  Hauptmotiven  der  Handlung,  sobald  der  Über- 
gang zur  historischen  Heldensage  vollzogen  ist. 

d.  Die  historische  Heldensage:  Nibelangen-  und  Dietrichstypas. 

Obgleich  uns  für  die  historische  Heldensage  nicht  bloß  wegen 
ihres  im  allgemeinen  jüngeren  Ursprungs,  sondern  auch  infolge  des 
mächtigeren  Anreizes,  den  sie  auf  die  epische  Dichtung  von  frühe  an 
ausübte,  zahlreichere  und  treuere  Zeugnisse  überliefert  sind,  als  fiir 
die  mythische,  so  liegt  doch  gerade  in  diesen  Bedingungen  zugleich 
eine  Erschwerung  fiir  die  Erkenntnis  ihrer  psychologischen  Entwick- 
lung. Das  Epos  hat  diese  Sagen  nicht  bloß  bewahrt,  sondern  es  hat 
sie  auch  durch  poetische  Ausschmückungen  und  Zugaben  nicht 
weniger  wie  durch  innere  Umwandlungen  der  mythischen  Stoffe  ver- 
ändert. Dazu  kommt,  daß  die  direkte  Vermischung  mit  historischen 
Tatsachen   in    der    notwendigen  Abgrenzung   des  mytl^ischen  Stoffs 


Die  Heldensage.  ^nn 


nach  diesen  zwei  Seiten,  der  Dichtung  und  der  Geschichte,  eine  neue 
Verwicklung  mit  sich  führt,  die  fiir  die  rein  m}^ische  Heldensage 
noch  nicht  vorhanden  ist*). 

Demnach  kann  nun  vor  allem  auch  aus  der  Entstehungsweise  des 
Epos  nicht  auf  die  der  Sage  zurücl^eschlossen  werden.  Das  würde 
ebensowenig  möglich  sein,  wenn  das  Epos  von  einer  Mehrheit  von 
Dichtem,  als  wenn  es  von  einem  einzigen  geschaffen  sein  sollte.  In 
beiden  Fällen  bleibt  die  Sage  selbst  ein  der  dichterischen  Verarbeitung 
vorausgehender  Stoff,  von  dem  nur  das  eine  mit  Sicherheit  ausgesagt 
werden  kann,  daß  er  ursprünglich  nicht  die  zusammengesetzte  Form 
besessen  haben  kann,  die  er  im  Epos  angenommen.  Denn  dieser 
Stoff  ist  überhaupt  nicht  durch  eine  mehr  oder  minder  ausgebildete 
epische  Kunst,  sondern  zunächst  in  mündlicher  Tradition  entstanden, 
die  nicht  minder  wie  bei  der  mythischen  Sage  aus  einer  Reihe  lokaler 
Traditionen  zusammengeflossen  sein  muß.  Nur  sind  die  dereinst  vor- 
handen gewesenen  Lokalsagen  in  noch  höherem  Grade  als  bei  der 
mythischen  Sage  durch  das  Epos  selbst  verdrängt  worden.  Darum 
können  wir  uns  über  die  Entstehungsweise  einer  historischen  Helden- 
sage überhaupt  kaum  anders  als  dadurch  Rechenschaft  geben,  daß 
wir  dieser  Sagenbildung  da  nachgehen,  wo  sie  noch  heute  einiger- 
maßen unserer  Beobachtung  zugänglich  ist.  Auch  fordert  dazu  die 
historische  Sage  selbst  heraus.  Denn  bei  ihr  ist  es  eben  der  geschicht- 
liche Stoff,  der  überall,  in  der  Gegenwart  so  gsxt  wie  in  einer  unserer 
Erforschung  unzugänglichen  Vergangenheit,  zur  Sagenbildimg  ange- 
regt hat,  während  die  Motive  der  mythischen  Sage  allmählich  über- 
haupt schwinden  oder  sich  auf  die  unter  der  Grenze  der  eigent- 
lichen Sagenbildung  liegenden  Gebiete  des  Dämonenglaubens  zurück- 
ziehen. Bei  der  historischen  Sage  ist  das  wesentlich  anders.  Hier 
sichert  der  geschichtliche  Kern,  den  die  Sage  birgt,  auch  dieser 
schon  in  der  mündlichen  Überlieferung  ein  g^rößeres  Beharrungsver- 
mögen. Indem  bei  ihr  zu  den  bereits  in  der  mythischen  Sage  fixierten 
Namen  von  Orten  und  Landschaften  noch  die  Erinnerung  an  ge- 
schichtliche Personen  und  Ereignisse  hinzukommt,  wird  aber  dadurch 
außerdem  die  weitere  Verbreitung  der  lokal  entstandenen  Sagen  und 
ihr  Zusammenfließen  mit  andern    ähnlichen  Inhalts  begünstigt.     Das 


Vgl.  hierzu  Teil  I,  S.  362  ff.  (2.  Aufl.  Bd.  3,  S.  383  ff.). 


37^  ^cf  Natnrmythas. 


können  wir  selbst  bei  jenen  oben  erörterten  Ortssagen  beobachten, 
die  wieder  ganz  in  die  Sphäre  der  Dämonenvorstellungen  herabge- 
sunken sind,  weil  in  ihnen  lediglich  irgendein  Ortsdämon  den  Namen 
einer  historischen  Person  angenommen  hat.  So  verdankt  die  Sage 
vom  Kaiser  Rotbart  im  KyfThäuser  offenbar  nur  dem  Namen  des 
alten,  im  Gedächtnis  des  Volkes  weithin  bekannten  Hohenstaufen  ihre 
Verbreitung  und  ihre  Dauer  gegenüber  andern,  mehr  oder  minder 
anonymen  Berg-  und  Höhlengeistern,  von  denen  sie  ihrem  sonstigen 
Wesen  nach  kaum  verschieden  ist.  Das  gilt  natürlich  in  weit  ver- 
stärktem Maße  von  der  historischen  Heldensage,  bei  der  außer  ge- 
schichtlichen Personen  und  Landschaften  auch  geschichtliche  Ereig- 
nisse auf  die  Mythenbildung  gewirkt  haben. 

Unter  jenen  einfacheren  Formen  der  zwischen  Dämonenvorstellungen 
und  geschichtlicher  Mythenbildung  mitten  inne  liegenden  Erzählungen 
bildet  nun  diejenige,  die  wir  oben  als  die  der  novellistischen 
Ortssage  bezeichnet  haben,  offenbar  die  nächste  Vorstufe  bei  der 
Entstehung  des  Stoffs  historischer  Heldensagen  (vgl.  oben  S.  344). 
Außer  Person  und  Ort  ist  in  ihr  in  der  Regel  nichts  oder  höchstens 
ein  einzelner  Zug  historisch.  Aber  sie  ist  mit  irgend  einem,  meist 
zuvor  schon  in  der  Tradition  vorhandenen  novellistischen  oder  märchen- 
haften Inhalt  verbunden,  so  daß  sich  das  durch  die  Tradition  ver- 
stärkte Beharrungsvermögen  solcher  Erzählungsstoffe  auch  auf  die 
Ortssage  überträgt.  Da  nach  der  allgemeinen  Entwicklung  dieser 
Erzählungsformen  die  Novelle  aus  dem  Märchen  entsprungen  ist, 
so  dürfen  wir  demnach  vermuten,  daß  in  der  Übertragung  histo- 
rischer Personen  und  Ortschaften  in  das  Märchen  ursprünglich  diese 
Vorstufe  historischer  Heldensage  entstanden  sei,  wie  sich  denn  ja 
auch  in  einzelnen  Fällen  ein  solcher  Zusammenhang  mit  weitverbrei- 
teten Märchenmotiven  noch  unmittelbar  nachweisen  läßt  (S.  345  f.). 
Doch  die  aus  der  Erinnerung  an  eine  einzelne  Persönlichkeit  und 
aus  einem  geläufigen  mythischen  oder  novellistischen  Stoff  zusammen- 
gesetzte Erzählung  kann  ihrer  Natur  nach  nicht  von  dauerndem  Be- 
stand sein.  Sobald  die  Erinnerung  an  jene  Person  aus  dem  Ge- 
dächtnis der  lebenden  Generation  ausgelöscht  ist,  wird  auch  die  Sage 
allmählich  vergessen  oder  aber  auf  eine  andere,  dem  Kreis  der  ge- 
schichtlichen Überlieferung  näher  liegende  Persönlichkeit  übertragen. 
So   sind    die   historischen  Ortssagen,    die   an    die   Namen  der  alten 


Die  Heldensage.  %»iq 


deutschen  Kaiser,  besonders  der  Ottonen,  geknüpft  waren,  sämtlich 
verschollen.  Von  ihrer  einstigen  Verbreitung  zeugen  zumeist  nur 
noch  die  alten  Städtechroniken  und  sonstige  Berichte  mittelalterlicher 
Schriftsteller.  Dennoch  ist  diese  Quelle  der  Sagenbildung  heute  noch 
nicht  versiegt.  Nur  hat  sich  die  gleiche  Mythenbildung  der  noch  in 
der  Erinnerung  lebenden,  der  Gegenwart  näher  liegenden  historischen 
Personen  bemächtigt.  So  sind  von  Friedrich  dem  Großen,  Joseph  IL 
und  Franz  I.  von  Österreich,  von  Napoleon,  endlich  von  Kaiser 
Wilhelm  I.  und  Bismarck  bekanntlich  mancherlei  Erzählungen  in 
Umlauf  gewesen  und  sind  es  zum  Teil  noch  heute,  die  den  näm- 
lichen sagenhaften  Charakter  besitzen.  Doch  zeigen  solche  ursprüng- 
lich wohl  aus  lokaler  Tradition  entstandene  Sagen,  genau  wie  so  viele 
Märchen,  die  Neigung  zur  Wendung  ins  Scherzhafte:  die  Sage  wird 
dann  zur  Anekdote.  Immerhin  kann  sie  gelegentlich  auch  einen 
ernsthaften  Charakter  bewahren  und  sich  sogar  der  dämonenhaften 
Abart  solcher  Lokalsagen  wieder  nähern*).  In  derartigen  novel- 
listischen oder  anekdotenhaften  Einzelsagen  kommt  nun  besonders 
die  Übertragung  des  sagenhaften  Stoffs  von  einer  Persönlichkeit  auf 
eine  andere  der  Erhaltung  des  Inhalts  der  Sage  zu  Hilfe.  Und  da 
solche  Übertragungen    auch    bei    der  vorgeschichtlichen  Entstehung 


*)  So  erzählt  W.  Bode  in  seinen  > Stunden  mit  Goethe«  (1908)  folgende  Ge- 
schichte, die  in  Weimar  noch  lange  nach  Goethes  Tode  im  Volke  verbreitet  gewesen 
sei:  >Dereinst  machte  einmal  Großherzog  Karl  Aagnst  mit  seiner  Geliebten  einen 
Spazierritt,  wobei  diese  vom  Pferde  fiel  and  sofort  tot  war.  Der  Tod  ging  dem 
Fürsten  sehr  zu  Herzen,  und  er  wünschte  noch  einmal  ihren  Geist  sprechen  zu 
können.  Er  bat  daher  Goethe,  diesen  zu  zitieren.  Nur  widerstrebend  gab  Goethe 
nach.  Beide  schlössen  sich  nächtlicher  Weile  in  dem  bekannten  Borkenhänschen  im 
Weimarer  Park  ein.  Goethe  las  die  Beschwörung  unter  allerlei  geheimnisvollen  Sym- 
bolen aus  einem  Buche  vor.  Endlich  erschien  der  Geist  in  weißem  Schleier  unter 
den  Bäumen.  Aber  Karl  August  erschrak  so  sehr,  daß  er  Goethe  dringend  bat,  den 
Geist  wieder  verschwinden  zu  lassen,  was  diesem,  da  er  das  dazu  nötige  Wort  lange 
nicht  finden  konnte,  nur  mit  vieler  Mühe  gelang.  Karl  August  soll  aber  gesagt  haben : 
einmal  einen  Geist  zitiert  und  nie  wieder!«  Diese  Geschichte  läßt  uns  die  Bildung 
einer  solchen  Einzelsage,  der  es  sogar  an  uralten  mythologischen  Motiven  nicht  fehlt, 
noch  deutlich  inmitten  ihrer  Entstehungsbedin^ngen  sehen.  Ein  ähnlicher  Sturz  vom 
Pferde,  der  sich  in  irgendeinem  andern  Fürstenhause  ereignete,  hat  nach  Bode,  indem 
er  auf  den  Weimarer  Hof  übertragen  wurde,  wahrscheinlich  den  Stoff  zum  ersten  Teil 
der  Geschichte  geliefert.  Die  in  der  Weimarer  Bevölkerung  verbreitete  dunkle  Kunde 
von  der  Beschwörungsszene  im  Faust  ließ  dann  die  Vorstellung  des  beschwörenden 
Zauberers  auf  den  Dichter  selbst  übertragen.  Das  Übrige  tat  die  poetische  Aus- 
schmückung hinzu,  die  der  glücklichen  Lösung  der  Geisterszene  bedurfte. 


ß3o  Der  Natnnnytliiis. 


historischer  Sagen  nicht  gefehlt  haben  werden,  so  erklären  sich  zum 
Teil  hieraus  schon  die  Übereinstimmungen,  die  wir  in  Sagen  von 
sonst  verschiedenem  Inhalt  antreffen,  während  andere  bald  in  den  all- 
gemein verbreiteten  Motiven  der  Mythenbildung,  bald  endlich  in  jenen 
Mythenwanderungen  ihren  Grund  haben  können,  die  uns  so  vielfach 
schon  bei  dem  Mythenmärchen  begegnet  sind. 

Zu  diesen  Bedingungen  kommt  nun,  als  die  fiir  die  Entstehung 
der  historischen  Heldensage  entscheidende,  der  Eintritt  großer  geschicht- 
licher Ereignisse,  deren  Erinnerung  weit  über  die  Grenzen  einzelner 
Orte  und  Landschaften  hinausreicht,  und  die  den  Personen,  die  im 
Mittelpunkt  solcher  Ereignisse  stehen,  auch  bei  der  Nachwelt  ein 
länger  dauerndes  Gedächtnis  sichern.  Was  hierbei,  wie  uns  die  ge- 
schichtlich kontrollierbaren  Beispiele  zeigen,  am  treuesten  bewahrt 
bleibt,  das  sind,  neben  den  Städten  und  Landschaften,  die  den  Schau- 
platz der  Ereignisse  gebildet  haben,  die  Namen  einzelner  Persönlich- 
keiten, die  bei  diesen  Ereignissen  eine  entscheidende  Rolle  spielten. 
Hier  folgt  also  die  Heldensage  durchaus  den  Spuren  der  ihr  voraus- 
gehenden vergänglicheren  historischen  Ortssage.  Sie  folgt  ihr  aber 
auch  darin,  daß  alles,  was  außerhalb  dieser  Beziehung  auf  historische 
Orte  und  Personen  liegt,  vor  allem  also  die  Vorgänge  selbst  und 
ihr  Zusammenhang,  der  Mythenbildung  angehört,  in  die  höchstens 
noch  einzelne,  vom  Licht  geschichtlicher  Erinnerung  bestrahlte  Er- 
eig^sse  verwebt  sind,  wie  etwa  in  der  troischen  Sage  die  Eroberung 
Ilions,  in  der  Dietrichsage  die  Ravennaschlacht,  in  der  Nibelungen- 
sage der  Untergang  des  Burgundenreichs  und  der  Tod  Attilas.  Aber 
die  Erzählung  solcher  der  wirklichen  Geschichte  angehörender  Be- 
gebenheiten ist  sagenhaft,  und  ihre  Verknüpfung  liegt  zumeist  gänz- 
lich außerhalb  der  Geschichte.  Dagegen  kann  das  einzelne  Ereignis 
leicht  Assoziationen  mit  andern,  fernliegenden  historischen  Vorgängen 
anregen,  die  nun  die  Sage  in  sich  aufnimmt,  wiederum  nach  Ana- 
logie jener  Verwebungen,  die  schon  bei  den  novellistischen  Ortssagen 
beobachtet  werden. 

So  besteht  die  ausgebildete  historische  Heldensage  aus  einer  Ver- 
bindung von  Mythus,  Geschichte  und  Dichtung,  in  der  jeder  dieser 
Bestandteile  auf  den  andern,  neue  Verbindungen  auslösend,  zurück- 
wirkt, alle  zusammen  aber  die  dichterische  Phantasie  zu  gesteigerter 
Tätigkeit  anregen.     Gerade  da,  wo   sich  der  Sage  der  Zugang  zur 


Die  Heldensage.  381 


Geschichte  eröffnet,  fallt  darum  nicht  dieser  selbst,  sondern  der  Dich- 
tung die  führende  Rolle  zu.  Die  mythische  Heldensage  mag  lange 
Zeit,  ähnlich  dem  Märchen,  nur  in  mündlicher  Tradition  leben;  der 
historischen  bemächtigen  sich,  unter  dem  Antrieb  des  Eindrucks  der 
•  geschichtlichen  Vorgänge,  Romanze  und  Epos.  Darum  läßt  sich 
aber  auch  hier  die  Sage  von  ihrer  dichterischen  Gestaltung  über- 
haupt nicht  mehr  loslösen,  sondern  diese  bildet  einen  integrierenden 
Bestandteil  der  Sage  selbst.  Immerhin  müssen  in  der  psychologischen 
Entwicklung  die  mythischen  und  die  historischen  Bestandteile  als  die 
primären  Elemente  vorausgesetzt  werden,  aus  deren  Verbindung 
durch  die  Dichtung  dann  die  Sage  selbst  erst  entsteht.  Hiemach 
sondern  sich  denn  auch  die  historischen  Sagen  nach  der  Stellung 
jener  beiden  Bestandteile  in  zwei  Gruppen,  die  wir  nach  ihren  Re- 
präsentanten in  der  deutschen  Dichtimg  als  die  Sagen  vom  Nibe- 
lungentypus und  vom  Dietrichstypus  unterscheiden  können. 
Bei  der  ersten  Form  bildet  eine  mythische  Heldengestalt  und  ein  mit 
dieser  verbundener  mythischer  Stoff,  der  nach  allen  seinen  Eigen- 
schaften ursprünglich  ein  Mythenmärchen  ist,  den  Kern  der  Sage. 
Um  diesen  Kern  haben  sich  dann  geschichtliche  Erinnerungen  neben 
Spuren  ursprünglich  vielleicht  selbständig  gewesener  Lokalsagen  ge- 
lagert. Bei  dem  zweiten  Typus  bildet  eine  geschichtliche  Persönlich- 
keit mit  irgendwelchen  an  sie  geknüpften  Erinnenmgen  oder  aber, 
und  dies  vor  allem  bei  den  ausgebildeteren  Formen  dieses  Typus, 
ein  in  der  Tradition  lange  nachwirkendes  geschichtliches  Ereignis, 
um  das  sich  eine  Mehrheit  historischer  wie  mythischer  Helden  grup- 
pieren kann,  den  Kern  der  Sage.  Hier  lagern  sich  dann  um  diesen 
historischen  Kern  teils  mythische  Elemente  teils  andere,  urprünglich 
unabhängige  Lokalsagen,  worauf  diese  einzelnen  Züge  wieder  durch 
die  Dichtung  weitergeführt  und  zu  einem  Ganzen  verbunden  werden. 
Damit,  daß  gerade  bei  der  vollkommeneren  Form  dieser  Sagen  der 
historische  Kern  nicht  durch  eine  einzelne  Persönlichkeit,  sondern 
durch  ein  einzelnes  besonders  eindrucksvolles  Ereignis  gebildet  werden 
kann,  hängt  zugleich  die  wachsende  Zahl  der  Helden  zusammen,  die 
an  jenem  geschichtlichen  Vorgang  teilnehmen.  In  diesem  Sinne 
entspricht  der  Inhalt  der  Ilias  offenbar  dem  im  eigentlichsten  Sinne 
historischen  Typus,  wenn  es  auch  zweifelhaft  ist,  welche  und  wie 
viele  ihrer  führenden  Helden  historisch  oder  mythisch  sind,  und  ob- 


332  ^cf  Natarmythns. 


gleich  sich  auf  die  wahrscheinlich  mythische  Gestalt  des  Achilleus 
ein  großer  Teil  des  Interesses  konzentriert.  Denn  auch  die  Taten 
des  Achill  besitzen  in  dem  Epos  nur  mit  Rücksicht  auf  jenes  histo- 
rische Ereignis,  den  Kampf  um  Troja,  ihre  Bedeutung.  Und  dasselbe 
gilt  schließlich  für  die  Odyssee,  die  in  ihrem  die  Heimkehr  aus- 
Troja  an  einem  einzelnen  der  Helden  behandelnden  Hauptthema  die 
Schlußepisode  des  großen  Ereignisses  zum  Inhalt  hat.  Mag  aber 
der  Held  selbst  vielleicht  eine  mythische  Gestalt  sein,  in  den  Augen 
der  Dichter  und  in  denen  der  Hörer  und  Leser  noch  lange  nach  ihm 
war  er  jedenfalls  eine  historische  Persönlichkeit,  die  in  der  Erzählung 
sogar  den  Zauberabenteuem,  die  ihm  widerfahren,  als  ein  wirklicher 
Mensch  gegenübersteht.  Zugleich  zeigt  dieses  Beispiel,  wie  übrigens 
nicht  minder  die  noch  unausgebildete,  nicht  über  die  lose  Aneinander- 
reihung einzelner  Abenteuer  hinausgelangte  Dietrichssage,  daß  der 
Reichtum  an  mythischen  Episoden  von  der  Frage,  ob  der  Kern  der 
Sage  selbst  mythisch  oder  historisch  sei,  relativ  imabhängig  ist. 

e.  Die  Varianten  der  Nibelangensage. 

Unter  den  erwähnten  typischen  Formen  läßt  nun  die  Nibelungen- 
sage nicht  bloß  den  mythischen  Kern,  sondern  auch  die  Einflüsse, 
die  eine  wechselnde  Kulturumgebung  auf  die  Sagenbildung  ausübt, 
besonders  deutlich  hervortreten,  weil  sie  uns  bekanntlich  in  mehreren, 
darunter  hauptsächlich  zwei  schon  äußerlich  sehr  abweichenden  Fas- 
sungen vorliegt,  der  nordischen  der  Edda  und  der  oberdeutschen 
des  Nibelungenliedes,  die  beide  aus  der  ursprünglichen  fränkischen 
Heimat  der  Sage  nach  weit  entfernten  Ländergebieten  zu  verschiedenen 
Zeiten  gewandert  und  in  wesentlich  verschiedene  Kulturumgebungen 
verpflanzt  worden  sind.  Dies  sind  Bedingungen,  die  vor  allem  auf  die 
poetische  Behandlung  und  Ausschmückung  der  Sage,  dann  aber  doch 
auch  auf  diese  selbst  vor  allem  in  jenen  mehr  fluktuierenden  Be- 
standteilen zurückwirken  mußten,  in  denen  Glaube  und  Sitte  der  Zeit 
jeweils  für  sie  bestimmend  wurden.  Was  in  diesen  verschiedenen 
Fassungen  der  Sage  innerhalb  der  ihr  von  Hause  aus  mitgegebenen 
geschichtlichen  Umrahmung  als  der  gemeinsame  Kern  der  Erzählung 
zurückbleibt,  das  wird  demnach  um  so  mehr  als  ihr  ursprünglicher 
Inhalt  betrachtetet  werden  können,  der  hier  nur  jedesmal  gewisser- 
maßen von  einem  verschiedenen  Standorte  aus  auf  jenen  historischen 


Die  Heldensage.  ^33 


Hintergrund  projiziert  wurde.  Dieser  Kern  der  Sage,  der  in  allen 
ihren  Fassungen,  unabhängig  von  jenem  historischen  Hintergrund,  den 
eigentlichen  Inhalt  der  Handlung  bildet,  ist  aber  ein  rein  mythischer: 
es  ist  der  Held,  der  sich  selbst  ein  Schwert  von  zauberkräftiger 
Macht  schmiedet,  damit  einen  furchtbaren,  einen  Goldhort  hütenden 
Drachen  besiegt,  durch  den  Zauber,  der  dem  Blut  des  Drachen  eigen 
ist,  unverwundbar  wird,  und  dann  auf  Abenteuer  ausgeht,  um  hehre 
und  holde  Frauen  zu  gewinnen,  die  stolze  Brunhild,  die  alle  Freier 
abweist,  und  die  liebliche  Gudrun-Kriemhild ,  deren  neidvolle,  nach 
seinem  Goldschatz  lüsterne  Brüder  ihm  den  Untergang  bereiten,  wo- 
rauf sie  endlich  selbst  der  solchem  Frevel  gebührenden  Strafe  verfallen. 
Dieser  mythische  Kern  ist  als  Ganzes  wie  in  seinen  einzelnen  Zügen 
das  echte  Abenteurmärchen,  wie  es,  von  Stufe  zu  Stufe  der  wechseln- 
den Kulturumgebung  sich  anpassend,  in  seinen  Grundmotiven  wenig 
sich  ändert.  Aber  diese  uralten  Motive  des  Glücksmärchens  sind 
durch  die  Erhebung  der  Helden  in  die  Höhe  nordischer  Recken  und 
mittelalterlicher  Ritter,  durch  die  Züge  heroischen  Frauentums  und 
schwärmerischer  Frauenverehrung,  durch  die  aus  christlichen  Vor- 
stellungen und  altheidnischem  Heldentum  seltsam  gemischten  Ehr- 
und  Tugendbegriffe  der  Zeit,  endlich  nicht  zuletzt  durch  jenen  Hinter- 
grund gewaltiger  Völkerkämpfe,  auf  den  der  alte  mythische  Stoff 
projiziert  ist,  zu  imponierender  Höhe  gehoben;  und  neue,  einer 
reicheren  Geisteskultur  angehörende,  rein  menschliche  Triebfedern 
des  Handelns  sind  mit  den  alten  Zaubermotiven  verwebt  worden. 
So  die  Motive  der  Liebe  und  Eifersucht,  wie  sie  besonders  im  Streit 
der  Fürstinnen  das  tragische  Ende  wirkungsvoll  vorbereiten,  und  vor 
allem  der  tragische  Ausgang  selbst,  der  von  jenem  Streite  an,  ganz 
im  Gegensatz  zu  dem  die  Erwartung  des  glücklichen  Endes  niemals 
täuschenden  ursprünglichen  Abenteuermärchen,  den  Ereignissen  als 
düstere  Ahnung  voranschleicht.  Das  ist  natürlich  nicht  das  ursprüng- 
liche Mythenmärchen  mehr.  Aber  es  ist  sein  Inhalt  in  der  Form, 
die  er  unter  dem  Einflüsse  dieser  christlich-heidnischen  Kultur  an- 
nimmt, die  die  christliche  Frömmigkeit  mit  dem  streitbaren  und  ge- 
walttätigen, nächst  der  eigenen  Ehre  die  Treue  gegen  den  Genossen 
auf  das  höchste  schätzenden  Germanentum  vereinigt. 

Wie  weit  entfernen  sich  nun  aber  trotz  des  gemeinsamen  mythischen 
Kerns  und  des   übereinstimmenden  historischen  Hintergrundes  diese 


^34  Der  Natunnythus. 


auf  dem  Boden  des  alten  Mythenmärchens  entsprossenen  Sagen  in  dem 
besonderen  Kolorit  der  Zeit  und  ihrer  Kultur!  Dieses  besondere 
Kolorit  besteht  jedoch  nicht  etwa  darin,  daß  der  Inhalt  der  Sage 
selbst  oder  die  geschichtliche  Umgebung,  in  die  der  Inhalt  ge- 
bracht ist,  wesentlich  andej-e  wären;  sondern  das  mythologische 
Medium  ist  ein  anderes  geworden,  in  das  beidemal  der  eigene 
mythische  Gehalt  der  Sage  gehüllt  ist.  In  der  nordischen  weht  noch 
der  Hauch  der  nordgermanischen  Göttersage.  Freilich  nicht  in  ihrer 
ursprünglichen,  lebenskräftigen  Gestalt  —  in  ihr  kennen  wir  sie  ja 
überhaupt  nicht  —  sondern  in  der  Form  jener  Dichtung,  in  der 
die  nordischen  Skalden  die  Erinnerung  an  sie  in  einer  christlich 
gewordenen  Welt  festzuhalten  suchten.  So  bildet  denn  die  Sieg- 
friedssage dieser  nordischen  Überlieferung  nur  einen  Ausläufer  der 
inmitten  des  Göttermythus  beginnnenden  Sage  vom  Geschlecht  der 
Wälsungen,  dessen  letzter  Sproß  der  Held  selbst  ist.  Der  Schatz 
der  Nibelungen  ist  zur  Goldsühne  geworden,  den  die  Götter  für  be- 
gangene Blutschuld  dem  Vater  des  den  Schatz  hütenden  Drachen  der- 
einst geboten.  Odin  selbst  greift,  soweit  das  auch  ihn  bindende 
Schicksal  es  gestattet,  hUfreich  in  die  Unternehmungen  des  Helden 
ein :  dessen  Schwert  ist  ein  Geschenk  des  Gottes  an  seine  Ahnen,  sein 
Roß  stammt  von  dem  Zauberroß  des  Gottes  ab.  Die  im  verzauberten 
Schloß  schlafende  Königstochter  des  Märchens  ist  zur  Walküre,  ihr 
Schloß  zu  dem  von  der  Waberlohe  umgebenen  Fels  geworden,  in  der 
jene  zur  Strafe  ihres  gegen  das  Gebot  des  Göttervaters  begangenen 
Fehls  so  lange  in  Schlummer  versenkt  bleibt,  bis  ein  Held  sie  be- 
freit, der  das  Fürchten  nicht  kennt. 

Ganz  anders  die  oberdeutsche  Fassung  der  Sage.  Wohl  fehlt 
es  auch  hier  nicht  an  mythologischem  Beiwerk,  das  der  eigenen  Um- 
gebung entstammt.  Aber  wie  das  Christentum  selbst  in  der  Zeit,  in 
der  hier  die  Sage  durch  die  Dichtung  geformt  wurde,  die  alten  heid- 
nischen Götter  ausgetilgt  hatte,  während  es  die  niedrigere  Dämonen- 
welt bestehen  lassen  mußte,  so  hat  die  deutsche  Dichtung  das  Ge- 
schlecht der  Elbe,  Zwerge,  Riesen  und  Drachen,  die  Nebelkappen 
und  Zauberwaffen  bewahrt.  Gleichwohl  werden  auch  diese  Bestand- 
teüe  zurückgedrängt.  Das  Drachenabenteuer  mit  dem  zauberkräftigen 
Bad  im  Drachenblut  wird  nur  als  ein  Ereignis  vergangener  Tage 
erzählt.     Dafür  sind   die   rein  menschlichen  Züge  besonders  in  den 


Die  Heldensage.  ^g^ 


Charakteren  der  Frauen  und  in  der  Schilderung  des  Werdens  und 
Wachsens  ihrer  Leidenschaften  um  so  lebendiger.  In  nichts  tritt 
aber  dieser  Unterschied  der  beiden  Gestaltungen  der  Sage  wohl  so 
sprechend  hervor  wie  in  der  abweichenden  Fassung  desjenigen  Zugs^ 
den  beide  mit  den  verwandten  Märchenformen  gemein  haben,  und  in 
dem  sie  doch  ebenso  voneinander  wie  von  diesen  abweichen.  Das 
ist  die  Erzählung,  wie  Siegfried  um  Brunhilde  wirbt.  Das  Märchen 
kennt  hauptsächlich  drei  Arten  von  Abenteuern,  in  denen  der  Held 
eine  Jungfrau,  um  die  sich  andre  vergebens  bemühen,  gewinnen  kann. 
Bei  der  ersten  Form  schläft  die  Jungfrau  in  einem  unzugänglichen 
Schlosse  so  lange  einen  über  sie  verhängten  Zauberschlaf,  bis  der 
für  sie  bestimmte  Jüngling,  vor  dem  alle  Hindemisse  zurückweichen, 
sie  erlöst.  Das  ist  das  Märchen  vom  Dornröschen-  und  Schnee- 
wittchentypus, wie  es  sich  in  zahlreichen  Varianten  in  der  Märchen- 
literatur der  Kulturvölker  vorfindet ').  Bei  der  zweiten  Form  stellt 
eine  vielumworbene  stolze  Jungfrau  Aufgaben:  der  Held,  der  diese 
löst,  gewinnt  sie ;  wer  sie  aber  nicht  löst,  ist  dem  Tode  verfallen.  Das 
ist  der  Typus  der  ebenfalls  über  die  ganze  Welt  verbreiteten  Auf- 
gaben- und  Rätselmärchen  ^).  Endlich  bei  der  dritten  Form  ist  die 
Jungfrau  von  einem  Drachen  oder  andern  Ungeheuer  geraubt,  und 
der  Held  befreit  sie  aus  dessen  Gewahrsam.  Das  ist  das  besonders 
in  altindischen  und  ägyptischen  Märchen  vorkommende  Motiv,  das 
aber  in  mannigfaltigen  Varianten  auch  anderwärts  nicht  fehlt  ^).  Nun 
ist  es  bemerkenswert,  daß  jeder  dieser  Märchentypen  in  einer  der  über- 
lieferten Fassungen  der  Nibelungensage  vertreten  ist:  der  Typus  der 
Erweckung  der  Jungfrau  aus  dem  Zauberschlaf  in  der  nordischen, 
der  Typus  der  für  ihre  Gewinnung  das  eigene  Leben  als  Spielpreis 
einsetzenden  Freier  in  der  deutschen  Nibelungensage,  und  endlich 
der  dritte  Typus,  die  Befreiung  der  Jungfrau  aus  dem  Gewahrsam 
des  Ungeheuers,  das  sie  geraubt,  im  »Lied  vom  hürnen  Seyfried» 
und  dem   mit  ihm  in  wesentlichen  Zügen  übereinstimmenden   Sieg- 


')  Grimm,  Nr.  50,  53,  62,  97  (S.  57).  Dazu  von  Hahn,  Neugriechische  Märchen 
Nr.  13,  32.     Grundtvig,  Dänische  Märchen,  S.  133 — 170. 

^)  Grimm,  Nr.  12,  114.  von  Hahn,  Nr.  63,  114.  Grundtvig,  S.  14 — 15.  Wlis- 
locki,  Märchen  und  Sagen  der  transsylvanischen  Zigeuner,  Nr.  47. 

3)  Vgl.  z.  B.  Grimm,  Nr.  12,  88,  129,  163  (S.  259).  von  Hahn,  Nr.  22,  64,  70 
(S.  53;.     Schott,  Walachische  Märchen,  Nr.  10.     Wlislocki,  Nr.  12,  13  (S.  33),  23. 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  2$ 


ß86  ^^^  Naturmythus. 


friedslied  des  c kleinen  Heldenbuchs»,  wo  demnach  der  Held  zweimal 
einen  Kampf  mit  Drachen  besteht,  zuerst,  indem  er  den  den  Goldschatz 
hütenden  Drachen  erlegt,  dann,  indem  er  Kriemhild,  die  hier  zu- 
gleich an  Brunhildens  Stelle  getreten  ist,  aus  der  Gefangenschaft 
eines  geflügelten  Drachen  befreit,  der  sie  geraubt  hat.  So  gehört  dies 
Motiv  des  siegreich  freienden  Helden  zwar  zu  den  konstantesten  Be- 
standteilen der  Sage;  aber  es  variiert  zugleich  in  den  verschiedenen 
Fassungen  in  einer  das  jedesmalige  mythologische  Medium  spi^elnden 
Weise:  an  die  Stelle  des  Feuerzaubers,  der  vor  dem  zur  Befreiung 
bestimmten  Helden  nach  göttlichem  Ratschluß  von  selbst  schwindet, 
tritt  in  der  mittelalterlichen  deutschen  Heldensage  das  Kampfspiel,  bei 
dem  die  Tarnkappe  zum  Zweck  der  trügerischen  Verwechslung  mit 
dem  König  ihre  Zauberdienste  tut,  im  übrigen  aber  die  Stärke  des 
Helden  über  die  der  gewaltigen  Jungfrau  den  Sieg  davonträgt;  end- 
lich in  der  später  verbreiteten  Sage  wiederholt  sich  auch  hier  das 
weiten  Volkskreisen  besonders  zusagende,  in  der  Legenden-  und 
Sagendichtung  darum  immer  wiederkehrende  Motiv  des  Kampfs 
mit  dem  Drachen.  In  diesen  Variationen  entspricht  nun  jede  der 
drei  Gestaltungen  dieser  Episode  einem  jener  viel  gewanderten 
Märchentypen,  die,  nur  jeweUs  wechselnd  nach  Zeit  und  Umgebung, 
ohne  alle  Frage  existiert  haben,  lange  bevor  es  eine  Nibelungen- 
sage in  den  uns  heute  überlieferten  Formen  gab.  Nicht  minder  gilt 
das  von  den  andern  Elementen  der  Sage,  die  zu  diesem  Motiv  der 
durch  Kampf  oder  Überwindung  eines  Zaubers  zu  erringenden  Braut 
hinzutreten.  So  anscheinend  von  dem  Feuerzauber,  der  die  schlafende 
Brünhild  gefangen  hält,  wo  die  Feuerlohe  der  Dornhecke  entspricht, 
der  Schlafdom,  den  Odin  in  Brunhildens  Gewand  stößt,  der  Spindel, 
die  Dornröschen  samt  ihrem  Schloß  in  Schlaf  versenkt.  Mag  es  auch 
zweifelhaft  scheinen,  ob  diese  spezifischen  Züge,  die  das  von  den 
Brüdern  Grimm  im  hessischen  Lande  aufgezeichnete  Märchen  mit 
der  Sage  der  Edda  gemein  hat,  in  die  nordische  Heldensage,  oder  ob 
sie  umgekehrt  aus  dieser  in  eine  der  zahlreichen  Varianten  des 
Märchens  von  der  schlafenden  Königstochter  übergegangen  seien,  — 
dieser  Märchentypus  überhaupt  ist  so  verbreitet  und  in  den  meisten 
seiner  Einzelgestaltungen  offenbar  so  unabhängig  von  der  Sage,  daß 
hier  so  gut  wie  in  den  andern  Fassungen  des  Motivs  der  Gewinnung 
der  Braut  das  Märchen  mindestens  in  seinen  allgemeinen  von   der 


Die  Heldensage.  38^ 


Sage  verwerteten  Zügen  dieser  vorangegangen  ist.  Auch  hier  ist 
dann  bei  diesem  Übergang  nicht  der  eigentliche  StofT  des  Märchens 
verändert,  sondern  nur  teils  durch  die  Verbindung  vieler  Märchen- 
motive miteinander,  teils  durch  die  Versetzung  in  eine  veränderte 
Kulturumgebung  umgestaltet  worden. 

f.  Die  Ilias.    Obergttngre  der  Helden-  in  die  Göttersage. 

Liegen  diese  Bedingungen  des  Werdens  und  Wachsens  aus  ihren 
mythologischen  Vorstufen  bei  der  deutschen  Heldensage  durch  die 
neben  einander  hergehenden  geschichtlichen  und  sagenhaften  Über- 
lieferungen verschiedenen  Ursprungs  deutlich  genug  vor  Augen,  um 
auf  den  allgemeinen  Gang  dieser  Entwicklung  zurückschlieOen  zu 
können,  so  verhält  sich  dies  nun  freilich  anders  bei  der  an  sich  auf 
einer  höheren  Stufe  dichterischer  Gestaltung  des  ursprünglichen 
mj^hischen  und  geschichtlichen  Inhaltes  stehenden  historischen  Helden- 
sage der  Griechen.  Sie  ist  uns  für  den  troischen  Sagenkreis  vor- 
nehmlich in  den  die  zwei  Hauptepisoden,  den  Kampf  um  die  Stadt 
und  die  Heimkehr  der  Helden,  schildernden  Dichtungen  der  Hias 
und  Odyssee  erhalten.  Hier  ist  vor  allem  in  der  Ilias  deutlich 
jener  Typus  historischer  Sage  vertreten,  bei  dem  das  Geschichtliche 
den  Kern  bildet,  zu  dem  das  Mythische  in  einer  Fülle  wechselnder 
Bilder  hinzutritt.  Von  ihnen  sind  dann  einzelne  anscheinend  mehr 
durch  das  Bedürfnis  nach  poetischer  Einheit  als  durch  ein  in  den 
historischen  oder  mythischen  Bestandteilen  selbst  liegendes  Motiv  in 
den  Vordergrund  gestellt:  so  in  der  Ilias  der  Zorn  des  Achilleus, 
in  der  Odyssee  das  Streben  des  Helden  nach  der  seiner  harrenden 
heimischen  Insel.  Gerade  das  sind  Züge,  die  wahrscheinlich  ganz 
und  gar  der  poetischen  Erfindung  angehören.  Mag  diese  auch 
in  ihrer  allgemeinen  Richtung  durch  den  natürlichen  Gang  der  Er- 
eignisse bestimmt  sein,  im  einzelnen  schaltet  sie  vollkommen  frei 
mit  ihrem  Stoff.  So  bildet  in  der  Hias  das  Motiv  des  Streits  der 
führenden  Helden  um  die  erbeuteten  Frauen  mit  den  weiteren  Folgen, 
die  sich  daran  anschließen,  das  Mittel,  durch  das  die  Dichtung  den 
historischen  Stoff  zu  einem  Ganzen  verbindet.  Demgegenüber  be- 
sitzen die  mythischen  Elemente  eine  sekundäre  Bedeutung.  Die 
Handlung  als  solche  würde  auch  ohne  sie  möglich  sein,  wenngleich 
allerdings  dadurch  der  eigentümliche  Charakter  des  Epos,  durch  den 

25» 


.    ..-    .-;5::::::::^..    >"!:cern 

■  .    .-.!.:    ri.  vo\:h\\\inc:c. 

:-.-:-:  L r.   r-:>*tho!ogischcii 

.  -.::  bestehen  in  der 

.:   .r.    Zunächst  werden 

.  .- :  .;.:rch  ihre  eigenen 

.   -:r.fti^-en  Zaubermitte!, 

:  •  -.:!-:ung  zu  den  G(>ttern 

.    ."iciJen.     Von  hier    aus 

.   .  r.jni   ihnen   [gewidmeten 

.-  :^    der  Helden   fehlt  der 

:   ;■•  vorwieg^end  durch  Gt- 

'  :e   sie   die   llias  bietet, 

:•  ythischen  Sage  ist  es  be- 

-  :".  von  der  verherrlichenden 

: .    - ;  thische  Gestalt  ist.    Seine 

.  rIr2iehunL>"  durch  den  Ken- 

.  •     •  Ml   1  lephiistos   selbst   ge- 

;  .    'iingere   Sage   noch  jene 

.-:h    die    Z.iubersalbe   seiner 

•    :vjr    die   Kori'er>telle    aus- 

:':    Pfeil    c'.^s    Paris    wirklich 

;•  ■.•.■>r   allem    dieser  letzte  Zug 

^   ^  •-  >i--.g*-')  ^lidi  man   sich  versucht 

.  .    r  vermittelten  Zusammenhang 

r.jh  dieser  nicht,  wenn  er  auch 

.  *  ir.vundbar  machenden  Zauber- 

'  .?:::>age  begegnete,    ist  weit  ver- 

•  .  ;•  ".i'.  "^o  der  Kampf  mit  den  Waffen 

•.  •  -T-i^enie  Rolle  spielen,    das  natür- 

. : -^tir./.chen   Zauberwaffen.     Wo   aber 

-    V:ie  verfällt,    da   ist  wiederum   das 

ie>    Korpers    von    dem    schützenden 

iin    mythologisches    Auskunftsmittel, 

.   j^-«cn  in  Märchen  und  Sage  ein  Zauber 

-i>.c   verwandt  ist.     So  wird    im    Zauber- 

.-.ii  Zauberrute    durch   einen   Gegenzauber 


Die  Heldensage.  ^3q 


wieder  aufgehoben  (S.  162  f.,  188),  oder  der  Held  ist,  wie  im  nordischen 
Baidermythus,  gegen  alle  Geschosse  gefeit,  nur  der  einsam  wachsenden 
Mistel,  die  bei  dem  Schutzzauber  übersehen  wurde,  muß  er  erliegen. 
Die  spätere  epische  Dichtung  der  Griechen  hat  nicht  nur  diese 
mythischen  Züge,  sondern  sie  hat  auch  die  Anzahl  der  Helden,  die 
solche  an  sich  tragen,  immer  mehr  gesteigert,  und  sie  hat  schließlich 
ganz  mythologische  Gestalten,  wie  den  äthiopischen  Memnon  und  die 
Amazone  Penthesilea,  hinzutreten  lassen.  Dabei  eröffnen  sich  nun 
vornehmlich  zwei  Wege,  um  die  Helden  der  historischen  Sage  zu 
Heroen  zu  erheben:  der  eine  besteht  in  der  von  den  Griechen  mit 
Vorliebe  gepflegten  Genealogie,  die  den  Helden  unmittelbar  oder 
mittelbar  durch  seine  Ahnen  auf  einen  göttlichen  Erzeuger  zurück- 
führt; der  andere  darin,  daß  man  ihn  bei  seinem  Tode  zu  den 
Göttern  entrückt  werden  läßt.  Geburt  und  Tod  werden  dann  aber 
wieder  in  dem  Sinne  in  Verbindung  gebracht,  daß  die  göttliche 
Herkunft  auch  die  Anwartschaft  auf  die  endliche  Apotheose  in  sich 
schließt.  So  wurden  in  der  späteren  Ausgestaltung  der  trojanischen 
Sage  die  Helden  der  Achäer  wie  der  Troer  nach  und  nach  in  solchem 
Umfange  heroisiert,  daß  schließlich  nur  wenige  übrig  blieben,  denen 
nicht  diese  Umwandlung  zu  teil  geworden  wäre.  Zwei  Umstände 
mochten  diesem  Vorgang  zu  Hilfe  kommen:  die  natürliche  Neigung 
zur  Verstärkung  der  Heldeneigenschaften  ins  Übermenschliche,  die 
an  den  schon  vorhandenen  Heroen  ihre  Vorbilder  fand,  und  das 
Streben  der  einzelnen  griechischen  Landschaften,  die  Helden,  als 
deren  Heimat  sie  sich  nach  der  Sage  betrachten  durften,  als  göttliche 
Beschützer  ihrer  Gaue  und  Städte  zu  verehren.  So  mochten  vielfach 
die  im  Epos  verherrlichten  Heroen  die  alten  Ortsdämonen  als  deren 
einer  kriegerischen  Zeit  besser  entsprechende  Nachfolger  ablösen. 
Dieser  zweite  Weg  der  Heroisierung  konnte  aber  endlich  in  einzelnen 
Fällen  noch  mit  einem  dritten  zusammentreffen.  Unter  den  teils 
historischen  teils  mythischen  Namen  der  Helden  mochten  wohl  auch 
solche  sein,  die,  schon  bevor  sie  in  die  große  historische  Heldensage 
aufgenommen  waren,  als  lokale  Heroen  eine  kultische  Verehrung 
genossen,  so  daß  sie,  ihrem  Ursprung  aus  dem  Ahnenkult  gemäß, 
auch  in  der  Sage  zunächst  mehr  die  Bedeutung  von  Repräsentanten 
der  an  dem  Krieg  beteiligten  Stämme  als  die  individueller  Helden 
besaßen,  wobei   ihnen  dann  der  Anspruch  auf  kultische  Verehrung 


7QO  Der  Natnrmythas. 


um  SO  mehr  erhalten  blieb.  Daß  auf  diese  wachsende  Entwicklung 
des  Heroentums  schließlich  das  Epos  selbst  und  das  ihm  aus  dem 
alten  Ahnenkultus  überkommene  Streben  nach  einer  Verherrlichung 
der  Ahnen  der  Fürsten  und  Vornehmen,  vor  denen  der  Sänger  seine 
Heldenlieder  erklingen  ließ,  mitwirkte,  entspricht  einem  natürlichen 
Zug  aller  Volksepik*).  Kann  sich  der  Angehörige  eines  hervorragenden 
Geschlechts,  dem  das  Lied  zu  gefallen  sucht,  selbst  nicht  mehr 
eines  unmittelbaren  göttlichen  Ursprungs  rühmen,  so  will  er  diesen 
doch  seinem  Urahnen  gesichert  wissen.  Welche  Bedeutung  dieses 
genealogische  Moment  bei  den  Griechen  überhaupt  besaß,  ersieht 
man  noch  aus  den  späteren  Mythographen,  die  sorgfaltig  alle  An- 
gaben der  Dichter  über  solche  Abstammungen  zusammentragen. 
Göttlichen  oder  halbgöttlichen  Ursprungs  ist  nach  ApoUodors  Genea- 
logien jeder  Held.  Schließlich  aber  fuhren  alle  diese  Stammbäume 
auf  Zeus  zurück,  der  hier  im  buchstäblichsten  Sinne  zum  »Vater  der 
Götter  und  Menschen«  wird. 

Wichtiger  als  dieses  der  Heldensage  immanente  Streben  der  Er- 
hebung des  Helden  zum  Heroen,  das  von  der  Sage  aus  auf  das  Epos 
und  von  diesem  wieder  auf  die  Sage  zurückwirkt,  ist  jedoch  eine 
zweite,  diese  erste  besonders  in  der  älteren  Sagenüberlieferung,  wie 
sie  die  Ilias  bietet,  sichtlich  einschränkende  Eigenschaft.  Sie  besteht 
in  dem  Zurücktreten  jener  Wunder-  und  Zaubermotive,  die  vor  allem 
die  mythische  Sage,  dann  aber  auch  noch  die  historische,  so  lange 
sie  einen  mythischen  Kern  birgt,  beherrschen.  Daß  diese  Vermensch- 
lichung, die  in  gewissem  Sinne  eine  Rationalisierung  derselben  genannt 
werden  könnte,  zu  dem  Streben  nach  Heroisierung  der  Helden  in 
einem  Gegensatze  steht,  zeigt  sich  auch  darin,  daß,  sobald  die 
letztere  Tendenz  die  Oberhand  gewinnt,  wie  es  in  der  späteren 
Sage  und  Dichtung  geschieht,  auch  die  alten  Motive  des  Zauber- 
märchens abermals  stärker  hervortreten.  Das  geschieht  ja  schon  in 
den  Märchen  der  Odyssee,  wenngleich  diese  immerhin  hier  bloße^ 
noch  dazu  nachträglich  erst  von  dem  Helden  seinen  phäakischen 
Gastfreunden  erzählte  Episoden  einer  sonst  dieses  Zauberapparates 
entbehrenden  Haupthandlung  sind.  In  der  Ilias,  die  wir  hier  als 
die  typische  Gestaltung  dieser  historisch-poetischen  Form  der  Helden- 


«)  Vgl.  TeU  I,  S.  386  ft  (2.  Aufl.  Bd.  3,  S.  407  ff.). 


Die  Heldensage.  3Q1 


sage  betrachten  dürfen,  sind  es  dagegen  durchaus  nur  menschliche, 
wenn  auch  in  noch  so  leuchtenden  Farben  geschilderte  Züge,  die 
uns  an  den  Helden  begegnen.  Selbst  die  am  ehesten  mythisch 
angehauchte  Gestalt  des  Achill  macht  davon  im  Verlauf  der  Begeben- 
heiten keine  Ausnahme.  So  sind  Zauber  und  Wunder  aus  der 
Lebenssphäre  der  Helden  selber  so  gut  wie  ganz  beseitigt.  Doch 
sie  sind  nur  verschwunden,  um  zu  den  Göttern  hinüberzuwandem, 
die  diesem  Kampf  mit  leidenschaftlicher  Teilnahme  zusehen,  die  einen 
den  Achäem,  die  andern  den  Troern  geneigt,  so  daß  der  Streit  der 
Helden  zugleich  ein  Wettstreit  der  Götter  ist,  bei  dem  nur  Zeus 
zwischen  den  beiden  Parteien  steht,  um,  auf  welcher  Seite  es  auch 
sei,  allzu  großem  Frevel  zu  wehren,  im  übrigen  aber  das  voraus- 
bestimmte Geschick  sich  erfüllen  zu  lassen.  Darum  treten  hier  un- 
gleich mehr  als  in  der  rein  mythischen  Heldensage,  wo  der  Held 
selbst  über  Zauberkräfte  gebietet  oder  zauberhafte  dämonische  Wesen 
bekämpft,  die  Götter  mit  in  den  Vordergrund  der  Handlung,  und 
dies  geschieht  nicht  mehr  in  vereinzelten  Taten,  die  hier  dieser, 
dort  jener  Gott  vollführt,  sondern  die  Götter  bilden  einen  wohl- 
geordneten Götterstaat,  der,  wenn  auch  erhaben  über  dem  Men- 
schen, doch  nach  dem  Vorbild  menschlichen  Zusammenlebens  gedacht 
ist.  In  dieser  Göttergemeinschaft  erscheint  nun  jeder  Gott  mit  be- 
stimmten persönlichen  Eigenschaften  ausgestattet,  von  den  gleichen 
Motiven  der  Liebe  und  des  Hasses,  des  Wohlwollens  und  des  Neides 
bewegt  wie  die  Helden  selbst,  die  die  Vorbilder  dieser  Götterwelt 
sind.  So  ist  es  vor  allem  die  historische  Heldensage,  die  die  Götter 
in  dem  Maße  menschenähnlicher  macht,  als  sie  aus  der  eigenen 
Sphäre  menschlichen  Tuns  das  übermenschliche  Wunder  verschwinden 
läßt.  Indem  sie  nun  aber  dieses  den  Göttern  zuteUt,  erhebt  sie  die- 
selben, während  sie  sie  vermenschlicht,  gleichzeitig  zu  übermensch- 
lichen Wesen,  zu  denen  der  Mensch  in  der  Not  seine  Zuflucht  nimmt, 
und  deren  Hilfe  er  durch  Opfer  imd  Gebet  erringen  kann.  So  ent- 
wickelt sich  das  Bild  des  Gottes,  wie  es  unter  der  unmittelbaren  Wirkung 
der  Heldensage  und  ihrer  dichterischen  Wiedergabe  im  Epos  sich 
gestaltet  hat.  Der  Held  der  Sage  mit  allen  ihn  über  das  Mittelmaß 
der  Menschen  erhebenden  und  dennoch  rein  menschlichen  Eigen- 
schaften ist  das  Urbild  des  persönlichen  Gottes.  Auf  diesen  sind  nun 
aber  nicht  bloß  die  Heldeneigenschaften  nochmals  in  einem  das  Maß 


^gz  Der  Naturmythus. 


des  menschlichen  Helden  übersteigenden  Grade  hinübergewandert,  son- 
dern es  sind  ihm  auch  die  Mittel  von  Wunder  und  Zauber  um  so  mehr 
zu  eigen  gegeben,  je  mehr  sie  aus  der  Sphäre  des  menschlichen  Tuns 
verschwanden.  Doch  bei  diesem  Übergang  sind  auch  sie  zu  einer 
höheren  Stufe  erhoben  worden:  der  niedrige  Zauber  der  irdischen 
Dämonen  und  zauberkundigen  Menschen  hat  dem  über  die  gewaltigen 
Kräfte  der  Natur  gebietenden,  an  keine  menschlichen  Schranken  ge- 
bundenen göttlichen  Wunder  Platz  gemacht.  So  vollendet  die  Helden- 
sage in  der  Übertragung  des  Charakters  der  Persönlichkeit  von  einer 
der  bedeutsamsten  Seiten  her  die  Ausbildung  der  Göttervorstellungen. 
Es  vollzieht  sich  aber  zugleich  in  jenem  Herüberwandem  des  Wunders 
vom  Menschen  zum  Gotte  eine  allmähliche  Sonderung  der  Götter- 
sage von  der  Heldensage  und  in  ihr  eine  erste  Scheidung  zweier 
großer  Gebiete  der  Überlieferung.  Die  eine  dieser  Überlieferungen, 
die  mit  dem  spezifisch  menschlichen  Anteil  der  historischen  Helden- 
sage beginnt,  eröffnet  den  Zugang  zur  Geschichte.  Die  andere, 
die  in  der  Göttersage  wurzelt,  vereinigt  die  ursprünglich  aus  zerstreuten 
Elementen  der  Ortssage,  des  Lokalkultus  und  der  Dämonenvorstel- 
lungen vereinigte  Glaubensüherlieferung.  Darum  ist  den  Griechen 
noch  für  lange  Zeit  Homer  die  älteste  Quelle  ihrer  Geschichte  wie 
ihres  Glaubens  gewesen.  Die  Kämpfe  um  Troja  galten  ihnen  ebenso 
für  historische  Wahrheit,  wie  sie  an  die  Wirklichkeit  der  homerischen 
Götter  glaubten,  wenn  man  auch  manches,  darunter  namentlich  die 
allzu  menschlichen  Taten  der  Götter,  in  Abzug  bringen  mochte,  was 
der  Dichtung  zugute  gehalten  wurde.  Hierin  hat  jedoch  das  griechische 
Denken  nur  in  der  ihm  eigenen  Richtung  einen  Weg  eingeschlagen, 
der  bei  allen  Kulturvölkern  schließlich  der  gleiche  ist  Die  aus 
Mythus,  Dichtung  und  einem  wechselnderen  Anteil  wirklicher  Ge- 
schichte gewebte  älteste  Überlieferung  gilt  gleichzeitig  als  Stammes- 
und als  Glaubensüberlieferung;  und  wie  der  Mythus  noch  fiir  ferne 
Generationen  die  Geschichte  der  Vergangenheit  der  Völker  umhüllt, 
so  bleiben  Mythus  und  religiöser  Kultus,  ähnlich  wie  sie  in  jenen 
Anfangen  einander  ergänzen,  so  auf  unabsehbare  Zeit,  wenngleich  in 
mannigfach  umgewandelten  Formen,  aneinander  gebunden. 


Die  Göttersage.  ag^ 


4.  Die  Göttersage. 

a.  Anfänge  der  Göttervorstellungen  bei  den  Natnrvölkern. 

Das  Problem  des  Ursprungs  der  Göttervorstellungen  pflegt  leider 
durch  den  Umstand  verdunkelt  zu  werden,  daß  man  über  diese  Frage 
reflektiert  und  Beobachtungen  beibringt,  die  sie  entscheiden  sollen, 
ohne  zuvor  darüber  ins  Reine  gekommen  zu  sein,  was  denn  über- 
haupt unter  einem  Gott  zu  verstehen  sei.  Viele  Autoren  ziehen  den 
Umfang  des  Begriff's  dermaßen  weit,  daß  sie  alles,  was  der  Mensch 
irgendwie  als  eine  ihm  rätselhafte  Macht  scheut,  einen  Gott  nennen. 
So  rechnet  man  nicht  bloß  die  Wolken  und  Winde,  Blitz  und  Donner, 
insofern  in  ihnen  das  Walten  segenspendender  oder  unheildrohender 
Kräfte  gesehen  wird,  sondern  auch  Fetische,  Ahnengeister,  Totemtiere 
zu  den  Göttern.  Der  Begriff"  des  Gottes  fallt  also  hier  vollständig 
mit  dem  des  Zauberhaften  zusammen.  Da  für  den  primitiven  Menschen 
die  ganze  Natur  von  Zauber  erfüllt  ist,  so  müßte  man  demnach  folge- 
richtig annehmen,  den  Beginn  der  mythologischen  Vorstellungen  bilde 
eine  unendliche  Vielheit  von  Göttern,  die  sich  dann  erst  allmählich 
auf  eine  beschränkte  Anzahl  solcher,  die  in  einzelnen  besonders 
machtvollen  Naturerscheinungen  verkörpert  seien,  reduziere.  Indem 
man  jedoch  diese  allzu  weit  führende  Konsequenz  scheut,  pflegen 
die  Anschauungen  zwischen  zwei  entgegengesetzten  Extremen  zu 
schwanken.  Nach  der  einen  sind  die  Seelen  von  den  Göttern  aus- 
zunehmen; diese  entwickeln  sich  aber  aus  den  Seelenvorstellungen 
infolge  der  Furcht  vor  den  Seelen  Verstorbener:  das  ist  die  ani- 
mistische  Variante  des  allgemeinen  Götterbeg^flTs.  Nach  der  andern 
ruht  im  Hintergrund  des  an  sich  außerhalb  der  Gottesvorstellungen 
stehenden  Zauberglaubens  und  selbst  der  Vorstellungen  einer  Viel- 
heit niedrigerer  Naturgötter  die  Idee  einer  höchsten,  in  der  Regel 
unsichtbar  gedachten  Gottheit:  das  ist  die  monotheistische  oder  — 
wie  man  sie,  da  sich  diese  reinere  Gottesidee  meist  hinter  sonstigen 
mythologischen  Zugaben  verbergen  soll,  vielleicht  auch  nennen  könnte 
—  die  kryptomonotheistische  Variante  der  Allgöttertheorie.  Beide 
Ansichten  bekämpfen  sich  wieder  auf  das  äußerste.  Die  Animisten 
sehen  in  dem  Monotheismus  eine  späte,  erst  auf  der  letzten  Sprosse 
der  Stufenleiter  religiöser  Ideen  entstandene  Anschauung.   Die  Mono- 


2  04.  Der  Natarmythns. 


theisten  ziehen  zwischen  Seelenglauben  und  Gottesglauben  eine  scharfe 
Grenze,  die  sie  für  eine  unüberschreitbare  halten.  Bei  diesem  Streit 
kommt  jedoch  eine  Vorstellung  zu  kurz,  die  in  Wirklichkeit  weder 
Seelen-  noch  Göttervorstellung  ist,  wenn  sie  auch  nach  beiden  Seiten 
Beziehungen  bietet:  die  des  Dämons.  Dies  hängt  sichtlich  damit  zu- 
sammen, daß  weder  die  Animisten  noch  die  Monotheisten  oder  Krypto- 
monotheisten  darüber  Rechenschaft  zu  geben  suchen,  was  man  unter 
einem  Gott  zu  verstehen  habe.  Daß  aber  dieser  Begriff  vor  allem  nicht 
mit  dem  des  Dämons  verwechselt  werde,  das  ist,  da  nun  einmal 
in  den  tatsächlichen  Vorstellungen  aller  Völker  diese  Unterschiede 
existieren,  und  da  sich,  wie  wir  oben  (S.  331,  339  f.)  gesehen  haben, 
sehr  bestimmte  Kriterien  für  beide  angeben  lassen,  sicherlich  eine  be- 
rechtigfte  Forderung,  Gibt  man  dies  zu,  so  muß  diese  Forderung 
selbstverständlich  auch  in  jedem  einzelnen  Fall  erfüllt  sein,  wenn  man 
entscheiden  will,  ob  irgendein  in  der  mythologischen  Anschauung 
vorkommendes  Wesen  ein  Gott  sei  oder  nicht. 

Suchen  wir  nun,  von  jenen  drei  Merkmalen  des  getrennten  Wohn- 
orts, der  unbegrenzten  Lebensdauer  und  des  selbständigen  persön- 
lichen Wesens  ausgehend,  die  Mythen  der  Naturvölker  auf  ihren 
Inhalt  an  wirklichen  Göttern  zu  prüfen,  so  kann  es  keinem  Zweifel 
unterliegen:  selbst  das,  was  in  diesen  Mythen  den  Göttern  am  nächsten 
kommt,  fallt  seinem  Hauptinhalte  nach  noch  ganz  in  die  Sphäre  der 
Dämonenvorstellungen,  wie  die  Wolken  und  Winde  und  die  Gestirne. 
Denn  es  fehlt  diesen  Naturwesen,  ebenso  wie  den  Märchenhelden, 
die  dem  Menschen  das  Feuer  oder  andere  primitive  Kultiu^üter  ge- 
bracht, den  als  Schutzmächten  verehrten  Totemtieren,  Ahnengeistern 
usw.,  nicht  bloß  durchaus  der  persönliche  Charakter  der  Göttervor- 
stellungen, sondern  auch  die  äußeren  Merkmale  des  außerirdischen 
Wohnsitzes  und  des  unsterblichen  Daseins  treffen  in  der  Regel  nicht 
für  sie  zu.  Freilich  ist  die  Behauptung,  daß  alle  diese  Vorstellungen 
schützender  oder  drohender  Mächte,  von  den  Totemtieren  bis  hin- 
auf zu  den  wirklichen  Göttern,  in  direkter  Linie  vom  Seelenglauben 
herstammen,  nicht  minder  unvereinbar  mit  den  Tatsachen.  Wohl 
wirken  hier  die  Seelenvorstellungen  überall  mit,  da  schließlich  auch 
die  Götter  beseelte  Wesen  sind.  Aber  das  eigentliche  Wesen  des 
Gottes  wird  durch  diese  Eigenschaft  der  Beseelung,  die  er  mit  dem 
Menschen  selbst  und  mit  allen  andern  Objekten  mythologischer  Apper- 


Die  Göttersage.  395 


zeption  teilt,  nicht  im  geringsten  erklärt,  wie  denn  ja  gerade  jene 
drei  Hauptmerkmale  des  Gottesbegriffs  gänzlich  außerhalb  des  Um- 
kreises der  allgemeinen  Seelenvorstellimgen  liegen. 

Nun  kann  natürlich  eine  alle  Naturvölker  umfassende  Prüfung  der 
Frage  nach  dem  Vorkommen  von  GöttervorsteUungen  hier  nicht 
unternommen  werden.  Wir  müssen  ims  auf  einige  typische  Beispiele 
beschränken.  Dabei  wird  es  zweckmäßig  sein  solche  zu  wählen,  die 
speziell  als  Zeugnisse  theistischer  Ideen  betrachtet  worden  sind.  Unter 
den  von  äußeren  Berührungen  relativ  frei  gebliebenen  wilden  Stämmen 
ist  es  zunächst  die  wohl  der  tiefsten  Kulturschicht  angehörende  austra- 
lische Rasse,  bei  deren  Legenden  von  den  »Muramura«  um  so 
mehr  an  wirkliche  Götter  gedacht  werden  könnte,  als  von  diesen 
Wesen  zuweilen  erzählt  wird,  sie  lebten  in  Sternen  weiter  und  be- 
straften die  Nichtbefolgung  der  von  ihnen  eingesetzten  Zeremonien 
und  die  Übertretung  ihrer  Gebote.  Dennoch  ist  die  Vorstellimg  vom 
Übergang  in  Sterne  hier  offenbar  eine  sekundäre.  Die  eigentliche 
Heimat  dieser  Urwesen  und  vor  allem  die  Stätte  ihres  Wirkens  ist 
dereinst  die  Erde  gewesen.  Ihre  Versetzung  an  den  Himmel  ist 
allem  Anscheine  nach  nur  ein  dem  alten  Märchenmotiv  der  Himmels- 
wanderung entnommener  Zug,  der  durch  das  Verschwinden  dieser 
Wesen  von  der  Erde  nahe  gelegt  wird.  Sie  selbst  aber  sind  ganz 
nach  dem  Vorbild  der  Medizinmänner,  nur  gewaltiger  als  diese  ge- 
dacht. Ihrem  allgemeinen  Charakter  nach  sind  daher  die  Muramura 
Kulturbringer,  nicht  Götter.  Sie  gehören  derselben  Gattung  von 
Fabelwesen  an,  wie  der  Rabe  der  nordpazifischen  Indianer  und  andere 
Helden  des  primitiven  Kulturmärchens').  Wenn  dann  bei  einigen 
Stämmen,  wie  bei  den  Dieri,  unter  diesen  im  allgemeinen  in  der 
Mehrzahl  gedachten  Urwesen  ein  einzelnes  wieder  besonders  hervor- 
tritt, das  neben  anderm,  ähnlich  wie  Prometheus,  auch  Menschen  ge- 
formt hat,  so  liegt  selbst  das  noch  ganz  in  der  Sphäre  solcher  den 
Glauben  an  die  2^uberkraft  der  Medizinmänner  ins  Große  und  Gro- 
teske übertreibenden  Mythenmärchen*).  Dasselbe  gilt  von  den  legen- 
darischen Wesen  der  Melanesier,  den  Mana  der  Bank-Islands,  den 
Vui  auf  Neu-Guinea,  dem  Qatl  u.  a.,  Zauberdämonen,  die  nicht  bloß 


')  Howitt,   The  native  Tribes   of  South  East  Australia,  p.  394  ff-      Siehe  oben 
S.  295  ff.,  305. 

*)  Howitt  and  Siebert,  The  Legends  of  Dieri,  Joum.  of  Anthropol.  XVIII,  p.  102  f. 


3g6  Der  Naturmythus. 


in  ihrem  Wirken  ganz  und  gar  der  Erde  angehören,  sondern  die 
man  auch,  nachdem  sie  verschwunden  sind,  in  der  Regel  in  irdischen 
Objekten,  meist  in  Steinen,  erhalten  denkt.  Die  den  australischen 
verwandten  sogenannten  »Schöpfungsmythen«,  die  von  ihnen  er- 
zählt werden,  besitzen  aber  durchaus  den  Charakter  jener  Mythen- 
märchen, wie  sie  auch  von  andern  fabelhaften  Kulturhelden,  dem 
Hasen,  Raben,  Coyoten  usw.,  umlaufen'). 

Einen  Schritt  weiter  führen  uns  hier  schon  die  in  den  Mythen- 
märchen der  Prairie-Indianer  Nordamerikas  niedergelegten  Vorstel- 
lungen, namentlich  solcher,  die  durch  die  Pflege  des  Ackerbaus  über 
die  Stufe  von  Jägervölkern  hinausgeschritten  sind.  Auch  läßt  sich 
hier  deutlich  die  mit  der  Kultur  Hand  in  Hand  gehende  Ausbildung 
der  Mythen  verfolgen.  Wir  beschränken  uns  darauf,  aus  den  Mit- 
teilungen G.  Dorseys  über  die  Pawnee,  Caddo  und  Wichita  sogleich 
die  höchste  dieser  Stufen  herauszugreifen.  Bei  den  ackerbauenden 
Wichita  trifft  man  nicht  bloß  die  im  ganzen  Norden  verbreiteten 
Dämonen  der  vier  Winde  und  der  Wolken,  des  Gewitters,  sondern 
auch  Legenden  von  einem  »Mann,  der  nie  bekannt  war  auf  Erden«. 
Neben  ihm  steht  die  »Frau,  die  Macht  hat  im  Wasser«.  Beiden  unter- 
geordnet werden  die  vier  Götter  der  Winde,  ferner  der  Südstem  als 
der  Schützer  der  Krieger,  der  Nordstern  als  der  der  Medizinmänner, 
endlich  der  Mond  als  Helfer  der  Frauen ').  Von  diesen  Wesen  g^lt 
dann  der  erste,  der  »große  Unbekannte«,  als  der  Weltschöpfer.  Er 
scheidet  Wasser  und  Land,  findet  im  Osten  einen  Mann  in  einer 
lichten  Höhle,  der  aus  dieser  befreit  zur  Sonne  wird.  Er  gründet 
dann  Dörfer  und  Städte  und  belehrt  zusammen  mit  der  Frau,  »die 
Macht  im  Wasser  hat«,  die  Menschen  über  den  Gebrauch  von  Bogen 
und  Pfeil,  in  der  Darbringung  von  Opfern  usw.  Beide  schenken  das 
Korn  als  Nahrung.  Dann  verschwinden  sie:  die  Frau  wird  zum  Monde, 
der  Mann  zum  Morgenstern;  er  heißt  daher  von  nun  an  »Bringer  des 
Tageslichts«^).  Danach  ließe  sich  wohl  diese  Mythologie  als  eine  Ver- 
bindung von  Himmelsgöttern  mit  spezifischen  Schutzgöttern  einzelner 
Gebiete    menschlichen    Lebens    auffassen,    in   welchem    System   die 


*)  Codrington,  The  Melanesians,  p.  124  ff.     Das   Märchen,  wie   Qatl  Menschen, 
Tiere  und  Tag  und  Nacht  schuf,  vgl.  Teil  I,  S.  349 f.  (2.  Aufl.  Bd.  3,  S.  370 f.). 
")  Dorsey,  Wichita  Mythology,  p.  7  ff. 
3)  Dorsey,  a.  a.  O.  p.  315  ff. 


Die  Göttersage.  ^gj 


Himmelsgötter  wieder  als  die  übergeordneten  und  danach  zugleich 
als  die  Weltschöpfer  gelten  würden.  Betrachtet  man  aber  die  Mythen- 
märchen, in  denen  diese  Himmelswesen  eine  Rolle  spielen,  näher,  so  ge- 
mahnen sie  doch  noch  stark  an  jene  Erzählungen  von  den  Himmels- 
wanderungen, bei  denen  ein  Mensch  Sonne,  Mond  oder  ein  Stern  ge- 
worden sei,  und  es  gewinnt  ganz  den  Anschein,  als  wenn  auch  hier 
dieses  uralte  Märchenmotiv  mit  dem  andern  schon  bei  den  Australiern 
beobachteten  zusammentreffe,  nach  welchem  die  im  übrigen  als  ge- 
waltige Menschen  und  Medizinmänner  gedachten  Wesen  der  Vorzeit 
gewissermaßen  als  Gestirne  zur  Ruhe  gesetzt  sind,  nachdem  sie  ihre 
Mission  auf  Erden  erfüllt  haben.  Auch  in  diesem  Fall  besitzen  also 
die  Götter  halb  die  Bedeutung  von  Schutzdämonen  halb  die  von 
Kulturbringem  der  Vorzeit,  wie  sie,  bald  als  Menschen  bald  als  Tiere 
oder  in  einer  zwischen  beiden  wechselnden  Form  gedacht,  in  dem 
Kulturmärchen  aller  primitiven  Völker  vorkommen.  Indem  nun  unter 
der  Wirkung  der  früher  (S.  303)  erörterten  Verschmelzungsmotive  die 
ursprünglich  wohl  meist  verschiedenen  Zauberhelden  solcher  Kultur- 
märchen zusammenfließen,  kann  schließlich,  wenn  die  groteskeren 
Züge  dieser  Märchenhelden  mehr  zurücktreten,  gelegentlich  wohl  ein- 
mal ein  solches  Wesen  das  Ansehen  eines  obersten  Gottes  gewinnen. 
Auch  der  >Mann  der  nie  bekannt  war  auf  Erden«,  und  der  doch 
nach  den  von  ihm  erzählten  Geschichten  dereinst  nur  auf  der  Erde 
gewaltet  hat,  erinnert  noch  allzu  sehr  an  den  Raben  Jelch,  den 
Coyoten  und  den  Mänäbusch,  als  daß  er  sich  mit  den  wirklichen 
Göttern  unter  einen  und  denselben  Begriff  bringen  ließe.  Er  ist  halb 
ein  menschlich  gedachter  Kulturheld,  halb  ein  Dämon,  der,  nachdem 
er  dem  Gesichtskreis  der  Lebenden  entschwunden  ist,  als  Stern  nicht 
anders  wie  in  andern  Fällen  als  Stein  zu  einem  bleibenden  Denkmal 
seines  früheren  Daseins  geworden  sein  kann.  Die  Schutzgötter  des 
Krieges,  der  Jagd,  der  Frauen  usw.,  die  unter  jener  obersten  Gottheit 
stehen  und  im  wirklichen  Leben  offenbar  die  größere  Rolle  spielen, 
entbehren  endlich  als  unmittelbare  Objektivierungen  der  Wünsche  und 
Befürchtungen  des  Menschen  so  sehr  der  persönlichen  Eigenart,  daß 
sie  auf  dem  Wege,  der  von  dem  Dämon  zum  Gott  hinüberfuhrt,  sicht- 
lich dem  ersten  noch  allzu  nahe  stehen,  um  sie  als  eigentliche  Götter 
bezeichnen  zu  können. 

Verwickelter   wird    diese    Frage,    wenn    die    ursprünglichen  Vor- 


ßog  Der  Natunnythus. 


Stellungen  in  früher  Zeit  schon  durch  äußere  Kultureinflüsse  verändert 
und  mit  fremden  Elementen  durchsetzt  worden  sind.  Unter  den 
Indianern  Nordamerikas  trifft  das  wohl  vornehmlich  bei  den  Irokesen 
zu,  dieser  in  mehrere  Stämme  zerfallenden  Völkerschaft,  die,  dereinst 
einen  großen  Teil  des  heutigen  Staates  New  York  bewohnend,  von 
der  Zeit  des  Kolumbus  an  dem  Import  fremder  Ideen  vor  andern 
zugänglich  gewesen  ist,  und  die  schon  damals  auf  einer  Stufe  sich 
befand,  die  sie  das  Fremde  leicht  dem  eigenen  Mythenschatz  assimi- 
lieren ließ,  daher  es  nur  noch  an  wenigen  Punkten  möglich  ist,  solche 
heterogene  Beimengungen  auszuscheiden.  Immerhin  ist  in  den  Erzäh- 
lungen von  der  Erschaffung  der  Tiere,  von  der  des  Weibes  aus  der 
Rippe  des  Mannes  und  andern  biblischer  Einfluß  unverkennbar'). 
Aber  auch  da,  wo  solche  Beziehungen  nicht  so  unmittelbar  hervor- 
treten, fehlen  sie  schwerlich.  So  erweckt  schon  der  fast  ausschließ- 
lich kosmogonische  Charakter  dieser  irokesischen  Mythologie  den 
Verdacht,  daß  hier  unter  den  biblischen  Traditionen  die  Schöpfungs- 
geschichte einen  besonderen  Eindruck  gemacht  habe,  wie  sie  das  ja 
noch  heute  bei  unseren  Kindern  zu  tim  pflegt.  Alles  was  die  Irokesen 
an  einheimischem  Mythenmaterial  besaßen,  suchten  sie  daher,  wie  es 
scheint,  möglichst  in  diese  kosmogonische  Form  einzukleiden.  Aus 
dem  im  einzelnen  unserer  Analyse  sich  entziehenden  Gewirre  solcher 
Mythenmärchen  leuchten  so  vor  allem  zwei  Motive  hervor,  durch  die 
diese  auf  den  ersten  Blick  fremdartig  erscheinende  Mythologie  mit 
den  sonst  bei  den  verwandten  Indianerstämmen  sich  vorfindenden 
Mythenkreisen  zusammenhängt.  Das  eine  dieser  Motive  ist  das  in 
Amerika  weitverbreitete  Mythenmärchen  vom  Aufstieg  zum  Himmel. 
Nur  tritt  es  hier,  vielleicht  unter  dem  Einfluß  der  christlichen  Himmels- 
vorstellungen,  in  der  umgekehrten  Form  auf:  das  Ureltempaar  hat 
im  Himmel  gewohnt.  Die  Tochter  dieser  Ureltem  wird  nach  einer 
langen  Himmels  Wanderung  von  dem  »Häuptling«,  der  die  Erde  hält, 
samt  dem  Kinde,  das  sie  von  ihm  geboren  hat,  in  die  Tiefe  gestürzt. 
Doch  die  Erde  selbst  existiert  noch  nicht.  Sie  entsteht  erst,  indem 
Wasservögel  aus  der  Tiefe  eines  Sees  Land  holen,  um  damit  das 
einzige  Tier,  das  die  Erde  tragen  kann,  die  Schildkröte,  zu  belasten  — 
Züge,   in  denen  neben  dem  orientalischen  Märchen  von   dem  Tier, 


*)  Hewitt,  Iroqnojan  Cosmology,  Ethnol.  Rep.  XXI,  1903,  p.  137. 


Die  Göttersage.  3^9 


das  die  Erde  trägt,  deutlich  genug  auch  die  Sintfluterzählung  mit  den 
ausfliegenden  Vögeln  anklingt*).  Wenn  femer  der  Häuptling  der  Erde 
für  die  Menschen  durch  die  geöffneten  Dächer  ihrer  Hütten  Korn  in 
Fülle  herabströmen  läßt,  so  erinnert  das  außerdem  an  die  zahlreichen 
Kulturmärchen  der  Neuen  Welt,  deren  Thema  die  Gewinnung  der 
Komfrucht  ist.  Die  Zauberwirkungen  endlich,  mit  deren  Hilfe  die 
Götter  oder  »Verwalter  und  Aufseher«,  wie  sie  in  der  Sprache  dieser 
Stämme  genannt  werden,  die  Welt  lenken,  läßt  vermuten,  daß  auch 
diese  nach  dem  Vorbild  der  irdischen  Medizinmänner,  nur  unum- 
schränkter gedacht  werden.  Als  solche  Personifikationen  nach  mensch- 
lichem Vorbild  nähern  sie  sich  freilich  den  Göttern.  Aber  ihr  Wirken 
liegt  noch  so  ganz  in  der  Sphäre  des  Dämonischen,  daß  man  sie 
wohl  eher  »werdende  Götter«  als  wirkliche  nennen  könnte"). 

Ein  etwas  geklärteres  Bild  der  Entwicklung,  die  eine  ursprünglich, 
wie  man  annehmen  darf,  relativ  primitive  Mythologie  unter  dem 
Einfluß  von  außen  hinzutretender  Elemente  erfahren  kann,  bieten 
schließlich  vielleicht  jene  Stämme  des  Pueblogebietes,  die  vormals 
innerhalb  der  Kultursphäre  Mexikos  gelegen  waren.  Indem  sie  über- 
dies durch  das  Zusammenströmen  verschiedener  Bevölkerungsschichten 
aus  zum  Teil  weit  entlegenen  Gebieten  Anregungen  mannigfacher  Art 
empfingen,  haben  sie  diese,  wie  es  scheint,  selbständiger  zu  eigentüm- 
lichen Kulten  weitergebildet,  als  dies  den  unter  den  Einwirkungen 
des  Christentums  stehenden  Völkern  möglich  war.  Ein  besonderes 
Interesse  bietet  hier  unter   den  Mythologien   dieser  in  ihrer  Denk- 


')  Hewitt,  a.  a.  O.  p.  180  fF.  Verschiedene  Varianten  dieser  Erzählung  bei  Boas, 
Indianische  Sagen,  S.  337.     Brinton,  Myths  of  the  New  World^,  p.  197. 

^)  Der  neneste  sachkundige  Erforscher  der  Irokesbchen  Mythologie,  Hewitt, 
scheint  mir  das  von  ihm  mitgeteilte  Mythenmaterial  doch  allzasehr  nach  dem  Vorbild 
biologischer  Abstraktionen  zu  deuten,  wenn  er  als  den  ursprünglichen  Gedanken  den 
BegjrifF  eines  die  Welt  und  alle  Dinge  in  ihr  durchdringenden  Lebensprinzips  be- 
zeichnet, das  aus  der  Erde  auf  den  Menschen  selbst  übergehe  usw.  Die  Natur- 
belebung des  Mythus  ist,  wie  ich  glaube,  von  derartigen  halb  pantheistisch  ange- 
hauchten Lebenskräften  ebensoweit  entfernt,  wie  die  Zauberkausalität  von  dem  natur- 
wissenschaftlichen Kausalbegriff.  Ist  aber  das  »Orenda«  der  Irokesen  nichts  anderes 
als  eine  solche  nach  dem  Vorbild  der  vermeintlichen  Begabung  des  Medizinmannes 
gedachte  Zauberkraft,  so  steht  es  als  solche  wieder  mit  den  Seelenvorstellungcn  in 
engem  Zusammenhang.  Denn  magische  Femwirkungen,  die  ein  persönliches  Wesen 
wie   der   Medizinmann   ausübt,  sind   stets  zugleich   seelische  Wirkungen,   vgl.  Teil   I, 

S.  549. 


402  Der  Natnrmythtis. 


der  Tanzenden  wurde  auf  die  Wolken  selbst  übertragen,  die  nun  als 
Masken  die  zum  Himmel  gewanderten  Ahnen  hinter  sich  verbei^^en. 
So  sind  der  in  den  Prozessionen  vom  Ahnendorf  zum  Festplatz 
ausgeübte  Regenzauber  und  die  Tänze  der  Wolkenmasken  gleich- 
zeitig Bestandteile  eines  den  Wettermächten  geweihten  Naturkultus 
und  eines  Ahnenkultus  geworden.  Auch  in  dieser  Vereinigung 
bleiben  aber  diese  Mythengebilde  echte  Naturdämonen;  und  unver- 
kennbar bestimmt  diese  im  Kultus  dominierende  Grundschicht  des 
mythologischen  Denkens  auch  die  darüber  gelagerten  Göttervorstcl- 
lungen.  So  zunächst  die  Gestirn-,  Wind-  und  Wettergötter,  die  sich 
nunmehr  jenen  als  sie  beherrschende  oder  ihnen  helfende  dämonische 
Wesen  zugesellen.  Nicht  minder  besitzen  die  Kri^^öttcr,  die  Tier- 
götter, die  Kommädchen  den  Charakter  von  SchutzdämoneUi  während 
es  der  über  dieser  Dämonenwelt  stehende  esoterische  Gott  zu  einer 
lebendigen  Bedeutung  in  Glauben  und  Kultus  überhaupt  nicht  ge- 
bracht hat. 

Ich  übergehe  hier  die  relativ  primitiv  gebliebenen  eingeborenen 
Stämme  Afrikas,  bei  denen  die  meist  an  Sonne  und  Mond  gebun- 
denen Götter\*orstellungen  noch  mehr  zurücktreten,  indem  sie  bei  den 
.eigentlichen  Negern  von  Fetisch-  und  Zauber-,  bei  den  Bantus  von 
Seelen-  und  Ahnenkulten  so  über\i*uchert  sind«  daß  sich  das,  was  man 
hier  Gv^tten-orstellungen  nennt,  auf  ziemlich  unbestimmte  und  offenbar 
unsichere  Angaben  zu  beschränken  pflegt'..  Dag^[en  bedarf  das 
am  reichsten  ausgebildete  unter  den  m\'thol<^rischen  Systemen  der 
sogenannten  »Natur\*ölker«.  das  der  PohTiesier,  noch  einer  kurzen 
Betrachtung.  Wie  die  Pol\~nesier  allein  über  eine  verfaaltnismäOig 
weit  zurückreichende  Sagengeschichte  x-erfugcn.  so  sind  sie  auch  aflem 
Aiisdieine  nach  die  einzigen  unter  allen  Natorvolkeni,  die  eine  den 
Kosxnogonien  und  Theo^-^nicn  cer  Kulturvölker  verwandte  »Götter* 
sage*  besitzen.  Da  die  M>thoIogie  der  Polynesicr,  abgesdien  von 
den  L'bertebnissen  eines  dereins:  u-ahrscheinli<ji  reidier  entwickelten 
Ahnenkuhus  und  wn  den  Zauber*  und  TabuvorsteQongen^y  bst  ganz 
in  ihrer  Schöpfungssage  autgeh:,  so  wird  sie  uns  ab  ein  typiscbes 
Beispiel   der  letzteren  unten  Seschxtigen.     Für  Ä  Bedeutm^   der 


Die  Göttersage.  403 


manchmal  wohl  stark  überschätzten  Göttervorstellungen  dieser  Völker 
sind  nur  zwei  Momente  hervorzuheben.  Erstens  ist  die  Schöpfungs- 
sage hier,  wie  anderwärts,  offenbar  weit  mehr  das  Erzeugnis  ein- 
zelner Dichter  und  Denker,  an  denen  es  diesen  zum  Teil  hoch  be- 
gabten Völkern  nicht  fehlt,  indes  die  große  Masse  ganz  von  dem 
in  alle  Lebensverhältnisse  eindringenden  Zwang  des  Zauber-  und 
Tabuglaubens  beherrscht  war.  Zweitens  besitzt  die  Kosmogonie  der 
Polynesier  den  allgemeinen  Charakter  fast  aller  Kosmogonien,  wie 
wir  ihn  auch  aus  der  Hesiodischen  Göttersage  kennen:  die  Wesen, 
die  in  ihnen  auftreten,  mögen  sie  nun  Götter  oder  Titanen  oder 
Ungeheuer  der  Urzeit  genannt  werden,  besitzen  durchweg  noch 
nichts  von  dem  persönlichen  Wesen  der  Götter.  Sie  sind  ihrem 
eigensten  Charakter  nach  dämonische  Ungeheuer,  die  allerdings  die 
Anlage  haben,  unter  dem  Hinzutritt  weiterer  Bedingungen  zu  Göttern 
zu  werden,  und  in  denen,  wie  wir  sehen  werden,  eine  wichtige  Seite 
des  späteren  Götterbegriffs  zur  Entwicklung  gelangt,  die  aber,  eben 
weil  diese  Seite  nicht  die  einzige  ist,  selbst  eigentliche  Götter  noch 
nicht  sind.  Übrigens  geht  auch  hier  diese  Mischung  der  polynesischen 
Mythologie  aus  bodenständigen,  Seelen-,  Ahnen-  und  Zaubervorstel- 
lungen enthaltenden  Teilen  und  aus  einer  darüber  sich  erhebenden 
halb  großartigen,  halb  grotesken  Kosmogonie,  durchaus  der  Mischung 
der  Bevölkerungen  selbst  parallel,  von  denen  die  Rassencharaktere 
wie  die  Sprachverhältnisse  Zeugnis  ablegen.  Hat  auch  die  Götter- 
sage der  Polynesier  mit  den  Mythologien  der  asiatischen  Kultur- 
völker, von  denen  einst  die  malayo-polynesische  Einwanderung  aus- 
gegangen ist,  kaum  mehr  als  die  allgemeinen  Züge  der  Schöpfungs- 
sagen gemein,  so  haben  doch  diese  Stämme  wahrscheinlich  aus  ihrer 
alten  Heimat  die  dichterische  Anlage  mitgebracht,  die  sich  in  diesen 
kosmogonischen  Dichtungen  ausspricht'). 

So  läßt  sich  denn  das  Ergebnis  dieser  Untersuchung  der  Anfänge 
der  Göttervorstellungen  bei  den  Naturvölkern  in  die  beiden  folgenden 
Sätze  zusammenfassen.  Erstens:  bei  den  primitivsten  Völkern  existieren 
überhaupt  keine  Götter,  sofern  wir  an  diesen  Begriff  den  oben  (S.  332, 
335  ff.)  aufgestellten,  den  Göttern  der  Kulturvölker  entnommenen  Maß- 
stab anlegen;  die  Wesen,  die  man  hier  Götter  zu  nennen  pflegt,  sind 

'i  Vgl.  oben  S.  259  f. 

26* 


402  Der  Natunnythus. 


der  Tanzenden  wurde  auf  die  Wolken  selbst  übertragen,  die  nun  als 
Masken  die  zum  Himmel  gewanderten  Ahnen  hinter  sich  verbergen. 
So  sind  der  in  den  Prozessionen  vom  Ahnendorf  zum  Festplatz 
ausgeübte  Regenzauber  und  die  Tänze  der  Wolkenmasken  gleich- 
zeitig Bestandteile  eines  den  Wettermächten  geweihten  Naturkultus 
und  eines  Ahnenkultus  geworden.  Auch  in  dieser  Vereinigung 
bleiben  aber  diese  Mythengebilde  echte  Naturdämonen;  und  uüver- 
kennbar  bestimmt  diese  im  Kultus  dominierende  Grundschicht  des 
mythologischen  Denkens  auch  die  darüber  gelagerten  Göttervorstel- 
lungen. So  zunächst  die  Gestirn-,  Wind-  und  Wettergötter,  die  sich 
nunmehr  jenen  als  sie  beherrschende  oder  ihnen  helfende  dämonische 
Wesen  zugesellen.  Nicht  minder  besitzen  die  Kriegsgöttcr,  die  Tier- 
götter, die  Kommädchen  den  Charakter  von  Schutzdämonen,  während 
es  der  über  dieser  Dämonenwelt  stehende  esoterische  Gott  zu  einer 
lebendigen  Bedeutung  in  Glauben  und  Kultus  überhaupt  nicht  ge- 
bracht hat. 

Ich  übergehe  hier  die  relativ  primitiv  gebliebenen  eingeborenen 
Stämme  Afrikas,  bei  denen  die  meist  an  Sonne  und  Mond  gebun- 
denen Göttervorstellungen  noch  mehr  zurücktreten,  indem  sie  bei  den 
.eigentlichen  Negern  von  Fetisch-  und  Zauber-,  bei  den  Bantus  von 
Seelen-  und  Ahnenkulten  so  überwuchert  sind,  diaß  sich  das,  was  man 
hier  Göttervorstellungen  nennt,  auf  ziemlich  unbestimmte  und  offenbar 
unsichere  Angaben  zu  beschränken  pflegt*).  Dagegen  bedarf  das 
am  reichsten  ausgebildete  unter  den  mythologischen  Systemen  der 
sogenannten  »Naturvölker«,  das  der  Polynesier,  noch  einer  kurzen 
Betrachtung.  Wie  die  Polynesier  allein  über  eine  verhältnismäßig 
weit  zurückreichende  Sagengeschichte  verfugen,  so  sind  sie  auch  allem 
Anscheine  nach  die  einzigen  unter  allen  Naturvölkern,  die  eine  den 
Kosmogonien  und  Theogonien  der  Kulturvölker  verwandte  »Götter- 
sage« besitzen.  Da  die  Mythologfie  der  Polynesier,  abgesehen  von 
den  Überlebnissen  eines  dereinst  wahrscheinlich  reicher  entwickelten 
Ahnenkultus  und  von  den  Zauber«  und  Tabuvorstellungen*),  fast  ganz 
in  ihrer  Schöpfungssage  aufgeht,  so  wird  sie  uns  als  ein  typisches 
Beispiel   der  letzteren   unten  beschäftigen.     Für  die   Bedeutimg    der 


')  Vgl.  z.  B.  die  Mitteilungen  von  J.  Spieth,  Die  Ewe-Stämme,  1906,  S.  5S4ff. 
»)  Vgl.  darüber  Teil  II,  S.  300  ff.,  350. 


Die  Göttersage.  403 


manchmal  wohl  stark  überschätzten  Göttervorstellungen  dieser  Völker 
sind  nur  zwei  Momente  hervorzuheben.  Erstens  ist  die  Schöpfungs- 
sage hier,  wie  anderwärts,  offenbar  weit  mehr  das  Erzeugnis  ein- 
zelner Dichter  und  Denker,  an  denen  es  diesen  zum  Teil  hoch  be- 
gabten Völkern  nicht  fehlt,  indes  die  große  Masse  ganz  von  dem 
in  alle  Lebensverhältnisse  eindringenden  Zwang  des  Zauber-  und 
Tabuglaubens  beherrscht  war.  Zweitens  besitzt  die  Kosmogonie  der 
Polynesier  den  allgemeinen  Charakter  fast  aller  Kosmogonien,  wie 
wir  ihn  auch  aus  der  Hesiodischen  Göttersage  kennen:  die  Wesen, 
die  in  ihnen  auftreten,  mögen  sie  nun  Götter  oder  Titanen  oder 
Ungeheuer  der  Urzeit  genannt  werden,  besitzen  durchweg  noch 
nichts  von  dem  persönlichen  Wesen  der  Götter.  Sie  sind  ihrem 
eigensten  Charakter  nach  dämonische  Ungeheuer,  die  allerdings  die 
Anlage  haben,  unter  dem  Hinzutritt  weiterer  Bedingungen  zu  Göttern 
zu  werden,  und  in  denen,  wie  wir  sehen  werden,  eine  wichtige  Seite 
des  späteren  Götterbegriffs  zur  Entwicklung  gelangt,  die  aber,  eben 
weil  diese  Seite  nicht  die  einzige  ist,  selbst  eigentliche  Götter  noch 
nicht  sind.  Übrigens  geht  auch  hier  diese  Mischung  der  polynesischen 
Mythologie  aus  bodenständigen,  Seelen-,  Ahnen-  und  Zaubervorstel- 
lungen enthaltenden  Teilen  und  aus  einer  darüber  sich  erhebenden 
halb  großartigen,  halb  grotesken  Kosmogonie,  durchaus  der  Mischung 
der  Bevölkerungen  selbst  parallel,  von  denen  die  Rassencharaktere 
wie  die  Sprachverhältnisse  Zeugnis  ablegen.  Hat  auch  die  Götter- 
sage der  Polynesier  mit  den  Mythologien  der  asiatischen  Kultur- 
völker, von  denen  einst  die  malayo-polynesische  Einwanderung  aus- 
gegangen ist,  kaum  mehr  als  die  allgemeinen  Züge  der  Schöpfungs- 
sagen gemein,  so  haben  doch  diese  Stämme  wahrscheinlich  aus  ihrer 
alten  Heimat  die  dichterische  Anlage  mitgebracht,  die  sich  in  diesen 
kosmogonischen  Dichtungen  ausspricht*). 

So  läßt  sich  denn  das  Ergebnis  dieser  Untersuchung  der  Anfänge 
der  Göttervorstellungen  bei  den  Naturvölkern  in  die  beiden  folgenden 
Sätze  zusammenfassen.  Erstens:  bei  den  primitivsten  Völkern  existieren 
überhaupt  keine  Götter,  sofern  wir  an  diesen  Begriff  den  oben  (S.  332, 
335  ff.)  aufgestellten,  den  Göttern  der  Kulturvölker  entnommenen  Maß- 
stab anlegen;  die  Wesen,  die  man  hier  Götter  zu  nennen  pflegt,  sind 

'/  Vgl.  oben  S.  259f. 

26* 


404  ^^^  Natunnythus. 


samt  und  sonders  Dämonen:  insbesondere  gehören  dahin  die  Vor- 
stellungen von  Schutzdämonen  bestimmter  Lebensgebiete  und  von 
einstigen  Kulturbringern.  Zweitens:  bei  den  höher  stehenden  Natur- 
völkern finden  sich  Anfange  von  Göttervorstellungen.  Sie  sind  aber 
teils  unausgebildet,  immer  noch  stark  in  das  Dämonenhafte  hinüber- 
spielend, teils  sind  sie  auf  engere  Kreise  beschränkt  und  unter  dem 
Einfluß  benachbarter  Kulturen  entstanden,  daher  auch  sie  im  Volks- 
glauben durch  die  hier  noch  alleinherrschenden  Dämonenvorstellimgen 
überwuchert  werden,  die  fortan  im  Kultus  wie  in  Brauch  und  Sitte 
voranstehen. 

b.  Die  Hypothese  eines  ursprünglichen  Monotheismus. 

Diesem  Ergebnis  wird  nun  freilich  von  vielen  Ethnologen  wider- 
sprochen. Sie  erklären  entweder  Göttervorstellungen  überhaupt  oder 
sogar  solche,  die  einen  einzigen,  in  vielen  Fällen  als  ein  rein  geistiges 
Wesen  gedachten  Gott  zu  ihrem  Objekt  haben,  für  einen  allgemeinen 
und  darum  mutmaßlich  ursprünglichen  Besitz  des  menschlichen  Be- 
wußtseins. Daß,  abgesehen  von  den  Tatsachen,  auf  die  sie  sich  stützt, 
dieser  Ansicht  religiöse  Motive  zugrunde  liegen,  dafür  spricht  wohl 
der  Umstand,  daß  die  zweite,  monotheistische  Form  dieser  Hypo- 
these die  meisten  Vertreter  gefunden  hat.  So  hat  sich,  wenn  auch 
mit  vorsichtiger  Zurückhaltung,  schon  Th.  Waitz  für  sie  ausgesprochen; 
Vi»r  allem  aber  hat  Andrew  Lang  sie  auf  Grund  der  gegenwärtigen 
i*thn(il()tjischen  Kenntnisse  durchzuführen  versucht '"j.  Lang  hat  dabei 
vor^uj^Hwrise  den  Gegensatz  zur  animistischen  Hypothese  mit  den 
von  IC.  H.  Tylor,  Spencer  u.  a.  für  diese  beigebrachten  Argumenten 
im  Auj{c.  Seine  Verteidigung  eines  ursprünglichen  Monotheismus 
/rrlalll  daher  wesentlich  in  einen  negativen  und  in  einen  posi- 
lIvi'H  Teil.  In  dem  ersten  sucht  er  darzutun,  daß  es  zahlreiche 
hilmltlvr  Völker  gebe,  bei  denen  man  weder  Seelen-  noch  Ahnen- 
Kultur  tuule,  und  bei  denen  gleichwohl  Göttervorstellungen  existieren*). 
\\v\\\\  1  r  >*lrh  dabei  insbesondere  gegen  Tylors  Behauptung  wendet, 
*||*'  Mri'  rlurs  t?inÄigcn  höchsten  Gottes  sei  durchweg  erst  von  Mis- 
Mlouiuru    vIru  Mingeborenen   untergeschoben,    so    ist   er   dabei  wohl 

»»    \\s    NVhIi*,  Anthropologie  der  Naturvölker,  Bd.  i.     Andrew  Lang,  TheMaking 
*^  \  AUg,  H   H,  i».  p.  44  <^' 


Die  Göttersage.  405 


insofern  im  Rechte,  als  diese  Behauptung  in  ihrer  Allgemeinheit  gewiß 
nicht  aufrecht  zu  halten  ist.  Daß  in  manchen  Fällen  solche  An- 
gaben über  primären  Monotheismus  mit  Vorsicht  aufzunehmen  sind, 
leidet  freilich  keinen  Zweifel.  Insbesondere  ist  ein  Mißtrauen  da 
gerechtfertigt,  wo  es  sich  oflfenbar  um  Antworten  handelt,  die  die 
Eingeborenen  auf  an  (sie  gerichtete  Fragen  gaben.  Wenn  z.  B. 
berichtet  wird,  irgendwo  bestehe  die  Tradition,  vor  Zeiten  sei  ein 
höchstes  Wesen  verehrt,  sein  Kultus  sei  aber  vergessen  worden^),  so 
trägt  eine  solche  Angabe,  schon  im  Hinblick  auf  die  kurze,  meist 
nur  über  wenige  Generationen  zurückreichende  geschichtliche  Erin- 
nerung primitiver  Völker,  alle  Merkmale  einer  durch  Ausfragen  [er- 
zielten Antwort  an  sich.  Immerhin  wird  man  dem  Satze  von  Lang, 
daß  es  bei  Völkern,  bei  denen  ein  Seelen-  oder  Ahnenkult  nicht 
besteht,  gleichwohl  Vorstellungen  von  Naturgöttem  gebe,  beistimmen 
können,  ohne  damit  dieses  negative  Argument  zwingend  zu  finden. 
Denn  die  ihm  zu  Grunde  liegende  Alternative  »entweder  sind  die 
Götter  ursprünglich  Seelen  gewesen,  oder  sie  sind  selbst  mindestens 
ebenso  ursprünglich  wie  die  Vorstellungen  von  der  Seele«,  —  diese 
Alternative  ist  deshalb  nicht  zutreffend,  weil  eine  solche  Einteilung 
in  Seelen  und  Götter  die  überhaupt  vorkommenden  mythologischen 
Bildungen  durchaus  nicht  erschöpft  Die  Dämonen  der  Wolken  und 
Winde,  der  Berge  und  Einöden  usw.  sind  weder  Seelen  noch  Götter. 
Sie  würden  ohne  die  Einwirkung  der  Seelenvorstellungen  gewiß  ebenso 
wenig  enstanden  sein,  wie  es  Götter  gibt,  denen  man  nicht  seelische 
Eigenschaften  beilegt.  Damit  ist  jedoch  eine  geradlinige  Abstammung 
dieser  Naturdämonen  aus  Seelen  ebensowenig  wie  die  der  Götter  aus 
solchen  gerechtfertigt.  Denn  nirgends  läßt  sich  ein  Beweis  dafür 
beibringen,  daß  eine  individuelle  Seele,  z.  B.  die  eines  Häuptlings, 
wie  die  Animisten  annehmen,  direkt  in  einen  Gott  übergegangen  sei. 
Hier  steht  eben  die  animistische  Hypothese  unter  dem  Vorurteil  einer 
linearen  Entwicklung  aller  mythologischen  Vorstellungen  aus  der  ein- 
zigen Wurzel  der  Seelenvorstellungen.  Die  theistische  Hypothese 
möchte  nun  diese  Wurzel  ausreißen,  um  an  ihre  Stelle  die  der 
Gottesidee  einzupflanzen.  Demzufolge  ist  sie  geneigt,  den  Animismus 
als   ein  Unkraut  im  Garten  des   Mythus  anzusehen,   der  erst  nach- 


Lang,  a.  a.  O.  p.  189  f. 


4o6  ^^  Natarmythns. 


träglich  jene  Idee  dfer  Gottheit  überwuchert  habe.  So  mündet  die 
theistische  Hypothese  wieder  in  die  Degenerationstfaeorie  aus,  die 
schließlich  den  Mythus  überhaupt  für  die  Entartung  einer  einstigen 
Urreligion  ansieht  In  der  Tat,  memt  A.  Lang,  die  >einfache  Theo- 
logie« der  australischen  Wilden  sei  noch  frei  von  den  Fehlem  der 
griechischen  Mythologie.  Sie  ist  ihm  also  eigentlich  die  reinere 
Religion*). 

Wendet  man  sich  nun  von  dieser  negativen  zu  der  positiven  Seite 
der  Argumente  Längs,  so  steht  auch  diese  von  vornherein  unter  der 
Alternative  »entweder  Seelen  oder  Götter«,  —  ein  drittes  gibt  es 
nicht.  Demzufolge  bilden  die  Götter  Längs  eine  außerordentlich 
bimte  Gesellschaft:  neben  den  Muramura  der  Australier  der  meia- 
nesische  Vui  und  Qatl,  die  Windgötter  der  nordamerikanischen  In- 
dianer, die  abgeblaßten  Sonnen-  imd  Mondhelden  der  N^[er,  die 
Götter  der  polynesischen  Schöpfungssage  bis  herauf  zu  dem  hebrä- 
ischen Jahwe  und  den  andern  Göttern  der  Kulturvölker.  Alle  diese 
Wesen,  die  bald  Naturdämonen,  bald  primitive  Kulturhelden ,  bald 
Produkte  einer  Mischung  autochthoner  und  von  außen  zugeströmter 
Elemente,  priesterlicher  Spekulation  oder  phantastischer  Dichtui^ 
mit  ursprünglichem  Volksglauben  sind,  —  alle  diese  Wesen  werden 
als  Götter  oder  eventuell  auch  als  mythologische  Umgestaltungen 
und  Trübungen  der  Idee  eines  rein  geistigen  Gottes  betrachtet  Was 
man  sich  aber  unter,  einem  Gott  überhaupt  zu  denken,  wie  man 
einen  Gott  von  andern  mythologischen  Gebilden  zu  scheiden  habe, 
davon  ist  nicht  die  Rede.  Nun  hat  uns  die  psychologische  Analyse  des 
Gottesbegriflfs  bereits  zu  dem  Ergebnis  geführt,  daß  dieser,  abgesehen 
von  der  direkt  oder  indirekt  auf  alle  andern  Gebiete  herüberwirkenden 
Psyche,  als  weitere  mytholog^ische  Vorstellungen  besonders  die  der 
Naturdämonen  und  der  menschlichen  Helden  voraussetzt,  da  sich 
deren  Eigenschaften,  nur  im  allgemeinen  gesteigert,  in  den  Götter- 
vorstellungen wiederfinden.  Demnach  kann  das  Problem  der  Ent- 
stehung der  Götter  unmöglich  dadurch  aus  der  Welt  geschafft  werden, 
daß  man  die  Gottesidee  samt  den  ihr  in  den  entwickelten  Religionen 
beigelegten  Attributen  überhaupt  für  niemals  entstanden  erklärt.  Denn 
auch  für  die  Entwicklung  der  Religion  wird  schließlich  doch  wohl  der 


')  Lang,  a.  a.  O.  p.  182  ff. 


Die  Göttersage.  407 


Satz  wahr  bleiben,  daß  ihr  Weg  nach  aufwärts,  nicht  nach  abwärts 
fuhrt.  Daraus  begreift  es  sich  aber  auch,  daß  der  Mythologie  der 
Naturvölker  nennenswerte  Aufschlüsse  über  jene  Frage  nach  der 
Entstehung  der  Götter  nicht  zu  entnehmen  sind.  Damit  sehen  wir 
uns  zunächst  auf  diejenigen  mytholog^chen  Entwicklungen  hinge- 
wiesen, in  denen  sich  dem  Anscheine  nach  am  frühesten  klar  aus- 
geprägte Göttervorstellungcn  ausgebildet  haben:  auf  die  Mythologien 
der  ältesten  Kulturvölker. 

c.  Die  Götter  der  ältesten  Knitarvölker. 

Unter  Mythologen  wie  Historikern  ist  es  bekanntlich  eine  weit 
verbreitete,  ja  vielleicht  die  vorherrschende  Ansicht,  daß,  in  ein  je 
höheres  Altertum  die  Kultur  eines  Volkes  zurückreiche,  um  so  eher 
man  berechtigt  sei,  bei  ihm  die  Spuren  der  Anfange  der  Kultur 
überhaupt  und  so  vor  allem  auch  der  höheren,  von  der  Kultur  un- 
zertrennlichen mythologischen  und  religiösen  Vorstellungen  aufzu- 
finden. Dennoch  zeigt  die  Geschichte  der  Göttervorstellungen,  daß 
diese  Ansicht  mindestens  für  diese  wichtigen  Grundlagen  des  religiösen 
Denkens  nicht  zutrifft,  und  daß  sie  wohl  nahezu  in  ihr  Gegenteil  um- 
gekehrt werden  kann.  Denn  über  die  Ursprünge  nicht  nur,  sondern 
auch  über  die  früheren  Entwicklungsphasen  der  mythologischen 
Systeme  der  großen  Kulturvölker  des  Orients,  der  Babylonier, 
Ägypter  und  selbst  der  Indo-Eranier  sind  in  historischer  und  wahr- 
scheinlich noch  weit  mehr  in  vorhistorischer  Zeit  so  viele  und  so 
mächtige  Kulturströmungen  hingegangen,  daß  uns  überall  hier  die 
Mythenbildungen  bereits  in  Formen  begegnen,  in  denen  sie  höchstens 
in  einzelnen  Spuren  auf  ihre  mögliche  Entstehung  oder  auf  voran- 
gegangene, ursprünglichere  Formen  zurückweisen.  So  auffallend,  wie 
es  auf  den  ersten  Blick  scheinen  könnte,  ist  diese  Tatsache  nicht.  Je 
älter  eine  Kultur,  um  so  mehr  haben  verändernde  Einflüsse  Zeit  ge- 
funden, noch  ältere  Kulturen  zu  zerstören.  Der  später  eindringenden 
Forschung  kann  es  so  höchstens  gelingen,  vereinzelte  Trümmer  auf- 
zufinden, die  auf  jene  untergegangenen  Kulturen  zurückweisen.  Wo 
sich  dagegen  eine  Entwicklung  noch  verhältnismäßig  im  Licht  der 
Geschichte  vollzieht,  da  mag  es  immerhin  eher  gelingen,  den  Spuren 
des  Ursprungs  nachzugehen.  Das  Altertum  ist  eben  nicht,  wie  Bacon 
es  nannte,  das  »Jugendalter  der  Menschheit«,  sondern  es  ruht  auf  dem 


^o8  I^cr  Naturmythas. 


tiefsten,  in  seinen  ältesten  Schichten  uns  zumeist  unzugänglich  ge- 
wordenen und  von  weit  zurückliegenden  Umwälzungen  veränderten 
Kulturboden.  Das  gilt  vor  allem  von  jenen  großen  Kulturreichen  des 
Morgenlandes,  die  seit  alter  Zeit  Bedingungen  unterworfen  waren,  die, 
so  hilfreich  [sie  der  Entwicklung  und  Ausbreitung  der  Kultur  ent- 
gegenkamen, doch  zugleich  ihrem  ganzen  Wesen  nach  auf  die  Zer- 
störung älterer  Kulturformen  wirken  mußten.  Dahin  gehört  zunächst 
die  Ausbildung  despotischer  Herrschaftsformen,  die,  indem  sie  mit  der 
äußeren  Rechtsordnung  auch  den  Götterkultus  an  feste  Normen  binden, 
alles  was  außerhalb  dieser  Normen  steht  und  damit  auch  das,  was 
ihnen  vorausgeht,  zu  zerstören  suchen.  Vor  allem  aber  pflegt  die 
Entstehung  eines  geschlossenen,  von  übereinstimmenden  Zwecken 
geleiteten  Priesterstandes,  je  mehr  dieser,  aus  den  Bedürfnissen  des 
Kultus  hervorgegangen,  die  intellektuelle  Macht  und  die  religiöse 
Führung  im  Besitz  hat,  nicht  nur  umgestaltend,  sondern  in  hervor- 
ragendem Maße  auch  austilgend  auf  die  außerhalb  der  eigenen 
Kultgemeinschaft  liegenden  Glaubensformen  und  Mythen  einzuwirken. 
So  läßt  schon  der  eine  Umstand,  daß  die  babylonische  Mytho- 
logie bereits  in  der  frühesten  uns  bekannt  gewordenen  Form  von 
Anschauungen  erfüllt  ist,  die  auf  einer  verhältnismäßig  hoch  aus- 
gebildeten Beobachtung  des  Sternhimmels  beruhen,  darauf  zurück- 
schließen, daß  dieses  mythologische  System  eine  lange  Vei^angen- 
heit  hinter  sich  hatte,  und  daß  wir  daher  in  keiner  Weise  berechtigt 
sind,  die  Göttervorstellungen,  die  uns  in  diesen  zumeist  kosmogo- 
nischen  Mythen  begegnen,  als  ursprüngliche  anzusehen.  Nicht  minder 
fehlt  hier  eine  Heldensage,  aus  der  sich  etwa  Beziehungen  zwischen 
Helden  und  Göttern  ergeben.  Denn  selbst  das  berühmte  Gilgamesch- 
epos,  die  vollendetste  m)rthologische  Dichtung,  die  die  Literatur 
der  Babylonier  aufzuweisen  hat,  zeigt,  mag  ihm  nun  eine  noch  ältere 
Heldensage  zugrunde  liegen  oder  nicht,  in  seiner  überlieferten  Ge- 
stalt so  sehr  die  Spuren  einer  von  astrologischen  Ideen  geleiteten 
Überarbeitung,  daß  es  wenigstens  in  seiner  endgültigen  Fassung 
einer  unter  spezifisch  theologischen  Einflüssen  entstandenen  Priester- 
legende ähnlicher  sieht  als  einem  aus  volksmäßiger  Sage  entstandenen 
Heldengedicht^).    Nicht  minder  gilt  das  von  den  überlieferten  Schöp- 

')  Vgl.  die  eingehende  Darlegung  des  Inhaltes  bei  P.  Jensen,   Das  Gilgamesch- 
Epos  in  der  Weltliteratur  Bd.  i,    1906,   S.  iff.     In  kürzerem  Aaszag  gibt  denselben 


Die  Göttersage.  ^09 


fungsmythen  der  Babylonier,  von  denen  einzelne  ^  wie  die  merk- 
würdige Legende  vom  Ursprung  des  Zahnschmerzes,  ganz  und  gar 
einer  frei  nach  kosmogonischen  Vorbildern  komponierten  Erfindung 
ähnlich  sehen.  Andere  Züge  in  diesen  Mythen,  wie  der  über  die 
Herrschaft  unter  den  Göttern  entscheidende  »Raub  der  Schicksals- 
tafeln c  in  der  Sage  vom  Sturmvogel  Zu  oder  die  im  Mittelpunkt  der 
Etana-Legende  stehende  Suche  nach  dem  >Kraut  des  Gebarens«, 
tragen  unzweideutig  die  Spuren  eines  Priesterstandes  an  sich,  der  sich 
den  Besitz  geheimnisvoller  Offenbarungen  zuschreibt,  und  der,  wie 
überall  im  alten  Orient,  in  der  Pflege  einer  zu  einem  g^uten  Teil  noch 
in  den  Banden  des  Zauberglaubens  liegenden  Heilkunde  der  Rechts- 
nachfolger der  primitiven  Medizinmänner  ist  *).  Schon  der  Umstand, 
daß  diese  ganze  Mythologie  im  wesentlichen  Kosmogonie  ist,  macht 
übrigens  nicht  bloß  ihre  Urprünglichkeit  unwahrscheinlich,  da  aus- 
gebildete Schöpfungssagen,  wie  wir  unten  sehen  werden,  nirgends 
einen  Inhalt  primitiver  Mythologie  bilden,  sondern  er  zeigt  insbe- 
sondere auch,  daß  uns  diese  Mythen  über  den  Ursprung  der  Götter- 
vorstellungen keinerlei  Aufschluß  geben  können,  da  in  diese  Kosmo- 
gonien  bereits  fertige  Göttervorstellungen  eingehen,  mögen  diese 
auch  immerhin  einseitig,  mehr  nach  der  Seite  des  Dämonenhaften 
als  im  Sinne  einer  nach  Analogie  des  menschlichen  Helden  sich 
betätigenden  Persönlichkeit  der  Götter  entwickelt  sein.  Man  ge- 
winnt so  von  diesem  Götterhimmel,  abgesehen  von  dem,  was  man 
unbedenklich  der  von  dem  Priesterstande  gepflegten  Astrologie  zu- 
schreiben kann,  etwa  den  Eindruck,  den  uns  die  griechische  Mytho- 
logie machen  würde,  wenn  uns  von  der  ganzen  Überlieferung  nichts 
geblieben  wäre  als  die  Hesiodische  Theogonie.  So  manches  Ur- 
sprüngliche eine  solche  Dichtung  bewahrt  haben  mag,  sie  selbst 
ist  nicht  der  Anfang  des  Mythus,  und  am  allerwenigsten  sind  die  in 
ihr  auftretenden  Götter  echte  Repräsentanten  der  Göttervorstellungen, 
wie  sie  sich  bei  den  abendländischen  Völkern  unter  dem  Einfluß  der 
historischen  Heldensage  entwickelt  haben.  Auch  die  Hesiodischen 
Götter   der  Griechen,  die  nicht,  wie   die  der  Heldensage,  der  Um- 


O.  Weber,  Die  Literatur  der  Babylonier  und  Assyrer,  1907,  S.  71  ff.     Über  seine  Be- 
ziehungen zu  andern  Legenden  vgl.  unten  6. 

^'  Vgl.  die  kurze  Inhaltsangabe  der  angeführten  Mythen  bei  O.Weber,  a.  a.  O. 
S.  59  f.,  65  ff.,  68  ff 


^lO  I^cr  Natuntaythns. 


gebung  eines  ritterliche  Künste  und  Kampfesüberlieferungen  pflegen* 
den  Adels,  sondern  den  Kreisen  einer  in  alten  Zauber-  und  Märchen- 
traditionen befangen  gebliebenen  Landbevölkerung  entstammen,  sind 
ja  übrigens  mehr  Dämonen  als  wirkliche  Götter,  gleichen  Ursprungs 
mit  den  Titanen,  mit  denen  sie  um  die  Weltherrschaft  kämpfen. 
Vollends  das  Titanengeschlecht  selbst  verrät  in  der  bunten  Mischung 
seiner  Gestalten  durchaus  jene  Eigenart  der  Dämonen,  in  der  sich 
ebenso  die  furchterregenden  äußern  Naturerscheinungen  wie  die  dem 
Menschen  unsichtbar  nahenden,  im  Reflex  wechselnder  Gemüts- 
stimmungen bald  drohenden  bald  glückbringenden  Schicksalsmächte 
verkörpern  (Hes.  Theogonie  207  ff".) '). 

Wie  der  babylonische,  so  ist  nun  auch  der  ägyptische  Götter- 
himmel augenscheinlich  nicht  der  Ausbildung  persönlicher  Götter 
günstig  gewesen,  wenngleich  andere  Ursachen  als  dort  eine  solche 
Entwicklung  hintanhalten  mochten.  Aus  einer  Unzahl  ursprünglicher 
Lokalkulte  hervorgewachsen,  deren  Mittelpunkte  zunächst  schwerlich 
etwas  anderes  als  dämonische  Sondergötter  und  an  sie  geknüpfte 
Ortssagen  waren,  mit  denen  sich  uralte,  zu  jeder  Zeit  einen  so 
hervorstechenden  Zug  der  ägyptischen  Religion  bildende  Seelenvor- 
stellungen und  Überlebnisse  totemistischer  Ahnenverehrung  verbanden, 
hat  hier  allerdings  in  sehr  früher  Zeit  schon  der  Sonnenkult  diese 
Lokalkulte  um  sich  gesammelt.  Aber  das  ist  bei  der  sehr  viel 
größeren  Selbständigkeit,  die  sich  politisch  die  Vasallenstaaten  des 
Reiches  im  Vergleich  mit  Babylonien  bewahrten,  vielmehr  in  der 
Form  einer  Differenzierung  erfolgt,  die  an  die  heute  noch  bei  einigen 
afrikanischen  Völkern  bestehende  Tradition  erinnert,  von  den  Vor- 
fahren seien  Sonne  und  Mond  in  jeder  Landschaft  als  besondere,  ihr 
allein  zukommende  Gestirne  angesehen  worden  (vgl.  oben  S.  235). 
Auch  der  Sonnengott  Ra  wurde  zwar  in  jeder  Landschaft  mit  dem 
gleichen  Namen  benannt,  aber  er  galt  doch  zugleich  als  ein  beson- 
derer Gott").  Er  hatte  sich,  wie  man  dies  Verhältnis  wohl  ausdrücken 
darf,  den  einstigen  Lokaldämon  assimiliert,  und  er  hatte  damit  etwas 
vom  Wesen  des  letzteren  in  sich  aufgenommen.  So  vereinigte 
dieser  Sonnenkult   nun  beide,   den  allgemeinen  und  den  Lokalgott, 


^)  Vgl.  Teil  II,  S.  365  ff. 

')  A.  Wiedemann,  Die  Religion  der  alten  Ägypter,  S.  9  ff. 


Die  Göttersage.  ^  1 1 


in  sich,  genau  so  wie  wir  das  heute  noch  bei  den  lokalen  Marien- 
und  Heiiigenkuiten  beobachten  können.  Dabei  führte  nun  aber,  ab- 
gesehen von  dieser  in  das  Gebiet  der  Ortsdämonen  hinüberfuhrenden 
Differenzierung,  auch  der  Charakter  des  Sonnengottes  selbst  Eigen- 
schaften mit  sich,  die  seiner  Fortbildung  zu  einer  persönlichen  Gott- 
heit im  Wege  standen.  Sie  mußten  auf  die  übrigen  altägyptischen 
Götter  um  so  mehr  herüberwirken,  da  diese  zumeist  in  noch  höherem 
Grade  ihre  ursprüngliche  lokale  Natur  und  den  uralten  Zusammen- 
hang mit  dem  Tierkultus  bewahrt  hatten.  Der  Sonnengott  bleibt, 
wie  sehr  auch  der  Mythus  sich  bemühen  mag,  ihn  zu  andern  Natur- 
göttem,  insbesondere  zum  Mond  und  zu  den  Gestirnen  in  Beziehung 
zu  setzen,  immerhin  ein  einsam  am  Himmel  dahinwandelndes  Wesen. 
Er  muO,  wie  in  Iran  und  Indien  und  wahrscheinlich  auch  im  alten 
Mexiko,  mit  andern  himmlischen  oder  irdischen  Feuererscheinungen 
in  Verbindung  gebracht  werden,  wenn  er  als  lebendig  handelnder 
Gott  hervortreten  solP).  Übrigens  scheinen  auch  die  abgeblaßten 
Gestalten  der  alten  indo-eranischen  Sonnengötter,  des  indischen  Surya 
ebenso  wie  des  Mithras  der  Veden  und  des  Avesta  zu  zeigen,  daß  die 
festere  Fixierung  der  Vorstellung  eines  Gottes  in  einem  bestimmten 
Naturobjekt,  namentlich  einem  solchen,  das,  wie  die  Sonne,  einem 
Wandel  der  Gestalt  nicht  unterworfen  ist,  der  Ausbildung  eben  jener 
Eigenschaften,  die  in  der  Richtung  persönlicher,  selbständig  handeln- 
der Wesen  liegen,  zunächst  hemmend  im  Wege  stehen.  Auch  der 
griechische  Helios  macht  ursprünglich  davon  keine  Ausnahme.  Er 
steht,  in  so  hohes  Altertum  der  Glaube  an  seine  göttliche  Natur 
zurückreicht,  schon  bei  Homer  außerhalb  der  eigentlichen  Götter- 
welt. Er  besitzt  zwar  seine  Rinderherden  und  greift  da  und  dort 
einmal  in  das  Leben  irdischer  Helden  ein.  Doch,  wie  er  in  der 
Ratsversammlung  der  Götter  fehlt,  so  bleiben  seine  Handlungen  die 
eines  Einzelgottes.  Als  ein  Sohn  des  Titanen  Hyperion,  des  »Hoch- 
wandelnden« ,  wird  er  gelegentlich  selbst  zu  den  Titanen  gezählt 
(ApoUodor  I,  4,  2).    Das  ändert  sich  erst,   als  in  der  hellenistischen 


*)  Über  die  Feuergötter  im  alten  Mexiko  vgl.  K.  Th.  Preuß,  Mitteilnngen  der 
antbropolog.  Gesellschaft  in  Wien,  Bd.  23,  1903,  S.  129  ff.,  der  besonders  auch  nach 
dem  Zeugnis  bildlicher  Darstellungen  in  diesem  Fall  in  vulkanischen  Eruptionen  die 
Quelle  einer  solchen  Verbindung  zwischen  himmlischen  und  irdischen  Fenererschei- 
nungen  vermutet. 


412  I^cr  Naturniythiis. 


Zeit  orientalische  und  griechische  Kulte  aufeinander  zu  wirken  be- 
ginnen, und  nun  in  der  gesamten  von  dem  römischen  Imperium  be- 
rührten Welt  der  persische  Mithras  und  neben  ihm  in  Griechenland 
selbst  und  in  den  von  hellenischer  Kultur  tiefer  beeinflußten  Gebieten 
Helios  zu  herrschenden  Gottheiten  sich  erheben.  Hier  gewinnt  nun 
der  eine  dieser  Sonnengötter,  Mithras,  vor  allem  unter  dem  Ein- 
fluß griechischer  Göttervorstellungen  persönliches  Leben;  der  andere, 
Helios,  übernimmt  von  seinem  orientalischen  Rivalen  jene  Züge  eines 
spezifischen  Imperatorengottes,  die  den  Kaiser  als  irdischen  Sonnen- 
gott, ebenso  wie  die  himmlische  Welt  als  Abbild  und  Vorbild  des 
römischen  Imperium  erscheinen  lassen  *).  Damit  waren  aber  auch 
die  Schranken  durchbrochen,  die  Mithras  wie  Helios  ursprünglich  als 
Einzelgötter  von  einer  sie  umgebenden  und  in  lebendiger  Wechsel- 
wirkung mit  ihnen  stehenden  Götterwelt  geschieden  hatten.  In  die 
Tempel  des  Mithras  zogen  neben  ihm  andere  orientalische  Götter,  vor 
allem  avestische  und  ägyptische  ein;  der  griechische  Helios  vollends 
umgab  sich  außer  mit  ihnen  auch  noch  mit  der  ganzen  griechischen 
Götterwelt,  und  schließlich  nahmen  sich  die  beiden  Sonnengötter 
selbst  samt  ihrem  Gefolge  wechselweise  in  ihre  Götterkreise  auf"). 
So  entspricht  hier  der  im  Gefolge  der  Orientzüge  Alexanders  ein- 
getretenen Mischung  der  Kulturen  ein  internationales  Pantheon,  wie 
ja  Kaiser  Hadrian  einen  der  Vereinigung  der  Götter  aller  Völker 
bestimmten  Tempel  wirklich  errichten  ließ.  Darum  könnte  es  auf 
den  ersten  Blick  scheinen,  als  wiederhole  sich  hier  auf  einer  um- 
fassenderen Weltbühne  das  Schauspiel  des  griechischen  Olymp: 
eine  Versammlung  von  Göttern,  die,  einem  obersten  Gott  Untertan, 
die  verschiedenen  Richtungen  der  Weltordnung  und  dabei  zugleich 
durch  die  Beziehungen,  in  die  sie  zueinander  gesetzt  sind,  deren 
Einheit  repräsentieren.     Doch   diese   Neubildung   eines   Götterstaates 


*)  Vgl.  F.  Cumont,  Die  Mysterien  des  Mithra,  deutsch  von  G.  Gehrich,  1903. 

^)  A.  Dieterich,  Eine  Mithraslitnrgie,  1903,  S.  64ff.  Ein  bezeichnendes  Dokoment 
für  diese  Mischung  der  m3rthologischen  Elemente,  in  den  Kreisen,  in  denen  die 
spezifisch  hellenische  Richtnng  prävalierte,  ist  Kaiser  Julians  >Rede  auf  König  Helios« 
(A.  Man,  Die  Religionsphilosophie  Kaiser  Julians,  1907,  S.  127 ff.),  in  der  freilich 
außerdem  die  philosophischen  Ideen  des  Neuplatonismus  eine  stark  hervortretende 
Rolle  spielen.  Doch  lassen  sich  die  letzteren  wohl  überhaupt  ans  der  hauptsächlich 
in  den  Kreisen  der  Gebildeten  verbreiteten  griechischen  Abart  des  allgemeinen  Sonnen- 
knltus  dieser  Zeit  kaum  ausschalten. 


Die  Göttersage.  413 


würde  nicht  möglich  gewesen  sein,  hätte  sie  nicht  in  dem  dereinst 
unter  dem  Einfluß  der  Heldensage  entstandenen  griechischen  Götter- 
staat ihr  Vorbild  gefunden.  Mithras  Geburt  aus  einem  Felsen  inmitten 
der  ihre  Herden  weidenden  Hirten  trägt  das  bekannte  Gepräge  der 
märchenhaften  Heldengeburten,  sein  Kampf  mit  dem  Urstier  das 
einer  frei  nach  den  Motiven  der  Herakles-  und  anderer  Heroensagen 
erfundenen  Fabel;  die  Götterkämpfe  endlich,  die  er  siegreich  besteht, 
sind  offenbare  Nachdichtungen  der  alten  kosmogonischen  Mythen, 
die  einen  Kampf  der  Götter  an  den  Anfang  der  Weltordnung  stellen. 
Hier  ist  nirgends  eine  Spur  ursprünglichen  mythologischen  Werdens 
zu  finden,  sondern,  wie  diese  ganze  Religion  synkretistisch  ist,  so 
sind  ihre  Mythen  künstlich  zusammengetragene  Motive  aus  ver- 
breiteten Märchen-  und  SagenstofTen.  Wo  aber  die  Mythen,  mit 
denen  die  unter  der  Ägide  des  Sonnengottes  entstandene  Theosophie 
diesen  pflichtmäßig  ausstattet,  hinter  den  Kultzwecken  zurücktreten, 
denen  er  seine  wirkliche  Macht  verdankt,  da  löst  er  sich  wieder  ganz 
von  jenem  Hintergrund  einer  ihn  umgebenden  Götterwelt.  Er  wird, 
gerade  so  wie  jedes  andere  der  Mitglieder  dieses  Pantheon,  zu  einem 
Einzelgott,  der  des  persönlichen  Charakters  entbehrt.  Man  ruft  ihn 
an  und  bringt  ihm  Opfer  dar,  weU  er  in  Wahrheit  wiederum  nur 
als  ein  in  der  Sonne  oder,  was  sehr  bald  diese  selbst  verdrängt, 
als  ein  in  seinem  Bilde  oder  Heiligtum  wohnender  Dämon  gedacht 
wird,  von  welchem  Wohl  oder  Wehe  des  Gläubigen  abhängt.  Indem 
nun  aber  unter  den  Wandlungen  des  Geschicks  schließlich  überall 
jene  Motive  den  Vorrang  gewinnen,  die  nicht  dem  irdischen  Leben 
des  Menschen,  sondern  einem  nach  dem  Tode  beginnenden,  dem  er 
zustrebt,  angehören,  tritt  hier  allerdings  ein  Neues  hervor,  was  der 
alten  Göttersage  gefehlt  hat:  der  neue  Gott  ist  in  erster  Linie  Herr 
über  Leben  und  Tod,  und  er  wird  zum  Mittelpunkt  einer  religiösen 
Legende,  die  in  dem  eigenen  Leben,  Sterben  und  Wiederauferstehen 
des  Gottes  die  Erlebnisse  vorbildlich  schildert,  deren  letztes,  von  der 
Mühsal  und  dem  Schmerz  des  Daseins  fiir  immer  erlösendes  Ziel  der 
Gläubige  selbst  zu  erringen  hoffl.  So  endet  diese  auf  dem  Mithras- 
und  dem  neuen  Helioskult  sich  aufbauende  Mythologie  in  Wahrheit 
in  einem  Aufgehen  der  Mythologie  in  der  Kultlegende.  Dies 
aber  ist  ein  Übergang  von  universalhistorischer  Bedeutung  ersten 
Rangs,  auf  den  wir,  da  er  im  Vordergrund  des  Problems  der  Ent- 


^14  Der  Natnrmythus. 


stehung  der  Religion  überhaupt  steht,  später  zurückkommen  werden 
(Kap.  VI).  Es  ist  derselbe  Vorgang,  der  sich  schon  vor  dieser 
Zeit  auf  ägyptischem  Boden  in  der  Verdrängung  der  alten  dämo- 
nischen Naturgötter  durch  den  jenen  hellenistischen  Sonnen-  und 
Mysterienkulten  wesensverwandten  Osiriskult  mit  seinem  neuen  Götter- 
kreis vollzogen  hatte.  Wenn  daher  zu  Mithras  und  Helios  vornehm- 
lich noch  Osiris  und  Serapis  in  der  aus  den  Kulten  aller  Nationen 
gemischten  Götterwelt  dieses  Zeitalters  hervortraten,  so  hatte  das 
wohl  nicht  bloß  in  dem  Streben,  sich  womöglich  alle  göttlichen 
Mächte  dienstbar  zu  machen,  sondern  mehr  noch  darin  seine  Quelle, 
daß  der  religiöse  Gedankengehalt  dieser  Kulte  im  wesentlichen  ein 
übereinstimmender  war.  In  der  Tat  bilden  die  Osiris-  und  die 
Mithraslegende  Variationen  desselben  Themas,  das  uns  auch  in  den 
gfriechischen  Demeter-  imd  Dionysoslegenden  begegfnet,  und  das 
schließlich  in  den  Kultlegenden  aller  entwickelteren  Religionen  wieder- 
kehrt. Gerade  hierin  aber  zeigt  es  sich  zugleich,  daß  aus  dieser 
M)^enbildung,  die  die  überlieferten  Vorstellungen  neuen  religiösen 
Ideen  dienstbar  macht,  für  die  Erkenntnis  der  Entstehung  der  Götter- 
vorstellungen keinerlei  Aufschluß  gewonnen  werden  kann.  Denn  eben 
die  Kultlegende  in  ihrem  in  diesem  Zeitalter  in  mannigfach  variierenden 
Formen  über  die  Kulturvölker  verbreiteten  und  zuletzt  im  Christen- 
tum zur  dauernden  Herrschaft  gelangten  Inhalt  bezeichnet  ihrem 
eigensten  Wesen  nach  das  Ende  eines  Prozesses,  der  mit  der  Ent- 
stehung der  Götter  aus  vorangegangenen  niedrigeren  mythologischen 
Vorstellungen  seinen  Anfang  genommen  hat. 

Nicht  wesentlich  anders  als  mit  den  mythologischen  Traditionen 
der  übrigen  altorientalischen  Kulturvölker  verhält  es  sich  endlich  mit 
den  in  den  Veden  und  dem  Avesta  niedergelegten  Anschauungen 
der  alten  Inder  und  der  ihnen  stammverwandten  Eranier.  Hier  wie 
dort  haben  die  ursprünglichen  Naturgötter  tiefgreifende  Umwand- 
lungen durch  die  Hand  in  Hand  gehenden  Einflüsse  theosophischer 
Spekulation  und  religiöser  Hymnendichtung  erfahren.  Über  die  hinter 
diesen  von  mystisch -religiösen  und  teilweise  von  ethischen  Motiven 
geleiteten  Umbildungen  stehende  ursprüngliche  Naturbedeutung  ge- 
wisser Göttergestalten  sind  daher  mehr  oder  minder  sichere  Ver- 
mutungen möglich;  doch  über  die  historischen  und  die  psycho- 
logischen  Bedingungen,    unter    denen   die   von   den  Einflüssen   des 


Die  Göttersage.  415 


späteren  religiösen  Kultus  noch  unabhängigen,  ihm  vorangegangenen 
Göttervorstellungen  entstanden  sind,  enthalten  selbst  die  ältesten  Über- 
lieferungen nur  dürftige  Andeutungen.  Nichts  bezeugt  dies  sprechender 
als  die  Tatsache,  daß  in  den  Veden  nicht  bloß  die  ursprüi^lichen 
Naturgötter  durch  den  Kultus  umgebildet  wurden,  sondern  daß  sich 
aus  diesem,  insbesondere  aus  dem  Opfer,  neue  Götter,  wie  der  zu- 
nächst den  Opfertrank  bezeichnende  indische  Soma,  entwickelt  haben. 
Die  Vorherrschaft,  die  diese  Opfergötter  hier  schon  in  der  frühesten, 
durch  die  geschichtliche  Überlieferung  erreichbaren  Zeit  erlanget  haben, 
zeigt  aber  deutlich,  daß  diese  glänze  uns  zugängliche  Entwicklung  mit 
einem  Stadium  beginnt,  wo  die  Götter,  die  dem  Kultus  den  Ur- 
sprung gegeben,  bereits  zurücktreten,  und  wo  nun  umgekehrt  der 
Kultus  selbst  mit  dem  ihn  beseelenden  Bedürfnis  nach  Trost  und  Er- 
lösung die  Götter  erzeugt,  deren  der  Betende  und  Opfernde  bedarf, 
—  dasselbe  Schauspiel  in  uralter  Zeit,  das  ims,  vom  Licht  der  Ge- 
schichte beleuchtet,  der  Mithras-,  der  Osiris-  und  die  ihnen  verwandten 
Kulte  bieten.  Nicht  minder  ist  endlich  der  alteranische  Mythus  von 
dem  Kampf  der  Götter  des  Lichts  und  der  Finsternis  zweifellos  seinem 
einstigen  kosmogonischen  Inhalte  entfremdet  worden.  War  dieser 
wohl  nur  eine  Variante  der  weitverbreiteten  Mythen  gewesen,  die 
die  Weltschöpfung  als  einen  Kampf  von  Göttern  oder  Dämonen 
schildern,  so  hat  der  eranische  Kultus  frühe  schon  dieser  Naturbedeu- 
tung einen  ethischen  Sinn  untergelegt,  der  nun  mächtig  in  die  weitere 
Ausbildung  der  Göttervorstellungen  eingriff  und  dadurch  wieder  auf 
den  kosmogonischen  Anteil  der  Mythen  zurückwirkte.  So  sind  hier 
überall  die  Götter  nicht  nur  in  den  uns  zugänglichen  Gestalten,  die 
sie  in  der  Überlieferung  angenommen,  wesentlich  erst  aus  dem  Kult 
hervorgegangen,  sondern  dieser  hat  auch,  um  so  mehr,  je  strenger 
er  von  frühe  an  von  festen  Satzungen  umgeben  und  von  ethischen 
und  religiösen  Gedanken  getragen  wurde,  die  Spuren  verwischt,  die 
auf  den  einem  solchen  Kultus  vorausgehenden  Ursprung  der  Götter- 
vorstellungen zurückweisen. 

d.   Die  Entwicklung  der  Göttervorstcllungcn  bei  den  Israeliten. 

Nur  eines  unter  den  alten  Kulturvölkern  des  Orients  scheint  in 
dieser  Beziehung  auf  den  ersten  Blick  eine  merkwürdige  Ausnahme 
zu  bilden.     Von  den  Israeliten  könnte  man  glauben  und  hat  bekannt- 


4l6  Der  Natunnythas. 


lieh  lange  geglaubt,  bei  ihnen  sei  das  einzigartige  Beispiel  einer  rein  aus 
sich  selbst  entstandenen  Gottesidee  gegeben,  ohne  andere  Bedingungen 
als  solche,  die  in  dem  unmittelbaren  religiösen  Erlebnisse  selbst 
liegen.  Doch  je  mehr  hier  die  Glaubensüberlieferung  mit  den  Tra- 
ditionen der  Stammesgeschichte  zu  einem  Ganzen  verbunden  ist,  um 
so  deutlicher  trägt  dieses  die  Merkmale  einer  Zusammensetzung  aus 
ursprünglich  gesonderten  Bestandteilen  und  einer  Überarbeitung  an 
sich,  die  die  Widersprüche  der  einzelnen  Urkunden  auszugleichen 
suchte.  Dennoch  hat  diese  im  Geiste  des  Jahwekultus  und  der  ihn 
stützenden  Vätersage  unternommene  spätere  Redaktion  die  Spuren 
nicht  tilgen  können,  die  weit  über  die  durch  die  Jahwe-  und  Elohim- 
namen  des  Stammesgottes  gekennzeichneten  Scheidungen  hinaus  eine 
Entwicklung  verraten,  aus  der  sich  freilich  nur  vereinzelte  Sagen- 
trümmer in  jenen  späteren  Kanon  gerettet  haben.  Solche  Sagen- 
trümmer treten  uns  sowohl  in  der  Geschichte  der  Väter  wie  in  der 
des  Gottes  selbst  entgegen.  Wie  sehr  stechen  doch  die  verschie- 
denen Erzählungen,  die  den  Haupthelden  der  Vätersage,  Jakob,  zu 
ihrem  Mittelpunkte  haben,  von  dem  Bild  des  ehrwürdigen  Patriarchen 
ab,  wie  er  zuletzt  in  der  Josephssage  hervortritt!  In  der  Szene  am 
Bnmnen  (i.Mos.  29,  i  ff),  in  der  er  den  Stein,  den  die  andern  Hirten  nur 
mit  vereinten  Kräften  zu  heben  vermögen,  allein  hinwegwälzt,  um  La- 
bans Schafe  zu  tränken,  ist  er  der  starke,  andere  Menschen  überragende 
Held;  in  der  nächtlichen  Szene  an  der  Furt  des  Flußes  (32,  23  ff.),  in 
der  er  mit  dem  Gott  selbst  bis  zum  Morgengrauen  kämpft  und  dieser 
ihn  nicht  zu  bezwingen  vermag,  scheint  er  einem  himmelstürmenden 
Titanen  verwandt.  Und  dann  wieder,  wie  menschlich  schwach,  Feig- 
ling und  Betrüger  zugleich,  erweist  er  sich  in  den  Händeln  mit  Esau 
und  Laban !  Da  liegt  es  denn  nahe  genug  zu  vermuten,  daß  in  dem 
Bilde  dieser  Patriarchengestalt  ursprünglich  ganz  verschiedene  Sagen- 
gebilde zusammengeflossen  seien,  und  daß  sich  möglicher  Weise 
sogar  hinter  der  Reihe  dieser  Patriarchen  Abram,  Isaak,  Jakob  Ge- 
stalten einer  ehmaligen  Helden-  oder  Göttersage  verbergen  *).  Auch 
Adam,  dessen  menschliche  Natur  in  der  Paradiesessage  der  Genesis 
nachdrücklich  betont  ist,  wird  in  Schriften,  die  einer  älteren  Schicht 
der  Überlieferung  angehören,  in  Farben  geschildert,  die  ihn  als  einen 

')  Vgl.  H.  Gnnkel,  Die  Sagen  der  Genesis  (Sonderabdruck  aus  Handkomm,  zum 
A.  T.),  1901,  S.  48.    Ed.  Meyer,  Die  Israeliten  und  ihre  Nachbarstämme,  1906,  S.  251. 


Die  Göttersage. 


mit  Gott  verkehrenden  Halbgott  erscheinen  lassen  (Hiob  15,  7 
28,  12  fr.)*).  So  ist  dieser  erste  der  Menschen  vielleicht  selbst  erst 
dem  Einfluß  der  Vätersage  zum  Menschen  geworden.  Wie  den 
auch  sein  möge,  daD  die  israelitische  Vätersage  eine  gewordene, 
ursprüngliche  ist,  erhellt  deutlich  aus  diesem  widerspruchsvollen 
in  das  überdies  noch  Märchen-  und  Novellenmotive  verschic 
Ursprungs  verwebt  sind.  So  in  dem  Streit  Esaus  imd  Jakobs  u 
Erstgeburtsrecht  das  uralte  Märchenmotiv  von  dem  Streit  der 
liehen  Brüder,  oder  in  den  Liebesäpfeln,  die  Rüben  auf  dem 
findet,  und  mit  deren  Hilfe  Lea  dem  Jakob  einen  Sohn  gebie 
32],  ein  Zug,  der  an  das  babylonische  »Kraut  des  Gebarens 
verwandte  Zaubermittel  anklingt.  Auch  die  Geschichte  von  d< 
sprenkelten  Stäben,  mit  denen  Jakob  durch  einen  Augenzaub 
Zeichnung  der  geworfenen  Schafe  bestimmt  und  dadurch 
Schwiegervater  Laban  übervorteilt  (30,  32  ff,)  gehört  hierher;  c 
nicht  zuletzt  die  Josephslegende,  die  in  ihren  wesentlichsten 
einem  altägyptischen  Märchen  nacherzählt  scheint,  die  aber  t 
Einfügung  in  die  Jakobstradition  zugleich  in  einer  moralischen 
anwendung  gipfelt  und  nebenbei  zu  einer  Verherrlichung  des 
archen  als  liebenden  Familienvaters  benützt  wird*). 

Nicht  weniger  wie  der  Typus  des  Patriarchen  der  Vätersag 
jedoch  das  Bild  des  Stammesgottes  selbst,  das  uns  in  jener  be 
auf  eine  Vorgeschichte  hin,  die  in  der  Überlieferung  bis  auf 
Züge  verwischt  ist.  Immerhin  können  wir  hier  nach  dem  n 
liehen  Alter  solcher  sporadischer  Zeugnisse  drei  Phasen  d 
Wicklung  wohl  unterscheiden.  Die  erste  zeigt  uns  Jahwe  mii 
Lieblingen  unter  den  Menschen  verkehrend.  Er  erscheint  deir 
als  Wanderer  in  menschlicher  Gestalt  mit  andern  ihm  ähnlich< 
derern  bei  den  Terebinthen  Mamres.  Sara  wäscht  ihm  die  F 
bäckt  für  ihn  Kuchen,  und  er  verspricht  beiden  eine  gesegne 
kommenschaft  (i.  Mos.  18,  ifT.).  Dieses  wahrscheinlich  der 
Schicht  angehörende  ganz  und  gar  menschliche  Bild  steht  jed 

')  H.  Gunkel,  Schöpfung  und  Chaos,  1895,  S.  148. 

»)  A.  Erman,  Ägypten,  S.  505  ff.  Masp^ro,  Contes  de  VEgypte  anciem 
Das  ähnliche  Motiv  findet  sich  übrigens  auch  in  einer  indischen  EraÖünB 
also  wahrscheinlich  einer  weit  verbreiteten  orientalischen  Märchentra^tioii  ci 
Somadeva  Bhatta,  11,  S.  59. 

W  u  n  d  t ,  Völkerpsychologie  II,  3.  *• 


4l3  Der  Nftturmythns. 


einzelt  da.  Feierlicher  erscheint  der  Gott  schon,  als  er  mit  Abram 
den  Bund  stiftet,  dieser  sich  vor  Jahwe  niederwirft,  um  ihn  als  Stammes- 
gott zu  verehren  und  selbst  das  Versprechen  zu  empfangen,  daß  er 
,der  Stammvater  eines  Haufens  von  Völkern  werden  solle  (17,  iff.). 
In  einem  zweiten  Stadium  tritt  nicht  Jahwe  selbst  auf,  sondern  er 
sendet  einen  Boten,  der  seine  Befehle  oder  Weissagungen  verkündet: 
so  der  Hagar  bei  der  Quelle,  als  sie  aus  dem  Hause  Abrams  in  die 
Wüste  flieht  (16,  yflF.).  Ebenso  erscheint  dem  Mose  der  Engel  in  der 
Feuerflamme  des  Domstrauchs,  und  dann  erst  spricht  aus  diesem  Jahwe 
selbst  zu  ihm  (2.  Mose  3,  i  ff*.).  Es  ist  ein  weiter,  immerhin  aber  durch 
diese  Zwischenstationen  vorbereiteter  Weg,  der  von  jenen  Mj^cn,  in 
denen  der  Gott  unter  Menschen  wie  unter  seinesgleichen  wandelt, 
endlich  zu  der  dritten  Stufe  fuhrt,  wo  er  sich  nur  noch  dem  gott- 
begeisterten Seher  in  Vision  und  Traum  offenbart,  pnd  wo  nun 
auch  jene  Stimme,  die  zu  Mose  aus  dem  Dombusch  redete,  zu  einer 
inneren  Stimme  geworden  ist,  die  erst  durch  den  Mund  des  Propheten 
die  Mahnungen  und  Weissagungen  des  Gottes  kundgibt.  Doch  so 
bedeutsam  diese  Entwicklung  für  die  weitere  Ausbildung  der  Gottes- 
idee ist,  auf  die  Frage  nach  der  Entstehung  der  ursprünglichen 
Vorstellungen  kann  sie  um  so  weniger  eine  Antwort  geben,  da  die 
Stammessage,  in  deren  Mittelpunkt  dieser  Stammesgott  steht,  oflTen- 
bar  einen  vorangegangenen  Mythus  voraussetzt,  dessen  Spuren  durch 
sie  bis  auf  spärliche  Reste  ausgetilgt  worden  sind.  Denn  mögen 
nun  ein  Abram  und  Jakob  ursprünglich  Helden,  Titanen  oder  selbst 
Götter  gewesen  sein,  schon  die  früheste  Überlieferung  hat  sie  nur 
übemommen,  um  aus  ihnen  die  Vorväter  zu  machen,  auf  die  die 
israelitischen  Stämme  ihren  Ursprung,  und  auf  deren  Bündnis  mit 
dem  siegrreichen  Stammesgott  sie  ihren  Kultus  und  ihre  Eigenart 
gegenüber  den  andem  Nationen  zurückführten.  Dabei  mögen  wohl 
im  einzelnen  Orts-  und  Völkemamen  zu  Namen  persönlicher  Stamm- 
väter geworden  sein,  die  Hauptgestalten  dieser  Sage  tragen  die  Züge 
eines  Mythus,  der  durch  die  Stammessage  verdunkelt  wurde,  indem 
diese  jene  mythischen  Gestalten  sich  assimilierte.  So  ist  auch  hier, 
analog  wie  in  der  griechischen  Sage,  die  genealogische  Tendenz 
nicht  das  Frühere,  sondern  das  Spätere:  sie  ist  zugleich  mit  dem 
Stammesgott  entstanden.  Sie  hat  an  ihm,  wie  dieser  wieder  an 
jener  sich  aufgerichtet.    Während  aber  in  Griechenland,  wo  die  Hei- 


Die  Göttersage.  ^.iq 


densage  und  ihre  freie  dichterische  Gestaltung  weiterblühte,  der 
genealogische  Trieb  der  Vergöttlichung  der  Helden  diente,  ist  er  in 
Israel  dem  Kult  des  einen  Stammesgottes  dienstbar  geworden,  der 
die  Heroen  und  Nebengötter,  die  ihm  dereinst  vielleicht  die  Herrschaft 
streitig  machten,  entweder  zurückwies  oder,  wo  sie  in  der  Volks- 
tradition lebendig  geblieben  waren,  in  die  Ahnen  der  kommenden 
Geschlechter  verwandelte.  Das  war  aber  um  so  leichter  möglich, 
wenn  die  Heldensage,  wie  man  aus  den  dürftigen  Anfangen  epischer 
Dichtung  bei  den  heutigen  Nomadenstämmen  schließen  darf,  hier, 
falls  sie  überhaupt  bestanden,  kaum  die  Grenzen  des  Märchens  über- 
schritten hatte.  In  der  Tat  sieht  die  Begegnui^  Jahwes  mit  Abram 
bei  den  Terebinthen  von  Mamre  einer  Märchenerzählung  ähnlicher 
als  einem  Heldenabenteuer;  und  der  starke  und  der  kluge,  moralischer 
Bedenken  noch  völlig  ledige  Held,  diese  beiden  Typen,  die  die 
Jakobsgeschichte  in  einer  Person  vereinigt,  sie  gleichen  den  bekannten 
Märchentypen  mehr  als  den  Gestalten  einer  eigentlichen  Heldensage. 
Aller  dieser  Erinnerungen,  die  das  im  Anfang  dieser  Entwicklung 
stehende  Mythenmärchen  bewahrt  haben  mochte,  bemächtigte  sich 
nun  aber  jenes  genealogische  Motiv,  das,  ein  natürliches  Erzeugnis 
des  gemeinsamen  StammesbewuDtseins,  gleichzeitig  in  dem  Kultus 
des  Stammesgottes  seinen  Ausdruck  fand,  der  nun  seinerseits  wieder 
die  Fortentwicklung  der  vorangegangenen  Mythenbildungen  zu  einer 
hier  die  Stelle  der  eigentlichen  Heldensage  vertretenden  Vätersage 
begünstigte.  Während  demnach  die  Griechen  unter  dem  Einfluß 
ihrer  zahlreichen  und  vielgestalteten  Kulte,  dem  nämlichen  genealogi- 
schen Motiv  nachgebend,  den  höchsten  ihrer  Götter  zum  Vater  der 
Götter  und  Menschen  machten,  verband  sich  in  Israel  frühe  schon 
mit  dem  Streben,  den  Stammesgott  zum  alleinigen  Träger  des  natio- 
nalen Kultus  zu  erheben,  das  andere,  diesen  Stammesgott  ebenso  von 
den  Göttern  anderer  Nationen  wie  von  den  Gestalten  der  aus  Mythen- 
märchen und  beginnenden  Legenden  sich  bildenden  Vätersage  zu 
sondern.  Nicht  auf  Jahwe  selbst,  sondern  auf  die  Väter,  die  mit 
diesem  Gott  ihren  Bund  geschlossen,  dem  sie  geopfert,  und  auf 
dessen  Befehl  sie,  wie  die  Abram-Isaaklegende  andeutet,  das  bei  be- 
nachbarten Völkern  noch  länger  bestandene  blutige  Menschenopfer 
durch  das  Tieropfer  ersetzt  hatten  (i.  Mos.  22,  10),  führten  daher  die 
Israeliten  den  Ursprung  ihrer  Stämme  zurück. 

27* 


420  I^cr  Naturmythtis. 


e.  Die  Göttersage  unter  dem  Einfluß  der  Heldensage.     Einzelgötter 

und  Götterstaat. 

Nach  allem  dem  sind  es  weder  die  Naturvölker  noch  die  Völker 
der  ältesten  Kultur,   die  uns,  wie  man  vermutet  hat,  einen  sicheren 
Aufschluß    über   die   Entstehung   der  Göttervorstellungen   gewähren 
können.     Die  Naturvölker  versagen  ihre  Hilfe,   weil  sie  zu  Gröttem 
überhaupt  noch  nicht  oder  höchstens  zu  unausgebildeten  Anfangen 
solcher  gelangt  sind.    Bei  jenen  Kulturvölkern  der  alten  Welt,  deren 
geschichtliche  und  religiöse  Traditionen  in  die  entfernteste  Vergangen- 
heit zurückreichen,  sind  umgekehrt  die  Urkunden,   die  über  die  Ent- 
stehung der  Götter  Aufschluß  geben  könnten,  unter  den  Trümmern 
einer  Vergangenheit  begraben,   die  den  uns  zugänglichen  geschicht- 
lichen Zeugnissen,  mögen  diese  auch  noch  so  alt  sein,  lai^e  voraus- 
ging.    Die  primitiven  Völker  —  so  ließe  sich  wohl  dieses  Ergebnis 
zusammenfassen  —  sind  zu  jung,  die  ältesten  Kulturvölker  zu  alt  in 
ihrer  Kultur,  als  daß  sie  uns  auf  diese  Frage  Rede  stehen  könnten. 
Ihre  Beantwortung  weist  vielmehr   auf  eine  Zeit   beginnender    und 
reich  erblühender  Kultur  zurück,  in  der  die  Heldensage  noch  frische 
Wurzeln  treibt,  indes  zugleich  die  Göttersage  schon  alle  jene  Eigen- 
schaften entwickelt,  die  uns  den  Gott  von  den  Helden-  und  Dämonen- 
gestalten,   die   ihn   umgeben,    in  deutlich  ausgeprägten  Bildern    vor 
Augen  fuhrt   Es  sind  vor  allem  die  Griechen  und  die  Germanen, 
für  die  in  den  uns  zugänglichen  älteren  Quellen  der  Sage  und  Dich- 
tung  die  Bedingungen  einer  Göttersage  erfüllt  sind,    indem  für   die 
Götter  die  oben  geforderten  Merkmale  eines  eigenen,  von  der  irdischen 
Welt  abgesonderten,  aber  zu  einem  Verkehr  in  beiden  Richtungen 
Raum   lassenden  Wohnorts,    eines  unsterblichen  Daseins   und    end- 
lich eines  persönlichen,  menschenähnlichen  Wesens  zutreffen  (S.  335  f.)» 
Zugleich  steht  hier  aber    der    Götter-  eine   Heldensage  gegenüber, 
die  in  dem  Ineinandergreifen  beider  die  Eigenart  der  Götter  selbst 
ermessen  läßt.     Von    diesen  beiden   Formen  führt  die   griechische 
Sage  wieder  die  günstigeren  Bedingungen  mit  sich,  so  wenig  man 
natürlich  die  schon  in  vorhistorischer  Zeit  beginnenden  und  in  der 
späteren  sich  steigernden  Einflüsse   fremder  Kulte   übersehen    darf. 
Denn  die  Freiheit,   mit  der  sich  in  diesem  Fall  die  Göttersage  von 
früh   an,   wenig  gehemmt  durch  zwingende  Kultnormen,  entwickeln 


Die  Göttersftge.  a2i 


konnte,  bietet  ein  Beispiel  so  unbeschränkter  Bewegung  der  mj^en- 
bildenden  Phantasie  innerhalb  der  Göttersage,  wie  sie  sonst  nur  im 
Mythenmärchen  und  in  der  Heldensage  vorzukommen  pflegt.  Hier- 
gegen muß  insbesondere  auch  die  germanische  Göttersage  weit  zurück- 
stehen, da  die  Dichtung,  die  sie  in  ihrer  ursprünglichen  Form  zu  ge- 
stalten suchte,  bereits  innerhalb  des  Gedankenkreises  einer  neuen 
Weltanschauung,  der  christlichen,  steht,  von  der  ungewiß  bleibt,  wie 
viel  von  ihr  in  jene  Lieder  nordischer  Skalden,  die  die  einstige  Götter- 
welt dem  Gedächtnis  bewahren  oder  auch  als  Grundlagen  freier  epi- 
scher Dichtung  benutzen  wollten,  übergegangen  ist.  Rückschlüsse 
vollends,  die  man  in  der  deutschen  Mythologie  aus  den  in  Märchen 
*und  einzelnen  Ortssagen  erhaltenen  Zeugnissen  auf  eine  frühere  Götter- 
sage zu  machen  sucht,  sind  schon  um  deswillen  unsicher,  weU  sie  auf 
der  Voraussetzung  ruhen,  solche  M)^enbildungen  seien  Reste  einer 
einstigen  Göttersage,  eine  petitio  principii,  die  in  vielen  Fällen  er- 
weislich falsch,  in  andern  wenigstens  zweifelhaft  ist,  keinenfalls  aber 
über  den  Ursprung  der  Götter  etwas  lehren  kann,  da  diese  selbst 
nach  der  gemachten  Voraussetzung  von  Anfang  an  existieren  sollen. 
Dies  ist  zugleich  der  Punkt,  der  einer  vorurteilsfreien  Behandlung  des 
Problems  im  Wege  zu  stehen  pflegt.  Hat  es,  wie  die  klassische 
Mythologie  und  in  ihrer  Gefolgschaft  in  der  Regel  auch  die  Ethno- 
logie annimmt,  Götter  zu  jeder  Zeit  und  bei  allen  Völkern  gegeben, 
so  braucht  man  natürlich  nach  deren  Ursprung  überhaupt  nicht  zu 
fragen,  sondern  es  kann  sich  höchstens  darum  handeln,  zu  ermitteln, 
welche  Eigenschaften  die  Götter  zu  verschiedenen  Zeiten  gehabt  haben. 
Hier  ist  man  nun  aber  außerdem  mehr  als  in  einem  früheren 
Stadium  der  Forschung  heute  geneigt,  gerade  der  grriechischen  Sagen- 
geschichte ernste  Bedenken  entgegenzubringen.  Wo  ist,  so  kann 
man  fragen,  die  griechische  Götter-  oder  Heroengestalt,  über  deren 
Herkunft  wir  nicht  Zweifeln  begegneten?  Ist  nicht  vielmehr  der 
griechische  Mythus  von  vorgeschichtlicher  Zeit  an  ebensosehr  durch 
äußere  Einflüsse  wie  durch  die  Wechselwirkung  der  hellenischen 
Landschaften  untereinander  bestimmt  worden,  so  daß  wir  vor  allem 
über  die  Anfange  seiner  Entwicklung  völlig  im  Ungewissen  sind? 
Man  denke  nur  an  die  Ausblicke,  die  die  neu  sich  erschließende 
mykenische  und  kretische  Kultur,  und  die  die  ungeahnte  Verbreitung 
orientalischer  Mythenstoffe  eröffnet  haben!    Wer  unterstünde  sich  da 


A22  ^^'  Natnrmythas. 


noch  mit  Sicherheit  zu  sagen,  wo  ein  Dionysos  oder  Herakles  ihre 
ersten  Kultstätten  gehabt,  oder  wie  diese  Kulte  ausgesehen  haben? 
So  unzweifelhaft  richtig  gestellt  nun  diese  Fragen  sind,  so  beruht 
aber  doch  die  absolute  Skepsis,  mit  der  man  gegenwärtig  in  man- 
chen Kreisen  die  mythologischen  Fragen  überhaupt  einer  fernen, 
dereinst  vielleicht  weiter  zurückblickenden  Zukunft  überlassen  möchte, 
auf  der  gleichen  einseitigen  Auffassung,  wie  sie  den  früher  (S.  50  fr.)  be- 
sprochenen Astraltheorien  zugrrunde  liegt,  nur  daß  diese  imverzagt  über 
die  Frage  Rechenschaft  geben,  auf  deren  Beantwortung  man  hier  und 
in  der  R^el  wohl  vorläufig  mit  Recht  verzichten  möchte.  In  beiden 
Fällen  wird  das  mythologische  Problem  auf  die  Frage  eingeschränkt: 
wo  ist  ein  Gott,  eine  mythologische  Vorstellung  oder  ein  Mythus  zuerst 
entstanden,  und  welche  Bedeutung  haben  diese  Objekte  ursprünglich 
besessen?  Nun  ist  diese  Frage  gewiß  von  hohem  Interesse;  doch 
weder  erschöpft  sie  die  Aufgaben  mythologischer  Betrachtung,  noch 
ist  sie  kulturgeschichtlich  oder  psychologisch  die  wichtigste.  Hier 
steht  vielmehr  im  Vordergrund  die  andere  Frage:  wie  ist  die  mytho- 
logische und  religiöse  Weltanschauung  eines  Volkes  zu  einer  be- 
stimmten, im  Licht  der  Geschichte  liegenden  Zeit  beschaffen,  und 
welche  Faktoren  sind  bei  ihreti  geschichtlich  eingetretenen  Wand- 
lungen wirksam  gewesen?  Zu  ihrer  Beantwortung  tragen  aber  etwaige 
Aufschlüsse  über  irgendwelche  weit  entlegene  Vorbedingungen  des 
späteren  Zustandes  verhältnismäßig  wenig  bei.  So  lehrreich  es  für 
die  Erkenntnis  der  Wandlungen  mythologischer  Vorstellungen  z.  B. 
sein  mag,  wenn  ein  Dionysos  und  ein  Herakles  an  den  Orten,  wo 
ihre  Kulte  entstanden,  eine  ganz  andere  Bedeutung  besaßen,  als  zur 
Zeit,  da  der  Dionysoskult  einen  wichtigen  Teil  des  religiösen  Lebens 
der  Griechen  beherrschte,  oder  da  Herakles  zum  Urbild  eines  Helden 
geworden  war:  zunächst  und  vor  allem  sind  doch  diese  mytho- 
logischen Gestalten  selbst  und  die  Kulte,  die  sich  an  sie  anschlössen, 
für  den  psychologischen  Charakter  und  Zusammenhang  dieser  Vor- 
stellungen von  Interesse.  Und  hier  fallt  nun  allerdings  zugunsten  der 
mythologischen  Überlieferung  der  Griechen  das  doppelte  Gewicht 
in  die  Wagschale,  daß  sie  immerhin  im  Vergleich  mit  den  Völkern 
des  alten  Orient  im  ganzen  die  jüngere,  verhältnismäßig  noch  mehr 
in  ihrer  Entwicklung  zu  verfolgende  Kultur  vertreten,  und  daß  bei 
ihnen  jene  stabilisierenden  Mächte  fast  ganz  gefehlt  haben,  die  im 


Die  Göttersage.  423 


Orient  frühe  schon  besonders  das  mythologische  Denken  der  Leitung 
einer  durch  ihre  führende  Stellung  das  gesamte  geistige  Leben  be- 
herrschenden Priesterschaft  oder  dem  Zwang  einer  despotischen  Staats- 
ordnung unterwarfen.  Die  Griechen  sind  trotz  der  zuzeiten  ver- 
breiteten Anklagen  der  Asebie,  wie  gerade  der  diese  Anklagen 
begleitende  unbestimmte  Hinweis  auf  den  Kultus  der  »heimischen 
Götter«  beweist,  frei  von  solchem  hierarchischem  Zwang  gewesen. 
Weltliche  Dichter  haben  ihre  Götter-  und  Heldensage  gestaltet.  Welt- 
liche Philosophen  sind  später  die  Führer  ihres  religiösen  Denkens  ge- 
worden. Das  läßt  auch  die  natürlichen  psychologfischen  Bedingungen 
ungehemmter  zu  Tage  treten,  die  die  Entwicklungen  des  Mythus  be- 
gleiten, und  die  Wirkungen,  die  seine  einzelnen  Bestandteile  aufein- 
ander ausüben.  Unter  den  letzteren  stehen  aber  hier  Helden-  und 
Göttersage  in  erster  Linie.  Freilich  muß  man  dann  auch  dieser  Be- 
trachtung die  psychologisch  unmögliche  Vorstellung  fernhalten,  als 
sei  der  Mythus  ein  einmal,  wenn  möglich  an  einem  einzigen  Ort  Ent- 
standenes und  Erfundenes  —  eine  Anschauung,  die  sich  so  oft  eben 
mit  jener  Einschränkung  der  mythologischen  Aufgabe  auf  das  Ur- 
sprungsproblem verbindet.  Vielmehr  müssen  wir  uns  stets  gegen- 
wärtig halten,  daß  auch  der  von  außen  zugefuhrte  Mythenstoff  eine 
zu  seiner  Assimilation  befähigte  Phantasie  voraussetzt,  die  eben  des- 
halb einen  solchen  Stoff  nach  eigenen  Bedürfnissen  und  Anlagen 
umformt.  Darum  offenbart  sich  nun  aber  auch  diese  nie  erlöschende, 
weder  in  die  Grenzen  eines  Volkstums  noch  einer  Zeit  eingeschränkte 
mythenbildende  Tätigkeit  naturgemäß  am  deutlichsten  da,  wo  die 
äußeren  Herrschafts-  und  Kultusformen  der  freien  Betätigung  des 
mythologischen  Triebes  am  wenigsten  Hindemisse  bereiten. 

Nun  zeigt  gerade  die  griechische  Götterwelt  so  überzeugend  wie 
möglich,  daß  diese  Welt,  wo  immer  wir  ihrer  in  der  Sage  und  ihren 
dichterischen  Ausgestaltungen  habhaft  werden  können,  unmöglich 
etwas  Ursprüngliches  sein  kann.  Und  wo  uns  auf  griechischem  Boden 
aus  vorhistorischer,  der  in  der  Dichtung  lebenden  Sage  vorangegangener 
Zeit  sogenannte  Götteridole  begegnen,  da  ist  es  so  gut  wie  anderwärts 
zweifelhaft,  ob  es  sich  um  ausgebildete  Göttervorstellungen,  ja  ob  es 
sich  um  Götter  überhaupt  handelt.  Mindestens  die  oben  (S.  420) 
geltend  gemachten  Kriterien  dürften  schwerlich  für  sie  zutreffen.  Hier 
sind  und  bleiben  daher  die  Götter  Homers  die  ältesten  uns  zugäng- 


^24  ^^'  Natnrmythns. 


liehen  Zeugen.  Sie  treten  uns  freilich  bereits  in  so  ausgebildeter  Ge- 
stalt entgegen,  daO  auch  sie  natürlich  unmittelbar  über  ihre  Herkunft 
keine  Rechenschaft  geben  können.  Wohl  aber  können  sie  durch 
die  Beziehungen,  in  die  sie  zur  Heldensage  gesetzt  sind,  wenigstens 
nach  einer  Seite,  nämlich  eben  in  der  Richtung  der  in  dieser  Sage 
wirksamen  Motive,  Richtlinien  abgeben,  die  auf  die  in  unverkenn- 
barer Relation  stehenden  Vorgänge  der  Entstehung  des  Heldentypus 
und  des  Göttertypus  zurückschlieOen  lassen.  In  dieser  Beziehung 
springt  nun  vor  allem  in  die  Augen,  daß  von  jenen  drei  Eigen- 
schaften, die  in  ihrer  Vereinigung  den  Götterbegfriff  nach  unten  wie 
nach  oben  abgrenzen,  dem  besonderen  Wohnort,  dem  unsterblichen 
Dasein  und  der  Persönlichkeit,  nur  die  letztere,  die  einzige  zugleich, 
die  der  Gott  mit  dem  Helden  teilt,  ganz  aus  der  Heldensage  hervor- 
gegangen ist.  Schon  der  Held  besaß  jedoch  diesen  Charakter  nur 
deshalb,  weil  in  ihm  allgemein  menschliche  Eigenschaften  über  das 
gewöhnliche  Maß  hinaus  gesteigert  waren;  und  auch  diese  Erhebung 
war  auf  den  Sagenhelden  wieder  vom  Märchenhelden  übergegangen, 
indem  sich  dieser  eines  g^roßen  Teils  der  Zauberapparate  entledigte, 
mit  denen  die  Phantastik  des  Märchens  ihn  ausgestattet  hatte,  während 
sich  gleichzeitig  die  Steigerung  des  Heldencharakters  auf  die  Eigen- 
schaften konzentrierte,  die  in  der  durch  allgemein  menschliche  und 
nationale  Motive  bestimmten  Wertbeurteilung  als  die  höchsten  ge- 
schätzt wurden.  Damit  bildet  der  Sagenheld  in  der  Ausbildung  seines 
persönlichen  Wesens  das  natürliche  Mittelglied  zwischen  dem  Märchen- 
helden und  dem  Gott.  Jene  Steigerung,  die  mit  einer  Einschrän- 
kung auf  die  am  höchsten  bewerteten  Eigenschaften  verbunden  ist, 
führt  in  ihrer  weiteren  Fortsetzung  zum  Gott,  bei  dem  nur,  unterstützt 
durch  die  beiden  andern  Merkmale  des  abgesonderten  Wohnorts  und 
des  unsterblichen  Lebens,  allmählich  noch  die  Ausscheidung  der  einem 
höchsten  Wertmaße  widerstreitenden  Elemente  imd  die  Ausdehnung 
der  göttlichen  Macht  ins  Unbeschränkte  hinzukommt.  Doch  die  beiden 
letzten  Eigenschaften  sind  auch  fiir  die  Götter  keine  ursprünglichen: 
sie  erwerben  sie,  nachdem  sie  sich  lange  schon  von  den  Helden  ge- 
schieden haben,  erst  durch  die  der  Gottesvorstellung  imd  ihrer  Wirkimg 
auf  das  Gemüt  immanenten,  vornehmlich  im  Kultus  sich  entfaltenden 
Kräfte.  Die  griechische  Götterwelt  zeigt  uns  den  Gott  auf  dem  Wege 
zu  diesem  Ziel.   Aber  sie  zeigt  ihn  uns  eben  deshalb  noch  mit  allen 


Die  Göttersage*  a2K 


den  menschlichen  Zügen  ausgestattet,  die  er  aus  der  Heldensage  über- 
nommen hat.  Wie  der  Held,  so  ist  hier  der  Gott  weder  unbeschränkt 
an  Macht  noch  über  menschliche  Schwächen  und  Leidenschaften 
erhaben.  Das  würde  kaum  begreiflich  sein,  wäre  die  Gottesvor- 
stellung ein  ursprünglicher  Besitz  des  Bewußtseins,  der  dem  eigenen 
Wesen  des  Menschen  und  des  menschlichen  Helden  von  seinem  Ur- 
sprung an  fremd  gegenüberstünde.  Und  das  würde  außerdem  der 
Tatsache  widerstreiten,  daß  die  persönlichen  Eigenschaften  der  Götter 
nicht  nur  ursprünglich  menschliche  Eigenschaften  sind,  sondern  daß 
sie  das  in  dem  Sinne  allezeit  bleiben,  als  jene  Einschränkung  auf 
das  Wertvolle  niemals  einen  andern  Maßstab  als  den  menschlichen 
an  die  Werte  anlegen  kann.  Darum  entlehnen  die  Götter,  so  lange 
sie  überhaupt  als  Persönlichkeiten  gedacht  werden,  diese  Seite  ihres 
Charakters  der  menschlichen  Persönlichkeit;  und  sobald  sie  dieser 
Eigenschaft  entkleidet  werden,  drohen  sie  sich  in  das  zurückzuver- 
wandeln,  was  sie  vor  ihrer  Erhebung  zu  persönlichen  Göttern  ge- 
wesen sind:  in  Dämoaen.  Das  Mittelglied,  das  jene  Erhebung  mög- 
lich macht,  ist  aber  der  Held;  und  eben  weil  er  dies  ist,  schafft  die 
Heldensage,  wo  immer  neben  ihr  eine  reicher  entwickelte  Göttersage 
besteht,  den  Helden,  wenn  er  wiederum  über  andere  seinesgleichen 
hervorragt,  zum  Heros  und  schließlich  zum  Gotte  um.  So  wird  hier 
der  Übergang  vom  Helden  zum  Gott  ein  fließender,  ähnlich  wie  die 
historische  Heldensage  nach  abwärts  die  Unterschiede  zwischen  Men- 
schen und  Helden  ausgleicht. 

Mitten  hinein  in  dieses  Stadium  eines  die  Götter  nach  ihrem  per- 
sönlichen Wesen  als  Menschen  von  gesteigerten  Heldeneigenschaften 
vorstellenden  Götterglaubens  versetzen  uns  nun  die  homerischen  Ge- 
dichte. Mögen  selbst  den  Zeitgenossen  des  Dichters  bereits  ein- 
zelne Züge  der  hier  in  die  Heldensage  eingeflochtenen  Göttersage 
als  dichterische  Ausschmückungen  gegolten  haben,  in  der  Auffassung 
der  Götterpersönlichkeiten  hat  die  Dichtung  sicherlich  nur  den  all- 
gemeinen Vorstellungen  Ausdruck  gegeben,  die  sich  in  ihr  mehr  als 
im  Volksglauben  zu  plastisch  gestalteten  Bildern  verdichteten,  worauf 
diese  nun  wieder  auf  jene  Vorstellungen  selbst  erhaltend  und,  gegen- 
über den  durch  Ort  und  Zeit  bedingten  Schwankungen,  befestigend 
zurückwirkten.  Schon  die  Vielheit  der  Götter  läßt  hier  die  Vor- 
stellung  einer   unbeschränkten  Macht   nicht   aufkommen.     Ist   diese 


^20  ^^^  Naturmytlins. 


Vielheit  eine  natürliche  Folge  der  Teilung  der  Lebensgebiete,  deren 
jedes  seine  besonderen  Schutzmächte  fordert,  die,  aus  den  Dämonen 
der  Ortssage  übernommen,  auch  in  der  Göttersage  nicht  entbehrt 
werden  können,  so  fuhrt  nun  notwendig  auch  in  ihr  eine  solche,  die 
menschliche  Arbeitsteilung  innerhalb  der  Götterwelt  widerspiegelnde 
Sondenmg  der  Machtgebiete  zugleich  eine  Einschränkung  der  letzteren 
mit  sich.  Freilich  bleibt  daneben  immer  das  Bedürfnis  bestehen,  diese 
Vielheit  göttlicher  Kräfte  wieder  in  einer  obersten  Gottheit,  einem 
nach  dem  Vorbild  des  menschlichen  Herrschers  gedachten  Götter- 
fiirsten,  zur  Einheit  zusammenzufassen.  Doch  eben  diese  Herrschaft 
ist  im  Hinblick  auf  die  Ansprüche  anderer  Einzelgötter  keine  ab- 
solute. Darum  kann  auch  die  Göttersage  der  unpersönlichen  dämoni- 
schen Mächte  noch  nicht  entbehren.  So  stehen  als  Schicksalsdämonen 
die  Moiren  neben  den  Göttern,  als  ein  Rest  alten  Dämonenglaubens, 
der  von  der  Göttersage  assimiliert  ist,  um  alles  zu  umfassen,  was  sich 
außerhalb  des  Willens  der  Götter  in  der  Menschen-  wie  in  der  Götter- 
welt ereignet.  Es  ist  die  gleiche  aus  der  Dämonen-  in  die  Götter^ 
weit  hineinragende  Vorstellung,  die  in  wechselnden  Formen  überall 
wiederkehrt,  wo  eine  solche  Teilung  der  Lebensgebiete  in  der  Götter- 
sage vorkommt.  Hat  erst  die  Gewohnheit,  die  Kult-  und  die  Rechts- 
normen in  der  Schrift  zu  fixieren,  um  sich  gegriffen,  so  nimmt  diese 
Vorstellung  vollends  auch  darin  eine  unpersönliche  Form  an,  daß  nun 
der  die  Anfange  der  Schreibekunst  begleitende  Schriftzauber  auf  sie 
herüberwirkt.  Immerhin  haben  die  Schicksalstafeln  der  Babylonier 
so  wenig  wie  die  sibyllinischen  Bücher  der  Römer  und  die  Schick- 
salsrunen der  Germanen  die  hinter  ihnen  stehenden  dämonischen 
Schicksalsmächte  verdrängt.  Vielmehr  differenzieren  sich  diese  fortan 
ebenso  wie  die  Götter  selbst,  so  daß  schließlich  jeder  irgend  wichtigere 
Lebenszweck  von  einer  besonderen  dämonischen  Macht  beschützt  ist. 
Alle  diese  Wesen,  wie  die  Bellona,  die  Fax,  der  Bonus  eventus, 
die  verschiedenen  Virtutes  der  Römer,  entbehren  völlig  des  persön- 
lichen Charakters:  sie  sind  Dämonen,  nicht  Götter,  auch  nicht  »Per- 
sonifikationen des  praktischen  Lebens«,  wie  sie  zuweilen  genannt 
werden'').  Denn  es  fehlt  ihnen  jener  Charakter  der  Persönlichkeit,  der 
den   Gott  von  dem  Dämon  scheidet.     So  kommt  es,   daß  sie  vor 


')  Preller-Jordan,  Römische  Mythologie^,  II,  S.  228  ff. 


Die  Göttersage.  427 


allem  auch  in  dieser  äußersten  Beschränkung  und  Vervielfältigung 
ihrer  Bedeutungen  Produkte  eines  untergehenden  Götterglaubens  sind, 
der  innerhalb  einer  von  mannigfaltigen  Interessen  beherrschten  Kultur 
für  die  verlorenen  Götter  Ersatz  bei  den  Dämonen  sucht.  Anders  in 
der  noch  unter  dem  vollen  Eindruck  des  Heldentypus  stehenden 
Göttersage.  Hier  sind  es  vornehmlich  die  in  der  eigenen  Seele 
lebenden  Affekte  der  Schuld  und  der  Rache,  der  Furcht  und  der 
Überhebung,  die  Erinyen,  die  Ate,  die  Hybris,  die  Nemesis,  die  neben 
den  allgemeinsten  Verkörperungen  des  dunkeln  Verhängnisses  und  des 
unberechenbaren  Glückszufalls,  den  Moiren  und  der  Tyche,  als  solche 
dämonische  Wesen  fortbestehen.  Ihr  Verhältnis  zu  den  Göttern 
spricht  sich  aber  schon  darin  aus,  daß  sie  deren  Walten  ei^änzen, 
so  daß  fortan  die  Weltordnung  beide  voraussetzt,  während  ander- 
seits die  Götter,  insofern  ihre  Ratschlüsse  dem  Menschen  verborgen 
sind,  selbst  an  der  Natur  der  Dämonen  teilnehmen.  So  fuhrt  vornehm- 
lich Zeus  den  Beinamen  des  bai)ui6vio?,  während  umgekehrt  die  unter  den 
Menschen  finster  schleichende  Ate  nach  dem  Mythus  eine  Tochter 
des  Zeus  ist,  die  dieser,  weil  sie  dereinst  ihn  selber  bestrickt,  vom 
Himmel  auf  die  Erde  geschleudert  hat  (IL  19,  91  ff.).  Hausen  die 
Dämonen,  wie  dieser  Mythus  andeutet,  im  allgemeinen  auf  Erden,  nicht 
im  Himmel,  so  entbehren  sie,  wie  ihre  Beschränkung  auf  das  Wohl 
und  das  Wehe  des  Menschen  und  auf  deren  Reflexe  in  dessen  eigenen 
Gemütsstimmungen  zeigt,  ganz  und  gar  des  selbständigen  persönlichen 
Lebens,  das  die  Götter  ihrer  engen  Beziehung  zur  Heldensage  ver- 
danken. In  solchem  Sinne  darf  man  wohl  sagen,  daß  nach  dieser 
Seite,  die  ja  allerdings  nicht  als  die  einzige  gelten  darf,  der  Held 
der  Vater  des  Gottes  ist,  nicht  umgekehrt  der  Gott  der  Vater  des 
Helden,  wie  die  Heroensage  es  nachträglich  umdeutet.  Der  Held 
ist  der  idealisierte  Mensch,  der  Gott  aber  als  persönliches  Wesen  ist 
der  idealisierte  Held. 

So  ist  denn  auch  die  Göttersage  vor  allem  da,  wo  das  persön- 
liche Wesen  und  Walten  der  Götter  in  ihrem  Verkehr  miteinander 
und  mit  menschlichen  Helden  hervortritt,  keine  selbständige  Sagen- 
form, sondern  sie  ist  so  sehr  mit  der  Heldensage  verwebt,  daß  sie, 
von  dieser  gelöst,  in  eine  Reihe  einzelner  Züge  zerfallt,  die  zwar  den 
Charakter  eines  Gottes  beleuchten  können,  nie  jedoch  eine  zusammen- 
hängende Handlung  bilden.     Das  gilt  selbst  da,  wo  die  Göttersage 


A2S  ^cr  Naturmythas. 


offenbar  mit  Absicht  nach  dem  Vorbild  der  Heldensage  von  der 
Dichtung  umgeformt  ist,  wie  im  nordgermanischen  Mythus;  es  gilt 
aber  vor  allem  von  dem  griechischen  Epos,  das  hier  sichtlich  treuer 
das  ursprüngliche  Verhältnis  bewahrt  hat.  Dies  zeiget  deutlich  die 
nachhomerische  Hymnendichtung.  In  ihr  besteht  die  Technik  des 
Dichters  durchweg  darin,  daß  er  aus  dem,  was  im  Epos  von  einem 
einzelnen  Gotte  erzählt  ist,  mehrere  Züge  zu  einem  Gesamtbild 
vereinigt,  um  dann  mit  der  Lobpreisung  des  Gottes  zu  enden.  So 
in  den  Hymnen  auf  den  delischen  und  pythischen  ApoUon  (Hom. 
Hynm.  I,  11),  oder  in  dem  köstlichen  Hymnus  auf  Hermes,  der  diesen 
erfindungsreichsten  der  Götter  als  Meister  der  Diebe,  als  Beschützer 
der  Viehherden  und  als  Schöpfer  kunstvoller  Musik  in  einer  Erzählung 
schildert,  die  den  eben  erst  den  Windeln  entstiegenen  Gott  zu  ihrem 
Helden  hat  (III).  Kommt  es  darauf  an,  die  kultische  Bedeutung  einer 
Gottheit  ins  Licht  zu  setzen,  so  greift  dann  wohl  auch  der  Dichter 
eine  einzelne  Handlung  heraus,  in  der  ihre  segenspendende  Macht 
besonders  sich  kundgibt.  So  in  dem  Hymnus  auf  Dionysos  mit  der 
Schilderung  der  Meerfahrt  des  durch  seinen  Zauber  Mast  und  S^el 
mit  Reben  umkränzenden,  die  feindlichen  Piraten  aber  zur  Strafe 
in  Delphine  verwandelnden  Gottes  (VI);  oder  in  dem  die  Perle 
dieser  Dichtungen  bildenden  Hymnus  auf  Demeter.  Mit  der  Schil- 
derung der  allgemeinen  Züge  ihres  im  Kult  lebenden  Mythus  ist 
hier  die  ihres  wohltätigen  Wirkens  im  einzelnen  in  dem  Bilde  der 
als  Pflegerin  des  eben  geborenen  Kindes  im  Hause  des  Keleos 
mütterlich  waltenden  Göttin  verbunden  (V,  91  ff.).  Deutlich  erkennt 
man  aus  diesen  Dichtungen,  daß,  so  wirksam  solche  Züge  zu  einem 
Loblied  auf  den  Gott  verwertet  werden  können,  nimmermehr  aus 
ihnen  ein  Götterepos  sich  gestalten  ließe.  Dieses  bedarf  gerade  der- 
jenigen Eigenschaften,  durch  deren  Mangel  die  Götter  von  mensch- 
lichen Helden  verschieden  sind,  der  Wandelbarkeit  des  Schicksals, 
die  selbst  den  gewaltigsten  Helden  mit  dem  Untergange  bedroht  Für 
die  Götter  gibt  es,  mag  auch  ihre  Macht  durch  ihren  eigenen  Wett- 
streit und  schließlich  durch  das  Schicksal  begrenzt  sein,  keine  dauernde 
Trübung  des  Daseins  durch  solch  vorübergehendes  Scheitern  ihrer 
Wünsche,  weil  es  keinen  Tod  für  sie  gibt,  der  ihrem  Wollen  und 
Wünschen  für  immer  ein  Ziel  setzt.  Diese  Gleichförmigkeit  ihres 
Daseins    gestattet   ihnen   wohl    an    den   Wechselfallen    des   mensch- 


Die  Göttersage.  ^20 


liehen  Lebens  teilzunehmen  und  in  sie  einzugreifen.  Doch  eben  weil 
sie  solche  über  dem  Menschen  stehende,  ihn  schützende  xmd  von 
ihm  zu  furchtende  Mächte  sind,  fehlt  ihnen  das  eigene  selbständige 
Leben.  Wenn  sie  trotzdem  keineswegs  jener  individuellen  Persön- 
lichkeit entbehren,  die  die  einzelne  Göttergestalt  von  jeder  andern 
scheidet,  so  hat  dies  wiederum  darin  seinen  Gnmd,  daß  sich  ihr 
Wollen  und  Handeln,  wie  dies  das  Epos  und  die  ihm  entsprungene 
Hynmendichtung  zeigen,  in  den  fortwährenden  Beziehungen  zum 
menschlichen  Leben,  vor  allem  zum  Leben  der  Helden  betätigt. 
Darum  scheiden  sich  nun  aber  auch  diese  unter  dem  Einfluß  der 
historischen  Heldensage  entstandenen  Göttertypen  von  ihren  roheren 
Vorfahren,  wie  sie  auf  weiter  ziuückliegenden  Kulturstufen  als  beson- 
dere sogenannte  Schutzgötter  des  Krieges,  der  Jagd,  des  Ackerbaues 
oder  einzelner  Handwerke  und  Künste  entstanden  sind.  Diese  noch 
ganz  in  die  Sphäre  der  Ortssage  hereinreichenden  Wesen  sind  in 
Wahrheit  mehr  Dämonen  als  eigentliche  Götter:  sie  gehen  ganz  in 
der  ihnen  im  Kultus  angewiesenen  Bestimmung  auf  und  entbehren 
daher  der  selbständigen  Eigenart,  die  zum  Wesen  des  Gottes  ge- 
hört. Vermöge  dieser  Eigenart  der  Einzelgötter  ist  aber  endlich  die 
Götterwelt  auch  darin  ein  Abbild  der  Menschenwelt,  daß  zwar  jede 
Gottheit  ihren  besonderen  Beruf  und  ihre  eigene  Wirkungssphäre  hat, 
daß  diese  jedoch  keineswegs  fest  abgegrenzt  ist,  sondern,  wie  es 
die  Natur  frei  handelnder  Wesen  mit  sich  bringet,  nach  allen  Seiten 
in  das  Wirken  anderer  Götter  hinüberreicht.  Wie  dem  Apollon  uiid 
der  Athena  in  besonderen  Fällen  die  Blitzwaffe  des  Zeus  zu  Gebote 
steht,  so  sind  beide  neben  Ares  Beschützer  der  kämpfenden  Helden; 
neben  Apollon  pflegt  Hermes  Gesang  und  Saitenspiel  usw.  Wie  dem 
Helden,  so  bleibt  eben  auch  dem  Gott  nichts  fem,  was  unter  Men- 
schen begehrenswert  und  rühmlich  erscheinen  kann.  Sein  Gegen- 
gewicht findet  jedoch  der  Widerstreit  der  Bestrebungen,  der  dieser 
göttlichen  so  wenig  wie  der  menschlichen  Gesellschaft  fehlen  kann, 
in  dem  Götterstaat,  der  auch  darin  ein  Abbild  des  menschlichen 
Staates  ist,  daß  unter  dem  Vorsitz  des  Herrschers  eine  Ratsversamm- 
lung oberer  Götter  über  das  Volk  der  übrigen  sich  erhebt.  Daß 
diese  Versammlung  bei  den  Griechen  zuerst  zehn,  dann  zwölf  Mit- 
glieder umfaßte,  entspricht  der  Bedeutung,  die  beide  Zahlen  auch  in 
der   Ordnung   des   bürgerlichen  Lebens   besaßen.     Wenn   dabei   die 


430  Der  Natarmytlias. 


Zwölfzahl  schließlich  obsiegte,  so  war  gerade  hier  wohl  die  spezifische 
Heiligkeit  maßgebend,  die  man  ihr  vor  andern  beilegte.  Daher  denn 
auch  bei  den  Babyloniern  vor  der  Zwölf-  die  ihnen  noch  heSig^ere 
Siebenzahl  als  Ausdruck  für  die  Göttergesamtheit  den  Vorrang  be- 
hauptete, obgleich  das  überaus  reichhaltige  babylonische  Pantheon 
durch  keine  dieser  Zahlen  zu  erschöpfen  war  und  man  daher  ent- 
weder aus  der  Fülle  der  Götter  ein  engeres  KoUegrium  auswählte 
oder  geradezu  an  die  Stelle  von  sieben  Götterpersonen  sieben  Grötter- 
gruppen  treten  ließ.  Hierin  liegt  zugleich  ein  sprechender  Bewds 
daftir,  daß  es  nicht  sowohl  darauf  ankam,  die  Götter  selbst  zu  zahlen, 
als  vielmehr  ihre  geschlossene  Einheit  hervorzuheben^. 

Doch  die  feierlichen  Formen,  in  die  sich  in  dem  Götterstaat  das 
Leben  der  Götter  kleidet,  können  es  nicht  hindern,  daß  dieses  Leben, 
sobald  es  nicht  mehr  bloß  in  der  Teilnahme  an  Heldenkämpfen  und 
Menschenschicksalen  aufgeht,  sondern  auf  die  Götterwelt  selbst  sich 
zurückzieht,  keinen  selbständigen  Inhalt  hat,  und  daß  darum,  je  mehr 
die  Dichtung  diese  Lücke  durch  Übertragung  alter  Märchenmotive 
oder  durch  freie  Erfindung  auszufüllen  sucht,  nun  um  so  mehr  jenes 
Bild  einer  bald  schwelgerischem  Nichtstun  bald  unnützem  Zank  und 
Streit  sich  hingebenden  Gesellschaft  entstehen  muß,  wie  es  schon 
Xenophanes  und  Plato  an  den  homerischen  Schilderungen  gerügt 
hatten,  und  wie  es  später  Lukian  in  seinen  >Götte]^esprächen< 
verspottete.  Hier  tritt  dann  aber  frühe  schon  ein  anderer ,  völlig 
außerhalb  der  Heldensage  liegender  Gedanke  an  diese  Götterwelt 
heran:  er  besteht  in  der  Vorstellung  eines  Wettkampfes  mit  andern 
gleichgearteten,  jedoch  den  Göttern  feindlichen  Mächten 
und  einer  aus  diesem  Kampf  entspringenden  Einsetzung  eben  jener 
Weltordnung,  zu  deren  dauernden  Beschützern  sich  die  Götter  er- 
heben. Dieser  Kampf,  bei  dem  nun  die  Götter  nicht  bloß  die  Kämpfe 
der  Helden  unsichtbar  lenken  und  Lohn  oder  Strafe  über  diese  ver- 
hängen, sondern  in  dem  sie  selbst,  ganz  wie  die  Helden  unter  ein- 
ander, um  Leben  oder  Untergang  ringen,  ist  der  Kampf  mit  den 
Naturdämonen,  mit  jenen  Mächten,  die  vom  Menschen  schon  zu  einer 
Zeit,   da  es  für  ihn  noch  keine  Götter  gab,  gefürchtet  wurden,  und 


^)  J.  Hchn,  Siebenzahl  und  Sabbat  bei  den  Babyloniern  and  im  Alten  Testament, 
1907,  S.  19  ff. 


Die  Göttersage.  a^j 


die  fortan  neben  diesen  von  ihm  gescheut  werden.  So  entsteht 
hier  von  selbst  der  Gedanke  einer  Übertragung  des  Kampfes  der 
Helden,  der  die  Heldensage  und  das  aus  ihr  entstandene  Epos  erfüllt, 
auf  jene  beiden  übermenschlich  vorgestellten  Wesen.  Doch  dieser 
Kampf  kann  sich  naturgemäß  erst  zu  einem  Götterkampf  gestalten, 
nachdem  die  Götter  selbst  unter  dem  Einfluß  der  Heldensage  zum 
Leben  erwacht  sind;  und  auch  dann  ist  es  gerade  das  ihnen  voraus- 
gehende Walten  der  furchtbaren  Naturdämonen  der  Berge,  der  Felsen 
und  Einöden,  der  Stürme,  der  Wolken,  des  Donners  und  der  Blitze, 
dem  die  Bilder  eines  solchen  Götter-  und  Dämonenkampfes  ent- 
nommen werden.  Diese  Motive  liegen  weit  von  jenen  andern  ab, 
die  in  der  Heldensage  die  Götter  zu  persönlichen  Wesen  gestaltet 
haben.  Denn  die  dämonischen  Naturmächte  widersetzen  sich  ver- 
möge ihrer  alle  andern  Motive  zurückdrängenden  Gewalt  über  das 
menschliche  Gemüt  der  Ausbildung  jener  Vorstellung  einer  menschen- 
ähnlichen, zwischen  mannigfachen  Färbungen  des  Naturells  und  der 
Begabung  wechselnden  Götterwelt.  Darum  tragen  nun  auch  die 
Götter,  solange  sie  in  dem  Kampf  um  die  Welt  und  ihre  Herr- 
schaft sich  betätigen,  durchaus  den  Charakter  von  Dämonen,  nicht 
den  von  Göttern  an  sich.  Selbst  da,  wo  uns  sonstige  Zeugnisse  an- 
nehmen lassen,  die  Götter  seien  längst  zum  Leben  erwacht,  und 
wo  sie  in  andern  Gebieten  der  Sage  wirklich  ihrer  persönlichen 
Natur  gemäß  handeln,  da  verwandeln  sie  sich  unter  dem  Zwang  jenes 
Themas  vom  Kampf  mit  den  Naturdämonen  um  die  Ordnung  der 
Welt  selbst  wieder  in  Dämonen.  Nachdem  sie  unter  der  Einwirkung 
der  Heldensage  zu  den  persönlichen  Wesen  geworden  sind,  als  die 
sie  der  Mythus  und  insbesondere  der  Kultus  festhält,  können  dann 
aber  auch  die  Attribute,  die  einst  den  Dämonen  eigen  waren,  an  die 
Götter  übergehen:  so  der  Blitz  und  der  Donner,  die  Wolken  und  die 
Winde,  die  nun  zu  Hilfsmitteln  werden,  deren  sich  die  Götter  teils 
als  Waffen  teils  als  Warnungszeichen  bedienen.  Alles  das  weist  dar- 
auf hin,  daß  in  der  Vorstellung  des  Gottes  zwei  Züge  sich  vereinigen, 
die  ihm  von  jetzt  an  eigen  bleiben:  den  einen,  die  Persönlichkeit,  ent- 
nimmt er  dem  Helden;  den  andern,  die  überwältigende  Macht,  ent- 
nimmt er  dem  Naturdämon,  der  nicht  bloß  dem  Gott,  der  ihn  be- 
siegt, sein  eigenes  Wesen  mitteilt,  sondern  der  ihm  auch  schon  auf 
der  Märchenstufe  des  Mythus  vorausgeht  und  so,  wie  es  die  Theogonie 


432  I^er  Natuimythas. 


in  nicht  gewollter  und  mythologisch  verhüllter,  aber  dem  allgemeiiien 
Sinne  nach  zutreffender  Übereinstimmimg  mit  der  wirklichen  Ent- 
wicklung schildert,  nach  allen  Richtungen  seines  Wirkens  der  Vor- 
fahre des  Gottes  ist.  Wirklichkeit  gewinnt  aber  der  Gott  doch  erst 
in  dem  Augenblick,  wo  zu  dem  Dämon  auch  noch  der  Held  hinzu- 
kommt, der  sich,  wie  wir  nach  allem  Vorangegangenen  annehmen 
dürfen,  in  dem  gleichen  Augenblick  aus  dem  Märchenhelden  zum 
Sagenhelden  erhebt,  wo  der  Dämon  allmählich  menschliche  Züge 
annimmt  und  damit  zum  Gott  wird.  Darum  eben  ist  die  Heldensage 
von  frühe  an  zugleich  Göttersage,  während  im  ursprünglichen 
Mythenmärchen  zwar  Dämonen  von  mancherlei  Art  ihr  Wesen  treiben, 
Götter  aber  noch  nicht  vorhanden  sind. 

f.  Schöpfangssage  and  Theogonie. 

Es  ist  bekanntlich  eine  alte  Gewohnheit  der  Mythographen,   die 
vielfach   auch   auf  die  Mythologen  übergegangen  ist,   daß   sie   ihre 
Darstellungen   der   Götter-   und   Heldensage   eines   Volkes    mit    der 
Schöpfungssage   beginnen  lassen.     So   begreiflich  dieses  Verfahren 
ist,   sobald  man  die  Gesamtheit  solcher  Mythen  als  ein  zusammen- 
gehöriges Ganzes  betrachtet,  für  das  ein  Früher  oder  Später   nicht 
existiere  oder  wenigstens  nicht  mehr  aus  der  Überlieferung  fes^^e- 
gestellt  werden  könne,  so  verhängnisvoll  wird  es  für  die  Auf&ssung 
des  Mythus,   sobald  man  in  dieser  Anordnung  nach  der  Reihenfolge 
der  im  Mythus  erzählten  Begebenheiten  zugleich  ein  Bild  der  chrono- 
logischen Entstehung  der  Mythen  selber  erblickt.    Diese  Verwechs- 
lung,   die   aus  einer  Zeit  herstammt,  in  der  man  den  Mythus  ganz 
oder  mindestens  in  seinen  wesentlichsten  Bestandteilen  noch  für  wirk- 
liche Geschichte  hielt,  wird  natürlich  unhaltbar,  sobald  einmal   der 
außerhalb  jeder  historischen  Kunde  liegende  Charakter  desselben  an- 
erkannt ist.     Dann  wird  es  im  Gegenteil  beinahe  zu  einer  ebenso 
selbstverständlichen  Sache,   daß  die  Schöpfungsberichte  relativ  späte 
Bestandteile  der  Mythologie  sind,  wie   es  dereinst  der  naiven  Auf- 
fassung selbstverständlich  erschienen  war,  daß  der  Bericht  über   die 
Entstehung  der  Welt  das  älteste  Dokument  religiöser  Überlieferung 
sein  müsse.     Darum  wird  es  stets  eines  der  merkwürdigsten  Zeug- 
nisse für  die  große  Beharrlichkeit  von  Vorurteilen,   deren  Daseins- 
berechtigung  längst  aufgehört  oder  sich   in  ihr  Gegenteil  verkehrt 


Die  Göttersage.  477 


hat,  bleiben,  daß  die  Theologie  bis  in  eine  verhältnismäßig  nahe 
Vergangenheit  den  mosaischen  Schöpfungsbericht  im  Anfang  der 
Genesis  für  den  ältesten  oder  mindestens  für  einen  der  ältesten 
Teile  des  Pentateuch  überhaupt  ansah.  Heute  ist  wohl  im  Gegen- 
satze hierzu  die  Überzeugung  durchgedrungen,  daß  dieser  Schöpfungs- 
bericht ein  spätes  Produkt  priesterlicher  Abstraktion  ist,  das  höch- 
stens die  schematischen  Grundlinien  älterer  kosmogonischer  Mythen 
beibehalten  hat 

So  bemerkenswert  nun  aber  auch  die  Ausnahmestellung  sein 
mag,  die  dieser  biblische  Bericht  durch  seine  verstandesmäßige,  die 
mythologischen  Bilder  auf  das  notdürftigste  Maß  einschränkende 
Form  und  durch  seine  den  sonstigen  kosmogonischen  Dichtungen 
der  Kulturvölker  meist  fehlende  religiöse  Tendenz  einnimmt,  so 
stimmen  doch  die  andern  Schöpfungsmythen  mit  dem  biblischen 
darin  überein,  daß  sie  gleichfalls  die  Spuren  eines  relativ  späten  Ur- 
sprungs an  sich  tragen.  Daneben  ist  dann  freilich  für  die  Eigen- 
art, in  der  sich  bei  den  einzelnen  Kulturvölkern  der  kosmogonische 
Teil  ihrer  Göttersage  entwickelt  hat,  die  Verschiedenheit  der  Merk- 
male besonders  bezeichnend,  in  der  sich  jeweils  die  späte  Ent- 
stehung verrät.  Übrigens  ergibt  sich  diese  schon  daraus,  daß  bei  den 
eigentlichen  Naturvölkern  zwar  einzelne  Elemente  eines  Schöpfungs- 
mythus, namentlich  in  den  Formen  der  bei  ihnen  verbreiteten  Himmels- 
und Kulturmärchen,  vorkommen,  daß  aber  eine  zusammenhängende 
Kosmogonie  ebensowenig  existiert,  wie  der  Natur  der  Sache  nach 
von  einer  Theogonie  die  Rede  sein  kann,  wo  es  Götter  überhaupt 
noch  nicht  gibt,  oder  wo  mindestens  nur  in  einem  die  Grenzen  der 
mythologischen  Begriffe  verwischenden  Sinne  Göttervorstellungen  an- 
genommen werden  können.  Wenn  uns  Ausnahmen  von  dieser  Regel 
des  Mangels  einer  eigentlichen  Kosmogonie  begegnen,  so  handelt  es 
sich  in  Wahrheit  entweder  um  Stämme,  auf  die  Einflüsse  benach- 
barter oder  eingewanderter  Kulturvölker  stattgefunden  haben,  wie  bei 
den  Irokesen  und  den  der  mexikanischen  Kultursphäre  angehörenden 
amerikanischen  Völkern,  oder  aber  um  solche,  die  sich  tatsächlich, 
offenbar  ebenfalls  unter  dem  Einflüsse  vorhistorischer  Kulturzusammen- 
hänge, über  das  Niveau  eigentlicher  Naturvölker  erheben,  wie  bei  den 
Polynesiern.  Was  bei  denjenigen  Naturvölkern,  denen  die  Vorbedin- 
gung der  Ausbildung  wirklicher  Göttervorstellungen  fehlt,  an  kosmo- 

Wundt,    Völkerpsychologie  II,  3.  28 


4.34  ^^^  Naturmythns. 


gonischen  Elementen  aufgezeigft  werden  kann,  das  beschränkt  sich 
schließlich  auf  den  Ursprung  von  Sonne  und  Mond  im  Zusammen- 
hang mit  den  Märchen  von  der  Himmelswanderung,  auf  die  primi- 
tiven himmlischen  Verschlingungsmotive,  auf  die  in  einzelnen  Fällen 
sich  findende  Vorstellung,  der  Himmel  habe  dereinst  die  Erde  berührt 
und  sei  durch  ein  Wesen  der  Vorzeit  oder  durch  einen  in  die  Höhe 
wachsenden  Baum  gehoben  worden,  endlich  auf  die  Entstehui^  der 
Menschen  aus  Erde,  aus  Steinen  oder  Bäumen,  die  Umwandlung 
von  Menschen  in  Tiere  und  umgekehrt  usw.,  —  Einzelzüge,  die  zum 
Teil  wohl  in  den  späteren  kosmogonischen  Mythus  übei^^rangen 
sind,  die  aber  für  sich  allein  doch  höchstens  Vorbereitungen  zu  einem 
solchen  bilden.  Als  solche  kommen  hier  namentlich  die  anthropo- 
gonischen  Mythen  in  Betracht,  die  offenbar  am  frühesten  in  Formen, 
die  den  späteren  Schöpfungsmythen  verwandt  sind,  innerhalb  dieser 
vorkosmogonischen  Stufe  sich  ausbilden*). 

Bezeichnender  als  der  Mangel  einer  eigentlichen  Kosmogonie  bei 
den  primitiven  Völkern  ist  jedoch  für  den  relativ  späten  Ursprung 
dieser  Systeme  von  Göttersagen  der  Inhalt  der  Systeme  selbst,  wie 
ihn,  im  einzelnen  zum  Teil  sehr  abweichend  gestaltet,  aber  im  glänzen 
wieder  auf  nahe  übereinstimmende  mythologische  Grundanschauung^en 
zurückführend,  die  Schöpfungssagen  der  Kulturvölker  der  alten  Welt 
uns  vorführen.  Überblickt  man  diese  Kosmogonien  im  Zusammen- 
hang, so  fällt  auch  hier  in  die  Augen,  was  schon  oben  von  der  Götter 
sage  überhaupt  gesagt  wurde:  die  nach  der  historischen  Tradition 
und  den  weit  zurückgehenden  Anfangen  ihrer  Kultur  ältesten  Völker 
sind  keineswegs  in  der  Ausgestaltung  ihrer  Mythen  die  ältesten, 
sondern  sie  repräsentieren  im  Gegenteil  verhältnismäßig  späte  Ent- 
wicklungsstufen. Gerade  die  kosmogonischen  Mythen  lassen  sich  so, 
wenn  wir  sie  nach  den  in  ihnen  selbst  hervortretenden  psychologi- 
schen Motiven,  ohne  Rücksicht  auf  das  Alter  der  Kulturumgebung 
und  der  äußeren  geschichtlichen  Verhältnisse,  in  eine  gewisse  Ent- 
wicklungsfolge zu  bringen  suchen,  deutlich  in  drei  Gruppen  scheiden, 
wobei  freilich  beachtet  werden  muß,  daß  hier  umsoweniger  feste 
Grenzen  zu  ziehen  sind,  als  die  Hauptmotive,  die  zumeist  diese  Schei- 


')  Vgl.    hierza   die    früheren  Abschnitte   über   das  Tier-  ond  Himmelsmärchen, 
S.  iiyff. 


Die  Göttersage.  433 


düng  bedingen,  eigentlich  sämtlich  von  Anfang  an  vorhanden  sind  und 
nur  jeweils  in  verschiedener  Stärke  gegeneinander  wirken.  Die  erste 
dieser  Gruppen  können  wir  als  die  der  rein  mythologischen,  die 
zweite  als  die  der  philosophisch-mythologischen,  endlich  die 
dritte  als  die  der  religiösen  Kosmogonien  bezeichnen.  Was  allen 
diesen  Formen,  besonders  aber  den  beiden  ersten  gemeinsam  ist,  und 
was  sie  von  den  vereinzelten  Naturmythen  unterscheidet,  die  das 
Material  bilden,  aus  dem  sich  die  Schöpfungsmythen  aufbauen,  das 
ist  der  starke  Anteil  der  Dichtung,  die  sich  ebenso  in  der  phan- 
tastischen Ausgestaltung  der  einzelnen  Vorstellungen,  wie  in  der  Kom- 
position »des  Ganzen  betätigt,  das  sich  eben  infolge  dieser  dichterischen 
Verarbeitung  eines  Komplexes  von  Naturmythen  als  eine  Art  plan- 
mäßiger und  einheitlicher  Urgeschichte  der  Welt  und  der  Götter  dar- 
stellt. 

Deutlich  tritt  uns  dieser  Charakter  vor  allem  bei  der  ersten  der 
oben  unterschiedenen  Gruppen,  bei  den  rein  mythologischen 
Kosmogonien  entgegen.  Sie  alle  bieten  poetische  Schilderungen 
der  Entstehung  des  Kosmos  aus  einem  imgeformten  und  ungeordneten 
Chaos,  Schilderungen,  deren  einzelne  Bilder  teils  unmittelbar  den 
Einzelmythen  der  vorangegangenen,  vorkosmogonischen  Stufe  ent- 
nommen, teils  wohl  aus  Umgestaltungen  derselben  hervorgegangen 
sind,  die  dem  Motiv  ihrer  Verbindung  und  Ergänzung  entstammen. 
Dieses  Motiv  liegt  nun  aber  selbst  schon  auf  der  Grenze  zwischen 
Naturmythus  und  Naturphilosophie.  Von  der  Frage  nach  dem  Wie 
und  Warum  der  Weltordnung,  um  die  sich  die  Schöpfungssage  von 
Anfang  an  dreht,  weiß  in  der  Tat  der  primitivere  Mythus  noch 
nichts,  mögen  auch  in  den  Einzelmythen,  die  in  der  mythologischen 
Apperzeption  gewisser  Naturerscheinungen  ihre  Quelle  haben,  immer- 
hin schon  Elemente  gegeben  sein,  die  man  im  Hinblick  auf  ein 
solches  kosmogonisches  Weltbild  als  eine  noch  unbeabsichtigte,  der 
mythenbildenden  Phantasie  von  selbst  sich  darbietende  partielle  Lö- 
sung des  kosmogonischen  Problems  betrachten  könnte.  Doch  in 
dem  umfassenden  Sinne,  in  dem  es  die  Schöpfungssage  beantwortet, 
kann  dieses  Problem,  wenn  auch  seine  Lösungen  hier  noch  ganz 
auf  dem  Wege  der  Mythenbildung  erfolgen,  nicht  ohne  die  Mit- 
wirkung des  reflektierenden  Denkens  entstehen,  und  dieses  Denken 
zwingt  daher  von  Anfang  an  zu  dichterischer  Erfindung,  die  die  vor- 

28* 


A'i()  Der  Natarmythas. 


handenen  vorkosmogonischen  Mythenstoffe  dem  neuen  Zweck  dienstbar 
macht.   Darum  gewinnen  schon  diese  rein  mythisch-poetischen  Kosmo- 
gonien  in  ihrem  ganzen  Aufbau  den  Charakter  einer  aus  M3^us  und 
Dichtung  zusammengewebten  Geschichte,    in   der   sich   zug-leich  von 
frühe  an,  aus  dem  Einheitstrieb   dieser  mythologischen  Systeme  ge- 
boren, philosophische  Ideen  hervordrängen,  die,  zuerst  selbst  noch  in 
ein  mythologisches  Gewand  gehüllt,  da  und  dort  bereits  nach  begrifT« 
lieber  Gestaltung  ringen.    So  entstehen  Schöpfungssagen,  wie  sie  uns 
in  dem  babylonischen  Epos  Enuma  elisch,  in  der  Hesiodischen  Kosmo- 
gonie,  in  den  Liedern  der  älteren  Edda,  der  Völuspa  und  Gyifagiiming, 
oder  in  einer  noch  etwas  mehr  auf  der  Stufe  der  Einzelni3rthen  ver- 
bliebenen Form   in  den   kosmogonischen  Mythen   der  Poiynesier  er- 
halten geblieben  sind.    Jede  dieser  Mythendichtungen  trägt  die  deut- 
lichen Spuren  des  Natur-   und  Kulturmediums  an  sich,    in    dem  sie 
entstanden   ist;  und  doch  ziehen  sich   gewisse  Züge   der  Verwandt- 
schaft, die   offenbar  dem  kosmogonischen  Thema  als  solchem  eigen 
sind,   durch  alle  hindurch.     Dahin  gehören  in  erster  Linie  die  Vor- 
stellungen der  Urfinsternis  und  des  Chaos,  woran  dann  die  weitere 
geknüpft  ist,  daß  mit  dem  Hervortreten  des  Lichts  auch  die  Ordnung 
jenes  Chaos   beginne.     So  bildet  schon  in  der  offenbar  am  meisten 
ausgebildeten  unter  den   zahlreichen,   im  allgemeinen  der  vorkosmo- 
gonischen Stufe  noch  relativ  naheliegenden  polynesischen  Schöpfungs- 
sagen den  Anfang  dieses  großen  Werdeprozesses  die  Scheidung  von 
Himmel  und  Erde  und  die  damit  gleichzeitige  Entstehung  des  Lichts, 
die  jedoch   hier   wie  anderwärts  keineswegs  mit  der  Entstehung  der 
Gestirne  in  direkte  Beziehung  gebracht  ist.   Himmel  und  Erde  werden 
in  diesem  Mythus  als  das  in  liebender  Umarmung  begriffene  Ureltem- 
paar,   Rangi  und  Papa,  geschildert,  eine  Vorstellung,  die  ja  auch  in 
der  Hesiodischen  Theogonie  (127)  und,  freilich    gänzlich  gelöst   von 
jenem  Bild  des  Ureltempaares,  in  dem  ȟber  den  Wassern  schweben- 
den« Geist  Gottes  der  Genesis  leise  noch  anklingt.   Vergeblich  suchen 
die  Söhne  jenes  Paares,   die  bereits  von  Anfang  an  als  Schutzgötter 
der   verschiedenen  Lebensgebiete    und   als    die   direkten  Nachfolger 
der  alten,  vorkosmogonischen  Kulturheroen  auftreten,  die  Eltern   zu 
trennen.     Endlich  gelingt  es  dem  stärksten  unter  ihnen,  Tane,   dem 
Gott  der  Wälder,   als  er  sich  —  eine  unverkennbare  Erinnerung  an 
die  Gestalt  des  Baumes  und  an  den  Mythus  von  dem  Himmel  und 


Die  Göttersage.  ^^y 


Erde  trennenden  und  vereinigenden  Weltbaum  —  auf  den  Kopf  stellt, 
um  seine  Füße  gegen  den  Himmel  zu  stemmen.  Da  wird  es  Licht 
auf  Erden.  Doch  der  eine  der  Söhne^  der  Gott  der  Winde,  ist 
unzufrieden  mit  der  Trennung  der  Ureltem.  Er  wütet  mit  seinen 
Wolken-  und  Sturmdämonen  gegen  Tane  und  gegen  Tangaroa,  den 
Gott  des  Ozeans  und  der  Seetiere'). 

Damit  ist  ein  weiteres  Motiv  in  den  Schöpfungsmythus  eingetreten, 
das  in  den  meisten  Kosmogonien  eine  entscheidende  Bedeutung  ge- 
winnt: das  Motiv  des  Götterkampfes.  Dieser  Kampf  dauert  nach  der 
Anschauung  der  Polynesier  in  seinen  Nachwirkungen  immer  noch  fort: 
in  der  Bedrohung  des  Menschen  und  seiner  aus  dem  Holz  der  Wälder 
gezimmerten  Kanoes  durch  den  Gott  der  Meerfahrt,  wie  in  der  Jagd 
des  Menschen  auf  die  Seetiere.  Unter  den  Göttern  aber  haben  sich  vor 
allen  zwei  zu  Vollendern  der  Schöpfung  erhoben:  Tangaroa  und  Maui, 
die  beiden  Götter,  welche  die  fiir  das  Leben  des  Ozeaniers  wichtigsten 
Elemente,  das  Meer  und  die  Sonne,  zu  ihren  Trägem  haben.  In  den 
verschiedenen  Regionen  dieser  Inselwelt  ist  es  bald  die  eine  bald  die 
andere  dieser  Göttergestalten,  die  im  Vordergrund  steht,  und  an  die 
dann  andere  von  der  obigen  oft  weit  abweichende  Sagen  von  ihrer 
Beteiligung  an  dem  Schöpfungswerk  geknüpft  sind.  Hier  ist  es  na- 
mentlich auch  die  dem  Inselbewohner  naheliegende  Vorstellung,  aus 
der  im  Anfang  alles  bedeckenden  Meerflut  sei  dereinst  das  Land  durch 
den  Gott  an  der  Angel  emporgezogen  worden,  was  in  den  ver- 
schiedenen Gebieten  bald  auf  Tangaroa  bald  auf  Maui  bezogen  wird'). 
Zuweilen  wird  dann  dieser  über  den  Wassern  schwebende  Welt- 
schöpfer auch  infolge  der  hier  naheliegenden  Assoziation  mit  dem 
Lichtreich  als  Vogel  gedacht,  und  das  feste  Land  wird  in  Weiter- 
fiihrung  der  so  angeregten  Vorstellungsreihe  als  das  von  diesem 
Urvogel  gelegte  Ei  geschildert.  Das  sind  Beziehungen,  denen,  neben 
der  Kugelgestalt  des  Himmels,  die  Idee  vom  »Weltei«  ihren  Ursprung 
verdankt,  wie  sie  uns  an  vielen  Orten,   unter  andern  auch  noch   in 


')  G.  Grey,  Polynesian  Mythology»,   1885,  p.  i  ff.    Dittmer,  Te  Tohunga,  S.  14  ff. 

^)  Vgl.  die  Übersicht  von  Gerland  in  Waitz'  Anthropologie  der  Naturvölker,  VI, 
S.  230  ff.,  dazu  Bastian,  Inselgruppen  in  Ozeanien,  1883,  S.  42ff.  (Samoanische  Sage), 
und  dessen  Heilige  Sage  der  Polynesier,  1881  (Tahiti  und  Neuseeland),  S.  17  ff.  Die 
vielfach  in  Ozeanien  mit  der  Kosmogonie  verwebten  Sagen  über  Totenreich  und 
Seelenweg  lassen  wir  hier  als  einem  andern  Gebiet  zugehörig  beiseite.    Vgl.  unten  IV. 


^ß8  Der  Natarmythas. 


der  orphischen  Kosmogonie  begegnet.  Sie  scheint  übrigens  im  ganzen 
relativ  späten  Ursprungs  zu  sein,  wie  dies  ja  auch  die  Verwicklung 
der  Assoziationen  begreiflich  macht,  die  ihr  zugrunde  liegen.  Wenn 
übrigens  Vorstellungen  dieser  Art  neben  jenen  den  Hesiodiscben 
Göttergenealogien  ven^'andten  Vorstellungen  vom  Ureltempaar  und 
seinen  Söhnen  in  die  polynesische  Schöpfungssage  hereinragen,  so 
hängt  diese  Vielgestaltigkeit  sichtlich  zugleich  mit  der  ungeheuren 
Ausdehnung  dieses  Inselgebiets  zusammen.  Sie  ist  wohl  auch  die  Ur- 
sache, daß  hier  in  großer  Zahl  noch  primitivere,  dem  vorkosntogoni- 
schcn  Stadium  angehörige  M}'thenstofre,  die  nur  verhältnismäOig  lose 
mit  der  Schöpfungssage  verwebt  sind,  in  diese  eingehen.  Dahin  ge- 
hören namentlich  Himmclsmärchen  mit  den  uns  bekannten  Motiven  des 
Aufstiegs  zum  Himmel  und  des  Herabstiegs  zur  Erde,  die  Verscfalin- 
gungs-  und  Truhenmärohen  in  ihren  astralen  Formen  usw.  (S.  218  f.). 
Besonders  ist  aber  Maui,  der  Hauptgott  Neusedands,  Hawaiis  und 
.uiderer  Inseln«  der  Held  einer  Fülle  einzelner  Legenden,  die  ihn  ab 
Kulturbringcr  und  Wohltäter  der  Menschen  feiern.  Das  alles  sind 
Reste  alter  Himmels-  und  Kulturm:irchen.  die  nur  äuOeriich  mit  der 
)a>smogonischcn  S«)ge  in  Verbindung  gebracht  scheinen,  und  in  denen 
sich  der  Gott  bald  :n  ein  dämonisches  Zaubem-esen  bald  in  einen 
sterblichen  HeU'.cn  lurücjcvenvandelt.  So  trägt  er  auf  der  einen  Seite 
ebenso  in  den  k:v^*.en.  üo  ihn  car>tellen.  wie  in  einzelnen  Elementen 
.U"s  M\thus  die  .deutlichen  Züge  eines  Sonnengottes  an  sädi.  Ander- 
se;^?  is:  er.  \voK"h><r>,i  .-w-ischcn  Vc^'-  und  Menscfaengestak,  der 
rAuberhittc  He'v'.  J.cr  —  e.r.v  Verrlniun^  \"ielle:cht  von  a&tialem  und 
x-ulVAri.soVr.':  Kc-.crr.rxihus  —  .vis  Feu;rr  riubt.  ias  seine  e^enc  Ahn- 
!rÄu  in  r.^.s^^:vT  Vr.-.r.cfe  *:^,.n:.  uti.".  .:cr  endlich  x3»t  srinm  Tod 
r^aiec.  iricetv.  «::  a:<  Wx'i  ''-  -'1^?  Htr:  i-sr  sc&lafeaden  Goctm  der 
V,ns:>frÄ2äi  eiTj^'^-r:*:-.  ur.:  j^r  ^'.crischic  VrsccrbcchkeÄ  xa  emi^cn, 
OJiV<*  iNrr  \vx*  .'>r  er.i^rir^jrii"*.  v.r.  n^.  erv\r5:t  wiri.  —  mieoei  ein 
*:^:,\  sV*>  :-ft'tfciNrr.  r'/,*.i':v  S.  r.rriur.^fr-rir^rsr.>"Ä:25  ~.;3i  5er  Tat  eines 
K-:,  >c\^>  -^r:^-  .r.'>r!Cr>:  -n-i  j^cr.  Vij  «rrsc  bsü  ais  der  Sohn 
.'.■^  ^vn.cScr  l*:v  :^--y»ü'xri^  rc.-  i^  IV-lcnc  vor  HcvaE  aa  der 
S^v    jirv-c*:    ^••v        S."   c'>c   ^  «^2:.^  -^ -?*■*-    xe^ea   a«ea  Natur- 


Die  Göttersage.  43  q 


mythen  Erzählungen,  in  denen  die  Gestalten  dieser  in  überaus  wech- 
selnden Farben  spielenden  polynesischen  Kosmogonie  ganz  jenen 
Gestalten  der  Mythenmärchen  gleichen,  die,  wie  Jelch  der  Rabe 
oder  der  große  Hase  der  Algonkin,  halb  Zauberwesen  halb  Kultur- 
heroen sind,  die  außerhalb  eines  jeden  Zusammenhangs  mit  dem 
Gedanken  der  Weltschöpfung  stehen. 

Nichtsdestoweniger  würde  es  offenbar  im  Hinblick  auf  den  späten 
Ursprung  aller  kosmogonischen  Mythen  unwahrscheinlich  sein,  wollte 
man  annehmen,  diese  Helden  des  Mythenmärchens  seien  erst  aus 
den  großen  Naturgöttem  der  Schöpfungss^e  entstanden.  Vielmehr 
gilt  das  Umgekehrte:  in  die  Schöpfungssage  haben  sich  die  Ge- 
stalten des  primitiveren  Mythenmärchens  hineingerettet,  aber  sie 
haben  unter  der  Wirkung  des  gewaltigen  Stoffs  erhabenere  Formen 
angenommen,  innerhalb  deren  freilich  Überlebnisse  aus  jenen  früheren 
Stadien  nicht  fehlen.  Eben  darum  sind  auch  die  an  sich  dem 
Inhalt  der  späteren  Schöpfungssage  näher  verwandten  Himmels- 
und Kulturmärchen  vor  andern  von  jener  assimiliert  worden;  doch 
haben  neben  ihnen  gelegentlich  noch  weitere,  ihrem  Thema  ferner 
liegende  Mythenstoffe  Aufnahme  gefunden.  Gerade  da,  wo  diese 
kosmogonische  Mythenform  so  deutlich  noch  die  älteren  Spuren  er- 
kennen läßt,  wie  dies  bei  den  polynesischen  Kosmogonien  teils  der 
allgemeine  Zustand  der  Kultur,  teils  die  große  durch  die  insulare 
Verbreitung  bedingte  Zersplitterung  der  Mythenbildungen  mit  sich 
bringt,  fällt  dies  besonders  deutlich  in  die  Augen.  Um  so  be- 
merkenswerter ist  es  und  um  so  bezeichnender  für  den  philosophi- 
schen Trieb,  der  sich  schon  in  dieser  grotesken  Phantastik  der  rein 
mythologischen  Kosmogonien  zu  regen  beginnt,  daß  hier  bereits  in 
einzelnen  Varianten  der  Schöpfungssage  die  Götter  oder  Dämonen, 
die  sich  an  der  Weltbildung  beteiligen,  teils  als  Naturmächte,  teils  als 
mehr  oder  minder  abstrakte  oder  geistige  Potenzen  erscheinen.  Dabei 
findet  dann  meist  zugleich  in  der  an  und  für  sich  schon  zu  einer 
gewissen  Stufenordnung  herausfordernden  Reihenfolge  ein  Übergang 
von  den  allgemeinsten,  ganz  unvorstellbaren  oder  zwischen  Vorstel- 
lung und  Begriff  unsicher  schwankenden  Prinzipien  der  Dinge  zu 
den  konkreteren,  in  einzelnen  Naturgöttern  verkörperten  Wesen  statt 
Hier  ist  vor  allem  die  spekulative  Phantasie  der  Maoris,  dieses  be- 
gabtesten Stammes  der  polynesischen  Rasse,  der  Grenze  der  (diilo- 


4.40  Der  Naturmythas. 


sophisch- mythologischen  Mythenbildung  nahe  gekommen.  Besonders 
bemerkt  man  dies  an  den  späteren  Umgestaltungen  des  oben  be- 
richteten Mythus  vom  Ureltempaar,  die,  wenn  auch  wahrscheinlich 
zunächst  Erzeugnisse  Einzelner,  doch  zu  sehr  im  Geiste  der  all- 
gemeinen Tradition  gehalten  sind,  als  daß  man  sie  etwa  für  impor- 
tiertes Gut  halten  könnte*).  Da  wird  in  einer  dieser  Versionen  die 
göttliche  Urkraft  oder,  wie  Taylor  übersetzt,  der  Gedanke  das  Erste, 
die  allen  Raum  erfüllende  Dunkelheit  das  Zweite  genannt,  woraus  zu- 
ecst  die  Nacht,  dann  das  Licht,  endlich  Himmel  und  Erde  ge- 
boren werden,  worauf  dann  erst  die  Geburt  der  Götter  folgte,  unter 
denen  nun  in  ziemlich  bunter  Mischung  neben  den  allgemein  ver- 
breiteten Naturgöttern  der  Winde,  des  Meeres,  der  Wälder,  auch 
ein  Gott  des  Guten  und  der  heiligen  Sprüche,  ein  Erschaffer  der 
Nahrung  und  der  Kunst  des  Kochens  und  andere  mehr  auftreten  — 
ein  deutliches  Zeichen,  wie  sich  hier  Überlebnisse  alter  Kultur- 
märchen mit  begrifflichen  Abstraktionen  verschwistern.  Ähnliche 
Erscheinungen  kehren  zum  Teil  in  weit  abweichenden,  zunächst  wohl 
überall  der  individuellen  Erfindung  eines  einzelnen  Insulaners  ent- 
sprungenen Formen  mannigfach  wieder.  In  dieser  charakteristischen 
Verschmelzung  primitiver  Märchenelemente  mit  spekulativen  Abstrak- 
tionen verraten  sich  aber  deutlich  allgemeinere  Motive  von  überein- 
stimmender Arf). 


')  Dittmer,  Te  Tohunga,  S.  13  f. 

')  Als  einer  merkwürdigen,  ebenfalls  in  den  südpazifischen  Gebieten  vorkommen* 
den  halb  mythologischen,  halb  spekulativen  Dichtung  sei  hier  noch  der  Vorstellung  der 
Welt  als  einer  Kokosnuß  gedacht,  in  deren  Mittelpunkt  die  unsichtbare,  rein  geistige 
»Wurzel  aller  Dinge«  ist,  und  in  deren  Innerem  eine  Frau  lebt,  die  Stücke  aus  ihrem 
eigenen  Körper  beißt,  aus  denen  dann  die  Götter  hervorgehen  (W,  W.  Gill,  Myths  and 
Songs  from  the  South  Pacific,  1876,  p.  iff.).  Das  Bild  erinnert  an  den  Riesen  Ymir 
der  nordgermanischen  Sage,  aus  dessen  Körperteilen  die  Dinge  geschafien  werden. 
Im  übrigen  ist  es  eine  analoge  Parallele  zu  dem  in  Polynesien  und  auch  sonst  ver- 
breiteten Bilde  vom  Weltei,  wie  die  mythologische  Dichtung  der  Inder  und  Ägypter 
dem  Ei  gelegentlich  die  Lotosknospe  substituiert  hat  (Brugsch,  Religion  und  Mytho- 
logie der  alten  Ägypter,  1891,  S.  103  ff.).  Alle  diese  Bilder  tragen,  gegenüber  den 
gewöhnlichen  Vorstellungen  vom  Chaos  und  vom  Kampf  der  Götter,  das  Geprftge 
eines  relativ  jungen  Ursprungs  an  sich.  Offenbar  ist  dabei  jedesmal  eine  doppelte 
Assoziation,  nämlich  einerseits  die  der  äußeren  Form  jener  Gebilde  mit  der  Weltkugel, 
und  anderseits  die  mit  dem  Ursprung  des  Lebens  aus  dem  Ei  oder  der  Knospe,  wirk- 
sam gewesen. 


Die  Göttersage.  aai 


Die  gleiche  Verbindung  primitiver  Märchenzüge  mit  Vorstellungen, 
in  denen  sich  bereits  ein  Streben  nach  philosophischer  Begriffsbildung 
kundgibt,  kehrt  in  der  Tat  innerhalb  der  reinmythologischen  Form 
der  Schöpfungssage  überall  wieder*  Man  begegnet  ihr,  die  man,  weil 
ihre  Elemente  halb  dem  beginnenden  imd  halb  dem  bereits  seinem 
Untergang  zuneigenden  Mythus  anzugehören  scheinen,  beinahe  eine 
Verbindung  von  Gegensätzen  nennen  könnte,  ebenso  in  der  grie- 
chischen oder  babylonischen  wie  in  der  polynesischen  Kosmogonie 
und  Theogonie.  Höchstens  daß  die  letztere  diese  Zusammensetzimg 
infolge  des  stärkeren  Überwucherns  der  primitiven  Märchenmotive 
noch  etwas  deutlicher  erkennen  läßt.  Doch  beim  Lichte  besehen  ist 
hierin  die  Hesiodische  Kosmogonie  nicht  wesentlich  anders  geartet. 
Dabei  mag  ja  allerdings  auch  hier  das  wechselnde  Übei^ewicht  der 
einen  oder  andern  Elemente  zum  Teil  auf  der  Komposition  des 
Ganzen  aus  verschiedenen  Textfragmenten  von  abweichendem  Cha- 
rakter beruhen.  Für  die  allgemeine  Natur  dieser  Mythengattung  ist 
es  aber  im  Grunde  gleichgültig,  ob  solche  divergierende  Motive  von 
Anfang  an  sich  verbinden,  oder  ob  sie  teU weise  gesondert  von  ein- 
ander Dichtungen  hervorbringen,  die  später  sich  mischen,  weil  die 
einen  der  andern  zu  ihrer  Ergänzung  bedürfen.  Die  in  der  histo- 
rischen Heldensage  bis  auf  wenige  typische  Formen  in  den  Hinter- 
grund gedrängten  Ungeheuer  leben  daher  innerhalb  der  Kosmogonie 
in  einer  Üppigkeit  der  Formen  wieder  auf,  wie  sie  zuvor  nur  dem 
phantastischen  Zaubermärchen  angehörte,  das  hier  durch  die  Steige- 
rung ins  Gewaltige  und  Dämonische  noch  überboten  wird.  So  wird 
der  im  Mythenmärchen  als  Einzelgestalt  verbreitete  Typus  des  ein- 
äugigen Ungeheuers  zu  einer  Dreiheit  furchtbarer  Gesellen.  Die  mehr- 
köpfigen  und  mehrarmigen  Unholde  des  Märchens  werden  zu  hundert- 
armigen  Riesen  mit  fünfzig  Köpfen  (Hes.  Theog.  i39ff.).  Ebenso  hat 
aber  das  liebliche  Bild  der  dem  Meerschaum  entsprossenen  Aphrodite 
sein  Vorbild  in  der  Quellnymphe  des  Märchens  (190  ff.).  Vollends 
in  Kronos,  der,  durch  die  List  der  Göttermutter  Rhea  getäuscht,  den 
in  eine  Windel  gewickelten  Stein  statt  des  Zeuskindes  verschlingt, 
kehrt  das  weitverbreitete  Märchenmotiv  von  dem  menschenfressenden 
Ungeheuer  wieder,  das  unschädlich  gemacht  wird,  indem  man  es 
Steine  statt  Menschen  verschlingen  läßt  (485;  vgl.  oben  S.  251  f.). 

Neben   diesen  wenig  verändert  aus   dem  Mythenmärchen  in  die 


^^2  ^er  Natnrmythus. 


Kosmogonie  aufgenommenen  Zügen  begegnen  uns  aber  andere,  bei 
denen  umgekehrt  die  so  mannigfacher  Verwandlung  fähigen  Dä- 
monengestalten in  Verkörperungen  allgemeiner  Begriffe  und  geistiger 
Eigenschaften  übei^ehen,  aus  denen  die  anschauliche  m}rtfaische  Vor- 
stellimg  verschwunden  ist.  So,  wenn  in  einem  freilich  auch  sonst  sich 
etwas  fremdartig  ausnehmenden  Stück  die  Nacht  neben  den  dunklen 
Schicksalsmächten  der  Tyche,  der  Keren  und  Moiren  den  Tod,  den 
Schlaf  und  die  Träume,  das  Alter,  die  Nemesis,  die  Eris  und  diese 
wieder  die  Arbeit  gebiert  (Hes.  Theog.  211  ff.);  und  wenn  unter  den 
Titanen,  die  sich  sogleich  bei  Beginn  des  Götterkampfes  der  Seite 
des  Zeus  zuwenden,  des  Zelos,  der  Nike,  des  Kratos  und  der  Bia 
gedacht  wird  (383  ff.).  Hier  bietet  eben  das  Gebiet  der  Dämonen- 
vorstellungen, wie  es  ohne  deutiiche  Grenze  Titanen  und  Götter  in- 
einander übergehen  läßt,  so  auch  einen  weiten  Spielraum  für  die  Vcr- 
einig^g  von  Gestalten  des  frühesten  Naturmythus  mit  den  unheim- 
lichen Schicksalsmächten  oder  den  rätselhaften  Regungen  der  eigenen 
Seele.  Darum  vereinigen  sich  hier  Vorstellungen,  die  auf  der  einen 
Seite  tief  in  das  primitive  Zaubermärchen  zurückreichen,  und  die 
sich  auf  der  andern  der  begrifflichen  Gestaltung  geistiger  Potenzen 
nähern.  Dämon  ist  ebensowohl  das  im  Sturm  daherbrausende  oder 
in  finsterer  Felskluft  hausende  Ungeheuer  wie  der  Schlaf  oder  Traum^ 
die  unerwartete  Wendung  des  Glücks  oder  die  Pein  des  Gewissens 
und  die  wild  aufflammende  Leidenschaft.  Für  die  Vereinigung  dieser 
Extreme  des  Dämonenbegriffs  bildet  aber  vor  allem  die  Kosmogonie 
das  geeignete  Terrain.  Deshalb  erscheint  sie  ebenso  gegenüber  der 
historischen  Heldensage  als  ein  Rückfall  in  die  Regionen  des  primi- 
tiven Mythenmärchens,  wie  sie  in  der  allmählichen  Ausbildung  des 
Gedankens  einer  allgemeinen  Weltordnung  einen  mächtigen  Fort- 
schritt über  jene  bedeutet.  Mag  es  daher  immerhin  teilweise  be- 
rechtigt sein,  diesen  Kontrast  der  abgeklärten  homerischen  Götter- 
welt mit  der  auf  einen  niedrigeren  Märchenton  gestimmten  hesio- 
dischen  Theogonie  zu  Kultur-  und  Stammesunterschieden  in  Beziehung 
zu  bringen,  der  tiefere  Grund  liegt  doch  in  dem  Thema  der  Kosmo- 
gonie selbst,  das,  weil  es  mit  dem  menschlich  gedachten  Helden 
nicht  ausreicht,  zu  den  Wundergestalten  des  Mythenmärchens  zurück- 
greifen muß,  die  es  in  ihrer  dämonischen  Macht  über  das  menschliche 
Maß  hinaus  steigert,  wobei  ihr  nun  aber  das  Märchen  die  Vorbilder 


Die  Göttersage.  443 


und  Stoffe  liefern  muß.  Wie  hier  das  alle  Wechselfälle  des  Helden- 
lebens weit  übersteigende  Wunder  der  Schöpfung  die  kosmogonische 
Dichtung  zum  Zaubermärchen  zurückdrängt,  so  treibt  sie  jedoch 
anderseits  das  Bedürfnis,  in  dieser  unendlichen  Mannigfaltigkeit  der 
geschaffenen  Dinge  Ordnung  zu  schaffen,  nach  aufwärts,  zu  ordnen- 
den Prinzipien  >  die  freilich  an  sich  das  für  solche  Zwischenstufen 
Raum  lassende  Gebiet  der  Dämonenvorstellungen  noch  nicht  über- 
schreiten, in  denen  sich  aber  immerhin  eine  strengere  Begriffsbildung 
bereits  vorbereitet.  So  begegnen  wir  denn  auch  in  dem  baby- 
lonischen Schöpfungsepos,  trotz  der  weit  abweichenden  Kulturbedin- 
gungen, unter  denen  es  entstanden,  im  wesentlichen  der  nämlichen 
Mischung  der  Gegensätze.  Auf  der  einen  Seite  in  der  die  Eigen- 
schaften der  Göttermutter  und  des  urweltlichen  Ungeheuers  in  sich 
vereinigenden  Tihamat  einem  Fabelwesen,  in  dessen  Begleitern  sich 
die  aus  dem  Mythenmärchen  bekannten  Schrecken  wiederholen:  die 
wütende  Schlange,  die  giftgeschwollene  Natter,  der  tolle  Hund,  der 
Skorpion-  und  der  Fischmensch  usw.  (Taf.  11);  und  es  ist  eine  echte, 
nicht  einmal  die  üblichen  Märchendimensionen  überschreitende  Zauber- 
probe, wenn  Marduk,  um  zu  beweisen,  daß  er  der  rechte  Held  im 
Streit  gegen  die  wütende  Rotte  sei,  vor  den  Augen  der  andern  Götter 
ein  Kleid  durch  ein  Zauberwort  zuerst  vernichtet  und  dann  wieder 
entstehen  läßt  (Taf.  IV).  Aber  sobald  nun  nach  Vollendung  des 
großen  Kampfes  Marduk  zur  Begründung  der  neuen  Weltordnung 
übergeht,  gewinnt  die  Dichtung  einen  von  solchem  Zauberspuk  des 
Märchens  weit  abliegenden  Inhalt.  Da  ist  es  nicht  mehr  bloß  der 
in  den  rohesten  Scheidungen  von  Himmel  und  Erde,  von  Land  und 
Meer  sich  betätigende  Weltordner  der  primitiveren  Kosmogonien, 
sondern  der  Gott,  der  nach  festen  Zahl-  und  Zeitgesetzen  die  Ge- 
stirne verteilt  und  ihren  Lauf  regelt,  der  die  Sternbilder  der  zwölf 
Monate  am  Himmel  errichtet,  die  Tage  des  Jahres  bezeichnet  und 
den  Mond  zum  Messer  der  Zeit  macht  (Taf.  V).  In  diesem  großen 
Bild  einer  gesetzmäßigen  Weltordnung,  die  den  Göttern  selbst  in  den 
sie  repräsentierenden  Sternbildern  ihre  Standorte  anweist,  nähert  sich 
diese  Schöpfungssage  der  Grenze,  wo  der  Mythus  zur  symbolischen 
Einkleidung  eines  wissenschaftlichen  Weltbildes  wird.  Von  ihr  unter- 
scheidet er  sich  freilich  immer  noch  dadurch,  daß  er,  so  weit  wir  sehen 
können,   in  der  babylonischen  Kosmogonie  diese  Grenze   nie   über- 


AAA  Der  Naturmythus. 


schritten  hat').  Um  so  greller  erscheint  in  dieser  Sage  der  Kontrast 
zwischen  jenen  beiden  von  frühe  an  dem  kosmogonischen  Mythus 
eigenen  Bestandteilen:  zwischen  den  märchenhaften  Elementen,  die 
noch  ganz  der  Region  des  Zaubermärchens  angehören,  imd  den 
spekulativen  Zügen,  die  schon  nahe  an  die  philosophischen  Mythen 
heranreichen,  wie  wir  sie  etwa  aus  dem  Platonischen  Timäos  kennen. 
Auch  hier  werden  wir  aber  diese  Mischung  scheinbar  heterogener 
Elemente  zugleich  als  ein  Zeugnis  für  die  relativ  späte  Entstehung 
der  kosmogonischen  Dichtungen  überhaupt  ansehen  müssen.  Denn 
mag  das  astrologische  Weltbild  der  Babylonier,  das  jene  Kosmo- 
gonie  einschließt,  noch  so  alt  sein,  es  setzt  unter  allen  Umständen 
eine  wahrscheinlich  schon  Jahrhunderte  hindurch  geübte  planmäßige 
Beobachtung  des  .  gestirnten  Himmels  voraus.  Ist  also  auch  dieses 
Weltbild,  an  den  analogen  Mythen  der  jüngeren  Kulturvölker  ge- 
messen, uralt,  es  rückt  die  Kultur,  auf  der  es  ruht,  nur  in  eine  um 
so  entlegenere  Vergangenheit.  Wir  müssen  uns  eben  auch  hier  daran 
erinnern,  daß  die  für  unseren  Standpunkt  ältesten  Überlieferungen 
darum  noch  keineswegs  Erzeugnisse  einer  zu  ihrer  Zeit  jungen,  son- 
dern einer  sehr  alten  Kultur  sein  können,  deren  Trümmer  fiir  uns 
völlig  verschüttet  oder  höchstens  in  solchen  Fragmenten  erhalten  ge- 
blieben sind,  wie  sie  noch  später  aus  uralten  Mythenmärchen  in  die 
Göttersage  hereinragen. 

Ein  augenfälliges  Zeugnis  bietet  nun  hier  insbesondere  auch  jene 
zweite  Gruppe  kosmogonischer  Sagen,  die  oben  als  die  der  philo- 
sophisch-mythologischen bezeichnet  wurden.  Zu  ihnen  ge- 
hören vornehmlich  die  Schöpfungssagen  der  Inder  und  der  Eranier. 
Hier  ist,  soweit  sich  die  Mythenentwicklung  übersehen  läßt,  der  kos- 
mogonische  Teil  der  Göttersage  überhaupt  nicht  als  selbständiger 
Mythus  entstanden,  sondern  er  hat  sich  aus  dem  religiösen  Hym- 
nus entwickelt.  Dabei  tragen  aber  gerade  die  ältesten  Lieder  so- 
wohl des  Rigveda  wie  des  Avesta  einen  in  hohem  Grade  spekulativen 
Charakter  an  sich,  imd  dieser  betätigt  sich  wieder  vornehmlich  in 
jenen  Hymnen,  die  sich  auf  die  letzten  Fragen  des  Seins  beziehen, 
und  in  denen  der  Hymnendichter  sichtlich  nach  einem  letzten  Ein- 


*)  Übersetzungen  des  babylonischen  Schöpfongsepos  vgl.  bei  P.Jensen,  Die  Kosmo- 
logie der  Babylonier,  1890,  S.  261  ff.  und  H.  Gunkel,  Schöpfung  und  Chaos,  1895, 
S.  401  ff. 


Die  Göttersage.  445 


heitsgedanken  ringt,  der  die  Mannigfaltigkeit  der  Dinge  noch  unge- 
schieden enthalten,  und  dem  sie  darum  unaufhörlich  wieder  zustreben 
soll.  Daß  solche  Hymnen,  wie  der  berühmte  129.  des  X.  Buches 
des  Rigveda  oder  die  Gathas  des  Zarathustra,  weder  mythische  Kos- 
mogonien  noch  überhaupt  eigentliche  Mythen  sind,  bringt  schon 
ihr  Charakter  als  religiöse  Preislieder  mit  sich.  Ebenso  erklären 
sich  daraus  die  Züge  priesterlicher  Spekulation,  die  sie  an  sich 
tragen,  und  durch  die  sie  ohne  weiteres  zu  persönlichen  Werken 
individueller  Dichter  gestempelt  werden.  Daß  hinter  dem  philo- 
sophischen Einheitsgedanken,  der  sich  in  diesen  ältesten  Religions- 
urkunden der  Inder  und  Eranier  spiegelt,  die  Götter  selbst  zurück- 
treten, gibt  ihnen  einen  abstrakt  religiösen  Zug,  während  das  M3rthische, 
das  sie  doch  nicht  ganz  abstreifen  können,  ihnen  den  Charakter  kos- 
mogonischer  Spekulationen  verleiht.  Was  zurückbleibt,  wenn  die 
Götter  zu  philosophischen  Abstraktionen  werden,  das  ist  eben,  wie 
sich  hier  und  in  aller  späteren  Philosophie  offenbart,  das  All-Eine, 
das  von  göttlicher  Kraft  erfüllte  Universum  selbst  oder  eine  nicht 
mehr  als  Persönlichkeit,  sondern  nur  noch  als  dämonisches  Urwesen 
zu  denkende  Gottheit,  die  jenes  gestaltet.  So  ziehen  denn  in  diesen 
ältesten  Dokumenten  indischer  und  eranischer  Kosmogonie  die  my- 
thischen Vorstellungen  fast  wie  Schatten  an  uns  vorüber,  und  wo  sich 
die  Idee  einer  Vielheit  göttlicher  Wesen  regt,  da  stehen  solche  zwischen 
ethischen  Begriffen  und  mythischen  Wesen  mitten  inne*).  Doch  schon 
in  den  jüngeren  Hymnen  des  Rigveda  (z.  B.  X  190,  X  72)  macht  sich 
das  Streben  geltend,  diesen  Gedanken  des  AU-Einen  mit  dem  der 
Vielheit  der  Volksgötter  in  Beziehung  zu  bringen  und  so  eine  mytho- 
logisch-phantastische Kosmogonie  zu  gestalten,  in  die  überdies  als 
Nebenmotive  gelegentlich  auch  die  Märchenvorstellungen  vom  Weltei 
und  von  der  Lotosknospe  als  dem  Ursprung  der  Dinge  hereinreichen. 
Noch  bunter  und  farbenreicher  gestaltet  sich  aber  das  Bild  der 
Schöpfung  in  der  späteren  Sagenüberlieferung  der  Parsen,  wie  sie  in 
der  Sammlung  des  Bundehesh  und  in  den  Schriften  der  zahlreichen 
persischen    Sekten    erhalten    ist   und    in    weitem    Umfang    auch    die 

*)  L.  Scherman,  Philosophische  Hymnen  aus  der  Rig-  und  Atharva-Veda-Sam- 
hitd,  1887,  S.  I  ff.  Max  Müller,  Essays,  I,  1879,  S.  77.  Martin  Hang,  Die  fünf  Gathas 
oder  Sammlungen  von  Liedern  und  Sprüchen  Zarathustras,  1858 — 60.  Abh.  zur 
Kunde  des  Morgenlandes  Bd.  i.     F.  von  Spiegel,  Eranische  Altertumskunde,  I,  1871. 


4^8  Der  Naturmythus. 


mahnen,  daß  es  alles  als  gut  erkenne,  was  Gott  geordnet  hat,  und 
daß  es  heilig  halte,  was  von  Gott  geheiligt  ist.  Doch  so  sehr  dieser 
Schöpfungsbericht  darin  wieder  mehr  den  Charakter  eines  religiösen 
Hymnus  als  den  einer  eigentlichen  Kosmogonie  hat,  so  beweisen  doch 
jene  älteren  Zeugnisse,  in  denen  der  Sieg  Jahwes  über  die  Ungeheuer 
der  Tiefe  poetisch  verherrlicht  wird,  daß  auch  hier  dieser  mit  allen 
Merkmalen  einer  abstrakten  religiösen  Spekulation  ausgestatteten  Lob- 
preisung des  Gottes  in  seiner  Schöpfung  andere  echt  mythologische 
Sagen  vorausgingen.  Daß  in  ihnen  überdies  der  Gegensatz  eines 
guten  und  bösen  Prinzips,  wie  ihn  der  eranische  Mythus  zu  einem 
religiösen  Dualismus  ausgebildet,  in  die  israelitische  Sagenüberliefe- 
rung hineinreicht,  das  erhellt  deutlich  aus  dem  auf  jenen  abstrakt 
monotheistischen  Schöpfungshymnus  in  der  Genesis  unmittelbar  fol- 
genden Mythus  von  Paradies  und  Sündenfall. 

So  bleiben,  wenn  wir  von  den  mehr  der  spielenden  Vergleichung 
als  dem  ernsthaften  Mythus  angehörenden  Bildern  der  Welt  als 
Kokosnuß,  als  Lotosknospe  oder  als  Weltei  absehen,  das  Chaos  und 
der  Dämonen-  und  Götterkampf  die  beiden  regelmäßigen  Be- 
standteile der  kosmogonischen  Sage.  Unter  ihnen  ist  das  Chaos  wieder 
in  seiner  Bedeutung  der  unveränderlichste.  Das  ihm  überall  zu- 
kommende Merkmal,  das  von  den  kosmogonischen  Anfangen  des 
Mythenmärchens  bis  in  die  spekulativen  und  spezifisch  religiösen  Ge- 
staltungen hinaufreicht,  ist  das  der  Finsternis.  Daher  das  Auf- 
treten des  Lichts,  vor  dem  die  Finsternis  verschwindet,  stets  zugleich 
den  Beginn  der  Schöpfung  bezeichnet.  Der  in  der  Finsternis  ver- 
borgen liegende  StofT  des  Chaos  kommt  dann  aber  in  einer  doppelten 
Form  vor,  die  wahrscheinlich  jedesmal  von  den  Naturbedingungen 
abhängt,  unter  denen  der  Mythus  entstand:  er  ist  entweder  ein 
leerer,  meist  als  gähnender  Abgrund  geschilderter  Raum,  wie  in  der 
Hesiodischen  und  der  nordgermanischen  Kosmogonie,  oder  er  ist 
eine  ungeheure  Wassertiefe,  wie  in  der  polynesischen,  der  babyloni- 
schen und  der  biblischen  Sage.  Doch  kann  auch  die  Anschauung 
zwischen  beiden  Vorstellungen  schwanken,  ein  Fall,  der  wohl  bei  den 
verschiedenen  Versionen  der  griechischen  Schöpfimgsmythen  sowie 
bei  der  späteren  Vorstellung  der  Israeliten  von  einer  »Schöpfung  aus 
Nichts«  anzunehmen  ist.  Denn  unter  dem  Nichts  wird  hier  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  der  leere  Raum  verstanden.    Die  psychologischen 


Die  Göttersage.  44  q 


Motive  dieser  allgemeinen  Vorstellungen  vom  Chaos  liegen  ziemlich 
offen  zutage.  Was  jeder  Weltordnung  vorausgeht,  ist  naturgemäß  das 
völlig  Unbestimmte  und  Ungeordnete.  Dieses  Unbestimmte  ist  aber 
für  das  naive  mythologische  Bewußtsein  die  alle  Gegenstände  gleich- 
mäßig umhüllende  Finsternis.  Dem  entsprechend  erscheint  dann  der 
Anfang  der  Schöpfung  als  ein  erstes  Morgengrauen:  die  Weltschöpfung 
ist  der  Weltmorgen,  bei  dessen  Anbrechen  die  Finsternis  weicht  und 
die  einzelnen  Dinge  aus  dem  Dunkel  allmählich  deutlich  geschieden 
hervortreten.  Über  den  Inhalt  dessen,  was  vor  dem  Eintritt  dieser 
Scheidung  das  Dunkel  des  Chaos  birgt,  herrschen  jedoch  zwei  ab- 
weichende Vorstellungen.  Der  Binnenlandbewohner  überträgt  hier 
wohl  zunächst  das  Bild  des  leeren,  finstem  Abgrunds  auf  jenes  noch 
von  Finsternis  umhüllte  Weltganze:  der  in  Nacht  gehüllte  unendliche 
Raum,  der  nirgends  eine  Grenze  erkennen  läßt,  wird  ihm  zum  An- 
fang der  Dinge.  Dem  Strand-  oder  Inselbewohner  ist  die  ins  Un- 
begrenzte sich  erstreckende  Meerflut  das  Urbild  der  noch  ungeschie- 
denen Mischung  der  Dinge.  Denn  diese  ungeheuere  Wassermasse 
setzt  sich  ihm  am  Horizont  unmittelbar  in  das  himmlische  Wasser 
fort,  das  alles  umschließt,  so  daß  das  kleine  Stück  Erde,  das  er  be- 
wohnt, aus  dieser  Masse  irdischer  und  himmlischer  Gewässer  nur  als 
ein  isoliertes,  dereinst  ebenfalls  überflutetes  Eiland  hervorragt.  Darum 
spaltet  in  dem  babylonischen  Epos  der  siegreiche  Gott  Marduk  den 
Leib  der  Tihamat  in  zwei  Hälften,  deren  eine  er  zum  Dach  des 
Himmels  macht,  dem  er  einen  Riegel  vorschiebt  und  Wächter  vor- 
setzt, die  das  Wasser  zurückhalten;  und  in  der  biblischen  Schöpfungs- 
sage errichtet  Gott  den  Himmel  als  eine  Scheidewand  zwischen  den 
oberen  und  den  unteren  Gewässern.  Beidemal  ist  es  das  Bild  eines 
irdischen  und  eines  himmlischen  Ozeans,  die  sich  zur  Vorstellung 
eines  ursprünglich  alles  in  sich  bergenden  Meeres  verbinden.  Mit 
diesem  abweichenden  Ursprung  der  Chaosvorstellungen  ist  natürlich 
nicht  auch  vermacht,  daß  sie  uns  nur  da  begegnen  werden,  wo  für 
jede  von  ihnen  die  besonderen  Bedingungen  der  Naturumgebung  voll- 
kommen erfüllt  waren.  Denn  partiell  sind  diese  Bedingungen  für 
beide  überall  soweit  gegeben,  daß  jede  bei  ihrer  Wanderung  leicht 
assimiliert  werden  kann,  oder  beide  sich  zu  Vorstellungen  umbilden, 
die  aus  ihren  Motiven  gemischt  sind. 

Einer  ganz  andern  Seite  gehört  dagegen  der  zweite  Gnindbestand- 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  29 


ACQ  Der  Naturmythas. 


teil  der  kosmogonischen  Sage,  der  Götterkampf,  an.  Er  ist  un- 
verkennbar zunächst  ein  Bild  gewaltiger  Naturkatastrophen,  wie  sie 
großen  Veränderungen  der  Oberflächengestaltung  der  Erde  voran- 
zugehen pflegen.  Sturm,  Gewitter,  Erdbeben  und  Überschwemmung 
erscheinen  als  Verkörperungen  dämonischer  Gewalten,  und  in  der  Ruhe, 
die  nach  solchen  Katastrophen  eintritt,  sieht  daher  der  Mensch  das 
Ergebnis  eines  Sieges  über  die  Sturm-  und  Wetterdämonen,  den  er 
vor  allem  den  Schutzgöttern  seines  Landes  zuschreibt.  Dennoch  ver- 
hält sich  dieses  den  alljährlich  sich  wiederholenden  Ereignissen  ent- 
nommene äußere  Kampfmotiv  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  zu  den 
endgültigen  kosmogonischen  Vorstellungen  nicht  wesentlich  anders  als 
wie  das  tägliche  Morgengrauen  zu  dem  ersten  Weltmorgen,  an  dem 
sich  das  Chaos  zu  ordnen  beginnt.  Auch  jenes  ist  eine  Projektion 
der  alltäglichen  Eindrücke,  die  Sturm  und  Wetter  begleiten,  in  die 
Vorstellungen  vom  Weltmorgen,  eine  Projektion,  die  zugleich  die 
vorübergehende  Naturkatastrophe  ins  Ungeheuere  vergrößert  In  ihr 
wachsen  daher  die  Gestalten  der  Dämonen,  die  im  täglichen  Gewitter- 
sturm hausen,  im  selben  Maße  ins  Übermenschliche,  wie  die  Schöpfung 
der  Welt  selbst  eine  Tat  ist,  die  an  unermeßlicher  Größe  die  wirk- 
lich erlebten  Naturkatastrophen  überbietet.  Darum  ist  es  vielleicht 
ebenso  sehr  diese  Übertragung  des  relativ  Kleinen  ins  Große  wie  die 
an  sich  schon  gereiftere  Stufe  eines  auf  die  Entstehung  der  Welt  ge- 
richteten mythologischen  Denkens,  was  die  Kosmogonie  ihrer  Natur 
nach  zu  einem  späten  Erzeugnis  macht.  Dem  andern  Bestandteil 
dieser  Sagen,  dem  Chaos  gegenüber  setzt  dann  aber  außerdem  der 
Götterkampf,  wie  er  mannigfaltigere  Gestaltungen  annimmt,  so  auch 
verwickeitere,  überall  von  vorangegangenen  Mythenbildungen  ab- 
hängige Bedingungen  voraus.  So  sind  es  neben  jenen  schon  in  den 
Dämonenvorstellungen  wirksamen  Naturmotiven  teils  die  bis  zum 
primitiven  Mythenmärchen  zurückreichenden  Züge  des  Kampfes  mit 
Ungeheuern,  teils  aber  auch  die  Kämpfe  der  Heldensage,  die  hier  auf 
den  weltumfassenden  Schauplatz  eines  Wettstreits  um  die  Herrschaft 
über  Götter  und  Menschen  verpflanzt  werden.  Darum  sind  die  Götter 
in  diesen  Sagen  halb  Sagen-  halb  Märchenhelden.  Wie  jene  sind  sie 
durchaus  menschenähnliche,  nur  noch  mehr  über  das  menschliche 
Maß  erhobene  Persönlichkeiten;  diesen  gleichen  sie  in  den  grotesken 
Wunder-   und  Zaubertaten,   die  sie   ausfuhren,  und  in  der  die  Hilfs- 


Die  Göttersage.  451 


mittel  der  Sage  weit  übersteigenden  Phantastik  der  Schilderungen,  die 
nur  gegenüber  dem  Märchen  wieder  ins  Ungeheuere  vergrößert  sind. 
So  ist  die  kosmogonische  Sage  mehr  Märchen  ab  Sage,  und  doch 
werden  in  ihr  bereits  ethische  und  religiöse  Motive  wirksam,  die  selbst 
in  der  Heldensage  noch  zurücktreten.  Dabei  überragt  sie  aber  die 
letztere  vor  allem  auch  darin,  daß  die  Götter  in  ihr  nicht  mehr  bloße 
Zuschauer  oder  gelegentliche  Teilnehmer  der  von  den  Helden  ge- 
führten Kämpfe  sind,  sondern  daß  sich  ihnen  hier  ein  ungeheuerer 
Schauplatz  selbständiger  Tätigkeit  eröffnet  hat,  der  ihnen  einen  eigenen 
Lebensinhalt  gibt,  und  auf  dem  sie  sich  nun  erst  die  Stellung  dauernder 
Beschützer  der  natürlichen  wie  der  sittlichen  Weltordnung  erringen 
können.  Hat  die  Heldensage  die  Götter  dem  Menschen  als  ihm  ver- 
wandte persönliche  Wesen  nahe  gebracht,  so  werden  sie  hier  durch 
dieses  gewaltige  Schauspiel  der  Götterkämpfe  weit  über  die  Sphäre 
menschlichen  Tuns  erhoben.  Auf  diese  Weise  ergänzt  die  Kosmo- 
gonie  die  Vorstellung  des  göttlichen  Schutzes,  die  die  Kämpfe  der 
Helden  entstehen  ließen,  durch  die  andere  einer  die  menschliche 
Fassungskraft  übersteigenden  Erhabenheit,  indem  sie  die  Qötter  selbst 
als  Kämpfer  um  die  Herrschaft  der  Welt  einfuhrt. 

Nachdem  so  die  Götter  zu  Helden  auf  einer  Himmel  und  Erde 
umspannenden  Schaubühne  geworden  sind,  verändern  sich  nun  aber 
auch  die  Motive  dieses  Streites,  soweit  es  dieser  umfassendere  Schau- 
platz zuläßt,  nach  den  Vorbildern,  die  der  Kampf  der  Helden  ge- 
liefert hat.  Zunächst  sind  zwar  überall  noch  jene  unmittelbar  aus  der 
Naturanschauung  geschöpften  Motive  vorwaltend,  wie  sie  aus  den  all- 
täglichen Erscheinungen  von  Sturm  und  Wetter  auf  die  große  Kata- 
strophe der  Weltentstehung  übertragen  werden :  der  Kampf  um  die 
Welt  ist  ein  siegreicher  Streit  der  erhabenen  Himmelsgötter  gegen  die 
furchtbaren  Ungeheuer  und  die  zerstörenden  Dämonen  der  Tiefe. 
Doch  mit  dem  einmal  errungenen  Sieg  kommt  dieser  Kampf  nicht 
zu  dauernder  Ruhe.  Die  Vorstellung,  daß  unter  Göttern  so  wenig 
wie  unter  Menschen  die  Anlässe  aufhören,  die  solchen  Streit  fort- 
zusetzen gebieten,  ist,  sobald  der  Schöpfungsmythus  in  der  weiteren 
Göttersage  nachwirkt,  unab weislich.  Damit  werden  nun  notwendig 
die  überwundenen  Ungeheuer  mehr  und  mehr  zu  Wesen,  die  selbst 
den  Göttern  gleichgeartet  sind.  Wird  dann  trotzdem  der  Gegensatz 
zwischen  beiden   festgehalten,   so  kann  es  kommen,  daß,  wie  in  den 

29* 


452  I^c'  Natunnythus. 


älteren  Traditionen  der  Eranier,  die  zerstörenden  Mächte    nicht  zu- 
erst die  Welt  beherrschen,  um  dann  von  den  g^ten  Himmelsgöttem 
besieg^  zu  werden,  sondern  daß  jene  umgekehrt  erst  nachträglich  sich 
erheben,  um  das  gute  Werk  des  Weltschöpfers  zu  stören,  bis  sie  end- 
lich in  einem  zweiten  endgültigen  Kampfe  besieget  werden.   Aber  auch 
•wo    das  dem   Wettersturm   entnommene  Bild  des  Sieges   der  welt- 
schaffenden  Götter   über   ein   vorweltliches  Geschlecht   dämonischer 
Wesen   die   Oberhand   behält,    da    übt   doch   die   hieraus    sich   ent- 
wickelnde Vorstellung   einer   im  Wechsel   der  Zeiten   eingetretenen 
Folge  weltbeherrschender  Mächte  die  Wirkung  aus,  daß   nun  auch 
auf  diese  göttliche  Herrschaftsfolge  die  von  den  irdischen  Heroen  und 
Herrschern   entnommenen   Anschauungen    übertragen   werden.      Die 
einstigen  Dämonen  werden  zu  Göttern  einer  vorangegangenen  Genera- 
tion, und   der  Mythus  gibt  dem  Ausdruck,   indem  er    die   späteren 
siegreichen  Götter   zu  Kindern   und  Enkeln  jener  Urwesen    macht 
Nebenbei  können  diese  freilich  immer  noch  ihre  einstigen  Ungeheuer^ 
eigenschaften  bewahren:  so  die  drachengestaltige  Göttermutter  Tihamat, 
der  seine  Kinder  verschlingende  Kronos  u.  a.    Immerhin  können  nun 
in  dieser  Verbindung  von  Eigenschaften  die  ursprünglichen  kosmo- 
gonischen  Vorstellungen  allmählich  zurücktreten,  um  jenem  Motiv  des 
auf  die  Götterwelt  übertragenen  Wechsels  der  Generationen  den  Vor- 
rang zu  lassen.     Das  geschieht   namentlich,  sobald   sich  entgegen- 
gesetzte  Motive  in  den  Vordergrund  drängen,  die  schließlich  sogar 
den    Wertcharakter,    den    der    Mythus    den    verschiedenen    Götter- 
geschlechtern beilegt,   umkehren   können.     So   hat  sich  im  späteren 
griechischen  Mythus  unter  dem  Einfluß  der  Sage  vom  goldenen  Zeit- 
alter  die  Herrschaft   des  Kronos  oder  bei  den  Römern  des  Satumus 
in  eine  Zeit  ungetrübter  Glückseligkeit  venvandelt.     Doch  auch   der 
Zukunft  kann  sich  jetzt  die  Vorstellung  von  dem  Wechsel  der  Götter- 
geschlechter zuwenden.     Ein  prophetischer  Zug  solcher  Art  spricht 
schon  aus   den  Liedern  des  Avesta  und  den  Mythen  des  späteren 
Parsismus,  in  denen  der  völlige  Untergang  der  Werke  Ahrimans  und 
der  Sieg  des  guten  Gottes  vorausverkündet  wird;  und  eng  verbunden 
mit   Ideen    von    einer    neuen    besseren    Weltschöpfung   oder    Welt- 
erneuerung begegnet  man  diesem  Gedanken   in  der  jüdischen  und 
christlichen  apokalyptischen  Literatur.    Dabei  ist   diese  merkwürdige 
Form  mythologischer  Dichtung  freilich  ihrem  ganzen  Charakter  nach 


Die  Göttersage.  ^53 


ein  spätes  Produkt  mystisch -phantastischer  Spekulation.  Immerhin 
bleibt  sie  für  gewisse  Seiten  der  mythologischen  Entwicklung  in 
hohem  Grade  bedeutsam.  Verwandte  Töne  klingen  uns  endlich,  an- 
knüpfend an  die  germanische  Göttersage,  aus  der  nordischen  Völuspa 
und  den  zu  ihr  gehörigen  Ausfuhrungen  in  der  jüngeren  Edda  ent- 
gegen, Dichtungen,  bei  denen  freilich  gerade  hier  der  Hinweis  auf 
den  noch  unbekannten,  Gott,  der  die  Zukunft  beherrschen  wird,  die 
Vermutung  christlichen  Einflusses  naheleg^.  Indem  in  allen  diesen 
Fällen  die  Weissagung  einer  in  der  Zukunft  neu  erstehenden  Welt 
einen  Untergang  der  alten  vorausgehen  läßt,  bilden  aber  diese  Mythen 
zugleich  eine  eigentümliche  Abart  kosniogonischer  Sagen:  die  Welt- 
untergangssagen, zu  denen,  als  ihre  ältesten,  in  der  Mythen- 
geschichte noch  auf  die  Vergangenheit  zurückweisenden  Formen,  die 
Sintflut-  und  Sintbrandsagen  gehören. 

g.  Sintflut-  nnd  Sintbrandsagen. 

Die  Weltuntergangssage  bildet  das  mythologische  Komplement 
zur  Weltschöpfungssage.  Dieses  Verhältnis  schließt  zwar  die  Not- 
wendigkeit ein,  daß  eine  Schöpfungssage  vorhanden  sei,  wo  eine 
Weltuntergangssage  entstehen  soll,  aber  keineswegs  die  andere,  daß 
wir  auch  umgekehrt  überall,  wo  sich  ein  kosmogonischer  Mythus  aus- 
gebildet hat,  einen  solchen  vom  Untergang  der  Dinge  vorfinden 
müßten.  Wie  vielmehr  die  Schöpfungssage  selbst  nach  allen  ihren 
Merkmalen  verhältnismäßig  späten  Ursprungs  ist,  so  ist  die  Welt- 
untergangssage, besonders  in  ihrer  ausdrücklich  auf  die  Zukunft  be- 
zogenen oder,  wie  wir  sie  kurz  nennen  wollen,  in  ihrer  apokalyp- 
tischen Form  noch  späteren  Datums.  Sie  setzt  besondere  historische 
Bedingungen  voraus,  die  keineswegs  so  allgemeiner  Art  sind,  wie  die- 
jenigen, die  auf  einer  bestimmten  Stufe  mythologischer  Entwicklung 
zur  kosmogonischen  Sage  führen.  Weit  verbreiteter  als  diese  in  die 
Zukunft  verlegten  eigentlichen  Weltuntergangssagen  sind  die  Sintflut- 
und  die  ihnen  verwandten  Sintbrandsagen,  in  denen  ein  solches 
Ereignis  der  Zerstörung  der  Welt  durch  Wasser  oder  durch  Feuer  als 
ein  vergangenes  erzählt  wird.  Sie  stehen  weniger  unter  bestimmten 
historischen  als  unter  geographischen  Einflüssen,  da  offenbar  Natur- 
ereignisse, die  in  den  betreff*enden  Ländergebieten  vorkommen  können, 
den  nächsten  Anstoß  zur  Entstehung  solcher  Sagen  zu  geben  pflegen, 


454  ^^^  Naturmythus. 


Dabei  besitzen  übrigens  alle  diese  Sagen  und  besonders  die  Flut- 
sagen, infolge  der  weiten  Verbreitung  der  ihre  Assimilation  be- 
günstigenden Bedingungen,  eine  eminente  Wanderfahigkeit,  die  die 
Beurteilung  der  Herkunft  der  einzelnen  Sagengebilde  um  so  mehr  er- 
schwert, je  leichter  zugleich  das  Grundthema  dieser  Mythen  mit 
Märchenstoffen  anderen  Ursprungs  sich  verweben  und  dadurch  die 
Frage,  was  in  einem  solchen  Mythengebilde  ^utochthon  und  was  zu- 
gewandert sei,  erschweren  kann.  Da  jedoch  die  psychologischen 
Eigenschaften  der  Sage  von  dieser  im  einzelnen  außerordentlich 
großen  Variation  der  Bedingungen  wenig  berührt  werden,  so  können 
wir  uns  hier  um  so  mehr  auf  die  Hervorhebung  der  allgemeinen 
psychologischen  Züge  dieser  Sagengattungen  beschränken,  als  jene 
Unterschiede  mehr  von  ethnologischem  und  historischem  als  von 
psychologischem  Interesse  sind. 

Daß  nun  hier  die  nächste  äußere  Bedingung  für  die  Entstehung 
der  Sintflutsagen  das  gelegentliche  Vorkommen  von  Regengüssen 
und  Überschwemmui^en  sei,  dafür  bildet  die  Tatsache  ein  sprechendes 
Zeugnis,  daß  die  Flutsage,  außer  wo  sie  nachweisbar  zugewandert  ist, 
in  solchen  Ländergebieten  fehlt,  in  denen  Regengüsse  und  Über- 
schwemmungen selten  sind :  so  in  ganz  Afrika  und  in  den  dem  Nor- 
den dieses  Erdteils  gegenüberliegenden  Gebieten  der  arabischen  Halb- 
insel, ferner  in  Ost-  und  Zentralasien.  Ds^egen  findet  sie  sich  sdt 
früher  Zeit  in  Indien,  in  ganz  Vorderasien,  in  Europa,  wo  vor  allem 
Griechenland  eine  eigentümliche  Variante  der  Sage  hervorgebracht 
hat,  endlich  fast  überall  in  Amerika  und  in  Ozeanien  einschließlich 
Australiens'').  Daß  unter  jenen  lokalen  Bedingungen  der  Regen  eine 
größere  Rolle  spielt  als  die  Überschwemmung,  dafür  scheint  übrigens 
das  regenarme  Ägypten  zu  sprechen,  dem  trotz  seiner  regelmäßigen 
Nilüberschwemmungen  die  Flutsage  ursprünglich  fehlt  Ein  weiteres 
Zeugnis  für  diesen  Einfluß  der  Naturbedingungen  bietet  aber  die  Er- 
scheinung, daß  besonders  in  Südamerika  weit  verbreitet  statt  der 
Sintflut-  oder  noch  häufiger  neben  ihr  eine  Sintbrandsage  vor- 
kommt"). Wie  der  den  Austritt  der  Flüsse  verursachende  Regen  die 
Flutvorstellung  auslösen  kann,   so  lieg^  es  offenbar  nahe^   bei   dem 

')  Vgl.  die  ZasammenstellaDg  bei  R.  Andree,  Die  Flntsagen,  1S91,  S.  I25ff. 
^)  Ehrenreich,  Die  Mythen  and  Legenden  der  südamerikanischen  Urrölker,  1905, 
S.  30. 


Die  Göttersage.  4c 5 


Weltbrand  an  die  verheerenden  Prairie-  und  Waldbrände  zu  denken, 
die  weithin  die  Erde  verwüsten  können.  Wo  aber  außerdem,  wie  vor 
allem  im  mexikanischen  Kulturkreis,  die  Jahreszeiten  zwischen  dem 
lebenvemichtenden  Sonnenbrand  und  neu  belebenden,  aber  nicht  selten 
auch  durch  ihr  Übermaß  furchtbaren  Regengüssen  wechseln,  da  ist 
dann  die  Gelegenheit  zur  Ausbildung  dieser  Zerstörungssagen  in 
doppelter  Richtung  gegeben:  zuerst  wird  die  Welt  durch  Feuer,  dann 
durch  Wasser  zerstört,  oder  es  wechseln  im  Lauf  der  Geschichte 
solche  Katastrophen  mehrmals  miteinander.  Die  Vorstellung  von 
diesem  teils  gegensätzlichen  teib  ergänzenden  Verhältnis  von  Feuer 
und  Wasser,  die  in  der  fast  über  die  ganze  Erde  verbreiteten  kulti- 
schen Verwendung  beider  als  Lustrationsmittel  ihren  Ausdruck  findet, 
hat  offenbar  in  jenen  Gebieten  Zentral-  und  Südamerikas  unter  dem 
Einfluß  der  hier  herrschenden  starken  Gegensätze  von  Sonnenbrand 
und  Regen  und  ihrer  Wirkungen  auf  die  Vegetation  der  ganzen  Mytho- 
logie ihr  Gepräge  gegeben*).  Um  so  deutlicher  tritt  aber  die  innere 
Verwandtschaft  von  Sintflut  und  Sintbrand  zutage,  die,  wie  wir  unten 
sehen  werden,  auch  in  ihrer  häufigen  Verbindung  bei  den  apokalyp- 
tischen Weltuntergangssagen  zu  bemerken  ist 

Doch  in  diesen  weiteren  mythologischen  Beziehungen  liegt  schon 
ausgesprochen,  daß  weder  die  Flut-  noch  die  Feuersage  ausschließ- 
lich auf  lokale  Bedingungen  zurückgeführt  werden  kann.  Diese 
müssen  natürlich  vorhanden  sein,  wenn  die  eine  oder  die  andere  ent- 
stehen soll ;  aber  an  sich  wirken  solche  Bedingungen  doch  wiederum 
nur  als  auslösende  Reize,  die  eine  Fülle  weiterer  mythischer  Vor- 
stellungselemente in  Bewegung  setzen,  denen  nun  erst  die  Sage  ihren 
wesentlichen  Inhalt  entnimmt.  Unter  ihnen  stehen  hier  die  Himmels- 
erscheinungen in  erster  Linie,  um  so  mehr,  da  ja  sie  es  zugleich  sind, 
die  bereits  bei  den  das  Vorbild  zu  allen  Weltuntergangsmythen  ab- 
gebenden Schöpfungssagen  eine  hervorragende  Bedeutung  besitzen. 
Vielleicht  mehr  noch  als  der  Savannenbrand  ist  es  in  der  Tat  der 
Menschen  und  Tiere  dahinraffende  und  die  Felder  versengende  Sonnen- 
strahl, der  das  Bild  der  Weltzerstörung  durch  Feuer,  nachdem  es 
erst  einmal  durch  solche  vereinzelte  Erdkatastrophen  entstanden  ist, 
immer  und  immer  wieder  von  neuem  erweckt.   Und  mehr  als  Regen 


')  K.  Th.  Preuß,  Die  Feuergötter  usw.  Mitteilungen  der  Wiener  anthropol.  Ges., 
ßd.  33,  1903,  S.  2 10  ff. 


^.56  I^cr  Natarmythus. 


und  irdische  Überschwemmung  ist  es  der  himmlische  Ozean,  der 
durch  seine  ungeheuere  Ausdehnung  die  Vorstellung  der  alles  ver- 
schlingenden Flut  unterstützt.  So  begreift  es  sich  auch,  daß  die 
polynesische  Inselwelt,  auf  der  die  terrestrischen  Bedingungen  zur 
Entstehung  von  Flutsagen  verhältnismäßig  wenig  ins  Gewicht  fallen 
dürften,  gerade  die  Flutsage  überall  ausgebildet  oder,  was  wahrschein- 
lich für  viele  dieser  Gebiete  gilt,  die  von  außen  zugefiihrte  sich  an- 
geeignet hat*).  Wie  mit  der  Sonne  in  der  heißen  Zone  die  Vor- 
stellung des  zerstörenden  Feuerbrandes  assoziiert  wird,  so  erhöht  aber 
die  Mondgestalt,  besonders  in  der  ab-  und  zunehmenden  Phase,  den 
Eindruck  des  das  All  umfließenden  Himmelsozeans.  Denn  der  Mond 
als  ein  auf  dem  Himmelsmeer  sich  bewegender  Kahn  gehört  zu  den 
verbreitetsten  Vorstellungen,  die  zudem  mit  der  andern  von  dem  Boot, 
auf  dem  die  Seele  in  ein  jenseits  des  Himmels  gelegenes  Land  ge- 
tragen wird,  auf  das  engste  zusammenhängt.  Durch  die  Beziehungen 
der  Seelenvorstellungen  zu  Schlange  und  Schiff  und  beider,  des 
Schiffs  wie  der  Schlange,  zum  Fisch  wird  so  eine  Menge  von  Bildern 
angeregt,  die  wir  bald  übereinstimmend  bald  nach  verschiedener 
Richtung  weiter  entwickelt  in  den  Sintflutsagen  antreffen.  So  ist,  wie 
Usener  schon  wahrscheinlich  gemacht  hat,  die  Arche,  das  rettende 
Schiff  der  babylonischen,  hebräischen  und  anderer  Flutsagen  ein  Pro- 
dukt der  Assimilation  jenes  Mondbildes  durch  die  Vorstellung  des 
rettenden  Schiffs,  und  der  Wunderfisch  der  indischen  Flutsage  ist 
höchst  wahrscheinlich  eine  variierende  Verdoppelung  der  nämlichen 
Vorstellung,  die  durch  die  nahe  Beziehung  des  Schiffs  zu  dem  rettenden 
Fisch,  wie  sie  in  zahlreichen  andern  Märchen  und  Legenden  eine 
Rolle  spielt,  gehoben  wird';.  Vielleicht  darf  man  noch  einen  Schritt 
weiter  gehen  und  vermuten,  daß  die  in  diesen  imd  andern  Flutsagen 
vorkommenden  Vögel,  die  ausgesandt  werden,  um  zu  erkunden,  ob 
Land  in  Sicht  sei,  auf  die  Assoziation  des  Schiffes  mit  dem  durch 
die  Lüfte  fliegenden  Vogel  zurückgehen,  wie  sie  uns  ebenfalls  in 
jenen  Darstellungen  des  Seelenschiffes  entgegentritt^). 


*)  Über  polynesische  Flutsagen  W.  EUis,  Polynesian  Researches,  II,  p.  58  ff. 
G.  Grey,  Polynesian  Mythology,  p.  37.  A.  Bastian,  Die  heilige  Sage  der  Polynesier, 
S.  154  ff.     Eine  melanesische  Flutsage  bei  Codrington,  The  Melanesians,  p.  166. 

")  H.  Usener,  Die  SintOutsagen,  1899,  S.  115,  138  ff. 

3)  Vgl.  Teil  II,  S.  74,  Fig.  55. 


Die  Göttersage.  ^cy 


So  wenig  nun  aber  die  Sagen  von  einer  einstigen  Weltflut  oder 
einem  einstigen  Weltbrand  ohne  jene  Vorbilder  auf  Erden  und  am 
Himmel  jemals  entstehen  könnten,  so  macht  es  doch  gerade  dies 
Zusammenwirken  verschiedener  Bedingungen  wenig  wahrscheinlich, 
daß  bei  irgend  einer  dieser  Sagen  die  geschichtliche  Erinnerung  an 
ein  einzelnes  Naturereigjnis  im  Spiele  gewesen  sei,  wie  dies  vielfach 
angenommen  worden  ist*).  Daß  Überschwemmungen  im  unteren 
Euphrattal  stattgefunden  haben  und  zu  dem  Bilde  der  großen  Flut 
das  ihrige  beigetragen  haben  können,  ist  ja  kaum  zu  bezweifeln. 
Aber  die  Sage  auf  ein  einzelnes  solches  Ereignis  zu  beziehen,  dazu 
liegt  um  so  weniger  ein  Grund  vor,  als  die  übrigen  Züge  des  Mjrthus, 
die  Rettung  in  der  Arche,  die  Aussendung  der  Vögel,  die  Landung 
auf  einem  Berge,  die  noch  in  andern  Varianten  der  Sage  wieder- 
kehren, jedenfalls  außerhalb  solcher  historischer  Erinnerungen  liegen, 
während  manche  von  ihnen,  wie  besonders  die  Vorstellungen  vom 
Schiff,  dem  Vogel  oder  dem  Fisch,  sich  aus  andern  mj^ologischen 
Assoziationen  erklären.  Zugleich  bildet  die  Flutsage  in  diesem  Zu- 
sammenwirken so  vieler  Komponenten  wieder  eine  treffende  Wider- 
legung jener  verbreiteten  Formen  mythologischer  Hypothesen,  bei 
denen  man  aus  einem  einzigen  Motiv  alles  abzuleiten  sucht.  Die 
Mondsichel  würde  für  sich  allein  schwerlich  die  Vorstellung  der 
rettenden  Arche  entstehen  lassen,  wenn  nicht  alle  jene  andern  Ele- 
mente, das  Bild  des  wirklichen  Bootes,  das  in  dieses  hinüberspielende 
des  rettenden  Fischs,  die  Vorstellung  von  der  Wanderung  der  Seele 
über  den  Himmelsozean,  endlich  die  kosmogonische  Scheidung  der 
»unteren  und  oberen  Gewässer«  hinzukämen,  und  wenn  nicht  die 
Fülle  dieser  Vorstellungen  schließlich  noch  durch  das  Grundmotiv 
der  Erneuerung  der  Schöpfung  und  damit  einer  Widerspiegelung  der 
Schöpfungssage  bestimmt  würde.  Daraus  begreift  sich  denn  auch, 
daß  irgendein  einzelnes  unter  diesen  Motiven,  wie  z.  B.  die  Assozia- 
tion der  Mond-  mit  der  Schiffsgestalt,  nicht  bloß  in  der  Tradition  ver- 
gessen wurde,  sondern  daß  sie  schon  in  der  unmittelbaren  Anschauung 
wahrscheinlich  nie  und  nirgends  als  eine  deutliche  Vorstellung  ent- 
halten war.  Denn  sie  hat  zusammen  mit  allen  jenen  andern  Asso- 
ziationsmotiven ihre  Wirkungen  ausgeübt,  und  sie  konnte  daher  wohl 

')  So  z.  B.  noch  von  Ed.  Süß,  Das  Antlitz  der  Erde,  Bd.  i,  S.  25  ff.,  für  die  baby- 
lonisch-biblische Sage. 


^c8  Der  Nattirmythas. 


hebend  und  verstärkend  auf  den  ganzen  Komplex  der  Elemente,  aus 
denen  sich  das  mythische  Bild  des  rettenden  Schiffes  zusammen- 
setzte, einwirken,  ohne  daß  deshalb  jemals  in  der  Mondgestalt  selbst 
die  Arche  der  Sintflut  gesehen  worden  wäre.  Wurde  doch  der  M}^us 
überhaupt  von  Anfang  an  in  eine  ferne  Vergangenheit  verlegft,  so 
daß  dadurch  schon  die  unmittelbare  Projektion  der  Erzählung  in  das 
fortwährend  sich  wiederholende  Schauspiel  am  Himmel  unmöglich 
war.  Bietet  aber  die  Flutsage  das  Bild  einer  Weltemeuerung ,  die 
Untergang  und  Neuschöpfung  als  ihre  untrennbar  zusammengehörigen 
Teile  enthält,  so  liegt  darin  von  selbst,  daß  sie  ein  erweitertes  Spiegel- 
bild des  kosmogonischen  Mythus  ist,  das  in  seinem  ersten  Teil  den 
Wiedereintritt  eines  chaotischen  Urzustandes,  in  seinem  zweiten  eine 
Wiederholung  der  Schöpfung  darstellt.  Die  Verbindimg  dieser  beiden 
sich  ergänzenden  Teile  fuhrt  jedoch  außerdem  dazu,  das  Motiv  der 
Neuschöpfung  des  Menschen  und  zumeist  auch  der  Tiere  durch  das 
der  Rettung  einzelner  überlebender  aus  der  zerstörenden  Flut  zu 
ersetzen.  Immerhin  kann  sich  auch  dieses  Rettungs-  mit  dem  Neu- 
Schöpfungsmotiv  verbinden,  wie  die  griechische  Version  der  Sage 
zeigt,  die  hier  den  alten  Märchenzug  des  Zaubers  zurüd^eworfener 
Objekte  in  sich  aufgenommen  hat.  Das  gerettete  Paar,  Deukalion  und 
Pyrrha,  läßt  aus  den  rückwärts  geworfenen  Steinen  ein  Geschlecht 
neuer  Menschen  entstehen,  —  ein  Bild,  bei  dem  neben  jenem  allge- 
meineren Zaubermotiv  noch  die  Assoziation  mit  der  ausgeworfenen 
Saat  und  mit  der  Allmutter  Erde,  der  diese  Saat  entnommen  ist,  mit- 
gewirkt haben  mag  (Ovid,  Met.  I,  381  ff.).  An  die  Vorstellung  der 
Rettung  knüpft  sich  endlich  unmittelbar  die  der  bergenden  Arche 
und  der  Landung  auf  einem  Gebirge,  wie  sie  in  allen  Flutsagen  wieder- 
kehrt, und  weiterhin  wohl  auch  die  der  Aussendung  von  Vögeln,  die 
das  Sinken  der  Flut  erkunden.  Darum  beweisen  diese  Nebenumstände 
erst  da  mit  Sicherheit  eine  Wanderung  der  Sage,  wo  sich  die  Motive  in 
so  übereinstimmenden  Zügen  wie  in  der  babylonischen  und  biblischen 
Flutsage  wiederholen.  Dem  entspricht  es,  daß  bei  den  Sintbrand- 
sagen  die  gleichen  Motive  der  Rettung  in  entsprechend  abgeänderter 
Form  wiederkehren:  die  Geretteten  bergen  sich  hier  entweder  in  Erd- 
höhlen, oder  sie  klettern  an  einem  Seil  zum  Himmel  empor  usw.*). 


')  Andree,  a.  a.  O.  S.  120.     Dorsey,  Traditions  of  the  Caddo,  p.  119. 


Die  Göttersage.  45Q 


Läßt  auf  solche  Weise  die  allgemeine  Verbreitung  sowohl  der 
Ursprung^  wie  mancher  der  Nebenmotive  der  Flutsagen  die  Frage, 
ob  diese  in  dem  Gebiet,  in  dem  wir  sie  vorfinden,  autochthon  ent- 
standen oder  ob  sie  zugewandert  seien,  in  vielen  Fällen  zweifelhaft, 
so  wird  die  Schwierigkeit  einer  Entscheidung  noch  dadurch  vergrößert, 
daß  die  gleichen  Bedingungen,  die  die  Entstehung  der  Sage  erleichtem, 
natürlich  auch  ihre  Assimilation  begünstigen,  wo  sie  etwa  von  außen 
zugeführt  werden  sollte.  Da  nun  eine  solche  Assimilation  in  der 
Regel  zugleich  mit  der  Zumischung  anderer,  teils  einheimischer, 
teils  ebenfalls  zugewanderter  Märchen-  und  Sagenstoffe  verbunden 
zu  sein  pflegt,  so  können  anderseits  die  Abweichungen  im  ein- 
zelnen, da  sie  eben  durch  diese  jede  Assimilation  begleitenden  Erschei- 
nungen bedingt  sein  können,  eine  Gegeninstanz  gegen  eine  solche 
äußere  Aufnahme  nicht  bilden.  So  ist  das  auch  in  der  sonstigen 
Märchentradition  der  Griechen  sich  mehrfach  wiederholende  Motiv 
des  Rückwerfungszaubers  noch  kein  Beweis  gegen  einen  Zusammen- 
hang mit  der  vorderasiatischen  Sage;  und  nicht  minder  kann  man  in 
der  Rolle,  die  in  der  indischen  Sage  der  rettende  Fisch  spielt,  kein 
Argfument  fiir  einen  autochthonen  Ursprung  der  ganzen  Sage  er- 
blicken. Wenn  endlich  in  den  Flutsagen  nordamerikanischer  Prärie- 
indianer gelegentlich  an  die  Stelle  der  Arche  eine  große  Rohrpflanze 
tritt,  in  der  die  Geretteten  Unterkunft  finden,  oder  wenn  sie  auf  einen 
Berg  fliehen,  der  dann  immer  höher  wächst  und  so  von  der  Über- 
schwemmung verschont  bleibt,  so  können  das  ebensogut  ursprünglich 
abweichende  Formen  der  Sage  selbst  wie  Assimilationen  dieser  durch 
die  bei  jenen  Stämmen  heimische  Mythe  vom  Ursprung  des  Men- 
schen aus  hohlen  Bäumen  und  von  Himmelswanderungen  von  zauber- 
haft emporwachsenden  Bäumen  oder  Bergen  aus  sein').  Wie  mannig- 
faltig solche  Assimilationen  hier  umgestaltend  einwirken  können,  das 
zeigen  namentlich  Abweichungen,  bei  denen  gleichwohl  der  Ursprung 
aus  einer  bestimmten  Sagenüberlieferung  nicht  zweifelhaft  sein  kann. 
So  findet  sich  unter  den  siebenbürgischen  Zigeunern  eine  Variante 
der  Flutsage,  deren  Hauptquelle  offenbar  die  biblische  Sage  ist,  die 
aber  außerdem  eine  Reminiszenz  an  den  rettenden  Wunderfisch  der 


*)  Vgl.   solche  Modifikationen   der  Flutsage  bei  Dorsey,  The  Mythology  of  thc 
Wichita,  p.  348  f.,  Traditions  of  the  Caddo,  p.  1 1 1  f. 


460  I^w  Naturmythus. 


indischen  Sage  in  einer  teils  durch  das  verbreitete  Märchenmotiv  der 
bestraften  Neugier,  teils  durch  den  entsprechenden  Zug  der  Paradieses- 
sage stark  veränderten  Form  aufgenommen  zu  haben  scheint  Der 
liebe  Gott  in  der  Gestalt  eines  alten  Wanderers  hinterläßt  in  einer 
Hütte,  in  der  er  einkehrt,  einen  Fisch  mit  dem  Gebot,  ihn  nicht  zu 
essen,  sondern  sorgfältig  für  ihn  aufzubewahren.  Der  Mann  hält 
auch  das  Versprechen,  das  Weib  kann  nicht  widerstehen:  in  dem 
Augenblick,  wo  sie  den  Fisch  auf  die  Kohlen  wirft,  wird  sie  aber 
vom  Blitz  erschlagen,  und  eine  Flut  überschwemmt  das  Land.  Nur 
der  Mann,  der  seinen  Schwur  gehalten,  wird  mit  dem  zweiten  Weibe, 
das  er  indessen  geheiratet,  und  mit  den  Tieren  und  Kräutern,  die  er 
nach  der  Anweisung  des  Alten  in  die  Arche  genommen,  gerettet"). 
Diese  Erzählung  ist  zugleich  ein  belehrendes  Beispiel  für  die  starken  Ver- 
änderungen, welche  namentlich  die  in  assimilative  Wechselwirkung 
tretenden  Nebenmotive  erfahren.  So  ist  schon  das  Evamotiv  durch 
das  ihm  verwandte,  aus  andern  zahlreichen  Märchen  herüberwirkende 
der  bestraften  Neugier  sehr  abgedämpft,  und  an  den  Fisch  der  in- 
dischen Flutsage  würde  man  schwerlich  noch  denken,  wenn  nicht  zahl- 
reiche sonstige  Traditionen  der  Zigeuner  ein  Fortleben  solcher  Er- 
innerungen an  ihre  alte  Heimat  bezeugten.  Gerade  bei  der  Flutsage 
bieten  sich  überdies  in  einer  Fülle  von  Varianten  der  biblischen  Über- 
lieferung, die  über  einen  großen  Teil  der  Alten  Welt  verbreitet  sind, 
Beispiele  solcher  Verbindungen,  bei  denen  nicht  selten  jene  Sage 
selbst  nur  den  Hintergrund  bildet,  auf  den  ein  anderer  geläufiger 
Märchen-  oder  FabelstofF  aufgetragen  ist.  Besonders  sind  es  dabei, 
wie  schon  in  dem  obigen  Zigeunermärchen,  Verbindungen  mit  der 
Paradiesessage,  bei  denen  dann  die  Lieblingsfigur  des  mittelalterlichen 
Volkshumors,  der  Teufel,  eine  bevorzugte  Rolle  spielt.  Ebenso  pflegen 
hier  die  Eigenschaften  der  in  die  Arche  mitgenommenen  Tiere  in  der 
Weise  der  allerwärts  beliebten  Stoffe  der  scherzhaften  Tierfabel  her- 
überzuwirken.  So  ist  aus  der  Verbindimg  dieser  Elemente  eine  ganze 
weit  verbreitete  Klasse  von  Geschichten  entstanden,  in  denen  der 
Teufel  und  Vater  Noah  einander  zu  überlisten  suchen,  indem  jener 
unerkannt,  in  der  Regel  als  Maus,  in  die  Arche  eindringt,  um  sie 
durch  das  Loch,  das  er  bohrt,   zum   Sinken   zu  bringen,  was  Noah 


')  H.  V.  Wlislocki,  Märchen  und  Sagen  der  transsylvanischen  Zigeuner,  1886,  S.  4  f. 


Die  Göttersage.  461 


vereitelt,  indem  er  der  Schlange  oder  dem  Igel  befiehlt,  das  Loch 
zu  verstopfen.  Oder  nach  einer  andern  Version:  Noah  schleudert 
gegen  den  in  Mausgestalt  eingedrungenen  Teufel  seinen  Handschuh, 
der  sich  in  eine  Katze  verwandelt,  die  die  Maus  auffrißt  usw.'). 
Diese  Aufnahme  in  die  vcrbreitetste  Gattung  von  Volkserzählungen, 
in  das  Scherzmärchen,  zeig^  deutlich,  wie  homogen  der  Stoff  der 
Flutsage  selbst  einer  naiven  mythologischen  Phantasie  ist,  woraus 
sich  dann  ebenso  die  große  Wanderfahigkeit  wie  die  überall  daneben 
vorhandene  Möglichkeit  einer  unabhängigen  Entstehung  der  gleichen 
Sagenmotive  ergibt. 

Finden  sich  nun  aber  auch  infolge  dieser  Verbreitung  ihrer  natür- 
lichen Entstehungsbedingungen  Flutsagen  bei  Völkern  der  verschie- 
densten Kulturstufen,  so  sind  darum  doch  keineswegs  die  psycho- 
logischen Motive,  die  in  der  Sage  als  die  Ursachen  dieses  ungeheueren 
Ereignisses  erscheinen,  überall  dieselben.  Vielmehr  lassen  sich  deut- 
lich zwei  Formen  unterscheiden,  die  den  uns  bereits  bekannten  Ab- 
stufungen in  der  Motivierung  anderer  Mythen,  wie  z.  B.  derer  von 
der  Tierver^'andlung  des  Menschen,  parallel  gehen  (S.  149  ff.).  Auf  der 
ersten  Stufe  wird  die  Flut  einfach  als  ein  wunderbares  Ereignis  und 
die  Errettung  einzelner  aus  ihr,  falls  sie  überhaupt  vorkommt,  als  ein 
Zauber  erzählt,  dessen  sich  diese  bedient  haben.  Dies  ist  die  Form, 
in  der  die  Sage  fast  durchgehends  bei  den  primitiveren  Völkern 
motiviert  wird.  So  in  vielen  nordamerikanischen  und  in  manchen 
ozeanischen  Traditionen.  Auf  der  zweiten  Stufe  ist  sie  ein  Straf- 
gericht, das  die  Götter  gegen  die  Verfehlungen  eines  von  ihnen  ab- 
gefallenen oder  durch  seine  Wildheit  ihren  Zorn  erregenden  Ge- 
schlechts ergehen  lassen.  Die  Geretteten  aber  entgehen  dem  Unheil, 
weil  sie  sich  der  besonderen  Gunst  der  Götter  erfreuen.  So  in  der 
vorderasiatischen,  jedenfalls  der  Mehrzahl  der  Traditionen  zugrunde 
liegenden  Form  der  Sage.  Selbstverständlich  steht  übrigens  diese 
Gradation  der  ethischen  Grundmotive,  so  bedeutsam  sie  für  die  reli- 
giöse Entwicklung  ist,  zu  der  Frage  des  Ursprungs  und  der  Wande- 
rung der  Sage  in  keiner  notwendigen  Beziehung,  da  beidemal  ein 
mythischer  Stoff  eben  nur  in  der  Form  Fuß  fassen  kann,  in  der  er 
der  allgemeinen  Bewußtseinsstufe  adäquat  ist.     Wohl  aber  wird  die 

')  O.  Dähnhardt,  Natursagen,  S.  257  flf. 


462  Der  Naturmythas. 


allgemeine  Entwicklung  der  Sage  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in 
dem  Sinne  erfolgt  sein,  daß  auch  hier  die  naivere,  der  ethischen 
Motive  noch  entbehrende  Stufe  die  ursprüngliche  gewesen  ist,  in  die 
dann  erst  in  weiterer  Folge  die  Motive  der  Belohnung  und  Errettung 
der  von  den  Göttern  bevorzugten  Frommen  Aufnahme  gefunden 
haben.  In  dieser  Aufnahme  des  Rache-  und  des  Strafmotivs,  die 
innerhalb  jenes  allgemeinen  Übergangs  wohl  auch  hier  wieder  eine 
engere  ethische  Abstufung  gebildet  haben,  bereitet  sich  jedoch  schon 
die  zweite  Hauptform  der  Weltuntergangsmythen,  die  apokalyp- 
tische, vor.  Sie  projiziert  das  in  der  Sintflut-  und  Sintbrandsage 
in  eine  ferne  Vergangenheit  verlegte  Ereignis  der  Weltemeuenmg 
in  die  Zukunft  und  pflegt  dabei  zugleich,  den  Motiven  dieser  in 
Zukunftsbildern  schwärmenden  Phantasie  folgend,  namentlich  in  der 
Ausmalung  des  Werkes  der  Zerstörung  das  Bild  reicher  und  gewal- 
tiger zu  gestalten. 

Eine  Art  Übergangsstellung  zwischen  diesen  beiden  Formen,  der 
der  Vergangenheit  angehörenden  Flut-  und  der  der  Zukunft  zuge- 
wandten apokalyptischen  Weltuntergangssage,  nehmen  die  M}^en 
von  den  Weltaltern  ein.  In  ihnen  kann  freilich  der  Zusammenhang 
mit  den  Weltuntergangsmythen  zuweilen  verblaßt  sein,  wie  das  be- 
sonders die  griechische  Sage  zeigt.  In  Hesiods  »Werken  und  Tagen« 
sind  es  bekanntlich  vier  Geschlechter  der  Menschen,  das  goldene, 
silberne,  eherne  und  eiserne,  die  in  absteigender  Folge  von  den 
Göttern  geschaffen  werden,  ohne  daß  von  einer  der  neuen  Schöpfui^ 
vorangehenden  Katastrophe,  die  die  frühere  vernichtete,  die  Rede 
wäre  (Hes.  W.  u.  T.  109  ff*.).  Erst  die  spätere  Sage  hat^dem  ehernen 
Geschlecht  die  von  Zeus  in  seinem  Zorn  über  dessen  Frevel  ver- 
hängte Flut  folgen  lassen  (ApoUodor  I,  7,  2),  die  hier  ein  wahrschein- 
lich der  zugewanderten  asiatischen  Sage  entnommenes,  an  dieser 
Stelle  ziemlich  willkürlich  eingefügtes  Glied  bildet.  In  lebendigerem 
Zusammenhang  mit  den  Weltuntergangsmythen  ist  die  gleiche  Vor- 
stellung von  den  Weltaltem  bei  den  Kulturvölkern  der  Neuen  Welt 
geblieben,  wo  sie  eine  von  dem  peruanischen  zum  mexikanischen 
Kulturkreis  herrüberreichende  Mythenkette  bildet,  die  entweder  auf 
gemeinsamen  Ursprung  oder  mindestens  auf  eine  Wanderung  vieler 
einzelner  Mythenelemente  hinweist.  Dabei  scheint  dann  zugleich  die 
Vierzahl  der  Weltalter  zu  der  über  ganz  Amerika  verbreiteten  Heilig- 


Die  Göttersage.  ^63 


keit  der  Vierzahl  in  Beziehung  zu  treten  (vgl.  unten  6,  h).  Sie  hat 
durch  weitere  mythologische  Verbindungen  mancherlei  Verschie- 
bungen erfahren.  Am  bekanntesten  sind  diese  Verhältnisse  aus  dem 
mexikanischen  Kulturkreis,  wo  den  vier  Weltaltem  vier  Weltzerstö- 
rungen entsprechen,  die  nacheinander  durch  furchtbare  Ungeheuer, 
durch  orkanartige  Winde,  durch  Feuer  und  durch  Wasser  geschehen, 
ein  Bild,  das  nun  ebenso  auf  die  Vergangenheit  wie  auf  die  Zukunft 
bezogen  wird,  und  in  dem  als  treibendes  Motiv  wiederum  der  Zorn 
der  Grötter  nicht  fehlt.  Wie  in  dieser  Beziehung  auf  die  Zukunft,  so 
tritt  dann  aber  auch  in  den  andern  Vertilgungsmitteln,  die  zu  Wasser 
und  Feuer  hinzukommen,  und  bei  denen  statt  der  Ungeheuer  auch 
Hunger  und  Pest  eine  Rolle  spielen,  die  innere  Verwandtschaft  der 
Sagen  gleichzeitig  mit  den  Flut-  wie  mit  den  Weltuntergangsmythen 
hervor*). 

Ob  zwischen  diesen  neuweltlichen  Mythen  und  den  Flut-  und 
Weltaltermythen  der  Alten  Welt  außer  der  allgemeinen  Verwandt- 
schaft der  Motive  noch  engere,  durch  Wanderungen  von  Sagen- 
elementen vermittelte  Beziehungen  stattfinden,  wie  man  nach  der 
Bevorzugung  der  Vierzahl  fiir  die  Weltalter  vermuten  könnte,  mag 
hier  dahingestellt  bleiben.  Daß  die  eigenartige  Verwebung  dieser 
Vorstellungen  von  Untergang  und  Neuschöpfung  auf  das  engste  mit 
der  mythologischen  Vorstellungswelt  der  Völker  zusammenhängt, 
ist  augenfällig.  So  nahe  aber  hier  die  südamerikanischen  Kultur- 
kreise einander  stehen,  so  entfernt  und  im  ganzen  auf  die  oben  her- 
vorgehobenen allgemeinsten  Motive  der  Flutsage,  wie  sie  fast  überall 
vorkommen,  beschränkt  sind  die  Beziehungen  zu  den  altweltlichen 
Sagengestaltungen.  Noch  weniger  läßt  sich  wohl  mit  irgend  einem 
Grad  von  Wahrscheinlichkeit  der  apokalyptische  Charakter  dieser 
neuweltlichen  Sagen  auf  äußere  Einwirkungen  zurückführen.  Ja  diese 
mexikanische  Apokalyptik  erscheint  um  so  eigenartiger,  weil  in  ihr 
der  Zusammenhang  mit  der  Flut-  und  durch  diese  mit  der  Schöpfungs- 
sage, der  in  der  apokalyptischen  Literatur  des  Juden-  und  Christen- 
tums ein  weit  verborgenerer  ist,  als  eine  völlige  Einheit  dieser  Sagen- 
typen erscheint:  die  neuweltlichen  Sagen  sind  Weltuntergangs-  und 
Schöpfungssagen    zugleich,    und    sie    steigern,    dem    auch    in    ihnen 

\  Brinton,  The  Myths  of  the  New  World^,   1905,  p.  248  ff. 


464  ^^^  Naturmythas. 


lebenden   Motiv   des   Zorns   der    Götter   nachgebend,    die    einfache 
Strafe  des  Untergangs  der  Menschheit  durch  eine  Vielgestaltigkeit  der 
Strafmittel,  bei  der   das  Motiv  der  Strafe  mit  dem  der  Plage  ver- 
schmilzt.    Es  ist  das  gleiche  Motiv,   das  uns  auch  in  den  apokalyp- 
tischen  Weltuntergangssagen,  wie  sie  die  jüdische  und  dann,    ihren 
Spuren   folgend,   die    altchristliche  Literatur  erzeugt  hat,    begegnet 
Zugleich  spiegeln  sich  aber  in  dieser  die  geschichtlichen  Beding^iingen, 
die  hier  den  allen  Welterneuerungsmythen  im  letzten  Grunde  gemein- 
samen Gedanken  eines  dem  Wechsel  der  Jahre  und  dem  Leben  des 
Menschen  analogen  periodischen  Verlaufs  zurückgedrängt  haben.    Den 
äußersten  Gegensatz  zu  dieser  Apokalyptik  der  Schrecken  und  Plagen 
mit  der  ihnen  folgenden  zukünftigen  Herrlichkeit  bildet  dag^en  der 
da  und  dort  an  die  Schöpfungssage  geknüpfte  Gedanke  eines  großen 
»Weltjahres«    oder  die   mit  dem  Mythus  vom  »Weltei«   verbundene 
Vorstellung  einer  unablässig  sich  folgenden  Reihe  zwischen  Greburt 
und   Tod  hin-  und   hergehender  Entwicklungen,  —  Ideen,   die,  an 
astronomische  Betrachtungen  anknüpfend,  in  der  babylonischen  Welt- 
anschauung und  dann,  vielleicht  begünstigt  durch  die  Seelenwande- 
rungslehre,  im  Atharwa-Veda  der  Inder  und  in  den  Schriften  des 
späteren  Buddhismus  vorkommen').     Überall  aber,  wo,  wie  hier  und 
in   den  ähnlichen  Vorstellungen   griechischer  Philosophen,   die  Ana- 
logien mit  dem  Jahresverlauf  oder  mit  Zeug^ung  und  Tod  maßgebend 
sind,  da  wird  nun  die  Weltkatastrophe  zu  einem  sich  wiederholenden 
Naturvorgang,    dem    mit  den    geschichtlichen  Bedingungen    auch 
die    ethischen   Motive   fehlen,   die   den   eigentlichen  Weltuntergangs- 
mythus beherrschen,   und  die  noch  in  der  Sage  von  den  Weltaltem 
anklingen.     Damit  ist  allerdings  nicht  ausgeschlossen,  daß  sich  diese 
ethischen  Gedanken  mit  jenen  chronologischen  Analogien  assoziieren 
können,   eine  Verbindung,   die  in  der  Tat  in  den  babylonischen  An- 
schauungen wohl  schon  eingetreten  ist  und  von  hier  aus  auch  auf  die 
jüdische  Apokalyptik  herübergewirkt  haben  mag. 


')  Hugo  Winckler,  in  Schrader,  Die  Keilinschriften  und  das  Alte  Testament 3, 
S.  316  ff.  Deussen,  Allgemeine  Geschiebte  der  Philosophie,  I,  i,  S.  208.  Hardy,  Der 
Buddhismus,  1890,  S.  53. 


Die  Göttersage.  465 


h.   Die  apokalyptische  Weltnntergangssage. 

Daß  die  Weltuntergangssage  auch  in  ihrer  apokalyptischen  Form 
im  wesentlichen  zugleich  eine  Unterart  der  Schöpfungssage  ist,  lassen 
nun  auch  die  speziell  diesen  Namen  tragenden  Literaturerzeugnisse 
der  Alten  Welt  trotz  ihrer  nahen  Beziehungen  zur  Zeitgeschichte  deut- 
lich erkennen.  In  der  Schilderung  des  Endes  wiederholt  sich  auch 
in  ihnen  die  des  Anfangs  der  Dinge.  Der  Kampf  der  Lichtgötter 
gegen  die  Ungeheuer  der  Tiefe,  der  bei  der  Schöpfung  das  Chaos 
zerstört,  setzt  hier  den  Greueln  ein  Ziel,  die  den  Weltuntergang  be- 
gleiten, damit  eine  neue,  bessere  Welt  folgen  könne').  Ob  sich  der 
Apokalyptiker  solcher  Entlehnungen  bewußt  ist,  kann  man  freilich 
mit  Recht  bezweifeln.  Schöpft  doch  seine  Phantasie  naturgemäß  aus 
dem  Vorrat  der  ihm  verfügbaren  Märchen-  und  Mythenstoffe,  aus 
denen  sich  die  kosmogonischen  vermöge  der  Verwandtschaft  ihres 
Inhalts  vor  andern  aufdrängen  müssen,  ohne  daß  dabei  die  assozia- 
tive Mitwirkung  sonstiger  Elemente  ausgeschlossen  ist"*).  Wie  sehr 
diese    aus   allen    möglichen   Regionen    mythologischer  Tradition   zu- 


')  H.  Gimkel,  Schöpfung  und  Chaos,  S.  386  ff. 

^)  Ein  charakteristisches  Beispiel  solcher  Assoziationen  ist  die  Verwandtschaft  des 
Drachenkampfes  in  der  Geburtsgeschichte  des  ApoUo  (Hygin  fab.  140)  mit  dem  gebären- 
den Weib  in  Apok.  Joh.  12.  A.  Dieterich,  der  auf  diese  Analogie  aufmerksam  gemacht 
hat,  schloß  daraus  auf  ein  Eindringen  jenes  in  hellenistiBcher  Zeit  weit  verbreiteten 
Mythenmärchens  in  das  Werk  des  christlichen  Verfassers  (A.  Dietericb,  Abraxas,  Stadien 
zur  Religionsgeschichte  des  späteren  Altertums,  1891,  S.  iiyf.).  H.  Gunkel  lehnt 
hellenistischen  Einfluß  auf  das  in  Palästina  entstandene,  in  diesem  Teil  wahrscheinlich 
aus  der  christlichen  Überarbeitung  einer  jüdbchen  Quelle  hervorgegangene  Werk  ab 
und  ist  geneigt,  vielmehr  für  beide  Mythen,  den  biblischen  wie  den  griechischen,  die 
Einwirkung  der  babylonischen  Drachensage  zu  statuieren  (Schöpfung  und  Chaos, 
S.  283  ff.).  Aber  es  bleibt  nicht  zu  leugnen,  daß  die  Anklänge  des  apokalyptischen 
Bildes  an  den  Leto-ApoUomythus  und  den  Drachen  Python  größer  sind,  als  die  an 
den  Kampf  zwischen  Marduk  und  Tihamat.  Mag  darum  auch  zunächst  die  Assozia- 
tion mit  dem  Kampf  gegen  die  Ungeheuer  des  Urchaos  die  Phantasie  des  Apokalyp- 
tikers  befruchtet  haben,  daß  diese  Vorstellung  dann  weiterhin  die  Assimilation  eines 
so  verbreiteten  Mythenmärchens,  wie  es  in  hellenistischer  Zeit  der  ApoUo-Letomythus 
gewesen,  dem  Bilde  seine  weiteren  Züge  gegeben  habe,  würde  ganz  dem  Zusammen- 
wachsen von  Märchenelementen  entsprechen,  wie  wir  es  in  unzähligen  andern  Fällen 
verfolgen  können,  um  so  mehr,  da  das  Motiv  des  Drachenkampfes  hier  ein  Bindeglied 
bildet,  das  seine  Zugkraft  noch  anderwärts  oft  genug  in  Märchen  und  Legende  be- 
währt hat. 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  3® 


466  I^cr  Natarmythiis. 


sammenströmen  und  sich  mischen  können,  dafür  bietet  in  der  Tat 
gerade  die  apokalyptische  Literatur  mannigfache  Belege.  Da  ist  z.  B. 
im  Buche  Daniel  bei  der  Schilderung  von  Nebukadnezars  Traum- 
gesicht in  die  symbolische  Darstellung  der  vier  Weltreiche  unter  dem 
Bilde  einer  aus  Gold,  Silber,  Erz  und  Eisen  bestehenden  Statue  sicht- 
lich der  Mythus  von  den  vier  Weltaltern  eingedrungen  (Dan.  2,  31), 
während  kurz  darauf  in  der  Erzählung  von  Nebukadnezars  Wahn- 
sinn, wie  er  mit  den  Rindern  Grünfutter  verzehrt  und  ihm  Haare 
wachsen  und  Nägel  gleich  Vogelkrallen,  das  über  alle  Welt  ver- 
breitete Tierverwandlungsmärchen  nicht  zu  verkennen  ist  (Dan.  4,  30). 
Was  aber  mehr  als  der  auf  die  verschiedensten  Quellen  und  Stadien 
der  Mythenentwicklung  zurückgehende  Synkretismus  diese  Gattung 
der  visionären  Literatur  kennzeichnet  und  sie  von  den  Visionen  der 
eigentlichen  Prophetie  wie  von  sonstigen  Schilderungen  göttlicher 
Strafgerichte  scheidet,  das  ist  die  groteske  Phantastik,  in  der  sich 
diese  Dichtungen  bei  der  Ausmalung  der  Schrecken  und  Strafen, 
die  der  Endzeit  vorausgehen,  wie  der  Herrlichkeiten,  die  ihr  folgen 
werden,  ergehen.  Da  ist  keine  Zahl  groß  genug,  um  auszudrücken, 
daß  das  Gericht,  das  sich  um  den  Thron  des  höchsten  Richters  ver- 
sammelt, aus  vielen  Personen  besteht:  es  müssen  gleich  tausendmal 
Tausende  und  tausendmal  Zehntausende  sein  (Dan.  7,  9).  Über  alle 
Grenzen  des  Denkbaren  erhebt  sich  vollends  diese  Phantastik  in  der 
Beschreibung  der  Ungeheuer  und  der  Schrecken,  die  das  Weltende 
bezeichnen.  Von  den  vier  Ungeheuern,  die  Daniel  im  Traume  aus 
der  Tiefe  des  Meeres  aufsteigen  sieht,  hat  das  vierte  eiserne  Zahne 
und  zehn  gewaltige  Hörner,  über  die  ein  elftes  furchtbareres  hervor- 
wächst mit  menschlichen  Augen  und  einem  Munde,  der  »hochfahrende 
Dinge  redet«!  (Dan.  7,  2 ff.).  Was  sind  die  Plagen,  die  Jahwe  den 
Ägyptern  sendet,  die  Viehpest,  die  Beulen,  der  Hagel  und  die  Heu- 
schrecken, die  die  Bodengewächse  zerstören,  gegen  die  Heuschrecken 
der  Johannesapokalypse,  die  wütenden  Rossen  gleichen,  Zähne  wie 
Löwenzähne,  Haare  wie  Weiberhaare  und  Schwänze  wie  Skorpionen 
besitzen!  (Ap.  Joh.  9)  Wie  die  Schrecken  und  Plagen,  so  sind  aber 
nicht  minder  die  alten  mythologischen  Bilder  göttlicher  Offenbarungen 
ins  Ungeheuerliche  und  Geschmacklose  gesteigert  Man  vergleiche 
die  erhabene  Erscheinung  Jahwes  in  der  verhüllenden  Wolke  auf  dem 
Sinai  mit  dem  gebärenden  Weibe  der  Apokalypse,  das,  mit  der  Sonne 


Die  Göttersage.  467 


bekleidet,  den  Mond  zu  seinen  Füßen  und  auf  seinem  Haupte  ein  Dia- 
dem von  zwölf  Sternen  hat  (Ap.  12,  i),  oder  den  Mannaregen,  mit 
dem  Jahwe  das  Volk  Israel  in  der  Wüste  erquickt  (2.  Mos.  16),  mit 
dem  Buch  des  apokalyptischen  Engels,  das  im  Munde  süß  schmeckt, 
aber  im  Magen  bitter  ist  (Ap.  10),  das  gelobte  Land,  das  von  Milch 
und  Honig  überfließt  (2.  Mos.  3,  8),  mit  dem  künftigen  Jerusalem, 
das  vom  Himmel  niederfahrt,  dessen  Mauern  aus  Edelsteinen,  dessen 
Tore  aus  Perlen  sind,  und  in  das  alle  Könige  der  Erde  ihre  Herr- 
lichkeiten bringen  (Ap.  21).  Das  sind  weder  urwüchsige  mytho- 
logische Bilder,  noch  gleichen  sie  den  im  wachen  Zustand  oder  im 
Traum  geschauten  Gesichten  des  ekstatischen  Visionärs,  sondern  es 
ist  eine  erkünstelte  Übertreibung  mythologischer  Vorstellungen  ins 
Unvorstellbare,  die  eigentlich  nur  noch  in  Worten  möglich  ist.  So 
bilden  diese  apokalyptischen  Mythen  das  dritte  und  letzte  Glied  in 
einer  Reihe,  die,  nachdem  sie  von  der  Wachvision  des  ursprünglichen 
zur  Traumvision  des  untergehenden  Prophetentums  geführt  hat,  nun  mit 
Erzeugnissen  endet,  die  weder  Wachvisionen  noch  Träume,  sondern 
aus  verstandesmäßiger  Reflexion  geborene  Dichtungen  sind.  Darum 
läßt  die  Prophetie  eines  Sacharja  immer  noch  das  wirkliche  Traum- 
bild erkennen.  Die  Schilderungen  des  Apokalyptikers  aber  sind,  ob- 
gleich sie  als  Träume  erzählt  werden,  keine  Träume,  sondern  er- 
fundene Allegorien,  die  ihren  Inhalt  überdies  zu  einem  nicht  geringen 
Teil  altorientalischer  Mythendichtung  entlehnt  haben*). 


')  Vgl.  A.  Jeremias,  Babylonisches  im  Neuen  Testament,  1905,  S.  34ff.  Meine 
Bemerkungen  über  die  beiden  Formen  prophetischer  Vision  im  vorigen  Teil  dieses 
Werkes  (Teil  II,  S.  98  ff.),  an  die  sich  hier  die  apokalyptische  Dichtung  als  eine 
dritte  anschließt,  sind,  wie  ich  bemerkt  habe,  von  einigen  Lesern  so  mißverstanden 
worden,  als  wolle  ich  überhaupt  der  Wachvision  psychologisch  die  Priorität  vor 
dem  Traum  einräumen.  Das  ist  natürlich  nicht  meine  Meinung.  Der  Traum  ist, 
soviel  wir  wissen,  eine  allgemein  menschliche  Erscheinung,  an  der,  nach  verschiedenen 
Symptomen  zu  schließen,  bis  zu  einem  gewissen  Grade  sogar  die  höheren  Tiere,  z.  B. 
die  Hunde,  teilhaben.  Träumer  und  Träume  hat  es  daher  in  aller  Welt  lange  ge- 
geben, ehe  unter  den  besonderen  historischen  Bedingungen,  wie  sie  die  israelitische 
und  in  etwas  abweichender  Gestalt  auch  die  indische  Geschichte  sowie  andere,  diesen 
ähnliche  Völkerbewegungen  mit  sich  führten,  Propheten  aufgetreten  sind.  Selbstver- 
ständlich gilt  daher  der  für  das  Prophetentum  aufgestellte  und  zunächst  ans  dem 
israelitischen  Prophetentum  abstrahierte  Satz,  daß  in  der  Zeit  der  sinkenden  Pro- 
phetie der  Traum  und  zum  Teil  schon  die  den  Traum  weiterführende  Tendenidich- 
tung  die  Wachvision  der  auf  der  Höhe  ihrer  Entwicklung  stehenden  Prophetie  mblöst, 
eben  nur  für  diese  Entwicklung.    Hier  schließt  sich  dann  aber  ebenso  unmittelbar  uud. 

30* 


468  I^cr  Natarmythas. 


Nun  darf  man  freilich  aus  diesem  starken  Anteil  der  Reflexion 
nicht  schließen,  der  Aufbau  einer  solchen  apokalyptischen  Mythen- 
dichtung sei  auch  im  Einzelnen  nur  ein  Produkt  willkürlicher  alle- 
gorisierender  Erfindung.  Vielmehr  ist  es  unvermeidlich,  daß  sich  dem 
apokalyptischen,  wie  jedem  Dichter,  viele  seiner  Bilder  ungesucht  ge- 
stalten, oder  aus  dem  geläufigen  Mythen-  und  Märchenschatz  zu- 
fließen, ohne  daß  er  sich  dieser  Quellen  deutlich  bewußt  wäre.  In 
allem  dem  unterscheidet  sich  die  apokalyptische  namentlich  nicht  von 
der  allegorischen  Dichtung,  mit  der  sie  die  verstandesmäßige  Reflexion 
ebenso  wie  die  Absicht  der  Verhüllung  durch  das  Bild  gemein  hat 
Was  zur  gewöhnlichen  Allegorie  hinzukommt  ist  nur  die  aus  der 
Prophetie  übernommene,  hier  freilich  zumeist  zum  äußeren  Schein  ge- 
wordene und  deshalb  übersteigerte  Ekstase.  Nicht  minder  mengt  sich 
aber  die  aus  uraltem  Zauberglauben  dunkel  nachwirkende  Vorstellung 
vom  Zauber  des  Geheimnisvollen  ein,  die  gelegentlich  wohl  die  Offen- 
barungen des  Apokalyptikers  zu  Rätseln  für  ihn  selbst  macht. 

Zu  diesem  Komplex  von  Motiven  steht  schließlich  noch  eine  an- 
dere Erscheinung  in  naher  Beziehung,  die  zugleich  den  apokalyptischen 
Mythus  in  seiner  Eigenart  auch  von  der  späteren  Prophetie  unter- 
scheidet: das  ist  die  Eigenschaft,  daß  alle  Mythen  vom  Ende  und 
von  der  Erneuerung  der  Welt  zugleich  nach  rückwärts  gewandt 
sind.  Sie  künden  nicht  bloß  die  Zukunft  voraus,  sondern  sie  erzählen 
auch  die  Vergangenheit,  soweit  sie  zu  dieser  Zukunft  in  der  Gedanken- 
welt des  Apokalyptikers  in  Beziehung  gesetzt  ist.  Man  hat  diese 
Erscheinung  im  Hinblick  auf  die  ihr  vorangegangene  oder  sie  be- 
gleitende Prophetie  als  eine  Art  Entgleisung  betrachtet.  Der  Apo- 
kalyptiker  sei  seines  prophetischen  Berufs  uneingedenk  geworden, 
und  er  habe  wohl,  um  seinen  Voraussagen  über  die  Zukunft  Glaub- 
würdigkeit zu  verleihen,  seinen  eigenen  Standort  in  eine  entfernte 
Vergangenheit  verlegt,  so  daß  nun  die  wirkliche  Geschichte  als  eine 


wie  man  wohl  sagen  darf,  in  einer  ebensolchen  psychologischen  Gesetzmäßigkeit  an 
die  Propherie  zweiter  Art  die  Apokalyptik  an,  zwischen  der  und  dem  späteren  Pxo- 
phetentum  bekanntlich  auch  bei  den  Israeliten  die  Grenzen  fließende  sind.  Wie  schon 
im  älteren  Prophetentum  neben  den  echten  Wachvisionen  der  Traum  eine  RoUe  spielen 
kann  (a.  a.  O.  S.  100),  so  mögen  übrigens  auch  einzelnen  Erzählungen  der  Apokalyp- 
tiker  Träume  und  ausnahmsweise  sogar  einmal  Wachvisionen  zugrunde  liegen.  Im 
allgemeinen  tragen  aber  die  apokalyptischen  Bilder  gerade  in  ihrer  die  Grenzen  des 
Vorstellbaren  überschreitenden  Phantastik  deutlich  die  Merkmale  der  Erfindung  an  sich. 


Die  Göttersage.  ^69 


bereits  eingetroffene  Prophezeiung  erscheine').  Aber  bei  aller  Re- 
flexion in  dieser  mythologisierenden  Dichtung,  und  obgleich  diese 
Schriften,  wie  z.B.  das  apokryphe  Buch  Henoch,  um  den  sie  um- 
gebenden Zauber  des  Geheimnisses  zu  erhöhen,  zuweilen  in  Urväter- 
zeit zurückverleg^  sind,  so  wird  man  doch  so  raffiniert  ausgeklügelte 
Zwecke  hier  um  so  weniger  vermuten  dürfen,  als  jene  Eigenschaft  allen 
diesen  Erzeugnissen  in  größerem  oder  geringerem  Maße  zukommt, 
und  als  sie  auch  den  weit  entlegenen  Weltuntergangsmythen  der 
Neuen  Welt  nicht  fehlt.  Der  apokalyptische  Mythus  steht  eben,  wie 
er  dem  Untergang  eine  Erneuerung  der  Welt  folgen  läßt,  so  seiner 
eigensten  Natur  nach  zwischen  Vergangenheit  und  Zukunft  mitten 
inne.  Es  ist  die  gleiche  Eigenschaft,  die  ihn,  sobald  die  Weltkata- 
strophen in  einer  gewissen,  eventuell  sich  wiederholenden  Folge 
wiederkehren,  in  die  Sage  von  den  Weltaltern  übergehen  läßt.  So 
ist  er  denn  auch  seiner  dichterischen  Form  nach  nicht  sowohl  Weis- 
sagung als  Erzählung.  Das  Medium,  in  dem  sich  die  Erzählung 
in  gleicher  W^ise  nach  beiden  Richtungen  bewegen  kann,  ist  aber 
der  Traum.  Das  Traumgesicht  ist  ja  an  sich  unmittelbare  Gegen- 
wart. Doch  in  dieser  Gegenwart  kann  sich  die  Vergangenheit  ebenso 
wie  die  Zukunft  spiegeln,  und  da  die  Zukunft  in  der  Vergangenheit 
vorbereitet  wird,  so  kann  die  apokalyptische  Dichtung  um  so  weniger 
umhin,  auch  in  ihren  Schilderungen  diesem  Gang  des  Geschehens 
zu  folgen,  als  die  Motive  für  das  bevorstehende  Weltende  wie  für 
die  folgende  Welterneuerung  teils  in  der  schon  durchlebten  Ver- 
gangenheit liegen,  teils  wenigstens  durch  sie  vorbereitet  sind.  Darum 
ist  zwar  die  Apokalyptik  in  der  spezifischen  Form,  in  der  sie  das 
Judentum  unter  dem  Einfluß  der  in  sein  nationales  und  religiöses 
Leben  tief  eingreifenden  Weltereignisse  erzeugt  hat,  und  in  der  sie 
dann  wenig  verändert  in  die  christliche  Apokalyptik  übergegangen 
ist,  sichtlich  von  der  Prophetie  ausgegangen.  Ihrem  eigensten  Wesen 
nach  ist  sie  aber  ein  Neues,  ein  Mythus,  der  Vergangenes  und 
Zukünftiges  verknüpft  und  eben  deshalb  in  der  Traumerzählung  die 
ihr  adäquate  Form  vorfindet.  Während  darum  in  der  gewöhnlichen 
Sage  das  Vergangene  als  ein  fiir  immer  Entschwundenes  berichtet 
wird,   ist  in  der  Traumerzählung  des  Apokalyptikers  die  Vergangen- 


H.  Gunkel,  Schöpfung  und  Chaos,  S.  187  flf. 


47 O  ^^^  Natunnythus. 


heit  schwanger  mit  der  Zukunft.  So  herrscht  hier  bereits  eine  Kau- 
salität der  Erscheinungen,  die  freilich  nicht  die  der  wirklicfaen  Ge- 
schichte, sondern  ganz  in  dem  Glauben  und  Hoffen  des  Dichters 
beg^ndet  ist.  Alles  das  sind  aber  wieder  trotz  der  vorherrschen- 
den erfinderischen  Reflexion  nicht  sinnreich  erdachte  Kunstmittel, 
sondern  Eigenschaften,  die  aus  den  inneren  Bedingungen  dieser 
Weltemeuerungsmythen  mit  psychologischer  Notwendigkeit  hervor- 
gehen. 

Aus  den  gleichen  Bedingungen  ergibt  sich  nun  auch  die  eigen- 
artige Stellung,  die  der  apokalyptische  Mythus  zwischen  Dichtung 
und  Philosophie,  zwischen  Sage  und  Geschichte,  endlich  zwischen 
Mythus  und  Religion  einnimmt.  Abgesehen  von  den  Beziehungen 
zur  Mystik  und  zum  magischen  Aberglauben,  der  durch  die  folgenden 
Jahrhunderte  bis  über  die  Schwelle  der  Gegenwart  herabreicht,  sind 
es  in  der  Tat  vornehmlich  drei  Richtungen,  in  denen  der  apokalyp- 
tische Mythus  auf  kommende  Zeiten  gewirkt  hat.  Wir  können  diese 
Richtungen  kurz  die  kosmologische,  die  geschichtsphilosophische  und 
die  eschatologische  nennen.  Zunächst  hat  jeder  Weltuntergangsmythus 
ein  kosmologisches  Thema:  er  löst  ein  naturphilosophisches 
Problem  in  mythologischer  Form.  Diese  kosmologische  Seite  tritt 
in  der  mexikanischen  wie  in  der  indischen  Abart  der  Sage  mit  ihren 
Vorstellungen  von  der  unendlichen  Wiederholung  der  Zerstönu^en 
und  Wiederemeuerungen  der  Welt  besonders  hervor;  sie  fehlt  aber 
auch  in  den  andern  Mythen  nicht,  wie  dies  die  Beziehung  zu  der 
Sage  von  den  vier  Weltaltern  und  gelegentlich ,  z.  B.  in  dem  Buche 
Henoch,  selbst  die  Naturschilderungen  der  jüdischen  Apokalyptik 
zeigen.  Das  ist  die  Richtung,  in  der  die  Naturphilosophie  von  einem 
Anaximander  und  Heraklit  an  bis  herab  zur  Gegenwart  den  Mythus 
vom  Weltende  und  der  Weltverjüngung  wiederholt  entwickelt  hat. 
Mehr  noch  ist  die  Apokalyptik  in  dem  Gemälde,  das  sie  von  Ver- 
gangenheit und  Zukunft  entrollt,  ein  Vorbild  der  kommenden  Ge- 
schichtsphilosophie, die  vor  allem  darin  die  Spuren  ihres  my- 
thologischen Ursprungs  an  sich  trägt,  daß  sie  von  Augustins  »Civitas 
Dei«  bis  zum  Beginn  der  Neuzeit  alle  Geschichte  unter  dem  Ge- 
sichtspunkt der  beim  Volke  Israel  beginnenden  Heilsgeschichte  be- 
trachtet, und  daß  sie  auch  noch  in  ihren  späteren  Entwicklungen  nicht 
minder  der  Zukunft  wie  der  Vergangenheit  zugewandt  ist,  —  ein  Rest 


Die  Göttersage.  ^yi 


der  Apokalyptik,  der  in  den  Konstruktionen  Fichtes,  Schellings, 
Hegels  und  ihrer  Nachfolger  bis  in  die  Gegenwart  herabreicht  Die 
dritte  und  wichtigste  Seite  ist  endlich  die  eschatologische.  Waren 
schon  im  späteren  Judentum  die  die  ältere  Apokalyptik  beherrschenden 
Vorstellungen  von  der  Wiederaufrichtung  des  jüdischen  Staats  imd 
dem  Sieg  Jahwes  über  die  fremden  Götter  allmählich  hinter  dem 
die  ganze  Menschheit  umfassenden  Gedanken  eines  göttlichen  Straf- 
gerichts und  einer  neuen  Welt  der  Seligen  und  der  Heiligen  zurück- 
getreten, so  richtete  sich  die  Zukunfthoffnung  der  Christen  auf  die 
erwartete  Wiederkunft  Christi,  an  die  man  diese  große  Weltkatastrophe 
geknüpft  glaubte;  und  als  endlich  solche  chiliastische  Erwartui^en 
verblaßt  waren,  da  verschwand  zwar  die  alte  Apokalyptik,  aber  ein 
guter  Teil  von  ihr  lebte  in  den  Vorstellungen  von  der  Auferstehung 
der  Toten  und  vom  jüngsten  Gericht  fort.  Nur  wurde  hier  die  Kata- 
strophe des  Weltendes  mehr  und  mehr  zu  einem  übersinnlichen  Vor- 
gang, der  nun  mit  den  allgemeinen  Bildern  von  der  jenseitigen  Welt 
in  enge  Verbindung  trat.  So  ist  es  schließlich  vornehmlich  diese 
dritte  Seite,  bei  der  die  Apokalyptik  in  die  religiöse  Entwicklung 
eingegriffen  und  zu  einem  wesentlichen  Teil  dazu  beigetragen  hat, 
die  mythologrische  Form  vorzubereiten,  die  im  Christentum  die  Jen- 
seitsvorstellungen angenommen  haben.  Nur  hatte  sich  hier  das  Nach- 
einander der  Schrecken  des  Weltendes  und  der  Herrlichkeiten  der 
Welterneuerung  in  das  Nebeneinander  eines  Schreckens  ohne  Ende 
und  einer  ewigen  Herrlichkeit  umgewandelt,  ein  Prozeß,  bei  dem  die 
Vorstellung  des  jüngsten  Gerichts  ein  natürliches  Übergangsglied 
bildete,  das  zunächst  noch  beides,  die  Vorstellungen  vom  Weltende 
und  die  von  den  Aufenthaltsorten  der  Abgeschiedenen,  in  sich  ver- 
einigte, um  schließlich  dem  dauernden  Nebeneinander  der  alten  Vor- 
stellungen von  Hölle  und  Himmel  den  Vorrang  zu  lassen.  Mit  dem 
Schwinden  der  chiliastischen  Vorstellungen  verblaßte  so  allmählich 
auch  der  ihnen  ursprünglich  eng  verbundene  Gedanke  vom  Welt- 
ende, indem  dieses  in  immer  unbestimmtere  Fernen  rückte.  Die 
apokalyptische  Weltuntergangssage  ist  daher  in  dieser  vom  Christen- 
tum aufgenommenen  Form  nicht  ganz  verschwunden;  aber  sie  ist  in 
ihrer  ursprünglichen  Bedeutung  so  unbestimmt  geworden,  daß  sie 
hinter  den  Wirkungen  zurücktritt,  die  sie  auf  die  Jenseitsvorstellungen 
überhaupt  ausgeübt  hat.     Aus   der  einmaligen  Weltkatastrophe  sind 


472  Der  Natormythus. 


die  Bilder  des  Schreckens  und  der  Herrlichkeit  auf  die  längest  vor- 
handenen Bilder  von  Hölle  und  Himmel  übergregangen.  In  dieser 
letzten  gewaltigen  Wirkung  hat  Dantes  großes  Gedicht  das  apo- 
kalyptische Weltbild  des  Mittelalters  noch  einmal  in  poetisch  ge- 
läuterter Form  für  die  kommenden  Jahrhunderte  fes^ehalten. 


5.  Die  Legende. 

a.  Allgemeine  Entwicklung  der  Legende. 

In  jener  allgemeineren  Bedeutung,  die  eine  entwicklungsgeschicht- 
liche Betrachtung  des  Mythus  dem  Begriff  der  Legende  beilegen  muß, 
wenn  sie  diese  bis  zu  ihren  letzten  Quellen  zurückverfolgen  soll,  er- 
streckt sich,  wie  wir  früher  gesehen  haben,  die  Legende  von  den 
frühesten  Anfängen  des  Mythus  an  bis  herauf  zu  den  höchsten  Stufen 
religiöser  Entwicklung,  wo  schließlich  die  vollkommenste  Form  der 
Legende,  die  Kultlegende,  als  ein  letztes,  alle  andern  Mythenbestand- 
teile überlebendes  mythologisches  Substrat  des  religiösen  Kultus 
zurückbleibt.  Das  Gebiet  der  Legende  in  diesem  allgemeinsten  Sinne 
ist  daher  umfassender  als  das  des  Mythenmärchens  imd  der  Sage. 
Aber  es  bildet  keine  spezifische  mythologische  Form  neben  beiden, 
sondern  fällt  teils  mit  dem  Märchen  teils  mit  der  Sage  zusammen. 
Da  der  auf  die  letztere  kommende  Anteil  der  größere  und  wichtigere 
ist,  so  behält  die  Auffassung  der  Legende  als  einer  Abart  der  Sage 
immerhin  eine  relative  Berechtigung.  Doch  weist  schon  das  Merk- 
mal, in  welchem  sie  sich  von  andern  Formen  der  Sage  scheidet,  auf 
Bedingungen  zurück,  die  selbst  den  primitiven  Formen  des  Mythen- 
märchens nicht  fehlen,  und  die  so  allgemeiner  Art  sind,  daß  sie 
schließlich  alle  Stufen  des  Mythus  bis  herauf  zur  Göttersage  umfassen. 
Dieses  Merkmal  läßt  sich  am  zutreffendsten  in  dem  Begriff  des  >Heil- 
bringersc  ausdrücken,  wenn  wir  unter  diesem  ein  Wesen  verstehen, 
dem  die  Überlieferung  große,  für  das  leibliche  oder  geistige  Wohl 
der  Menschen  unersetzliche  Heilstaten  zuschreibt.  Natürlich  ist  ein 
solcher  Heilbringer  zunächst  ein  mythisches  Wesen.  Wie  der  Mythus 
auch  sonst  sich  geschichtlicher  Personen  bemächtigen  und  deren 
historisches  Bild  bis  zur  Unkenntlichkeit  umgestalten  kann,  so  ist 
das  aber  auch  bei   dem  Heilbringer,   namentlich  auf  den  späteren. 


Die  Legende.  ^y^ 

mit  der  historischen  Tradition  in  lebendigeren  Kontakt  getretenen 
Stufen  der  Mythenentwicklung  möglich.  Ja  der  Heilbringer  ist  mehr 
als  irgendeine  andere  Sagengestalt  geeignet,  Mythisches  und  Wirk- 
liches in  sich  zu  vereinigen.  Bis  in  die  Gegenwart  herab  pflegt 
daher  die  Legende  leichter  als  andere  Formen  der  Mythenerzählung 
einen  historischen  Kern  zu  bergen.  Gleichwohl  gilt  das  nur  für  die 
späteren  Stadien  der  Legendenbildung  und  auch  hier  nicht  ausschließ* 
lieh.  Auf  weiter  zurückliegenden  Stufen  sind  die  Heilbringer  sicht- 
lich rein  mythische  Gestalten.  So  treten  sie  vor  allem  besonders 
im  Mythenmärchen  als  Fabelwesen  auf,  die  von  der  primitiven 
Märchenphantasie  in  verschwenderischem  Grade  mit  Wunder-  und 
Zauberkräften  ausgestattet  sind,  und  bei  denen  an  geschichtliche 
Erinnerungen  um  so  weniger  zu  denken  ist,  als  bei  den  Völkern,  denen 
solche  Heilbringermärchen  angehören,  eine  auf  viele  Generationen 
zurückreichende  historische  Überlieferung  überhaupt  nicht  existiert. 
Noch  weniger  ist  es  möglich,  alle  Gestalten  der  Helden-  und  der 
Göttersage  auf  den  Typus  des  Heilbringers  zurückzuführen.  Vielmehr 
kommt  dieser  spezifische  Legendenheld  zwar  auf  jeder  Stufe  der 
Mythenentwicklung  vor,  im  Mythenmärchen,  in  der  Helden-  und  in 
der  Göttersage.  Aber  es  gibt  nicht  nur  zahlreiche  Märchen-  und 
Sagenhelden,  die  durchaus  keine  Heilbringer  sind,  sondern  auch  die 
Götter  stehen  in  vielen  ihrer  Eigenschaften  und  Handlungen  dem 
Heilbringer  fern.  Sie  sind  ebenso  oft  die  Urheber  von  Naturerschei- 
nungen oder  Schickungen,  die  dem  Menschen  verderblich,  wie  von 
solchen,  die  ihm  günstig  sind,  und  wo  sich  unter  der  Wirkung  reli- 
giöser Motive,  namentlich  solcher,  die  mit  den  Jenseitsvorstellungen 
in  Beziehung  stehen,  sogar  spezifische  Heilsgötter  ausgebildet  haben, 
da  pflegen  sich  dann  diesen  um  so  bestimmter  andere  Wesen  gegen- 
überzustellen, die,  wie  der  persische  Angramainju  und  der  christliche 
Teufel,  geradezu  den  Charakter  von  Unheilbringern  besitzen.  Mag 
aber  auch  die  Bedeutung  noch  so  groß  sein,  die  der  Heilbringer 
in  diesen  Fällen  als  einer  der  Hauptzeugen  für  den  Übergang  zum 
religiösen  Mythus  hat,  weder  läßt  sich  nach  ihm  der  Gottesbeg^fT 
überhaupt  orientieren,  noch  ist  die  Gestalt  des  Heilbringers  selbst 
von  Anfang  an  anders  als  mythisch  fundiert.  Wo  schließlich  ein 
Mensch  als  Heilbringer  verehrt  wird,  da  ist  daher  ein  von  Hause  my- 
thischer   Charakter    auf   eine    historische    Persönlichkeit    übertragen 


474  ^^^  Naturmythus. 


worden,  nicht  umgekehrt*).  Für  dieses  Verhältnis  ist  es  bezeichnend, 
daß  auch  die  ursprünglich  der  geschichtlichen  Überlieferung'  ent- 
stammenden Heilbringer  durch  die  Legende  reicher  als  der  gewöhn- 
liche historische  Sagenheld  von  einem  Mythen-  und  Märchenkranz 
umgeben  werden,  der  sie  mit  Wunder-  imd  Zaubertaten  ausstattet 
Das  ist  eben  ein  Erbteil,  das  die  Legende  aus  ihrer  rein  mjrthischen 
Vergangenheit  in  das  Gebiet  der  Geschichte  mit  herübemimmti  und 
das  an  der  Gestalt  des  Heilbringers  unabhäng^ig  von  seinen  Bezie- 
hungen zur  Geschichte  haften  bleibt.  Er  ist  fortan  der  Wunderheid, 
weil  das  Heil,  das  er  gebracht  hat,  in  welchen  Gütern  es  auch  be- 
stehen mag,  als  ein  Wunder  empfunden  wird.  Darum  bewahrt  die 
Legende  auf  allen  Stufen  ihrer  Entwicklung  eine  weit  größere  Affinität 
zum  Zaubermärchen,  aus  dem  sie  sich  ursprünglich  abgezweigt  hat, 
als  die  Helden-  und  selbst  die  Göttersage.  Anderseits  kann  sie  da- 
gegen in  der  Gestalt  ihres  Helden  in  jedes  dieser  andern  Gebiete 
des  Mythus  hineinreichen:  sie  ist  Märchen-,  Helden-  oder  Götter- 
legende, je  nachdem  der  Heilbringer  eine  reine  Märchengestalt,  ein 
mythischer  oder  ein  historischer  Held  oder  aber  ein  Gott  ist;  imd 
gerade  die  Legende  eröffnet  ein  weites  Feld  für  die  Übergänge  dieser 
verschiedenen  Formen  ineinander. 

Um  einen  Einblick  in  die  ursprünglichsten  Motive  der  Legende 
zu  gewinnen,  wird  man  hiernach  vor  allem  auf  ihre  bereits  früher 
geschilderten  Anfänge  in  dem  » Kultur märchen«  zurückgehen  müssen 
(S.  302  ff.).  Denn  dieses  bildet  zusammen  mit  den  Ausläufern,  die  es 
in  die  primitive  Stammessage  entsendet  (S.  294,  346ff.J,  sichtlich  den 
primitiven  Mythenstoff,  aus  dem  die  Gestalt  des  Heilbringers  hervor- 
wächst. Der  Keld  des  Kulturmärchens  hat  dereinst  den  Vätern  des 
Stammes  die  nötigsten  Hilfsmittel  ihres  Lebens  verschafft,  er  hat  ihnen 
das  Feuer  vom  Himmel  geholt  oder  sie  zur  Kunst  seiner  Bereitui^ 
angeleitet,  er  hat  sie  in  der  Herstellung  von  Waffen  und  Werkzeugen 
unterrichtet,  und  endlich:  er  hat  ihnen  die  Zeremonien  gezeigt,  durch 
die  man  günstigen  Zauber  verrichten  und  sich  vor  bösem  Zauber 
schützen  kann.  Mit  diesen  Elementen  des  Kulturmärchens  verbinden 
sich  nun  die  der  Stammessage:  die  Spender  der  vornehmsten  Heils- 

^)  Vgl.  oben  S.  307  sowie  die  dort  zitierte  Diskussion  über  das  Verhfiltnis  von 
Gott  und  Heilbringer  zwischen  Kurt  Breysig  (Die  Entstehung  des  Gottesgedankens 
und  der  Heilbringer,  1905)  und  Paul  Ehrenreich  (Götter  und  Heilbringer,  1906). 


Die  Legende.  ^y^ 

guter  sind  selbst  die  Urväter  des  Stammes.  Sie  sind  im  Besitz  einer 
Macht  und  Weisheit  gewesen,  die  sie  über  die  Geschlechter  der 
später  Geborenen  emporhebt.  Das  ist  die  Anschauung,  die  sich  von 
den  Muramuralegenden  der  Australier  bis  zu  den  Ahnen-  und  Urväter- 
traditionen der  alten  Kulturvölker  erstreckt,  um  dann  freilich  hier 
weiterhin  in  die  Heroen-  und  Göttersage  einzumünden  oder  durch  sie 
ersetzt  zu  werden.  So  ist  es  wesentlich  die  Verschmelzung  dieser, 
dem  Kulturmärchen  und  der  Stammessage  angehörenden  Elemente, 
die  der  Legende  ihre  früheste  Gestaltung  gibt.  Dem  Kulturmärchen 
entnimmt  sie  die  Vorstellung  von  dereinst  durch  wunderbare  Zauber- 
wesen gebrachten  Kulturgütern;  die  märchenhafte  Stammessage  macht 
diese  Kulturbringer  zu  Urahnen  der  lebenden  Geschlechter.  Von 
beiden  Quellen  liefert  die  erste,  das  Kulturmärchen,  den  Inhalt,  die 
zweite,  die  Stammestradition,  die  Form  der  Legende.  Von  diesen 
Faktoren  ist  aber  der  zweite  der  am  meisten  veränderliche.  In  dem 
Maße  als  die  Stammessage  selbst  in  den  Hintergrund  gedrängt  wird, 
treten  Heroen  und  Götter  an  die  Stelle  der  einstigen  Stammesahnen, 
—  ein  Prozeß,  bei  dem  übrigens  die  Auffassung  der  Heroen  und  der 
Götter  als  der  Ahnen  der  lebenden  Geschlechter  die  mannigffaltigsten 
Zwischenstadien  erzeugt,  vermöge  deren  allmählich  die  ältere  in  eine 
jüngere  Form  dieser  Vorstellungen  übergehen  kann.  Demgegenüber 
bleibt  der  der  Heilbringerlegende  aus  dem  ursprünglichen  Kultur- 
märchen zufließende  Inhalt  verhältnismäßig  konstant:  er  verändert  sich 
nur  insoweit,  als  der  Wandel  der  Kultur  auch  einen  solchen  der  Kultur- 
güter mit  sich  fuhrt,  die  als  wertvoll  geschätzt  werden.  Dabei  ist 
übrigens  die  Abhängigkeit  dieser  Güter  von  der  subjektiven  Wert- 
schätzung und  der  Wandel,  der  sich  infolgedessen  in  dem  Charakter 
des  Heilbringers  vollzieht,  ein  Beweis  dafür,  daß  die  Gestalt  des  letz- 
teren zunächst  nicht  einer  in  der  Wirklichkeit  vorhandenen  Persön- 
lichkeit ihr  Dasein  verdankt,  sondern  daß  sie  aus  der  Schätzung  der 
Güter  selber  entspringt,  die  die  mythenbildende  Phantasie  auf  per- 
sönliche Geber  solcher  Güter  bezieht.  Darum  hat  der  Mythus  den 
Heilbringer  geschafifen,  nicht  umgekehrt  der  Heilbringer  den  Mythus. 
Erst  auf  einer  weit  späteren  Stufe  und  unter  dem  Einfluß  weit 
reichender  geschichtlicher  Bedingungen  kann  der  so  entstandene  Heil- 
bringermythus  an  eine  historische  Persönlichkeit  gebunden  werden, 
um   nun   seinerseits   von   ihr  Einwirkungen  zu  empfangen.     Das  sind 


^^6  Der  Natnrmjrthus. 


Wandlungen  des  Legendenhelden,  die  durchaus  dem  Übergang  des 
mythischen  in  den  historischen  Sagenhelden  parallel  gehen  (vgl. 
oben  S.  3768*.). 

Jener  Prozeß  der  Verschmelzung,  durch  den  aus  dem  Kultur- 
märchen durch  die  sukzessive  Einwirkung  zuerst  der  Ahnen-  und 
Stammessage,  dann  der  Heroen-  und  Göttersage  die  Legende  auf  den 
verschiedenen  Stufen  ihrer  Ausbildung  hervorgeht,  läßt  sich  nun  aber 
auch  an  den  Kulturgütern  verfolgen,  die  jeweils  das  Thema  der 
Legende  bilden.  Während  sich  diese  Güter  mehr  und  mehr  über  den 
Umkreis  des  alltäglichen  Lebens  und  der  natürlichen,  keine  außer- 
gewöhnlichen Hilfsmittel  voraussetzenden  Vorgänge  erheben,  gehören 
umgekehrt  die  Anfänge  dieser  Entwicklung  noch  ganz  dem  Medium 
des  Kulturmärchens  an.  Noch  hat  hier  der  Märchenheld,  auf  den  eine 
erste  heilbringende  Tat  zurückgeführt  wird,  nichts  von  dem  eigent- 
lichen Heilbringer  oder  Legendenhelden  an  sich.  Irgend  ein  Knabe  ge- 
winnt etwa  nach  dem  Mythenmärchen  der  Prärieindianer  die  magische 
Gabe,  die  Büffel  herbeizulocken  oder  einen  Vertrag  mit  ihnen  zu 
schließen,  der  sie  unter  bestimmten,  in  primitive  kultische  Formen  ge- 
kleideten Bedingungen  dem  Bedürfnis  des  Menschen  dienstbar  macht 
(S.  136  ff.).  Doch  dieser  Zauberknabe  ist  bereits  in  der  nächsten  Er- 
zählung spurlos  verschwunden:  er  wird  von  einem  andern  Märchen- 
helden abgelöst,  der  entweder  ähnliche  Taten  oder  beliebige  andere, 
an  sich  zwecklose  Glücksabenteuer  besteht.  Auch  das  Weib,  das 
Männern  im  Walde  begegnet  und  ihnen  die  ersten  Brodfrüchte  reicht, 
erhebt  sich  noch  nicht  über  diese  Sphäre  (S.  297).  Alle  diese  Erzäh- 
lungen tragen  zwar  in  ihrer  Beziehung  auf  die  für  die  Fristung  des 
Lebens  geschätzten  Güter  einen  legendarischen  Zug  an  sich;  aber  sie 
bleiben  noch  auf  der  Stufe  des  Kulturmärchens:  ihr  Held  ist  anonym, 
jeder  beliebige  Stammesgenosse  könnte  die  Tat  vollbracht  haben.  Es 
fehlt  der  wirkliche  Legendenheld,  der  eine  Reihe  von  Taten  aus- 
fuhrt, deren  nur  er  fähig  ist,  und  an  dessen  Gestalt  daher  nun  eine 
Reihe  durch  sie  verbundener  Erzählungen  geknüpft  ist.  Dazu  ist 
eben  jene  Einwirkung  der  Stammessage  erforderlich,  mag  diese  selbst 
sich  auch  noch  so  sehr  in  der  Region  des  phantastischen  Zauber- 
märchens bewegen.  So  ist  denn  das  erste  die  beginnende  Legende 
von  ihren  Vorläufern  im  Kulturmärchen  scheidende  äußere  Merkmal 
die  Bildung  eines  Märchenzyklus,  dessen  einzelne  Stücke  durch  die 


Die  Legende.  477 

Gestalt  des  Märchenhelden  zusammengehalten  werden.  Ausgesprochene 
Beispiele  dieser  Art  sind  schon  die  Muramuralegenden  der  Australier, 
dann  die  Raben-,  Hasen-,  Coyote-  und  Mänäbushmärchen  der  nord- 
amerikanischen Indianer.  Sie  zeigen  bei  aller  Verschiedenheit  im 
einzelnen  auch  darin  einen  gemeinsamen  Charakter,  daß  die  im  Kulturr 
märchen  in  engeren  Schranken  sich  bewegenden  Wunder-  imd  Zauber- 
taten des  Helden  hier  durchweg  ins  grotesk  Phantasische  gesteigert 
werden.  Dazu  bietet  die  Tierverwandlimg,  die  bei  vielen  dieser  primi- 
tiven Legendenhelden  wahrscheinlich  unter  der  Mitwirkung  uralter 
totemistischer  Vorstellungen  für  die  gewöhnliche  äußere  Erscheinungs- 
weise bestimmend  ist,  ein  günstiges  Hilfsmittel.  Der  Legendenheld 
setzt  gleich  dem  Hasen  mit  Windeseile  über  Berge  und  Täler,  oder 
er  fliegt  als  Vogel  durch  die  Luft,  holt  von  der  Sonne  das  Licht  und 
aus  der  Tiefe  der  Erde  die  Finsternis,  und  in  diesen  schrankenlosen 
Zauberverwandlungen,  deren  er  fähig  ist,  erhebt  er  sich  bisweilen  zur 
Höhe  eines  Welt-  und  Menschenschöpfers  oder  sinkt  in  der  sich  über- 
stürzenden Märchenphantastik  zu  einer  Spottfigur  herab,  die  nicht 
zum  wenigsten  durch  die  Züge  grotesker  Lächerlichkeit,  die  sie  an 
sich  trägt,  zu  einer  Lieblingsgestalt  des  Märchenerzählers  wird.  So 
wirkt  der  Nimbus  des  Zaubers,  der  die  großen,  als  Wunder  an- 
gestaunten Kulturtaten  umgibt,  aus  denen  die  Legende  erwächst, 
auf  die  Gestalt  des  Legendenhelden  zurück.  Je  höher  die  Wunder 
geschätzt  werden,  die  dieser  vollbringt,  um  so  mehr  gewinnt  er  selbst 
die  Natur  eines  Wunder-  und  Zauberwesens,  bis  die  immer  mehr  in 
wilde  Phantastik  ausartende  Schilderung  dieses  Helden  in  das  Lächer- 
liche umschlägt.  Das  sind  Motive,  die,  in  der  natürlichen  Verkettung 
der  Gefühle  und  ihrer  Kontraste  begründet,  schließlich  noch  bis  in 
späte  Zeiten  in  den  beiden  scheinbar  widerstreitenden,  in  Wahrheit 
aber  doch  eng  verbundenen  Erscheinungen  nachwirken,  daß  der  Held 
der  Legende  reicher  als  der  der  gewöhnlichen  Sage  mit  Wunder-  und 
Zauberkräften  ausgestattet  und  eben  darum  höher  als  dieser  geschätzt 
ist,  daß  er  aber  auch  weit  mehr  zu  parodistischen  Verspottungen  seiner 
Person  und  seiner  Taten  herausfordert. 

Unter  den  Taten,  durch  die  sich  der  Legendenheld  von  früher 
Zeit  an  sein  Fortleben  in  dem  Gedächtnis  der  Nachwelt  sichert,  stehen 
nun  zwei  in  erster  Linie:  sie  sind  diejenigen,  die  im  allgemeinen  auch 
äußerlich    den  Übergang    von    dem  Kulturmärchen   zur  eigentlichen 


478  I^er  Natnnnythus. 


Legende  bezeichnen.  Die  erste  Tat  ist  die  Bringung  des  Feuers. 
Entweder  hat  es  der  Held  direkt  vom  Himmel  geholt,  oder  er  hat 
die  Vorväter  des  Stammes  in  der  Entzündung  des  Notfeuers  durch 
Bohrung  oder  Reibung  eines  Holzstabes  unterwiesen.  Wie  diese  beiden 
Entstehungsweisen  des  irdischen  Herdfeuers  noch  in  alten  Kultus- 
überlebnissen zusammenfließen,  indem  zur  Feier  der  wiederkehrenden 
Frühlingssonne  das  Notfeuer  an  einem  hölzernen  Rad  entzündet  und 
dieses  als  Bild  der  aufgehenden  Sonne  vom  Berg  ins  Tal  gerollt  wird, 
so  kann  der  Feuerbringer  der  Legende  diese  beiden  Eigenschaften 
vereinigen:  er  hat  zuerst  das  Feiier  vom  Himmel  geholt  imd  dann 
nach  dem  Vorbild  des  himmlischen  Feuers  das  irdische  erzeugt*).  Auf 
diese  Weise  hat  hier  das  Himmelsmärchen  zusammen  mit  dem  an  die 
künstliche  Feuererzeugung  gebundenen  Kulturmärchen  die  Grundlage 
zu  einer  über  den  engeren  Bezirk  des  letzteren  sich  erstreckenden 
Legendenbildung  abgegeben.  Zugleich  erhebt  diese  Assoziation  des 
irdischen  mit  dem  himmlischen  Feuer  den  Feuerbringer  über  die 
sonstigen  Helden  des  Kulturmärchens,  um  ihm  auch  noch  in  andern 
Richtungen  die  Rolle  eines  erfinderischen  Wohltäters  der  Menschen 
zuzuweisen.  Das  sind  Züge,  die  trotz  des  ungeheueren  Abstandes  der 
Mythenentwicklung  schließlich  von  Jelch  dem  Raben,  dem  primitiven 
Feuerbringer  der  Tlinkit  und  anderer  Indianerstämme  der  nordpazifi- 
schen Küste,  bis  zur  gewaltigen  Gestalt  eines  Prometheus  hinauf- 
reichen. Der  Rabe  hat  für  die  Menschen  nicht  bloß  von  einer  fernen 
Insel  das  Feuer  geholt  und  sie  belehrt,  wie  es  aus  Steinen  und  aus 
Holz  durch  Schlagen  und  Bohren  erzeugt  werden  könne,  er  hat  auch 
die  Sonne  und  den  Mond,  die  zuvor  in  einem  Kasten  verschlossen 
waren,  an  den  Himmel  gesetzt;  und  er  hat  aus  Menschen,  indem 
er  sie  über  Wald  und  Meer  und  Berg  und  Tal  verteilte,  die  ver- 
schiedenen Tiere  entspringen  lassen,  ähnlich  wie  umgekehrt  Prome- 
theus bald  selbst  Menschen  schafft,  bald  seinem  Sohn  Deukalion,  den 
er  aus  der  von  den  Göttern  verhängten  Flut  gerettet,  das  Zauber- 
mittel der  rückwärts  geworfenen  Steine   mitteUt,  damit  er  die  Erde 


' )  Vgl.  die  trotz  der  Entfernang  der  Knlturkreise  verwandten  Verbindungen  solcher 
Art  In  den  Oberlebnissen  germanischer  Vegetationsknlte  bei  Mannhardt,  Wald-  und 
Feldknlte,  I,  S.  519,  mit  mexikanischen  Oberliefemngen  bei  K.  Th.  Prenß,  Der  Ur- 
sprung der  Menschenopfer  in  Mexiko,  Globus,  Bd.  86,  1904,  S.  109. 


Die  Legende.  /^jg 

bevölkere").  Darin  freilich  bringt  der  Prometheusmythus  einen  neuen, 
jener  aus  totemistischer  Stammessage  imd  primitivem  Kulturmärchen 
zusammengewebten  Tierlegende  noch  fremden,  erst  durch  den  Ein- 
fluß einer  hoch  entwickelten  Göttersage  möglich  gewordenen  Zug 
hinzu:  dieser  Wohltäter  der  Menschen  raubt  den  Göttern  die  Güter, 
deren  Genuß  ihnen  bisher  allein  vorbehalten  war.  Für  die  Seg- 
nungen, die  er  bringt,  trifft  ihn  daher  die  Strafe  der  Götter.  So 
erhebt  sich  hier  die  fiir  die  weitere  Entwicklung  der  Legende  überaus 
folgenreiche  Verbindung  der  Eigenschaften  des  tätigen  und  des 
leidenden  Helden,  wie  sie  der  g^echische  Mythus  in  anderer  Form 
auch  in  der  Herakleslegende  kennt,  in  der  sie  besonders  für  die 
spätere  Entwicklung  dieser  Heroengestalt  bezeichnend  ist. 

Die  zweite  Tat,  die  den  Legendenhelden  von  frühe  an  über 
den  gewöhnlichen  Märchenhelden  emporhebt,  ist  die  Gabe  des 
Zaubers,  die  er  nicht  bloß  selbst  besitzt,  sondern  von  der  er 
den  Voreltern  des  Stammes  die  erste  Kunde  gebracht  hat,  indem 
er  sie  in  den  Zeremonien  unterrichtete,  durch  die  man  sich  Jagd- 
beute und  Erfolg  im  Krieg,  Schutz  vor  Krankheit  und  Tod  und 
was  sonst  noch  der  Mensch  begehrenswert  finden  mag,  sichern 
kann,  wogegen  die  Unterlassung  solcher  Zeremonien  Gefahr  bringt. 
Denn  sie  erregt  den  Zorn  der  Dämonen  oder  Götter,  die  durch 
jene  Handlungen  gewonnen  werden  sollen.  Unter  diesen  Zeremonien, 
die  die  primitive  Legende  den  übermenschlichen  oder  halb  tierischen 
halb  menschlichen  Urahnen  zuzuschreiben  pflegt,  steht  der  Zauber- 
tanz in  erster  Linie.  Ihm  zunächst  kommt  das  damit  verbundene 
Zauberlied,  endlich  eine  Reihe  von  Riten,  durch  die  der  einzelne 
Stammesgenosse  im  Alter  der  Mannbarkeit  in  die  Stammesgemein- 
schaft oder  in  eine  engere  Kultgenossenschaft  aufgenommen  wird,  wie 
die  Tätowierung,  Bemalung,  Beschneidung,  das  Herausschlagen  von 
Zähnen  und  ähnliches.  Warum  alle  diese  Riten  und  Zeremonien  ge- 
übt werden,  oder  welche  Motive  bei  ihrer  Entstehung  wirksam  waren, 
das  pflegt  längst  dem  Gedächtnis  entschwunden  zu  sein.  Es  ist  genug, 
daß  solche  Handlungen  als  heilig  gelten,  um  ihre  Befolgung  zu  einer 
Pflicht  zu   erheben,  deren  Vernachlässigung    schwere  Gefahren    mit 


^J  Zur  Kabensage  der  Tlinkit  vgl.  F.  Boas,  Indianische  Sagen,  S.  311  ff.     Aurel 
Krause,  Die  Tlinkit-Indianer,  S.  261  ff. 


480  I^c  Natunnythus. 


sich  bringt.  Je  unbekannter  der  Ursprung,  um  so  bestimmter  fuhrt 
aber  die  Legende  diesen  auf  die  Einsetzung  durch  einen  persönlichen, 
von  der  mythenbilden  Phantasie  selbst  mit  wunderbaren  Eigenschaften 
ausgestatteten  Träger  zurück.  So  wird  der  Legendenheld  zum  Kult- 
stifter, und  als  solcher  kann  er  nun  um  so  leichter  selbst  zum  Gegen- 
stand eines  Kultus  werden,  als  der  Zauber,  der  von  den  durch  ihn 
vermittelten  Zeremonien  ausgeht,  auf  ihn  zurückstrahlt.  Vor  allem  in 
dieser  Eigenschaft  als  Kultstifter  wird  er  daher  verschwenderisch  mit 
Zaubereigenschaften  ausgestattet.  So  kann,  indem  die  auf  primi- 
tiveren Stufen  den  Zauberzeremonien  beigelegte  Wunderwirkung  auf 
den  Helden  der  Legende  übergeht,  dieser  selbst  zum  Objekt  des  von 
ihm  gelehrten  Kultus  werden.  Darum  macht  bei  der  Weiterbildung 
dieser  primitiven  Vorstellungen  die  Legende  gelegentlich  die  Götter 
selbst  zu  Stiftern  der  ihnen  geweihten  Kulte.  Sie  haben  dereinst  bei 
der  Gründung  der  Kultstätten,  die  ihrem  Dienste  bestimmt  sind,  die 
Vorschriften  gegeben  oder  den  von  ihnen  erleuchteten  Sendboten 
mitgeteilt,  nach  denen  ihr  Beistand  gewonnen  werden  kann.  Dabei 
sind  es  wieder  hauptsächlich  solche  Göttei^estalten,  in  denen  der 
Charakter  des  Heilbringers  besonders  ausgeprägt  ist,  wie  in  der 
griechischen  Sage  Apollo  oder  später  Asklepios,  in  denen  diese 
Eigenschaften,  Gegenstand  und  Stifter  eines  Kultes  zu  sein,  sich  ver- 
einigen. 

Diese  Verbindung  der  Eigenschaften  des  Kultstifters  und  des  im 
Kultus  gefeierten  Gottes  in  einer  und  derselben  Persönlichkeit  hängt 
nun  aber  enge  mit  einer  andern  Erscheinung  zusammen,  die  in  der 
unbestimmten  Begrenzung  der  Gestalt  des  Legendenhelden  ihren 
tieferen  Grund  hat.  Der  Held  der  Legende  kann  an  sich  ein  Märchen-, 
ein  Sagenheld  oder  ein  Gott,  ja  er  kann  alles  dieses  zugleich  sein. 
Doch  in  seiner  gesamten  Entwicklung  folgt  er  Stufe  ftir  Stufe  diesen 
Formen  des  Mythus,  und  indem  die  Tendenz  vorwaltet,  die  Ge- 
stalt des  legendarischen  Helden  höher  und  höher  zu  heben,  ist  die 
Umwandlung  des  Heilbringers  zum  Gott  ebenso  das  letzte  Ziel  dieser 
Entwicklung,  wie  ihr  Anfang  der  Märchenheld  ist,  der  über  die 
Reihe  anderer  ähnlicher  Gestalten  nur  durch  die  größere  Bedeutung 
seiner  Zauberwirkungen  emporragt.  Indem  so  der  Legendenheld 
alle  diese  Stufen  vom  Märchen-  zum  Sagenhelden  und  schließlich 
zum  Gott  sukzessiv  durchläuft,  behält  er  auf  den  folgenden  immer 


Die  Legende.  ^gi 


gewisse  Eigenschaften  zurück,  die  er  auf  den  früheren  erworben  hat. 
Insbesondere  bewahrt  er  den  phantastischen  Wunder-  und  Zauber- 
charakter des  Märchenhelden.  Als  Sagenheld  wie  als  Gott  ist  der 
Heilbringer  in  höherem  Grade  als  andere  Helden  und  Götter  mit 
der  Gabe  ausgerüstet,  Wunder  zu  tun.  In  den  sonstigen  Eigen- 
schaften, die  ihm  die  Legende  gibt,  folgt  er  dagegen  dem  allge- 
meinen Zuge  der  Zeit.  Er  kann  ein  allbezwingender  Held  wie 
Herakles  oder  ein  in  Visionen  schwärmender  Asket  wie  der  christ- 
liche Eremit  und  der  indische  Büßer,  oder  er  kann  ein  drachen- 
bezwingender Recke  sein  wie  der  heilige  Georg.  Doch  in  der  Gabe 
Wunder  zu  tun  ist  er  zu  jeder  Zeit  derselbe.  Daneben  bleibt  die 
durchgehende  Tendenz  dahin  gerichtet,  den  Helden  der  Legende 
höher  und  höher  zu  heben,  und  dieser  Prozeß  ergreift  wieder  vor- 
nehmlich jene  Klasse  der  Heilbringer,  die  dem  Menschen  die  Kenntnis 
der  Riten  und  Kulte  vermittelten,  die  nicht  bloß  ein  einzelnes  Gut 
in  die  Welt  gebracht  haben,  sondern  dem  Schutz  gegen  Not  und' 
Gefahr  und  der  Gewinnung  des  Heils  in  allen  Lagen  des  Lebens  und 
schließlich  noch  über  das  Leben  hinaus  dienen.  Solche  Heilbringer 
höchster  Ordnung  können  aber  nur  die  Götter  selbst  sein,  die  eben 
darum  gleichzeitig  zu  Schöpfern  und  zu  Gegenständen  des  Kultus 
werden.  So  steht  der  heilbringende  Gott  folgerichtig  am  Ende 
dieser  Entwicklung.  Die  Motive,  die  diesem  Ende  zustreben,  liegen 
jedoch  einerseits  in  dem  unbegrenzten  Heilsbedürfnis  des  Menschen, 
das  sich  nicht  mit  einzelnen  Lebensgütem  zufrieden  gibt,  sondern 
alle  zumal  und  neben  den  ihm  in  der  Vergangenheit  zuteil  ge- 
wordenen auch  die  zukünftigen  begehrt.  So  bemächtigt  sich  der 
Legendenbildung  unter  dem  hier  einsetzenden  Einfluß  des  Kultus  eine 
doppelte  Tendenz:  die  eine  ist  dahin  gerichtet,  den  Heilbringer  zum 
Gott  zu  erheben,  die  andere  dahin,  den  Göttern  als  die  höchste  ihrer 
Eigenschaften  die  der  Heilbringer  zuzuteilen.  Dieser  doppelten  Ten- 
denz wirkt  freilich  ebenso  unablässig  ein  anderes  Motiv  entgegen.  Es 
entspringt  aus  der  in  den  natürlichen  Bedingungen  der  Mythenent- 
wicklung begründeten  Vielheit  der  Göttervorstellungen.  Da  in  dem 
Götterstaat  zwischen  den  Einzelgöttem  ein  ähnliches  Verhältnis  wieder- 
kehrt, wie  es  die  Arbeitsteilung  der  menschlichen  Gesellschaft  mit  sich 
führt,  so  verteilen  sich  auch  die  Segnungen,  die  der  Mensch  den 
Göttern  zuschreibt,  und  die  er  in  der  Zukunft  von  ihnen  erwartet,  auf 

W  u  n  (1 1 ,  Völkerpsychologie  II,  3.  3 1 


^82  I^c*"  Naturmythus. 


eine  Vielheit  göttlicher  Heilbringer.  So  werden  diese,  indem  zugleich 
die  alten,  nie  ganz  ersterbenden  Vorstellungen  der  Orts-  und  Berufs- 
dämonen herüberwirken,  zu  spezifischen  Schutzgötterny  Ge- 
stalten, die  nunmehr  die  Motive  des  Dämons,  des  Legendenhelden 
und  des  Naturgottes  in  sich  vereinigen.  Diese  Verbindung  bedingt 
dann  aber  naturgemäß  auch  ein  Schwanken,  das  auf  der  einen  Seite 
aus  der  fortwährenden  Tendenz  nach  Vervielfältigung  der  hilfreichen 
Mächte,  und  auf  der  andern  aus  dem  Streben  nach  einer  Vereinigung 
vieler  oder  wo  möglich  aller  heilbringenden  Eigenschaften  in  einer 
einzigen  Göttergestalt  entspringt.  Einen  charakteristischen  Ausgleich 
pflegen  diese  widerstreitenden  Kräfte  darin  zu  finden,  daß  sich  die 
Gestalten  der  Legendenhelden  selbst  wieder  differenzieren,  indem 
die  höchsten  und  allgemeinsten  Interessen  des  Menschen  der  heil- 
bringenden Fürsorge  einer  höchsten  Gottheit,  die  kleineren,  alltäglichen, 
in  Haus  und  Beruf  sich  regenden  Schutzbedürfnisse  beschränkteren 
Schutzmächten  unterstellt  werden. 

b.  Der  Heilbringer  als  tätiger  und  als  leidender  Held. 

Der  Held  der  Legende  ist  von  Anfang  an  vor  andern  Helden  von 
Märchen  und  Sage  mit  den  Zaubergaben  ausgestattet,  die  ihn  in  den 
Stand  setzen,  das  Feuer  und  andere  Kulturgüter  dem  Menschen  zu 
bringen.  So  lange  er  in  der  Sphäre  des  Märchenhelden  verbleibt, 
gehört  diese  seine  Tätigkeit  der  Vergangenheit  an:  es  sind  Güter,  die 
irgend  einmal  erworben  sein  müssen,  von  deren  erster  Erwerbung  aber 
keine  sichere  Kunde  mehr  berichten  kann,  und  die  nun  den  Taten 
des  fabelhaften  Heilbringers  zugeschrieben  werden.  Die  erste  be- 
deutsame Wendung,  die  in  dieser  Auffassung  eintritt,  gehört  schon 
einer  sehr  frühen  Zeit  an:  sie  ist  sichtlich  an  die  Vorstellung  ge- 
knüpft, nach  der  der  Heilbringer  zugleich  Kulturbringer  ist.  Diese 
Vorstellung  ist  aber,  obgleich  sie  noch  ganz  in  die  Regionen  des 
Mythenmärchens  zurückreicht,  doch  ihrer  Natur  nach  ebenso  in  die 
Zukunft  wie  in  die  Vergangenheit  gerichtet.  Die  Kultzeremonien,  die 
der  ersten  Unterweisung  jener  legendarischen  Helden  zugeschrieben 
werden,  sollen  die  Güter,  die  die  Vergangenheit  gebracht  hat,  auch 
für  die  Zukunft  sichern:  sie  sollen  der  Vermehrung  der  Totems,  der 
Jagdtiere  und  Feldfrüchte  dienen  und  dagegen  Krankheit  und  Tod 
ferne  halten.    Bei  allem  dem  bleibt  der  Heilbringer  ein  Zauberwesen, 


Die  Legende.  483 

das  als  solches  noch  manches  außerhalb  dieser  spezifischen  Eigen- 
schaft liegende  Wunder  vollbringen  kann,  dessen  eigenste  Natur  aber 
nur  in  seiner  fortan  in  Wunder  und  Zauber  sich  äußernden  Tätigkeit 
besteht,  und  dem  eben  deshalb  ein  persönlicher  Charakter  durchaus 
abgeht.  Mag  die  äußere  Gestalt  dieser  Heilbringer  primitiver  Völker 
noch  so  verschieden  sein,  der  eigenen  Persönlichkeit  entbehren 
sie  alle.  Darin  sind  sie  eben  die  echten  Märchenhelden,  auf  die 
nun  auch  sonstige,  besonders  dem  Abenteuer-,  Tier-  oder  Himmels- 
märchen entlehnte  Stoffe  übertragen  werden  können,  so  daß  gerade 
auf  dieser  Stufe  der  legendarische  Held  leicht  andere,  ursprünglich 
neben  ihm  vorhanden  gewesene  Märchenhelden  verdrängt. 

Da  ist  es  nun  ein  überaus  wichtiger  weiterer  Schritt,  der  in  dem 
Augenblick  geschieht,  wo  aus  dem  Märchen  die  Sage  hervorwächst, 
und  wo  nun,  diesem  Vorgange  folgend,  auch  die  Legende  aus  der 
Region  des  Märchens  in  die  der  Sage  hinüberwandert.  Was  der 
Heilbringer  als  Märchenheld  nicht  besitzt,  das  gewinnt  er  als  Sagen- 
held. Er  wird  zu  einem  Wesen  von  ausgeprägter  Eigenart,  das  mit 
dem  Menschen  fühlt,  an  seinem  Glück  und  Unglück  teilnimmt,  und 
das  darum  selbst  in  um  so  höherem  Grade  durch  das,  was  die  Le- 
gende von  ihm  erzählt,  das  eigene  Mitgefühl  des  Hörers  hervorruft. 
Indem  so  der  Heilbringer  mehr  und  mehr  menschliche  Charakter- 
züge annimmt,  gewinnt  er  aber  neben  der  ihm  von  Anfang  an 
zukommenden  Eigenschaft  zum  Wohl  des  Menschen  tätig  zu  sein 
noch  die  andere,  mit  dem  Menschen  zu  leiden;  und  aus  dieser  ent- 
springt schließlich  im  Verein  mit  jener  die  höhere,  für  den  Men- 
schen zu  leiden,  so  daß  nun  das  Leiden  selbst  zur  Tat  wird.  Das 
ist  der  Wandel,  den  wir  überall,  anfanglich  wohl  nur  in  leisen  An- 
deutungen, dann  aber  mit  fortschreitender  geistiger  Kultur  immer 
energischer,  in  der  Natur  des  Helden  der  Legende  und  in  seiner  Be- 
deutung als  Heilbringer  eintreten  sehen.  Er  fehlt  zumeist  noch,  so 
lange  das  Heil,  das  er  bringt,  in  äußerem  Glück,  in  Vernichtung 
drohender  Ungeheuer  oder  in  der  Rettung  vor  ihnen  besteht.  Er 
stellt  sich  um  so  sicherer  ein,  je  mehr  sich  das  Wirken  des  Heil- 
bringers  auf  das  Glück,  die  Ruhe  oder  die  Rettung  der  Seele  aus  den 
Stürmen  der  Leidenschaften  richtet.  Dieser  Prozeß  der  Vergeistigung 
vollzieht  sich  so  in  der  Form  einer  Übertragung  der  dem  Helden 
selbst    beigelegten   persönlichen    Eigenschaften    auf  jene,   denen  er 

31* 


aS^  Der  Natnnnythas. 


durch  seine  Taten  Rettung  und  Heil  bringt.  Von  diesem  Punkte  an 
gewinnt  daher  der  Heilbringer  zugleich  den  Charakter  eines  Vor- 
bildes für  das  eigene  Tun  und  Lassen. 

Deutlich  tritt  uns  dieser  doppelte  Übergang,  zuerst  vom  Heil- 
bringer,  der  bloß  um  seiner  Taten  willen  geschätzt  wird,  zum  Helden, 
dessen  eigener  in  Mühe  und  Leid  sich  bewährender  Charakter  Be- 
wunderung findet,  und  endlich  zum  sittlichen  Heros,  der  in  Tun  und 
Leiden  ein  ideales  Vorbild  ist,  in  der  griechischen  Sage  entgegen. 
Den  ersten  Übergang  bemerken  wir  in  der  Gestalt  des  Prometheus. 
Er  ist  in  dem  ursprünglichen  Mythus  schwerlich  in  wesentlich  anderem 
Sinne  ein  Feuerbringer  gewesen,  als  in  dem  er  aller  Orten  schon 
im  Heilbringermärchen  vorkommt  Aber  die  spätere,  feiner  emp- 
findende Dichtung  verweilt  mit  Vorliebe  bei  dem  Bilde  des  gefesselten 
Titanen,  der,  weil  er  mit  menschlichem  Mangel  Mitgefühl  empfunden, 
selber  unmenschliches  Leid  erdulden  muß  (Aeschylos  Prometheus  749  ff.). 
Den  weiteren  Übergang  sehen  wir  sodann  in  der  Sagengeschichte 
des  Herakles  vor  uns,  die  sich  überdies  auf  dem  Hintergrund  einer 
einfachen,  vom  Heilbringergedanken  noch  unberührt  erscheinenden 
Heldensage  aufbaut.  Vom  Bild  des  starken  Helden,  dessen  Wunder- 
taten bloß  um  der  gewaltigen  sich  in  ihnen  offenbarenden  Kraft 
willen  zur  Bewunderung  nötigen,  heben  sich  hier  zunächst  jene  Rettungen 
ab,  die,  wie  die  Tötung  der  Lernäischen  Schlange  und  die  Befreiung 
der  Hesione,  die  Natur  der  Heilbringerlegende  besitzen;  bis  auch  in 
diesem  Bilde  die  Züge  der  Mühsal  und  des  Leidens  in  den  Vorder- 
grund treten,  die  schließlich  in  der  Selbstverbrennung  des  vom  un- 
ermeßlichen Schmerz  gepeinigten  Helden  einen  überwältigenden  Aus- 
druck finden.  Dieser  duldende,  doch  über  den  Schmerz  des  sterblichen 
Dulders  zum  schmerzlosen  Dasein  der  Unsterblichen  sich  erhebende 
Held  der  Herakleslegende  ist  es,  der  später  den  Kynikem  und  der 
Stoa  als  ideales  Vorbild  eines  von  keinem  Leid  und  keiner  Leiden- 
schaft berührten  Charakters  galt').  Auch  der  griechischen  Götter- 
sage ist  diese  Vorstellung,  daß  der  mächtige  Helfer  das  Mitleid,  das 
er  übt,  in  eigenem  Leid  erprobt  haben  müsse,  geläufig.  Sie  gehört 
vor  allem  zum  Wesen  des  heilbringenden  Gottes.     So  muß  Apollon 


^)  Über  Herakles  als  Schutzpatron  der  Kyniker  vgl.  Zeller,  Philosophie  der 
Griechen,  IP,  i,  S.  261.  Über  legendarische  Umdeutung  der  Heraklessage  bei  den 
Stoikern,  ebenda  III^,  i,  S.  335. 


Die  Legende.  ^Sk 

begangene  Blutschuld  sühnen,  indem  er  zur  Dienstleistung  bei  einem 
sterblichen  Menschen  gezwungen  wird;  und  in  Dionysos  zeichnet  der 
Mythus  das  Bild  des  verfolgten  und  gequälten  Gottes,  der  sich  selbst 
durch  Schuld  und  Leid  zum  segenspendenden  Heilbringer  emporringt. 

c.  Die  Baddhalegende. 

Je  mehr  nun  die  Vorstellung  des  Helden  der  Legende  schon  von 
Anfang  an  die  geistigen  Güter,  deren  Besitz  oder  Erwerb  er  ver- 
mittelt, in  den  Vordergrund  stellt,  und  sie  nicht  erst,  wie  das  die 
grriechischen  Philosophen  mit  dem  Heraklesideal  getan,  nachträglich 
in  sie  hineindeutet,  um  so  schärfer  tritt  in  dem  persönlichen  Cha- 
rakter des  Heilbringers  diese  Verbindung  von  Tätigkeit  und  Leiden 
hervor,  die  sich  zu  einer  notwendigen  Wechselbestimmung  beider  ge- 
staltet. Typische  Beispiele  dieses  Verhältnisses  bieten  vor  allem  die 
indische  und  die  christliche  Heiligenlegende.  Beide  sind  um 
so  lehrreicher,  weil  zwar  in  beiden  das  Ideal  des  Heilbringers  ein 
geistiges  ist  und  sich  infolge  der  Steigerung  dieser  Tendenz  der  Ver- 
neinung der  sinnlichen  Natur  des  Menschen  zuneigt,  gleichwohl  aber 
hier  wie  dort  Verschiedenheiten  bietet,  in  denen  die  besondere  Be- 
schaffenheit der  Völkercharaktere  und  des  geistigen  Mediums,  in 
welchem  sich  diese  Ideale  ausgebildet  haben,  zu  erkennen  ist.  In 
Indien  hat  viele  Jahrhunderte  hindurch  der  Brahmanismus  in  seinen 
Wirkungen  auf  Religion,  Philosophie  und  persönliches  Leben  der  Idee 
des  Heilbringers  eine  Richtung  gegeben,  wie  sie  uns  in  charakte- 
ristischer Form  in  der  mit  einem  reichen  Wunder-  und  Zauberapparat 
ausgestatteten  Buddhalegende  entgegentritt.  Mit  ihr  hat  die  christ- 
liche Legende  die  Einheit  einer  der  Geschichte  angehörenden  Persön- 
lichkeit gemein,  von  der  die  Legendenbildung  ausgeht.  Doch  während 
sich  diese  in  der  Buddhalegende  auf  die  Person  des  Buddha  kon- 
zentriert, von  der  nur  ein  schwacher  Abglanz  auf  die  Jünger  des 
großen  Asketen  zurückstrahlt,  ist  umgekehrt  in  der  Jesuslegende  das 
Mythologische  auf  ein  verhältnismäßig  bescheidenes  Maß  zurück- 
gedrängt, wogegen  sich  um  so  mehr  der  Apostel  und  der  Schaar 
der  Bekenner,  die  sich  ihnen  anschließen,  eine  reiche  und  in  zahl- 
reiche Einzellegenden  zerfallende  Mythenbildung  bemächtigt. 

Was  aber  vor  allem  die  Buddhalegende  zunächst  in  einem  auf- 
fallenden Kontrast  zu  der  christlichen  Heiligenlegende  erscheinen  läßt, 


4.86  I^er  Natnrmythnt. 


das    ist   der   völlige  Mangel  jener   schon    im    äußeren   Leben    h« 
vortretenden  Züge  des  Leidens,  die  dem  christlichen  HeiUgen   des 
halb  eigen  sind,   weil  er  in  seinen  wichtigsten  Repräsentanten  nac 
dem   Vorbild  Christi   selbst  und  seiner  vornehmsten  Apostel   Mäi 
tyrer  ist.     Das  Leiden  der  Märtyrer  ist  für  sie  selbst  imd  fiir  di 
Gläubigen,    die    ihnen   vertrauen,    der  Weg  zum  Heil.     Anders  di 
Buddhalegende.   Der  im  Palast  geborene  Königssohn,  der  bis  in  sei 
dreißigstes  Lebensjahr  im  Besitz  aller  äußeren  Glücksgüter  lebt  un 
sich  dann  freiwillig  in  die  Einsamkeit  begibt,  um  der  Betraditung  un 
Kasteiung  zu  leben,   hat  auch  nach  dieser  großen,  selbs^wähltc 
Wendung  seines  Schicksals  mit  keinerlei  äußeren  Schwierigkeiten  a 
kämpfen.    Die  Seinen  bewundern  ihn,  Jünger  schließen  sich  ihm  aj 
und  die  von  ihm  eingeleitete  asketische  Bewegung  hat  sich  über  wei 
Kreise  verbreitet,  als  er  hoch  betagt  und  zufrieden  mit  seinem  Wci 
das  Auge  schließt,  in  der  Zuversicht,  mm  in  das  ersehnte  Nirwax 
einzugehen.     Die  Versuche  einiger  Mönche  feindlicher  Sekten,  ihn  : 
verleumden  oder  in  den  Schatten  zu  stellen,  werden  schmählich  zi 
nichte,  der  Neid  ungetreuer  Schüler  gebührend  bestraft,   kurz:  zu 
Verfolgten  und  Gequälten  fehlt  dem  äußeren  Lebensbild  dieses  Held« 
so   gut  wie  alles.     Und  doch  hat   sich  in  ihm  das  Leiden  selbst 
der  höchsten  Steigerung,   deren  es  fähig  ist,  verkörpert.    Denn  g 
rade  der  Mangel  dessen,  was  in  der  gemeinen  Bedeutung  des  Wort 
Leiden  genannt  wird,   der  äußeren  Schmerzen  und  Qualen,  läßt  d 
ihn   erfüllende    Leiden    der  Seele    um  so  mehr   als  das  wahre  ui 
einzige  Übel  erscheinen.     Darum  besteht  nun  aber  auch  das   He 
das  dieser  Held  des  Leidens  bringt,  nicht  in  äußeren  Gütern,  sende 
in  dem  Mitleid  und  in  der  vom  Mitleid  eingegebenen  Belehrung,  d 
andere  zum  Vergessen  des  Leidens  anleitet.     Es  sind  alte  Züge  i 
discher   Spekulation,   die   hier  zu   Grundlagen  eines  Kultus   werde 
dessen  Gott  der  ideale  Asket  selbst  ist,  der  in  der  Überwindung  d 
Leidens  die  Ruhe  seiner  Seele  gefunden  hat.   Alles  andere,  die  Grat 
der  Heiligkeit,  die  durchlaufen  werden  müssen,  um  dieses  Ziel  zu  c 
reichen,  die  Verbindung  dieser  Vorstellungen  mit  der  Lehre  von  d 
unablässig  bis   zu  vollendeter  Erlösung  sich  wiederholenden  Wiedc 
geburt,   die  mit  der  Lehre  von  der  Wiederkehr  unzähliger  Buddh; 
sich  verbindet,  dazu  der  scholastische  Formalismus  in  der  Auizählui 
der  Eigenschaften  Buddhas,  der  Grade  der  Heiligkeit  und  der  mor 


Die  Legende.  ^gy 

lischen  Lebensregeln,  mit  denen  die  buddhistische  Mönchsscholastik 
diese  Lehre  ausgestattet  hat,  alles  das  gibt  dem  Kern  dieser  Tradi- 
tion einen  teils  kühl  verstandesmäßigen  teils  dem  werktätigen  Leben 
abgewandten,  stark  der  Meditation  zugeneigten  Charakter.  Es  sind 
Züge,  in  denen  diese  in  der  Vorstellung  des  Gottmenschen  sonst 
dem  Christentum  nächst  verwandte  Religion  von  Anfang  an  wesent- 
lich abweicht.  Läßt  sich  doch  nicht  verkennen,  daß  diese  ver- 
standesmäßige, der  äußeren  Lebensklugheit  zugewandte  Reflexion 
nicht  etwa  erst  dem  späteren  Buddhismus  zur  Last  fallt,  sondern 
schon  in  den  dem  Buddha  selbst  zugeschriebenen  Reden  und  Gleich- 
nissen ausgeprägt  ist*). 

Mit  dieser  kühlen  Verständigkeit  und  nüchternen  Moralität  steht 
nun  die  Wunder-  und  Zauberwelt,  mit  der  die  Legende  das  Leben 
des  Buddha  von  der  Geburt  an  bis  zu  seinem  Tode  umgibt,  in 
einem  merkwürdigen  und  doch  wieder  im  Hinblick  auf  die  Eigenart 
des  indischen  Denkens,  wie  sie  auch  in  Dichtung  und  Philosophie 
sich  ausspricht,  sehr  begreiflichen  Kontrast  Der  Buddha  tut  nicht 
nur  selbst  Wunder,  sondern  er  teilt  auch  seinen  Schülern  seine 
Wundergaben  mit.  Wo  er  mit  den  Mönchen  anderer  Sekten  in  Streit 
gerät,  da  gestaltet  sich  dieser  ohne  weiteres  zu  einem  Zauberwett- 
kampf, in  dem  natürlich  der  Buddha  als  der  mächtigere  Zauberer 
obsiegt*).  Auch  der  ungetreue  Schüler,  der  ihn  zu  verdrängen  sucht, 
bedient  sich  dazu  zauberischer  Kräfte.  Aber  als  Strafe  für  seinen 
Undank  versiegt  plötzlich  seine  Zaubergabe.  Die  Gedanken  der 
andern  weiß  der  Buddha,  noch  ehe  sie  ausgesprochen  sind.  Wilde 
Tiere,  die  auf  ihn  losgelassen  sind,  werden  bei  seinem  Anblick  sanft- 
mütig.    Dagegen   öffnet   sich   auf  sein  Gebot   die  Erde,    um  seine 

')  K.  E.  Neamann,  Baddhistische  Anthologie,  1892.  Als  bezeichnendes  Beispiel 
buddhistischer  Klugheitsmoral  vgl.  die  dem  Baddha  zugeschriebene  Fabel  vom  Kranich 
und  Krebs  bei  H.  Kern,  Der  Buddhismos  und  seine  Geschichte  in  Indien,  deutsch  Ton 
H.  Jacobi,  I,  1882,  S.  329  ff.  Auch  die  Mtfrchen  des  Pantschatantra,  die  mindestens 
zu  einem  großen  Teil  aus  buddhistischen  Quellen  stammen,  sind  sprechende  Zeugnisse 
dieses  Geistes  indischer  und  insonderheit  buddhistischer  Moral.  Ober  Buddha  und 
den  Buddhismus  im  allgemeinen  siehe  H.  Oldenberg,  Buddha,  sein  Leben,  seine  Lehre, 
seine  Gemeinde^,  1906.  £.  Hardy,  Der  Buddhismus  nach  älteren  PMiwerken^  1896. 
Ober  das  Verhältnis  zum  Christentum  E.  Windisch,  Abh.  der  sächs.  Ges.  der  Wiss., 
Phil.-hist.  Klasse,  Bd.  26,  S.  195  ff. 

'}  Vgl.  die  Sammlung  der  hauptsächlichsten  Legenden  bei  Kern,  Der  Buddhismos, 
I,  S.  21 — 291. 


^gg  Der  Natarm]rthiu. 


Feinde  zu  verschlingen,  und  Himmel  und  Erde  erzittern,  wenn 
Wunder  tut.  Des  Fliegens  ist  der  Buddha  in  jedem  Augenbli< 
mächtig.  Aber  er  fliegt  nicht  nur  über  Berge  und  Flüsse,  sonde 
er  weiß  auch  sich  und  seine  Jünger,  als  ihnen  der  Fährmann  d 
Überfahrt  weigert,  unsichtbar  von  einem  Ufer  des  Ganges  zum  ande 
zu  versetzen.  Er  kann  sich  abwechselnd  so  klein  machen  wie  c 
Senfkorn  und  so  groß,  daß  er  die  ganze  Erde  bedeckt  und  in  di 
Schritten  den  Himmel  erreicht.  Wo  es  not  tut,  da  kommen  ih 
endlich  die  alten  Götter  zu  Hilfe,  vornehmlich  Indra,  während  Mai 
der  Dämon  der  Finsternis,  seinen  Feinden  beisteht  oder  ihm  seit 
als  Versucher  naht*).  Wie  die  Göttersage,  so  macht  aber  auch  d 
Legende,  und  das  wohl  noch  in  reicherem  Maße,  ihre  Anleihen  bei 
Märchen.  Da  findet  sich  z.  B.  die  allbekannte  Geschichte  vo 
menschenfressenden  Riesen,  dem  die  Umwohner  alltäglich  ein  Kij 
zur  Speise  vorsetzen  müssen.  Der  Buddha  sucht  ihn  auf,  um  d 
Opfer  zu  lösen.  Jetzt  stellt  sich  ihm  der  Riese  in  der  andern  b 
kannten  Rolle  des  sphinxartigen  Märchenungeheuers  vor:  er  rieht 
an  jeden  Fremden  drei  Fragen,  und  wenn  dieser  eine  Frage  mc 
beantwortet,  so  zerreißt  er  ihn.  Merkwürdigerweise  entpuppen  si« 
nun  hier  die  drei  Fragen  als  die  der  buddhistischen  Heilslehi 
Der  Riese  fragt,  wie  man  sich  aus  dem  Strom  der  Leidenschafte 
wie  aus  dem  Ozean  der  Existenzen  retten,  wie  von  allen  schlimm« 
Leidenschaften  befreien  könne.  Als  der  Buddha  diese  Fragen  b 
antwortet,  ist  jener  bekehrt  und  wird  sofort  in  den  ersten  Grad  d 
Heiligkeit  aufgenommen').    Gerade  an  der  Hand  solcher  Entlehnung« 

"")  E.  Windisch,  Mara  und  Buddha,  Abh.  der  sächs.  Ges.  der  Wiss.,  Phil.-hUt« 
Klasse,  Bd.  15,  1895,  bes.  S.  204fr.  Buddhas  Geburt  und  die  Lehre  von  der  Seele 
Wanderung,  ebenda  Bd.  26,  1908,  S.  93  ff.  H.  Kern,  Der  Buddhismus,  I,  S.  197,  2I 
Daß  Kern  in  dieser  Verbindung  der  Buddhalegende  mit  den  altindischen  Volksgötte 
mit  manchen  andern  Forschem  ein  Zeugnis  für  die  Bedeutung  Buddhas  als  ein 
Sonnengottes,  seiner  Legende  als  eines  Jahresmythus  erblickt  (S.  304  flf.),  mag  hier  n 
beiläufig  erwähnt  werden.  Der  strahlende  Glanz,  der  von  ihm  ausgeht,  mag  ja  hier,  -w 
in  so  vielen  andern  Fällen  bei  der  Schilderung  von  Helden-  oder  Göttergestalten  ei 
Assoziation  mit  dem  Tagesgestim  leise  mitspielen  lassen.  Das  beweist  aber  no* 
lange  keine  Identität  (S.  54).  Hier  um  so  weniger,  als,  wie  wir  sogleich  sehen  werde 
die  Strahlungserscheinungen  beim  Buddha,  wie  überhaupt  im  indischen  Asketentu 
höchst  wahrscheinlich  auf  die  durch  die  Askese  und  Meditation  erweckte  Vision  z 
rückgehen. 

*)  Kern,  a.  a.  O.  I,  S.  208  ff.  Eine  Variante  der  gleichen  Geschichte  ebend 
S.  211. 


Die  Legende.  a^q 

erkennt  man  deutlich  das  Gefiige  dieser  Legenden.  Auf  der  einen 
Seite  leben  die  überlieferten  Worte  des  Meisters  und  seine  Lehre 
wenig  verändert  neben  einzelnen  Zügen  seiner  wirklichen  Lebens- 
geschichte in  der  Tradition  fort  und  werden  durch  den  Kultus,  der 
sich  an  seine  Person  knüpft,  vor  dem  Untergang  bewahrt.  Auf  der 
andern  nimmt  die  volksmäOige  Erzählung  aus  Märchen  und  Götter- 
sage die  geläufigen  Stoffe  auf,  um  sie  mit  dem  Bild  des  Heiligen 
und  seiner  Wundergeschichte  zu  verweben.  Zu  diesen  Verbindungen, 
die  überall  auch  schon  bei  der  Helden-  und  Göttersage  wirksam  sind, 
kommt  nun  neben  der  Lehrtradition,  die  in  der  Legende  eine  analoge 
Rolle  spielt  wie  die  geschichtliche  Erinnerung  in  der  historischen 
Heldensage,  noch  ein  spezifisches,  nur  ihr  eigenes  Motiv  hinzu:  das 
ist  die  Vision,  die,  aus  der  Ekstase  erzeugt,  teils  die  Erscheinungen 
in  einer  eigentümlichen,  dem  visionären  Zustande  eigenen  Beleuch- 
tung erblicken,  teils  aber  selbst  traumartige  Erlebnisse  als  Wirklich- 
keiten schauen  läßt.  In  der  Buddhalegende  sind  allerdings  diese 
Einflüsse  der  Vision  mehr  indirekt  als  direkt  zu  erkennen.  Das 
hängt  wohl  damit  zusammen,  daß  ihr  Inhalt  zur  Überlieferung  er- 
starrt und  daher  nicht  mehr  in  jenem  Fluß  des  Werdens  zu  sehen 
ist,  wie  er  sich  uns  nur  bieten  kann,  wo  wir  unmittelbare  Schilde- 
rungen der  in  der  Vision  gehabten  Erlebnisse  selbst  antreffen.  Das 
geschieht  naturgemäß  nicht  in  der  Legende,  wohl  aber  in  den  Ver- 
heißungen, die  dem  Asketen,  der  die  Mittel  zur  Erlangung  der  Heilig- 
keit gewissenhaft  befolgt,  zuteil  werden.  Hier  ist  es  z.  B.  die  brah- 
manische  Sekte  der  Yogin,  die  als  Wirkungen  tiefer  Meditation  die 
folgenden  aufzählt:  die  Fähigkeit  sich  unendlich  klein  oder  unsichtbar 
zu  machen,  durch  die  Luft  zu  schweben,  sich  in  die  Feme  zu  ver- 
setzen, sich  ins  Ungeheure  zu  vergfrößem,  den  Lauf  der  Natur  zu 
ändern  usw.*).  Dazu  kommt  als  stehender  Zug,  daß  von  dem  in 
tiefster  Selbstbeschauung  begriffenen  Asketen  ein  übernatürliches  Licht 
ausstrahlt').    Alles  das  sind  genau  die  Migenschaften  und  Zaubertaten, 


^  (larbe,  Samkhya  ond  Yoya,  im  Grundriß  der  indo-&rischen  Philologie  und 
Altertumskunde,  1896,  S.  46ff. 

^;  Auch  in  der  Bnddhalegende  tritt  gelegentlich  ein  Brahmane  anf,  dessen  Nabel 
Licht  wie  der  Mond  verbreitet.  Aber  dieses  Licht  erlischt  vor  dem  helleren  des 
Mei^^ters,  er  bekehrt  sich  daher  za  dessen  Lehre.  Der  Brahmane  glaabt,  dieser  ver- 
danke seine  Übermacht  einer  2Uiaberformel.  Doch  der  Buddha  belehrt  ihn,  er  habe 
sich  diese  Kraft  während  der  sieben  Wochen  erworben,  die  er  anter  dem  Baom  der 


^QO  Der  Natunnythn 


die  uns  in  der  Buddhalegende  begegnet  sind.  Um  den  Glanz,  der  \ 
dem  Buddha  ausgeht,  zu  erklären,  braucht  man  also  diesen  nicht  c 
in  einen  Sonnengott  zu  verwandeln,  sondern  es  sind  die  spezifisch 
auf  die  Vision  abzielenden  Formen  der  indischen  Askese,  in  dei 
diese  wie  die  andern  Eigenschaften  ihre  Quelle  haben.  Das  schli« 
freilich  nicht  aus,  daß  nicht  auch  hier,  ähnlich  wie  in  so  vie 
andern  Fällen,  die  naheliegende  Assoziation  zwischen  Glanz  und  G 
und  Sonne  auf  die  Gestalt  des  Buddha  zurückgewirkt  hat,  ind 
seine  Haut  als  golden,  sein  Körper  als  strahlend  gleich  der  Sex 
geschildert  wird.  Ja,  in  der  Weiterfiihrung  dieses  Gedankens  tr 
er  auf  seiner  Fußsohle  ein  goldenes  Rad,  das  Symbol  der  Son 
dessen  zurückgelassene  Spur  an  besonders  geheiligten  Stätten 
einstige  Anwesenheit  des  Erhabenen  verrät*).  Alle  diese  m)^tfaiscl 
Züge  erklären  sich  ohne  weiteres  aus  jener  rückwärts  gerichte 
Assoziation,  die  von  den  dem  Buddha  durch  die  Vision  verliehei 
Eigenschaften  ausgeht,  während  für  den  umgekehrten  Weg,  für 
Umwandlung  eines  Sonnengottes  in  den  menschlichen  Buddha,  ni 
die  geringsten  Beweise  sprechen. 

d.  Die  christliche  Heiligenlegende. 

Unter  wesentlich  andern  Bedingungen  hat  sich  die  chrisÜic 
Heiligenlegende  entwickelt.  Wir  sehen  hier  ab  von  der  Jcs 
legende  selbst,  obgleich  sie  der  ganzen  Entwicklung  der  christlict 
Legendenbildung  ihre  Richtung  gegeben  hat;  sie  wird  uns  als  e 
der  wichtigsten  religiösen  Kultlegenden  im  nächsten  Kapitel  1 
schäftigen.  Für  die  Psychologie  der  Legende  als  eines  unter  < 
spezifischen  Einwirkung  der  Heilsvorstellungen  entstandenen  Sagi 
begriffs  ist  überdies  die  Heiligenlegende  in  der  Mannigfaltigkeit  ih 
einzelnen  Gestaltungen  an  sich  lehrreicher,  weÜ  sie  einen  weit  i 
mittelbareren  Einblick  in  die  Bedingungen  ihres  Ursprungs  und  ih 
ferneren  Ausbildung  eröffnet.  Die  christliche  Legende  überhaupt 
aber  infolge  der  geschichtlichen  Bedingungen  ihrer  Entstehung  5 
nächst  Märtyrerlegende.  Aus  dem  Konflikt  des  Christen  mit  d< 
römischen  Staat,   der  von   allen  seinen  Untertanen    den  Kultus   c 


Erkenntnis  in  tiefer  Meditation  zugebracht.    Darauf  bekehrt  sich  der  Brahmane  (Ke 
a.  a.  O.  S.  224  f.). 

')  Kern,  a.  a.  O.  I,  S.  344. 


Die  Legende.  ^q1 

Schutzgötter  dieses  Staates  fordert,  ist  die  Gestalt  des  Märtyrers  her- 
vorgegangen, der,  wie  dieses  Wort  andeutet,  als  Zeuge  (ixäpjvq)  seines 
Glaubens  sich  weigert,  den  heidnischen  Göttern  und  den  Genien  der 
Cäsaren  zu  opfern.  So  steht  hier,  im  Gegensatze  zu  dem  indischen 
Asketen,  das  äußere  Leiden  im  Vordergrunde.  Der  Märtyrer  wird 
gesteinigt,  gekreuzigt,  mit  dem  Schwert  gerichtet,  den  wilden  Tieren 
der  Arena  preisgegeben.  Die  Leiden,  die  er  erduldet,  geben  ihm 
aber  um  so  höheren  Anspruch  auf  die  himmlischen  Freuden,  die  ihn 
erwarten,  und  deren  er  sich  als  Blutzeuge  seines  Glaubens  schon  hier 
in  ihrem  Vorgenusse  teilhaftig  macht.  Doch  wie  Christi  Tod  das 
Opfer  ist,  durch  das  er  alle,  die  an  ihn  glauben,  von  der  Verdamnmis 
erlöst  hat,  so  wird  nun  auch  der  einzelne  Heilige  zum  Heilbringer  in 
der  höchsten  Bedeutung  des  Worts,  zum  Retter  der  Seelen.  In 
diesem  Einsetzen  des  eigenen  Lebens  liegt  das  Übergewicht  des 
Märtyrers  über  den  in  Selbstqual  sich  verzehrenden  Asketen.  Es 
liegt  aber  darin  zugleich  die  Quelle  zu  einer  im  letzten  Grunde  der 
Selbstvergessenheit  des  meditierenden  Asketen  gleichgearteten  und 
dabei  doch  in  ihrer  momentanen  Konzentration  gesteigerten  Ekstase, 
die  die  visionäre  Verzückung  als  ein  plötzliches  Erlebnis  hervorbringt, 
das  der  meditierende  Asket  in  lange  dauernder  einsamer  Hingabe  er- 
ringen muß.  Unter  den  Qualen  der  Steinigung  sieht  der  Märtyrer 
den  Himmel  offen;  sein  verzücktes  Auge  läßt  die  Zuschauer  die  Vi- 
sionen mit  erleben,  in  denen  die  Engel  zu  ihm  niederschweben.  In 
der  Arena  kann  es  sich  wohl  in  seltenen  Fällen  wirklich  ereignen, 
daß  das  Tier  vor  seinem  furchtlosen  Blick  zurückweicht,  ähnlich  wie 
dies  dem  Wanderer  in  der  Wüste  noch  heute  begegnen  kann.  Wo 
es  ihn  aber  zerfleischt,  da  fiihlt  er  im  Voi^enusse  der  in  der  Ekstase 
geschauten  Seligkeit  keine  Schmerzen  noch  Wunden;  und  was  die 
Berichte  der  Zuschauer  eines  solchen  Schauspiels  weiter  tragen,  das 
gestaltet  nun  die  Volksphantasie  aus  allen  den  Hilfsquellen,  die  ihr 
in  der  biblischen  Überlieferung  und  in  landläufigen  Zaubergeschichten 
zu  Gebote  stehen,  weiter  und  weiter  aus.  So  wird  auch  diese  Legende, 
mag  sie  nun,  wie  das  anfänglich  wohl  durchweg  geschieht,  von  einem 
wirklichen  Ereignis  ausgehen  oder,  wie  das  nicht  ausbleibt,  von  An- 
fang an  mythischen  Inhalts  sein,  mehr  und  mehr  zu  einer  Sagenform, 
die  sich  vor  andern  sagenhaften  Traditionen  durch  ihren  Überreich- 
tum an  Wundem  auszeichnet,  wobei  diese  vor  allem  darin  von  den 


^Q2  Der  Natarmythiis. 


Wundem  sonstiger  Mythen  verschieden  sind,  daß  ihnen  dauernd  ( 
Spuren  des  Ursprungs  aus  Vision  und  Ekstase  anhaften.  Die  Visi 
wirkt  in  den  Licht-  und  Himmelserscheinungen  fort,  die  den  Tod  ci 
Märtyrers  umgeben,  die  Ekstase  außerdem  in  der  Empiindungslosi 
keit  gegen  Leiden  und  Schmerzen,  eine  Erscheinung,  die  sich  da 
objektiviert,  daß  Schwert  und  Feuer  und  Wasser  dem  Märtyrer  nid 
anhaben  können.  Er  ist  imverwundbar  und  bleibt  im  Feuer,  wie  < 
drei  Männer  im  feurigen  Ofen,  unversehrt;  den  Tieren  in  der  Are 
verschließt  ein  Engel  den  Mund  wie  dem  Löwen,  in  dessen  Gm 
Daniel  geworfen  wurde,  und  er  schreitet  ohne  unterzusinken  ül 
den  Fluß,  in  den  man  ihn  wirft,  ähnlich  wie  der  Herr  selbst  auf  de 
Meere  wandelte.  Vor  allem  aber  ist  es  hier  die  apokalyptische  Litei 
tur,  deren  Bilder  in  die  Legende  übergehen.  In  ihren  beiden  I 
standteilen,  in  den  Schilderungen  der  Engel  und  der  Herrlichkeit 
des  himmlischen  Jerusalem  ebenso  wie  in  den  Vorstellimgen  von  d 
höllischen  Strafen  und  Qualen,  gehen  diese  Bilder  in  die  legendarisc 
Weiterbildung  der  Märtyrervision  ein:  die  Himmelsbilder  geben  d 
Glorienschein  her,  der  die  Heiligen  umstrahlt,  in  den  ausgerissen 
Zungen,  den  Feuerqualen  und  raffinierten  Peinigungen  mit  ihrer  stark 
Übertreibung  der  geschichtlichen  Wirklichkeit  erkennt  man  unsch^ 
die  apokalyptischen  Höllenstrafen  wieder,  die  den  Gottlosen  gewe 
sagt  sind.  Daß  diese  Strafen  sich  gelegentlich  auch  auf  die  V< 
folger  zurückwenden,  dafür  sorgt  dann  das  Rachemotiv,  das  mit  jen 
apokalyptischen  Bildern  ebenfalls  in  die  christliche  Legende  herüb 
wandert.  Donner  und  Erdbeben  verkünden  den  Zorn  Gottes,  d 
Feuer  und  die  Waffen,  die  gegen  den  Heiligen  gerichtet  sind,  kehr 
sich  gegen  den  Kaiser  oder  Prokonsul,  der  dem  Schauspiel  zusiel 
Die  wilden  Tiere  der  Arena  legen  sich  dem  Märtyrer  zu  Füßen,  v 
sich  hierauf  wütend  auf  die  heidnischen  Zuschauer  zu  stürzen.  I 
liegt  jener  dem  Tode,  so  gehen  aber  von  seiner  Grabstätte  uj 
von  seinen  Überresten  Wunder  aus,  von  denen  die  weitere  Legen 
berichtet  \ 


^)  Eine  kurze  Zasammenfassang  der  Hauptmomente  der  christlichen  MSrtyr 
legende  nach  den  »Acta  martyrum«  gibt  H.  Günter,  Legendenstudien,  1906,  eine  kn: 
Darstellung  der  allmählichen  Entwicklung  und  Steigerung  der  Legendenwunder  in  i 
Tradition  G.  Heinrici  in  seinem  Aufsat«:  Das  altchristliche  Märtyrertum,  in  dem  Jak. 
der  Sachs.  Missionskonferenz  von  1904. 


Die  Legende.  4^3 

Deutlich  lassen  sich  in  dieser  Entwicklung  die  Wirkungen  der 
visionären  Ekstase  verfolgen,  die  sich  in  der  Überlieferung  noch 
weiter  durch  die  Assoziationen  mit  den  geläufigen  apokalyptischen 
Wundervorstellungen  steigern.  Dabei  überträgt  sich  dann  zugleich  die 
Vorstellung  des  Wunders,  dessen  Gegenstand  der  Märtyrer  gewesen 
ist,  auf  diesen  selbst:  er  wird  zum  Wundertäter,  der  durch  seine 
im  Gebet  zu  erringende  Fürbitte  oder  auch  durch  den  direkten  Zauber, 
den  seine  Reliquien  ausüben,  Kranke  heilen,  der  Not  wehren  und  dem, 
der  sich  in  seinen  Schutz  begibt,  in  seinen  Unternehmungen  beistehen 
kann.  So  wird  der  Märtyrer  zum  Schutzheiligen.  Man  wendet 
sich  an  ihn  in  der  Regel  nicht  um  der  ewigen  Seligkeit  willen,  son- 
dern in  irdischen  Dingen.  Das  ist  die  natürliche  Folge  davon,  daß 
der  Märtyrer  trotz  der  Gloriole,  die  sein  Haupt  umstrahlt,  doch  Mensch 
bleibt.  Darum  gehört  sein  Wirken  auch  nach  seiner  Entrückung  in 
den  Himmel  der  Erde  an.  Und  eine  weitere  Folge  dieses  Verhält- 
nisses ist  es  nun,  daß  die  zahlreichen  Heiligen,  die  die  vielverzweigte 
Märtyrerlegende  schafft,  solche  Schutzleistungen  unter  sich  teilen, 
wobei  dann  Züge  aus  ihrer  dem  Martyrium  vorausgegangenen  Lebens- 
geschichte, Beziehungen  zu  den  Orten,  an  denen  sie  besonders  ver- 
ehrt werden,  oder  irgend  ein  anderer  zufälliger  Umstand  dem  ein- 
zelnen seine  Funktion  anweist.  Im  gleichen  Maße,  wie  der  Heilige 
eine  solche  praktische  Bedeutung  gewinnt,  verblassen  aber  die  Er- 
innerungen an  das  Martyrium  selbst  und  an  seine  Persönlichkeit.  Nach- 
dem das  Zeitalter  der  Verfolgungen  vorüber  ist,  das  die  Märtyrer 
erzeugt  hat,  bleiben  ihre  Leiden  und  Taten  eine  gelehrte  Beschäf- 
tigung der  Kleriker,  dem  Volk  sind  sie  nur  noch  die  Schutzheiligen, 
die  in  dieser  oder  jener  Krankheit  beistehen,  diesen  oder  jenen 
Beruf  oder  Ort  mit  ihrem  besonderen  Schutz  segnen,  oder  end- 
lich den  einzelnen,  der  an  dem  ihnen  geweihten  Tag,  ursprünglich 
wohl  dem  Tag  ihres  Martyriums,  geboren  ist,  ihres  besonderen 
Schutzes  würdigen.  Damit  sind  die  Heiligen  wiederum  zu  jenen  Orts-, 
Berufs-  und  persönlichen  Schutzdämonen  geworden,  die  von  den 
Frühzeiten  totemistischer  Ahnenvorstellungen  her  noch  kein  Zeitalter 
entbehren  konnte.  Jedes  kleidet  sie  nur  in  das  Gewand,  in  dem  sie 
sich  der  sonstigen  mythologischen  Umgebung  einfügen.  Eben  darum 
haben  aber  auch  zu  jeder  Zeit  diese  zumeist  der  eigenen  Persönlich- 
keit entbehrenden,  ganz  und  gar  in  ihren  Schutzzwecken  aufgehenden 


^Q4  ^^  Naturmythat. 


Wesen  doch  auch  wieder  einen  eigenartigen  Charakter.  Er  best< 
bei  diesen  christlichen  Schutzdämonen  zumeist  in  dem  Zug  des  L 
dens,  der  ihnen  durch  ihren  Ursprung  aus  dem  Martyrium  anhaf 
und  sich  darin  ausspricht,  daß  das  Mitleid  ihr  hervortretendster  Z 
ist.  Darum  hat  unter  allen  Obliegenheiten  des  christlichen  Schu 
heiligen  der  des  Schützers  vor  Krankheit  die  vorwaltende  Bedeutui 
Weiterhin  wirkt  der  Ursprung  aus  dem  Martyrium  noch  darin  na« 
daß  der  Schutzheilige  entschiedener  als  die  ihm  vorangegangen 
verwandten  Gestalten  die  Bezeugung  seiner  Würdigkeit  und  Wirksa 
keit  durch  das  Wunder  verlangt.  Wie  der  Märtyrer  selbst  ein  Zct 
seines  Glaubens  war,  so  wird  von  ihm  gefordert,  daß  er  durch  \ 
Wunder,  die  er  getan,  oder  die  er  fortan  tut,  ein  Zeug^nis  seil 
Wertes  ablege.  An  sich  ist  natürlich  diese  Wunderprobe  zu  je< 
Zeit  gültig  gewesen.  Aber  erst  das  öffentliche  Zeugnis  des  Märtyr 
Wunders  hat  die  Forderung  entstehen  und  nach  dem  Verschwinc 
des  Martyriums  erst  recht  an  ihr  festhalten  lassen,  daß  der  Heil' 
nicht  bloß  auf  dem  unsicheren  Weg  populärer  Meinung,  send« 
durch  das  von  der  Kirche  selbst  anerkaimte  Wunder  sanktioniert  i 
Damit  hat  die  christliche  Kirche  einerseits  eine  Schutzwehr  g^ 
ein  allzu  reiches  Eindringen  beliebiger,  aus  lokalem  Abei^laut 
hervorgegangener  Wunderkulte  errichtet,  indem  sie  diese  selbst  ih 
Organisation  einfügte,  anderseits  aber  sich  die  Möglichkeit  offen  j 
halten,  nach  Bedürfnis  neue  Heilige  zu  schaffen*). 

Dieses  praktische  Bedürfnis,  dem  der  ursprünglich  aus  der  M 
tyrerlegende  hervorgegangene  Begriff  des  christlichen  Heiligen  e 
gegenkam,  ist  es  nun  auch  gewesen,  das  der  Gestalt  des  Heilig 
neue  Formen  gab,  nachdem  in  der  hellenistischen  Zeit  das  im  Kan 
der  Religionen  zum  Sieg  durchgedrungene  Christentum  die  E 
stehung  neuer  Märtyrer  unmöglich  gemacht  hatte.  Denn  weder  v 
damit  das  Bedürfnis  des  einzelnen,  durch  Leiden  für  seinen  Glaub 
zu  zeugen,  noch  das  der  Menge  nach  wundertätigen  Heiligen  v 

*)  Nicht  mit  Unrecht  pflegen  darum  die  kirchlichen  Schriftsteller  zu  betonen,  « 
die  Kirche  durchaus  nicht  ohne  die  allgemein  bei  der  FeststeUung  historischer  1 
Sachen  geforderte  kritische  Vorsicht  verfahre.  Man  vergleiche  z.  B.  die  in  dieser  ', 
Ziehung  lehrreiche  Schrift  des  Franziskaners  Gisbert  Menge,  Haben  die  Legend 
Schreiber  des  Mittelalters  Kritik  geübt?  Münster  i.  W.  1908.  Nur  freilich  wird  l 
immer  zugleich  die  historische  Möglichkeit  des  Wunders  als  selbstverständlich  v 
aasgesetzt. 


Die  Legende.  ^g^ 

schwunden.  So  trat  an  die  Stelle  des  Märtyrers  der  Anachoret.  Statt 
des  Leidens  der  Verfolgfung  wählt  er  das  Leiden  der  Einsamkeit,  der 
Geißelungen  und  anderer  körperlicher  Qualen,  die  er  sich  selbst  zu- 
fügt. Der  Eremit  der  Wüste  kleidet  sich,  dem  Beispiel  des  Täufers 
Johannes  und  unbewußt  den  weit  zurückliegenden  Vorbildern  der 
unter  die  Tiere  der  Wildnis  gehenden  Helden  des  Mythenmärchens 
folgend,  in  Tierfelle  oder  härenes  Gewand.  Der  syrische  Säulen- 
heilige erzeugt  in  seiner  durch  Wochen  und  Monate  unverrückt  fest- 
gehaltenen Körperlage,  ein  direktes  Seitenstück  zum  indischen  Nasen- 
und  Nabelbeschauer,  die  ekstatische  Vision,  die  ihn  erlöst  und  zum 
Himmel  emporhebt.  Doch  dieses  einsame  selbstquälerische  Asketen- 
tum,  das  auf  indischem  Boden  der  Legende,  wie  sie  in  reichster  Aus- 
bildung an  die  Gestalt  des  Buddha  sich  anschloß,  den  Weg  bereitet 
hatte,  ist  im  Christentum  im  ganzen  eine  vorübergehende  Erscheinung 
geblieben.  Immerhin  hat  sich,  wie  in  dieser  Form  der  Askese  selbst, 
so  auch  in  ihrer  Auflösung  der  Prozeß  wiederholt,  der  in  Indien  von 
den  brahmanischen  Büßersekten  zum  Buddhismus  geführt  hatte.  Wie 
Buddha  die  maßlose  Askese  der  einsamen  Büßer  gemildert,  indem 
er  mit  den  Scharen  seiner  Mönche,  Hilfsbedürftigen  Trost  spendend, 
von  Ort  und  zu  Ort  zog,  Klöster  und  Laienbrüderschaften  gründete, 
ganz  so  hat  die  christliche  Kirche  den  seiner  selbstgewählten  Askese 
lebenden  Eremiten  durch  den  der  sanktionierten  Ordensregel  unter- 
worfenen Mönch  abgelöst,  ein  Parallelismus  der  Erscheinimgen,  der 
weder  in  zufalliger  Ähnlichkeit  noch  in  äußeren  Einwirkungen,  son- 
dern in  den  mit  innerer  Notwendigkeit  beidemal  in  gleicher  Weise  sich 
regenden  Trieben  religfiöser  Gemeinschaftsbildung  seine  letzte  Quelle 
hat.  Darin  freilich  bleibt  ein  wichtiger  Unterschied,  daß  sich  zwar 
der  großen  Ordensstifter,  wie  vor  andern  das  Beispiel  des  heiligen 
Franziskus  zeigt,  ungleich  mehr  als  der  meist  anonym  bleibenden 
Anachoreten  die  Legende  bemächtigt  hat.  Mit  der  die  Mittel  des 
Zaubermärchens  und  der  älteren  Göttersage  in  sich  vereinigenden 
Buddhalegende  kann  sich  aber  doch  keines  dieser  späteren  christ- 
lichen Heiligenleben  messen.  Hier  war  eben  die  Märtyrerlegende  in 
ihrer  den  christlichen  LegendenstofT  in  eine  reiche  Anzahl  von  Einzel- 
legenden zerlegenden  Überlieferungen  und  in  den  Schutzheiligen,  die 
aus  diesen  Erzählungen  hervonvuchsen ,  bereits  zureichend  dem  Be- 
dürfnis künftiger  Zeiten  zuvorgekommen. 


Agt  Der  NatnrmjÜiiis. 


Noch  nach  einer  andern  Richtung  hat  schlieOlicfa  die  Märt3rrei 
legende  eine  lange  Nachwirkung  entfaltet  Die  L^^de  hatte  de 
Tod  der  Märtyrer  nicht  bloß  mit  den  Wundem  des  Himmels^  son 
dem  sie  hatte  ihn  auch  in  den  Strafen  und  Qualen  der  Heiligen  m 
den  glühenden  Farben  der  Hölle  geschildert.  Das  entsprach  nicli 
der  wirklichen  Strafjustiz  des  römischen  Staates,  in  der  immerhin  di 
Preisgebung  in  der  Arena  wohl  das  grausamste  Strafmittel  gewese. 
war.  Doch  das  siegreiche  Christentum  kehrte  einen  guten  Teil  jene 
apokalyptischen  Strafen  gegen  die  Ketzer  und  die  mit  dem  Teuft 
verbündeten  Zauberer  und  Hexen.  Die  Tortur,  das  Gottesurteil  mi 
Feuer  und  kochendem  Wasser,  die  peinigenden  Todesstrafen  ließe 
die  Qualen  zur  Wirklichkeit  werden,  die,  von  vereinzelten  Pöbel 
exzessen  abgesehen,  dem  wirklichen  Martyrium  zumeist  gefehlt  hattex 
Dem  von  der  Lust  an  blutigen  Schauspielen  getragenen  Rachemoti 
stand  hier  immerhin  auch  eine  diesem  Wunderglauben  immanent 
Logik  zur  Seite.  Galt  doch  nach  der  Anschauung  der  Zeit  das  » Aug 
um  Auge,  Zahn  um  Zahne  als  Wahlspruch  gerechter  Vergeltung 
Was  konnte  also  der  irdische  Richter  gerechteres  tun,  als  die  Straft 
die  der  himmlische  dem  Ruchlosen  im  Jenseits  bestimmt,  so  weit  e 
es  vermochte  schon  im  Diesseits  vorauszunehmen?  Und  wenn  beiu 
Gottesurteil  der  Angeklagte  über  glühende  Kohlen  wandelte  ode 
einen  glühenden  Eisenstab  in  der  Hand  hielt,  war  dann  nicht  zu  er 
warten,  daß  ihm,  falls  er  unschuldig  war,  ein  Engel  zur  Seite  steh« 
und  ihn  vor  Schaden  bewahre,  ähnlich  wie  dereinst  die  Märtyrer  in 
Feuer  unversehrt  geblieben  waren? 

e.  Der  Motivwandel  in  der  Legende. 

In  der  Beurteilung  der  Motive  jener  primitiven  Legende,  die  nod 
ganz  der  einstigen  Erwerbung  einzelner,  vor  andern  hoch  geschätzte 
Güter  zugewandt  ist,  wie  der  Bringung  des  Feuers,  der  Mitteilun| 
der  Zauberriten,  würde  man  zweifellos  fehlgreifen,  wollte  man  etwa 
wie  das  unserem  eigenen  Gefühl  nahe  liegt,  die  Dankbarkeit  ab 
das  vorwaltende,  ja  überhaupt  nur  als  ein  mitwirkendes  vermuten 
Davon  ist  in  den  hierher  gehörigen  Mythenmärchen  keine  Spur  zt 
finden.  Weder  die  Gestalt  des  Heilbringers  noch  der  sonstige  In- 
halt liegt  in  dieser  Richtung.  Was  jene  Güter  über  die  Mittel  dei 
täglichen  Fristung   des  Lebens,   die  der  Naturmensch  als  selbstver- 


Die  Legende.  ^gy 

Ständliche  hinnimmt,  hinaushebt,  das  ist  das  Rätsel  ihrer  Herkunft. 
Daß  die  Art  der  Feuerbereitung,  oder  daß  eine  unverständliche 
Zauberzeremonie  irgend  einmal  erlernt  worden  sei,  das  gilt  als  zweifel- 
los, weil  diese  Künste  von  denen,  die  sie  sich  aneignen  wollen,  immer 
von  neuem  mühselig  erlernt  werden  müssen.  In  zweiter  Linie,  wenn- 
gleich wegen  der  größeren  Verbreitung  solcher  Fähigkeiten  seltener, 
können  dann  auch  die  Gewinnung  der  Feldfrüchte,  die  Verfertigung 
der  Werkzeuge  und  Waffen  in  die  nämliche  Beleuchtung  rücken. 
Nichts  anderes  als  die  Verwunderung  über  den  Besitz  solcher  Güter, 
deren  Erwerbung  aus  eigener  Kraft  sich  niemand  zutraut,  ist  es  also, 
was  hier  das  Motiv  mit  sich  fuhrt,  nach  einem  Bringer  dieser  Gaben 
zu  fragen;  und  damit  diese  Frage  entstehen  könne,  muß  die  Vor- 
stellung hinzukommen,  die  Natur  spende  jene  nicht  von  selbst,  son- 
dern die  Art  ihrer  Erwerbung  müsse  erlernt  sein.  Darum  fordert  die 
erste  Ausübung  solcher  Künste  eine  über  das  menschliche  Maß  hinaus- 
gehende Zauberkraft.  So  wird  der  Heilbringer  zu  einem  Zauber- 
wesen, besonders  leicht  zu  einem  Tier,  weil  das  Tier  in  seinem  In- 
stinkt so  manches  übt,  was  dem  Menschen  versagt  ist,  während  überdies 
die  Beziehung  auf  eine  entfernte  Vergangenheit  zur  Einreihung  des 
Heilbringers  in  die  Stammessage  mit  ihren  totemistischen  Tierahnen 
auffordert.  Je  seltsamer  und  zauberhafter,  und  je  unpersönlicher  in- 
folgedessen die  Gestalt  des  primitiven  Kulturbringers  ist,  um  so  mehr 
entzieht  sie  sich  aber  solchen  Geiuhlen,  die,  wie  die  Dankbarkeit,  ein 
persönliches  Verhältnis  voraussetzen.  Ein  Wesen,  das  ganz  und  aus- 
schließlich Zauberwesen  ist,  so  daß  ihm  das  Wunder  nicht  erst  als  eine 
besondere  Fähigkeit  neben  andern  Eigenschaften  zur  Verfiig^g  steht, 
ein  solches  Wesen  entbehrt  seiner  Natur  nach  der  eigenen  Persönlich- 
keit. Die  Verwunderung,  welche  die  ihm  zugeschriebenen  Gaben 
hervorbringen,  objektivieren  sich  in  diesem  Wesen  selbst:  es  kann 
außer  den  Künsten,  die  es  dereinst  gelehrt  hat,  noch  alle  möglichen 
wunderbaren  Taten  vollbringen,  darunter  namentlich  auch  scherzhafte, 
in  deren  Ausmalung  sich  die  Märchenphantasie  mit  Vorliebe  ergeht. 
Um  so  mehr  wird  aber  in  diesem  Polymorphismus  der  Erscheinungen 
sein  Bild  ein  charakterlos  wechselndes,  wie  das  zumeist  auch  in  dem 
wirklichen  Gestaltcnwechsel,  den  ihm  das  Märchen  zuschreibt,  zum 
Ausdruck  kommt. 

Das   wird    anders    in   dem  Augenblick,    wo   ein  Sagenheld  zum 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3,  J2 


498  I^cr  Naturm^rtbcis. 


Träger  der  Heilbringerlegende  wird.  Mag  seine  Leistung  menschliches 
Maß  noch  so  weit  übertreffen,  er  trägt  doch  in  seinem  ganzen  Wesen 
menschliche  Züge  an  sich;  und  ändert  sich  sein  Charakter  im  Ver- 
lauf der  Entwicklung,  die  er  in  der  Sagengeschichte  zurück!^,  so 
geschieht  das  stetig  und  in  unmittelbarer  Übereinstimmung  mit  dem 
Wandel,  den  das  Bild  des  idealen  Helden  überhaupt  unter  dem  Ein- 
fluß der  allgemeinen  Sinnesänderung  erfahrt.     Sobald  der  Held  dei 
Sage  zu  dem  der  Legende   wird,    so  regt  sich  daher  ihm    gegen- 
über das  Gefühl  der  Dankbarkeit  für  die  Güter,  die  er  dauernd  ver- 
schafft hat;   und   im  Hinblick  auf  die  Befreiertaten,  die  den  späte 
Geborenen  nicht  mehr  zugute  komitien,  wandelt  sich  jenes  primitiv« 
Gefühl  der  Verwunderung  in  das  der  Bewunderung  um.  Der  Helc 
wird  nicht  mehr  bloß  um  seiner  Taten,  sondern  zugleich  um  der  Ge 
sinnung  willen  geschätzt,  die  sich  in  seinen  Werken  ausspricht.    Darun 
ist  es   für  die   ethische  Wirkung   der  Legende   auf  dieser  Stufe  bc 
deutsam,  daß  an  jener  Art  der  Verehrung,  die  aus  Dankbarkeit  im« 
Bewunderung  gemischt  ist,  nur  solche  Sagenhelden  teilnehmen,   di 
irgendwie  die  Züge  des  Heilbringers   an  sich  tragen.     So  ist  in  de 
griechischen  Sage  Herakles  der  ideale  Held,  dem  jede  Zeit  die  Zug 
leiht,  die  sie  vor  andern  bewundert,  während  eine  Gestalt  wie  die  d< 
Argonautenfiihrers  Jason  immer  die  eines  in  die  Sphäre  der  Sage  e 
hobenen   abenteuernden  Märchenhelden  bleibt.     Aber  auch  an  Pr< 
metheus,    der   in  seinen  Taten   in   ein   älteres,    gewissermaßen    vo: 
menschliches  Stadium   der  Legende  zurückreicht,   haftet   noch  jeni 
mehr  Verwunderung  als  Dankbarkeit  erweckende  Zug  des  ursprünf 
liehen  Heilbringers.     Darum  die  spätere  Kunst  mehr  von  dem  Bilc 
des  leidenden  Helden  als  von  dem  des  feuerbringenden  Titanen  gi 
fesselt  worden  ist. 

Diese  Motive  verschieben  sich  nun  weiterhin  in  dem  Maße,  a 
der  Heilbringer  aus  dem  Helden  zum  Gott  wird.  Der  Dankbark< 
ist  auch  noch  der  Gott  zugänglich,  die  Bewunderung  aber  wand< 
sich  ihm  gegenüber  zur  Verehrung  um,  die,  durch  den  Kultus  g 
steigert,  wesentlich  dazu  beiträgt,  den  Gott  trotz  der  menschlich« 
Züge,  die  er  bewahrt,  ins  Übermenschliche  zu  erheben.  Dazu  komn 
daß  mit  dieser  Vergöttlichung  zugleich  jene  große  Umkehrung  vc 
bunden  ist,  vermöge  deren  die  Heilswirkung  selbst  gleichzeitig 
die  Vergangenheit  und  Zukunft  verlegt  wird.   Bewahrt  dabei  auch  d 


Die  Legende.  4qq 

Legende  ihrer  Natur  nach  stets  den  Charakter  einer  Erzählung  ver- 
gangener Ereignisse,  so  geschieht  dies  doch  zum  geringsten  Teil  aus 
dankbarer  Erinnerung  an  die  Taten  des  Heilbringers,  sondern  vor 
allem,  weil  man  von  ihm  künftiges  Heil  erwartet.  Damit  tritt  der 
Heilbringer  in  Verbindung  mit  den  indessen  aus  noch  andern  Mo- 
tiven des  Kultus  entsprungenen  Vergeltungsvorstellungen.  Er  be- 
wirkt die  Belohnung  der  Frommen,  die  ihm  ihre  Verehrung  bezeigen, 
und  die  Bestrafung  der  Schuldigen,  die  ihn  mißachten.  So  wird 
die  Legende  zur  Kultlegende,  einer  Form  des  Mjrthus,  die  ims 
wegen  ihrer  engen  Beziehungen  zum  religiösen  Kultus  später  beschäf- 
tigen wird  (Kap.  VI,  I).  Hier  sei  nur  bemerkt,  daß  sie  insofern 
einen  Schlußpunkt  in  der  Entwicklung  der  Legende  bildet,  als  sich 
in  ihr  Anfang  und  Ende,  die  der  Vei^^angenheit  zugewandten,  ur- 
sprünglicheren Motive  und  die  später  entstandenen,  nach  der  Zukunft 
gerichteten  vereinigen.  Denn  der  Gott  oder  Heros  der  Kultlegende 
wird  ebenso  wegen  der  Taten,  die  er  vollbracht  hat,  wie  um  der 
Wohltaten  willen,  die  man  von  ihm  erwartet,  Gegenstand  des  Kultus; 
und  ein  wesentliches  Moment  des  letzteren  besteht  in  der  inneren 
Angleichung  dieser  beiden  Betätigungen,  der  künftigen  und  der  be- 
reits vollbrachten,  wobei  die  letzteren,  eben  weil  sie  vollbracht  sind, 
zugleich  eine  Gewähr  für  den  Eintritt  ihrer  zukünftigen  Wirkimgen 
bieten. 

Innerhalb  dieser  aufsteigenden  Entwicklung  fehlt  es  nun  aber  frei- 
lich auf  keiner  Stufe  an  jenen  Rückbildungen,  deren  oben  bei  den 
Ausgängen  der  Heiligenlegende  gedacht  wurde,  und  die,  sobald  nur 
erst  hinter  dem  erstrebten  Heilszweck  die  Persönlichkeit  des  Heil- 
bringers  zurücktritt,  allmählich  die  Legende  selbst  verschwinden  läßt. 
Der  geschichtslose,  schließlich  nur  noch  in  einem  Namen  oder  einem 
Bild  fixierte  Heilbringer  ist  dann  zum  Fetisch  geworden,  an  den  sich 
dieselben  von  Zaubervorstellungen  getragenen  Wünsche  und  Hoff- 
nungen knüpfen,  wie  an  die  ursprünglichen  Fetische,  die  auf  der 
primitiven  Stufe  des  Kultus  unabhängig  von  einem  solchen  Hinter- 
grund vorangegangener,  aber  vergessener  Legenden  lediglich  aus  den 
Wünschen  und  Hoffnungen  des  Augenblicks  heraus  entstanden  waren. 


32* 


>'.^- 


eoo  P^  Natnrmytfaa 


6.  Die  Wanderungen  des  Mythus. 

a.  Wanderangen  und  Wandinngen  der  Mythen. 

Märchen,  Sage  und  Legende  sind  in  ihrer  Entwicklung  zwei 
wichtigen  Einflüssen  unterworfen,  die,  eng  miteinander  zusammen- 
hängend, die  Erkenntnis  des  Ursprungs  dieser  Formen  in  hohem 
Grade  erschweren  können.  Der  eine  dieser  Einflüsse  besteht  in  dei 
Wanderung  der  Mythen,  der  zweite  in  den  Wandlungen,  die  sie  be 
ihrer  Ausbreitung  und  bei  ihrem  Zusammentreffen  mit  andern  Mythen- 
stoffen erfahren.  Indem  diese  beiden  Einflüsse  einander  begegnen 
kann  der  zweite  dem  ersten  so  sehr  entgegenwirken,  daß  ebensowoh 
ursprünglich  übereinstimmende  Mythen  sich  trennen,  wie  ursprünglid 
abweichende  einander  ähnlich  werden  können.  Namentlich  kann  diej 
dann  geschehen,  wenn  Elemente  verschiedener  Mythen  abweichender 
Ursprungs  sich  mischen,  wo  es  nun  schwierig  wird  zu  entscheiden 
welches  mythische  Motiv  das  primäre  sei,  und  wie  die  einzelner 
Bestandteile  des  Ganzen  verändernd  aufeinander  eingewirkt  haben 
Diese  Verhältnisse  lassen  sich  beim  Märchen  noch  am  leichteste! 
verfolgen,  da  es  die  einfachste  und  die  am  meisten  in  sich  abge 
schlossene  Form  des  Mythus  ist.  Bei  der  Helden-  und  Göttersag< 
dagegen  ist  die  Nachweisung  solcher  Wechselwirkungen  wegen  ihre 
verwickeiteren  Zusammensetzung  und  der  Komplikation  ihrer  Bedin 
gungen  viel  schwieriger.  Dennoch  wird  man  hier  zunächst  die  all 
gemeinen  Gesichtspunkte,  die  bei  dem  Märchen  für  die  Verbreitim| 
mythischer  Stoffe  überhaupt  zu  gewinnen  sind,  auch  auf  Sage  unc 
Legende  anzuwenden  haben.  Das  um  so  mehr,  als  ja,  wie  wir  ge 
sehen  haben,  nicht  bloß  einzelne  mythologische  Vorstellungen,  son 
dem  ganze  Mythenmotive  und  Mythenepisoden  wenig  verändert  ode 
nur  mit  den  entsprechenden  Umwandlungen  der  Heldencharaktere  au; 
dem  Märchen  in  die  Sage  und  Legende  übergehen.  Die  hierin  be 
gründete  allgemeine  Verwandtschaft  bringt  es  schon  mit  sich,  daß  eil 
einzelnes  Märchenmotiv  in  der  Regel  nicht  zureicht,  um,  wo  es  ar 
verschiedenen  Orten  gefunden  wird,  auf  eine  Übertragung  oder  Wan- 
derung schließen  zu  lassen,  sondern  daß  eine  Mehrheit  von  Elementer 
in  übereinstimmender  Verbindung  wiederkehren  muß,  um  unter  Um- 
ständen einen   solchen  Schluß  zu  gestatten.     Ebenso  wird  man  frei- 


Die  Wanderungen  des  Marthas.  cq! 


lieh  umgekehrt  nicht  erwarten  dürfen,  daß  nun  gleich  eine  umfang- 
reiche, aus  vielen  Motiven  zusammengesetzte  Mythenerzählung  von 
einem  Ort  zum  andern  wandern  werde,  sondern  es  wird  das  immer 
nur  von  beschränkteren  in  sich  abgeschlossenen  Episoden  mit  ein- 
heitlichen Motiven  zu  vermuten  sein.  So  sehen  wir  ja  im  Gebiet  des 
Märchens  noch  am  ehesten  die  einfachsten  Fabelstoffe  oft  über  weit 
entlegene  Gebiete  relativ  unverändert  sich  verbreiten.  Irgend  zu- 
sammengesetztere Märchenerzählungen  sind  aber  regelmäßig  an  den 
verschiedenen  Orten  so  unverkennbar  aus  Mischungen  einfacherer 
Märchen  oder  auch  nur  aus  Episoden  solcher  zusammengesetzt,  daß 
sie  sich  selbst  bei  gleichen  Grundmotiven  oft  weit  voneinander 
entfernen  können.  So  zeigen  schon  die  einfachen  Märchen  vom 
Aschenputtel-  und  Sneewittchentypus  in  ihren  deutschen,  nordischen 
und  neugriechischen  Formen  sichtlich  infolge  der  wechselnden  Auf- 
nahme anderer  Motive  mannigfache  Variationen  (Grimm,  Nr.  21, 
von  Hahn,  Nr.  2).  Etwas  verwickeitere  pflegen  aber,  je  verbreiteter 
sie  sind,  um  so  größere  Abweichungen  darzubieten.  Ein  auffallendes 
Beispiel  dieser  Art  ist  das  bekannte  Brüdermärchen  (Grimm,  Nr.  60), 
auf  dessen  weite  Verbreitung  und  die  damit  parallel  gehende  Ein- 
lagerung anderweitiger  Märchenzüge  Grimm  schon  hingewiesen  hat. 
Die  Abweichungen  des  Inhalts,  die  dadurch  entstehen,  erstrecken  sich 
hier  von  den  unbedeutenden  äußeren  Unterschieden,  wie  sie  die  ver- 
schiedenen europäischen  Varianten  des  Märchens  zeigen,  bis  zu  einem 
so  eingreifenden  Wandel  der  Haupt-  wie  der  Nebenmotive,  daß  der 
Zusammenhang  überhaupt  zweifelhaft  werden  kann,  wie  z.  B,  ein  in- 
disches und  ein  altägyptisches  Brüdermärchen  beweisen*).  Noch 
zweifelhafter  werden  vollends  solche  Beziehungen,  wenn  sich  irgend 
ein  nebensächlicher  Zug  anderwärts  wiederfindet:  so  z.  B.  wenn  der 
aus  dem  deutschen  Brüdermärchen  bekannte  Scherz  mit  dem  in  der 
Eile  verkehrt  aufgesetzten  und  dann  nachträglich  erst  richtig  an- 
geheilten Kopf  des  Jägers  sich  in  indischen  und  amerikanischen 
Mythen  in  ziemlich  verschiedenen  Variationen  und  in  sonst  ganz  ab- 
weichender Umgebung  wiederholt'). 


M  Brockhaus,  Die  Märchensammlang  des  Somadeva  Baddha,  II,  S.  1^2  fL  Bfatp^xo, 
Contes  popnlaires  de  TEgypte  ancienne^,  p.  i  ff. 

')  Auf  solche  Parallelen  hat  Ed.  Stacken  hingewiesen,  Astralmjthen,  I,  S.  136 01 
Wenn  Stucken  diese  Übereinstimmnngen  mit  dem  deutschen  Brüdermirehen  »anerhört« 


eo2  Der  Natnnnytfans. 

In  welchem  Umfange  übrigens  auch  in  solchen  Fällen,  wo  in  An 
betracht  der  Übereinstimmung  des  Hauptmotivs  und  vieler  einzelne 
Züge  an  dem  einheitlichen  Ursprung  einer  Mythengruppe  nicht  ge 
zweifelt  werden  kann,  Variationen  im  einzelnen  durch  Ausspinnen  voi 
Nebenmotiven,  durch  Hinweglassung  solcher  oder  durch  Einwiricun] 
abliegender  Mythenstoffe  entstehen  können,  das  hat  schon  vor  lai^ 
Zeit  W.  Grimm  an  dem  verhältnismäßig  einfachen  Beispiel  des  Poly 
phemmärchens  gezeigt*).  Die  Polyphemepisode  der  homerische 
Odyssee  (Od.  9,  172  ff.)  ist  ein  echtes  Mythenmärchen.  Der  klug 
und  besonnene  Odysseus  verwandelt  sich  in  ihr  in  einen  ws^ehalsige 
und  abenteuerlustigen  Märchenhelden,  der  ungeachtet  der  vernünftige 
Abmahnungen  seiner  Gefährten  seiner  Neugier  den  Kyklopen  z 
sehen  und  dem  von  vornherein  ziemlich  aussichtslosen  Wunsch  vo 
ihm  ein  Gastgeschenk  zu  erhalten  nicht  widerstehen  kann.  Der  Ii 
halt  des  Märchens  selbst,  wie  es  sich  in  verschiedenen  europäischei 
tartarischen,  arabischen  und  persischen  Varianten  verfolgen  läßt,  i 
vornehmlich  durch  drei  Züge  als  ein  übereinstimmender  gekeni 
zeichnet:  erstens  durch  die  Gestalt  des  einäugigen  menschenfressende 
Riesen,  zweitens  durch  seine  Blendung  mit  einem  in  sein  Auge  g< 
bohrten  Baumstamm,  und  drittens  durch  das  Entkommen  der  in  d< 
Kyklopenhöhle  eingesperrten  Fremdlinge,  indem  diese  sich  entwede 
wie  bei  Homer,  unter  dem  Bauch  der  zur  Weide  hinausgelassenc 
Tiere  oder  unter  dem  Fell  der  Widder  verbergen.  Von  diesen  dr 
Hauptmotiven  kann  nun  jedes  einzelne  fehlen:  so  lange  nur  die  übrige 
erhalten  bleiben  und  eventuell  der  so  entstehenden  neuen  Fassun 
angepaßt  werden,  bleibt  die  allgemeine  Übereinstimmung  gewahr 
So  fehlt  in  einigen  Varianten,  wie  in  einer  lateinischen  des  Mitte 
alters,  die  in  die  französischen  »Romans  de  Dolopathos«  übergegangc 
ist,  und  in  einer  esthnischen,  bei  der  übrigens  der  Teufel  die  Stelle  d< 


nennt,  so  bedarf  dieser  Ausdruck  freilich  einer  starken  Ermäßigung.  Die  Abweichui 
ist,  namentlich  im  Hinblick  anf  den  sonst  sehr  verschiedenen  Inhalt  der  Erzählnnge 
groß  genug,  um  die  Frage,  ob  Wanderung  oder  zufällige  Übereinstimmung,  mindeste] 
zweifelhaft  zu  machen. 

')  W.  Grimm,  Die  Sage  vom  Polyphem,  Abhandlungen  der  Berliner  Akademi 
1857,  phil.-hist.  Klasse,  S.  i  ff.  Wir  beschränken  uns  hier  auf  die  von  Grimm  gt 
sammelten  Beispiele,  in  denen  die  Übereinstimmung  zweifellos  ist,  und  sehen  von  de 
zahlreichen  Märchen  ab,  in  denen  das  Polyphemmotiv  nur  entfernter  anklingt,  w 
man  sie  bei  L.  Laistner  (Rätsel  der  Sphinx,  II,  S.  i  ff.)  zusammengestellt  findet. 


Die  Wanderongen  des  Mythus.  ^03 


Kyklopen  vertritt  (Grimm  2,  7),  das  Motiv  der  Einäugigkeit;  dem  ent- 
sprechend ist  dann  aber  auch  die  Blendungsgeschichte  abgeändert: 
dem  Unhold  wird  von  seinem  listigen  Überwinder  siedendes  Öl  oder 
Blei  über  die  Augen  gegossen.  In  andern  Varianten  ist  das  Kyklopen- 
motiv  bewahrt,  aber  es  fehlt  die  Bei^ng  unter  den  Tieren  (8,  9). 
In  noch  andern  Fällen  wird  der  Riese  schließlich  durch  den  Helden 
getötet  (8),  statt  auf  seiner  Insel  zurückzubleiben  und,  wie  in  der 
Odyssee,  von  den  glücklich  Geretteten  verspottet  zu  werden.  Wie 
einzelne  Züge  fehlen  können,  so  treten  nun  nicht  selten  auch  weitere, 
andern  bekannten  Märcheng^uppen  entnommene  Motive  hinzu.  Da- 
hin gehört  in  der  Odyssee  der  scherzhafte  Zug  mit  dem  Namen 
»Niemand«,  den  sich  Odysseus  beilegt,  und  der  den  Kyklopen  des 
Beistands  seiner  herbeigeeilten  Gefährten  beraubt,  ein  Zug,  der  sich 
in  ganz  andern  Verbindungen  ähnlich  noch  in  sonstigen  Scherz- 
märchen und  Scherzlegenden  findet.  In  der  tartarischen  Sage  vom 
Dep^  Ghöz,  die,  abgesehen  davon,  daß  der  Riese  nicht  in  einer  Fels- 
höhle, sondern  in  einem  Hause  nahe  bei  andern  Menschen  wohnt,  ein 
echtes  Polyphemmärchen  ist,  tritt  das  allverbreitete  Märchenmotiv  von 
dem  Ungeheuer,  das  zu  bestimmten  Zeiten  ein  Menschenleben  als 
Tribut  verlangt,  an  die  Stelle  des  Besuchs  durch  Fremde;  daneben 
spielt  dann  noch  in  dem  Zug,  daß  der  Einauge  die  auf  ihn  ab- 
geschossenen Pfeile  für  Sandkörner  hält,  die  bekannte  Geschichte 
vom  starken  Hans  (Grimm  K.  u.  H.  Nr.  166),  und  in  dem  andern,  daß 
der  Riese  den  Helden  in  einen  seiner  Stiefel  steckt,  aus  dem  sich 
dieser  durch  Aufschneiden  befreit,  das  Däumlingsmotiv  hinein  (3). 
Die  verbreitetste,  dem  homerischen  Märchen  fehlende  Variante,  die 
sich  selbst  wieder  durch  mehrere  Unterformen  bewegt,  entsteht  aber 
durch  die  Einführung  eines  Zauberrings,  den  der  Riese  als  Talisman 
besitzt.  Dieser  Ring  hat  sich  in  den  verschiedenen  Märchen  der 
Polyphemgruppe  wieder  mit  den  wechselnden  Vorstellungen  assoziiert, 
in  denen  der  Ring  als  Talisman  überhaupt  vorkommen  kann.  In  der 
Dolopathosvariante  wirft  der  Riese  dem  Räuber,  der  ihn  seiner  Schätze 
berauben  will,  einen  Ring  nach.  Als  der  Räuber  diesen  an  den  Finger 
steckt,  ruft  der  Ring  fortwährend  >hier  bin  ich«,  so  daß  dadurch  der 
geblendete  Riese  seine  Spur  finden  kann.  Wie  der  Räuber  das 
merkt,  will  er  sich  des  Ringes  entledigen,  der  jedoch  am  Finger  kleben 
bleibt,  so  daß  ihm  nichts  übrig  bleibt,  als  den  Finger  abzubeißen  (2). 


504  ^^  Natarmythus. 


Das  rumänische  Polyphemmärchen  enthält  dasselbe  Rii^^otiv,  aber 
der  Held  wirft  den  Ring  ins  Wasser,  wo  er  zu  rufen  fortfahrt;  so 
daß  der  nacheilende  Riese  ertrinkt  (5).    In  dem  serbischen  ist  der 
Ring  durch  einen  Zauberstab  ersetzt,   der  ebenfalls  die  Eigenschaft 
hat,  daß  jeder  der  ihn  berührt  daran  haften  bleibt,  nach  dem  be- 
kannten Motiv  des  Märchens  von  der  goldenen  Gans  (Grimm  K.  u.  H. 
Nr.  64].    Der  Knabe  schneidet  sich  dann  auch  hier  den  Finger  vom 
Stock  ab,  lockt  den  Riesen  an  einen  See  und  stößt  ihn  hinein  (5). 
Endlich  eine  dritte  dieser  Ringvarianten  bietet  das  tartarische  Märchen 
von  Dep^  Ghöz.    Dieser,  ist  im  Besitz  eines  Zauberrings,  der  ihn  am 
ganzen  Leibe,  außer  an  seinem  Auge,  unverwundbar  macht,  daher  nun 
der  Held  aus  diesem  Grund  dem  Riesen  das  Messer  ins  Auge  sticht  (3). 
Schon  W.  Grimm  hat  bemerkt,  es  sei  unmöglich,  diese  Märchen 
mit  Bestimmtheit  aus  einer  einzigen  Quelle,  also  etwa  die  übrigen 
aus  der  homerischen  Erzählung,    abzuleiten.     Zwar  wird   man   das 
Hauptmotiv  schließlich  auf  eine  solche  Quelle  zurückfuhren  müssen. 
Aber  wo  diese  liegt,   das  läßt  sich  nicht  mehr  entscheiden.     Grimm 
neigte  sich  daher,  wie  manche  andere  Mythologen,  der  Meinung  zu, 
der  Riese  mit  dem  runden  Stirnauge  sei  eine  der  mannigfachen  Ab- 
wandlungen des  Sonnenmotivs,  der  Kyklop  also  ein  einstiger  Sonnen- 
heros').    Doch  ist  zu  bedenken,   daß  das  Auge  überhaupt  einer  der 
Körperteile  ist,  in  deren  phantastischer  Variation  sich  die  mythologi- 
sche Phantasie  bei  den  Ungeheuervorstellungen  mit  Vorliebe  ergeht 
Das  ist  an  sich  psychologisch  begreiflich,  weil  es  zu  den  eindrucks- 
vollsten Teilen  des  menschlichen  Angesichts  gehört.     Das  fehlende, 
überzählige  oder  in  seiner  Form  abweichend  gestaltete  Auge  ist  daher 
auch  besonders  geeignet,  den  Eindruck  des  Grausens  zu  verstärken. 
In  dieser  Beziehung  gehört  also  der  Kyklop  in  dasselbe  Gebiet  wie  die 
vielköpfigen  Drachen,  die  Hekatoncheiren  und  andere  Mißgestalten, 
und  speziell  unter  den  Augenungeheuern  bildet  er  das  eine  Ende  einer 
Reihe,  an  deren  anderem  der  Argus  Panoptes  steht,   dessen  ganzer 
Körper  mit  Augen  bedeckt  ist,  und  zu  dem  sich  Parallelbildungen  ge- 
legentlich in  den  phantastischen  Zaubermänteln  amerikanischer  Medi- 
zinmänner finden'').     In  einem  japanischen  Märchen,  das  im  übrigen 


*)  W.  Grimm,  a.  a.  O.  S.  27.    Über  die  verschiedenen  mythologischen  Deutungen 
des  Polyphem  vgl.  außerdem  Preller-Robcrt*,  I,  S.  48,  622. 
•)  Vgl.  Teil  I,  S.  203,  Fig.  47  (2.  Aufl.  Fig.  53,  S.  223). 


Die  Wanderangen  des  Mythus.  ^05 

nicht  zur  Polyphemgruppe  gehört,  kommt  ein  Riese  mit  drei  großen 
Glotzaugen  vor").  Auch  sonst  kennt  das  Märchen  Unholde  mit  drei 
Augen;  nicht  minder  sind  sie  in  den  griechischen  Mythus  eingedrungen. 
In  allen  diesen  Fällen  können  sie  ebensogut  einer  phantastischen, 
den  Eindruck  des  Schreckens  erhöhenden  Variation  der  Augenzahl 
wie  einer  Reduktion  der  verbreiteten  Gestalt  des  dreiköpfigen  Un- 
geheuers ihr  Dasein  verdanken").  Analoge  schreckhafte  Bilder  sind 
die  drei  im  Dunkeln  hausenden  Graien  des  Aeschyleischen  Pro- 
metheus, die  zusammen  ein  einziges  Auge  besitzen,  das  sie  sich 
abwechselnd  reichen  (Aesch.  Prometheus  790  ff.).  Der  Eindruck  wird 
hier  noch  gesteigert,  weil  die  drei  auch  nur  einen  einzigen  Zahn  mit- 
einander teilen  und  in  ihrer  Nähe  Gorgonen  und  Greife  Wache 
halten.  Ein  ähnliches  Bild  ist  das  der  Lamia,  der  ruhelos  umher- 
wandemden  nächtlichen  Schrecl^estalt,  die  den  Schlaf  nur  finden 
kann,  wenn  sie  die  Augen  aus  ihrem  Kopfe  nimmt^).  So  liegt  denn 
auch  bei  dem  Bild  des  Kyklopen  das  Hauptmotiv  wohl  in  dem  furcht- 
baren Eindruck,  den  das  große  runde  Stirnauge  erweckt.  Dieses  Bild 
mag  dann  weiterhin  jene  Vorstellung  der  Blendung  durch  den  ein- 
getriebenen Holzstamm  erweckt  haben,  aus  dem  zusammen  mit  den 
allverbreiteten  Mythen  vom  Kampf  mit  Riesen  und  ihrer  Überlistung 
der  Hauptstoff  des  Polyphemmärchens  entstand.  Daß  daneben  bei 
dem  einäugigen  Ungeheuer  noch  eine  leise  Assoziation  mit  dem 
Himmelsauge  mitgewirkt  habe,  ist  gewiß  hier  so  wenig  wie  bei  dem 
einäugigen  Odin  ausgeschlossen,  ohne  daß  deshalb  Odin  jemals  ein 
Sonnengott  oder  der  Kyklop  ein  Sonnenheros  gewesen  zu  sein  braucht 
Bei  allen  diesen  mythologischen  Vorstellungen  müssen  wir  ja  stets 
dessen  eingedenk  bleiben,  daß  sie  nicht  aus  einer  einzigen  Quelle  ge- 
flossen sind.  Wie  die  Mondsichel  bei  der  Entstehung  der  Vorstellung 
von  der  Arche  der  Sintflut  wahrscheinlich  als  assoziatives  Element 
beteiligt  war,  während  doch  sicherlich  niemals  in  dem  Monde  selbst 
jenes  nach  der  Sage  nur  in  ferner  Vergangenheit  dagewesene  Schiff  ge- 
sehen wurde,  so  ist  das  Analoge  überall  vorauszusetzen,  wo  subjektive 


^)  Junker  von  Langegg,  Japanische  Teegeschichten,  S.  67  ff.,  zitiert  nach  Stocken, 
Astralmythen,  S.  372. 

';  Vgl.  Usener,  Dreiheit,  Rhein.  Museum  für  Philologie,  N.  F.  Bd.  58,  1903, 
S.  185,  und  unten  f. 

^;  Vgl.  StoU  in  Roschers  mythol.  Lexikon,  II,  S.  i8i8f. 


■■■rv 


^06  ^^^  Naturmythos. 


und  objektive  Motive  zusammengewirkt  haben,  um  ein  besttinm 
mythologisches  Bild  zu  erzeugen.  Das  einzelne  Element  muO  si 
hier  zumeist  schon  deshalb  der  deutlich  bewußten  Auffassung*  e: 
ziehen,  weil  es  mit  andern,  unter  Umständen  wirksameren  im  Wid 
streit  liegen  würde.  So  hat  das  Grauen,  das  sich  an  den  Eindn 
des  stirnäugigen  Riesen  kettet,  mit  dem  der  Sonne  nicht  das  gering 
gemein,  und  schwerlich  wird  es  daher  jemals  bei  der  Entsteht 
dieser  Gestalt  im  Vordergrund  gestanden  haben,  während  doch  ue 
den  objektiven  Motiven,  die  die  Erweckung  der  Vorstellung  unt 
stützten,  das  Bild  des  einsamen  Himmelsauges  nicht  gefehlt  zu  hal 
braucht. 

Diese  Erwägungen,  die  für  den  einzelnen  Teil  einer  m}^olc 
sehen  Anschauung  gelten,  sind  nun  um  so  mehr  für  den  Auf! 
eines  ganzen  Mythus  maßgebend;  und  die  Veränderungen,  die 
mythologischer  Stoflf  bei  seiner  Wanderung  von  Ort  zu  Ort  du 
die  Verbindung  und  Wechselwirkung  mit  andern  Bestandteilen 
fährt,  bestätigen  durchaus  diese  Folgerung.  Auch  ein  mythologisd 
Gebilde  ist  kein  beharrender  Gegenstand,  sondern,  wie  es  sich  sei 
aus  vielen  Elementen  zusammensetzt,  so  wechseln  und  verändern  s 
diese  unter  dem  Einfluß  unmittelbarer  Eindrücke  und  reprodukti 
Motive.  Mit  diesem  Fließen  der  Vorstellungen  hängt  aber  zugle 
ihre  Fähigkeit  zusammen,  aus  einer  Zeit  in  die  andere  und  aus  ein 
Territorium  in  das  andere  zu  wandern  und  sich  dabei  immer  wie 
den  spezifischen  Zeit-  und  Raumbedingungen  anzupassen.  An  c 
mythologischen  Gebilden  wiederholen  sich  so  auf  einem  umfass 
deren  Schauplatz  die  Wandlungen  der  Einzelvorstellungen  im  ind: 
duellen  Bewußtsein.  Wie  in  der  sinnlichen  Wahrnehmung  eü 
Gegenstandes  direkte  Eindrücke  und  reproduktive  Elemente  zusamm« 
wirken  und  darum  von  einem  Individuum  zum  andern  und  selbst  \ 
einem  Moment  zum  andern  wechseln  können,  so  wechseln  im  Volk 
bewußtsein  die  Gebilde  des  Mythus.  Sie  stehen  in  jedem  Aug< 
blick  unter  dem  Einfluß  einer  Fülle  assoziativer  Beding^ung 
assimilieren  dadurch  Elemente  und  stoßen  andere  aus,  um  neue  V 
bindungen  zu  bilden.  Jedes  Wandern  eines  verwickelter  gebaut 
Mythus  ist  daher  mit  Wandlungen  verbunden.  Diese  fehlen  auch 
nicht,  wo  er  an  einem  Orte  verbleibt,  weil  sich  fortwährend,  vor  all< 
aber  mit  jedem  Wechsel  der  Kultur,  die  assimilativen  Beding^ui^ 


Die  Wanderangen  des  Mythos.  JO7 

ändern,  denen  die  überkommenen  Mythen  unterworfen  sind.  Nicht 
minder  gibt  es  jedoch  zahlreiche  mythologische  Motive,  die  unabhängig 
an  verschiedenen  Orten  wiederkehren  und  daher  übereinstimmende 
Gebilde  erzeugen  können,  ohne  daß  diese  notwendig  einen  gemein- 
samen Ursprung  haben  müßten. 

Eine  eigentümliche  Komplikation  erfährt  schließlich  das  Problem 
der  Mythenwanderung  und  Mythenwandlung  da,  wo  die  Vermutung 
entstehen  kann,  daß  einer  Mythenerzählung  ein  geschichtlicher  Kern 
zugrunde  liege,  der  aber  unter  dem  Einfluß  umgebender  oder  zu- 
gewanderter Mythen  seinen  mythologischen  Inhalt  gewonnen  habe, 
wie  dies  bei  der  historischen  Sage  und  Legende  geschehen  kann. 
Diese  Frage  hat  insbesondere  auch  für  die  Kritik  der  Überlieferungen 
über  das  Leben  Jesu  aktuelle  Bedeutung  gewonnen.  Vielleicht  mit 
größerem  Recht,  als  man  die  Krankenheilungen  und  Totenerweckungen, 
bei  denen  ein  geschichtlicher  Kern  wohl  überhaupt  unwahrscheinlich 
ist,  gegenwärtig  nicht  selten  nach  dem  Muster  der  alten  rationa- 
listischen Wundererklärungen  auf  Suggestion  und  Hypnose  zurückfuhrt, 
pflegt  man  andere  Wunder,  bei  denen  eine  Beziehung  zu  bildlichen 
Aussprüchen  Jesu  besteht,  als  eine  Übertragung  solcher  Gleichnis- 
reden in  die  Wirklichkeit  zu  deuten').  In  Wahrheit  handelt  es  sich 
auch  hier  insofern  um  eine  Mythenwandlung  oder  Mythenwanderung, 
als  dabei  irgendwelche  Mythen  unter  dem  Einfluß  einer  wunder- 
gläubigen Umgebung  von  dem  historischen  Kern  assimiliert  worden 
sind.  Dabei  ist  es  dann  freilich  schwer  und  nicht  selten  unmöglich, 
solche  Fälle  von  den  zahlreichen  andern  zu  scheiden,  in  denen  ein- 
fach die  ganze  Mythcnerzählung  aufgenommen  worden  ist,  ohne  daß 
überhaupt  ein  historischer  Kern  existiert.  Eine  gewisse  Wahrschein- 
lichkeit für  eine  geschichtliche  Grundlage  kann  daher  auch  nur  dann 
angenommen  werden,  wenn  entweder  verschiedene  Traditionen  einer 
und  derselben  Begebenheit  vorhanden  sind,  von  denen  die  eine  etwa 
eine  bloß  bildliche  Deutung  zuläßt,  während  die  andere  das  Bild 
zum  Mythus  umgestaltet  hat,  oder  aber  wenn  eine  Gleichnisrede 
und  eine  Wundererzählung  einander  so  genau  entsprechen,  daß 
jene  bei  wörtlicher  Auslegung  ohne  weiteres  in   das  Wunder  übcr- 


')  Vgl.  hierzu  E.  Bittlinger,   Die  Materialisierang  religiöser  Vorstellnngen,    1905. 
bes.  S.  52  ff. 


■.k:71 


r-. 


eo8  ^^^  Natumiythiis. 


gehf).  OfTenbar  ist  übrigens  in  diesem  zweiten  Fall  die  Wahrschein 
lichkeit  einer  solchen  Umdeutung  größer  als  im  ersten.  Denn  es  is 
nicht  zu  übersehen,  daß  in  der  erzählenden  Darstellung  die  Grenzei 
zwischen  Bild  und  m3rthologischer  Anschauung  fließende  sind,  uni 
daß  daher  fiir  uns  als  eine  Metapher  erscheinen  kann,  was  für  dei 
naiven  Dichter  mythologische  Wirklichkeit  war*). 

b.  Allgemeine  Kriterien  der  Mythenwanderang. 

Daß  mythologische  Vorstellungen,  die  an  verschiedenen  Orte 
vorgefunden  werden,  aber  in  ihren  wesentlicheren  Eigenschaften  übei 
einstimmen,  dieses  Zusammentreffen  entweder  einer  Übertragimg  vo 
einem    Ort  zum   andern    oder    einer   Ähnlichkeit   der   äußeren    3i 


')  Vgl.  besonders  die  Parallelen  zwischen  Worten  und  Taten  Jesn  in  den  B< 
richten  der  Synoptiker  bei  Bittlinger,  a.  a.  O.  S.  70  ff.  Ein  w^en  der  einfachere 
Lage  der  Tradition  belehrendes  Beispiel  einer  solchen  nicht  nnwahrscheinliehen  Un 
Wandlung  bildlicher  Reden  in  Taten  bietet  der  Bericht  des  Philostrat  Über  die  ii 
dische  Reise  des  Apollonins  von  Tyana,  wo  snm  Teil  anderwftrts  überlieferte,  offin 
bar  bildlich  verstandene  Aassprüche  des  Apollonins  sich  finden,  nnd  wo  nun  dei 
wandernden  Philosophen  Wander  zageschrieben  werden,  die  sich  wie  eine  Obersetzar 
jener  Gleichnisreden  in  die  Wirklichkeit  aasnehmen,  während  sie  doch  zugleich  de 
Mediam  indischer  Märchenphantastik  gleichen,  in  welchem  diese  Erzählang  spie 
(Max  Wandt,  Apollonins  von  Tyana,  Prophetie  and  Mythenbildnng,  in  Hilgenfelc 
Zeitschrift  für  wiss.  Theologie,  Bd.  49,  S.  309  ff.). 

*)  In  dieser  Beziehung  dürften  sich  in  der  Tat  manche  nenere  Versache,  Wimd< 
aas  bildlichen  Redeweisen  abzuleiten,  bedenklich  wiedenun  den  alten  rationaUstisch« 
Wunderdeatangen  nähern.  So  z.  B.  wenn  Bittlinger  (a.  a.  O.  S.  37)  das  bekannte  Wand 
des  Sonnenstillstandes  Jos.  10,  12  dahin  dentet,  dorch  die  Hilfe  Gottes  sei  der  Tag  s 
inhaltsreich  geworden,  daß  er  zwischen  Morgen  nnd  Abend  keinen  Platz  hatte,  od< 
wenn  er  in  ähnlicher  Weise  die  Wander  bei  dem  Zag  der  Israeliten  durch  d 
Wüste  a.  a.  als  poetische  Gleichnisse  and  Hyperbeln  zn  deaten  sacht  (a.  a.  O.  S.  24 ff 
Zweifellos  ist  es  eine  richtige  Beobachtung,  daß  von  den  poetischen  Anspielungen  ai 
solche  Wunder  in  den  Psalmen  oder  Propheten  zn  den  prosaischen  AasfÜhrangen  d« 
gleichen  Begebenheiten  in  Weisheit  Salomos,  Chronika  nsw.  eine  fortschreitenc 
»Materialisiernng  der  Vorstellangenc  im  selben  Sinne  herrscht,  in  dem  sie  anch  noc 
heute  zwischen  der  poetischen  und  der  prosaischen  Schilderung  besteht.  Aber  di< 
sind  Unterschiede  des  Stils,  die  noch  keineswegs  beweisen,  daß  auch  für  jene  früh 
Dichtung  bloße  Metapher  gewesen  sei,  was  wir  in  der  heutigen  noch  als  eine  solch 
anwenden  können.  Denn  der  Mythus  ist  älter  als  die  Metapher,  und  es  können  dami 
wohl  Metaphern  sehr  häufig  abgeblaßte  mythologische  Vorstellungen  sein,  das  Um 
gekehrte  dagegen  wird  nur  unter  besonderen  Ausnahmsbedingungen  möglich  seil 
Folgerichtig  durchgeführt  würde  die  Annahme  offenbar  wieder  mit  der  bekannte 
Hypothese  vom  Ursprung  des  Mythus  überhaupt  aus  mißverstandenen  Metaphern  zu 
sammentreffen  (vgl.  über  diese  Teil  I,  S.  546). 


Die  Wandernngen  des  Mythos.  ^09 

dingungen  und  der  psychischen  Motive  verdanken  müssen,  ist  ein- 
leuchtend. Doch  zu  entscheiden,  welcher  dieser  beiden  Fälle,  ob 
selbständige  Entstehung  aus  gleichen  Bedingungen,  oder  ob  äußere 
Übertragung  anzunehmen  sei,  kann  große  Schwierigkeiten  bereiten. 
Natürlich  ist  es  nun  von  vornherein  ebenso  wenig  erlaubt  anzu- 
nehmen, das  Vorkommen  zweier  übereinstimmender  Vorstellungen  an 
entfernten  Orten  beweise  eine  Wanderung,  wie  umgekehrt,  es  sei 
irgend  ein  allgemeingültiger  » Völkergedanke  €,  um  hier  einen  von 
A.  Bastian  geprägten  Ausdruck  zu  gebrauchen,  wirksam").  Vielmehr 
kommt  es  in  jedem  einzelnen  Fall  auf  die  näheren  Bedingungen  an, 
unter  denen  die  Übereinstimmungen  vorkommen.  Diese  Bedingungen 
sind  teils  äußere,  teils  innere.  Unter  den  äußeren  stehen  die  Verkehrs- 
beziehungen der  Völker  in  erster  Lim'e.  Übereinstimmungen  in  be- 
nachbarten Territorien  lassen  natürlich  eher  eine  Übertragung  ver- 
muten als  solche  in  weit  entiegenen  Gebieten.  Doch  ist  dieses 
Kriterium  unsicher.  Ein  einzelner  Wanderer  kann  eine  Märchen- 
erzählung in  ferne  Länder  tragen,  von  denen  aus  sie  dann  wieder 
weiter  verbreitet  wird.  Ungleich  wichtiger  sind  daher  die  inneren 
Merkmale,  die  in  gewissen  Fällen  für  eine  unabhängige  Entstehung 
an  verschiedenen  Orten  oder  umgekehrt  für  eine  Wanderung  von  einem 
einzigen  Ursprungszentrum  aus  eintreten.  Es  ist  klar,  daß  diese 
Merkmale  im  wesentlichen  ganz  mit  jenen  Unterschieden  zusammen- 
treffen werden,  die  wir  im  Gebiet  der  Sprache  und  der  Formen  der 
Kunst  als  die  des  Generellen  und  Individuellen  oder  in  gewissen 
Fällen  auch  als  die  des  Regulären  und  Singulären  bezeichnet 
haben,  nur  daß  die  besonderen  Eigenschaften  des  Mythus  diesen  Be- 


')  Bastian,  Der  Mensch  in  der  Geschichte,  I,  1860,  SD.,  S.  166  ff.  und  an  vielen 
andern  Orten.  Verbreiteter  ist  gegenwärtig  die  entgegengesetzte  Auffassung,  wonach 
jede  Übereinstimmung  eine  Übertragung  bedeuten  soll.  Sie  findet  heute  vornehmlich 
unter  den  Assyriologen,  ähnlich  wie  um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  unter  den 
Ägyptologen,  ihre  Vertreter.  Das  ist  insofern  wohl  begreiflich,  als  man,  sobald  einmal 
alle  Übereinstimmungen  als  Übertragungen  gedeutet  werden,  jeweils  in  das  Gebiet, 
dessen  Kultur  als  die  älteste  gilt,  den  Ursprung  der  mythologischen  Vorstellangen 
verlegen  wird.  Diese  Ansicht  führt  daher  leicht  zur  allgemeinen  Wanderhypothete. 
Vgl.  zu  dieser  Kontroverse  Hugo  Winckler,  Die  babylonische  Kultur  in  ihrer  Bedehnng 
zur  unsrigen,  1902,  und  Alfred  Jeremias,  Die  Panbabylonisten,  der  Alte  Orient  und 
die  Ajryptische  Religion*,  1907.  Dazu  die  Bemerkungen  über  die  WanderhyiK>these 
oben  Teil  I,  S.  566  ff. 


5IO  Der  Natnrmythns. 


griffen  wieder  eine  spezifische  Färbung  geben*).     Namentlich  unter- 
scheidet   sich    hier   der   Mythus  durch   die    schon  bei   den  Seelen- 
vorstellungen zu  beobachtende  Gleichförmigkeit  der  spontanen  Ent- 
stehungsbedingungen einerseits  und  durch  die  damit  eng  zusammen- 
hängende Wanderfahigkeit  anderseits  sehr  wesentlich  von  den  einer 
festeren  Tradition  unterworfenen  Formen  der  Sprache,  während  zwi- 
schen beiden  die  Gebilde  der  Kunst  ungefähr  die  Mitte  halten.     Be- 
sonders gewinnt  dadurch  der  Begriff  des  Generellen  oder  R^ulären 
für  den  Mythus  einen   ungleich  weiteren  Umfang.     Bei  der  Sprache 
gilt  er  nur  für  das  einzelne  Sprachgebiet  oder  höchstens  für  einen 
Zusammenhang  stammverwandter  Sprachen;  beim  Mythus  umfaßt  er 
entweder  alle  Mythenbildungen  oder  mindestens  die  Gesamtheit  derer, 
die  unter  übereinstimmenden   äußeren  Naturbedingungen  entstehen. 
Viel  gleichförmiger  verhält  sich  auf  allen  diesen  Gebieten  das  Indivi- 
duelle oder  Singulare.     Hier  bleibt  das  Kriterium  der  Einzigartigkeit, 
das  den  unabhängigen  Ursprung  einer  und  derselben  Erscheinung  an 
verschiedenen  Orten  zwar  nicht  absolut  unmöglich,  aber  nach  em- 
pirisch psychologischen  Gesichtspunkten  im  höchsten  Grade  imwahr- 
scheinlich  macht,  in  allen  drei  Fällen  mutatis  mutandis  das  nämliche. 
So  gut  wir  etwa   die  Einführung  des  Wortes  »Gas«    für  die   fnihei 
sogenannten  Luftarten  auf  einen   individuellen  Urheber  zurückfuhren 
könnten,  auch  wenn  uns  ein  solcher  nicht  zufallig  aus  der  Geschichte 
der  Chemie  bekannt  wäre,  oder  so  gut  wir  die  Einführung  des  spitzen 
Hutes   für  die  närrische  Figur  der  burlesken  Komödie  als  einen  ein- 
mal und  an  einem  bestimmten  Ort  zuerst  geschehenen  Vorgang  be- 
trachten dürfen,  gerade  so  wird  anzunehmen  sein,  daß  die  Projektion 
der  Zwillingsvorstellung  in  das  Sternbild  der  sogenannten  Zwillinge 
am  Himmel  und  die  Beziehung  dieses  Sternbildes  zu  irdischen  Zwillings- 
sagen irgend  einmal  zuerst  geschehen  und  dann  mit  verwandten  astro- 
logischen Vorstellungen   übertragen  worden  sei.     Dagegen  bleibt  es 
bei  solchen  Erscheinungen,   denen  wir  nach  ihrem  allgemeinen  Cha- 
rakter   eine    unabhängige    Entstehung    an    verschiedenen    Orten    zu- 
schreiben können,  immer  auch  möglich,  daß  sie  in  einer  bestimmter 
Region  früher  entstanden  und  dann  gewandert  seien.   Es  muß  daher 
um  den  unabhängigen  Ursprung  wahrscheinlich  zu  machen,  noch  daj 


')  Vgl.  Bd.  P   I,  S.  syaflf.,  2,  S.  515,  571fr.    Bd.  H,  i,  S.  466«'.  (2.  Aufl.  S.  490fr.) 


Die  Wandeningen  des  Mythus.  ^11 

weitere  Merkmal  hinzukommen,  daß  sie  sich  an  vielen  Orten  gleich- 
zeitig vorfinden,  zwischen  denen  Verbindungen  nicht  nachzuweisen 
sind,  und  daß  psychologisch  eine  ähnliche  unabhängige  Entstehung 
naheliegt,  wie  wir  sie  etwa  bei  den  Seelenvorstellungen  in  der  Be- 
ziehung der  Seele  auf  den  Hauch  des  Atems  oder  auf  das  Traumbild 
anzunehmen  berechtigt  sind.  Überhaupt  aber  dürfen  wir  niemals  ver- 
gessen, daß  selbständige  Mythenbildung  und  Aneignung  von  außen 
keine  Fähigkeiten  sind,  die  sich  ausschließen.  So  gut  wir  uns  eine 
Sprache  nur  aneignen  können,  weil  wir  überhaupt  der  Sprache  fähig 
sind,  gerade  so  sind  Neubildung  und  Assimilation  im  Gebiet  des 
Mythus  eng  aneinander  gebunden.  Darum  sind,  wie  uns  oben  auf 
einem  begrenzteren  Gebiet  das  Beispiel  des  Polyphcmmärchens  gezeigt 
hat,  Wanderungen  immer  zugleich  mit  Wandlungen  der  Mythen  ver- 
bunden. Der  zugefuhrte  mythische  Stoff  wirkt  zugleich  als  mythen- 
bildender Reiz;  und  in  vielen  Fällen  kann  es  daher  zweifelhaft  sein, 
wie  viel  an  einem  gegebenen  Mythus  äußerer  Aneignung  und  wie 
viel  eigener  Mythenbildung  seinen  Ursprung  verdankt.  Es  verhält 
sich  eben  auch  hier  die  Mythenbildung  nicht  wesentlich  anders  als 
wie  die  Bildung  einer  einfachen  Sinnesvorstellung.  Es  gibt  keine  An- 
eignung mythischer  Inhalte,  die  nicht  selbst  zum  Teil  selbständige 
Mythenbildung  wäre,  ähnlich  wie  es  keine  Sinneswahmehmung  aus 
äußeren  Eindrücken  gibt,  an  die  nicht  eine  Assimilation  dieser  Ein- 
drücke durch  bereit  liegende  Dispositionen  des  eigenen  Bewußtseins 
gebunden  wäre. 

So  sind  denn  im  allgemeinen  die  Eigenschaften,  nach  denen  sich 
gewanderte  und  selbständig  entstandene  Mythen  sondern  lassen,  über- 
aus fließende;  und  insbesondere  kann  jedes  irgendwie  zusammen- 
gesetztere Mythengebilde  autochthone  und  fremde  Elemente  und  unter 
den  letzteren  wieder  solche  ganz  verschiedener  Herkunft  enthalten. 
Im  allgemeinen  aber  ist  es  von  vornherein  wahrscheinlicher,  und  die 
Beobachtung  dürfte  es  in  weitem  Umfange  bestätigen,  daß  bei  der 
natürlichen,  nicht  durch  berufsmäßige  Rhapsoden  oder  durch  litera- 
rische Überlieferung  geschützten  Mitteilung,  nur  Mythen  einfachster 
Art  relativ  unverändert  übertragen  werden,  während  es  sonst  nur 
einzelne  Motive  oder  aus  einzelnen  Motiven  gebildete  Mythenfrag- 
mente sind,  die  von  einem  Gebiet  in  das  andere  übergehen.  Die  so 
entstehenden  Mischungen  von  Elementen  verschiedener  Herkunft  und 


512  ^^^  Naturmythii 


die  damit  Hand  in  Hand  gehenden  Neubildungen  und  Aneignunger 
bedingen  es,  daß  die  Frage,  ob  eine  gegebene  Übereinstimmung  mi 
größerer  Wahrscheinlichkeit  auf  selbständiger  Bildung  des  gleichei 
Motivs  oder  auf  einer  Übertragung  von  Ort  zu  Ort  beruhe,  nur  in  ge 
wissen  Grenzfallen  mit  Sicherheit  zu  beantworten  ist,  dagegen  in  vielei 
andern  Fällen   zweifelhaft  bleibt.     So   ist  z.  B,  die  Vorstellung   voi 
der  Verschling^ng  der  Sonne  oder  des  Mondes  durch  ein  Ungeheue 
bei  den  Verfinsterungen  dieser  Gestirne   so  weit  über  die  Erde  ver 
breitet,  daß  man  ihr  fast  unterhalb  einer  gewissen  Grenze  der  Kultu 
Allgemeingültigkeit  zuschreiben  könnte.   Man  wird  aber  unbedenldic 
zugeben  müssen,  daß  diese  Vorstellung  an  den  verschiedensten  Orte: 
der  Erde  unabhängig  entstanden  sein  kann;  und  auch  der  ändert 
nahe  verwandten,  nach  der  ein  ähnlicher  Vorgang  bei  dem  tägliche 
Untergang  der  Sonne  stattfindet,  werden  wir,  wenn  sie  sich  auch  bc 
greiflicherweise  im  allgemeinen  auf  noch  frühere  Stufen  der  Mytihec 
bildung  beschränkt,   nicht  minder  die  Möglichkeit  unabhängiger  Bii 
düng  zugestehen.   Wenn  dagegen  an  verschiedenen  Stellen  derErd 
die  Plejaden   als    sieben  in  Sterne   verwandelte  Jungfrauen,  Njmc 
phen  usw.  aufgefaßt  werden,  so  läßt  sich,  obgleich  diese  Siebenzal 
zum  Teil  an  sehr  entlegenen  Orten  wiederkehrt,  doch  schwerlich  a 
eine    wiederholte    selbständige  Entstehung  denken,    weil    diese  Zal 
gegenüber  dem  wirklichen  Bild  willkürlich  ist,   und  nur  durch   ein 
Übertragung  auf  das   für  das  bloße  Auge  in  der  Regel  höchsten 
sechs  einzelne  Sterne  umfassende  Sternbild  möglich  war.    Darum  e: 
fanden  ja  die  Griechen  später  den  niedlichen  Mythus,  die  eine  d< 
sieben  Schwestern   habe   ihr   Angesicht  verhüllt,   um  nicht  gesehe 
zu  werden  (s.  oben  S.  291).     Diese  Übertragung  auf  die  Gruppe  de 
Plejaden  ist  übrigens,  selbst  nachdem  der  Glaube  an  die  Heiligkeit  d< 
Siebenzahl  aus  andern  Quellen  entstanden,   kaum  ein  ursprüngliche 
Vorgang,  sondern  es  ist  ihm  mutmaßlich  die  Übertragung  der  Siebei 
zahl  auf  die  sogenannten  sieben  Planeten  vorausgegangen,  von  der  ai 
dann  weiterhin  die  ähnliche  auf  jene  andere,  besondere  Stemgrupp 
stattfand.     Nun   werden   wir   unten   sehen,    daß   die  Siebenzahl  de 
Planeten  höchst  wahrscheinlich  auf  der  durch  die  Monatseinteilung  ge 
wonnenen  siebentägigen  Woche  beruht  (g).    Die  Voraussetzung  eine 
solchen  doppelten  willkürlichen  Übertragung  erhöht  aber  insbesondei 
für  die   zweite   die  Wahrscheinlichkeit   einer   sing^lären  Entstehung 


Die  Wanderangen  des  Mythos.  &  1  ^ 

Denn  es  ist  zu  vermuten,  daß  diese  zweite  Übertragung  dem  gleichen 
Ort  angehört  wie  die  erste,  die  ihr  offenbar  zum  Vorbild  gedient  hat. 
Fügte  sich  doch  bei  den  Planeten  die  astronomische  Beobachtung  leicht 
dieser  Assoziation,  während  deren  Anwendung  auf  eine  Sterngruppe 
von  unbestimmterer  Anzahl,  wie  die  Plejaden,  erst  durch  diese  ander- 
wärts gemachte  wirkliche  Erfahrung  gestützt  sein  mußte.  Da  die  aus 
dem  Mondlauf  gewonnene  Siebenzahl  höchst  wahrscheinlich  in  der 
babylonischen  Astronomie  geschehen  ist,  so  wird  also  auch  die  Sieben- 
zahl des  Plejadengestims  auf  babylonischen  Ursprung  zurückzuführen 
sein,  wobei  dann  freilich  die  speziellere  mythologische  Auffassung  der 
sieben  Sterne,  als  Vögel,  Frauen,  Nymphen  usw.,  nach  den  sonstigen 
Einflüssen  des  mythologischen  Mediums  eine  wechselnde  blieb.  Da- 
bei können  dann  solche  Differenzierungen  sing^ulär  entsprungener 
Vorstellungen  an  verschiedenen  Orten  wieder  übereinstimmend  er- 
folgen, ohne  daß  auch  für  sie  ein  singulärer  Ursprung  zu  vermuten 
ist.  So  lag  einerseits  das  Bild  von  Schwestern,  anderseits  das  von 
Vögeln  für  die  Gruppe  der  Plejaden  nahe  genug,  daß  jedes  dieser 
Bilder,  wie  es  in  der  Tat  wahrscheinlich  ist^  an  verschiedenen  Orten 
unabhängig  entstehen  mochte.  Umgekehrt  kann  es  aber  auch  ge- 
schehen, daß  eine  mythologische  Vorstellung  in  ihrem  Hauptmerk- 
mal auf  allgemeingültigen  Assoziationsmotivon  beruht,  während  die 
Differenzierungen  dieses  Motivs  von  beschränkterer  X'erhreitung  und 
möglichenveise  von  singulärem  Ursprunj^f  sind.  Si>  ist  z.  B.  die 
Anschauung,  daß  irgend  ein  lebendos  Wesen  im  Moml  hause,  wohl 
über  die  ganze  Erde  und  namentlich  bei  primitiven  Völkern  ver- 
breitet. Ob  aber  dieses  Wesen  ein  Mensch,  ein  l*>osch,  eine  Schild- 
kröte, ein  Hase  sei,  darüber  bestehen  verschiedene  Traditionen,  die 
wieder  auf  enger  begrenzte  Territorien  beschränkt  zu  sein  pflegcm. 
Ebenso  gehören  hierher  die  mannigfachen  Varianten,  die  das  Vcf- 
schlingungsmotiv  in  seiner  Anwemlung  auf  die  Sonnenunte 
mythen  verschiedener  Völker  zeigt  usw.  Indem  nun  in  jeder 
kreten  mythologischen  Vorstellung  und  noch  mehr  in  jeder 
crzählung  solche  Elemente  teils  allgemeinen  teils  singiüärea  "mi  im 
letzteren  Fall  nicht  selten  wieder  abweichenden  Ursprap  «ch 
mischen  und  assimilativ  verändern,  kann  natürlich  eine  vdi^  Gfeio- 
heit  oder  auch  eine  der  Gleichheit  nahe  kommende  AiÄAicec 
der  an  verschiedenen  Orten  vorkommenden  Mythen  ^w  n 

Wundt,  Völkerpsychologie  H,  3.  9 


^lA  Der  Natarmythtis. 


fachsten  Fällen  erwartet  werden.  Am  häufigsten  noch  findet  sich 
eine  solche  in  Anbetracht  dieser  Einfachheit  und  zugleich  Deut- 
lichkeit des  Motivs,  wie  schon  bemerkt,  bei  der  Fabel  Besonders 
gilt  das  von  der  Scherzfabel,  deren  Pointe  gerade  um  des  er- 
finderischen Humors  willen,  der  aus  ihr  spricht,  trotz  der  weiten  Ver- 
breitung, die  solche  Fabeln  gewonnen  haben,  einen  singulären  Ur- 
sprung wahrscheinlich  macht,  wenn  sich  auch  der  Ort  dieses  Ursprungs 
nicht  mit  Sicherheit  nachweisen  läßt.  Natürlich  ist  es  aber  nicht  ge- 
stattet, aus  diesen  der  Scherzfabel  eigenen  Bedingungen,  vermöge 
deren  sie  überdies  schon  außerhalb  der  Sphäre  des  Mythus  liegt, 
Schlüsse  auf  diesen  zu  ziehen.  Bei  dem  Mythus  tritt  vielmehr  in  da 
Regel  infolge  der  größeren  Komplikation  der  Motive  an  die  Stelle 
der  Gleichheit  die  Analogie.  Die  Frage  erhebt  sich  daher,  untei 
welchen  näheren  Bedingungen  mythologische  Analogien  einen  über- 
einstimmenden und  dann  etwa  weiterhin  einen  singulären,  auf  einer 
einzigen  Ausgangspunkt  hinweisenden  Ursprung  mythischer  Inhalti 
erschließen  lassen. 

c.  Die  mythologischen  Analogien. 

Seit  alter  Zeit  hat  in  der  Mythologie  die  Analoge  eine  wichtig« 
Rolle  gespielt.  Nun  kann  die  Analogie  verschiedener  Mythen  ebenso 
wohl  auf  einem  getrennten,  wie  auf  einem  einheitlichen  Ursprung  be 
ruhen:  ersteres,  wenn  es  sich  um  mehr  oder  weniger  allgemein 
gültige  Motive  handelt;  letzteres,  wenn  die  Motive  einen  singulärei 
Charakter  besitzen.  In  beiden  Fällen  hat  natürlich  die  Analog^ii 
ihren  Wert.  Gleichwohl  bleibt  sie  hier  wie  dort  ein  um  so  zweifei 
hafteres  Kriterium,  je  weiter  sie  sich  von  der  Gleichheit  entfernt 
Da  die  Glieder  eines  Analogievcrhältnisses  gleiche  und  disparat 
Elemente  enthalten,  so  wächst  aber  die  Wahrscheinlichkeit,  da/ 
sie  auf  einer  bloß  zufalligen,  d.  h.  für  den  gegebenen  Zusammen 
hang  irrelevanten  Beimengung  übereinstimmender  Elemente  beruhe 
in  dem  Maße,  als  die  Zahl  und  die  Bedeutung  der  disparaten  Ele 
mente  zunimmt.  Soll  vollends  die  Analogie  verwendet  werden,  un 
die  urprüngliche  Einheit  verschiedener  Mythen,  also  ihren  Ausg^nj 
von  einem  einzigen  Kulturzentrum  zu  erweisen,  so  nimmt  natürlich  ii 
um  so  höherem  Grad  die  Möglichkeit  einer  Täuschung  zu.  Denn  ein< 
singulare  Entstehung  wird  durch  die  Übereinstimmung  zweier  Mythei 


Die  Wandeniiigen  des  Mythus.  jl^ 

offenbar  nur  dann  wahrscheinlich,  wenn  entweder  die  Anzahl  über- 
einstimmender und  voneinander  unabhängiger  Elemente  so  groß  ist, 
daß  ein  mehrmaliges  Vorkommen  der  gleichen  Kombination  den 
Gesetzen  empirischer  Wahrscheinlichkeit  widerstreiten  würde,  oder 
wenn  die  Beschaffenheit  des  mythischen  Gebildes  nur  mit  den  inner- 
halb eines  bestimmten  Gebietes  vorhandenen  Natur-  und  Kultur- 
bedingungen übereinstimmt,  oder  wenn  endlich  —  und  das  ist  natür- 
lich der  günstigste  Fall  —  diese  beiden  Eigenschaften  zusammentreffen. 
Nun  ist  es  nach  der  Beschaffenheit  dieser  Prinzipien  undenk- 
bar, daß  die  Mythenvergleichung  an  einem  einzigen  in  sich  abge- 
schlossenen Mythus  zu  einem  Resultat  fuhren  kann,  es  sei  denn, 
daß  ein  solcher  selbst  schon  aus  einer  größeren  Anzahl  zusammen- 
hängender mythischer  Motive  besteht.  Mit  Recht  hat  daher  die 
neuere  Mythologie  vereinzelte  Vergleichungen  als  unzulänglich  ver- 
worfen und  statt  dessen  eine  planmäßige,  an  einer  großen  Zahl 
mythologischer  Inhalte  zur  Anwendung  kommende  komparative  Me- 
thode gefordert.  Diese  planmäßige  Vergleichung  in  weiterem  Um- 
fang kann  aber  wieder  in  einer  doppelten  Form  ausgeführt  werden, 
so  daß  daraus  zwei  komparative  Methoden  von  wesentlich  verschie- 
denem Charakter  entstehen:  wir  wollen  die  erste  als  die  der  Ana- 
logiegruppen, die  zweite  als  die  der  Analogiereihen  bezeichnen. 
Bei  der  Methode  der  > Analogiegruppen«  ordnet  man  die  überhaupt 
vorkommenden  oder  in  dem  speziellen  Fall  in  Frage  stehenden  mytho- 
logischen Motive  derart  in  bestimmte  Gruppen,  daß  die  an  den  ver- 
schiedenen Orten  vorkommenden  Mythen,  in  denen  sich  ein  be- 
stimmtes Motiv  findet,  je  einer  Gruppe  zugezählt  werden.  Man  erhält 
dann  eine  mehr  oder  minder  große  Anzahl  von  Gruppen,  deren 
jede  durch  ein  bestimmtes  Motiv  als  das  ihr  zugehörige  Gruppen- 
merkmal gekennzeichnet  ist.  So  hat  z.  B.  Ed.  Stucken  in  seinen 
»Astralmythen«  die  Motive  der  »Gastlichkeit«,  des  »Beistandes«,  des 
»Lohn Verzichts«,  der  »unbegründeten  Eifersucht«  (Potipharmotiv),  der 
»Lahmheit«,  der  »Zwillinge«  und  sehr  viele  andere  unterschieden  und 
unter  jedem  eine  Fülle  von  Märchen,  Sagen  und  Legenden  auf- 
geführt, die  jedesmal  in  dem  betreffenden  Motiv  übereinstimmen.  Er 
hat  allerdings  dabei  diese  Motive  weder  nach  einem  logischen  noch 
nach  einem  psychologischen  Gesichtspunkt  geordnet.  Dächte  man 
sich  aber  das  Unternehmen  etwas  systematischer  ausgeführt,  so  könnte 

33* 


tauglich  bleiben.  Denn  natürlich  fallt  jeder  irgend  zusammengcae 
Mythus  in  mehrere  dieser  Gruppen,  und  die  so  sich  ergebende 

webung"  der  Motive  macht  es  ganz  unmöglich,  über  die  Frag 
singulären  oder  des  allgemeineren  Ursprungs  eines  Mythus  zu 
scheiden.  In  der  Tat  ist  daher  die  Methode  immer  nur  ange^ 
worden,  indem  man  entu^eder  die  Hypothese  der  allgemeinen  G 
artigkeit  des  mythologischen  Denkens  oder  aber  umgekehrt  die 
einzigen  Ursprungszentrums  als  gegeben  annahm:  das  erstere  ge 
z.  B.  von  A.  Bastian,  der  sich  zumeist  in  seinen  Werken, 
auch  in  mehr  sporadischer  Weise,  der  Gruppenmethode  bediente 
letztere  von  Stucken,  der  die  Wanderhypothese  mit  der  vom  asi 
Ursprung  aller  Mythen  verbindet.  Sein  Werk  bietet  freilich  zu§ 
ein  warnendes  Beispiel  der  Gefahren,  die  die  Methode  der  Anal 
gruppen  mit  sich  fuhrt,  wenn  sie  in  dieser  Weise  von  vornh 
nach  gewissen  Hypothesen  orientiert  ist.  Sie  läßt  dann  leicht 
logien  da  annehmen,  wo  nicht  nur  die  Anzahl  der  disparaten 
mente  die  der  übereinstimmenden  weit  übertrifft,  sondern  wo 
diese  überdies  auf  gewisse  äußere,  relativ  bedeutungslose  Merl 
beschränken '). 

Mehr  Erfolg  verspricht  die  zweite  Methode,  die  der  Anale 
reihen.  Sie  geht  nicht,  wie  die  vorige,  auf  eine  Vergleichung 
schiedener,  eventuell  weit  voneinander  abliegender  Mythen  nacl 
in  ihnen  herrschenden  Motiven  aus,  sondern  sie  beschränkt  siel 
engere    Gebiete    zusammenhängender    Mythenbildung,    etwa    z 


Die  Wanderangen  des  Mythus.  517 

jeder  ein  in  sich  geschlossenes  Ganzes  ist.  Angenommen  also,  es 
finde  sich  irgendwo  eine  Reihe  zusammenhängender,  eine  fortlaufende 
Geschichte  bildender  mythischer  Ereignisse  A  B  C  D  .  .  .  und  in  einem 
andern  Gebiet  eine  Reihe  A'  F  C  D'  .  ,  ,,  wobei  jedes  Glied  der  einen 
dem  entsprechend  geordneten  der  andern  analog  ist,  A'  dem  A^  ff 
dem  ^usw.,  so  verstärkt  sich  offenbar  die  bindende  Kraft  des  Schlusses 
auf  einen  ursprünglichen  Zusammenhang  mit  der  Zahl  solcher  Ana- 
logieglieder. Demnach  wird  man  annehmen  dürfen,  daß  auch  in 
solchen  Fällen,  wo  die  Analogrie  je  eines  einzelnen  Gliedes  eine  sehr 
geringe  ist,  doch  das  Gesamtresultat  einen  bindenden  Charakter  be- 
sitzen kann.  Da  jeder  irgend  verwickelter  gebaute  Mythus  aus 
mehreren  Motiven  zusammengesetzt  ist,  so  beruht  die  Mythenver- 
gleichung  in  der  Tat  meist  auf  einem  solchen  Verfahren  der  Analogie- 
reihen. So  begründet  z.  B.  in  dem  Polyphemmärchen  das  Vorkommen 
eines  menschenfressenden  Riesen  fiir  sich  noch  keinerlei  Anspruch 
auf  einen  einheitlichen  Ursprung,  da  diese  Gestalt  sehr  vielen  Mythen 
eigen  ist,  die  mit  jenem  Märchen  nicht  das  geringste  zu  tun  haben. 
Kommt  aber  als  zweites  Analogieglied  hinzu,  daß  der  Riese  ein- 
äugig ist,  dann  als  drittes,  daß  er  geblendet  wird,  als  viertes,  daß  der 
Held,  der  diese  Tat  vollbringt,  unter  dem  Schutz  einer  Tierherde  ent- 
flieht usw.,  so  verstärkt  sich  mit  jedem  Glied  die  bindende  Kraft  der 
Analogie.  Dabei  ist  jedoch  nicht  zu  übersehen,  daß  neben  der  Zahl 
der  Glieder  immerhin  auch  der,  wenn  auch  nicht  absolut  singulare, 
doch  einem  solchen  sich  in  gewissem  Grad  annähernde  Charakter 
einzelner  Züge,  wie  der  Einäugigkeit,  der  Art  der  Blendung,  der  Ret- 
tung durch  die  Tiere,  eine  sehr  wichtige  Rolle  spielt.  Wir  würden 
daher  den  Schluß  zweifelhaft  finden,  wenn  es  sich  um  häufig  vorkom- 
mende Merkmale  handelte.  Um  auch  auf  diese  Fälle  die  Methode 
der  Analogiereihen  anwenden  zu  können,  müßte  sie  sich  jedenfalls 
über  eine  sehr  viel  größere  Anzahl  von  Gliedern  erstrecken,  und  auch 
dann  wäre  sie  nur  unbedenklich,  wenn  nicht  etwa  die  in  Analc^e- 
reihcn  geordneten  Ereignisse  selbst  schon  vermöge  ihrer  inneren 
Kausalverbindung  eine  häufige  und  daher  in  verschiedenen  Fällen 
möglicherweise  unabhängig  vorkommende  Folge  bilden.  So  können 
z.  B.  in  den  Schilderungen  zweier  kriegerischer  Unternehmungen 
innerhalb  der  Kultursphäre,  der  die  historische  Heldensage  angehört, 
ähnliche  Züge  in  übereinstimmender  Reihenfolge  vorkommen,   ohne 


fcXg  Der  Natormythas. 


daß  darum  beide  Erzählungen  aus  einer  und  derselben  Quelle 
schöpft  haben  müssen.  Rinderherden  werden  erbeutet,  Heilig 
beraubt  oder  Wagengespanne  weggenommen,  beim  Auszug  zum  K 
wie  beim  Sieg  werden  den  Göttern  Opfer  gebracht  usw.  Alles  das 
Züge,  die,  auch  wenn  sie  sich  häufen  sollten,  kaum  die  Anna 
eines  gemeinsamen  Ursprungs  zweier  Sagen  zulassen,  wenn  nicht  i 
andere  Motive  hinzutreten,  die  einen  solchen  Zusammenhang  \ii 
scheinlich  machen.  Auch  büßen  in  diesem  Fall  einzelne  Motive, 
einen  mehr  oder  minder  singulären  Giarakter  an  sich  tragen,  ge 
durch  die  wachsende  Zahl  der  Analogieglieder  etwas  von  ihrer 
weisenden  Kraft  ein,  weil  dann  immer  noch  die  Möglichkeit  bl 
daß  der  einzelne  Zug  oder  die  einzelne  Sagenepisode  gewandert 
ohne  daß  man  darum  für  das  Ganze  eine  solche  Einheit  annefa 
darf.  Während  also  auf  der  einen  Seite  die  geringe  Beweiskraft 
Analogien  durch  ihre  große  Zahl  verstärkt  wird,  nimmt  ander 
mit  dem  Umfang  der  Analogiereihen  die  Möglichkeit  zu,  daß 
einzelne  auffallendere  Analogie  gleichwohl  doch  nur  eine  zußi 
sei,  oder  aber  daß  sie  allein  auf  einer  vielleicht  noch  über  an 
Gebiete  sich  erstreckenden  Mythenwanderung  beruhe,  an  der 
übrigen  Handlungen  der  Sage  unbeteiligt  sind. 

Diese  Bedenken  lassen  sich  auch  angesichts  der  von  P.  Jen 
dem  konsequentesten  Vertreter  dieser  Methode  umfassender  Mytl 
vergleichung,  aufgestellten  Analogiereihen  nicht  unterdrücken, 
frappant  z.  B.  auf  den  ersten  Blick  die  Kette  der  Analogien  ersch< 
die  zwischen  der  israelitischen  Königsgeschichte  von  Samuel  und  I 
bis  Salomon  auf  der  einen  und  dem  troischen  Sagenkreis  von  Ne 
und  Agamemnon  bis  Orestes  auf  der  andern  Seite  der  in  der  i 
suchung  mythologischer  Parallelen  geübte  Spürsinn  des  geleh 
Verfassers  aneinanderzureihen  weiß  *),  so  vermißt  man  doch  in  di 
ganzen  Reihe  ein  ähnliches  Zusammentreffen  von  Motiven,  wie  wi 
etwa  in  den  verschiedenen  Varianten  des  Polyphemmärchens  in 
Tötimg  des  einäugigen  Riesen  durch  den  ihm  in  sein  Auge 
triebenen  Stamm  oder  auch  in  der  Rettung  durch  die  Verberg 
unter  den  zur  Weide  gehenden  Tieren  oder  gar  in  der  meist  ^ 
kommenden  Kombination  dieser  Motive  vorfinden.     Auch  ist  die 


*)  P,  Jensen,  Von  Nestor-Samuel  bis  Orestes-Salomo,  Zeitschrift  für  Assyriol 
und  verwandte  Gebiete,  Bd.  21,  1908,  S.  341  ff. 


Die  Wandernngen  des  Mythns.  ^ig 

legentliche  Einschaltung  von  Zwischengliedern  oder  der  Rollenwechsel 
der  Personen  der  Handlung  in  jenen  Parallelen  der  jüdischen  und  der 
griechischen  Sage  zu  ihrer  Durchführung  unentbehrlich.  Nun  können 
gewiß  derartige  Übertragungen  und  Vertauschungen  im  Mythus  vor- 
kommen. Immerhin  vermindern  sie  im  selben  Maße  die  Triftigkeit 
des  Analogiebeweises.  Vollends  müssen  aus  diesem  solche  Parallelen 
entfernt  werden,  bei  denen  die  Übereinstimmung  eine  ganz  und  gar 
äußerliche  ist.  So  wenn  z.  B.  der  Tötung  des  Riesen  Goliath  durch  einen 
Wurf  die  Tötung  eines  Knaben  durch  Patroklos,  der  vorher  mit  ihm 
gewürfelt  hatte,  analog  gesetzt  wird,  während  im  übrigen  die  Parallel- 
figur  zu  David  nicht  Patroklos  sondern  Achilleus  ist.  Wollte  man  in 
diesem  Fall  auch  die  Personenverwechslung  zulassen,  so  würde  immer 
noch  die  Ähnlichkeit  des  Riesen  Groliath  mit  dem  Knaben  eine  sehr 
unsichere  sein,  während  vollends  die  des  Würfelspiels  mit  dem  töt- 
lichen  Steinwurf  eigentlich  nur  in  einer  Wortassoziation  besteht. 

Je  weniger  demnach  in  einer  solchen  Kette  mehr  oder  aiinder 
lockerer  Analogien  eine  annähernd  übereinstimmende  Folge,  nament- 
lich falls  sie  in  gewissen  überall  wiederkehrenden  Motiwerknüpfungen 
begründet  ist,  eine  Einheit  des  Ursprungs  der  Sagenstoffe  beweisen 
kann,  um  so  mehr  tritt  noch  eine  andere  Frage  in  den  Vordergrund, 
die  bei  der  Anwendung  des  Analogieverfahrens  zumeist  unberück- 
sichtigt geblieben  ist,  aber  gerade  hier,  wo  der  Beweis  durch  einzelne 
schlagende  Argumente  versagt,  eigentlich  zuerst  gestellt  werden  müßte. 
Das  ist  die  Frage,  wie  man  sich  die  Überlieferung  eines  zusammen- 
gesetzten Mythus  überhaupt  zu  denken  habe,  und  wie  mfolgedessen 
die  Übertragung  aus  einem  Sagengebiet  in  ein  anderes  möglich  oder 
wahrscheinlich  sei.  Kurz,  es  ist  die  Frage  nach  den  Formen  der 
mythologischen  Überlieferung,  die  bei  der  Beurteilung  der 
Mythenwanderung  nicht  vernachlässiget  werden  darf. 

d.  Die  Formen  der  mythologischen  Überlieferung. 

Wo  immer  wir  die  Wege  geschichtlich  verfolgen  können,  auf 
denen  uns  ein  Mythus  oder  ein  größerer  Mythenzyklus  überliefert 
ist,  da  bieten  sich  zwei  als  die  möglichen  dar.  Der  erste  und  natür- 
lich ursprünglichste  ist  der  der  Weitergabe  von  einem  Erzähler  zum 
andern,  bei  der  wohl  der  einzelne  dieses  oder  jenes  hinzudichten  oder 
hinweglassen  kann,  die  aber  im  übrigen  ungeregelt,  nicht  gebunden 


.\r^ 


j20  I^cr  Natarmjthns. 


an  bestimmte  Normen  oder  an  maßgebende  Vorbilder  vor  sich  geht 
Wir  wollen  dies  kurz  die  volksmäOige  Überlieferung*  nennen.  Sc 
wandert  frei  von  einem  Ort  zum  andern,  von  einer  Generation  zur 
andern  und  wandelt  sich  dabei  jedesmal  nach  den  Bedingungen  von 
Ort  und  Zeit.  Neben  dieser  Wandelbarkeit  ist  ihr  Hauptmerkmal 
die  Beschränkung  auf  Einzelmythen  oder  auf  verhältnismäßig 
kleinere  Mythenzyklen,  wobei  aber  schon  bei  diesen  eben  durch  jenes 
Hinweglassen  und  Hinzufügen,  das  der  freien  Tradition  von  Mund 
zu  Mund  eigen  ist,  mannigfache  Variationen  zu  entstehen  pflegen. 
Die  tjT)ischen  Beispiele  solch  volksmäßiger  Überlieferung  bilden  die 
einfachen  Mythenmärchen,  von  denen  dann  diese  Eigenschaft  auch 
noch  in  das  spätere  Volksmärchen  und  unter  den  Sagen  und  L^fen- 
den  in  die  einfachsten,  an  einen  bestimmten  Ort  oder  an  eine  einzelne 
Persönlichkeit  gebundenen  hinüberreicht,  soweit  diese  ebenfalls  der 
freien  mündlichen  Übertragung  überlassen  bleiben.  Die  zweite  Form 
können  wir  ihr  gegenüber  als  die  kunstmäßige  bezeichnen.  Sie 
fbciert  einen  mythischen  Stoff  dadurch,  daß  sie  ihm  eine  bestimmte 
dichterische  Form  gibt,  worauf  dann  auch  die  bildende  Kunst  durch 
die  Darstellung  einzelner  Momente  des  Ganzen  infolge  der  festeren 
Gestaltung  ihrer  Darstellungen  das  ihrige  beiträgt.  Diese  kunstmäOige 
Tradition  ist  von  Anfang  an  darauf  angelegt,  mehrere  Mythen,  die 
durch  die  Einheit  der  Helden  und  ihrer  Taten,  vor  allem  aber  durch 
historische  Ereignisse,  die  in  ihnen  anklingen,  zusammengehalten 
werden,  zu  verbinden  und  auf  diese  Weise  größere  Mythenzyklen 
zu  gestalten.  Der  Ursprungsort  solcher  zusammenhängender  Mythen- 
bildung ist  daher  die  Heldensage,  und  diese  gewinnt  wiederum  das 
feste  Gefüge,  das  den  Zusammenhalt  der  einzelnen  sagenhaften  Tra- 
ditionen sichert,  in  dem  Epos.  Das  Epos  aber  setzt  seinerseits  eine 
engere  Genossenschaft  von  Aöden  voraus,  die  den  überlieferten  Stoff" 
dichterisch  gestalten,  und,  wenn  das  Epos  zu  einem  gewissen  Ab- 
schlüsse gelangt  ist,  den  von  Rhapsoden,  die  seine  Verbreitung  ver- 
mitteln. Als  letzter  Schritt  kommt  dazu  endlich  noch  die  litera- 
rische Fixierung  der  Überlieferung,  die  nun  einen  solchen  mehr  oder 
minder  geschlossenen  Berufsstand,  der  die  Tradition  bewahrt,  über- 
flüssig macht,  während  sie  um  so  sicherer  den  Inhalt  der  Sage  in 
eine  Zeit  rettet,  in  die  ein  Stand  wandernder  Sänger  nicht  mehr 
hinüberreicht. 


Die  Wandenmgeii  des  Mythus.  ^21 

Nun  kann  es  keinem  Zweifel  unterworfen  sein,  daO  in  dieser  Ent- 
wicklung die  volksmäßige  der  kunstmäßigen  Überlieferung  vorausgeht, 
und  daß  höchstens  in  einer  ganz  späten,  bereits  tief  im  Stadium  der 
literarischen  Überlieferung  .  liegenden  Zeit  kunstmäßige  Dichtungen 
entstehen  können,  die  der  Grundlagen  volksmäßiger  Überlieferung 
entbehren.  Derartige  Dichtungen  pflegen  übrigens  auch  in  dem 
Sinne  reine  Kunstdichtungen  zu  sein,  als  ihr  Stoff  nicht  mehr  der 
Mythus,  sondern  entweder  selbst  eine  frei  erfundene  Phantasieschöp- 
fung oder  ein  dichterisch  ausgeschmückter  historischer  Inhalt  ist. 
Das  sind  Nachwirkungen,  die  um  so  mehr  die  Grenzen  unserer  Be- 
trachtung überschreiten,  weil  sie  sogar  in  der  Geschichte  der  Kunst 
bereits  jenseits  der  natürlichen  Entstehungsbedingungen  der  für  die 
Bewahrung  zusammenhängender  Mythen  imd  Mythenzyklen  bestim- 
menden Kunstform,  des  Epos,  liegen.  Dieses  entnimmt  aber  seinen 
Stoff  den  Einzelmythen,  die  teils  als  Sagen  teils  als  Märchen  in 
der  volksmäßigen  Überlieferung  leben.  Das  Epos  erst  verbindet  sie 
zu  einem  größeren  Ganzen,  indem  es  nicht  bloß  die  ursprünglich 
schon  in  jener  volksmäßigen  Tradition  nach  ihrem  Stoff  verwandten 
Sagen  zusammenfügt  und  gewissen  leitenden  Motiven  unterordnet, 
sondern  vielfach  auch  ursprünglich  getrennte  verwebt.  Besonders 
ist  es  das  Märchen,  das  entweder  in  ganzen  Märchenepisoden  oder 
in  einzelnen  ihm  entlehnten  Zügen  an  der  dichterischen  Gestaltung 
des  Epos  mitwirkt  und  so  den  Inhalt  der  volksmäßigen  als  Material 
der  kunstmäßigen  Überlieferung  verwertet.  Daher  denn  auch  ein 
Wechsel  zwischen  diesen  beiden  Formen  der  Übcrlieferui^  in  dem 
Sinne  möglich  ist,  daß  entweder,  wie  das  dem  regelmäßigen  Gang 
der  Entwicklung  entspricht,  die  einfachen,  zunächst  in  volksmäßiger 
Tradition  lebenden  Formen  des  Märchens  und  der  Ortssage  in  epische 
Dichtungen  aufgenommen  werden,  oder  daß  umgekehrt  der  Inhalt 
einer  kunstmäßigen  epischen  Überlieferung  sich  wieder  zu  volks- 
mäOiger  Tradition  umbildet.  Gerade  hier  tritt  dann  aber  um  so 
augenfälliger  der  wesentliche  Unterschied  beider  Formen  hervor, 
indem  in  diesem  Fall  der  epische  Stoff  stets  wieder  die  einfachere, 
der  niedrigeren  Stufe  des  Mythus  entsprechende  Märchenform  an- 
nimmt '). 

' ;  So  sind  z.  B.  manche  in  den  troischen  and  den  thebanischen  Sagenkreis  ge- 
hörende Episoden,  wie  ans  jenem  das  Polyphem-,   ans  diesem  das  Sphinzmirchen, 


.--.>■ 


5 22  Der  Natormytha 


Dieser  wesentliche  Unterschied  zwischen  der  volksmäOigeii  un 
der  kunstmäßigen  Überlieferung  wird  nun  nicht  selten  auch  voq  he 
vorragenden  Mythologen   unbeachtet  gelassen,  und   zwar  gescfaiel 
dies  meist  in  dem  Sinne,  daß  man  eine  kunstmäßige  oder  selbst  eio 
zusammenhängende  literarische  Tradition  stillschweigend  da  vorau 
setzt,  wo  nach  den  gegebenen  Bedingungen  nur  eine  volksmäßig« 
aus  ursprünglich  gesonderten  Märchen  und  Einzelsagen  zusammei 
geflossene  Überlieferung  wahrscheinlich  ist.    Diese  mag  dann  weite 
hin   in  einem  späteren  Zeitpunkt  einer  das  Einzelne  verknüpfende 
epischen  Dichtung  und  endlich  in  einem  noch  weiteren  Stadium  ein« 
literarischen  Fixierung  unterworfen  worden  sein.    Solche  sekundäi 
Umgestaltungen,  in  die  schließlich  auch  noch  Tendenzen  religiöse 
politischer  oder  selbst  wissenschaftlicher  Natur  eingreifen  mochte 
werden    nun  von  jenem  literarhistorischen  Standpunkte  aus   in  d 
ursprüngliche   Sage  hineingedeutet.     Wir  besitzen  für  dieses  früh« 
sowohl  von  der  rationalistischen  wie  von  der  romantisch-symbolisl 
sehen  Richtung  der  Mythologie  mit  Vorliebe  angewandte  Verfahre 
noch  zwei  hervorragende  Beispiele  aus  neuester  Zeit  in  Sophus  Bugg« 
Behandlung  der  nordischen  Götter-  und  Heldensage  und  in  P.  Jensa 


ursprüDglich  sehr  wahrscheinlich  selbständige  Märchen  gewesen,  wie  das  übrige 
bei  dem  Sphinxlhema  schon  die  Zugehörigkeit  za  der  weit  verbreiteten  Gruppe  d 
Rätselmärchen  vermuten  läßt.  Doch  hat  B.  Schmidt  auf  Zakynthos  ein  Sphinxmirchi 
aus  dem  Volksmunde  aufgezeichnet,  das  sich  nicht  bloß  in  der  Übereinstimmong  n 
dem  bekannten  Inhalt  des  Sphinxrätsels,  sondern  auch  darin,  daß  der  Schauplatz  na< 
Theben  verlegt  ist,  als  eine  Reminiszenz  an  die  Oedipussage  zu  erkennen  gibt.  Nur  i 
die  Sphinx  in  eine  junge  Königin  verwandelt,  die  nach  einem  beliebten  Motiv  solch 
Märchen  ihren  Bewerbern  das  Rätsel  aufgibt,  und  Oedipus  ist  zu  einem  jungen  Prin» 
geworden,  der  durch  die  Lösung  des  Rätsels  die  Braut  gewinnt.  Auch  gehen  na« 
dem  die  Dreizahl  bevorzugenden  Märchenschema  zwei  andere  ziemlich  nichtssagen« 
Rätsel  dem  eigentlichen  Sphinxrätsel  voran  (B.  Schmidt,  Griechische  Märchen,  Sag< 
und  Volkslieder,  1877,  S.  143  f.,  247  ff.).  Übrigens  ist  es  nicht  unmöglich,  daß,  wei 
auch  das  Rätselmärchen  an  sich  älter  als  die  Oedipussage  und  von  dieser,  ähnlich  w 
das  Pol3rphemmärchen  in  der  Odyssee,  dem  sonstigen  Sagenstoff  eingefügt  ist,  doch  d 
spezifische  Form  des  Sphinxrätsels  der  Oedipussage  angehört,  da  die  sonst  vorkomme! 
den  Rätsel  durchweg  andern  Inhalts  sind  (vgl.  z.  B.  Grimm,  Nr.  114,  Gmndtvij 
Dänische  Märchen,  II,  S.  14  u.  a.).  Näher  steht  die  mittelalterliche  Gregoriuslegenc 
bei  Hartmann  von  Aue  der  Oedipussage.  Da  sie  der  gelehrten  Dichtung  angehöi 
so  ist  aber  bei  ihr  eine  Einwirkung  der  griechischen  Sage  wahrscheinlich  (W.  Creiz< 
nach,   Paul  und  Braunes  Beiträge  zur  Geschichte    der  deutschen   Sprache,    II,    i87< 

s.  199  ff.). 


Die  Wanderangen  des  Mythns.  C23 

Werk  über  das  Gilgamesch-Epos ').  Beide  Werke  besitzen  durch 
ihre  Nachweisung  mythologischer  Beziehungen  zwischen  weit  von- 
einander abliegenden  Sagen-  und  Legendengruppen  zweifellos  einen 
hohen  wissenschaftlichen  Wert,  wenn  sie  auch  den  oben  berührten 
Gefahren  der  Analogie,  bei  der  sich  Bugge  mehr  der  Gruppen-, 
Jensen  der  Reihenmethode  bedient,  nicht  entgangen  sind.  Beide 
sind  frei  sowohl  von  den  Verirrungen  der  alten  rationalistischen 
wie  von  den  symbolistischen  Einheitsbestrebungen  der  Mythologen. 
Was  ihnen  in  gleichem  Grade  eigen  bleibt  und  ihrer  Untersuchung 
die  spezifische,  für  viele  Richtungen  der  gegenwärtigen  philologischen 
Geschichtsbehandlung  charakteristische  Richtung  gibt,  das  ist  aber 
die  stillschweigende,  gewissermaßen  als  selbstverständlich  betrachtete 
Voraussetzung,  die  Geschichte  des  Mythus  bestehe  von  Anfang  an 
in  einer  kunstmäßigen  Überliefenmg,  die  von  unserer  heutigen  lite- 
rarischen Tradition  nicht  wesentlich  verschieden  sei.  Indem  auf  solche 
Weise  diese  Autoren  ganze  mythologische  Systeme  oder  zusammen- 
gesetzte Legendenreihen  als  verwandte,  auf  einen  gleichen  Ursprung 
zurückgehende  Erzeugnisse  zu  erweisen  suchen,  geschieht  es  dann 
unvermeidlich,  daß  ihr  Scharfsinn  nicht  bloß  mit  glücklichem  Griff 
da  und  dort  Beziehungen  entdeckt,  die  bisher  übersehen  wurden, 
sondern  auch  solche,  die  höchst  zweifelhaft  oder  ganz  unzulässig  sind, 
oder  daß  sie  in  andern  Fällen  tatsächliche  Analogien  auf  einen  ge- 
meinsamen Mythenursprung  zurückführen,  die  in  unabhängig  vor- 
kommenden psychologischen  Beding^ungen  übereinstimmender  Art 
ihre  wahrscheinliche  Quelle  haben.  Zwar  gibt  Bugge  zu,  daß  den 
verschiedenen  Formen  der  Götter-  und  Heldensage,  wie  sie  uns  in 
den  beiden  Edden  und  in  der  dänischen  Geschichte  des  Saxo  Gram- 
maticus  überliefert  sind,  ein  einheimischer  Mythus  zugnmde  liege. 
Er  nimmt  aber  an,  vornehmlich  die  Lieder  der  älteren  Edda 
seien  so  sehr  mit  fremdem  Sagen-  und  Legendenstoflf  durchsetzt, 
daß  sich  in  ihnen  überall  teils  die  Einflüsse  christlicher  und  jüdischer 
Tradition  teils  auch  solche  der  klassischen  Literatur  widerspiegeln*). 

')  Sophns  Bugge,  Studien  über  die  Entstehung  der  nordischen  Götter-  und  Helden- 
sage, deutsch  von  O.  Brenner,  1889.  P.  Jensen,  Das  Gilgamescb-Epos  in  der  Weit* 
literaiur,  Bd.  I:  Die  Ursprünge  der  alttestamentlichen  Patriarchen-,  Propheten-  und 
Befreiersage  und  der  nentestamentlichen  Jesossage,  1906. 

')  Als  Beispiele  solcher  gmppenweisen  Analogiebildungen  bei  Bogge  seten  hier 
besonders  die  zwischen  der  Balder-  ond  der  Jesnslegende  (S.  45  E  Haider  «s  Cliristns), 


'-■  '^"^.-w^r^ 


e24  I^cr  Naturmjthiis. 


Diese  Annahme  setzt  nun  offenbar  eine  literarische  Überlieferung 
voraus,  in  deren  Vollbesitz  die  Dichter  der  alten  Eddalieder  gewesen, 
und  bei  deren  Benutzung  sie  zugleich  von  der  Tendenz  einer  Ver- 
wertung dieser  Schätze  für  den  Zweck  ihrer  Dichtung  erfüllt  sein 
mußten.  Die  erste  wie  die  zweite  dieser  Hypothesen  widerspridit 
jedoch  sowohl  den  geschichtlichen  Bedingungen  wie  dem  psycholo- 
gischen Gesamtcharakter  dieser  Dichtungen.  Jene  Skalden  der  Wi- 
Idngerzeit  hätten  gelehrte  Philologen  sein  müssen,  um  nicht  bloß  die 
Bibel  und  den  Homer,  sondern  die  apokryphen,  die  talmudischeii 
Schriften  und  die  Literatur  der  hellenistischen  Zeit  in  dem  Umfang 
zu  kennen,  über  den  sich  die  aufgesuchten  Analogien  erstrecken; 
und  sie  hätten  den  Zweck  verfolgen  müssen,  aus  diesen  über  di< 
gelehrte  Literatur  der  Zeit  zerstreuten  Teilen  unter  der  Benutzung 
der  alten  germanischen  Göttemamen  eine  zu  einem  gfroßen  Teil  net 
erfundene  mythologische  Dichtung  zu  gestalten.  Beide  Annahmen 
sind  nicht  nur  an  sich  unwahrscheinlich,  sondern  sie  sind  es  voi 
allem  auch  deshalb,  weil  sie  für  die  Entstehung  dieser  Dichtungen 
einen  Betrieb  literarischer  Gelehrsamkeit  fordern,  wie  wir  ihn  nadi 
dem  ganzen  Kulturmedium,  das  sie  umgibt,  für  unmöglich  halten 
müssen. 

Augenfälliger  noch  ist  diese  Umkehrung  der  natürlichen  Sagen- 
entwicklung aus  volksmäßiger  Überlieferung  zerstreuter  mythischei 
Stoffe  in  die  durch  die  epische  Dichtung  vermittelte  kunstmäOigc 
und  schließlich  in  die  literarische  Tradition  in  Jensens  großem  Werk 
über  das  babylonische  Gilgamesch-Epos  und  seinen  Gang  durch  die 
Weltliteratur.  Hier  wird  vorausgesetzt,  ein  in  sich  abgeschlossenes, 
verwickelt  aufgebautes  Epos,  in  dessen  Komposition  nicht  nur  eine 
Fülle  von  Einzelerzählungen  eingeht,  sondern  das  sogar  unter  der 
Leitung  gewisser  astronomischer  Ideen  steht,  sei  der  letzte  für  uns 
erreichbare  Anfang  einer  mindestens  über  Vorderasien  und  die  Mittel- 
meerländer sich  ergießenden  Sagenbildung,  die  überall  wieder  in 
ihren  wesentlichen  Grundzügen  den  Gang  der  Gilgameschsage  wieder- 
hole. Das  wird  zunächst  an  den  hauptsächlichsten  alttestamentlichen 
Sagengruppen  und  dann  an  der  Jesuslegende  wesentlich  mittels  der 

sowie  der  Balderlegende  mit  dem  trojanischen  Sagenkreis  (S.  85  ff.  Hoder  =  Paris) 
hervorgehoben.  Vgl.  auch  E.  Mogk,  Mythologie,  in  Pauls  Grundriß,  III,  S.  3 24  ff.  und 
F.  Kanffmann,  Balder,  Mythus  und  Sage,  S.  13  ff. 


Die  Wanderangen  des  Mythns.  C25 

Methode  der  Analogiereihen  nachzuweisen  versucht.  Es  mag  hier 
unerörtert  bleiben,  inwieweit  einzelne  dieser  Analogien  hinreichend 
bestimmt  und  singulär  zugleich  sind,  um  mit  Wahrscheinlichkeit  als 
Parallelsagen  gleichen  Ursprungs  betrachtet  zu  werden').  Hier  sei 
nur  auf  die  allgemeinen  Voraussetzungen  hingewiesen,  unter  denen 
in  diesem  Fall  die  Anwendung  der  Methode  der  Analogiereihen  steht. 
Das  Gilgameschepos  ist  seinem  allgemeinen  Charakter  nach  ein  Reise- 
epos, etwa  nach  Art  der  Odyssee  (die  übrigens  Jensen  nach  einer 
kurzen  Anmerkung  direkt  aus  dem  Gilgameschepos  abzuleiten  gedenkt). 


']  Ohne  mich  auf  die  zur  Kompetenz  der  Assyriologen  nnd  Theologen  gehören- 
den Einzelfragen  einzulassen,  über  die  mir  ein  Urteil  nicht  zusteht,  möchte  ich  hier 
lediglich  vom  Standpunkt  der  allgemeinen  Kriterien  der  Mythenverbreitung  aus  be- 
merken, daß  mir  in  der  außerordentlich  verschiedenen  Bewertung  des  Jensenichen 
Werkes  zwischen  der  fast  uneingeschränkten  Zustimmung  H.  Zimmems  (Literar.  Zen- 
tralblatt, 1906,  Nr.  50,  S.  1 712  ff.)  und  der  ebenso  uneingeschränkten  Ablehnung 
von  Hans  Schmidt  (Theologische  Rundschau,  X,  1907,  S.  189  ff.,  229  ff.)  C.  Bezold 
die  richtige  Mitte  zu  halten  scheint,  wenn  er  zwar  viele  der  von  Jensen  aufge- 
stellten Parallelen  als  unzutreffend  oder  zweifelhaft  ablehnt,  aber  dem  Werk  das 
Verdienst  zugesteht,  in  manchen  Überlieferungen  einen  Sagenzusammenhang  in  viel 
weiterem  Umfange  wahrscheinlich  gemacht  zu  haben,  als  bisher  angenommen  wurde 
(Archiv  für  Religionswissenschaft,  X,  1907,  S.  125  ff.).  Wenn  ich  mir  hier  gestatten 
darf,  speziell  aus  der  Jesuslegende  einige  derjenigen  Analogien  hervorzuheben,  die 
am  meisten  den  Charakter  wirklicher  >Entsprechungen«  an  sich  tragen  dürften,  so 
sind  das  in  erster  Linie  die  Speisungswunder  (Jensen,  S.  870),  das  Auferstehungs- 
und  das  Himmelfahrtsmotiv  in  der  Jesus-  und  der  Elias-Elisa-  und  mit  allerdings  etwas 
entfernterer  Ähnlichkeit  in  der  Gilgameschlegende  (S.  923,  994  f.),  endlich  die  Parallelen 
der  Gethsemanelegende  und  der  Elias-Elisa-  nnd  der  Mosessage  (S.  899 f.),  dazu 
einige  Zahlenentsprechungen,  die  aber  auch  in  der  allgemeineren  Verbreitung  ge- 
wisser »heiliger  Zahlen«  ihren  Grund  haben  können  (vgl.  unten  e).  Zweifelhafter  sind 
wohl  die  Bergentrückungen  und  die  WUstenflucht,  da  sie  allgemeine  Bestandteile 
namentlich  orientalischer  Legendenstoffe  sind.  Dasselbe  gilt  in  noch  höherem  Grade 
von  dem  Schreiten  auf  dem  Wasser,  den  Wundem  der  Totenerwecknng  nnd  Kranken- 
heilang,  die  fast  in  aller  Welt  vorkommen.  Auch  die  Gleichung  Täufer  Johannes  ^ 
Eabani  scheint  mir  im  Hinblick  auf  die  von  den  frühesten  Stufen  des  Mythenmärchens 
an  verbreitete  Gestalt  des  Wüsten-  oder  Waldmenschen,  der  unter  die  Tiere  der 
Wildnis  geht,  worauf  sich  dann  sein  eigener  Körper  mit  Haaren  bedeckt,  zweifelhafL 
In  den  älteren  formen  des  Märchens  wächst  ihm  selbst  eine  Tierhaut,  in  den  späteren 
der  Legende  zieht  er  sich  ein  Tierfell  an,  und  zuletzt  begnügt  er  sich,  wie  der  Ein- 
siedler und  dessen  Nachfolger,  der  Mönch,  mit  einem  härenen  Gewand.  Übrigens  ist 
bemerkenswert,  daß  die  zutreffenden  oder  einigermaßen  plausibeln  Analogien  durch- 
weg vereinzelt  dastehen  und  meist  von  Reihen  anderer,  sehr  unsicherer  unterbrochen 
sind.  Das  spricht  nicht  für  die  Probehaltigkeit  der  Methode  der  Analogiereihen,  wohl 
aber  dafür,  daß  die  Befolgung  dieser  Methode  leicht  zu  gekünstelten  Analogiebil- 
dungen verführt. 


C26  ^cf  Naturmythiis. 


Doch  ist  sie  nicht,  wie  die  Odyssee,  ein  reines  Abenteuerepos,  so» 
dem  sie  ist  zugleich  —  und  in  der  nicht  zu  bestreitenden  Nachweisai^ 
dieses  Punktes  besteht  wohl  Jensens  hauptsächlichstes  Verdienst  — 
eine  Beschreibung  des  täglichen  Sonnenlaufs,  in  die  daneben  ü 
kunstvoller  Weise  die  Elemente  des  Jahreslaufs  der  Sonne  verweb 
sind').  Der  Held  Gilgamesch  ist  daher  der  Hauptsache  nach  eii 
Repräsentant  der  Sonne,  sein  Freund  Eabani,  in  dessen  Gestalt  eil 
ehemaliger  Vegetationsdämon  durchzuschimmern  scheint,  ein  solche 
der  Erde.  Auch  andere  Gestirne  und  die  ihnen  entsprechende 
Götter,  besonders  Istar,  als  Tagesstern  durch  die  Venus,  als  Jahressten 
durch  den  Sirius  vertreten,  spielen  in  dem  Epos  eine  Rolle.  Nad 
Jensen  ist  nun  diese  astrologische  Form  des  Epos  die  ursprüngliche 
Man  braucht,  wie  er  meint,  nur  auf  den  gestirnten  Himmel  zu  bBcke 
und  das,  was  an  ihm  alltäglich  und  alljährlich  geschieht,  zu  verfolget 
um  den  ganzen  Inhalt  des  Epos  unmittelbar  vom  Himmel  selbs 
»abzulesen«.  In  dieser  Form  hat  aber  das  ganze  Epos  einschlieOlic 
der  in  ihm  eine  wichtige  Episode  bildenden  Flutsage  den  Anfan. 
aller  der  zahlreichen  Mythen  gebildet,  in  denen  ihm  entsprechend 
Analogiereihen  vorkommen,  wenn  auch  in  Babylonien  selbst  un 
mehr  noch  anderwärts  die  Beziehungen  zum  Himmel  vergessen  wurde 
und  so  die  Sagen  in  irdische  sich  umwandelten.  Nun  ist  in  diese 
Reihe  von  Voraussetzungen  die  erste  sicherlich  nicht  in  der  allgemeifl 
gültigen  Weise  zutreffend,  in  der  Jensen  sie  ausspricht.  In  diese 
künstlichen  Verflechtung  von  Tages-  und  Jahreswechel  im  Lauf  de 
Gestirne  kann  allenfalls  ein  babylonischer  Priester,  der  in  astrologische 
Vorstellungen  lebte,  und  vielleicht  auch  ein  moderner  Babylonist,  de 
sich  wieder  in  sie  hineingelebt  hat,  die  Himmelserscheinungen  in  de: 
Inhalt  einer  Heroensage  umdeuten.  Nie  aber  kann  das  astrologisch 
Bild  das  Frühere,  der  epische  Inhalt  das  Spätere  sein:  das  ist  psy 
chologisch  unmöglich.  Nicht  minder  ist  es  unmöglich,  daß  sich  nui 
eine  solche  Tradition,  auch  nachdem  der  sie  zusammenhaltende  Grund 
gedanke  verloren  gegangen  ist,  im  wesentlichen  in  der  gleichen  Ver 
kettung  der  Begebenheiten  in  volksmäßiger  Tradition  fortpflanzei 
sollte,  wie  dies  die  Methode  der  Analogiereihen  voraussetzt.  Viel 
mehr  führt  die  Hypothese  in  dieser  Form   geradezu  auf  eine  Kom 


')  Jensen,  a.  a.  O.  S.  Soff.,  99 ff. 


Die  Wanderungen  des  Mythos.  e27 

bination  beinahe  aller  Formen  konstruktiver  und  spekulativer  Mytho- 
logie hinaus,  die  uns  früher  begegnet  sind  (Teil  I  S.  532  ff.).  Mit  der 
Himmelsmythologie  wird  angenommen,  jede  ursprüngliche  Sage  sei 
eine  Schilderung  von  Himmelserscheinungen.  Im  Sinne  der  Erfin- 
dungstheorie wird  diese  Schilderung  als  das  Produkt  einer  planmäßigen 
wissenschaftlichen  Überlegung  angesehen.  Im  Geiste  der  romantisch- 
symbolistischen Auffassung  soll  der  Mythus  das  tiefsinnige  allegorische 
Bild  des  Kosmos  sein.  Nach  der  Wanderhypothese  soll  sich  dieser 
allegorische  Mythus  von  Babylon  aus  verbreitet  haben  imd  in  den 
verschiedensten  Mythologien  anderer  Völker  wiederkehren.  Endlich 
fehlt  auch  die  Entartungstheorie  nicht  ganz  auf  dem  Plan:  der  ur- 
sprüngliche rationalistisch-symbolistische  Gehalt  des  Mythus  soll  bei 
dessen  Wandlungen  und  Wanderungen  vergessen  und  so  der  Schau- 
platz vom  Himmel  auf  die  Erde  verlegt  worden  sein.  Hier  ist  jedes 
Glied  der  Konstruktion  psychologisch  unhaltbar.  Aber  diese  Inter- 
pretation scheitert  nicht  bloß  an  ihrer  Psychologie,  sie  scheitert  doch 
auch  an  der  mangelnden  Berücksichtigung  der  mythologischen  Tat- 
sachen selbst,  soweit  solche  über  das  Gebiet  dieser  uns  erst  in  einem 
bereits  weit  vorgerückten  Stadium  überlieferten  babylonischen  Kultur 
und  ihrer  nächsten  Ausstrahlungen  hinausliegen.  Gehen  wir  von 
den  bis  dahin  in  ziemlich  weitem  Umfang  bestätigten  Tatsachen 
allgemeiner  Sagenentwicklung  aus,  so  würde  sich  das  Bild  der  Ent- 
stehung des  Gilgameschepos  etwa  folgendermaßen  gestalten:  eine 
Fülle  einzelner  Märchen  und  Mythen  ist  von  einem  Dichter  oder 
vielleicht  auch  von  mehreren  Dichtem  zu  einem  epischen  Ganzen 
verwebt  worden,  das  an  einzelnen  Stellen,  am  deutlichsten  wohl  in 
der  Einfügung  der  Sintfluterzählung,  die  Aufnahme  ursprünglich  selb- 
ständiger Sagen  erkennen  läßt.  Der  gleiche  priesterliche  Poet  oder 
vielleicht  auch  ein  anderer,  der  nachträglich  das  überlieferte  Epos 
bearbeitete,  hat  dann  den  Stoff  zu  einem  astrologischen  Weltbild 
umgestaltet.  Das  ist  immerhin  psychologisch  möglich,  ebenso  möglich 
wie  die  Tatsache,  daß  Goethe  in  die  Faustsage  nach  seinem  eigenen 
Ausdruck  allerlei  »hineingeheimnist«  hat,  wovon  in  ihr  ursprünglich 
nichts  enthalten  war;  und  ich  wüßte  nicht,  wie  eine  solche  astrologi- 
sche Schlußredaktion  eines  überlieferten  epischen  Stoffs  mit  den 
philologischen  Ermittlungen  in  Widerspruch  treten  könnte.  Die  Sagen- 
ziige    aber,    die    das    Gilgameschepos   mit   andern   vorderasiatischen 


C28  ^c'  Natarmythns. 


Sagen  und  Legenden  oder  gar  mit  denen  weiterer  Gebiete  gemeii 
hat,  mögen  dann  wohl  aus  jenem  Schatz  der  Einzelmythen  stammen 
aus  dem  das  Epos  selbst  geschöpft  hat,  oder  es  mag  auch  in  ein 
zelnen  Fällen  dieses  wiederum  zu  ihrer  Verbreitung  beigetragen  haben 
—  schwerlich  wird  sich  das  noch  ermitteln  lassen.  Gewiß  ist  nui 
daß  in  der  Übertragung  auf  diese  anderweitigen  Sagen-  und  Legen 
denstoffe  die  Methode  der  Analogiereihen  versagt.  Wie  die  Flutsagt 
als  Einzelsage  und  nicht  als  Teil  des  umfassenderen  Epos  gewandei 
ist,  so  wird  man  dies  im  allgemeinen  auch  fiir  die  übrigen,  in 
ganzen  noch  vereinzelter  dastehenden  Sagenzüge  annehmen  dürfen 
Es  wird  sich  also  damit  wohl  nicht  wesentlich  anders  verhalten  al 
mit  dem  Polyphemmärchen,  das,  so  sehr  es  an  vielen  Orten  mit  de 
bekannten  Episode  der  Odyssee  übereinstimmt,  doch  nirgends  au 
dieses  Epos  als  seine  letzte  Quelle  zurückgeführt  werden  kann. 

Noch  in  einem  letzten  Punkte  legt  endlich  Jensens  Darstellunf 
der  Jesuslegende  vom  Standpunkte  der  Psychologie  des  Mythus  au 
eine  Korrektur  nahe.     Kein  Unbefangener,   der  nur  halbwegs   mi 
den  Wegen  der  Mythenbildung  vertraut  und  zugleich  der  fortschrei 
tenden  Erschließung  der  altorientalischen  Sagenquellen  einigermaßei 
gefolgrt  ist,  wird  heute  mehr  zweifeln,   daß  das  äußere  Leben  Jesi 
mit  Ausnahme  weniger  historisch  wohl  zureichend  beglaubigter  Züg< 
der  Leidensgeschichte  ein   Gewebe   von  Legenden  ist.     Aber   wai 
von  diesen  Legenden  nicht  berührt  wird  und  sich  nirgends  in  ihrei 
mythologischen  Vorbildern  wiederfindet,  das  sind  die  Aussprüche  unc 
Reden  Jesu,  wie  sie  in  den  synoptischen  Evangelien  überliefert  sind 
In  der  gesamten  Religionsgeschichte  gibt  es  nach  beiden  Seiten  hin 
in  der  legendarischen  Beschaffenheit  der  Traditionen  über  das  äußere 
Leben  und  in  der  davon  unabhängigen  des  geistigen  Charakters  dei 
Persönlichkeit  in  ihren  Reden   und  Gleichnissen,   in  formaler  Bezie- 
hung nur  eine  Parallele  zur  Jesuslegende:  die  Buddhalegende.    Und 
schlagender  könnte  diese  Parallele  nicht  sein,   nicht  weil  zwischen 
den  Aussprüchen  Buddhas  und  denen  Jesu  irgend  eine  innere  Ver- 
wandtschaft existierte,  sondern  weil  gerade  das  Gegenteil  zutrifft  und 
doch  jede  dieser  Persönlichkeiten   als  eine  fest  in  sich  geschlossene, 
durchaus  eigenartige  uns  entgegentritt.     In  den  Reden  Buddhas  wie 
Jesu  liegt  uns  eine  ernste,  sittliche  und  religiöse  Weltanschauung  vor 
Augen,  die  sich  in  diesen  Menschen  vielleicht  um  so  mehr  zum  vollen 


Die  Wandenmgen  des  Mythus.  ^29 

Leben  der  Persönlichkeit  selbst  verkörpert  hat,  je  mehr  uns  ihr  wirk- 
liches Leben  durch  die  Legende  verhüllt  ist.  Aber  wie  weit  ent- 
fernen sich  die  Charaktere  dieser  Persönlichkeiten!  Es  sind  verschie- 
dene Welten,  denen  diese  Charaktere  angehören,  Welten,  in  deren 
jeder  das  Denken  ganz  auf  sittliche  und  religiöse  Ideale  gerichtet  ist. 
Doch  diese  Ideale  selbst  sind  völlig  verschiedene.  Wenn  nun  Jensen 
dieses  Zeugnis  der  Aussprüche  und  Reden  als  ein  historisches,  nicht 
aus  mythologischen  Quellen  abzuleitendes  anerkennt,  aber  dabei 
gleichwohl  die  Frage  nach  der  geschichtlichen  Existenz  Jesu  auf 
Grund  des  legendenhaften  Charakters  der  in  den  Evangelien  über- 
lieferten Lebensgeschichte  verneint*),  so  scheint  mir  das  eine  ebenso 
ungerechtfertigte  Bevorzugung  der  äußeren  Zeugnisse  geschichtlicher 
Vorgänge  vor  den  inneren  zu  sein,  wie  eine  solche  der  Vernach- 
lässigung der  psychologischen  Gesichtspunkte  bei  der  Mythenver- 
gleichung  selbst  zu  gründe  liegt.  Jeder,  der  die  uns  erhaltenen  Frag- 
mente der  vorsokratischen  griechischen  Philosophen  gelesen  hat, 
würde  den  Heraklit  auch  ohne  das  Zeugnis  seines  Namens  aus  allen 
andern  heraus  erkennen;  und  man  kann  hinzufügen:  zu  dem  Bilde, 
das  wir  uns  nach  diesen  Aussprüchen  des  Philosophen  von  seinem 
Charakter  und  von  seiner  Weltanschauung  machen,  würde  es  wenig 
beitragen,  wenn  wir  etwa  von  den  politischen  Parteikämpfen,  inner- 
halb deren  er  in  seiner  Vaterstadt  Ephesus  gestanden  haben  mag,  und 
von  seinen  sonstigen  äußeren  Lebensverhältnissen  etwas  mehr  wüßten. 
Wohl  aber  würde  eine  noch  so  vollständige  Beschreibung  seines 
äußeren  Lebens  die  uns  erhaltenen  Fragmente  nicht  ersetzen,  wenn 
auch  sie  verloren  gegangen  wären.  Denn  der  Wert  einer  Persönlich- 
keit, deren  Wirken  auf  geistigem  Gebiete  liegt,  prägt  sich  vor  allem 
in  ihren  geistigen  Äußerungen  aus.  Ein  »Sammler«,  der,  wie  Jensen 
meint,  möglicherweise  diese  Reden  aus  zerstreuten  sonst  unbekannten 
Quellen  zusammengestellt  hat,  müßte  selbst  in  seinem  ganzen  Denken 
und  Fühlen  dem  Bilde  gleich  gewesen  sein,  das  er  entwerfen  wollte. 
Die  Unterschätzung  dieser  geistigen  Zeugnisse  für  das  Dasein  und 
die  Wirkungen  einer  Persönlichkeit  ist  aber  nicht  bloß  für  die  Beur- 
teilung historisch  beglaubigter  Vorgänge,  sondern  auch  für  die  der 
Legende   von  entscheidender   Bedeutung.     Dies    wird   sich  uns  vor 

')  Jensen,  a.  a.  O.  S.  1025. 
Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  34 


Unter  den  myäudogiadhen  Vontdbmgen  nriwnm  orit  Bfl 
anf  die  Fragen  des  Ursprungs  und  der  Wanderung  dier  Mfltt 

wisse  Zahlvorstellungen  eine  hervorragende  Stellung  ein 
deshalb,  weil  sie  durch  eine  besonders  große  Wanderungsfil 
sich  auszeichnen,  teils  aber  auch,  weil  sie  augenfällige  Bd^e 
im  obigen  schon  mehrfach  berührten  Beziehungen  zwischen 
selbständigen,  in  allgemein  wiederkehrenden  Bedingui^^  wurc 
Ursprung  und  der  Fähigkeit  zu  wandern  bieten.  Im  HinbU 
ihre  mythologische  Bedeutimg  pflegt  man  solche  vielgewa 
Zahlen  heilige  Zahlen  zu  nennen.  Um  die  Verhältnisse  du 
Sprung^  und  der  Wanderung  dieser  Zahlen  nach  ihren  psych 
Motiven  zu  verfolgen,  müssen  sie  nun  vor  allem  von  andern  4 
geschieden  werden,  die  ebenfalls  in  den  Vorstellungen  der  VöU 
folge  bestimmter,  namentlich  aus  den  Bedürfnissen  des  Verkehi 
vorgehender  Bedingimgen  eine  bevorzugfte  Stellung  einnehme] 
aber  deshalb  doch  keineswegs  auf  den  Namen  »heiliger  Zahlen 
Spruch  erheben  können.  Diese  Scheidung  kann  um  so  schwi 
werden,  je  leichter  auch  die  Zahlen  der  letzteren  Art  nachträglic 
mythologische  Bedeutung  gewinnen  und  dadurch  scheinbar  i 
Reihe  der  heiligen  Zahlen  vorrücken  können.  Ein  ziemlich  si« 
Kriterium  für  die  Unterscheidung  dieser  nachträglichen  Heiligun 
der  primären  bleibt  dann  die  Tatsache,  daß  nur  die  im  e 
liehen  Sinne  heilige  Zahl  fiir  sich  selbst,  auch  unabhängig  vo: 
mythischen  Objekten,  auf  die  sie  angewandt  wird,  den  Charakt« 


Die  Wandenmgen  des  Mythas.  ^31 

Wesen,  in  denen  sich  die  Gegensätze  des  Guten  und  Bösen  ver- 
körpern, und  auf  die  Orte  dieser  Geister,  auf  Himmel  imd  Hölle,  kann 
die  Zwei  eine  mehr  oder  minder  geheiligte  Bedeutui^f  gewinnen. 
Diese  schwindet  aber,  sobald  sie  von  jenen  Substraten  losgelöst 
wird.  Es  gibt  keine  heilige  Zwei  an  sich,  sondern  es  gibt  nur  heilige 
Wesen  oder  heilige  Orte,  die  in  der  Zweizahl  vorkommen  und,  wo 
sie  dies  tun,  auf  die  Zahl  selbst  etwas  von  ihrem  heiligen  Charakter 
übertragen.  Dagegen  ist  die  Drei  eine  echte  heilige  Zahl.  Wohl  ist 
dies  auch  bei  ihr  von  der  Dreiheit  gewisser  heiliger  Objekte  oder 
Verhältnisse  ausgeg^angen.  Aber  sie  bewahrt  unabhängig  von  diesen 
Substraten  jenen  Charakter.  Sie  ist  an  und  flir  sich  heilig,  und  es 
wird  ihr  daher  schon  früh  im  Glauben  der  meisten  Völker  ein  mysti- 
scher und  magischer  Wert  zugeschrieben. 

Die  bevorzugten  Zahlen  der  ersten  Art  umfassen  außer  der  Zwei 
zumeist  die  Vier,  dann  die  Fünf,  die  Zehn  und  deren  Vielfache.  Auf 
die  Stellung  der  Vier  unter  den  heiligen  Zahlen  der  Neuen  Welt 
werden  wir  unten  zurückkommen.  In  den  Kulturländern  der  Alten 
schließt  sie  sich  zunächt  an  die  Zwei  als  eine  durch  das  praktische 
Bedürfnis  entstandene  weitere  Gliedenmg  an:  so  in  den  vier  Welt- 
gegenden, den  vier  Winden,  den  vier  Weltteilen,  Teilungen,  von  denen 
dann  allerdings  auch  gewisse  mythologische  Vierzahlen  ausgegangen 
sind,  die  jedoch  gegenüber  den  sonstigen  heiligen  Zahlen  sehr  zurück- 
treten. Dahin  gehören,  offenbar  als  Übertragungen  der  Weltgegenden, 
die  vier  Weltalter  (Hes.  W.  u.  T.  109  ff.),  die  vier  Hesperiden  (Apol- 
lodor  II,  5,  11)  u.  a.  Die  5,  10  und  20  sind  von  den  drei  durch  die 
Finger  und  Zehen  vorgezeichneten  hauptsächlichsten  Zählmethoden, 
der  quinären,  dezimalen  und  vigesimalen,  ausgegangen  und  es  ist 
ihnen  diese  praktische  Bedeutung  allezeit  aufgeprägt  geblieben.  Auch 
hat  diese  Anwendung  vielfach  über  das  aus  Mythus  und  religiöser 
Vorstellung  Entsprungene  obgesiegt.  Namentlich  ist  das  dezimale 
System,  das  selbst  wieder  die  andern  niedereren  Zählmethoden  ver- 
drängte, im  Laufe  der  Zeit  mehr  und  mehr  in  Verhältnisse  einge- 
drungen, die  zuvor  von  den  Zahlen  von  spezifischer  Heiligkeit,  der 
Neun,   der  Sieben   und  der  Zwölf,  beherrscht  gewesen  waren*).     So 


')  Röscher,  Die  enneadiscben  und  hebdomadischeD  Fristen  and  Wochen  der  alten 
Griechen,  Abb.  der  sächs.  Ges.  der  Wiss.,  Phil.-hbt.  Klasse,  Bd.  XXI,  Nr.  IV,  S.  13. 

34* 


332  ^^^  Natarmythas. 


hat  die  Zehn  mit  ihren  Potenzen  schließlich  in  der  gesamten  Kultu 
weit  die  Vorhand  gewonnen,  von  den  zehntägigen  Fristen  und  zdn 
köpfigen  Körperschaften  an  bis  zu  den  als  weitere  größere  £inheitx 
bürgerlicher  und  besonders  militärischer  Abteilungen  wiederkehrend< 
Hundertschaften  und  Tausendschaften,  den  Jahrhundert-  und  Jah 
tausendfeiem  usw.  Nur  die  zehntägige  Woche  und  das  zehnmona 
liehe  Jahr  haben  sich  trotz  des  in  der  französischen  Revolution  no< 
einmal  gemachten  Versuchs  nicht  durchzusetzen  vermocht:  hier  w; 
das  Bedürftiis  einer  zureichenden  Übereinstimmung  der  Zeitrechnui 
mit  Mond-  und  Sonnenlauf  allzu  zwingend.  Inmierhin  ist  in  de 
fiinfj ährigen  »Lustrum«  der  Römer  ein  Rest  einer  solchen  Angleichui 
an  das  dekadische  System  zurückgeblieben.  Denn  das  Lustrum  i 
aus  dem  alten  zehnmonatlichen  Jahr  der  Römer  hervorgegangen,  da 
den  Monat  zu  30  Tagen  gerechnet,  zunächst  durch  vier  jährliche  Zi 
satztage  ergänzt  wurde  und  dann,  nachdem  sich  dies  fünfmal  wiede 
holt  hatte,  ein  Schaltjahr  zu  306  Tagen  erforderte^.  Gleichwohl  i 
es  bemerkenswert,  daß  keine  dieser  auf  das  dekadische  System  g< 
gründeten  Einteilungen  es  vermocht  hat,  den  Zehnerzahlen  zu  ein« 
eigentlichen  Heiligkeit  zu  verhelfen.  Die  Zehnerfristen  und  die  Jah 
hundertfeiern  sind  ebenso  wie  die  Zehnerkörperschaften  und  d: 
Hundert-  und  Tausendschaften  im  ganzen  weltliche  Zeiten,  Feste  un 
Körperschaften  geblieben.  Erst  durch  ihre  Verbindung  mit  einer  d< 
heiligen  Zahlen,  namentlich  der  Drei  oder  Sieben,  hat  sich  gelegentlic 
auch  auf  die  Zehn  etwas  von  deren  Heiligkeit  übertragen,  oder  es  ii 
mindestens  solchen  Zehnerverbindungen  der  heiligen  Zahlen  eine  ei 
höhte  Bedeutung  beigelegt  worden:  70  ist  der  weitere  Kreis  de 
Jünger  Jesu  (Luk.  10,  i),  300  Spartaner  weihen  sich  bei  Thermopyl 
dem  Tode,  3000  Jahre  beträgt  der  auf  ein  einzelnes  Tierkreisbil» 
faUende  Teil  des  babylonischen  Weltjahrs,  30  000  Jahre  wandert  di 
menschliche  Seele  nach  Empedokles  durch  Tierleiber  (Emped.,  fr.  ii| 
Diels)  usw.  In  einigen  Fällen  kommt  auch  die  Vier  in  solchen  de 
kadischen  Steigerungen  vor;  so  in  der  40jährigen  Wüstenwanderunj 
der  Israeliten,   in  der   40tägigen   Wanderung    des  Elias   zum  Berge 


^}  Mommsen,  Die  römische  Chronologie  bis  auf  Cäsar",  1859,  S.  47.  Übei 
weitere  Zahlenspekulationen,  bei  denen  die  auch  sonst  des  öfteren  zur  Fristenbestim- 
mung  benutzte  Fünf  mitgewirkt  haben  mag,  vgl.  H.  Winckler,  Die  Weltanschanung 
des  alten  Orients,  1905,  S.  14  ff. 


Die  Wanderangren  des  Mythus.  j ^^ 


Horeb  (i.  Kön.  19,  8),  endlich  in  den  40  Tagen,  die  Jesus  in  der 
Wüste  zubringt  (Math.  4,  2).  Doch  sind  diese  Fristbestimmungen 
wohl  nicht  unabhängig  voneinander,  sondern  die  Zahl  für  eine  Wander- 
zeit ist  wahrscheinlich  aus  einer  Legende  in  die  andere  übergegangen. 

f.  Die  heilige  Drei. 

Unter  den  heiligen  Zahlen  von  primärer  Bedeutung  steht  in  den 
Kulturgebieten  der  Alten  Welt  ohne  Frage  die  Drei  in  erster  Linie. 
Sucht  man  die  Fülle  der  Beispiele,  die  namentlich  H.  Usener  für 
die  Heiligung  der  Drei  gesammelt  hat'),  nach  psychologischen 
Gesichtspunkten  zu  ordnen,  so  treten  vor  allem  drei  Motive 
hervor,  die  zugleich  eine  gewisse  Entwicklungsfolge  bilden.  Diese 
spricht  sich  nicht  bloß  darin  aus,  daß  gewisse  unter  diesen  Motiven 
mutmaßlich  den  andern  vorausgehen,  sondern  auch  darin,  daß  sich 
die  späteren  und  komplexeren  leicht  wieder  in  die  früheren  und  ein- 
facheren zurückverwandeln. 

Voran  steht  hier  die  Dreiheit  zusammengehöriger  Gegen- 
stände. Sie  ist  es,  die  mehr  als  jede  andere  zählbare  Verbin- 
dung als  ein  geschlossenes  Ganzes  erscheint.  Das  zeigt  sich  schon 
bei  der  wahrscheinlich  frühesten  Form  des  Dreiheitsmotivs,  bei  der 
Dreiheit  der  Personen.  Die  Drei  schließen  sich  zur  Gruppe,  wäh- 
rend Zwei  ebensowohl  sich  verbinden  wie  entzweien  können,  daher 
auch  im  Mythus  dem  Freundes-  das  Feindespaar  gegenübersteht. 
Der  Dritte  schlichtet  den  Streit,  und  wo  eine  Entscheidung  zwischen 
verschiedenen  Meinungen  nötig  sein  sollte,  da  führt  er  diese  herbei. 
Darum  stellt  sich  nun  aber  auch  meist  die  Forderung  ein,  daß 
dieser  Dritte  zugleich  den  andern  übergeordnet  sei.  So  hat  die  Be- 
vorzugung der  Drei  für  die  Bewertung  menschlicher  Verhältnisse 
nicht  nur  in  den  objektiven  Bedingungen,  die  zur  Bildung  solcher 
Dreiheiten  führen,  sondern  auch  in  subjektiven  ästhetischen  und 
ethischen  Bedürfnissen  ihren  Grund.  Drei  Personen,  Vater,  Mutter 
und  Kind,  bilden  das  einfachste  Bild  der  monogamischen  Familie. 
Eine  Dreiheit  göttlicher  Personen,  zwei  Götter  oder  Göttinnen,  über- 
ragt von  einer  dritten  Gottheit,  die  Göttertrias,  ist  bei  Babyloniem 


'    H.  Usener,  Dreiheit,  Rheinisches  Moseam  für  Philologie,  N.  F.  Bd.  58,   1903, 

S.  I,  161,  321  ff. 


334  ^^'  Natnmtjthiis. 


wie  Ägyptern  und  Griechen  die  nächste  Form,  in  der  sich  die  Vc 
Stellung  einer  Göttervereinigung  gestaltet ,  die  über  eine  grölk 
Machtfiille  als  der  einzelne  Gott  gebietet*).  Auch  hier  ist  es  c 
nächste  und  darum  eindrucksvollste  Vorstellung  der  in  sich  g^eschloss 
nen  Gesamtheit,  die  in  der  Trias  gegeben  ist.  Die  bildende  Kur 
kommt  diesem  Bedürfnis  hilfreich  entgegen,  indem  sie  das  Bild  a 
drei  Gestalten  als  ein  besonders  wirkungsvolles  bevorzugt  Zu  ein 
eigentümlich  einseitigen  Wucherung  hat  dann  diese  Neigung  2 
Dreizahl  in  gewissen  Dämonen-  und  Ungeheuerbildungen  geführt,  l 
denen  die  Vervielfältigung  der  Gestalt  des  Ungeheuers  selbst,  die  et 
in  sich  konzentrierte  sein  sollte,  ausgeschlossen  bUeb,  nun  aber  u 
so  mehr  in  der  Dreiheit  einzelner  Teile,  besonders  der  Köpfe  od 
bei  weiterer  Reduktion  der  Augen,  der  Zungen,  zuweilen  auch  d 
Beine  der  Drei  der  gewohnte  Tribut  gezollt  wurde.  Man  denke  s 
den  dreiköpfigen  Kerberos,  dessen  Köpfe  dann  später  auf  100  ve 
mehrt  wurden,  an  die  bald  drei-,  bald  durch  Potenzierung  der  Di 
neunköpfigen  Schlangenungeheuer  der  Sage  oder  die  Drachen  n 
drei  Zungen,  drei  Reihen  von  Zähnen,  die  Riesen  oder  Schrecl 
dämonen  mit  drei  Augen.  Jener  Eindruck  der  Abgeschlossenheit,  d 
sich  mit  der  Gruppe  der  drei  Personen  verbindet,  wird  dann  ab 
auch  auf  andere  Objekte  übertragen.  Drei  Bäume,  drei  Rosen,  dr 
Früchte  usw.  kehren  als  bevorzugfte  Gruppen  in  Märchen  und  Sa| 
überall  wieder;  und  nicht  am  wenigsten  sind  es  schließlich  gewiss 
leblose  in  heüigem  Gebrauch  stehende  Gegenstände,  die  entweder  i 
dreifacher  Zahl  vorhanden  oder  aus  drei  miteinander  verbundene 
Stücken  zusammengesetzt  sein  müssen,  wie  der  heilige  Dreifuß  z 
Delphi,  auf  dem  die  Pythia  ihre  Weissagungen  erteüte^j.  Allen  diese 
Gestaltungen  des  Motivs  der  eine  Einheit  bildenden  Drei  haben  schließ 
lieh  die  Pythagoreer  ihre  einfachste  Form  gegeben,  indem  sie  da 
Dreieck  für  die  vollkommenste  geometrische  Figur  erklärten,  weil  si< 
die  erste  in  sich  abgeschlossene  Form  sei,  im  Gegensatze  zu  de 
durch  die  Zwei  darzustellenden,  ins  unendliche  strebenden  geradei 
Linie.     Indem  den  griechischen  Mathematikern  jede  Zahl  unmittelba 


*)  Über  babylonische  Göttertriaden  vgl.  Jastrow,  Die  Religion  Babyloniens  un« 
Assyriens,  I,  S.  244 ff.  Über  ägyptische  Wiedemann,  Religion  der  alten  Ägypter 
S.  60  f.     Über  griechische  Usener,  Dreiheit,  S.  189  ff.,  321  ff. 

")  Zahlreiche  weitere  Beispiele  bei  Usener,  Dreiheit,  S.  187  ff. 


Die  Wandenmgen  des  Mythos.  g3j 

durch  das  ihr  entsprechende  geometrische  Gebilde  repräsentiert  war, 
die  Eins  durch  den  Punkt,  die  Zwei  durch  die  Gerade,  die  Drei  durch 
das  Dreieck,  ergab  sich  ihnen  vor  den  andern  die  Drei  als  eine  heilige 
Zahl. 

Damit  fuhrt  nun  zugleich  dieses  erste  zu  einem  zweiten  Motiv. 
Wie  der  aus  drei  Personen,  drei  zusammengehörigen  Objekten  und 
schließlich  aus  drei  gleichartigen  Teilen  gebildeten  regelmäßigen 
Gruppierung  das  Attribut  der  Vollkommenheit  zukommt,  so  ist  auch 
die  gesamte  räumliche  Welt  ein  Ganzes,  das  schon  für  eine  frühe 
mythologische  Anschauung  in  drei  Teile  gegliedert  ist:  in  den  Himmel, 
die  Erde  imd  die  Unterwelt.  Die  Sonne  auf  ihrem  täglichen  Gang 
umkreist  diese  drei  großen  Weltgebiete.  Wo  das  Auge  bloß-  der 
sichtbaren  Welt  zugekehrt  ist,  da  werden  sie  auch,  wie  noch  in  dem 
ursprünglichen  Weltbild  der  Griechen,  durch  eine  andere  Dreiheit 
vertreten;  durch  den  Himmel,  das  Weltmeer  und  die  auf  ihm  schwim- 
mende Erde.  Die  analoge  Teilung  setzt  sich  weiterhin  fort  auf  die 
Erdteile:  die  drei  Kontinente  der  Alten  Welt  sind  so  als  das  letzte 
Erzeugnis  dieser  Dreigliederungen  des  Kosmos  übrig  geblieben.  Auch 
der  Götterstaat  pflegt  sich  nach  der  Dreiteilung  der  Welt  wieder  in 
drei  Reiche  zu  sondern:  in  die  Beherrscher  des  Himmels,  des  Meeres 
und  der  Unterwelt.  Ein  letzter  Schritt  in  der  Reihe  dieser  Dreiteilungen 
ist  es  endlich,  wenn  in  der  jüdischen  und  christlichen  Apokalyptik 
der  Himmel  und  die  Unterwelt  wieder  in  je  drei  Stockwerke  ge- 
schieden werden,  eine  Anwendung,  bei  der  jedoch,  wie  wir  unten 
sehen  werden,  die  Sieben-  der  Dreizahl  erfolgreich  Konkurrenz  ge- 
macht hat*). 

Zu  dem  Motiv  der  dreigliedrigen  Gruppe  und  dem  der  drei  Welt- 
reiche, die  beide  zusammen  wohl  auch  als  räumliche  Gestaltimgen 
des  Dreiheitsbegriffs  angesehen  werden  können,  gesellt  sich  endlich 
als  letztes  das  der  drei  Zeiten.  Die  drei  in  den  Zeitbestim- 
mungen des  Verbums  zur  Herrschaft  gelangten  Zeitstufen,  Gegen- 
wart, Vergangenheit  und  Zukunft,  bilden  hier  fiir  uns  die  anscheinend 
einfachsten  Formen  des  Zeitbegriffs.  Aber  wie  in  der  Entwicklung 
der  sprachlichen  Formen  die  Unterscheidung  dieser  Stufen  verhältnis- 


')  Boosset,  Die   Himmelsreise  der  Seele,  Archiv  für  ReligionswiMeusehaft,  IV, 
1901,  S.  138  ff.  .> 


A* 


5^6  l^«f  Nftturmytlms. 


müßig  nur  langsam  gegen  ältere,  konkretere  Vorstellungen  verschie 
dener  Zeitverhältnisse  durchgedrungen*),  so  ist  auch  bei  der  heilige 
Drei  diese  Gliederung  ein  so  spätes  Produkt  der  Abstraktion,  daO  c 
bei  den  wichtigeren  Gestaltungen  zeitlicher  Dreiteilung  kaum  mil 
gewirkt  hat.  Vielmehr  pflegt  sich  hier  eine  naivere  Auffassung  de 
Zeitverlaufs  auf  die  zwei  Zeiten  der  Vergangenheit  und  Zukunft  zu  bc 
schränken,  zwischen  denen  ja  die  Gegenwart  als  ein  fortwährend  zei 
fließender  IHinkt  liegt.  Wenn  daher  je  einmal  in  einem  Götterbild  di 
Zeit  selbst  dargestellt  werden  sollte,  wie  bei  dem  altitalischen  Janus 
so  begnügte  man  sich  mit  der  doppelgesichtigen  Form.  Da  übrigeo 
die  beiden  Gesichter  des  Janus  nach  Osten  und  Westen  gdcehi 
waren,  so  wurt^ien  hier  die  zeitlichen  sicherlich  nicht  ohne  die  räum 
liehen  Richtuni^en  gedacht,  und  wahrscheinlich  ist  die  letztere  Bc 
iichuni;:  die  ursprünglichere  und  die  auf  die  Zeit  eine  spatere  Um 
deutung  gewesen'*.  Allgemeiner  hat  die  heilige  Drei  in  ihrer  An 
Wendung  auf  die  Zeit  in  einer  andern  Form,  hier  aber  in  um  sc 
weiterer  Verbreitung  die  Herrschaft  errimgen:  in  der  Dreizahl  de: 
Handlungen«  vor  allem  in  der  dreimaligen  Wiederfaolni^  de 
gleichen  Handlung  zum  Zweck  ihrer  Heiligung  oder  der  unverfariicb 
liehen  Sichemng  ihres  Inhaltes,  I>rex  Gebete  müssen  an  &c  Gotte 
gerichtet,  v'.rt^ima*.  muß  ihr  Name  angemfen  werden,  um  ihre  Guns 
tKier  v*.*e  l>tu'.Iung  vier  an  sie  grrichreten  Wünsche  rj  criai^cn.  Da- 
N.*:  kar.n  sich  vv.ese  AnnifuncT  rug-lesch  an  eine  I>reti3hl  von  Gottcn 
hvh:e:*.,  o.vh  n-^r:  viji^  .'.-irchjL'-s  r.-ch:  ubenC  r^.  Drei  Fäöe  soDeE 
tVmcr  s:v>o?.  ^.^rvP.,   v::^  :v.jl   >."."  ein  Ver?rnecbic  wTcderbci  verdiea 

^^xo.v  >v  z.«r>  .^ «-.I..V *. .>  «B...'v .  '.  >>  ». V «V ■  ■  ■  ^—1. .  .1«*^  ^?  —^^■^^^^^►zxipen 
s^v',  us*A.  Wc  T-:  K.  r^  -r.,-  r.  j;r  -Vr^rlx^ir  xii±^sÄc=i5:  so  kdin 
vV«c  Irrf  ?^.:  K^vcr  r-.jLT.c.jSLj:^!''.  i-'-ü    r-  . i^rxrrrrxacrr  TTÄOer.    Dro- 

ji,  >  J^  ".   ros^JÄOf'ir.  ijsrx"--;?.   .\-r.:--:^    r.^  J<!sc  irr  >Ery'  i,w^z  bc- 


.fc.rj>    c*-    *"5**-  '^  ^-""  -.*•   •   -'^-   vtr2>  :«■  -x-jÄts:   S.  i££ 


Die  Wanderungen  des  Mythns.  e^y 

der  Traum  in  Erfüllung  gehe'):    So  erstreckt  sich  dieser  Zauber  der 
Drei  aus  unvordenklicher  Zeit  bis  in  die  Gegenwart. 

In  erweitertem  Umfang  und  in  einer  tief  in  das  praktische  Leben 
eingreifenden,  aber  von  dem  mythologischen  Gebiet  weiter  abrückenden 
Form  begegfnet  uns  sodann  diese  zeitliche  Dreiheit  in  ihrer  Übertragung 
auf  die  Vorgänge  der  Außenwelt,  vor  allem  auf  die  Himmelserscheinun- 
gen und  auf  die  von  ihnen  abhängigen  oder  ihnen  analogen  periodischen 
Naturerscheinungen.  Auf  den  die  Einteilung  der  Zeit  vermittelnden 
Mondlauf  angewandt  führte  die  Dreiteilung  zu  der  Einteilung  des  Monats 
in  drei  zehntägige  oder  in  drei  neuntägige  Fristen,  je  nachdem  man 
annähernd  den  sogenannten  synodischen  (genauer  2g^/^tägigen)  oder 
den  siderischen  (27  Y3täg^gen)  Monat  oder,  was  jedenfalls  das  ursprüng- 
liche gewesen  ist,  entweder  die  Zeit  von  einem  Vollmond  zum  andern 
oder  die  Zeit  vom  Erscheinen  der  Mondsichel  bei  zunehmendem 
bis  zu  ihrem  Verschwinden  beim  abnehmenden  Monde,  also  die 
Dauer  des  »Lichtmonatsc  zugrunde  legte  ^.  Im  ersten  Fall  erhielt 
man  die  Einteilung  in  drei  zehntägige,  im  zweiten  die  in  drei  neun- 
tägige Perioden.  Das  Schwanken  zwischen  diesen  zwei  Einteilungen  in 
den  ältesten  Kalenderrechnungen  der  Ägypter,  Inder,  Perser,  Griechen, 
Germanen  spricht  schon  dafür,  daß  hier  die  Drei  eine  entscheidende 
Rolle  gespielt  hat,  da  sie  bei  allem  Schwanken  die  konstante  Teilungs- 
zahl blieb,  die,  wie  es  scheint,  an  manchen  Orten  erst  spät  und  nicht 
ohne  den  Einfluß  einer  andern,  ihr  auch  sonst  den  Rang  streitig 
machenden  heiligen  Zahl,  der  Sieben,  verdränget  wurde.  Daneben 
kamen  natürlich  in  jedem  dieser  Fälle  zugleich  die  objektiven  Ver- 
hältnisse des  Mondlaufs  dieser  Anwendung  fordernd  entgegen.  Vom 
Monat  hat  sich  dann  die  Dreizahl  auf  das  Jahr  übertragen,  wo,  ähn- 
lich wie  beim  Mond  die  durch  die  Vollmondsphase  fixierte  Zwei- 
teilung durch  die  beiden  Dreiteilungen  in  die  Vierteilung  überging, 
so  die  Zweiteilung  in  Sommer  und  Winter  durch  eine  den  Früh- 
ling einschaltende  Dreiteilung  der  schließlichen  Vierzahl  der  Jahres- 
zeiten den  Platz  räumte^).     An  die  drei  Jahreszeiten  schließen  sich 

'  Zahlreiche  Beispiele  aas  deutschem  Volksaberglanben  bei  Wattke,  Der  deutsche 
Volksaberglaube  s.  v.  Drei  und  Dreimal. 

',  Vgl.  Röscher,  Abh.  der  sÄchs.  Ges.  der  Wiss.,  PhiL-hist.  Klasie,  XXI,  1903, 
Nr.  IV,  S.  5  ff. 

^  Usener,  a.  a.  O.  S.  337  f. 


538  I^cr  Natnnnythnt. 


aber  die  drei  Lebensalter  und  an  diese  die  drei  Generationen, 
die  bei  einer  primitiven  Gliederung  die  Gesellschaft  zerfallt  Sie  b 
bei  den  Generationenbezeichnungen  der  Polynesier  und  vielleicht  auc 
bei  der  Bildung  der  eigentümlichen  Form  des  polynesischen  »Tria 
mitgewirkt*).  Diese  Teilung  der  Generationen  ist  übrigens  noch  ; 
moderne  Geschichtsauffassungen  übergegangen,  indem  man  in  di 
Dreiheit,  die  annähernd  auf  ein  Jahrhundert  kommt,  eine  Grundlaf 
für  die  Periodisierung  der  Geschichte  erblickte*). 

Hieran  schließt  sich  endlich  eine  letzte  Richtung,  in  der  sich  d 
heilige  Drei  entwickelt  hat,  und  in  der  sie  wohl  ebenfalls  zunäch 
von  zeitlichen  Anschauungen  ausgeht,  um  dann  die  wichtigsten  di 
vorangegangenen  Bedeutungen  in  sich  zu  vereinigen :  sie  besteht  in  d« 
Vorstellung  dreier  Stufen,  in  denen  die  übersinnliche  in  die  sinnlid: 
Welt  übergeht.  Es  ist  der  Gedanke  der  dreistufigen  Emanatio 
der  Welt  aus  der  Gottheit,  der  allerdings  noch  nicht  in  der  En 
Wicklung  des  eigentlichen  Mythus,  aber  jedenfalls  angeregt  durch  di 
in  dieser  vorhandenen  Dreiheitsvorstellungen  in  der  Philosophie  zi 
Ausbildung  gelangt.  Schon  bei  Plato  angedeutet,  kommt  er  vo 
Philo  an  in  den  späteren  Systemen  der  Gnostiker  und  Neuplatonikc 
zum  Durchbruch.  Er  hat  seine  Grundlage  in  dem  allgemeinen  d 
danken  der  Emanation,  des  Hervorfließens  der  Welt  aus  dem  höchste 
Sein.  Dieses  bedurfte,  ebenso  wie  die  Erhebung  der  einzelnen  Seel 
zu  Gott  in  der  Ekstase,  einer  vermittelnden,  das  Wesen  des  rei: 
Geistigen  und  des  Sinnlichen  in  sich  vereinigenden  Stufe.  Mit  de 
Ausgestaltung  der  Gottesidee  zu  einer  einzigen  höchsten  Persönlich 
keit,  wie  sie  vornehmlich  das  Judentum  ausgebildet  hatte,  war  dan 
das  Streben,  auch  dieses  Mittelreich  als  eine  einzige  Persönlichkei 
vorzustellen,  gegeben.  Sie  vereinigt  nach  der  Anschauung  Philos  di« 
Eigenschaften  des  stoischen  Logos  als  weltbildender  Kraft  und  eine 

')  Vgl.  meinen  Aafsatz  über  die  Anfänge  der  Gesellschaft,  Psychol.  Stnd.  ID 
1907,  S.  25  ff.  Allerdings  hat  in  dem  sogenannten  malayo-polynesischen  Verwandt 
Schaftssystem  mit  der  Zeit  noch  eine  Zweiheit  weiterer  Generationen,  die  jüngste  um 
die  älteste,  sich  abgezweigt;  aber  es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  diese  Fünfzahl  aui 
einer  ursprünglicheren  Dreiteilung  durch  die  aus  praktischen  Bedürfnissen  nahe  ge- 
legte Teilung  der  Jungen  und  der  Alten  in  je  zwei  Gruppen  hervorgegangen  ist. 
Über  den  polynesischen  Trial  vgl.  Bd.  i*,  ü,  S.  5iff. 

^)  Ottokar  Lorenz,  Die  Geschichtswissenschaft  in  Hauptrichtungen  und  Aufgaben. 
I,  S.  217  ff. 


Die  Wanderungen  des  Mythos.  ^^q 

obersten  der  Engel,  eines  Erlösers  und  Trösters  der  gepeinigten 
Seele.  Dadurch  neigt  diese  letzte  Gestaltung  der  heiligen  Drei  zu- 
gleich zu  Verbindungen  mit  den  früheren  Formen.  Die  drei  Stufen 
der  Emanation  repräsentieren  ebenso  drei  einander  untergeordnete 
Formen  persönlichen  Daseins  wie  drei  Phasen  eines  allumfassenden 
kosmischen  Prozesses,  und  in  solchem  Ineinanderwirken  geht  schließ- 
lich der  ursprünglich  leitende  Gedanke  selbst  verloren,  oder  er  wirkt 
doch  nur  leise  nach  in  Begriffen,  die  auf  keine  einzige  dieser  mystischen 
Formen  allein  zurückgehen,  weil  sie  von  jeder  etwas  in  sich  tragen.  So 
kann  man  die  christliche  Trinität  ebensowenig  auf  die  babylonischen 
Göttertriaden  wie  auf  den  Emanationsgedanken  der  jüdischen  Theo- 
sophen  und  der  Neuplatoniker  zurückfuhren,  sondern  sie  hat  wohl 
ihre  nächste  Grundlage  in  dem  in  der  Tradition  lebenden  persön- 
lichen Bekenntnis  Jesu,  der  Sohn  Gottes  zu  sein.  Damit  regten 
sich  aber  zugleich  die  weiteren  Motive,  die  auch  sonst  zur  Ergän- 
zung einer  solchen  Zweiheit  drängten.  Diese  Motive  fanden  dann  in 
den  alten  Göttertriaden  wie  in  den  Emanationsideen  assimilativ  wirk- 
same Elemente  vor,  indes  doch  die  Form,  in  der  sich  unter  dem  Ein- 
fluß der  Missionstätigkeit  der  Apostel  und  der  christlichen  Gemeinde- 
bildung namentlich  der  dritte  der  Trinitätsbegriffe,  der  des  TiveOiia, 
entwickelte,  eine  eigenartige,  von  der  Göttertriade  wie  von  der  Ema- 
nation weit  abliegende  war.  Zugleich  wurde  aber  dadurch  der  Inhalt 
dieses  DreiheitsbegrifTs  um  so  mehr  ein  mystischer,  unbegreiflicher, 
und  eben  das  hinterließ  in  ihm  die  Tendenz,  sich  immer  wieder  in 
eine  jener  verständlicheren  Formen  der  heiligen  Drei  zu  verwandeln. 
Dies  bezeugen  ebenso  die  die  Emanationsidee  in  den  christlichen 
GottesbegfrifT  hineintragenden  Gnostiker  wie  die  >  Monarchisten  c  und 
»Tritheistenc  unter  den  Sektierern  älterer  und  neuerer  Zeit  Insbe- 
sondere bleibt  die  Göttertrias,  wie  sie  wahrscheinlich  die  älteste  Form 
der  heiligen  Drei  gewesen,  so  auch  hier  die  letzte  und  anschaulichste. 
Wenn,  wie  Usener  beobachtet  hat,  am  Niederrhein,  in  Bayern  und 
Tirol  der  gemeine  Mann  unter  der  Dreifaltigkeit  den  heiligen  Joseph 
samt  Maria  und  Jesus  zu  verstehen  pflegt,  so  gibt  er  damit  nur  der 
heiligen  Drei  die  sinnenfallige  Form  wieder,  in  der  sie  ihm  allein 
verständlich  ist  *).     Doch  gerade  der  Raum,  der  diese  beiden  Gcstal- 


^^  Usener,  a.  a.  O.  S.  45  f. 


•-T" 


540  ^^f  Nfttnrmytlni 


tungen,  die  mystische  Trinität  und  die  drei  »heilige  Leut<  des  nieder- 
rheinischen Landmanns,  trennt,  weist  auch  auf  eines  der  wichtigsten 
Motive  hin,  das  bei  dem  Übergang  der  Heiligkeit  von  den  heiligen 
Gegenständen,  Welträumen,  Zeiten  usw.  auf  die  abstrakte  Zahl  Drei 
eingewirkt  hat.  Die  Göttertrias  oder  irgend  eine  andere  der  Kinzd- 
gestaltungen  würde  schwerlich  für  sich  allein  zugereicht  haben,  der 
Zahl  diese  Heiligkeit  zu  verschaffen.  Aber  daß  sich  diese  Zahl  immer 
und  immer  wieder  einstellte,  bei  der  Verbindung  göttlicher  Personen 
zu  einer  Gruppe  wie  bei  der  Teilung  der  Welt  nach  Raum  oder  2Wt 
wie  endlich  bei  dem  Gedanken  der  Vermittlung  von  Gott  und  Welt, 
oder  wo  sonst  noch  die  Einschaltung  eines  Mittelglieds  zwischen  zwei 
Unterschieden  oder  Gegensätzen  wünschenswert  schien,  das  ließ 
schließlich  in  die  Zahl  selbst  die  Heiligkeit  verlegen,  die  allen  ihren 
Anwendungen  gemeinsam  war.  So  kam  es,  daß  man  mm  auch  jene 
konkreten  Gestaltungen  der  heiligen  Drei,  wo  sie  sich  ins  Mystische 
verflüchtigten,  wieder  durch  die  abstrakte  Zahl  oder  ihr  geometrisches 
Bild  darstellte.  Wie  den  Pythagoreem  das  Dreieck  als  das  ein- 
fachste Bild  der  Vollkommenheit  galt,  so  stellte  die  christliche  Kunst 
die  Trinität  durch  ein  das  Auge  Gottes  umschließendes  Dreieck  dar, 
und  der  große  mystische  Theologe  der  beginnenden  Renaissance, 
Nikolaus  von  Kues,  verglich  sie  einem  Dreieck  mit  unendlichen  Seiten, 
weil  diese,  wie  er  meinte,  wieder  in  eine  gerade  Linie,  also  in  eine 
Einheit  zusammenfallen  müßten. 

g.  Sieben,  Neun  and  Zwölf  als  heilige  Zahlen. 

Sind  die  Motive  zur  Heiligung  der  Drei  in  so  mannigfachen  und 
weit  verbreiteten  Motiven  gegeben,  daß  wir  durchaus  keinen  Anlaß 
haben,  diesen  Vorgang  an  einen  einzelnen  Ort  zu  binden,  so  verhält 
es  sich  nun  einigermaßen  anders  bei  den  drei  innerhalb  der  Alten 
Welt  neben  der  Drei  heiligsten  Zahlen,  der  Sieben,  der  Neun  und 
der  Zwölf.  Schon  darin  stehen  sie  auf  gemeinsamem  Boden  und 
zugleich  in  einem  gewissen  Gegensatze  zur  Drei,  daß  bei  dieser 
mehrere  unabhängige  Motive  wirksam  waren,  während  jene  drei 
andern  sämtlich  von  der  an  die  Bewegung  der  Gestirne  gebundenen 
Zeitbestimmung  ausgegangen  sind.  Dadurch  ist  die  Herrschaft  dieser 
Zahlen  von  vornherein  an  die  Ausbildung  eines  gewissen  Grades 
astronomischer   Beobachtungskunst   gebunden.     Dies  gilt  vor   allem 


Die  Wandernngeii  des  M3rthiis.  C4.1 

von  der  Sieben,  die  sehr  frühe  schon  die  Oberhand  über  die  mit  ihr 
zunächst  in  Konkurrenz  tretende  Neun  errungen  und  infolge  der  all* 
mählich  auch  über  andere  Lebensgebiete  sich  erstreckenden  Macht, 
die  sie  gewonnen,  an  manchen  Orten  der  Drei  den  Preis  um  den 
höchsten  Grad  der  Heiligkeit  streitig  gemacht  hat.  Doch  unter- 
scheidet sich  die  Sieben  in  der  Art,  wie  sie  zu  dieser  Herrschaft 
gelangt  ist,  auch  darin  von  der  Drei,  daß  sie  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach,  wie  aus  einem  einzigen  Motiv,  so  von  einem  ein- 
zigen Kulturzentrum  ausgegangen  ist,  und  daß  bei  ihrer  Ausbrei- 
tung praktische  Gründe  im  Vordergrund  standen,  die  dann  freilich 
wiederum  durch  die  mit  der  Anwendung  dieser  Zahl  auf  andere 
Lebensverhältnisse  allmählich  sich  emstellende  Heiligkeit  sehr  wesent- 
lich unterstützt  wurden.  Die  Herrschaft  der  Siebenzahl  in  der  Zeit- 
einteilung, die  in  der  siebentägigen  Woche  sich  ausspricht,  und  aus 
der  ihre  sonstigen  Anwendungen  hervorgegangen  sind,  ist  näm- 
lich offenbar  nicht  erst,  wie  man  meist  annahm,  aus  der  Sieben- 
zahl der  sogenannten  alten  Planeten,  sondern  sie  ist  direkt,  ähn- 
lich den  beiden  Dreiteilungen  des  Monats,  aus  der  Beobachtung  des 
Mondlaufs  entstanden,  indem  man  durch  die  Teilung  desselben  in 
die  vier  siebentägigen  Wochen  eine  annähernde  Festlegung  des  side- 
rischen  Monats  zu  28  Tagen  erhielt.  Nun  liefert  zwar  an  sich  eine 
solche  Vierteilung  nur  eine  ähnliche  Annäherung  an  die  Zeit  des 
wirklichen  Mondlaufs  wie  die  beiden  Dreiteilungen  mit  der  zehn-  und 
neuntägigen  Woche.  An  sich  könnte  daher  jene  ebensogut  an  ver- 
schiedenen Orten  unabhängig  entstanden  sein  wie  eine  dieser  beiden. 
Aber  das  entscheidende  Motiv  zur  Bevorzugung  der  Vier  ist  hier  noch 
ein  anderes  gewesen:  es  bestand  in  der  anschaulicheren  Beziehung, 
in  die  man  bei  der  Vierteilung  den  Mondlauf  zum  Sonnenlauf  zu 
bringen  wußte.  Indem  man  beobachtete,  daß  der  Mond  in  annähernd 
28  Tagen  den  Tierkreis  durchwandert,  dessen  Umfang  die  Sonne 
während  eines  Jahres  zurücklegt,  und  indem  man  den  Tierkreis  wieder 
zur  Fixierung  der  einzelnen  Stationen  des  Laufs  der  Sonne  nach  den 
hauptsächlichsten  Sternbildern,  die  sie  durchwanderte,  in  zwölf  Teile 
zerlegte,  erschien  die  Vierteilung  des  Monats  als  das  durch  die  Natur 
selbst  gegebene  Mittel,  die  Bewegungen  der  beiden  großen  Gestirne 
in  Harmonie  zu  bringen.  Hierin  liegt  ein  Komplex  von  Motiven, 
der  bereits  eine  ziemlich  ausgebildete  astronomische  Beobachtung  vor- 


542  Der  Natnnnythas. 


aussetzt,  wie  sie  im  Altertum  in  Babylon  ihre  älteste  Heimat  hat. 
Die  siebentägige  Woche  und  mit  ihr  die  Heiligkeit  der  Siebenzahl 
überhaupt  ist  daher  allem  Anscheine  nach  babylonischen  Ursprungs'). 
Daß  hier  die  Zahl  der  Planeten  der  Ausgangspunkt  gewesen  sei, 
ist  übrigens,  abgesehen  von  der  zwingenderen  Macht,  die  in  diesem 
Fall  die  Zeitbestimmung  ausübte,  schon  deshalb  wenig  wahrschein- 
lich, weil  die  Zusammenfassung  von  Sonne  und  Mond  mit  den  übrigen 
Wandelsternen  in  einen  einzigen  Begriff  einer  naiveren  Anschauung 
so  ferne  liegt,  daß  sie  zwar  als  eine  Wirkung  der  schon  vorhandenen 
Bevorzugung  der  Siebenzahl,  kaum  aber  als  der  Entstehung^sgrund 
für  diese  begreiflich  ist.  Das  nämliche  gilt  noch  in  höherem  Grade 
natürlich  für  die  angenommene  Siebenzahl  der  Plejaden,  des  großen 
und  kleinen  Bären  oder  auch  der  Hyaden,  bei  denen  man  der  Fünf- 
zahl bisweilen  gleichfalls  die  Siebenzahl  substituierte*). 

Wesentlich  anders  verhält  es  sich  in  dieser  Beziehung  mit  der 
Neunzahl.  Sie  macht  vor  allem  nach  den  Zeugnissen,  die  Röscher 
für  das  Vorkommen  neuntägiger  Fristen  und  sonstiger  Anwendungen 
im  älteren  Epos,  in  den  Schriften  der  Ärzte,  bei  den  Orphikem, 
Astrologen  und  Philosophen  gesammelt  hat,  durchaus  den  Eindruck 
einer  frühen  Bildung,  die  später  den  andern,  dem  praktischen  Be- 
dürfnisse wie  den  allgemeineren  astrologpischen  Ideen  besser  ge- 
nügenden Anwendungen  der  Sieben-  und  der  Zehnzahl  den  Platz 
räumte  3).     Nicht  minder   weisen    die   ähnlichen  Spuren  bei   andern. 


')  W.  H.  Roseber  hat  das  Verdienst,  zuerst  an  dem  Beispiel  der  griechischen 
Zeiteinteilung  gezeigt  zu  haben,  daß  die  Vierteilung  des  Monats,  nicht  die  Zahl  der 
Planeten,  die  Heiligung  der  Siebenzahl  bewirkte.  Für  die  Babylonier  hat  den  Ur- 
sprung der  Heiligung  der  Sieben  aus  der  Vierteilung  des  Monats  sehr  einleuchtend 
J.  Hehn,  Siebenzahl  und  Sabbat  bei  den  Babyloniem  und  im  Alten  Testament,  1907, 
S.  6  ff.  dargetan.  Für  eine  erst  später  eingetretene  Übertragung  auf  die  Planetenzahl 
spricht  auch  die  Tatsache,  daß  bei  den  Griechen  zwar  die  sämtlichen  Planeten  für 
göttliche  Wesen  galten,  daß  aber  doch  die  Namen  der  großen  Götter,  die  sie  heute 
noch  tragen  (Saturn,  Jupiter,  Mars  usw.)  verhältnismäßig  spät  erst  auf  sie  übertragen 
wurden.  Vgl.  Röscher  Artikel  Planeten  und  Planetengötter  in  seinem  Mythologischen 
Lexikon,  III,  S.  25 18  ff.  Eine  Übersicht  über  die  Verbreitung  der  heiligen  Sieben  bei 
Natur-  und  Kulturvölkern  gibt  Ferd.  von  Adrian,  Die  Siebenzahl  im  Geistesleben  der 
Völker,  Mitteilungen  der  Anthropol.  Ges.  in  Wien,  Bd.  31,  1901,  S.  225  ff. 

^)  Hinsichtlich  der  Plejaden  vgl.  oben  S.  512. 

3)  Röscher,  Abh.  der  sächs.  Ges.  der  Wiss.,  Phil.-hist.  Klasse,  Bd.  XXVI,  Nr.  I, 
1907.  Dazu  besonders  mit  Rücksicht  auf  das  Verhältnis  zur  Sieben-  und  Zehnzahl, 
ebenda  Bd.  XXI,  1903,  Nr.  IV,  und  Bd.  XXIV,  1906,  Nr.  I. 


Die  Wandenmgen  des  Mythos.  5^3 

namentlich  indogermanischen  Völkern,  nach  der  gleichen  Richtung^. 
In  Glauben  und  Kult  spielt  hier  in  früher  Zeit  neben  der  Drei  die 
Neun  eine  wichtige  Rolle.  Nicht  selten  treten  auch  beide  in  Ver- 
bindungen auf.  So  teilt  die  Theosophie  der  sibirischen  Tungusen 
den  Kosmos  in  3-9  =  27  Reiche,  von  denen  neun  der  Finsternis,  18 
dem  Licht  (Erde  und  Himmel)  angehören,  und  das  Weltbild  Anaxi- 
manders  g^bt  dem  Radring,  auf  dem  sich  die  Sonne  bewegt,  das 
2  7  fache  des  Erddurchmessers,  während  die  Höhe  der  Erdscheibe  '/s 
ihres  Durchmessers  beträgt*).  Wie  die  Drei,  so  ist  daher  auch  die 
Neun  wahrscheinlich  an  vielen  Orten  unabhängig  entstanden,  wenn- 
gleich die  Motive  zu  ihrer  Bevorzugung  weniger  mannigfaltige  ge- 
wesen waren  und  der  Ausgangspunkt  vielleicht  einzig  und  allein  in 
jener  primitiven  Dreiteilung  des  Monats  lag,  die  noch  nicht  die  ganze 
Dauer  desselben,  sondern  nur  die  Zeit  der  Sichtbarkeit  des  Mondes 
benutzte.  Dazu  kam  dann  wohl  außerdem  der  Einfluß  der  Drei  in 
der  Verdreifachung  3.3=9,  die  noch  in  der  Zahlenmystik  späterer 
Zeiten  wiederkehrt.  Doch  ist  die  -Heiligkeit  der  Neun  im  Laufe  der 
Zeiten  mehr  und  mehr  geschwunden,  imd  die  Siebenzahl  ist,  wie  in 
der  Monatseinteilung,  so  in  den  weiteren  Übertragungen  meist  an 
ihre  Stelle  getreten.  Auch  diese  Übertragungen  haben  sich  am 
mannigfaltigsten  offenbar  innerhalb  der  babylonisch-assyrischen  Kultur- 
sphäre gestaltet,  wo  sie  von  früh  an  nicht  nur  die  Neun,  sondern, 
abgesehen  von  den  alten  Göttertriaden,  selbst  die  Drei  zurückdrängten. 
Wie  die  Babylonier  die  Sieben  auf  die  Planeten,  die  Plejaden  und 
noch  auf  einige  andere  Sternbilder  übertrugen,  so  wenden  sich  ihre 
Beschwörungstexte  vorzugsweise  an  sieben  mit  Namen  aufgezählte 
Gottheiten.  Siebenmal  werden  Gebete  und  Beschwörungen  wieder- 
holt, wenn  nicht  zur  Sicherung  des  Begehrten  auch  diese  Zahl  noch 
überschritten  wird.  Siebenfache  Opfer,  Reinigungen,  Feste  und  Fristen 
kehren  überall  wieder.  Auch  die  Verbindung  der  sieben  Planeten 
mit  den  sieben  Hauptgöttem  ist  sichtlich  babylonischen  Ursprungs. 
Der  so   sich  bildende  engere  Kreis  von  sieben  Göttern  verlieh  dann 


')  Vgl.  K.  Weinhold,  Die  mystische  Neunzahl  bei  den  Deutschen,  Abhandlungen 
der  Herliner  Akademie,   1897. 

V  Vgl.  H.  Diels,  Archiv  für  Geschichte  der  Philosophie,  Bd.  10,  S.  aaSff.  Sibyl- 
linische   Blätter,    1890,   S.  41.     Ober   die   Nennxahl   im   griechischen  Knltos   Rohde' 

Psyche,  I,  S.  232. 


5"M> rScr  Natmrnythiis. 

••-.  öterhia  i«:r  Siebcxuahl  die  Bedeutung  einer  aUum&issendcn  Gcs 
hei:,   etacs  heiligen  Ganzen,  daher  die  babylonische  Astrologk 
Siebeonhl  r^ieich  ru  einem  Sx-mbol  des  Kosmos  erhob,  der 
iuch  ia  Urem  ^bexistutigen  Tunnbau  zu  veranschaulichen  sn 
\  on   da  ^us  war  nun  die  Heiligung  der  Zahl  als  solcher  gcgt 
A\s   die   Gesamtheit  der  Götter,   als  das  Ganze  des   Kosmos 
als  die  Zusammenfassung  aller  in  Beschwörungen  und  Opfern  k 
liebenden    Wünsche   \iTrd   diese   Zahl    selbst   zum    Ausdruck 
höchsten  Krait  und  der  äußersten  Steigerung,  deren  überhaupt 
Begrin  tahig  ist*.    So  übertrug  man  denn  auch  die  Sieben  woo 
ch  auf  alles,  was  überhaupt  eine  Gliederung  in  mehrere  Tefle  < 
Unterbegfriife  zulaßt:    es   gibt   sieben  Himmelszonen    und   Weltl 
sieben  Flüsse,  Winde  und  Metalle,  sieben  Farben  und  Töne  us 
Diese  einzelnen  Reihen   suchte  man  dann  wieder  zu   kombiniei 
jedem  Gott  entspricht  ein  Metall,  jedem  Metall  eine  Farbe  usw., 
dehungen«  die  noch  in  die  mittelalterliche  Astrologie  und  Alcfac 
hereinreichen.    Aus  dieser  Überfülle  der  Anwendungen  der  Siel 
z.üil  sind  immerhin  nur  einzelne  auf  die  andern  Völker  und  besonc 
auch  auf  die  des  Westens  übergegangen.    Doch  ist  dies  gerade 
den    Ausgangs-    und  Endpunkten  jener  Reihe   geschehen:    bei 
siebentägijjon  Woche,  den  sieben  Planeten  und  ihren  Göttern  und  < 
allerdings  erst  in  neubabylonischer  Zeit  entstandenen  sieben  Himmc 
sowie  auf  der  andern  Seite  bei  den  sieben  Farben  und  Töneni 
bis  zum   heutigen  Tage   fiir  die  Farben  des  Sonnenspektnuns   u 
für  die  Töne  der  siebenstufigen  Oktave  stehen  geblieben  sind.    De 
haben  in  diesem  letzteren  Fall  wohl  erst  die  Pythagoreer  den  weitei 
wichtigen   Schritt   getan,    daß   sie  nach   der  Länge  der   Saiten   d 
Heptachords  die  sieben  Töne  auf  eine  quantitative  Gesetzmäßigkeit  2 
rückfiihrten,  die  sie  nun  auch  auf  die  Entfernungen  der  sieben  Planete 
Sphären  übertrugen.    Ihre  Idee  der  > Sphärenharmonie«  bildete  so 
doppelter  Beziehung   einen  Übergang  von  der  noch   in   der   reine 
Zahlenmystik  befangenen  babylonischen  Astrologie  zur  Idee  der  madii 
matischen  Gesetzmäßigkeit  der  Naturerscheinungen:  erstens  sind   s 
die  ersten,  die  die  Herrschaft  der  Zahl  in  den  ü-dischen  Erscfaeinunge 

'i  Hehn,  a.  a.  O.  S.  i6flf. 

*    Jensen.   Kosmologie   der  Babylonter.   dass.  Winckler.  Die  Weicanschanan^  de 

Alten  Orients.  S.  522  ff. 


Die  Wanderungen  des  Mythos.  e^e 

tatsächlich  nachzuweisen  suchten,  und  zweitens  beginnt  bei  ihnen  über- 
haupt zum  erstenmal  der  Zahlzauber  der  altorientalischen  Astrologie 
dem  Gedanken  einer  den  Kosmos  beherrschenden  universellen  Gesetz- 
mäßigkeit zu  weichen.  Es  ist  ein  ähnlicher  Schritt,  wie  ihn  die  Hippo- 
kratiker  taten,  als  sie  die  alte,  von  den  Babyloniem,  Ägyptern  und 
Indem  nie  überwundene  Zaubermedizin  durch  eine  naturwissenschaft- 
liche Auffassung  der  Krankheiten  wie  der  Heilkräuter  zu  ersetzen  be- 
gannen, und  es  geschah  in  der  Fortführung  des  p}rthagoreischen  Welt- 
bildes, daß  Plato  und  Eudoxos  das  Prinzip  der  Zusammensetzung 
der  Bewegungen  auf  die  kosmischen  Bewegungen  anwandten,  und 
Hipparch  die  Präzession  der  Tag-  und  Nachtgleichen  exakt  bestimmte. 
So  sind  die  Babylonier  die  Begründer  der  Astrologie,  die  Griechen 
aber  die  der  wissenschaftlichen  Astronomie  geworden.  Nach  den  all- 
gemeinen Gesetzen  geistiger  Entwicklung  mußte  fi-eilich  die  Astrologie 
ebenso  der  Astronomie  wie  die  Zaubermedizin  der  wissenschaftlichen 
Heilkunde  vorausgehen '). 

Mit  dem  Ursprung  der  Sieben  hängt,  wie  oben  schon  angedeutet, 
die  der  Zwölf  als  einer  heiligen  Zahl  nahe  zusammen.  Denn  beide, 
die  Siebenerwoche  wie  die  Jahresteilung  in  zwölf  Monate,  gehen  in- 
sofern auf  eine  gemeinsame  Quelle  zurück,  als  ihnen  das  Streben  zu- 
grunde liegt,  Mondlauf  und  Sonnenlauf  zu  einander  in  Beziehung  zu 
bringen.  Freilich  scheitert  dieses  Streben  schließlich  notwendig  an 
der  Unmöglichkeit,  die  gesuchte  Übereinstimmung  wirklich  herzustellen. 
Doch  ist  diese  fiir  die  Anfange  astronomischer  Beobachtungskunst 
immerhin  groß  genug,  um  den  Gedanken  an  die  Existenz  einer  solchen 
Harmonie  zwischen  dem  Lauf  beider  Gestirne  nicht  aufzugeben.  So 
entstehen  die  fortwährenden  Versuche,  durch  Einschaltungen  am  Ende 
des  Jahres  die  Differenz  zwischen  dem  aus  der  Addition  der  1 2  Mond- 
umläufe entstehenden  Jahr  und  dem  wirklichen  Sonnenjahr  auszu- 
gleichen, Versuche,  die  mit  dem  Sieg  des  wirklichen  Sonnenjahrs 
und  der  Einführung  einer  unabhängig  vom  Mondlauf  festgestellten 
Monatsgröße  geendet  hat.  In  engem  Zusammenhang  mit  diesen  Be- 
strebungen stehen  die  schon  in  früher  Zeit  beginnenden,  aber  spät 
erst  zur  Vollendung  gelangten  Versuche  zur  Feststellung  des  Gangs 

'    Hinsichtlich  der  Bedeutung  der  heiligen  Zahlen   fUr  EnUtehnng  der  Tonleiter 

vgl.  Teil  I,  S.  446  fr.  (2.  Aufl.  Bd.  3,  S.  473  ff.)- 

Wundt,  Volkerpsychologie  II,  3.  3S 


e^6  ^^^  Natarxnythiis. 


der  großen  Gestirne  durch  ihre  Orientierung  nach  bestiinmten  Stern- 
bildern, dem  von  den  Babyloniem  zuerst  eingeführten  System  der 
zwölf  den  Monaten  entsprechenden  Bilder  des  Tierkreises').  Indem 
aber  auch  bei  dieser  Substitution  die  alte  Zwölfzahl  der  Monate  fest- 
gehalten wurde,  hat  diese  ihre  Bedeutung  als  heilige  Zahl  durch  alle 
Zeiten  bewahrt,  wenn  sie  auch  als  solche  hinter  der  Sieben-  und 
Dreizahl  zurücksteht.  Sie  begegnet  uns  in  den  Zwölfgötters3rstenien 
der  Griechen  und  Römer,  in  den  zwölf  Stämmen  Israels,  den  zwölf 
Söhnen  Jakobs,  den  zwölf  Jüngern  Jesu.  So  ist  die  Zwölf  überhaupt 
zu  der  herkömmlichen  Zahl  geworden,  zu  der  man  eine  Personen- 
gruppe, auch  wo  diese  nicht  rein  legendären  Ursprungs  ist,  mit  Vor- 
liebe abrundet. 

h.  Die  heiligen  Zahlen  der  Nenen  Welt. 

Stehen  so  in  der  Alten  Welt  die  Sieben  und  die  Zwölf  als  heilige 
Zahlen  von  wahrscheinlich  singulärem  Ursprung  der  Drei  und  der 
Neun  als  solchen  von  allgemeinerem  gegenüber,  so  lieg^  nun  aber 
darin  gleichwohl  noch  keineswegs  eingeschlossen,  daß  deshalb  die 
letzteren,  ähnlich  wie  manche  andere  mythische  Motive,  über  alle 
Länder  und  Völker  der  Erde  verbreitet  wären.  Vielmehr  ist  es 
höchst  bemerkenswert,  daß  in  allen  den  magischen  Bedeutungen,  in 
denen  in  der  Alten  Welt  die  Drei  die  herrschende  Zahl  ist,  bei  den 
Ureinwohnern  der  Neuen  Welt  die  Vier  die  gleiche  Rolle  spielt 
Wo  man  zu  einer  Vervollständigung  derselben  greift,  da  ist  dann  in 
der  Regel  nicht  die  Neun,  sondern  die  Sechs  die  nächstheilige  Zahl. 
Wo  also  der  Babylonier  und  Ägypter  drei  Götter  zu  einer  Einheit 
zusammenfaßt,  da  wählt  der  Indianer  vier.  Führt  jener  ein  Gebet, 
eine  Beschwörung,  eine  Zauber-  oder  Reinigungszeremonie  dreimal 
aus,  so  geschieht  dies  hier  viermal  usw.  Diese  Herrschaft  der  Vier 
erstreckt  sich  von  den  Eskimos  im  Norden  bis  zu  den  Natur-  und 
Kulturvölkern  des  Südens,  unter  denen  die  alten  Inkas  das  Vier- 
system am  konsequentesten  über  alle  Gebiete  des  Kultus,  des  öffent- 


M  über  die  interessante,  hier  aber  zn  weit  abliegende  Frage  der  Entstehang 
des  Tierkreises  vgl.  F.  BoU,  Sphära.  Neue  griech.  Texte  und  Untersuchungen  zur 
Geschichte  der  Sternbilder,  1903,  S.  181  ff.  und  über  den  Zusammenhang  der  Zeichen 
mit  dem  babylonischen  Idzdubar- (Nimrod-)  Mythus  A.  Jeremias  in  Roschers  Mythol. 
Lexikon,  II,  S.  Siyf. 


Die  Wanderungen  des  M3rthii8.  547 

liehen  und  privaten  Lebens  ausgedehnt  hatten ').  Der  Ursprung  dieser 
heiligen  Zahl  tritt  uns  deutlich  in  den  Kultzeremonien  vieler  Pueblo- 
indianer  und  mancher  nordamerikanischer  Stämme  entgegen.  Bei 
ihnen  sind  es  die  vier  Hauptrichtungen  der  Winde  und  des  von  ihnen 
abhängigen  Zugs  der  Wolken,  von  denen  die  Heiligung  der  Vierzahl 
ausging.  Nun  sind  natürlich  die  vier  Windrichtungen  subjektiv  nach 
den  vier  Richtungen  des  menschlichen  Körpers  orientiert:  die  Unter- 
scheidung von  vom  und  hinten,  von  rechts  und  links  ist  es  ja,  die 
auch  die  Gegenstände  nach  vier  Hauptrichtungen  unterscheiden  läßt. 
Dazu  kommen  dann  als  objektive  Motive  der  Auf-  und  Untergang 
der  Sonne  und  die  Beziehung  gewisser  Winde  zum  Wechsel  der 
Witterung.  Mit  Ost  und  West,  den  Richtungen  des  Sonnenlaufs,  sind 
auch  Nord  und  Süd  gegeben.  Vor  allem  in  den  regenarmen  Ge- 
bieten der  Puebloländer  wendet  sich  daher  bei  den  Kultfesten  der  In- 
dianer nach  Sonnenaufgang,  um  die  Wind-  und  die  Wolkengötter 
auzurufen.  Dazu  tritt  endlich  als  eine  weitere  Scheidung  die  von 
oben  und  unten,  von  Himmel  und  Erde  oder  Unterwelt  So  richten 
die  Priester  und  die  Kultgenossen  der  Medizingesellschaften  Neu- 
Mexikos  ihre  Gebete  und  Beschwörungen  nicht  nur  nach  Norden  und 
Süden,  sondern  auch  nach  dem  Zenith  und  dem  Nadir').  Bei  den 
großen  Kultfesten  der  Navajos  wiederholt  sich  die  Vierzahl  in  er- 
müdender Einförmigkeit:  vier  große  Schwitzhäuser  werden  an  vier  auf- 
einanderfolgenden Tagen  gebaut,  jedes  ist  auf  4  Pfählen  errichtet  und 
400  Fuß  von  dem  Hauptraum  entfernt,  vier  Rohre  werden  auf  einen 
Altar  gelegt,  aus  denen  Kranke,  die  Heüung  suchen,  die  Medizin  zu 
nehmen  haben  usw.  Auf  der  gfroßen  den  Festplatz  schmückenden 
Sandzeichnung,  die  den  Kosmos  darstellt,  erblickt  man  vier  mit  ihren 
Köpfen  nach  den  vier  Himmelsrichtungen  gekehrte  männliche  Gott- 
heiten und  inmitten  des  von  ihnen  umschlossenen  Raumes  vier  Götter- 
paare, wieder  mit  den  Häuptern  nach  den  vier  Himmelsrichtungen 
gekehrt.   Daneben  kommen  Göttergruppen  zu  6,  3  und  7  vor,  jedoch 


')  Eine  kurze  ZusammensteUung  dieser  in  der  amerikanischen  Ethnologie  und 
Geschichte  überall  wiederkehrenden  Heiligung  der  Vier  gibt  D.  G.  Brinton,  The  Myths 
of  the  New  World^,  1905,  p.  83«".  Ober  die  andern  Zahlen,  namentlich  die  Drei, 
Sieben  und  Neun,  die  für  die  Frage  der  Wanderung  von  besonderem  Interesse  sind, 
vgl.  neben  andern,  unten  zn  erwähnenden  Angaben  Cyms  Thomas,  Nomeral  Systems 
of  Mexiko  and  Central  Amerika,  Ethn.  Rep.  XIX,  2,   1900,  p.  859  ff. 

'    M.  C.  Stevenson,  Ethn.  Rep.  XI,  1894,  p.  122  ff.,  Taf.  23. 

35* 


:^ 


^^3  Der  Natnrmythas. 


in  sehr  viel  geringerer  ZahPj.     Dabei  scheint  aber  hier  die  Sieben 
ebenfalls  auf  die  Richtungen  des  Raums  zurückzugehen,  indem  zu  den 
sechs  Weltrichtungen  das  Zentrum,  in  welchem  sie  sich  durchkreuzen, 
hinzugenommen  wird.   Doch  kann  dies  natürlich  ebenso  gut  als  eine 
Angliedenmg  der  eingewanderten  Zahl  an  die  einheimische   Sechs, 
wie    als    eine   selbständige   Entstehung    gedeutet    werden;    und   im 
Hinblick  auf  die  relativ  geringe  Verbreitung  der  Sieben  ist  wohl  das 
erste  das  wahrscheinlichere.   Wie  in  der  Alten  Welt,  so  ist  dami  auch 
hier  die  Anwendung  der  heiligen  Zahlen   und   ihre  Übertragung  auf 
alle  möglichen  Verhältnisse  mit  der  steigenden  Kultur  eine  immer 
reichere  geworden.     Vier  m)^hische  Brüder  feierte  die  Legende  der 
Azteken  wie   der  Inkas  als  Kulturbringer.     Vier  Götter  stehen  nach 
dem  Mythus  der  Mayas  an  den  Enden  der  als  Viereck  gedachten 
Welt,   um  den  Himmel  zu  halten.     Das  Kreuz,  das  die  ersten  Mis- 
sionare  in  den  Tempeln  von  Peru  und  Mexiko  in  E^taunen  setzte, 
hat   den   gleichen  Ursprung:    es   repräsentiert   mit   den   vier  Welt- 
richtungen die  vier  Hauptgötter.     Daneben  fehlen  auch  bei  diesen 
Kulturvölkern   die    heiligen  Zahlen   der  Alten  Welt,    die  Drei,    die 
Sieben  und  die  Neun,   nicht  ganz.     Immerhin  treten  sie  doch  weit 
zurück.     Auch  hier  überwiegt  daher  die  Wahrscheinlichkeit,    daß  sie 
eingewandert  sind,  was  ja  schon  für  die  vorkolumbische  Zeit  keines- 
wegs ausgeschlossen  ist'). 

']  J.  Stevenson,  Ethn.  Rep.  Vm,  1891,  p.  235 ff.  Bild  des  Kosmos  Taf.  121, 
p.  262.  Grappen  zu  drei  Göttern  Taf.  123,  za  sieben  Taf.  122.  Ebenso  Grappen  zu 
sieben  Göttern  bei  einigen  Siouxstämmen,  J.  O.  Dorsey,  Ethn.  Rep.  XI,  1894,  p.  372. 
Es  kommt  dabei  wie  bei  andern  Analogien  mit  den  Mythen  der  Alten  Welt  in  Be- 
tracht, daß  neben  den  Völkern  des  mexikanischen  Golfs  am  Ehesten  die  Irokesen 
und  die  ihnen  benachbarten  östlichen  Stämme  der  europäischen  Einwirkung  zngänf^ 
lieh  geworden  sind,  und  daß  bei  den  gleichen  Stämmen  unverkennbar  auch  jene 
heiligen  Zahlen  der  Alten  Welt  am  häufigsten  vorkommen.  Aber  auch  die  hierher 
gehörigen  Erscheinungen  bei  entlegeneren  Völkern,  wie  z.  B.  das  von  G.  Dorsey  bei 
den  Pawnee  aufgezeichnete  Märchen  von  sieben  Geschwistern,  die  in  die  Plejaden 
verwandelt  wurden,  weisen  zum  Teil  direkt  auf  eine  altweltliche  Einwanderung  hin 
Dorsey,  The  Pawnee,  p.  489). 

^j  Es  ist  wohl  möglich,  daß  der  eigenartige  Kalender  der  Mayas,  der  dereinst 
den  ganzen  mexikanischen  Kulturkreis  beherrscht  hat,  mit  diesen  Verhältnissen  zn- 
sammenhängt.  Der  Mayakalender  hat  nämlich  ein  reines  Sonnenjahri  dessen  Teile 
ohne  jede  Rücksicht  auf  den  Mondlauf  bestimmt  sind.  Das  Jahr  zerfällt  in  18  solche 
>  Monate  €  zu  je  20  Tagen,  denen  am  Schluß  5  Tage  zugezählt  werden,  eine  Einrich- 
tung,   die   einigermaßen   an   die  Entstehung   des  Lustrums  der  Römer   erinnert  (siehe 


Die  Wanderangen  des  Mythus.  e^O 

Werfen  wir  einen  Rückblick  auf  die  Gesamtheit  dieser  Erschei- 
nungen,  so  läßt  sich   wohl  von  keiner  einzigen  der  heiligen  Zahlen 


oben  S.  532}.  Die  20  Tage,  deren  jeder  durch  ein  bestimmtes  Bildzeichen  charak- 
terisiert ist,  sind  offenbar  der  ehemals  bei  diesen  Völkern  herrschenden  Vigesimal- 
Zählung  entnommen.  Außerdem  besteht  aber  eine  fortlaufende  Zählung  in  Grappen 
von  je  13  Tagen,  fUr  die  die  ersten  13  Zahlzeichen  verwendet  werden.  Nun  ergibt  sich, 
daß  bei  einer  solchen  doppelten  Einteilung  in  20  Bilder  oder  Namen  und  in  13  Ziffern 
nach  je  einer  Periode  von  260  Tagen  die  gleiche  Ziffer  wieder  auf  denselben  Namen 
fällt,  wobei  sich  dann  diese  260  Tage  in  5  Grappen  von  52  Tagen  zerlegen  lassen. 
Dagegen  trifft  die  gleiche  Ziffer  mit  demselben  Namen  und  zugleich  mit  demselben 
Tag  des  Jahres  erst  nach  52  Jahren  zusammen.  Demnach  scheint  bei  den  alten 
Mexikanern  und  den  Mayas  von  Guatemala  die  Zahl  52  sowohl  für  die  Tages-  wie 
für  die  Jahresperiode  eine  magische  und  rituelle  Bedeutung  besessen  zu  haben:  die 
Tagesperiode  als  Opfer-,  die  Jahresperiode  als  Weltperiode.  Daß  bei  der  Entstehung 
dieses  Kalenders  neben  dem  Vigesimalsystem  die  heiligen  Zahlen  eine  Rolle  gespielt 
haben,  ist  danach  nicht  zu  bezweifeln.  Dunkel  ist  zunächst  nur,  wie  die  2^ahl  13  zu 
ihrer  Bedeutung  gekommen  ist.  Förstemanns  Hereinziehung  der  Siebenzahl,  für  die 
in  dem  Kalender  selbst  keine  Anhaltspunkte  gegeben  sind,  erscheint  allzu  unsicher 
[Förstemann,  Erläuterangen  zur  Mayahandschrift  der  Bibliothek  zu  Dresden,  1886. 
Cyrus  Thomas,  Mayan  Calendar  Systems,  Ethnol.  Rep.  XDC,  2,  1900,  p.  733  ff.).  Viel- 
leicht läßt  sich  der  Ursprung  samt  dem  Verhältnis  der  nebeneinander  hergehenden 
Tageszählungen  folgendermaßen  deuten:  Bei  der  ursprünglichen  Tageszählung  der 
Mayas  blieb  das  Jahr  überhaupt  außer  Rücksicht.  Für  dieses  mochten  etwa,  wie  es 
noch  jetzt  bei  primitiveren  Völkern  geschieht,  die  Punkte  der  Frühlings-  und  Herbst- 
sonnenwende genügen.  Die  Tageszählung  erstreckte  sich  aber  nur  Über  die  Zeit 
eines  Mondumlaufs,  die  nach  dem  Vollmond  in  zwei  gesondert  gezählte  Hälften  ge- 
teilt war:  in  die  Tage  des  zunehmenden  und  in  die  des  abnehmenden  Mondes.  Fiel 
der  beide  Hälften  scheidende,  bei  primitiven  Völkern  besonders  geheiligte  Vollmondi- 
tag,  der  einer  in  gewissem  Umfang  immerhin  schon  stattfindenden  Monatszählnng 
dienen  mochte,  hinweg,  so  ergab  sich  13  +  i  +  ^3  =  27  d.  h.  die  Zahl  der  Tage  des 
siderischen  Monats.  Als  dann  die  Priester  eine  Jahreseinteilung  erfanden,  teilten  sie 
zunächst  das  Jahr  nach  dem  landesüblichen  Vigesimalsystem  in  Grappen  von  20  Tagen, 
deren  sich  18  nebst  einem  Rest  von  5  =  ***/4  Tagen  ergaben.  Indem  nun  diese  aus- 
schließlich vom  Sonnenlauf  abhängige  Zählung  mit  ihren  für  die  20  Tage  einer  Grappe 
eingeführten  Namen  bzw.  Bildern  die  ältere  Mondzählung,  wahrscheinlich  nicht  ohne 
den  Einfluß  der  sich  wandelnden  mythologischen  Motive,  verdrängte,  ohne  doch  die 
Zählung  nach  den  13  Ziffern  selbst  zu  verdrängen,  ging  diese  letztere  nach  dem 
Vorbild  der  Bilderzählnn^;  in  eine  »rollende«,  d.  h.  von  den  ursprünglichen  Anfangs- 
und Endpunkten  unabhängig  gewordene  Zählung  über.  Daraus  entstand  dann  die 
Periode  von  260  Tagen,  die  in  5  Teile  geteilt  die  Unterperiode  von  52  Tagen  ergab. 
Diese  bildete  mit  der  großen  Periode  von  52  Jahren,  nach  deren  Ablauf  jedetnud 
Tagesziffer,  Tagesname  und  Jahrestag  zusammenfielen,  eine  Koinzidenz,  der  eine  solche 
mit  Zahlenmystik  verwebte  2^itrechnung  natürlich  eine  besondere  Bedeutung  beilegen 
mußte.  Dies  spricht  sich  denn  auch  darin  aus,  daß  die  Azteken  die  Periode  von  $2  Jahren 
als  eine  Art  Wcitjahr  betrachteten,  nach  dessen  Ablauf  eine  große  Weltkatattrophe 
erwartet  wurde.    Spuren  einer  einstigen  Zweiteilung  des  Monats,  wie  üt  die  hier  an- 


ccQ  Der  Naturmythiis. 


behaupten,  daß  sie  etwa  in  ähnlichem  Sinne  Allgemeing^tigkeit  b< 
sitze  wie  die  Vorstellungen  von  der  Psyche  in  Atem  und  Traumbil 
oder  von  den  Dämonen  der  Winde,  der  Einöden  u.  dgL  Selbs 
die  Drei,  soweit  sich  auch  ihre  Heiligkeit  erstrecken  mag,  tritt  i 
grroßen  Gebieten  der  Neuen  Welt  ganz  gegen  die  Vier  zurück,  di 
sich  ihrerseits  in  der  Alten  keine  erhebliche  Geltung  erringren  konnte 
Ähnliches  gilt  von  der  Sieben  und  der  Neun.  Unter  diesen  Zahle 
haben  einzelne,  wie  die  Sieben,  allem  Anscheine  nach  einen  singu 
lären,  andere,  wie  die  Drei  und  wahrscheinlich  auch  die  Neun,  eine 
generelleren  Ursprung.  Ebensowenig  läßt  sich  aber  sagen,  daß  ein 
bestimmte  heilige  Zahl  von  einer  bestimmten  Anschauung,  etwa  vo: 
einer  zeitlichen,  ausgegangen  sei.  So  hat  die  heilige  Drei  sichtlid 
mehrere  ganz  verschiedene  Ursprungsmotive,  die  sich  mindestens  unte 
drei  allgemeine  Gesichtspunkte  ordnen  lassen.  Die  Sieben  ist  zwa 
in  der  Alten  Welt  wahrscheinlich  von  der  Monatseinteilung  aus 
gegangen;  aber  in  der  Neuen,  mag  sie  hier  nur  assimiliert  oder  un 
abhängig  entstanden  sein,  liegen  ihr  jedenfalls  die  vier  Himmeb 
richtungen  mit  ihren  drei  Ergänzungen,  Oben,  Unten  und  Zentrum 
also  rein  räumliche  Motive,  zugrunde.  So  bleibt  als  das  allen  Völ- 
kern Gemeinsame  nur  dies,  daß  überhaupt  die  Neigung  besteht,  ge- 
wissen Zahlen  eine  heilige  Bedeutung  zuzuschreiben.  Wohl  muß  dii 
Stufe  der  primitivsten  Kultur  einigermaßen  überschritten  sein,  wem 
dieser  Gedanke  überhaupt  aufkommen  soll.  Doch  sobald  die  Zahler 
eine  erhebliche  praktische  Bedeutung  gewinnen,  entsteht  er,  und  vor 
da  an  greifen  nun  mystische  Heiligung  der  Zahl  und  praktische  An- 


genommene Entstehung  der  13  voranssetzt,  haben  sich  übrigens  noch  bei  vielen  Kultur^ 
Völkern  der  Alten  Welt,  besonders  in  der  Sitte,  die  Tage  in  der  ersten  Monatshftlfte 
aufsteigend,  in  der  zweiten  absteigend  zu  zählen,  erhalten  (Usener,  Dreihcit,  S.  333  f.). 
Es  ist  klar,  daß  dabei  der  Vollmond  das  halbierende  Mittelglied  bilden  maßte,  das,  wefl 
sich  in  ihm  beide  Zählungen  begegneten,  leicht  überhaupt  ans  der  2^hlang  der  Tage 
herausfallen  konnte.  Unter  den  weiteren  Komplikationen,  die  durch  die  Gruppierung 
nach  der  Vier-  und  der  Fünfzahl  in  diesem  System  entstehen,  und  die  wahrscheinlich 
nur  eine  mystisch-rituelle  Bedeutung  besitzen  (vgl.  die  TabeUen  bei  Cyrus  Thomas, 
a.  a.  O.  p.  702  ff.),  sind  noch  einige  von  Preuß  aus  mexikanischen  Bilderschriften  an- 
geführte bemerkenswert,  die  neben  der  Vier  auch  die  Sieben  und  die  Neun  zur  Her- 
stellung von  Zyklen  verwenden  (Preuß  bei  Röscher,  a.  a.  O.  S.  80),  Zahlenspekulationen, 
die  übrigens  ganz  den  Eindruck  erwecken,  als  sei  hier  der  Versuch  gemacht  worden, 
diese  dem  Kalendersystem  ursprünglich  nicht  homogenen,  also  wahrcheinlich  von  außen 
zngeführten  heiligen  Zahlen  demselben  zu  assimilieren. 


Die  Wanderangen  des  Mythni.  eei 

Wendung  fortwährend  ineinander  ein.  Insbesondere  ist  es  aber  die 
Vielseitigkeit  und  Mannigfaltigkeit  der  Anwendungen,  die  neben  all- 
gemeinen ästhetischen  und  teleologischen  Motiven  einzelnen  Zahlen 
einen  Vorzug  vor  andern  verschafft.  Darin  liegt  dann  zugleich  der 
Grund,  weshalb  die  heiligen  Zahlen  selbst  wieder  eine  Stufenfolge  der 
Heiligkeit  zu  bilden  pflegen,  und  weshalb  sie  in  dieser  Beziehung  in 
einen  gewissen  Wettstreit  miteinander  treten  oder  auch  im  Wandel 
der  dominierenden  Motive  einander  verdrängen  können,  wie  das  be- 
sonders bei  den  Kulturvölkern  der  Alten  Welt  das  allmähliche  Zurück- 
treten der  Neun  hinter  der  siegreichen  Sieben  und  dann  teilweise 
wieder  das  der  letzteren  gegenüber  der  alle  andern  in  ihrer  Heilig- 
keit überdauernden  Drei  zeigt. 

Was  aber  in  diesem  Wandel  der  Erscheinungen  als  konstante 
Bedingung  zurückbleibt,  ist  dies,  daß  der  Vorgang  der  Heiligung 
stets  ein  ZusammentrefTen  subjektiver  und  objektiver  Motive  ver- 
langt, wie  ja  das  Zählen  selbst  schon  Objekte  voraussetzt,  die  ge- 
zählt werden,  und  die  Verbindung  dieser  Objekte  im  Denken.  Diese 
Bedingungen  steigern  sich  nun  bei  der  Entstehung  einer  heiligen  Zahl 
auf  beiden  Seiten:  auf  der  objektiven,  indem  mit  der  Erweiterung 
ihrer  Anwendungen  die  Motive  ihrer  Bevorzugung  wachsen,  auf  der 
subjektiven,  indem  bei  ihr  spezifische  intellektuelle  und  ästhetische 
Wertgefuhle  die  Verbindung  der  in  der  Zahl  zusammengefaßten  Ob- 
jekte begleiten.  So  bildet  schon  die  fortwährende  Wiederholung  der 
Sieben  in  der  Abzahlung  der  Wochentage,  wie  sie  ursprünglich  durch 
die  Vierteilung  des  Lichtwandels  der  Mondscheibe  hervorgerufen  wird, 
ein  äußerst  wirksames  objektives  Mittel  zur  Hebung  des  Bedeutungs- 
inhaltes dieser  Zahl.  Daß  die  Siebenzahl  der  Planeten  dem  gleichen 
Zahlenschema  sich  fügt,  und  daß  weiterhin  gewisse  Sternbilder,  wie 
die  Plejaden,  ihm  nahe  genug  kommen,  um  es  gleichfalls  anzu- 
wenden, erhöht  diese  Wirkung.  Damit  beginnt  dann  aber  das  sub- 
jektive Motiv  ästhetischer  und  teleologfischer  Befriedigung  an  der 
dieser  Ordnung  gehorchenden  Mannigfaltigkeit  der  sichtbaren  wie  der 
unsichtbaren  Welt  wirksam  zu  werden.  Die  sieben  Himmel  und  die 
sieben  Höllen,  die  sieben  Weltreiche  und  die  sieben  Weltalter,  schlieO- 
lich  die  sieben  Metalle,  die  sieben  Farben  und  die  sieben  Töne:  sie 
alle  sind  Rückstrahlungen  jenes  zuerst  von  außen  empfangenen  Mo- 
tivs,  die  die  Herrschaft  der  Siebenzahl  und  den  an  sie  gebundenen 


j^2  ^^^  Natnnn3rthiis. 


Eindruck  steigern,  um  mehr  und  mehr  der  Zahl  selbst  einen  magi- 
schen und  mystischen  Wert  zu  verleihen.  Alle  diese  objektiven  und 
subjektiven  Motive  sind  es  zugleich,  die  ebensowohl  die  spontane 
Entstehung  der  Heiligkeit  ermöglichen,  wie  sie  in  andern  Fällen,  wo 
sie  von  auOen  zugeführt  wird,  ihre  Assimilation  unterstützen.  Auf 
diese  Weise  bilden  schließlich  die  heiligen  Zahlen  besonders  deut- 
liche Belege  fiir  eben  diesen  Zusammenhang  der  Wanderfahigkeit  der 
Mythen  mit  der  ihnen  entgegenkommenden  Aufnahmefahig-keit  und 
der  letzteren  wieder  mit  der  Kraft  ihrer  spontanen  Entstehung.  Sic 
zeigen,  wie  diese  Trias  psychischer  Motive  eigentlich  immer  ver- 
bunden sein  muß,  wenn  irgend  ein  mythisches  Gebilde  eine  weiter- 
greifende Bedeutung  gewinnen  soll.  Mag  dieses  Zusammenwirken  die 
Entscheidung  der  Frage,  ob  das  eine  oder  das  andere  stattgefunden 
habe,  erschweren :  es  nimmt  ihr  auf  der  andern  Seite  einen  Teil  der 
Bedeutung,  die  man  ihr  vom  Standpunkt  der  WanderhypoÜiese  aus 
beigelegt  hat. 


rv.  Die  Jenseitsvorstellungen. 

I.  Allgemeine  Entwicklung  der  Jenseitsvorstellungen. 

Die  Vorstellung  von  einem  »Jenseitsc,  von  einer  Welt,  die  in 
einer  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  dem  Menschen  unzugränglichen 
Ferne  liegt,  in  die  er  aber  auf  irgend  einem  ungewöhnlichen  W^e 
nach  dem  Tode  oder  ausnahmsweise  auf  kürzere  2^it  auch  schon 
während  seines  Lebens  gelangen  kann,  ist,  wenn  nicht  eine  allgemein- 
gültige, doch  eine  so  weit  verbreitete,  daß  sie  zu  den  regelmäßigsten 
Bestandteilen  mythologischer  Vorstellungen  gezählt  werden  kann. 
Sie  bildet  aber  zugleich  ein  wichtiges  Mittelglied  zwischen  den  beiden 
in  den  letzten  Kapiteln  betrachteten  Gruppen  mythologischer  Gebilde, 
zwischen  den  Seelenvorstellungen  und  dem  Naturmythus,  denen  sie 
im  Grunde  gleichzeitig  angehört.  Denn  einerseits  wird  das  Jenseits 
als  ein  Teil  der  Natur  gedacht,  als  ein  Land  auf  der  Erde,  über 
oder  unter  der  Erde;  anderseits  aber  gilt  es  als  der  Ort,  zu  dem  die 
Seelen  nach  dem  Tode  gelangen,  oder  zu  dem  sie  während  des 
Lebens  zeitweise  entrückt  werden  können.    Immerhin  bleibt  innerhalb 


Allgemeine  Ent wicklang  der  Jenseitsvorstellnngen.  ees 

dieser  Zwischenstellung  die  Naturseite  die  vorwaltende,  weil  die  For- 
men, in  denen  das  Jenseits  vorgestellt,  und  die  mythologischen  Bilder, 
mit  denen  es  von  der  Phantasie  ausgestattet  wird,  durchaus  dem  son- 
stigen Rüstzeug  naturmythologischer  Vorstellungen  entlehnt  sind. 

Wie  die  Seele  selbst,  als  deren  künftiger  oder  zeitweiser  Aufent- 
haltsort das  Jenseits  gilt,  den  nächsten  Schauplatz  ihrer  Wirksamkeit 
im  Diesseits,  im  wirklichen  Leben  hat,  so  spiegelt  sich  nun  auch  in 
den  Vorstellungen  vom  Jenseits  naturgemäß  überall  nur  das  Dies- 
seits mit  seinen  Freuden  und  Leiden  und  mit  der  äußeren  Naturum- 
gebung, die  der  irdischen  Welt  angehört.  Nur  ist  diese  jeweils 
nach  den  Affekten  der  Hoffnung  und  Furcht,  der  Liebe  und  des 
Hasses,  die  an  das  eigene  oder  an  ein  fremdes  Geschick  geknüpft 
sind,  phantastisch  umgestaltet.  Darin  liegt  ein  frühe  schon  wirksam 
werdendes  Motiv  zur  Vervielfältigung  dieser  phantastischen  Bilder, 
die  nach  eben  jenen  Affekten  voneinander  geschieden  werden.  Wenn 
in  der  diesseitigen  Welt  in  buntem  Wechsel  Gutes  und  Schlimmes 
sich  mischen,  so  weisen  daher  die  Vorstellungen  vom  Jenseits  einem 
jeden  der  beiden  Grundrichtungen  menschlicher  Affekte  ihr  beson- 
deres, von  dem  andern  abgesondertes  Reich  an,  und  in  der  Weiter- 
führung dieser  Scheidung  pflegt  es  dann  auch  noch  innerhalb  jedes 
der  beiden  Hauptgebiete  des  Jenseits  an  Abstufungen  und  Unterab- 
teilungen nicht  zu  fehlen.  So  wird  dieses  auf  der  Höhe  seiner  Aus- 
bildung zu  einer  kaleidoskopartig  vervielfältigten  und  gesteigerten 
Kopie  der  Wirklichkeit,  bei  der  jedes  Bild  aus  dieser  die  Züge  her- 
ausnimmt, die  einer  bestimmten  Gefuhlsrichtung  und  der  ihr  eigenen 
Wertabstufung  entsprechen.  Aber  die  höchste  Differenzierung  der 
Jenseitsvorstellungen  bildet  dabei  doch  nur  einen  mittleren  Höhepunkt 
zwischen  einer  auf-  und  einer  absteigenden  Entwicklung.  Wo  wir 
überhaupt  auf  einer  frühen  Stufe  geistiger  Kultur  Vorstellungen  von 
einem  Jenseits  begegnen,  ohne  daß  der  gerade  hier  oft  wohlbe- 
gründete Verdacht  äußerer  Beeinflussung  naheliegt,  da  sind  solche 
Vorstellungen  nicht  bloß  überhaupt  unsicher,  sondern  sie  lassen  ins- 
besondere auch  eine  Differenzierung  nach  bestimmten  Affekten  ver- 
missen. Wo  dagegen  umgekehrt  die  spätere  religiöse  Entwicklung 
die  mythologischen  Hüllen  abzustreifen  sucht,  die  den  Kern  religiöser 
Vergeltungsvorstellungen  umgeben,  da  wird  dieses  seines  phantasti- 
schen Schmucks  beraubte  Bild  des  Jenseits  nicht  nur  wiederum  un- 


JJ4-  ^^^  Naturmytliii 


bestimmt,  sondern  es  gehen  ihm  auch  abermals  die  unterscheidende 
Farben  verloren,  in  denen  es  die  Phantasie  auf  jenem  Höhepuid 
erblickte,  wo  der  Mythus  noch  frei  sich  entfalten  konnte.  So  ist  i 
den  Jenseitsvorstellungen  die  alle  Mythenentwicldui^  beherrschend 
Scheidung  in  eine  auf-  und  eine  absteigende  Phase  besonders  deul 
lieh  zu  erkennen.  Diese  Scheidung  wird  eben  hier  schon  um  des 
willen  eine  so  augenfällige,  weil  die  jenseitige  Welt  das  Gebiet  is 
auf  dem  die  mythenbildende  Phantasie  am  freiesten,  ungehemmt  durc 
die  Schranken  der  umgebenden  Wirklichkeit,  sich  ergehen  kam 
Nur  bleibt  sie  natürlich  auch  hier  an  den  Vorrat  einzelner  Vorstel 
lun^selemente  gebunden,  den  ihr  diese  Wirklichkeit  zur  Verfiigunj 
stellt. 

Nicht  bloß  in  dieser  letzten,  den  Erzeugnissen  des  Mythus  wi 
der  Kunst  unabänderlich  anhaftenden  Abhängigkeit,  sondern  auch  i 
den  Gebieten,  die  der  Mythus  dem  Jenseits  anweist,  und  in  den 
Verhältnis,  in  das  er  es  zu  der  umgebenden  Welt  bringt,  erscheiii 
aber  diese  ganze  Entwicklung  als  ein  Weg,  der  im  Diesseits  b^^innj 
dann  in  immer  weitere,  die  äußersten  Leistungen  der  Einbildungs 
kraft  herausfordernde  Fernen  führt,  um  schließlich  wieder  im  Dies 
seits  zu  enden.  Freilich  ist  dabei  dieses  Diesseits  selbst  ein  andere 
geworden.  War  es  in  jenen  Anfängen  ein  von  der  Sorge  für  di 
augenblickliche  Not  umdrängtes  Dasein  gewesen,  in  dem  der  Mensel 
sein  eigenes  Hoffen  und  Fürchten  in  den  ihn  umgebenden  dämoni 
sehen  Geistern  der  Toten  verkörpert  sah,  so  sucht  er  schließlich  du 
Ideale,  die  er  sich  auf  jenen  Wanderungen  der  Phantasie  in  cinei 
übersinnlichen  Welt  errungen,  in  die  umgebende  Wirklichkeit  hinein- 
zutragen, um  in  dem  geistigen,  durch  kein  mythologisches  Bild  zi 
erschöpfenden  Gehalt  dieser  Wirklichkeit  bereits  ein  Jenseits  zu  sehen 
So  ist  es  der  geistige  Inhalt  der  Welt  selbst,  der  in  seinem  uner- 
schöpflichen Sein  und  Werden  in  jedem  Augenblick  zu  dem  Dies- 
seits ein  Jenseits  fordert,  das  in  einer  zukünftigen  Wirklichkeit  zum 
Diesseits  werden  soll. 

Von  den  drei  Hauptabschnitten,  in  die  sich  so  die  Entwick- 
lung der  Jenseitsvorstellungen  zerlegt,  tritt  uns  die  erste,  die  ihrem 
wesentlichen  Inhalte  nach  noch  ganz  im  Diesseits  liegt,  vornehmlich 
unter  Bedingungen  entgegen,  die  infolge  der  Richtung  alles  Sinnens 
und  Denkens  auf  die  fortdauernde  Wirksamkeit  der  Seelen  Verstor- 


AUgemeioe  Entwicklung  der  JenseitsvoTstellnngen.  eee 

bener  in  der  Umgebung  der  Lebenden  zunächst  eine  hemmende  Wir- 
kung auf  die  Entwicklung  der  Jenseitsidee  ausüben.  Natürlich  finden 
sich  solche  Hemmungen  am  häufigsten  bei  primitiveren  Völkern,  von 
denen  sich  daher  im  allgemeinen  sagen  läßt,  daß,  je  ausgeprägter 
bei  ihnen  die  Erscheinungen  des  Animismus  hervortreten,  um  so 
weniger  irgendwelche  Jenscitsvorstellungen  aufkommen.  Das  ist  an 
sich  begreiflich  genug.  Wo  der  Glaube  herrscht,  daß  die  Seele  des 
Verstorbenen  entweder  unmittelbar  in  einen  andern  Menschen,  ein 
Kind  oder  einen  Verwandten  übergehen  könne,  oder  daß  sie  als 
schützender  oder  schädlicher  Dämon  in  der  Nähe  weiterlebe,  oder 
wo  sich  endlich  auch  solche  Anschauungen  bereits  zu  einem  Ahnen- 
kult zu  entwickeln  beginnen,  bei  dem  die  Geister  der  Vorfahren 
ebenfalls  noch  in  der  Nähe  hausend  gedacht  werden,  da  fehlen 
die  Angriffspunkte  für  eine  irgend  zusammenhängende  Entwicklung 
von  Vorstellungen  über  künftige  Aufenthaltsorte  der  Seele.  Nicht 
minder  gehören  zu  solchen  hemmend  auf  den  Jenseitsglauben  ein- 
wirkenden Motiven  die  Vorstellungen  von  der  »Buschseelc«  oder  von 
andern  Schutzdämonen,  die  in  der  Umgebung  ihren  Sitz  haben'). 
In  allen  diesen  Erscheinungen  spiegelt  sich  eine  so  sehr  im  Diesseits 
bleibende  Richtung  der  Vorstellungen,  daß  das  Jenseits  höchstens 
in  unsicher  verschwimmenden  Umrissen  durchscheint,  falls  nicht  eine 
Zuwanderung  äußerer,  dem  einheimischen  Animismus  fremder  Vor- 
stellungen stattgefunden  hat  Aber  so  bezeichnend  es  ist,  daß  die 
Gebiete  Melanesiens  und  Innerafrikas,  in  denen  die  Erscheinungen 
des  primitiven  Animismus  in  Kultus  und  Sitte  besonders  stark  her- 
vortreten, auch  in  der  Ausbildung  der  Jenseitsvorstellungen  am  meisten 
zurückgeblieben  sind,  so  würde  es  nichtsdestoweniger  verfehlt  sein, 
wollte  man  im  Hinblick  auf  diese  Verhältnisse  die  mangelnde  Aus- 
bildung solcher  Vorstellungen  überhaupt  als  ein  Symptom  niedrig- 
stehender Kultur  betrachten.  Vielmehr  hat  unverkennbar  auch  bei 
jenen  Völkern  von  hoher  Kultur,  bei  denen  der  primitive  Animis- 
mus zu  einem  hoch  ausgebildeten  Ahnenkult  entwickelt  ist,  dieser  die 
gleiche  Tendenz  aus  dem  primitiven  Seelenkult  herübergenommen 
und  beibehalten.     So  gewinnt  die  chinesische  und  unter  ihrem  Eitt- 

')  über  die  hierher  gehörigen  animistischen  Vontellangen  vgl  Teil  II,  S.  148E, 
über  (He  Buschscele,  ebenda  S.  245,  über  den  der  Baschscele  ähnlichen  »Steinwlchter« 
bei  den  Ewestämmen  J.  Spieth,  Die  Ewestämmc,  S.  840. 


ee5  Der  Natiinn3rthiis. 


fluß  die  japanische  Lebensanschauung  ihr  eigenartiges,   erst  spater 
zum  Teil  unter  dem  Einfluß  des  eingewanderten  Buddhismus  etwas 
verändertes  Gepräge  wesentlich  durch  den  herrschenden  Ahnenkult 
Die  Vorstellung  von  dem  Fortleben  der  Ahnengeister  in  der  Um- 
gebung der  Lebenden,  in  den  ihnen  geweihten  Tempeln  oder  an  der 
Stätte  des  Hauses,  die  ihre  Gedächtnistafeln  birgt,  ist  hier  so  ein- 
gewurzelt, daß   daneben  fiir  eine  jenseitige  Welt  kein  Raum  bleibt, 
wenn  auch  in  Verbindung  mit  dem  entsprechend  wenig  zur  Ausbil- 
dung gelangten  Naturmythus   dunkle  Himmels-  oder  Unterweltsvor- 
stellungen anklingen.     Für  diese  dem  Ahnenkult  lange  noch  inne- 
wohnende Tendenz,   die  Geister  der  Verstorbenen  in  der   unmittel- 
baren Umgebung  fortlebend  zu  denken,  sind  besonders  die  in  China 
und  Japan  einander  wesentlich  ähnlichen  Totenfeste  bezeichnend,  die 
auch  noch  in  den  buddhistischen  Seiden  dieser  Länder  lange  erhalten 
geblieben  sind.    Da  wurden  z.  B.  nach  japanischer  Sitte  die  Ahnen  zu 
Tische  geladen  und  auf  den  Plätzen,  die  man  ihnen  anwies,  mit  allen 
Zeichen  der  Ehrfurcht  als  Anwesende  behandelt.     Nach   der  Mahl- 
zeit kam   es   dann   freilich  vor,   daß   die  Geister  mit  Stöcken   und 
Räucherungen  wieder  fortgetrieben  wurden,   —  eine  Mischung  von 
Ahnenverehrung  mit  uralter  Dämonenfurcht,   wie  sie  auch  noch  in 
Leichenbräuchen  abendländischer  Völker  nachwirkt  ^. 

Zeigen  diese  und  andere  Erscheinungen,  wie  beharrlich  solche 
Vorstellungen  vom  Fortleben  im  Diesseits  teils  im  Kultus  teils  wenig- 
stens in  Rudimenten  der  Sitte  noch  bei  den  heutigen  Kulturvölkern 
geblieben  sind,  so  machen  es  nun  nicht  minder  historische  Zeug- 
nisse wahrscheinlich,  daß  in  vielen  andern  Fällen  der  später  reich 
entwickelte  Jenseitsmythus  ein  verhältnismäßig  spät  entstandenes 
Produkt  der  Wechselwirkung  zwischen  Seelenglauberi  und  Natur- 
mythus ist,  wobei  als  tiefere  Schicht  auch  hier  die  im  Diesseits  wiu*- 
zelnden  Anschauungen  vorangegangen  sind.  Vor  allem  gilt  das  von 
den  Israeliten,  bei  denen  zuerst  der  Jahwekult  die  in  der  Vätersage 


')  Über  den  Ahnenkult  in  der  chinesischen  Volksreligion  vgl.  J.  J.  de  Groot  in 
Chantepie  de  la  Saussays  Religionsgeschichte^,  I,  1905,  S.  83  ff.  und,  über  die  ent- 
sprechenden japanischen  Toten-  und  Gedenkfeste  R.  Lange,  ebenda  S.  140 fil  Ober 
bierh ergehörige  deutsche  Leichenbräuche  E.  L.  Rochholz,  Deutscher  Glaube  und 
Brauch,  I,  1867,  S.  171  f.  Wuttke,  Deutscher  Volksaberglaube  der  Gegenwart,  745 
u.  a.     Dazu  oben  Teil  II,  S.  351  ff. 


Allgemeine  Entwicklung  der  Jenteitsrorstellangen.  j^y 

noch  nachwirkende  Ahnenverehrung  zurückdrängte,  worauf  dann  der 
innere  politische  Zwiespalt  und  nach  ihm  die  äußere  Unterdrückung 
jene  gewaltige  religiöse  Reaktion  hervorrief,  die  im  Prophetentum 
ihren  Ausdruck  fand.  So  treten  denn  auch  von  da  an  die  Jenseits- 
vorstellungen in  die  engste  Beziehung  zu  den  apokalyptischen  Welt* 
Untergangs-  und  Weltemeuerungrsmythen,  mit  denen  sie  in  der  wei- 
teren Entwicklung  zumeist  völlig  zusammenfließen*].  Doch  die  ana- 
loge Entwicklung  auf  griechischem  und  wahrscheinlich  auch  auf 
germanischem  Boden  zeigt,  daß  es  sich  hier  nicht  bloß  um  eine 
singulare  Erscheinung  handelt.  Mögen  immerhin,  wie  Erwin  Rohde 
wahrscheinlich  zu  machen  suchte,  die  homerischen  Vorstellimgen  von 
einem  traurigen  Schattendasein  im  Hades  die  im  Volksglauben  leben- 
digen satter  gefärbten  Unsterblichkeitshofihungen  nur  zeitweise  zurück- 
gedrängt haben,  fiir  das  Verhältnis  zwischen  Ahnenkultus  und  Jen- 
seitsglauben ist  diese  Frage  kaum  von  entscheidender  Bedeutung*). 
Denn  mag  das  Seelenland  in  der  großen  Masse  des  Volkes  zur  Zeit 
Homers  und  vor  dieser  2^it  eine  größere  Rolle  als  im  Epos  gespielt 
haben,  so  hat  dieser  Glaube  doch  in  der  spezifischen  Form  der  Jen- 
seitsvorstellungen erst  in  den  noch  mehr  als  die  epische  Dichtung 
auf  auserlesene  Kreise  beschränkten  Mysterienkulten  und  der  von  ihr 
beeinflußten  Philosophie  seine  Ausgestaltung  empfangen.  Auch  ist 
es  nicht  wahrscheinlich,  daß  der  Volksglaube,  ehe  er  diese  Läuterung 
und  poetische  Weiterbildung  im  Kult  und  in  der  mythologischen 
Dichtung  gewonnen,  von  jener  Vorstellung  eines  diesseitigen  Fort- 
lebens der  Seele  verschieden  war,  die  überall  die  Bodenschicht  eines 
solchen  Jenseitsglaubens  zu  bilden  scheint. 

Nach  allem  dem  sind  die  Vorstellungen  von  der  Fortdauer  der 
Seele  nach  dem  Tode  früher  als  die  vom  Jenseits.  Zunächst  dauert 
die  Seele  im  Diesseits  fort,  und  dieses  Fortleben  ist  auch  der  Zeit 
nach  ein  beschränktes.  Es  mag  etwa  der  Dauer  der  Erinnerung  ent- 
sprechen, die  von  dem  Toten  zurückbleibt.  Nach  dem  Glauben  vieler 
Naturvölker  überleben  daher  Häuptlinge  und  Könige  länger  ihren  Tod 
als  gewöhnliche  Sterbliche,  und  auch  die  Anfange  eines  Ahnenkultus 
pflegen  sich  auf  diese  Ersten  des  Volkes  zu  beschränken.     Von  den 

V'  Vgl.   die    karze   Obersicht    über   die   älteren   israelitischen  Anschauungen  bei 
A.  Bertholct,  Die  israelitischen  Vorstellungen  vom  Zastand  nach  dem  Tode,  1899. 
=;  Rohde,  Psyche^,  bes.  I,  S.  200  ff. 


e^8  ^^  Natnrm3rthii 


verschiedenen  Seelen,  die  der  primitive  Seelenglaube   unterscheidet, 
ist  es  aber  ausschließlich  die  im  Traumlnld  erscheinende  Psyche, 
die,   sobald  sich  Jenseitsvorstellungen  ausbilden,  in  das  Totenreich 
übergeht;   und   auch  damit  ist  die  gelegentliche  Rückkehr  zu   den 
Lebenden,   wie  sie  ja  fortan  durch  das  Erscheinen  im  Traum  sich 
offenbart,  keineswegs  abgeschnitten.     Charakteristisch  für   die  erste 
Ausbildung  dieser  Vorstellungen  sind  besonders  die  Traditionen  der 
amerikanischen  Naturvölker').    Nicht  nur  hier,  sondern  noch  in  der 
Osirisreligion  der  Ägypter,  in  der  der  Totenkult  und  das  jenseitige 
Totengericht  einen  so  stark  hervortretenden,  bereits  mit  weit  ausge- 
sponnenen Vergeltungsmotiven  durchsetzten  Bestandteil  bilden,  sind 
im  ganzen  die  Vorstellungen  über  das  Jenseits  entweder  noch  ganz 
unbestimmte,  oder  dieses  erscheint  einfach  als  eine  Wiederholung  des 
Diesseits.     Man  treibt  dort  die  gleichen  Geschäfte  wie  hier,  man  be- 
stellt seinen  Acker,  besorgt  sein  Gewerbe,  erfreut  sich  an  Jagd  und 
Spiel;  und  den  Reichen  und  Vornehmen  werden  nicht  nur   Geräte 
und  Tiere,  sondern  auch  Sklaven  in  die  Grabkammer  mitgegeben, 
damit  sie  im  Jenseits  von  ihnen  die  gleiche  Hilfe  wie  im  Diesseits 
genießen  können").    Das  sind  Züge,  die,  sobald  sich  überhaupt  irgend 
welche  Jenseitsvorstellungen  entwickelt  haben,  in  den  Leichenbräuchen 
aller  Völker  wiederkehren,  die  aber  ihre  stärkste  Ausprägung  natur- 
gemäß bei  jenem  mittleren  Punkt  des  Weges  vom  Diesseits  zum  Jen- 
seits empfangen,  wo  das  letztere  als  ein  unverändertes  Spiegelbild  des 
ersteren  erscheint. 

Zu  der  allgemeinen  Grundlage  des  Naturmythus  und  den  von  den 
Motiven  der  Todesfurcht  und  der  Zukunftshoffnung  getragenen  Vor- 
stellungen von  der  Psyche  kommt  nun  aber  noch  ein  Drittes:  das  ist 
das  besondere  Gebiet  der  kosmogonischen  Mythen  in  der  ihnen 
vornehmlich  erst  in  der  Dichtung  gegebenen  phantastischen  Aus- 
gestaltung. Vor  allem  sind  es  hier  die  auf  dem  Boden  der  allgemeinen 
kosmogonischen  Vorstellungen  entstandenen  Mythen  von  dem  Unter- 
gang und  der  Neuentstehung  der  Welt,  die  fast  mit  allen  den  einzelnen 
Zügen,  mit  denen  sie  aus  der  Hinterlassenschaft  einer  langen  mytho- 
logischen  Vergangenheit   die    Dichtung   versehen  hat,    in   das    Bild 


*)  Vgl.   die   Zusammenstellung  bei  Brinton,    Myths   of  the  New  World^,    1905, 
p.  271  ff. 

')  A.  Wiedemann,  Religion  der  alten  Ägypter,  S.  135. 


Allgemeine  Entwicklung  der  Jenseitsvorstellnngen.  ^^g 

des  Jenseits  hinüberwandern.  So  entstehen  Jenseitsvorstellungen,  wie 
sie  wahrscheinlich  zuerst  in  dieser  reichen  Fülle  die  Theosophie  der 
griechischen  Orphiker  geschaffen,  und  wie  sie  dann  weiterhin  in  der 
hellenistischen  Philosophie  und  schließlich  in  der  gleichzeitigen,  von 
dieser  Philosophie  und  von  dem  israelitischen  Prophetentum  beein- 
flußten jüdischen  und  christlichen  Apokalyptik  hervorgetreten  sind. 
Hier  hat  der  Mythus  vom  Jenseits  einen  Höhepunkt  erreicht,  dem 
andere,  analoge  Mythenbildungen,  z.  B.  die  der  Germanen,  nur  in 
weitem  Abstand  sich  nähern.  Dieser  Jenseitsmythus,  wie  ihn  so 
Griechentum,  Judentum  und  Christentum  im  Verein  geschaffen,  ist 
die  höchste  Steigerung  des  Naturmythus  und  des  Seelenmythus  zu- 
gleich. Er  ist  eine  grandiose  Dichtung,  die  freilich  an  den  Steige- 
rungen ins  Bizarre  und  Unvorstellbare  leidet,  die  sie  von  den  Welt- 
untergangsmythen überkommen  hat,  und  zu  denen  der  kosmogonische 
Mythus  schon  die  Anlage  in  sich  trägt.  In  der  Mischung  von  Mythus 
und  Dichtung,  die  er  bietet,  überwiegt  aber  so  sehr  die  phantastische 
Dichtung,  daß  in  ihr  nur  noch  in  den  von  der  Fülle  der  Bilder  über- 
wucherten Umrissen  die  allgemeinen  mythologfischen  Grundlagen  er- 
kennbar sind,  die  durch  ihr  verbreitetes  Vorkommen  immerhin  die 
allgemeine  psychologische  Gesetzmäßigkeit  auch  dieser  Entwicklung 
verraten. 

Als  eine  solche  mythologfische  Grundlage  der  Dichtungen  vom 
Jenseits,  wie  sie  uns  in  Dantes  großer  Schöpfung  in  allem  Wesent- 
lichen als  ein  der  Tradition  entnommenes  Gemälde  entgegentritt,  er- 
scheint vor  allem  die  doppelte  Projektion  des  Jenseits  in  eine  unter- 
irdische und  in  eine  überirdische  Welt.  Es  sind  die  zwei  Regionen 
des  Unsichtbaren  und  doch  schon  im  frühen  Mythenmärchen  von  dem 
verlangenden  Blick  Gesuchten,  die  sich  als  die  einzigen  Orte  dar- 
bieten, in  die  die  Wohnstätten  der  Toten,  sobald  ihre  Geister  nicht 
mehr  auf  Erden  bleiben,  verlegt  werden.  Doch  so  klar  in  den  ver- 
schiedenen Mythenmärchen  von  den  Wanderungen  zum  Himmel,  zu 
den  Enden  der  Erde  und  zu  einem  Land  unter  der  Erde  diese  Formen 
des  künftigen  Jenseits  schon  vorgebildet  sind,  so  gelangen  sie  doch 
keineswegs  gleichzeitig  zur  Ausbildung,  sondern  die  Unterweltsvor- 
stellungen gehen  voran.  Ihnen  folgt  oft  erst  in  beträchtlichem  Ab- 
stand der  Himmel  als  Aufenthaltsort  der  Seelen.  Auf  die  Entstehung 
dieses  Jenseits  im  Himmel  üben  aber  jene  Zustände  der  Vision  und 


xnärchens,  in  dem  HermBrchenu    Aber  sie  Ibldbt« 

künftiger  Jenseitsmytben,  die  das  mythologische  Anfangssta 
sich  schließt,  am  längsten  latent.  Erst  im  philosophischen  Myi 
sie  als  ein  letzter  Versuch  hervor,  die  künftigen  Schicksale  d 
zu  einem  anschaulichen  Bild  zu  gestalten.  Mit  dem  Mytiios 
Seelenwanderung  schwindet  daher  der  Jenseitsmythus  überliaiqp 
indem  allmählich  die  Bilder  von  den  Wandenmgen  in  die 
bare  Welt  erlöschen,  wird  das  Jenseits  selbst  aus  einer  mytibok 
Vorstellung  zu  einer  transzendenten  Idee,  die  mit  den  sonstig 
szendenten  Ideen  über  die  letzten  Gründe  imd  Zwecke  des  Wi 
sich  verbindet. 


2.  Die  Unterwelt  mid  ihre  Götter. 

a.  Die  Vorstellangen  von  der  Unterwelt 

Die  Vorstellungen  von  der  Unterwelt  finden  sich  so  weit  v« 
über  die  verschiedensten  Teile  der  Erde,  und  die  wesentliche 
in  denen  sie  übereinstimmen,  sind  so  sehr  in  allgemeinen  ps 
gesehen  Motiven  begründet,  daß  an  ihrer  unabhängigen  Ent 
mindestens  in  vielen  Fällen  nicht  gezweifelt  werden  kann,  % 
natürlich  Übertragungen  immerhin  möglich  bleiben.  Für  ih 
Wicklung  ist  es  bezeichnend,  daO  sich  auf  den  ursprünglicherei 
nir.ht  seifen  Ilhenränore  zwi.schen  dem  Fortleben  der  Seelen  ar 


Die  Unterwelt  nnd  ihre  Götter. 


561 


reich,  in  mancherlei  Übergängen  kommt  namentlich  bei  vielen  ame- 
rikanischen Stämmen,  die  zweite,  Wanderungen  der  Toten  zum  Himmel 
und  unter  die  Erde,  teils  bei  ihnen,  teils  bei  australischen  und  poly- 
nesischen  Völkern  vor.  So  erzählen  die  Cherokesen  von  Geister- 
dörfem,  die  zwischen  Felsen  und  Bergen  oder  unter  dem  Wasser 
verborgen  seien,  und  nach  denen  Lebende,  wenn  sie  spurlos  ver- 
schwinden, entfuhrt  werden*).  Nach  einer  Schilderung  der  Pawnee 
ist  der  Weg  ins  Geisterland  dunkel,  und  er  fuhrt  über  ein  schwarzes 
Wasser,  das  man  auf  einer  Brücke  überschreiten  muß,  um  in  ein 
helles  Dorf  zu  gelangen').  Das  Wasser,  über  das  eine  Brücke  ins 
Totenland  fuhrt,  wiederholt  sich  in  ähnlicher  Weise  in  vielen  Erzäh- 
lungen^). Das  Geisterland  bleibt  aber  hier  meist  eine  einfache  Wider- 
spiegelung der  Wirklichkeit;  und  wo  sich  daneben  eine  Wanderung 
zum  Himmel  findet,  da  beruht  das  offenbar  teils  auf  Unterschieden 
lokaler  Tradition,  wie  sie  in  derselben  Weise  in  mannigfachen  Mythen- 
märchen vorkommen,  teils  sind,  auf  einer  etwas  vorgerückteren  Stufe, 
wie  bei  den  Polynesiern  und  den  Kulturvölkern  Mexikos  und  Perus, 
diese  verschiedenen  Aufenthaltsorte  der  Geister  lediglich  an  Rang- 
und  Standesunterschiede  geknüpft*).  Ein  Vcrgeltungsgedanke  li^ 
jedoch  offenbar  diesen  Anschauungen  fem.  Wo  sie  zu  dem  Gegen- 
satz des  christlichen  Himmels  mit  der  christlichen  Hölle  in  Ana- 
logie gebracht  werden,  da  ist  eine  solche  wohl  entweder  in  sie  hin- 
eingedeutet oder  auch  unter  dem  Einfluß  der  Missionare  in  der  Form 
einer  Transformation  der  ursprünglichen  Vorstellungen  entstanden. 


')  Mooncy,  Myths  of  thc  Cherokee,  Ethnol.  Rep.  XIX,    l,  I9<»,  p.  330^- 

';  Dorsey,  The  Pawnee,  p.  41 1  f. 

3)  Vgl.  z.  B.  die  Schilderungen  von  den  Eskimos  der  Bchringstrtßc  bei  Nelson, 
Ethn.  Rep.  XVIII,  p.  488  ff.,  von  den  Zentraleskimos  bei  F.  BoM  ebenda  VI,  p.  $»3^. 
Daß  die  in  den  letzteren  Erzählungen  erwähnten  oberen  und  unteren  Welten  die 
Aufenthaltsorte  der  Guten  und  Bösen  seien,  macht  übrigens  christlicbcn  Ernflni^  nkr 
wahrscheinlich.)  Über  Geisterdörfer  und  ähnliches  bei  den  Sioux  J-  ^-  ^o^*^s  cbcida 
XI,  p.  419^",  524  ff.  Polynesische  Berichte  bei  Gill,  Myths  and  Song  of  ^^^^ 
Pacitique,  p.  152  ff.  Ellis,  Polynesian  Rcsearches,  I,  p.  SlSff«  ^  "*"^^  "^^^g». 
besonders  in  solchen,  die  den  Verkehr  der  Bewohner  de»  Gel»«»"***  ■■  der. 
Lebenden  betreffen,  hat  Ellis  wahrscheinlich  eigenartige  Zug«  UtBiMi;  il  ■■•u^ 
dagegen,  z.  B.  in  der  Schilderung  von  Himmel  nnd  Hölle  p-  3*7*»  _T~  *^^'"~ 
lichcr  Einfluß  zu  spüren.)  Eine  den  Norden  wie  Süden  AxacnMMM  wmmmmm  Zi- 
sammen>tcllung  gibt  Brinton,  Myths  of  the  New  World^,  p.  a7** 

^^  Hc-onders  charakteristisch  in  Polynesien,  vgl.  Ellis,  ä.  ••  ^*  T 

Wundt.   Volkcrp>;ychologic  II,  3. 


c()2  Der  Natnnn3rthns. 


Dagegen  finden  sich  Analogien  zu  den  Unterweltsvorstellui^ren  da 
Kulturvölker  der  Alten  Welt,  wie  wir  diese  aus  dem  freilich  mir  ii 
sehr  unbestimmten  Umrissen  geschilderten  Scheol  der  Israeliten,  den 
Hades  der  Griechen,  dem  Orkus  der  Römer  oder  auch  dem  Niflhein 
der  Germanen  kennen,  allverbreitet.     Zwar  sind  in  den  primitivere] 
Anschauungen  Ober-  und  Unterwelt  noch  nicht  sicher  g^eschieden 
Aber  zwei  Züge  treten  doch  überall  schon  hervor:  der  W^  nad 
dem  Land  der  Toten  ist  finster,  und  er  fuhrt  über  ein  dunkies  Wassei 
Das  Totenland  selbst  ist  zwar  meist  noch  ein  direktes  Ebenbild  de 
Diesseits.     Doch  an  Andeutungen  eines  schattenhaften  Daseins  fehl 
es  namentlich  in  dem  in  den  Erzählungen  ofl  vorkommenden  Ver 
schwinden    der  Totengeister  nicht,    ähnlich   wie   auch  der  Verkch 
zwischen  den  Toten  und  Lebenden  ein  ausnahmsweises  Ereignis  zi 
sein  pflegt,  so  daß  im  ganzen  das  Totenland  immerhin  als  ein  Lani 
der  »Nimmerwiederkehr«   g^lt.     Die  hier  erst  unsicher  ang^edeutetc 
Vorstellungen  werden  nun  bei  ihrer  weiteren  Entwicldui^  bestimmte 
ausgeprägt.    Insbesondere  wird  die  Unterwelt  zu  einem  Reich  für  sict 
das  endgültig  unter  die  Erde  verlegt  ist.    Demzufolge  ist  nicht  nu 
der  Weg  finster,  der  zu  ihm  fuhrt,  sondern  es  ist  selbst  dunkel  un 
kalt.     Wenn  es  nach  dem  babylonischen  Jenseitsmythus  von  Staut 
nach  dem  nordischen  von  Nebel  erfüllt  ist,   so  sind  das  verwandt 
Ausdrücke  für  dies  düstere  und  unheimliche  Bild.    Nicht  minder  sin« 
die  Bewohner  des  Totenreichs  jetzt  ganz  zu  Schatten,  zu  reinen  Eben 
bildern  der  Traumgestalten  geworden,  wenn  es  auch  ein  ausnahms 
weiser  Zug  bleibt,  daß  die  Hadesbewohner  Homers  mit  wenigen  Aus 
nahmen  der  Erinnerung  beraubt  sind,  die  sie  nur  zeitweise  durch  da 
Blut,  das  sie  trinken,  wiedererlangen  können. 

In  der  bestimmteren  Fixierung,  die  in  diesen  entwickelteren  Hades 
Schilderungen  die  zwischen  dem  Diesseits  und  Jenseits  schweifende) 
Vorstellungen  gefunden,  treten  nun  auch  die  Motive  deutlicher  hervoi 
die  unabwendbar  zu  diesem  Bilde  gedrängt  haben  und  darum  ein« 
unabhängige  Entstehung  wahrscheinlich  machen,  obgleich  sie  natürlicl 
Wechselwirkungen  nicht  ausschließen.  Das  erste  dieser  Motive  is 
der  Anblick  des  starr  und  kalt  daliegenden  Leichnams,  der  den  Frost 
schauer,  der  von  ihm  ausgeht,  auch  auf  seine  künftige  Wohnstätt< 
übertragen  läßt.  Das  zweite  ist  das  schattenhafte  Traumbild,  di< 
Schattenseele,  die,  auch  wo  ihre  Scheidung  von  der  Körperseele  eine 


Die  Unterwelt  und  ihre  Götter.  563 

dauernde  bleibt,  allein  nach  dem  Hades  wandert,  und  auf  die  nun 
jene  Kälte  des  Toten  samt  der  Trauer  um  ihn  als  eine  ihm  selbst 
zukommende  Eigenschaft  übertragen  wird.  Als  drittes  kommt  hinzu 
die  Grabstätte,  die  den  Toten  aufnimmt,  und  die  ihm,  so  lange  die 
Sitte  des  Begrabens  und  der  Eindruck  des  Todes  die  Jenseitsvor- 
stellungen beherrschen,  unweigerlich  das  unsichtbare  Reich  imter  der 
Erde  als  künftige  Wohnstätte  anweist.  Dabei  wirken  dann  wiederum 
die  Nacht,  die  den  Toten  umfangt,  nachdem  er  sein  Auge  fiir  immer 
geschlossen,  und  das  Dunkel  des  seinen  Körper  aufnehmenden  Grabes 
zusammen,  um  das  Totenreich  selbst  zu  einer  Stätte  der  Finsternis 
zu  machen.  Endlich  als  viertes  und  letztes  Motiv  kommt  die  Sonne 
hinzu,  die  am  Abend  versinkt,  um  in  eine  Welt  unter  der  Erde  zu 
gehen.  Wird  in  einzelnen  Mythen  der  Sonnenuntergang  unmittelbar  als 
Wandern  eines  Sonnengottes  oder  Sonnenhelden  in  eine  unterirdische 
Welt  gedacht,  so  ist  freilich  ein  solcher  Mythus  nicht  notwendig,  um 
jenem  Phänomen  an  sich  schon  seinen  Einfluß  auf  die  Unterwclts- 
vorstellungen  zu  sichern.  Erweckt  dasselbe  doch,  abgesehen  von  der 
sonstigen  Bedeutung,  die  man  ihm  beilegt,  unmittelbar  die  Vorstel- 
lung einer  Welt  unter  der  Erde,  während  sich  mit  ihr  keineswegs  die 
andere  verbinden  muß,  daß  die  Sonne  nun  dieser  unteren  Welt  leuchte. 
Die  Verbindung  aller  dieser  Motive  zu  einer  einheitlichen  und  in  so 
weiten  Gebieten  übereinstimmenden  Resultanten  ist  daher  schließlich 
wieder  ein  treffendes  Beispiel  jener  mythologfischen  Gesamtwirkungen, 
bei  denen  die  einzelnen  Elemente  in  dem  aus  ihrer  Verschmelzung 
entstandenen  Produkt  derart  aufgehen,  daß  keines  von  ihnen  in 
seiner  isolierten  Bedeutung  mehr  erkennbar  bleibt.  Daher  denn  auch 
umgekehrt  keines  der  Elemente  genügt,  um  den  Erfolg  zu  sichern. 
Weder  an  den  Eindruck  des  Toten,  noch  an  den  des  Grabes,  noch 
an  den  der  untergehenden  Sonne,  noch  endlich  an  das  nächtliche 
Traumbild  ist  eine  bestimmte  Erinnerung  vorhanden,  wenn  sich  das 
mythenbildende  Völkerbewußtsein  die  Unterweltsvorstellungcn  ausmalt. 
Aber  alle  diese  Elemente  sind  zumal  vorhanden,  sie  heben  und  ver- 
dunkeln sich  gegenseitig,  um  auf  einer  in  seiner  Gesamtrichtung  durch 
das  Verhältnis  der  Lebenden  zu  den  vorangehenden  Geschlechtern 
bestimmten  Kulturstufe  das  Bild  einer  kalten  und  finstem  Unterwelt 
mit  freudelosen  und  schattenhaften  Bewohnern  zu  erzeugen.  Wenn 
zu  den  Zügen  dieses  Bildes  als  ein  mehr  sekundärer  Bestandteil  auch 

36* 


.    .     ...  '»-^Ai 


564  Der  Natnrmythiis. 


noch  die  Vorstellung  des  Totenflusses  hinzutritt,  über  den  eine  Brücke 
oder,  im  Anschluß  an  die  verwandten  Bilder  vom  Seelenvogel  und 
Seelenschiff,  ein  Kahn  die  Schatten  in  das  Totenland  fuhrt,  so  reflek- 
tiert sich  in  diesen  Vorstellungen  nur  der  immer  mächtiger  werdende 
Gedanke  einer  nicht  aufzuhebenden  Trennung  zwischen  Lebenden  und 
Toten.  Auch  diese  Vorstellung  ist  darum  kein  Symbol,  wie  sie  von 
einem  falschen  Reflexionsstandpunkte  aus  genannt  wird,  sondern  die 
unmittelbare  Umsetzung  des  Gefiihls  in  das  sinnliche  Bild,  das  nun 
ebenso  als  Wirklichkeit  geschaut  wird,  wie  die  im  Traum  erscheinende 
Schattenseele  Wirklichkeit  imd  nicht  Symbol  ist. 

Diesen  den  objektiven  Eindrücken  des  Todes  und  seiner  Begleit- 
erscheinungen entstammenden  Motiven  gehen  nun  schließlich  zwei 
subjektive  parallel,  die  in  den  starken  Afiektwirkungen,  die  jene  Ein- 
drücke dauernd  zurücklassen,  ihre  Quelle  haben.  Das  eine,  das  pri- 
mitivere, ist  die  Furcht  vor  dem  Dämon  des  Toten,  die,  indem  sie 
diesen  im  Grabe  verwahrt,  seine  Seele  aus  dem  Umkreis  der  Leben- 
den zu  entfernen  sucht.  In  seiner  naivsten  und  rohesten  Form  äußert 
sich  dies  Motiv  in  jenen  Begräbnissitten  primitiver  Völker,  wie  ein- 
zelner Papuastämme  Melanesiens,  bei  denen  das  Vei^aben  der  Leiche 
von  besonderen  Maßregeln  gegen  das  Entweichen  der  Seele  aus  dem 
Grabe  durch  Festtreten  des  Bodens,  langdauernde  Totenwache  u.  a., 
umgeben  ist ').  Ein  Nachklang  dieser  Sitten,  bei  dem  sich  das  Motiv 
in  eine  Pietätspflicht  gegen  den  Toten  umgewandelt  hat,  flndet  sich 
noch  in  der  bei  allen  alten  Kulturvölkern,  namentlich  auch  bei  den 
Griechen  verbreiteten  Vorstellung,  daß  der  Tote  erst  Ruhe  flnde,  wenn 
seine  Leiche  bestattet  sei.  Das  zweite  Motiv,  das  durch  diese  Um- 
wandlung einer  Schutzmaßregel  in  eine  Pietätspflicht  nicht  vermindert, 
sondern  vielmehr  verstärkt  wird,  besteht  in  der  Todesfurcht  des 
Lebenden  selbst,  die  sich  freilich  innerhalb  verschiedener  Kultur- 
bedingungen in  abweichenden  Formen  äußern  kann.  So  lange  der 
Mensch  in  überströmendem  Tatendrang  das  wirkliche  Leben  als  ein 
nicht  zu  ersetzendes  Gut  schätzt,  verweist  er  auch  die  Schatten  der 
Verstorbenen  in  ein  dunkles,  unerfreuliches  Totenreich,  in  dem  die 
eigene  Furcht  vor  dem  Tode  sich  spiegelt.  Damit  wird  der  Hades 
zu  einer  Objektivierung  des  Strebens,  sich  den  Gedanken  an  den  Tod 


')  Schcllong,  Zeitschrift  für  Ethnologie,  Bd.  21,  S.  221  ff. 


Die  Unterwelt  und  ihre  Götter.  565 

fernzuhalten.  Auch  das  ist  wieder  nicht  bloß  ein  äußeres  Zeichen, 
sondern  die  unmittelbare,  unter  dem  Einfluß  der  Begräbnissitten  und 
der  Todeserscheinungen  erfolgende  Umsetzung  dieses  Strebens  in 
Wirklichkeit. 

Von  hier  gehen  aber  zugleich  die  Umwandlungen  aus,  die  in 
diesen  immerhin  noch  relativ  ursprünglichen  Anschauimgen  eintreten. 
Sie  umfassen  zwei  einander  nahezu  entgegengesetzte  Phasen.  Inner- 
halb der  einen  sind  die  Motive  der  Furcht  und  des  Schreckens  in 
aufsteigender  Bewegung  begriffen.  Sie  sind  ja  zu  jeder  Zeit  in 
größerer  oder  geringerer  Stärke  vorhanden.  Wo  sie  in  einzelnen 
Kulturkreisen  zurücktreten,  da  mögen  sie  in  andern  Schichten  des- 
selben Volkes  oder  zu  andern  Zeiten  lebendiger  seih.  Das  unaus- 
bleibliche Symptom  wachsender  Todesfurcht  ist  dann  die  Ausstat- 
tung des  Hades  mit  Bildern  des  Schreckens.  Wie  auf  Erden,  so 
ist  es  nun  auch  in  der  Unterwelt  das  Ungeheuer  in  seinen  mannig- 
fachen Formen,  in  dessen  phantastischer  Ausgestaltung  sich  diese 
wachsende  Furcht  betätigt.  Wenn  dabei  die  Ungeheuer  der  Tiefe 
vor  andern  meist  dadurch  sich  auszeichnen,  daß  sie  als  peinigende 
und  fressende  geschildert  werden,  so  liegt  auch  hierfür  der  Grund  in 
ihren  besonderen  Entstehungsbedingungen.  Kann  sich  die  Zerstörung 
des  begrabenen  Leichnams  dem  Auge  nicht  ganz  entziehen,  so  setzt 
der  Mythus  dieses  Werk  der  Verwesung  in  das  der  Hadesungeheuer 
um,  die  bald  unmittelbar  dem  Bild  im  und  am  Boden  verborgener 
Tiere,  den  Schlangen,  Skorpionen,  Kröten,  entnommen,  bald,  wie  bei 
den  sonstigen  Ungeheuertypen,  mit  weiteren  phantastischen  Eigen- 
schaften ausgestattet  werden.  So  sind  möglicherweise  manche  der 
später  auf  der  Oberwelt  hausenden  Schreckdämonen  ursprünglich  in 
der  Unterwelt  zu  Hause,  wie  die  Erinyen,  die  Keren,  die  Harpycn  *). 
Aber  es  scheint  doch,  daß  diese  Wesen  ihre  Bedeutung  als  Rache- 
geister erst  auf  der  Oberwelt  gewonnen  haben,  wo  sie  den  Lebenden 
verfolgen,  als  Verkörperungen  seines  Gewissens  oder  des  Wahnsinns, 
der  als  eine  Folge  solcher  Gewissenspein  gedeutet  wird.  Neben 
diesen  zwischen  Ober-  und  Unterwelt  schwebenden  Wesen  hat  dann 
die  letztere  noch  ihre  eigenen  Schreckgestalten,  wie  den  Kerberos, 
der  in  den   Höllenhunden  des  indischen  Mythus  und  in  anderwärts 

'    A.  Dieterich,  Nckyia,  1893,  S.  46  ff. 


566  Der  Natormythn 


vorkommenden  Wächtern  am  Eingang  der  Unterwelt  seine  Parallelen 
hat.  So  naheliegend  es  nun  aber  zu  jeder  Zeit  sein  mag*,  diesen  ge- 
fiirchteten  Ort  mit  schreckenerregenden  Wesen  auszustatten,  so  zdgt 
doch  die  Art,  wie  dies  geschieht,  auffallende  Unterschiede,  in  denen 
der  Grad  dieses  Schreckens  sich  ausprägt  So  bemerkt  man  nicht 
nur  von  Homer  zu  den  Tragikern,  sondern  in  anderer  Weise  audi 
von  der  Nekyia  der  Odyssee  zu  der  des  Virgil  in  der  Aeneis  eine 
deutliche  Steigerung  der  Schreckensmotive.  Dabei  zeigt  sich  dann 
freilich,  daD  damit  zugleich  auch  der  Vergeltungsgedanke  mit  in  die 
Unterweltsvorstellungen  Eingang  gefunden  hat,  der  trotz  der  drei  be- 
kannten Gestalten  des  Tityos,  Tantalos  und  Sisyphos  und  der  Qualen, 
die  sie  im  Hades  erdulden  (Od.  11,  5  76  ff.),  bei  Homer  eigenüich  noch 
nicht  vorhanden  ist,  da  jene  Ausnahmsstrafen,  nur  um  sie  zu  dauernden 
zu  machen,  in  den  Hades  verlegt  sind,  nicht  weil  dieser  selbst  an 
sich  ein  Ort  der  Strafe  ist.  Immerhin  bereitet  sich  hier  schon  eine 
zweite  Metamorphose  vor,  die  in  einem  jener  Steigerung  des  Schreckens 
entgegengesetzten  Sinne  erfolgt. 

Erscheint  die  Unterwelt  Homers  als  das  mythologische  Bild  einer 
Stimmung,  die  sich  teils  mit  Grauen  teils  mit  resignierter  Fassung 
von  dem  Gedanken  des  Todes  abwendet,  und  steigern  sich  dann 
in  der  späteren  Dichtung  die  Züge  des  Schreckens  zu  den  Bildern 
von  Dämonen  und  Ungeheuern,  die  bald  aus  dem  Diesseits  ins  Jen- 
seits, bald  aus  diesem  in  jenes  zurückwandern,  so  fordert  nun  im 
Leben  wie  im  Mythus  diese  Steigerung  der  Affekte  eine  Reaktion 
heraus,  die  den  Bildern  der  Furcht  die  der  Hoffnung  gegenüberstellt. 
Auch  in  diesen  Bildern  reflektieren  sich  zunächst  noch  durchaus  nicht 
sittliche  Gegensätze  mit  an  sie  geknüpften  Vorstellungen  von  Be- 
lohnungen und  Strafen,  sondern  kultische  Ideen,  die  selbst  aus  jenen 
Affekten  der  Furcht  und  Hoffnung  entstanden  sind.  Die  Vor- 
stellungen von  bevorzugten  Stätten  der  Unterwelt,  in  denen  in  lichten 
Hainen  die  den  Göttern  Wohlgefälligen  ein  glückliches  Dasein  führen, 
wiederholen  hier  annähernd  wieder  jene  primitiven  Bilder  von  Geister- 
dörfem,  in  denen  die  Toten  das  Leben  im  Diesseits,  nur  befreit  von 
Schmerz  und  Sorge,  fortsetzen.  Aber  es  spiegelt  sich  jetzt  in  diesen 
Vorstellungen  doch  zugleich  das  Streben,  das  den  Frommen  erfüllt,  sich 
dereinst  diese  Erlösung  von  den  Schrecken  des  Todes  schon  während 
des  Lebens  zu  erringen.   Darum  ist  diese  letzte  Wendung  der  Unter- 


Die  Unterwelt  und  ihre  Götter.  567 

Weltsvorstellungen    ganz   und    gar   ein  Produkt   des   Kultus   solcher 
Götter,  die  mit  Tod   und  Jenseits  in  Verbindung  gebracht  werden. 
Der  Vorzug,  den  auf  diese  Weise  der  Fromme  zu  erringen  strebt, 
wird  femer  um  so   mehr  gesichert,  je  strenger  der  Kreis  der  Kult- 
genossen, die  dies  erstreben,  sich  absondert,  und  je  mehr  der  Kult- 
handlung selbst  eine  magische  Kraft  zugeschrieben  wird,  die  auf  den 
Willen  der  Götter  einen  Zwang   ausüben  soll.     Darin  liegt  die  un- 
geheuere Bedeutung  der  Mysterienkulte,  wie  für  andere  Gebiete  des 
Mythus  und  der  Religfion,  so  insbesondere  fiir  die  Ausbildung  der 
Jenseitsvorstellungen.     Das  Geheimnis,  das  diese  Kulte  umgfibt  und 
eben  um  ihrer  magischen  Zwecke  willen  umgeben  muß,   bringt  es 
freilich  mit  sich,  daß  wir  von  der  näheren  Ausgestaltung  dieser  Vor- 
stellungen wenig  wissen  ^.     Nur  dies  tritt  klar  hervor:  bevorzugt  ist 
im  Jenseits  nicht  der  Tugendhafte  als  solcher,  sondern  der  Fromme, 
der  den  Göttern  fleißig  Opfer  dargebracht,  und  vor  allem  der  »Ge- 
weihte«, der  mit  der  empfangenen  Weihe  seine  Schuld  gesühnt  hat. 
Erst  die  Philosophie  hat  hier  zunächst  neben  und  dann  vor  der  mysti- 
schen Weihe  des  Frommen   die  Tugend   als   solche  auch  in  diesen 
Zukunftsbildern  zur  Herrschaft  gelangen  lassen.     Nun  entsteht  jene 
doppelte  Unterwelt,  wie  sie  in  Virgils  Höllenfahrt  des  Aeneas  ge- 
schildert ist.     Auf  der  einen  Seite  liegt  hier  der  Ort  der  Unseligen 
mit  den  jammernd  umherirrenden  Schatten,  von  denen  überdies  noch 
hinter  einer  verschlossenen  Pforte  die  mit  schwerer  Schuld  Belasteten 
ausgesuchte  Qualen  leiden  (Aen.  6,  548  ff.).     Auf  der  andern  Seite 
eröffnet  sich   der  Zugang  zum  Ort  der  Freude,   wo,    von   Purpur- 
glanz umstrahlt,    auf  grünen  Auen  die  Schar  der  Seligen  verweilt 
(637  ff.).     Damit  ist  der  Gedanke  der  sittlichen  Vergeltung   in  diese 
Unterwelt   eingedrungen.     Freilich   trägt   das  Bild   immer    noch  die 
Spuren  einer  gewissermaßen  vorsittlichen  Scheidung   an  sich,  über 
die  nicht  der  eigene  Wert,  sondern  die  Zugehörigkeit  zu  dem  Kreis 
der  von  den  Göttern  Begnadeten  entscheidet.   Nur  die  Qual  der  Ver- 
dammnis  für   die  schwerste  Verschuldung  mit  der  Vorstellung   des 

')  Auf  gricchiichem  Gebiet  läßt  sich  hier  das  meUtc  noch,  abgctcben  von  ein- 
zelnen homerischen  Hymnen,  besonders  dem  aof  die  Demeter  (Hom.  Hymn.  V,  47x^1)« 
der  Aristophanischen  Komödie  (bes.  den  »Fröschent,  34a  ff.)  ond  der  Satire  des  LnkUn 
in   dessen  »Totcngesprächent   entnehmen.     Vgl.    auch   Rohdc',    Psyche,  I,  S.  287  flF. 

Dieterich,  Nckyia,  S.  64  ff. 


e68  ^cf  Natnrmytlias. 


Totengerichts  und  der  nach  der  Art  der  Verschuldung  bemessenen 
Strafe  bringt  den  Gedanken  der  sittlichen  Vergeltung  hinzu,  während 
außerdem  der  philosophische  Dichter  noch  die  Idee  der  Seelenwande- 
rung mit  jener  Scheidung  des  Jenseits  verwebt  hat  (7 19  ff.).    So  sind 
es  also  eigentlich  schon  die  drei  Hauptformen  des  Unsterblichkeits- 
gedankens,  die  sich  hier  begegnen:  das  Fortleben  in  einem  dunkeh 
Ort  der  Trauer  oder  der  Qual,  das  andere  in  einem  Tal  der  Freude 
und  des  ungetrübten  Glücks,  und  endlich  die  Wiedergeburt  auf  Erden'). 
Aber  das  Jenseits  selbst  ist  noch  ein  einziges  Totenreich  geblieben: 
Himmel  und  Hölle  haben  sich  nicht  geschieden.     Auch  das  scheint 
wieder  ein  der  Entwicklung  des  Jenseitsmythus  gemeinsamer  Zug  zu 
sein.    Der  indische  und  der  eranische  Jenseitsmythus  scheinen  g^ldch- 
falls  ursprünglich  nur  eine  einzige,   entweder  in  unbestimmter  Feme 
oder  unter  der  Erde  liegende  Totenwelt  zu  kennen,  in  der  den  Reinen 
und   den   Sündern  verschiedene   Reiche   angewiesen  sind*).      Ebenso 
war  die   nordische  Walhall  allem  Anscheine  nach  zuerst  im   allge- 
meinen Totenreich  gelegen,   und,   wie  anderwärts,   so  war   es   auch 
hier  kein   sittliches   Verdienst,    das  den   Auserwählten    diese   bevor- 
zugte Stätte  zuwies,  sondern  der  Ruhm,  im  Kampfe  gefallen  zu  sein. 
Darum  selbst  der  Gottessohn  Balder,  weil  er  nicht  dem  offenen  Kampf, 
sondern  der  hinterlistigen  Tat  Lokis  erlegen,  nicht  nach  Walhall  ein- 
geht.   Erst  durch  den  späteren  Wandel  der  Vorstellungen  ist,  einem 
allgemeinen  Zuge   folgend,  Walhall   zum  Himmelssaal  geworden,    in 
dem  die  Helden  Odins  Gäste  sind^J. 


^}  Der  scheinbare  Widerspruch,  der  hier  durch  die  EinfiihrQDg  der  Seelenwande- 
rongsidee  mit  den  gewöhnlichen  Vorstellun^jen  über  das  Elyslum  dadurch  entsteht,  daß 
gerade  die  ins  Elysium  eingegangenen  Seelen  zur  Wanderung  ausersehen  sind,  hat  die 
Philologen  mehrfach  beschäftigt  vgl.  Rademacher,  Das  Jenseits  im  Mythus  der  Hellenen. 
1903,  S.  15  ff.  Norden,  Vergils  Aeneis  Buch  VI,  1903,  S.  16  ff. .  Wir  werden  auf 
die  allgemeinen  Grundlagen  der  Seelenwanderungsidee,  mit  denen  dies  zusammenhängt« 
unten  näher  eingehen.  Worauf  es  hier  zunächst  ankommt,  ist  die  eigentümliche  Mischung 
der  drei  Unsterblichkeitsideen,  die  gerade  für  dieses  Stadium  des  Übergangs  zu  den 
sittlichen  Vergtltungsmotivcn  besonders  charakteristisch  ist. 

';  Oldenberg.  Veda,  S.  544  ff. 

3)  SchullcTUä.  Zur  Kritik  des  altnordischen  Walhallglaubens,  Beiträge  zvlt  Ge- 
schichte der  deutschen  Sprache  und  Literatur,  Bd.  12,   1SS6. 


Die  Unterwelt  und  ihre  Götter.  569 

b.  Die  Unterweltsgötter. 

Von  dem.  Augenblick  an,  wo  die  Unterwelt  zu  einem  für  sich 
bestehenden,  von  der  Oberwelt  und  dem  Himmel  abgetrennten  Reich 
wird,  fordert  dies  Reich  auch  seine  Herrscher.  Zeus,  Poseidon  und 
Pluto  teilen  daher  nach  griechischer  Vorstellung  die  Herrschaft  über 
Himmel,  Meer  und  Unterwelt,  und  ähnlich  stellten  die  Babylonier 
ihren  Nergal,  die  Ägypter,  bei  denen  sich  diese  Scheidung  freilich 
erst  verhältnismäßig  spät  und  auch  dann  nicht  vollständig  durchgesetzt 
zu  haben  scheint,  den  Osiris  als  Herrscher  über  das  Totenreich  den 
Göttern  des  diesseitigen  Lebens  gegenüber.  Aber  allgemeingültig 
ist,  wie  schon  das  letzte  dieser  Beispiele  zeigt,  die  Scheidung  jener 
Reiche  nicht.  Bei  Römern  wie  Germanen  begegnen  uns  zwar  be- 
stimmt ausgeprägte  Unterweltsvorstellungen;  doch  die  Unterwelts- 
götter erscheinen,  so  lange  sich  nicht  fremde  Einflüsse  bemerklich 
machen,  noch  wenig  geschieden  einerseits  von  den  unbestimmteren 
Wesen  der  Tiefe,  in  denen  sich  lediglich  die  Schrecken  des  Todes 
verkörpern,  anderseits  von  den  Geistern  der  Ahnen,  die  dieses  dunkle 
Reich  bewohnen.  So  haben  wir  denn  in  solchen  Dämonen  der  Tiefe 
wahrscheinlich  die  Vorfahren  jener  höheren  Unterweltsgötter  vor  uns, 
die  wohl  überall  erst  aus  dem  Streben  der  theogonischen  Dichtung  her- 
vorgegangen sind,  das  unterirdische  Reich  zu  einem  Gegenbild  des 
himmlischen  Götterstaates  zu  machen.  Darum  mag  manches,  wie  der 
mit  geöffnetem  Rachen  laut  brüllende  Aides,  der  in  schwarzen  Flügeln 
einherschreitende  Thanatos,  in  der  späteren  Dichtung  als  ein  bloß  bild- 
licher Ausdruck  für  das  Grauen  der  Totenwelt  stehen  geblieben  sein, 
obgleich  es  ursprünglich  weder  dies  noch  eine  bloße  mythologische 
Personifikation  von  Namen,  sondern  volle  Wirklichkeit  war,  ebenso 
wie  der  Knochenmann  mit  der  Sense  in  den  Formen,  in  denen  ihn 
die  populäre  Holzschneidekunst  des  15.  Jahrhunderts  in  ihren  Toten- 
tänzen dargestellt  hat.  Ist  doch  auch  der  leibhafte  Teufel,  mit  dem 
dieser  Knochenmann  oft  eng  verbunden  ist,  selbst  im  heutigen  Volks- 
glauben nicht  ganz  verschwunden.  Auch  teilt  er  noch  heute  mit  dem 
Teufel  das  Vorrecht,  Schreck-  und  Spottgestalt  zugleich  zu  sein;  und 
in  dieser  Kigcnschaft  wetteifert  gelegentlich  wieder  im  Märchen  »Ge- 
vatter Tod«  mit  dem  geprellten  Teufel,  nicht  weü  diese  Gestalten 
nicht  mehr   ernst   genommen   würden,    sondern  weü   man  sich   mit 


■■'\^ 


570  Der  Natnnnythiis. 


dem  Scherz  über  den  bittem  Ernst  dieses  Glaubens  an  die  Dänu 
der  Unterwelt  hinweghilft  (vgl.  oben  S.  48, 130).  So  reichen  sich  in 
Dämonen  der  Unterwelt  die  fernste  Vergfangenheit  und  die  unmi 
bare  Gegenwart  die  Hände,  ähnlich  wie  der  primitive  Zaubeigls 
und  der  neueste,  als  letzter  Rest  einer  langen  mythologischen  1 
Wicklung  zurückgebliebene  Aberglaube  die  nächsten  Verwandte  $ 
Zwischen  jenem  Anfang  und  diesem  Ende  liegt  aber  das  nach  < 
Vorbild  der  Himmlischen  gestaltete  Reich  der  Unterweltsgrötter, 
es  in  üppigster  Fülle  die  Dichtung  und  bildende  Kunst  der  Griec 
gestaltet  hat.  Nach  allen  seinen  Merkmalen  gehört  es  einer  £ 
mythologischer  Entwicklung  an,  auf  der  die  Dichtung  weitaus 
Übergewicht  gewonnen  hat  über  den  ursprünglichen  Mythus.  I 
noch  aus  den  nie  ganz  versiegenden  Quellen  primitiven  mythol 
sehen  Denkens  herstammende  Erscheinung  bleibt  dabei  die  Neigi 
in  der  Unterwelt  nicht  wie  im  Himmel  männlichen,  sondern  wc 
liehen  Gottheiten  den  Vorrang  einzuräumen.  So  fuhrt  in  Bab] 
Eresldgal,  nicht  ihr  Gemahl  Nergal  die  eigentliche  Herrscherge^ 
im  Totenreich.  Im  griechischen  Hades  tritt  hinter  Persephone 
eigentliche  Herrscher  Pluto  zurück;  imd  auf  einer  Stufe,  die 
unterirdischen  Götterstaat  überhaupt  noch  nicht  kennt,  im  nord] 
manischen  Mythus  ist  die  für  die  Götter  selbst  furchterregende  Co 
Hei  die  alleinige  Herrscherin  über  die  Toten.  Es  ist  derselbe  2 
der  auch  die  Erinyen,  die  Parzen,  die  Gorgonen,  die  Graien  oder 
nordischen  Nomen  und  schließlich  die  Hexen  zu  weiblichen  Wc 
macht,  ein  Zug,  der  das  ewig  Weibliche  zugleich  zum  ewig  Fun 
baren,  die  Gestalt,  die  von  der  höchsten  Anmut  umfangen  ist, 
ihren  durch  diesen  Kontrast  gehobenen  abschreckenden  Formen  2 
typischen  Bild  des  Grauens  erhebt. 

Auf  der  andern  Seite  gewinnt  das  Bild  der  Unterwelt  durch 
Dichtung  eine  neue,  dem  eigentlichen  Mythus  ursprünglich  femliegfei 
Bereicherung.  Je  abgeschlossener  diese  Welt  der  Nimmerwiederk 
der  diesseitigen  gegenübersteht,  um  so  mehr  weckt  sie  den  wag 
den  Abenteuermut  des  Helden,  auch  diese  Grenzen  zu  überschreit 
Die  Heldensage  läßt  ihn  die  Schrecken  des  Todes  überwinden, 
seine  Kraft  auch  hier  zu  bewähren.  So  holt  Herakles  als  äußei 
seiner  Kraftproben  den  Kerberos  aus  dem  Hades,  und  das  spät 
Epos   wiederholt  mehrfach  solche  Hadesfahrten,  augenscheinlich  ; 


Die  Unterwelt  nnd  ihre  Götter. 


571 


keinem  andern  als  aus  dem  gleichen  Motiv  einer  keine  Grenzen  der 
Weltordnung  kennenden  Kraftbetätigung.  Auch  hier  mögen  zuerst 
die  Mysterienkulte  in  ihrem  dem  Gedanken  an  das  Jenseits  zugewandten 
Sinn  solchen  Dichtungen,  die  bis  dahin  wenig  mehr  als  Abenteuer- 
märchen gewesen  waren,  einen  ernsteren  Inhalt  gegeben  haben.  Für 
diese  Verinnerlichung  der  Motive  ist  es  bezeichnend,  daß  der  Held 
derjenigen  Hadesfahrt,  die  von  der  späteren  Dichtung  mit  Vorliebe 
behandelt  wird,  derselbe  Orpheus  ist,  den  die  Sage  als  den  Stifter 
der  dionysischen  Mysterien  bezeichnet.  Freilich  werden  wir  dann 
seine  Unterweltsfahrt  schwerlich  in  der  Fassung,  in  der  wir  sie  bei 
Virgil  und  Ovid  lesen,  als  die  ursprüngliche  ansehen  dürfen,  sondern 
es  mögen  hier  vergessene  kultische  Beziehungen  zug^nde  liegen,  in 
denen  die  Legende  mit  der  mystischen  Entsühnung  und  Heiligung 
der  Seele  in  Beziehung  stand.  Die  spätere  Zeit  hat  dann  daraus 
jenes  Liebesmärchen  von  Orpheus  und  Eurydike  gemacht,  das  von 
den  römischen  Dichtem  mit  den  bekannten  Märchenmotiven  des 
Gesangszaubers  und  des  verbotenen  Blicks  auf  ein  sich  vollziehendes 
Wunder  ausgestattet  wurde  (Virg.  Georg.  IV  453  ff.  Ovid  Met.  X, 
II ff.)').  Wie  aber  auch  diese  Hadesfahrt  ursprünglich  beschaffen 
war,  schon  der  Zusammenhang  des  Helden  mit  der  orphischen  Theo- 
sophie läßt  vermuten,  daß  es  sich  hier  um  eine  religiöse  Legende 
handelt,  die  ein  Werk  theosophischer  Dichtung,  nicht  urspünglicher 
Mythenbildung  ist.  Klar  tritt  uns  schließlich  derselbe  Charakter  bei 
einer  der  ältesten  dieser  Unterweltsfahrten,  bei  der  babylonischen 
»Höllenfahrt  der  Istar«  entgegen*).  Istar,  die  »Erstgeborene  des  Him- 
mels und  der  Erde«,  zieht  aus  nach  dem  »Land  ohne  Rückkehr«, 
dessen  Bewohner  in  Finsternis  wohnen,  deren  Nahrung  Erdstaub  und 
Lehm  ist,  und  die  wie  die  Vögel  mit  Flügelgewand  bekleidet  sind,  — 
sichtlich  Anspielungen  auf  Begräbnis   und  Seelenvorstellungen.     Am 

'■  Auf  andere  Motive  religiöser  Art  weist  die  Oberliefemng  hin,  nach  der  in 
einer  verlorenen  Aeschyleischen  Tragödie  die  Hadesfahrt  des  Orpheus  mit  einer  durch 
sein  Saitenspiel  verursachten  Vernachlässigung  des  Dionysosdienstes  zosammenhing, 
—  vielleicht  eine  Anspielung  auf  den  Gegensatz  dionysischer  und  apollinischer  Kulte. 
Vgl.  Preller,  Griech.  Mythol.  ü^,  S.  487. 

^)  A.  Jeremias,  Babylonisch-Assyrische  Vorstellungen  vom  Leben  nach  dem  Tode, 
1887,  und  Art.  Nergall  in  Roschers  MythoL  Lexikon  III,  i,  S.  258 ff.  (wo  anch  die 
andern  babylonischen  Höllenlegenden  übersichtlich  behandelt  sind).  Zimmern,  Die 
Keilinschriften  und  das  Alte  Testament^,  S.  561  ff. 


^•j2  I^f  Naturmytliiu. 


Tör   der  Unterwelt  begehrt  sie  Einlaß,   und  Eresldgral^   die  Herrin 
des  Reichs  der  Toten,  befiehlt  sie  einzulassen.    Aber  an  jedem  der 
sieben  Tore  der  Unterwelt  muß  sie  eines  ihrer  Schmuckstücke  oder 
Gewänder  ablegen,  so  daß  sie  völlig  nackt  im  iimersten  Raum  an- 
langt, wo  die  Göttin  der  Toten  sie  fesseln  läßt  und  sechzig-  Krank- 
heiten zumal  auf  sie  losläßt.    Doch  mit  Istars  Scheiden  aus  der  Ober- 
welt ist  alle  Zeugungskraft  der  Natur  geschwunden:  das  erbarmt  die 
Himmelsgötter,  und  auf  Eas  Begehr  muß  Eresldgal  Istar  wieder  frei 
lassen.     Sie  erhält  bei  der  Rückwanderung  durch  die  sieben  Tore  ihre 
Kleider  und  Schmucksachen  zurück,  und  bei  ihrem  Wiedererscheinen 
kehren  Freude  und  Fruchtbarkeit  wieder  auf  Erden  ein.    Das  ist  ein 
unverkennbarer  Jahreszeitenmythus,  verbunden  mit  einer  lebendigen 
Veranschaulichung  der  Lehre,  daß,  wer  in  das  Totenreich   eingeht, 
alle  Güter  der  Erde  zurückläßt.     Doch  in  jedem  dieser  beiden  Teile, 
im  mythischen  Bild  des  Gegensatzes  zwischen  Tod  und  Leben  wie 
in  dem  des  Wechsels  von  sommerlicher  Vegetation  und  winterlicher 
Ruhe  der  Natur,  ist  der  Mythus  ein  unverkennbares  Werk  tfaeoso- 
phischer  Dichtung,  das  höchstens  noch  von  den  allverbreiteten  Vor- 
stellungen  vom    Verkehr   Lebender   mit   Abgeschiedenen    und    von 
der   ebenso    allgemeinen    Assoziation   des  menschlichen   Todes   mit 
dem   der   Natur  im  Winter  ihre  allgemeinen   mythologischen   Anre- 
gungen  empfangen  hat.     Ein  letztes  Beispiel  solcher  Höllen£üirten 
bietet  endlich  die  Höllenfahrt  Christi.     Die  z\\ischen  Tod  und  Auf- 
erstehung liegende  Zeit  wird  hier  durch  die  Höllenfahrt  des  Erlösers 
ausgefüllt,    die   zugleich  die  Vorbereitung   zu  der  der  Auferstehung 
folgenden  Himmelfahrt   ist.     Damit  verbindet  sich  der  auch  in  den 
Ausschmückungen  dieser  Legende  anklingende  Gedanke,   daß,  wie 
in  der  Höllenfahrt  das  Reich  der  Finsternis  überwimden,  so  in  der 
Himmelfahrt    der  Himmel    für   den  Christen   erobert   werde.     Ohne 
Zweifel  ist  es  aber  die  Tradition  jener  der  griechischen  imd  orienta- 
lischen  Sage   geläufigen   Höllenfahrten,    die   hier   auf  die  christliche 
Legende   einwirkte,   um   sich   dann   in  ihr  mit  der  Himmelfahrt  zu 
einer  Zwciheit  zu   verbinden,    die   ihrerseits   mit  der  Scheidung  des 
Jenseits    in   ein   unterirdisches    und    in   ein    oberirdisches   Reich    zu- 
sammenhängt. 

Noch  eine  weitere  Vorstellung  ist  aber  an  diese  Entwicklung  des 
Untenveltsm\-thus   geknüpft,   um   sich   dann   im  Anschlüsse   an   das 


Die  Unterwelt  und  ihre  Götter. 


573 


himmlische  Jenseits  ebenfalls  auf  dieses  zu  übertragen:  das  ist  die 
des  Seelenführers.  Ausgebildet  ist  sie  zuerst,  wie  es  scheint, 
im  griechischen  Mythus,  und  hier,  wo  sie  uns  zum  erstenmal  in  der 
Odyssee  begegnet,  ist  sie  wohl  aus  dem  Gedanken  entstanden,  jenes 
gewaltsame  Eindringen  in  den  Hades,  wie  es  einzelnen  Helden  zu- 
geschrieben wird,  könne  nicht  ohne  besondere  göttliche  Hilfe  ge- 
lingen. So  geleiten  Hermes  und  Athene  den  Herakles  bei  semer 
Hadesfahrt  (Od.  ii,  626).  Wenn  dann  im  Anschlüsse  an  solche 
außerordentliche  Fälle  die  Vorstellung  sich  verallgemeinerte  und  nun 
Hermes  neben  seiner  sonstigen  weitverzweigten  Wirksamkeit  auch 
noch  die  des  allgemeinen  Seeleniiihrers  übernahm,  in  der  er  uns 
schon  in  der  wundervollen  Schilderung  der  Odyssee  des  mit  seinem 
Stabe  vor  den  in  Vogelgestalt  zwitschernden  Seelen  der  Freier  ein- 
herschreitenden  Gottes  entgegentritt  (Od.  24,  i  ff.),  so  ist  es  sichtlich 
die  Beziehung  zwischen  Traumbild  und  Schattenseele,  die  den  Gott, 
der  mit  semem  Stab  den  Schlaf  und  den  Traum  auf  die  Lider  des 
Schlafenden  herabsenkt,  mit  dem  gleichen  Stabe  auch  die  Seelen 
zum  Hades  treiben  läßt.  Von  da  aus  sind  ähnliche  Vorstellungen 
auch  in  die  christliche  Welt  eingedrungen :  hier  ist  es  ein  besonderer 
Todesengel  oder  im  Volksglauben  der  Tod  als  Knochenmann  in 
Person,  der  die  Seele  holt;  und  schließlich  ist  die  gleiche  Vorstel- 
lung, freilich  wieder  nur  für  besondere  Fälle,  am  Teufel  haften  ge- 
blieben, der  auserlesene  Verbrecher  bei  lebendigem  Leibe  in  die 
Hölle  holt.  Daneben  ist  jedoch  auch  in  der  höheren  mythologischen 
Dichtung  die  Gestalt  erhalten  geblieben,  von  der  wohl  dieser  ganze 
Vorstellungskrcis  ausging:  die  des  Führers  fiir  den  Bevorzugten,  dem 
es  vergönnt  ist,  in  die  Stätte  der  Nimmerwiederkehr  vorübergehend 
als  Lebender  einzudringen.  Dies  Amt  pflegt  dann  aber  an  einen  der 
selbst  schon  im  Schattenreich  weilenden  Geister  überzugehen:  so 
geleitet  die  Sibylle  den  Aeneas  zunächst  zu  seinem  Vater  Anchises, 
und  nach  diesem  Vorbild  übernimmt  in  Dantes  Höllenfahrt  wiederum 
Virgil  die  Führung  des  jüngeren  Dichters. 


574  ^^  Natnmiytlias. 


3.  Der  Himmel  als  Ort  der  Seligen. 

m.  Die  Himmeltgötter  als  Heilsgötten 

Schon  das  frühe  M}^eiunärchen  kennt  den  Aufstieg  zum  Ifimmd 
und  selbst  die  Vorstellung,  daO  die  Gestorbenen  im  Mond  oder  ii 
der  Sonne  ihren  Wohnort  haben,  oder  daß  Menschen  in  Sterne  vci 
wandelt  worden  seien,  kommt  gelegentlich  vor  {vgl  oben  S.  396I 
Aber  von  diesen  primitiven  Erzählui^n  führt  keine  Brücke  zu  dec 
Bild  des  Hinunels  als  der  Wohnstätte  der  Seligen.  Den  Au&tiq 
zum  Himmel  voUitihren  Lebende,  nicht  Tote,  und  davon,  daA  de 
Himmel  ein  Ort  besonderer  Glückseligkeit  sei,  ist  nirgends  die  Redf 
Jene  primitiven  Anschauungen,  in  denen  sich  led^lich  die  übera 
wirksame  mythologische  Apperzeption  betätigt,  sind  in  der  Tat  lang! 
verschwunden  oder  leben  höchstens  als  dunkle  Anklänge  im  MSrdhe 
weiter,  wenn  sich  zum  erstenmal  der  Gedanke  r^t,  den  Himmd  de 
Toten  oder  mindestens  einer  bevorzugten  Klasse  derselben  als  Wohn 
Stätte  anzuweisen.  Die  Göttersage  selbst  bedarf  offenbar  einer  las 
geren  Entwicklung,  ehe  in  ihr  diese  Vorstellung  zur  Herrsdiaft  gl 
langen  kann,  abgesehen  von  den  Fällen,  wo  die  das  g^wöhnlidi 
Heldentum  überragenden  Heroen  zu  Göttern  erhoben  werden,  - 
Fälle,  auf  die  man  das  sonst  selten  zutreffende  Sprichwort  wirklich  eil) 
mal  anwenden  kann,  daß  Ausnahmen  diCiRegel  bestätigen.  Denn  de 
Himmel  als  Aufenthaltsort  der  Götter  ist  eben  als  solcher  dem  Men 
sehen  verschlossen.  Dieser  muß  zum  Gott  werden,  wenn  er  in  de 
Himmel  gelangen  soll.  Die  Götter  dagegen  können  ihrerseits  au 
Erden  walten,  und  sie  tun  das  insbesondere  auch  als  Spender  voi 
Glück  und  als  Beschützer  der  Einzelnen.  So  lange  der  Blick  vor 
nehmlich  dem  Diesseits  zugewandt  bleibt,  genügt  das  auch  den 
Heilsbedürfnis  des  Menschen.  Die  Toten  überläßt  man  ihrem  trau 
rigen  Los,  und  die  Unterweltsgötter  erheben  sich  wohl  allmählid 
zu  Beherrschern  des  bei  weiterer  AusbUdung  des  Göttermythus  nich 
zu  entbehrenden  unterirdischen  Götterstaates.  Aber  dabei  bleibt  die 
unterirdische  Reich  zumeist  eine  Stätte  der  Trauer,  in  die  kein  segen 
spendender  Lichtstrahl  eindringt. 

Immerhin  regt  sich  frühe  schon  der  Gedanke,  daß  es  bevorzugte. 
von  den  Göttern  besonders  geliebte  Sterbliche  gebe,  die,  im  Gegen- 


Der  Himmel  tls  Ort  der  Seligen.  575 

satze  zu  den  von  den  Göttern  Gehaßten  und  noch  im  Hades  von  ihrer 
Rache  Verfolgten,  von  dem  trüben  Schicksal,  dem  sonst  kein  Sterb- 
licher entrinnt,  befreit  sind.    Nun  gehört  freilich  zu  diesem  Schicksal 
zuvörderst  der  Tod  selbst,  mit  dem  jene  düstern  Zukunftsbilder  un- 
trennbar verknüpft  sind.     So  werden  denn  die  Lieblinge  der  Götter 
vor  allem  von  dem  Tode  befreit,  damit  sie  fähig  sind,  ein  glückliches 
Leben  völlig  ungetrübt  zu  genießen.     Doch  des  Himmels,  der  den 
Göttern  vorbehalten  bleibt,  werden  sie  darum  noch  nicht  teühaftig. 
So  bietet  sich  denn  hier  ein  Bild,  das,  aus  der  wechselseitigen  Assi- 
milation der  Vorstellungen  von  einer  Wanderung  der  Seele  und  von 
der  Himmelsreise  der  Sonne  entstanden,  da  und  dort  schon  in  primi- 
tiven Mythen  zum  Vorschein  kommt:  das  Bild  von  einem  Seelenland 
jenseits  des  Meeres,  in  einer  Region,  wo  die  Sonne  bei  ihrem  Unter- 
gang ferne,  unzugängliche  Eilande  beleuchtet*).    Es  ist  derselbe  Kreis 
von  Vorstellungen,  dem  die  weit  verbreiteten  Schilderungen  von  einem 
fernen  Land  angehören,  in  welchem  ein  bevorzugtes  Volk  oder  Ge- 
schlecht ein  glückseliges  Leben  fuhrt').    Aus  diesem  Kreis,  halb  der 
Götter-  und  Heldensage,  halb  dem  Seelenmythus  angehöriger  Vor- 
stellungen, ragen  nun  als  unverkennbare  Übergänge  zu  dem  Bild  eines 
Wohnorts  der  Seligen  im  Himmel  jene  Mythen  von  einer  Entrückung 
hervor,  die  in  einem  solchen  fernen  glückseligen  Lande  bevorzugten 
Helden  durch  die  Götter  zuteil  geworden  ist     So  ist  nach  dem  Gil- 
gamesch-Epos  dem  babylonischen  Noah,  Utnapistim,  das  »Land  an 
der  Mündung  der  Ströme«   als  Wohnstätte  angewiesen:  dort  soll  er 
mit  seinem  Weibe  leben,  »den  Göttern  gleich«  (Taf.  XI  des  Gilgamcsch- 
Epos,  Jensen).     Menelaos  wird  nach  der  Odyssee  auf  der  Heimkehr 
von  Troja  zur  »Elysischen  Flur  an  den  Grenzen  der  Erde«  entrückt, 
wo  Rhadamanthys  wohnt   und  den  Menschen  leichtestes  Leben,   frei 
von  Winter,   Sturm  und  Regen,  beschert  ist  (Od.  4,  560fr.).     Es  ist, 
wie  diese  Verse  erkennen  lassen,  nicht  Menelaos  allein,  sondern  eine 
ganze  Schar  Auserlesener,  die  offenbar,  da  Rhadamanthys  als  Herrscher 
gedacht  ist,  neben  dem  Reich  des  Himmels  und  der  Unterwelt  eine 
Art  dritten  Reichs  des  Jenseits  bilden.    Dieser  Vorzug  wird  aber  auch 


']  Tylor,  Anfänge  der  Kultnr,  II,  S.  60  ff. 

')  Auf  griechischem  Boden  fallen  in  das  Gebiet  dieser  geographiachcn  Mythen 
vor  allem  die  zugleich  mit  Kaltmythen  eng  znsammenhXngenden  Hypcrborecnagcn 
(O.  Crusius,  in  Roschers  Lexikon,  I,  S.  2805  ff.). 


e76  ^^^  Natarmythns. 


hier  den  Bewohnern  dieses  Elysiums  nicht  etwa  als  Verbreitung  i 
ihre  Taten,  sondern  um  ihrer  persönlichen  Beziehungen  zu  den  Götte 
willen:  so  dem  Menealos,  weil  er  als  Gemahl  der  Helena  Eidam  d 
Zeus  ist  (569).  Die  spätere  Dichtung  hat  dann  diese  Vorstellung  s 
die  Helden  vor  Troja  überhaupt  ausgedehnt:  sie  sind  Hesiods  viert 
Geschlecht,  dem  am  Rande  der  Erde  unter  der  Herrschaft  des  Krön 
glückliche  Wohnsitze  angewiesen  sind  (Hes.  W.  u.  T.   167  fr.). 

Ein  zweiter  Weg,  der  in  seinen  ersten  Anfangen  eben&Us  fni 
bereits  angedeutet  ist,  aber  doch  erst  auf  einer  späteren  Stufe  < 
Jenseitsmythus  mit  Entschiedenheit  eingeschlagen  wird,  besteht  in  < 
Abtrennung  einer  besonderen  Region  von  dem  •übrigen  Reich  » 
Schatten:  es  ist  die  Vorstellung  eines  im  Hades  selbst  gel^enen  E 
siums,  das  uns  oben  schon  zugleich  als  Ausgangspunkt  der  Veif 
tungsvorstellungen  begegnet  ist  (S.  566  f.).    Für  den  nahen  Zusamm 
hang  dieser  beiden  Formen  eines  doppelten  Jenseits  ist  es  bezeicbne 
daß  Virgil,  der  am  eingehendsten  das  unterirdische  Elysium  geschik 
hat,  denselben  Rhadamanthys,  der  nach  der  Odyssee  die  Gefilde 
Seligen  beherrscht,  in  der  Unterwelt  zum  Richter  über  die  Frc 
macht  (Aen.  6,  566). 

Es  sind  wahrscheinlich  mehrere  Motive  gewesen,  die  zu  versc 
denen  Zeiten  zusammengewirkt  haben,  um  diese  Vorstellui^en 
einem  Paradies  in  einem   fernen   irdischen  Lande    oder  von   cii 
Elysium  unter  der  Erde  in  die  andere  vom  Wohnsitz  der  Seligen 
Himmel  überzuführen.     Auf  der  einen  Seite  ist  es  die  unbedit 
Oberherrschaft  eines  einzigen  Gottes,  die  den  Seelen  der  Ahnen  nc 
den  untergeordneten  Göttern,  die  nun  zum  Teil  in  die  Reihe  dienet 
Geister  herabsinken,   eine  Stelle  im  Himmel  verschafft.      So  fiil 
nach  der  Vorstellung  der  alten  Ägypter  der  Sonnengott  Ra  die 
einer  Leiter  zu   ihm  aufgestiegene  oder  als  Vogel  emporgeflog 
Seele  in  seinem  den  Himmel  umkreisenden  Wagen  mit  sich,  — 
Reflex,  wie  es  scheint,  der  noch  heute  besonders  bei  afrikanisc 
Völkern  verbreiteten  Vorstellung  vom  Sitz  der  Verstorbenen  in 
Sonne ').    Am  reinsten  ausgebildet  begegnen  wir  aber  diesen  Himn 
Vorstellungen  in  den  einander  nahe  verwandten  Anschauungen 
Inder  und  Eranier.     In  Indien  richten  sich  die  ältesten  Gebete 


')  J.  Spieth,  Die  Ewc-Stämme.  S.  555  ff. 


Der  Himmel  als  Ort  der  Seligen.  cy*^ 

Opfer  für  das  Heil  der  Verstorbenen  an  Indra,  den  Beherrscher  des 
Himmels,  neben  dem  der  später  zum  Führer  der  Toten  auf  ihrer 
Himmelsreise  und  dann  zum  spezifischen  Totengott  erhobene  Yama 
als  »Erster  der  Sterblichen«  zunächst  nur  als  der  erste  Mensch  ge- 
golten zu  haben  scheint,  der  diese  Himmelsreise  angetreten  habe 
(Rigveda  IX,  113,  7,  XVHI,  3,  13)*).  Daß  namentlich  in  den  späteren 
Liedern  die  Speiseopfer  auch  den  Gestorbenen  und  zuletzt  anscheinend 
ihnen  ausschließlich  gelten,  entspricht  einer  noch  sonst  mannigfach 
wiederkehrenden  Verschiebung  der  Vorstellungen,  die  in  diesem  Fall 
durch  die  Vorherrschaft  begünstigt  wurde,  die  die  Opferidee  im  Kultus 
gewann,  und  die  die  alten  Naturgötter  schließlich  ganz  hinter  dem 
göttlich  verehrten  Opfertrank  zurücktreten  ließ.  Daß  daneben  die 
Sitte  der  Leichenverbrennung  den  Vorstellungen  von  der  Erhebung 
zum  Himmel  hilfreich  en^egenkam,  ebenso  wie  umgekehrt  in  einem 
früheren  Stadium  die  des  Begrabens  denen  von  der  Unterwelt,  ist 
selbstverständlich,  wenn  sie  auch  schwerlich  eine  entscheidende  Be- 
deutung besessen  hat.  Das  lehrt,  abgesehen  von  der  trotz  der  Leichen- 
verbrennung herrschenden  Hadesvorstellung  der  homerischen  Welt, 
das  Jenseits  des  Avesta,  wo  die  Wohnstätte  der  Seelen  im  Himmel 
eine  noch  wichtigere  Rolle  spielt  als  in  den  Veden,  obgleich  nach 
einer  lange  noch  beibehaltenen  persischen  Sitte  die  Leiche  nicht  ver- 
brannt, sondern  den  Raubvögeln  zur  Speise  ausgesetzt  wurde  (Ven- 
didad  3,  43;  7,  125  fr.).  Aber  ein  anderes,  in  der  allgemeinen  Ent- 
wicklung dieser  Vorstellungen  offenbar  wirksameres  Motiv  hat  hier 
dem  Himmel  seinen  frühen  Eingang  in  die  Jenseitsvorstellungen  ver- 
schafft: Ahuramazda,  der  lichte  Himmelsgott,  ist  der  Alleinherrscher 
in  diesem  Reich  der  Seligen.  Seine  Diener  sind  die  Geleiter  der 
Seelen  auf  dem  Wege,  der  über  die  Sinvatbrücke  zum  Rande  des 
Himmels  führt:  sie  beschützen  die  Seele  gegen  die  bösen  Dämonen, 
das  Gefolge  des  Agramainyu.  Wo  in  dieser  Weise  der  M3^us  den 
Himmelsgott  erhebt,  da  regt  er  aber  von  selbst  die  weitere  Vorstellung 
an,  daß  dieser  Gott  die  Seelen  der  ihm  Wohlgefälligen  in  seiner 
Himmelswohnung  um  sich  versammle.  Sie  wird  dann  durch  die 
Gegenherrschaft  eines  zweiten,  in  der  Tiefe  hausenden  Fürsten  der 
Finsternis  unterstützt  und  dem  Gebiet  der  Vergeltungsvorstellungen 

'^  Oldenbcrg,  Religion  dei  Veda,  S.  53©  ff. 

Wundt,  Volkerpsychologie  II,  3.  37 


^Wf^ 


ttj%  Der  Natunnythss. 


genähert.    Zugleich  machen  es  aber  diese  Bedingung^en  begreiflidi, 
daß  ein  Grötterhimmel  wie  der  babylonische  und  assyrische  mit  seineii 
einander  annähernd  in  gleicher  Macht  gegenüberstehenden  Göttern, 
ebenso  wie  der  griechische,  sich  einem  solchen  himmlischen  Elysium 
lange  verschloß.     Hier  ist  es  darum  ein  zweiter  mythologischer  Vor- 
gang gewesen,  der  endlich  dem  lange  allein  herrschenden  unterirdi- 
schen Totenreich  ein  himmlisches  gegenüberstellte:  er  bestand  ofTenbai 
in  jener  innigen  Verschmelzung  der  Totenkulte  mit  den  Veg^etations- 
kulten,  wie  sie  vornehmlich  in  den  Genossenschaften  der  eleusinischec 
und   dionysischen   Mysterien  zur   Ausbildui^  gelangte.      Indem  die 
gleichzeitig  der  Ober-  wie  der  Unterwelt  zugehörenden  Grötter  diesa 
Kulte  die  alten  Unterweltsgötter  zurückdrängten,  hoben  sie  auch  die 
Seelen  mit  sich  zum  Lichtreich  empor.    Wie  Demeter  und  Dionysos  k 
die  Reihe  der  alten  Himmelsgötter  eintraten,  um  diese  zu  dem  Zwölf* 
göttersystem  zu  ergänzen,  so  verschafften  sie  auch  einer  Himmels- 
wanderung der  menschlichen  Seele  Raum,  die  von  da  an  ohnehin 
durch  das  Eindringen  der  indisch-persischen  Religionsanschauuogeo 
gefordert  werden  mochte.     Sind  sie  es  doch  auch,   die  sichtlich  k 
die   dieser  Richtung   ursprünglich   ferne   liegenden  vorderasiatischen 
Kulturkreise,  wie  vor  allem  in  die  Jahwereligion  der  Israeliten,  Eingang 
gefunden  haben.     Inwieweit  Wanderung  und  spontane  Entwicklung 
aus  längst  vorbereiteten  Motiven  zusammengewirkt  haben,  muß  abei 
auch   hier,    soweit  nicht  direkt,   wie  bei   den  Satans-  und   Engels- 
vorstellungen, singulare  Beziehungen   offenkundig   sind,   dahingestellt 
bleiben. 

b.  Die  Himmelfahrt  der  Seele. 

Unter  den  verschiedenen  Formen,  in  denen  die  Seele  nach  dem 
Tode  weiterlebt,  ist  es  die  Psyche,  die  Hauch-  und  Schattenseele, 
der  nach  den  Vorstellungen  der  Völker  der  Himmel  als  Wohn- 
stätte angewiesen  ist*).  Das  lehren  besonders  solche  Fälle,  wo  die 
Scheidung  zwischen  Körperseele  und  Psyche  erhalten  blieb.  So 
nicht  bloß  bei  den  Ägyptern,  bei  denen  der  ganze  Totenkultus  aus 
diesem  eigenartigen  Dualismus  zwischen  der  an  die  Leiche  gebun- 
denen Körperseele  und  der  zum  Himmel  entschwebenden  Psyche  er- 


Vgl.  Teil  II,  S.  4off. 


Der  Himmel  als  Ort  der  Seligen.  eng 

wuchs,  sondern  auch  bei  den  Eraniem,  wo  die  vornehmlich  auf  das 
geistige  Fortleben  gerichtete  Zarathustrische  Lehre  die  gleiche,  in 
der  ursprünglichen  Volksanschauung  wurzelnde  Zweiheit  der  Seelen 
nicht  zerstören  konnte.  Bei  ihnen  wurde  die  Leiche  allem  Anscheine 
nach  deshalb  den  Aasvögeln  zur  Speise  geboten,  damit  die  geistige 
Seele  um  so  freier  zum  Himmel  schweben  könne.  Denn  bei  jener 
Zerstörung  der  Leiche  nehmen  die  Daevas  Tod  und  Krankheit,  Alter 
und  Unreinheit  in  sich  auf,  worauf  dann  die  geistige  Seele,  fernerhin 
nicht  von  ihnen  behelligt,  zum  Himmel  aufsteigt*).  Augenschein- 
lich wurden  in  den  den  Leichnam  verzehrenden  Tieren  die  Daevas 
selbst  lebendig  gedacht,  und  man  kann  sich  dem  Eindruck  nicht  ver- 
schließen, daß  der  von  frühe  an  die  persische  Religion  erfüllende 
ethische  Dualismus  hier  auf  die  Psyche  und  die  Körperseele  übertragen 
sei:  jene  gehört  von  Hause  aus  dem  Lichtreich  des  Ormuzd,  diese 
dem  finstern  Gegenreich  des  Ahriman  an,  dem  sie  durch  seine 
Dämonen  zugeführt  wird.  Dabei  werden  aber  gleichwohl  Psyche  und 
Körperseele,  ähnlich,  wenn  auch  nicht  dauernd  wie  in  Ägypten,  zu 
einander  in  Beziehung  gedacht,  da  die  Psyche  erst  ungehindert  in 
den  Himmel  eingehen  kann,  wenn  die  Körperseele  und  mit  ihr  das 
Unreine,  das  auch  sie  zur  Tiefe  zurückzuführen  droht,  zerstört  ist. 
Das  äußert  sich  darin,  daß  die  Himmelfahrt  der  Psyche  durch  die  sie 
verfolgenden  Daevas  fortwährend  bedroht  wird.  In  diese  Anschau- 
ungen vom  Kampf  guter  und  böser  Mächte  um  die  Seele  und  vom 
Kampf  einer  reinen  und  einer  unreinen  im  Menschen  selbst  spielen 
die  Vorstellungen  einer  Läuterung  von  irdischer  Unreinheit  hinein, 
die  nun  im  Kultus  als  Vorbedingungen  für  die  Auffahrt  zum  Hinunel 
erscheinen.  Zugleich  wurzeln  aber  hierin  die  weiteren  Vorstellungen 
von  einer  Trübung  der  ursprünglich  reinen  Natiu*  der  Seele  durch  die 
körperliche  Materie,  wie  sie  vor  allem  Plato  ausgebildet  hat. 

Wie  nun  der  Begriff  der  Psyche  auf  zwei  Grundanschauungen  zurück- 
geht, auf  den  Hauch  des  Atems,  der  beim  Tode  den  Menschen  ver- 


')  Vendidad  7,  137  ff*.  ^^^  vielverhandelte  Frage  nach  dem  Alter  des  Avetta 
(vgl.  über  diese  Tiele,  Archiv  fUr  Religionswissenschaft,  I,  1898,  S.  337 £,  Bontiet, 
ebenda  IV,  1901,  S.  !$$((')  kommt  fUr  diesen  Punkt  kaom  in  Betracht  Denn  der 
i^anze  Charakter  dieser  Vorstellungen  macht  deren  Zusammenhang  mit  alten  Volksan- 
schauungen  und  Kulten  jedenfalls  im  höchsten  Grade  wahrscheinlich,  welcher  Zeit 
auch  ihre  literarische  Fixiemng  angehören  mag. 

37* 


580  Der  Nattmnythns. 


läßt,  und  auf  das  Bild  Lebender  oder  Verstorbener,    das  in  Traun 
und  Vision  erscheint,  so  verzweigen  sich  auch  die  Vorstellungen  voi 
der  Himmelfahrt  der  Seele  wieder  nach  zwei  Richtungen.     Auf  de 
einen  Seite  ist  es  der  Tod,  der  die  endg^tige  I-fimmelfahrt  und  ihr 
Aufnahme  in  den  Chor  der  seligen  Geister  einleitet.    Auf  der  anden 
Seite  ist  es  die  Seele  im  Zustand  der  Verzückung,  in  dem  sie  über 
irdischer  Offenbarungen  gewürdigt  und  ihr  vei^önnt  wird,  schon  wäh 
rend  des  Lebens  sich  zum  Himmel  zu  erheben  und  dessen  Geheim 
nisse  zu  schauen.    Nun  kann  nur  das,  was  solchen  bevorzugten  Seele 
auf  ihrer  visionären  Himmelsreise  widerfahrt,  überhaupt   zur  Kund 
der  Menschheit  gelangen.    Darum  sind  es  Vision  und  Ekstase 
die,   wie    sie    schon   in  die    Vorstellungen   von  der   Psyche   eii^ 
griffen  haben,  insbesondere  auch  die  Bilder  von  der  Hinunelfahrt  de 
Seele    während   des  Lebens   und  nach  dem   Tode,    sowie    die   de 
Himmelreichs  selbst  gestalten.    Dabei  wirken  natürlich  auf  diese  ww 
jene  auch  die  sonst  in  der  Volksanschauung  verbreiteten,  aus  anden 
Quellen  stammenden  Vorstellungen,   sowie  die  älteren  wie  spätere! 
Elemente  des  Naturmythus  ein.     So,  wenn  die  Seele  als  beflügelte 
Wesen  zum  Himmel  eilt,  oder  wenn  sie  von  beflügelten  Engeln  geleite 
wird,   oder  wenn  die  Himmelsräume  in  einer  bestimmten  Ordnan| 
übereinander  gelagert  erscheinen.    In  dem  allmählich  reicher  sich  ge 
staltenden  Aufbau  künden  sich  dann  hier  zugleich  astrologische  Ein- 
flüsse an.     Ist  in  der  primitiven  Mythologie  und  in  den  von  Astro- 
logie und  gelehrter  Mystik  unberührt  gebliebenen  Volkskreisen  dei 
heutigen  Kulturvölker  das  Himmelreich  immer  noch  ein  einziger  Raun 
geblieben,   so  hat  es  priesterliche  Spekulation   frühe  schon  zu  dre 
übereinander  liegenden  Himmelsstockwerken  erweitert.     So  schildert 
Paulus  eine  Ekstase,  in  der  er  bis  in  den  dritten  Himmel  erhoben 
wird,  um  dort  »Dinge  zu  sehen  und  Worte  zu  hören,  die  kein  Mensch 
nachsprechen  kann«;  und  wenn  er  hinzufügt,  ihm  habe  >des  Satans 
Engel  einen  Pfahl  ins  Fleisch  geschlagen,  damit  er  sich  der  gehabten 
Offenbarung  nicht  überhebe«  (2.  Kor.  12),  so  erinnert  auch  das  an 
die  eranische  Vorstellung  von  den  zwei  Seelen,  von  denen  die  eine 
den  Daevas  gehört,  und  die  andere  allein  gewürdigft  wird,  zum  Himmel 
einzugehen.  Wenn  aber  in  den  meisten  Überlieferungen  dieser  Himmel- 
fahrtsliteratur die  Drei-  der  Siebenzahl  Platz  gemacht  hat,  so  ist  das 
offenbar  der  wachsenden  Verbreitung  der  heiligen  Sieben  zu  danken, 


Der  Himmel  als  Ort  der  Seligen.  cSl 

ohne  daß  im  übrigen  auf  diese  Vorstellungen,  die  wohl  zumeist  andern, 
teils  indisch -eranischen  teils  griechischen  Quellen  entstammen,  ein 
sonstiger  Einfluß  babylonischer  Mythologie  stattgefunden  haben  müßte. 
Wissen  wir  doch,  daß  gerade  die  Siebenzahl  zu  jenen  mythologischen 
Bestandteilen  gehört,  die  nicht  selten  als  isolierte  Fragmente  gewan- 
dert sind.  In  der  poetischen  Ausgestaltung  der  Vorstellungen  von 
der  Himmelfahrt  der  Seele,  wie  sie  in  der  hellenistischen  Zeit  von  der 
jüdischen  und  christlichen  Apokalyptilc,  sowie  von  den  platonisierenden 
Richtungen  der  griechischen  Philosophie  ausgebildet  worden  sind, 
herrscht  daher  bald  die  Drei-,  bald  die  Siebenzahl,  je  nach  dem 
Übergewicht  der  einen  oder  der  andern  dieser  heiligen  Zahlen,  oder 
beide  wechseln  wohl  auch  miteinander,  wie  in  dem  merkwürdigen 
Buche  Henoch,  der  am  reichsten  ausgeführten  dieser  Schilderungen, 
in  den  verschiedenen  Visionen,  die  hier  zusammengestellt  sind*). 
Dabei  macht  sich  die  vorherrschende  Tendenz  der  Vision,  ihre  Bilder 
in  den  Himmel  zu  verlegen,  darin  geltend,  daß  in  diesen  Visionen 
nicht  nur  der  Ort  der  Seligen,  das  Paradies,  sondern  auch  die  Woh- 
nung der  Verdammten  und  der  gefallenen  Engel  in  einem  der  Him- 
melsräume untergebracht  wird.  Nur  befinden  sich  die  Seligen  in  einem 
höheren  Himmel,  und  Gott  selbst  thront  endlich  in  dem  höchsten, 
dem  siebenten.  Wer  ihn  betritt,  muß  sich  seiner  irdischen  Kleider 
entledigen,  um  statt  ihrer  himmlisches  Gewand  zu  empfangen.  Es 
ist  dieselbe  Vorstellung,  die  uns  in  verschiedenen  Formen  überall 
wieder  begegnet:  in  das  Jenseits,  mag  dieses  die  Unterwelt  oder  der 
Himmel  sein,  geht  der  Mensch  nackt,  wie  er  geboren  ist.  Doch  der 
semitische  Jenseitsmythus,  von  der  Höllenfahrt  der  Istar  an  bis  zu 
Henoch  und  den  spätjüdischen  Mystikern,  läßt  den  Besucher  des 
Jenseits  nur  das  äußere  Kleid  von  sich  tun,  der  eranische  und  grie- 
chische entkleidet  die  Psyche  auch  ihrer  eigenen  Körperlichkeit.  Hier 
erst  bereitet  daher  der  Mythus  jene  Idee  einer  rein  geistigen  Seele 
vor,  wie  sie  durch  die  platonische  Philosophie  dem  Abendland  über- 
mittelt wurde,  um  dann  in  der  Vorstellung  von  einem  Ausziehen 
des  irdischen  und  dem  Anziehen  eines  himmlischen  Leibes,  wie  sie 


')  A.  Dillmann,  Das  Buch  Henoch,  Kap.  17  ff.,  70  ff.  Die  Verschiedenheit  dieser 
Schildeningen  rührt  jedenfalls  von  der  Zosammensetznng  dieses  Boches  ans  Terschie- 
<lenen  Oberliefemngen  älteren  und  jüngeren  Datums  her.    (Vgl.  darüber  Bonsset,  ArelÜT 

für  Religionswissenschaft,  IV,  S.  138  ff.) 


eg2  Der  Natarmythns. 


uns  bei  Paulus  begegnet  (i.Kor.  15,  40),  eine  eigentümliche  Vermitt- 
lung zu  finden,  die  im  Grunde  nur  zu  der  alten,  direkt  dem  Tranm- 
bilde  entstammenden  Vorstellung  von  der  Schattenseele  zurückkdirt 
In  den  Schilderungen  der  Apokalyptiker  und  der  platonisierendett 
Theosophen  sind  es  zunächst  Einzelne,  denen  in  Augenblicken  der 
Erleuchtung  der  Vorzug  zuteil  wird,  den  Himmel  zu  schauen,  hi 
den  gnostischen  Sekten  und  in  den  Mysterienkulten,  die  den  grie- 
chischen und  orientalischen  Göttern,  dem  Dionysos,  Attis,  Mithras, 
der  Isis  geweiht  waren,  wurden  dann  solche  Visionen  Einzelner  zu 
Bildern  über  die  allgemeine  Zukunft  der  Seelen  erweitert,  die  in  den 
Kultlegenden  über  die  einstigen  Schicksale  des  die  menschliche  Seele 
zum  Himmel  erhebenden  Gottes  ihre  Grundlage  fanden.  So  sind 
diese  himmlischen  Zukunftsvorstellungen  zu  gemeinsamen  Bestand- 
teilen der  im  hellenistischen  Zeitalter  einander  bekämpfenden  Reli- 
gionen geworden,  um  von  da  aus  den  kommenden  Jahrhunderten  im 
wesentlichen  unverändert  überliefert  zu  werden*). 

Wie  die  Hauptquellen  dieser  himmlischen  Jenseitsvorstellungen, 
Vision  und  Ekstase,  von  denen  der  apokalyptischen  Weltuntergangs- 
und Weltemeuerungsmythen  (S.  465  ff.)  nicht  wesentlich  verschieden 
sind,  so  fallen  übrigens  auch  die  Vorstellungen  hier  und  dort  in  allen 
Hauptpunkten  zusammen,  und  mit  den  kosmogonischen  Mythen  sind 
daher  eschatologische  Ideen  beider  Art  oft  eng  verbunden.  Sie 
vermischen  sich  dann  aber  noch  mit  einer  dritten  Form  visionärer 
Schilderung,  nämlich  mit  Berichten  über  eine  ferne,  der  gewöhnlichen 

')  Wo  die  in  den  Mysterienkalten  der  hellenistischen  Zeit  znr  Ausbildung  ge- 
langte  und  dann  auch  von  dem  Christentum  übernommene  Vorstellungsreihe  ihren 
Ursprung  genommen  habe,  ist  eine  vielverhandelte,  aber  auf  Grund  der  uns  gegen- 
wärtig zugänglichen  historischen  Zeugrnisse  schwerlich  zu  entscheidende  Frage.  Als 
sicher  dürfte  nur  feststehen,  daß  diese  Vorstellungen  dem  Judentum  und  folgeweise 
auch  dem  Christentum  zunächst  von  außen,  teils  von  den  orientalischen  Religionen 
her,  teils  aus  den  griechischen  Mysterienkulten  und  philosophischen  Schulen,  zuge- 
flossen sind.  Für  vorwaltend  babylonische  Einflüsse  ist  namentlich  Anz  (Zur  Frage 
nach  dem  Ursprung  des  Gnostizismus,  1897),  für  eranische  Bousset  (Archiv  für  Reli- 
gionswissenschaft, IV,  1901,  S.  229  fl"/,  für  griechische  und  teilweise  ägyptische  Dieterich 
(Mithraslithurgie,  S.  179  ff".)  eingetreten.  Das  Entscheidende  und  völkerpsychologisch  wie 
kulturgeschichtlich  vor  allem  Bedeutsame  bleibt  wohl,  daß  der  allgemeine  Drang  der 
Zeit  in  dieser  Richtung  geht.  Er  mochte  es  auch  bewirken,  daß  zu  den  verbreitetsten 
Religionsanschauungen  dieser  Zeit,  der  des  Mithraskultus  und  des  Christentums,  Ele- 
mente verschiedenen  Ursprungs  zusammenflössen,  indem  die  psychischen  Vorbedin- 
gungen zu  ihrer  Assimilation  überall  vorhanden  waren. 


Das  Jenseits  als  Ort  der  Vergeltung  und  die  Seelenwanderung.  583 

Überlieferung  unzugängliche  Vergangenheit  oder  auch  mit  solchen 
über  jüngere,  aber  nur  einem  engeren  Kreise  von  Auserwählten  offen- 
bar gewordene  Ereignisse.  Hier  enthält  daher  die  Vision  alles,  was 
überhaupt  einer  Erzählung  im  weitesten  Sinne  zugänglich  sein  kann: 
Gegenwart,  Zukunft  und  Vergangenheit.  Das  ganze  Reich  möglicher 
Geschichte  wird  so  zum  Gegenstand  ekstatischer  Eingebung.  Der 
verzückte  Visionär  sieht  sich  selbst  in  den  Himmel  erhoben  und  er- 
lebt so  in  unmittelbarster  Gegenwart  die  Seligkeit  des  himmlischen 
Daseins.  Bei  dieser  Erhebung  in  überirdische  Sphären  werden  ihm 
dann  Offenbarungen  zu  teil,  die  sich  ebenso  auf  die  Zukunft  der  Seelen 
wie  auf  die  der  Welt  im  ganzen  beziehen;  und  nicht  minder  erschaut 
er  in  rückwärts  gerichteter  Prophetie  das  bereits  Erlebte,  aber  von 
den  Augen  anderer  oder  von  Menschen  überhaupt  nicht  Gesehene. 
Da  eröffnet  sich  nun  jenes  weite  Gebiet  visionärer  Offenbarungen,  das 
sich  von  der  Entstehung  der  Welt  und  den  ältesten  Zuständen  der 
Menschheit  bis  zu  den  Eindrücken  der  jüngsten  Vergangenheit  und 
über  diese  hinaus  bis  zum  Ende  der  Welt  erstreckt.  So  schöpft 
schließlich  insbesondere  auch  die  Legende  über  die  Taten  und  Wunder 
der  Heiligen  und  Gottgesandten  aus  der  gleichen  Quelle,  die  der  un- 
erschöpfliche Born  der  Bilder  von  den  Schicksalen  der  Seele  im  Jen- 
seits ist.  Die  Himmelfahrt  der  Seele  und  die  Himmelfahrt  des 
Heiligen,  wie  sie  die  Legende  von  Elia,  von  Jesu  und  von  so  vielen 
der  späteren  Märtyrer  erzählt,  sie  sind  schlieDlich  die  nämlichen,  jedes- 
mal nur  in  ein  anderes  Gewand  gekleidet,  und,  sobald  sie  auf  die 
heilige  Geschichte  bezogen  werden,  von  jenem  Glorienschein  umgeben, 
der  zu  einer  Bürgschaft  ihrer  Wahrheit  und  damit  zugleich  zu  einer 
solchen  für  die  künftige  Himmelfahrt  der  eigenen  Seele  wird.  Denn 
das  Wort  des  Paulus  »So  die  Toten  nicht  auferstehen,  so  ist  auch 
Christus  nicht  auferstanden«  (i.  Kor.  15,  16),  gilt  auch  fiir  die  Himmel- 
fahrt, die  ja  nur  eine  psychologisch  wohlmotivierte  Fortbildung  der 
Auferstehungslegende  ist. 

4.  Das  Jenseits  als  Ort  der  Vergeltung  und  die  Seelenwanderung. 

a.  Himmel  und  Hölle. 
Die  Vorstellung,  daß  das  Leben  im  Jenseits  ein  glückliches  oder 
unglückliches  sei,  je  nachdem  der  Verstorbene  in  seinem  diesseitigen 


^34  I^Cf  Natormythns. 

Leben  einen  Anspruch  auf  Lohn  oder  Strafe  erworben  habe,  ist  ein 
verhältnismäßig  spätes  Erzeug^nis  einer  Wechselwirkung  der  mytiio- 
logischen  Jenseitsvorstellungen  und  der  im  wirklichen  Leben  zur  Aus- 
bildung gelangten  ethischen  Motive  der  Rache  und  des  Mi^eftihls, 
der  Strafe  und  Belohnung.  Die  allmähliche  Entwicklung  dieser  Mo- 
tive von  der  aus  dem  unmittelbaren  Affekt  geborenen  Rache  imd 
Hilfe  an  bis  zu  Belohnung  und  Strafe  ist  uns  in  den  mannigfaltigsten 
Bestandteilen  des  Mythus,  namentlich  im  mythologischen  Tiermärcfaen, 
schon  entgegengetreten  (S.  157  ff.)-  Wie  diese  andern  M}rthengebiete, 
so  entbehrt  nun  aber  auch  der  Jenseitsmythus  anfanglich  ganz  der 
ethischen  Motive,  die  zu  Vergeltungsvorstellungen  fuhren  könnten, 
und  auch  wo  sich  diese  zum  erstenmal  regen,  da  sind  sie  noch  so 
stark  vermischt  mit  andern,  im  Zauberglauben  und  in  den  von  ihm 
getragenen  Kultusnormen  wurzelnden,  daß  der  Vergeltungsgedanke  . 
höchstens  in  einzelnen  schwachen  Anläufen  zu  bemerken  ist.  Auch 
da  regt  er  sich,  ganz  so  wie  bei  den  Zauberverwandlungen  des 
Mythenmärchens,  zunächst  noch  ganz  in  der  Form  der  Rache,  wie 
bei  den  bekannten  Frevlem  in  der  Nekyia  der  Odyssee,  denen  als 
lichteres  Bild  ein  elysisches  Dasein  einzelner  Auserwählter,  nicht  als 
Lohn  für  eigene  Verdienste,  sondern  als  ein  durch  göttliche  Ab- 
stammung oder  sonstige  willkürliche  Gunst  er^^'orbenes  besseres  Loos 
gegenübersteht  (S.  566 f.). 

Immerhin  bereitet  sich  in  solchen  einer  eigentlichen  Vergelümg 
vorausgehenden  Regungen  eine  auch  fiir  jene  unerläßliche  Bedingung 
vor:  das  ist  die  Ausbildung  von  Gegensätzen  in  den  Vorstellungen 
über  die  Wohnorte  der  Abgeschiedenen.  In  ihnen  müssen  ja  natur- 
gemäß die  Mittel  bereit  sein,  mit  denen  sich  dann  später  die  Ver- 
geltung selbst  vollziehen  kann.  Hier  ist  es  nun  vor  allem  die  visio- 
näre Ekstase,  die  das  meiste  dazu  geholfen  hat,  den  Tod  seiner  ihn 
anfanglich  allzu  ausschließlich  umgebenden  Schrecken  zu  entkleiden. 
Jene  Bilder  unaussprechlichen  Glückes  würden  niemals  ohne  die  Vision 
möglich  gewesen  sein.  Der  Traum  fuhrt  höchstens  zu  entfernten  An- 
näherungen, neben  denen  die  den  mannigfachen  Formen  des  Angst- 
traumes entnommenen  Bilder  des  Schreckens  nicht  zu  fehlen  pflegen'). 
Das  Schwelgen  in  lichten  und  lustvollen  Bildern,  wie  es  die  Vor- 
stellungen himmlicher  Glückseligkeit  hervorbringt,  ist  nur  der  Vision 

')  Vgl.  Teil  II,  S.  109  ff. 


Das  Jenseits  als  Ort  der  Vergeltung  and  die  Seelenwandemng.  e3e 

eigen,  und  in  dieser  wunderbaren  Ausmalung  der  Zukunft  liegt  daher 
mindestens  ebenso  sehr  wie  in  der  Erhebung  über  Bedrängnis  und 
Schmerz,  die  sich  in  den  Leiden  der  Märtyrer  und  Asketen  bekundet, 
ihre  große  Bedeutung  für  die  religiöse  Entwicklung.  So  entspricht 
es  denn  der  natürlichen  Folge  der  Motive,  daß  die  beiden  Gebiete 
des  Jenseits,  deren  sich  der  Vergeltungsgedanke  zur  Verwirklichung 
der  Strafen  und  Belohnungen  bemächtig^,  ursprünglich  nicht  nur  un- 
abhängig von  ihm,  sondern  auch  unabhängig  voneinander  entstanden 
sind.  Die  Todesfurcht  geht  in  dieser  natürlichen  Entwicklung  allem 
andern  voraus.  Sie  bedarf  keiner  besonderen  Einflüsse.  Der  An- 
blick Sterbender  und  das  Erscheinen  der  Schatten  Verstorbener  im 
Traum  lassen  diese  Furcht  niemals  erlöschen,  die  in  dem  Bild  der 
Unterwelt  ganz  den  ihr  adäquaten  Ausdruck  findet  Erst  unter  ge- 
wissen Ausnahmebedingungen  und  zumeist  in  einer  späteren  Phase 
der  Entwicklung  gewinnen  Ekstase  und  Vision,  gefordert  durch  tur- 
bulente Kulttänze,  durch  zufällig  entdeckte  und  dann  ebenfalls  der 
Kultpflege  dienstbar  gemachte  Mittel,  endlich  durch  Askese  und 
prophetische  Begeisterung,  eine  Macht  über  einzelne  Personen,  die 
von  ihnen  aus  weitere  Kreise  ergreift.  So  entsteht,  im  Gegen- 
satze zu  der  in  generellen  Bedingungen  wurzelnden  Hadesvorstellung, 
das  himmlische  Jenseits  mit  seinen  beglückenden  Bildern.  Es  er- 
öffnet sich,  auch  darin  im  Kontrast  zu  den  Hadesbildem,  zuerst  dem 
Verzückten  in  bevorzugten  Momenten  des  diesseitigen  Lebens,  um 
dann  zum  Zukunftsbild  für  das  Leben  der  Seele  nach  dem  Tode 
erhoben  zu  werden.  Beide  Reiche,  das  finstere  unterirdische  und  das 
lichte  himmlische,  stehen  wohl  zunächst  außer  Berührung.  Indem 
aber  beidemal  der  Gedanke  eines  die  Ungleichheiten  des  wirklichen 
Lebens  wiederholenden  verschiedenen  Schicksals  im  Jenseits  sich  ein- 
schiebt, erhebt  sich  innerhalb  jedes  dieser  Bereiche  das  Bedürfnis  nach 
einer  Ausnahmeregrion,  nur  jedesmal  natürlich  in  entgegengesetztem 
Sinne:  aus  der  finstern  Unterwelt  sondern  sich  lichte  Felder  für  die 
Bevorzugten,  die,  wenn  der  Kontrast  mit  der  Wohnung  der  Trauer 
zu  groß  wird,  aus  ihr  hinaus  in  die  diesseitige  Welt,  m  ferne  Eilande 
der  Seligen  verlegt  werden.  Das  visionäre  Jenseits  im  Himmel  ge- 
winnt dagegen,  indem  hier  die  Vervielfältigung  der  Himmelsräume 
mitwirkt,  irgend  einen  unteren  unter  diesen  Räumen  für  solche,  die 
der  vollen  Erhöhung  zu  den  Himmlischen  nicht  gewürdigt  werden. 


e85  Der  Natnrmjrthns. 


Damit   ist   nun   auch  schon   eine  Verbindung  der  beiden  Auf- 
enthaltsorte  der  abgeschiedenen  Seelen  nahegelegt,   so   daß   es  om 
eines   kleinen,    möglicherweise  in  verschiedenen  Fällen  iinabbäDg^ 
vollzogenen  Schrittes  bedarf,  um  ihn  zu  tun.  Allem  Anscheine  nad 
ist  es  der  eranische  Mythus  mit  seinen  ursprünglich  kosmogonischca 
aber  frühe  schon  zugleich  zu  ethischer  Bedeutung  sich  auswachsendcf 
Vorstellungen  eines  Licht-  und  eines  Nachtgottes  gewesen,  in  welchen 
jener  Gegensatz  von  Licht  und  Dunkel  mit  dem  der  Höhe  und  de 
Tiefe,  des  Himmels  und  der  Hölle  als  der  Gebiete  der  im  grofiei 
Weltkampf  miteinander  streitenden  Götter  samt  den   Scharen   ihre 
dienstbaren  Geister  zur  Ausbildung  gelangte.    Das  konnte  freilich  nn 
in  einem  Stadium  geschehen,  wo  jede  der  beiden  Formen  der  Zu 
kunftsvorstellungen  ihre  allzu  ausschließliche  Macht  eingebüßt  hatti 
und   beide   bereits   unter   den  Einfluß   einer   nüchtern    abwägende! 
theosophischen  Spekulation  gelangt  waren.     Da  mußte  sich  nun  de 
Gegensatz  der  beiden  Götter  und  ihrer  helfenden  Geister   aus  den 
Kampf  um  die  Weltherrschaft  in  einen  Kampf  um  die  Seele  ver 
wandeln,  an  welchem  die  Seele  selbst  in  um  so  höherem  Maße  be 
teiligt  wurde,  je  mehr  sie  durch   die   vom  Kultus  vorgeschriebeo 
Reinigung  und  durch  ein  schuldfreies  Leben  im  Diesseits  der  Vcr 
folgung   durch  die  Daevas   auf  ihrer  Himmelfahrt  unzugänglich  ge 
worden  war,  wogegen  die   unreine,  schuldbeladene  Seele  durch  si' 
in  die  Tiefe  gezogen  wurde  (Vend.  I,  i  ff.    X,  23  ff.  u.  a.).     Aus  de 
Mischung  rein  äußerer  Kultvorschriften  mit  sittlichen  Geboten,  dere 
Befolgung  die  Bedingung  für  das  Eingehen  der  Seele  in  die  Gefild 
Ahuramazdas  ist,   erkennt  man   deutlich,  wie  auch  hier  wieder  di' 
kultische  Reinheit  voransteht,  zu  der  die  sittliche  nur  eine  unteige 
ordnete  Gattung  bildet. 

Das  ist  nun  die  Form,  in  der  sich  offenbar  auch  die  orphischei 
Kulte  diesen  Gegensatz  der  beiden  Wohnstätten  des  Jenseits  an 
geeignet  haben,  und  in  der  er  sich  in  ihnen  wohl  frühe  schon  mi 
dem  Scelenwanderungsgedanken  vermischt  hat.  Bei  Plato  sehen  wi 
endlich  in  den  verschiedenen,  bekanntlich  nicht  durchweg  überein 
stimmenden  poetischen  Schilderungen,  die  er  von  den  künftigei 
Schicksalen  der  Seele  gibt,  jenen  Begriff  der  kultischen  Reinheit  philo 
sophisch  geläutert  und  damit  zugleich  enger  mit  dem  der  sittlichei 
Reinheit  vereint,   da  er  in  der  Gebundenheit  an  die  Sinnlichkeit  dk 


Das  Jenseits  als  Ort  der  Ver^ltang  nnd  die  Seelenwandeniiig.  cgy 


Quelle  des  Bösen  sieht  Darum  kann  dieses  nur  überwunden  werden, 
wenn  die  Seele  zu  einem  ihr  ursprünglich  schon  eigenen  Zustand  der 
Befreiung  von  dem  Körper  zurückkehrt  (Phädon  i  i3ff.,  Gorgias  523 ff.). 
Aus  diesen  Gedanken  ist  dann,  sobald  das  Mittelglied  einer  im  Dies- 
seits sich  vollziehenden  allmählichen  Läuterung  der  Seele  durch  ihre 
neuen  Verkörperungen  hin  wegfiel,  mit  innerer  Folgerichtigkeit  als 
ergänzendes  Bild  zu  Himmel  und  Hölle  die  Vorstellung  eines  be- 
sonderen Läuterungsortes  hervorgegangen.  Dieses  Purgatorium  denkt 
sich  der  mittelalterliche  Jenseitsmythus  auf  einem  Berge,  mitten  zwi- 
schen Hölle  und  Himmel  gelegen.  Es  vereinigt  hier  die  doppelte 
Bedeutung  eines  Orts  zeitweiliger  Strafe  und  einer  in  diese  übersinn- 
liche Welt  verlegten  Lustration,  entsprechend  der  doppelten  Be- 
deutung der  Sünde  als  einer  sittlichen  Schuld,  die  der  Sühne,  imd 
einer  religiösen  Befleckung,  die  der  Reinigung  bedarf.  Indem  femer 
jede  dieser  drei  Abteilungen  der  übersinnlichen  Welt  wieder  aus  ver- 
schiedenen Gründen  einer  Abstufung  bedarf,  die  Hölle  nach  der 
Schwere  der  unsühnbaren  Schuld,  das  Fegefeuer  nach  der  zur  Strafe 
und  Reinigung  erforderlichen  Zeit,  der  Himmel  endlich  nach  dem 
Grad  des  zu  belohnenden  Verdienstes,  bietet  sich  noch  einmal  die 
Verbindung  der  zwei  heiligsten  Zahlen,  der  Drei  und  der  Sieben,  zur 
äußeren  Einteilung  dieser  phantastischen  Welt:  drei  ist  die  Zahl  ihrer 
Reiche  im  ganzen,  je  sieben  die  der  Stufen,  in  die  jedes  von  ihnen, 
die  Hölle,  das  Fegefeuer  und  der  Himmel,  geschieden  sind. 

b.  Die  Scelenwanderang. 

Hat  der  eranische  Mythus  zum  erstenmal,  so  viel  sich  sehen 
läßt,  die  Vorstellungen  von  Himmel  und  Hölle  in  der  Form  zwei 
streng  geschiedener  Reiche  als  der  künftigen  Wohnstätten  der  Seelen 
entwickelt,  so  ist  dagegen  das  stamm-  und  mythenverwandte  Indien 
die  früheste  Heimat  des  planmäßig  ausgebildeten  Gedankens  der 
Seelenwanderung.  Auch  hier  bildet  freilich  allerwärts  der  primitive 
Seelenorlaubc  einerseits  und  das  mythologische  Tiermärchen  ander- 
seits gewisse  Vorbereitungen.  Doch  bedurfte  es  wiederum  des  Zu- 
sammenwirkens von  Natur-  und  Seelenmythus  und  ihrer  Verbindung 
durch  Dichtung  und  priesterliche  Spekulation,  um  dieses  Erzeugnis 
zustande  zu  bringen.  Der  Naturmythus  lieferte  in  der  mehr  und 
mehr    schon    mit    ethischen   Motiven    sich    erfüllenden   zauberhaften 


egg  Der  Naturmythiis. 


Tierverwandlung  des  Menschen  die  nächste  Grundlage,  der  Sedeo- 
mythus  fügte  in  seinen  mannigfachen  Vorstellungen  von  dem  Über- 
gang der  Seele  in  Tiere,  von  den  in  Tieren  hausenden  Ahnen- 
geistern,  endlich  vom  Überströmen  der  Seele  beim  Tode  in  andere 
Menschen  weitere  Elemente,  die  mit  jenen  zusammen  mit  einer  Art 
innerer  Notwendigkeit  die  Wee  der  Seelenwanderung  hervorbrii^en 
mußten,  sobald  erst  eine  von  diesen  Vorstellungen  erfiiüte  plan- 
mäßige Spekulation  dem  Gedanken  des  Fortlebens  der  Seele  auf 
Erden  nachging.  Gemäß  diesen  komplizierten  Bedingungen  ihres  Ur- 
sprungs ist  aber  die  Idee  der  Seelenwanderung  gegenüber  den  Vor- 
stellungen von  Himmel  und  Hölle  als  den  Orten  künfÖger  Belohnung 
und  Strafe  verhältnismäßig  späten  Ursprungs.  So  ist  denn  auch  in 
Indien  wahrscheinlich  die  Hadesvorstellung  die  früheste,  an  die  sich 
zunächst  der  Himmel  als  gemeinsamer  Wohnort  der  Seligen  imd  der 
Götter  angeschlossen  hatte.  Die  Seelenwanderung  dagegen  ist  die 
letzte,  schon  stark  von  philosophischer  Reflexion  durchsetzte  Phase 
der  Entwicklung  des  Jenseitsmythus.  Dem  entspricht  es,  daß  sie 
weit  mehr  als  die  Bilder  von  Himmel  und  Hölle  deutlich  die  Spuren 
priesterlicher  oder  philosophischer  Spekulation  an  sich  trägt.  Frei- 
lich darf  man  dabei  die  eigentliche  Seelenwanderung  nicht  mit  den 
vereinzelten  Vorstellungen  von  Seelenübergängen  in  Tiere  und  andere 
Menschen  vermengen,  wie  sie  als  Bestandteile  des  Seelenglaubens 
überall  vorkommen.  Was  der  Seelenwanderung  von  Anfang  an  ak 
spezifischer  Inhalt  zukommt,  das  ist  eben  der  sie  beherrschende  Ge- 
danke einer  Fortdauer,  die  nicht  einer  übersinnlichen  Welt,  sondern 
dem  diesseitigen  Leben  selbst  angehöre.  Darum  hat  diese  Vorstellung, 
so  sehr  sie  in  ihren  psychologischen  und  naturmythologischen  Grund- 
lagen, dort  durch  den  Zusammenhang  mit  dem  ursprünglichen  Seelen- 
glauben, hier  durch  ihre  Beziehungen  zum  mythologischen  Tier- 
märchen, auf  primitive  Motive  zurückgeht,  doch  in  der  aus  der 
Verbindung  dieser  Elemente  entsprungenen  Form  einen  rationalisti- 
schen Zug,  der  sie  auch  da  noch  annehmbar  erscheinen  läßt,  wo  man 
dem  Glauben  an  Himmel  und  Hölle  entsagt  hat'). 


')  über  die  geschichtliche  Entwicklung  der  Lehre  von  der  Seelenwanderung  in 
Indien  vgl.  besonders  E.  Windisch,  Buddhas  Geburt  und  die  Lehre  von  der  Seelen- 
wanderung, Abb.  der  sächs.  Ges.  der  Wiss.,  phil.-hist.  Klasse,   Bd.  l6,  1908,   S.  57 ff. 


Das  Jenseits  als  Ort  der  Vergeltung  nnd  die  Seelenwandemng.  e3Q 


In  engem  Zusammenhang  mit  diesem  rationalistischen  Motiv  der 
Seelenwanderung  stehen  die  beiden  Formen,  in  denen  sie  uns  schon 
bei  den  Indem  entgegentritt.  Nach  der  einen  ist  die  neue  Ver- 
körperung eine  Folge  natürlicher  Wahlverwandtschaft:  die  Seele  wird 
nach  ihrem  Tode  natumotwendig  zu  dem,  wozu  sie  sich  in  ihrem 
vergangenen  Leben  entwickelt  hat.  Es  ist  keine  äußere  lohnende 
oder  strafende  Gewalt,  durch  die  sie  je  nach  ihrem  bisherigen  Ver- 
halten mit  einem  neuen  Körper  umhüllt  wird,  sondern  ihre  eigene 
Natur,  der  sie  folgt.  Es  ist,  wie  Plato  es  ausdrückt,  der  sich  dieser 
ersten  Form  der  Wanderidee  im  wesentlichen  angeschlossen  hat,  ihr 
eigener  Wille,  der  den  künftigen  Zustand  bestimmt,  so  daß  die  Seele 
die  Vergeltung,  die  ihr  gebührt,  ebenso  sich  selbst  schafft,  wie  sie 
die  Herrin  ihrer  Taten  gewesen  ist  (Rep.  X,  617  ff.).  Hier  schließt 
sich  die  Wanderung  der  Seele  unmittelbar  an  einen  Gedanken  an,  der 
schon  in  den  Veden  berührt  wird,  und  der  mit  dem  der  indischen 
Spekulation  frühe  eigenen  pantheistischen  Zug  zusammenhängt.  Es 
ist  der  Gedanke,  daß  der  Mensch  nach  seinem  Tode  in  die  Elemente 
zurückverwandelt  werde,  aus  denen  er  gebildet  ist:  seine  Rede  in  das 
Feuer,  sein  Odem  in  den  Wind,  sein  Auge  in  die  Sonne  usw.  Jedes 
wird  im  Wandel  der  Dinge  zu  dem  was  es  ursprünglich  gewesen, 
und  so  geht  auch  die  Seele  nach  dem  Tode  nicht  in  einen  neuen 
Zustand  über,  sondern  der  Gute  wird  als  Guter,  der  Böse  als  Böser 
geboren').  Für  den  spekulativen  Ursprung  der  Seelenwanderung  ist 
es  nun  bezeichnend,  daß  diese  an  sich  offenbar  philosophisch  höhere 
Form  die  ältere  ist.  Nicht  minder  ist  es  aber  begreiflich,  daß  der 
Volksglaube  diese  Form  nicht  festhalten  konnte,  sondern  daß  er  die 
geläufigen  Vorstellungen  von  Lohn  und  Strafe,  wie  sie  den  irdischen 
Verkehr  der  Menschen  beherrschen,  auf  sie  übertrug.  So  ist  wahr- 
scheinlich unter  dem  Einflüsse  einer  solchen  Popularisierung  jener 
Ideen  die  zweite,  im  späteren  Brahmanismus  vertretene  Form  der 
Lehre  entstanden,  in  der  die  neue  Verkörperung  der  Seele  zu  einer 
äußeren  Vergeltung  geworden  ist.  Das  »Gesetzbuch  des  Manuc  ver- 
zeichnet diese  Arten  der  Vergeltung  mit  einer  Vollständigkeit,  wie 
sie  ein  Strafkodex  in  ausgeklügelter  juristischer  Kasuistik  besser  nicht 


' )  Deussen,  Allgemeine  Geschichte  der  Philosophie,  I,  2  (Philosophie  der  Uptnis- 

hads),  S.  296  ff. 


ego  Der  Natiinnythiis. 


ersinnen  kann.  Jedem  Vergehen  wird  seine  Strafe  zugemessen,  die 
in  der  Art  der  Verwandlung  qualitativ,  in  deren  Dauer  quantitativ  der 
Art  und  der  Schwere  der  Schuld  entspricht.  Wer  einen  Elefimten 
stiehlt  wird  ein  Wolf,  wer  ein  Pferd  stiehlt  ein  Tigfer,  wer  Früchte 
stiehlt  ein  Affe,  wer  einen  Brahmanen  erschlägt  muß  durch  eine 
ganze  Reihe  von  Verwandlungen  hindurchgehen:  er  wird  nacheinander 
ein  Hund,  ein  Schwein,  ein  Elsel,  ein  Kamel  usw. 

Diese  VeräuDerlichung  des  Gedankens  der  Seelenwandenu^  hat 
nun  aber  schließlich  doch  wiederum  dazu  gedient,  einer  philosophischen 
Idee  zum  Durchbruch  zu  verhelfen,  die  dann  die  Form  bestimmt  hat, 
in  der  sich  im  Buddhismus  der  Gedanke  der  Seelenwanderung  mit  dem 
der  Erlösung  verknüpfte.  Ist  die  Wanderung  der  Seele  eine  Strafe, 
so  ist  das  Ziel,  dem  sie  schließlich  zustrebt,  die  Erlösung  aus  den 
Banden  des  Daseins.  So  kommt  diese  letzte  Form  der  Jenseitsvor- 
stellungen, bei  der  sie  sich  in  ein  Diesseits  von  unabsehbarer  Dauer 
umwandeln,  der  weltilüchtigen  Stimmung  entgegen,  die  sich  in  der 
Vedantaphilosophie  der  Inder  als  letztes  Ergebnis  der  2^erstöning  der 
alten  Himmelsmythologie  entwickelt  hatte,  und  die  die  Grundströmung 
auch  des  Buddhismus  bildete,  solange  dieser  nicht  selbst  einer  Mischung 
alter  und  neuer  Mythologie  anheimfiel,  in  der  auch  die  Seelenwande- 
rung wieder  zu  einem  unabwendbaren  äußeren  Schicksal  wurde,  dem 
der  ursprüngliche  Gedanke  abhanden  gekommen  war.  Dieser  Ge- 
danke selbst  ist  nun  überall,  wo  die  ihn  erregenden  Motive  erkennbar 
geblieben  sind,  ein  halb  mythologischer  halb  philosophischer.  Er  re- 
präsentiert einen  letzten  energischen  Versuch,  die  Jenseitsvorstellungen 
zu  rationalisieren,  ihnen  einen  Inhalt  zu  geben,  der  die  völlig  will- 
kürliche Phantastik  verbannt.  Ihn  gewinnt  er,  indem  er  tatsächlich 
das  Jenseits  in  ein  Diesseits  umwandelt,  und  indem  er  zuerst  durch 
die  Vorstellung  des  natürlichen  Überganges  des  Gleichartigen  in  Gleich- 
artiges und  dann,  als  diese  durch  die  Aufnahme  des  Vergeltungs- 
gedankens in  der  einseitigen  Form  der  Strafvergeltung  ihrem  Ur- 
sprung entfremdet  war,  durch  die  Idee  der  Erlösung  von  dem  allem 
Lebenden  eingeborenen  Lebensdrang,  einen  tieferen  philosophischen 
Inhalt  zu  geben  suchte.  So  vollzieht  sich  in  der  Seelenwanderungs- 
lehre in  doppeltem  Sinne  die  Auflösung  der  Jenseitsvorstellungen: 
erstens  indem  das  Jenseits,  dessen  Existenz  ganz  auf  der  frei  schalten- 
den Wirkung  der  mythenbildenden  Phantasie  beruht,  tatsächlich  ver- 


Das  Jenseits  als  Ort  der  Vergeltnng  nnd  die  Seelenwandening.  egj 

schwindet,  da  die  Stätten  des  künftigen  Daseins  nun  wieder  der  un- 
mittelbaren Umgebung  angehören;  zweitens  insofern,  als  diese  Lehre 
von  Anfang  an  einen  der  mythologischen  Vorstellung  widerstreiten- 
den philosophischen  Gedanken  in  sich  birgt  und  stets  wieder  zu 
einem  solchen  zurückzukehren  strebt.  Sie  oszilliert  auf  solche  Weise 
zwischen  einer  naturphilosophischen  imd  einer  ethischen  Idee,  zwischen 
der  Anziehung  des  Gleichen  durch  Gleiches  und  der  Befreiung  von 
dem  Drang  zu  leben  und  den  Drangsalen,  die  das  Leben  in  sich 
schließt.  Aber  in  diese  philosophischen  Gedanken  mischen  sich 
in  der  populären  Ausbreitung  des  Seelenwanderung^laubens  immer 
wieder  rohe  Vergeltungsvorstellungen  nach  dem  Prinzip  des  Jus  talionis 
als  natürliche  Wirkungen  verbreiteter  Rache-  imd  Sühnevorstellungen; 
und  selbst  die  philosophischen  Ausgestaltungen  der  Lehre  sind  davon 
nicht  frei  geblieben,  in  ihrer  brahmanischen  so  wenig  wie  in  ihrer 
buddhistischen  Form. 

Lessing,  der  von  sich  bekannte,  daß  er  sich  die  Fortdauer  der 
Seele  nicht  anders  denn  als  eine  Metempsychose  denken  könne,  hat 
geglaubt,  es  müsse  ein  gutes  Vorurteil  für  diese  Lehre  erwecken,  daß 
sie  »gewiß  das  älteste  aller  philosophischen  Systeme«  sei.  Denn  die 
erste  und  älteste  Meinung  sei  »in  spekulativen  Dingen  immer  die 
wahrscheinlichste,  weil  der  gesunde  Menschenverstand  sofort  darauf 
verfiel« ').  Die  letztere  Meinung  können  wir  hier  auf  sich  beruhen 
lassen:  sie  scheitert  vor  allem  da,  wo  Spekulation  und  Mythologie 
sich  berühren.  Doch  auch  die  andere,  der  man  noch  gegenwärtig 
nicht  selten  begegnet,  daß  die  Seelenwanderungsidee  überhaupt  in  sehr 
frühe  Zeiten  zurückreiche,  und  daß  sich  Ansätze  zu  ihr  schon  bei 
Naturvölkern  finden,  auch  sie  ist  unhaltbar;  denn  sie  beruht  auf  einer 
Vermengung  mit  jenen  Seelenvorstellungen,  die,  wie  der  Übergang  in 
Tiere,  die  Tierahnen  u.  a.,  allerdings  gewisse  psychologische  Vorbe- 
dingungen der  Seelenwanderung  enthalten,  aus  denen  sich  aber  diese 
nirgends  ohne  den  Hinzutritt  naturmythologischer  und  philosophischer 
Ideen  entwickelt  hat.  Die  Seelenwanderung  steht  am  Ende,  nicht  am 
Anfang  dieser  Entwicklung:  sie  bezeichnet  die  Peripetie  des  Jenseits- 
mythus, ebenso  wie  der  Jenseitsmythus  selbst  die  Peripetie  der  Mytho- 


^  I.essing,   Daß  mehr  als  fUnf  Sinne   fUr  den  Menschen  sein  können,   Werke, 
Ausg.  Lachmann,  XI,  2,  S.  67. 


CQ2  Der  Natarmythi». 


logie  ist.  In  ihm  treibt  die  mythologische  Phantasie  noch  einmal  ihr 
verwegenstes  Spiel,  um,  nachdem  sie  aus  dieser  Position  zurückge- 
drängt ist,  widerstandslos  vor  der  Wissenschaft  zu  kapitulieren.  Hat 
der  Jenseitsmythus  in  der  engen  Verbindung,  die  er  mit  der  Religioa 
eingegangen,  eine  Stütze  gefunden,  die  ihn  über  Erwarten  lange  am 
Leben  erhielt,  so  erhebt  sich  daher  nun  nach  der  endgültigen,  auch 
durch  die  Seelenwanderung  nur  notdürftig  hintangehaltenen  Lösung 
dieser  Verbindung  um  so  dringender  die  Frage:  kann  es  überhaupt 
eine  Religion  ohne  Mythologie  geben?  Und  wie  sind,  wenn  eine 
Trennung  beider  möglich  ist,  die  Grenzen  zu  neben?  Das  ist  eine 
Frage,  die  uns  im  folgenden  Kapitel  beschäftigen  soll. 


Sechstes  Kapitel. 

Der  Ursprung  der  Religion. 

L  Der  religiöse  Kultus. 
I.  Die  Entwicklung  des  Kultus. 

a.  Mythus  and  Kaitat. 

Auf  die  symptomatische  Bedeutung,  die  der  Kultus  für  die  Ab- 
grrenzung  der  in  festen  Glaubensüberzeugungen  wurzelnden  Bestand- 
teile des  mythologischen  Denkens  von  andern,  gleichgültigeren  In- 
halten desselben  besitzt,  wurde  im  Eingang  des  vorigen  Kapitels 
bereits  hingewiesen  (S.  20fr.).  Dieser  besondere  Wert,  welchen  er 
den  in  ihm  fortlebenden  Erzeugnissen  der  mythenbildenden  Phantasie 
verleiht,  beruht  aber  im  letzten  Grunde  überall  darauf,  daß  er  in 
Handlungen  besteht,  durch  die  seine  Gegenstände  als  solche  ge- 
kennzeichnet werden,  die  nicht  bloß  in  wechselnden,  aus  Mythus  und 
Dichtung  gewebten  Vorstellungen  bestehen,  wie  sie  den  Inhalt  der 
gewöhnlichen  Mythenerzählung  bilden,  sondern  daß  sie  auf  den 
Willen  und  seine  Motive  dauernd  herüberwirken.  Darum  ist  es  erst 
der  Kultus,  der  dem  Inhalt  des  Mythus  den  Charakter  einer  ihn  über 
die  Schwankungen  der  sonstigen  mythischen  Phantasiegebilde  er- 
hebenden Glaubensüberzeugung  verleiht,  worauf  diese  dann 
weiterhin  durch  die  eindrucksvollere  und  dauerndere  Überlieferung 
verstärkt  wird,  durch  die  sich  die  Kulthandlungen  zu  Normen  des 
gemeinsamen  Lebens  erheben. 

Hiermit  ist  zugleich  gewährleistet,  daß  im  Umkreis  der  kultischen 
Überlieferungen  diejenigen  Inhalte  des  mythologischen  Denkens  zu 
finden  sind,  denen  wir  den  Charakter  des  religiösen  Mythus  zu* 
schreiben,  und  aus  denen  daher,  wenn  es  gelingt,  aus  diesem  durch 
den  Kultus  geschützten  Inhalt   die  rein  mythischen  Elemente  au»« 

Wandt    Völkerptychologie  II,  3.  38 


cQ^  Der  Unprang  der  Reti^om 


zuschalten,  schließlich  das  hinter  allen  diesen  Verhüllungen  ver- 
borgene Wesen  des  religiösen  Bewußtseins  zu  finden  sein  muß.  Das 
Problem,  in  dieser  Form  aufgestellt,  schließt  nun  aber  zwei  allge- 
meine Forderungen  ein,  die,  so  sehr  sie  durch  die  Ergebnisse  der 
beiden  vorangegangenen  Kapitel  nahe  gelegt  sind,  doch  gewissen 
weit  verbreiteten  Anschauungen  widersprechen.  Die  eine  dieser  An- 
schauungen setzt  die  BegrifTe  Mythus  und  Religion  ohne  weiteres 
einander  gleich:  die  im  engeren  Sinne  dem  Mythologischen  zuge- 
zählten Vorstellungen  gelten  ihr  als  niedere  religriöse  Erscheinungen, 
die  speziell  sogenannten  relig^iösen  Tatsachen  als  höhere  Stufen 
des  mythologischen  Denkens;  einen  Wesensunterschied  zwischen 
beiden  Gebieten  erkennt  man  nicht  an.  Eben  darum  pfl^[t  man 
sich  auf  dieser  Seite  um  eine  nähere  Definition  von  Mythus  und 
Religion  überhaupt  nicht  zu  bemühen.  Die  zweite  Annahme ,  die 
das  Gebiet  der  Religion  gegenüber  dem  Mythus  enger  zu  be- 
grenzen sucht,  betrachtet  dagegen  den  Kultus  als  die  für  eine  solche 
Trennung  entscheidende  Instanz.  Die  durch  ihn  geschützten  m3^th€>- 
logischen  Werte  sind  nach  ihr  die  spezifisch  religiösen«  Nach  dem 
Inhalt  der  Kultushandlungen  selbst  und  der  ihnen  zugrunde  Uzenden 
Vorstellungen  bemißt  sich  daher  jeweils  die  Stufe  religriöser  Ent- 
wicklung. 

Daß  die  erste  dieser  Anschauungen  nur  aus  der  Verlegenhdt 
entsprungen  ist,  in  der  man  sich  gegenüber  der  Aufgabe  befindet| 
die  religiösen  gegen  die  sonstigen  Bestandteile  des  Mythus  abgrenzen 
zu  sollen,  ist  unverkennbar.  Obgleich  aber  diese  Schwierigkeit  vor* 
nehmlich  bei  der  Beurteilung  primitiver  Völker  zur  Geltung  kommt, 
so  ist  gerade  bei  ihnen  die  Unzulässigkeit  einer  solchen  Vermengung 
von  Mythus  und  Religion  am  offenkundigsten.  Denn  auf  einer  je 
ursprünglicheren  Stufe  wir  das  menschliche  Bewußtsein  antreffen,  um 
so  mehr  beherrscht  ja  die  mythologische  Auffassung  alle  Gebiete  des 
Lebens  und  Denkens.  In  dem  Mythus  spiegelt  sich  die  gesamte 
Weltanschauung  des  Naturmenschen,  seine  praktische  Lebensrichtung 
ebenso  wie  der  primitive  Versuch  einer  Welterklärung,  soweit  bei 
der  naiven  Hinnahme  gerade  der  allgemeinsten  und  regelmäßigsten 
Naturerscheinungen  überhaupt  von  einer  solchen  die  Rede  sein  kann. 
Alles  das  ist  hier  eingetaucht  in  jene  Kausalität  des  Zaubers,  die 
ebensowohl    der    späteren   wissenschafllichen  Verknüpfung   der   Er-^ 


Die  Entwicidang  des  Knltus.  595 

scheinungen  vorausgeht,  wie   sie   sich  im  Gegensatz  zu  dieser  be- 
findet'). 

In  der  Tat  entbehrt  es  daher,  wenn  überhaupt  der  Begriff  der 
Religion  noch  einen  bestimmten  Inhalt  bewahren  soll,  jeden  Sinnes^ 
etwa  die  Vorstellungen,  daß  die  Seele  im  Atem  entweiche  oder  im 
Traumbild  erscheine  und  als  Vogel  davonfliege,  oder  daß  Sonne 
und  Mond  ein  von  der  Erde  nach  dem  Himmel  gewandertes  Brüder- 
paar seien  usw.  religiöse  Vorstellungen  zu  nennen.  Freilich  sind 
sie  auch  keine  Naturerklärungen  im  Sinne  der  späteren  Wissenschaft. 
Doch  innerhalb  dieses  Stadiums  rein  mythologischer  Apperzeption 
sind  sie  immerhin  eher  Vorstufen  der  Wissenschaft  als  solche  der 
Religion.  Wo  nun  in  dem  primitiven  Denken  religiöse  Bestandteile 
vorkommen  sollten,  da  müssen  natürlich  auch  diese  in  der  Gesamt- 
heit der  mythologischen  Vorstellungen  enthalten  sein.  Doch  in 
welcher  Form  und  auf  welcher  Stufe  der  Ausbildung  wir  sie  an- 
treffen mögen,  sie  werden  immer  nur  einen  Teil  dieses  mythologischen 
Denkens  umfassen,  wenn  auch  die  schärfere  Sonderung  der  einzelnen 
Lebensgebiete  selbst  erst  ein  Erzeugnis  fortgeschrittener  Kultur  ist 
Die  Schwierigkeit,  die  hieraus  für  die  Nachweisung  der  Anfange  reli- 
giöser Entwicklung  entspringt,  fordert  aber  um  so  dringender  eine 
Feststellung  der  Merkmale,  nach  denen  sich  diejenigen  Motive  des 
Mythus,  denen  wir  im  Hinblick  auf  ihre  weitere  Entwicklung  einen 
religiösen  Wert  zuschreiben  dürfen,  von  andern,  religiös  gleichgültigen 
scheiden. 

b.  Vorreligiöser  and  religiöser  Kaltas.     Merkmale  des  religiösen 

Kaltas. 

Ist  hiernach  die  Gleichsetzung  von  Mythus  und  Religion  für  die 
Anfänge  beider  ebenso  wie  für  ihr  späteres  Verhältnis  unbedingt  zu 
verwerfen,  so  kann  nun  auch  die  Einschränkung  auf  den  Kultus, 
so  zutreffend  sie  ein  für  die  religiöse  Entwicklung  wichtiges  Moment 
herausgreift,  dem  Bedürfnis  nach  klarer  Gebietsscheidung  nicht  ge- 
nügen. Denn  erstens  bietet  der  Schutz  durch  den  Kultus  zunächst 
nur  ein  äußeres  Merkmal,  das  immer  erst  durch  die  an  die  Kult* 
handlungen  gebundenen  inneren  Willensmotive  der  Fn^e  nach  dem 


»)  Vgl.  Tcü  n,  S.  I77ft 

38^ 


jq5  Der  Ursprung  der  Reliflo«. 


Wesen  der  Religion  näher  zu  fuhren  vermag.  Zweiteas  und  vor 
allem  erscheint  es  von  vornherein  zweifelhaft,  ob  die  BcgdSk  vnm 
Kultus  und  Religion  in  dem  Sinne  sich  decken,  daß  sich  nicht  bloO 
jeder  religiöse  Glaubensinhalt  in  Kulthandlungen  äuflem  muH,  soih 
dem  daß  auch  umgekehrt  jede  Handlung,  die  den  allgemeinen  Cht* 
rakter  einer  Kultleistung  an  sich,  trägt,  wirklich  einen  reUgiösen  Wert 
beanspruchen  kann.  Da  die  religiöse  Handlung  die  religiöse  Ge- 
sinnung voraussetzt,  diese  selbst  aber  auch  dann  noch  ihren  Wert 
behält,  wenn  sie  eine  innerliche  bleibt,  so  ist  an  sich  eine  Re- 
ligion ohne  Kultus  denkbar,  so  groß  immerhin  die  Rolle  sein  mag, 
die  in  der  tatsächlichen  Entwicklung  der  Religion  dem  Kultus  m* 
kommt.  Der  alternde  Brahmane,  der  sich,  dem  äußeren  Kultus  ent- 
sagend, in  die  Einsamkeit  begibt,  um  bloß  noch  der  religiösen 
Kontemplation  zu  leben,  steht  damit  wahrlich  nicht  außerhalb  der 
Religion,  sondern  er  repräsentiert  wohl  eher  einen  Höhepunkt  reli- 
griösen  Lebens.  Doch  eben  darum,  weil  diese  Stufe  eine  lange 
vorangehende  Vorbereitung  durch  den  Kultus  und  die  unter  seiner 
wesentlichen  Mitwirlamg  entstandenen  Motive  voraussetzt,  kann  von 
dieser  letzten,  innerlichsten  Form  hier,  wo  es  sich  um  die  Frage 
des  Ursprungs  der  Religion  handelt,  abgesehen  werden.  Denn,  mag 
eine  Religion  ohne  Kultus  als  höchste  Frucht  religiöser  Entwicklung 
möglich  sein,  —  diese  Entwicklung  selbst  wurzelt,  daran  kann  kein 
Zweifel  bestehen,  im  Kultus.  Um  so  mehr  erhebt  sich  aber  hier 
die  andere  Frage,  ob  alles,  was  nach  der  allgemeinen  Bedeutung 
des  BegrifTs  zum  Kultus  gezählt  werden  kann,  wirklich  auch  eine 
religiöse  Bedeutung  besitzt.  Sehen  wir  das  allgemeine  Merkmal  des 
Kultus  in  Handlungen,  die  auf  die  Erringung  irgendwelcher,  nur 
durch  übermenschliche  Hilfe  zu  gewinnender  Güter  gerichtet  sind, 
so  kann  es  nun  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  es  zahlreiche  solche 
Handlungen  nicht  nur  im  Leben  des  primitiven  Menschen,  sondern 
in  mannigrfachen,  meist  als  Überlebnisse  eines  primitiveren  Zustandes 
betrachteten  Erscheinungen  auf  allen  Stufen  der  Kultur  gibt,  die  in 
diesem  allgemeinsten  Sinne  zum  Gebiet  des  Kultus  gehören,  denen 
aber,  an  dem  Maß  der  entwickelteren  Religionsformen  gemessen,  ein 
religiöser  Wert  nicht  zukommt.  Kann  doch  nach  jener  umfassendsten 
Bedeutung  des  Wortes  die  Zauberzeremonie,  durch  die  nach  über- 
liefertem Brauch  der  Australier  seine  totemistischen  Schutzdämonen 


Die  Entwickhing  des  Kultus.  cgj 

ZU  vermehren  oder  der  Prärieindianer  seine  Jagdtiere  herbeizulocken 
sucht,  oder  endlich  der  abergläubische  Brauch,  der  noch  innerhalb 
der  heutigen  Kultur  in  zahlreichen  Bevölkerungskreisen  fortlebt,  um 
dem  Schutz  gegen  Krankheit,  der  Gewinnung  kräftigen  Emtesegens 
und  manchen  anderen  Zwecken  zu  dienen,  schließlich  ebenfalls  eine 
Kulthandlung  genannt  werden.  Nicht  bloß  das  Kriterium  einer  von 
Glaubensmotiven  getragenen  Handlung,  sondern  auch  das  andere, 
daß  eine  solche  Handlung  mit  der  subjektiven  Überzeugung  von  ihrer 
Wirksamkeit  verbunden  ist,  trifft  ja  in  allen  diesen  Fällen  zu,  so  lang 
jene  nicht  überhaupt  zu  einer  bedeutungslosen,  bloß  durch  die  ge- 
wohnheitsmäßige Übung  fortgefiihrten  Lebensform  geworden  ist. 
Dieses  Schicksal  pflegt  aber  die  sanktionierten  Kultusriten  wohl  noch 
häufiger  zu  treffen  als  den  der  freien  individuellen  Übung  überlassenen 
Zauberbrauch,  der  naturgemäß  erlischt,  sobald  die  subjektiven  Glau- 
bensmotive schwinden,  die  ihn  am  Leben  erhalten« 

Wollen  wir  den  Begriff  des  religiösen  Kultus  näher  begrenzen, 
so  müssen  also  zu  der  auf  die  Gewinnung  übermenschlicher  Hilfe 
gerichteten  Handlung  noch  weitere  Merkmale  hinzutreten.  Wo  diese, 
wie  in  den  oben  angeführten  Beispielen,  entweder  ganz  oder  teil- 
weise fehlen,  da  werden  wir  dann  solche  Handlungen  als  vor- 
religiöse den  im  engeren  Sinne  religiösen  Kulthandlungen  gegen- 
überstellen können.  Zugleich  werden  wir  aber,  insofern  die  Religion 
selbst  eine  allmählich  gewordene  und  sich  fortan  entwickelnde  Er- 
scheinung des  geistigen  Lebens  ist,  von  vornherein  vermuten  dürfen, 
daß  der  religiöse  Kultus  aus  solchen  vorreligiösen  Anlagen  und  An- 
fängen hervorgegangen  sei.  Unter  diesem  Gesichtspimkte  treten  uns 
nun  bei  der  Vergleichung  der  religiösen  Kultformen  mit  jenen  ihren 
Vorstufen  die  drei  folgenden  engeren  Merkmale  entgegen.  Sie 
bilden  wiederum  eine  aufsteigende  Stufenfolge,  insofern  der  voll- 
ständige Begriff  des  religiösen  Kultus  erst  durch  die  Verbindung 
ihrer  aller  erreicht  wird,  während  zugleich  jedes  der  folgenden  Merk- 
male die  vorangegangenen  als  gegeben  voraussetzt.   Hiemach  bildet* 

i)  die  Gebundenheit  an  eine  engere  oder  weitere  Ge- 
meinschaft das  nächste  Kriterium  eines  zum  religiösen  Kultus  sich 
erhebenden  Brauchs.  In  dieser  Gebundenheit  gewinnt  die  Handlung 
den  Charakter  emer  Norm,  deren  Befolgung  gefordert  wird.  Durdi 
die  so  entstandene  Einreihung  unter  die  dem  strengeren  Rechtszwang 


-'-■.■^jir«?' 


egg  Der  Unpnmg  der  ReHgiovu 


oder  dem  milderen  der  Sitte  angehörenden  Lebensformen  wird  der 
Kultus  zu  einem  wichtigen  Bestandteil  der  gesellschaftUchen  Qrdniuff. 
Aus  gemeinsamen  Glaubensüberzeugungen  hervorg^rangen,  wirkt 
er  durch  diese  Normierung  seinerseits  verstärkend  auf  diese  Über- 
zeug^gen  zurück  und  gewinnt  in  hohem  Grade  eine  sie  erhaltende 
Kraft.  Darum  hat  die  Religion  selbst  schon  in  ihrem  Namen  diese 
Gebundenheit  an  die  im  Kultus  zutage  tretende  Glaubensnorm  zum 
Hauptmerkmal  ihres  Begriffs  erhoben.  Immerhin  ist  damit  nur  das 
äußerlichste  Merkmal  bezeichnet,  das  sie  höchstens  durch  die  be- 
sonders ernsten  Folgen,  die  in  den  Anfangen  der  religiösen  Kultur 
die  Nichtbefolgung  der  Kultusgebote  mit  sich  fuhrt,  von  andern,  den 
Gebieten  der  Sitte  und  des  Rechts  angehörigen  Lebensformen  scheidet 
Darum  ist  aber  auch  dieses  Merkmal  der  sozialen  Gebundenheit 
fiir  den  spezifisch  religiösen  Charakter  des  Kultus  noch  nicht  ent- 
scheidend. Quali{ativ  erhebt  sich  die  von  einer  Sippen-  oder  Volks- 
gemeinschaft nach  übereinstimmendem  Ritus  ausgeführte  Handlui^^ 
durchaus  noch  nicht  über  die  individuelle  Zauberhandlui^,  da  die 
letztere  zunächst  dem  gleichen  Gebiet  allgemeiner  Glaubensvor- 
stellungen angehört,  auf  dem  der  gemeinsame  Kultus  beruht  Daher 
denn  auch  der  vereinzelte,  zu  rein  egoistischen  Zwecken  geübte 
Zauberbrauch  entweder  ein  isolierter  Rest  eines  einstigen  allge- 
meineren Kultus  zu  sein  pflegt  oder  mindestens  die  allgemeinen  An- 
schauungen eines  solchen  widerspiegelt,  so  daß  er  als  die  spezielle 
Anwendung  eines  früheren  oder  sogar  eines  noch  bestehenden 
Kultus  erscheint.  Darum  überschreitet  die  Kultushandlung  durch 
diese  Zugehörigkeit  zu  einem  bestimmt  abgegrenzten  Ganzen  sozialer 
Normen  noch  durchaus  nicht  das  Stadium  eines  vorreligiösen  Kultus. 
Dennoch  hat  sie  zwei  wichtige  Momente  gegenüber  der  mdividuell 
geübten  Zauberhandlung  voraus:  als  eine  Form,  in  der  sich  die 
in  der  Gesamtheit  lebenden  Anschauungen  betätigen,  besitzt  sie 
eine  ungleich  größere  erhaltende  Kraft,  und  vermöge  der  Kontinuität 
der  Überlieferung,  die  an  solche  Gemeinschaflsformen  gebunden  ist, 
eine  der  individuellen  Handlung  fehlende  Entwicklungsfähigkeit.  In- 
dem jeweils  ältere  und  neuere  Motive  aufeinander  wirken,  gewinnt 
hier  wie  überall  das  gemeinsame  Erzeugnis  eine  die  isoliert  blei- 
bende individuelle  Leistimg  weit  übertreffende  schöpferische  Macht, 
die   noch   durch    die  Wechselwirkungen   verstärkt  wird,   in   die    die. 


Die  Entwicklmi^  des  Kultus.  ^qq 

einzelnen  Mitglieder  der  Gemeinschaft  miteinander  treten.  Dazu 
kommt  als  ein  zweites,  wichtigeres  Moment  der  weitere  Umfang 
und  der  höhere  Wert  der  Zwecke,  auf  die  der  gemeinsame  kul- 
tische Brauch  gerichtet  ist  In  ihm  kann  nur  das  erhalten  bleiben 
xmd  sich  zur  Norm  erheben ,  was  für  die  Allgemeinheit  einen  Wert 
hat.  Darum  stößt  er  von  sich  ab,  was  nur  dem  Interessenge- 
biet eines  einzelnen  angehört;  oder,  wo  sich  das  individuelle  Motiv 
durch  seine  häufige  Wiederkehr  zu  allgemeinerer  Bedeutung  erhebt, 
da  wird  es  von  dem  den  Gemeinschaftszwecken  gewidmeten  Kultus 
aufgenommen.  So  der  Schutz  gegen  Krankheit  und  der  Wunsch 
von  ihr  befreit  zu  werden,  der  Erfolg  auf  der  Jagd  und  im  Einzel- 
kampf, und  was  sonst  noch  dem  einzelnen  erstrebenswert  sein  mag. 
In  dieser  Beziehung  erheben  sich  daher  die  gemeinsamen  Kulte  der 
Naturvölker,  so  primitiv  sie  im  übrigen  sein  mögen,  doch  bereits  über 
den  individuellen  Zauberbrauch.  Der  gemeinsame  Zweck,  mag  er 
nun  in  der  Sorge  um  die  allen  in  gleicher  Weise  wünschenswerten 
Güter^  in  dem  Wunsch,  daß  der  Stamm  der  Js^dtiere  nicht  entbehre, 
daß  die  Feldfrüchte  gedeihen,  oder  in  dem  Streben,  der  künftigen 
Generation  die  eigene  Tüchtigkeit  mitzuteilen  bestehen,  in  allen  diesen 
Fällen  schafft  der  umfassendere  Zweck  höhere  und  dauernder  fort- 
wirkende Werte,  und  er  entwickelt  dadurch  weitere  Motive,  die,  auf 
den  Kultus  selbst  zurückwirkend,  diesen  Eigenschaften  annehmen 
lassen,  die  bereits  in  das  Gebiet  des  folgenden,  zweiten  Merkmals  und 
so  in  die  Anfange  eines  im  eigentlichen  Sinne  religiösen  Kultus  hin- 
überreichen. Dieses  zweite,  den  Übei^ang  in  das  spezifisch  religiöse 
Stadium  vermittelnde  Kriterium  bildet  demnach; 

2)  der  umfassendere,  die  allgemeinsten  von  der  beginnen- 
den Kultur  getragenen  Lebensbedürfnisse  in  sich  schlie- 
ßende Zweck  der  auf  die  Gewinnung  übermenschlicher 
Wesen  gerichteten  Handlungen.  Wie  die  Kultur  selbst  zunächst 
eine  materielle  ist,  in  der  Steigerung  der  physischen  Lebensbedürf- 
nisse und  in  der  damit  Hand  in  Hand  gehenden  Beschaffung  der 
Mittel  zu  ihrer  Befriedigung  sich  betätigt,  so  sind  es  diejenigen  Ge- 
meinschaflskulte,  die  mit  der  Gewinnung  und  Pflege  der  Früchte  des 
Bodens  verbunden  sind,  die  Vegetations-  oder  Ackerkulte,  die 
im  Anfang  aller  entwickelteren  religiösen  Kulte  stehen.  Sie  sind  echte 
Gemeinschaftskulte,   in   deren  Pflege   das  Gesamtinteresse  mit  dem 


600  I^er  Unpnmg  der  ReHgioA. 

aller  einzelnen  zusammentrifil;  und  sie  betätigen  in  ihrer  Entwidi- 
lung  im  höchsten  Grad  ebensowohl  die  Eig^nschafty   die  sonstigen 
individuellen  und  Gemeinschaftskulte   in  sich  aufzunehmen,    wie  die 
andere,    die   höheren,  über  das  Gebiet  materieller  Zwecke   hinauh 
gehenden  geistigen  Kulte  aus  sich  hervorgehen  zu  lassen.    AuDer- 
lich  wird  diese  zentrale  Stellung  der  Vegetationskulte  dadurch,  ge- 
kennzeichnet, daß  der  die  Naturerscheinungen  im  weitesten  Umfiang 
in  Anspruch   nehmende   Zweck  auch  auf  die  Objekte   des  Kultus 
steigernd    zurückwirkt.      Dies    geschieht    vermc^    der    Macfatfulle, 
von   der  diese   als  Beherrscher  von  Wind   und  Wetter,   von  Blitz 
und   Donner,    von   Regen   und   Sonnenschein,  als  Lenker  der  Ge- 
stirne wie  als  Mächte  im  Innern  der  Erde  umgeben  sind.    Darum 
liegt  hier  der  Wendepunkt,   bei  dem  der  primitivere,  nur  den  att- 
gemeinsten  Charakter  einer   kultischen  Handlung  an  sich    tragende 
Brauch  aus  dem  Gebiet  eines  bald  mehr  latenten  bald  in  klaren  be- 
wußten Formen  ausgeprägten  Dämonenkultus  in  den   Götterkult 
hinüberfuhrt.    In  diesem  Sinne  bildet  der  Götterkult  das  äußere  Merk- 
mal eines   im   engeren   Sinne   religiösen   Kultus.     Dabei   ist  frei- 
lich zu  bedenken,  daß,  wie  zwischen  Gott  und  Dämon  die  Grenzen 
zum  Teil  fließende  sind,  so  auch  die  entsprechenden  Formen  primi- 
tiverer  und    entwickelterer    Kulte    ohne    scharfe   Grenze   ineinander 
übergehen  (vgl.  oben  S.  323  ff).    Mit  der  Erhebung  zum  Götterkultüs 
eröffnet   sich   aber  dem   Kultus   zugleich  ein  weites  Feld   religiöser 
Weiterbildung,  indem  er  nun  an  allen  den  Entwicklungen  teilnimmt, 
die  die  Göttervorstellungen  selbst  erfahren;  und  auch  hier  gestaltet 
sich  dieses  Verhältnis  wieder  zu   einer  Wechselwirkung,    innerhalb 
deren  die  zunehmende  Erhabenheit  der  Götter  nicht  allein  auf  den 
Kultus,  sondern  nicht  minder  die  in  dem  Kultus  lebenden  Motive  auf 
die  Göttervorstellungen  zurückwirken.   So  wirken  die  Götter  schöpfe- 
risch auf  den  Kult,  und  der  Kult  bildet  die  Götter  um  oder  schafft 
neue,    wo    die  vorhandenen  dem  religiösen  Motiv  nicht   mehr   ge- 
nügen, —  eine  Macht   des  Kultus,  die  besonders  deutlich   in   der 
indischen   Religion,    aber,    wenn   auch   durch    die    ihren   Ursprung 
umgebende  historische  Legende  begrenzt,  nicht  minder  in  der  Aus- 
bildung der  christlichen  Relig^onsanschauungen  zu  erkennen  ist.    Mit 
der  fortschreitenden  Erhebung   der  Kultusobjekte,  die  so  von  den 
frühesten  Vegetationskulten  an  erfolgt,  wandeln  sich  daher  ebenso 


Die  Entwicklnog  des  Kultus.  60l 


allmählich  die  Götter  aus  übermenschlichen  Naturwesen  in  geistige 
Mächte  um,  wie,  infolge  jener  Wechselwirkung  zwischen  den  Göttern 
und  ihrem  Kultus,  die  Motive  und  Zwecke  des  letzteren  mehr  und 
mehr  zu  geistigen  und  übersinnlichen  sich  erheben.  So  entsteht  als 
letztes  Merkmal  des  religiösen  Kultus  schließlich: 

3)  die  Beziehung  der  Kultushandlungen  nach  ihren  Mo- 
tiven wie  nach  ihren  Gegenständen  auf  eine  übersinnliche 
Welt.    Ihr  spezifisch  religiöser  Charakter  besteht  also  nunmehr  darin, 
daß  ebensowohl  die  Mächte,   deren  Hilfe  der  Kultus  gewinnen  will, 
die  Götter,  wie  die  Zwecke,  die  er  für  den  Menschen  erstrebt,  über* 
sinnlicher  Natur  sind.    Dabei  muß  freilich  der  Kultus  selbst  als  ein 
bestimmt  geordneter  Zusammenhang  menschlicher  Handlungen  natur- 
gemäß seine  materielle  Natur  bewahren,  ähnlich  wie  die  Götter  nur 
als  sinnliche  Objekte  vorgestellt  und  von  der  religiösen  Kunst  ge- 
schaffen werden  können.  Doch  in  dem  Maße,  als  der  Charakter  der 
Naturgötter  selbst  als  ein  geistiger  aufgefaßt  wird,  der  eben  darum 
keine   ihm   adäquate  Darstellung  in  sinnlicher  Form  finden   könne, 
wandelt   sich   nun   das  Götterbild   allmählich  in   ein   Symbol   um, 
das  die  alle  Grenzen  der  Vorstellung  überschreitende  Idee  des  Gött- 
lichen durch   die   ästhetische  Anschauung  dem  Gemüt  nahe  bringt, 
selbst  aber  den  Inhalt  dieser  Idee  nur  in  der  Form  des  durch  die 
Anschauung    erregten    Gefühls    enthalten    kann.      Dieser   Umwand- 
lung  der   Göttervorstellungen  in   Symbole   folgend,   legt  nun  auch 
der   Kultus    einzelnen    Kulthandlungen   eine    veränderte   Bedeutung 
bei.     Die   allmählich   eintretende  Verlegung  der  Gegenstände   des 
Kultus    ins   Übersinnliche   läßt   auch   den   ursprünglich   noch   herr- 
schenden Zaubercharakter  der  kultischen  Handlungen  schwinden,  um 
einem  idealen  symbolischen  Wert  derselben  Platz  zu  machen. 
So  ist  dieser  Übergang  einer  der  wichtigsten  Schritte  in  der  Ver- 
geistigung der  Religion.     Durch  die  Erhebung  der  Gottesidee  in  das 
Übersinnliche  vorbereitet,   ist  er  aber  noch   keineswegs  unmittelbar 
durch  sie  gegeben.    Denn  gerade  hier  stehen  der  jenem  Wandel  der 
Vorstellungen  entsprechenden  Umbildung  der  Motive  des  Handelns 
die  nämlichen  praktischen  Hindemisse  im  Wege,  die  überall  die  Um- 
setzung   des    Erkannten   in   das   Gewollte   hindern.     Der  dringende 
Wunsch,  durch  magische  Mittel  das  eigene  Schicksal  oder  den  dieses 
Schicksal  bestimmenden  göttlichen  Willen  zu  lenken,  ist  allzu  tief  in 


5o2  ^^  Unpnmg  der  ReUgloii. 


dem  Glückstrieb  des  Menschen  begründet^  als  daß  dieser  ebedoo 
leicht  hierauf  verzichten  könnte,  wie  er  längst  schon  verzichten  ge- 
lernt hat,  die  Götter  anders  als  in  Symbolen  zu  8cfaaueii|  die  sie  dem 
Gemüt  nahe  bringen.  Auch  liegt,  sobald  einmal  dieser  Weg  zur  Au^ 
lösung  der  ursprünglichen  Werte  der  Kulthandlung  eingescfalagdt 
ist  und  ihr  anfanglich  auf  objektive  Zwecke  gerichteter  Inhalt  als 
einzigen  Rest  die  subjektiven  Gefühlsregungen  zurüdqgelassen  hat, 
noch  ein  letzter  Schritt  nahe  genug.  Die  Handlung,  die  aus  der 
religiösen  Stimmung  entspringt,  erscheint  zunächst,  auch  nachdem 
die  magischen  Motive  geschwunden  sind,  immer  noch  als  ein  dieser 
Stimmung  adäquater  Ausdruck,  ganz  so  wie  Ausdrucksbewegimgcn, 
die  längst  aufgehört  haben  wirkliche  Willenshandlungen  zu  sein,  als 
deren  Rudimente  die  lebhafteren  Affekte  begleiten.  Doch  je  mehr 
die  Stimmung  eine  innerliche  geworden  ist,  um  so  weniger  bedarf 
sie  schließlich  der  äußeren  Zeichen.  So  vollzieht  sich  denn  hier 
eine  letzte  Umwandlung:  das  religiöse  Gefühl  zieht  sich  auf  sidi 
selbst  zurück;  es  verzichtet  auf  die  äußere  Kulthandlung,  weil  ihr 
diese  als  ein  sinnliches  Zeichen  dem  geistigen  Wert  der  religiösen 
Gesinnung  nicht  mehr  zu  entsprechen  scheint. 

c.  Der  Bedentungswechsel  der  religiöten  Symbole. 

Die  Wandlungen,  denen  der  Bedeutungsinhalt  der  Kultushandlungen 
unterworfen  ist,  ohne  daß  sich  deren  äußere  Formen  wesentlich 
ändern,  sind  eng  an  die  eigentümliche  Entwicklung  gebunden,  die 
der  Begriff  des  Symbols  auf  religiösem  Gebiet  erfahren  hat,  und 
die  noch  heute  in  dem  vieldeutigen  Gebrauch  desselben  in  Kirche 
und  Theologie  ihren  Ausdruck  findet.  Unter  dem  Gesichtspunkt  der 
religiösen  Entwicklung  können  wir  uns  diese  Wandlungen  in  der  Auf- 
fassung der  religiösen  Symbole  vergegenwärtigen,  wenn  wir  zimächst 
von  der  vorreligiösen  Stufe  symbolischer  Handlungen  ausgehen, 
also  von  den  »symbolischen  Zauberhandlungen«,  wie  sie  früher 
(Teil  n,  S.  i88ff.)  näher  charakterisiert  worden  sind.  Nach  den  dort 
gegebenen  Begriffsbestimmungen  steht  der  »symbolische  Zauber«  in 
gewissem  Sinne  mitten  inne  zwischen  dem  direkten  Zauber,  bei  dem 
unmittelbar,  etwa  durch  den  Atem,  das  Blut,  den  Blick  oder  andere 
Seelenträger,  Seele  auf  Seele  wirkt,  und  dem  magischen  Zauber, 
bei  dem  ein  Gegenstand,  z.  B.  ein  Amulett,  ein  Fetisch  oder  auch 


Die  Entwicklong  des  Knltns.  603 

irgend  eine  an  sich  ohne  jede  Beziehung  zum  erstrebten  Erfolg 
stehende  Handlung,  zauberhafte  Wirkungen  beliebiger  Art  ausüben 
soll.  Dem  gegenüber  schiebt  sich  nun  beim  symbolischen  Zauber, 
abweichend  von  dem  direkten,  ein  äußeres  Mittel,  dem  eine  spezifi- 
sche Zauberkraft  innewohnt,  zwischen  die  bei  allem  Zauber  aufein- 
anderwirkenden  seelischen  Kräfte  ein.  Aber  dieses  Mittel  ist  wieder- 
um nicht,  wie  beim  magischen  Zauber,  bloß  um  seiner  eigenen 
zauberhaften  Natur  willen  und  ohne  besondere  Beziehung  zum  ein- 
tretenden Erfolg  wirksam,  sondern  es  besteht  eine  nähere  Affinität 
zwischen  Zweck  und  Erfolg  in  dem  Sinne,  daß  die  äußere  Handlung 
den  Erfolg  andeutend  nachbildet,  oder  daß  sie  ihn,  wenn  er  ein 
geistiger  ist,  durch  ein  sinnliches  Bild  veranschaulicht  So  ist  es  ein 
symbolischer  Zauber  der  ersten  Art,  wenn  der  Wilde  seinen  Speer 
gegen  die  Hütte  des  Feindes  richtet  und  davon  dessen  Verderben 
erwartet;  eine  symbolische  Handlung  der  zweiten,  wenn  ein  Mensch 
bei  der  Lustrationszeremonie  mit  der  äußeren  Reinigung  durch  Wasser 
eine  innere  religiöse  Reinigung  der  Seele  erhofft. 

Nun  gehört  der  symbolische  Zauber  in  dieser  Bedeutung  im  ganzen 
der  Stufe  des  vorreligiösen  Kultus  an,  und  er  bildet  als  solcher,  ver- 
mischt mit  Elementen  des  direkten  imd  namentlich  des  magischen 
Zaubers,  einen  Bestandteil  des  primitiven  Dämonenkultus,  dessen 
wesentliches  Kennzeichen,  abgesehen  von  dem  Fehlen  der  Göttervor- 
stellungen, darin  besteht,  daß  die  Zauberhandlung  ausschließlich  auf 
die  Erreichung  eines  äußeren  Erfolges,  der  Gewinnung  des  Schutzes 
der  Dämonen  oder  der  Beseitigung  des  Unheib,  das  von  ihnen  droht, 
gerichtet  ist.  Das  letzte  und  wichtigste  Kennzeichen  fiir  den  Über- 
gang dieses  vorreligiösen  Zauberkultus  in  den  religiösen  Kultus 
besteht  nun  in  jener  entscheidenden  Wendung,  vermöge  deren 
ebenso  die  Motive,  von  denen  die  Kultushandlungen  getragen,  wie 
die  Gegenstände,  auf  die  sie  gerichtet  sind,  einer  übersinnlichen 
Welt  angehören.  Der  symbolische  Zauber  wird  dann  zu  einem  ma- 
gischen Symbol,  sofern  wir  unter  diesem  ein  solches  verstehen, 
das,  gleich  der  Zauberhandlung,  aus  der  es  hervorgegangen,  einen 
realen  Einfluß  auf  das  Heil  des  Handelnden  besitzt,  während  gleichwohl 
die  Wirkung  selbst  eine  subjektive,  geistige  bleibt,  die  erst  indirekt, 
in  ihren  weiteren  Folgen  zu  einer  objektiven  werden  kann.  Auf 
diese  Weise  liegt  hinter  diesen  realen  Symbolen  des  religiösen  Kultus 


5o4  ^^^  Ursprung  der  Rellgloa. 


immer   noch   die  Zauberkausalität  verborgen,  die   den   vorreligiöieil 
2^uberkultus  beherrscht.    Aber  die  Motive  und  Zwecke  der  Kultn»- 
handlungen  sind  ideale  geworden:   sie  gehen  auf  eine  geistige  über^ 
sinnliche  Welt.    Doch  kann  in  diesem  Stadium  der  vorreligiöse  2^ber- 
kult   zunächst   noch  darin  nachwirken,  daO  die  Beteiligung  an  der 
magischen  Symbolik  an  besondere  Bedingungen  einer  durch  voran- 
gegangene Kultzeremonien  erworbenen  religiösen  Heiligung  geknüpft 
ist,  —  eine  Vorstellung,  die,  in  ihren  Grundlagen  bis  zu  den  Medizin- 
männern   der   primitiven   Stufe   zurückreichend,  ihre  religiöse  Aus^ 
prägung  in  den  Weihegraden  der  antiken  Mysterienkulte  gefunden  hat 
Aus  ihnen   reicht  sie  zum  Teil   noch  in  den  religiösen  Kultus  der 
Gegenwart  herab,  insofern  dieser  nur  den  Priester  zur  Teilnahme  an 
gewissen  magische  nKulthandlungen  zuläßt.     Einen  weiteren  Schritt 
in  der  Vergeistigung  der  magischen  Symbole  bezeichnet  es  dann, 
wenn  ihr  Gebrauch  nicht  mehr  von  einer  vorangegangenen  magischen 
Heiligung  der  Person,  sondern  von  der  Innerlichkeit  des  religiösen 
Glaubens  abhängt,  der  sich  in  der  symbolischen  Handlung  betät^ 
Verschwindet   endlich   der  Rest  magischer  Vorstellung,   der,    wenn 
auch    idealen    Zielen    zugewandt,    doch    auch    in    dieser    Symbolik 
fortlebt,  so  geht  schließlich  die  reale  oder  magische  ganz  in   eine 
ideale   Symbolik  über.     Die  Kulthandlung   will   nun   nicht  mehr 
einen    übernatürlichen   Erfolg   auf  übernatürlichem  Wege   erreichen, 
sondern  sie  will  der  natürliche,  wenn  auch  in  ihrer  konkreten  Form 
jeweils  durch  die  vorangegangene   religiöse  Entwicklung  bestimmte 
Ausdruck   der   subjektiven    religiösen   Stimmung   sein.     Es   braucht 
kaum  bemerkt  zu  werden,   wie  die  christlichen  Kirchen  und  Konfes- 
sionen zu  dieser  aller  Religion  immanenten  Entwicklung  des  Symbol- 
begriffs naheliegende  Belege  bieten.    In  der  Auffassung  des  höchsten 
der   christlichen   Sakramente,    des   Abendmahls,    repräsentieren   das 
katholische,   das  lutherische  und   das  reformierte  Dogma  genau  die 
oben  bezeichneten  Entwicklungsstufen.    Dem  Katholizismus  hat  das 
Sakrament  eine  reale  magische  Bedeutung,  die  überdies  an  spezifi- 
sche Bedingungen  der  Heiligung   geknüpft  ist:  nur  der  Priester  ist 
zu  dessen  vollem  Genüsse  berechtigt.     Die  lutherische  Kirche  hält 
an  der  magischen  Wirkung  fest,  schließt  aber  die  mystische  Superi- 
orität  des  geweihten  Priesters  aus  und  verbindet  in  der  Abhängig- 
keit,  in   die    sie  statt  dessen  das  Symbol  von   der  religiösen  Ge- 


Die  Entwicklong  des  Knltns.  605 

sinaung  bringt,  mit  der  magischen  die  ideale  Bedeutung.  Der  re< 
formierten  Kirche  endlich  ist  das  Sakrament  nur  noch  ein  ideales 
Symbol;  irgend  eine  mag^ische  Wirkung  kommt  der  Kultushandlung 
überhaupt  nicht  zu.  Ihr  Wert  ist  ein  rein  subjektiver:  er  besteht 
in  der  ihr  innewohnenden  Idee  und  in  dem  religiösen  Gefuhlswerti 
der  an  diese  Idee  gebunden  ist  Damit  ist  dann  freilich  auch  der 
weitere  Schritt  nahe  gelegt,  auf  die  äuOere  Handlung  selbst  zu  ver« 
ziehten. 

Hiermit  fuhrt  nun  aber  dieser  Schritt  zugleich  über  die  Schranken 
hinaus,  welche  der  stets  nach  lebendiger  Verkörperung  der  Ideen 
des  Übersinnlichen  strebenden  sinnlichen  Natur  des  Menschen  gesetzt 
sind.  So  ist  denn  auch  diese  volle  Vergeistigung  der  Kultussymbole 
überall,  in  der  religiösen  Spekulation  der  Inder  wie  in  den  Stinmiungen 
christlicher  Mystiker  oder  sonstiger  imdogmatischer  Christen,  nur  als 
ein  Entschluß  Einzelner  möglich  gewesen.  Das  allgemeine  Bewußt- 
sein widerstrebt  ihr.  Vermag  sich  dieses  schon  zu  dem  Gedanken 
einer  unvorstellbaren  Gottheit  schwer  zu  erheben,  so  verliert  vollends 
ein  innerer  religiöser  Kultus,  der  nicht  bloß  auf  mag^che  Wirkungen, 
sondern  selbst  auf  ideale  Symbole  verzichtet,  die  Fühlung  mit  der 
Gemeinschaft,  und  mit  dieser  eine  der  wesentlichen  Eigenschaften 
des  religiösen  Kultus  überhaupt.  Darum  wird  jener  letzte,  zur  Selbst- 
aufhebung des  Kultus  fuhrende  Schritt  auch  da,  wo  er  nicht  ein 
Schwinden  des  religiösen  Bedürfnisses  überhaupt  bezeichnet,  immer 
nur  als  eine  Handlung  Einzelner  möglich  sein. 

d.  Die  Koltlegende. 

In  dieser  Entwicklung  der  religiösen  Symbolik  tritt  nun  bei  ge- 
wissen, für  die  gesamte  und  insbesondere  für  die  religiöse  Kultur 
entscheidenden  Wendepunkten  der  Geschichte  eine  mythologisch- 
religiöse Erscheinung  hervor,  die  auf  den  Kultus  eine  tief  ein- 
greifende Wirkung  ausübt,  neue  Kultformen  schafft  und  alte  ver- 
nichtet, vor  allem  aber  als  ein  mächtiges  Mittel  der  Verstärkung 
und  Wiederbelebung  religiösen  Denkens  sich  darstellt.  Diese  Er- 
scheinung ist  die  Kultlegende.  In  ihren  Wurzeln  reicht  sie  bis 
zu  den  Anfängen  des  Mythenmärchens  zurück;  in  ihren  vollkomme- 
neren Gestaltungen  gehört  sie  aber  durchaus  den  späteren  Formen 
des  Kultus  an,  wo  die  Zwecke  wie  die  Gegenstände  desselben  in 


^o6  ^^  Unpinng  der  RetigioiL 


die  Region  übersinnlicher  Ideen  hinüberwandem.  Während  sie  in 
ihren  Gnindmotiven  den  allgemeinen  Bedingungen  der  Legenden« 
bildung  folgt,  besteht  daher  die  spezifisch  religiöse  Bedeutung  der 
Kultlegende  darin,  daß  ihr  Held  entweder  eine  rein  mythologisdie 
Persönlichkeit  von  gröttlichem  Wesen  ist,  die  sich  g^leichwohl  in 
ihren  Eigenschaften  wie  Schicksalen  als  ein  Ebenbild  des  Mensdien 
selbst  darstellt,  oder  daß  er  wirklich  ein  in  der  geschichtlichen  Über- 
lieferung fortlebender  Mensch  ist,  der  sich  jedoch  durch  die  über- 
sinnlichen Güter,  die  ihm  die  Menschheit  verdankt,  zu  göttlicher  Höhe 
erhoben  hat.  Unter  allen  Umständen  besitzt  so  der  Held  der  Kult- 
legende den  Charakter  des  Gottmenschen,  mag  er  nun  ganz  eine 
Schöpfung  der  mythenbildenden  Phantasie  sein,  wie  Dionysos,  Osiris, 
Mithras,  oder  eine  historische  Persönlichkeit,  wie  Buddha  und  Jesus. 
Läßt  auch  die  geschichtliche  Wirklichkeit  jenen  doppelten  Charakter 
schärfer  und  eindrucksvoller  hervortreten,  so  gewinnt  die  Kultlegfende 
doch  in  beiden  Fällen  ihre  Bedeutung  dadurch,  daß  sie  das  Band 
zwischen  der  Kultushandlung  und  ihren  Objekten,  das  durch  die 
Wanderung  der  Gottesidee  ins  Übersinnliche  zu  zerreißen  droht,  neu 
knüpft,  indem  sie  für  das  Wirken  des  Göttlichen  in  der  sinnlichen 
Welt  jenen  die  Gemeinschaft  des  sinnlichen  mit  dem  übersinnlichen 
Leben  vermittelnden  Gottmenschen  herstellt.  Als  Mensch  steht  er 
mitfühlend  den  Wünschen  und  der  Not  jedes  einzelnen  nahe.  Als 
Gott  ist  er  der  Retter  aus  der  Not,  der  jene  Wünsche  entweder 
schon  auf  Erden  oder,  wie  das  die  vollkommenere  Gestaltung  der 
Kultlegende  schildert,  in  einem  übersinnlichen  Dasein  erfüllt. 

In  ihren  Anlangen  ist  hiernach  die  Kultlegende  eine  Fortsetzui^ 
der  Heilbringerlegende,  wie  sie  beim  primitiven  Kulturmärchen  be- 
ginnt und  dann  in  die  Heldensage  übergeht.  Insbesondere  ist  es  die 
letztere,  die  in  der  Ausgestaltung  jener  Heldentypen,  die  als  Retter 
und  Beschützer  der  Bedrängten,  als  Städtegründer  und  Kulturbringer 
gepriesen  werden,  in  den  Bildern  eines  Herakles  oder  Theseus  und  in 
manchen  Gestalten  der  historischen  Sage  unverkennbare  Vorstufen  der 
Kultlegende  darbietet  (S.  432  fr.).  Immerhin  scheiden  sich  beide  durch 
zwei  wichtige  Merkmale.  Erstens  gehören  die  Wohltaten,  durch  die 
sich  jene  Helden  um  Einzelne  oder  um  ganze  Länder  verdient  ge- 
macht haben,  noch  durchaus  der  Welt  der  äußeren  sinnlichen  Be- 
dürfnisse an;  und  zweitens  bewahren  die  Helden  selbst  durchaus  die 


Die  Entwieklnng  deft  KultiU« 


607 


* 


Züge  meüschlicher  Persönlkhkeiten,  Damm,  wo  sie  um  ihrer  Ver- 
dienste willen  zu  den  Göttern  erhoben  werden,  da  geschieht  dies 
höchstens  am  Ende  ihrer  Laufbahn,  und  der  Kultus,  der  einem 
solchen  vergötterten  Heros  zuteil  wird,  bleibt  ein  beschränkterer. 
Es  sind  einzelne  Landschaften  oder  Berufe,  die  in  ihm  gleichzeitig 
ihr  Vorbild  und  ihren  Wohltäter  verehren.  Demgegenüber  ist  der 
Held  der  Kultlegende  seinem  Wesen  nach  Mensch  und  Gott  zugleich^ 
mag  er  nun,  wie  durchweg  in  den  alteren  Formen  der  Kultlegende, 
ursprünglich  der  Gesellschaft  der  Götter  lugeitählt  werden,  oder  aber, 
wie  in  der  Buddha-  und  Jesuslegcnde,  als  Mensch  mit  göttlichen  Eigen* 
Schäften  erscheinen.  Durch  seine  Taten  aber  ist  er  der  Wohltäter 
nicht  einzelner  Kreise,  wie  der  gewöhnliche  Sagenheld,  sondern 
der  Menschheit  als  solcher^  und  die  Güterj  die  er  spendet,  sind 
nicht  äußere  Fortschritte  der  Kultur  oder  Rettungen  aus  physischer 
Not,  sondern  geistige  Güter,  die  nicht  an  die  Schranken  einzelner 
Länder  und  Gemeinwesen  gebunden  sind.  Wie  dieser  Held  von 
Anfang  an  göttlich  ist,  so  sind  es  dann  auch  göttliche  Gaben, 
die  er  dem  Menschen  spendet.  Darin  ^  daß  diese  Gaben  einen  all- 
gemein menschlichen  Wert  haben ^  liegt  zugleich  der  Grund,  weshalb 
sie  zwar  ebenfalls  zunächst  im  Gebiet  der  äußeren  sinnlichen  Be* 
dürfnisse,  der  Gewinnung  der  NahrfrüchteT,  der  Sicherung  vor  Krank* 
heft  und  feindlicher  Bedrängnis,  beginnen,  dann  aber  durch  die  Stei« 
gerung  der  dem  Kultus  immanenten  Triebkräfte  mehr  und  mehr  zu 
rein  geistigen  Gutem  sich  erheben.  So  wird  der  Held  der  Kultlegende 
in  doppeltem  Sinne  zu  einem  religiösen  Ideal:  er  ist  selbst  ein  Vor- 
bild geistiger  Vollkommenheit;  und  er  ist  der  Retter  und  Helfer,  der 
dem  Menschen  die  eigene  Erhebung  zu  dieser  Vollkommenheit  ver- 
mittelt. Eben  darum  ist  er  seinem  Wesen  nach  Mensch  und  Gott 
zugleich:  nur  als  Mensch  kann  er  ein  Vorbild  voLikommenen  Menschen- 
tums sein,  und  nur  als  Gott  kann  er  den  Menschen  trotz  der  ihm 
anhaftenden  sinnlichen  Mängel  zu  ähnlicher  Vollkommenheit  empor* 
heben.  Darum  ist  es  ein  in  diesem  Verhältnis  tief  begründeter  psy- 
chotogischer  Zug,  daß  sich  dasselbe  erst  da  klar  herausbildet,  wo 
die  geschichtliche  Natur  der  Persönlichkeit  des  Legendcnheldcn  dic«c 
menschliche  Seite  zu  klarem  Bewußtsein  bringt.  Wo  dagegen  der 
Held  noch  ein  durchaus  mythologisches  Gebilde  ist,  da  pflegt  der 
Gedanke  des  Gottmefischen  immerhin  in  einem  gewissen  Halbdunkel 


* 


6o8  I^  Ursprung  der  ReHcUtt. 


ZU  bleiben.  Damit  hängt  es  zusammen,  daß  in  der  Eatwiddus^  der 
Kultlegende  solche  rein  mythologische  Formen,  wie  sie  sich  aus  der 
ursprünglicheren  Göttersage  entwickeln,  denen  vorau^^en,  in  wel- 
chen eine  historische  Persönlichkeit  die  Stellung  des  Gottmenschen 
einnimmt. 

Hiemach  können  wir,  analog  der  mythischen  und  der  historischen 
Heldensage  (S.  358),  eine  mythische  und  eine  historische  Kult- 
legende unterscheiden.  Dabei  trägt  freilich  wiederum  die  ms^Üiische 
Form  ebenso  die  Spuren  der  geschichtlichen  Zeitbedingungen  an  sidi, 
wie  die  historische  eine  Fülle  mythischer  Züge  erkennen  läßt,  ohne  die 
sich  das  Bild  des  Menschen  nicht  zum  Ideal  des  Gottmenschen  erheben 
könnte.  Ähnlich  verliert  ja  auch  die  historische  Sage  den  Charakter 
der  Sage,  wenn  sie  einem  unmittelbaren  Abbild  der  geschichtlichen 
Wirklichkeit  Platz  macht.  Dieses  Verhältnis  der  mj^ischen  zu  den 
historischen  Bestandteilen  bringt  es  aber  auch  mit  sich,  daO  die  histo» 
rische  Kultlegende  ungleich  mehr  als  die  rein  mythische  abweichende 
Versionen  zuläOt,  von  denen  aus  wechselnde  Deutungen  des  Inhalts 
der  Legende  selbst  entstehen  können.  Auch  folgt  aus  der  Unent-* 
behrlichkeit  mythischer  Elemente  für  den  religiösen  Gehalt  der  Kult- 
legende, daD,  so  wertvoll  natürlich  vom  Standpunkt  der  Geschichte 
aus  das  kritische  Bemühen  des  Religionshistorikers  ist,  die  historische 
Kultlegende  auf  ihren  geschichtlichen  Kern  zurückzufuhren  und  das 
Mythische  ganz  von  ihr  abzustreifen,  damit  doch  deren  religiöse 
Bedeutung  eine  andere  wird.  Denn  die  geschichtliche  Persönlichkeit, 
die  als  Träger  der  Legende  zurückbleibt,  ist  dann  aus  einem  Gegen- 
stande religiöser  Verehrung  vielmehr  zu  einem  Vorbild  religiöser  Ge- 
sinnung geworden. 

Der  psychologische  Zusammenhang  der  Kultlegende  mit  den  in 
Märchen  und  Sage  frühe  schon  zur  Herrschaft  gelangten  Heil- 
bringergestalten  bedingt  es  weiterhin,  daß  auch  sie  den  allge- 
meinen Charakter  einer  Heilbringerlegende  besitzt,  und  daß  die 
Leistungen  des  Heilbringers,  dem  sich  die  kultische  Handlung  zu- 
wendet, ursprünglich  von  denen  jener  primitiven  Heilbringer  des  Kul- 
turmärchens und  der  Sage  wenig  verschieden  sind.  Die  Wohl- 
taten, die  er  spendet,  sind  materielle:  Heilung  von  Krankheiten, 
Rettung  aus  Kriegs-  und  anderen  Nöten  und  vor  allem  Fürsorge  für 
die  dringendsten  Lebensbedürfnisse  durch  die  Mithilfe  bei  Saat  und 


Die  Entwicklnng  des  Kultus.  6oQ 

Ernte  der  Feldfrüchte.  So  ist  es  hauptsächlich  der  umfassendere, 
der  Gemeinschaft  als  solcher  zu  gewährende  Segen,  der  den  Heil- 
bringer  der  beginnenden  Kultleg^nde  von  seinen  primitiveren  Vor- 
gängern scheidet,  die  sich  mehr  auf  einzelne  Hilfeleistungen  oder  auf 
irgend  eine  frühe,  allen  künftigen  Geschlechtem  zugute  kommende 
Kulturtat  beschränken.  Der  kultische  Heilbringer  spendet  seine  Seg- 
nungen dem  ganzen  Volke  oder,  bei  der  weiteren  Steigerung  des 
Gedankens,  der  ganzen  Menschheit,  und  er  spendet  sie  fortwährend, 
von  Jahr  zu  Jahr,  von  Tag  zu  Tag.  Darum  sind  es  die  Vegetations- 
kulte, in  denen  dieses  allgemeine  und  fortwährend  sich  wiederholende 
Hilfsbedürfnis  zuerst  lebendig  wird. 

Indem  sich  der  Heilsgedanke  der  dringendsten  und  dauerndsten 
Lebensbedürfnisse  bemächtigt,  beginnt  nun  aber  zugleich  die  Sorge 
um  die  nächste  Zukunft  allmählich  hinter  dem  Streben  nach  einer 
bis  an  die  Grenzen  des  Einzellebens  heranreichenden  und  sie  schließ- 
lich überschreitenden  Sicherung  des  Daseins  zurückzutreten.  So 
wendet  sich  denn  der  Heilsgedanke  von  der  Gemeinschaft  wieder 
zurück  zum  Einzelnen,  während  er  sich  gleichzeitig  zur  Idee  eines 
geistigen  Gutes  erhebt,  das,  da  es  unabhängig  ist  von  den  Schranken 
des  sinnlichen  Daseins,  unvergänglich  gedacht  wird.  Hiermit  erfahrt 
der  in  der  ursprünglichen  Legende  zur  Ausbildung  gelangte  Heils- 
gedanke eine  Umkehrung,  die,  so  stark  der  Gegensatz  erscheint,  in 
den  die  neue  Form  zu  jenem  Ausgangspunkte  tritt,  doch  in  Wahrheit 
diesem  selbst  bereits  immanent  ist.  Es  ist  der  wichtige  Übergang 
eines  Bringers  irdischer  in  einen  solchen  himmlischer 
Güter.  In  je  stärkeren  Kontrast  mit  der  hier  leicht  um  sich  grei- 
fenden Steigerung  der  übersinnlichen  Zukunftshoffnungen  diese  zu 
jenen  gesetzt  werden,  um  so  mehr  greift  dann  die  weitere  An- 
schauung um  sich,  in  der  Hingabe  der  sinnlichen  Güter  und  schließlich 
des  Lebens  selbst  bestehe  das  zu  erstrebende  HeU.  Damit  wird  der 
Heilbringer  zum  Erlöser,  und  der  Heilbringerlegende  tritt  als  eine 
zweite  Form  die  Erlöserlegende  gegenüber.  Beide  sind  vermöge 
dieser  Entwicklung  Gegensätze,  und  doch  können  sie  wieder  sich  er- 
gänzende Teile  einer  beide  umfassenden  Idee  sein.  Ebenso  aber 
bringt  es  dieses  Verhältnis  mit  sich,  daß  je  nach  den  besonderen 
Bedingungen  der  religiösen  Entwicklung  entweder  die  Erlöserlegendc 
als  die  alleinherrschende  zurückbleibt,  wie  in  der  esoterischen  Form 

Wundt,  Völkerpsychologie  11,3.  39 


^y:-;:    :.V--i^      ^;.-^;r,^." 


5lO  Her  Ursprung  des  Religiotu 


des  indischen  Buddhismus,  oder  daß  in  einer  beide  Momente  ver- 
einigenden Gestaltung  die  Heilbringeridee   das  Übei^newicht   behält 
Hier  bildet  dann  die  erlösende  Macht  des  Gottes  oder  Gottmenschen 
nur  ein  bedingendes  Motiv  seiner  Heilsvermittlung.    So  in  den  grie- 
chischen Mysterienkulten,  in  den  die  Legende  in  die  apokal3^ti5die 
Form  umbiegenden  Messiaserwartungen  des  späteren  Judentums,  und 
am  stärksten  ausgeprägt  in  den  glückverheißenden  Jenseitshofihungen 
der  Eschatologie  des  Islam.    Als  eine  letzte  Möglichkeit  bleibt  endlich 
die  übrig,  daß  die  Kultlegende  annähernd  zu  gleichen  Teilen  Erlöser- 
und Heilbringerlegende  wird.    Das  ist  die  Form,  die  das  Christeo- 
tum  ausgebildet  hat,  und  die  in  der  Doppelbenennung  Jesu  als  des 
»Heilandsc  und  des  »Erlösers«  angedeutet  ist.    Jeder  dieser  Begriffe 
bezeichnet  in  Wirklichkeit  eine  besondere  Seite  seines  Wesens,  wäh- 
rend beide  in  der  Einheit  seiner  Persönlichkeit  eng  verbunden  sind. 
Erscheint  in  der  Heilbringerform  der  Kultlegende  der  Gedanke  des 
Jenseits  als  eine  letzte  Frucht  der  Entwicklung,  so  bildet  er  umge- 
kehrt  den  Ausgangspunkt  der  Erlöserlegende.    Darin  gibt  sich  die 
letztere  als  die  fortgeschrittenere  Form  zu  erkennen.    Auch  in  der 
christlichen  Vereinigung  beider,  die  im  übrigen  einen  weiten  Spiel- 
raum nach  der  einen  oder  andern  Seite  bietet,  ist  daher  der  Gedanke 
vorherrschend,  die  größte  Heilstat  des  Erlösers  bestehe  in  der  Erlö- 
sung von  dem  an  das  irdische  Dasein  gebundenen  Übel.    Im  übrigen 
spiegelt  sich  bei  allen  diesen  Formen  das  Verhältnis  beider  Bestand- 
teile in  den  früher  betrachteten  Jenseitsvorstellungen,  die  auf  solche 
Weise  ein  mythologisches  Komplement  der  entwickelteren  Kultlegende 
bilden. 

Die  erwähnten  Erscheinungen  des  religiösen  Kultus  im  einzelnen 
zu  verfolgen,  bleibt  nun  um  so  mehr  eine  Aufgabe  der  Relig^ions- 
geschichte,  je  mehr  in  ihnen  spezifisch  nationale  Anlagen  und  Kultur- 
bedingungen, die  aus  dem  Zusammenfluß  zahlreicher  geschichtlicher 
Motive  entspringen,  eine  entscheidende  Rolle  spielen.  Die  Völker- 
psychologie muß  sich  hier  auf  die  Hervorhebung  der  den  verschiedenen 
Entwicklungen  mehr  oder  minder  gemeinsamen  Tatsachen  beschränken, 
in  denen  die  psychologischen  Grundmotive  des  religiösen  Lebens  her- 
vortreten, und  die  trotz  jener  in  den  besonderen  historischen  Ver- 
hältnissen begründeten   Unterschiede   auch  hier  die  Gesetzmäßigkeit 


Die  Knltfoimen.  6ll 


der  geistigen  Entwicklung  erkennen  lassen.  Die  Religionsgeschichte 
wird  dann  aber  auch  die  so  gewonnenen  allgemeinen  psychologischen 
Gesichtspunkte  auf  die  besonderen  i  durch  wechselnde  Kultur-  und 
Zeitbedingungen  bestimmten  religiösen  Erscheinungen  anzuwenden 
haben.  In  diesem  Sinne  werden  wir  zunächst  die  Kultformen,  die 
uns  in  der  Geschichte  der  Völker  als  die  Hauptstufen  religiöser  Ent- 
wicklung begegnen,  und  hierauf  die  innerhalb  dieser  Formen  vorkom- 
menden und  in  ihren  allgemeinsten  Grundlagen  ihnen  gemeinsamen 
Kulthandlungen  ins  Auge  fassen,  um  schließlich  den  charakteri- 
stischen Ausdruck  der  Stufen  dieser  religiösen  Entwicklung  in  den 
verschiedenen  Formen  der  Kultlegende  an  einigen  Beispielen  zu 
betrachten. 


2.  Die  Kultformen« 

a.  Die  primitiTen  Zanber-  und  Dämonenkiilte. 

Die  Kulthandlungen  bilden,  wenn  man  diesen  Begriff  in  seiner  all- 
gemeinsten Bedeutung  nimmt,  schon  auf  den  vorreligiösen  Stufen  des 
mythologischen  Denkens  wesentliche  Bestandteile  des  Seelen-  wie  des 
Naturmythus.  In  den  einzelnen  Erscheinungen,  die  zu  ihnen  gehören, 
sind  sie  uns  daher  in  den  beiden  vorangegangenen  Kapiteln  bereits  man- 
nigfach begegnet.  So  bedarf  es  denn  hier  nur  eines  zusammenfassenden 
Rückblicks,  um  diese  Erscheinungen,  in  denen  sich  die  Anschauungen 
des  Menschen  über  die  sein  Dasein  bestinmienden  Mächte  in  leben- 
dige Willensantriebe  umsetzen,  in  ihrer  Bedeutung  fiir  die  religiöse 
Entwicklung  zu  würdigen.  Insbesondere  gilt  dies  auch  für  die  niederste 
und  damit  allgemeinste  Form  der  Kulthandlungen,  für  die  primi- 
tiven Zauber-  und  Dämonenkulte.  Sie  fehlen  keiner  Kultur- 
stufe. Schon  innerhalb  der  frühesten  uns  erreichbaren  Anfänge  sind 
sie  teils  in  der  Form  individuell  geübter  Zauberbräuche  teils  als  ge- 
meinsame, oft  verwickelt  gestaltete  Zauberzeremonien  zu  finden.  Sic 
pflegen  dann  auch  die  höheren  Kulte  bald  als  unabhängige  Nebenformen 
zu  begleiten,  bald,  nachdem  diese  geschwunden  sind,  als  deren  rudi- 
mentäre Überlebnisse  zurückzubleiben. 

In  dieser  Konstanz  der  Zauberkulte,  die  die  Nachweisung  ihrer  ersten 
Entstehung  zu  irgend  einer  bestimmten  Zeit  und  an  einem  bestimmten 

39* 


^12  Der  UnpniDg  der  ReligioiL 


Ort  ausschließt,  sowie  in  den  oben  angeführten  spezifischen  Kriterien 
des  religiösen  Kultus  im  engeren  Sinne  liegt  nun  zugleich  die  einag 
mögliche  Antwort  auf  die  oft  aufgeworfene  Frage,  ob  es  »religions- 
lose Volkere  gebe  oder  nicht,  —  eine  Frage,  die  man  merkwürdiger 
Weise  meist  zu  beantworten  suchte,  ohne  darüber  im  Klaren  zu  sein, 
was  überhaupt   unter  Religion  zu  verstehen  sei.     Nimmt  man  den 
Kultus  in  jener  allgemeinsten  Bedeutung,  in  der  er  den  Zauber-  und 
Dämonenkult  mit  einschließt,  zum  entscheidenden  Merkmal,  so  gibt 
es  zweifellos  keine  religionslosen  Stämme.  Weder  sind  solche  empirisch 
nachgewiesen,   noch   ist  es  nach   unserer  psychologischen  Kenntnis 
der  menschlichen  Natur  wahrscheinlich,  daß   sie  gefunden  werden. 
Jedenfalls  muß  also  ihre  Existenz  in  eine  Vorzeit  zurückverl^ft  werden, 
die   uns  weder  ethnologisch   noch  historisch  zugänglich  ist.     Ninunt 
man  dagegen  den  durch  die  drei  oben  bezeichneten  Merkmale  der 
Gebundenheit  an  eine  soziale  Gemeinschaft,  des  Götterglaubens  als 
der  Grundlage,  und  schließlich   der  geistigen  Werte  als  der  Zwecke 
kultischer  Handlungen  zu  Kriterien  der  Religion,  so  ist  die  Verbrei- 
tung religiöser  Anschauungen  eine  nach  Zeit  und  Ort  beschränkte. 
Dabei  finden  sich  aber  zugleich  die  mannigfachsten  Übergäi^re  zwischen 
dem  religiösen   und   dem  vorreligiösen  Stadium  der  Kultur.     Insbe- 
sondere werden  wir  einen  Zustand,  der  die  beiden  ersten  unter  den 
genannten  Merkmalen,  aber  noch  nicht  das  dritte  aufweist,  zu  diesen 
Vorstufen   zählen  können.     Ebenso   bringet  es  die  Stetigkeit  solcher 
Übergänge  mit  sich,  daß  in  vielen,  ja  in  den  meisten  Anschauungen, 
die  bereits  vollgültig  als  religiöse  anzuerkennen  sind,  materielle  und 
geistige  Zwecke  zusammen  und  meist  in  unlösbarer  Verbindung  die 
Triebfedern  der  Kulthandlungen  bilden  und  auf  die  äußere  Gestaltung 
derselben  einwirken.     Darum   kann   man  schließlich   auf  jene  Frage 
nach   der  Verbreitung   der   Religion    antworten:    teils  Anlagen,  teils 
Anfänge  religiöser  Entwicklung  fehlen  nirgends;  aber  entwickelte  Re- 
ligionen finden  sich  nur  unter  den  Bedingungen  einer  höheren  mate- 
riellen und  geistigen  Kultur.     Die  Grenzen  des  Übergangs  der  vor- 
religiösen  in   die  religiöse  Stufe  bezeichnen   daher  zugleich  die   des 
Übergangs   von  Mythus  in  Religion.     Wie  diese  Grenzen  keine  ab- 
soluten sind,  sondern  sich  in  stetigen  Übergängen  abstufen,  so  reicht 
aber  auch   der    Mythus   nicht    nur   überall  in  die  Religion    hinüber, 
sondern  er  bildet  in  allen  wirklichen  Religionen  ein  unentbehrliches 


Die  Kaltformen.  6i^ 


Requisit,  wie  uns  das  am  eindringlichsten  die  Kultlegende  noch  in 
ihren  höheren  Formen  zeigt. 

Hiernach  läßt  sich  schon  der  primitive  Zauberkult  in  eine  und 
dieselbe  Entwicklungslinie  mit  den  höheren  religiösen  Kultformen 
stellen.  Dies  gilt  um  so  mehr,  als  das  Motiv  des  Zaubers  in  der 
Form  der  magischen  Heilswirkimg  einer  Kulthandlung  noch  bis  zu 
den  höchsten  Stufen  religiöser  Kulte  nachwirkt.  Aber  man  kann 
nicht  mehr  mit  Hegel  eine  »Zauberreligion«  als  die  niederste  der  vor- 
handenen Religionsformen  betrachten').  Und  dies  aus  doppeltem 
Grunde.  Erstens  ist  der  primitive  Zauberkult,  im  Hinblick  auf  die 
oben  angeführten  Merkmale,  seiner  eigentlichen  Natur  nach  ein  »vor- 
religiöser« Kultus;  und  zweitens  bildet  der  2^uber  in  der  Form  der 
magischen  Heilvermittlung  einen  integrierenden  Bestandteil  auch  der 
iiöheren  religriösen  Kulte.  Darum  bietet  er  an  sich  kein  zureichendes 
Kennzeichen,  um  die  primitiven  von  den  entwickelteren  Kultformen 
zu  scheiden.  Denn  er  hebt  lediglich  eine  Seite  hervor,  die  der  pri- 
mitive Kult  allerdings  infolge  ihrer  relativen  Isolierung  in  besonders 
ausgeprägter  Weise,  freilich  aber  auch  in  noch  ungeordneter  und 
unzusammenhängender  Form  zeigt  Erst  in  der  weiteren  Entwick- 
lung erhebt  sich  dieses  magische  Moment  selbst  durch  die  Motive, 
mit  denen  es  sich  erfüllt,  auf  eine  höhere  Stufe;  und  durch  die  Ver- 
bindung, in  die  es  mit  der  Gesamtheit  der  religiösen  Anschauungen 
tritt,  bereitet  es  den  Übergang  in  einen  symbolischen  Ausdruck  meta- 
physisch-ethischer Ideen  vor. 

Ist  so  die  Kulthandlung  an  sich  keine  sichere  Grenze  fUr  die 
Abtrennung  des  primitiven  ZauberkuUiis  von  andern  Kultformen,  so 
zeigt  sich  nun  aber  eine  solche  um  so  augenfälliger  an  den  Gegen- 
ständen, denen  sich  jener  zuwendet.  Diese  sind  Dämonen,  nicht 
persönliche  Götter.  Sie  sind  als  solche  vor  allem  die  Geister  der 
Verstorbenen  und  der  2^uberwesen  der  unmittelbaren  Umgebung, 
die  bald  in  einzelnen  Objekten  verkörpert  werden,  bald  in  un- 
sichtbarem Wirken  den  Menschen  umschweben,  und  dann  in  wei- 
terer Übertragung  in  die  Naturdämonen  der  Berge,  Bäume,  Flüsse 
und    der    andern  mächtigeren   Naturerscheinungen  übei^ehen*).    Je 


Hegel,  Religionsphilosophie,  I  (Werke  Bd.  Il),  S.  220. 
Vgl.  Teil  II,  S.  365  flf. 


,     V 

•^''- 


6 14  ^c'  Urspnmg  der  Religion. 


intensiver  die  Motive  wirken,  die  in  der  Zauberbandlung-  der  Gefibr, 
die  von  solchen  dämonischen  Wesen  droht,  zu  b^[^[iien,  oder  um- 
gekehrt deren  Walten  zu  eigenem  Vorteil  zu  wenden  streben,  um  so 
mehr  kann   hier    die  Vorstellung  eines  äußeren  Objekts,    in   dem 
der  Dämon  wohnt,  hinter  der  erstrebten  Wirkimg  zurücktreten,  so 
daß  das  dämonische  Wirken   selbst  in  die  Zauberhandlung*  verl^ 
wird.    Das  ist  eine  Übertragung,  die  noch  lange  da  nachdauert,  wo 
sich  der  Dämonenglaube  in  bestimmteren  Vorstellungen  fixiert  hat 
Selbst  die  Regenwolke,  die  ein  bereits  dem  Götterglauben  genäherter 
oder  mit  ihm  sich  mischender  Dämonenkult  zum  Regen  zu  zwingen 
sucht,  geht  im  Augenblick  der  Zauberhandlung  mit  einem  Teil  ihres 
dämonischen  Wesens  in  die  Hilfsmittel  und  die  Ebndlungen  ein,  mit 
denen   der  Zauber   geübt   wird.     Es  ist  aber  ein   charakteristisches 
Merkmal  gerade  des  primitiven  Zauberkultus,  daß  bei  ihm  das  Motiv, 
die  Wünsche,  aus  denen  die   Handlung   entspringt,  verwirklicht  zu 
sehen,  die  bestimmter  fixierten  Dämonenvorstellungen  zurückdrängt 
So  wird  denn   die  in   den  früher  geschilderten  S3mibolischen  oder 
magischen  Formen  ausgeführte  Zauberhandlung  selbst  zu  der  dämo- 
nischen Macht,  die  je  nach  Umständen  eigenes  Unheil  verhütet  oder 
andern  solches  zufiigt  oder  endlich  irgend  einen  sonstigen  Wunsch 
in  Erfüllung  gehen  läßt.     (Vgl.  Teil  II,  S.  191  ff.)    Solche   gewisser- 
maßen gegenstandslos  gewordene  Zauberkulte  bleiben  vor  allem  da 
zurück,  wo  der  Zauberglaube  nach  dem  Schwinden  der  ihn  einst  be- 
gleitenden Dämonenvorstellungen    als   ein  die   entwickelteren   Kulte 
begleitender  und  von  ihnen   zurückgestoßener   sogenannter   »Aber- 
glaube«  fortbesteht.     Die  überwältigende  Macht   der  Wunschmotive 
läßt  aber  doch   auch   schon   auf  den  primitivsten  Kulturstufen    die 
gleiche   Erscheinung   hervortreten;   und   diese  Verhältnisse   sind    es 
wohl,  die  hier  zur  Annahme  jener  »präanimistischen«  Stufe  des  Mythus 
Anlaß  gaben,  auf  der  angeblich  der  Zauber  als  solcher,  ohne  Be- 
ziehung auf  irgend  welche  Seelen-  oder  Dämonenvorstellungen,  den 
Inhalt  des  mythologischen  Denkens  gebildet  haben  soll  *).    Abgesehen 
von  den  gegen  diese  Hypothese  bereits  geltend  gemachten  psycho- 
logischen Gründen,  widerspricht  ihr  schon  die  äußere  Verbreitung 
der  primitiven  Zauberkulte,  in  denen  solche  gegenstandslose  Zauber- 


»)  Vgl.  TeU  II,  S.  171  ff. 


Die  Kaltformen.  6ie 


Vorstellungen    hauptsächlich    ihren   Sitz   haben.     Gehört   doch    eben 
diese  niederste  und  beharrlichste   Kultform   in  ihrer  Isolierung   von 
sonstigen  Kultelementen  zwei  entgegengesetzten  Punkten  an.    Auf 
der  einen  Seite  fallt  sie  mit  den  wirklichen  Urformen  des  Kultus  und 
Mythus  zusammen ;  auf  der  andern  reicht  sie  in  eine  im  übrigen  dem 
Bereich  des  ursprünglichen  Seelen-  und  Naturmythus  zum  größten 
Teil  bereits  entfremdete  Kultur  hinein.     Nun  ist  es  aber  ein  für  die 
psychologischen  Beziehungen  solcher  gegenstandsloser  Zauberhand- 
lungen   höchst   bezeichnendes    Symptom,    daß    sie   nicht  in   jenen 
Anfangen,  sondern  in  diesen  rudimentären  Überlebnissen  am  deut- 
lichsten in   ihrer  Isolierung  hervortreten.     Bei  dem  primitiven  Men- 
schen   bleibt  es  immerhin  ein  Ausnahmefall,  wenn  der  Zauber  ganz 
von  den  Gegenständen   sich   loslöst,   die  unabhängig  von   der   ein* 
zelnen   Zauberhandlung    als    Substrate    dämonischer   Kräfte    gelten. 
Der   sprechendste  2^uge  dieses  dem  ursprünglichen  mytholog^ischeii 
Denken  innewohnenden  Triebes    nach   Objektivierung   der    eigenen 
Gemütsbewegungen  ist  der  Fetisch  als  willkürlich  geschaffenes  Ob- 
jekt, das  noch  viel  weniger  als  die  Zauberhandlung  selbst  irgend  eine 
Beziehung  zu  dem  erhofften  Erfolg  hat,  das   aber  dem  Trieb,  die 
Zauberkraft  an   einen  sichtbaren  Gegenstand   zu  binden  und  damit 
diesen  zu  einem  auch  unabhängig  von  der  einzelnen  Handlung  wirk- 
samen Dämon  oder  zu  dem  Sitz  eines  solchen  zu  machen,  vollkommen 
Genüge   leistet.     Die    gleichen   Dienste  wie   der  Fetisch   kann    nun 
natürlich  irgend  eine  andere  sinnenfallige  Erscheinung,  ein  Tier,  eine 
Pflanze,  ein  Windhauch,  ein  als  Zauberstab  gebrauchter  Stock  oder 
endlich  die  Zauberformel  haben,  besonders  wenn  die  letztere  schrift- 
lich fixiert  ist,  so  daß  sie  den  einzelnen  2^ubervorgang  überdauert 
So  fallen  die  Begriffe  des  primitiven  Zauber-  und  des  Dämonen- 
glaubens durchaus  zusammen.     Beide  bezeichnen  nur  verschiedene 
Seiten  einer  und  derselben  Erscheinungsgruppe.     Der  eine  geht  auf 
das  die  Kulthandlung  bestimmende  Motiv,  der  andre  auf  den  Gegen- 
stand,  dem  sich  die  Handlung  zuwendet.     Dieser  Gegenstand  kann 
mehr  oder  weniger  unbestimmt  sein  und  so  schließlich  untrennbar 
mit    der    Handlung    selbst   zusammenfließen.     Aber   gegenstandslos 
ist  keine  Kulthandlung.     Schon  in   ihrer  primitivsten  Form  wendet 
sie   sich  an  irgend  ein  den  Wünschen  des  Handelnden  zu  unterwer- 
fendes Wesen,  mag  dieses  auch  noch  so  unsicher  lokalisiert  werden 


W^^:'^'^'^'^ 


6l6  Der  Unpnmg  der  ReUgion. 


oder  gelegentlich  mit  dem  Ort  der  Zauberhandlung  selbst  ver- 
schmelzen.  Letzteres  pflegt  namentlich  da  zu  gescheben,  wo  der 
Zauberkult  eine  Handlung  des  Einzelnen  bleibt ,  die  auf  rein  indivi- 
duelle Zwecke  gerichtet  ist,  wie  das  vor  allem  fiir  die  Rudimente 
des  Zauberglaubens  auf  den  späteren  Kulturstufen  zutrifft  Wo 
wir  dagegen  bei  primitiven  Völkern  gemeinschaftlichen,  zu  öffent- 
lichen Zwecken  veranstalteten  Zauberzeremonien  begegnen,  da  ent- 
behren die  letzteren  niemals  der  Objektivierung  der  dämonischen 
Kräfte  in  Fetischen  und  Zaubergeräten.  Die  öffentliche  Zeremonie 
verlangt  eben  äußere  Geg^stände,  die  die  Auftnerksamkeit  aller  anf 
sich  ziehen.  In  sie  wird  dann  rückwirkend  die  dämonische  Kraft 
des  Zaubers  selbst  projiziert.  So  bildet  bei  den  Ortskulten  der  Neger 
der  Gemeindefetisch  den  Mittelpunkt  der  lärmenden  Feier.  Bei  den 
Kultfesten  der  Australier  gruppieren  sich  die  Zaubertänze  um  die 
Totembilder  der  Stämme.  Noch  reicher  ist  die  Ausstattung  ameri- 
kanischer Kultfeste  mit  Zauberobjekten  mannigfacher  Art,  wobei  frei- 
lich schon  die  sich  beimischenden  Elemente  eines  beginnenden  Göttcr- 
kultes  diese  Objektivierungen  verwickelter  gestalten'}. 

Von  dem  Zauberobjekt,  dem  Fetisch,  Totembild,  dem  heiligen 
Stein,  Baum  oder  Platz,  um  den  sich  eine  solche  Kultfeier  gruppiert, 
geht  dann  ein  Teil  der  dämonischen  Macht  auch  auf  die  andern 
Gegenstände,  die  Federstäbe,  die  Bälle,  das  Feuer,  endlich  auf  die 
Kulttänzer  selbst  und  ihre  Masken  über,  und  es  wächst  so  die  Zahl 
der  dämonischen  Objekte  mit  der  Ausdehnung  der  Feier  über  eine 
größere  Gemeinschaft.  Dem  im  Gegensatze  zu  diesen  lärmenden 
öffentlichen  Kultfesten  mit  Vorliebe  in  der  Verborgenheit  geübten 
individuellen  Zauber  fehlen  natürlich  solche  feste,  allgemein  an- 
erkannte Objekte.  Aber  der  Trieb  nach  einer  dauernden  Bindung 
der  dämonischen  Hilfe  bleibt  doch  auch  hier  nicht  aus:  er  findet 
seinen  charakteristischen  Ausdruck  in  dem  Amulett  und  dem  Talisman, 
Objekten,  die  die  Eigenschaft,  persönliche  Schutzmächte  ihres  Be- 
sitzers zu  sein,  mit  der  Fixierung  der  dämonischen  Kraft  verbinden"). 

Treffen  demnach  in  dieser,  den  allgemeinen  Gesetzen  der  Sinnes- 
wahrnehmung  folgenden  Objektivierung  der  Zauberwirkungen  indi- 


»)  Vgl.  Teil  II,  S.  222 f.,  253,  433 f. 
2)  Ebenda  S.  202  ff. 


Die  Kaltfonneo.  6iy 


viduelle  Zauberhandlung  und  gemeinsamer  Zauberkult  zusammen, 
so  scheiden  sich  nun  beide  in  einer  andern  Eigenschaft,  die  zu- 
gleich fiir  die  weitere  Ausbildung  der  Kultusformen  entscheidend 
ist.  Der  individuelle  Zauberbrauch  bleibt  im  wesentlichen  entwick- 
lungslos. Er  kann  in  den  gleichen,  nur  wenig  durch  die  äußeren 
Kulturbedingungen  modifizierten  Formen  überall  neu  entstehen.  Ist 
er  daher  auch  in  seinen  einzelnen  Erscheinungen  meist  ein  über- 
kommenes Gut,  so  vermag  doch  die  Tradition  nur  wenig  an  ihm  zu 
ändern.  Damit  hängt  die  große,  von  der  Kulturstufe  nahezu  unab- 
hängige Stabilität  zusammen,  die  uns  in  den  Formen  individueller 
Zauberbräuche  begegnet  Anders  der  gemeinsame  Zauberkult  Er 
verdankt  seine  oft  überaus  zusammengesetzte  Beschaffenheit  haupt- 
sächlich dem  Umstände,  daß  er  zu  den  Ordnungen  des  gemein- 
samen Lebens  gehört,  ja  in  frühen  Zuständen  den  wichtigsten,  mit 
Sitte  und  primitivem  Recht  eng  verwachsenen  Inhalt  desselben  bildet. 
Als  solcher  ist  er  festen  Regeln  unterworfen,  die  durch  eine  auf  die 
Befolgung  der  überlieferten  Bräuche  peinlich  achtende,  meist  schon 
unter  der  Führung  eines  sich  entwickelnden  Priesterstandes  stehende 
Kultgesellschaft  aufrecht  erhalten  werden.  Dabei  tritt  dann  zu  der 
Bewahrung  des  Überlieferten  die  bei  bestimmten  Anlässen  erfolgende 
Aufnahme  neuer  Zeremonien,  die  nun  in  der  gleichen  Weise  auf  die 
kommenden  Generationen  vererbt  werden.  So  erklären  sich  zwei 
Eigenschaften,  die  uns  schon  bei  den  primitiven  Gemeinschaftskulten 
begegnen.  Erstens  sind  sie,  im  Unterschied  von  den  auf  die  ein- 
fachen Typen  des  symbolischen  und  des  magischen  2^ubers  zu- 
rückzuführenden individuellen  2^uberbräuchen,  von  sehr  verwickelter 
Beschaffenheit.  Von  den  Festen  der  Zentralaustralier  bis  herauf  zu 
den  meist  schon  auf  bestimmte  Jahreszeiten  verlegten  und  mit  Ele- 
menten eines  beginnenden  Götterkultus  vermischten  Kulten  der  Prärie- 
und  Puebloindianer  bilden  sie  ein  verwickeltes  Gewebe  von  Hand- 
lungen, unter  denen  sich  einzelne  wieder  zu  einer  geschlossenen  dra- 
matischen Einheit  verbinden,  und  die  sich  in  diesen  ihren  wechseln- 
den Gestaltungen  über  Tage  erstrecken.  Zweitens  erlischt  infolge 
der  festen  Tradition  der  Zeremonien,  die  ihre  Ausführung  mehr  und 
mehr  zur  eingeübten,  gewissermaßen  mechanisierten  Gewohnheit 
macht,  die  Erinnerung  an  die  einstige  Bedeutung  der  einzelnen  Hand- 
lungen, ein  Prozeß,  der  von  da  ausgehend  schließlich  den  Inhalt  der 


618  Her  Ursprung  der  Religion. 


ganzen  Festfeier  zu  einem  höchstens  noch  fragmentarisch  zu  deuten- 
den Ausdruck  der  allgemeinen  Zwecke  macht,  auf  die  der  Kultus 
gerichtet  ist.  Um  so  geeigneter  ist  die  Kulthandlungf,  um  belieb^ 
neue  Zwecke  mit  dem  gleichen  Gewand  äußerer  Zeremonien  zu  um- 
kleiden'). Dieses  Verblassen  der  Bedeutung  wirkt  dami  vermöge 
der  früher  (Teil  II,  S.  191  ff.)  erörterten  Beziehungen  zwischen  den 
beiden  Grundformen  des  symbolischen  und  des  magiscben  Zau- 
bers naturgemäß  stets  in  dem  Sinne  auf  die  einzelne  zeremonielle 
Handlung  zurück,  daO  diese  aus  der  ersten  in  die  zweite  jener  For- 
men  übergeht:  aus  einem  mehr  oder  minder  deutlichen  2Mchen  des 
gewollten  Zwecks  wird  sie  zu  einem  geheimnisvollen  Vorgang,  der 
nur  noch  durch  eine  in  ihm  verborgene  dämonische  Kraft  wirkt,  der 
aber  eben  deshalb  auch  beliebig  seine  Zwecke  wechseln  oder  das 
Gebiet  dieser  ins  unbestimmte  erweitem  kann.  Das  ist  ein  Prozeß, 
der  von  dem  primitiven  Zaubcrkult  aus  in  alle  höheren  Kultformen 
übergeht  und  bei  dem  Wandel  wie  bei  der  Erweiterui^  der  Kult- 
zwecke eine  hervorragende  Rolle  spielt. 

Mit  der  oben  erwähnten  Kumulation  einzelner  Zauberriten  zu  dem 
im  Verlaufe  vieler  Generationen  entstandenen  gemeinschaftlichen 
Zauberkult  einerseits  und  dem  damit  verbundenen  Vergessen  der 
Bedeutung  der  einzelnen  Bestandteile  eines  solchen  Ganzen  ander- 
seits hängt  nun  noch  eine  weitere  Tatsache  zusammen,  die  nicht 
minder  bei  den  höheren  Kultformen  wiederkehrt,  die  aber  doch 
beim  primitiven  Zauber-  und  Dämonenkult  am  augenfälligsten  her- 
vortritt. Sie  besteht  in  dem  starken  Kontrast,  in  dem  hier  überall 
der  öffentliche  Kult  zu  der  individuellen  Zauberhandlung  und  zu  der 
den  Anschauungskreis  der  letzteren  im  ganzen  treu  widerspiegelnden 
Mythenerzählung  steht.  Vergleicht  man  z.  B.  die  Mythenmärchen  der 
Arunta  Australiens  mit  den  zusammengesetzten  magischen  Zeremonien 
bei  der  Männerweihe  und  den  Totemkulten,  oder  auch  noch  die  Er- 
zählungen der  Prärieindianer  Nordamerikas  mit  den  von  den  gleichen 
Stämmen,  den  Pawnee,  Odschibwä  u.  a.,  berichteten  Kultfesten,  so 
läßt  sich  ein  größerer  Gegensatz  kaum  denken").    Während  die  Kult- 


*)  Vgl.  die  für  solche  primitive  Gemeinschmftskulte  besonders  charakteristische 
>Intichiamafeier<  der  Arunta  und  anderer  zentralanstralischer  Stämme  bei  Spencer  and 
Gillcn,  Northern  Tribes  of  Central- Anstralia,  p.  283  ff. 

«)  Man  vergleiche  z.  B.  die  Siouxkulte  bei  J.  O.  Dorsey,  Ethnol.  Rep.,  XI,  1894, 


Die  Koltformen.  6 ig 

feste  in  ihrer  Ausstattung  mit  mimischen  Darstellungen,  symbolischen 
und  magischen  Handlungen,  Tänzen  und  Gesängen,  besonders  wenn 
man  von  dem  freilich  sehr  einförmigen  Inhalt  der  letzteren  absieht, 
hinter  denen  der  großen  Kulturvölker  kaum  zurückstehen,  ja  an 
Mannigfaltigkeit  und  Ausdehnung  des  Inhalts  bisweilen  sie  über- 
treffen, bewegt  sich  bei  den  gleichen  Völkern  die  Mythenerzählung 
stets  in  den  gleichen  Regionen  einer  relativ  einfachen  phantastischen 
Märchentradition.  Dieser  scheinbare  Widerspruch  erklärt  sich  aber, 
wenn  wir  bedenken,  daß  im  Grunde  jede  solche  Kultfeier  primitiver 
Völker  eine  Anhäufung  zahlreicher,  durch  Generationen  vererbter 
einfacher  Zauberformen  ist,  die  miteinander  zu  dramatischen  Hand- 
lungen verbunden  sind,  und  die  dann  manchmal  dem  fremden  Be- 
obachter um  so  mehr  einen  tieferen  Sinn  zu  bergen  scheinen,  je 
mehr  ihre  Bedeutung  den  Teilnehmern  der  Feste  selbst  entschwun- 
den oder  in  dem  allgemeinen  Begehren  nach  mag^ischer  Hufe  unter- 
gegangen ist.  In  dieser  Fähigkeit  der  Bewahrung  und  Häufung  weit 
zurückreichender  Traditionen  des  äußeren  Brauchs  auf  einer  Stufe, 
wo  eine  in  mündlichen  Berichten  oder  gar  in  schriftlicher  Fixierung 
sich  fortpflanzende  geschichtliche  Überlieferung  noch  nicht  existiert, 
steht  der  kultische  Brauch  genau  auf  gleicher  Höhe  mit  den  Tradi- 
tionen der  Sitte  und  der  Ordnungen  der  Gesellschaft.  Die  Mythen- 
erzählung wandert  zunächst  nur  als  eine  einzelne  von  Mund  zu 
Munde,  und  eine  zusammengesetztere  Form  kann  sie  erst  da  gewinnen, 
wo  sich  ihrer  eben  jene  den  inneren  Zusammenhang  der  Vorgänge 
bewahrende  geschichtliche  Überlieferung  bemächtigt.  Durch  sie  wird 
sie  dann  aber  zugleich  vor  jenem  Vergessen  ihrer  Bedeutung  einiger- 
maßen geschützt,  dem  von  Anfang  an  die  Traditionen  des  Brauchs  und 
des  äußeren  Kultus  anheimfallen. 

b.  Vegetmtionskalte  and  Jahresfeste. 

Bildet  die  Gemeinschaft  der  Kulthandlungen  -schon  im  Bereich  des 
primitiven  Dämonenglaubens  ein  mächtiges  Mittel  der  Bewahrung 
und  Bereicherung  der  Kultbräuche,   so  steigert  sich  nun  diese  Wir- 


p.  366  ff.  oder  die  noch  verwickeiteren,  unter  der  Leitung  der  großen  MedizingeseU- 
schaften  stehenden  der  Odschibwä  bei  J.  W.  Hoffinann,  ebenda  VII,  1891,  p.  I$2ff. 
mit  den  Mythenmärchen  der  gleichen  oder  verwandter  Stämme,  wie  sie  oben  (Kap.  V,  II) 
in  zahlreichen  Beispielen  mitgeteilt  sind. 


f,^;;.-'^.: 


620  I^er  Ursprung  der  Reügioo. 


kung  noch  in  hohem  Maße,  sobald  auch  der  Zweck  der  kultisdieo 
Handlungen  in  dem  Sinne  ein  gemeinsamer  wird,  daß  er  erst  inner- 
halb einer  Vereinigung  vieler  möglich  ist.  Spezifische  Gemeinschafb- 
zwecke solcher  Art  sind  aber  die  Kulturzwecke.  *  Alle  die  Güter, 
die  über  den  Bereich  des  von  jedem  einzelnen  unabhängig  von  andern 
Begehrten  und  Erstrebten  hinausgehen,  nennen  wir  darum  im  spezifi- 
schen Sinne  Kulturgüter.  Nicht  jede  gemeinsame  Kulthandlung 
ist  auf  Kulturgüter  gerichtet.  Sie  kann  auch  aus  der  durch  die 
Vereinigung  erhofften  Verstärkung  der  ^Anricungen  rein  individueller 
Zauberzwecke  entspringen.  So  begehrt  jeder  zunächst  nur  für  sieb 
Schutz  vor  Krankheit  und  Lebensgefahr  oder  Glück  in  der  Aufiindung 
der  zur  Fristung  des  Daseins  nötigen  Lebensmittel;  und  doch  können 
die  einzelnen  sich  zu  einer  Kultgesellschafl  verbinden,  die  diesen 
Zwecken  dienen  soll.  Das  geschieht  eben  bei  den  primitiven  Zanber- 
und  Dämonenkulten,  so  lange  sie  sich  nicht  mit  ESpstandteilen  der 
höheren  Kultformen  verbinden.  Zu  einem  Kulturgut  wird  der  ge- 
meinsam erstrebte  Zweck  erst,  sobald  er  an  sich  schon  ein  gemein- 
sames Handeln  voraussetzt,  und  sobald  daher  die  Hilfe,  die  im  Kult 
erstrebt  wird,  zunächst  der  Gemeinschaft  und  erst  durch  diese  wiederum 
dem  einzelnen  zuteil  wird.  So  erhebt  sich  schon  die  Jagd  in  dem 
Augenblick  zu  einem  solchen  Kulturzweck,  wo  sie  zu  einem  gemein- 
samen Unternehmen  wird.  Noch  mehr  gilt  das  natürlich  vom  Kri^e, 
bei  dem  Sippe  gegen  Sippe  kämpft  und  der  einzelne  kämpfend  für 
die  Gesamtheit  einsteht.  Immerhin  stehen  diese  Unternehmungen 
noch  auf  der  Grenze  zwischen  individuellem  und  gemeinsamem 
Handeln.  Denn  überall  löst  sich  selbst  der  Stammeskrieg  wieder  in 
eine  Menge  von  Einzelkämpfen  auf,  in  denen,  Mann  gegen  Mann 
streitend,  der  allgemeine  Zweck  hinter  dem  Motiv  der  Vernichtung 
des  einzelnen  Gegners  zurücktritt.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  den 
Einflüssen  des  Hirtenlebens,  wie  denn  auch  tatsächlich  dieses,  mehr 
noch  als  das  Jägerleben,  den  Mutterboden  für  die  fortwährende  Ent- 
stehung von  Stammeskriegen  abgibt.  Der  Hirtenstamm,  der  seine 
Viehherden  von  Land  zu  Land  treibt,  bietet  so  einen  vollen  Gegen- 
satz zu  dem  Bilde,  das  die  bukolische  Dichtimg  späterer  Zeiten  von 
dem  friedlichen  Leben  des  Hirten  entwirft.  Dieses  Bild  hat  den  ein- 
samen Hirten  im  Auge,  der  unter  Verhältnissen  lebt,  die  jenen 
Anfängen   völlig    entwachsen    sind.     Als   Hüter    der   Herden   eines 


Die  Kaltfonnen.  62 1 


reichen  Grundbesitzers  oder  einer  seßhaften  Dorfgemeinde  fuhrt  er  in 
engem  Verkehr  n^it  der  Natur  ein  bedürfnis-  und  sorgloses  Dasein. 
Und  der  Dichter  pflegt  dieses  Bild  um  so  idealer  auszumalen,  je 
weiter  die  Kultur,  in  der  die  Idyllendichtung  blüht,  von  jener  abliegt, 
in  der  das  Hirtenleben  selbst  die  herrschende  Lebensform  ist.  Wie 
dais  Nomadentum  die  Ursprungsstätte  einer  fester  geschlossenen  Ge- 
schlechterorganisation und  auf  seinen  höheren  Stufen  einer  patriar- 
chalischen Familien-  und  Stammesverfassung  ist,  so  erzieht  es  auf 
der  andern  Seite  mit  innerer  Notwendigkeit  seine  Männer  zu  Kriegern. 
Von  Land  zu  Land  wandernd  gerät  der  Nomadenstamm,  neues  Weide- 
land suchend,  unvermeidlich  in  Streit  mit  andern  Nomadenhorden, 
die  dieses  vor  ihm  besetzt  haben,  oder  mit  einer  seßhaften  Ackerbau- 
bevölkerung. Doch  dasselbe  ruhelose  Wanderleben,  das  den  Nomaden 
zum  abgehärteten  Krieger  macht,  läßt  es  auch  zu  entwickelteren  Kult- 
formen, die  über  den  primitiven  Dämonenglauben  und  über  den  in 
der  patriarchalischen  Gesellschaft  wurzelnden  Ahnenkultus  hinaus- 
gehen, nicht  kommen.  Es  sei  denn,  daß  eben  jene  Stammesfehden 
Wechselwirkungen  mit  Völkern  anderer  Kultur-  und  Kultformen  her- 
beifuhren, die  nun,  wenn  erst  das  Nomadentum  selbst  einem  seßhaften 
Leben  und  einem  entsprechenden  Wandel  der  Zustände  Platz  gemacht 
hat,  eigentümliche  religiöse  Neubildungen  herbeiführt.  Auf  diese  über- 
aus wichtigen  Wirkungen  des  Kampfes  der  Kulte  werden  wir  unten 
zurückkommen. 

So  ist  denn  der  Ackerbau  mit  seiner  Gebundenheit  an  festere 
Wohnstätten  und  seinem  Fortschritt  zu  staatlicher  Ordnung  das  erste 
Gebiet  gemeinsamer  Arbeit,  das  den  Gütern,  auf  deren  Gewinnung 
diese  Arbeit  gerichtet  ist,  in  doppeltem  Sinne  den  Wert  von  Kultur- 
gütern verleiht.  Erstens  können  auch  sie  —  diese  Eigenschaft  teilt  mit 
ihnen  schon  die  Nomadenwirtschaft  —  nur  in  gemeinsamem  Han- 
deln erstrebt  werden;  zweitens  aber  sind  sie,  auf  relativ  primi- 
tiven Kulturstufen  mehr  als  später,  nur  einem  gemeinsamen  Er- 
werb zugänglich.  Darin  liegt  es  begründet,  daß  der  Ackerbau 
allen  weiteren  Kulturgütern  die  Wege  bahnt.  An  die  »Cultura  agri« 
ist  so  mit  vollem  Recht  auch  der  allgemeinere,  alle  sonstigen  gemein- 
samen Güter  umfassende  Begriff  der  Kultur  von  der  Sprache  geknüpft 
worden.  Die  Schwierigkeiten,  die  sich  einer  planmäßigen  Pflege  des 
Ackerbodens  entgegenstellen,  die  Fürsorge  für  die  Zukunft,  der  Um- 


()22  ^cf  Urspntng  der  Rel^oa. 


fang  der,  wenn  sie  einen  zureichenden  Ertrag  bringen  soll,  erforder- 
lichen Arbeit,  zwingt  hier  frühe  schon  die  Bewohner  einer  Dorischaft 
oder  eines  Gaues  zum  gemeinsamen  Tun,  und  der  erzielte  Ertrag 
ist  zunächst  ein  gemeinsamer  Besitz,  der  dann  erst  an  die  dn- 
zelnen,  die  zu  seiner  Gewinnung  beigetragen  haben,  verteilt  wird. 
Zwar  beginnt  im  allgemeinen  der  Ackerbau  mit  der  Einzelwirt- 
schaft, mit  der  neben  Jagd  und  Fischfang  gepflegten  kümmerlichen 
Pflanzung,  die  der  einzelne  um  sein  Zelt  oder  seine  Hütte  anl^ 
Doch  geht  er,  sobald  die  Ackerfrucht  zur  hauptsächlichsten  Nahnmgs- 
quelle  wird,  in  mehr  oder  minder  großem  Umfang  in  eine  Gemein- 
wirtschaft  über,  um  dann  auf  einer  dritten  Stufe,  unter  der  Wirkung 
der  vervollkommneten  Produktionsmittel  und  der  damit  gleichzeitigeii 
Gliederung  der  Gesellschaft,  abermals  dem  individuellen  Betrieb  an- 
heimzufallen. Wie  auf  solche  Weise  das  mittlere  dieser  Stadien  einen 
entscheidenden  Wendepunkt  in  der  Entwicklung  der  Kultur  bezeich- 
net, so  liegt  hier  der  Ursprung  derjenigen  Kulte,  die  ihrerseits 
wieder  die  wahrscheinlichen  Ausgangspunkte  aller  höheren  Kulte  ge- 
bildet haben:  der  Vegetationskulte.  Ihr  allgemeiner  Charakter  ist 
im  Anschluß  an  die  zugrunde  liegenden  Dämonenvorstellung^n  schon 
geschildert  worden  *).  Hier  bedürfen  nur  zwei  Punkte,  die  für  die 
Beziehung  zur  Gesamtentwicklung  des  religiösen  Kultus  entscheidend 
sind,  einer  näheren  Beleuchtung:  der  Zusammenhang  mit  dem  ihnen 
vorausgehenden  und  fortan  sie  begleitenden  primitiven  Zauber-  und 
Dämonenkult;  und  der  Einfluß,  den  sie  auf  die  Entstehung  der  Götter- 
vorstellungen und  im  Anschluß  an  diese  auf  die  Entwicklung  der 
weiteren,  spezifisch  religiösen  Kulte  geübt  haben. 

Während  die  Vegetationsdämonen  unter  den  mannigfachen  Dämo- 
nenvorstellungen der  Natur-  und  zum  Teil  noch  der  Kulturvölker  eine 
durch  die  Beziehung  zu  den  wichtigsten  Lebensbedürfnissen  bevor- 
zugte Stellung  einnehmen,  gehören  sie  im  übrigen  noch  durchaus  dem 
Gebiet  der  Naturdämonen  an.  Unter  ihnen  sind  sie  besonders  den 
Dämonen  der  Wiesen,  Wälder,  Flüsse  sowie  dem  unterirdischen  Ge- 
schlecht der  Erdgeister  wesensverwandt.  So  reichen  denn  auch  ihre 
Kulte  nach  den  Motiven,  die  ihnen  zugrunde  liegen,  sowie  nach  der 
Bedeutung  der  einzelnen  Handlungen,  aus  denen  sie  sich  zusammen- 


')  Vgl.  Teil  II,  S.  432  ff- 


Die  Knltfonnen.  623 


setzen  y  in  das  allgemeine  Gebiet  des  Dämonenkultus  zurück.  Sie 
bestehen  aus  Zauberriten,  die  nur  im  Unterschiede  von  manchen 
andern  primitiven  Zauberhandlungen,  wie  sie  besonders  noch  in  den 
Überlebnissen  des  Aberglaubens  vorkommen,  großenteils  direkt  auf 
die  Gewinnung  der  Mitarbeit  der  V^^etationsgeister  an  der  Kultur- 
arbeit des  Menschen  gerichtet  sind.  Ihre  Motive  gehören  also  der 
Hauptsache  nach  dem  direkten  und  einem  eng  an  diesen  sich  an- 
schließenden symbolischen  Zauber  an  (Teil  n,  S.  188).  Wo  indirekte 
symbolische  und  magische  Handlungen  in  heutigen  Saat-  und  Emte- 
bräuchen  vorkonmien,  da  bleibt  es  daher  im  al^meinen  ungewiß| 
inwieweit  diese  erst  spätere  Neubildungen  sind  So  ist  das  noch 
jetzt  da  und  dort  geübte  Begießen  eines  bei  der  Ernte  tätigen  Mäd- 
chens mit  Wasser  ein  uralter  Zauber,  der  sich  in  analc^n  Formen 
bis  in  die  fernsten  V^etationskulte  verfolgen  läßt  (a.  a.  O.  S.  441); 
und  ursprünglich  ist  es  zweifellos  der  in  der  R^enwolke  tät^ 
Dämon,  der  durch  diese  Handlung  zur  gleichen  Tätigkeit  heraus- 
gefordert wird.  Die  auf  dem  Feld  zurückgelassene  letzte  Garbe  da- 
gegen, die  eine  gute  Ernte  für  das  nächste  Jahr  verbürgen  soll,  ist 
bereits  ein  symbolischer  Zauber,  der  wahrscheinlich  erst  in  späterer 
Zeit  entstanden  bt  Jedenfalls  bilden  nun  die  Hauptbestandteile  der 
Zeremonien  der  Naturvölker,  soweit  äe  überhaupt  eine  deutliche  Be* 
Ziehung  auf  ihren  Zweck  enthalten,  direkt  auf  die  Mithilfe  der  Dämonen 
gerichtete  Zauberriten.  Wie  die  Begießung  die  Wolkendämonen  zum 
Regen,  so  soll  der  phallische  Tanz  mit  seiner  gleichzeitig  energische 
Arbeit  und  zeugende  Tätigkeit  nachahmenden  Fäntomimik  die  Gdster 
des  Bodens  zur  Mitarbeit  anregen«  So  hat  der  Vegetationskult  offenbar 
seine  Wurzel  im  primitiven  Zaubeikult;  und  in  seinen  komplizierteren 
Formen  besteht  er  aus  einer  Aneinanderreihung  dramatisch  verbun- 
dener Zauberriten.  Einzelne  unter  diesen  können  dann  wieder  von 
einer  komplexen  Zeremonie  sich  loslösen  und  in  einen  fiir  sich 
vorkommenden  Zauberbrauch  von  der  Art  der  primitivsten  Zauber- 
kulte übergehen.  Das  geschieht  namentlich  dann,  wenn  außerhalb 
der  zu  bestimmten  Zeiten  r^elmäßig  wiederkehrenden  allgemeinen 
Kultfeier  ein  plötzlicher  Notstand  eine  außerordentliche  kultische  Maß- 
nahme fordert.  Sie  nimmt,  wie  sie  meist  nur  einen  beschränkteren 
Kreis  von  Volksgenossen  in  Miüeidenschaft  zieht,  so  auch  leicht  wieder 
die  Form  eines  vereinzelten  Zauberakts  an.    Dahin  gehören  z.  B.  die 


•'V 


624  ^^  Urtpnisg  der  ReUgion. 


aus  Neu-Mexiko  beschriebenen  Regenprozessionen  bei  lange  dauernder 
Dürre,  wo  von  allen  sonst  die  Kultfeier  begleitenden  Ausstattm^^en 
nur  der  Regenzauber  der  WasserbegieOung  übrig  geblieben  ist 
Solche  Vorkommnisse  einer  Isolierung  des  einzelnen  Zauberritus 
gewähren  einen  Einblick  in  die  Entstehung  jener  zahlreichen  Reste 
ehemals  reicher  ausgebildeter  Vegetationskulte,  wie  sie  besonders 
Mannhardt  gesammelt  hat').  Sie  zeigen,  daO  zwar  in  vielen  Fallen 
die  isolierten  Zauberbräuche  besonders  bei  den  Erntefesten  wahr- 
scheinlich als  Rudimente  einst  zusammengesetzterer  Emtekulte  an- 
zusehen sind,  daß  aber  auch  das  Umgekehrte  möglich  ist,  daß  es 
sich  also  um  stehen  gebliebene  Formen  eines  primitiven  Zaubers 
handelt,  der  sich  unter  günstigen  Bedingungen  zu  einem  zusammen« 
gesetzten  Vegetationskult  weiterentwickeln  oder,  wo  solche  Be- 
dingungen fehlen,  seine  isolierte  Form  bewahren  kann.  Ein  Kult, 
der  aus  einer  größeren  Anzahl  einzelner,  zum  Teil  unabhängiger 
Kultakte  besteht,  kann  nun  in  dieser  komplexen  Beschaffenheit  un- 
möglich etwas  Ursprüngliches  sein.  Wo  eine  Kulthandlung  im  iso- 
lierten Zustande  vorkommt,  da  ist  daher  im  allgemeinen  stets  die 
doppelte  Möglichkeit  vorhanden,  daß  sie  ein  Rudiment  ist,  das  sich 
aus  einem  komplexen  Kult  losgelöst  hat  und  bestehen  blieb,  wäh- 
rend die  andern  Bestandteile  in  Vergessenheit  gerieten,  oder  daß 
sie  nie  anders  als  in  dieser  isolierten  Form  bestand,  daß  sie  also 
ein  von  Anfang  an  entwicklungslos  gebliebener  Brauch  ist.  In 
diesem  Verhältnis  liegt  es  denn  auch  begründet,  daß  die  aber- 
gläubischen Zauberbräuche  der  Kulturvölker  überhaupt  bald  Über- 
lebnisse früherer,  entwickelterer  Kulte,  bald  neu  entstandene  Produkte 
der  niemals  auszurottenden  Motive  des  Zaubei^laubens  sind,  und  daß 
sie  in  beiden  Fällen  meist  mit  den  analogen  Erscheinungen  bei  pri- 
mitiven Völkern  in  ihren  wesentlichen  Zügen  übereinstimmen.  Selbst 
da,  wo  der  Zusammenhang  eines  vereinzelten  Zauberbrauchs  mit 
einer  einstigen  Kultform  nachzuweisen  ist,  bleibt  daher  schließlich  die 
Wahrscheinlichkeit  bestehen,  daß  sich  ein  solches  Rudiment  eigent- 
lich nur  in  den  primitiveren  Zustand  wieder  zurückverwandelt  habe, 


.')  Mannhardt,  Wald-  und  P>ldkulte,  Bd.  I  1875,  Bd.  2  1877.  Für  die  Vegeta- 
tionskulte kommt  hier  besonders  der  zweite  Band  mit  seinen  Parallelen  antiker  Feld- 
kulte mit  nordeuropäischen  Bräuchen  (S.  2i2ff.)  in  Betracht.  Siehe  auch  oben  Teil  II, 
S.  440  ff. 


Die  KnltfonneD«  625 


aus  dem  dereinst  der  zusammengesetztere  Brauch  hervorging.  So 
finden  sich  über  ganz  Europa  zerstreut  Emtebräuche,  bei  denen  der 
nach  seiner  ursprünglichen  Bedeutung  längst  in  Vergessenheit  ge- 
ratene befruchtende  Vegetationsdämon  durch  einen  in  ein  Bocksfell 
gekleideten  Burschen  dargestellt  wird,  ein  Mimus,  der  sich  durchaus 
wie  ein  Rudiment  der  altrömischen  Feier  der  »Luperealien«  ausnimmt. 
Anderseits  leidet  es  aber  keinen  Zweifel,  daß  die  Luperealien  selbst 
dereinst  aus  dem  weit  verbreiteten  Glauben  an  bocksgestaltige  Wald- 
und  Feldgeister  entsprungen  sind,  die  wahrscheinlich  lange  schon  zu 
einem  da  und  dort  geübten  mimischen  Zauberbrauch  Anlaß  boten, 
ehe  in  Rom  solche  sporadisch  geübte  Gewohnheiten  der  Hirten  zu 
einer  geordneten  Festfeier  organisiert  wurden.  Wo  uns  daher  sonst 
zum  Teil  in  weit  entlegenen  Gebieten  scheinbare  Reminiszenzen  an 
die  Luperealien  begegnen,  da  ist  es  an  sich  viel  wahrscheinlicher, 
daß  sie  direkt  von  ursprünglicheren  Zauberbräuchen  der  Hirten,  als 
daß  sie  von  den  Luperealien  oder  unbekannten  analogen  Hirtenkulten 
herstammen*). 

Sind  auf  solche  Weise  die  Vegetationskulte  überall  aus  primitiven 
Zauberkulten  hervorgegjangen,  so  liegt  aber  ein  wichtiges  Motiv  ihrer 
Erhebung  über  diese  Stufe  schon  in  der  Kumulation  zahlreicher 
einzelner  Zauberriten  und  ihrer  Verbindung  zu  einer  bestimmten  Ord- 
nung, wie  eine  solche  die  Übung  durch  eine  größere  Kultgemein- 
schaft mit  sich  fuhrt.  Denn  hier  kann  nun  gegenüber  dem  Haupt- 
zweck des  Ganzen  die  Bedeutung  der  einzelnen  Handlungen  ver- 
dunkelt werden,  so  daß  diese  jetzt  neue  Motive  in  sich  aufnehmen 
und  auf  das  Ganze  übertr^en  können.  Indem  die  Vegetations- 
kulte die  hauptsächlichsten  Anlässe  bieten,  aus  denen  sich  die 
Stammes-  oder  Gaugenossen  zu  kultischen  Zwecken  versammeln, 
gruppieren  sich  so  um  die  der  Gewinnung  eines  reichen  Emtesegens 
gewidmete  Kultfeier  andere  teils  allgemeinere  teils  individuelle  Zwecke, 
für  die  man  durch  kultische  Handlungen  übermenschliche  HUfe  zu 
gewinnen  sucht.  Vor  allem  ist  es  hier  die  Heilung  der  Krankheiten, 
die,  wie  sie  schon  einen  Hauptinhalt  des  vereinzelten  primitiven  Zauber- 
brauchs bildet,  so  nunmehr  an  die  allgemeine  Kultfeier  sich  anlehnt 

*)  Ober  die  Lnpercalien  ond  ihnen  verwandte  VegeUtionsknlte  yg\,  Mannhardt, 
Wald-  and  Feldkulte,  II,  S.  139  fr.,  200  fT.     Dazn  Wissowa,  Religion  nnd  Knltns  der 

Römer,  S.  i72iT. 

Wandt,  Völkerpsychologie  II,  3.  ^O 


626  ^cr  Ursprong  der  ReUgion. 


und  nicht  selten  in  einer  besonderen  Abteilung  der  Priesterscfaaft 
ihre  Pflege  findet.  Aber  auch  der  Krieg,  die  Jagd  und  andm 
Lebensinteressen  werden  von  dem  Kultus  der  Vegetationsgeister 
aufgenommen  und  in  der  allgemeinen  Festfeier  zuweilen  durch  be- 
sondere Kultgenossenschaften  vertreten.  So  nehmen  besonders  bei 
den  Indianern  des  Pueblogebietes  die  Schwitzhäuser,  die  neben  dem 
allgemeinen  Zweck  der  kultischen  Reinig^ung  hauptsächlich  der  Be- 
freiung von  den  Dämonen  der  Krankheit  bestimmt  sind,  meist  einen 
beträchtlichen  Raum  in  der  Umgebung  der  Festplätze  ein,  und  bei 
den  Zuüi  bilden  neben  der  Regen-  auch  eine  Bogen-  und  eine 
Jagdbrüderschaft  besondere  Abteilungen  der  allgemeinen  Kul^[e- 
mcinde'j.  Die  Spuren  einer  analogen  Verbindung  anderer,  ganz 
besonders  der  auf  die  Heilung  von  Krankheit  und  die  Rettung  vom 
Tode  gerichteten  Kulte  fehlen  auch  in  der  Tradition  der  Kulturvölker 
nirgends.  Auch  der  griechische  Asklepios  berührt  sich  nach  seinem 
Ursprung  mit  den  unterirdischen  Göttern,  bei  denen  sich  frühe  schcm 
mit  der  Vorstellung  von  Schutzmächten  der  Vegetation  die  der 
Herrschaft  über  Leben  und  Tod  verband 'J.  So  ist  diese  Aufiiahme 
anderer  Sonderkulte  in  die  allgemeinere  Feier  der  Vegetationskulte 
gleichzeitig  nach  rückwärts  wie  nach  vorwärts  gerichtet.  Einerseits 
liegt  in  dieser  Assimilation  primitiverer  Zauberkulte  durch  den  zuerst 
als  eine  heilige  Pflicht  der  Gesamtheit  geübten  öflfentlichen  Kult  eine 
Werterhöhung  und  kultische  Läuterung  solcher  Zauberkulte  selbst. 
Anderseits  weist  diese  Vereinigung  bereits  auf  die  Erhebung  der 
Vegetationskulte  zu  einer  höheren  Stufe  religiöser  Entwicklung  hin. 
Denn  einmal  bezeichnet  die  Kumulation  der  Kultzwecke  an'  und 
für  sich  schon  einen  religiösen  Fortschritt,  weil  der  Kultus,  in 
je  weiterem  Umfange  er  das  Leben  und  Streben  des  Menschen 
in  sich  schließt,  um  so  mehr  die  ursprünglichen  niederen  Zauber- 
zwecke  gegenüber  einem  das  ganze  Leben  umfassenden  Heilsge- 
danken zurücktreten  läßt.  Sodann  aber  bereitet  sich  vor  allem  in 
der  zuerst  anscheinend  äußerlichen  Verbindung  der  Kulthandlungen, 
die  vor  Krankheit  und  Tod  schützen,  mit  denen,  die  die  lebenspen- 
dende Nährfrucht  schaffen  sollen,  eine  Verschmelzung  dieser  beiden 


')  J.  Stevenson,  Ethnol.  Rep.  VIII,  1891,  p.  239fr.  (Navajos).    M.  C.  Stevenson, 
ebenda  XXIII,  p.  62  ff.  (Zunis). 

»)  E.  Rohde,  Psyche^  I,  S.  141  ff. 


Die  Knltfonneii.  627 


Kultzwecke  vor,  in  der  schließlich  der  Vegetationskult  selbst,  auf 
dessen  Boden  die  Verbindung  entstand,  in  jenen  umfassenderen  Kult* 
zwecken  verschwindet.  Darin  liegen  die  Anfange  eines  Bedeutungs- 
wandels, der  einer  der  folgenreichsten  in  der  gesamten  religiösen 
Entwicklung  ist,  und  von  dem  man  wohl  sagen  darf,  daß  er  die 
bis  dahin  noch  unsichere  Grenze  zwischen  dem  vorreligiösen  und 
dem  religiösen  Kult  zum  ersten  Mal  scharf  bezeichnet.  Dies  ist  aber 
um  so  wichtiger,  als  es  sich  hier  wahrscheinlich  um  eine  Erscheinung 
handelt y  die  sich,  so  abweichend  die  Kulturbedingungen  sonst  sein 
mögen,  bei  allen  Völkern,  die  überhaupt  die  Stufe  des  primitiven 
Zauberkult  überschritten  haben,  in  übereinstimmender  Weise  wieder- 
holt hat. 

Zu  diesen  Momenten  tritt  nun  noch  ein  anderes  hinzu,  das  sich 
mit  ihnen  auf  das  innigste  verwebt.  Es  besteht  in  der  eigentüm- 
lichen, gegenüber  den  sonstigen  Dämonen  der  primitiven  Zauber- 
riten zwiespältigen  Natur  der  Vegetationsdämonen.  Soweit  diese 
freilich  in  der  fruchtbaren  Ackererde  oder  in  der  wachsenden  Frucht 
selbst  ihren  Sitz  haben,  gehören  sie  noch  ganz  in  die  Reihe  der 
zahlreichen  niederen  Naturdämonen.  Diesen  Dämonen  des  Bodens 
wnd  der  wachsenden  Frucht  sind  denn  auch  vornehmlich  die  primi- 
tiveren, noch  wenig  durch  die  Gemeinschaft  organisierten  Vegetations- 
kulte zugewandt.  Aber  daneben  werden  um  so  mehr,  eine  je  um- 
fangreichere Pflege  der  Ackerboden  in  Anspruch  nimmt,  und  je 
mehr  diese  Pflege  zu  einer  wichtigen  Angelegenheit  der  Gemein- 
schaft wird,  die  Mächte,  die  Regen  und  Sonnenschein  spenden,  und 
die  in  dem  das  Wachstum  bald  zerstörenden  bald  fördernden  Wechsel 
des  Wetters  in  die  Arbeit  des  Menschen  und  jener  niederen  Natur- 
dämonen eingrreifen,  zu  Objekten  der  Hoffnung  und  Furcht.  Damit 
gewinnen  die  Gestalten  des  primitiven  Himmelsmärchens,  die  in  diesem 
kaum  mehr  als  ein  wechselndes  Spiel  der  Phantasie  sind,  eine  reale, 
für  die  Gegenwart  und  Zukunft  entscheidende  Bedeutung.  Die  Macht 
dieser  Naturerscheinungen,  der  sichtbare  Einfluß  ihres  Wechsels 
kommen  hinzu,  um  in  ihnen  Wesen  verkörpert  zu  sehen,  die  auch  dem 
Heer  der  irdischen  Dämonen  gebieten.  Indem  sie  diese  zugleich  in  der 
zauberhaften  Lenkung  des  menschlichen  Schicksals  teilweise  ablösen, 
erscheinen  vor  allem  Emtesegen  und  Unfruchtbarkeit  des  Bodens  als 
Wirkungen  ihres  Wohlwollens  und  ihres  2^ms.   So  gewinnt  der  Kultus 

4o^ 


628  ^^  Urspnmg  der  Religion. 


eine  doppelte  Richtung.  In  einem  Teil  seiner  Handlungen  hört  er  nidt 
auf,  die  Dämonen  des  Bodens  in  mimischen  Kulttänzen  und  andeni 
Zeremonien  zu  fruchtbarer  Mitarbeit  anzuregen.  In  einem  andern, 
mehr  und  mehr  das  Übergewicht  gewinnenden  Teil  ist  er  den  Himmel»- 
wesen  zugewandt.  Beide  Bestandteile  können  sich  derart  vemiiscben, 
daß  sie  unlösbar  zusammenzugehören  scheinen.  So  bew^ren  sidi 
in  den  für  dieses  Stadium  besonders  charakteristischen  Festen  der 
Puebloindianer  die  Wolkenmasken  und  die  Sonnen-  und  Blit^ewänder 
der  Kultgenossen  mitten  unter  den  mit  Fruchtemblemen  und  Sjrm- 
bolen  der  Erddämonen  geschmückten  Tänzeiii.  Und  auch  in  dem 
Sinne  findet  sich  eine  gewisse  Vermittlung  zwischen  den  R^onea 
der  irdischen  und  der  himmlischen  Vegetationsmächte  und  in  ihm 
ein  Übergang  von  den  Dämonen  zu  den  Göttern,  als  die  durdi 
die  zahlreichsten  Masken  vertretenen,  einer  Zwischenreg^on  zwischen 
Dämonen  und  Göttern  angehörenden  Wolken  zunächst  die  Haupt- 
rolle spielen,  um  erst  allmählich  in  den  höher  entwickelten  Kulten, 
wie  sie  in  Amerika  bei  den  Kulturvölkern  Mexikos  und  Perus  reprä- 
sentiert waren,  den  erhabeneren  Himmelsmächten,  an  deren  Spitze 
überall  der  Sonnengott  stand,  den  Platz  zu  räumen.  Daneben  fehlt 
nicht  eine  Beimischung  von  Seelenvorstellungen,  die  hier  vermutlich 
aus  einem  ursprünglich  selbständig  entstandenen  Seelen-  und  Ahnen- 
kult assimiliert  worden  sind.  Sie  erweitern  das  Gebiet  der  Vege- 
tationskulte nach  einer  Richtung,  die,  wie  wir  sehen  werden,  fiir  die 
fernere  Entwicklung  derselben  von  größter  Bedeutung  ist:  nach  der 
Richtung  der  Jenseitsvorstellungen.  Hinter  den  regnenden  Wolken 
sind  nach  einer  in  Neumexiko  verbreiteten  Anschauung  die  Stammes- 
ahnen verborgen,  die  auf  solche  Weise  der  Fürsorge  fiir  die  spä- 
teren Geschlechter  walten.  So  sind  es  Teile  eines  Kultus  irdischer 
und  himmlischer  Dämonen,  eines  Ahnen-  und  eines  Götterkultus, 
die  verschmelzen,  um  die  Oberherrschaft  der  Himmelsgötter  vorzu- 
bereiten *). 

Bilden   in    solcher   Weise    die  Vegetationsfeste,    wenn   nicht   die 
einzigen,  so  jedenfalls  die  wichtigsten  Ausgangspunkte  des  Götter- 


')  Ober  hierher  gehörige  Kulte  vgl.  J.  W.  Fewkes,  Tasayan  Kateinas,  Ethnol. 
Rep.  XV,  p.  189  ff.  J.  Stevenson,  Navajos,  ebenda  Vin,  1891.  M.  Stevenson,  Zoni, 
ebenda  XXIII,  1901.  Dazu  oben  Teil  H,  S.  424  ff.  Über  die  mexikanischen  Feaer- 
götter  K.  Th.  Preuß,  Mitt.  der  Anthropol.  Ges.  in  Wien,  Bd.  33,  S.  191  ff. 


Die  Koltformen.  620 


kultus,  SO  liegt  nun  in  diesen  Verbindungen  mit  Teilen  des  Dämonen- 
und  Ahnenkultes  zugleich  ein  wesentliches  Motiv  für  die  Verschmel- 
zung jener  beiden  in  der  Vorstellung  des  Gottes  sich  durchdringenden 
Elemente,  des  dämonischen  und  des  heldenhaften,  die,  wie  wir  früher 
sahen,  das  Wesen  des  Götterbegriffs  konstituieren  (S.  32 3 ff.).  Ent- 
spricht dieses  Hervorwachsen  aus  dem  Kultus  der  Vegetationsdämonen 
der  dämonischen  Natur  des  Gottes,  so  liegt  in  der,  wenn  nicht  all- 
gemeingültigen, so  doch,  wo  sie  vorkommt,  besonders  bedeutsamen 
Beziehung  zum  Ahnenkult  ein  wichtiges  Moment  der  Verstärkung 
der  Motive,  die  zur  Übertr^ung  der  Heldeneigenschaften  auf  den 
Gott  drängen.  Sind  doch  überall,  wo  ein  ausgebildeter  Ahnenkult 
besteht,  Held  und  Ahne  zusanunenfallende  Begriffe.  Auf  heldenhafte 
Voreltern  fuhrt  jeder  Stamm  und  jeder  einzelne,  der  in  der  Gesell- 
schaft etwas  bedeutet,  sein  Geschlecht  zurück,  und  auch  dies  setzt 
sich  auf  die  Götter  fort,  indem  schließlich  ein  Gott  zum  Urahnen  des 
Helden  gemacht  wird.  Das  beweist  nicht,  wie  es  zuweUen  gedeutet 
wurde,  daß  der  Götter-  aus  dem  Ahnenkult  entstanden  sei.  Wohl 
aber  bewährt  sich  in  diesen  Mythenbildungen,  die  zumeist  wohl  einer 
späteren  Zeit  angehören,  eine  Beziehung  zwischen  Ahnen-  und  Götter- 
vorstellungen, die  der  Mitwirkung  der  ersteren  bei  der  Entstehung 
des  Götterkultus  entspricht. 

Indem  so  der  in  seinen  wesentlichsten  Bestandteilen  zu  einem 
Götterkult  gewordene  Vegetationskult  teils  andere  Kultzwecke,  wie 
die  Heilung  der  Krankheiten,  das  Glück  der  Jagd  und  des  Krieges, 
mit  den  zu  ihnen  gehörigen  Zauberzeremonien  in  sich  aufninmit,  imd 
indem  er  in  den  letzteren  fortan  Bestandteile  des  Dämonen-  wie  des 
Seelenkultus  bewahrt,  entwickelt  er  in  steigendem  Maße  die  Fähig- 
keit eines  Bedeutungswandels,  in  dessen  Folge  der  ursprüngliche 
Zweck  mehr  und  mehr  zurücktreten  und  ein  anderer  entweder 
einst  nebensächlicher  oder  ein  völlig  neuer,  im  Wechsel  der  Kul- 
turen erst  entstandener  an  seine  Stelle  treten  kann.  Solche  Wand- 
lungen müssen  ja  notwendig  geschehen,  wenn  etwa  ein  Hirtenvolk 
in  seiner  Mehrheit  zum  Ackerbau  übergeht,  oder  wenn  kriegerische 
Unternehmungen  einen  vorherrschenden  Einfluß  auszuüben  beginnen, 
oder  endlich  wenn  Kultus  und  staatliche  Ordnung  Verbindungen 
eingehen,  die  die  Festlegung  von  Kultfcsten  fiir  bestimmte  soziale 
Verbände    und    Berufe,    Gedächtnisfeiern    an     nichtige    Ereignisse 


630  Der  Ursprung  der  ReligioB. 


oder  hervorragende  Persönlichkeiten ,  endlich  nicht  an  letzter  Stelle 
eigens  zur  Ehrung  der  im  öffentlichen  Kultus  anerkannten  Gotter 
mit  sich  fuhren.  Die  Fülle  solcher  Kultfeste,  die  sich  so  bei  allen 
Kulturvölkern  entwickelt  hat,  ist  dann  freilich  nur  noch  zum  geringsten 
Teil  aus  jenen  frühesten,  den  dringendsten  Lebensbedürfinissen  zih 
gewandten  Kulten  hervorgegangen,  sondern,  nachdem  erst  einmal 
die  Spaltung  der  Kultzwecke  eingetreten  war,  haben  die  in  diesen 
Kulten  erwachten  Göttervorstellungen  direkt  auf  andere  Lebensgebiete 
übergegriffen,  die  dem  Schutz  der  Götter  unterstellt  wurden.  Daher 
gehen  die  Vermehrung  der  Kulte  und  die  der  Göttervorstellungen  im 
wesentlichen  einander  parallel.  In  dieses  Verhältnis  hat  dann  nodi 
ein  anderes  Moment  wirkungsvoll  eingegriffen,  in  welchem  uns  die 
Bedeutung,  die  diese  wachsende  Mannigfaltigkeit  der  Götterkulte  für 
die  Entwicklung  der  Kultur  selbst  besitzt,  deutlich  entg^entritt 
Dieses  Moment  besteht  in  der  in  seinen  ersten  Anfai^n  wiederum 
aus  den  Agrarkulten  und  ihrem  Übergang  in  Götterkulte  hervor- 
gegangenen Ordnung  des  Festjahrs.  Sie  hat,  indem  ae  sich  auf  alle 
weiteren  Kulte  ausdehnte,  die  enge  Verbindung  zwischen  der  bürger- 
lichen Zeitrechnung  mif  dem  religiösen  Kultus  geschaffen,  von  der 
bis  zum  heutigen  Tage  unser  Kalender  Zeugnis  ablegt.  Sucht  er 
doch  dem  doppelten  Zweck  einer  alle  Vorkomnmisse  des  Lebens 
regelnden  2^itzählung  und  einer  jährlichen  Festordnung  zu  genügen; 
und  aus  dieser  zweiten  Stellung  haben  ihn  vorübergehende  Versuche 
einer  durch  und  durch  rationalisierten  Zeitzählung  noch  nie  zu  ver- 
drängen vermocht.  In  Wahrheit  kommt  aber  bei  der  Entstehui^r 
dieses  Dokumentes  menschlichen  Scharfsinns  nicht  dem  für  uns  heute 
dominierenden  weltlichen,  sondern  dem  religiösen  Interesse  die  Prio- 
rität zu.  Wohl  hat  hier  ein  äußerer  Naturvorgang,  nämlich  der  ver- 
möge der  natürlichen  Gesetze  des  Pflanzenwachstums  in  annähernd 
regelmäßigen  Zeiträumen  sich  vollziehende  Wechsel  von  Saat  und 
Ernte,  den  ersten  Anstoß  zu  einer  entsprechenden  Wiederholung 
der  begleitenden  Kulte  gegeben.  Sie  bilden  dann  die  nächsten  An- 
haltspunkte für  die  Teilung  des  Jahres,  hinter  denen  die  gleichzeitige 
Beobachtung  des  Standes  der  Sonne  noch  ganz  zurücktreten  kann. 
Daher  nicht  bloß  die  frühesten  Agrarkulte  in  ihren  Festen  der  Saat 
und  Ernte  je  nach  der  Gimst  des  Wetters  und  dem  Stand  der 
Saaten    schwanken,    sondern  auch    die    entwickelteren   der   Kultur- 


Die  Koltfonnen.  63 1 


Völker,  solange  sie  nur  ihre  ursprüngliche  Bedeutung  bewahren,  nicht 
immer  zu  den  bestinmit  fixierten  Jahresfesten  gehören*).  Je  mehr 
nun  aber  der  Ackerbau  der  Pflege  der  Himmelsgötter  anheimge- 
geben wird,  um  so  mehr  treten  die  Himmelserschcinungen  in  den 
Vordergrund  des  Interesses.  So  werden  denn  auch  die  großen  Kult- 
feste, allen  voran  die  Vegetationskulte,  an  den  Jahreslauf  der  Sonne 
gebunden.  An  die  Stelle  der  schwankenden  Perioden  der  Saat-  und 
Erntefeier  treten  die  Sonnenwendfeste,  denen  der  Stand  der  Sonne 
im  Zeitpunkt  der  Frühjahrs-  und  Herbstnachtgleiche  unverrückbar 
ihre  regelmäßige  Wiederkehr  vorzeichnet.  Wie  diese  beiden  Jahres- 
punkte im  großen  und  ganzen  dem  Beginn  der  neu  aufsprießenden 
Saat  und  dem  herannahenden  Absterben  der  Vegetation  entsprecheni 
so  fallen  sie  auch  noch  nahe  genug  mit  Saat  und  Ernte  zusammen, 
damit  in  die  so  entstehenden  Sonnenwendfeste  die  sonstigen,  an  die 
Pflege  des  Ackerbodens  gebundenen  Bräuche  mit  übergehen  können. 
Insoweit  aber  die  am  Himmel  vorgezeichneten  imd  die  durch  die 
Bedürfnisse  des  Ackerbaues  geforderten  Perioden  nicht  übereinstimmen, 
können  nun  aus  den  größeren  den  Hinmielsgöttem  geweihten  Festen 
kleinere  und  eventuell  wechselndere  sich  abzweigen.  Sie  bleiben  dann 
als  eigentliche  Ackerfeste  übrig,  indes  die  den  Himmelsgöttem  ge- 
weihten regelmäßigen  Kulte  noch  andern  Zwecken  dienstbar  werden, 
so  daß  als  Ergebnis  dieses  Bedeutungswandels  schließlich  als  die 
Kultfeier  des  Gottes  selbst  in  seiner  die  mannigfaltigsten  Gebiete 
des  Lebens  umfassenden  Tätigkeit  erscheint'). 

So  führen  denn  auch  die  Anfänge  der  Astronomie,  zu  deren 
frühesten  und  wichtigsten  Aufgaben  die  Messung  der  Zeit  gehört, 
auf  den  Kultus  und  in  letzter  Instanz  auf  die  Vegetationskulte  zurück. 
Indem  die  in  ihnen  vollzogene  Verbindung  der  dringendsten  Inter- 
essen des  irdischen  Lebens  mit  den  großen  Himmelserscheinungen 
weitere  und  weitere  Kreise  zog,  wurde  die  Sternenwelt  zum  Richt- 


*)  Vgl.  die  Mittcilnngen  von  Prcuß  über  solche  schwankende  Fcsttennlnc  der 
Agrarkulte  bei  den  heutigen  Mexikanos,  Archiv  für  Religionswissenschaft,  XI^  1908, 
S.  371  ff.,  dazu  Wissowa  ttber  die  Agrarfeste  der  Römer,  Religion  und  Knltni  der 
Römer,  S.  370. 

')  Vgl.  über  diese  Beziehungen  der  Himmels-,  insbesondere  der  Sonnenwend- 
kulte  zu  den  Vegetationsfesten,  die  ebenso  in  manchen  Traditionen  über  den  Urapnm|r 
gewisser  Kulte  wie  in  den  Rudimenten  des  späteren  Brauchs  vorkommen,  oben  Teü  II, 
S.  440  ff. 


632  ^^^  Ursprung  der  Religion. 


maß  der  irdischen  Welt.  Die  mythologische  Form,  die  dieser  Be* 
Ziehung  Ausdruck  gab,  bestand  in  der  Vorstellung  der  unbedingten 
Oberherrschaft  der  Himmelsgötter  über  die  irdische  Welt.  Von  dem 
Gedanken  eines  Zusammenhangs  des  tief  in  das  menschliche  Leben 
eingreifenden  Wechsels  zwischen  neu  auflebender  und  absterbender 
Natur  mit  den  diese  irdischen  Vorgänge  beherrschenden  Himmels- 
erscheinungen  ausgehend,  wurde  dann  die  Übertragung  der  so  vor- 
gezeichneten festen  Ordnung  auf  andere  Kulte  ein  um  so  dringenderes 
Bedürfnis,  je  mehr  deren  Zahl  mit  wachsender  Kultur  zunahm.  Das 
sprechendste  Beispiel  einer  so  alle  Gebiete  des  büi^erlichen  und 
religiösen  Lebens  unter  die  Herrschaft  des  Kultus  stellenden  Lebens- 
ordnung bietet  der  Festkalender  der  Römer.  Kaum  gab  es  hier  einen 
Tag  im  Jahre,  der  nicht  durch  ein  auf  ihn  fallendes  Kidtfest  der 
Gesamtheit  oder  einzelner  Verbände  und  Berufe  gekennzeichnet  war. 
Was  in  diesem  Fall  vermöge  der  spezifischen  Richtung  des  römischen 
Geistes  auf  strenge  Ordnung  aller  öffentlichen  Verhältnisse  besonders 
prägnant  uns  entgegentritt,  das  fehlt  aber  nirgends,  wo  überhaupt 
der  Schritt  zu  einer  festen,  nach  den  Himmelserscheinungen  orien- 
tierten Zeitzählimg  getan  wurde,  bei  den  Babyloniem,  Indem,  Griechen 
so  wenig  wie  bei  den  einstigen  Kulturvölkern  der  Neuen  Welt. 

c.  Der  Kampf  der  Kulte.    Ackerbauer  und  Nomade. 

Eine  so  wichtige  Stellung  die  Vegetationskulte  als  Ausgangspunkte 
religiöser  Kulthandlungen  und  Kultfeste  einnehmen,  so  sind  sie  doch 
keineswegs  die  einzige  Quelle  des  religiösen  Kultus  in  der  spezifi- 
schen Bedeutung  dieses  Wortes.  Dies  geht  schon  daraus  hervor, 
daß  sich  die  Vegetationskulte  selbst  aus  vorreligiösen  Zauber-  und 
Dämonenkulten  entwickelt  haben,  zu  denen  in  ihnen  nur  neue  Motive 
hinzugetreten  sind,  die  auf  dem  Zusammenwirken  des  Einflusses  der 
Himmelserscheinungen  auf  die  Vegetation  und  der  erhöhten  Ansprüche 
an  gemeinsame  Arbeit  beruhen.  Hier  ist  es  nun  aber  nicht  bloß 
ein  Nacheinander  jener  primitiveren  und  dieser  entwickelteren  Kult- 
formen, das  den  ersteren  einen  dauernden  Einfluß  auf  diese  sichert, 
sondern  außerdem  reichen  einzelne,  einer  solchen  früheren  Stufe  an- 
gehörige  Kulte  in  das  Zeitalter  der  Vegetationskulte  hinüber,  um 
durch  sie  teils  assimiliert  zu  werden,  teils  aber  auch  mit  ihnen  in 
einen  Kampf  einzutreten,  aus  dem  schließlich  neue,  einer  höheren 


Die  Koltformen. 


633 


Wertstufe  angehörige  Kulte  hervorgehen  können.  Dabei  vermitteln 
dann  solche  wechselseitige  Assimilationen  unmittelbar  den  Übergang 
zu  den  höchsten  religiösen  Kultformen,  zu  den  Heils-  und  Heili- 
gungskulten;  insbesondere  können  sie  aber  durch  das  hier,  wie  bei 
allen  psychischen  Assimilationen,  wirksame  Motiv  der  Austilgfung 
widerstreitender  Elemente  die  höheren  Kulte  von  den  niedrigeren 
sinnlichen  Bestandteilen  befreien,  die  den  Agfrarfesten  vermöge  ihrer 
Beziehungen  zu  den  Zeugfungsvorgängen  ursprünglich  eigen  sind. 

Die  Kulte,  die  hier,  älter  als  die  Ackerkulte,  in  Konkurrenz  und 
schließlich  in  enge  Verbindung  mit  ihnen  tretend,  im  Vordergrund 
stehen,  sind  die  Tier-  und  Herdenkulte,  die  jenen  ebenso  voraus- 
gehen, wie  das  Leben  des  Jägers  und  des  Nomaden  gegenüber  dem 
des  Ackerbauers  eine  ursprünglichere  Stufe  bezeichnet,  ohne  daß  frei- 
lich zwischen  diesen  Formen  anders  als  nach  dem  Maß  ihrer  Be- 
teiligung an  der  Fristung  des  Lebens  eine  Grenze  zu  ziehen  wäre. 
Wie  Jagd  und  Fischfang  nie  aufhören,  ihren  Beitrag  zur  Beschaffung 
der  täglichen  Lebensbedürfnisse  zu  liefern,  so  pflegt  der  Nomade  im 
Umkreis  seines  Zeltes  ein  auf  die  Kürze  seiner  Seßhaftigkeit  be- 
messenes Stück  Feld  zu  bebauen,  und  der  Ackerbauer  hält  sich 
seinen  kleinen  Viehbestand.  In  diesem  Nebeneinander  der  Lebens- 
formen liegt  dann  zugleich  der  Grund,  daß  sich  auch  die  ihnen  zuge- 
hörigen Sitten  und  Kulte  mischen  und  assimilieren  können.  Ent- 
scheidend ist  aber  überhaupt  nicht  die  NahrungsbeschafTung  als  solche, 
sondern  die  durch  die  vorherrschende  Form  bestimmte  gesamte 
Lebenshaltung.  Hier  reicht  nun  das  Leben  des  J^ers  in  seinen 
kultischen  Begleiterscheinungen  noch  ganz  in  die  durch  Seelen-  und 
Totethvorstellungen  bestimmten  Zauberriten  des  vorreligiösen  Kultus 
zurück,  wie  sie  in  dem  mythologischen  Tiermärchen  sich  spiegeln 
(S.  122  ff.).  Zu  einem  Gegensatz,  der  dem  Verhältnis  des  wandernden 
Nomaden  zum  seßhaften  Ackerbauer  entspricht,  entwickeln  sich  die 
Erscheinungen  erst  innerhalb  der,  auf  der  einen  Seite  in  der  Pflege 
der  domestizierten  Tiere,  auf  der  andern  in  der  planmäßigen  Be- 
bauung des  Bodens  sich  betätigenden  entwickelteren  Kulturen.  Doch 
sind  die  Kultunterschiede  im  ganzen  größer  als  die  Kulturunter- 
schiede. Alle  die  Motive,  die  bei  den  Vegetationskulten  die  Fülle 
jener  Kulthandlungen  und  Feste  im  Wechsel  der  Jahreszeiten  hervor- 
bringen, die  Saat  und  Ernte  begleiten,  sie  fehlen  im  Leben  des  No- 


Die  Koltfonnen. 


635 


auch  der  Ahnenkult  nach  seinen  wesentlichen  Merkmalen  zunächst 
noch  zu  den  Dämonenkulten.  Es  fehlt  dem  Ahnen  der  umfassende, 
in  der  Erweiterung  der  Kultgenossenschaft  zur  Volksgemeinschaft  be- 
gründete Charakter  des  eigentlichen  Gottes,  wie  er  allmählich  aus  den 
vornehmlich  unter  dem  Einfluß  der  Vegetationskulte  zu  Göttern  sich 
erhebenden  Himmelsdämonen  entsteht.  Dagegen  hat  der  kultisch 
verehrte  Ahne  bereits  eines  mit  dem  Gott  gemein,  was  den  voran- 
gegangenen Natur-  und  Tierdämonen  fehlt:  die  Persönlichkeit, 
die,  wo  sie  aus  der  Erinnerung  der  Lebenden  schwindet,  durch  die 
Ahnensage  wiederbelebt  wird.  Hier  bildet  dann  die  Ahnen-  imd 
Stammessage  eine  Parallele  zu  der  bei  jener  Umwandlung  der  Dä- 
monen in  Götter  wirksamen  Heldensage  (S.  338f.).  Daher  denn  auch 
Anfänge  epischer  Dichtung  bereits  bei  manchen  nomadisierenden  Völ- 
kern zu  finden  sind*). 

Typische  Beispiele  einer  Kulturstufe,  auf  der  uns  die  oben  be- 
zeichneten Elemente  eines  noch  unentwickelten,  aus  Ahnen-  und  Dä- 
monenverehrung zusammengesetzten  Kultus  in  wesentlich  überein- 
stimmender, durch  äuOere  Einflüsse  nur  wenig  veränderter  Form 
entgegentreten,  sind  zum  Teil  in  weit  voneinander  abliegenden  Re- 
gionen der  Erde  zu  finden.  Auf  der  einen  Seite  gehören  hierher  die 
nomadisierenden  Bantustämme  im  afrikanischen  Süden  und  Osten, 
auf  der  andern  die  mongolischen  Völker  Hochasiens  mit  den  ihnen 
verwandten  Stämmen  Nordsibiriens.  Bei  den  nomadisierenden  Bantus 
steht  der  Ahnenkult  im  Vordergrund  des,  soweit  nicht  Einflüsse  der 
christlichen  Mission  eingewirkt  haben,  der  vorreligiösen  Stufe  ange- 
hörigen  Kultus.  Der  Zauberglaube,  in  dem  Gebrauch  von  Amuletten 
und  von  Zaubertöpfen,  deren  Klang  bei  ihrem  Ansohlten  bald 
Dämonen  vertreiben,  bald  die  Bedeutung  eines  primitiven  Orakels 
besitzen  soll,  endlich  besonders  auch  in  den  Totenbräuchen  sich 
äußernd,  steht  fast  ganz  im  Dienste  dieses  Ahnenkultus,  der  keinen 
Priesterstand,  wie  ihn  der  Fetischdienst  der  Negervölker  entwickelt 
hat,  sondern  nur  vereinzelt  umherwandemde  Medizinmänner  kennt"). 
Innerhalb  der  patriarchalischen  Lebensform  in  ihrer  ursprünglichen 

')  Vgl.  TeU  I,  S.  366,  2.  Aufl.  m,  S.  387. 

')  J.  Kaum,  Über  angebliche  Göteen  am  Kilimandscharo,  Globus,  Bd.  85,  1904, 
S.  10 1  f[.  H.  Gutmann,  Traner-  und  Begräbnissitten  der  Wadschagga,  ebenda  Bd.  89, 
1906,  S.  197 fr.    Dazu  Meinhof,  Archiv  für  Religionswissenschaft,  Bd«  11,  1908,  S.  554^'. 


Die  Kaltformen.  637 


wahrt,  die  an  die  alten  Kulte  der  nonuuMerenden  Steppenbewohner 
erinnern.  Zum  Propheten  hat  sich  aber  hier  die  Gestalt  des  religiösen 
Visionärs  erhoben,  indem  er  die  Mischung  altassjrrischer,  jüdischer, 
christlicher  Elemente  mit  einer  Fülle  ursprünglicher  Ahnen-  und 
Stammeskulte  zu  einem  monotheistischen  Ganzen  verschmolz.  In 
dem  Gott  Allah  lebten  so  im  Grunde  doch  nur  die  alten  Schutz- 
geister der  Stämme  zur  Einheit  verbunden  weiter,  ähnlich  wie  ihre 
schon  vorher  zur  Herrschaft  gelangten  Kult-  und  Pilgerstätten«  So 
ist  der  Islam  ein  Produkt  des  Kampfes  der  Religionen,  bei  dem  schließ- 
lich das  Ursprünglichste,  der  aus  Ahnenverehrung  und  Dämonen- 
glaube erwachsene  Staomieskult,  die  anderen  Elemente  teils  verdrängt, 
teils  sich  assimiliert  hat.  Daher  denn  auch  da,  wo  der  Zusammen- 
hang mit  der  gemeinsamen  Religion  ein  loserer  wird,  wie  bei  den 
Beduinenstämmen  der  arabischen  Wüste,  als  herrschende  Bestandteile 
wiederum  Dämonenglaube  und  Ahnenverehrung  an  die  Oberfläche 
treten  *). 

Auch  bei  den  Kulturvölkern  der  Alten  Welt  fehlt  es  nicht  an 
den  Spuren  eines  Kampfes  der  Kulte,  der  bald  zu  Verschmel- 
zungen, bald  aber  auch  zu  einem  Wechsel  zwischen  der  Herrschaft 
verschiedener  Götter  und  Kulte  gefuhrt  hat  Von  verhältnismäßig 
geringerer  Bedeutung  ist  hier  wohl  die  von  der  politischen  Prä- 
ponderanz  einzelner  Städte  und  Provinzen  abhängige  zeitweise  Vor- 
herrschaft von  Lokalkulten,  wie  sie  die  babylonisch-asssnrische  und 
die  ägyptische  Religionsgeschichte  zeigen.  Wichtiger  ist  in  der  letz- 
teren der  wahrscheinlich  aus  einem  wachsenden  EinfluA  der  hier  wie 
anderwärts  eng  verwobenen  Acker-  und  Jenseitskulte  hervorgegan- 
gene, die  älteren  Gestirns-  und  Tierkulte  teils  ablösende,  teils  sich  mit 
ihnen  verbindende  Osirisdienst  Nicht  minder  zeigt  Indiens  religiöse 
Entwicklung  eine  wechselnde  Herrschaft  verschiedener  Götterkreise. 
Während  im  Rigveda  Indra  mit  seinen  Begleitern  Agni,  Soma  im 
Vordergrund  steht,  drängen  sich  im  Atharvaveda  und  in  der  späte- 
ren religiösen  Dichtung  Rudra,  Qiva  und  Vishnu  hervor,  Götler- 
gestalten,  die  auf  Vegetationskulte  hinweisen.  Man  hat  vermutet, 
daß  es  sich  dabei  um  eine  Wiederbelebung  älterer  und  nie  ganz  er- 


»)  Wellhaasen,  Reste  anbbchen  Heidentnmf,  1887,  S.  135  *    O.  Weber,  AnUem 
vor  dem  IsUm,  1901.    (Der  idte  Orient,  m,  S.  l£) 


'  :  -fS- .-  T^  1  "  r nr  -  .^r^  '  -?f^  f  "■ 


53g  Der  Unpmng  der  Religion. 


loschener  Volkskulte  handle,  welche  durch  die  solchen  oi^stischen 
Riten  abgeneigte  vedische  Priesterschaft  für  längere  Zeit  zurück- 
gedrängt worden  seien*).  Ist  dies  zutreffend,  so  wird  aber  angesichts 
der  großen  Verehrung,  die  im  Rigveda  die  Kuh,  dieses  wichtigste 
Nahrungstier  des  Nomaden,  genießt,  wohl  auch  die  weitere  Vermutung 
nicht  abzuweisen  sein,  daß  die  vorzugsweise  von  den  nomadisie- 
renden Stämmen  verehrten  Gottheiten,  die  vielleicht  einer  älteren 
religiösen  Überlieferung  angehörten,  während  einer  längeren  Zeit 
unter  dem  konservierenden  Einfluß  des  Priesterstandes  den  Vorrai^ 
behaupteten. 

Wesentlich  anders  hat  sich  allem  Anscheine  nach  die  Wechsel- 
wirkung der  Kulte  bei  den  Griechen  gestaltet  Zugleich  bieten  hier 
die  beiden  klassischen  Völker,  die  Griechen  und  Römer,  in  den  An- 
fangen ihrer  religiösen  Entwicklung  aufTällige  Unterschiede.  Der  leicht 
empfangliche  Geist  der  Griechen  ist  von  frühe  an  der  Assimilation 
fremder  Kulte  günstig  gewesen,  so  daß  sehr  bald  nur  noch  die  Sage 
und  zum  Teil  die  Form  des  Kultus  auf  den  fremden  Ursprung  eines 
Gottes  hinweisen.  In  Rom  blieb  es  im  wesenüichen  bei  einem  Neben- 
einander, das  eine  eigentliche  Verschmelzung  hinderte.  So  erhielten 
sich  hier,  neben  dem  in  verschiedenen  Wandlungen  bis  in  die  Impera- 
torenvergötterung hinein  sich  erstreckenden  Ahnenkult,  in  den  Jahres- 
festen die  Hirten-  wie  die  Ackerkulte,  und  höchstens  verrät  sich  in  der 
Übertragung  der  dem  Hirtenleben  entnommenen  Ausdrücke  auf  die 
bürgerliche  und  besonders  auf  die  militärische  Ordnung  eine  größere 
Ursprünglichkeit  der  ersteren. 

Von  ungleich  größerer  Wichtigkeit  ist  dagegen  die  Wechselwirkung 
und  der  in  diesem  Fall  stark  hervortretende  Kampf  der  Kulte  bei 
demjenigen  Volk,  das  in  der  Entwicklung  der  höheren,  über  die  ein- 
seitigen Einflüsse  des  Nomadenlebens  und  des  Ackerbaues  hinaus- 
fuhrenden Kulte  die  bedeutsamste  Stellung  einnimmt :  bei  den  Israe- 


^)  L.  von  Schroeder,  Mysterium  und  Mimus  im  Rigveda,  1908,  S.  55  ff.  Die  vom 
Verf.  aufgestellte  Hypothese,  diese  phallischen  Vegetationskulte  reichten,  da  sie  sich 
überall  noch  bei  andern  indogermanischen  Völkern  vorfinden,  in  eine  gemeinsame 
Urzeit  zurück,  gehört  hier  der  Kuhn-Müllerschen  Hypothese  einer  arischen  Urreligion  an. 
Die  von  v.  Schroeder  selbst  betonten  Parallelen  bei  weit  entlegenen  Völkern,  wie  den 
alten  Mexikanern,  die  eine  von  Abstammung  und  historischen  Einflüssen  unabhängige  Ent- 
stehung solcher  Kulte  beweisen,  machen  aber  auch  in  diesem  Fall  jene  schon  aus  andern 
Gründen  unwahrscheinliche  Hypothese  mindestens  überflüssig.    Vgl.  Teil  I,  S.  544 f. 


Die  Knltfonnen.  639 


Uten.  Nirgends  tritt  aber  auch  so  sehr,  begünstigt  durch  eine  relativ 
weit  zurückreichende  geschichtliche  Überlieferung,  die  wechselseitige 
Steigerung  und  die  schließliche  Neubildung  der  Motive  hervor.  Die 
älteste  Geschichte  Israels  bietet  uns  ein  Bild  wandernden  Nomaden- 
lebens. In  der  Vätersage  verrät  sich  der  diesem  Leben  überall  eigene 
Ahnenkult;  und  wenn  jene  Väter  bisweilen  Züge  einstiger  Stammes- 
götter an  sich  tragen,  die  mit  dem  Hauptgott  Jahwe  kämpfen,  oder 
die  wie  Ebenbürtige  mit  ihm  verkehren,  so  ist  das  möglicherweise 
ein  Hinweis  darauf,  daß  auch  hier,  ähnlich  wie  in  viel  späterer  Zeit 
im  Islam,  die  aus  dem  Ahnenkult  hervorgewachsenen  Sondergötter  der 
Stämme  den  gemeinsamen  Kult  vorbereiteten').  Dieser  Jahwe  selbst 
aber,  der  auf  Bergen  und  in  Schluchten,  in  einer  Wolke,  im  Sturm  wie  im 
Säuseln  des  Windes  oder,  wenn  er  zürnt,  unter  Donner  und  Blitzen  er- 
scheint, ist  noch  in  manchen  seiner  Eigenschaften  den  Dämonen  der 
Berge  und  Einöden  nahe  verwandt,  wie  sie  auch  sonst  so  vielfach 
den  Übergang  zu  den  Göttervorstellungen  vermittelt  haben  (Teil  IT, 
S.  382  ff.).  Daß  er  ursprünglich  nicht  in  Tempeln  verehrt,  sondern  in  der 
Bundeslade  von  Ort  zu  Ort  geführt  wird,  bezeugt  am  schlagendsten, 
daß,  auch  nachdem  aus  der  Verschmelzung  von  Ahnenkult  und 
Dämonenglaube  der  gemeinsame  Stammesgott  entstanden,  das  Volk, 
das  diesem  Gott  huldigte,  zunächst  noch  ein  wanderndes  Nomaden- 
volk geblieben  war.  Erst  als  sich  dieses  Volk,  zum  Ackerbau  über- 
gehend, feste  Wohnsitze  erstritten  hatte,  wurde  die  Bundeslade  mit 
dem  Idol  des  Gottes  im  Tempel  zu  Jerusalem  aufgestellt,  —  ein  sinnen- 
fälliges  Zeugnis,  daß  beim  Bau  dieses  Tempels  die  Erinnerung  an 
den  alten  Nomadenkult,  dem  das  Volk  seinen  Gott  verdankte,  noch 
nicht  erloschen  war.  Diese  Vereinigung  der  Symbole  des  Nomaden- 
kults mit  dem  an  Ackerbau  und  feste  Wohnsitze  gebundenen  Tempel- 
dienst bezeugt  zugleich  den  Sieg  des  alten  über  den  neuen  Kultus. 
Indem  die  nomadisierenden  Schwärme  der  Israeliten  im  Krieg  mit 
den  angesessenen  kanaanitischen  Völkern  feste  Wohnplätze  zu  ge- 
winnen suchen,  die  ihnen  neben  der  Viehzucht  die  Bebauung  des 
Bodens  gestatten,  wird  aber  der  Kampf  der  Stämme  zu  einem  Kampf 
der  Kulte.  Der  Nomade  will  sich  seinen  Steppen-  und  Stammesgott 
bewahren.     Gegen    die   Ackerkulte    der   Einheimischen   kann  dieser 


Vgl.  oben  S.  416  und  Teil  IT,  S.  363. 


>y^T< 


640  ^^^  UrsproDg  der  Religion. 


freilich  nicht  immer  Stand  halten.  Teils  ist  es  das  Volk  selbst,  das 
den  Verlockungen  der  sinnbetörenden  Vegetationskulte  und  ihrer 
Feste  nicht  widerstehen  kann,  teils  sind  es  die  Fürsten,  die  die  anders- 
gläubigen Stämme,  über  die  sie  gebieten  und  mit  denen  sie  ver- 
kehren, zu  gewinnen  suchen.  Die  Bücher  Samuelis  und  der  Könige 
bieten  ein  lebensvolles  Bild  dieses  Kampfes  der  Kulte,  in  dem  s<dilieO- 
lieh  Jahwe,  der  Wüsten-  und  Nomadengott,  über  die  Götter  der  Acker- 
kulte des  unterworfenen  Kulturlandes  obsiegt  So  mannigfaltige  Mythen- 
stoffe auch  von  den  alten  Kulturgebieten  Vorderasiens  her  den  Israeliten 
zuströmen  und  in  ihre  eigene  Sagengeschichte  verflochten  werden, 
der  Jahwekult  bleibt  aufrecht  stehen,  und  unter  seinem  Einflüsse 
werden  auch  jene  von  außen  assimilierten  Mythen,  wie  dies  die  Schöpf-« 
ungsgeschichte  im  Vergleich  mit  ihrem  babylonischen  Vorbild  so 
deutlich  zeiget,  auf  einen  minder  phantastischen  und  zugleich  erhabe- 
neren Ton  gestimmt.  Die  Haupttn^er  der  alten,  aus  der  Nomaden- 
zeit überkommenen  Stammesreligion  sind  aber  jene  ältesten  Propheten, 
die  nicht  durch  die  Schrift,  sondern  durch  die  begeisterte  Predigt 
gewirkt  haben.  Diese  in  ihrem  allgemeinen  Charakter  sicherlich 
historischen,  wenn  auch  vielfach  von  der  Wunderlegende  mnwobenen 
Gestalten,  ein  Samuel,  Nathan,  Ahia,  Elia,  Elisa,  die  überall  im  Lande 
herumziehen,  mahnend  und  drohend  im  Namen  Jahwes  und  in  er- 
bittertem Wettstreit  mit  den  Priestern  der  fremden  Kulte,  tragen  in 
ihrem  Äußern  fast  noch  die  Züge  des  wandernden  Schamanen  an 
sich.  Aber  der  religiöse  Enthusiasmus,  von  dem  sie  beseelt  sind, 
imd  der  sie  ihr  Leben  ganz  dem  Dienste  des  ererbten  Gottes  weihen 
läßt,  erhebt  sie  weit  über  ihre  primitiveren  Urbilder.  Und  nicht 
minder  überlegen  tritt  hier  der  Prophet  dem  Priester  gegenüber:  jener 
einsam  oder  nur  von  wenigen  Jüngern  begleitet,  dieser  mit  Scharen 
Seinesgleichen  vereint,  in  wilden  Tänzen  und  sinnbetäubenden  An- 
rufimgen  die  Götter  beschwörend.  Drastisch  zeiget  diesen  Gegensatz 
die  Elialegende  in  der  Szene  am  Berge  Karmel,  wo  Hunderte  von 
Baalspriestern  laut  schreiend  um  den  Altar  ihres  Gottes  tanzen,  in 
stundenlangem  Rasen  und  ekstatischem  Taumel  den  eigenen  Leib 
zerfleischen,  aber  vergebens  den  Baal  beschwören,  daß  er  den 
unter  dem  Opfertier  aufgerichteten  Holzstoß  entzünden  möge.  Ihnen 
steht  Elia  allein  gegenüber.  Er  errichtet  seinen  Altar  im  Namen 
Jahwes,  zieht  auch  noch  einen  Graben  um  diesen,  den  er  mit  Wasser 


Die  Kaltformen.  64 1 

füllt,  und  schichtet  das  Holz  unter  dem  Opfertier,  dann  betet  er  zu 
seinem  Gott.  Da  sendet  Jahwe  Feuer  vom  Himmel  herab,  das  mit 
dem  Brandopfer  die  Steine  samt  dem  Wasser  verzehrt  (i.  Kön.  18, 
21  ff.).  Es  ist  nicht  bloß  die  Übermacht  Jahwes  über  den  fremden 
Gott,  die  in  dieser  zwischen  einem  Götterkampf  und  einem  Gottes- 
urteil die  Mitte  haltenden  Szene  geschildert  wird;  auch  die  schlichte 
Erhabenheit  des  alten  Stammeskultus  kontrastiert  in  ihr  lebhaft  gegen 
das  phantastisch  wilde  Gebahren  der  Baalspriesterschaft.  Darin  ver- 
herrlicht zugleich  die  Legende  den  Sieg  des  Monotheismus,  der  hier 
durch  den  Propheten  und  sein  einfaches  Gebet  repräsentiert  ist,  über 
den  von  einer  zahlreichen  Priesterschaft  und  ihre  geräuschvollen  Zere- 
monien gepflegten  Polytheismus.  Wohl  aber  darf  man  vermuten, 
daß  die  Erzählung  eben  jenen  Monotheismus,  der  nicht  bloß  die 
fremden  Götter  überwindet,  sondern  auch  die  einzelnen  Ahnen-  und 
Stammeskulte  in  sich  aufhebt,  nach  Legendenart  als  einen  dem  Volke 
Israel  ursprünglich  eigenen  Besitz  darstellt,  während  er  in  Wahrheit 
doch  selbst  erst  aus  jenem  Kampf  der  Kulte  hervoi^egangen  ist, 
in  welchem  das  Bewußtsein  der  Stammeseinheit,  gedrängt  durch  den 
Widerstand  der  fremden  Religionen,  zu  einer  Zusammenfassung  der 
alten  Ahnen-  und  Dämonenkulte  in  einen  einzigen  Kultus  drängte. 
Daher  denn  auch  mit  diesem  Prozeß  der  Verschmelzung  ursprünglich 
gesonderter  Elemente  der  andere  der  Assimilation  aus  den  fremden, 
überwundenen  Kulten  einherging.  Dies  verrät  sich  nicht  nur  in  den 
einzelnen,  nachweislich  von  außen  zugeflossenen  Mythenstoffen,  son- 
dern auch  in  den  Jahresfesten,  zu  denen  die  Ackerkulte  einen  nicht 
geringen  Beitrag  liefern  mußten.  So  empfängt  dieser  Jahwekultus 
nicht  zum  wenigsten  seinen  einzigartigen  Charakter  dadurch,  daß  er 
in  eine  seinem  Ursprung  fremde  Umgebung  versetzt  wird.  Wohl  mag 
der  alte  Wüsten-  und  Steppengott  bei  seiner  Wanderung  in  die  frucht- 
reichen Täler  des  gelobten  Landes  von  den  hier  heimischen  Mythen 
und  Festen  vieles  sich  aneignen,  die  fremden  Götter  weist  er  um  so 
energischer  zurück,  je  mehr  von  den  geistigen  Führern  des  Volkes 
das  Wesen  jenes  Stammesgottes  als  ein  anderes,  an  das  Volk  als 
solches  gebundenes  und  den  Naturgöttem  dieser  Länder  fremdes 
empfunden  wird.  Das  einflußreichste  aber  unter  den  neu  hinzuströ- 
menden Elementen  bleibt  der  an  den  Übergang  zu  der  seßhaften 
Lebensform  eng  gebundene,  neu  entstandene  Tempelkult,  der  einen 

Wtindt.  Völkerpsychologie  II,  3.  ^I 


()A2  l^cf  Ursprnog  der  Religion. 


Priesterstand  zu  seiner  regelmäßigen  Pflege  fordert.  Vollends  als  nach 
dem  Exil  an  der  Stelle  des  alten  ein  neuer  prachtvollerer  Tempel 
erstanden  und  das  Prophetentum  erloschen  war,  da  begann  auch  das 
zur  Macht  gelangte  Priestertum  nach  den  Vorbildern,  die  es  in  der 
Verbannung  kennen  gelernt,  das  Leben  des  einzelnen  wie  den  Kultus 
des  Gottes  mit  einer  Fülle  peinlich  zu  befolgender  äußerer  Normen 
zu  umgeben.  In  ihnen  erstarrte  die  angestammte  Religion  zu  einer 
der  Priesterherrschaft  dienenden  Gesetzesreligion,  indes  als  Ersatz  für 
die  begeisternde  Kraft  des  alten  Glaubens  die  Bilder  einer  jenseitigen 
Welt  und  der  von  den  Propheten  geweissagten  Zukunft  des  Volkes, 
ausgeschmückt  mit  der  Phantastik  orientalischer  Mythen,  auflebten. 
Dies  konnte  wiederum  nicht  geschehen,  ohne  den  Monotheismus  der 
Jahwereligion  zu  beeinträchtigen. 

Die  Religion  Israels  ist  nicht  die  einzige  Quelle  eines  solchen 
Monotheismus  gewesen.  Aber  sie  ist  die  einzige,  die  ihn  unmittelbar 
aus  der  Volksreligion  selbst  entspringen  ließ.  Überall  sonst,  wo  er 
sich  gegen  die  widerstrebenden  Motive  des  Mythus  wie  g^j^en  die 
nach  Befriedigung  vielgestaltiger  Bedürfnisse  ringenden  religiösen 
Triebe  durchkämpfen  mußte,  in  Indien  wie  in  Griechenland,  ist  die 
Philosophie  seine  Geburtsstätte.  In  Indien  ging  diese  aus  dem 
brahmanischen  Priestertum  selbst  hervor.  In  Griechenland  waren 
es  Männer  weltlichen  Standes,  die  der  Volksreligion  und  ihrer  mytho- 
logischen Phantastik  mit  strenger  Kritik  und  mit  herbem  Spott  ent- 
gegentraten. Darum  begann  die  monotheistische  Reform  Indiens  als 
friedliche  philosophische  Fortbildung  der  Volksreligion,  die  Griechen- 
lands im  Kampf  gegen  die  letztere.  Nur  in  Israel  hat,  so  viel  wir 
wissen,  die  Volksreligion  selbst  den  Monotheismus  hervorgebracht; 
und  eben  dies  ist  nur  durch  jenen  Kampf  der  Kulte  möglich  ge- 
worden, bei  dem  ein  in  einem  völlig  andern  Medium  entstandener 
Gott  in  eine  neue  Umgebung  versetzt  wurde.  Doch  selbst  die 
Philosophie  Indiens  und  Griechenlands  hat  einen  absoluten  Mono- 
theismus nicht  erzeugt.  Auch  ein  Aristoteles,  der  ihm  am  nächsten 
kommt,  sah  in  den  Gestirnen  göttliche,  wenngleich  der  höchsten  Gott- 
heit untergeordnete  Wesen.  Erst  eine  viel  spätere  Zeit  hat  hier, 
im  Anschluß  an  die  solche  himmlische  Untergötter  erbarmungslos 
zerstörende  Naturwissenschaft,  das  Werk  vollendet,  das  die  alte  Philo- 
sophie begonnen.     Mehr  noch  ist  die  Volksreligion,  auch  die  Israels, 


Die  Knltformen. 


643 


auf  der  Stufe  eines  bloD  relativen  Monotheismus  stehen  geblieben. 
Dem  alten  Israel  galten  die  Götter  anderer  Völker  ebenso  als  deren 
wirkliche  Schutzmächte,  wie  Jahwe  der  Gott  Israels  war.  Als  aber 
unter  dem  Einfluß  des  späteren  Prophetentums  Jahwe  schließlich  zum 
einzigen  weltbcherrschenden  Gott  sich  erhob,  da  wuchsen  nun  um 
so  reicher  jene  Unter-  und  Gegengötter,  die  Scharen  der  guten  und 
der  bösen  Engel,  an  denen  es  von  Anfang  an  nicht  gefehlt  hatte, 
zu  einem  Götterstaat  aus,  der  dem  höchsten  Gott  Untertan  war.  So 
wiederholten  sich,  nur  in  einer  die  Oberherrschaft  der  höchsten  Gottheit 
stärker  hervorhebenden  Weise,  die  Verhältnisse  des  polytheistischen 
Götterstaats.  Darum  ist  der  absolute  Monotheismus  überhaupt  nur 
ein  Erzeugnis  der  Philosophie.  Als  Volksreligion  hat  er  nie  existiert, 
und  existiert  er  noch  heute  nicht     (Vgl.  unten  II,  1.) 

d.  Heils-  und  Heilignngskalte. 

Nicht  die  neugierige  Frage  nach  dem  Warum  der  Erscheinungen  hat, 
wie  die  landläufige  Mythentheorie  und  die  intellektualistische  Vulgär- 
psychologie anzunehmen  pflegen,  die  Götter  geschaffen,  sondern  durch 
die  Affekte  der  Hoffnung  und  Furcht,  die  die  gemeinsame  Soi^e  um  das 
Gedeihen  und  die  Zerstörung  der  unentbehrlichen  Subsistenzmittel  des 
Lebens  begleiten,  sind  die  harmlosen  Gestalten  des  primitiven  Mythen- 
märchens mit  beginnender  Kultur  zu  segnenden  oder  drohenden 
Himmelsgöttern  erhoben  worden,  denen  der  gemeinsame  Kult  sich 
zuwandte.  So  hat  der  Kultus  die  Götter  geschaffen,  nicht  umgekehrt. 
Sie  werden  nun  als  die  Spender  zunächst  aller  äußeren  Lebensgüter 
verehrt.  Gesundheit  und  Reichtum,  die  Stärke  und  der  Erfolg  des 
Helden,  Macht  und  Herrschaft  sind  Gaben  der  Götter,  und  in  jedem 
Unglück,  das  den  Menschen  trifft,  wird  ihre  zürnende  und  strafende 
Gewalt  erkannt.  So  werden  die  Götter  zu  heil-  oder  unheilbringenden 
Mächten  in  der  weitesten  Bedeutung  dieser  Begriffe.  Ihre  Kulte  sind 
Heilskulte,  die  freilich  fortan  nach  verschiedenen  Richtungen  sich 
sondern  können,  in  denen  aber  doch  die  Gesamtheit  solcher  Heils- 
zwecke zu  einer  Einheit  vereinigt  bleibt,  die  das  ganze  in  ungewisser 
Zukunft  liegende  Schicksal  des  Menschen  umfaßt.  Damit  geht  jene 
iiußere  Angliederung  weiterer  Kultzwecke  an  die  ursprünglichen  Vcgc- 
tationskulte  in  einen  das  ganze  Leben  umfassenden  Götterkult  über, 
in  welchem  einzelne  Sonderkulte  fortan  als  sich  ergänzende  Bestand- 

41* 


(yAA  Der  Ursprung  der  Religion. 


teile  eines  einheitlichen  religiösen  Lebens  verbunden  bleiben.  Dieser 
Vorgang  der  Verschmelzung  spiegelt  sich  auch  in  den  Göttern,  die 
nun  auf  der  einen  Seite  die  verschiedenen  im  Kultus  erstrebten  Heils- 
güter unter  ihren  besonderen  Schutz  nehmen,  auf  der  andern  aber 
schon  in  ihren  Einzelpersönlichkeiten  verschiedene  Zwecke  zu  ver- 
einigen pflegen  und  in  dem  > Götterstaat«  selbst  eine  der  mensch- 
lichen Kultgemeinschaft  nachgebildete  Einheit  darstellen. 

Indem  der  gemeinsame  Götterkult  alle  Einzelkulte  in  sich  aufnimmt, 
bemächtigt  er  sich  aber  auch  derjenigen  Kultform,  deren  Gegenstände 
ursprünglich  ebenso  wie  die  der  niemals  aussterbenden  primitiven 
Zauberkulte  abseits  von  einer  größere  Kreise  umfassenden  gemeinsamen 
Pflege  stehen,  die  aber  immerhin  gegenüber  dem  individuellen  2^uber- 
brauch  durch  ihre  tief  in  das  Einzelleben  eingreifende  Bedeutung  sich 
auszeichnet:  der  Seelenkulte.  Auch  sie  haben  ja,  wie  wir  früher 
sahen,  in  einer  Entwicklung,  die  zum  Teil  der  der  Götterkulte  parallel 
geht  und  in  ihren  späteren  Stadien  bereits  von  diesen  beeinflußt 
ist,  bedeutsame  Umwandlungen  erfahren.  Urprünglich  aus  Zauber- 
bräuchen hervorgegangen,  die  die  Zurückbleibenden  vor  dem  Dämon 
schützen  sollen,  in  den  sich  die  abgeschiedene  Seele  verwandelt,  sind 
mit  dem  Übergang  der  Seelen  in  Schutzgeister  der  Geschlechter 
die  Beschwörungen  dieser  schützenden  Ahnengeister  zu  einem  wirk- 
lichen Kultus  geworden,  der  demnach  von  Anfang  an  Seelenkult  und 
Ahnenkult  zugleich  ist').  Eine  naheliegende  psychologische  Affinität 
verbindet  dann  diese  Vorstellungen  mit  den  Gestalten  der  Helden- 
und  Heroensage  und  bringt  sie  durch  diese  in  eine  enge  Ver- 
bindung mit  den  Göttervorstellungen,  ohne  daß  daraus  freilich  an 
eine  Entstehung  dieser  selbst  aus  dem  Ahnenkultus  zu  denken  wäre 
(vgl.  oben  S.  393).  Aber  auch  der  umgekehrte  Vorgang,  das 
Herüberwirken  des  Götterkultus  auf  jenen  alten  Ahnenkult,  tritt 
zurück,  solange  der  letztere  noch  ganz  in  dem  Streben  wurzelt, 
den  Schutz  jener  Geister  der  Vorfahren  zu  gewinnen.  Das  wird 
anders,  sobal(J  diese  objektive  Seite  ihre  subjektive  Ergänzung  in 
dem  Wunsche  findet,  der  eigenen  Seele  jenseits  des  Todes  eine 
Fortdauer  zu  sichern,  die  den  Verzicht  auf  das  irdische  Leben  ver- 
gessen läßt    Hier,  wo  der  Seelenglaube  in   die  Jenseitsvorstellungen 


')  Vgl.  Teil  II,  S.  139  ff. 


Die  Kultformen. 


645 


einmündet,  nimmt  nun  auch  der  Seelenkult  eine  ganz  und  gar  subjek- 
tive Richtung  (S.  5 52 ff.).  Er  wendet  sich  nicht  mehr  an  die  Seelen 
Verstorbener,  die  nach  dem  Dämonenglauben  in  ihrem  Wirken  immer 
noch  teilweise  dem  irdischen  Leben  angehören,  in  das  sie  helfend 
oder  schädigend  eingreifen  können,  sondern  er  erstrebt  die  Rettung 
der  eigenen  Seele  des  Hilfeflehenden.  Diese  Richtung  des  Seelen- 
kults ist,  wie  wir  bei  der  Entwicklung  der  Jenseitsvorstellungen  ge- 
sehen haben,  keine  ursprüngliche,  und  sie  hat  je  nach  den  besonderen 
Bedingungen  des  religiösen  Lebens  wieder  sehr  verschiedene  Ge- 
staltungen gewonnen.  Aber  so  wenig  sie  jeder  Zeit  und  jeder  Form 
der  Kultur  eigen  ist,  so  besitzt  doch  auch  diese  Subjektivierung  des 
Seelenkults  in  dem  Sinne  Allgemeingültigkeit,  daß  sie  unter  dem  Zu- 
sammentreffen gewisser  Bedingungen  der  allgemeinen  Kultur  und  des 
religiösen  Lebens  überall  eintritt.  Keinesfalls  gehört  sie  also  zu  den- 
jenigen Glaubensinhalten,  bei  denen  eine  Verbreitung  von  einem  ein- 
zigen Punkte  aus  irgendwie  wahrscheinlich  ist.  Nach  der  Seite  der 
allgemeinen  Kultur  bezeichnet  das  Auftreten  solcher  Kulte  sichtlich  eine 
Höhe  der  Entwicklung,  auf  der  eine  gesteigerte  Schätzung  des  geistigen 
Lebens  und  der  durch  dasselbe  geschaffenen  Werte  um  sich  gegriffen 
hat,  und  wo  nun,  unterstützt  durch  eine  Stimmung  des  Ungenügens  an 
den  äußeren  Lebensgütern,  diese  Umwälzung  eintritt.  Auf  religiöser 
Seite  ist  es  die  dieser  Kulturentwicklung  parallel  gehende  Ausbildung 
der  Götterkulte  mit  ihren  Rückwirkungen  auf  die  Göttervorstellungen 
selbst,  die  hier  entscheidend  eingreift.  Für  die  zentrale  Stellung, 
die  dabei  die  Vegetationskulte  einnehmen,  ist  es  aber  bezeichnend, 
daß  auch  dieses  wichtige  Ereignis  der  Assimilation  des  Seelenkults 
durch  die  allgemeinen  Götterkulte  zu  einem  wesentlichen  Teile  an 
jene  gebunden  scheint.  Der  Vorgang,  wie  er  sich  in  den  der  ge- 
schichtlichen Verfolgung  einigermaßen  zugänglichen  Fällen  jdarstellt, 
ist  der  folgende.  Die  mythologische  Anschauung,  in  der  von  frühe 
an  die  beiden  Vorstellungen  von  der  Entstehung  der  Nährfrüchte  und 
von  dem  Fortleben  der  Seele  zusammenmünden,  ist  die  von  der 
»Mutter  Erde«,  Die  Erde  spendet  dem  Menschen,  was  er  zu  seinem 
Leben  bedarf.  Sie  nimmt  ihn  aber  auch  bei  der  ursprünglichsten 
und  allezeit  verbreitetsten  Form  der  Bestattung  nach  dem  Tode  in 
sich  auf.  In  einer  Unterwelt  denkt  sich  daher  zunächst  der  Volks- 
glaube   die    Seelen   der    Verstorbenen,    und    in   einer    verbreiteten 


646  ^^f  Ursprung  der  Religion. 


Umkehning  dieses  Gedankens  läßt  er  den  Menschen  hinwiederum, 
ähnlich  der  wachsenden  Frucht,  aus  der  gleichen  Mutter  Erde  her- 
vorgehen. Hier  liegt  nun  der  Punkt,  wo  zunächst  noch  innerhalb 
des  engeren  Umkreises  Vegetationskulte  die  Stellung,  die  in  diesen 
die  Himmelsgötter  gewonnen,  auf  die  Bilder  von  der  Erde  und  den 
in  ihr  verborgenen  Mächten  herüberwirkt.  Sind  in  den  primitiveren 
Ackerkulten  und  ihren  späten  Nachwirkungen  in  Saat-  und  Ernte- 
brauchen  die  Geister  des  Bodens  innerhalb  des  Kreises  niederer 
Naturdämonen  verblieben,  so  erheben  sich  diese  in  der  Vegetation 
unmittelbar  wirksamen  Mächte  in  dem  Maße  zu  höherer  Bedeutung, 
als  die  fortschreitende  Kultur  des  Bodens  die  an  ihn  gebundenen 
zeugenden  Kräfte  gegenüber  der  zufälligen  Gimst  des  Wetters  wieder 
in  den  Vordergrund  rückt.  Den  gesteigerten  Anforderungen  dieser 
Kulte  genügen  nun  aber  die  alten  Fruchtbarkeitsdämonen  nicht  mehr. 
Je  mehr  sie  den  Himmelsgöttem  dieses  besondere  Gebiet  des  Kultus 
abnehmen,  um  so  mehr  räumen  sie  einer  neuen  Klasse  von  Göttern 
ihre  Stelle,  imd  diese  bemächtigen  sich  dann  in  einem  weiteren 
Stadium  auch  jener  vom  Götterkultus  assimilierten  neuen  Form  des 
Seelenkults,  die  in  den  Göttern  der  Erdtiefe  die  natürlichen  Schutz- 
mächte vorfindet.  An  sie  wendet  man  sich  nun  vor  allem  auch  um 
die  Gewinnung  aller  der  Heilsgüter,  die  schon  in  diesem  Leben  und 
dann  in  einem  in  der  Zukunft  erhofften  Forüeben  der  Seele  erstrebt 
werden. 

e.  Der  Kultus  der  chthonischen  Götter. 

Damit  sind  zwei  tief  in  die  Entwicklux^  des  religiösen  Lebens 
eingreifende  Erscheinungen  gegeben.  Den  Himmelsgöttem  tritt  als 
eine  zweite,  ihnen  in  ihrem  Wert  für  die  wichtigsten  Güter  dieses 
und  des  jenseitigen  Lebens  gleichgeordnete  oder  selbst  überlegene 
Klasse,  die  der  chthonischen  Götter  zur  Seite;  und  die  Seelen- 
kulte treten  in  die  Reihe  der  Götterkulte  ein,  um  in  diesen  mehr  und 
mehr  die  Vorherrschaft  zu  gewinnen.  Von  diesen  beiden  eng  anein- 
ander geknüpften  Erscheinungen  ftihrt  die  erste  mannigrfache  Wechsel- 
beziehungen zwischen  den  beiden  so  entstandenen  Götterkategorien 
mit  sich.  Teils  nehmen  die  alten  Himmelsgötter  Eigenschaften  der 
chthonischen  Gottheiten  in  sich  auf,  vor  allem  solche,  die  mit  dem 
aligemeinen  Heilsberuf  der  Götter  überhaupt  zusammenhängen;   teils 


Die  Knltformen.  647 


werden  die  chthonischen  Götter  in  ihrer  Verbindung  mit  dem  großen 
Kreis  der  himmlischen  selbst  zu  Himmelsgöttem.  So  haben  im 
griechischen  Kultus  vor  allem  Apollo,  Hermes  und  der  oberste  der 
Götter,  Zeus,  als  »Zeus  chthonios«  Funktionen  übernommen,  die  sie 
eng  mit  den  Unterirdischen  verbinden.  Demeter  und  Dionysos  aber, 
die  späteren  Hauptträger  der  chthonischen  Kulte,  sind  dem  engeren 
Götterrat  der  Himmlischen  zugezählt  worden.  In  allem  dem  bereitet 
sich  die  Idee  göttlicher  Mächte  vor,  die  im  Diesseits  wie  in  der  jen- 
seitigen Welt  schrankenlos  über  dem  Schicksal  des  Menschen  walten. 
Ein  typisches  Beispiel  (lir  diese  wahrscheinlich  allgemeii^ltige, 
wenn  auch  in  einzelnen  Zügen  mannigfach  abweichende  Entwicklung 
bietet  der  griechische  Demeterkultus.  Bei  Homer  ist  Demeter  noch 
ganz  eine  Göttin  der  fruchtbaren  Erde  (II.  14,  326).  Neben  ihr  steht 
unabhängig  Persephone  als  Herrscherin  im  unterirdischen  Totenreich. 
Nur  darin,  daß  sie  eine  Tochter  der  Demeter  genannt  wird,  ist  eine 
Verbindung  bereits  angedeutet  (Od.  10,  217).  Die  übereinstimmende 
Beziehung  auf  unter  der  Erde  waltende  Kräfte  macht  dies  ohne 
weiteres  verständlich.  Aber  eine  andere  als  diese  rein  äußerliche 
Bedeutung  besitzt  die  Verbindung  offenbar  nicht.  So  sind  denn 
auch  die  der  Demeter  geweihten  eleusinischen  Feste,  wie  man  an- 
nehmen darf,  ursprünglich  reine  Agrarkulte  gewesen.  Doch  wie  die 
Teilnehmer  an  diesen  Festen  frühe  schon  zu  Kultgenossenschaften 
sich  verbanden,  so  dehnten  sich  auch  die  Kultzwecke  allmählich  auf 
die  verschiedensten  andern  Lebensgüter  aus.  Es  ist  ein  Vorgang, 
den  man  sich  schwerlich  wesentlich  anders  wird  denken  können  ab 
analog  der  Bildung  jener  Kultverbände,  die  wir  noch  heute  da  und 
dort  auf  amerikanischem  Boden,  ebenfalls  mit  dem  Ackerkult  ab  ihrem 
Zentrum,  vorfinden.  Auch  auf  die  Geschlossenheit  gegen  außen,  das 
Geheimnis,  das  sie  infolge  dessen  umgibt,  endlich  auf  die  Leitung 
durch  eine  den  Kult  nach  festen  Normen  regelnde  Priesterschaft  er- 
streckt sich  diese  Ähnlichkeit.  In  dem  griechischen  Kult  fand  aber, 
der  reich  ausgebildeten  Helden-  und  Göttersage  entsprechend,  die 
Vereinignng  der  Kultzwecke  ihren  Ausdruck  in  einer  Vielheit  von 
Göttergestalten.  Sie  gruppieren  sich  nun  um  Demeter  ab  ein 
größerer  chthonischer  Götterkreis,  der  teib  aus  ehemaligen  Lokal- 
und  Berufskulten  stammen  mochte,  die  die  Teilnehmer  aus  ihren 
besonderen  Gebieten  mitbrachten,  teib  aber  auch,  wie  Plutos,  der 


648  I^er  Ursprung  der  Religion. 

Spender  des  Reichtums,  unmittelbare  Objektivierungen  der  alle  Güter 
des  Lebens  umfassenden  Wünsche  waren.  Hier  folgten  dann,  indem 
die  in  der  kultischen  Handlung  erstrebten  Ziele  auf  das  zukünftige 
Leben  sich  ausdehnten,  die  Götter  des  Totenreichs  demselben  Zuge. 
Ihren  dichterischen  Ausdruck  findet  diese  Verbindung  in  der  Legende 
vom  Raub  der  Persephone.  Sie  trägt  alle  Merkmale  einer  priester- 
lichen Allegorie  an  sich.  Doch  im  Hintergrunde  der  Allegorie  steht 
imverkennbar  ein  der  tatsächlichen  religiösen  Entwicklung  angehöriger 
Vorgang:  der  Hinzutritt  der  Jenseitsvorstellungen  und  der  an  diese 
gebundenen  Hoffnungen  auf  ein  Fortleben  der  Seele  zu  den  bis  da- 
hin auf  das  Gedeihen  der  Ernte  und  die  Segnung  mit  sonstigen 
äußeren  Glücksgütern  gerichteten  Kulten.  Diese  Erweiterung  der  den 
chthonischen  Göttern  geweihten  Pflege  läßt  schließlich  auch  den- 
jenigen Gott  der  Gefolgschaft  der  Demeter  sich  einordnen,  der,  von 
außen  zugewandert,  zum  Teil  von  einer  weiteren,  unten  noch  zu  be- 
sprechenden Seite  her  den  alten  Seelenkulten  näher  getreten  war: 
den  Dionysos. 

Mehrfach  ist  die  Frage  erörtert  worden,  welches  die  Motive  ge- 
wesen seien,  die  jene  beiden  Gattungen  chthonischer  Gottheiten,  die 
des  Erntesegens  und  der  ihm  verwandten  äußeren  Glücksgüter  imd 
die  der  jenseitigen  Welt,  in  diese  Verbindung  der  Kulte  gebracht 
haben,  um  in  ihnen  dann  mehr  und  mehr  den  anfanglich  zurücktreten- 
den Seelenkulten  die  Vorherrschaft  zu  lassen.  In  der  Regel  faßte 
man  diese  Beziehung  als  eine  symbolische.  Wie  das  Samenkorn  in 
der  Erde  verschwinde,  um  in  der  neu  erblühenden  Frucht  wiederzu- 
erstehen, und  wie  der  Mensch  nach  seinem  Tod  in  die  Erde  versenkt 
werde,  damit  seine  Seele  wieder  auferstehe,  so  verschwinde  Perse- 
phone und  kehre  wieder.  Der  Mythus  sei  also  hier  gleichzeitig  eine 
Versinnlichung  des  Wechsels  der  Vegetation  und  ein  allegorisches 
Bild  des  Schicksals  der  menschlichen  Seele,  Diese  symbolische  Deu- 
tung jedoch,  deren  innere  Unwahrscheinlichkeit  E.  Rohde  mit  Recht 
betont  hat"),  scheitert,  wenn  sie  eine  Deutung  der  Verbindung  der 
Kulte  sein  soll,  schon  daran,  daß  die  Legende  vom  Raub  der 
Persephone  sicherlich  später  ist,  als  jene  ihr  vorausgegangene  Ver- 
schmelzung   der    beiden    chthonischen    Kulte    in    den    eleusinischen 


E.  Rohde,  Psyche^,  I,  S.  290  fr. 


Die  Kaltformen.  649 


Mysterien.  Die  Legende  ist  ja  selbst  nur  ein  allegorisches  Bild 
dieser  Verschmelzung.  Mag  also  immerhin  der  Gedanke  an  eine 
solche  Symbolik  bei  ihrer  Erdichtung  mitgespielt  haben,  der  Ent- 
stehung der  Kulte  und  ihrer  späteren  Vereinigung  liegt  er  gewiß 
ebenso  fem,  wie  eine  willkürliche  Symbolik  dem  Mythus  überhaupt 
fernliegt.  Auch  hier  kann  vielmehr  die  treibende  Kraft  der  Entwicklung 
nur  in  der  natürlichen  Assoziation  der  in  beiden  ursprünglich  unab- 
hängigen Kulten  entstandenen  Götter  und  in  der  Ausdehnung  der  im 
Kultus  erstrebten  Heilsgüter  auf  das  übersinnliche,  jenseitige  Leben 
gesehen  werden. 

Mit  der  aus  der  gleichen  Anschauung  entsprungenen  Einordnimg 
des  Dionysos  Jakchos  unter  die  Götter  der  eleusinischen  Feste,  der 
die  spätere  Dichtung  ebenfalls  ein  mythologisches  Substrat  zu  geben 
suchte,  indem  sie  diesen  Gott  zu  einem  Sohne  der  Persephone  machte, 
tritt  aber  noch  ein  weiteres  Motiv  dieser  Kulte  hervor,  das  mäch- 
tiger als  die  äußere  Verbindung  der  chthonischen  Gottheiten  auf 
die  Assimilation  der  Seelen-  und  Jenseitsvorstellungen  durch  die 
Vegetationskulte  gewirkt  hat.  Es  ist  das  Motiv  der  Ekstase  mit 
allen  ihren  früher  geschilderten  Begleiterscheinungen  der  Vision  und 
Mantik,  in  denen  sich  die  natürlichen  Einflüsse  des  Traumes  auf  die 
Seelenvorstellungen  zu  einer  das  Bewußtsein  völlig  gefangen  nehmen- 
den Höhe  steigern').  So  bezeichnet  denn  die  Verbindung,  in  die  nach 
dem  Zeugnis  der  Kultgeschichte  aller  Zeiten  und  Länder  vor  allen  an- 
dern die  Vegetationskulte  und  Sonnenwendfeste  mit  Äußerungen  eksta- 
tischer, sinnbetäubender  Freude  und  ausgelassenen,  die  Tätigkeit  der 
Fruchtbarkeitsdämonen  nachahmenden  Tänzen  treten,  eine  folgenreiche 
Erweiterung  dieser  ursprünglich  ganz  den  äußeren  Glücksgütem  zu- 
gewandten Kulte.  Indem  jene  ersten  Kultzwecke  durch  ihre  eigenen 
Wirkungen  zurückgedrängt  werden,  machen  sie  neuen  Platz,  die 
aus  der  Steigerung  der  seelischen  Zustände  selbst  entspringen. 
Schwerlich  gibt  es  eine  völkerpsychologische  Erscheinung,  in  der  das 
allen  Wechsel  der  Gemütsbewegungen  beherrschende  Kontras^esetz 
von  so  tief  eingreifender  Bedeutung  wäre  wie  hier.  Jene  Rückwir- 
kung der  die  äußerste  Freude  an  der  Natur  und  den  von  ihr  ge- 
spendeten Gaben  ausdrückenden  Kultzeremonien  auf  die  Affekte  der 


Vgl.  Teil  II,  S.  94  ff. 


5co  I^  Unpnmg  der  Religion. 

Hoffnung  und  Furcht,  die  sich  in  der  Ekstase  der  jenseits  der 
Schranken  des  Leibes  weilenden  Seele  zuwenden,  bezeichnet  in  der 
Tat  einen  der  wichtigsten  Wendepunkte  in  der  gesamten  religiösen 
Entwicklung.  Zugleich  wird  hier  die  auf  den  ersten  Blick  fast  be- 
fremdend erscheinende  Tatsache,  daß  gerade  die  Vegetationskulte  die 
Ursprungsstätten  der  höheren,  den  geistigen  und  über  das  irdisdie 
Leben  hinausreichenden  Heilsg^tem  zugewandten  religiösen  Kulte 
sind,  psychologrtsch  verständlich.  Dieser  Rückwirkung  g^^enüber 
sinkt  die  äußere  Verbindung  der  chthonischen  Götter  des  Diesseits 
und  Jenseits  zu  einem  verhältnismäßig  nebensächlichen  Motiv  herab. 
In  dem  Einfluß  der  ekstatischen  Elemente  der  Kultfeier  steigert  aber 
jeder  Teil  den  andern.  Der  die  Vegetationsgeister  nachahmende 
orgiastische  Tanz  wird  gesteigert  durch  die  die  wiederkehrende  Sonne 
darstellenden  Feuerzeremonien;  und  die  erregende  Wü-kung  dieser  ver- 
stärkt sich  in  der  wilden  Bewegung  des  Tanzes.  Wie  bei  den  ameri- 
kanischen Kulten  der  Tabak,  so  bot  bei  den  griechischen  Dionysos- 
festen der  Wein,  dessen  Pflege  dem  Gott  vor  andern  Erzeugnissen 
des  Feldes  zugeteilt  wurde,  den  Zügen  der  trunkenen  Mänaden  und 
Bakchen  ein  weiteres  Steigerungsmittel.  Der  Taumel  der  äußersten 
Ekstase  aber,  der  sich  von  der  Raserei  des  Tobsüchtigen  nicht  mehr 
unterscheidet,  geht  schließlich  in  einen  unwiderstehlichen  Zerstörungs- 
trieb über.  Die  Handlungen  des  sonst  gewohnten  Opferbrauchs 
überstürzen  sich:  die  lebenden  Opfertiere  werden  zerrissen.  In  dem 
Genuß  ihres  rohen  Fleisches  und  Blutes  befriedigt  die  Horde  der 
rasenden  Bakchanten,  vor  allem  der  Frauen,  deren  größere  Affekt- 
erregbarkeit  sie  bei  diesen  Kulten  eine  hervorragende  Rolle  spielen 
läßt,  ihren  Trieb,  dem  Gotte  sich  hmzugeben,  indem  sie  in  dem  ihn 
vertretenden  Tier  den  Gott  selber  verzehren.  Hier  tritt  nun  noch  ein 
letztes,  in  dieser  Verkettung  der  seelischen  Erregungen  nicht  minder 
naturnotwendig  aus  den  vorigen  entspringendes  Motiv  hervor:  die 
in  der  Vereinigung  mit  dem  Gott  erreichte  Vergöttlichung  des 
eigenen  Seins.  Damit  verwandeln  sich  erst  recht  die  Eingebungen 
der  Vision  in  Bilder  des  übersinnlichen  Daseins,  zu  dem  die  Seele 
bestimmt  ist.  Hier  pflegt  dann  aber  auch  die  Ekstase  die  Grenze  zu 
finden,  wo  sie  in  den  apathischen  Zustand  zurücksinkt,  der  unaus- 
bleiblich solcher  übermäßigen  Erregung  folgt.  Aber  das  in  der 
Ekstase  erlebte  Gefühl  der  eigenen  Erhebung  zur  Gottheit  wird  fest- 


Die  Kaltformen.  6ei 


gehalten,  und  es  gibt  nun  auch  außerhalb  solcher  schwärmenden 
Festzüge  den  Kulthandlungen  einen  wesentlichen  Teil  ihres  Inhalts. 
Auch  hier  hat  dann  die  Legende  den  aus  den  ekstatischen  Szenen 
der  Vegetationskulte  erwachsenen  und  ihnen  schließlich  entwachsenen 
Heilskult  in  einem  Mythus  veranschaulicht.  Die  Titanen  stellen  auf 
Anstiften  der  Hera  dem  jugendlichen  Gotte  nach,  der  sich  ihnen 
in  wechselnden  Tierverwandlungen  entzieht,  zuletzt  aber  in  der  Ge- 
stalt eines  Stiers  überwältigt  wird.  Sie  zerreißen  ihn  in  Stücke,  die 
sie  verschlingen.  Nur  das  Herz  wird  von  Athene  gerettet,  die  es 
dem  Zeus  überbringt.  Dieser  verschluckt  es,  damit  aus  ihm  ein 
neuer  Dionysos  wieder  auflebe.  Auch  diese  Erzählung  trägt,  gleich 
der  Demeterlegende,  durchaus  das  Gepräge  einer  priesterlichen  Alle- 
gorie. Indem  diese  wahrscheinlich  im  Kreise  orphischer  Sekten  ent- 
standene All^orie  zugleich  die  ekstatischen  Handlungen  des  Kultus 
schildert,  überträgt  sie  aber  die  Kulthandlungen  in  Erlebnisse  des 
Gottes  selbst.  Das  Schicksal  des  Gottes,  dessen  Seele  die  Legende 
nach  uraltem  Seelenglauben  in  seinem  Herzen  verborgen  sein  läßt, 
ist  vorbildlich  fiir  das  Schicksal  der  menschlichen  Seele,  die,  ebenso 
wie  der  Gott,  nach  dem  Tode  als  ein  neuer,  unsterblicher  Mensch 
wiedergeboren  wird.  Damit  erhebt  sich  diese  Legende  über  die 
Grenzen  einer  gewöhnlichen  Allegorie:  sie  wird  zu  einer  mjrthologischen 
Motivierung  der  Opferhandlung  in  der  Umgestaltung,  die  sie  im 
Dienste  des  neuen  Seelenkultus  erfahren  hat.  Das  Essen  vom  Fleisch 
des  den  Gott  vertretenden  Opfertiers  erfüllt  den  Mysten  selbst  mit 
der  göttlichen  Kraft,  die  ihn  den  Tod  überwinden  läßt.  Darum  kann 
man  sich  wohl  die  Legende  vom  Dionysos  Zagreus  ab  einen  Teil 
der  Liturgie  denken,  die  in  den  orphischen  Mysterienkulten  die 
Zeremonie  des  Essens  vom  Fleisch  des  Opfers  begleitete.  Die 
Legende  selbst  spielt  so  auf  die  Erlösernatur  des  Gottes  an,  die 
das  leitende  Motiv  dieses  Kultus  bildet.  Darin  liegt  zugleich  ein 
Zeugnis  dafür,  daß  in  den  Dionysoskulten  der  alte  Vegetationskult 
ganz  in  dem  Seelen-  und  Jenseitskult  aufgegangen  war.  Gleichwohl 
wird  man  daraus  nicht  schließen  dürfen,  jene  seien  von  Anfang  an 
orgiastische  Seelenkulte  gewesen,  die  umgekehrt  erst  später  Bestandteile 
eines  Vegetationskultes  in  sich  aufnahmen').   Einer  solchen  Umkehrung 


')  So  im  wesentlichen  Rohde,  Ptyche,  IV,  S.  103  ff. 


552  ^cr  Ursprung  der  Religion. 


widerspricht  nicht  nur  der  allgemeine  und  insbesondere  auch  in  den 
der  thrakischen  Heimat  des  Dionysoskultes  benachbarten  Gebieten, 
z.  B.  in  dem  phrygischen  Kybelekult,  wiederkehrende  Zusammenhang, 
sondern  auch  der  bei  primitiveren  Völkern  noch  deutlich  in  seinen 
Anfangsstadien  zu  beobachtende  Ursprung  der  mantischen  Seelen- 
kulte aus  den  orgiastischen  Zeremonien  der  Vegetationskulte. 

Indem  von  frühe  an  die  Vegetationskulte  mit  den  Jahresfesten, 
vor  allem  mit  den  Sonnenwendfeiem  verschmolzen,  wirkte  nun  aber 
auch  diese  Verbindung  der  himmlischen  mit  den  irdischen  Natur- 
erscheinungen auf  die  aus  jenen  Festen  erwachsenen  höheren  Seelen- 
kulte ein.  Deutlich  hängt  damit  der  schon  oben  geschilderte  Über- 
gang des  künftigen  Aufenthaltsortes  der  Seelen  aus  einem  Land 
unter  der  Erde  in  eine  himmlische  Wohnstatt  zusammen  (vgl.  oben 
S.  576).  Aber  früher  noch  als  dieser  zumeist  verhältnismäßig  spät 
erfolgte  Übergang  wirkt  die  in  den  Vegetationskulten  eingetretene 
Unterordnung  der  irdischen  unter  die  himmlischen  Mächte  bei  diesen 
Weiterbildungen  zu  einem  neuen  Seelenkult  in  der  Natur  der  Gott- 
heiten nach,  die  nunmehr  die  führende  Rolle  übernehmen.  Wohl 
können  auch  hier,  vornehmlich  wenn  in  der  entstandenen  Verbindung 
die  Agrarkulte  erhalten  bleiben  und  die  Hadesvorstellungen  noch 
einen  entscheidenden  Einfluß  ausüben,  die  Götter  ihren  chthonischen 
Charakter  bewahren.  So  im  griechischen  Kultus  vor  allen  Demeter, 
die  trotz  ihrer  Aufnahme  in  den  Kreis  der  Himmlischen  ihr  Wesen 
als  Erdgöttin  beibehalten  hat.  Auch  läßt  sich  nicht  verkennen,  daß 
eine  nach  dieser  Richtung  gehende  Tendenz  im  Anschluß  an  die 
nie  ganz  erlöschenden  Vorstellungen  von  der  Erde  als  der  Urmutter 
alles  Lebendigen  immer  wieder  zum  Durchbruch  gelangt.  Nachdem 
sich  die  persönlichen  Götter,  deren  der  Kultus  bedarf,  von  der  Erde 
losgelöst,  wirkt  sie  lange  noch  darin  nach,  daß  weibliche,  mütter- 
liche Gottheiten  als  Trägerinnen  der  Vegetationskulte  wie  der  aus 
ihnen  erwachsenen  Seelenkulte  gedacht  werden.  So  die  Demeter 
selbst  und  in  späthellenistischer  Zeit  die  große  Göttermutter  im  Attis- 
kult.  Die  Attislegende  erinnert,  abgesehen  von  den  an  die  phrygischen 
Fruchtbarkeitskulte  anknüpfenden  sexuellen  Motiven,  stark  an  die 
Dionysos-Zagreuslegende,  wie  denn  auch  die  orgiastischen  Bräuche 
den  Dionysosfeiern  verwandt  sind.  Als  ein  spezifisches,  übrigens 
den  Übergang  der  Opferkulte  in  ekstatische  Formen  auch  sonst  be- 


Die  Kaltformen.  653 


gleitendes  Moment  treten  dabei  nur  die  Selbstverstümmelungen  der 
rasenden  Kultgenossen  hervor*).  Doch  eine  solche  Entwicklung  ist 
wohl  nur  da  möglich,  wo  fortan  die  irdischen  Motive  der  Vege- 
tationskulte neben  den  himmlischen,  besonders  den  vom  Sonnen- 
lauf ausgehenden  ihre  alte  Macht  bewahrt  haben.  Sobald  dagegen, 
wie  dies  wahrscheinlich  die  regelmäßige  Entwicklung  ist,  die  letz- 
teren die  Oberhand  gewinnen,  übernehmen  nun  die  Himmelsgötter, 
allen  voran  die  in  der  Sonne  verkörpert  gedachte  Gottheit,  die 
leitende  Stellung  in  dem  zum  Heilskult  sich  erweiternden  Vege- 
tationskult. So  nehmen  unter  den  Götterbildern,  mit  denen  bei  den 
Kultfesten  der  Puebloländer  die  Festplätze  geschmückt  werden,  noch 
heute  die  der  Sonnengötter  die  oberste  Stellung  ein,  und  in  den 
großen  Kulturländern  der  Neuen  Welt,  Mexiko  und  Peru,  hat  sich, 
wie  die  Überlieferungen  zeigen,  der  in  beiden  Gebieten  herrschende 
Sonnenkult  wesentlich  aus  den  Vegetations-  und  Heilskulten  ent- 
wickelt, oder  vielmehr,  er  fällt  in  seinen  Grundbestandteilen  mit 
ihnen  zusammen.  Denn  auch  hier  hat  nicht  der  Gott  den  Kult, 
sondern  der  Kult  den  Gott  geschaffen,  indem  er  die  unbestimmt 
fluktuierenden  Vorstellungen  des  Himmelsmärchens  in  eine  feste 
Beziehung  zu  den  Bedürfnissen  des  menschlichen  Lebens  brachte. 
Nicht  anders  hat  in  den  großen  Kulturreichen  der  Alten  Welt  in 
erster  Linie  der  Sonnengott  die  Bedeutung  eines  Heilsgottes.  So  der 
babylonische  Marduk,  der  ägyptische  Osiris,  der  persische  Mithras. 
Vornehmlich  die  Osiris-  und  die  Mithraslegende  zeigen  dabei  eine 
überraschende  Verwandtschaft  mit  dem  Dionysosmythus.  Ob  Dio- 
nysos selbst  dereinst  neben  seiner  Stellung  als  Vegetations-  und 
Heilsgott  die  Naturbedeutung  eines  Sonnengottes  besessen  hat,  ist 
freilich  unsicher;  jedenfalls  hat  bei  ihm  der  Kultur-  und  Heilsgott 
frühe  schon  solche  Vorstellungen  zurückgedrängt.  Nicht  minder  gilt 
das  von  dem  nordischen  Balder,  dessen  Legende  ihn  in  erster  Linie 
zum  Vegetationsgott  stempelt,  während  die  Beziehung  zur  Sage  von 
der  Götterdämmerung  und  Welterneuerung,  in  die  ihn  die  nordische 
Dichtung  bringt,  in  ihrer  Deutung  zweifelhaft  bleibt,  da  hier  mög- 
licherweise  erst    der   nicht    auszuschließende   christliche   Einfluß    die 


'  Hugo  Hepding,  Attis,  seine  Mythen  nnd  sein  Kult,  1903,  bes.  S.  123  ff.  Vgl. 
mich  die  höchst  charakteristische  Rede  Kaiser  Julians  auf  die  Göttermutter,  G.  Mau. 
I)ic  Rcligionsphilosophie  Kaiser  Julians,  1907,  S.  152  fr. 


654  Der  Unprong  der  Religion. 

Sage  zu  der  eigentümlichen  Form  einer  kosmogonischen  Heilslegende 
umgestaltet  hat  Ganz  lösen  sich  vollends  die  Gestalten  der  Heils- 
götter von  'diesen  ihnen  in  ihrem  Ursprung  anhaftenden  Verbin- 
dungen mit  dem  Naturmythus  da,  wo  der  Heilsgott  selbst  nicht  aus 
einem  Naturgott  hervorgeht,  sondern  ein  zum  Gott  erhobener  Mensch 
ist.  Schon  die  Osiris-  und  die  Mithraslegende  nähern  sich  dieser 
Grenze,  indem  sie  den  Gott  menschlichem  Tun  und  Leiden  nahe 
bringen  und  vor  allem  den  seinem  Wesen  nach  Unsterblichen  das 
Loos  des  Todes  mit  dem  Menschen  teilen  lassen.  Überschritten  wird 
aber  die  Grenze  endgültig,  wenn  nicht  der  Gott  zum  Menschen  herab- 
steigt, sondern  umgekehrt  ein  Mensch,  dessen  geschichtliche  Wirk- 
lichkeit feststeht,  zum  Gott  erhoben  wird.  Das  ist  der  große  Schritt, 
den  die  beiden  größten  Kulturreligionen  der  Alten  Welt,  der  Budd- 
hismus und  das  Christentum,  getan  haben.  In  ihnen  erst  hat  sich 
der  Heilskultus  von  der  Verbindung  mit  dem  Naturmj^us  völlig 
gelöst. 

Mit  diesem  letzten  Schritt  vollendet  sich  eine  Entwicklung ,  die 
in  ihrem  Beginn  bis  in  die  ersten  Anfange  der  Heilskulte  zurück- 
reicht. Der  Heilskult  wird  zum  Heiligungskult,  und  dieser,  zu- 
nächst nur  als  ein  allmählich  hinzutretendes  Nebenmotiv  jenen  be- 
gleitend, wird  mehr  und  mehr  zum  Hauptzweck  desselben.  Auch 
das  ist  wieder  eine  der  folgenreichsten  Bedeutimgswandlungen  in  der 
Geschichte  des  religiösen  Lebens.  Es  wiederholt  sich  m  ihr  noch 
einmal  auf  einer  höheren  Stufe  jener  Übergang  eines  ursprünglich 
rein  objektiven  in  einen  ganz  und  gar  subjektiv  werdenden  Kult- 
zweck, der  uns  in  einer  andern  Form  bereits  bei  der  FortbUdung  der 
Vegetationskulte  zu  den  Heilskulten  begegnet  ist.  Auch  der  Heils- 
kult ist  zunächst  nach  außen  gerichtet.  Äußere  Güter  will  er  ge- 
winnen, und  die  Kulthandlungen,  die  dieses  Ziel  zu  erreichen  streben, 
besitzen  ebenfalls  nur  vermöge  der  äußeren  Form  ihrer  Ausübung, 
auf  deren  peinliche  Befolgung  daher  vor  allem  die  Kultvorschriften 
gerichtet  sind,  ihren  kultischen  Wert.  Darin  gleicht  er  noch  ganz 
dem  vorangehenden  primitiven  Zauberkult  Der  Erfolg  haftet  an 
der  äußeren  Handlung  selbst,  gleichültig  wie  und  von  wem  sie 
ausgeführt  wird.  Mit  der  Erweiterung  der  Kultzwecke  ändert  sich 
das.  Mögen  auch  die  erstrebten  Güter  immer  noch  äußere  bleiben, 
schon    der  Vorzug,    den    im    gemeinsamen    Kult   der    einzelne   vor 


Die  Knltformen.  655 


andern  genießt,  die  größere  Huld  der  Gottheit,  die  er  zu  gewinnen 
strebt,  bietet  Anlaß  genug,  daß  sich  der  Kampf  der  Interessen, 
der  den  täglichen  Verkehr  beherrscht,  auf  den  Kultus  überträgt  und 
auch  in  ihm  um  so  stärker  hervortritt,  je  mehr  sich  die  eintretende 
Organisation  desselben  stets  innerhalb  einer  gewissen  Nachbildung 
der  äußeren  Gesellschaftsordnung  bewegt.  Dieser  Vorgang  findet 
seinen  sprechenden  Ausdruck  in  einer  Erscheinimg,  die  in  ihrer 
innerhalb  der  verschiedensten  Länder  und  2^iten  unabhängigen  Ver- 
breitung deutlich  wiederum  auf  einen  allgemeinen,  von  Übertra- 
gungen und  Kultwanderungen  unabhängigen  Ursprung  hinweist.  Sie 
besteht  in  der  Bildung  engerer  Kultgenossenschaften,  die,  unab- 
hängig von  den  Gruppen  der  bürgerlichen  Gesellschaft,  ihre  spezi- 
fische Ausprägung  durch  die  verschiedene  Einweihung  in  gewisse 
Kultgeheimnisse  gewinnen,  deren  sich  die  Kultgenossen  je  nach  ihrer 
Zugehörigkeit  zu  bestimmten  Ordensgraden  rühmen  können.  Solche 
bald  mehr  bald  weniger  von  dem  Zauber  des  Geheinmisses  umge- 
bene Kultgenossenschaften  begeg^nen  uns  schon  in  den  sogenannten 
Medizingesellschaften  der  amerikanischen  Halbkulturvölker,  dann  aus- 
gebildeter in  den  Vereinigungen  der  griechischen  und  orientalischen 
Mysterienkulte.  In  veränderter  und  teilweise  des  Geheinmisses  ent- 
kleideter Form  reichen  sie*  noch  in  die  Orden^frade  des  Klerus  und 
der  Kongregationen  der  katholischen  Kirche  herein;  ja  sie  kehren 
selbst  in  gewissen  weltlichen  Gesellschaften  wieder,  die  sich  dann 
abermals  mit  Vorliebe  in  den  Schleier  des  Geheimnisses  hüllen. 
Haben  auch  hier  überall  geschichtliche  Einflüsse  und  Wechselwir- 
kungen nicht  gefehlt,  so  waltet  doch  über  dieser  ganzen  Erschei- 
nung eine  unverkennbare  psychologische  Gesetzmäßigkeit.  Sind  es 
zunächst  auch  hier,  wie  wir  annehmen  dürfen,  äußere  Bedingungen, 
die  der  Erscheinimg  zugrunde  liegen,  so  wandeln  sich  doch  unver- 
meidlich diese  allmählich  in  innere  Motive  um,  die  mit  den  Heils- 
zwecken selbst  mehr  und  mehr  eine  geistige  Richtung  gewinnen  und 
so  für  die  erfolgreiche  Ausführung  der  kultischen  Handlung  auf  die 
Eigenschaften  des  Handelnden  den  Hauptwert  legen  lassen.  Hat 
sich  dieser  ursprünglich  dadurch  einen  Vorrang  zu  erringen  ge- 
sucht, daß  er  sich  der  magischen  Hilfsmittel  zur  Erringung  der  gött- 
lichen Hilfe  kundiger  wußte  als  andere,  so  erwächst  nun  daraus  das 
Streben,  jenen  Vorzug  durch  besondere,   darauf  gerichtete  Kulthand- 


556  ^^^  Ursprung  der  Religion. 


lungen  sich  anzueignen.  So  beginnt  sich  der  Kult  selbst  in  zwei 
Bestandteile  zu  sondern,  die  dann  freilich  in  der  Ausfuhrung  so  innig 
verwachsen  sind,  daß  im  allgemeinen  jeder  Akt  beiden  Zwecken, 
dem  objektiven  und  dem  subjektiven  zugleich  dient.  Die  Kulthand- 
lung soll  vor  allem  ihrem  Vollbringer  die  Eigenschaften  verleihen, 
die  ihr  den  äußeren  Erfolg  sichern.  So  rückt  schon  in  einem  Sta- 
dium, in  dem  sich  der  Kult  noch  ganz  in  der  Region  der  äußeren 
Heilsgüter  bewegt,  jener  vorbereitende  Zweck  immerhin  zeitlich  an 
die  erste  Stelle.  In  dem  Maße  aber,  als  die  erstrebten  Zwecke 
geistige  Güter  sind,  die  teils  dem  wirklichen  Leben  angehören,  teils  in 
idealer  Vollkommenheit  in  das  Jenseits  verlegt  werden,  erringt  nun 
diese  subjektive  Seite  der  Kulthandlung  auch  ihrem  inneren  Werte 
nach  den  Vorrang.  So  wird  die  eigene  Heiligung  zu  dem  Mittel, 
das  Heil  der  Seele  zu  sichern.  Mit  dem  Heilskult  verbindet  sich 
daher  untrennbar  der  Heiligungskult,  und  beide  verschmelzen 
zu  einer  Einheit,  in  der  sich  die  Heiligung  schließlich  zum  Selbst- 
zweck erheben  kann,  so  daß  der  Heilszweck  nur  noch  als  ein  letzter 
egoistischer  Erdenrest  dem  höchsten  Gut  der  Heiligung  der  Persön- 
lichkeit anhaftet.  In  so  weiter  Ferne  auch  dieses  letzte  Ziel  noch 
erscheinen  mag,  es  kündet  sich  frühe  schon  in  der  fortschreitenden 
Vergeistigung  der  Heilszwecke  und  vor  allem  in  den  Veränderungen 
an,  die  die  Kultushandlungen  selbst  bei  ihrer  Entwicklung  erfahren. 
Diese  Veränderungen  treffen  weniger  die  äußeren  Erscheinungen,  die 
von  den  frühesten  Anfängen  eines  gemeinsamen  Götterkultus,  ja  zum 
Teil  über  diesen  hinaus  vom  primitiven  Dämonenkult  an  in  ihren 
Grundformen  dieselben  bleiben.  Um  so  tiefer  eingreifend  ist  der  Be- 
deutungswandel, den  sie  erfahren,  und  in  dem  sich  vor  allem  andern 
die  ungeheure  Tragweite  zu  erkennen  gibt,  die  das  Prinzip  der  Hete- 
rogonie  der  Zwecke  fiir  die  religiöse  Entwicklung  besitzt. 

3.  Die  Kulthandlungen. 

a.  Das  Gebet.     Allgemeine  Charakteristik  der  Gebetsformen. 

Drei  Formen  äußerer  Betätigung  seelischer  Erregungen  sind  es, 
die  uns  in  den  Kulthandlungen  aller  Völker,  Zeiten  und  Kulturstufen 
begegnen.  Zu  ihrer  Bezeichnung  wählen  wir  zweckmäßig  Namen,  die 
wenn   sie   auch   an  sich  bereits   gewissen  Höhepunkten  der  Entwick- 


Die  Knlthandlnngen.  657 


lung  entsprechen,  doch  gerade  darum  diese  selbst  deutlich  in  ihre 
Hauptrichtungen  zerlegen.  In  diesem  Sinne  scheiden  wir  die  allge- 
meinen Kultushandllungen  in  das  Gebet,  die  Opferhandlungen 
und  die  Heiligungszeremonien.  Psychologisch  lassen  sie  sich 
dahin  kennzeichnen,  daß  das  Gebet  im  weitesten  Sinne  alle  Aus- 
drucksbewegungen in  Worten  umfaßt,  die  auf  die  Hilfe  übermensch- 
licher Mächte  gerichtet  sind,  während  unter  Opfer  die  Handlungen 
verstanden  werden,  durch  deren  objektive  Wirkungen  ein  Einfluß 
auf  Dämonen  oder  Götter  erstrebt  wird,  und  endlich  der  Begriff  der 
Heiligungszeremonien  diejenigen  Handlungen  in  sich  schließt,  die 
eine  subjektive  Wirkung  auf  den  Handelnden  selbst  im  Sinne 
eines  ihm  heilsamen,  (lir  den  Kultzweck  ersprießlichen  Einflusses  zum 
Ziele  haben.  Ergänzen  sich  demnach  das  Opfer  und  die  Heiligungs- 
zeremonie darin,  daß  jenes  an  sich  objektiv,  diese  subjektiv  gerichtet 
ist,  so  steht  das  Gebet  insofern  in  der  Mitte,  als  es  je  nach  seiner 
besonderen  Form  dem  einen  oder  dem  andern  Zweck  dienen  oder 
auch  beide  in  sich  vereinigen  kann.  Wie  zwischen  den  verschiedenen 
Formen  des  Gebets,  so  sind  übrigens  auch  bei  dem  Opfer  und  den 
Heiligungszeremonien  mannigfache  Übergänge  und  Verbindungen 
möglich,  und  die  Hauptformen  selbst  pflegen  sich  in  der  konkreten 
Erscheinung  zu  komplexen  Kulthandlungen  zu  vereinigen.  Da  uns 
alle  hier  in  Frage  kommenden  Erscheinungen,  die  einfachen  Gebets-, 
Opfer-  und  Heiligungshandlungen  ebenso  wie  ihre  Verbindungen,  im 
einzelnen  zumeist  schon  bei  den  Seelenvorstellungen  begegnet  sind, 
so  werden  wir  uns  an  dieser  Stelle  wiederum  mit  einer  zusammen- 
fassenden Übersicht  begnügen  dürfen,  die  nach  den  Gesichtspunkten 
der  religiösen  Entwicklung  orientiert  ist. 

Hier  tritt  uns  nun  bei  dem  Gebet,  dieser  allgemeinsten  und 
dauerndsten  Kulthandlung,  die  darum  auch  ebensowohl  selbständig 
vorkommen,  wie  jede  der  andern  Formen  begleiten  kann,  eine  Vier- 
zahl von  Unterformen  entgegen:  die  Beschwörung,  das  Bitt-  und 
Dankgebet,  das  Bußgebet  und  die  Lobpreisung.  Sie  bilden 
in  der  angegebenen  Folge  eine  aufsteigende  Entwicklung,  die,  wie 
so  manche  andere  ähnlicher  Art,  die  Eigentümlichkeit  besitzt,  daß 
die  primitiveren  Formen  in  die  folgenden  hinüberreichen,  dabei  aber 
zugleich    charakteristische   Veränderungen    erfahren.     Solche    werden 

Wundt.  Vilkcn^^ycholoffie  II,  3.  ^2 


658  ^cr  Ursprung  der  Religion. 


namentlich  dadurch  herbeigeführt,  daß  die  niedrigere  Form  Elemente 
der  höheren  in  sich  aufnimmt  oder  bei  noch  weiterem  Fortschritt 
selbst  nur  noch  in  einzelnen  Bruchstücken  oder  Anklängen  in  dieser 
erhalten  bleibt.  Damit  hängt  es  zusammen,  daß  ims  zwar  die 
erstere  unter  gewissen  Kult-  und  Kulturbedingungen  für  sich  allein 
begegnet,  daß  dies  aber  für  die  letztere  niemals  zutrifft.  Hier  führt 
vielmehr  die  Mischung  mit  andern  Bestandteilen  häufig  über  die 
Grenzen  des  reinen  Gebets  hinaus,  um  in  lyrische  und  epische  EMch- 
tungsformen  überzugehen.  So  bildet  die  reine  Beschwörung  nicht 
bloß  bei  den  primitiven  Zauber-  und  Dämonenkulten  vieler  Natur- 
völker eine  alleinherrschende  Rolle,  sondern  sie  ist  auch  in  den  Rudi- 
menten jenes  Kultus  im  Aberglauben  aller  Zeiten  und  Völker  in 
der  gleichen  Isolierung  noch  fortwährend  zu  finden.  Auch  fallt  das 
Bittgebet  in  seinen  eindringlichsten  Steigerungen  nicht  selten  wenigstens 
in  der  äußeren  Form  in  die  Beschwörung  zurück,  wenn  dabei  auch 
der  Bedeutungsinhalt  unter  der  Wirkung  der  Bittstimmung  verschoben 
sein  mag.  Verhältnismäßig  am  reinsten  pflegt  noch  das  Bit^ebet 
selbst  erhalten  zu  bleiben,  das  der  ganzen  Gattung  dieser  verbalen 
Kulthandlungen  den  Namen  gegeben  hat.  Denn  Gebet  und  Bitte 
sind  auf  religiösem  Gebiet  synonyme  Beg^flTe,  insofern  das  Wesen  des 
Gebets  im  engeren  Sinne  eben  darin  besteht,  daß  es  eine  Bitte  an 
die  Gottheit  richtet.  Da  nun  alle  in  Worten  sich  betätigenden  Kult- 
handlungen das  gleiche  Motiv  des  Wunsches  enthalten,  das  nur  in 
dem  Bittgebet  seinen  adäquatesten  Ausdruck  findet,  so  ist  dieses, 
sobald  es  einmal  aus  der  primitiveren  Zauberbeschwörung  heraus 
entstanden,  diejenige  Form,  die  fortan  auch  alle  weiteren  zu  begleiten 
pflegt,  und  die  zurückbleibt,  wenn  diese  verschwunden  sind.  Die 
Grenze  zwischen  Beschwörung  und  Gebet  fallt  aber  im  wesentlichen 
mit  der  zwischen  Dämonen-  und  Götterkultus  zusammen.  Der  Dämon 
wird  beschworen,  um  durch  das  Zauberwort  seinen  WUlen  dem 
eigenen  Willen  zu  fugen.  Zum  Gott  wird  gebetet,  weil  er  Zauber 
ausübt,  selbst  jedoch  der  Macht  desselben  im  allgemeinen  entwachsen 
ist.  Wo  die  Beschwörung  dem  Gebete  sich  beimengt  oder  gar  an 
seine  Stelle  tritt,  da  ist  daher  dies  ein  Zeichen,  daß  der  Dämonen- 
kult auch  aus  dem  Götterkult  noch  nicht  ganz  verschwunden  ist. 
Mit  dem  Bittgebet  hängt  endlich  das  Dankgebet  auf  das  engste 
zusammen.     Schon  äußerlich  zeigt  sich  dies  darin,  daß  beide  in  der 


Die  Kolthandliuigen.  659 


Häufigkeit  ihres  Vorkommens  einander  parallel  gehen.  Auch  psy- 
chologisch ist  ja  der  Dank  die  Ergänzung  der  Bitte.  Sobald  diese 
erfüllt  wird,  folgt  in  der  natürlichen  Reaktion  der  Gefühle  der  Dank. 
Gerade  infolge  dieser  Beziehui^  kann  aber  auch  der  Dank  teilweise 
vorausgenommen  und  so  das  Dank-  mit  dem  Bit^ebet  zu  einer  Ein- 
heit vereinigt  werden,  indes  ebenso  beide,  und  unter  ihnen  zunächst 
wieder  das  Dankgebet,  zur  Lobpreisung  in  nächster  Afifinität  stehen. 

Vielseitiger  noch  sind  die  Beziehungen  des  BuOgebets,  das  aus 
dem  Bittgebet  entpringt,  sobald  einerseits  das  Bewußtsein  der  sub- 
jektiven Verpflichtung  gegen  die  Gottheit  lebendig  wird,  anderseits 
äußere  Bedrängnisse,  sei  es  die  eigene  Not  des  Betenden,  seien 
es  größere,  die  staatliche  oder  religiöse  Gemeinschaft  treffende  Un- 
glücksfalle, das  Gemüt  bedrücken.  Der  wesentliche  religiöse  Fort- 
schritt des  Bußgebets,  gegenüber  dem  neben  ihm  bestehen  bleibenden 
und  fortan  die  allgemeinere  Stellung  bewahrenden  Bitt-  und  Dank- 
gebet, liegt  in  dem  Schuldbewußtsein,  aus  dem  es  entspringt,  und 
zu  dem  hier  der  Schicksalswechsel,  an  den  es  meist  gebunden  ist, 
nur  eine  äußere  Entstehungsbedingung  bildet,  die  schlummernde  Motive 
weckt  und  eine  steigernde  Wirkung  auf  sie  ausübt  So  sehr  aber  auch 
in  dem  weiteren  Vorkommen  des  Bußgebets  solche  äußere  Anlässe 
immer  wieder  hervortreten,  so  kann  es  von  einer  bestimmten  Stufe 
religiöser  Entwicklung  an,  die  freilich  durch  die  Wucht  äußerer  Er- 
eignisse beschleunigt  wird,  doch  auch  ohne  diese  Anlässe,  als  reiner 
Ausdruck  des  Heilsbedürfnisses  hervortreten.  In  dieser  ganz  und  gar 
subjektiv  gewordenen  Motivierung  bildet  es  dann  einen  wesentlichen 
Bestandteil  der  Erscheinungen,  in  denen  sich  der  Übergang  des  Heils- 
kultes zum  Heiligungskult  zu  erkennen  gibt.  Die  Buße  und  im  Zu- 
sammenhang mit  andern  Bußhandlungen  vor  allem  auch  das  Buß- 
gebet erscheint  nun  als  ein  wichtiges  Hilfsmittel  solcher  Heiligung. 
Es  reicht,  indem  es  in  erster  Linie  eine  Entlastui^  des  eigenen 
Gemüts  darstellt,  in  lyrische  Formen  der  Dichtung  hinüber,  die  ihm 
hierin  verwandt  sind.  Insbesondere  steht  ihm  das  Klagelied  als  lyri- 
scher Ausdruck  der  Bußstimmung  nahe. 

Einen  Kontrast  und  durch  diesen  Kontrast  zugleich  eine  psycho- 
logische Ergänzung  zu  dem  Bußgebet  bildet  die  Lobpreisung.  Sie 
bezeichnet  die  höchste  Stufe  des  Götterkultes.  Die  egoistischen 
Motive,   die   am   rohesten   aus   der  Beschwörung,  aber  auch  noch 

4a* 


56o  ^^^  Ursprang  der  Religion. 


aus  dem  Bitt-  und  Dankgebet  herauszuhören  sind,  und  die  selbst 
beim  Bußgebet  in  seiner  Beziehung  zur  Reinigung  und  Heiligung 
der  eigenen  Seele  anklingen,  sie  sind  in  der  Lobpreisung  ganz  zu- 
rückgedrängt. In  der  staunenden  Bewunderung  und  Verehrung  der 
Erhabenheit  des  Gottes  vergißt  hier,  wo  immer  die  Lobpreisung  das 
einzige  Thema  der  Anrufung  bildet,  der  Betende  die  eigenen  Bedürf- 
nisse und  Bedrängnisse.  Eben  darin  ist  diese  Form  der  direkte 
Gegensatz  zum  Bußgebet.  Der  niedergedrückten,  schuldbewußten 
Stimmung,  die  sich  in  diesem  Luft  macht,  steht  jene  als  jubelnde 
Erhebung  der  Seele  zum  Ruhm  göttlicher  Machtfiille  gegenüber.  Der 
vorherrschende  Inhalt  des  Bußgebets  bleibt  daher  das  heilsbedürftige 
Subjekt,  der  der  Lobpreisung  ist  der  völlig  objektiv  gewordene  In- 
begriff alles  Heils,  die  Gottheit  selbst.  Wie  darum  dem  Bußgebet 
als  dichterische  Form  die  lyrische  des  Klagelieds  zur  Seite  steht,  so 
ist  es  der  lyrisch -epische  Hymnus,  der  der  Lobpreisung  die  ihr 
adäquate  dichterische  Gestalt  gribt.  In  dem  Hymnus  geht,  wie  die 
hierhergehörigen  Beispiele  religiöser  Dichtung  aller  Zeiten  und  Völker 
lehren,  die  lyrische  Stimmung  mit  innerer  Notwendigkeit  ganz  oder 
teilweise  in  die  epische  Schilderung  der  Taten  des  Gottes  über,  — 
ein  äußeres  Zeichen  eben  jener  objektiven  Richtung,  die  die  Lob- 
preisung im  Gegensatz  zum  Bußgebet  nimmt.  Die  Naturschilderungen, 
die,  so  lange  der  Naturmythus  den  Göttern  noch  ihre  Naturbedeu- 
tung bewahrt  hat,  hier  mit  eingreifen,  und  die,  von  der  visionären 
Ekstase  unterstützt,  am  meisten  in  den  Sonnenkulten  der  Alten  und 
der  Neuen  Welt  hervortreten,  werden  um  so  mehr  durch  diese  epi- 
schen Elemente  auch  in  dem  Götterhymnus  zurückgedrängt,  je  mehr 
unter  dem  Herüberwirken  der  Helden-  auf  die  Göttersage  die  Götter 
vermenschlicht  worden  sind.  Nunmehr  findet  der  Dichter  in  den  Taten 
der  Götter  das  wirksamste  Mittel  ihrer  Glorifizierung,  wie  ja  auch 
beim  Helden  nicht,  wie  in  den  Dämonenschilderungen  des  Natur- 
mythus, die  furchtbare  oder  groteske  Gestalt,  sondern  die  Größe 
seiner  Taten  Staunen  und  Bewunderung  erreget.  Ein  sprechendes 
Zeugnis  dafür  bilden  die  griechischen  Kulthymnen,  wie  sie  uns  m  der 
Sammlung  der  sogenannten  homerischen  Hymnen  und  zum  Teil  in 
sichtlichen  Nachbildungen  in  manchen  Chorgesängen  der  Tragödie 
erhalten  sind.  Freilich  zeigt  sich  dabei  gerade  an  den  eigentlichen 
Hymnen  in  solchen  Fällen,   wo  sie  nicht,  wie  im  Choriied  der  Tra- 


Die  Kiiltluuldlimgen.  66 1 


gödie,  bereits  außerhalb  des  eigentlichen  Kultgebrauchs  stehen,  sondern 
in  ihrer  ursprünglichen  Form  erhalten  blieben,  daß  die  reine  Lobprei- 
sung hier  kaum  jemals  vorkommt.  Wo  sie  dem  religiösen  Kultus  selbst 
angehören,  da  pflegen  sie  sich  vielmehr  stets  mit  dem  Bittgebet  zu  ver- 
binden. In  dieser  Verbindung  entsprechen  sie  dann  erst  vollkommen 
der  Mischung  der  Motive,  die  vor  allem  den  höheren  Kulthandlungen 
eigen  ist.  Zuerst  sucht  der  Betende  die  Götter  seinen  Wünschen 
gnädig  zu  stimmen.  Dann  trägt  er  diese  Wünsche  im  eigentlichen 
Gebet  den  Göttern  vor. 

b.  Die  ptychologitche  Entwicklnng  der  GebettformeB. 

Für  die  Ausgangsform  der  oben  in  ihren  allgemeinen  Umrissen 
skizzierten  Entwicklui^  der  Gebetskulte,  die  Dämonen-  und  Götter- 
beschwörung, bieten  sich  uns,  der  doppelten  Erscheinungsweise 
dieser  primitiven  Gebetshandlung  entsprechend,  zweierlei  Zeugnisse: 
solche,  die  dem  vorreligiösen  Kultus  in  der  früher  (S.  597}  b^ 
zeichneten  Bedeutung  des  Wortes  angehören»  und  andere ,   die  ab 
Überlebnisse  solcher  Zauberkulte  oder  als  RückföUe  in  dieselben  in 
dem  späteren  religiösen  Kult  vorkommen.    Wie  der  Jubel-  und  der 
Schmerzensruf  die  Ausdruckslaute  sind,  die  den  Außeningen  der  Ge» 
mütsbewegung  im  Liede  vorangehen  und  sich  ihnen  bei  gesteigertem 
Affekt  immer  noch  geleg^entlich  beimischen,  so  ist  die  Bescbwörung 
die  Vorstufe  des  Bittgebetes,  das  sich  im  Drang  der  die  Seele  ef^ 
füllenden  Wünsche  momentan  wieder  mit  der  Beschwönmg  vermiscben 
kann.    Immerhin  ist  dieses  Gleichnis  in  einem  Pnakt  mvollstindig. 
Es  bringt   den  psychologischen   Gegensatz   der  EaAmütung  jum 
eigentlichen  Gebet,  auf  dem  der  vorreligiöse  Quuaicter  dei  dnen  und 
der  religiöse  des  andern  beruht,  nicht  zur  Geltung;    Die  Beschwö- 
rung will  selbst  als  Zauber  wirken.    Das  Gebet  erfleht  dfe  HOfe  der 
Götter  bei  den  Erlebnissen  und  Handlungen  des  ^■tmillii     Oder 
auf  einer  höheren  Stufe  fleht  dieser  zur  Gottheit  am  dtt  Heil  seiner 
Seele  im  Diesseits  und  Jenseits.     Hier  hat  sidi  i  y  Zauber  in 

einen  Wunsch  verwandelt,  der  unter  dem  EinAi  Glaubens  an 

eine  göttliche  Weltlenkung  zur  Bitte  an  die  G  id    So  fallt 

die  Grenze  zwischen  Beschwörung  und  Bittgebe  J^r  zwischeir 

Dämoncnglaube  und  Götterglaube  zusammea  Brun^  bleiF 

die  natürliche  Äußerung  eines  primitiven  2  jg^  Bittge 


Die  Knlthandlungen.  553 


der  Göttemame  oft  unmittelbar  den  Drohrufen  gegen  die  Dämonen 
vorangestellt  wird.  In  der  späteren  Entwicklung  tritt  jedoch  diese 
ursprüngliche  Bedeutung  mehr  und  mehr  zurück:  dann  ist  der  Götter- 
name aus  einem  Hilferuf  zu  einem  magischen  Zauberwort  geworden. 
So  besitzen  noch  im  heutigen  Volksaberglauben  die  Namen  der  »drei 
heiligen  Leutec,  Jesus,  Maria  und  Josef,  sowie  der  Heiligen  überhaupt 
eine  Unheil  abwehrende  Bedeutui^.  Ahnlich  dem  Gottes-  oder 
Heiligennamen  können  aber  auch  einzelne  Gebetsworte  und  endlich 
aus  der  Verstümmelui^  solcher  hervoigegai^ene  oder  sonst  zufallig 
aufgegriffene,  an  sich  sinnlose  Laute  eine  magische  Bedeutung  ge- 
winnen, vermöge  jener  Affinität  des  Geheinmisvollen  zum  Magischen, 
die  wir  als  eine  allgemeine  Erscheinung  des  Zauberglaubens  bereits 
kennen  lernten*). 

Insofern  die  Beschwörung  die  ursprünglichste  Gebetsform  darstellt, 
aus  der  sich  das  Bittgebet  und  die  an  dieses  sich  anschließenden 
BuOgebete  und  Lobpreisungen  mit  dem  Übergai^  des  Dämonen-  in 
den  Götterkultus  entwickelt  haben,  läßt  sich  hiemach  auch  der  Über- 
gang des  Gebetsworts  in  das  Zauberwort  als  eine  Rückverwandlung 
betrachten,  bei  der  das  Gebet  nunmehr  den  Stoff  hergibt,  um  die 
primitive  Form,  aus  der  es  entstanden,  wieder  aus  sich  zu  erzeugen. 
In  dieser  Rückbildung  wiederholt  sich  auf  dem  Gebiet  des  Gebets 
eine  Erscheinung,  die  dem  religiösen  Kultus  überhaupt  eigen  ist. 
Überall  besteht  hier  der  sogenannte  »Aberglaube«  seinem  Inhalte 
nach  in  einem  Rückfall  in  primitiven  Zauber-  und  Dämonenglauben. 
Die  Formen,  deren  sich  solche  Rudimente  des  Dämonenkultus  be- 
dienen, sind  aber  zum  Teil,  und  namentlich  in  den  die  Handlungen 
begleitenden  Beschwönmgsformeln,  dem  religiösen  Kultus  selbst  ent- 
lehnt. Noch  nach  einer  andern  Richtung  kann  jedoch  der  letztere  dem 
ursprünglichen  Zauberwort  eine  veränderte  Richtung  seiner  Bedeutung 
geben.  Dieser  Wandel  beginnt  teilweise  schon  in  der  Region  des 
Dämonenglaubens  selbst.  Der  Beschwörung  stellt  sich  die  Gegen- 
beschwörung gegenüber.    Sie  beginnt   im  Gebiet  des  reinen  Dä- 


';  Vgl.  Teiin,  S.  195  ff.  Ober  die  ib  hellenUtiseher  Zeit  Teibreitete  Venrandlirag 
von  Kulthymnen  und  besonders  von  einzelnen  Stellen  ans  ihnen  in  Zaaberlbnnefai 
vgl.  A.  Dietericb,  Eine  Mitbrasliturgie,  S.  27  f.  Ober  die  Vorliebe  fOr  fremdsprachige, 
also    unverständliche  Worte  in  solchen  Formeln  ebenda,  S.  36.     Reitsensteln,  Poi- 

mandres,  S.  14  Anm.  i. 


504  ^^'  Ursprung  der  Religion. 


monenglaubens  im  Widerstreit  von  Zauber  und  G^enzauber.  Zu 
weiterer  Entfaltung  gelanget  sie,  wo  der  Kampf  zwischen  Göttern  und 
Dämonen  die  Anrufung  göttlicher  Hilfe  zur  Abwendung  verderblicher 
Dämonenbeschwörungen  herausfordert.  Dann  gilt  dem  Dämon  die 
Beschwörung,  dem  Gott  die  Gegenbeschwörung.  Auch  dafür  bietet 
wieder  vornehmlich  der  Avesta  sprechende  Belege.  Hier  ist  aber 
auch  alsbald  ein  weiterer  Übergang  nahegelegt:  die  Anrufung  be- 
schränkt sich  nicht  auf  die  Abwehr  des  Übels,  sondern  sie  wird  zum 
glückverheißenden  Wort,  zum  Segensspruch  (Avesta,  Ya^a  III,  iff.). 
Der  Segensspruch  kann  sich  dann,  analog  der  Beschwörung,  weiterhin 
zum  Segenswort  verkürzen,  und  das  Segenswort  schließlich  zur  bloßen 
Bekräftigung  verblassen,  wie  in  dem  stabil  gewordenen  Schlußwort 
»Amen«  unserer  Gebete. 

Auf  diese  Weise  sind  Segensspruch  und  Segenswort  zu  Bestand- 
teilen der  wichtigsten  und  allgemeinsten  Formen  der  Grebete,  des 
Bitt-  und  Dankgebets,  geworden.  Es  bildet  das  spezifische 
Merkmal  des  religiösen  gegenüber  dem  vorreligiösen  Kultus,  und  es 
begleitet  jenen  von  seinen  Anfangen  an  bis  auf  die  Höhen  seiner 
Entwicklung.  Mit  seiner  Annäherung  an  diese  kann  es  dann  zugleich 
je  nach  der  Richtung  der  religiösen  Stimmung  teils  dem  Bußgebet 
teils  der  Lobpreisung  den  Platz  räumen.  Dabei  handelt  es  sich  aber 
nicht  mehr  um  eine  irgendwie  scharf  zu  ziehende  Grenze,  wie  bei  dem 
Übergang  von  der  Beschwörung  zur  Bitte,  sondern  jene  Formen 
fließen  von  Anfang  an  in  dem  Sinne  ineinander,  daß  bald  Bitte  oder 
Dank  oder  beide  vereint  allein  den  Inhalt  des  Gebetes  bilden,  bald 
mit  Buße  oder  Lobpreisung  sich  verbinden.  Solche  Verbindungen 
entspringen  unmittelbar  aus  den  subjektiven  Motiven,  die  aus  den 
der  Bitte  zugrunde  liegenden  objektiven  Bedürfnissen  hervorgehen, 
und  die  teils  in  der  schuldbewußten  und  trostbedürftigen  Stimmung 
des  Betenden,  teils  in  seiner  Ehrfurcht  vor  der  Gottheit  ihre  Quelle 
haben.  Demnach  erstrecken  sich  diese  subjektiven  Motive  in  beiden 
Fällen  wieder  nach  verschiedenen  Richtungen.  Bei  dem  Bußgebet 
ist  die  Bitte  um  Hilfe  gegen  die  seelische  Not  des  Betenden  ge- 
richtet. Auf  den  früheren  Stufen  des  Gebetskultus  pflegt  diese  Seelennot 
eine  direkte  Folge  äußerer  schwerer  Schicksale,  sei  es  des  Einzelnen, 
sei  es  der  Stammes-  oder  Volksgemeinschaft,  zu  sein.  So  dringt  aus 
den  Bußpsalmen  der  Babylonier  wie  der  Israeliten  überall  die  Klage 


Die  Kalthandlnngen.  65  e 


Über  schweres  äußeres  Unglück  zu  unserem  Ohr.  In  viel  späterer 
Zeit  erst  erzeugt  das  sich  mehr  und  mehr  vertiefende  religiöse  Ge- 
fühl rein  aus  sich  selbst  eine  Bußstimmung.  Sie  hat  vor  allem 
in  der  indischen  und  christlichen  Askese  ihren  Ausdruck  gefunden. 
Hier  ist  das  Bußgebet  die  in  Worte  umgesetzte  Askese  selbst,  die, 
so  lange  die  Bußstimmung  ihre  ursprüngliche  Kraft  bewahrt,  eine 
natürliche  Ergänzung  in  der  äußeren  asketischen  Kultübung  findet, 
anderseits  aber  auch,  wo  diese  schwindet,  als  ihre  Stellvertreterin 
zurückzubleiben  pflegt. 

Unter  andern  Bedingungen  steht  die  Lobpreisung.  Zunächst 
erscheint  sie  als  eine  natürliche  und  darum  selten  fehlende  Begleiterin 
des  Dankgebets.  Von  da  aus  überträgt  sie  sich  auf  das  Bittgebet. 
Sie  geht  hier  meist  der  Bitte  voraus :  die  Gottheit  soll  durch  das  ge- 
spendete Lob  der  Erhörung  der  Bitte  geneigt  gestimmt  werden.  Hier 
liegt  dann  weiterhin  auch  noch  die  dreifache  Verbindung  von  Bitt-, 
Lob-  und  Dankgebet  nahe:  der  Betende  sucht  die  Gottheit  zu  ge- 
winnen, indem  er  sie  preist  und  zugleich  auf  die  Hilfe  hinweist,  die 
sie  ihm  vordem  zuteil  werden  ließ.  Für  alle  diese  Kombinationen 
bieten  die  biblischen  Psalmen  zahlreiche  Belege').  Der  vorwaltende 
Eindruck  ist  überall  der  einer  Captatio  benevolentiae  gegenüber  der 
Gottheit.  Bezeichnend  fiir  dieses,  besonders  die  Anfange  religiöser 
Hymnendichtung  beherrschende  Motiv  ist  die  in  babylonischen  wie 
cranischen  und  indischen  Ritualtexten  häufig  vorkommende  Ver- 
bindung mit  Dämonenbeschwörungen.  Unverkennbar  tritt  nun  aber 
unter  der  Wirkung  der  in  andern  Gebetsformen  herrschenden  reli- 
giösen Stimmungen  ein  allmählicher  Bedeutungswandel  ein.  Hier 
spielt  dann  besonders  die  in  den  Unsterblichkeitskulten  zur  Vorherr- 
schaft gelangte  Richtung  des  Bittgebets  auf  das  Jenseits  eine  wichtige 
Rolle.  Wie  aus  dem  Bitt-  und  dem  Bußgebet,  so  schwinden  jedoch 
schlie(Mich  auch  aus  der  Lobpreisung  mehr  und  mehr  die  egoistischen 
Triebfedern.  Der  Preis  der  Gottheit  wird  zum  Selbstzweck,  zum  Aus- 
druck unbedingter  bewundernder  Hingabe').    Diese  Konzentration  der 

')  Es  seien  beispielsweise  angeführt:  i.  Bittgebete  P«.  13,  17,  42,  64,  70;  2.  Dnnk- 
pebete  Ps.  3,  9;  3.  Bußgebete  Ps.  6,  8,  9,  ii;  4.  LobpreUangen  Ps.  Ii,  18,  19,  23, 
75>  96;  5-  Lobpreisungen  mit  Bitte  Ps.  13,  56,  102;  6.  Lobpreisungen  mit  Dankgebet 
Ts.  9S,   103;  7.  Lobpreisungen  mit  Dank  und  Bitte  Ps.  74. 

^)  Daß  es  nicht  möglich  ist,  diese  psychologische  Entwicklung  zugleich  als  eine 


566  ^*'  Ursprung  der  Religion. 


Stimmung,  durch  die  sich  die  Lobpreisung  vor  den  andern  Gebets- 
formen auszeichnet,  findet  noch  in  einer  andern  wichtigen  Eigenschaft 
ihren  Ausdruck,  durch  die  sie  vor  allem  in  einen  Gegensatz  zum 
Bußgebet  tritt.  Die  Lobpreisung  wendet  sich  in  der  Regel  nur  an 
einen  Gott.  Wohl  kann  in  einer  Reihe  verschiedener  Gebete  in 
dem  einen  diese,  in  dem  andern  jene  Gottheit  gepriesen  werden. 
In  dem  einzelnen  Gebet  duldet  der  Gott,  dem  gehuldigt  wird,  keine 
andern  Götter  neben  sich.  Man  hat  diese  Erscheinung,  die  uns 
am  augenfälligsten  in  der  babylonischen  Gebetsdichtung  begegnet, 
aber  auch  anderwärts  nicht  fehlt,  auf  eine  monotheistische  Strömung 
innerhalb  der  polytheistischen  Religrion  oder  sogar  auf  einen  voran- 
gegangenen Monotheismus  gedeutet^).  Doch  jene  Konzentration  der 
religiösen  Huldigung  mag  immerhin  die  Ausbildung  eines  herrschenden 
Gottes  unterstützen.  An  sich  ist  sie  keine  Wirkung  der  Religion  als 
solcher,  sondern  eine  psycholog^isch  notwendige  Wirkimg  der  Lob- 
preisung, die  dann  auch  auf  das  Bitt-  und  Dankgebet  übergehen  kann, 
namentlich  wo  sich  diese  mit  der  Lobpreisung  verbinden.  Daß  sich 
aber  die  letztere  auf  eine  einzige  Götterpersönlichkeit  beschränkt,  das 
hat  sein  zwingendes  Motiv  darin,  daß  jedes  einem  andern  Gott  ge- 
spendete Lob  die  Verherrlichung  des  einen,  dem  sich  das  Gebet  zu- 
wendet, beeinträchtigen  würde.  Der  überzeugende  Beweis  hierfür 
liegt  denn  auch  in  dem  Bußgebet,  das  genau  die  entgegengesetzte 
Eigenschaft  hat.  In  ihm  zählt  der  Betende  die  ganze  Reihe  der 
Götter  auf,    gegen    die   er  möglicherweise  gefehlt  hat;  ja  zuweilen 


chronologische  an  den  großen  Gebetssammlungen  der  Kulturvölker  nachzuweisen, 
muß  freilich  zugestanden  werden.  Abgesehen  von  den  Schwierigkeiten  der  Chrono- 
logie älterer  Literaturdenkmäler,  ist  das  um  so  weniger  möglich,  als,  wie  uns  noch  die 
heutige  Gebetsliturgie  unserer  Kirchen  lehren  kann,  die  verschiedenen  Stufen  des  Bitt- 
und  Bußgebets  und  der  Lobpreisung,  jene  in  ihren  äußeren  wie  inneren,  geistigen 
Motivrichtungen  vorkommen.  Man  vergleiche  z.  B.  aus  der  babylonischen  Hymnen - 
literatur  das  Gebet  Assurbanipals  an  den  Mondgott  und  das  berühmte  Gebet  an  Marduk, 
jenes  überschwänglich,  aber  gleichwohl  noch  in  Dämonenbeschwörungen  ausmündend, 
dieses  mit  seiner  Schilderung  der  Herrlichkeit  des  Gottes  und  der  nur  auf  das  allge- 
meine Heil  des  Leibes  und  der  Seele  gerichteten  Bitte  (H.  Zimmern,  Der  Alte  Orient, 
VII,  3,  S.  II  f.  und  S.  15  f.)*  Oder  man  nehme  unter  den  Psalmen  den  Ps.  6,  wo  die 
Lobpreisung  Jahwes  geradezu  als  ein  Lohn  erscheint,  der  ihm  für  seine  Hilfe  zuteil 
werden  soll,  und  die  hochgestimmte  Lobpreisung  Gottes  in  Ps.  8,  wohl  dem  Schönsten, 
was  die  religiöse  Literatur  aller  Zeiten  in  dieser  Gattung  hervorgebracht  hat. 

')  A.  Jeremias,  Monotheistische  Strömungen  innerhalb  der  babylonischen  Religion, 
1904,  S.  23  ff. 


Die  Kulthandlangen.  667 

versäumt  er  nicht,  nachdem  er  alle  Namen  genannt,  sich  auch  noch 
an  die  unbekannten  Götter,  die  er  beleidigt  haben  könnte,  zu  wenden*). 
Wie  die  Lobpreisung  die  Beschränkung  auf  den  Gegenstand  des 
Lobes,  so  heischt  eben  die  Furcht  vor  dem  Zorn  der  Gottheit  die 
ängstliche  Umschau  nach  allen  möglichen  Göttern,  die  etwa  dem 
Betenden  das  Unheil,  das  ihn  getroffen,  zugefugt  haben. 

Zu  dem  Imperativ  der  Beschwörung,  der  im  Büß-  wie  im  Bitt- 
gebet immer  noch  anklingt,  bildet  schlieDlich  eine  letzte  sprachliche 
Kulthandlung,  die  im  weiteren  Sinne  ebenfalls  den  Gebetsformen  zu- 
gezählt werden  kann,  einen  Gegensatz  und  zugleich  eine  Ergänzimg: 
die  Frage  an  die  Gottheit.  Die  Antwort,  die  auf  solche  Frage 
durch  den  Mund  eines  von  der  Gottheit  hierzu  Ausersehenen,  meist 
in  Ekstase  und  Vision  des  Verkehrs  mit  ihr  gewürdigten,  erzielt  wird, 
ist  der  Orakelspruch.  Als  Antwort  auf  eine  der  Gottheit  vor- 
getragene Bitte  ergänzt  er  das  Bittgebet.  Als  Kundgebung  der  Gott- 
heit an  den  Menschen  reicht  er  aber  in  das  umfassendere  Gebiet 
des  Orakelwesens  hinein,  das  in  seinen  hierher  gehörigen  äußeren 
Kulthandlungen  mit  den  Opferhandlungen  in  nächster  genetischer 
Beziehung  steht. 

c.  Die  Ausgangspunkte  der  religiösen  Opferhandlungen. 

Die  Ausgangspunkte  und  die  Hauptformen  des  Opferkultus  sind 
wegen  ihres  nahen  Zusammenhangs  mit  den  Seelen-  und  speziell  mit 
den  Tabuvorstellungen  bereits  eingehend  geschildert  worden  (Teil  II, 
S.  330  fr.].  Es  bedarf  darum  hier  nur  eines  kurzen  Rückblicks  auf 
die  dort  gewonnenen  Ergebnisse,  um  nunmehr  auf  Grund  der  oben 
erörterten  allgemeinen  Merkmale  des  religiösen  Kultus  die  Grenze 
zu  bestimmen,  wo  das  Opfer  eine  religiöse  Bedeutung  gewinnt,  und 
um  auf  die  Einflüsse  hinzuweisen,  die  der  Opferkultus  auf  die  reli- 
giöse Entwicklung  ausübt. 

Nun  liegt  der  Ursprung  der  Opfermotive,  ganz  wie  der  des  Ge- 
bets, bereits  im  vorreligiösen  Kultus.  Wurzelt  doch  die  primitive 
Opferhandlung  einerseits  in  den  Zauberbräuchen,  bei  denen  be- 
stimmte Gegenstände,  wie  Tabak  und  andere  Zauberkräuter,  be- 
rauschende Säfte,   zuweilen   auch  Totemtiere  oder  Teile  von  ihnen 

'j  Man  vergleiche  den  schönen  Bußpsalm  bei  Jeremias  a.  a.  O.,  S.  37  t. 


668  ^cr  Ursprung  der  Religion. 


zur  Beschwörung  der  Dämonen  verwendet  werden,  anderseits  in  den 
Tabuvorstellungen  und  Lustrationshandlungen,  die  diese  Vorstellungen 
als  ihre  natürlichen  Ausdrucksbewegungen  begleiten.  Die  zur  Be- 
schwörung dienenden  Zauberobjekte  sind  Unterstützungsmittel  der  Be- 
schwörungsworte, von  denen  sie  in  der  Regel  begleitet  werden,  und 
beide  stimmen  daher  auch  in  ihrer  Bedeutung  völlig  überein:  sie 
wollen  einen  magischen  Zwang  auf  die  dämonischen  Mächte  aus- 
üben; der  Gedanke  der  Bitte  und  der  Wunsch  jene  günstig  zu  stimmen 
liegt  ihnen  noch  fern.  Tabu  und  Lustration  reichen  in  ihren  Anfangen 
gleichfalls  in  den  Zauber-  und  Dämonenglauben  zurück.  Von  dem 
Leichnam,  der  Wöchnerin,  dem  Kranken,  endlich  von  ungewöhn- 
lichen, durch  ihre  besonderen  Eigenschaften  die  Scheu  des  Natur- 
menschen erregenden  Gegenständen  gehen  nach  seiner  Vorstellimg 
dämonische  Einflüsse  aus,  die  im  Sinne  des  direkten,  von  Seele  auf 
Seele  gerichteten  Zaubers  das  eigene  Leben  bedrohen,  und  die  daher 
in  natürlicher  Reaktion  gegen  diese  Gefahr  Abwehrhandlungen  aus- 
lösen*). Solcher  Abwehrhandlungen  g^bt  es  zwei:  die  Dän^onen- 
beschwörung  mit  der  sie  begleitenden  Darbringung  zauberwirkender 
Objekte,  und  die  Reinigung  durch  Wasser  oder  Feuer,  die  in  ähn- 
lichem Sinne  den  Ausgangspunkt  der  äußeren  Kulthandlungen,  wie 
die  Dämonenbeschwörung  den  der  Gebetsformen  bildet.  Die  Lustra- 
tion steht  als  eine  Schutzhandlung,  die  sich  teils  abwehrend  gegen 
den  äußeren  Gegenstand  kehrt,  der  als  Sitz  dämonischer  Kräfte  gut, 
teils  den  durch  solche  Bedrohten  von  deren  schädigenden  Wir- 
kungen befreien  will,  noch  genau  in  der  Mitte  zwischen  den  objektiv 
und  den  subjektiv  gerichteten  äußeren  Kulthandlungen.  In  der  Tat 
ist  sie  beides  zugleich:  der  objektive  und  der  subjektive  Zweck,  der 
sich  bei  der  entwickelteren  Kulthandlung  in  die  objektive  Opferhand- 
lung und  in  die  subjektive  Heiligungszeremonie  spaltet,  ist  bei  der 
primitiven  Lustration  noch  zur  Einheit  verbunden.  Sie  ist  kein 
Opfer;  dazu  fehlt  ihr  das  die  Opferhandlung  begleitende  Motiv  einer 
verändernden  Einwirkung  auf  das  Kultusobjekt,  das  sie  nur  fernzu- 
halten, nicht  zu  besänftigen  oder  zu  eigenem  Vorteil  günstig  zu 
stimmen  sucht.  Sie  ist  aber  auch  keine  Heiligungszeremonie.  Denn 
es    ist    zunächst   nur    die   Befreiung   von    dämonischem    Zauber,    die 


*)  Vgl.  Teil  II,  S.  300  ff.,  330  ff. 


Die  Kalthandlungen.  56q 


bezweckt  wird;  es  fehlt  noch  die  ergänzende  positive  Seite:  die 
Werterhöhung  der  eigenen  Persönlichkeit.  Daran  ändert  es  nichts, 
daß  die  Reinigungshandlungen  ihrer  äußeren  Form  nach  im  wesent- 
lichen die  gleichen  bleiben,  wenn  bei  ihnen  zur  bloßen  Abwendung 
äußerer  Schädigung  jenes  höhere  Ziel  der  eigenen  Heiligung  hinzu- 
tritt. Hier  liegt  eben  eine  neue  Erscheinung  eingreifenden  Bedeu- 
tungswandels der  kultischen  Äußerungen  vor,  wie  er  uns  überall 
bei  dem  Übergang  des  vorreligiösen  in  den  religiösen  Kultus  be- 
gegnet. Für  jene  ursprüngliche  Zwischenstellung  der  Lustration  ist 
es  aber  bezeichnend,  daß  sie  in  einzelnen  ihrer  Erscheinungsformen, 
und  das  gerade  in  solchen,  die  nicht  einmal  zu  den  ursprünglichsten 
gehören  dürften,  die  doppelte  Richtung  bewahrt,  die  sie  an  den 
Anfang  beider  Kultformen  stellt.  Hierher  gehört  namentlich  die  sehr 
frühe  schon  stellvertretend  für  die  Feuerlustration  eingetretene 
Räucherung.  In  ihrer  primitiven  Verwendung,  von  der  uns  noch 
Spuren  in  den  dualistischen  Riten  des  Avesta  und  der  Veden  be- 
gegnen, soll  auch  sie  die  feindlichen  Dämonen  von  der  Person  des 
Opfernden  fernhalten.  Mehr  imd  mehr  wird  sie  dann  aber  zu  einer 
den  Göttern  wohlgefälligen  Handlung.  Nun  werden  daher  wohl- 
riechende Kräuter  und  Harze  dem  brennenden  Holz  beigemischt, 
damit  der  aufsteigende  Rauch  den  Göttern  gefalle  und  außerdem 
den  in  den  Wohlgeruch  gehüllten  Opfernden  selbst  heilige.  Gehört 
daher  auch  das  Rauchopfer  in  dieser  Form  erst  einer  späten  Stufe 
des  Opferkultus  an,  auf  der  in  diesem  bereits  das  Motiv  der  Gabe 
an  die  Gottheit  zur  Herrschaft  gelangt,  so  wirft  doch  die  Affinität, 
die  noch  hier  Opfer  und  Lustration  bekunden,  und  die  uns  weiterhin 
in  andern  ähnlichen  Verbindungen  beider  begegnen  wird,  ein  be- 
zeichnendes Licht  auf  jene  Vorstufen,  wo  in  der  primitiven  Lustration 
die  Motive  beider  überhaupt  nicht  geschieden  waren. 

Das  eigentliche  Opfer  beginnt  nun  da,  wo  sich  aus  dieser  ur- 
sprünglichen Indifferenz  heraus  die  objektiven  Motive  zu  verselb- 
ständigen beginnen  und  daher  in  besonderen,  ausschließlich  auf  das 
dämonische  Objekt  gerichteten  Handlungen  nach  außen  treten.  Das 
will  selbstverständlich  nicht  bedeuten,  daß  nicht  auch  hier  das  sub- 
jektive Begehren  entscheidend  wäre.  Aber  es  ist  eben  in  den  aus 
ihm  entspringenden  Handlungen  eine  Differenzierung  eingetreten,  ver- 
möge deren  für  gewisse  unter  ihnen  das  Kultobjekt,  für  andere  das 


Die  Kalthandlongen.  571 


Menschen  ist,  jenseits  der  Sphäre  der  in  unmittelbarem  Kontakt  mit 
ihm  stehenden  Umgebung  gedacht  wird,  oder  wo  es  zwar  durch 
einen  dieser  Umgebung  angehörenden  Gegenstand  vertreten,  selbst 
aber  der  Berührung  unzugänglich  ist.  Dieser  Schritt  wird  unvermeid- 
lich vollzogen,  wenn  die  Tabuvorstellung  auf  die  Götter  übertragen 
wird,  und  das  geschieht,  sobald  überhaupt  Göttervorstellungen  sich 
ausgebildet  haben.  Freilich  können  jene  auf  den  Gott  selbst  direkt 
nicht  übergreifen.  Um  so  mehr  erstrecken  sie  sich  auf  alles  das, 
was  den  Gott  vertritt,  als  dessen  Wohnstätte  oder  als  ein  sinn- 
lich gegenwärtiger  Teil  seiner  selbst,  also  auf  den  Tempel,  den 
heiligen  Platz,  das  Götterbild,  schließlich  auf  den  Priester  oder  Herr- 
scher, der  mit  der  Gottheit  in  engerer  Beziehung  steht.  Wie  diese 
irdischen  Personen  und  Dinge  einerseits  die  Angriffspunkte  sind,  von 
denen  die  früher  geschilderten  Veräußerlichungen  und  Wucherungen 
der  Tabugebote  ausgehen,  so  bilden  sie  anderseits  die  Ausgang^ 
punkte  von  Handlungen,  die  ganz  im  Sinne  der  Lustration  eine  vor- 
angegangene Verfehlung,  zunächst  wohl  ebenfalls  die  durch  die  Be- 
rührung eines  verbotenen  Gegenstandes  begangene,  wieder  aufheben 
sollen.  Indem  nun  aber  hier  an  die  Stelle  des  in  unmittelbarer 
Nähe  wirksamen  Dämons  der  in  der  Ferne  weilende  Gott  tritt, 
nimmt  jener  Gegenzauber  der  Reinigung  Handlungen  zu  Hilfe,  die 
die  nämliche  zauberhafte  Wirkui^  auf  den  der  Berührung  unzugäng- 
lichen Gott  ausüben  sollen.  Unter  den  frühesten  Formen  solcher 
Zorn  und  Strafe  der  Götter  herausfordernden  Verfehlungen  stehen 
zuerst  solche  im  Vordergrund,  bei  denen  die  unmittelbare  Bcrüh- 
nmg  eines  mit  dem  Tabu  göttlicher  Heiligkeit  versehenen  Gegen- 
standes und  die  Furcht  vor  dem  in  der  Feme  weilenden  Gott  zu- 
sammenwirken. Das  Götterbild,  der  Tempel,  heilige  Bezirke  und 
Gegenstände,  der  Priester  und  Herrscher,  sie  gelten  nun  in  doppeltem 
Sinne  als  tabu:  nicht  bloß  weil  sie  es,  ähnlich  den  dämonischen  Ob- 
jekten des  primitiven  Zauberkultus,  selbst  sind,  sondern  weil  ihre  Be- 
rührung indirekt  auch  auf  den  fernen  Gott  wirkt,  der  in  den  ihm 
geheiligten  Personen  und  Gegenständen  anwesend  gedacht  wird.  Von 
der  ersten  dieser  Verfehlungen  kann  die  Lustration  befreien.  Die 
zweite  bedarf  anderer,  in  die  Feme  reichender  Handlungen,  die, 
wenn  sie  auch  vermöge  der  natürlichen  Schranken  menschlichen  Tuns 
nicht    ins   Unendliche   reichen,  immerhin  indirekt  eine  solche   Wir- 


5^2  ^^  Ursprung  der  Religion. 


kung  ausüben,  indem  sie  äußere  Objekte  zu  Hilfe  nehmen,  die  zum 
Zweck  solcher  Wirkungen  zu  den  himmlischen  oder  unterirdischen 
Mächten  in  unmittelbare  Beziehung  gebracht  werden. 

Zauberhandlungen  dieser  Art,  die  durch  äußere  zauberkräftige 
Mittel  eine  Wirkung  auf  die  Götter  erstreben,  sind  nun  die  Opfer- 
handlungen; und  das  äußere  zauberkräftige  Objekt,  das  in  der  Hand 
des  Menschen  diese  Wirkung  vermittelt,  wird  im  gegenständlichen  Sinne 
das  Opfer  genannt.  Es  ist  je  nach  der  Natur  dieses  Gegenstandes 
Menschenopfer,  Tieropfer,  Blutopfer,  Fettopfer,  Fruchtopfer,  Speise- 
opfer usw.  Alle  diese  Opferobjekte  vereinen  mit  der  Eigenschaft  eines 
Wertgehalts  für  den  opfernden  Menschen  die  eines  spezifischen  zauber- 
haften Einflusses  auf  die  Gottheit.  Dem  entsprechend  überschreitet 
auch  der  Zweck  des  beginnenden  Opferkultus  noch  wenig  die  Sphäre 
des  Dämonenkults.  Er  ist  nur  mit  der  erhabeneren  Natur  der  Götter- 
vorstellungen umfassender  geworden,  indem  zu  dem  Streben,  sich  vor 
den  Göttern  von  der  Verletzung  der  Tabugebote  zu  reinigen,  ver- 
möge der  natürlichen  Verbindung  der  Affekte  der  Furcht  und  des 
Hoffens  das  andere  hinzutritt,  sie  zu  bevorstehenden  Unternehmungen 
zu  gewinnen,  und  endlich  das  noch  allgemeinere,  sie  für  Gegenwart 
und  Zukunft  immerdar  günstig  zu  stimmen.  Führen  die  ersteren 
beiden  Anlässe  zunächst  zu  wechselnden  Opferhandlungen,  so  fuhrt 
die  zweite  Bedingung  zu  einem  regelmäßigen  Opferkult,  wie  er, 
zusammenhängend  mit  der  Sonderung  der  Kulturgebiete  und  ihrer 
Götter  und  mit  der  Ordnung  der  kultischen  Jahresfeste,  einen  wich- 
tigen Bestandteil  der  entwickelteren  Götterkulte  bildet.  So  führen 
die  Tabuvorstellungen  zur  Opferhandlung  als  der  ihnen  adäquaten 
Äußerung,  sobald  das  Tabu  auf  die  Götter  bezogen  wird.  Denn 
nun  bedarf  es  besonderer  Handlungen,  die  der  Abwendung  eines 
durch  solchen  Tabu  höchster  Stufe  heraufbeschworenen  und  der  Be- 
schwörung des  durch  seine  Verletzung  drohenden  Unheils  dienen. 

Ist  hiernach  das  Opfer  nach  seiner  Entstehung  ein  Produkt  der 
Verschmelzung  der  Tabu-  mit  den  Göttervorstellungen,  so  ist  darin 
auch  schon  ausgesprochen,  daß  es  zunächst  in  Zaubervorstellungen 
wurzelt.  Denn  stets  haftet  an  dem  Tabu  dieses  Motiv  einer  von  dem 
Objekt  ausgehenden  magischen  Wirkung.  Da  eine  solche  magische 
Wirkung  den  Göttern  im  höchsten  Maße  zukommt,  so  ist  aber  hier 
xlas  Zaubermotiv  nicht  bloß  das  ursprüngliche,  sondern  es  begleitet 


Die  Kalthandlangen.  6^^ 

fortan  die  Entwicklung  des  Götterkultus,  und  es  steigert  sich  mit  der 
Größe  seines  Gegenstandes  so  lange,  bis  das  Opfer  entweder  zu  einer 
bloOen   äußeren  Form   der  Betätigung  des  religiösen  Gefühls  über- 
haupt geworden,  oder  bis  mindestens  auch  bei  ihm   der  Übergang 
eines  realen  in  ein  ideales  Symbol  eingetreten  ist.    Dieser  setzt  in  der 
Tat  gerade  beim  Opfer  frühe  schon  ein,  und  er  vermittelt  wesentlich 
die  tiefgreifenden  Wandlungen,   die  die  Opferidee  erfahrt.     Eine  der 
wichtigsten  Phasen  in  diesem  Wandel  wird  durch  die  Auffassung  des 
Opfers  als  eines  Geschenkes  an  die  Gottheit  bezeichnet.     In  Wahr- 
heit ist  das  ebensowenig  das  ursprüngliche  wie  das  endgültige  Opfer- 
motiv.    Vielmehr  gibt  sich  das  erstere  sowohl  in  der  Beschaffenheit 
der  Opferobjekte  wie   in  den  begleitenden  Handlungen   deutlich  als 
ein  rein  magisches  zu  erkennen.     Nicht  der  äußere  Wert  der  Ob- 
jekte ist  für  die  Verwendung  zum  Opfer  entscheidend,  sondern  ihre 
magische  Natur.    Sie  haftet  nach  der  bereits  im  Mythenmärchen  sich 
ausprägenden  Gradabstufung  in  erster  Linie  am  Tier,  dann  in  zweiter, 
aber  wohl  nur  unter  besonderen  Bedingfungen  der  Heiligung,  auch 
am  Menschen.    Das  Tieropfer  und  das  wahrscheinlich  erst  mit  dem 
Zurücktreten  totemistischer  Anschauungen  und  unter  dem   Einflüsse 
menschlich  gestalteter  Götter  auftretende  Menschenopfer  sind   daher 
die  frühesten  Formen.    Aber  auch  unter  den  Tieren  sind  nur  ganz 
bestimmte  zum  Opfer  geeignet,  und  es  ist  zu  vermuten,  daß  zunächst 
die  Totemtiere  diesen  Vorzug  genossen  haben,  wenn  auch  manche 
Verschiebungen   frühe   schon   eingetreten   sein    mögen,   ebenso   wie 
dies  bei  der  hiermit  nahe  zusammenhängenden  Scheidung  der  remen 
und  der  unreinen  Tiere  geschah.     Unter  den  Teilen  des  Tieres  sind 
dann    weiterhin   keineswegs   alle   gleich    geeignet    zum  Opfer,    son- 
dern durchgehends  stehen  das  Blut  und  das  Fett  allen  andern  voran. 
Beide  sind,  wie  wir  wissen,  Seelenträger:  das  Blut  als   solches,  das 
Fett  der  Eingeweide  durch  die  von  ihm  umhüllte  Niere,  außerdem 
wohl  auch  dadurch,  daß  es  beim  Brandopfer  die  Flamme  nährt,  deren 
Rauch  zu  den  Göttern  aufsteigt.    Von  den  Seelenträgcrn  aber  wissen 
wir,   daß   sie  schon   auf  Erden   von  Mensch  zu    Mensch  als  Anm- 
Ictte  und  andere  Zaubermittel  magische  Wirkungen  ausüben  (Tca  II, 
S.  joyfr.i.     Ist  damit  bereits  die  ursprüngliche  Natur   d»Op<"  »b 
eines  auf  die  Götter  ausgeübten  Zaubers  nahegelegt,  so  DCStlogen  das 
außerdem  die  begleitenden  Beschwörungsformeln  wie  nicni  oie 

W  u  n  d  t ,  Volkerpsychologie  H,  3.  ^ 


574  ^^'  Ursprang  der  Religion. 


strengen  rituellen  Vorschriften,  die  das  Opfer  umgeben,  und  die  für 
eine  mag^ische  Handlung,  die  als  solche  stets  an  strenge  Einhaltung 
der  Formen  gebunden  ist,  nicht  aber  für  ein  frei  dargebotenes  Ge- 
schenk einen  Sinn  haben.  Nachdem  sich  erst  die  rituelle  Form  fbdert 
hat,  wirkt  sie  dann  freilich  durch  sich  selbst,  als  geheiligte  Über- 
lieferung, so  daß  sie  jetzt,  wie  dies  bei  dem  Bedeutungswandel  der 
Opferidee  tatsächlich  geschieht,  einen  weiteren  Inhalt  aufnehmen  kann. 
Für  die  Art,  wie  man  sich  ursprünglich  die  Seelenträger  beim 
Opfer  wirksam  denkt,  sind  nun  offenbar  ihre  sonstigen  magischen 
Verwendungen  von  wegweisender  Bedeutung.  Von  dem  Blut,  dem 
Herzen  eines  getöteten  Menschen  zu  essen,  gilt  innerhalb  der  ani- 
mistischen  Vorstellungssphäre  als  ein  Mittel,  sich  dessen  Kraft  anzu- 
eignen. Ebenso  hat  das  Essen  von  dem  Fleisch  der  Totemtiere  eine 
rituelle  Bedeutung,  die  auf  das  gleiche  Motiv  der  Aneignung  der  in 
dem  Tier  verkörperten  seelischen  und  magischen  Kräfte  zurücl^eht 
(Teil  II,  S.  15,  247  f.).  Aus  dem  Kreise  dieser  Anschauungen  heraus 
kann  die  Darbietung  der  Opfertiere  und  ihrer  für  den  Seeleng^uben 
wertvollsten  Teile  zunächst  kaum  einen  andern  Sinn  haben  als 
den,  auch  auf  den  Gott  die  seelischen  Kräfte  des  Opfers  wirken  zu 
lassen  und  so  dessen  Willen  nach  dem  Willen  des  Opfernden  zu 
lenken.  So  werden  denn  auch  diese  Vorstellungen  noch  darin 
einander  näher  gerückt,  daß  die  Götter  als  unsichtbar  an  der  Opfer- 
stätte anwesend  gedacht  werden.  Vor  allem  aber  ist  es  der  von  dem 
Brandopfer  aufsteigende  Rauch,  den  auch  sie  in  ihrer  himmlischen 
Ferne  genießen  (Teil  II,  S.  327). 

d.  Das  Opfermahl.     Die  Heiligung  des  Opfernden. 

Mit  diesem  nächsten  Zaubermotiv  verbindet  sich  nun  noch  ein 
weiteres:  seine  Rückwirkung  auf  den  Opfernden  selbst.  Indem 
durch  diese  subjektive  Rückwirkung  jenes  erste  Motiv  in  den  Hinter- 
grund gedrängt  wird,  kann  dann  das  Opfer  seiner  objektiven  Be- 
deutung entfremdet  und  mehr  und  mehr  in  eine  rein  subjektive 
Heiligungszeremonie  übergeführt  werden.  Dieses  weitere  magische 
Motiv  entspringt  aus  dem  Streben,  dem  Opfertier  die  Eigenschaften 
mitzuteilen,  durch  die  es  auf  den  Willen  der  Götter  einwirken 
kann.  Solchem  Zweck  dient  schon  die  Wahl  gewisser  zum  Opfer 
besonders  bevorzugter  Tiere  und  Körperteile.    Dazu  kommen   zere- 


Die  Kolthandlangen.  67  c 


monielle  Vorbereitungen,  die  dem  Opfer  eine  spezifische  Heiligkeit 
verleihen  sollen.     Hier  kann   bereits  die  Bestimmung,   geopfert  zu 
werden,   ein   solches  Heiligungsmittel  sein.    Der  heilige  Zweck,  zu 
dem  es  ausersehen  ist,   wirkt  nach  einer  auf  mythologischem  Gebiet 
überall  wiederkehrenden  Assoziation   auf  das  zu  opfernde  Tier  zu- 
rück.    Diese  Wirkung  ist  es  nun  aber,   die   eine   weitere   wichtige 
Folge  nach  sich  zieht.    Der  Opfernde  will  selbst  an  der  Heiligkeit 
seines   Opfers   teilnehmen.     Ist    daher   auch   das   letztere   in   erster 
Linie  dem  Gott  bestimmt,  so  genießt  doch  auch  der  Opfernde  von 
dessen  Fleisch,  oder  er  läßt  zwar  die  bevorzugten  Teile  dem  Gott, 
sucht  aber  mit  den  übrigen  eine  der  göttlichen  nahekommende  Heilig- 
keit zu   gewinnen.    So  wird  das  Opfer  zum  Opfermahl.    Dieses 
pflegt  frühe  schon  ein  so  wesentlicher  Bestandteil  der  Opferhandlung 
zu  sein,  daß  man  in  der  durch  das  Mahl  hergestellten  Gemeinschaft 
mit  der  Gottheit  den  ursprünglichen  Sinn  des  Opfers  gesehen  hat. 
Nach  der  gesamten  Natur  der  Anschauungen,   zu  denen  es  gehört, 
bezweckt  aber  das  ursprüngliche  Opfermahl  nicht  sowohl  eine  Teil- 
nahme an  dem  Genuß  des  der  Gottheit  dargebrachten  Opfers  —  dazu 
kann  es  erst  kommen,  wenn  das  Opfer  selbst  die  Bedeutung  eines  Ge- 
schenkes angenommen  hat  —  als  vielmehr  eine  Teilnahme   an  dem 
Zauber,  den  es  auf  die  Gottheit  ausüben  soll,  und  der  vermöge  der 
göttlichen  Eigenschaften  des  Opfertiers  überdies  zu  einer  magischen 
Wirkung  der  Gottheit  auf  den  Opfernden  wird.     Die   sprechendsten 
Zeugnisse  hierfür  bieten  die  Zeremonien,  die  das  rituelle  Menschen- 
opfer,  wo   es   sich   selbst   oder   in   seinen  Nachwirkungen   erhalten 
hat,  umgeben.    Dabei  ist  zu  bemerken,  daß,  in  so  frühe  Zeiten  auch 
jener  rohe  Kannibalismus  zurückreicht,  dessen  Motiv   in   der  Aneig- 
nung der  körperlichen  wie  seelischen  Kräfte  des  Getöteten  besteht, 
dennoch  das  rituelle  Menschenopfer,  wie  es  nach  Überlieferung 
oder  Sage  bei  den  Kulturvölkern  der  Alten  und  der  Neuen  Welt  be- 
standen hat,  wahrscheinlich  eine  viel  spätere  Erscheinung  ist,  die  im 
Wendepunkt  zweier  Zeitalter  des  Opferkultus  liegt.   Für  den  Priinitnrca 
ist  das  Tier  gerade  in  jenen  Zaubereigenschaften,  die  für  den  \Jt 
des  Opfers  in  Betracht  kommen,  dem  Menschen  übergeordnet 
denn  auch  das  Tieropfer  offenbar  das  ursprüngliche  gcwcsea. 
weisen  besonders  die  totemistischen  Bräuche  der  Australier  » 
Traditionen  mancher  Indianerstämme  über  das  Essen  der  10 

4ar 


-•if*CJj 


576  ^cf  Ursprang  der  Religion. 


hin.  Aber  nachdem  die  Vorstellung  von  der  Überlegenheit  der  Tiere 
geschwunden  ist,  greift  nun  die   im  sonstigen  Kultus   herangereifte 
Bedeutung   der  Heiligung  des  Menschen  auch  auf  das  Opfer   über. 
So   wird   der  Mensch  selbst   zum  höchsten  Opferobjekt,   freilich 
noch  immer  nicht,  weil  er  an  sich  das  wertvollste  wäre  —  die  Ver- 
'brecher,  die  nach  den  uns  zugänglichen  Überlieferungen  zumeist  zu 
Opfern  ausersehen  wurden,    galten   wohl   kaum   als  solche,  da    sie 
ohnedies  hingerichtet  wurden,  —  sondern  weil  sich   dem  Menschen 
vor  andern  lebenden  Wesen  jene  Heiligkeit  mitteilen  ließ,   die    ihn 
den  Göttern  gleichstellte.     Abgesehen  von  den  entfernteren  Spuren 
und  den  indirekten  Zeugnissen   in  den  Kulten  der  Kulturvölker  der 
Alten  Welt,  wie   des  persischen  Sakäenfestes,  der  römischen  Satur- 
nalien und  ähnlicher,  freilich  in  ihrer  Bedeutung  stark  umgewandelter 
Jahresfeste  bilden  hier  vor  allem  die  Menschenopfer  im  alten  Mexiko 
belehrende  Beispiele.     Bei  dem  großen  Fest  der  Feuergötter  wurde 
der  zu    diesem  Zweck  ausersehene  Kriegsgefangene   zuerst  als   der 
»Sohn    des    Sonnengottes«    gefeiert,    dann,    während   der    Priester 
als  Symbol   der  Erneuerung   der  Sonne    die  Zeremonie  der  Feuer- 
bohrung verrichtete,  durch  Herausreißen  des  Herzens,  also  wiederum 
eines  wichtigen  Seelenträgers,  getötet  und  verzehrt.   Hier  ist  es  augen- 
scheinlich, daß  der  Geopferte  selbst  als  ein  Repräsentant  des  nebenbei 
im    Symbol    der  Feuerbohrung   anwesend    gedachten   Sonnengottes 
gilt.    Als  solcher  übt  er  ebenso  auf  den  neuerstehenden  Gott,  den 
Sohn  des  alten  Jahresgottes,  wie  auf  diejenigen,  die  von  dem  Opfer  ge- 
nießen, eine  magische  Wirkung  aus,  die  bei  den  letzteren  eben  darin 
besteht,  daß  sie  selbst  dadurch  vergöttlicht  werden.    Dieses  Menschen- 
opfer wurde   dann    aber  in  einer   späteren  Zeit   in   einer  doppelten 
Form  abgelöst*).    Einerseits  trat  ein  Speiseopfer  an  seine  Stelle,  viel- 
leicht  das  ursprünglichste,   das  im  Götterkultus  vorkommt:  ein   den 
Gott  darstellender  Kuchen  wurde  von  den  Opfernden  verzehrt.    Ander- 
seits bot  das  Tier  Ersatz  für  den  Menschen.    In  beiden  Fällen  behielt 
das  Opfer  zunächst  seine   magische  Bedeutung  bei.     An  der  Gestalt 
haftet  ja  nach  altem  Seelenglauben  die  Seele  selbst:  hier  also  ist  der 
in  Mehl  nachgebildete  Gott  der  Stellvertreter  des  wirklichen  Gottes. 


*)  Preußj  Der   Ursprung   der  Menschenopfer  in  Mexiko,   Globus,   Bd.  86,  1904, 
S.  108  ff". 


Die  Kalthandlangen.  577 


Das  Tier  aber  hat  sich,  wie  die  begleitenden  Weihezeremonien  ver- 
raten, durch  diese  die  heilige  Bedeutung  zurückerobert,  die  es  in 
dem  früheren,  totemistischen  Zeitalter  des  blutigen  Opfers  von  selber 
besessen.  Immerhin  drückt  sich  die  veränderte  Stellung  darin  aus, 
daO,  wie  dies  so  deutlich  die  Abram-Isaaklegende  lehrt,  auch  hier 
der  Gedanke  der  Stellvertretung  sich  einschob.  Wie  dort  das  Bild 
stellvertretend  für  den  Gott  ist,  so  hier  das  Tier  für  den  Menschen. 
Doch  indem  außerdem  beim  Menschenopfer  der  Geopferte  selbst  un- 
mittelbar dem  Gott  geheiligt  und  dadurch  vergöttlicht  war,  ging  in 
das  Tieropfer  die  Idee  der  Stellvertretung  in  doppelter  Richtung  ein: 
es  vertrat  den  Menschen  und  den  Gott  zugleich^  und  es  stellte  so  die 
magische  Vereinigung  zwischen  beiden  her. 

Diese  Vereinigfung  findet  ihren  Ausdruck  im  Opfermahl,  von 
dem  der  Opfernde  und  der  Gott  genießen.  Auch  diese  Gemein- 
schaft ist  ursprünglich  volle  Wirklichkeit,  imd  wenn  sie  unter  dem 
Einfluß  der  allmählich  die  Oberhand  gewinnenden  unnahbaren  Er- 
habenheit Gottes  nach  und  nach  zum  Symbol  wird,  so  bleibt  doch 
auch  dieses  noch  ganz  ein  reales,  magisches  Symbol.  In  dem  Blut 
des  Opfertiers  bleibt  der  Gott  selbst  gegenwärtig.  Damit  tritt  der 
Gott  ein  in  die  durch  das  gemeinsame  Mahl  repräsentierte  Gemein- 
schaft der  Opfernden.  Zugleich  aber  wird  der  Opfernde  der  Gottheit 
verwandt,  indem  er  von  dem  Opfer  genießt,  in  dem  sie  anwesend 
ist.  Beide  Motive  sind  auf  dieser  Stufe  der  magischen  Symbolik 
wohl  stets  nebeneinander  wirksam,  mag  auch  bald  das  eine  bald 
das  andere  im  Vordergrund  stehen.  So  hat  bei  den  Israeliten  vor- 
nehmlich die  Idee  des  im  Opfermahl  geschlossenen  Bundes  mit  der 
Gottheit,  in  den  antiken  Mysterienkulten  die  der  Heiligung  und 
Vergöttlichung  des  Opfernden  ihre  Ausbildung  gefunden.  Indem 
jedoch  diese  beiden  neuen  Motive  das  ursprüngliche  des  auf  die 
Gottheit  ausgeübten  direkten  Zaubers,  aus  dem  sie  hervorgegangca, 
allmählich  verdrängen,  steigert  sich  in  ihnen  zugleich  die  Erfaabea- 
heit  der  Göttervorstellungen.  Je  gewaltiger  der  Gott  wird,  um  so  mdH- 
schwindet  die  Hoffnung  einer  in  die  Hand  des  Menschen 
Zauberwirkung,  die  einen  Zwang  auf  den  Willen  des  Gottei 
könnte.  Dieser  Zwang  wandelt  sich  jetzt  in  den  Wunsch  « 
Gunst  zu  gewinnen,  damit  er  drohendem  Unheil  vorbeuge  wmd  lc2n>- 
tigc  Geschicke  zu  glücklichem  Ausgfang  wende.    So  wamfäA  mA  znt 


Die  Kalthandlnngen.  67 Q 

geben  für  viele«  (Mark.  10,  45).  Hier  ist  mit  dem  Begriff  des  Ge- 
schenkes zugleich  der  andere  der  Stellvertretung  verbunden,  wie  wir 
ihn  in  der  doppelten  Form  einer  Hingabe  an  Stelle  des  Opfernden 
und  einer  Vertretung  der  im  Opfer  anwesend  gedachten  Gottheit 
selbst  sich  entwickeln  sahen.  Das  Christentum  vereinigt  beide  Seiten. 
Denn  Christus  ist  gleichzeitig  der  Mensch,  der  sich  fiir  andere  hin- 
gibt, und  der  Gott,  der  im  Opfer  wirksam  ist.  Indem  hier  der  Mensch 
und  der  Gott  eins  sind,  erhebt  sich  dann  zugleich  jenes  jüdische 
Versöhnungsopfer  zu  dem  Gedanken  der  Welterlösung.  Wie  der 
einzelne  für  seine  Sünde  zahlt  mit  dem  Blut  des  Opferlamms,  so  ist 
Christus  das  >Lamm,  das  der  Welt  Sünden  trägt«  (Joh.  i,  29).  Dieses 
Wort  des  Johannesevangeliums  gemahnt  aber  noch  an  einen  andern 
Ritus,  in  welchem  der  Gedanke  der  Stellvertretung  neben  dem  eigent- 
lichen Opfer  in  einer  weiteren,  nicht  minder  an  einstige  Scelenvor- 
stellungen  erinnernden  Form  seinen  Ausdruck  gefunden  hatte.  Der 
in  die  Wüste  gesandte  Bock  trägt  die  Sünden  des  Volkes  mit  sich 
fort  (vgl.  oben  S.  329).  Hier  hat  die  Idee  der  Stellvertretung  zu- 
sammen mit  der  uralten  Vorstellung  der  Seelenübertragung  zu  einer 
Reinigungszeremonie  geführt,  die  daneben  den  Charakter  eines  un- 
blutigen Opfers  an  sich  trägt:  das  in  die  Wüste  gesandte  Opfertier 
entfernt,  ähnlich  der  Lustration  durch  Wasser  oder  Feuer,  die  be- 
fleckende Sünde  aus  der  körperlichen  Nähe  des  Opfernden. 

c.  Das  Opfer  als  Geschenk  an  die  Gottheit    Der  Opfertod. 

Andere  Erweiterungen  der  Opferidee,  die  mit  der  Umwandlung 
der  Vorstellung  eines  magischen  Zwangs  auf  den  Willen  der  Gott- 
heit in  die  des  Wunsches  und  der  Bitte  verbunden  sind,  ergeben  sich 
mit  innerer  Notwendigkeit  aus  dem  damit  in  den  Vordergrund  ge- 
hobenen Motiv  des  Geschenks.  An  dieses  ist  untrennbar  der  des 
Wertes  geknüpft.  Hier  wird,  gemäß  der  Übertragung  menschlicher 
Verhältnisse  auf  den  Verkehr  mit  den  Göttern,  unvermeidlich  die 
wertvollste  Gabe  zum  wirksamsten  Opfer.  Doch  das  niemals  ganz 
schwindende  magische  Motiv  scheidet  trotzdem  von  frühe  an  zwischen 
irdischen  und  göttlichen  Werten,  —  eine  Scheidung,  die,  anfäx^Uch 
wohl  geringfügig,  schließlich  zur  Kluft  sich  erweitem  kann.  Nicht 
auf  die  Quantität,  auf  die  Qualität  der  Gabe  kommt  es  an.  Diese 
ist  aber   bei  der  Opfergabe  in  erster  Linie  von  der   Heiligkeit  ab- 


680  I^cr  Ursprung  der  Religion. 


hängig,  die  ihr  entweder  von  Natur,  oder  die  ihr  durch  die  der  Feier 
vorausgehenden  Reinigung^  und  Weihezeremonien  zukommL  So  ist 
schon  in  der  Zeit  des  Menschenopfers,  nachdem  dieses  die  Form  des 
Kindesopfers  angenommen  hat,  der  Erstgeborene  das  durch  seine 
Geburtsvorrechtc  geheiligte  Opfer.  An  seine  Stelle  tritt  dann  der 
erste  Wurf  der  Herde,  dem  später  die  ErsÜinge  der  Ernte  folgen.  Es 
sind  Objekte,  auf  denen  der  Segen  eines  göttlichen  Vorzugs  ruht,  und 
die  daher  die  den  Göttern  wohlgefälligsten  Gaben  sind.  Damit  ist 
noch  eine  andere  Metamorphose  eingetreten:  das  blutige  Tieropfer, 
das  vorherrscht,  so  lange  der  Opferkult  ein  reiner  Zauberkultus  ist, 
wird  zunächst  teilweise  und  schließlich  ganz  abgelöst  von  andern 
Opfergaben.  Zu  den  'Früchten  des  Feldes  tritt  das  Speiseopfer. 
Der  besondere  Wert  dieses  Opfers,  der  ihm  in  den  Ländern  früher 
Kultur,  in  China,  Babylon  und  besonders  in  hidien  weite  Ver- 
breitung verschafft  hat,  liegt  sichtlich  darin,  daß  der  Mensch  in  ihm 
das  zum  eigenen  Leben  Unentbehrlichste  der  Gotdidt  darbietet  Da- 
mit ist  dann  freilich  auch  eine  Abschwächung  aller  dieser  Formen 
des  Geschenkopfers  nahegelegt,  die  an  jene  uralten  Totenopfer  an- 
knüpft, bei  denen  der  Tote  zunächst  mit  den  wirklichen  Geg^enstän- 
den,  deren  er  im  Jenseits  bedarf,  dann  aber  mit  symbolischen  Nach- 
bildungen derselben  ausgestattet  wird,  von  denen  man  zunächst  noch 
hofft,  daß  sie  sich  im  Jenseits  in  die  wirklichen  Objekte  zurückver- 
wandeln, um  endlich,  indem  in  diesem  Fall  frühe  schon  die  reale 
einer  idealen  Symbolik  weicht,  in  ihnen  nur  noch  einen  Ausdruck 
des  eigenen  fortdauernden  Gedankens  an  die  Verstorbenen  zu  sehen 
(Teil  II,  S.  356 f.).  So  ist  auch  das  Speiseopfer  frühe  schon  ein  Symbol 
geworden,  das  dann  allerdings  noch  lange  Zeit  durch  die  ihm  mit- 
geteilte kultische  Weihe  seine  reale  Bedeutung  bewahrt  hat  Dem 
Speiseopfer  schließt  sich  endlich  das  Trankopfer  an,  in  welchem 
zwei  Motive  zusammenwirken.  Einerseits  wird  es  beim  *  imblutigen 
Opfer  Ersatzmittel  des  Blutes,  dessen  Eigenschaft  als  magisch  wir- 
kender Seelenträger  auf  jenes  übertrs^en  wird.  Anderseits  wird  die 
Wahl  des  Opfertrankes  von  den  subjektiven  Wirkungen  bestimmt, 
die  er  auf  den  Opfernden  ausübt.  Der  Somasaft,  der  Wein,  sie  ver- 
danken ihre  Verwendung  zum  Opfer  ihrer  berauschenden  Wirkung. 
In  der  Ekstase,  die  sie  hervorbringen,  betätigen  sich  dieselben  seeli- 
schen Kräfte  in  gesteigertem   Grade,   als  deren   Sitz   das  Blut   gilt, 


Die  Knlthandlangen.  53  j 


und  sie  bewahren  diese  Eigenschaft  auch  dann  noch,  wenn  diese 
stellvertretende  Beziehung  zum  Blute  geschwunden  ist.  Doch  diese 
Wirkung  führt  wiederum  zur  Vorherrschaft  der  subjektiven  über  die 
objektiven  Opfermotive,  wie  wir  sie  schon  im  Opfermahl,  teils  in 
der  Vorstellung  der  Gemeinschaft  mit  der  Gottheit,  teils  in  der  der 
eigenen  Heiligung,  eintreten  sahen.  Der  genossene  Opfertrank  er- 
zeugt beides:  er  erhebt  den  Ekstatiker  in  die  Gemeinschaft  der 
Götter,  und  er  läßt  ihn  die  Vergöttlichung  seiner  eigenen  Seele 
empfinden.  Damit  wird  das  Trankopfer  zu  einem  der  wichtigsten 
Vehikel  für  die  Umwandlung  des  Opfers  überhaupt  in  eine  Heiligungs- 
zeremonie. 

Von  einer  ganz  anderen  Seite  her  kommt  nun  diesem  Erfolg  der 
Selbstaufhebung  des  eigentlichen  Opfers  durch  die  Idee  der  eigenen 
Läuterung  und  Erhebung  die  Askese  entgegen,  die,  wie  wir  früher 
sahen  (Teil  11,  S.  342  ff.),  ihrem  Wesen  nach  ein  Opfer  ist,  bei  dem 
der  Mensch  sein  eigenes  Selbst  hingibt.  Bezeichnet  die  Askese  in 
Fasten,  Entbehrungen  und  freiwillig  erduldeten  Schmerzen  scheinbar 
den  äußersten  Gegensatz  zum  Speise-  und  Trankopfer,  so  sind  doch, 
in  den  Wirkungen,  die  sie  hervorbringen,  beide  einander  nahe  ver- 
wandt. Die  Askese  kann  eine  Ekstase  erzeugen,  welche  der  aus  dem 
Orgiasmus  des  Opfermahls  oder  der  Erregung  durch  den  Opfertrank 
bewirkten  nicht  nachsteht.  Mehr  noch  als  bei  diesen  tritt  aber  bei 
ihr  die  subjektive  Heiligung  als  das  vorherrschende  und  zuletzt  als  das 
einzige  Opfermotiv  zu  Tage. 

Auch  in  dieser  Entwicklung  fehlt  es  jedoch  nicht  an  Hemmungen, 
die  jene  Vergeistig^g  und  die  damit  verbundene  Überführung  des 
Opfers  in  eine  reine  Heiligimgszeremonie  zurückhalten  oder  in  der 
letzteren   nachwirken    können.     Die  mächtigste   dieser  Hemmungen 
geht  unverkennbar  von  dem  gleichen  Motiv  aus,  das  durch  die  Ver- 
drängung  der   ursprünglichen   rohen    Opferformen,    namentlich   des 
Tier-   und    des   Menschenopfers,  das  seinige  zur  Veigcistigung  der 
Opferidee  beigetragen  hat:  von  dem  Motiv  des  Geschenks.    Indem 
die  Opfergabe  als  eine  Leistung  aufgefaßt  wird,  für  die  der  Opfernde 
eine  Gegenleistung   von  der  Gottheit  erwarten  darf,  wird  das  Opfer 
der  Idee   eines  Handelsgeschäfts    zwischen   dem  Menschen   und   der 
Gottheit  bedenklich  nahe  gerückt,  eine  Gefahr  der  Veraußerlichung, 
die  auch  das  Gebet  mit  sich  führen  kann,  die  aber  doch  dem  Opfer  als 


682  I^c'  Urspning  der  Religion« 


einer  äußeren  Handlung  am  meisten  anhaftet.  Mit  besonderer  Schärfe 
hat  diese  notwendige  Folge  der  Auffassung  des  Opfers  als  eines  Ge- 
schenks der  israelitische  Kultus  hervortreten  lassen.  Sie  fehlt  aber  auch 
dem  Christentum,  namentlich  in  der  dogmatischen  Form,  in  der  Paulus 
die  Lehre  von  der  Erlösung  begründet  hat,  nicht,  wenngleich  schon 
der  israelitische  Priesterkodex  und  noch  eindringlicher  Paulus  in  Über- 
einstimmung mit  den  Evangelien  auf  die  innere  Läuterui^  der  Seele 
als  das  notwendige  Komplement  der  äußeren  Lösung  der  Schuld  hin- 
weist. Ihren  sprechenden  Ausdruck  finden  diese  Folgerungen  der 
Geschenktheorie  gerade  in  ihrer  Anwendung  auf  die  Erlösung  der 
Menschheit  durch  Christus.  Scharfsinnig  hat  diese  Folgerung  der 
große  Scholastiker  Anseimus  von  Canterbury  in  seinem  berühmten 
Beweis  des  Erlösungsdogmas  gezogen.  Die  unendliche  Schuld  bedarf 
einer  unendlichen  Gabe  zu  ihrer  Lösung,  also  mußte  Gott  selbst 
sich  hingeben,  um  diese  Schuld  zu  tilgen.  Eigentlich  ist  das  kein 
von  dem  Scholastiker  erfundener  Beweis,  sondern  nur  die  Wieder- 
gabe eines  Gedankens,  der  dem  Urchristentum  als  ein  selbstverständ- 
licher galt.  Wie  der  einzelne  seine  kleine  Schuld  abzahlt  in  dem 
Blut  des  Lamms,  das  er  opfert,  so  werden  die  Sünden  der  ganzen 
Menschheit  abgetragen  durch  das  unendlich  wertvolle  Opferblut  Jesu. 
Diese  Anlogie  ist  für  jeden  bindend,  der  an  die  ms^che  Kraft  des  Blut- 
opfers glaubt,  und  mit  Unrecht  macht  man  daher  der  Scholastik  diese 
Veräußerlichung  des  Opferbegriffs  zum  Vorwurf.  Etwas  von  dem 
jus  talionis  dieser  Betrachtung  steckt  schon,  als  eine  notwendige 
Folge  des  überkommenen  Opferbegriffs,  in  dem  christlichen  Erlösimgs- 
gedanken. Aber  darin  hat  die  Scholastik  dennoch  gefehlt,  daß  sie 
in  ihrem  einseitigen  Intellektualismus  für  alle  andern  Motive,  die  sich 
von  frühe  an  mit  jenem  äußerlichen  gemischt  hatten  und  es  schließlich 
ganz  in  den  Hintergrund  drängten,  kein  Auge  besaß.  Sie  hat  da- 
mit zugleich  den  Beweis  geliefert,  daß  der  Intellektualismus  unzuläng- 
lich ist,  um  irgend  eine  der  großen  Schöpfungen  des  menschlichen 
Geistes,  und  vor  allem  um  die  der  Religion  zu  begreifen.  Das  Ge- 
schenkmotiv hat  in  der  christlichen  Gemeinde  nicht  durch  die  Kom- 
pensation von  Schuld  und  Sühne,  sondern  durch  das  Gefühl  der  sich 
selbst  hingebenden  Liebe  seine  Wirkung  geübt,  und  diese  Wirkung 
hat  sich  mit  allen  den  andern  Motiven  verbunden,  die  der  Opfer- 
idee von  so  vielen  Seiten  her  zugeführt  waren,  und  die   oben   auf- 


Die  Kulthandlungen.  683 


zuzeigen  versucht  wurde.  Alle  diese  Motive  vereinigten  sich  in  dem 
einen  Gedanken  des  Opfers  als  eines  magisch-mystischen  Symbols, 
in  dem  die  einzelnen  Elemente  zu  einem  untrennbaren  Ganzen  ver- 
schmolzen waren.  Dieses  löste  in  seiner  Gesamtwirkung  das  lebendige 
Gefiihl  der  Einheit  des  Menschen  mit  Gott  aus,  und  es  fand  in  dem 
Glauben  an  den  als  Mensch  unter  Menschen  wandelnden,  selbst  die 
Gottheit  auf  Erden  darstellenden  Gottmenschen  Qiristus  seine  Bekräf- 
tigung. Dies  Symbol  war  in  allen  seinen  Teilen  ein  magisches,  aber 
es  trug  zugleich  in  allen  seinen  Teilen  die  Fähigkeit  in  sich,  in  ein 
ideales  sich  umzuwandeln.  Der  erste  Schritt  auf  diesem  Wege  be- 
stand darin,  daß  der  vermöge  dieser  magischen  Bedeutung  dem  Opfer 
eigene  Gedanke  einer  objektiven  Wirkung  zum  Heil  des  Opfernden 
von  Anfang  an  sich  mit  dem  andern  der  subjektiven  heiligenden 
Rückwirkung  auf  ihn  selber  verband,  um  schließlich  ganz  in  diesem 
unterzugehen.  So  sind  von  allen  Seiten  gegen  jene  veräuOerlichenden 
Motive,  die  das  Opfer  mit  sich  führte,  reagierende  geistige  Kräfte 
wirksam  geworden,  die  in  ihrem  Enderfolg  die  völlige  Aufhebung 
des  eigentlichen  Opfers  durch  seinen  Übergang  in  eine  Heiligfungs- 
zeremonie  erstrebten.  Daneben  mögen  dann  immerhin  in  der  Wirk- 
lichkeit Reste  der  alten  Opferidee  ebenso  gut  weiterbestehen,  wie 
der  primitive  Seelen-  und  Zauberglaube  teils  in  seinen  ursprünglichen, 
teils  in  mannigfach  umgewandelten  Formen  wahrscheinlich  nie  ganz 
verschwinden  wird. 

f.  Die  Heiligungszeremonien.     Reinigung  und  Sühne. 

Dem  Opfer  als  einem  nach  außen  gerichteten  Tun,  das  dämonische 
oder  göttliche  Mächte  zu  bezaubern,  günstig  zu  stimmen  oder  zu 
versöhnen  sucht,  steht  die  Heiligfungszercmonie  ab  eine  Kulthandlung 
gegenüber,  die  den  Handelnden  selbst  zu  ihrem  Gegenstand  hat.  Sie 
will  ihn  befreien  von  der  schädigenden  Einwirkung  böser  Dämonen 
oder  von  der  Schuld,  die  er  sich  durch  eigene  Verfehlung  zugezogen, 
oder  sie  will  ihn  endlich  zu  einem  geläuterten,  die  Mängel  der  sinn- 
lichen Natur  überwindenden  Dasein  erheben.  Der  Stufenleiter  dieser 
Zwecke  entsprechend  sondern  sich  die  Heiligungszeremonien  in  zwei 
Unterformen.  Davon  hat  die  erste  lediglich  defensive  und  prohibi- 
tive  Zwecke :  das  eigene  Selbst  reagiert  gegen  die  magischen  Kräfte, 
die  es  geschädigt  haben  oder  zu  schädigen  drohen,  um  unversehrt  in 


684  ^'  Urspnmg  der  Retigion. 


seinem  früheren  Zustand  erhalten  zu  bleiben.  Die  zweite  ist  auf  eine 
innere  Umwandlung  des  eigenen  Selbst  gerichtet:  dieses  strebt  nach 
einer  geistigen  Erhebung  über  das  sinnliche  Dasein,  durch  die  es  der 
Gottheit  nahekomme.  Wir  können  danach  die  erste  Form  als  die  der 
Reinigungs-,  die  zweite  als  die  der  Vergöttlichungszeremonien 
bezeichnen.  Unter  ihnen  sind  die  ersteren  in  ihren  drei  Unterformen  der 
Lustration  durch  Wasser,  durch  Feuer  und  durch  Übertragungy  da  sie 
in  ihren  Anfangen  in  das  Gebiet  des  vorreligiösen  Kultus  zurückreichen 
und  mit  den  Seelen-  und  Tabuvorstellungen  auf  das  engste  zusammen- 
hängen, bei  diesen  bereits  betrachtet  worden.  Hier  bleibt  uns  daher 
nur  übrig,  dem  Bedeutungswandel  nachzugehen,  den  diese  anfänglich 
durchaus  dem  primitiven  Zauber-  und  Dämonenglauben  entspringen- 
den Handlungen  bei  ihrer  Übernahme  in  den  religiösen  Kultus  er- 
fahren, sowie  die  Beziehungen  zu  untersuchen,  die  zwischen  diesen 
an  sich  rein  negativ  gerichteten  Kulthandlungen  und  den  positiven 
der  eigentlichen  Heiligung  oder  Vergöttlichung  stattfinden'). 

Indem  unter  den  drei  erwähnten  Formen  der  Lustration  die  durch 
das  Wasser  die  Oberhand  gewinnt,  geschieht  dies  vor  allem  auch  in 
dem  Sinne,  daß  jener  Wandel  der  Anschauungen,  der  die  Handlung 
aus  einer  reinen  Abwehr  dämonischer  Zaubermächte  in  eine  wirk- 
liche Heiligungszeremonie  überfuhrt,  hauptsächlich  bei  der  Wasser- 
lustration sich  vollzieht.  Weim  nun  das  wesentliche  Moment  dieser 
Veränderung  zumeist  darin  gesehen  wird,  daß  die  ursprünglich  rohe, 
sinnliche  Form  der  Handlung  allmählich  ihrer  sitmlichen  Bedeutimg 
entkleidet  und  in  das  Symbol  eines  inneren  geistigen  Vorgangs  über- 
geführt werde,  so  trifft  übrigens  dies  höchstens  für  die  Endglieder 
des  ganzen  Prozesses  zu;  die  Zwischenglieder,  in  denen  die  psycho- 
logischen Motive  des  Vorgangs  zu  einem  wesentlichen  Teile  ent- 
halten sind,  werden  dabei  übersehen.  Hier  ist  aber  vor  allem  das 
eine  bedeutsam,  daß  in  der  Auffassung  der  Reinigungszeremonie 
eine  assoziative  Verschiebung  der  Vorstellungen  eintritt,  wie  sie  auch 
sonst  noch,  vor  allem  im  Gebiet  der  Sprache  und  Sitte,  tiefgreifende 
Wandlungen  des  geistigen  Gehalts  der  in  ihrer  äußeren  sinnlichen 
Form  unverändert  bleibenden  Erscheinungen   herbeiführt.     Bei    der 


*)  Zur  aUgemeinen  Entwicklungsgeschichte  der  Remigangszeremonien  vgl.  Teil  II, 
S.  318  ff. 


Die  KalthandluDgen.  53  e 


ursprünglichen  Lustration  liegt  der  Zweck  der  Handlung  ganz  in  der 
reinigenden  Wirkung,  die  das  Wasser  vermöge  seiner  natürlichen 
Eigenschaften  ausübt.  Nicht  dem  Wasser  als  solchem  kommt  hier 
die  magische  Kraft  zu,  sondern  der  Beseitig^ung  der  Spuren,  die  die 
Berührung  mit  dem  unreinen  oder  mit  dem  durch  dämonische  Kräfte 
schädigenden  Objekt  zurückließ.  Darum  ist  auf  dieser  primitiven 
Stufe  die  Herkunft  des  zur  Lustration  dienenden  Wassers  gleichgültig. 
Das  ändert  sich,  sobald  das  Tabu  dämonisch  wirkender  Gegenstände 
unter  dem  Einfluß  der  Göttervorstellungen  in  das  Tabu  des  Gött- 
lichen übergeht,  das  dem  Menschen  Unheil  bringt,  nicht  weil  es  ihn 
verunreinigt  oder  direkt  schädigt,  sondern  weil  umgekehrt  er  selbst 
den  Gegenstand  durch  seine  Berührung  verunreinigt  oder  entheiligt. 
Jetzt  bedarf  vielmehr  das  Götterbild  oder  der  geheiligte  Ort,  die  durch 
solche  verbotene  Berührung  geschädigt  wurden,  selbst  einer  Lustration 
zur  Beseitigung  der  an  ihnen  haftenden  Befleckung.  Derjenige  da- 
gegen, der  sich  der  Verletzung  eines  solchen  Tabu  schuldig  gemacht 
hat,  bedarf  nicht  der  Reinigfung,  sondern  der  Sühne.  Eine  solche 
kann  nun  auf  doppeltem  Wege  geschehen:  entweder  indem  er  durch 
eine  nach  außen  gerichtete  Handlung  die  Gottheit  versöhnt,  also 
durch  das  Opfer,  oder  indem  er  selbst  einer  neuen,  in  ihrer  Be- 
deutung wesentlich  veränderten  Form  der  Lustration  unterworfen 
wird.  Sie  besteht  in  der  Reinigung  von  einem  Frevel,  der,  weil  er 
ein  innerlicher  des  gegen  ein  göttliches  Gebot  handelnden  Willens 
ist,  überhaupt  nicht  durch  äußere  Mittel,  sondern  nur  durch  innere 
beseitigt  werden  kann.  Dazu  bedarf  es  nicht  einer  Veränderung 
der  äußeren  sinnlichen  BeschaflTenheit  des  Reinigungsmittels,  sondern 
seiner  geistigen  Bedeutung:  das  Wasser  muß  selbst  magische  Kräfte 
in  sich  tragen.  Daher  von  nun  an  besondere  heilige  Quellen  oder 
Flüsse  als  die  Spender  solch  magisch  wirkenden  Wassers  gelten. 
Dieser  Wandel  vollzieht  sich  aber,  wenn  jene  neuen  Bedingungen 
einer  spezifischen  Heiligkeit  zum  religiösen  Kultus  gehörender  Gegen- 
stände eintreten,  um  so  leichter,  als  dabei  die  an  die  Lustrationszcrc- 
monie  gebundene  Vorstellung  der  magischen  Wirkung  nur  von  dem 
äußeren  Effekt  auf  das  Mittel,  das  diesen  Effekt  hervorbringt,  über- 
geht. Diese  Vertauschung  der  Kausalglieder  geschieht  im  Bereich 
der  Zaubcrkausalität  gerade  deshalb  so  leicht,  weil  an  und  für  sich 
schon  auf  der  ganzen  Handlung  die  Bedeutung  des  Magischen  ruht, 


586  ^c'  Ursprung  der  Religion. 


SO  daß  es  sich  hier  nur  um  eine  Verschiebung  des  Schwerpunktes 
eines  über  dem  Ganzen  ruhenden  Zaubers  handelt  Damit  ist 
aber  zugleich  die  Reinigfungszeremonie  zu  einer  eigentlichen  Heili- 
gungszeremonie geworden,  die  trotz  der  Ähnlichkeit  ihrer  äußeren 
Form  und  trotz  ihrer  genetischen  Abhängigkeit  von  der  Lustration 
im  alten  Sinne  ihrem  Wesen  nach  ein  neuer  kultischer  Akt  ist,  der 
jetzt  erst  die  Bedeutung  eines  religiösen  Kultaktes  angenommen  hat, 
was  er  zuvor  nicht  gewesen  war.  Auch  ist  damit,  insofern  der 
materielle  Entsühnungsakt  eine  rein  geistige  Bedeutung  gewonnen 
hat,  die  Handlung  zu  einem  Symbol  geworden.  Dieses  ist  aber  ganz 
und  gar  ein  reales  magisches  Symbol  imd  nimmt  als  solches 
neben  dem  Opfer  und  dem  Gebet  eine  wichtige  Stellung  des  reli- 
giösen Kultus  ein.  Es  birgft  dann  freilich,  wie  alle  realen  Symbole, 
die  Fähigkeit  in  sich,  mit  der  zunehmenden  Vergeistigfung  der  reli- 
giösen Ideen  und  der  damit  Hand  in  Hand  gehenden  Verdrängung 
der  Zaubervorstellungen  in  ein  ideales  Symbol  in  dem  oben  erör- 
terten Sinne  überzugehen  (S.  680,  683). 

Zunächst  bleiben  jedoch  als  Handlungen,  die  unter  dem  gleichen 
Zeichen  m^scher  Symbolik  stehen,  Opfer  und  Lustration  eng  an- 
einander gebunden.  Beide  bilden  die  sich  ergänzenden  Teile  einer 
einzigen  Kultzeremonie,  die,  wie  Objekt  und  Subjekt  in  der  sinn- 
lichen Anschauung,  zusammengehören.  Hieraus  erklärt  sich  denn 
auch  ohne  weiteres  die  Erscheinung,  daß  in  manchen  Fällen  beide, 
Opfer  und  Lustration,  tatsächlich  in  der  Kulthandlung  völlig  ver- 
schmelzen können.  So  weiht  Mose  den  Aaron  und  dessen  Söhne, 
indem  er  Ohr,  Daumen  und  große  Zehe  der  rechten  Seite  mit 
dem  Blut  des  Opfertiers  bestreicht  (3.  Mos.  8,  23  f),  eine  Zeremonie, 
bei  der  offenbar  das  Opferblut  zugleich  als  magisches  Lustrations- 
mittel dient.  Aaron  selbst  aber  schlachtet  am  großen  Sühnetag 
von  zwei  Böcken  den  einen,  um  mit  seinem  Blut  den  Altar  zu 
besprengen  und  diesen  so  von  der  Unreinheit  der  Israeliten  zu 
reinigen,  indes  er  den  andern  mit  den  Sünden  des  Volkes  in  die 
Wüste  schickt  (3.  Mos.  18,  14  fr.)  —  eine  Zeremonie,  die  das  Opfer, 
die  Reinigung  mit  Opferblut  an  Stelle  des  Wassers  und  die  Reinigung 
durch  Übertragung  in  sich  schließt.  Daß  auch  den  Griechen  eme 
solche  Vereinigung  von  Opfer  und  Lustration  nicht  fremd  war,  be- 
zeugt das  zürnende  Wort  Heraklits:   »Reinigung  von  Blutschuld  suchen 


Die  Kalthandlungen.  5g y 


sie  vergeblich,  indem  sie  sich  mit  Blut  besudeln,  wie  wenn  einer,  der 
in  Kot  getreten,  sich  mit  Kot  abwaschen  wollte«  (Herakl.  fr.  5  Diels). 
Bezeichnend  für  diese  Umwandlung  der  Reinigungsmittel  zu  Trägem 
magischer  Wirkungen  ist  es  übrigens  auch,  daß  die  Waschung  nun- 
mehr der  Besprengung  Platz  zu  machen  pflegt.  Dient  die  ein- 
fache Waschung  der  Beseitigung  einer  Befleckung,  so  gibt  die 
Besprengung  der  in  der  verwendeten  Flüssigkeit  wirksam  ge- 
dachten Einwirkung  magischer  Kräfte  einen  sinnlichen  Ausdruck.  In 
diesen  Verbindungen  von  Opfer  und  Reinigung  bereitet  sich  aber 
zugleich  jener  Übergang  vor,  den  wir  oben  bereits  in  der  Entwick- 
lung der  Opferhandlungen  sich  vollziehen  sahen.  Gleich  dem  Opfer 
wird  der  Reinigungsakt  zu  einer  Heiligungszeremonie,  deren  vor- 
herrschender und  schließlich  einziger  Zweck  in  einer  magischen 
Wirkung  auf  die  Kultgemeinschaft  und  deren  einzelne  Mitglieder 
besteht. 

Gleichwohl  bleibt  auch  nach  diesem  Übergang  innerhalb  des 
gesamten  Umfangs  der  Heiligungszeremonien  der  Lustration  ihr  be- 
sonderes Gebiet  gewahrt.  Ihr  Zweck  ist  der  höchsten  Form  der 
Heiligung,  der  Vergöttlichung  gegenüber  ein  vorbereitender:  sie  will 
entsündigen,  um  dadurch  freien  Raum  zu  schafien  ftir  die  wirkliche 
Erhebung  der  Seele  zur  Gottheit*  Jener  Reinheit  der  Seele,  welche 
die  Vorbedingrung  ihrer  Vergöttlichung  ist,  stehen  aber  Hindemisse 
im  Wege.  Sie  sind  in  der  sinnlichen  Natur  des  Menschen  begründet 
und  äußern  sich  auf  religiösem  Gebiet  in  der  Verfehlung  gegen  die 
Gebote  des  religiösen  Kultus,  oder,  was  infolge  der  Auflassung  des 
Kultus  als  einer  religiösen  Pflicht  damit  gleichbedeutend  ist,  in  einer 
Verfehlung  gegen  die  Gottheit.  Wir  bezeichnen  eine  solche  als 
Sünde  oder  als  religiöse  Verschuldung.  Ihr  steht  die  soziale 
Verschuldung  als  ein  ergänzender  Begriff"  gegenüber,  der  den  Ver- 
stoß gegen  die  Normen  der  Sitte  oder  der  bürgerlichen  Rechtsord- 
nung in  sich  schließt  Beide  zusammen,  die  religiöse  und  die  soziale 
Verschuldung,  bilden  demnach  den  allgemeinen  Begriff"  der  Schuld. 
Nun  entziehen  sich  in  der  Wirklichkeit  diese  Formen  der  Schuld, 
die  religiöse  wie  die  soziale,  vor  allem  deshalb  einer  sicheren  Schei- 
dung, weil  schon  auf  einer  verhältnismäßig  frühen  Stufe  der  Kultur 
der  Bruch  der  Rechtsordnung,  falls  er  nicht  bloß  als  eine  zwischen 
den    Einzelnen   oder   ihren  Sippen   auszumachende   Streitsache   gilt. 


588  ^c'  Ursprong  der  Religion. 


und  der  gröbere^  Verstoß  gegen  die  Sitte  im  allgemeinen  zugleich 
als  religiöse  Verfehlungen  angesehen  werden.  Die  schuldhafte  Hand- 
lung pflegt  daher  eine  Verfehlung  gegen  die  soziale  und  g^en  die 
religiöse  Ordnung  zugleich  zu  sein,  und  fiir  die  Sünde  im  engeren 
und  ausschließlichen  Sinne  bleibt  nur  die  Übertretung  gewisser 
äußerer  Kultusvorschriften  als  ein  ihr  allein  zugehöriges  Gebiet  übrig. 
Immerhin  pflegt  sich  innerhalb  der  so  gezogenen  weiten  Grenzen 
religiöser  Verfehlung  das  Gebiet,  das  neben  ihr  eine  soziale  Ver- 
schuldung in  sich  schließt,  von  dem  andern,  das  speziell  als  eine 
Versündigung  gegen  die  Gottheit  empfunden  wird,  noch  in  den  Kult- 
formen, die  der  Buße  für  diese  Verfehlungen  bestimmt  sind,  zu 
scheiden.  In  diesem  Sinne  trennte  sich  bei  den  Israeliten  das  Sühn- 
opfer in  die  beiden  Formen  des  »Sündopfers«  und  des  »Schuldopfers«; 
und  es  war  ein  charakteristisches  Unterscheidungsmerkmal  beider,  daß 
das  Sündopfer  in  einer  gemeinsamen  Feier  bestand,  bei  der  das  ganze 
Volk  für  die  im  vergangenen  Jahr  begangenen  kultischen  Vergehen 
das  Opfer  darbrachte,  während  das  Schuldopfer  jeweils  von  dem  ein- 
zelnen Schuldigen  geleistet  werden  mußte  (3.  Mos.  5  und  16)^.  Das 
entspricht  der  Tatsache,  daß  der  Rechtsbruch  zumeist  ein  Vergehen 
ist,  das  von  einzelnen  gegen  einzelne  begangen  wird,  und  bei  dem 
daher  auch  die  Verfehlung  gegen  die  Gottheit  nur  das  begleitende 
Motiv  einer  Sühneleistung  ist,  die  der  Schuldige  zimächst  denfi  Ge- 
schädigten zu  gewähren  hat.  Die  Verfehlungen  gegen  die  Gottheit 
selbst  und  gegen  die  unter  ihrem  Schutze  stehenden  Kultgebote 
werden  dagegen,  auch  wo  sie  von  einem  einzelnen  herrühren,  doch 
zugleich  als  ein  Teil  jener  allgemeinen  Pflichtverletzung  empfunden, 
die  das  Volk  seinem  Gott  gegenüber  begangen  hat. 

Suchen  wir  hiernach  diese  im  allgemeinen  Bewußtsein  freilich 
niemals  ganz  verwirklichte,  doch  in  solchen  und  ähnlichen  Unter- 
scheidungen angedeutete  Sonderung  der  Begriffe  festzuhalten,  so 
bietet  das  Verhältnis,  in  welchem  beide  Formen  der  Verfehlung 
jeweils  zueinander  stehen,  Veränderungen,  die  für  den  Verlauf  der 
religiösen  wie  der  sittlichen  Entwicklung  höchst  bedeutsam  sind.  Der 
allgemeine  Gang  dieser  Veränderungen  läßt  sich  in  die  Formel  zu- 
sammenfassen:  mit  der  völligen  Trennung  der  Gebiete  beginnt  die 


')  W.  R.  Smith,  Die  Religion  der  Semiten,  S.  164. 


Die  Kalthandlangen.  68o 


Entwicklung,  sie  schreitet  fort  zu  ihrer  anfanglich  beschränkten,  dann 
zunehmenden  Kreuzung,  um  von  da  aus  einem  Höhepunkt  zuzustreben, 
wo  beide  Gebiete  völlig  zusammenfallen.  Diesen  Höhepunkt  freilich 
erreicht  sie  niemals  ganz  oder  doch  höchstens  innerhalb  des  Um- 
kreises beschränkter  religiöser  Gemeinschaften.  Vielmehr  stellt  sich 
schlieOlich  ein  Zustand  relativer  Stabilität  her,  wo  die  schwereren 
religiösen  zugleich  als  soziale  Verschuldungen  gelten,  imd  ebenso 
umgekehrt,  während  auf  der  religiösen  Seite  ein  für  die  soziale  Ord- 
nung und  auf  der  sozialen  ein  für  das  religiöse  Interesse  gleichgül- 
tiger Rest  bleibt. 

Es  sind  vornehmlich  die  ersten  dieser  Stadien,  in  denen  sich  die 
Erscheinungen  anfänglicher  Trennung  und  dann  allmählich  eintreten- 
der Verschmelzung  religiöser  und  sozialer  Normen  verfolgen  lassen. 
Auf  der  primitivsten  Stufe,    wie   sie  hier  durch  die   Eingeborenen 
Zentralaustraliens,  Melanesiens  und  durch  manche  afrikanische  Stämme 
repräsentiert  wird,  ist  die  Scheidung  eine  vollständige.    Innerhalb  des 
Kultus,  der  freilich  noch  ganz  der  vorreligiösen  Form  des  Dämonen- 
und  Zauberglaubens  angehört,   herrscht  die  ängstlichste  Scheu   vor 
jeder  Abweichung  von  der  hergebrachten  Regel.    Eine  solche  Ver- 
fehlung ist  früher  oder  später  von  schwerer  Schädigfung  an  Leib  und 
Leben  gefolgt.    Auf  der  andern  Seite  smd  diese  primitiven  Stämme 
keineswegs  so  arm  an  sittlichen  Regeln,  wie  man  gewöhnlich  glaubt. 
Abgesehen   von  manchen   oft  überraschend    einsichtigen  Klugheits- 
maximen, gelten  Treue  gegen  den  Genossen,  Achtung  seines  Eigen- 
tums, meist  auch  seines  Weibes,  endlich  Gehorsam  gegenüber  den 
älteren  Stammesmitgliedem  durchweg  als  anerkannte  Grundsätze  des 
Handelns').      Aber   zu    den   Kultvorschriflen   stehen    diese    sozialen 
Normen    außer  Beziehung,   wenn   sie    auch,    ähnlich  den   frühesten 
Kulturgütern,  meist  auf  die  Unterweisung  durch  einstige  Heilbringer 
zurückgeführt  werden.     Auch  die  Folgen   der  Übertretung    sind   in 
beiden    Fällen    gänzlich    abweichende.     Der   Verfehlung    gegen   das 
soziale  Gebot  folgt  in  leichteren  Fällen  die  Mißachtung  der  Genossen, 
in  schwereren  die  Tötung  oder  Ausstoßung  aus  dem  Stammesverband. 
Der  Verletzung  der  Kultregeln  folgt  Krankheit  und  anderes  auf  dämo- 

»)  Vgl.  raeine   ZasammensteUang  solcher  Maximen   in   dem  Artikel  Anfinge  der 
Philosophie  und  Philosophie  der  primitiven  Völker,   Knltur  der  Gegenwart,   Abt.  VI, 

Teil  n. 

Wundt.  Vöikerpsycholofie  II,  3.  44 


Die  Kalthandlnngen.  5oi 

außerhalb  des  Gebiets  religiöser  Betätigfung  und  ihrer  Vorstufen  im 
auOerreligiösen  Kultus  liegen:  sie  sind  Erzeugnisse  des  sozialen  Lebens, 
die  in  den  von  Anfang  an  den  Verkehr  beherrschenden  Trieben  der 
Neigung  und  des  Hasses,  des  Schutzes  der  eigenen  Existenz  und  der 
Vereinigung  mit  den  Genossen  ihre  Quelle  haben.  Aber  diese  Ent- 
wicklung zeigt  auch,  daß  solche  Anfänge  im  Grunde  ebenso  einem 
> vorsittlichen«  wie  die  begleitenden  religiösen  Äußerungen  einem 
»vorreligiösen«  Stadium  angehören.  Erst  in  dem  Augenblick,  wo  der 
Götterkultus  alle  Lebensverhältnisse  ergreift,  bemächtigt  er  sich  mit 
unwiderstehlicher  Gewalt  auch  jener  dürftigen  Normen,  die  aus  den 
natürlichen  Bedingungen  des  Zusammenlebens  und  den  allgemeinsten 
in  diesem  Zusammenleben  erwachsenen  Geftihlen  entspringen.  Hier 
wird  es  nun  aber  zu  dem  hervorstechenden  Zug  dieser  aus  der 
Wechselwirkung  der  sozialen  und  der  religiösen  Triebe  hervorgehenden 
Weiterentwicklung,  daß  beide  Faktoren  zunächst  noch  teilweise  in 
die  Schranken  der  äußeren  Zwangsmotive  gebannt  bleiben,  denen  sie 
in  ihrer  vorangegangenen  Trennung  unterworfen  waren.  Wohl  werden 
nun  jene  primitiven  Sittengebote  nicht  mehr  bloß  als  ererbte  Lebens- 
gewohnheiten, sondern  als  göttliche  Gesetze  angesehen.  Als  innere, 
in  der  Natur  der  Handlungen  selbst  gelegene  Motive  gelten  sie  aber 
hier  so  wenig  wie  dort.  Und  wohl  wird  jetzt  die  Verletzung  der 
Kultusvorschriften  qualitativ  als  etwas  anderes  empfunden  gegenüber 
jener  religiösen  Schuld,  die  zugleich  eine  soziale  Verschuldung  ist 
Aber  in  beiden  Fällen  haftet  noch  die  Vorstellung  der  Verschuldung 
an  der  äußeren  Form  der  Handlung,  und  demzufolge  ist  man  um 
so  mehr  geneigt,  die  Verfehlung  gegen  den  Kultus,  weil  sie  direkter 
gegen  die  Gottheit  gerichtet  ist,  auch  als  die  schwerere  zu  betrachten. 
Darum  furchtet  man  bei  ihr  vor  allem  die  furchtbareren  und  unab- 
wendbareren Strafen  der  Götter,  die  in  dieser  Beziehung  die  unheim- 
liche Macht  der  Dämonen  übernehmen:  sie  strafen  den  einzelnen 
Sünder  mit  Krankheit  und  Trübsal  jeder  Art,  den  Herrscher  oder  das 
Volk  in  seiner  Gesamtheit,  wenn  es  den  Kultus  vernachlässigt,  mit 
Pest  und  Hungersnot,  indes  das  soziale  Verbrechen  durch  geringere 
weltliche  Strafen  und,  insoweit  es  zugleich  eine  religiöse  Verschuldung 
ist,  durch  Bußgebet  und  Opfer  gesühnt  werden  kann. 

Indem  nun   aber  auf  solche  Weise  beiderlei  Motive  in  Wechsel- 
wirkung treten,  steigern  und  vertiefen  sie  sich  gegenseitig.    Das  Ver- 

44* 


Die  KuIthandlaDgen.  693 


tion  von  selbst  ihre  frühere  Stellung,  um  eine  nicht  minder  wichtige, 
aber  gegenüber  den  höheren  Zielen,  die  sich  jener  höhere  Seelenkult 
stellt,  doch  relativ  zurücktretende,  bloß  vorbereitende  einzunehmen. 
So  lange  die  göttliche  Strafe  den  Sünder  schon  im  Diesseits  erreichte, 
konnte  die  Lustration,  unterstützt  durch  Bußgebet  und  Sühnopfer, 
genügen,  um  den  Frommen  vor  der  Gottheit  zu  rechtfertigen.  Der 
Seele,  die  selbst  nach  Vergöttlichung  strebt,  genügt  nicht  die  Reini- 
gung von  begangener  Schuld:  ihr  höheres  Ziel  ist  ein  Einswerden 
mit  der  Gottheit,  an  das  die  Sünde  überhaupt  nicht  mehr  heranreicht. 
Der  hierzu  vorbereitenden  Aufgabe  entspricht  es,  daß  die  Lustration  in 
dem  Kultus  an  den  Anfang  der  Heiligungszeremonien  gestellt  wird. 
Indem  ferner  der  Charakter  dieser  Heiligungskulte  eine  die  Stufen- 
ordnungen des  Jenseits  in  das  Diesseits  übertragende  Scheidung  der 
Kultgenossen  nach  verschiedenen  Graden  der  Heiligkeit  mit  sich  fuhrt, 
sind  es  nunmehr  die  niederen,  allgemeiner  zugänglichen  Weihen,  bei 
denen  die  Lustration  im  Vordergrund  steht.  Aber  obgleich  die  äußeren 
Mittel,  die  Besprengung  mit  Wasser,  die  Räucherung  in  Vertretung  des 
Feuers,  endlich  die  Übertragung  auf  Tiere  oder  andere  Objekte,  in 
ihren  äußeren  Formen  im  ganzen  die  nämlichen  bleiben,  gewinnen  sie 
doch  durch  die  Einordnung  in  einen  umfassenderen  Zeremoniendienst, 
die  Erhebung  einzelner  Akte,  wie  der  Taufe,  zu  sakramentalen  Weihe- 
handlungen, endlich  durch  die  hieraus  entspringenden  Wandlungen  der 
Form  eine  wesentlich  veränderte  Bedeutung.  So  tritt  dem  Wasser  wohl 
um  der  längeren  Dauer  der  äußerlich  bemerkbaren  Wirkung  willen,  die 
Salbung  mit  geweihtem  wohlriechendem  Öl  zur  Seite.  Die  Räuche- 
rung übernimmt  nicht  bloß  stellvertretend  die  Rolle  des  reinigenden 
Feuers,  sondern  es  haftet  an  ihr  auch  mit  der  Erinnerung  an  die 
einstige  Opferflamme  ein  Rest  jener  direkten  Wirkung  auf  die  Gott- 
heit, die  man  im  älteren  Opferkult  dem  zum  Himmel  aufsteigenden 
Rauch  des  Brandopfers  zuschrieb.  Endlich  die  stärkste  Metamorphose 
hat  die  alte  Übertragung  der  Sünde  auf  ein  anderes  lebendes  Wesen 
erfahren:  nicht  dem  in  die  Wüste  fliehenden  Tier  flüstert  der  Kult- 
genosse seine  Schuld  in  das  Ohr,  sondern  dem  Priester  im  geheiligten 
Raum,  der  als  der  Stellvertreter  der  Gottheit  dem  Reuigen  Verzeihung 
zusichert.  Alle  diese  aus  verschiedenen  Kulten  zusammengeflossenen 
Reinigungszeremonien  hat  wohl  zuerst  der  griechische  Mysterienkult 
in  dieser  planmäßigen  Form  als  vorbereitende  Akte  der  ganzen  Kult- 


6q4  Der  Urspning  der  Religion. 

handlung  ausgebildet,  während  die  einzelnen  Bestandteile  natürlich 
auch  anderwärts  vorkommen,  da,  abgesehen  von  den  Wanderungen, 
die  hier  stattfinden  mochten,  die  Grundmotive,  aus  denen  die  Lustra- 
tion in  allen  diesen  Formen  hervorgegangen  ist,  so  allgemeiner  Art 
sind,  daO  sie  sehr  leicht  auch  unabhängig  entstanden  sein  können. 
So  ist  die  Beichte  nicht  nur  dem  Christentum  mit  dem  Buddhismus 
gemein,  sondern  auch  im  alten  Mexiko  bildete  sie  zusammen  mit  der 
priesterlichen  Absolution  die  vornehmste  Form  religiöser  Reinigung. 
Denn  man  hegte  den  Glauben,  sie  allein  könne  die  Tilgung  aller  in 
der  vorangegangenen  Zeit  begangenen  Sünden  bewirken.  Darum  war 
hier  die  Beichte  nur  einmal  zulässig,  und  es  bestand  die  Sitte,  sie 
möglichst  an  das  Ende  des  Lebens  zu  verlegen,  damit  der  Sünder 
vollkommen  gereinigt  in  das  Jenseits  eingehe*). 

Besteht  in  dieser  Einmaligkeit  des  Heiligungsaktes  eine  unver- 
kennbare Analogie  der  mexikanischen  Beichte  mit  unserer  christ- 
lichen Taufe,  so  liegt  nun  freilich  darin  ein  Gegensatz  beider,  daß 
die  Beichte  hier,  wie  ursprünglich  jede  Form  der  Lustration,  ihrer 
unmittelbaren  Bedeutung  entsprechend,  nur  von  begangener  Schuld, 
nicht  von  zukünftiger  zu  reinigen  vermag.  In  der  Kindertaufe  dagegen 
ist  eine  wichtige  Erweiterung  des  Lustrationsbegriffs  insofern  einge- 
treten, als  hier  die  reinigende  Wirkimg  der  Zeremonie  durchaus  der 
Zukunft  zugewandt  ist.  Das  hängt  sichtlich  mit  der  Verstärkung  der 
magischen  Bedeutung  zusammen,  die  der  Lustrationsakt  mit  der  Auf- 
nahme unter  die  Heiligungszeremonien  gewinnt,  und  die,  wie  wir  oben 
sahen,  zugleich  in  einer  besonderen  Heiligung  des  verwendeten  Wassers 
ihren  Ausdruck  zu  finden  pflegt.  Die  Bespreng^ng  mit  dem  heili- 
genden Wasser  soll  hier  nicht  bloß  die  begangene  Schuld  weg- 
nehmen, sie  soll  in  diesem  Fall  vornehmlich  gegen  die  künftige  einen 
Schutz  gewähren.  Die  nicht  wegzuleugnende  Tatsache,  daß  auch  der 
getaufte  Christ  noch  sündigen  könne,  hat  freilich,  wie  man  aus  den 
Briefen  des  Apostels  Paulus  an  die  Korinther  sehen  kann,  frühe  schon 
der  christlichen  Theologie  ernstliche  Schwierigkeiten  bereitet.  Ihre 
Lösung  haben  diese  Schwierigkeiten  schließlich,  wie  bekannt,  in  der 
Auffassung  gefunden,  daß  es  nur  der  ererbte,  dem  Menschen  aus  dem 
Sündenfall  der  ersten  Menschen  überkommene  Anteil  der  Sünde  sei, 


'}  Preuß,  Globus,  Bd.  83,  S.  255. 


Die  Kalthandlangen.  695 


der  durch  die  Taufe  getilgt  werde,  daß  also  hier  die  Lustration  nur 
insofern  auch  der  Zukunft  zustatten  komme,  als  sie  dem  durch 
die  Taufe  in  die  christliche  Gemeinschaft  Aufgenommenen  die  Be- 
wahrung vor  der  Sünde  erleichtere.  Diese  Auffassung  mußte  aber, 
sobald  jene  Lehre  von  der  Erbsünde  wankend  wurde,  naturgemäß 
die  Bedeutung  des  Taufaktes  mehr  und  mehr  der  eines  idealen  Sym- 
bols der  Aufnahme  in  die  christliche  Gemeinschaft  zutreiben*).  Das 
psychologische  Motiv  dieses  Widerstreits  der  Vorstellungen  liegt  aber 
sichtlich  darin,  daß  der  Begriff  der  Lustration  bei  seiner  Anwendung 
auf  die  Taufe  aus  einem  magfischen  Reinigungs-  zu  einem  Heiligungs- 
mittel geworden  ist,  in  welchem  jedoch  der  Gedanke  an  jene  ur*- 
sprünglichere  Bedeutung  immer  noch  nachwirkt.  So  ist  die  Lustration 
beides  zugleich:  als  Reinigung  kann  sie  aber  nur  die  Befreiung  von 
begangenen  Sünden,  als  Heiligung  muß  sie  ebenso  notwendig  die 
künftige  Sündlosigkeit  zu  ihrem  Ziele  haben. 

Die  hier  in  so  bedeutsamer  Weise  in  die  Entwicklung  des  Ur- 
christentums eingreifende  Frage  ist  übrigens  ihrerseits  nur  die  be- 
sondere Form,  welche  der  in  dem  Jenseitskultus  der  Mysterien  heran- 
gereifte Zwiespalt  zwischen  Seele  und  Körper  angenommen  hatte.  Der 
Jenseitskultus  hatte  den  Körper  als  eine  Belastui^  der  zum  Himmel 
emporstrebenden  Seele  betrachten  lernen.  Diese,  zum  irdischen  herab- 
gezogen, werde  so  mit  den  sinnlichen  Trieben  verunreinigt,  von  denen 
sie  sich  in  ihrem  von  der  Körperlichkeit  losgelösten  Zustand  befreien 
sollte.  So  gewann  der  alte,  dereinst  auf  die  kultische  Verschuldung 
beschränkte  Begriff  der  Sünde  in  dieser  seiner  Vereinigung  mit  der 
sittlichen  Verschuldung  wiederum  eine  doppelte  Bedeutung.  Einer- 
seits galt  der  sündige  Zustand  ab  eine  Folge  der  von  der  ein- 
zelnen Seele  begangenen  Verschuldungen;  anderseits  war  er  eine  all- 
gemeine Folge  ihrer  sinnlichen  Gebundenheit.  Beide  Seiten  fanden 
ihre  Vereinigung  darin,  daß  eben  diese  Gebundenheit  zugleich  als 
der   Grund   der   einzelnen  sittlichen  Verfehlungen   betrachtet   wurde. 


'}  über  die  dialektischen  Bemühangen  des  Paalas  und  der  älteren  Kirchenlehrer, 
diese  Antinomie  zwischen  den  rückwärts  grerichteten  Wirkungen  der  Entsündignng  und 
den  in  die  Zukunft  gerichteten  zu  beseitigen,  vgl.  Hans  Windisch,  Taufe  nnd  Silnde 
im  ältesten  Christentum  bis  auf  Origenes,  1908,  S.  98  ff.  Vorbereitend  ist  hier  für 
die  schließliche  Erhebung  zur  idealen  Symbolik  schon  die  Entwicklung  im  Judentum 
und  besonders  bei  Philo,  ebenda  S.  51  ff. 


5^6  Der  Urspnmg  der  Religion. 


Indem  diese  neuen  Formen  den  alten  Dualismus  der  religiösen  und 
der  sozialen  Versdbuldimg  verdrängen,  lassen  sie  zugleich  zwei  neue 
Gestaltungen  des  Lustration^edankens  entstehen,  die  hauptsäch- 
Bch  durch  die  begleitenden  Formen  der  Askese  charakterisiert  sind. 
Demi  die  Askese  ist  es,  die  gerade  hier  einerseits  als  eine  Ablösung 
des  etgentiidien  Opfers  und  anderseits  als  die  höchste  Steigerung 
des  Opfergedankens  zu  der  Opferung  des  eigenen  Selbst  erscheint 
(Tcän,  S.  342).  Der  Reinigung  von  der  Schuld,  die  der  einzelne 
durch  böse  Handlungen  und  Laster  auf  sich  geladen,  dient  nun  die 
positive  F<»m  der  Askese:  die  Büß  Übung,  in  der  der  asketische 
Büßer  inX^^^K^i^c^  Mißhandlungen  des  eigenen  Körpers  die  Strafen, 
<fie  seiaem  Tun  im  Jenseits  beschieden  sind,  vorauszunehmen  und  so 
sich  voo  ihnen  loszukaufen  sucht.  Der  Reinigung  von  der  Sünde, 
cfie  der  Kreatur  als  solcher  durch  ihre  materielle  Gebundenheit  an- 
haftet^ dient  dagegen  die  negative  Askese,  die  Abtötung  der  Sinn- 
lichkeit durch  den  Verzicht  auf  die  materiellen  Genüsse  und  durch 
die  auschließliche  Richtui^  des  Denkens  auf  den  geistigen  Inhalt 
des  Lebens.  In  diesen  beiden  Formen  der  Askese,  die  sich  auf 
so^e  Weise  zu  höheren  Formen  der  Lustration  gestalten,  der  büßen- 
den und  der  entsagenden,  begegnen  uns  so  zugleich  Projektionen 
der  Jenseitsvorstellungen  in  das  Diesseits,  wo  sie  mm  zu  reini- 
genden Vorbereitungen  auf  die  zukünftige  Welt  werden.  Die  höhere 
Fonn  dieser  asketischen  Lustration  ist  natürlich  die  zweite,  die  ent- 
sagende. Sie  ist  es  auch,  die  in  der  philosophischen  Fortbildung 
des  Lustrationsgedankens  diesen  ganz  in  die  Gesinnung  ziuückverlegt, 
der  gegenüber  die  äußere  Handlung  schließlich  nur  als  ein  gleich- 
gültiges Symbol  erscheint.  »Reinheit  und  Unreinheit«,  sagt  der  große 
indische  Asket,  »gehören  unserem  Selbst  an,  keiner  kann  einen  andern 
reinigen«  (Sprüche  Gautama  Buddhas);  und  Plato  bezeichnet  die  Lu- 
stration als  das  Werk  einer  wahren  Phüosophie,  das  die  Lösung  der 
Seele  vom  Körper  erstrebe  (Phädon  67  C). 

g.  Die  Vergöttlichung  als  vollendete  Heiligung. 

Heiligkeit  im  Geiste  der  entwickelten  Religionen  ist  ein  Attribut 
der  Gottheit,  das  im  Grunde  nur  ihr  gebührt.  Daß  sie  an  dieser 
Kigcnschaft  auch  andere  Wesen  teilnehmen  läßt,  wie  die  Engel,  die 
Tempel  und  andere  heilige  Orte,  endlich  Menschen,  die  sich  durch 


Die  Knlthandlnngen.  507 


ihr  Glaubensmartyrium  oder  ihre  Frömmigkeit  sogar  vorzugsweise 
den  Beinamen  der  »Heiligen«  verdient  haben,  ist  eine  Erweiterung 
der  Bedeutung,  deren  letzte  bereits  im  Hinblick  auf  die  durch  beson- 
dere Leistungen  erworbene  Heiligkeit  eingetreten  ist.  Ursprünglich 
heilig  ist  aber  nur  die  Gottheit  selbst,  und  wenn  der  Ausdruck  des 
Heiligen  in  der  Sprache  von  dem  Eigenschaftswort  »heil«  im  Sinne 
von  »unverletzt«  abgeleitet  ist,  so  will  das  wohl  sagen,  daß  alles  Un- 
reine, also  alles,  wovon  die  menschliche  Seele  gereinigt  werden  muß, 
ehe  sie  der  Gottheit  nahe  kommen  darf,  der  Gottheit  fem  sei.  Damit 
wird  eben  die  Lustration  zur  vorbereitenden  Handlung  für  die  eigent- 
liche Heiligimg,  und  diese  wird  ihrem  innersten  Wesen  nach  zur 
Vergöttlichung.  Zu  solcher  Einheit  mit  der  Gottheit  bedarf  es  nun 
aber  besonderer,  positiver  Heiligfungsmittel,  die  der  Kultus  den  vor- 
bereitenden Zeremonien  der  Reinig^ung  folgen  läßt.  Während  die 
von  der  letzteren  erstrebte  Befreiung  von  Verschuldung  und  sinn- 
licher Gebundenheit  der  Seele  g^anz  und  gar  dem  diesseitigen  Leben 
angehört,  setzt  demnach  die  Erhebung  zur  Gottheit  eine  Trennung 
der  Seele  vom  Körper  voraus,  die  allerdings  endgültig  nur  im  Tode, 
zeitweise  aber,  wie  man  den  Erscheinungen  vcn  Traum  und  Ekstase 
entnimmt,  auch  schon  in  diesem  Leben  sich  ereignen  soll.  So  wurzelt 
der  Gedanke  der  Vergöttlichung  durchaus  in  den  Jenseitsvorstellungen, 
und  der  Zustand,  der  die  Seele  des  bevorzugten  Frommen  schon 
während  des  Lebens  die  Himmelsreise  antreten  läßt,  die  Ekstase, 
verhilft  ihr  auch  zu  jener  Gemeinschaft  mit  der  Gottheit,  in  der  sich 
die  Heiligung  vollendet. 

Doch  wie  sehr  in  der  späteren  Übung  der  Heiligungskulte  die 
Ekstase  durch  die  Hilfe  berauschender  Getränke,  hoch  gesteigerter 
Askese  und  sinnbetäubender  Einwirkungen  eines  mystischen  Zere- 
moniells absichtlich  gesucht  werden  mag,  bei  der  ursprünglichen 
Entstehung  dieser  Vorstellungen  und  Riten  ist  jedenfalls  der  Weg 
der  umgekehrte  gewesen.  Zuerst  hat  die  Ekstase  die  Vorstellung 
einer  Befreiung  der  Seele  von  den  Schranken  der  Körperlichkeit 
erzeugt,  und  dann  ist  unter  der  gleichzeitigen  Einwirkung  der  zu 
den  Heiligungskulten  drängenden  sonstigen  Motive  die  Ekstase  zu 
dem  Hauptmittel  der  durch  eine  solche  Befreiung  zu  erreichenden 
Vergötüichung  erhoben  worden.  Die  spezielleren  Entstehungsbe- 
dingungen  der  kultischen  Ekstase  weisen   zugleich   auf  zwei  Wege 


5q8  Der  Ursprang  der  Religion. 


hin,  auf  denen  sich  aus  primitiveren  und  zunächst  noch  vorreligiösen 
Kultformen  diese  höchsten  Heiligungskulte  entwickelt  haben.  Der 
eine  Weg  zeigt  uns  an  seinem  Ausgangspunkt  die  Gestalt  des 
einzelnen  Schamanen,  der  durch  Fasten,  wilde  Tänze  und  Selbst- 
peinigungen in  eine  Raserei  verfallt,  in  der  er  in  seinen  Visionen 
Wunder  zu  erleben  und  Zauber  zu  vollbringen  glaubt.  Ein  Nach- 
folger dieses  einsamen  Ekstatikers  ist  der  brahmanische  und  bud- 
dhistische Büßer,  der  sich,  der  Außenwelt  abgestorben,  zu  göttlicher 
Schmerzlosigkeit  erhoben  glaubt.  Am  Ausgangspunkt  des  andern 
Weges  stehen  hier  wieder  die  Vegetationskulte  mit  dem  wilden  Taumel 
der  Saat-  und  Erntefeste.  Ihre  Nachfolger  sind  die  Mysterien- 
kulte, in  denen  sich  aus  der  Mannigfaltigkeit  der  Kultzwecke,  die 
sich  um  die  Feld-  und  Jahresfeste  gesammelt  hatten,  mehr  und  mehr 
der  der  Sorge  um  die  Zukunft  nach  dem  Tode  gewidmete  Seelen- 
und  Jenseitskult  als  der  wichtigste  hervorhebt,  um  schließlich  als  der 
einzige  übrig  zu  bleiben.  So  scheidet  sich  diese  zweite  Form  religiöser 
Ekstase  vornehmlich  durch  ihre  Beziehung  zu  einem  gemeinsamen 
Kultus.  Der  buddhistische  Mönch  will,  auch  wenn  er  im  Kloster 
lebt,  auf  eigene  Hand  heilig  und  selig  werden.  Der  Kultgenosse  der 
Mysterien  bedarf  dazu  des  Zusammenwirkens  der  Gläubigen.  So  hat 
sich  denn  auch  nur  hier  ein  fest  gefugtes  Zeremoniell  entwickelt, 
in  welchem  Askese  und  Ekstase  einem  größeren  Zusammenhang 
von  Heiligungsriten  eingereiht  sind,  insbesondere  aber  die  Ekstase 
als  das  Mittel  erscheint,  das  den  vorbereitenden  Veranstaltungen  der 
heiligenden  Reinigung  als  die  letzte,  von  vielen  erstrebte,  nur  von 
wenigen  erreichte  Stufe  der  vollen  Vereinigung  mit  der  Gottheit  nach- 
folgt. In  der  Ekstase  erst  sieht  sich  der  Myste  selbst  in  den  Himmel 
versetzt.  Der  Gott  zieht  ihn  empor,  entzieht  ihn  dem  irdischen 
Dasein  und  gibt  so  durch  ihn  auch  den  übrigen  Kultgenossen 
die  Gewähr  einer  künftigen  bleibenden  Vereinigung  mit  der  Gott- 
heit").    Wahrscheinlich  war  schon  in  den  antiken  Mysterienkulten  die 


^)  Die  Einzelheiten  des  Zeremoniells  der  Mysterienknlte  entziehen  sich  freilich 
unserer  Kenntnis,  vielleicht  weniger  deshalb,  weil  sie  Geheimkalte  waren,  als  weU  sie 
nicht  sowohl  in  einer  durch  die  Tradition  zu  fixierenden  Folge  liturgischer  Gebete  wie 
in  einer  Reihe  von  Handlangen  bestanden,  die  jedem  Teilnehmer  bekannt  waren,  and 
die  zu  beschreiben  vielleicht  als  eine  Profanation  galt  (vgl.  Rohde,  Psyche,  ü^,  S.  38  ff. 
A.  Dieterich,   Eine  Mitbraslitnrgie,  S.  25  ff.].     Schilderungen  der  in  der  Ekstase   er- 


Die  Kalthandlangen.  5qq 


uns  aus  der  urchristlichen  Gemeinde  bekannte  »Glossolaliec  (das 
Zungenreden)  ein  Hilfsmittel  gewesen,  das  auch  andere  an  solchen 
Offenbarungen  teilnehmen  ließ.  Sie  bestand  nicht,  wie  sie  zuweilen 
(z.  B.  Apostelgesch.  2,  i)  umgedeutet  wurde,  in  einem  Reden  in 
fremden  Sprachen,  sondern  in  sinnlosen  Lauten,  die  sich  wohl  auch 
infolge  der  bei  den  analogen  pathologfischen  Erscheinungen  zu  be- 
obachtenden gedächtnismäßigen  Einübung  zu  oft  wiederkehrenden 
Scheinworten  fixierten,  denen  nun  die  in  den  Versammlungen  auf- 
tretenden Interpreten  zumeist  ihre  Deutungen  solcher  Ruflaute  ent- 
nehmen mochten,  —  ganz  so  wie  die  delphischen  Priester  seit 
alter  Zeit  die  Ausrufungen  der  Pythia  in  ihre  Orakelsprüche  umge- 
deutet hatten.  Es  sind  Erscheinungen,  die  auch  ohne  historischen 
Zusammenhang,  der  natürlich  zuweilen  mitwirken  mag,  mit  der  den 
Erscheinungen  immanenten  psychologischen  Notwendigkeit  überall 
wiederkehren,  wo  die  Ekstase  zu  einem  Hilfsmittel  des  religiösen 
Kultus  geworden  ist.  So  sind  sie  denn  auch  in  den  neueren  christ- 
lichen Sekten  der  »Erweckten«  vielleicht  unabhängig  von  der  Glos- 
solalie  der  Apostel  wiedergekehrt.  Die  extreme  Ekstase,  in  ihrer 
physiologischen  Natur  dem  epileptischen  Anfall  verwandt,  ist  gleich 
diesem  von  Lautreflexen  begleitet,  und  es  kani^  nicht  ausbleiben, 
daß  der  gläubige  Zuschauer  die  hervorgestoßenen  Laute  als  eine 
Sprache  deutet,  an  der,  wie  der  Apostel  Paulus  sagt,  nicht  der  Nus, 
die  Vernunft,  sondern  der  heilige  Geist,  das  Pneuma,  teilhabe  |i.  Kor. 
14,  14)'). 

An  diese  durch  die  ekstatische  Vision  vermittelten  Erleuchtungen 
schließt  sich  dann  schon  in  den  antiken  Mysterienkulten  zuweilen 
noch    eine   Vorstellung  an,    die    zugleich    der   früher    (S.  577)    er- 


lebten Vereini^ng  mit  der  Gottheit,  mit  der  zugleich  eine  vöUige  Anslöschang  des 
eigenen  Selbstbewußtseins  verbanden  sei,  and  die  übrigens  nar  nnmittelbtr  erlebt, 
nicht  beschrieben  werden  könne,  begegnen  ans  haaptsMchlich  bei  den  Gnostikem  and 
den  Netiplatonikern.  Daß  sie  ihrer  Natar  nach  ^tets  nar  auf  wenige,  (Ur  besonders 
bevorzugt  gehaltene  Mysten  beschränkt  waren,  läßt  sich  auch  der  Äoßerang  Plotins 
entnehmen,  es  sei  ihm  nur  in  seltenen  Momenten  vergönnt  gewesen,  sich  za  diesem 
unmittelbaren  Einswerden  mit  der  Gottheit  zu  erheben.  Vgl  Zeller,  Philosophie  der 
Griechen,  III,  2^,  S.  6iiff. 

^)  Oberhaupt  gibt  Paulus  hier  (i.  Kor.  14,  2  fr.)  eine  tnschtnliche  Sehildening 
dieser  Erscheinung.  Über  deren  Verbreitung  vgl.  HUgenfeld,  Die  Glossolalie  in  der 
alten  Kirche,  1850. 


vQO  Der  Urspning  der  Religion. 


wähnten,  dem  Altertum  geläufigen  eines  göttlichen  Seelenfuhrers,  der 
die  Seele  auf  ihrer  Reise  ins  Jenseits  geleite,  verwandt  ist.  Es  ist 
die  Vorstellung  eines  göttlichen  Mittelwesens,  das  dem  Mysten 
bei  dem  Akte  seiner  Vergöttlichung  beisteht.  In  dem  in  der  hellen- 
istisch-römischen Zeit  verbreitetsten  dieser  Kulte,  im  Mithrasdienst, 
galt  Helios  als  ein  solcher  Mittler,  der,  vielleicht  weil  er  erst  später 
zu  dem  Kultus  des  älteren  Gottes  hinzugezogen  war,  außerdem  aber 
wegen  der  Übereinstimmung  beider  als  Sonnengötter,  auch  als  der 
Sohn  des  Mithras  angerufen  wurde').  Gewiß  kaim  man  diese  Ana- 
logien mit  der  christlichen  Vorstellung  der  Hcilsvermittlung  nicht  ohne 
weiteres  als  Entlehnungen  auf  der  einen  oder  der  andern  Seite  deuten. 
Um  so  mehr  verrät  sich  in  ihnen  das  allen  diesen  Heiligungskulten 
gemeinsame  Motiv  der  Verkörperung  der  göttlichen  Hilfe  in  einer 
besonderen  göttlichen  Persönlichkeit.  Für  das  Verhältnis  zu  dem  über 
ihr  stehenden,  nur  durch  solche  Beihilfe  zu  erreichenden  Gott  ist 
aber  wieder  dem  religiös- mythologischen  Denken  das  des  Sohnes 
zum  Vater,  weil  es  die  Übereinstimmung  der  göttlichen  Natur  beider 
besonders  eindringlich  hervorhebt,  das  naheliegendste.  Indem  femer 
Helios  vor  allem  der  sichtbare,  unmittelbar  in  der  Sonne  verkörpert 
gedachte  Gott  ist,  wendet  sich  überhaupt  in  den  heidnischen  Kulten 
der  hellenistischen  Zeit  das  Gebet  in  erster  Linie  an  Helios,  der  den 
Verkehr  mit  allen  andern,  unsichtbaren  Göttern  vermitteln  und  der 
nach  der  Lehre  der  platonisierenden  Theosophen  mit  allen  diesen 
Göttern,  mit  Zeus,  Apollo,  Athena,  Dionysos,  identisch  sein  solP). 

Doch  des  Vorzugs,  dessen  in  der  Ekstase  nur  wenige  Auserwählte 
gewürdigt  werden,  der  Gemeinschaft  mit  der  Gottheit  selbst  teil- 
haftig zu  sein,  will  auch  die  weitere  Schaar  der  Gläubigen  nicht 
cntraten.  Ihnen  bietet  sich  nun  von  einer  andern  Seite  her,  von 
den  alten  Opfervorstellungen  ausgehend,  ein  mehr  mittelbarer  Weg 
der  Vergöttlichung.  Hat  doch  das  Opfer  selbst,  wie  wir  sahen^ 
als  ein  Mahl,  bei  dem  die  Kultgenossen  die  Gottheit  teilnehmend 
dachten,  den  objektiven  Wert  eines  ihr  dargebrachten  Geschenkes 
allmählich  eingebüßt,  um  dem  frühe  schon  damit  verbimdenen  sub- 
jektiven Motiv  der  durch  die  Opferspeise  bewirkten  Heiligung  schließ- 

»)  Dieterich,  a.  a.  O.  S.  68. 

■)  Man  vgl.  Kaiser  Julians  Rede  auf  König  Helios.  Man,  Die  Religionsphilosophie 
Kaiser  Julians,  S.  144  fr. 


Die  Knlthtiidliiiigeii.  yoi 


lieh  den  Platz  zu  räumen.  Die  Motive,  die  dieser  subjektiven  Seite 
des  Opferkultus  zi^[runde  liegen,  reichen  aber  hinwiederum  bis  zu 
den  frühesten  Anfangen  des  mythologischen  Denkens  zurück.  Sie 
zeigen  uns  bereits  das  Opfer  des  Totemtieres  und  das  Menschen- 
opfer als  die  beiden  Formen,  in  denen  das  Verzehren  des  Opfer- 
fleisches, zuerst  wohl  nur  vereinzelt,  als  ein  Mittel,  die  seelischen 
Kräfte  des  Getöteten  sich  anzueignen,  dann  als  ein  kultischer  Brauch 
in  gemeinsamer  Feier  geübt  wird  *).  Innerhalb  der  primitiveren  dem 
totemistischen  Tieropfer  zugehörigen  Erscheinungen  ist  hier  wahr- 
scheinlich das  Motiv  der  Verstärkung  der  seelischen  Kräfte  das  ur- 
sprüngliche gewesen,  worauf  dann  das  gemeinsame  Opfer  dem  zu 
diesem  verwendeten  Tier  seine  besondere  Heiligkeit  mitteilte,  die 
es  vor  der  Tötung  außerhalb  der  Kultusfeier  schützte.  Diese  im 
Kultus  erworbene  Heiligkeit  mußte  aber  wieder  dem  Genuß  gerade 
seines  Fleisches  eine  spezifische  Kraft  verleihen,  die  schon  auf  der 
Stufe  des  vorrel^ösen  Kultus  dieses  Essen  zu  einer  von  dem  ge- 
wöhnlichen Nahrungsgenuß  abliegenden  Zeremonie  erhob.  Als  dann 
unter  dem  Einriß  der  Göttervorstellungen  das  Tier  im  Kultus  dem 
menschenähnlichen  Gott  sich  unterordnete,  machte  auch  in  der  Ver- 
wendung zum  Opfer  in  vielen  Fällen  das  Tier  dem  Menschen  Platz« 
Die  Heiligung,  die  dort  in  der  Beschränkung  des  totemistischen  Ahnen- 
und  Schutzdämons  auf  eine  einzelne  Tierspezies  gegeben  war,  stellte 
nun  aber  besondere  Anforderungen  an  den  Menschen,  der  zum 
kultischen  Opfer  bestimmt  wurde.  Zunächst  ist  es  wahrschein- 
lich die  Häuptlings-  oder  Priesterwürde  gewesen,  die  das  Vorrecht 
und  zi^leich  die  Pflicht  zu  dieser  Hii^be  mit  sich  fährte  und 
damit  dem  Geopferten  eine  spezifische  Heiligkeit  verlieh,  die  ihn  in 
den  dem  Opfertod  vorangehenden  Zeremonien  göttlicher  Ehrung, 
teilhaft^  machte  und  dann,  in  weiterer  Rückwirkung  dieser  höchsten 
Heiligung,  ihn  als  Repräsentanten  des  im  Kult  verehrten  Gottes 
betrachten  ließ.  So  entwickelte  sich  in  der  natürlichen  psycholo- 
gischen Verkettung  dieser  Motive  die  Vorstellung,  daß  im  Opfer  der 
Gott  selbst,  verkörpert  in  dem  der  Opferung  bestinmiten  Menschen, 
sich  hingebe,  und  daß  daher  der  Genuß  des  ihm  entstammenden 


*)  Vgl.  Teil  II,  S.  15,  2i7f.  und  oben  S.  651,  674.  DasQ  N.  W.  Thomuy  Folk- 
lore vol.  XI,  1900,  p.  239  flf.  Frwer,  Golden  Bongb,  II,  p.  JiSft  Prenß,  Globu, 
Bd.  86,    1904.  S.  108  £ 


nQ2  Der  Ursprung  der  Religion. 


Opferfleisches  ein  Essen  vom  Leib  des  Gottes  sei.  Spuren  einer 
solchen  Anschauung,  die  der  allgemeinen  Vertretung  der  Gottheit 
durch  den  Priester  oder  Häuptling  entspricht,  begegnen  uns  noch 
heute  in  gewissen  außerordentlichen  Fällen  bei  Naturvölkern,  wenn 
bei  allgemeiner  Hungersnot  oder  Heimsuchung  durch  epidemische 
Krankheiten  ein  Häuptling  oder  Priester  als  Opfer  gefordert  wird. 
So  noch  in  verhältnismäßig  neuer  Zeit  bei  polynesischen  Stämmen, 
bei  denen  ohnehin  der  Priester  nicht  selten  göttlich  verehrt  wurde, 
so  daß  er  der  sonst  durch  besondere  Opferzeremonien  zu  ge- 
winnenden Heiligung  entraten  konnte*).  Immerhin  mußte  dieses 
verhängnisvolle  Vorrecht  zu  jener  Ablösung  drängen,  deren  schon 
oben  gedacht  wurde,  und  die  sich  nun  nach  zwei  Richtungen  be- 
wegte. Auf  der  einen  Seite  trat  der  Verbrecher  oder  der  Kriegs- 
gefangene an  die  Stelle  der  geheiligten  Persönlichkeit  des  Häupt- 
lings und  Priesters.  Die  Heiligung,  deren  er  ursprünglich  entbehrte, 
mußte  ihm  dann  nachträglich  verliehen  werden.  Das  geschah  aber 
naturgemäß  infolge  der  hier  bestehenden  Wechselwirkungen  zwischen 
Heiligkeit  und  Kultus  dadurch,  daß  solche  zu  Opf^n  ausersehene 
Menschen  durch  ein  der  Opferung  vorausgehendes  Zeremoniell  ge- 
heiligt wurden.  Da  ist  es  nun  wieder  ein  psychologisch  verständ- 
licher Zug,  wenn  das  Mittel  hierzu  darin  besteht,  daß  man  den  zu 
Opfernden  selbst  zum  Gegenstand  eines  Kultus  macht,  in  welchem 
er  ganz  so  wie  der  Gott,  den  er  vertreten  soll,  verehrt  wird.  Es  ist 
abermals  die  bekannte  Wechselwirkung  der  Motive:  die  Götter  er- 
wecken den  Kultus,  und  der  Kultus  erhebt  seine  Objekte  zu  Göttern. 
Für  ein  ursprüngliches  religiöses  Gefühl  wird  aber  solchen  die  Gott- 
heit vertretenden  Menschen  nicht  etwa  bloß  symbolisch  die  Bedeu- 
tung von  Göttern  beigelegt,  sondern  sie  sind  wirkliche  Götter.  Eben 
darum  können  sie  nun  dieselbe  Heiligung  auch  auf  andere  über- 
tragen, die  von  ihrem  Fleisch  oder  Blut  gemessen. 

Nicht  wesentlich  anders  verhält  sich  der  zweite,  den  Ursprung 
dieser  Heiligungskulte  länger  überdauernde  Weg,  auf  dem  sich  die 
Ablösung  der  zum  Heiligungsopfer  vor  andern  geeigneten  heiligen 
Personen  vollzieht.  Es  ist  die  Vertretung  des  Gottes  durch 
sein   Bild,   dem,   damit   auch   dieses  der  Mitteilung   der  Heiligung 


')  Gerland  (Waitz-Gerland),  Anthropologie  der  Naturvölker,  VI,  p.  381,  396. 


Die  Kalthandlangeii.  ^03 


durch  seinen  Genuß  teilhaft  werde,  eine  eßbare  Beschaffenheit  in  dem 
Opferkuchen  gegeben  wird.  Auch  dies  Bild  bedarf  einer  voran- 
gehenden zeremoniellen  Weihe,  infolge  deren  der  Gott  selbst  in  dieser 
seiner  Nachbildung  Wohnung  nehmen  soll.  Diese  Weihe  geschieht 
wieder  nach  dem  gleichen  Prinzip  der  Erzeugung  des  kultisch  ver- 
ehrten Gegenstandes  durch  den  ihm  geweihten  Kultus*  Diese  zweite 
Form  der  Ablösung  ist  die  dauernde.  Sie  lebt  allein  weiter,  nach- 
dem das  Menschenopfer  längst  den  gesteigerten  Humanitätsgefuhlen 
weichen  mußte;  und  sie  teilt  mit  andern  Kultusformen  die  Eigen- 
schaft, daß  sie  leicht  einem  Bedeutungswandel  zugänglich  ist,  der 
sie  nicht  nur  ihrem  religiösen  Ursprung  entfremdet,  sondern  sie 
schließlich  überhaupt  zu  einer  gleichgültigen  Form  macht.  Als  solche 
erinnert  sie  höchstens  noch  durch  ihre  Beibehaltung  bei  gewissen  mit 
den  alten  Opferkulten  in  Beziehung  stehenden  Festzeiten  an  ihre 
kultische  Vergangenheit.  So  sind  die  Tier-  und  Menschenformen 
unserer  den  Kindern  gespendeten  Osterkuchen,  unter  denen  durch 
seinen  Zusammenhang  mit  dem  in  dem  christlichen  Osterfest  nach- 
wirkenden jüdischen  Passahopfer  das  Lamm  die  erste  Stelle  einnimmt, 
die  letzten  Rudimente  dieser  vormaligen  Opferspeisen. 

Solche  Erscheinungen  des  Essens  von  dem  Fleisch  eines  den  Gott 
vertretenden  Tieres  oder  Menschen  und  ihres  Ebenbildes  in  Gestalt 
eines  Mehlopfers  sind  so  allgemein  verbreitet,  daß  sie  offenbar  an 
vielen  Orten  aus  den  gleichen  psychologischen  Motiven  heraus  ent- 
standen sind.  Dies  verhält  sich  nun  zum  Teil  anders  mit  den  beson- 
deren Modifikationen,  die  diese  Übergänge  von  Opfer-  in  Heiligungs- 
riten in  einzelnen  Fällen  infolge  der  Verbindung  mit  andern  kultischen 
Handlungen  darbieten.  Insbesondere  sehen  wir  wichtige  Komplika- 
tionen dieser  Heiligungszeremonien  und  ihrer  im  primitiven  Seelen- 
und  Tierkult  wurzelnden  Vorstufen  dadurch  eintreten,  daß  sie  mit 
Vegetationskulten  zusammenfließen,  entsprechend  der  schon  oben 
erwähnten  Tendenz  der  Ackerkulte,  andere,  ihnen  ursprünglich  fem- 
liegende Kultzwccke  sich  anzugliedern  (S.  625  f).  Ein  solcher  Vorgang 
kann  dann  in  der  gewöhnlichen  Form  des  Bedeutungswandels  durch 
Verschiebung  der  Motive  schließlich  den  eigentlichen  Vegetationskult 
ganz  zum  Verschwinden  bringen,  während  einzelne  Elemente  desselben 
in  dem  ihn  überdauernden  Heiligungskult  zurückbleiben.  Dies  ist  ja 
auch,  wie  wir  sahen,  der  gewöhnliche  Weg,  auf  dem  die  Jenseitskulte, 


»jQA  Der  Ursprung  der  Religion. 


ZU  denen  die  Heiligungszeremonien  als  ihre  vornehmsten  Bestandteile 
gehören,  überhaupt  zu  entstehen  pflegen  (S.  654).    Für  die  Zeremonie 
des  Gottessens  ist  aber  diese  Interferenz  mit  den  Vegetationskulten 
deshalb  noch  von  besonderer  Bedeutung,  weil  die  letzteren  aus  ihrem 
spezifischen  Zweckgebiet  heraus  eine  Art  des  Opfers  erzeugen,   die 
in  ihrer  äußeren  Form   dem    die    Heiligungfszeremonie    einleitenden 
Opfer  gleicht  und  daher  im  Kultus  selbst  mit  ihr  zusammenfließen 
kann.    Diese  Art  des  Vegetationsopfers  besteht  in  der  Tötung  der 
alten  Vegetationsdämonen  oder  Vegetationsgötter  und  ihrer  Wieder- 
belebung oder  in   der  Erweckung  der  Vegetation^eister  des  neuen 
Jahres,  Opferformen,   zu   denen  sich  in  den  Sonnenwendfesten  die 
Tötung  der  alten  und  die  Erweckung  der  neuen  Sonne  als  ein  ihnen 
eng  verbundener  Vorgang  hinzugesellt*).     Das  sind  Festbräuche,  in 
denen  sich  noch  heute  die  Überlebnisse  solcher  Kulte  und  des  in 
sie    hereing^eifenden    Wasser-    und   Feuerzaubers   mit   dramatischen 
Szenen  durchkreuzen,  in  denen  die  Tötung  eines  Tieres  oder  Menr 
sehen  und  deren  Wiederbelebung  dargestellt  wird.    Letzteres  nament- 
lich da,  wo  die  Vegetationsdämonen  in  den  Sonnenwoidfesten  zu 
Jahresgöttern   geworden  sind.     So    reichen  auch  diese  Formen  des 
Opfers  in  den  vorreligiösen  Dämonenkultus  zurück,  um  dann  unter  der 
Einwirkung  des  Naturmythus  zu  Götterkulten  zu  werden.    Den  Cha- 
rakter von  Dämonenkulten  haben  sie  in  den  freilich  zumeist  bedeu- 
tungslos gewordenen  europäischen  Saat-  und  Emtebräuchen  bewahrt 
Auf  der  Grenzscheide  zwischen  Dämonen-  und  Götterkult  stehen  sie 
in  den  großen  mittelamerikanischen  Jahresfesten.     Völlig  zu  Götter- 
kulten waren  sie  in  den  entsprechenden  Kulten  der  alten  Mexikaner 
und  in  den  antiken  Vegetationskulten  geworden.    So  in  dem  babylo- 
nischen Tamuzd-  und  dem  persischen  Sakäenfest,  in  der  Adonisfeier, 
den  Isis-  und  Attismysterien.     In  allen  diesen  Fällen  waren  freilich 
bereits  Verbindungen  mit  den  Jenseitskulten  eingetreten,  durch  die 
sich  auch  die  Opfermotive  vermischt  hatten.    Selbst  da,  wo  diese  rein 
erhalten  sind,   handelt  es  sich  aber  nirgends,  wie  man  anzimehmen 


')  Vgl.  Teil  II,  S.  440  ff.  und  oben  S.  627  f.  Dazu  die  Sammlang  von  Rudi- 
menten oder,  wie  man  es  nach  der  oben  (S.  624)  gemachten  Bemerkung  vielleicht 
ebensogut  bezeichnen  kann,  von  primitiven  und  eben  darum  zugleich  rückständig  ge- 
bliebenen Formen  solcher  Kulte   bei  Mannhardt,  Wald-  und  Feldkulte,  II,   S.  158  ff., 

183  ff.,  264  ff. 


Die  KnltliftiidliingeD.  yo5 


pflegt,  um  eine  von  ihrem  Ursprung  an  symbolische  Handlung, 
sondern  die  Tötung  des  alten  V^etationsgottes  ist,  so  gut  wie 
der  Erntetanz  und  die  R^enzeremonie,  zunächst  ein  Zauber:  die 
alten  Vegetationsdämonen  müssen  untergehen,  damit  die  neuen  ihre 
Tätigkeit  beginnen.  In  die  Opferbräuche,  die  dieser  Verjüngung 
der  Natur  dienen,  werden  jedoch  vermöge  der  Verbindung  mit  den 
alten  an  die  Ackerbaukulte  sich  anlehnenden  Seelen-  und  Totem- 
kulten  leicht  auch  jene  andern  Bräuche  assimiliert,  die  in  der  Heili- 
gung der  Kul^enossen  durch  das  genossene  Opfer  ihr  Motiv  haben. 
Das  Opfer  des  den  Gott  vertretenden  Tieres  oder  Menschen  um 
der  Heiligung  durch  den  Genuß  seines  Fleisches  willen,  und  das 
Opfer,  bei  dem  im  Sinne  des  Vegetationszaubers  der  alte  Vege- 
tationsgott getötet  wird,  sie  fließen  um  so  leichter  in  eine  einzige 
Opferhandlung  zusammen,  wenn  die  Gottheit,  die  beides  bewirkt,  ab 
die  nämliche  aufgefaßt  wird.  Nun  wird  der  alte  Gott  getötet,  damit 
der  neue  wieder  auferstehe  und  in  der  Natur  neues  Leben  erwecke; 
und  gleichzeitig  genießt  der  Opfernde  von  dem  getöteten  Gott,  um 
sich  selbst  mit  göttlicher  Kraft  zu  erfüllen.  Diese  Vereinigung  be- 
wirkt übrigens  nicht  nur  in  den  Kulten  selbst  eine  Vermengui^ 
der  Motive,  sondern  sie  veranlaßt  leicht  auch  den  Mythologen  und 
Religionspsychologen,  unter  dem  Begrifi*  des  >Gottessens<  Erschei- 
nungen von  wesentlich  abweichender,  Bedeutui^  zusammenzufassen*). 
Doch  scheiden  sich  beide  Opferformen  darin,  daß  bei  dem  reinen 
Vegetationsopfer  das  Essen  des  Opfers,  das  den  Hauptbestandteil 
des  Heilig^ngsopfers  ausmacht,  fehlen  kann,  sowie  auch  darin,  daß 
beide  nur  während  eines  gewissen  mittleren  Stadiums  ihres  Ver- 
laufs zusammengehen.  Die  dauerndste,  in  ihren  Vorstufen  bis  in  den 
primitiven  Animismus  und  Totemismus  zurück-  und  anderseits  bis  zu 
den  höheren  Seelenkulten  der  Mysterien  und  der  aus  ihnen  erwach- 
senen Kulturreligionen  emporreichende  Form  ist  die  des  Genusses 
zunächst  zum  Zweck  der  Stärkung  der  seelischen  Kräfte,  dann  zu 


')  Dies  gilt  insbesondere  tnch  von  der  lehrreichen  Znsammenstellimg  der  hierher 
gehörigen  Erscheiniingen,  die  J.  G.  Frazer  im  sweiten  Bande  seines  »Golden  Bongfa« 
gegeben  hat.  Dieser  in  Anbetracht  der  tatUchlichen  Vermengnng  der  Mothre  ent- 
schuldbare Fehler  schmülert  natürlich  nicht  das  Verlernt,  das  sich  Fräser  dnreh  die 
Aafzeigang  der  nngeheneren,  alle  Knltnrstnfen  omfassenden  Verbreitnng  dieser  Knlt* 
brauche  erworben  hat. 

Wunde,  Völkerpsychologie  II|  3^  ^j 


•■'  'kwq 


^06  ^^^  Ursprung  der  Religion. 


dem  der  Heiligung  und  schließlich  zu  dem  der  Vergöttlichung'.  In 
sie  greift  die  andere  Opferform  der  Tötung  eines  Vegetations-  oder 
Jahresgottes  zum  Zweck  der  Erneuerung  der  Vegetation  nur  in  jenem 
mittleren  Verlaufe  ein,  wo  sich  beim  Aufblühen  der  Ackerkulte  die 
Götterkulte  der  alten  Vorstellungen  der  Seelenaneignung  bemächtigen, 
um  sie  zum  Motiv  der  vollendeten  Heiligung  zu  erheben.  Nachdem 
dies  geschehen,  überdauert  dann  aber  der  so  gewonnene  neue  In- 
halt wieder  die  Ackerkulte,  die  höchstens  in  dürftigen  Resten  neben 
ihm  fortbestehen.  So  ist  es  eine  der  bemerkenswertesten  Erschei- 
nungen in  der  Geschichte  des  religiösen  Kultus,  daß  gerade  die 
höchste  Form  der  Heiligfung,  diejenige,  in  der  der  Mensch  das  nicht 
weiter  zu  überbietende  Ziel  der  völligen  Vereinigung  mit  der  Gott- 
heit zu  erreichen  hoflöt,  in  ihren  tiefsten  Wurzeln  bis  in  die  frühesten 
Anfange  des  vorreligiösen  Kultus  zurückreicht  Das  nimmt  natürlich 
dieser  Form  nichts  an  ihrem  Wert  in  der  Stufenfolge  der  religiösen 
Bildungen.  Vielmehr  zeigt  sich  darin  nur,  wie  fest  verwachsen  jene 
höchste  Erscheinung  der  Heiligung  mit  den  allgemeinen  seelischen 
Motiven  ist,  die  den  Menschen  zu  jeder  Zeit  bewegt  haben ,  so  ver- 
schieden sie  selbst  und  ihre  Wirkungen  sich  gestalten  mögen. 

Unter  den  Kultformen,  die  einer  mittleren  Phase  der  Entwicklung 
angehören,  innerhalb  deren  die  Vegetationskulte  in  die  Vorstufen  der 
Heiligungskulte  eingreifen,  um  sie  dann  zu  ihrer  endgültigen  Bedeu- 
timg emporzuheben,  gibt  es  eine  Festfeier,  bei  der  diese  Kompli- 
kation der  Motive  besonders  augenfällig  ist,  und  die  überdies  in- 
folge der  Bedeutung,  die  sie  durch  die  begleitenden  kulturhisto- 
rischen Momente  für  die  Geschichte  der  christlichen  Heilsvorstellungen 
gewonnen  hat,  ein  hervorragendes  Interesse  besitzt.  Es  ist  die  Feier 
der  Saturnalien,  die  wir  unter  diesem  Namen  zunächst  als  eine 
römische  Kultfeier  kennen,  die  aber  in  einer  Reihe  von  Festen  alter 
Kulturvölker  und  in  ihren  Fortsetzungen  in  neuere  Festbräuche  so 
übereinstimmend  wiederkehrt,  daß  man  den  Ausdruck  wohl  im  all- 
gemeineren Sinne  als  eine  typische  Bezeichnung  anwenden  darf. 
Namentlich  gehören  hierher  griechische,  zum  Teil  an  den  Namen  des 
mit  dem  Saturnus  in  Beziehung  gebrachten  Kronos  geknüpfte  Feste, 
dann  das  persische  Sakäenfest  sowie  vielleicht  in  weiterem  Abstand  das 
babylonische  Tamuzd,  das  jüdische  Purim  u.  a.  Ihre  Grundlage  haben 
alle  diese  Feste  sichtlich  in  Kulten  des  Ackerbaus  und  der  Viehzucht, 


Die  Kalthandlangen.  yo7 


die  hier  in  ihrer  Abhängigkeit  von  der  Sorge  um  die  regelmäßig  an  den 
Jahreswechsel  gebundenen  Nahrungsquellen  zusammengehen.  Der  den 
Satumalien  eigene  Charakter  besteht  nun  in  zwei  bemerkenswerten 
Zügen.  Der  eine  liegt  in  der  die  Festfreude  begleitenden  Ausgleichung 
der  Standes-  und  Besitzunterschiede.  Sie  findet  ihren  drastischen  Aus- 
druck darin,  daß  die  Diener  und  Sklaven  bei  der  Mahlzeit  von  ihren 
Herren  bedient  werden.  Den  zweiten  bildet  die  Erwählung  eines  Fest- 
königs, der,  wenn  das  Fest  zu  Ende  geht,  unter  allgemeinem  Spott 
seiner  Insignien  und  königlichen  Gewänder  beraubt  wird.  Schon  die 
römischen  Saturnalien  sind  in  der  Vereinigung  dieser  beiden  Haupt- 
züge mit  sonstigem  ausgelassenem  Festjubel  und  unbeschränkter 
Narrenfreiheit  zu  reinen  Scherzspielen  geworden,  darin  den  äußerlich 
von  ihnen  wenig  verschiedenen  Fortsetzungen  in  den  modernen  Kar- 
neval gleichend.  Der  ganze  Verlauf  des  Festes,  vor  allem  die  Be- 
kränzung des  Festkönigs  mit  einer  Krone  aus  Feldkräutem,  weist  auf 
einen  einstigen  Vegetationskult  hin,  der  wohl  von  frühe  an  von  Scherz 
und  Spiel  begleitet  war,  der  aber  dabei  doch  des  ernsten  Hinter- 
grundes magrischer  Handlungen  nicht  entbehrte.  So  wurde  bei  dem 
persischen  Sakäenfest  ein  zum  Tode  verurteilter  Verbrecher  zum 
Festkönig  bestimmt,  zwei  andere  wurden  ihm  als  seine  Minister  bei- 
gegeben, und  das  Ende  des  Festes  bestand  ursprünglich  ohne  Zweifel 
in  der  Opferung  dieses  Festkönigs,  der  den  sterbenden  Jahres- 
gott darstellte.  Daß  das  Fleisch  dieses  Opfers  dereinst  gegessen 
wurde,  zunächst  um  auf  die  neue  Vegetation  einen  2^uber  zu  üben, 
dann  um  die  Eigenschaften  der  Gottheit,  die  es  darstellte,  zu  ge- 
winnen, ist  nach  der  Analogie  anderer,  auf  einer  ursprünglicheren 
Stufe  stehen  gebliebener  Opferfeste ,  sowie  daraus,  daß  auch  die 
Saturnalienfestc  den  gemischten  Charakter  von  Vegetations-  und  von 
Heiligungskulten  angenommen  hatten,  jedenfalls  in  hohem  Grade  wahr- 
scheinlich. Bei  der  allmählich  eingetretenen  Tilgung  des  Menschen- 
opfers mochte  dann  an  die  Stelle  der  Tötung  die  Verspottung  und 
scherzhafte  Entthronung  des  Festkönigs,  und  endlich,  als  ihm  der 
Opfertüd  erlassen  war,  die  Befreiung  des  Erwählten  aus  den  Händen 
der  Strafjustiz  treten,  bis  schließlich  in  Rom  das  Kultfest  zu  einem 
reinen  Scherzspiel  geworden  war,  bei  dem  ein  beliebiger  Festgenosse 
als  Saturnalienkönig  figurierte.  Auf  jener  Zwischenstufe,  auf  der  es 
einen  Teil  seiner  ernsten  Bedeutung  noch  bewahrt  hatte,  wie  das  zu 

45* 


yo8  ^^^  Ursprung  der  Religion. 


Jesu  Zeit  wahrscheinlich  mit  dem  persischen  Sakäenfest  gewesen  ist, 
zeigt  aber  die  Geschichte  von  Jesu  Kreuzigung  so  auffallende  Ähn- 
lichkeiten mit  einer  solchen  Festfeier,  daß  sie  unmöglich  als  zu- 
fällige angesehen  werden  können^).  Da  bietet  zunächst  Qiristus  mit 
dem  Akanthuskranz  gekrönt  die  Parallele  zu  dem  Satumalienkönig, 
—  die  Dornenkrone  gehört  erst  der  sinnigen  Symbolik  der  späteren 
Legende  an.  Der  rote  Mantel,  den  die  Soldaten  Jesu  umlegen,  der 
Stock,  der  ihm  als  Szepter  dienen  soll,  seine  Verspottung  als  König 
der  Juden,  alles  das  stimmt  zu  dem  Bild  des  Satumalienkönigs.  Auch 
die  beiden  Minister  fehlen  nicht:  sie  sind  in  den  zwei  Verbrechern 
vertreten,  die  mit  ihm  gekreuzigt  werden.  Endlich  die  Sitte  der  Frei- 
gebung eines  Verbrechers,  die  sich  aus  dem  früheren  Menschenopfer 
entwickelt  hatte,  kehrt  in  der  Befreiung  des  Barrabas,  allerdings  mit 
einer  Teilung  der  Personen,  wieder.  Hier  gleicht  Zug  um  Zug 
die  Leidensgeschichte  nicht  einer  irgendwie  einheitlichen  Saturnalien- 
feier, sondern  Teilen  einer  solchen,  wie  sie  von  einer  Volksmasse, 
wie  den  von  ihrem  Purim-  und  Passahfest  herkommenden  Juden  und 
den  aus  verschiedenen  Provinzen  des  Reichs  stammenden  römischen 
Soldaten,  zusammengetragen  werden  konnten ').  Darum  war  die  Kreu- 
zigungsgeschichte nicht  selbst  eine  Saturnalienfeier,  sondern  eine  tief 
ernste  Begebenheit,  in  die  Pöbel  und  Soldaten  die  ihnen  geläufigen 
Formen  des  Spiels  hineintrugen.  Wie  ungeheuer  ist  aber  dem  gegen- 
über der  Bedeutungswandel,  den  dieser  in  den  blutigen  Ernst  hin- 
eingetragene Scherz  erfahren  sollte !     Kein  anderer  Teil  der  Leidens- 


')  A.  Jeremias,  Babylonisches  im  Neuen  Testament,  S.  20 ff.  Zahlreiche  Parallelen 
der  Satamalien  und  der  von  ihnen  za  den  andern  Vegetationsknlten  hinüberleitenden 
Feste  hat  J.  G.  Frazer  gesammelt  (The  golden  Boagh,  m,  p.  138  ff;). 

^)  Dabei  ist  za  bemerken,  daß  in  diesem  Fall  die  Mischung  von  Motiven,  die 
ganz  verschiedenen  Phasen  in  der  Entwicklung  der  Satomalienfeier  angehören,  fUr 
einen  historischen  Kern  dieses  Teils  der  Passionsgeschichte  spricht.  So  das  in  die 
Anfänge  des  Kultus  zurückreichende  Menschenopfer,  die  jedenfalls  erst  einer  späteren 
Phase  angehörende  Verspottung  des  erwählten  Festkönigs,  die  die  frühere  kultische 
Heiligung  ablöste,  und  endlich  das  vermutlich  zuletzt  gebliebene  Volksprivilegium 
der  Freibittung  eines  Gefangenen.  Es  würde  psychologisch  schwer  begreiflich  sein, 
wie  eine  rein  mythische  Legende  aus  einer  solchen  ganz  verschiedene  Stadien  um- 
fassenden Übertragung  entstanden  sein  könnte,  während  diese  Mischung  verständlich 
wird,  wenn  man  erwägt,  daß  hier  jüdischer  Festbrauch  und  Reminiszenzen,  die  ein 
bunt  zusammengewürfelter  Volks-  und  Soldatenhanfe  aus  heimischen  Bräuchen  in  die 
Vorgänge  hineintrug,  hier  in  einer  wirklichen  Handlung  zusammengeflossen  sind. 


Die  Formen  der  Kaltlegende.  yoQ 


geschichte  hat  so  gewaltig  auf  die  christliche  Tradition  eingewirkt 
wie  eben  diese  einem  überlebten,  zum  Spiel  gewordenen  Kultus  ent- 
nommenen Züge.  Wie  sich  das  Bild  des  Erlösers  mit  der  Dornen- 
krone unauslöschlich  der  Überlieferung  einprägte,  so  hat  vielleicht 
nichts  so  sehr  der  Vorstellung  des  Herrschers  über  die  jenseitige 
Welt  eine  so  eindringliche  Kraft  verliehen,  wie  die  des  ans  Kreuz 
geschlagenen  Erlösers,  in  welchem  das  alte  anstößig  gewordene 
Menschenopfer,  bei  dem  ein  gemeiner  Verbrecher  den  Stellvertreter 
der  Gottheit  spielte,  abgelöst  wurde  durch  das  Bild  der  Selbsthin- 
gabe eines  Menschen,  der  nach  dem  Glauben  der  Christen  die  Gottheit 
selbst  war.  Hatte  damit  das  Menschenopfer  den  weiten  Kreis  der  Ent- 
wicklungen durchlaufen,  der  in  den  dunkeln  Tiefen  des  animistischen 
Zauberglaubens  begonnen,  so  ßig^te  sich  nun  dieser  letzten  Umwand- 
lung des  objektiven  OpfcrbegrifTs  in  den  subjektiven  der  Selbstauf- 
opferung auch  die  neue  Form  ein,  die  hier,  den  Weg  fortsetzend, 
den  bereits  die  Jenseitskulte  der  Mysterien  genommen,  das  christliche 
Opfermahl  gewann.  Auch  in  ihm  kehrte  eine  uralte,  bis  tief  in  den 
vorreligiösen  Kultus  zurückreichende  kultische  Form  wieder.  Denn 
noch  einmal  bildete  in  ihm  das  Essen  des  Gottes  den  Inhalt  der  Feier, 
und  dieses  Essen  galt,  wie  in  allen  höheren  Seelenkulten,  als  Mittel  der 
geistigen  Vereinigung  mit  der  Gottheit.  Indem  aber  das  Abendmahl 
zugleich  als  ein  Gedächtnismahl  an  den  dereinst  als  Heilbringer  ge- 
kommenen Gottmenschen  eingesetzt  wurde,  gewann  es  den  Wert  eines 
Symbols,  das  in  dem  Maße  aus  seiner  ursprünglich  magischen  in  eine 
ideale  Bedeutung  übergehen  konnte,  als  in  dem  Bild  seines  Stifters 
an  die  Stelle  des  Gottes  der  Mensch  trat,  in  dem  die  höchste  der 
menschlichen  Eigenschaften,  die  Selbsthingabe  an  ein  sittliches  Ideal, 
verkörpert  gedacht  wurde. 

4.  Die  Formen  der  Kultlegende. 

a.  Die  Kultlegenden  der  Ackerbankalte.     Demeter-  and  Dionysostypnt. 

Die  Mithraslegende. 

Unter  einer  »Kultlegende«  soll  hier  nicht  jede  beliebige  Erzählurg 
verstanden  werden,  die  einen  kultisch  verehrten  Gott  oder  Heros  zu 
ihrem  Gegenstande  hat.  Vielmehr  beschränken  wir  den  Begriff  auf 
solche  Legenden,  die  selbst  die  Grundlagen  bestimmter  Götterkulte 


^  I O  ^er  Ursprung  der  Religion. 


bilden,  und  in  denen  daher  jeweils  die  Persönlichkeit  des  Gottes, 
dessen  Schicksale  die  Erzählung  berichtet,  nur  als  die  Trägerin  der 
Güter  erscheint,  die  im  Kultus  gefeiert  und  erstrebt  werden.  In  diesem 
engeren  Sinne  gefaßt  ist  die  Kultlegende  die  Darstellung  einer  be- 
stimmten religiösen  Grundanschauung,  deren  Ausdruck  der  Kultus  ist, 
in  der  Form  der  Schilderung  des  Lebens  einer  göttlichen  Persön- 
lichkeit. Darum  ist  es  zwar  nicht  ausgeschlossen,  daß  innerhalb  einer 
Volksgemeinschaft  mehrere  Kultlegenden  nebeneinander  vorkommen, 
deren  jede  dann  die  Grundlage  eines  besonderen  Kultus  bildet 
Aber  die  einzelne  Kultlegende  entspricht  stets  nur  einem  einzigen, 
in  bestimmten  Riten  und  liturgischen  Formen  ausgebildeten  Kultus, 
und  sie  setzt  daher  eine  einzige  in  sich  geschlossene  Kultgenossen- 
schaft voraus.  Dabei  hindert  diese  allerdings  nicht  unbedingt  die 
Zugehörigkeit  zu  andern  Kultgenossenschaften.  Doch  wird  eine 
solche  Konkurrenz  mit  der  Entwicklung  der  Kulte  immer  seltener 
und  schließlich  unmöglich.  Darin  liegt  schon  angesprochen,  daß  die 
Existenz  einer  Kultlegende  durchaus  an  die  höheren  Stufen  der  reli- 
gfiösen  Entwicklung  gebunden  ist,  und  daß  auf  der  höchsten  eine  ein- 
zige zur  herrschenden  wird.  Demzufolge  sind  die  Herakles-  und  die 
Theseuslegende  überhaupt  keine  Kultlegenden.  Die  Demeterlegende 
ist  eine  solche,  aber  keine  ausschließliche:  der  in  Eleusis  Geweihte 
konnte  auch  an  den  orphisch-dionysischen  Mysterien  teilnehmen.  Die 
Jesuslegende  dagegen  ist  für  den  Christen  in  dem  Sinne  alleinherr- 
schend, daß  sie  allen  andern  religiösen  Legendenbildungen,  die  neben 
ihr  vorkommen,  nur  in  der  Unterordnung  unter  die  Hauptlegende 
und  deren  Träger  Raum  läßt.  Diese  zieht  hier  solche  beschränktere 
Legenden,  die  ursprünglich  zum  Teil  unabhängig  existiert  haben 
mögen,  ähnlich  in  ihre  Kreise,  wie  nach  gewissen  kosmogonischen 
Vorstellungen  die  Sonne  die  Planetenwirbel  ihres  Systems  absor- 
biert hat. 

Nicht  jede  Religion,  der  wir  aus  sonstigen  Gründen  eine  hohe 
Stellung  in  der  Entwicklung  der  religiösen  Vorstellungen  anweisen, 
hat  jedoch  Kultlegenden  in  diesem  spezifischen  Sinne  hervorgebracht. 
Ansätze  sind  zwar  überall  in  den  großen  Naturreb'gionen  der  Alten 
Welt  zu  finden.  Auch  pflegen  die  Vegetationskulte  mit  ihren  dra- 
matischen Darstellungen  des  Lebens  und  Sterbens  des  Jahresgottes 
und  den  daran  sich  schließenden  Vorstellungen  von  der  Wanderung 


Die  Fonnen  der  Kaltlegende.  ^11 

der  Seele  ins  Jenseits  das  Grundthema  solcher  beginnender  Kult- 
legenden zu  bilden.  Die  Sagen  von  Marduk,  von  Indra,  noch  mehr  die 
Legenden,  die  das  Verschwinden  oder  den  Tod  des  Jahresgottes  und 
seine  \Viederkehr  zum  Thema  haben,  wie  die  Höllenfahrt  der  Istar, 
die  Adonislegende,  tragen  so  in  vielem  schon  die  Züge  echter  Kult- 
legenden an  sich,  und  manche  haben  sich  wohl  auch  stellenweise  zu 
solchen  erhoben.  Im  allgemeinen  aber  läßt  es  das  Nebeneinander 
einer  Mehrheit  in  selbständigen  oder  vereinigten  Kulten  verehrter 
Göttergestalten  zur  Ausbildung  der  eigentlichen  Kultlegende  in  dem 
oben  bezeichneten  Sinne  nicht  kommen.  In  andern  Fällen  steht  die 
nomadisierende  Lebensweise,  wie  der  Entwicklung  der  Vegetations- 
kulte, so  auch  der  einer  an  diese  gebundenen  Kultlegende  im 
Wege.  So  haben  die  Israeliten  eine  Väter-  und  eine  Prophetensage. 
Aber  es  fehlt  ihnen  die  Kultlegende.  Jahwe  selbst,  der  in  seinem  un- 
veränderlichen Wesen  keine  Geschichte  hat,  deren  der  Gott  der  Le- 
gende bedarf,  i.st  selbst  der  Hüter  seines  Kultus,  und  die  Propheten 
sind  die  Verkünder  seiner  Gebote.  Das  Bedürfnis  nach  einer  dem 
Menschen  durch  ihr  eigenes  Leben  und  Leiden  näher  tretenden  Gott- 
heit ist  erst  in  einer  späteren  Zeit  in  dem  jüdischen  Volke  erwacht, 
und  es  hat  so  in  den  Messiasverkündigungen  der  Propheten  den  heil- 
bringenden Gottmenschen  in  die  Zukunft  verlegt,  damit  aber  auch  in 
ein  Gebiet  entrückt,  wo  die  Legende  von  der  apokalyptischen  Dich- 
tung abgelöst  wird. 

In  allen  diesen  Fällen  mangelt  es  an  einer  Hauptbedingung,  die 
für  die  Entstehung  der  Kultlegende  erforderlich  ist:  an  der  ge- 
schlossenen Kultgenossenschaft,  die  sich  zu  einem  in  einer 
einzigen  Götterpersönlichkeit  zum  Ausdruck  kommenden  Kultzweck 
zusammenfindet.  So  wiederholt  sich  hier  das  nächste  Merkmal  des 
religiösen  Kultus,  das  der  Kultgemeinschaft,  in  einer  durch  die  engere 
Verbindung  der  Kultgenossen  höher  entwickelten  Form.  Vorstadien 
ihrer  Entstehung  sind  wohl  lange  schon  vorhanden  gewesen*).  Deutlich 
ausgebildet  begegnet  sie  uns  erst  in  den  beiden  großen  Mystericn- 


')  Auf  solche  Vorstufen  hat  man  z.  B.  im  indischen  Kultus  hingewiesen,  wo 
einzelne  Wechselgesänge  im  Rigveda  wahrscheinlich  dramatisch-liturgische  Bestand- 
teile einer  kaitischen  Feier  gebildet  haben  (vgl.  L.  von  Schroeder,  Mysterimn  und 
Mimus  im  Rigveda,  1908).  Aber,  wie  dem  auch  sein  möge,  eine  aosgesprocbene  Knlt- 
legende  haben  diese  Vishnn-Krishna-  und  Rudra-^vakulte  offenbar  nicht  entwickelt. 


^12  Der  Ursprung  der  Religion. 


kalten  der  Griechen,  den  eleusinischen  und  orphischen.  Die  beiden 
Kultlegenden,  in  denen  der  Charakter  dieser  Kulte  sich  ausprägt,  die 
Demeter-  und  die  Dionysoslegende,  repräsentieren  zugleich  die  zwei 
Typen,  zwischen  denen  sich  diese  aus  den  Vegetationskulten  erwach- 
senen Legendenbildungen  bewegen.  In  der  Demeterlegende  li^ 
dieser  Ursprung  noch  offen  zutage;  und  zugleich  bietet  sie  ein  Ent- 
wicklungsstadium dar,  wo  sich  der  Sinn  der  Legende  bereits  erweitert 
hatte,  immerhin  aber  hauptsächlich  auf  die  Göttin  als  Spenderin  aller 
irdischen  Güter  beschränkt  geblieben  war.  So  schildert  sie  noch  der 
homerische  Demeterhymnus,  wenn  auch  hier  in  der  Unsterblichkeit, 
die  sie  dem  Kinde  des  Keleus  gewinnen  will,  die  Richtung  auf  das 
Jenseits  schon  durchschimmern  mag.  Demgegenüber  steht  in  der 
Legende  vom  Dionysos -Zagfreus,  wie  sie  von  den  Orphikern  aus- 
gebildet wurde,  die  Hoffnung  auf  das  künftige  Heil  der  Seele  so 
sehr  im  Vordergrund,  daß  der  göttliche  Held  dieser  Legende  den 
Agrarkulten,  denen  auch  er  entstammt,  entfremdet  wird  und  in  der 
Schilderung  seines  Todes  und  seiner  Wiederbelebung  zum  Helfer  der 
nach  gleicher  Wiedergeburt  strebenden  Seele  geworden  ist  In  beiden 
Fällen  bleibt  aber  das  Grundthema  der  Legende  der  leidende  und 
durch  das  Leiden  zum  Siege  sich  hindurchringende  Gott  Sein  Bild 
ist  dem  leidenden  und  siegreichen  Helden  der  Sage  verwandt  (S.  484  f,). 
Doch  gegenüber  der  noch  ganz  im  Irdischen  sich  bewegenden  Helden- 
sage ist  der  Schauplatz  hier  ein  weltumspannender,  himmlischer  ge- 
worden. Wenn  jener  Held  ein  Mensch  bleibt,  der  höchstens  in  einer 
außerhalb  seiner  eigentlichen  Heldenlaufbahn  liegenden  Fortsetzung 
seines  Lebens  zum  Gott  wird,  so  ist  es  hier  umgekehrt  der  leidende 
Gott,  der  den  Menschen  tröstet  im  eigenen  Leid,  und  der  als  ster- 
bender und  wiedererstehender  auch  der  menschlichen  Seele  ein  Auf- 
leben nach  dem  Tode  verheißt.  So  empfangt  die  Kultiegende  ihre 
große  religiöse  Bedeutung  wesentlich  dadurch,  daß  sie  dem  Gott 
Attribute  gibt,  die  seiner  ursprünglichen  Natur  widerstreiten.  Daß 
die  Götter  das  Leid  nicht  kennen,  imd  daß  sie  unsterblich  sind,  das 
sind  die  beiden  Charakterzüge,  die  ihnen  von  früh  an  eigen  sind. 
Daß  ein  Gott  leidet  und  stirbt,  das  ist  daher  in  der  Reihe  der  Ver- 
menschlichungen der  Gottesvorstellungen  die  äußerste  Grenze,  die 
erreicht  werden  kann.  Der  leidende  und  sterbende  Gott  ist  in  Wahr- 
heit völlig  zum  Menschen  geworden.    Dennoch  setzt  sich  die  Ursprung- 


Die  Formen  der  Knltlegende.  yi3 

liehe  Gottesnatur  gegen  dieses  Leiden  und  Sterben  notwendig  wieder 
durch.  Der  leidende  Gott  wird  zur  Herrlichkeit  erhöht,  der  sterbende 
lebt  wieder  auf.  So  ist  dieser  vom  Gott  zum  Menschen  und  vom 
Menschen  zum  Gott  gewordene  Held  der  Kultlegende  eine  Gestalt, 
die  in  ihrer  Menschlichkeit  dem  eigenen  Leben  näher  gerückt  und  im 
Kultus  erreichbarer  ist  als  die  über  alles  menschliche  Maß  erhabene 
Gottheit. 

In  der  Geschichte  dieses  dem  Menschen  als  Helfer  und  Erretter 
in  menschlicher  Gestalt  nahenden  Gottes,  wie  ihn  die  Kultlegende 
der  Orientalen  und  der  Griechen  in  der  Periode  des  Hellenismus  ent- 
wickelt hat,  bietet  nun  in  erster  Linie  das  Verhältnis  zu  den  Vege* 
tationskulten,  aus  denen  jene  Legenden  erwachsen  sind,  und  in  zweiter 
der  Grad  und  die  Art,  wie  der  Gott  an  dem  menschlichen  Leben  und 
Leiden  teilnimmt,  die  nächsten  Gesichtspunkte  für  die  Beurteilung 
des  religiösen  Wertes  dieser  Kulte.  Da  stehen  auf  der  einen  Seite 
die  Attis-  und  die  Osirislegende,  beide  noch  tief  eingetaucht  in  das 
Medium  der  die  Vorgänge  der  Befruchtung,  der  Reifung  der  Saaten 
und  des  Absterbens  der  Natur  umgebenden  Mythen,  wie  sie  uns  aus 
den  Vegetationsfesten  beinahe  aller  Zeiten  und  Länder  bekannt  sind. 
Besonders  in  der  Osirislegende,  die  den  Mittelpunkt  eines  der  ein- 
flußreichsten dieser  orientalischen  Kulte  bildet,  treten  aber  noch  andere 
Züge  hervor,  die  ihr  einen  tieferen  Sinn  geben,  indem  sie  den  Gott 
der  Legende  einerseits  zum  Begründer  der  Kultur  und  der  Sitte,  und 
anderseits  nach  seinem  Leiden  und  Sterben  zum  Vermittler  zwischen 
der  jenseitigen  und  der  irdischen  Welt  machen,  der  skh  zum  Herrscher 
und  Richter  des  Jenseits  erhebt.  Wie  uns  in  der  Zerreißung  des 
Osiris  und  in  der  den  verschwundenen  Bruder  und  Gemahl  aufsuchen- 
den Irrfahrt  der  Isis  unverkennbare  Parallelen  zur  Dionysos-  und  De- 
meterlegende entgegentreten,  die  hier  miteinander  imd  mit  anderen 
Elementen  der  ägyptischen  Göttersage  in  eine  einzige  Erzählung  ver- 
bunden erscheinen,  so  vereinigt  diese  ganze  Lq^ende  offenbar  die 
Züge  eines  Vegetations-  und  eines  Seelenkultes;  und  in  diesem  doppel- 
ten Sinne  mögen  wohl  auch  bei  den  Kultfesten,  wie  der  Bericht  des 
Plutarch  erschließen  läßt,  die  Götterschicksale  mimisch  und  drama- 
tisch dargestellt  worden  sein  (Plutarch,  De  Iside  et  Osiride,  12 — 20). 
Zugleich  zeigt  aber  dieser  Bericht,  wie  hier  der  Seelenkult  dem  mit 
ihm  verbundenen  Vegetationskult  das  flir  beide  wertvollste  Motiv,  das 


yiA  Der  Ursprung  der  Religion. 


des  sterbenden  und  wiedererstehenden  Gottes,  entnommen  hat.  Der 
Jahresgott,  der  im  Herbst  verschwindet,  um  mit  neu  sprossender  Saat 
wiederzukehren,  wird  zum  Heilsgott,  dessen  Sterben  und  Wiederer- 
stehen den  Weg  zeigt,  den  er  die  Seele  führen  wird,  um  sie  aus  den 
Schrecken  des  Todes  zu  retten.  Wie  die  Osiris-,  so  bieten  die  Attis- 
und  die  Dionysoslegende  die  nämliche  Verbindung  der  Motive  und 
deren  allmählich  eingetretene  Verschiebung  im  Sinne  des  Seelen- 
kults. Im  Gegensatze  zu  ihnen  steht  aber  in  dieser  Beziehung  die 
Kultlegende  derjenigen  Religion,  die  in  der  römischen  Kaiserzeit  vor 
andern  dem  Christentum  die  Herrschaft  streitig  machte,  die  Mi th ras- 
legende. 

Auch  Mithras  ist  ein  tätiger  und  leidender  Gott,  der  einst  selbst 
unter  den  Menschen  als  ihr  Wohltäter  geweilt  hat,  um,  nachdem  er 
seine  himmlische  Herrschaft  angetreten,  die  Seelen  zu  sich  empor- 
zuziehen. Doch  Mithras  bewahrt  auch  während  seines  irdischen 
Lebens  seine  göttliche  Unsterblichkeit.  Die  Antwort  auf  die  Frage 
tiach  dem  Grund  dieses  Unterschieds  gibt  die  Mithraslegende  selbst, 
wie  sie  aus  den  weit  verbreiteten  Denkmälern  der  Kultzeremonien 
zu  rekonstruieren  ist^).  Der  in  der  Umgebung  von  Hirten  bewaffnet 
mit  Fackel  und  Messer  aus  einem  Stein  geborene  Gott  ist  durch 
die  Hirten,  die  ihn  anbeten,  deutlich  als  ein  ursprünglicher  Hirten- 
gott gekennzeichnet.  Sein  Kampf  gilt  zuerst  den  alten  Göttern,  unter 
denen  er  allen  voran  den  Helios  in  seine  Dienste  nimmt,  dann  den 
wilden  Tieren,  deren  Urbild  der  göttliche  Jäger  in  dem  gewaltigen 
Stier  bezwingt,  aus  dessen  Mark  er  das  Getreide,  aus  dessen  Blut  er 
den  heiligen  Trank  der  Mysterien,  und  aus  dessen  andern  Teilen  er 
die  nützlichen  Tiere  der  Herden  entstehen  läßt  Er  errettet  die 
Menschen  aus  der  Sintflut  und  aus  dem  die  Erde  ausdörrenden  Feuer- 
brand, stiftet  dann  in  einem  letzten  Mahle  die  Mysterien,  die  seinem 
Dienste  geweiht  sind,  und  kehrt  schließlich  in  den  Himmel  zu- 
rück, um  im  Verein  mit  Helios  die  Seelen  der  Mysten,  die  durch 
Reinigungen  und  Weihen,  durch  Opfermahl  und  Opfertrank  vorbe- 
reitet sind,  in  den  Himmel  der  Seligen  eingehen  zu  lassen.  So  ist 
es  das  Leben  des  Jägers  und  Hirten,  das  sich  in  dieser  Legende 
spiegelt,  in   der  die  Gewinnung  der  Feldfrucht,   als    deren  Spender 


Cumont,  Die  Mysterien  des  Mithra,  deutsch  von  G.  Gehrich,  1903,  S.  97  ff 


Die  Formen  der  Knltlegende.  j  l  r 

der  Gott  ebenfalls  gfilt,  doch  nur  wie  ein  Ausblick  auf  die  spätere 
Zeit  einer  hoch  entwickelten  Kultur  erscheint,  in  der  dieser  Hirten- 
gott die  Welt  erobert.  Es  fehlt  aber  der  Legende  das  Motiv  des 
sterbenden  Gottes,  weil  ihr  die  Quelle  fehlt,  aus  der  dieses  Motiv  ge- 
flossen, der  Vegetationskult  mit  dem  im  Wechsel  der  Zeiten  ster- 
benden und  wiedergeborenen  Jahresgott. 

b.  Die  Christaslegende.     Christas  and  Baddha. 

Hier  steht  nun  die  Christus  legen  de  mitten  inne  zwischen 
diesen  Kultlegenden  verschiedenen  Ursprungs.  Sie  hat  die  Gestalt 
des  sterbenden  Gottes  mit  jenen  Legenden  gemein,  die  aus  der  Ver- 
einigung von  Acker-  und  Seelcnkulten  hervorgegangen  sind.  Sie 
gleicht  der  Mithraslegende  darin,  daß  sie  von  den  orgiastischen  Zügen, 
die  an  die  Vorstellung  von  den  zeugenden  Kräften  der  Natur  gebunden 
sind,  nichts  enthält.  Sie  sind  in  ihr  zu  der  die  Vergöttlichung  der 
Seele  begleitenden  religiösen  Ekstase  vergeistigt;  und  es  sind  damit 
zugleich  die  niederen  mythologischen  Nebenmotive,  die  auch  der 
Mithraslegende  anhaften,  abgestreift,  um  nur  solche  Züge  des  Zaubers 
und  Wunders  zurückzubehalten,  deren  die  Legende  überall  bedarf, 
um  die  Gestalt  ihres  Helden  auch  während  seines  irdischen  Lebens 
ins  Übermenschliche  zu  erheben.  So  vereinigt  die  Christuslegende  die 
bedeutsamsten  Eigenschaften  jener  andern  Kultlegenden,  die  sich  in 
diesen  auszuschließen  scheinen:  die  Gestalt  des  leidenden  Gottes, 
der  selbst  den  äußersten  Grad  menschlichen  Leidens,  den  Tod,  er- 
duldet, und  die  Gestalt  des  Erlöserg^ttes,  dessen  wohltätiges  Wirken 
ganz  und  allein  dem  Heil  der  Seele  zugewandt  ist.  Dieses  zweite 
Motiv  wird  aber  in  ihr  um  so  wirksamer,  als  es  hier  die  durch  den 
Erlösergott  vermittelten  himmlischen  Güter  in  einen  scharfen  Gegen- 
satz bringt  zur  Vergänglichkeit  und  Nichtigkeit  irdischer  Güter.  Über 
diese  in  andern  Kultlegenden  nur  teilweise  und  einseitig  entwickelten 
Eigenschaften  hebt  endlich  die  Christuslegende  noch  eine  dritte  empor: 
die  Helden  jener  Legenden  sind  Götter,  die  zur  Erde  kommen,  um 
den  Menschen  als  Helfer  und  Tröster  zu  nahen.  Darum  sind  es 
überall  Gestalten  des  alten  Götterhimmels,  die  uns  in  ihnen  begegnen. 
Hier  ist  der  Held  ein  auf  Erden  geborener  Mensch,  dessen  göttliche 
Heilsmission  erst  durch  sein  Leben  und  Sterben  offenbar  wird.  So 
bilden  jene  mythologischen  Kultlegendcn  Nebenformen  der  mytho- 


^l6  Der  Ursprung  der  Religion. 


logischen  Göttersage.  Die  Christuslegende  dagegen  ist  eine  historische 
Sage,  die  zwar,  wie  alle  historischen  Sagen,  mythologisch  ausge- 
staltet ist,  der  aber  die  wichtigste  Eigenschaft  der  lezteren,  eine 
hinter  ihr  stehende  wirkliche  Persönlichkeit,  nicht  fehlt.  Der  Glaube 
an  die  Wirklichkeit  eines  Osiris  und  Mithras  steht  und  fallt  mit  dem 
Glauben  an  den  gesamten  Götterkreis,  von  dem  sie  sich  al^elöst 
haben.  Die  Christuslegende  wurzelt  in  der  historischen  Überlieferung, 
die  in  den  wesentlichsten  ihrer  Bestandteile  trotz  ausschmückender 
Mythen  den  Charakter  der  Glaubwürdigkeit  an  sich  trägt.  So  wird 
man  denn  auch,  abgesehen  von  den  sonstigen  inneren  Eigenschaften 
und  den  äußeren  Beding^ungen,  das  entscheidende  Motiv,  das  dem 
Christentum  in  dem  Streit  der  Kulte,  der  seine  Entstehung  begleitete, 
den  Sieg  verlieh,  schließlich  darin  erblicken  dürfen,  daß  der  Held 
der  Christuslegende  als  wirklicher  Mensch  unter  andern  Menschen 
gelebt  hatte,  während  die  Träger  aller  der  andern  Kultl^^den  Er- 
zeugnisse der  mythologischen  Phantasie  waren,  von  deren  Leben  kein 
glaubhafter  Zeuge  berichten  konnte.  Dazu  kam,  daß  gerade  der 
durch  den  Kontrast  mit  der  Unsterblichkeit  der  Götter  wirksamste 
Zug  der  Legende,  der  des  sterbenden  Gottes,  hier  gleichfalls  kein 
bloßes  mythologisches  Bild,  sondern  Wirklichkeit  gewesen  war,  eine 
Wirklichkeit,  die  dann  durch  das  Hereinspielen  jener  den  alten  Vege- 
tationskulten entnommenen  Vorstellungen,  die  in  den  verbreiteten 
Saturnalienfesten  fortlebten,  wie  ein  Erwachen  dieser  bis  dahin  nur 
mythologisch  geschauten  Vorgänge  zu  geschichtlichem  Leben  er- 
schien. Und  wie  das  jüdische  Messiasideal  eine  Projektion  des  sieg- 
reich überwindenden  heilbringenden  Gottes  der  heidnischen  Kulte  in 
die  Zukunft  gewesen  war,  so  konnte  sich  vielleicht  schon  Jesus  selbst, 
und  konnten  vor  allem  die  vom  Judentum  herkommenden  Christen 
der  Urgemeinde  in  ihm  den  zum  Leben  erwachten  Messias  erblicken  *). 
Um  so  näher  lag  es  dann  aber,  diese  Messiasidee  jenen  Kultlegenden 
von  den  aus  himmlischer  Höhe  zur  Erde  gekommenen  und  schließ- 
lich wieder  zum  Himmel  zurückkehrenden  Göttern  anzugleichen,  als 
diese  Vorstellungen  ohnehin  schon  der  jüdischen  von  dem  Messias  als 
dem  in  den  Wolken  des  Himmels  nahenden  göttlichen  Menschen  nahe 


*)  H.  J.  Holtzmann,  Das  messianische  Bewußtsein  Jesu,  1903.     Panl  Fiebig,  Der 
Menschensohn,  Jesu  Selbstbezeichnang,   1901. 


Die  Formen  der  Knltlegende.  nin 

verwandt  waren  (Dan.  7,  13  f.).  So  erscheint  hier  nach  allen  Seiten 
hin  die  Christuslegende  als  der  in  geschichtliche  Wirklichkeit  verwan- 
delte Mythus ;  und,  wie  der  von  seinen  Jüngern  bezeugte  Jesus  selbst, 
so  wird  nun  auch  der  aus  dem  Mythus  in  dieses  Leben  hinüber- 
gewanderte himmlische  Ursprung  samt  der  Rückkehr  zum  Himmel  als 
Wirklichkeit  geschaut.  Dies  um  so  mehr,  je  geläufiger  den  Gläubigen 
aller  Kulte  dieses  Bild  des  herabgestiegenen  Gottes  ist,  der  die  Mensch- 
heit erlöst.  Es  ist  genau  der  gleiche  Unterschied,  wie  der  zwischen 
der  historischen  und  der  mythischen  Heldensage,  der  sich  hier  im 
Gebiet  der  Kultlegende  wiederholt.  Wenn  aber  bereits  die  gewöhn- 
liche historische  Sage  die  Glaubwürdigkeit,  die  sie  ihrer  geschichtlichen 
Grundlage  verdankt,  unaufhaltsam  auch  ihren  rein  mythischen  Ele- 
menten mitteilt,  wie  viel  mehr  muß  hier  die  historische  der  mytho- 
logischen Kultlegende  an  dauernder  Wirkung  überlegen  sein! 

Es  gibt  nur  noch  eine  Legende,  die,  als  Erzählung  des  Lebens, 
der  Taten  und  Aussprüche  eines  göttlich  verehrten  Menschen,  der 
einem  weltbeherrschenden  religiösen  Kultus  den  Ursprung  gegeben, 
in  dieser  historischen  Beglaubigung  mit  der  Jesuslegende  es  auf- 
nehmen kann:  die  Buddhalegende.  Doch  diese  Legende  ist  keine 
Kultlegende.  Daran  darf  der  Umstand  nicht  irre  machen,  daß  die 
Geburtsgeschichte  des  Buddha  ihrem  Gedankengehalte  nach  mit  der 
Geburtsgeschichte  Jesu  übereinstimmt.  Daß  der  Gott,  der  auf  Erden 
weilt,  nicht  wie  andere  Sterbliche  gezeugt  und  geboren  sein  könne, 
ist  ein  verbreitetes  Legendenmotiv,  das  uns  schon  in  der  Geburts- 
geschichte der  Götter  begegnet,  und  das,  wo  eine  hbtorische  Per- 
sönlichkeit samt  der  Tradition  über  ihre  Eltern  und  ihre  Familie  den 
Inhalt  des  Mythus  bildet,  wie  bei  Jesus  und  Buddha,  natürlich  auch 
einer  solchen  Geburtsgeschichte  trotz  des  Wimders,  das  sie  umgibt, 
eine  gewisse  historische  Glaubwürdigkeit  zu  verleihen  sucht.  Als  das 
beinahe  selbstverständliche  Mittel  dazu  bietet  sich  die  Conceptio 
Immaculata.  Sie  bildet  in  der  Tat  auch  das  einzige  Tertium  compara- 
tionis  beider  Legenden.  Die  näheren  Umstände  sind  aber  so  abwei- 
chende, daß  diese  psychologisch  wohl  motivierte  Übereinstimmung 
historische  Beziehungen  nicht  wahrscheinlich  macht  *).  So  reich  darum 
hier  die  Geburts-  wie  die  weitere  Lebensgeschichte  Buddhas  mit  Zügen 

^)  Ober  die  Gebnrtsgeschichte  Buddhas  vgl.  Teil  II,  S.  78.  Über  angebliche 
histonsche  Beziehongen  zwischen  Jesus-  und  Buddhalegende  oben  S.  485  ff,  488  Anm. 


^x8  ^ci"  Urspning  der  Religion. 


ausgestattet  ist,  die  teils  dem  älteren  Naturmythus,  teils  \ind  beson- 
ders der  Wunder-  und  Zauberwelt  der  indischen  Märchendichtung 
entlehnt  sind,  so  fehlt  doch  dieser  Geschichte  völlig  der  Charakter 
einer  Kultlegende.  Sie  ist,  abgesehen  von  den  emzelnen  phanta- 
stischen Ausschmückungen,  eine  verhältnismäßig  einfache  Lebens- 
geschichte, durchaus  der  Motive  entbehrend,  die  einen  Kult  ge- 
stalten könnten,  in  welchem  sich  Leben  und  Leiden  des  Gottes 
oder  Gottmenschen  spiegeln,  dem  der  Kult  gewidmet  ist  Daß 
das  Andenken,  das  Grab  und  die  Reliquien  Buddhas  kultische  Ver- 
ehrung genießen,  ist  ein  Zug,  der  sich  an  jede  geheiligte  Persönlich- 
keit heftet;  der  aber  ganz  davon  unabhängig  ist,  ob  diese  im  übr^en 
Gegenstand  eines  Kultes  ist.  Ebenso  sind  die  Dogmen  der  budd- 
histischen Kirche  Lehren,  die  unmittelbar  dem  Buddha  selbst  zuge- 
schrieben werden,  wie  denn  auch  viele  von  ihnen  wahrscheinlich  von 
ihm  herrühren.  Demgegenüber  gelten  der  christlichen  Kirche  die 
einzelnen  sakramentalen  Handlungen,  allen  voran  Taufe  und  Abend- 
mahl, als  Wiederholungen  der  wichtigsten  Handlungen  aus  dem  Leben 
Jesu,  und  die  Kultfeiern  des  Festjahres  sind  in  ähnlichem  Sinne 
Wiederholungen  der  Hauptereignisse  dieses  Lebens,  wie  die  alten 
Mysterienkulte  Darstellungen  der  einzelnen  Hauptakte  einer  m5rtho- 
logischen  Götterlegende  gewesen  waren. 

Dieser  fundamentale  Unterschied  der  beiden  größten  Kulturreli- 
gionen der  Erde  begreift  sich  jedoch  leicht,  wenn  wir  uns  die  Ur- 
sprungsverhältnisse beider  vergegenwärtigen.  Der  Buddhismus  ist  die 
Frucht  einer  philosophischen  Bewegung,  die  in  Indien  längst  einge- 
setzt hatte  und  auf  eine  Überwindung  teils  des  alten  Naturmythus, 
teils  des  populären  Zauber-  und  Dämonenglaubens  abzielte.  Daß 
sich  der  Buddhareligion  selbst  dieser  Zauberglaube  wieder  bemäch- 
tigte und  die  Gestalt  ihres  Stifters  mit  mancherlei  Märchenmotiven 
verwebte,  war  ein  notwendiges  Produkt  der  Assimilation  dieser  Reli- 
gion durch  die  im  Volke  lebenden  Vorstellungen,  vermochte  aber  die 
Spuren  jenes  philosophischen  Ursprungs  nicht  zu  verwischen.  So  ist 
denn  diese  Religion  durch  und  durch  intellektuell  gerichtet.  Die  Er- 
kenntnis der  Wahrheit  bildet  das  Ziel  alles  menschlichen  Strebens. 
Die  Heilstat  Buddhas  besteht  darin,  daß  er  diesen  Weg  zur  Wahr- 
heit in  der  Meditation  und  in  der  Askese  gezeigt  hat.  Indem  in  ihnen 
der  Mensch   dem  Sinnlichen  abstirbt,   lernt  er  die  aus  dem  Denken 


Die  Formen  der  Kaltlegende.  ^  l  q 

Stammenden  geistigen  Werte  als  die  einzigen  bleibenden  erkennen. 
Das  eigene  Selbst  in  diesen  bleibenden  geistigen  Werten  aufgehen 
zu  lassen,  darauf  ist  daher  das  Bemühen  des  buddhistischen  Asketen 
gerichtet.  So  lange  er  es  nicht  vermag,  bleibt  er  an  den  Körper  und 
seine  Leiden  gefesselt,  und  er  muß  so  lange  wiedergeboren  werden, 
bis  er  alle  Fesseln  abgestreift  hat,  die  ihn  an  das  sinnliche  Dasein 
ketten.  Hier  ist  es  dann  die  Seelen  Wanderung,  die  der  Buddhismus 
dem  älteren  Brahmanismus  zur  Ausmalung  dieser  Kette  der  Wieder- 
geburten entnimmt.  In  dieser  Richtung  auf  den  bleibenden  Wert  der 
im  Erkennen  erworbenen  geistigen  Güter  ist  aber  der  Buddhismus  weder 
atheistisch,  noch  fehlt  ihm  der  Unsterblichkeitsglaube,  wie  man,  am 
Maße  christlicher  Vorstellungen  messend,  ihm  vorwirft.  Wie  der  Leib 
des  Menschen  sich  in  seine  Elemente  auflöst,  so  ist  sein  Denken  und 
Tun  vergänglich.  Doch  sein  Geist,  der  in  dem  bleibenden  Ertrag 
dieses  Denkens  und  Tuns  besteht,  ist  unvergänglich.  Er  bildet  einen 
Teil  der  ewigen  Wahrheit,  die  als  Wirkung  des  Denkens  die  fort- 
während entstehenden  und  wieder  verschwindenden  Handlungen  dieses 
Denkens  überdauert.  Darum  gibt  es  nach  Buddha  keine  persönliche 
Unsterblichkeit  und  keinen  persönlichen  Gott.  Wohl  aber  gibt  es 
eine  unpersönliche  Unsterblichkeit,  die  in  der  unbegrenzten  Fortdauer 
der  Früchte  der  Erkenntnis,  und  einen  unpersönlichen  Gott,  der  in  der 
unvergänglichen  Wahrheit  selbst  besteht.  Wenn  das  Selbst  aus  dem 
Kreis  der  Wiedergeburten  in  das  Nirwana  eingeht,  so  bedeutet  dies 
also  nicht,  daß  es  vernichtet,  sondern  daß  es  in  jenen  allgemeinen 
Geist  aufgenommen  wird,  der  alle  Erkenntnis  ab  unveränderlich 
bleibende  Wahrheit  umfaßt.  Darum  bedeutet  das  Nirwana  wohl  die 
Negation  alles  Werdens  und  Strebens,  aber  es  bedeutet  nicht  die 
Negation  des  Seins.  Vielmehr  ist  es  der  Inbegriff  alles  wahren  Seins, 
das  in  seinem  der  Vergänglichkeit  des  Sinnlichen  entzogenen  geistigen 
Wesen  Gott  ist.  Zwar  fehlt  auch  dieser  Religion  des  reinen  Intellekts 
nicht  ganz  das  Moment  des  Fühlens  und  WoUens,  das  sich  nun 
einmal  aus  der  menschlichen  Natur  nicht  ausmerzen  läßt.  Doch  beide 
gehen  hier  völlig  auf  in  dem  Streben  nach  Erkenntnis  und  in  der 
Hingabc  derer,  die  den  Weg  zu  ihr  gefunden  haben,  an  die  Fflicht| 
andere  den  gleichen  Weg  zur  Wahrheit  zu  führen^). 

M   Über   den    wesentlichen   Inhalt    der    esoterischen    Lehre   Buddhas   orientiert 


n20  ^cf  Ursprnng  der  Religion. 


Wie  anders  das  Christentum!     Sein  Ursprung  lieg^  zunächst  ab- 
seits von  den  philosophischen  Strömungen,  die  es  umgeben,  und  die 
erst  später  einen  wachsenden  Einfluß   auf  seine  Lehrgestaltung  ge- 
winnen.    An  sich  ist  es  aber,  wie  jede  aus  ursprünglichen  religiösen 
Trieben  hervorbrechende  Bewegung,  ganz  und  gar  eine  Religion  des 
Gefühls  und  des  Willens.     So  betätigt  sich  in  ihm,   ähnlich  wie 
in  den  meisten  Kulten  der  gleichen  Zeit,  nur  stärker  imd  ungetrübt 
durch  fremde,  den  alten  Acker-  oder  Nomadenkulten  entstammende 
Beimengfungen,  ein  lebendiges  Bewußtsein  des  Wertes  der  Persön- 
lichkeit und  ihres  im  Fühlen  und  Wollen  zum  unmittelbaren  Ausdruck 
kommenden  selbständigen  Daseins.     Darum  verlangt  es   einen  per- 
sönlichen Gott,  eine  persönliche  Unsterblichkeit  und  einen  Erlöser, 
der  ihm  nicht  bloß  Lehrer  und  Wegweiser,  sondern  durch  sein  eigenes 
Leiden  und  Sterben  Helfer  in  der  Not  und  Erretter  vom  Tode  ist 
Das  höchste  Gut  endlich  ist  ihm  nicht  die  Tugend  des  Erkenneos, 
sondern  die  des  Gremüts,  die  Liebe,  die  es  in  unendlicher  Steigerung 
auf  die  Gottheit  und,  gesteigert  und  vermenschlicht  zugleich,  auf  den 
Erlöser  überträgt.    In  allem  dem  bewegt  sich  das  Christentum  im 
vollen   Gegensatze   zur  Lehre   Buddhas.     Weder    liegt   aber    dieser 
Gegensatz    darin,    daß   der   Buddhismus    eine   atheistische   imd   das 
Christentum  eine  theistische,  noch  auch  darin,  daß  jener   eine  pesä- 
mistische,  dieses  eine  optimistische  Religion  wäre.    Beides  ist  falsch. 
Der  wirkliche  Gegensatz   liegt   vielmehr   darin,   daß    das  Ideal  des 
Buddhismus  die  höchste  Frucht  des  Erkennens,  die  Wahrheit,  das  des 
Christentums  die  höchste  Betätigung  des  Gefühls,  die  Liebe  ist.    So 
unpersönlich  nun  und  in  ihrem  objektiven  Wesen  nur  in   entfernter 
Annäherung  unserem  Erkennen  erreichbar  die  Wahrheit,   so  persön- 
lich und  im  letzten  Grunde  für  uns  außerhalb  der  Beziehungen  von 
Mensch  zu  Mensch  undenkbar  ist  die  Liebe.     Darum  liegt  über  der 
Religion  Buddhas  die  Entsagung,  über  dem  Christentum  die  Hoffnung 
als  vorherrschende  Stimmung  ausgebreitet.     Doch  die  Entsag^ung  ist 
so  wenig  wertlos  wie  die  Hoffnung,  sondern  jeder  dieser  Affekte  hat 
seine    berechtigte  Stellung   in    der  Skala   menschlicher  Wertgefiihle, 
So  weit  voneinander  abliegend  darum  diese  Weltanschauungen    sein 


K.  £.  Neumann,  Buddhistische  Anthologie^  1S92,  sowie  das  ansprechend  geschriebene 
Buch  von  Paul  Carus,  Das  Evangelium  Buddhas,  1895. 


Die  Formen  der  Kaltlegende.  ^21 

mögen,  das  allgemein  Menschliche  ist  beiden  gemeinsam:  und  so 
wenig  das  Motiv  der  Liebe  dem  Buddhismus,  so  wenig  fehlt  das  der 
Entsagung  dem  Christentum  ganz.  Deshalb  ist  es  zwar  eine  Ver- 
irrung,  wenn  man  das  christliche  Abendland  mit  jener  Religion  des 
fernen  Ostens  beglücken  will.  Aber  nicht  minder  sollte  man  sich 
hüten,  die  Religion  Buddhas  für  eine  ethisch  minderwertige  Gestaltung 
religiösen  Denkens  zu  halten.  Beide  Religionen  sind  so  verschieden 
wie  die  geistigen  Atmosphären,  denen  sie  angehören.  Eben  darum 
entziehen  sich  beide  einem  absoluten  Maß  der  Vergleichung,  und  die 
Möglichkeit  ist  natürlich  nicht  zu  bestreiten,  daß  dereinst  einmal  in 
einer  fernen  Zukunft  eine  Zeit  kommen  kann,  in  der  sich  das  er- 
habene Wahrheitsideal  des  indischen  Asketen  mit  dem  christlichen 
Persönlichkeitsideal  der  hingebenden  Liebe  zu  vereinigen  strebt. 

Sind  ihrem  Wesen  nach  die  Werte  dieser  beiden  mächtigsten 
Religionen  der  Erde  unvergleichbar,  so  muß  nun  aber  unsere  Wert- 
beurteilung anders  ausfallen,  wenn  sie  nicht  bloß  den  idealen  Gehalt, 
sondern  die  spekulativen  und  die  mythologischen  Bestandteile  ins 
Auge  faßt,  die  die  unzertrennlichen  Begleiter  jeder  Religion  sind'). 
Wo  die  Spekulation  vorwaltet,  wie  in  der  esoterischen  Lehre  Buddhas, 
da  verfällt  die  Dogmatik  dieser  Wahrheitsreligion  mit  ihren  drei  Arten 
des  Leidens,  ihren  vier  Stufen  der  Wahrheit,  ihren  acht  Pfaden  der 
Erkenntnis  in  subtile  Unterscheidungen  von  zweifelhaftem  ethischem 
Wert.  Wo  dagegen  die  Phantasie  die  Oberhand  gewinnt,  wie  in 
der  volksmäßigen  Buddhalegende,  da  verschwindet  der  religiöse  Ge- 
halt in  einer  Zauberphantastik  im  bekannten  Stil  indischer  Märchen- 
dichtung. Daß  es  an  der  Neigung  hierzu  auch  bei  der  Jesuslegende 
nicht  gefehlt  hat,  das  bezeugen  uns  übrigens  manche  der  neutesta- 
mentlichen  Apokryphen,  in  denen  ebenfalk  die  historischen  oder 
historisch  möglichen  Züge  durch  Wundererzählungen  oder  durch 
Produkte  phantastischer  Spekulation  völlig  verdrängt  werden').  Wenn 
in  den  kanonischen  Schriften  diese  Bestandteile  auf  ein  bescheidenes 


'  Zur  allgemeinen  mytholog;ischen  Charakteristik  der  Baddhalegende  Tgl.  oben 
S.  485  ff. 

^)  Charakteristisch  sind  hier  durch  ihre  Märchenepisoden  besondert  das  soge- 
nannte Protevangelium  des  Jacobns  and  die  Kindheitserzählung  des  Thomas,  sowie 
die  apokalyptisch-phantastischen  Bestandteile  der  gnostischen  Evangelien,  vgl.  Hennecke, 
Xeutestamcntliche  Apokryphen,  1904. 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3.  ^6 


n22  l^cr  Ursprung  der  Rdigion. 


Maß  zurückgedrängt  sind,  so  ist  das  natürlich  kein  ZufalL  Aber  sdiwer- 
lich  beruht  es  darauf,  daß  solche  phantastische  Zugaben  um  ihrer  sdbsl 
willen  abgewiesen  wurden.  Was  sie  fernhalten  mußte,  das  waren 
vielmehr  eben  die  Eigenschaften,  die  die  Jesuslegende  zu  einer  Kult* 
legende  gemacht  haben:  die  Konzentration  der  religiösen  Bedeutung 
dieser  Persönlichkeit  auf  jene  Momente  der  Lebens-  und  Leidens- 
geschichte, die  im  Kultus  fortan  dem  Gemüt  des  Christen  als  magische 
Symbole  des  Gedankens  der  hingebenden  Liebe  und  der  durdi  sie 
gewonnenen  Erlösung  vorgeführt  wurden.  (Jegenüber  diesen  die  rdi- 
giöse  Grundstimmung  des  Christentums  ausdrückenden  Motiven  er- 
scheinen jene  Ausschmückungen  als  heterogene  Beimengimgen,  die 
ganz  und  gar  dem  Intellekt  angehören  und  seinen  Versuchen,  der 
Gottheit  mit  den  Hilfsmitteln  des  Verstandes  und  der  Phantasie  nahe- 
zukommen. Das  ist"  auch  der  tiefere  Grund,  weshalb  solche  m3^o- 
logische  Abirrungen  der  Jesuslegende  durchweg  auf  den  Gnostizisanis 
als  ihre  Quelle  zurückfuhren,  eine  Richtung,  die  in  ihrer  Tendenz,  die 
Religion  als  die  höchste  Tat  des  Intellekts  zu  begreifen,  dem  Budd- 
hismus wesensverwandt  ist.  Denn  der  Intellekt  gibt  sich,  während 
er  Allegorien  zur  Verdeutlichung  seiner  Begriffe  künstlich  erfindet, 
zugleich  einem  Spiel  phantastischer  Vorstellungen  hin,  das  die  ge- 
schichtliche Wirklichkeit  mit  Zaubertaten  und  Wundem  umstrickt 
Hätte  darum  die  Gnosis  gesiegt,  so  würde  die  Jesuslegende  schwerlich 
viel  anders  ausgefallen  sein  als  die  Buddhalegende. 

Aber  noch  in  einer  andern  Beziehung  zeigt  sich  hier  die  Religk)n 
des  Gefühls  und  des  Willens  der  des  Intellekts  überlegen:  in  der  An- 
wendung auf  das  Handeln,  und  in  dem  Rat,  den  sich  der  Mensch  in  den 
Bedrängnissen  des  Lebens  bei  seiner  Religion  holen  kann.  Die  Motive 
der  Selbstbehauptung  der  Persönlichkeit  und  der  hingebenden  Liebe 
bedürfen  keiner  Interpretation,  um  sie  in  allen  Lebenslagen  zu  Regu- 
lativen des  Handelns  zu  machen.  Dem  gegenüber  ist  das  Ideal  der 
Erkenntnis,  die  reine,  lückenlose  Wahrheit,  ein  Jenseitsideal,  das  in 
der  wirklichen  Welt  weder  erreichbar  ist,  noch  ein  Maß  abgibt,  an 
dem  man  die  Dinge  messen  kann.  Höchst  bezeichnend  tritt  uns 
darum  dieser  praktische  Unterschied  zwischen  der  Religion  des  In- 
tellekts und  der  Religion  des  Gefühls  in  den  praktischen  Lebens- 
regeln und  Ratschlägen  vor  Augen,  die  den  Stiftern  dieser  bei- 
den  Religionen    zugeschrieben  werden.     Jesus    wie    Buddha    haben 


Die  Formen  der  Knltlegende.  ^23 

sie  mit  Vorliebe  in  Gleichnissen  und  Parabeln  niedergelegt.  Denn 
das  Gleichnis  macht,  wie  Buddha  ausdrücklich  bemerkt,  leichter  als 
die  unverhüllte  Lehre  die  Wahrheit  dem  allgemeinen  Verständnisse 
zugänglich.  Doch  die  Probe  dieser  praktischen  Anwendung  besteht 
der  Buddhismus  nicht.  Die  Gleichnisse  Buddhas  und  die  von  ihm 
nicht  selten  an  ihrer  Statt  verwendeten  Fabeln  atmen  im  allgemeinen 
den  Geist  eines  ilachen  Utilitarismus,  dem  selbst  stark  egoistische 
Motive  gelegentlich  nicht  fern  liegen').  Das  ist  begreiflich  genug. 
Eine  Ethik,  die  wesentlich  eine  des  reinen  Intellekts  sein  will,  hat 
sich  noch  stets  gegenüber  den  wirklichen  moralischen  Motiven  des 
Menschen  als  unzulänglich  erwiesen.  Das  Ideal  der  absoluten  Wahr- 
heit ist  aber  in  seiner  abstrakten  Allgemeinheit  so  unbestimmt,  daß 
schon  bei  den  konkreten  Fragen  des  Erkennens  und  vollends  bei 
denen  des  WoUens  und  Handelns  seine  Hilfe  versagt. 

SchlieOlich  ist  nicht  zu  übersehen,  daß  der  Ausbreitung  des  Christen- 
tums eine  Eigenschaft  zu  statten  kam,  die  auch  für  seine  Stellung  in 
dem  Ganzen  der  religiösen  Entwicklung  von  der  höchsten  Bedeutung 
ist.  Abgesehen  davon,  daß  seine  Kultlegende  die  seltene  Eigenschaft 
einer  historischen  Legende  besitzt,  hat  sie  mit  den  andern,  mytho- 
logischen Kultlegenden  der  gleichen  Zeit  nicht  nur  die  Hauptmotive, 
sondern  auch  die  kultischen  Hilfsmittel  gemein,  welche  die  im  Kult 
erstrebten  Zwecke  verwirklichen  sollen.  So  die  wesentlichsten  Teile 
des  Rituals:  die  Reinigungen,  die  Reste  des  Opferkultus,  endlich 
die  spezifischen  Heiligungszeremonien  mit  ihrer  Kulmination  in  dem 
die  Gemeinschaft  mit  der  Gottheit  herstellenden  Opfermahl.  Über- 
einstimmend ist  aber  ihre  Quelle  auch  darin,  daß  diese  Kultlegende  nicht 
außerhalb  der  allgemeinen  religfiösen  Entwicklung  steht,  daß  sie  nicht 
ein  philosophisches  Lehrgebäude  enthält,  das  sich  dann  nachträglich 
durch  die  Assimilation  verbreiteter  mythologischer  Motive  in  Religion 
umsetzte,  sondern  daß  sie  den  Höhepunkt  einer  einzigen  kontinuier- 
lichen Entwicklung  bildet,  die  in  ihren  Anfangen  bis  tief  in  den  vor- 
religiösen Kultus  zurückreicht.     So  kommt  es,  daß  schon  der  primi- 

V  Vgl.  K.  E.  Ncamann,  Reden  Gotamo  Buddhas,  Bd.  l,  1896,  3.  Teil,  S.  laoff. 
Carus;,  a.  a.  ().  S.  212  ff.  Besonders  tritt  dies  da  zu  Tage,  wo  etwa  Jesos  und  Buddha 
zufällig  den  gleichen  oder  einen  ähnlichen  Stoff  behandeln,  wie  z.  B.  im  Gleichnis 
von  dem  verlorenen  Sohn  (Lukas,  15,  12  ff.  Dazu  Carus,  a.  a.  O.  S.  21 5  f.).  Hin- 
sichtlich der  moralischen  Fabeln  Buddhas  vgl.  oben  S.  487. 

46» 


^24  ^^^  Ursprang  der  Religion. 


tive  Mensch  den   Zeremonien   des  christlichen  Kultus  und   den  ent- 
sprechenden Motiven  der    christlichen  Kultlegende   ein    Verständnis 
entgegenbringt,    das    er   unmittelbar   den   Vorstellungen    entnehmen 
kann,    die   seinen   eigenen   im  Kultus   wie  im   individuellen  Zauber- 
brauch geübten  Gewohnheiten  entstammen.    Mögen  auch  diese  Vor- 
stellungen jenen  Motiven  nicht  völlig  gleich  sein,  sie  li^en  doch  so 
sehr  in   einer   und   derselben  Entwicklungslinie,   daß   nicht  bloß  die 
äußeren  Handlungen  in  ihren  wesentlichen  Merkmalen  die   gleichen 
geblieben  sind,   sondern  daß  auch  die  Motive  selbst  zwar  eine  Ver- 
geistigung erfahren  haben,   die  sie  weit   über  ihre  rohen  Urquellen 
emporhebt,   daß  sie   aber  immer  noch  die  Zugehörigkeit  zu  diesen 
erkennen  lassen.     Das  Sakrament  der  Taufe  ist  dem  Primitiven,  der 
die   magische  Symbolik  der  Reinigung  bei  den  verschiedensten  Ge- 
legenheiten  übt,   eine   durchaus  begreifliche   Handlung.     Den   Wert 
der  Erleuchtung  hat  er  oder  haben  Bevorzugte  seines  Stammes  in 
Vision  und  Ekstase  schätzen  gelernt    In  dem  Sakrament  des  Abend- 
mahls wiederholen  sich  ihm  nicht  minder  Handlungen,  die  bei  ihm 
schon  die   Stufenfolge  vom  Essen   des  Fleisches  und  vom  Trinken 
des  Blutes  zur  Aneignung  fremder  Kräfte  bis  zum  Essen  des  Gottes 
zur   eigenen   Vergöttlichung   durchlaufen   haben.     Alle   diese    Hand- 
lungen  sind  ihm   verständlich,   viel   verständlicher  als  dem  heutigen 
Christen,  der  sich  entweder  mit  ihnen  als  mit  Geheimnissen  abfindet, 
die  menschlichem  Verständnis  entzogen  seien,  oder  der  sie  ablehnt, 
eben  weil  sie  ihm  unverständlich  sind.     Begreiflich  daher,   daß  nach 
der  Versicherung  der  Missionare  alle  jene  christlichen  Kulthandlungen 
bei  dem  Naturmenschen  keinem  nennenswerten  Widerstand  begegnen, 
und  daß  sie  vielmehr  die  Hilfsmittel  bieten,  um  sein  religiöses  Denken 
durch  die  Substitution  der  entsprechenden  christlichen  Vorstellungen 
zu  läutern  und   an   der  Hand   der  ihm   am  leichtesten   zugänglichen 
religiösen  Gefühle   auch    seine   sittliche   Lebensanschauung    auf  eine 
höhere   Stufe   zu  heben*).     Nicht  minder  wichtig  ist  aber  wohl   die 
psychologische  Folgerung    aus    dieser  Tatsache,    daß    das   Christen- 
tum nicht  außerhalb  der  religiösen  Entwicklung  steht,  daß  es  keiner 
menschlich  unbegreiflichen  und  einzigartigen  Offenbarung  seinen  Ur- 


^)  C.  Meinhof,  Christus  der  Heiland  auch  der  Naturvölker,  Schriften  der  Berliner 
evang.  Missionsgesellschaft  (1908). 


Die  Formen  der  Kulticgendc.  725 


Sprung  verdankt,  sondern  nur  die  reifste  Frucht  jener  Entwicklung 
selbst  ist.  Denn  in  ihm  sind  die  religiösen  Triebe  dem  Erdreich  wilder 
Instinkte  und  eines  rohen  egoistischen  Zauberglaubens  entwachsen, 
und  zahlreiche  der  mythologischen  Nebenschößlinge,  die  ihnen  ent- 
sprossen, sind  wieder  abgestoßen,  nicht  ohne  daß  freilich  die  Nach- 
wirkungen solcher  überlebter  Entwicklungsstufen  noch  fortan  in  das 
spätere  religiöse  Leben  herüberreichen.  Indem  nun  alle  die  aus 
Nomaden-  und  Ackerbaukulten,  ja  aus  vorreligiösem  Zauberbrauch 
stammenden  Keime  religiöser  Entwicklung  mehr  und  mehr  über  den 
Boden  des  sinnlichen  Lebens,  dem  sie  entstammen,  hinausstreben, 
wird  schließlich  das  Objekt  der  Religion  zu  einem  übersinnlichen 
Ideal.  Begreiflich  daher,  daß  die  frühe  schon  entstandene  Neigfung, 
auch  den  Ursprung  der  Religion  ins  Übersinnliche  zu  verlegen,  diese 
als  ein  Geschenk  Gottes  an  die  Menschheit  oder  an  eine  bevorzugte 
Kultgemeinschaft  anzusehen,  nicht  verschwunden  ist,  sondern  mit  der 
r>l^bung  des  religiösen  Ideals  eher  zu-  als  abgenommen  hat.  Nichts- 
destoweniger ist  diese  Verwechslung  des  Gegenstandes  der  Religion 
mit  ihrem  Ursprung  ein  Irrtum,  den  allerdings  nicht  die  historische 
Betrachtung  einer  einzelnen  Religion,  wie  des  Christentums,  be- 
seitigen kann,  der  aber  gegenüber  der  psychologischen  Entwicklungs- 
geschichte der  Religion  überhaupt  unwiederbringlich  selbst  zu  einem 
jener  Wahngebilde  wird,  die  der  Rückfall  in  überlebte  mythologische 
Vorstellungen  da  hervorbringt,  wo  man  für  das  menschliche  Denken  und 
Handeln  neben  den  in  ihm  wirksamen  psychologischen  Gründen  noch 
andere  sucht,  die  einer  äußeren  Wunder-  und  Zauberwelt  angehören. 
So  gewiß  es  ist,  daß  in  den  Objekten  der  Religion  von  Anfang  an 
der  Trieb  liegt,  aus  dem  Umkreis  der  sinnlichen  Umgebung  und  der 
ihr  angehörenden  Motive  der  Furcht  und  des  Hoffens  schließlich  ganz 
sich  zu  einem  transzendenten  Ideal  zu  erheben,  so  unzweifelhaft  ist 
es,  daß  dieser  Trieb  und  demnach  die  Religion  selbst  dem  Menschen 
immanent  ist.  Sie  ist  es  freilich  nicht  in  dem  Sinne,  daß  die  Gottes- 
idee oder  irgend  eine  andere  der  im  Laufe  der  Entwicklung  zur 
Herrschaft  gelangten  religiösen  Ideen  von  Anfang  an  in  den  Men- 
schen gelegt  wäre;  wohl  aber  in  dem,  daß  schon  vor  dem  Anfang 
der  im  eigentlichen  Sinne  religiösen  Entwicklung  überall  in  dem 
Menschen  die  Anlagen  ruhen,  vermöge  deren  sich  aus  den  yor- 
religiösen  die  religiösen  Triebe  entwickeln,   und  diese  wiederum  aus 


^20  ^cf  Ursprung  der  Religion. 


ihren  niederen  in  ihre  höheren  Formen  übergehen.  In  dieser  Im- 
manenz der  Religion  wurzelt  endlich  auch  noch  der  Wert,  welchen 
die  den  höheren  Stadien  der  religiösen  Entwicklung  eigentümliche 
Ausbildung  einer  Kultlegende,  und  unter  ihnen  wieder  vornehmlich 
die  einer  historischen  Kultlegende,  wie  sie  das  Christentum 
hervorgebracht,  für  die  Religion  besitzt.  Was  ihm  selbst  immanent 
ist,  und  was  er,  wenn  auch  unbestimmt,  als  religiöses  Ideal  in  sich 
fühlt,  das  will  der  Mensch  in  menschlicher  Form  verwirklicht  sehea 
Das  leistet  ihm  aber  nicht  ein  unsichtbarer  überweltlicher  Gott,  sondern 
der  Gott,  der  selbst  als  Mensch  unter  Menschen  gewandelt,  ihr  Le- 
ben geteilt  und  ihre  Leiden  bis  zum  Tode  getragen  hat. 


IL  Das  Wesen  der  Religion. 
I.  Die  Religion  als  psychologisches  Problem. 

Die  Anfänge  einer  Philosophie  der  Religion  gehen  bekanntlich  bis 
in  die  Anfange  der  Philosohpie  selbst  zurück.  Doch  die  Überzeugung, 
daß  hier  der  philosophischen  eine  psychologische  Untersuchung  vor- 
angehen müsse,  die  zunächst  über  die  seelischen  Erlebnisse  Rechen- 
schaft gebe,  die  man  unter  dem  Gesamtbegriff  der  Religion  zusam- 
menfaßt, —  diese  Überzeugung  ist  verhältnismäßig  sehr  neuen  Datums. 
Freilich,  latent  sind  irgend  welche  psychologische  Voraussetzungen 
auch  in  den  spekulativen  Theorien  über  die  Natur  der  Religion  ent- 
halten. So,  wenn  sie  Schleiermacher  als  »Gefühl  schlechthiniger 
Abhängigkeit«  definiert,  oder  Hegel  sie  als  ein  »Wissen  des  Abso- 
luten in  der  Form  der  Vorstellung«  der  Philosophie  als  dem  begriff- 
lichen Wissen  gegenüberstellt,  —  Bestimmungen,  die  zugleich  auf 
die  zwei  Richtungen  hinweisen,  nach  denen  die  vielen  Versuche, 
der  Religion  durch  eine  allgemeine  Definition  nahe  zu  kommen, 
auseinandergehen.  Auf  der  einen  Seite  verlegt  man  sie  in  das 
Gefühl  und  den  Willen,  auf  der  andern  Seite  in  das  Erkennen.  Im 
ersteren  Sinne  wird  sie  bald  aus  dem  Glücksbedürfnis,  bald  aus  dem 
Streben  nach  sittlicher  Vollendung,  im  zweiten  aus  der  Annahme 
geistiger  Wesen,  aus  dem  Kausalbedürfnis  oder  auch  aus  einer  im- 
mittelbaren  Offenbarung  des  Göttlichen  im  menschlichen  Bewußtsein 


Die  Religion  als  psychologisches  Problem.  ^27 

abgeleitet.  Dabei  ist  es  übrigens  bezeichnend,  daß  die  einer  psycho- 
logischen Interpretation  näherstehenden  Auffassungen  meist  nicht 
von  Philosophen,  sondern  von  Vertretern  der  positiven  Wissen- 
schaften herrühren,  und  daß  unter  ihnen  die  Theologen,  soweit  sie 
nicht  auf  dem  in  der  zuletzt  erwähnten  Definition  vertretenen  Offen- 
barungsstandpunkte stehen,  mehr  dem  Voluntarismus,  die  Anthro- 
pologen mit  Einschluß  der  Psychologen  dem  Intellektualismus  sich 
zuneigen.  Daraus  kann  natürlich  nicht  gefolgert  werden,  daß  die 
eine  oder  die  andere  Auffassung  die  wissenschaftlich  besser  begrün- 
dete sei,  sondern  lediglich  dies,  daß  es  verschiedene  Gebiete  des 
wissenschaftlichen  Denkens  sind,  in  denen  sich  beide  bewegen.  Der 
Theologe,  der  von  den  ethischen  Anschauungen  der  höheren  Reli- 
gionen herkommt  und  nach  der  praktischen  Richtung  seines  Berufs 
vorzugsweise  der  erhebenden  und  tröstenden  Wirkung  religiöser  Stim- 
mungen zugewandt  ist,  bevorzugt  naturgemäß,  falls  ihm  nicht  etwa 
Religion  und  Dogma  zusammenfallen,  die  Gefiihlsseite  der  religiösen 
Erscheinungen.  Der  Anthropologe  und  Ethnologe,  dessen  Interesse 
zunächst  durch  das  ihm  selbst  Fremdartigste,  durch  die  Vorstellungen 
der  primitiven  Völker,  gefesselt  wird,  bringt  diesen  die  ihm  geläufigen 
Voraussetzungen  der  Vulgärpsychologie  entgegen;  und  er  tut  das 
um  so  harmloser,  als  jene  Vorstellungen  keineswegs  eine  Antwort 
auf  das  enthalten,  was  man  späterhin  religiöse  Fragen  zu  nennen 
pflegt,  sondern  als  sie  sich  auf  die  nächsten  wie  auf  die  fernsten 
Dinge,  auf  die  Ursachen  der  Krankheit  und  die  Bewegfung  der  Ge- 
stirne ebenso  wie  auf  das  Schicksal  der  Seele  nach  dem  Tode  und 
auf  eine  unsichtbare,  himmlische  und  unterirdische  Welt  beziehen.  So 
entsteht  denn  leicht  die  Anschauung,  die  Religion  sei  primitive  Wissen- 
schaft; sie  werde  jedoch  als  solche  allmählich  von  der  wirklichen 
Wissenschaft  verdrängt,  um  schließlich  nur  noch  als  ein  nicht  beweis- 
barer, aber  auch  nicht  widerlegbarer  Glaube  an  Dinge,  die  der  Wissen- 
schaft definitiv  unzugänglich  sind,  zurückzubleiben.  So  entsteht  die 
Theorie  des  »Agnostizismus«,  wie  sie  Herbert  Spencer,  der  bedeutendste 
und  konsequenteste  Vertreter  des  Intellektualismus  in  der  neueren 
Psychologie,  entwickelt  hat.  Daß  Spencer  und  andere  Soziologen, 
trotz  der  Beschäftigung  mit  den  in  das  Gebiet  der  Religion  her- 
überreichenden Erscheinungen  des  sozialen  Lebens,  an  dieser  An- 
schauung  festhielten,   erklärt  sich   übrigens   daraus,  daß  sie   bis  zu 


y28  ^ci"  Ursprung  der  Religion. 


jenem  Punkte  des  definitiv  Unerkennbaren  der  verbreiteten  Form  der 
intellektualistischen  Theorie  zugetan  waren,  wonach  Mythus  und  Reli- 
gion Vorstufen  oder  niedere  Formen  der  Erkenntnis  seien. 

Eine  Kritik  dieser  Theorien,  sowohl  der  emotionalen  wie  der  in- 
tellektualen,  soll  hier  nicht  unternommen  werden.  Eine  solche  li^ 
um  so  mehr  abseits  unserer  Aufgabe,  als  der  psycholog^che  Stand- 
punkt, von  dem  man  beiderseits  ausging,  abgesehen  von  der  Ver- 
schiedenheit der  psychologischen  Richtungen,  ein  übereinstimmender 
blieb.  Dieser  Standpunkt  ist  durchweg  derjenige  der  Individual- 
psychologie,  und  zwar  nicht  bloß  in  dem  Sinne,  daß  man  zur 
Interpretation  der  Erscheinungen  die  Tatsachen  des  individuellen  Be- 
wußtseins herbeizog,  was  natürlich  unvermeidlich  ist,  sondern  auch 
in  dem  andern,  daß  man  ausschließlich  aus  den  religiösen  Stimmungen 
und  Erlebnissen  des  individuellen  Bewußtseins  oder  aus  der  Beobach- 
tung religiös  hochgestimmter  Individuen  einen  Begriff  der  Religfion 
zu  gewinnen  suchte.  Hat  doch  selbst  ein  in  so  besonderem  Grade 
psychologisch  gerichteter  Religionsphilosoph  wie  Höffding  es  nach- 
drücklich abgelehnt,  für  die  Erkenntnis  des  Ursprungs  der  Religion 
die  Religionsgeschichte  zu  Rate  zu  ziehen,  und  statt  dessen  vielmehr 
auf  gute  Biographien,  zumal  Selbstbiogfraphien  religiöser  Persönlich- 
keiten hingewiesen^).  Ich  möchte  dem  nicht  einmal  für  die  Ge- 
schichte der  großen  Völkerreligionen  beipflichten,  auf  die  es  Höffding 
bezieht.  Stehen  doch  die  religiösen  Persönlichkeiten,  die  er  im 
Auge  hat,  ein  Augustin,  Suso  oder  eine  heilige  Therese,  selbst  in- 
mitten einer  jener  großen  Religionen,  ohne  die  die  eigenartige  Form 
ihrer  Religiosität  nicht  zu  verstehen  ist.  Noch  mehr  gilt  das,  wenn 
man  jenen  Satz  auf  die  gesamte  Religionsgeschichte  von  ihren  An- 
fängen an  beziehen  wollte.  Freilich  lehren  uns  so  manche  verfehlte 
Theorien,  die  auf  dem  Boden  der  Religionsgeschichte  oder  einzelner 
ihrer  Teile  erwachsen  sind,  daß  auch  die  Geschichte  allein  vor  Ir- 
rungen hier  nicht  zu  bewahren  vermag.  Sicherlich  kann  man  ein 
trefflicher  Religionshistoriker  und  doch  ein  schlechter  Religions- 
psycholog sein.  Wenn  wir  aber  näher  zusehen,  wie  solche  Irrungen 
entstanden  sind,  so  zeigt  es  sich  regelmäßig,  daß  sie  entweder  in 
dem  willkürlichen  Herausgreifen  eines  einzelnen,  und  vielleicht  nicht 


')  H.  Höffding,  Religionsphilosophie,  1901,  S.  86. 


Die  Religion  als  psychologisches  Problem.  yzQ 

einmal  des  religiös  bedeutsamsten  Zuges  der  Geschichte,  oder  noch 
häufiger,  daß  sie  wiederum  in  der  Individualpsychologie  in  ihrer 
vulgären  rationalisierten  Form  ihre  Quelle  haben.  Besten  Falls 
sucht  man  wohl  auch  in  der  Kinderpsychologie  zunächst  für  die  An- 
fänge der  Religion,  bisweilen  aber  sogar  für  die  großen  Kultur- 
religionen der  Alten  Welt  den  Schlüssel  zu  finden.  In  Wahrheit 
ist  aber  die  Religion  weder  ein  Problem  der  Individualpsychologie 
noch  ausschließlich  ein  solches  der  Geschichte,  sondern  jene  hat 
der  Geschichte  und  der  sie  in  ihren  Anfangen  ergänzenden  Völ- 
kerkunde den  StofT  und  der  Psychologie  die  Gesichtspunkte  der 
Untersuchung  zu  entnehmen.  Das  bedeutet  nach  dieser  psycho- 
logischen Seite  nicht,  daß  hier  die  Denk-  und  Gefuhlsweise  des 
psychologischen  Beobachters  selbst  oder  des  heutigen  Kulturmenschen 
überhaupt,  sei  dieser  auch  eine  besonders  hochgestimmte  religiöse 
Persönlichkeit,  in  die  Erscheinungen  der  religiösen  Entwicklung  hin- 
übergetragen werden  soll,  sondern  es  bedeutet,  daß  man  auf  Grund 
der  beobachteten  und  überlieferten  Tatsachen  und  der  allgemeinen, 
vor  allem  im  Gebiet  der  elementareren  Funktionen  des  Seelenlebens 
gewonnenen  Ergebnisse  sich  in  die  Psychologie  eines  unter  fremden 
Natur-  und  Kulturbedingungen  stehenden  Menschen  versetzen  und 
daraus  ein  psychologisches  Verständnis  der  religiösen  Motive  und 
ihrer  Fortentwicklung  gewinnen  muß.  Eben  das  aber  ist  hier,  wie 
überall,  die  Aufgabe  der  Völkerpsychologie.  Die  Religion  ist  dem- 
nach von  Hause  aus  ein  völkerpsychologisches,  kein  individualpsycho- 
logisches Problem. 

Daß  sie  das  letztere  nicht  ist,  das  bezeugen  nun  auch  die  Er- 
gebnisse, zu  denen  die  Versuche,  eine  Religionspsychologie  auf  der 
Grundlage  jener  individuellen  Beobachtungen  zu  gewinnen,  gelangt 
sind.  Auch  wo  sie  wirklich  auf  dem  Boden  der  Psychologie  ver- 
blieben und  nicht  etwa  von  Anfang  an  einer  aus  ganz  andern  Über- 
zeugungen entsprungenen  metaphysischen  oder  ethischen  Theorie 
zusteuerten,  da  verfehlten  solche  Versuche  durchweg  schon  die  nächste 
Aufgabe,  deren  Lösung  überhaupt  erst  den  Zugang  zu  einer  Psycho- 
logie der  Religion  eröffnen  kann:  die  der  Unterscheidung  von 
Mythus  und  Religion.  Diese  Aufgabe  liegt  in  der  Tat  so  sehr 
im  Argen,  daß  es  eine  große  religionswissenschaftliche  Partei  gibt, 
für  die  ein  Unterschied  überhaupt  nicht  existiert.     Zu  ihr  gehört  die 


y^O  ^^  Ursprung  der  Religion. 


Mehrzahl  der  Ethnologen,  aber  auch  eine  nicht  geringe  Anzahl  von 
Philologen  und  Historikern,  die  sich  mit  der  Mythologie  und  Reli- 
gionsgeschichte der  alten  Kulturvölker  beschäftigen.  Dies  hat  frei- 
lich seinen  begreiflichen  Grund  darin,  daß  von  Anfang  an  Mythus 
und  Religion  auf  das  innigste  verwebt  sind,  ja  daß  es  auf  weite 
Strecken  hinaus  überhaupt  keine  Religion  außer  in  mythologischer 
Form  gibt.  Aber  Verbindungen,  selbst  wenn  sie  sich  zu  Verschmel- 
zungen steigern,  bedeuten  doch  keineswegs  eine  Identität  der  Be- 
standteile, sondern  gerade  hier  erhebt  sich  um  so  mehr  die  Auf- 
gabe, jene  aus  ihrer  Verbindung  zu  lösen  imd  jeden  nach  den 
ihm  eigenen  Merkmalen  zu  fixieren.  Unter  diesem  Gesichtspunkte 
kann  es  nun  keinen  Augenblick  zweifelhaft  sein,  daß  jede  Mythologie 
zahlreiche  Vorstellungen  enthält,  die  mit  Refigion  nicht  das  Aller- 
geringste zu  tun  haben.  Wenn  die  Seele  mit  dem  letzten  Atemzug 
des  Sterbenden  aus  dem  Körper  entweicht,  wenn  sie  nach  dem  Tode 
im  Traumbild  wiedererscheint,  so  sind  das  an  und  fiir  sich  keine 
religiösen  Vorstellungen.  Sie  sind  allerdings  ebenso  wenig  sogenannte 
»Erklärungen«,  sondern  unmittelbare,  unter  der  assimilativen  Wirkung 
verwandter  Erlebnisse  entstandene  Anschauungen  (Teil  I,  S.  584  ff.). 
Nicht  anders  verhält  es  sich  mit  der  Auffassung  der  Gestirne,  Wolken, 
Winde  und  anderer  Naturerscheinungen  als  lebender  Wesen  und  mit 
der  Mehrzahl  der  Mythenmärchen  und  Sagen,  die,  auch  weim  ihr 
Inhalt  geglaubt  wird,  im  allgemeinen  mit  dem  Märchen  und  der  Sage 
späterer  Zeiten  die  religiöse  Bedeutungslosigkeit  teilen.  Denn  der 
einzige  allenfalls  entscheidende,  aber  keineswegs  konstante  Unter- 
schied, daß  die  mythologischen  Überlieferungen  geglaubt  werden, 
bildet  kein  Zeugnis  für  ihren  religiösen  Inhalt:  sonst  könnte  man  mit 
dem  gleichen  Rechte  jede  erfundene  Geschichte,  die  bei  irgend  einem 
Menschen  Glauben  findet,  zu  dem  Bestand  seiner  religiösen  Über- 
zeugungen zählen.  Der  Mythus  umfaßt  eben,  solange  das  mytho- 
logische Denken  allein  das  Bewußtsein  beherrscht,  die  gesamte  Welt- 
anschauung eines  Volkes:  er  ist  ebensogut  Vorstufe  künftiger  Wissen- 
schaft, wie  er  das  Handeln  an  Stelle  der  ihn  später  ablösenden 
praktischen  Maximen  leitet.  Die  Sonderung  der  einzelnen  Lebens- 
gebiete aus  dem  ursprünglich  sie  alle  umfassenden  mythologischen 
Ganzen  erfolgt  aber  für  die  einzelnen  zu  sehr  verschiedener  Zeit,  und 
sie   erfolgt,   wie   wir  das  vor  allem  aus  der  Geschichte   der   Natur- 


Die  Religion  als  psychologisch  et  Problem.  j^i 

anschauung  wissen,  sogar  für  die  einzelnen  Teile  eines  und  desselben 
Gebietes  sehr  ungleichmäßig.  Am  dauerndsten  bleibt  der  Mythus 
begreiflicherweise  bei  den  Vorstellungen  bestehen,  die  sich  auf  eine 
Welt  jenseits  der  wirklichen  und  auf  ein  Leben  nach  dem  Tode,  kurz 
auf  einen  Inhalt  beziehen,  der  jeder  erfahrbaren  Wirklichkeit  ent- 
zogen ist.  Insofern  nun  dieser  Inhalt  zugleich  dem  Gebiet  der  Re- 
ligion angehört  oder  an  es  angrenzt,  ist  es  verständlich,  daß  unter 
allen  Lebensgebieten  die  Religion  am  dauerndsten  mit  mythologischen 
Elementen  verwebt  ist.  Je  schwieriger  es  aber  darum  sein  mag,  im 
einzelnen  Fall  Religiöses  und  Mythisches  zu  sondern,  um  so  notwendiger 
ist  dies,  soll  der  Begriff  der  Religion  überhaupt  gegenüber  solchen 
mythologischen  Trübungen  klargestellt  werden.  Da  nun  Mythus  und 
Religion  beide  psychologische  Bildungen  sind,  so  ist  diese  Sonderung 
ebenso  eine  mit  Hilfe  der  ethnologischen  und  historischen  Tatsachen 
zu  lösende  psychologische  Aufgabe,  wie  es  auf  der  andern  Seite  eine 
historische  Aufgabe  ist,  auf  Grund  psychologischer  Merkmale  und 
geschichtlicher  Zeugnisse  die  mythologischen  von  den  tatsächlichen 
Bestandteilen  historischer  Sagen  und  Legenden  zu  scheiden. 

Der  Schwierigkeit  jenes  völkerpsychologischen  Problems  entgehen 
nun  freilich  diejenigen,  die  die  Religion  von  vornherein  ausschließ- 
lich unter  dem  Gesichtspunkt  der  Individualpsychologie  betrachten. 
Indem  sie  von  den  geschichtlichen  Erscheinungsweisen  derselben 
ganz  abstrahieren  und  ihre  Untersuchung  auf  die  Frage  konzentrieren, 
was  ein  Mensch  unter  den  Bedingungen  unserer  heutigen  oder  einer 
von  ihr  nicht  allzu  verschiedenen  Kultur  erlebe,  wenn  in  ihm  religiöse 
Gefühle  und  Vorstellungen  entstehen  und  sich  in  entsprechenden 
Handlungen  äußern,  kommen  sie  mit  der  Frage  nach  dem  Verhältnis 
von  Mythus  und  Religion  überhaupt  nicht  in  Berührung.  Das  Reli- 
giöse ist  dann  von  vornherein  ein  Erlebnis,  das  nach  seiner  Inten- 
sität und  nach  zufälligen  äußeren  Bedingungen  variieren  mag,  im 
übrigen  aber  ebenso  über  allen  Wandel  der  Zeiten  erhaben  ist,  wie 
die  allgemeinen  Eigenschaften  des  Bewußtseins  nach  der  Voraus- 
setzung der  Individualpsychologie  überall  als  die  nämlichen  wieder- 
kehren. Wollte  man  freilich  die  durch  diesen  Standpunkt  zunächst 
gebotene  Bewußtseinsanalyse  strenge  durchführen  \ind  bei  beliebigen 
Individuen  zur  Anwendung  bringen,  so  würde  sie  angesichts  der  un- 
geheuer verwickelten  Bedingungen,  unter  denen  innerhalb  der  gegen- 


^7  2  ^^^  Ursprang  der  Religion. 


wältigen  Kultur  ein  einzelnes  Bewußtsein  stehen  kann,  schwerlich 
zu  einem  Ergebnisse  kommen.  Wahrscheinlich  würde  sich,  wenn 
man  innerhalb  eines  größeren  und  möglichst  gemischten  Kreises  Um- 
frage hielte,  dieser  Kreis  ungefähr  in  drei  Gruppen  teilen:  in  eine 
erste,  die  die  Religion  für  eine  heilige,  auf  einer  ursprünglichen  Offen- 
barung beruhende  Überlieferung  erklärte;  in  eine  zweite,  die  be- 
hauptete, von  spezifisch  religiösen  Erlebnissen  überhaupt  nichts  zu 
wissen;  und  endlich  in  eine  dritte,  die  dieses  Erlebnis  als  eine  feier- 
liche, die  Seele  über  die  Bedürfnisse  und  Sorgen  des  Alltags  er- 
hebende und  in  guten  Vorsätzen  bestärkende  Gesinnung  schilderte. 
Natürlich  können  auch  Übergänge  zwischen  diesen  Gruppen,  nament- 
lich der  ersten  und  der  dritten  vorkommen.  Im  ganzen  aber  ist  klar, 
daß,  wo  sie  reinlich  geschieden  einander  gegenüberstehen,  die  Aus- 
sagen der  ersten  und  der  zweiten  Gruppe  im  Grunde  gleich  inhalts- 
leer sind.  Denn  auch  da,  wo  sich  das  religiöse  Erlebnis  als  eine 
bloße  Sache  der  Überlieferung  gibt,  ist  es  ja  nur  eine  äußere  ge- 
dächtnismäßige Aneignung.  Dieser  Mißerfolg  macht  es  denn  auch 
verständlich,  daß  die  Psychologen,  die  dieser  Richtung  folgen,  hier 
auf  die  sonst  von  ihnen  geübte  vergleichende  Methode  verzichten, 
und  statt  dessen  einen  Weg  einschlagen,  den  man  in  der  empi- 
rischen Logik  das  Verfahren  der  > ausgezeichneten  Fälle«  zu  nennen 
pflegt.  Biographien,  Selbstbekenntnisse,  Erlebnisse  religiöser  Persön- 
lichkeiten sind  die  Quellen,  aus  denen  man  zu  schöpfen  sucht.  Da 
bieten  sich  denn  auf  der  einen  Seite  die  selbstquälerischen  Grübler, 
die,  von  tiefer  Seelennot  erfüllt,  nach  religiösem  Trost  verlangen ;  auf 
der  andern  die  ekstatischen  Visionäre,  die  mit  ihren  Gedanken  und  Ge- 
fühlen in  einer  künftigen  Seligkeit  schwelgen.  So  ist  die  Gesellschaft, 
in  die  wir  durch  diese  Sammlungen  religiöser  Selbstzeugnisse  versetzt 
werden,  eine  äußerst  gemischte.  Neben  den  großen  Gestalten  eines 
Augustin  und  Franz  von  Assisi  fehlt  es  nicht  an  subalternen  Persönlich- 
keiten von  zweifelhaftem  Werte,  von  den  dem  Psychiater  geläufigen 
Typen  des  religiösen  Wahnsinns  an  bis  herab  zu  den  Hysterischen 
und  Neurasthenikern  gewöhnlichen  Schlags,  denen  bekanntermaßen 
ein  Zug   religiöser  Schwärmerei   nicht  selten   eigen  ist').     Demnach 


^)   W.    James,    The  Variation    of    religious    Experience,    1902.      Deatscfai    von 
G.  Wobbermin  u.  d.  T.    Die  religiöse  Erfahrung  in  ihrer  Mannigfaltigkeit,  1907.    Über 


*Die  Religion  als  psychologischei  Problem.  y^^ 

ist  diese  Sammlung  ausgezeichneter  Fälle  allenfalls  eine  Kasuistik  zur 
religiösen  Pathologie;  aber  eine  Religionspsychologie  ist  sie  nicht 
Sie  weiß  weder  zu  sagen,  wie  Religion  entstanden  ist,  noch  wie  sie 
sich  entwickelt  hat,  noch  auch,  was  sie  in  unserer  heutigen  Kultur, 
der  sie  vorzugsweise  ihre  Beispiele  entlehnt,  bedeutet.  Über  alles  das 
gibt  sie  ebensowenig  Aufschluß,  wie  sich  etwa  aus  der  Ideenilucht 
des  Geisteskranken  die  allgemeinen  Normen  der  Erkenntnis  entnehmen 
lassen.  Gewiß  haben  Vision  und  Ekstase  fiir  die  Geschichte  der 
Religion  ihre  große  Bedeutung.  Doch  bilden  sie  überall  nur  einen 
Teil  der  religiösen  Erscheinungen,  und  viele  unter  ihnen  gehören 
nicht  der  Religion  als  solcher,  sondern,  wie  die  Geschichte  der  Jen- 
seitsvorstellungen lehrt,  ihrem  m3^ologischen  Beiwerk  an.  Mag  in 
diesem  speziellen  Fall  die  Beobachtung  heutiger  Visionäre  immerhin 
ein  gewisses  Licht  werfen  auf  die  Entstehung  solcher  Vorstellungen 
in  2^iten  gesteigerter  religiöser  Erregung,  den  Motiven,  die  diese 
Zeiten  bewegen,  steht  diese  »pragmatische  Methode«  ebenso  hilflos 
gegenüber,  wie  allen  andern  Fragen,  bei  denen  sie  mit  der  Religions- 
geschichte in  Berührung  kommt.  Zu  den  Glaubensanschauungen  der 
positiven  Religionen,  aus  denen  wir  doch  zunächst  den  B^rriff  dessen 
zu  nehmen  haben,  was  Religion  ist,  verhält  sich  daher  der  Prag- 
matiker ungefähr  ebenso,  wie  ein  wohlwollender  Aufklärungsphilosoph 
des  i8.  Jahrhunderts.  Er  sucht  sie  nicht  nach  den  psychologischen 
Bedingungen  der  gesamten  religiösen  Entwicklung,  innerhalb  deren  sie 
stehen,  zu  begreifen,  sondern  er  betrachtet  sie  losgelöst  von  allen 
diesen  Beziehungen,  lediglich  nach  dem  Nutzen,  den  sie  etwa  iiir  die 
religiösen  Zwecke  des  heutigen  Menschen  besitzen  mögen.  Diese  Über- 
einstimmung trotz  der  sonstigen  Verschiedenheit  der  Standpunkte  ist 
begreiflich.  Das  einigende  Band  zwischen  dem  Aufldärungsphilosophen 
von  ehedem  und  dem  Pragmatiker  von  heute  ist  das  Nützlichkeit»- 
prinzip,  das  ebenso  jenen  in  seiner  rationalistischen  Beleuchtung  der 
christlichen  Dogmen,  wie  diesen  in  seiner  Deutung  der  religiösen 
Gefühle  leitet.  Bei  der  Unbestimmtheit  der  hier  den  religiösen  Me- 
lancholikern und  Ekstatikem  gemeinsamen  Geiiihle  bietet  dann  die 
Sammlung   solcher  Einzelerlebnisse   einen   Spielraum    für    die  Auf- 


dic  »pragmatische  Methode«  im  allgemeinen  vgl.  James,  Pragmatlsm,  I9<>7«    l^ttc 
von  W.  Jerusalem,  1908. 


I     '^/'n 


•j^^  Der  Uripnmg  der  Religion. 


fassung  der  Religion  selbst,  der  weit  genug  ist,  um  sie  der  Haupt- 
sache nach  schließlich  hier  so  gut  wie  dort  der  Willkür  des  Philo- 
sophen anheimzugeben.  So  kann  man  sich  denn  auch  dem  Eändruck 
nicht  verschließen,  daß  die  Definitionen  der  Religion,  welche  die 
pragmatischen  Psychologen  auf  Grund  ihrer  Auslese  ausgezeichneter 
Fälle  geben,  möglicher  Weise  auch  ohne  eine  solche  Induktion  ge- 
wonnen werden  könnten.  So  wenn  die  Religion  eine  »Option,  die 
bedeutungsvoll  und  unumgänglich  ist«  oder  die  »H3T>othese  von  Gott« 
nach  pragmatischen  Grundsätzen  wahr  genannt  wird,  »wenn  sie  im 
weitesten  Sinne  des  Worts  befriedigend  wirkt«  *),  oder  endlich,  wenn 
als  die  >  wahrste  Religion  diejenige  bezeichnet  wird,  die  das  beste 
Leben  erzeugt  und  befördert«').  Man  könnte  diese  Definitionen  ruhig 
in  den  Utilitarismus  und  Opportunismus  des  i8.  Jahrhunderts  ver- 
pflanzen, und  vielleicht  würde  niemand  gewahr  werden,  daß  sie  einem 
andern  Boden  entstammen.  Daß  sie  im  einen  Fall  intellektualistisch, 
im  andern  voluntaristisch  gefärbt  sind,  macht  um  so  weniger  einen 
wesentlichen  Unterschied,  als  doch  auch  das  Gefiihl  zuerst  in  ein 
reflexionsmäßiges  Wollen  übertragen  wird,  ehe  man  sich  über  seinen 
Inhalt  Rechenschaft  zu  geben  sucht. 

Nun  liegt  ein  nicht  zu  verkennender  Fortschritt  über  die  bis- 
herige Stellung  utilitarischer  Ethik  und  Religionsphilosophie  immer- 
hin schon  darin,  daß  die  pragmatische  Theorie  wenigstens  dies 
ihren  Beispielen  entnommen  hat,  die  Wurzeln  der  Religion  nicht 
oder  doch  zum  allergeringsten  Teil  im  Gebiet  des  Erkennens, 
sondern  in  dem  des  Fühlens  und  Wollens  zu  suchen.  Doch  die- 
ses Resultat  bleibt  unfruchtbar,  weil  die  Anwendung  der  Methode 
ebenso  unzulänglich  wie  das  Erfahrungsgebiet  falsch  gewählt  ist,  auf 
das  sie  angewandt  wird.  Ausgezeichnete  Fälle  sind  brauchbar,  wenn 
man  sicher  sein  kann,  daß  sie  alle  wesentlichen  Merkmale  an  sich 
tragen,  die  dem  untersuchten  Gegenstand  eigen  sind.  Davon  trifft 
aber  hier  das  Gegenteil  zu:  Beispiele  psychischer  Depression  und 
Exaltation  sind  ebenso  wenig  in  ihren  religiösen  wie  in  andern 
Äußerungen  für  das  Ganze  der  psychischen  Motive  maßgebend;  und 
religiöse  Motive,  die  man  innerhalb  eines  beschränkten  Kulturgebiets, 

')  James,  Der  Wille  zum  Glauben,  deutsch  von  Th.  Lorenz.  Pragmatismus,  übers, 
von  Jerusalem,  1908,  S.  192. 

')  F.  C.  Schiller,  Studies  in  Humanism,  1907,  p.  368 f. 


Die  Religion  als  psychologisches  Problem.  y^c 

vollends  auf  Grund  willkürlich  bevorzugter  Merkmale,  zu  ermitteln 
sucht,  lassen  sich  nimmermehr  auf  das  Ganze  der  religiösen  Ent- 
wicklung übertragen.  Denn  das  psychologische  Problem  der  Religion 
liegt  überhaupt  nicht  oder  doch  höchstens  indirekt,  insofern  wir  nämlich 
in  der  Psychologie  nirgends  der  Analyse  des  Einzelbewußtseins  ent- 
raten  können,  im  Gebiet  der  Individualpsychologie.  Wir  können 
Religion  nicht  begreifen,  wenn  wir  nicht  zu  verstehen  suchen,  wie  sie 
geworden  ist.  Sie  aus  den  Bekenntnissen  eines  aus  christlichen  Lehr- 
überlieferungen und  griechischer  Philosophie  schöpfenden  Mannes  wie 
Augustin  oder  gar  aus  den  Selbstbekenntnissen  moderner  Mystiker 
erkunden  zu  wollen,  ist  ein  Unternehmen,  das  von  vornherein  zur 
Ergebnislosigkeit  verurteilt  ist.  Wie  alle  historischen  Schöpfungen, 
so  und  mehr  noch  als  die  meisten  andern,  kann  man  weder  das 
religiöse  Leben  der  Gegenwart  noch  die  Religion  überhaupt  ver- 
stehen, ohne  sich  darüber  Rechenschaft  zu  geben,  wie  sie  geworden 
sind.  Die  Entwicklungsgeschichte  von  Mythus  und  Religion,  die  dieses 
Werden  in  sich  schließt,  ist  aber  wiederum  keine  rein  historische, 
sondern  eine  psychologisch-historische,  also  eine  völkerpsychologische 
Aufgabe.  Denn  nur  als  psychologische  Entwicklungsgeschichte  der 
mythologischen  und  religiösen  Motive  kann  sie  dieser  Aufgrabe  nach- 
kommen. 

In  den  vorangegangenen  Kapiteln  ist  nun  der  Versuch  gemacht 
worden,  die  Hauptphasen  jener  Entwicklung  zu  schildern.  Dabei 
mußte  auf  Grund  allgemeingültiger  psychologischer  Erwägungen  der 
Kultus  als  das  äußere  Merkmal  vorangestellt  werden,  das  zwar  an 
sich  selbst  noch  nicht  für  einen  religiösen  Inhalt  der  Handlungen 
entscheidend,  das  aber  für  die  Kennzeichnung  vor  allem  der  früheren 
Stufen  der  Religion  unerläßlich  ist.  Denn  mag  immerhin  schließlich 
eine  Tiefe  der  religiösen  Gesinnung  möglich  sein,  die  auf  äußere 
Symbole  verzichtet,  in  der  Gesamtentwicklung  der  hierher  gehörigen 
Erscheinungen  kann  es  zwar  möglicherweise  einen  Kultus  geben, 
den  wir  noch  nicht  Religion  nennen,  aber  es  gibt  keine  Religion, 
die  nicht  in  Kultushandlungen  nach  außen  tritt,  weil  jeder  irgendwie 
lebendig  das  Bewußtsein  ergreifende  Trieb  naturnotwendig  in  Hand- 
lungen sich  äußert.  Eine  Religion,  die  von  Anfang  an  bloß  in 
theoretischen  Überzeugungen  oder  subjektiven  Stimmungen  ohne 
äußeren  Effekt  bestünde,  ist  daher  ein  psychologisch  unmöglicher  Be- 


y^t  I^er  Ursprang  der  Religion. 


griff,     Schon  darum  ist  also  der  Versuch,  aus  den  Schildeningen  rein 
subjektiver  Stimmungen  und  Gefühle  einen  Aufschluß  über  das  Wesen 
der  Religion  zu  gewinnen,  ebenso  verkehrt,  wie  die  immer  wieder  auf- 
tauchende Behauptung    eines    primitiven  Monotheismus ,    der   in  der 
bloß    theoretischen  Überzeugrung    von    der  Existenz    eines    höchsten 
Wesens  bestehen  soll.     Sie  ist  samt  allen   aus  dieser  Annahme  ge- 
zogenen Folgerungen  von  einer  allmählichen  Erhebung  eines  solchen 
ursprünglich  jeder  Verehrung  entbehrenden  Gottes  eine  psychologische 
Unmöglichkeit  *).     Doch  eben  deshalb,  weil  der  Kultus  infolge  jener 
natürlichen  Verbindung  von  Fühlen  und  Handeln  möglicherweise  aus 
den  verschiedensten  Affekten   der  Furcht  und  der  Hoffnung  hervor- 
gehen kann,  ist  er  auch  an  sich  noch  kein  Kriterium  für  die  spezifisch 
religiösen  Motive.     Hier  tritt  nun  als  ein  nächstes  Merkmal  das  der 
Gemeinschaft  hinzu  (S.  597).    Indem  es  innerhalb  eines  bestimmten 
Bevölkerungskreises  die  Allgemeingültigkeit  der  dem  Kultus  zugrunde 
liegenden  Motive  bekundet,  gibt  es  den  hierher  gehörigen  Kultformen 
einen  höheren  Wert   und  einen  zwingenderen  Charakter,    der  ihnen 
eine  dauernde  Nachwirkung  sichert,  so  daß  sie  jetzt  in  eine  in  auf- 
steigender Richtung  sich  bewegende  Entwicklung   eintreten  können. 
Aber  auch   damit  ist   die   religiöse  Natur   eines  solchen  Kultus  noch 
nicht  verbürgt,   wie   denn  zahlreiche  Zauberkulte  als  Gemeinschafts- 
kulte vorkommen,  von  denen  direkt  keine  Brücke  zu  kultischen  Hand- 
lungen hinüberfuhrt,  die  wir  noch  auf  den  späteren  Stufen  dieser  Ent- 
wicklung   als    religiöse    anerkennen.      Eine    solche   Kontinuität    muß 
jedoch  notwendig  vorhanden  sein,  wenn  wir  nicht  die  Religion  über- 
haupt zu  einem  völlig  unbestimmten  Begriff  machen  wollen,  der  alle 
möglichen  disparaten  Elemente  in   sich  vereinigen  kann.     Da  ist  es 
nun  eine  zweite  Erscheinung,  die  mit  einem  Male  dem  Kultus  wie 
den  Motiven,  aus  denen  er  entspringt,  eine  neue  Richtung  gibt:  das 
ist  der  Übergang  des  Dämonen-  in  den  Götterkultus.     Um  die  Be- 
deutung zu  ermessen,  die  dieser  Übergang  für  die  religiöse  Entwicklung 
besitzt,  müssen  wir  uns  der  drei  Eigenschaften  erinnern,  die  der  Be- 
griff des  Gottes  in  sich  schliesst.     Es  sind  die  des  über-  oder  unter- 
irdischen oder   irgendwie   sonst   der  gewöhnlichen  sinnlichen  Wahr- 


')  L.  von  Schroeder,    in  den  Beiträgen  zur  Weiterentwicklung  der  christlichen 
Religion  von  Deißmann,  Domer,  Eucken  u.  a.,  1905,  S.  17  ff.    Vgl.  dazu  oben  S.  404£l^ 


Die  Religion  als  psychologische!  Problem.  n-i'j 

nehmung  entrückten  Wohnorts,  der  Unsterblichkeit,  und  endlich  einer 
von  menschlichen  Sorgen  befreiten  Seligkeit,  wie  sie  in  sinnenfalliger 
Form  vor  allem  in  einer  besonderen  Götterspeise  und  einem  besonderen 
Göttertrank,  durch  die  sich  die  Götter-  von  der  Menschenwelt  scheidet, 
zum  Ausdruck  kommt  (S.  3 34  ff.)-    Indem  sich  nun  mit  diesen  Eigen- 
schaften auch  noch  die  andern,  die  schon  den  Dämonen  zukamen, 
in  gesteigertem  Grade  verbinden,   werden  die  Götter  zu  Natur-  und 
Schicksalsmächten,  die  der  Mensch  durch  den  ihnen  geweihten  Kultus 
zu  gewinnen  strebt,  und  in  deren  eigenstes  Wesen  er  mehr  und  mehr 
die  gütige  Gesinnung  verlegt,  von  der  er  in  der  Not  des  Lebens  und 
in  der  Furcht  vor  dem  Tode  Rettung  und  Hilfe  hofft.    So  treten  uns  in 
den  Göttern  zum  erstenmal  die  Bilder  von  Wesen  entgegen,  die  sinn- 
lich und  menschlich  und  doch  soweit  möglich  übersinnlich  und  über- 
menschlich, der  sinnlichen  Umgebung  entrückt  und  dennoch  mensch- 
lichem Streben  erreichbar  gedacht  werden.    Auf  diese  Weise  entfalten 
sich  in  dem  Götterkultus  zuerst  in  der  Beziehung  menschlichen  Tuns 
und  Leidens  auf  höchste  ideale  Wesen  religiöse  Motive.     Es  schließt 
sich  nun  aber  auch,  je  mehr  diese  Götterwelt  durch  die  mythenbildende 
Phantasie  ausgestaltet  wird,  immer  fester  das  Band  zwischen  Kultus 
und  Mythus.    Ohne  Mythus  kein  religiöser  Kultus.    Die  Gegenstände, 
in  denen  sich  die  Gefühle  der  Abhängigkeit  von  über  ihm  stehenden 
Welt-  und  Schicksalsmächten  verdichten,    muß   sich  der  Mensch  in 
sinnlich  anschaulichen  Bildern  gegenüberstellen,  wenn  sie  eine  dauernde 
Wirkung  auf  sein  Denken  und  Handeln  gewinnen  sollen.     Damit  treten 
bildende  Kunst  und  mythologische  Dichtung  in  den  Dienst  der  Religion, 
die  sie  zugleich  mit  einem  reichen  Kranz  von  Phantasieschöpfungen 
fremdartigen   und    teilweise   widersprechenden   Ursprungs    umgeben. 
Gerade  diese   Dissonanz   der   den  Göttermythus  zusammensetzenden 
Motive,  die  ihren  schärfsten  Ausdruck  in  dem  Kampf  der  Philosophie 
gegen   den  Mythus  findet,    fuhrt   nun  aber   auch  die   religiöse  Ent- 
wicklung von   dieser  Stufe  sinnlicher  Gebundenheit,   die  der  mytho- 
logische Götterkult  nicht  zu  überwinden  vermag,  zu  einer  weiteren: 
zu  dem  Glauben  an  eine  ideale,  übersinnliche  Welt,  in  der  das  mensch- 
liche Streben  und  Handeln  mit  eingeschlossen  liegt,    und  in  der  sich 
der  Mensch    die  Ideale    seines  eigenen  Strebens    verwirklicht  denkt 
Damit  verschwinden   nicht   die   Göttcrvorstellungen ,    und   eine   feste 
Grenze  zwischen  dem  Stadium,  wo  die  Götter  noch  als  überragead^^ 

W  u  n  d  t ,  Völkerpsychologie  II,  3.  47 


yag  ^^^  Ursprung  der  Religion. 


Menschen,   und  dem,  wo  sie  ganz  als  übersinnliche  Wesen  gedacht 
werden,  läßt  sich  darum  nicht  ziehen.     Hier  greift  nun  aber  als  ein 
vermittelndes  Moment  die  Vorstellung  des  Symbols  ein,   das  selbst 
wieder  einen  wichtigen  Bedeutungswandel  durchläuft.   In  den  Anfangen 
des  Götterkultus  werden  die  Götter  genau  so  als  wirklich  existierend 
gedacht,  wie  sie  vorgestellt  werden,  oder  —  was  hier  fiir  die  flüchtige 
subjektive  Vorstellung  frühe  schon  eintritt   —  wie   sie   als   die  von 
der  Kunst  ausgebildeten  Idealgestalten  zu  allgemeiner  Anerkennung 
gelangen.     Dann  wandelt  sich  diese  Vorstellung  der  unmittelbaren 
Wirklichkeit  im  selben  Sinne  in  den  eines  realen  Symbols  um,  in 
welchem  auch   die  Kulthandlungen   zu  realen  oder  magischen  Sym- 
bolen geworden  sind  (S.  602  ff.).    Das  Götterbild  ist  jetzt  nicht  mehr 
selbst  der  Gott,  aber  es  ist  sein  reales  Symbol,  da  die  Gottheit  beim 
Kultus  in  ihm  ihren  Sitz  hat  und  durch  dasselbe  magische  Wirkungen 
ausübt.     Dann,  auf  einer  weiteren  Stufe,   wandelt  sich  das  reale  in 
ein    ideales   Symbol   um:    die    magische  Wirkung   des    Götterbildes 
schwindet.     Aber  des  Bildes  selber  bedarf  man  fortan  als  eines  sub- 
jektiven Verstärkungsmitteis  der   religiösen  Gefühle.     Zugleich  bietet 
sich  in  der  hier  einsetzenden  Aufnahme  der  Idee  des  Gottmenschen, 
des  im  Kultus  verehrten  Gottes,  der  als  Mensch  auf  Erden  gewandelt, 
ein  wirksames  Mittel  der  Rückkehr  von  dieser  idealen  zur  realen  Be- 
deutung des  symbolischen  Bildes.     So  hat  im  christlichen  Kultus  das 
konventionelle    Christusbild    in    den    Vorstellungen    der    Christenheit 
mindestens    eine  zwischen   Ideal  und  Wirklichkeit  schwankende  Be- 
deutung gewonnen,    und    bei    einem    großen  Teil   des  katholischen 
Volkes  bewahren    neben    Jesus  die   Gottesmutter,    die   Apostel    und 
Heiligen  eine  ähnliche  reale  Bedeutung.    Doch  in  dem  Maße,  als  diese 
schließlich  dennoch  schwindet,  beginnt  auch  in  diesem  Fall  selbst  das 
ideale  Symbol  zu  einer  Zeit,  wo  in  den  Kulthandlungen  zumeist  sogar 
das  reale  noch  lebendig  ist,  allmählich  zu  verblassen.    Aus  dem  subjek- 
tiven Schwanken  der  Vorstellungen  erhebt  sich  so  als  letzte  Idee  die 
der  Unvorstellbarkeit   der  Gottheit,    die  nunmehr  als  ein  not- 
wendiges Attribut  ihres  übersinnlichen  und  demzufolge  rein  geistigen 
Wesens  aufgefaßt  wird.     Damit  bereitet  dieser  Übergang  zuerst  vom 
realen   zum    idealen  Symbol    und    dann   des   letzteren   zur  Idee   dem 
analogen,  aber  freilich  hier  erst  in  einem  späteren  Stadium  einsetzenden 
Wandel  in  der  Bedeutung  der  Kulthandlungen  den  Weg. 


Die  Religion  als  psychologisches  Problem.  n^O 

Eine  allgemeine  Begriffsbestimmung  der  Religion  kann  nun  angesichts 
dieses  fortwährenden  Flusses  ihrer  Entwicklung,  in  der  es  an  rückläufigen 
Strömungen  nicht  fehlt,  nicht  einem  einzelnen  dieser  Stadien  ent- 
nommen werden.  Nur  daran  ist  festzuhalten,  daß  im  Sinne  des  hier 
zu  fordernden  allgemeinen  Charakters  der  entscheidenden  Motive  und 
der  Kontinuität  ihrer  Entwicklung  eine  Begriffsbestimmung  alle  Stadien 
umfassen  muß  von  den  noch  in  lebendiger  Wirklichkeit  geschauten 
Göttern  eines  naiven  Glaubens  an  bis  zu  der  unter  der  Mitwirkung 
der  Philosophie  entstandenen  Idee  einer  unvorstellbaren  Gottheit. 
In  diesem  Sinne  werden  wir  sagen  können:  Religion  ist  das  Ge- 
fühl der  Zugehörigkeit  des  Menschen  und  der  ihn  um- 
gebenden Welt  zu  einer  übersinnlichen  Welt,  in  der  er 
sich  die  Ideale  verwirklicht  denkt,  die  ihm  als  höchste 
Ziele  menschlichen  Strebens  erscheinen.  Ideale  im  Sinne 
höchster,  vermöge  der  sinnlichen  Schranken  des  Daseins  an  sich  un- 
erreichbarer und  doch  erstrebenswerter  Lebensgüter  gibt  es  nun  von 
dem  Augenblick  an,  wo  im  Götterkultus  eine  solche  ideale  Welt  zur 
Ausbildung  gelangt.  Der  von  da  an  zuerst  teilweise  und  dann  all- 
mählich vollständig  werdende  Übergang  dieser  Güter  vom  sinnlichen 
auf  das  geistige  Gebiet  dagegen  ist  ein  Prozeß,  der  den  wesentlichen 
Inhalt  der  religiösen  Entwicklung  selbst  ausmacht.  Damit  wandeln 
sich  die  ursprünglich  sinnlichen  in  sittliche  Ideale  um,  die,  der 
wirklichen  Lebensführung  entnommen,  mit  innerer  Notwendigkeit 
wieder  auf  diese  zurückwirken  und  sich  so  zu  sittlichen  Lebens- 
normen gestalten.  Dadurch  werden  die  religiösen  Motive  zu  den 
frühesten  Triebfedern  der  Sittlichkeit,  und  die  sittlichen  Motive,  wie 
sie  sich  im  Kontakt  mit  der  sinnlichen  Wirklichkeit  gestaltet  haben, 
werden  zum  wesentlichsten  Inhalt  des  religiösen  Ideals.  Indem  dieser 
Begriff  des  Ideals  an  sich  nur  eine  formale  Bedeutung  hat,  da  er 
lediglich  die  höchste  Norm  bezeichnet,  die  menschlichem  Vorstellen 
in  einer  bestimmten  Richtung  erreichbar  ist,  schließt  die  hieraus  ent- 
stehende Unbestimmtheit  zugleich  die  ganze  Fülle  der  religiösen  Ent- 
wicklungen ein.  Von  andern  Anwendungen,  in  denen  der  Idealbegriff 
vorkommen  kann,  scheidet  sich  aber  das  religiöse  Ideal  durch  seine 
Beziehung  zu  einer  übersinnlichen  Welt.  Mag  sich  die  Idee  des  Über- 
sinnlichen selbst  nur  allmählich  von  dem  Boden  der  Sinnlichkeit  lösen, 
auf  dem   sie   geboren   ist,   so  liegt  doch  schon  in  der  Richtung,  auf 

47* 


»jAQ  Der  Ursprung  der  Religion. 


die  bereits  der  primitive  Götterkultus  abzielt,  der  Unterschied  von 
andern,  insonderheit  auch  von  den  stets  an  die  sinnliche  Wirklichkeit 
gebundenen  spezifisch  sittlichen  Idealen.  Was  die  religiösen  mit  diesen 
wie  mit  allen  Idealvorstellungen  gemein  haben,  und  was  ihnen  zu- 
gleich jene  enge  Beziehung  zum  Wollen  und  Handeki  g^bt,  die  sich 
im  religiösen  Kultus  ausspricht,  das  ist  die  Intensität  der  Gefühle, 
die  sie  begleiten,  und  denen  sie  ihre  eigenartige  Qualität  verdanken. 
So  hat  denn  auch  keiner  der  Versuche,  die  gemacht  worden  sind,  die 
Religion  als  ein  Gefühl  zu  definieren,  ganz  sein  Ziel  verfehlt.  Aber 
schwerlich  gibt  es  unter  ihnen  einen,  der  mehr  als  eine  einzelne,  oft  zu- 
fallig herausgegriffene  und  nicht  einmal  konstante  Eigenschaft  wieder- 
gibt. So  können  Abhäi^gkeitsgefiihl,  Glücksbedürfhis  usw.  Teilmotivc 
des  religiösen  Verhaltens  sein.  Doch  sie  gehören  nicht  und  am  aller- 
wenigsten ausschließlich  zum  Wesen  der  Religion.  Gerade  bei  der 
höchsten  Steigerung  des  religiösen  Enthusiasmus  verwandelt  sich  das 
Gefühl  der  Abhängigkeit  in  das  der  Einheit  mit  der  Gottheit,  und  das 
Glücksbedürfnis  schwindet  in  dem  Gefühl  der  inneren  Beseligung. 
Was  allen  diesen  Formen  und  Färbungen  religiösen  Verhaltens  eigen 
ist,  das  bleibt  eben  nur  die  Zugehörigkeit  zu  einer  übersinnlichen 
Welt.  Auch  sie  äußert  sich  zunächst  gefühlsmäßig.  Doch  in  den 
so  entstehenden  religiösen  Stimmungen  können  sehr  verschiedene 
Gefühlstöne  anklingen,  die  natürlich  sämtlich  den  allgemeinen  psycho- 
logischen Formen  der  Gefühle  sich  einordnen,  im  einzelnen  aber 
ebenso  wenig  sich  fest  abgrenzen  lassen  wie  die  zugehörigen  religiösen 
Vorstellungen.  Denn  auch  hier  gehören,  wie  überall,  Gefühl  und 
Vorstellung  zusammen,  und  das  Gefühl  als  das  subjektive  Komplement 
der  Vorstellung  empfängt  ebenso  von  dieser  seine  besondere  Färbung, 
wie  es  selbst  wieder  vor  allem  da,  wo  die  Vorstellung  ein  Erzeugnis 
der  mythenbildenden  Phantasie  ist,  auf  diese  zurückwirkt.  Darum 
bildet  das  religiöse  Gefühl  den  wesentlichen  Bestandteil  des  im  Kultus 
hervortretenden  religiösen  Strebens  und  WoUens,  gemäß  der  allge- 
meinen psychologischen  Tatsache,  daß  es  kein  Wollen  gibt,  in  das 
nicht  Gefühle  eingehen.  Hierin  liegt  es  denn  auch  begründet,  daß 
selbst  da,  wo  die  religiösen  Vorstellungen  dunkel  und  flüchtig  sind, 
oder  wo  sie  nur  als  unzulängliche  Symbole  empfunden  werden  und 
sich  schließlich  in  Ideen  umwandeln,  die  auf  jedes  äußere  Symbol 
verzichten,   die   religiösen  Gefühle   von   großer  Stärke   sein    können; 


Die  Religion  als  psychologisches  Problem.  '^^.i 

ja  es  tritt  hier  das  einzigartige  Phänomen  ein,  daß  das  Gefühl 
selbst  zum  Symbol  wird,  d.h.  daß  es  das  einzige  übrigbleibende 
Zeichen  ist,  das  eine  hinter  ihm  stehende  religiöse  Gedankenwelt  im 
Bewußtsein  vertritt.  Aus  dieser  im  Hinblick  auf  seine  Entstehungs- 
bedingungen begreiflichen  Eigenart  des  religfiösen  Bewußtseins  er- 
klärt sich  nebenbei  die  Dürftigkeit  aller  intellektualistischen  Reli- 
gionstheorien, die,  wenn  sie  nicht  zum  Wunder  der  Offenbarung 
ihre  Zuflucht  nehmen,  einem  oberflächlichen  Utilitarismus  verfallen, 
der  sich  in  allerlei  Reflexionen  über  eine  mögliche  Entstehung  der 
Religion  bewegt,  ohne  sich  im  geringsten  um  deren  wirkliche  Ent- 
stehung und  um  die  tatsächlichen  Erscheinungen  des  religiösen  Lebens 
zu  kümmern. 

Mit  d^n  in  der  obigen  Begriffsbestimmung  fes^ehaltenen  Merk- 
malen des  Gefühls  der  Zugehörigkeit  zu  einer  übersinnlichen  Welt 
und  eines  in  diese  projizierten  Ideals  sind  nun  aber  keineswegs  alle 
Momente  erschöpft,  die  zu  den  wesentlichen  Triebkräften  der  reli- 
giösen Entwicklung  gehören,  und  die  uns  in  ihren  einzelnen  Äuße- 
rungen oben  begegnet  sind.  Vor  allem  gehören  hierher  zwei  Er- 
scheinungen, die,  wenn  sie  auch  nicht  direkt  das  allgemeine  Wesen 
der  Religion  berühren,  doch  bedeutsam  in  ihre  Entwicklung  eingreifen. 
Die  eine  besteht  in  der  zunehmenden  Unterordnung  der  nicht  bloß 
die  Anfange  des  religiösen  Kultus  bildenden,  sondern  diesen  fortan 
begleitenden  Vielheit  der  Götter  unter  eine  herrschende  Gottheit, 
oder,  wie  man  es  gewöhnlich  zu  nennen  pflegt,  eines  fortschreiten- 
den Strebens  von  einer  polytheistischen  zu  einer  monotheisti- 
schen Religionsform.  Die  andere  ist  die  niemals  ganz  fehlende, 
aber  doch  unter  verschiedenen  Bedingungen  sehr  wechselnde  Aus- 
bildung eines  negativen  religiösen  Ideals  in  dem  Sinne,  daß  sich 
die  Gefühle  eigener  Unzulänglichkeit  und  äußerer  wie  innerer  Hem- 
mungen gegenüber  den  positiven  religiösen  Idealen  ebenfalls  in  reli- 
giösen Vorstellungen  verkörpern,  die  durchweg  nach  dem  Gesetz  der 
psychischen  Kontraste  im  Verhältnis  zu  jenen  positiven  Idealen  ge- 
bildet sind.  Es  ist  die  Scheidung  guter  und  böser  Götter  oder, 
wie  sich  dieser  Gegensatz  der  Götter  zu  den  vorangegangenen  Dä- 
monenvorstellungen gewöhnlich  gestaltet,  die  Scheidung  guter  Götter 
und  böser  Dämonen,  die  vor  allem  in  den  Prozeß  der  Versittlichung 
der  religiösen  Ideen  eingreift. 


»JA 2  Der  Ursprang  der  Religion. 


Unter  diesen  beiden  Erscheinungen  pflegt  man  auf  die  erste,  den 
Übergang  des  Polytheismus  in  den  Monotheismus,  einen  entscheiden- 
den Wert  zu  legen,  so  daß  man  wohl  auch  geradezu  die  Entstehung 
des  Monotheismus  als  den  Geburtsakt  aller  vollkommeneren  Religionen 
ansieht.     Aber   so   geläufig  diese   Anschauung  ist,    so    wenig  kann 
sie  einer  näheren  Prüfung  Stand  halten.     Betrachtet   man  die  Dinge 
unbefangen,  so  ist  zwar  kein  Zweifel,  daß  sich  die  Vorstellung  eines 
herrschenden  Gottes  frühe  schon  Bahn  bricht,  und  daß  sie  von  da 
an   nie   ganz   verschwindet.     Ist  sie   doch   ein  unmittelbarer  himm- 
lischer Reflex  der  die  Entstehung  des  Götterkultus  begleitenden  ir- 
dischen Gesellschaftsordnung.    Der  Götterstaat  fordert  ebensogut  wie 
der  menschliche  Staat  seinen  Herrscher  (S.  429,  640 flf.).     In  diesem 
Sinne  ist  daher  die  Vorstellung  eines  herrschenden  Gottes  zunächst 
ein  Symptom  der  sozialen  Kultur,  die  auch  auf  die  religiöse  ihre  Wir- 
kungen ausübt;   direkt  hat  sie  aber  mit  der  letzteren  nichts  zu  tun. 
Unmittelbarer  fallt  schon  in  das  religiöse  Gebiet  ein  Unterschied,  der 
bei  der  Verglcichung  der  einzelnen  Gestaltungen  dieses   allgemeinen 
Pol5^heismus  in  die  Augen  fallt.    Entweder  ist  nämlich  das  Verhältnis 
des  obersten  Gottes  zu   den  andern  das  eines  Primus   inter  pares: 
diese  sind  Nebengötter,  deren  jeder  eine  selbständige  Ausbildung 
des  religiösen  Ideals  darstellt.     Oder  die  andern  sind  Untergötter, 
Untergebene  des  höchsten  Gottes,  die  dessen  Befehle  ausfuhren  oder 
für  gewisse  Gebiete  des  Lebens  dessen  Vertretung  übernehmen.    Bei- 
spiele der  ersten,  ursprünglicheren  Form  bieten  die  Religionen  aller 
alten  Kulturvölker.  Den  zweiten  Typus  zeigt  die  Religion  der  Israeliten. 
Dort   liegt   der  Ursprung    deutlich    in    einer  Vielheit    dereinst    selb- 
ständiger  Kulte,   die,   zum   Teil   verschiedenen  Ländergebieten  an- 
gehörig,   allmählich    in   ein  Ganzes    zusammengeflossen  sind.     Hier 
liegt  er  aller  Wahrscheinlichkeit  nach   umgekehrt  in  einem  Kampf 
der  Kulte  (S.  638  ff.).    Die  zweite  dieser  Formen  nicht  Polytheismus  zu 
nennen,   dazu  liegt   aber  kein   triftiger  Grund  vor.     Die  Engel   und 
ihre   Gregner,   der  Satan   mit   seinen   Dämonen,   bilden  ebenso   inte- 
grierende Bestandteile  der  Religion  Jahwes,  wie  die  griechische  Götter- 
welt um  Zeus  als  ihren  Mittelpunkt  geordnet  ist.    Hier  wie  dort  be- 
darf der  oberste  Gott  einer  Umgebung,  und  die  verschiedenen  Sorgen 
und  Wünsche  der  Menschen  verlangen  nach  einer  Vielheit  hilfreicher 
Geister,  die  alle  jener  übersinnlichen  Welt  angehören,  mag  auch  die 


Die  Religion  als  psychologisches  Problem.  y^i 

Macht  dieser  Geister  eine  beschränktere  sein.  Die  wesentliche  Ver- 
wandtschaft dieser  Formen  des  Polytheismus  spricht  sich  denn  auch 
darin  aus,  daß  sie  sich  verbinden  können.  Ein  lebendiges  Beispiel 
hierfür  ist  das  Christentum.  Als  Volksreligion  ist  es  Tritheismus. 
Denn  niemand,  der  nicht  der  Volksseele  weltfremd  gegenübersteht, 
wird  sich  wohl  einbilden,  das  Trinitätsdogma  sei  jemals  über  die 
Kreise  der  spekulativen  Theologfie  und  der  von  ihr  beeinflußten  ge- 
lehrten Laien  hinausgedrungen.  Im  christlichen  Kultus  ist  Christus 
der  herrschende  Gott,  hinter  welchem,  über  dem  direkten  Verkehr 
mit  dem  Gläubigen  erhaben,  Gott  Vater  steht,  während  der  heilige 
Geist  ein  dämonenartiges  Wesen  geblieben  ist,  das  sich  nie  recht 
zur  Persönlichkeit  emporringen  konnte.  Dazu  kommt  dann  noch  im 
katholischen  Kultus  die  Fülle  der  Untergötter  in  den  Mitgliedern  der 
heiligen  Familie,  den  Aposteln  und  Heiligen,  die  völlig  in  die  Stel- 
lung der  alten  Orts-,  Berufs-  und  sonstigen  Schutzgötter  eingetreten 
sind.  In  der  Tat  ist  daher  die  Volksreligion  noch  heute  polytheistisch. 
Ein  wichtiger  Bestandteil  dieses  Polytheismus  pflegt  nun  weiter- 
hin die  Verkörperung  des  Bösen  in  einem  Fürsten  der  Sünde 
zu  sein,  der  dann  ebenfalb  nach  dem  Vorbild  der  himmlischen  Götter- 
welt einen  Hofstaat  böser  Geister  um  sich  sammelt.  Dieses  Bild  ist 
das  Produkt  der  Einwirkung  sittlicher  Ideen  auf  den  religiösen  Kultus, 
sei  es  daß  hierbei  der  Kampf  des  guten  mit  dem  bösen  Prinzip  als 
ein  Kampf  zwischen  zwei  Göttern  vorgestellt  wird,  wie  in  der  era- 
nischen  Religion,  oder  als  ein  Widerstand  abgefallener  Engel,  wie  in 
den  Religionen  des  Judentums,  des  Christentums  und  des  Islam.  In 
beiden  Fällen  ist  die  Verkörperung  des  Bösen  in  einer  Persönlichkeit 
das  Symptom  eines  höher  entwickelten  ethisch-religiösen  Bedürfnisses. 
Denn  nicht  bloß  dem  vorreligiösen,  sondern  auch  dem  beginnenden 
religiösen  Kultus  sind  diese  persönlichen  Verkörperungen  des  Bösen 
zumeist  noch  unbekannt.  Er  kennt  nur  böse  Dämonen.  Der  per- 
sönliche Teufel  in  seinen  verschiedenen  Gestalten  ist  aus  dem  Be- 
dürfnis geboren,  die  Hemmungen  des  sittlichen  Strebens,  vor  allem 
die,  die  aus  eigener  Verschuldung  entspringen,  ebenso  wie  die  Ideale 
des  Guten  als  persönliche  Wesen  sich  gegenüberzustellen;  und  dieser 
natürliche  Trieb  führt  hier  wiederum  einer  monotheistischen  Zu- 
spitzung jener  aus  dem  alten  Dämonenglauben  herübergenommenen 
Welt  des  Bösen  entgegen,  wie  sie  uns  in  der  Form  des  Nebengottes 


nAA  Der  Unpning  der  Religion. 


der  persische  Ahriman,  in  der  des  Untergottes  der  Satan  der  jüdisch- 
christlichen  Mythologie  zeigen.    Gerade  diese  Form  des  Untergottes, 
in  der  der  Mensch  sein  eigenes  Sündenbewußtsein  in  eine  außer  ihm 
lebende,  der  übersinnlichen  Welt  angehörende  Persönlichkeit  proji- 
ziert, erhebt  aber  hier  um  so  dringender  die  Frage,   die  noch  tief  in 
die   christliche    PhUosophie    der   neueren  Zeit  hereinreicht,    wie  die 
Existenz  des  Bösen  überhaupt  mit  der  Oberherrschaft  eines    guten 
Gottes  vereinbar  sei.     Der  eranische  Mythus  hat  diese  Fragte  frühe 
schon  mit  jenem  Bild  des  Kampfes  beantwortet,  unter  dem  er  den 
Verlauf  aller   menschlichen    Geschicke   darstellt,    und    aus    dem    er 
schließlich  die  unbeschränkte  Herrschaft  des  siegreichen  guten  Gottes 
hervorgehen  läßt.     In  anderer  Form  imd  doch  im  Grundg^edanken 
übereinstimmend   hat  sie  der    christliche  Mythus  beantwortet.     Dun 
steht,   abgesehen  von  nebenhergehenden  Motiven  und  Richtungen, 
der   Kampf  des   Einzelnen  um    die  eigene  Seele   im   Vordergrund. 
Nicht  Gott  und  Satan  streiten  miteinander,  sondern  die  um  ihrer  un- 
sühnbaren  Bosheit  willen  verstoßene  Seele  wird  Eigentum  des  Fürsten 
der  Hölle,  der  damit  zugleich  die  Stelle  eines  Dieners  der  Gottheit 
zurückerobert.     Was  beiden  Vorstellungen  gemeinsam  bleibt,  das  ist 
daher    schließlich    der   Gedanke    des    Kampfes    zwischen    Gut    und 
Böse,   in  welchem   sich  das  Gute   zum  Sieg  hindurchringt.      Es  ist 
derselbe   Gedanke    in    symbolisch -mythologischer  Form,    den    noch 
die  Religionspsychologie  als  eine  notwendige  Konsequenz  der  Psycho- 
logie der  Affekte   und  die  Ethik  als   eine  Grundbedingung  des  Sitt- 
lichen zu  begreifen  sucht:   Ohne  Schmerz  kein  Glück,  ohne  Kampf 
kein  Sieg,  ohne  Anfechtung  und  deren  Überwindung  kein  Verdienst 
Die  Welt  ist  nicht  absolut  gut  noch  böse,    sondern   sie  ist   beides 
zugleich,  und  wenn  sie  dies  nicht  wäre,  so  würden  weder  die  sitt- 
lichen noch  die  religiösen  Ideale  möglich  sein,  die  dem  Leben  seinen 
Wert  geben.     So  bewahren  in  der  Ordnung  dieser  Welt  Schuld  und 
Sünde  ihre  Stelle,  wie  auch  im  Lauf  der  Zeiten  die  Anschauungen 
über  ihren  Ursprung  wechseln   mögen,    ob   sie   der   alte  Dämonen- 
glaube auf  böse  Geister,   die  sich  des  Menschen  bemächtigen,  oder 
die   moderne  Wissenschaft  auf  Vererbung  abnormer  Eigenschaften, 
verkehrte  Erziehung,  ungünstige  Lebenslage  neben  irgend  einem  An- 
teil unmittelbarer  persönlicher  Verschuldung  zurückfuhren  mag.     Der 
Einzelne  ist,  wie  sich  Hegel  ausdrücken  könnte,  em  »Werkzeug  des 


Die  Religion  als  psychologisches  Problem.  n^c 

Weltgeistes«,  wie  immer,  ob  fördernd  oder  hemmend,  er  in  das 
Werden  dieses  Weltgeistes  eing^reift.  Auch  hier  gilt  das  Wort  Hera- 
klits,  daß  der  Kampf  der  Vater  der  Dinge  ist. 

Indem  nun  in  diesem  Kampf  das  Ideal  des  Guten  immer  mehr 
zu  einem  unerreichbaren  übersinnlichen  Gut  wird,  beginnt  die  ver- 
tiefte ethische  Selbstbesinnimg  alle  jene  Hemmungen,  die  sich  dem 
Streben  nach  ihm  entgegenstellen,  mehr  und  mehr  in  die  eigene 
sinnliche  Natur  zu  verlegen.  Damit  ist  aber  auch  schon  die  Axt 
an  die  Wurzel  aller  jener  negativen  Idealvorstellungen  gelegt,  die 
das  Böse  in  einem  dämonischen  Widersacher  der  Gottheit  verkörpern. 
Tragen  doch  die  bösen  Triebe  und  Handlungen  allzusehr  die  Spuren 
von  irdischem  Staub  und  irdischem  Schmutz  an  sich,  ab  daß  das 
Reich  des  persönlichen  Satans,  den  die  Phantasie  doch  nicht  umhin 
kann  ebenfalls  mit  einer  gewissen  düsteren  Herrlichkeit  zu  umgeben, 
dem  Stand  halten  könnte.  Darum  überlebt  die  himmlische  Welt  in 
den  phantastischen  Formen,  mit  denen  sie  der  fromme  Glaube  aus- 
stattet, jene  dämonische  Welt  der  Verbrecher  und  ihrer  Strafen.  So 
gilt  in  weiten  Kreisen  des  christiichen  Volkes  der  persönliche  Teufel, 
an  den  Luther  noch  so  fest  glaubte  wie  an  seine  eigene  Person,  fiir 
ein  Wahngebilde  des  Aberglaubens  vergangener  Zeiten.  Die  Über- 
zeugung, daß  auch  Gott  nicht  unter  dem  Bilde  einer  menschen- 
ähnlichen Persönlichkeit  vorgestellt  werden  könne,  ist  eine  Überzeu- 
gung, die  sich  offenbar  viel  langsamer  durchkämpft  Um  so  wirk- 
samer tritt  nun  hier  schon  in  den  antiken  Mysterienkulten,  und  tritt  vor 
allem  in  der  Christuslegende  das  Bild  des  Gottes,  der  selbst  in  mensch- 
licher Gestalt  auf  Erden  gewandelt,  vermittelnd  ein,  während  es  zu- 
gleich die  Vorstellung  eines  übersinnlichen  Gottes  in  den  Hinter- 
grund drängt.  Doch  indem  die  Gestalt  des  Gottmenschen  schließlich 
dem  gleichen  Prozeß  der  Entmythisierung  unterliegt,  der  bei  den 
Dämonen  der  Hölle  begonnen  und  Gott  seiner  persönlichen  Attribute 
entkleidet  hat,  wird  Christus  aus  dem  zur  Erde  gekommenen  Gott 
zum  idealen  Menschen.  Die  Christusreligion  wird  zur  Jesusreligion. 
Sie  hört  darum  nicht  auf,  Religion  zu  sein.  Aber  sie  ist  nicht  mehr 
Volksreligion,  sondern  eine  Umwandlung  dieser  in  die  in  ihr  leben- 
den religiösen  Ideen.  Denn  keine  Volksreligion  kann  der  Symbole 
entbehren.  Sie  nimmt  sie  ursprünglich  aus  dem  Zauber-  imd  Dar 
monenglauben  herüber,  um  sie  dann  im  Götterkultus  durch  die  fort- 


jA^  Der  Ursprung  der  Religion. 


schreitende  Vergeistigung  seiner  Motive  in  unmerklichen  Übergängen 
aus  realen  in  ideale  Symbole  überzuführen,  die  der  objektiven  magi- 
schen Wirkung  entsagen,  um  die  subjektive  Wirkung-  auf  die  religiöse 
Stimmung  allein  zu  bewahren.  Das  ideale  Symbol  verschleiert  aber  nur 
wenig  noch  die  hinter  ihm  verborgene  Idee,  die  schließlich  in  der 
Selbstbesinnung  über  die  Motive  der  religiösen  Stimmung'  in  das  Be- 
wußtsein tritt.  Hier  sucht  dann  die  philosophische  Reflexion  die  Idee 
festzuhalten  und  aus  ihren  symbolischen  Hüllen  ganz  zu  befreien. 
Damit  ist  zugleich  die  religiöse  zur  abstrakten  philosophischen  Idee 
geworden.  Sie  auf  diesem  Weg  zu  begleiten,  nachzuweisen,  wie  sich 
aus  den  religiösen  Symbolen  die  philosophischen  Ideen  entwickeln, 
und  wie  sich  diese  wieder  in  der  Umbildung  der  Symbole  selber 
betätigen,  ist  die  letzte  Aufgabe  der  Religionspsychologie ,  der  wir 
nunmehr  uns  zuwenden. 


2.  Die  metaphysische  und  die  ethische  Wurzel  der  Religion. 

Die  natürliche  Entwicklung  der  Religion  hat  uns  von  den  dunkeln 
Anfangen  des  vorreligiösen  Kultus  an  in  stetiger,  in  den  wesent- 
lichsten Zügen  übereinstimmender  Fortbildung  der  Motive  bis  zu 
jenen  idealen  Symbolen  emporgefiihrt,  durch  die  bereits  deutlich  die 
religiösen  Ideen  hindurchscheinen.  Welches  sind  nun  diese  Ideen,  die 
wir  im  Hinblick  auf  die  Allgemeingültigkeit  ihrer  Motive  ebensowohl 
als  die  letzten  Früchte  wie  als  die  ursprünglichen  verborgenen  Keime 
der  religiösen  Entwicklung  betrachten  dürfen?  Oder,  mit  andern 
Worten,  was  ist  das  Wesen  der  Religion? 

Wir  erörtern  diese  Frage  hier  unter  psychologischen  Gesichts- 
punkten. Immerhin  können  uns  dabei  die  verschiedenen  Antworten, 
die  die  Philosophie  auf  sie  gegeben  hat,  zur  vorläufigen  Führung 
dienen.  Hier  sehen  wir  nun  vor  allem  diese  Antworten  nach  zwei 
Richtungen  auseinandergehen.  Auf  der  einen  Seite  stehen  die 
metaphysischen,  auf  der  andern  die  ethischen  Religions- 
theorien. Jene  sehen,  mögen  sie  nun  mit  Hegel  die  Religion  in  ein 
»Selbstbewußtsein  des  absoluten  Geistes  durch  Vermittlung  des  end- 
lichen Geistest  oder  mit  Schleiermacher  in  das  im  Gefühl  sich  aus- 
sprechende Verhältnis  zur  Idee  der  Einheit  der  Welt  verlegen,  die 
Wurzel    der    religiösen  Ideen    in    dem  Zusammenhang  der  mensch- 


Die  metaphysische  und  die  ethische  Wurzel  der  Religion.  747 

liehen  Seele  mit  einer  die  Totalität  alles  Seins  und  Geschehens  um- 
fassenden übersinnlichen  Welt,  wobei  sie  nur  diesen  Zusammenhang 
bald  mehr  als  einen  intellektuellen,  in  Vorstellungen  gegebenen, 
bald  als  einen  gefühlsmäßigen  aufTassen.  In  dieser  Richtung  auf  das 
Weltganze  sind  zugleich  diese  neueren  Begriffsbestimmungen  durch- 
aus einig  mit  denen  der  älteren  Philosophie,  nur  daß  die  letzteren 
auf  das  religiöse  Objekt  als  solches,  den  Gottesbegriff,  jene  auf  das 
religiöse  Erlebnis  gerichtet  sind.  Auf  der  andern  Seite  erblicken 
die  ethischen  Theorien  in  dem  Ursprung  der  religiösen  Ideen  aus 
den  sittlichen  Normen  das  Wesen  der  Religion,  sei  es,  daß  sie  mit 
der  älteren  Moraltheologie  diese  Normen  immittelbar  ab  göttliche 
Gebote  auffassen  und  daraus  ihre  bindende  Kraft  ableiten,  oder 
daß  ihnen  umgekehrt  mit  Kant  die  Pflichtgebote  des  subjektiven 
Gewissens  vermöge  ihres  Anspruchs  auf  unbedingte  Geltung  als  Zeug- 
nisse ihrer  religiösen  Bedeutung  erscheinen.  Auch  hier  besteht  dem- 
nach der  Unterschied  der  früheren  und  der  späteren  Anschauungen 
hauptsächlich  darin,  daß  jene  in  das  religiöse  Objekt,  die  Gottheit, 
diese  in  das  religiöse  Erlebnis,  die  »Stimme  des  Gewissens«,  die 
Wurzel  der  Religion  verlegen.  Dabei  zeigt  sich  dann  aber  die  ältere, 
objektive  Auffassung  zugleich  geneigt,  das  ethische  mit  dem  meta- 
physischen Motiv  zu  verbinden.  So  vereinigt  bei  Plato  die  Gottheit 
als  Idee  des  Guten  in  sich  die  höchsten  Güter  der  Erkenntnis  wie 
der  Tugend.  Für  Leibniz  ist  Gott  ab  Monas  monadum  oberste 
Weltvernunft  und  Weltordner  zugleich.  Der  dogmatischen  Meta- 
physik wird  solche  Vereinigung  leicht  gemacht:  sie  ist  ihr  in  dem 
Begriff  der  ins  Unbegrenzte  sich  erstreckenden  »Eigenschaften  Gottes« 
von  selbst  gegeben. 

Betrachten  wir  nun  aber  diese  Theorien  im  Lichte  der  tat- 
sächlichen Entwicklung  der  religiösen  Motive,  so  kann  es  keinem 
Zweifel  unterliegen,  daß  hier  die  älteste  und  demzufolge  einer  naiven 
religiösen  wie  sittlichen  Auffassung  wohl  am  nächsten  stehende  An- 
sicht von  der  ursprünglichen  Einheit  beider  scheinbar  der  Wirklich- 
keit mehr  entspricht,  als  jede  der  beiden  andern,  die  Wurzeln  der 
Religion  einseitig  auf  das  Feld  metaphysischer  Ideen  oder  ethischer 
Triebe  verlegenden  Theorien.  Finden  sich  doch  schon  in  dem  Sta- 
dium des  vorreligiösen  Zauberkultus  gewisse  Normen  des  sittlichen 
Verhaltens,  die,   wenn  man  den  bei  den  betreffenden  Völkern  selbst 


Die  metaphysische  und  die  ethische  Wurzel  der  Religion.  y^g 

einander  hergehen,  um,  wenn  sie  in  Streit  geraten,  bald  mit  dem  Sieg 
des  einen,  bald  mit  dem  des  andern  zu  enden.  Dabei  ist  es  aber  gerade 
der  Affekt,  der  in  Momenten,  die  auf  augenblickliches  Handeln  drängen, 
unter  bestimmten  Bedingungen  die  Neigungsgeiiihle  über  die  natürliche 
Selbstsucht  obsiegen  läßt  Im  allgemeinen  bildet  sich  daher  aus  dem 
wechselnden  Spiel  solcher  widerstrebender  Affekte  eine  gewohnheits- 
mäßige Norm  des  Handelns  aus,  die  in  bestimmten  Fällen  dem  ego- 
istischen, in  andern  dem  altruistischen  Trieb  den  Vorrang  läßt,  und  die 
sich  dann  in  der  Tradition  zur  Sitte  fixiert.  So  gehört  in  diesem 
Stadium  die  Sitte,  die  später  der  Sittlichkeit  ihren  Namen  gegeben 
hat,  noch  ganz  und  gar  einem  vorsittlichen  Zustande  an,  der  in  der 
blinden  Befolgung  ursprünglicher  Gefiihlsmotive  und  überlieferter  Ge- 
wohnheiten befangen  geblieben  ist.  Dem  stehen  nun  die  primitiven 
Kulthandlungen  als  ein  Gebiet  individueller  und  gemeinsamer  Normen 
gegenüber,  in  denen  das  egoistische  Streben  ganz  und  ausschließ- 
lich herrschend  ist,  und  von  dem  aus  vor  allem  zu  jenen  aus  ur- 
sprünglichen Neigungsgefiihlen  entspringenden  selbstlosen  Handlungen 
keine  Brücke  hinüberfuhrt.  Durch  die  Zauberzeremonien  will  sich 
der  Naturmensch  vor  Zauber  schützen,  ihn  schädigende  Dämonen 
vertreiben  oder  Schutzdämonen  gewinnen.  Auch  wo  dieser  Kult  ein 
gemeinsamer  ist,  verfolgt  in  ihm  der  einzelne  Teilnehmer  nur  ego- 
istische Zwecke.  In  den  Zeremonien,  die  Erfolg  in  Jagd  und  Krieg 
oder  fruchtbringenden  Regen  herbeifuhren  sollen,  hat  er  nur  seinen 
eigenen  Anteil  an  diesen  Gütern  vor  Augen. 

Da  ist  es  der  Götterkult,  der  auch  hier  einen  Wendepunkt  bezeichnet, 
indem  er  zum  erstenmal  die  Religion  auf  die  in  Sitte  und  Brauch 
verborgenen  sittlichen  Regungen  herüberwirken  läßt.  Anders  als  der 
Dämon  wird  der  Gott  gefurchtet.  Wie  er,  menschlicher  Zauber- 
gewalt sich  entziehend,  nur  nach  eigenem  Ermessen  dem  Sterblichen 
Hilfe  gewährt  oder  ihn  seinen  Zorn  fühlen  läßt,  so  bildet  sich  nun 
in  stetigem  Fortschritt  die  Vorstellung  eines  höchsten  Richteramts, 
das  besonders  in  die  Hand  des  obersten  der  Götter  gelegt  ist.  So 
willkürlich  in  vielem  auch  noch  das  Walten  dieses  Gottes  bleiben  mag, 
im  ganzen  setzt  sich  doch  die  Anschauung  durch,  daß  er  das  Gute 
will  und  das  Böse  bestraft.  Dabei  ist  freilich  die  Norm,  die  hier- 
über entscheidet,  zunächst  aus  dem  subjektiven  Gefiihl  des  Einzelnen 
auf  die  Gottheit  hinübergewandert.     Dennoch  ist  sie  erst  durch  diesen 


•jcQ  Der  Uräpnmg  der  Religion. 


Übergang  zur  eigentlichen  Norm  geworden.     Denn  nun  erst  hat  sie 
die  Macht   gewonnen,  wiederum  das  Gewissen  des  Einzehien   durch 
das  neu  erwachende  Gefühl  zu  binden,  daß  es  das  Gebot  eines  über 
ihm  stehenden   allgebietenden  Willens   sei,  dem  er  zu    folgten    habe. 
Damit  wirkt  dann  aber  dieses  Bewußtsein  zugleich   läuternd    auf  das 
erwachende  sittliche  Gefühl  selbst  zurück.     Die  instinktiven  Neigungs- 
und Furchtaffekte  werden  zu  Geboten  der  Liebe  gegen  den  Nächsten, 
der  Ehrfurcht  vor  dem  Alter,  der  Hingabe  an  die  durch  Kultus  und 
Sitte  enger  verbundene  Gemeinschaft.     Den  Frevler  gegen  das  so  zum 
religiösen  Gebot  gewordene  Sittengebot  erreicht  die   göttiiche  Strafe 
mit  allen   den  Übeln,  mit  denen  dereinst  der  noch  jenseits  von  Gut 
und  Böse  waltende  Dämonenzauber  den  Menschen  getroffen.     Nicht 
minder  aber  zieht  die  Gottheit  der  boshaften  Nachstellung  wie  dem 
blinden  Wüten  des  Mordes  Schranken,  indem  sie  das  Gastrecht  heiligt 
und  selbst  den  Mörder,  der  in  ihrem  Tempel  Zuflucht  sucht,  in  ihren 
Schutz  nimmt. 

So  läßt  der  Götterkult  erst  aus  dem  primitiven  Widerstreit  ego- 
istischer und  altruistischer  Triebe  sittliche  Normen  hervorgehen.  Diese, 
deren  Quelle  tief  im  eigenen  Gemüt  liegt,  werden  nach  oben  projiziert, 
in  den  Willen  der  Götter.  In  dieser  Form  erst  können  sie  sich  zu 
wirklichen  Normen  erheben.  Aber  hier  wirken  sie  nun  auch  auf  die 
Göttervorstellungen  selbst  zurück.  Die  Götter,  deren  Walten  anfang- 
lich noch  wenig  verschieden  von  der  rohen  Willkür  des  Heldenge- 
schlechts ist,  dem  sie  ihren  Ursprung  verdanken,  nähern  sich,  indem 
die  sittlichen  Regungen,  die  eine  höhere  Kultur  erstehen  ließ,  in  sie 
hinüberwandern,  mehr  und  mehr  sittlichen  Idealen;  und  so  sehr 
auch  ihre  Vermenschlichung  der  Erreichung  dieses  Ziels  en^egen- 
stehen  mag,  schließlich  wird  es  erreicht,  indem  sich  die  Gottheit  ganz 
in  ein  überweltliches  und  übersinnliches  Ideal  verwandelt.  Damit 
vollendet  sich  die  Wechselwirkung  zwischen  Religion  und  Sittlichkeit, 
indem  zunächst  die  Religion  die  sittlichen  Anlagen  zur  Entfaltung 
bringt,  und  indem  dann  wiederum  die  sittlichen  Vorstellungen  in 
religiöse  Ideale  übergehen.  Es  fehlt  nur  noch  eins,  um  diesen  Pro- 
zeß zum  Abschluß  zu  bringen:  das  religiöse  Ideal,  das  aus  dem 
Hinüberwandern  in  eine  übersinnliche  Welt  entstanden,  muß  noch- 
mals auf  die  sittliche  Welt,  die,  weil  sie  menschlichem  Streben  und 
Wollen  angehört,  fortan  mit  der  sinnlichen  Welt  zusammenfallt,  her- 


Die  metaphysische  nnd  die  ethische  Wiurzel  der  Religion.  y  e  i 

Überwirken,  um  innerhalb  dieser  nicht  minder  ein  absolutes  sittliches 
Ideal  zu  gestalten.  Darin  liegt  das  letzte  Motiv  zur  Bildung  jener 
in  den  verschiedensten  Formen  und  zuletzt  durch  ihre  Verschmelzung 
mit  der  historischen  Legende  am  eindrucksvollsten  im  Christentum  zur 
Ausbildung  gelangten  Idee  des  zum  Menschen  gewordenen  Gottes, 
der  auf  solche  Weise  absolutes  religiöses  und  sittliches  Ideal  zu- 
gleich ist. 

Betrachten  wir  nun  die  letzten  Früchte  dieser  Entwicklung  auch 
als  die  latenten  Keime,  aus  denen  sie  mit  der  allem  geistigen  Werden 
immanenten  Gesetzmäßigkeit  hervorgegangen  ist,  und  suchen  wir 
demnach  die  zuerst  beschränkten,  relativen,  aber  dann  mehr  und  mehr 
nach  absoluter  Vollendung  strebenden  Idealvorsteilungen  auf  die  in  ihnen 
wirksamen  Ideen  zurückzuführen,  so  steht  hier  offenbar  das  religiöse 
Motiv  mit  der  in  ihm  wirkenden  Idee  der  Zugehörigkeit  des  Menschen 
zu  einer  übersinnlichen  Welt  im  Vordergrund.  Indem  diese  Idee  mit 
den  dem  menschlichen  Gemüt  von  Anfang  an  eigenen  Affekten  in 
Verbindung  tritt,  erhebt  sie  erst  diese  natürlichen  Gemütsbewegungen 
zur  Höhe  sittlicher  Gefühle.  So  entsteht  die  Sittlichkeit  aus  der  Re- 
ligion, nicht  umgekehrt;  und  die  Religion  nimmt  ihren  Ursprung  aus 
der  an  sich  der  sittlichen  Motive  entbehrenden  Idee  des  Übersinn- 
lichen. Indem  nun  aber  der  Mensch  sich  selbst  als  zugehörig  zu 
dieser  übersinnlichen  Welt  empfindet,  wandern  die  unter  jener  religiösen 
Einwirkung  entstandenen  sittlichen  Motive  wieder  in  die  übersinnliche 
Welt  hinüber.  Sie  erheben  sich  hier  zu  sittlichen  Idealen,  um  als 
solche  in  einer  letzten  Rückwärtsbewegung  als  sittlich-religiöse  Ideale, 
wie  sie  besonders  in  der  Vorstellung  des  fehllosen  Gottmenschen  ver- 
körpert sind,  in  das  wirkliche  Leben  einzutreten.  So  kann  man  das 
paradox  scheinende  Wort  aussprechen:  die  Sittlichkeit  ist  ein  Er- 
zeugnis der  Religion,  aber  nicht  minder  ist  die  Religion  ein  Erzeugnis 
der  Sittlichkeit.  Die  Lösung  dieses  scheinbaren  Widerspruchs  liegt 
eben  darin,  daß  die  Wurzeln  beider  ursprünglich  getrennt  sind.  Die 
der  Religion  ist  die  freilich  nur  langsam  sich  durchsetzende  Idee 
des  Übersinnlichen,  die  der  Sittlichkeit  liegt  zunächst  ganz  in  den 
sinnlichen  Affekten,  von  denen  der  Mensch  in  seinem  Wollen  und 
Handeln  bewegt  wird.  Darum  hat  nun  aber  auch  die  Religion  selbst 
als  im  Leben  wirksame  Kraft  eine  doppelte  Wurzel:  jene  metaphysischei 
die,    in  mancherlei  phantastischen  Verhüllungen  verborgen,    ihr  ur- 


^£2  ^cf  Ursprung  der  Religion. 


sprünglich  zugehört;  und  diese  ethische,  durch  die  sie  sich  zu  den 
großen  historischen  Religionen  entfaltet  hat  und  zu  einem  der  mäch- 
tigsten Faktoren  der  menschlichen  Geistesgeschichte  geworden  ist*). 
So  läßt  sich  denn  die  Religion  aus  keiner  dieser  beiden  Wurzeln 
allein  ableiten,  sondern  sie  ist  aus  dem  Zusammenwachsen  beider  und 
ihrer  Verzweigungen  entsprossen.  Darum  kann  keine  B^^ifisbe- 
stimmung,  die  bloß  die  metaphysische  oder  die  ethische  Seite  ins 
Auge  faßt,  den  Ursprung  der  Religion  und  noch  viel  weniger  ihre 
Bedeutung  für  die  Menschheit  und  ihre  Geschichte  erschöpfen.  Bloß 
metaphysisch  betrachtet  läßt  die  in  ihr  wirksame  Idee  des  » Absoluten  c, 
des  »Unendlichen«  oder,  wenn  wir  diese  abstrakten  Wörter  durch 
einen  konkreteren  Ausdruck  ersetzen  wollen,  der  Zugehörigkeit  ru 
einer  übersinnlichen  Welt,  das  menschliche  Gemüt  leer.  Sie  kann 
weder  religiöse  Gesinnungen  noch  Handlungen  hervorbringen,  wie 
solche  im  religiösen  Kultus  als  Streben  nach  Reinigung  von  Schuld, 
nach  Erlösung  und  Vergöttlichung  der  Seele  sich  äußern.  Bloß 
moralisch  betrachtet  entbehrt  sie  gerade  der  Eigenschaften,  die  über 
das  Tun  und  Treiben  der  sinnlichen  Welt,  der  die  ^oistischen  wie 
altruistischen  Motive  des  praktischen  Handelns  entstammen,  erheben. 
Die  Gottheit  bleibt  dann  nur  das  eigene  Gewissen.  Dieses  Grewissen 
mit  der  Moraltheologie  als  die  Stimme  Gottes  zu  deuten,  ist  eine  länd- 
liche Vorstellungsweise,  die,  wenn  man  sie  mit  Kant  als  die  Grund- 
tatsache des  religiösen  Bewußtseins  ansieht,  die  Gottesidee  als  gegeben 
voraussetzt,  statt  sie  begreiflich  zu  machen,  so  daß  schließlich  auch  hier 
nur  eine  Subjektivierung  der  Offenbarungsidee  zurückbleibt.  EHe  Reli- 
gion ist  vielmehr  eine  metaphysisch-ethische  Schöpfung.  Man  kann 
keinen  dieser  beiden  Bestandteile  aus  ihr  herauslösen,  ohne  das  Ganze 
zu  zerstören.  Die  Zugehörigkeit  zu  einer  übersinnlichen  Welt  empfangt 
ihren  religiösen  Wert  erst  dadurch,  daß  diese  übersinnliche  ^zugleich 
als  eine  ideale  sittliche  Welt  gedacht  wird,  und  die  der  Wirklichkeit 
zugewandten,  aus  widerstreitenden  Affekten  entsprungenen  Motive  des 
Handelns  gewinnen  ihrerseits  einen  religiösen  Wert  erst  im  Hinblick 
auf  ein  jenseits  der   Grenzen   der   sinnlichen  Welt   liegendes   Ideal. 


*)  Über  die  philosophischen  Grandlagen  der  Idee  der  Zagehörigkeit  der  sinn- 
lichen zu  einer  übersinnlichen  Welt  vgl.  mein  System  der  Philosophie^,  I,  S.  179E, 
428  ff.,  II,  S.  239  ff.,  über  das  Verhältnis  der  Religion  zar  Sittlichkeit  meine  Ethik^ 
I,  S.  41  ff 


Die  mclftphyitscbe  und  die  ethische  Woriel  ätr  Religio!». 


753 


So  verschmelzen  denn  beide  Wertgcfiihle  mit  einander ,  um  das  zu 
erzeugen,  was  wir  das  religiöse  Gefühl  nennen.  Demnach  ist 
dieses  kein  einfaches  Gefühl,  kein  feschlechthlniges  Abhängigkeits- 
gefiJhN,  wie  Schleiermacher  es  nannte,  sondern  eioe  Resultante  aus 
den  Gefühlen,  die  der  zunächst  nur  dunkel  geahnten  Idee  der  über- 
sinnlichen  Welt  und  den  ganz  anders  gearteten  Gefühlen  entstammen^ 
die  in  dem  wirklichen  Leben  und  den  es  beherrschenden  Aßekten, 
oder  die,  wenn  wir  die  VorstcUungsgrundlage  dieser  Gefühle  be- 
zeichnen wollen,  in  der  Idee  der  Zugehörigkeit  des  Einzelnen  zu  der 
Gemeinschaft,  in  der  er  lebt,  Ihre  Quelle  haben.  Dabei  ist  der  Be- 
griflf  dieser  Gemeinschaft  ein  unbestimmter,  aber  niemals  ein  unbe» 
grenzter.  Er  umfaßt  nach  einander  die  nächste  Stammesgemeinschaft, 
dann  Volk  und  Staat,  hierauf  den  Verband  der  Kulturvölker^  endlich 
die  Menschheit,  wo  dann  freilich  diese  letzten  Schritte  bereits  unter 
der  Rück\^'irkung  der  religiösen  Idee  und  nicht  ohne  mannigfache 
Hemmungen  vollzogen  werden.  Wie  diesen  Entwicklungen  des  sitt- 
lichen Gefühls  ein  Vorstcllungssubstrat  nicht  fehlt,  so  ist  es  nun  aber 
auch  nicht  berechtigt,  die  Religion  lediglich  in  das  Gefühl  2u  verlegen. 
Auch  die  Beziehungen  zur  übersimilicfaen  Welt  äuOem  sich  fortan  in 
Vorstellungen,  an  die  in  ihren  Verbindungen  mit  ethischen  Motiveii 
die  religiösen  Gefühle  gebunden  sind.  Solche  VorsteUungen  sind  eben 
die  Götter-  und  die  Gottesvorstellungen  Sie  mögen  so  unzulänglich 
oder  so  dunkel  seln^  wie  sie  wollen,  dem  religiösen  Gefühl  geben  sie 
seinen  Halt  und  lassen  es  wirksam  werden  im  Kultus ,  der  selbst 
wieder  die  religiösen  Gefühle  zu  intensiverem  Leben  erweckt*  Wo 
die  Vorstellung  als  unzulänglich  erkannt  ist,  da  tritt  aber  die  Idee 
an  ihre  Stelle^  in  deren  Lichte  sich  die  religiösen  Vorstellungen  in 
ideale  Symbole  verwandeln. 

Indem  jedoch  die  sittliche  Welt,  mögen  auch  auf  die  Entwicklung  der 
sie  beherrschenden  Motive  noch  so  sehr  die  religiösen  Ideen  gewirkt 
haben,  zugleich  die  sinnliche  Welt  bleibt,  die  der  Schauplatz  mensch- 
licher Affekte  und  Triebe  ist,  liegt  nun  hierin  endlich  der  Grund  einer 
Scheidung  der  Gebiete,  in  der  in  gewissem  Sinne  die  primitive 
Sondening  der  beiden  W'urzeln  der  religiösen  Entwicklung  auf  Ihrer 
höchsten  Stufe  wiederkehrt,  auf  der  die  beiden  in  der  wirklichen  Religion 
vereinigten  Ideen  jede  für  sich  zu  klarem  Bewußtsein  gelangt  siiid* 
Ist  die  Idee  der  Gemeinschaft  samt  dem  ihm  zugehörigen  Gefühl  der 

Wy«ili,  Vülkei^iycholoffle  U,  j,  4S 


ncA  Der  Unprang  der  Religion. 


tätigen  Mitarbeit  des  Einzelnen  an  ihren  Werken  voll  ausgebildet,  s 
löst  sich  nunmehr  die  sittliche  Idee  von  den  religiösen  Triebkräftei 
unter  deren  unentbehrlicher  Mitwirkung  sie  entstanden  war.  Das  d< 
Wirklichkeit  zugewandte  sittliche  Ideal  wird  erhaben  und  umfassen 
genug,  um  das  menschliche  Gemüt  zu  den  höchsten  Zielen  zu  erbebei 
die  menschlichem,  also  auch  sittlichem  Streben  und  Handeln  erreichbs 
sind.  So  gewinnt  die  Moral  ihr  eigenstes,  in  ihrem  ganzen  Umfan 
von  der  Religion  unabhängiges  Gebiet,  auf  dem  sie  souverän  di 
primitiven  ethischen  Gefühle  zu  den  höchsten  sittlichen  Normen  ei 
hebt,  ohne  dazu  anderer  Mittel  als  eben  der  sittlichen  Ideen  selbi 
zu  bedürfen.  Dann  bleibt  der  Religion  nur  noch  jene  Idee  der  Zu 
gehörigkeit  des  Einzelnen  wie  des  Ganzen  zu  einer  übersinnliche 
Welt  und  das  zu  dieser  Idee  gehörige  Reich  religiöser  Stimmungen 
Wo  eine  solche  Scheidung  eingetreten  ist,  da  gewinnen  aber  di 
sittlichen  Normen  in  ihrer  Verselbständigung  eine  Klarheit  und  Stärke 
deren  sie  entbehrten,  so  lange  sie  in  das  Ganze  religiös-sittlicfae 
Motive  verwebt  waren.  Umgekehrt  dagegen  bleiben  die  religiöser 
Stimmungen  in  ihrer  unmittelbaren  Beziehung  zu  einer  übersinnlicbeii 
Welt  in  jener  Region  reiner  Gefühle,  in  denen  diese  Beziehung  zu- 
nächst ihren  Ausdruck  findet.  Das  ist  die  Stellung  zum  religriöseu 
Problem,  die  uns,  abgesehen  von  den  in  ihnen  zimi  Worte  kommen- 
den individuellen  Einflüssen,  in  der  Moral-  wie  Religionsphilosophie 
Schleiermachers  entgegentritt,  die  sich  hier  in  scharfem  und  bewußtem 
Gegensatz  zur  Moraltheologie  Kants  befindet.  An  dieser  Stellung  ist 
vor  allem  dies  berechtigt,  daß  die  Ethik  heute  nicht  bloß  der  theo- 
logischen Krücken  entraten  kann,  deren  dereinst  jede  der  egoistischen 
oder  utilitaristischen  Reflexionsmoral  entwachsene  Ethik  bedurfte, 
sondern  daß  sie,  als  ein  dem  wirklichen  Leben  und  seinen  Motiven 
zugewandtes  Gebiet,  geradezu  verpflichtet  ist,  auf  dem  Grund  der 
sittlichen  Erfahrung  selbst  die  ethischen  Motive  zu  gewinnen  und  aus 
diesen  die  ethischen  Normen  abzuleiten.  Dabei  darf  jedoch  nicht 
übersehen  werden,  daß  ohne  die  starke  Einwirkung  religiöser  Trieb- 
kräfte die  Entstehung  dieser  unabhängigen  Sittlichkeit  niemals  möglich 
gewesen  wäre.  Nicht  minder  gibt  aber  an  der  Grenze,  wo  das  sitt- 
liche Wirken  innerhalb  der  empirischen  Welt  ihr  Ende  findet,  erst 
jener  Ausblick  auf  die  Zugehörigkeit  des  Einzelnen  wie  der  Gemein- 
schaft und  ihrer  Schöpfungen  zu  einer  übersinnlichen,  die  sinnliche 


Gegenwart  nnd  Zaknnft  der  Religion.  yee 

Wirklichkeit  einschließenden  Welt  den  Normen,  die  das  sittliche  Leben 
aus  sich  erzeugt  hat,  ihren  letzten  Halt  in  der  im  sittlichen  Leben 
und  seiner  Geschichte  nur  bruchstückweise  zur  Entfaltung  gelangenden 
Idee  des  Unendlichen. 


3.  Gegenwart  und  Zukunft  der  Religion. 

Die  Hoffnung,  es  werde  dereinst  einmal  eine  Zeit  kommen,  wo 
eine  einzige  Religion  die  ganze  Menschheit  umfasse,  reicht,  wie  be- 
kannt, in  freilich  sehr  verschiedenen  Gestaltungen  von  den  Anfangen 
des  Christentums  an,  wo  diese  Hoffnung  an  die  Erwartung  des  wieder- 
kommenden Messias  geknüpft  war,  bis  tief  in  das  18.  Jahrhundert, 
das  in  einer  künftigen  Vernunftreligion  alle  Unterschiede  des  Glaubens 
aufgehoben  dachte.  Heute  gibt  es  wohl  nur  noch  wenige,  die  einer 
dieser  beiden  Hoffnungen  sich  hingeben.  Geschichte  und  Psychologie 
vereinen  sich,  um  sie  beide  gleich  unwahrscheinlich  zu  machen.  Die 
Geschichte  zeigt,  wenn  wir  uns  durch  übereinstimmende  Namen  nicht 
täuschen  lassen,  die  insbesondere  bei  den  großen  Religionen  des 
Christentums,  des  Islam,  des  Buddhismus  zahllose  Formen  und  Fär- 
bungen in  sich  bergen,  eher  eine  zu-  als  eine  abnehmende  Differen- 
zierung. Der  Völkerpsychologie  muß  aber  diese  Erscheinung  als  ein 
notwendiges  Ergebnis  einerseits  der  wachsenden  Mannigfaltigkeit  der 
Kulturgüter,  anderseits  der  zunehmenden  Individualisierung  der  mensch- 
lichen Persönlichkeit  erscheinen.  Die  von  Rousseau  heiß  begehrte  und 
noch  von  Kant  still  erhoffte  Zukunftsreligion  mit  ihren  drei  Glaubens- 
artikeln von  Gott,  Freiheit  und  Unsterblichkeit  hat  daher  schon  in 
den  Kreisen  der  Philosophen,  in  denen  sie  entstand,  auf  allgemeine 
Anerkennung  verzichten  müssen.  Die  Hoffnung,  sie  oder  irgend  ein 
anderes  Bekenntnis  bis  herab  zu  der  vom  äußersten  Flügel  des  Frei- 
denkertums  erstrebten  Beseitigung  der  Religion  überhaupt  ver\\'irkUcl  t 
zu  sehen,  steht  in  der  Tat  psychologisch  auf  gleicher  Linie  mit  der 
Überzeugung  des  Helv^tius,  die  Unterschiede  der  geistigen  Begabung 
und  der  sittlichen  Anlage  würden  verschwinden,  wenn  dereinst  nur 
einmal  Erziehung  und  Unterricht  gleichmäßig  über  alle  Menschen 
verteilt  seien. 

Im  Gegensatze  zu  solchen  utopistischen  Zukunftsträumen  zeigt  uns 
die  Wirklichkeit  schon  innerhalb   der  christlichen  Welt  ein  Bild  zu- 

48* 


y^6  ^^f  Ursprang  der  Religion. 

nehmender  Sonderungen,  und  wenn  diese  äußerlich  weniger  hervc 
treten,  als  es  den  tatsächlichen  Verhältnissen  der  religiösen  Üb< 
Zeugungen  selbst  entspricht,  so  beruht  das  wohl  zumeist  auf  d 
Hemmungen,  die  Herkommen,  Sitte  und  der  Zwang  der  sozial 
Verhältnisse  auf  die  freie  Äußerung  religiöser  Überzeugungen  ai 
üben,  xmd  die  letzten  Endes  vornehmlich  auch  jener  verbreiteten  1 
differenz  zu  Grunde  liegen,  die  man  wohl  zutreflfend  als  einen  2 
stand  der  Religionslosigkeit  definieren  könnte,  der  von  einzelnen,  j 
sozial  unentbehrlich  gehaltenen  religiösen  Scheinhandlungen  umkleic 
ist  Doch  dieser  Schein,  den  eine  sogenannte  Elite  unter  den  G 
bildeten  um  sich  verbreitet,  darf  nicht  über  das  wirkliche  religic 
Leben  hinwegtäuschen,  das  in  den  Völkern  lebt,  imd  in  dem  jene  sta 
abgeblasste  Scheinfrömmigkeit  doch  nur  einen  Grenzfisdl  bildet.  Sic 
man  genauer  zu,  so  kann  nicht  verborgen  bleiben,  daß  z.  B.  in  d 
Ländern  christlicher  Kultur  das  wirkliche  religiöse  Leben  mit  v< 
schwindenden  Ausnahmen  ziemlich  genau  in  den  Grenzen  sich  bewq 
die  durch  die  christlichen  Kirchen  und  Konfessionen  äußerlich  b 
zeichnet  sind.  Dagegen  würde  es  freilich,  sobald  man  die  der  Es 
Wicklungsgeschichte  der  Religion  entnommenen  Maßstäbe  anl^[t,  d 
wirklichen  Sachlage  durchaus  nicht  entsprechen,  wenn  man  alle  die 
Formen  der  Glaubensüberzeugung,  die  der  gemeinsame  Name  »chris 
lieh«  deckt,  als  eine  und  dieselbe  Religion  betrachten  wollte.  Siel 
man  auf  das  Wesen  und  nicht  auf  den  Namen,  so  ist  die  Glauben! 
Überzeugung  eines  frei  gesinnten  protestantischen  Theologen  von  'de 
eines  inmitten  katholischer  Andachts-  und  Wallfahrtsstätten  aufgc 
wachsenen  Menschen  aus  dem  Volke  wohl  noch  weiter  entfernt,  ai 
die  des  Mitglieds  einer  amerikanischen  Großstadtsekte  von  der  eine 
Indianers  der  Wildnis.  Darum  ist  es  nicht  bloß  eine  Verschleierun| 
sondern  eine  Verhüllung  der  Tatsachen,  wenn  man  die  sämtliche 
Mitglieder  der  christlichen  Kirchen  und  Konfessionen  Angehörige  eine 
einzigen  Religion  nennt.  Selbst  innerhalb  der  einzelnen  Kirchen  sin 
die  wirklichen  Unterschiede  so  groß,  daß  von  einer  auch  nur  aa 
nähernden  Einheit  der  Glaubensüberzeugungen  nicht  die  Rede  sei 
kann.  Diese  Erscheinung  ist  weder  zu  loben  noch  zu  beklagen.  Denj 
sie  ist  eine  notwendige  Folge  des  jeder  geschichtlichen  Entwicklunj 
immanenten  Triebes,  die  in  ihr  verborgenen  Anlagen  nach  verschie 
denen  und  immer  mehr  auseinandergehenden  Richtungen  zu  entfalten 


Gegenwart  nnd  Znknnft  der  Religion.  yey 

Mochte  das  Urchristentum  eine  verhältnismäßig  einheitliche  Religion 
sein,  heute  hat  diese  Einheit  längst  aufgehört.  Der  Katholizismus  als 
die  älteste  ihrer  Gestaltungen  hat  sich  hier  auch  im  weitesten  Um- 
fange den  Bedürfnissen  anzupassen  verstanden,  die  die  Unterschiede 
ursprünglicher  Volksanschauungen  und  die  hinzukommenden  Einflüsse 
der  materiellen  und  der  geistigen  Kultur  ihm  entgegenbrachten.  In- 
dem er  die  mannigfachen  Formen  des  religiösen  und  selbst  des  vor- 
religiösen Kultus,  die  er  vorfand,  sich  assimilierte  und  auf  der  andern 
Seite  sich  doch  auch  ganz  allmählich  den  Anforderungen  der  jeweiligen 
Anschauungen  der  Wissenschaft  anzupassen  suchte,  ist  er  heute  als 
kirchliche  Organisation  betrachtet  vielleicht  einheitlicher,  als  er  je  ge- 
wesen. Aber  eine  einheitliche  Religion  ist  er  nicht  mehr,  sondern 
eher  könnte  man  ihn  eine  Enzyklopädie  aller  Religionen  nennen,  die 
je  in  der  Menschheit  vorhanden  waren,  und  die  noch  vorhanden  sind. 
Denn  er  umfaßt  alles,  den  Seelenkult  und  die  niederen  Schutzgott- 
heiten verschiedenster  Gattung  mit  den  an  sie  gebundenen  Rudimenten 
eines  uralten  Fetischismus;  inmitten  dieser  Grundbestandteile  uralter 
Naturreligion  die  göttliche  Christusgestalt,  umgeben  von  der  Fülle 
magischer  Zeremonien,  wie  sie  sich  in  den  antiken  Mysterien  ent- 
wickelt hatten;  endlich  die  an  dieses  Hauptmysterium  angegliederten 
Sonderkulte  der  Gottesmutter,  der  Apostel  und  Heiligen.  Ein  Poly- 
theismus, wie  ihn  reicher  die  Welt  kaum  in  den  griechischen  Götter- 
kulten gesehen,  auch  darin  aber  ein  echter  Nachfolger  der  alten  or- 
phischen  Mysterien,  daß  er  dem  Bedürfnis  des  auf  den  Höhen  der 
geistigen  Kultur  stehenden  Angehörigen  der  Kirche,  den  Inhalt  von 
Kultus  und  Dogma  philosophisch  zu  deuten,  entgegenkommt  und 
selbst  der  Wissenschaft,  wenn  sie  lang  genug  an  die  Türen  pocht, 
den  Eingang  nicht  verschließt.  So  hat  die  Kirche  zuerst  dem  kosmo- 
logischen  Teil  der  Naturwissenschaft  freien  Zugang  gewährt.  Heute 
steht  sie  bereits  dem  biologischen  nicht  mehr  ganz  ablehnend  gegen- 
über; und  mag  sie  auch  noch  die  Anwendung  der  historischen  Kritik 
auf  die  Religionsgeschiphte  verdammen,  nach  der  ungeheuren  An- 
passungsfähigkeit, die  sie  bewiesen,  ist  es  nicht  ausgeschlossen,  daß 
sie  dereinst  noch  einmal  das  Programm  der  »Modemisten«  zu  dem 
ihrigen  machen  wird.  Denn  nach  diesem  sind  geschichtliche  Kritik 
und  religiöser  Glaube  zwei  gänzlich  verschiedene  Dinge,  so  daß  es  »dem 
Glauben  gestattet  sein  muß  ,ja'  zu  sagen,  wo  die  agnostische  Wissen- 


•?eg  Der  Ursprung  der  Religion. 


Schaft  ,nein'  sagt«  *).  Sollte  sich  die  Kirche  dieses  Prog^ramm  d 
doppelten  Gewissens  erst  aneig^nen,  so  würde  so  wenig  nach  oben  w 
nach  unten  eine  Stufe  religiöser  Entwicklung  denkbar  sein,  die  d 
Kraft  ihrer  Anpassung  zu  widerstehen  vermöchte. 

Immerhin  mag  'es  bis  dahin  vielleicht  noch  lange  dauern.  Am 
mag  man  mit  einer  solchen  Teilung  der  Herrschaft  zwischen  Religi< 
und  Wissenschaft  allenfalls  auskommen,  solange  sich  die  historisd 
Forschung  auf  die  Tatsachenkritik  beschränkt  und  der  Prüfung  d 
psychologisch  Möglichen  und  Wirklichen  enthält  Aber  der  psych 
logischen  Entwicklungsgeschichte  des  religiösen  Bewußtseins  kai 
ein  solcher  Vermittlungsversuch  nimmermehr  Stand  halten.  Die 
nötigt  vielmehr  unabänderlich  dazu,  den  Weg  zu  gehen,  der  d 
Vorzug  für  sich  hat,  der  ehrlichere  zu  sein.  Er  besteht  darin,  di 
man  eine  Dissonanz  zwischen  Glauben  und  Wissen  überhaupt  vc 
meidet,  indem  man  von  vornherein  die  nach  allen  Seiten  der  wisse 
schaftlichen  Kritik,  der  historischen  wie  der  psychologfischen,  Stau 
haltenden  Tatsachen  der  religiösen  Überlieferung  und  des  religiöse 
Lebens  als  maßgebend  für  die  religiöse  Überzeugung  betrachtet.  Di 
ist  der  Standpunkt,  den  im  Prinzip  schon  die  Reformatoren  d< 
i6.  Jahrhunderts  einnahmen,  da  sie  das  eigene  Gewissen  und  di 
persönliche  Überzeugung  zur  Glaubensnorm  machten,  den  sie  abc 
freilich  nicht  innehielten,  da  ihnen,  was  nach  dem  Zustand  de 
Wissenschaft  ihrer  Zeit  verzeihlich  war,  die  evangelische  Überlieferunj 
als  eine  unantastbare  Offenbarung  galt,  und  da  sie  überdies,  in 
Widerstreit  mit  ihrem  eigenen  Prinzip,  auch  von  dem  sonstigen  Be 
stand  kirchlicher  Überlieferung  so  viel  als  nur  möglich  zu  bewahret 
suchten.  Dadurch  wurde  der  Glaubensstandpunkt  der  protestan 
tischen  Bekenntnisse  im  wesentlichen  ein  modifizierter  Katholizismus 
der  den  Papst,  die  spezifische  Heiligkeit  des  Priestertums  und  di« 
stärksten  Auswüchse  des  Polytheismus  beseitigt  hatte.  Daß  diese 
den  Übergang  zwischen  Mittelalter  und  Neuzeit  treu  widerspiegelnd« 
Standpunkt  kein  auf  die  Dauer  bleibender  sein  konnte,  ist  selbst 
verständlich;  ebenso  aber,  daß  er  den  in  zahlreichen  protestantische! 
Volkskreisen,    die  der    katholischen  Kirche    völlig   entfremdet   sind 


*)  Programm  der  italienischen  Modernisten,  Reformkatholische  Schriften,  II,  190S 
S.  147. 


Gegenwart  nnd  Zakunft  der  Religion.  ncg 


herrschenden  Glaubensanschauungen  im  wesentlichen  noch  heute  ent- 
spricht. So  hat  der  Protestantismus,  abgesehen  von  den  Übergängen, 
die  eine  solche  in  mannigfachen  Kämpfen  sich  vollziehende  allmäh- 
liche Sonderung  mit  sich  fuhrt,  im  allgemeinen  zwei  Richtungen  ent- 
wickelt: eine  konservative,  die  noch  heute  an  den  Anschauungen  der 
Reformatoren  des  16.  Jahrhunderts  festhält,  und  eine  fortschrittliche, 
die  sich  die  Ergebnisse  der  historisch  kritischen  Forschung  in  vollem 
Umfange  zu  eigen  macht  und,  daneben  bereits  von  psychologischen 
Erwägungen  geleitet,  alles  Mythische  aus  der  religiösen  Überlieferung 
auszuscheiden  sucht.  Wie  wenig  diese  Unterschiede  mit  der  Schei- 
dung der  Kirchen  etwas  zu  tun  haben,  erkennt  man  aber  deutlich 
genug  daraus,  daß  der  orthodoxe  Protestant  noch  eher  dem  gläu- 
bigen Katholiken  als  dem  liberalen  Theologen  der  eigenen  Kirche 
seine  Sympathien  zuzuwenden  pflegt. 

Nun  entsagt  man  freilich  innerhalb  jeder  dieser  drei  Formen  des 
Christentums  nicht  ganz  der  Hoffnung,  es  werde  dereinst  noch  ein- 
mal gelingen,  die  verlorengegangene  Einheit  im  Sinne  der  eigenen 
Überzeugungen  wiederherzustellen').  Doch  mögen  auch  diese  Unions- 
hoffnungen vielleicht  nicht  ganz  so  utopistisch  sein  wie  die  des  Auf- 
klärungszeitalters, den  wirklichen  Verhältnissen  und,  was  noch  mehr 
sagen  will,  den  wirklichen  religiösen  Bedürfnissen  der  Gegenwart  und 
einer  irgend  absehbaren  Zukunft  entsprechen  sie  ebensowenig.  Wer 
sich  offenen  Auges  in  der  christlichen  Welt  umsieht,  wie  sie  heute 
beschaffen    ist,    der   kann    sich    der   Überzeugung    schwerlich    ver- 

')  Innerhalb  des  Katholizismas  ist  es  besonders  die  liberale,  die  radikalen  Forde- 
mngen  des  >Modemismas«  abiebnende,  aber  die  Versöhnong  ihrer  Kirche  mit  der 
modernen  Kultur  anstrebende  Richtung,  die  sich  der  Verwirklichung  solcher  Hoff- 
nungen auf  dem  Wege  friedlicher  Verständigung  hingibt.  Eine  historische  Begrün- 
dung dieses  Standpunktes,  in  der  allerdings  einigermaßen  übersehen  ist,  daß  in  der 
Geschichte,  namentlich  in  der  Geistesgeschichte,  die  Zukunft  niemals  gans  der  Ver- 
gangenheit gleicht,  sucht  Alb.  Ehrhard,  Der  Katholizismus  nnd  das  20.  Jahrhundert, 
1901,  9.— 12.  Aufl.  1902,  zu  geben.  Die  starke  Verbreitung  des  Buches  spricht  devt- 
lich  für  die  Resonanz,  die  diese  Anschauungen  wohl  besonders  in  gebildeten  katbo- 
Ii.schen  Kreisen  gefunden  haben.  Bezeichnend  ist  es  immerhin,  daß  der  Verf.  das 
Wort  »Reformationc  lieber  in  >  Revolution«  umgewandelt  sehen  möchte.  Es  liegt 
dem  wohl  die  Überzeugung  zugrunde,  daß  einer  Revolution  eine  Reaktion  zu  folgen 
pflegt.  Aber  diese  Reaktion  liegt  längst  hinter  ans:  sie  ist  von  den  Reformatoren 
noch  erlebt  und  mitgemacht  worden.  Was  sich  heute  innerhalb  des  Protettantitmni 
vorbereitet,  ist  vielleicht  eine  neue  Revolution,  schwerlich  eine  Rückwärtsbewegnng 
in  das  vorreformatorische  Zeitalter. 


■■  ■  ^?^t 


•t5o  ^^  Urspmng  der  ReUgion. 


schließen,  daß  trotz  der  kirchlichen  und  konfessionellen  Spaltui^en 
die  äußerliche  Zusammenfassung  zu  einem  und  demselben  Bekenntnis 
zwar    nicht    unbeträchtliche    Unterschiede    der    Anschauungen    ver- 
schleiern mag,   daß   aber  doch   der  vorhandene  Zustand   im  großen 
und  ganzen   sich  mit   den  wirklichen  Formen  und  Färbungen  reli- 
giöser Überzeugungen  deckt,  die  in  der  heutigen  Christenheit  lebendig 
sind  und  die  zugleich,  am  Maßstab  der  allgemeinen  Religrionspsycho- 
logie  gemessen,   im  wesentlichen  die  glänze  Entwicklungsgeschichte 
des  religiösen  Bewußtseins  von  dem  vorreligiösen  2^uber-  imd  Da- 
monenglauben  an  bis  zu  den  in  philosophische  Ideen  überg^rangrenen 
religiösen  Anschauungen  widerspiegeln.    Leiht  der  katholische  Kultus 
hier   dem    religiösen  Bedürfnis    nach   unten  wie   nach    oben   weitfaiii 
seine  Stütze,   so  hat  der  liberale  Protestantismus  seinerseits   in   auf- 
wärtsgekehrter Richtung  eine  Anpassungsfähigkeit  zu    entfalten    be- 
gonnen, die  gelegentlich  bis  dicht  an  den  Deismus  der  philosophisch 
Gebildeten   des    i8.    Jahrhunderts   heranreicht     Betrachtet   man  die 
Tatsachen  unter  dem  Gesichtspunkt  des  Bedürfnisses,  so  ließe  sich 
daher  wohl  sagen:   dieser  nahezu  allumfassende  Umfang*   religiöser 
Strömungen  und  Richtungen  findet  in  den  Kirchen  und  Konfesäonen, 
wie  sie  tatsächlich  beschaffen  sind,  seinen  annähernd  adäquaten  Aus- 
druck,   und  es   gibt  kaum   eine   Form    religiösen    und   vorreligiösen 
Glaubens,  für  die  nicht  in  irgend  einer  der  vorhandenen  christlichen 
Kirchen,  Konfessionen  und  Sekten  Platz  wäre.     Auch  ist   es   nicht 
wahrscheinlich,  daß  sich  dieses  Verhältnis  in  absehbarer  Zeit  wesent- 
lich ändern  wird.     Völlig  ausgeschlossen  ist  es  aber  für  jeden,   der 
-die   menschliche    Natur   in    ihren    Unterschieden   an   Begabung,    an 
Lebensbedingungen  und  individuellen  Bedürfnissen  in  Rechnung  zieht, 
daß   sich  hier  die  Hoffnungen  auf  eine  Ausgleichung  auch  nur  der 
allgemeinsten  Unterschiede  jemals  verwirklichen  werden.    Solche  Hoff- 
nungen   widersprechen    ebenso    der    Psychologie    der    individuellen 
Charaktere  wie  der  Völkerpsychologie.    Beide  lehren  uns,  daß  nicht 
Uniformierung,  sondern  zunehmende  Differenzierung  der  Weg  aller 
religiösen  Entwicklung  ist,   und  daß  selbst  da,   wo  unter  günstigen 
Bedingungen   die   Unterschiede  der   äußeren  Kultur  einer  gewissen 
Ausgleichung  entgegenstreben,  damit  keineswegs  eine  Ausgleichung 
der  geistigen  Begabung  und   der  geistigen   Bildung   verbunden  ist. 
Je  reichere  Mittel  die  Kultur  dem  Einzelnen  wie  der  Gesamtheit  zur 


Geg[enwart  nnd  Zaknnft  der  Re]ig:ion.  y6l 


Verfügung  stellt,  um  so  mehr  steigert  sie  zugleich  die  Mamiigfaltig- 
keit  der  Betätigungen  wie  der  Bedürfnisse. 

Im  Hinblick  auf  diese  Verhältnisse  darf  man  wohl  sagen,  daß 
auch  das  Christentum  in  den  unendlich  verschiedenen  Abstufungen 
religiöser  Anschauungen,  die  es  in  sich  vereinigt,  und  in  denen  es 
nahezu  ein  Bild  der  Religion  auf  den  sämtlichen  Stufen,  die  sie  bis 
dahin  durchlaufen,  geworden  ist,  nur  die  Mannig^faltigkeit  der  reli- 
giösen Motive  spiegelt,  die  in  den  wirklich  bestehenden  religiösen 
Gemeinschaften  ihre  Befriedigung  finden  können.  Ist  aber  erst  die 
Einheit  der  religiösen  Überzeugungen  als  ein  utopistisches  Ziel  er- 
kannt, so  sollte  auch  einem  friedlichen  Nebeneinander  der  so  ver- 
schiedenen Bedürfnissen  entgegenkommenden  Gestaltungen  des  reli- 
giösen Lebens  nichts  mehr  im  Wege  stehen.  Liegt  doch  hier  zu  einem 
Kampf  der  Kulte  um  so  weniger  ein  innerer  Grund  vor,  als  das  Recht 
der  persönlichen  Überzeugung  auf  religiösem  Gebiet  wenigstens  inso- 
weit sich  nahezu  allgemeine  Anerkennung  verschafft  hat,  daß  selbst  das 
strenggläubige  Kirchentum  jeder  Richtung  zwar  den  Andersgläubigen 
aus  der  eigenen  Gemeinschaft  ausschließt,  ihm  aber  außerhalb  dieses 
Kreises  jenes  Recht  ausdrücklich  oder  durch  stillschweigende  Duldung 
zuerkennt.  Dennoch  gibt  es  zwei  Hindemisse,  die  ein  solch  fried- 
liches Zusammenleben  religiöser  Gemeinschaften  und  abweichender 
religiöser  Überzeugungen  unmöglich  machen,  und  die  wahrscheinlich 
noch  auf  lange  hinaus  jenen  Kampf  nicht  werden  verschwinden  lassen, 
obgleich  sie  im  letzten  Grunde  Überlebnisse  der  Vergangenheit  sind, 
die  ihre  innere  Berechtigung  in  den  Anschauungen  der  Zeit  längst 
verloren  haben.  Das  eine  dieser  Hindemisse  ist  ein  äußeres :  es  be- 
steht in  dem  politischen  und  sozialen  Zwang,  der  die  Zugehörigkeit  zu 
bestimmten  kirchlichen  Gemeinschaften  zu  einem  Vorrecht  erhebt, 
das  jeden,  der  sich  nach  seiner  persönlichen  Überzeugung  dieser  Zu- 
gehörigkeit entzieht,  in  seiner  sozialen  Stellung  schädigt.  Das  andere 
Hindernis  ist  ein  inneres:  es  besteht  in  der  Fordernis  der  Zustimmung 
zu  einem  überlieferten  religiösen  Bekenntnis.  Die  erste  dieser  Formen 
des  religiösen  Zwangs  zu  erörtem,  ist  hier  nicht  der  Ort:  es  gehört 
in  die  praktische  Ethik,  nicht  in  die  Völkerpsychologie*).  .Dagegen 
reicht  die  zweite,  die  des  Bekenntniszwangs,  wenigstens  zum  Teil  in 


')  Vgl.  meine  Etbik^,  II,  S.  292 ff.,  335 ff. 


^52  ^^^  Urspnxng  der  Religion. 


ihr  Gebiet.     Denn  sie  hängt  mit  einer  der  wichtigsten  Erscheinungen 
des  Bedeutungrswandels  religiöser  Begriffe  zusammen,  die  im  Laufe 
der  religiösen  Entwicklung  eingetreten  sind:  mit  der  des  B^^riffs  der 
Religion  selbst.  *  Mit  dem  Wort   >  Religio  €   verband    der  Römer,  so 
verschieden  auch  im  übrigen  dessen  etymologfische  Deutung  bei  den 
späteren  römischen  Schriftstellern  sein   mochte,  in  erster  Linie  den 
Begriff  der  Gebundenheit  an  bestimmte  Normen  des  Kultus,  die  ab 
solche   einen   Teil  der   öffentlichen   Rechtsordnung    bildeten.     Diese 
Bindung  des  Einzelnen  an  den  Kultus  ist  aber  ein  gemeinsames  Merk- 
mal aller  antiken  Religionen.     Daß  Glaube  und  Kultus  einander  ent- 
sprechen, erscheint  dabei  zugleich  als  eine  so  selbstverständliche  Vor- 
aussetzung, daß   man   der   Hervorhebung    einer   besonderen    Regula 
fidei  entraten   kann.     Erst  in  dem  Augenblick,  wo   die    Philosophie 
den  hinter  dem  Kultus    verborgenen    Glaubensgehalt    spekulativ  zu 
durchdringen  beginnt,  sucht  sie  ihn  zugleich  in  bestimmte  Lehrsätze 
zu  formen.     Damit  wandert   denn  auch  die  religiöse  Gebundenheft 
vom  Kultus  auf  die  Lehre,  und  die  Lehre  fixiert  sich  in  dem  Be- 
kenntnis, durch  das  der  Gläubige  nicht  mehr  bloß,  wie  zuvor,  durch 
Handlungen,  sondern  durch  das  Wort  und  dessen  eidliche  Bekräftigung 
seine   Zugehörigkeit   zur   religiösen    Gemeinschaft   bekundet.     Dieser 
Übergang  hat  sich  in  der  antiken  Welt  wohl  zum  erstenmal  in  den 
Mysterien,  vor  allem  in   den  orphischen  Kulten  vollzogen;   und  die 
Teilung  des  religiösen  Glaubensgehorsams  zwischen  Kultus   und  Be- 
kenntnis  hat  sich   dann  mit  fortschreitender  Verlegung  des  Schwer- 
punktes vom  Kultus  auf  das  Bekenntnis  in  das  Christentum  fortgesetzt 
In  der   griechischen  Kirche  ruht  dieser  noch  wesentlich    im  Kultus. 
In  der  römischen  halten  sich  beide,  Kultus  und  Dogma,  annähernd 
das  Gleichgewicht.     In  der  protestantischen  rückt  der  Schwerpunkt  in 
dem  Maße,  als  sie   auf  die   innere   Zustimmung   zur  Glaubensnorm 
Wert   leg^,  mehr  und  mehr  vom   Kultus   auf  das   Bekenntnis.     Mit 
diesem  Übergang  tritt  aber  auch  ein  bis  heute  nicht  überwundener 
Zwiespalt  in   die  Erscheinung,  der   zu  einem   neuen,  von  dem  alten 
verschiedenen,  und    schließlich  ihm    entgegengesetzten  Religionsbe- 
griff hinführt.     Während  die  evangelische  Kirche  auf  das  Bekenntnis 
als  die  Bekundung  des  aus  eigener  Überzeugung  kommenden  Willens 
der    Zugehörigkeit   zur  religiösen  Gemeinschaft  den  höchsten  Wert 
legt,  negiert  sie  zugleich  den  Zwang  der  äußeren  Glaubensnorm,  um 


Gegenwart  nnd  Zaknnft  der  Religion.  ^53 

den  Glauben  selbst  ganz  zu  einer  Sache  persönlicher  Überzeugung 
zu  machen.  Kann  sie  doch  in  dem  persönlichen  Verkehr  des  Christen 
mit  Gott  die  Dazwischenkunft  eines  solchen  äußeren  Glaubenszeug- 
nisses im  Grunde  ebensowenig  dulden,  wie  sie  die  Vermittlung  des 
geweihten  Priesters  als  eine  zur  Gewinnung  des  Heils  unerläßliche 
Hilfe  anerkennt.  Die  Erweiterung  hier  schließt  die  Beschränkung 
dort  in  sich:  mit  dem  allgemeinen  Priestertum  ist  nur  die  persönliche 
Glaubensnorm  vereinbar.  Damit  ist  aber  der  alte  Begriff  der  »Religio  € 
seinem  innersten  Wesen  nach  in  sein  Gegenteil  verwandelt.  Aus  der 
Gebundenheit  an  eine  äußere  Glaubensnorm  ist  die  Religion  zur  per- 
sönlichsten aller  Gewissensfragen  geworden,  die  jeden  äußeren  Zwang 
als  einen  Widerspruch  gegen  die  innerste  Quelle  dieser  in  der  reli- 
giösen Überzeugung  wurzelnden  Beziehung  der  einzelnen  Seele  zur 
Gottheit  als  einen  Eingriff  in  die  unantastbarsten  Rechte  der  Per- 
sönlichkeit zurückweist.  Dieser  Zwiespalt  zwischen  dem  äußeren  Be- 
kenntnis und  dem  im  Prinzip  durch  die  Reformation  eroberten  Recht 
der  Gewissensfreiheit  konnte,  obgleich  seine  Folgen  schon  in  die 
frühen  Kämpfe  im  eigenen  Lager  zurückreichen,  doch  im  ganzen  so 
lange  verborgen  bleiben,  als  in  Wirklichkeit  bei  der  großen  Mehr- 
zahl der  evangelischen  Christen  die  biblische  Überlieferung  mit  ihren 
Ergänzungen  aus  altchristlicher  Zeit  als  eine  unantastbare  Quelle 
göttlicher  Offenbarung  galt.  Je  mehr  dieser  Standpunkt  erschüttert 
wurde  und  in  wachsendem  Maße  die  Kritik  der  Tradition  auf  die  Ur- 
kunden des  Glaubens  selbst  übergriff,  um  so  klaffender  wurde  jener 
Riß  zwischen  der  von  dem  evangelischen  Christen  geforderten  freien 
Überzeugung  und  dem  daneben  von  der  Kirche  erzwungenen  Be- 
kenntnis. Auch  kann  sich  heute  wohl  kein  Unbefangener  mehr  da- 
rüber täuschen,  daß  es  an  sich  absurd  ist,  von  einem  Menschen  der 
Gegenwart  zu  fordern,  daß  er  sich  auf  ein  Glaubensbekenntnis  fest- 
lege, das  vor  Jahrhunderten  als  ein  annähernd  allgemeingültiger  Aus- 
druck der  in  den  reformatorischen  Kreisen  geltenden  Glaubensüber- 
zeugungen angeschen  werden  mochte. 

So  pflegt  man  sich  denn  mit  zwei  Argumenten  über  diese  sittlich 
bedenkliche  Situation  hinwegzuhelfen.  Über  das  erste  dieser  Argu- 
mente kann  man  kurz  hinweggehen.  Es  beruft  sich  auf  das  ehr- 
würdige Alter  des  Apostolikums,  durch  das  es  zugleich  ein  letztes 
Band  zwischen  den  beiden  christlichen  Kirchen  des  Abendlandes  gc- 


^;.-r.. 


^-;  ^is^^^VmP^^-^^ 


^(^A  Der  Urspning  der  Beligion. 


blieben  sei.     Als  wenn  sich  ein  Bekenntnis  zu  einem  Glauben,  den 
man  nicht  hat,  durch   die  Dauer  der  Zeit  in  Wahrheit  verwanddte; 
und  als  wenn  durch  diese  äußerliche  Konservierung  einer  Bekenntnis- 
formel die  Kluft  zwischen  weit  auseinandergehenden  inneren   Übcr- 
zeugfungen  je  überbrückt  werden   könnte!     Ernsthafter   nimmt  sich 
das  zweite  Argument  aus.    Man  subsumiert  das  apostolische  Glaubens^ 
bekenntnis  dem  Begriff  des  Symbols.    In  der  evangelischen  Kirche 
wird  es  zumeist  schlechthin  »das  Symbol c  genannt    Dem  liegt  wohl 
die  Anschauung  zugrunde,  in  dieser  Glaubensformel  sei   die  Grund- 
lage für  die  sämdichen  Kultsymbole  gegeben.    Dem  ist   aber  nicht 
so.    Nicht  nur  wird  der  symbolischen  Handlungen  des  Kultus  im  Be- 
kenntnis  nicht   gedacht y  sondern  diese  Handlungen ,   besonders    die 
Taufe  und  das  Abendmahl,  sind  weit  älter  als  das  Christentum  selbst 
Sie  reichen,  wie  wir  sahen,  in  die  vorreligiöse  Entwicklung  des  Kultus 
zurück.     Das  Christentum  hat  sie  nicht   geschaffen,  sondern   durch 
die  schon  in  den  alten  Religionen  vorbereitete  symbolische  Umdeutung 
vergeistigt    und   geläutert.     Indem   man    nun   das   Apostolikum    als 
»Symbol«  bezeichnet,  soll  es  offenbar  an  dem  Bedeutungswandel  teil- 
nehmen, dessen   die  Symbole   überhaupt  fähig  sind.     Man   soll   sich 
also  unter  dem  Bekenntnis  nicht  das  denken,  was  es  unmittelbar  aus- 
spricht, sondern  ihm  einen  andern,  der  jeweiligen  Glaubensstufe  per- 
sönlicher  Überzeugung   angemessenen    Sinn   unterlegen.     Aber    ein 
Bekenntnis  ist  kein  Symbol  und  kann  durch  keine  noch  so  gewalt- 
same Umdeutung  in  ein  solches  verwandelt  werden.     Entweder  be- 
kennt man  sich  wirklich  zu  dem  was  es  ausspricht,  oder  man  spricht 
aus,   was   man  in  Wirklichkeit  nicht  glaubt.     Und  eine  Unwahrheit 
kann  sich  am  allerwenigsten   dadurch  in  Wahrheit  verwandeln,   daß 
man    ihre    Aussprache    mit    einer   besonderen    Feierlichkeit   umgibt. 
Was  wirklich  innerhalb  eines  jeden  religiösen  Kultus  symbolisch  ist, 
das  ist  die  Kulthandlung  selbst,  von   der  hier  fälschlich  der  Begriff 
auf  das  Bekenntnis  übertragen  wurde.     Während  das  Bekenntnis  so, 
wie  es  gegeben  wird,   festlieget  und  dadurch  nicht  geändert  werden 
kann,    daß  man  ihm  einen  Sinn  unterschiebt,  den  es  seinem  deut- 
lichen Wortlaute   nach   nicht   hat,   ist   umgekehrt   die  Kulthandlung 
innerhalb  jeder  Religion   symbolisch  von   Anfang    an,   und    sie   ist 
damit  in  ihrer  Bedeutung  allen   den  Wandlungen  unterworfen,   die 
das   Symbol   überhaupt   in    dem    ihm   immanenten   Übergang   vom 


Gegenwart  und  Zukunft  der  Religion.  y5^ 


realen  zum  idealen  Symbol  und  schließlich  zu  der  durch  dieses  re- 
präsentierten Idee  zurücklegt.  Dabei  können  diese  Übergänge  inner- 
halb einer  religiösen  Gemeinschaft  nicht  bloß  nacheinander  erfolgen, 
sondern  sie  können  nebeneinander  bestehen,  indem  jedes  einzelne 
Mitglied  frei  nach  seiner  eigenen  Glaubensüberzeugung  das  kul- 
tische Symbol  in  einer  dieser  drei  Formen  auffaßt.  Darum  ist  das 
Ziel,  dem  der  Protestantismus  vermöge  des  von  Anfang  an  in  ihm 
schlummernden  Glaubensprinzips  zustrebt ,  das  der  konfessions- 
freien Kirche.  In  diesem  Begriff  lieg^  kein  Widerspruch.  Denn 
nicht  das  Bekenntnis,  sondern  der  Kultus  begründet  das  Wesen  einer 
kirchlichen  Gemeinschaft.  Das  Bekenntnis  aber  erstarrt,  der  Kultus 
mit  der  Entwicklungsfähigkeit  seiner  den  verschiedensten  Überzeu- 
gungen Raum  gönnenden  Symbole  erhält  lebendig.  Die  Spaltung 
in  eine  Unzahl  einzelner  Sekten,  deren  jede  wieder  auf  ein  anderes 
Bekenntnis  schwört,  würde  nur  eine  Vervielfältigung  des  Irrtums  sein, 
der  in  starren,  nicht  in  lebendigen  Gemeinschaftsformen  das  Heil  der 
religiösen  Entwicklung  sieht.  Daß  die  protestantische  Kirche  dieses 
Ziel  in  naher  Zukunft  erreichen  werde,  ist  kaum  wahrscheinlich,  ob- 
gleich ihr  Name  schon  jenen  Protest  gegen  die  Bindung  der  Gewissen 
lebendig  erhalten  sollte,  von  dem  sie  ausgegangen  ist.  Aber  utopisch 
ist  dieses  Ziel  nicht,  wie  es  die  einst  weit  verbreitete  und  heute  noch 
immer  nicht  ganz  erloschene  Idee  eüier  dereinstigen  Einheit  der  Re- 
ligion ist.  Denn  das  Prinzip  der  Bekenntnisfreiheit  mag  den  Kreis 
derer  noch  so  sehr  erweitem,  die  sich  zu  einem  gemeinsamen  Kultus 
vereinigen  können,  weil  jeder  in  den  Symbolen  dieses  Kultus  seine 
eigenen  religiösen  Anschauungen  verwirklicht  sehen  kann,  der  Umkreis, 
in  welchem  auch  unter  dieser  Voraussetzung  ein  gemeinsamer  Kult 
möglich  bleibt,  ist  kein  unb^^enzter.  Verschiedene  Gestaltungen 
des  Kultus  werden  daher  selbst  innerhalb  einer  in  seinen  Grund- 
gedanken so  weitumfassenden  und  mit  den  Grundtrieben  der  geistigen 
Kultur  verwachsenen  Religion  wie  der  christlichen  allezeit  möglich, 
ja  notwendig  sein.  Und  unter  diesen  Gestaltungen  mögen  immerhin 
auch  solche  nicht  fehlen,  die  dem  Bedürfnis  derer  entgegenkommen^ 
die  danach  verlangen,  daß  man  ihnen  eine  feste  Glaubensnorm  von 
außen  biete,  weil  sie  eine  solche  in  ihrem  eigenen  Innern  nicht  finden 
können.  Doch  innerhalb  des  Prinzips,  das  in  der  Entwicklung  des 
Protestantismus  zuerst  latent  wirksam  gewesen  ist,  und  das  er  schließ- 


766 


Der  Urspmog  der  Religion. 


lieh  auf  dem  Boden  einer  nirgends  gestörten  Einheit  von  Glaub« 
und  Wissen  wird  durchsetzen  müssen,  liegen  solche  Gestaltung« 
nicht.  Mögen  die  bestehenden  Kirchen  und  Konfessionen  in  no< 
so  weitem  Umfang  Raum  für  die  Befriedigung  religiöser  Bedürfnis 
bieten,  das  eine  hat  der  Protestantismus  bisher  verabsäumt:  das 
ihm  latente  Prinzip  der  Freiheit  des  religiösen  Gewissens  vom  außen 
Zwang  voll  zu  entwickeln. 


Register. 


(Bearbeitet  von  H.  Lindau.) 
Die  römischen  Ziffern  I,  II,  III  bezeichnen  die  drei  Teile  des  zweiten 


Abendmahl  III,  709,  724,  764. 

Abenteuermärchen  III,  85  f.,  91  ff., 
242,  246  ff.,  312  f.,  382  f. 

Aberglaube  I,  453,  530  f.,  544  f., 
547.  II,  18  f.,  42  f.,  186  ff.,  294  ff., 
395  ^f.»  III»  127  f.,  188,  192,  470, 
614,  658,  663,  745. 

Abstammungsmärchen  I,  354,  Ab- 
stammungssage III,  349,  351, 
353  ff.,  Abstammungs Vorstellun- 
gen II,  237  f. 

Abstraktion  I,  597,  II,  368. 

Ackerbau  III,  621  ff.,  Ackerdämonen 
II,  429,  451,  454,  466,  468,  Acker- 
kult III,  637  ff.,  703,  705  f.,  715, 
720. 

Adaptionismus  I,  569  f. 

Adler  und  Zeus  II,  290,  A.  und  Ge- 
witter III,  219. 

Aesthetik  I,  13  f.,  89,  218  f.,  224, 
acsth.  Motive  I,  223,  ae.  Wirkung, 
Unterschied  bei  Skulptur  und  Ge- 
mälde 1 ,  274  f. ,  ae.  Einfühlung 
I»   579. 

Affekte  III,  643,  649  f.,  672,  753, 
A.  und  Betonung  I,  49  f.,  A.  und 
Stimmung  I,  60,  A.  und  Bewegun- 
gen I,  394,  397  {.,  Reinigung  I, 
499  f-»  Mäßigung  I,  522,  A.  und 
Blut  II,  35  ff.,  A.  und  Ekstase  II, 
97'  A.  und  Vision  II,  109,  A.  und 
Traum  II,  113,  117  ff.,  A.  und  Na- 
turerscheinungen II,  178  ff.,  Diffe- 
renzierung II,  310  ff.,  A.  und  Mär- 
chen III,  ^^,  35,  74,  81,  83  f.,  89  f.. 


A.  und  Zauberglaube  III,  4h  A. 
und  Spiel  III,  99  ^t  vorwttöche  A, 
III,  107,  A.  und  Götter  III,  427. 

Agnostizismus  III,  727,  757  L 

Agon  I,  502. 

Ahnengeister  III,  i,  86,  174*  401^ 
Ahnenkultus  I,  386  ff-,  II,  9^  140, 
238,  241  ff.,  ni,  171.  37  U  3«9^» 
402,  405»  4"»  556  i-  621,  629^ 
634  f.,  637  ff.,  641,  644*  AhaeiK 
legende  III,  224,  3^4  <i-  Ahn«- 
namen  III.  354,  AhneoMfC  UI^ 
218  f.,  Ahnentiere  II,  251  iL,  2$^ 
261,  264  f.,  268«.,  277  i^f  3$h 
345,  349,  351,  415.  111.  «^  ^3» 

143,  152,  170»  309»  ^rfy"^?ry 

lungen  III,  125,  196,  " 

375^' 
Akkordbildung» 

Akustische  Unti 

Alben  II,   1 14  vgt 

Alchenüe  II,  I95»  ^^* 

Allbcseclung  11,   M»-        ,_  _ 

Allegorie  I,  1 1«.  Ä  «^  **  ^J  '-' 

227  f.,  252»  26^  407 1»^'' 
Allgöttertheoric  ^^J^  ,. 

Alligator   1,    39  Ä,  tmu^  J5^.  II, 

269,  288,  III.  «7**1^-  ^^ 
Alp  II,   109  «^»  «Mfc  "•"'  'iK;, 

189.  377 j-       ^ ...      , 

Altar  1, 23Si^0  35^  AiTlMBi  I II,  426, 
Amulett  t   l6fc  O0UI,  24.  s»  f., 

186,    18S,   Ä»iU  «^  4f^h  405, 

408  f..  435»  *ft  Jfir  »,  1'//,  fxj2, 

635»  Ö7J- 


I^4$9' 
t45J' 

MI  »44^ 


768 


Register. 


Anachoret  III,  495. 

Analogie  I,  430,  III,  54,  514  If.,  A. 
zwischen  Helden  und  Göttern  I, 
389  f.,  A.zauber  I,  564  it  mytho- 
logische A.theorie  I,  562  ff. 

Anekdote  III,  86,  306,  379. 

Angleichungen  (vgl.  Assimilation) 
I,  32. 

Angst,  Gespensterglaube  und  A.  II, 
44  f.,  A. träum  II,  42,  iioff., 
118  ff.,  129,  III,  94,  584. 

Anima  II,  126,  143. 

Animalismus  II,  139  ff.,  149,  161, 
177,  231,  234  ff.,  246  ff.,  271, 
274  ff.,  406  f. 

Animatismus  (Marett)  II,   173  f. 

Animismus  I,  540  f.,  II,  122  f.,  139  ff. 
185,  189,  194,  201,  229,  231  ff., 
257,  262,  283,  299  f.,  308,  346  ff., 
411,  439,  461,  474,  481,  III,  2, 
393»  404  t»  555»  705»  animistische 
Theorie  der  Mythologie  I,  542  f., 

546  ff.,  553- 

Anschaulichkeit  der  Phantasie  I,  8  f., 
13,  A.  und  Kombination  I,  8  f., 
Anschauungsformen  und  Begriffe 
I,  580,  sinnHche  Anschauung  und 
Phantasie  III,  11  f. 

Anthropogonische  Mythen  II,  81  ff., 
237,  261,  266,  271,  274,ff.,  296  f., 
349,  III,  193,  296. 

Anthropomorphistische  Götter  II, 
291  f. 

Anthropophagie  vgl.  Kannibalismus. 

Antichrist  I,  478. 

Aöden  I,  367  ff.,  387  f. 

Apathie  II,  97  f. 

Apokalyptik  II,  102,  217,  III,  452  f., 
455,  462  ff.,  535,  557,  559»  581  ^.. 
711. 

Apokryphen,  neutestamentüche  III, 
721. 

Apostolikum  III,  763  f. 

Apotheke  des  Medizinmanns  III,  188. 

Appellativnamen  II,  473. 

Apperzeption,  Bedingungen  I,  264  f., 
Zunahme  apperzeptiver  Verknüp- 
fungen II,  102,  A.  und  Assozia- 
tionen I,  136,  192  f.,  II,  95  f.,  III, 
75,  Eindruck,  A.  und  Assoziation 
I,  589,  A.  und  Assimilationen  I, 
198,  transzendentale  A.  I,  580!, 


A.  bei  Herbart  I,  572  if.,  mytho- 
logische A.  I,  62  f.,  577  iL 

Arbeit  HI,  442,  A.  und  Kult  11,  411, 
A.sUed  I,  310,  313  f.,  319  ff.,  325. 
394,  A.slied  und  Zauberlied  I, 
322  f.,  A.steilung  II,  227,  47^  U 
481. 

Arche,  rettendes  Schuf  III,  456  ft, 
505. 

Architektur  I,  92,  107,  ii4tf.,  170, 
216,  224  ff.,  Geburtsmoment  der 
A.  I,  173,  A.  und  Bedürfnis  I, 
294,  Stilwandel  I,  248  ff.,  A.  und 
Farbe  I,  272,  A.  unid  Malerei  im 
Mittelalter  I,  275  f. 

Architrav  I,  246. 

Areoi  (Tahiti)  II,  352. 

Argonautensage  III,  31,  221,  361, 
365,  372  ff. 

Arzneimittel  II,  194  f-»  211  f.,  216, 
Arzt  II,  403,  III,  187  f.,  ärztliche 
Künste  und  Zauberei  II»  ISH^ 
211  f.,  216. 

Aschenumen  II,  214. 

Asebie  III,  423. 

Äsen  II,  383. 

Askese  II,  294,  297,  342  ff.,  376, 
III,  154,  486  ff.,  665,  681,  696, 
718  f.,  721,  A.  imd  Totemismos 

II,  246  f. 

Assimilation  I,  18,  20,  29  ff.,  36  ff., 
42,  48,  50,  52  ff.,  57  f.,  61  f.,  yo, 
129,  198,  287  ff.,  297,  594,  II,  45, 
55»  86,  95,  106,  112,  117,  119,  128, 
214,  229,  256,  282,  292,  355,  357ff., 

III,  3,  7,  13»  71»  76,  82,  icx>,  163, 
175,  184,  188,  214,  231  f.,  240^ 
245  ff.,  249.  253.  258  f.,  265,  270^ 
279,  282  f.,  454»  456,  459»  506 1, 
5"»  513»  539»  552,  575.  582,  632  f., 
638,  6401,  645,  649,  705,  730. 

Assonanz  I,  324  f. 

Assoziation,  I,  32  ff.,  336  ff.,  584  ff., 

600  ff.,    II,    190  ff.,    210  ff.,    ni, 

74  ff.,  80,  82,  93,  95,  450"^. 
Astralmythologie  II,   364,   III,    51, 

54  f.,  67  t,  122,  210,  Theorie  III, 

422. 
Astrologie  II,  219,  364,  III,  210,  291, 

542  «. 
Astronomie  II,   364,   III,   58,   210, 

274^.»  545. 


Register. 


769 


Atem  und  Seele  I,  585  f.,  593,  II, 
3  ff.,  14,  19  ff.,  24,  28  ff.,  40  ff., 
123  ff.,  Zauberkraft  II,  51,  53, 
A.bewegungen  und  Flugvorstel- 
lung II,  112,  Atmung  und  Traum 
II,   112  f.,   118. 

Atlanten  (Säulenform)  I,  261,  Atlas 
und  Herakles  III,  369  f. 

Attribute  der  Götter  I,  606,  attribu- 
tive und  prädikative  Satzform  III, 

75. 

Auferstehung  II,  9,  III,  583. 

Aufgabemärchen  III,  385. 

Aufopferung  III,  45,   166  ff. 

Aufstieg  zum  Himmel  III,  217  ff., 
232  f.,  255,  273,  289  f.,  297. 

Auge  und  Seele  II,  27  ff.,  185  ff., 
Augenamulett  II,  403,  Augen- 
blicksbild I,  121  f.,  140  f.,  Augen- 
bücksgötter  II,  465  ff.,  III,  328  f., 
Augenblickskunst  I,  98  ff.,  142, 
Augenblickslied  I,  309  ff.,  Augen- 
ornament I,  165,  203  f.,  211,  Au- 
genpunkt des  Bildes  I,  269  f., 
Augenungeheuer  III,  504  ff.,  Au- 
genzauber III,  417. 

Augurium  II,  y^.  * 

Aulos  I,  436,  439. 

Ausdrucksbewegungen  I,  3  ff.,  61, 
88,  94,  394,  398  ff.,  404.  406  f., 
428,  440,  517»  n,   103. 

Ausgleichung  der  Gegensätze  I,  515. 

Aussetzungsmotiv  III,  264  ff  ,  277. 

Austreibung  von  Dämonen  II,  329. 

Autosuggestion  I,  577. 

Bacchanten  I,  421,  474»  HI»  650. 

Ballspiel  III,  95  ^^^  297. 

Bandzauber  II,  23,  193,  195,  197, 
207,  209  f.,  328,  376,  397,  400,  406. 

Bank  I,  240,  Assoziation  mit  Tier- 
formen I,  214  f.,  240. 

Här,  großer  III,  210,  219. 

Barock  I,  255  f.,  III,   180. 

Basilika  und  Kirche  I,  252. 

Baucis  III,    191,   194- 

Baukunst  als  Ornamentik  auf  höhe- 
rer Stufe  I,  115  U  vgl.  Architek- 
tur. 

Baumscclen,  II,  5»  «i  ff.,  417»  Baum- 
vcrwandlungen  III,  108,  heilige 
Bäume  III,  186,  192  ff.,  197»  vgl. 

Wundt,  Völkerpsychologie  II,  3. 


Wunderbäume,  Baumblüte  und 
Herz  III,  199,  Himmelsbaum  III, 
210,  214,  Bäume  als  Himmelsweg 
III,  220,  255. 

Bedeutungsinhalt  der  Kulthandlun- 
gen III,  23. 

Befehlssuggestion  II,  96. 

Befreiung  II,  106  f.,  III,  232  f.,  236, 
238  f.,  241  ff.,  262,  270,  285. 

Begeisterung  I,  402   405,  II,  126. 

Begräbnis  (vgl.  Bestattung)  II,  48, 
64,  66  ff.,  353,  356,  449. 

Begriffe  I,  8,  580,  II,  124. 

Behexung    I,  3Q4  ff.,  459. 

Behinderungszauber  III,  92  ff. 

Belohnung  III,  106  ff.,  462. 

Bemalung  I,  157  fl,  199  f.»  285,  II, 
263,  III,  479. 

Bergdämonen  II,  80,  370  ff.,  382  ff., 
III,  I,  39.  340,  343»  Z7^^  405»  634, 
636,  639. 

Berufen  II,  395  f. 

Berührungszauber    II,    328  f.,    III, 
189  f. 

Beschneidung  III,  479. 

Beschwörung  I,  315  ff.  420,  II, 
194  ff.,  222  ff.,  III,  135  f.,  657  ff. 

Beseelung  I,  552,  561  f. 

Besessenheit  II,  21,  109  ff.,  120,  189, 
370,  391  ff.,  400. 

Besprechen  II,  406  f. 

Bcsprengung  III,  687,  693  f. 

Bestattung  II,  92,  157,  164,  B.  und 
Bäume  II,  82. 

Betonung,  dynamische  I,  48. 

Bewaffnung  II,  218. 

Bewegung    und    Leben    II,    6  f., 
B.sempfindungen  I,  46,  264. 

Bewußtsein,  Umfang  I,  46  f. 

Bild,  Grauen  davor  II,  9,  B.  und 
Gegenstand  II,  88,  191  ^•»  198» 
B.amulette  II,  209,  B.  und  Ver- 
tretung des  Gottes  III,  702  f., 
Bilderopfer  II,  3 56  f.,  Bilderschrift 
I.  85  f.,  99»  121,  127,  133.  284,  III, 
66  f.,  Mythologie  als  Bildersprache 

^'     5^^-  .      U  TT 

Bindczeremonic,    magische    11,    23 

(vgl.  Bandzauber). 
Biologische  Fabeln  und  Märchen  I, 

352  ff.,  III,  86,  88,  105,  ZiU  ZIAU 

318  ff. 

49 


770 


Reifer. 


Bittgebet  III,  657  ff.,  664,  678,  Bitt- 
opfer II,  333,  338,  341  f.,  448  ff., 
461. 

Blasinstrumente  I,  432  ff. 

Blatter-  und  Blumenomament  I, 
238  ff.,  II,  S3, 

Blick,  zauberhafte  Wirkung  I,  203  f., 
Ilr  S7  395  ff.,  400,  404  f.,  B.  und 
Seele  II,  27  ff.,  185  ff.,  197  f. 

Blitz  III,  77    175,  214  f.,  289. 

Blume,  Verwandlung  III,   194. 

Blut  und  Seele  II  sif  III,  680  f.,  B. 
trank  der  Schatten  II,  16,  46,  B. 
gemeinschaft  II,  16  f.,  -mischung 
H,  50!,  -bündnisll,  5  f,  -sbrüder- 
schalt  II,  340,  B.  als  Opfergabe  II, 
339,  B.  und  Tabu  II,  305,  309, 
314!.,  B.zauber  II,   1891.,  215. 

Bock  II,  419  f.,  431. 

Bogen  I,  437. 

Bohnen  II,  12,  212,  III,  104,  199. 

Bosheit  und  Schlange  III,  177  f., 
B.szauber  II,  185  ff.,  197  f.,  III, 
158  ff.,  181  f.,  342. 

Brahmanismus  II,  342,  344,  359, 
III,  250,  485,   589,   596. 

Brandopfer  III,  673  f.,  693. 

Brüdermärchcn  III,  225  f.,  283  f., 
501  f.,  feindüches  Brüderpaar  III, 
277  f.,  286,  Brüderschaft  II,  16, 
51  f.,  340. 

Buddlialegende  III,  485  ff.,  Christus 
und  Buddha  III,  715  ff. 

Buddhismus  I,  234,  359,  541,  II,  78, 
203,  233,  342,  344,  355,  357,  III, 
464,  485  ff.,  495,  528  f.,  556,  590  f., 
607,  609,  636,  654,  696,  698, 
717  ff.»  755. 

Bundcslade  III,  639. 

Bündnistheorie  der  Opferbräuche 
II,  340  f.,  Bündnis  mit  dem  Teufel 
II,  400  f. 

Burleske  I,  414, 466, 470, 472,  481  ff., 
5 1 1  f.,  5 14  ff .,  II,  405,  436,  III,  48, 
66,  80,   130!.,   165  f. 

Buschseele  11t  244  f.,  267!,  365,  407, 
463,  Iir    2cx:p,   555. 

Buße  I,  404,  II,  331,  III,  696,  Buß- 
gebet III,  657,  659,  664,  666  f., 

693- 
Büste  I,  274  t 


Chaos  III,  448  ff.»  458,  465. 

Chiliasmus  III,  471. 

Chor  I,  438  f.,  458  ^'*  497  U  502,  IH 

660  f. 

Christentum    II,    8  ff.,    479  ff.,   ID 

490  ff.,  693  ff.,    7 20  ff. 
Chris tuslegen de  III,  715  ff. 
Chthonische  Götter   III,  646  ff . 
Churingas  11 »  262. 
Clown  I,  491,  495. 
Corroborri  I,  408. 

Dach  I.  230,  237  f.,   251. 

Daimonion  des  Sokrates  II,  368. 

Dämonen  I,  148  f.,  419  ff.,  472  ff 
545  ff.,  II,  109  ff.,  128  ff.,  175  ö 
199  ff.,  242  ff.,  253  ff.,  259  ff 
267  ff.,  284  ff.,  334  ff-,  349  Ä 
359«.,  365«..  III,  iff..  99  ft 
170  ff.,     394«-     450  ff.,     611  fi 

661  ff.,  741  ff. 

Dankbarkeit  III,  168,  dankbar 
Tiere  III,  108,  133,  144,  158,  163 
201,  249,  d.  Toten  III,  108,  144 
DankKCbct  TU,  657  ff.,  664,  Dank 
Opfer  II,  333  f.,  338,  341  f.,  447  ft 
461. 

Degeneration  s.  Entartung. 

Deismus  III,  760. 

Dekalog  II,  263. 

Delphinsage  III,  249  f. 

Demeterlegende  III,  710,  712  ff. 

Demut  III,   124. 

Denken  und  Handeln  III,  22. 

Denkmal  1,  loo  ff.,  109,  115,  132. 

Derwische  I,  401,  403,  405,  407,  II, 
391,  III,  636. 

Despotismus  II*  257. 

Deszendenztheorie  II,   153  f. 

Dialektik  I,  514,  533,  539. 

Dialog  I,  464,  502  f.,  514. 

Diatonische  Tonleiter  I,  454  ff. 

Dichtung  I,  6,  312  ff.,  590  ff.,  615  ff., 
III,  6  ff.,  25  ff. 

Dietrichsage  III,  380  ff. 

Diflerenzton  I,  456  f.,  459  ff. 

Dignitätsgrade  der  Seele  II,  107. 

Diomedes  I,  593. 

DioniAsoslegende  III,  7x2  ff. 

Dioskuren    III,    280  f.,     353,     372, 

374. 
Dissonanz  I,  453,  460. 


Register. 


771 


Disziplinierung  der  Bewegungen  I, 
4CX),  disziplinierte  Tähze  I,  427. 

Dithyrambus  I,  439,  496!,  514. 

Divination  II,   13,   109. 

Dogma  und  Kultus  III,  762,  Dog- 
matismus I,  7,  II,  loi  i. 

Donner  III,  tj,  289,  D.gott  II,  474, 
D.Steine  III,  215. 

Doppelformen  I,  293,  mythologische 

D.  bei  Böcklin  I,  282. 
Doppclgänger  II,  9,  ^y  f.,  93  f.,  108. 

123,  192,  197,  243,  245,  269.  294, 

349»  365»  463. 
Doppeltes  Gesicht  II,  93  f.,  108. 
Doppelwesen   II,    282,    288  f.,    291, 

III.   145  t 
Dornröschen  III,  385. 
Drachen  II,  75,  117,  122,  234,  287  ft, 

III,  54  i.  172  if.,  383«. 
Drama     I,     -j-j  f.,     303  ff.,     462  ff., 

506  ff.,  II,  286,  III,  8,  48. 
Drei,     heilige     III,     530  ff.,     580  f., 

D.klang  I,  459. 
Dualismus  III,  446,  448,  578  f. 
Dur  I,  457,  459  ff. 

Edda  II,  196,  III,  44,  191,  382,  386, 

453- 
Edelsteine  II,  213,  218  f.,  221,  III, 

109  f.,   113,   121. 
Ehe  zwischen  Mensch  und  Tier  III, 

145  «. 
Ehrfurcht  II,  3 10  ff. 
Eidechse  und  Seele  II,  61,  j6, 
Eifersucht  III,  383. 
Eigennamen  I,  392,  II,  362. 
Einbalsamierung  II,  8,  66. 
Einbildungskraft  I,  6  ff.,   16,  24  ff., 

31- 

Eindruck,  Assoziation  und  Apper- 
zeption I,  589,  E.smethode  I,  218. 

Einfülilung  I,  41  f.,  44  f.,  62,  113, 
219,  579. 

Eingebung  I,   11,   15. 

Eingeweide  als  Opfer  II,   12  f.,   16, 

E.  und  Seele  II,  31,  n. 
Einöden-Dämonen  II,  370  f.,  382  ff., 

III,  636,  639. 

Einschachtelungsmotiv  III,  157  f. 

Einübung  I,  575. 

Einzeldichtung  I,  476,  Einzelerzäh- 
lung  III,  47,   Einzelmythus   III, 


28  f.,  Einzelsage  III,  39,  42,  Ein- 
zel- und  Gesellschaftstänze  I,  397, 
400. 
Ekstase  I,  281  f.,  397  ff.,  425,  430, 
577,  II,  42,  85  f.,  94  ff.,  III  t, 
126  f.,  129,  320,  340,  344,  391,  409, 
III,  160,  230,  330,  467  f.,  489, 
491  ff.,  538,  560,  580,  585,  636, 
640,  649  ff.,   680  f.,  697  ff.,    715, 

Eiben  (Elfen)  II,   84,    iio,    113  t, 

116,   miU   382,  412,  414,   III, 

301,  384- 
Elephant  als  Seelenträger  II,  yy  f. 
Eleusiniscbes  Fest  1, 474,  III,  647  ff., 

710,  712. 
Elialegende  III,  640  f. 
Elysium  I,  534,  III,  575  U  578.  584. 
Emanation  III,  538  f. 
Empusa  II,  121,  III,  117. 
Engel  II,  75,  78,  80,  113,  117,  130, 

401,  475,  III,  219,  230,  578,  696. 
Entartung  I,  iZ^iU  543»  H»  228, 

III,  41,  325,  406. 
Enthaltungsvorschriften  II,  294,  297, 

vgl.  Askese. 
Entlastung  des  Gemüts   I,    515  ff., 

519. 
Entrückung  II,  106,  108,  in,  III, 

214»  575- 

Entsagung  (vgl.  Askese)  II,  343^^- 

Entsetzen  I,  500  f. 

Entsühnung  III,  368,  375. 

Entwicklungsreihen,  immanente  I, 
221  ff.,  Entwicklungsgedanke  der 
konstruktiven  Geschichtsphiloso- 
phie I,  532  ff.,  Entwicklungshypo- 
these II,  153  f. 

Entzauberung  III,   162,  188. 

Epigramm  III,   118. 

Epilepsie  II,  in,  189,  329,  391^^.» 
407. 

Episoden  u.  Überlieferung  I,  368  f., 
374  f.,  379,  381,  märchenhafte  E. 
I,  387,  III,  zu  34»  46 f.,  E.  und 
geschlossene  Erzählimg  III,  75  f., 
komische  E.  II,  286,  III,  48,  166. 

Epos  I,  77  f.,  304  ff .,  386  ff.,  III,  7  ^-t 
387  ff.,  520  ff. 

Erbsünde  III,  695. 

Erde,  Gottheit  II,  291,  Mutter  III, 
370,  400,  458,  645  ff.,  652,  magi- 

49* 


772 


Register. 


sehe  Beziehungen  III,  138,  145, 
Erddämonen  II,  370,  376,  379  t, 
382. 

Eremit  III,  495. 

Er£indungsm3rthen  II,  280!,  Erfin- 
dungstheorien I,  256  ff.,  567,  569  f. 
III,  4,  Erfindungsvermögen  I,  6, 
II. 

Erinnerung  I,  32  ff.,  E.skunst  I,  85, 
IOC  ff.,  123  ff. 

Erijiyen  III,  427,  565,  570. 
^Eris  III,  442. 

Eriösung  I,  500,  520,  III,  168  ff., 
590,  609. 

Ermüdungstheorie    des    Stilwandels 

I,  256  f. 

Ernte  (vgl.  Vegetation)  I.  395, 
E.bräuche    III,    203,    E.dämonen 

II,  81,  E. -feste  I,  483,  II,  294, 
E.segen  III,  597,  E.tanze  I,  403, 
411,  415^^-  III,  705. 

Erstgeburt  III,  277,  286. 

Erzählung  I,  305  ff.,  326  ff. 

Eschatologie  II,  327,  400,  III,  15, 
470  f.,  582,  610. 

Ethik  und  Reügion  III,  746  ff.,  ethi- 
sche Religion  I,  540,  II,  141. 

Eudämonismus  I,  500. 

Euhemerismus  I,  556,  II,  291,  347, 

III,  282,  307. 

Eule  II,  290,  III,   124. 
Evolutionismus  I,  537  ff.,  543. 
Exaltation  II,  97  f. 
Exogamie  II,  265. 
Experimentelle  Analyse  I,  96  f.,  e. 

Ästhetik  Fechncrs  I,  218  f. 
Expükative  Märchen  III,  74. 

Fabel  I,  343  «.,  352  ff.,  III,  72  ff., 

171  ff.,  181  ff. 
Fackeltänze  I,  403. 
Fadenamulette  II,  209  f. 
Fadenhalter  I,  488. 
Fakire  I,  577. 
Faltenwurf  I,  267. 
Fananymythe  II,  62  f.,  66. 
Farbenfreude  I,  157,  vgl.  Bemalung; 

Farbe  und  Plastik  I,  271  f.,  F.  und 

Architektur  I,  272. 
Fasten  und  Zaubcrvei-wandlung  III, 

153  f. 
Fastnachtsspiel  I,  465,  496. 


Fäulniswurm  II,  63. 

Faune  II,  8r,  109»  419,  430,  III,  124 

Feen  III,  301. 

Fegfeuer  II,  327,   III,   587. 

Feldbestellung  und  mimische  Taus 
I,  411,  415  ff.,  Felddämonen  (v^ 
Vegetation)  II,  80,  372,  417,  419 
III,  332. 

Felsenhöhle  I,  228  f.,  2^7»  F.tempe 

I,  228,  242,  243,  F.graber  I,  243 
F.enge  III,  221  £. 

Fernwirkungen  II,  19,  21  f.,  1840. 
190,  194,  198,   III,  399. 

Feste  II,  410,  433  ££.,  III,  21,  Fest 
brauche  II,  294,  303,  323  f..  Fest 
gewand  1, 412,  Fest  jähr  III,  6310. 
Festkalender  I,  412,  421,  IL  255 
360,  Festkönig  III,  707  f..  Fest 
tanze  I,  411  f.,  426  f.,  II,  247 
261  f.,  286,  Festzeiten  III,  203 
Festzug  II,  286. 

Fetischismus  I,  203,  235,  400,  53^ 
540 f.,  II,  147,  149,  191  t,  I99ft 
221  ff.,  242,  256«.,  262,  347,  40fl 
423,  463,  466  f.,  III,  317,  393, 402 
499,  602,  615  f.,  673. 

Feuerbereitung  III,  107,  255,  25J 
308,  Feuerbohning  II,  442 1 
455  f.,  458,  III,  296,  676,  Feuer 
bringung  II,  281,  III,  258,  26c 
294  ff.,  303,  394,  478,  484,  496  fl 
Feuerdämonen  II,  456,  Feuerent 
Zündung  III,  259,  346  ff.,  Feuer 
gott  II,  443,  Feuerholen  III,  237 
243  ff.,  Feuermythus  III,  43J 
Feueropfer  II,  448,  Feuerräubc 
III,  295,  297,  Feuerreinigung  II 
319  f.,  326  ff.,  III,  668  ff.,  Feuer 
sage  III,  455  ff.,  Feuerta.nze  1, 403 
Feuertaufe  II,  326  ff.,  Feuerzaubc 

II,  440  ff.,  III,  243  ff. 

Fieber  und  Dämonenvorstellung  U 

329. 

Fiktion  und  Illusion  I,  64. 

Finsternis  und  Licht  III,  448  f. 

Fisch  als  Seelenträger  II,  62,  74,  i 
als  Symbol  II,  214,  III,  176,  R 
totem  II,  261,  wunderbarer  F.  III 

III,  198,  249  f.,  264,  F.  und  Sag 
III,  456  f.,  459  t 

Fixation  I,  21  ff.,  26  ff.,  II,  186 
Fixierperspektive  I,  263. 


Register. 


773 


Flagellanten  I,  403. 

Flechtkunst  I,  170  f.,  174  f.,  177  f., 
182,  186,  201  f.,  205,  209,  216,  287. 

Flöte  I,  434  ff.,  439,  II,  426,  436. 

Flug-  und  Atembewegungen  II,  112. 

Flügellöwen  II,  289,  Flügelpferd  III, 
114,  Flügelschuhe  III,  114. 

Flurgötter  II,  377. 

Flußgötter  II,  324. 

Flut  II,  179  f.,  F.sage  III,  183,  198, 
212,  249  f.,  315,  455  ff. 

Folklor  III,  343. 

Fortschrittsidee    I,    534  f.,    Fort- 
schrittstheorie I,  537  ff. 

Fratzenfetisch  II,  201  f.,  Fratzen- 
traum II,  113  ff.,  129,  281,  389, 
398,  III,  55. 

Frauen,  wundertätige  III,  301,  F.- 
verehrung  III,  383. 

Freie  Seele  II,  i  ff.  (vgl.  Psyche). 

Freude  und  Tanz  I,  395,  407  f.,  427, 
429,  F.ntaumel  I,  397,  F.  und 
Lied  I,  398,  F.  am  Leben  I,  519. 

Freundespar  III,  277  f. 

Fries  I,  266. 

Frömmigkeit  II,  461,  III,  692. 

Frontalstellung  I,  125,  140  ff. 

Fruchtdämonen  II,  81,  182,  253  f. 
(vgl.  Vegetation). 

Frühling  III,  269  f.,  F.sfest  I,  474, 
II,  294. 

Fünf,  heilige  III,  531,  542. 

Fürbitter  II,  408. 

Furcht  und  Mitleid  I,  499  f.,  F.  und 
Schrecken  I,  500  f.,  Gehörsschär- 
fung  durch  F.  II,  44  f.,  F.  und 
Aberglaube  II,  296,  F.  vor  Dä- 
monen II,  307  ff.,  F.  vor  den 
Seelen  der  Abgeschiedenen  II, 
47  U  68,  71  f.,  156  ff. 

Galle  und  Seele  II,  29. 

Galopp  I,  407. 

Gans,  Martinsgans  II,  297. 

Gauklerkünste  I,  464,  466,  479. 

Gebälk  I,  247. 

Gebärde  I,  87,  304,  G.nsprache  I,  99, 

127,  323,  394,  428,  G.  und  Augen- 

bUcksbild  1,  121,  darstellende  G. 

I,  410. 
Gebet  I,  396,  400,  605,  II,  55,  324, 

330,  406,  435,  463,  III,  338,  391, 


547,  576  f.,  656  ff.,  G.smühle  II, 
357. 

Gebrauchsmotiv  xmd  Schmuck  I, 
214,  216. 

Gebundene  Seele  II,  i  ff.,  innere  Ge- 
bundenheit der  Religion  III,  22, 
Gebundenheit  an  äußere  Normen 
III,  762  f. 

Gedächtnis,  I,  6  ff.,  bei  Wolff  I,  6. 
8,  IG  f.,  bei  Kant  I,  6,  G.  und  Im- 
provisation I,  368  ff. 

Gefäßformen  I,  171  ff.,  Herstellungs- 
motive I,  172  ff.,  186  ff.,  Nach- 
ahmungsmotive I,  172,  186  ff. 

Gefühl  und  Ekstase  II,  97  f.,  G.sasso- 
ziation  II,  318,  G.säußerungen  I, 
440,  G.sbetonung  I,  49  f.,  72  f., 
G.serguß  im  Liede  I,  326,  G.sfak- 
toren  der  Raumphantasie  I,  38  ff., 
G.slagc  des  Bewußtseins  I,  56, 
G.srcaktionen  II,  298 f.,  G.ssprache 

I,  457  ff.,  G.ssteigerung  durch  Il- 
lusion I,  63,  7 1  f.  (vgl.  Einfühlung» 
Umfühlung). 

Gegenstandsseelen  II,  83  f. 

Gegenzauber  II,  185  ff.,  197  f.,  21 1  f., 
310,  319  ff.,  323  ff.,  328,  342,  389 1 
394, 402  ff.,  463, 472, 481.  III,  150, 

158»  375.  388  f-»  663  f. 

Gehirn  und  Seele  II,  39  f. 

Gehörssinn  und  Halluzinationen  II, 
106. 

Geißelbrüder  I,  403. 

Geist  II,  35,  41,  G.  und  Seele  II, 
125  ff.,  G.,  Seele,  Dämon  II,  201, 
G.er  und  Dämonen  II,  23 1  f.,  III, 
1  f.,  4,  39,  95,  99  f.,  G.erglaube  I, 
546  ff.,  II,  172  ff.,  354,  G.erland 
III,  561,  G.ertanzreligion  I,  405, 
G.ervorstellungen  I,  614,  II,  44  f., 
61,  III,  103  f.,  G.eswissenschaften 
III,  327,  geistige  Seele  II,  2  f., 
geistliche  Spiele  s.  kirchliche 
Schauspiele. 

Gemeinempfindungen    und    Traum 

II,  112  ff. 

Gemeinschaft  III,  753  f.,  G.  und 
Kultus  III,  597  ff.,  7s6,  G.sdich- 
tung  I,  309^-.  312  ff..  368,  375, 
476,  591  f.,  595  f.,  603,  G.sleben 
und  individuelle  Anlagen  I,  3  f. 


iWf^ 


774 


Register. 


Gemüt  II,  35,  37,  39,  41,  II,  97  f., 
(vgl.  Affekte). 

Genealogie  d.  Helden  III,  390,  ge- 
nealogische Märchen  III,  303. 

Generationsorgan  und  Seele  II,  11, 
13  U  33*  163,  185  ff.,  405. 

Generell  und  individuell  III,   509. 

Genius  II,  478  f. 

Genrebild  I,  118  ff.,  280. 

Gentilverfassung  und  Totemismus 
II,  256. 

Genuß-  und  Reizmittel  I,  402  f., 
G.mittel  und  Ekstase  II,  105. 

Geometrische  Ornamentik  I,  107, 
109,  116,  123  ff.,  164  ff.,  178,  183, 
185  ff.,  197,  202,  209,  216,  287, 
289  ff. 

Georg,  heiliger  III,  180. 

Geräte  I,  213  ff. 

Gerechtigkeit  II,  461. 

Germanentum  III,  383,  germanische 
Mythologie  III,  9  f.,  46,  359  ff. 

Gesamtanscoauungen,    mythologi- 
sche III,  26  ff.,  Gesamtpersönlich- 
keit  II,   478  f.,   Gliederung  einer 
Gesamtvorstellung  I,  46  f.,  III,  75. 

Gesang  I,  91,  93  f.,  138,  302  f.,  439» 
512,  II,  223  f.,  III,  619,  G.  und  Ge- 
bärde I,  304,  G.  und  Liebeswer- 
bung I,  312,  G.  und  Spiel  I,  77, 
G.  und  Sprache  I,  48,  gemein- 
same Gesänge  I,  405,  primitive 
Melodien  I,  439  ff.  (vgl.  auch  Lied, 
Epos,  Lyrik  usw.) 

Geschenk  und  Opfer  II,  341,  III, 
678  ff. 

Geschichte  I,  531,  582,  602,  II,  165, 
176,  III,  80,  G.  und  Epos  I,  382, 
G.  und  Legende  III,  47  f.,  G.  und 
Sage  III,  36,  38  ff.,  47,  343  it» 
356  ff.,  $76  ff.,  392,  G.  und  Völker- 
psychologie III,  56  f.,  G.sphilo- 
sophie  I,  528,  531  ff-»  571*  ni, 
470. 

Geschlossene  Märchenform  III,  75  f. 

Gesellschaftsgruppen  II,  251  ff.,  G.- 
instinkte  I,  569f.,  G.stänze  I,  404, 
409,  411,  429,  G.-s-  und  Einzel- 
tänze I,  397,  400. 

Gesetzmäßigkeit  der  Naturerschei- 
nungen und  Zahlenmystik  III, 
544. 


Gesichtsausdruck  I,  140,  146  iL,  G 
sichtsbemalung  I,  421  f.,  Gesichl 
empfindungen  der  Vision  II,  ic 
Gesichtsphantome  II,  112  (vj 
Vision),  Gesichtsumen  I,  197,  G 
Sichtsvorstellungen  und  Fratze 
träum  II,  1 14  f.,   1 19. 

Gespenster  II,  45,  61,  72,  84,  87,  r 
156,  353»  370,  372  ff.,  III,  65,  i] 
243.  343- 

Gestikulaüon  und   Phantasie  I,  ; 

Gestirne  und  Dämonenvorstellung 
III,  394  f.»  Gestimgöttcr  II 
400  ff.,  411,  vgl.   Sterne. 

Gewandung  I,   199  ff. 

Gewebetechnik  I,   201  f.,  205. 

Gewissen  II,  367,  III,  107,  442,  74 
752. 

Gewitter  II,  178  ff.,  184,  III,  2c 
214  f.,  219,  288  f.,  396,  401. 

Gewohnheit  III,  23  f.,   180. 

Gifte,  erregende  und  betäubende  1 
103! 

Giganten  II,  121,  284,  383  f.,  U 
171,  214. 

Gitarre  I,  433  f. 

Giunen  II,  245,  384  f. 

Glaube  und  Aberglaube  I,  53 
Glaubensheld  III,  45,  G.ns-  ui 
Lebensnorm  III,  20  f.,  G.nssystei 
II,  124,  133,  G.nsvorstellungc 
und  Kulthandlungen  III,  22  ff. 

Gleichklang  I,  324  f. 

Gleichnisse  II,  100,  102,  III.  50^ 
601,  723. 

Gliederung  einer  Gesamtvorstelluni 
I,  46  f.,  III.  75. 

Glockenspiel  I,  433. 

Glossolalie  III,  699. 

Glücksbedürfnis  III,  601  f.,  726,  740 
Glücksgeister  II,  294  ff.,  Glücks 
märchen  III,  85  ff.,  137,  144 1 
160  f.,  179,  182,  184,  204,  207,  233 
241,  246,  264  f.,  270,  283,  288,  293 
298  ff.,  303,  306,  312,  357,  364 
368,  371,  383,  Glücksspiel  III,  99  f 
Glücl^wendung  als  Dämon  III 
442,  Glückszauber  III,  167. 

Gnostizismus  III,   538  f.,   582,  699 

Gold  xmd  Zauberkraft  III,  iii, 
G.schatz  III,  109  f.,  goldenes  Zeit 
alter  III,  42,  48,  iio  f.,  452. 


Register. 


775 


Gorgonen  I,  149  ^f-»  i55»  ^97»  203, 
211  i,  512,  II,  ii6ff.,  122,  389, 
398,  III,  55.  570. 

Gotischer  Stil  I,  252  ü.,  259. 

Götter  I,  409,  475  ff.,  605  ff.,  II, 
336  ff.,  III,  if.,  58  ff.,  168  ff.,  292  ff  , 
389  ff.,  G.  der  Unterwelt  III, 
646  ff.,  G.bild  I,  117,  145  f.,  Tier- 
götter II,  283  ff.,  III,  123,  Genea- 
logie II,  276,  Kultus  II,  307,  III, 
629  ff.,  Tabu  II,  311  f.,  Gottessen 
III,  705  ff.,  724,  G.kampf  III, 
450  ff.,  G.dämmerung  III,  337, 
653,  G.  und  Dämonen  II,  316  ff., 
460  ff.,  G.Staat  III,  429,  644,  742, 
G.  Mythus,  Sage  und  Märchen  III, 
40  ff.,  Gottmensch  III,  606  ff., 
711  ff.,  Göttemamen  I  536  f., 
544  f.,  568,  II,  362,  III,  325  f.,  332, 
G.speise  und  -trank  III,  336  f., 
Gottesurteil  III,  641,  Gottheit  und 
Wunder  II,  108,  Gottesidee  I,  536, 
541,  II,  232  f.,  462,  III,  606,  Un- 
vorstellbarkeit III,  738. 

Grabstätten  I,  230  ff.,  249. 

Grimasse  I,   149. 

Größentäuschungen  I,  33  ff.,  39  f. 

Gruppen,  plastische  I,  264  ff.,  be- 
lebender Einfluß  I,  267,  soziale 
G.bildungen  I,  575,  G.ehe  II,  257, 
272,  G.namen  II,  251  ff.,  G. totem 
und  individuelles  Schutztotem  II, 
255  f. 

Grußformen  II,  51  ff. 

Gymnastische  Spiele  I,  396,  Tanz- 
künste I,  408,  Schaustellungen  I, 
464. 

Haar  und  Tabu  II,  305,  309,  H.  und 
Herz  III,  100,  H.opfer  II,  57  ff., 
344  f.,  H.zaubcr  II,  23  ff.,  39,  47, 
58,  163,  193  f.,  208,  328,  336,  376, 
397,  400,  406,  III,  148,  374. 

Hades  II,  16,  n  f.,  46,  61,  67,  72, 
84  ff.,  91,  III,  557,  562  ff.,  570, 
573.  575»  577»  5«5»  652. 

Halbgötter  III,  121,  334,  347. 

Halbschlaf  II,  94  f. 

Halluzinationen  I,  20,  53,  414,  574, 
II,  45, 95  f.,  IOC,  103,  105  f.,  372  f., 

393- 
Hanswurst  I,  489,  491  ff. 


Harlekin  I,  488. 

Harmoniegefühl  I,  438,  harmonische 
Musik  I,  458  ff. 

Harpyien  III,  374,  565. 

Haschisch  I,  402,  II,  103,  106. 

Hauchseele  I,  585  f.,  593,  II,  3  ff., 
14,  19  ff.,  24,  281,  38,  40  fl., 
53  ff.,  72,  84  f.,  Z7,  89,  91,  123  ff., 
131!,  137,  155,  i68ff.,  2iof.,  366, 
III,  151  f.,  201,  322,  511,  578,  H.- 
zauber  II,  53  ff.,  60,  328  f. 

Haus  der  Gottheit  I,  236  f.,  H.- 
dämonen  II,  370,  n6,  379  f.,  468, 
III,  174,  H.geräte  I,  213  ff. ,  H.- 
tiere  II,  298. 

Hautempündungen  und  Traum  II, 
115,  117,  120. 

Heilbringer  III,  46!,  70,  125,  129, 
354,  472  ff.,  496  ff.,  608  ff.,  689, 
H.  und  Gottesgedanke  III,  307» 
Tiere  als  H.  III,  308  f. 

Heilig  und  unrein  (vgl.  Tabu)  II, 
1^7  ^U  334,  396,  450»  Heüigc  III, 
697,  H.nbild  II,  213,  225,  H.n- 
kultus  II,  360,  467,  476,  479  ff., 
H.nlegende  III,  45,  48,  108,  367» 
485,  Heilskulte  III,  633,  643  ff.» 
659,  Heilslegende  III,  654,  heilige 
Bäume  s.  Bäume,  h.  Tiere  s.  Tiere, 
h.s  Wasser  II.  324  ff.,  h.  Zahlen 
s.  Zahlen,  Heiligungszeremonien 
II,  301  f.,  III,  633,  654  ff.,  659, 
680,  687,  694,  696  ff.,  705  ff.  Hei- 
ligkeit der  Kulthandlungen  und 
Glaubensvorstellungen  III,  24!. 

Heilkraut  III,  303. 

Heilkunde  II,  20  f.,  109  f.,  H.  und 
Priesterstand  II,  194  f..  Heilung 
von  Krankheiten  II,  402  ff. 

Held  des  Märchens  I,  350  ff.,  H.  der 
Legende  III,  45  f.,  H.cnvcrehmng 
I,  386  f.,  H.ensage  I,  385  ff.,  III. 
45  ff.,  58  ff.,  279  ff.,  357  ^^-t  376  fi- 
419  ff. 

Henotheismus  I,  541,  606. 

Heptachord  I,  450,  452. 

Herabstieg  zur  Erde  III,  217  ff.,  255, 
260. 

Heroen  I.  iZ%,  412,  497  ^^m  509»  5I4» 
517  f.,  523,  II,  78  U  91.  140.  143. 
251,  270,  276,  283,  353»  3Ö"^-» 
381,  460,  470,  476,  479»  m,  58  If., 


776 


Register. 


388  ff.,  H.namen  III,  325,  H.  und 
Götter  I,  389  ff.,  Heros  und  Dä- 
mon III,  352. 

Herstellungsmotive  I,  172  ff.,  i86ff., 
201  f.,  204  f.,  209,  215  f.,  223, 
287  f.,  290. 

Herz  und  Seele  II,  167,  170,  186, 
III,  199  ff.,  H.  und  Leben  II,  30  f., 
33  ff.,  38  ff.,  155,  H.  und  Haar 
III,  100,  wanderndes  H.  II,  208  f., 
III  199  f.,  203,  H.amulett  II, 
208  ff.,  H.schlag,  Affekt  und 
Traum  II,   113. 

Heterogonie  der  Zwecke  I,  296,  II, 
80,  III.  656. 

Hexe  II.  76,  120,  187,  193,  295,  371, 

395  f-.  399  f^M  459»  HI»  95  ^U 
103  ff.,  143  f.,  164,  167,  188  f., 
284,  496,  570. 

Hilfreiche  Tiere  III,  108,  132  f., 
143  f.,  157  f.,  162  f.,  249  f.,  253, 
264,  284,  310. 

Himmel  II,  183  f.,  III,  471  f.,  H.  und 
Seele  II,  70,  H.sbaum  III,  210  ff., 
H.sdämoncn  II,  371  f.,  439  ff.» 
H.fahrt  III,  578  ff.,  H.sgötter  II, 
2891,  427  ff.,  III,  396  f.,  631  f., 
H.skahn  III,  212,  H.sleiter  III, 
222  ff.,  H.smärchen  III,  78  ff., 
207  ff.,  H.smythologie  III,  49  ff., 
67  ff.,  H.sseil  III,  222  ff.,  H.svor- 
stellungen  III,  556,  559  ff.,  574  ff., 
H.swanderung  III,  6S,  216  ff. 
irt  und  Lamm,  christliches  Symbol 

II,  214,    H.enleben    III,    620  f., 

HH.enkult  III,  625,  638. 

Historische  Methode  III,  16,  h.  Per- 
son und  Legende  III,  306,  h.  Sagen 

III,  343  ff.,  356,  h.  Heldensage 
HI,  358. 

Hofdichtung  I,  387  f.,  Hofnarr  1,492. 
Höhle    als    Wohnstätte    I,    227  ff., 

H.nbau  als  Totenwohnung  I,  228, 

231»  237. 
Hölle  II,    183,   227,   401,  III,    123, 

471  f.,  560  f.,  568,   571^-»   583  f^-» 

711. 
Holzfräulein  II,  447. 
Holzkunst  I,  102  ff.,  239,  247. 
Homophone  Gesangsmelodie  1,441  f., 

446,    h.    Instrumentalmelodie    I, 

441,  h.  Musik  I,  457  f. 


Hordenteilung  II,  257,   272  f. 
Homer  i,  435. 
Humanität  III,  703. 
Humeralpathologie  II,  402,  409. 
Humor  I,  332,  356,  359,  376. 
Hund,  Wertschätzung  II,  293,  298. 
Hünengräber  I,   231. 
Hütte,  Kegelh.   I,    229,   Giebelh.  I, 

229  f. 
Hyaden  (Sternbild)  III.   219. 
Hybris  III,  427. 
Hydra  III,   179,   369. 
Hynmus  I,  316,  318,  321,  458,  477 

517  f.,  597,  605  ff.,  61 1  f.,  III,  IG 

414,  428,  444  ff.,  660,  665  f. 
Hypate  I,  455- 
Hyperboreer  III,   575. 
Hypnose  I,  401,  406,  572,  576  f.,  11 

94,  III,  507. 
Hypothese    (Mimodrama)     I,     465 

mythologische  H.n  III,  49  iL 
Hysterie  II,  392. 

Ideal  II,  462,  III,  364,  709,  73S 
ideale  Symbolik  III,  680,  683,  686 
I.bild  des  Helden  III,  370  f.,  I.isie 
rung  des  Menschen  und  des  Heldei 
III,  427,  I.ität  der  Götter  I.  608 
I.kunst  I,  107,  III  ff.,  294  ff.,  457 
III,  217  ff. 

Ideen  und  Idealkunst  I,  in  f..  Wen 
der  I,  2171,  religiöse  I.  I,  552 
557,  608,  II,  232,  philosophische  I 
III,  14,  Bedeutungswandel  I,  499, 
I.wandel  I,  257  f. 

Idole  I,  432,  II,  199. 

Idyllendichtung  III,  621. 

Ihas  III,  380  ff.,  387  ff. 

Illusion  I,  18  ff.,  II,  45,  62,  95,  99  t, 
156,  37 3f  gefühlssteigemde  Macht 
I,  63,  70  f.,  I.  und  Fiktion  I,  64, 
I.  der  Körperlosigkeit  II,  112,  des 
Fhegens  II,  112  f.,  gesteigerte  Er- 
regbarkeit der  Sinnesapparate  II, 
115,  I.  und  Mythenbildung  I, 
572  ff. 

Imitativer  Zauber  II,  190. 

Immanente  Logik  I,  533. 

Imperatoren,  Vergötterung  II,  361. 

Improvisation  und  Gedächtnis  I, 
368  ff. 

Indigitamcnta  II,  466,  476,  481. 


Register. 


777 


Individualismus  der  Renaissance  I, 
259,  Individualisierung!,  120,  140, 
154,  fortschreitende  I,  153  (vgl. 
Charakteristik),  dichterische  I.  I, 
602  ff.,  IndividuaJpsychologie  I, 
506,  III,  728  ff.,  individuell  und 
generell  III,  509,  i.es  Totem  II, 
255  f.,  Individuum  und  Gemein- 
schaft I,  3  f.,  Individuen  und 
Kunstentwicklung  I,  295. 

Induktion  II,  468. 

Inkorporierung  II,  44,  60  ff.,  169  ff., 
210,  III,  86. 

Inkubation  II,   109  ff.,   113. 

Insekten  und  Seele  II,  61,  74,  y6, 

Inspiration  I,   11,   15. 

Instinkt  I,  570,  II,  ^67, 

Instrumentalmusik  I,  93,  461. 

Intellektualismus  III,  682,  727  f., 
734,  741,  intellektuelle  Motive  der 
Mythenbildung  I,  553  f.,  i.  Traum- 
deutung II,   lOI  ff. 

Interesse  I,  582,  Wechsel  I,  193  f. 

Interjektionen  I,  308  f. 

Intichiumazeremonien  II,  266  f.,415, 

433- 
Islam  I,  401,  403,  541,  II,  203,  227, 

384,  474  f.,  III.  124,  610,  743. 
IsracUtcn  s.  Judentum. 

Jagd  I,  144,  III,  125,  J.  und  Affekte 
III,  100,  J.gerätc  III,  346,  348, 
Jägerlebcn  III,  620,  633,  Jäger- 
obdach I,  227,  Signale  I,  435, 
Jagdtänzc  I,  395,  411  f.,  421  ff., 
483,  Gewinnung  der  J.ticre  III, 
137  ff.,  297,  299  ff.,  J.tiere  als 
Totemtiere  II,  241,  246  f. 

Jahresfeste  III,  629  ff . 

Jahwe  II,  311,  313  f.,  363,  III, 
4i6ff.,  466f.,  471,  578, 639 ff.,  7 n. 

Jenseitsvorstellungcn  II,  462,  III, 
59»  221,  258,  269,  471,  473,  552  ff., 
^^^*  637,  644  f.,  648  f.,  651,  692, 
^7,  703  i-,  7^^' 

Jesuslegendc  III,   524  f.,   528  f. 

Joculatorcs  I,  490. 

Jordansfest   11,  326. 

Judenchristentum  III,   130. 

Judentum  II,  99  ff.,  311  ff.,  342  f., 
III,  353  ff.,  638  ff.,  742«. 

Jugcndspiele  und  Festbräuche  II,  294. 


Käferamulett  II,  208  f. 

Kaiserkultus  II,  353,  355,  361. 

Kalender  III,  545,  548  ff.,  630  ff. 

Kampfspiele  I,  423  f.,  III,  350, 
Signale  I,  435,  Kampf  der  Worte 
(Komödie)  I,  502  f.,  Tragödie  und 
Komödie  I,  518  f.,  K.motive  III, 
178,  231,  233,  260,  284  ff.,  K.  der 
Kulte  III,  621,  632  ff. 

Kannibalismus  II,  11,  13,  17,  27,  63, 
1551,  162,  164,  167,  335  ff.,  386, 
444,  III,  90  ff.,  97,  loi,  104  f., 
142  f.,  173  f-»  240. 

Kapitell  I,  245  f.,  Pflanzenformen  I, 
238,  242,  dorisches  K.  I,  245,  ko- 
rinthisches K.  I,  247. 

Karagöz  I,  465,  487,  491. 

Karikatur  I,  493. 

Karyatiden  I,  261. 

Kasperletheater  I,  486,  488. 

Katharsis  I,  499. 

Katholizismus  III,  756  ff. 

Kausalität  des  Zaubers  III,  36,  40, 
74,  77,  83,  Z6,  320  ff.  (vgl.  Wun- 
der), Kausaltricb  II,  179  f.,  182  f., 
III,  726. 

Keihnschriftcn  II,  364. 

Kentauren  II,  284  f.,  III,  368. 

Keramik  I,  170  ff.,  240,  290,  293, 
II,  62. 

Kerberos  III,  369,  565. 

Keren  III,  442,  565. 

Ketzerei  II,  401. 

Kind,  Phantasietätigkeit  I,  63  ff., 
rhythmische  Bewegung  I,  399,  K. 
und  Naturmensch  II,  166,  III,  33, 
Kerlegenden  III,  108,  K.ermär- 
chen  I,  328,  III,  35  f.,  41,  86,  K.er- 
opfer  III,  252,  K.ersprache  II,  165, 
Kerzeichnung  und  Zeichnung  der 
Wilden  I,  121  f.,  142  f. 

Kirchenarchitektur  I,  249  f.,  roma- 
nische I,  252  f.,  gotische  I,  252  ff. , 
Renaissance  I,  254  f.,  Barock  I» 
255  f.,  Rokoko  I,  256,  Kirchen- 
musik I,  313,  458  f.,  kirchliche 
Schauspiele  I,  465,  469,  479  f^» 
489 f«»49Ö,  507»  5 12  f.,  520,111, 112, 
Kirchen-  und  Volkssprache  1, 479  !• 

Kithara  I,  439,  451,  454. 

Klagelied  III,  659,  Klageweiber  II» 
158. 


778 


Register. 


Klang  und  Rhythmus  I,  93,  Kphan- 
tasie  I,  57  ff.,  direkte  K. Verwandt- 
schaft I,  456. 

Klassizismus  I,  119. 

Kleidung  I,  106,  114.  I57»  167  f., 
199  ff.,  II,  218,  III,  147  f. 

Kleinkunst  I,  107,  115,  170,  173,  273, 

II,  214. 
Klopfgeister  II,  387. 
Kloster  III,  698. 

Knochen  und  Körperseele  II,  12. 

Knotenzauber  s.  Bandzauber. 

Kobold  II,  109,  377  ff.,  382,  387, 
412,  468,  III,  180. 

Komik  II,  286,  288,  433,  III  109, 
165  f.,  mimische  K.  I,  466,  höhere 
und  niedere  Formen  der  K.  I, 
481  ff.,  Typen  I,  485  ff.,  K.  und 
Kontrast  I,  512  ff.,  K.  und  tragi- 
scher Stoff  I,  508,  komische  Epi- 
soden III,  48,  k.  Figur  I,  376, 
k.  Motive  I,  5 1 1  ff. 

Komödie  I,  148,  414,  463  ff.,  467  ff., 
472,  478,  482,  496  f.,  501  ff., 
513  ff.,  524  ff.,  III,  66,  III. 

Konfirmation  II,  438. 

Konfuzianismus  II,  353,  355. 

Kong  (Glockenspiel)  I,  453. 

Konsonanz  I,  442,  459  f. 

Konstruktion,  philosophische  I,  528, 
konstruktive  Mythologie  I,  53iff., 
543  ff.,   571  f.,  578,  II,   183,  347» 

III,  52  f. 

Kontrast  I,  32  f.,  39,  279,  324,  484, 
508,  512  ff.,  519,  524,  III,  90,  108, 
130,   169,  649  f. 

Kopf  und  Seele  II,  31,  40. 

Korb,  I,  175. 

Kombock  II,  420,  431,  452,  Korn- 
madchen  III,  401. 

Körper,  Sitz  der  Seele  im  K.  II, 
IG  ff.,  K.seele  II,  i  ff.,  61,  63  f., 
66,  69  ff.,  89,  123  ff.,  131,  139» 
155  f.,  161  f.,  167,  169  f.,  175» 
185  f..  192,  209  f.,  III,  562,  578, 
K.bildung  der  Renaissance  I,  276, 
K.losigkeit,  Illusion  II,  112,  K.- 
schmuck  I,  106,  114,  157  ff-» 
199  ff.,  212,  285,  395,  421  f.,  II, 
56  f.,  59  f.,  263,  290,  Kstellung  I, 
125,  140  ff.,  K.teile  als  Amulett 
II,  208  f.,  213  f. 


Korroborri  II,  434,  III,  70. 

Kosmetik  I,   164. 

Kosmogonie  I,  609  £f.,  III,  176  i 

303  ö. 

Kraft,  körperliche  II,  35. 

Krampianiälle  II,   189. 

Krankheitszauber  II,  20  f.,  42,  4 
54  f.,  104,  HO  ff.,  126,  178! 
1841,  189,  192  f.,  195,  370 
386  ff.,  437»  459»  III»  55»  330, 6: 
629,  K.  und  Bad  II,  324,  iCsüb 
tragung  II,  328  f. 

Kreuz  III,  548,  K.gewölbe  I,  2 
Kigungsgeschichte  III,  708! 

Kriechende  Tiere  und  Seele  II,  61 

Kriegsdamonen  II,  437,  Kriegsgöt 
III,  401  f.,  Kriegstänze  I,  395,41 
411  f.,  421  ff.,  483. 

Krokodil  II,  77,  289,  291,  III,  i; 
177. 

Kröte  als  Schutzgeist  II,  296. 

Kruzifix  II,  213. 

Kryptomonotheismus  III,  393 1 

Kulturbringer  III,  346  ff.,  Kulti 
dämonen  II,  459  ff.,  471  ff.,  4; 
Kulturgeschichte  I,  222,  529,  J 
400,  Kulturgötter  III,  351  f.,  Ki 
turgüter  III,  620,  Kulturhcro 
II,  283,  III,  47.  195»  254,  260,  3c 
307  f.,  370,  Kulturmaxchen  II 
89,  294  ff.,  397,  439,  474,  60 
Kultursage  III,  349  ff.,  Kultn 
zwecke  III,  620. 

Kultus  I,  61,  397,  400  ff.,  4250 
458»  463»  517  f..  539»  597»  605  ff 
612,  II,  245»  247  ^f-.  277,  280,  30; 
309  ff.,  III,  7  ff.,  20  ff.,  40,  45  f 
51»  57»  63,  80,  122,  171,  174,  30J 
324,  332,  337  f.,  350  ff..  38« 
400  ff.,  593  ff.,  Kult-  und  Kultur 
gemeinschaft  II,  134  ff.,  Seelen 
kult  II,  133  ff.,  totemistischeKult 
II,  258  ff.,  Vegetationskulte  II 
432ff.,  orgiastische  Kulte  II,  103! 
kultische  Beweise  für  Götter-  um 
Helden  Verwandtschaft  I,  391,  393 
Kampf  der  Kulte  III,  621,  K.  un< 
Tragödie  I,  498,  K.  und  Arbeit  II 
411,  K.  und  Dogma  III,  762,  K 
und  Mythus  II,  228  f.,  III,  20  ft 
7S7,  K.  und  Religion  III,  23 
735  ff.,  vorreligiöser  K.  III,  596 1 


Register. 


779 


K.  und  Fetisch  II,  202  ff.,  221  ff., 
Kultfeste  II,  433  ff.,  Kultformen 
II,  41  f.,  Kultgesellschaften  I,  396, 
473  ff.,  II,  254  ff.,  Kulthandlun- 
gen III,  655  ff.,  Kultlegende  III, 
605  ff.,  709  ff.,  Kultlied  I,  313  ff., 
Kulttanz  I,  473,  481,  511,  577,  II, 
103  f..  433  ff.,  III,  29(5  ff.,  649  f., 
Kulttiere  s.  heilige  Tiere,  Kult- 
zeremonien I,  396,  402,  426  f.,  II, 
415«..  HI,  63,  66  f. 

Kunst,  künstlerische  Phantasie  I, 
6  f.,  II  ff.,  Tjy  musische  Künste 
I,  51,  299  ff.,  bildende  K.  I,  60  ff, 
psychologische  Entwicklungsge- 
schichte I,  95  ff.,  K.  und  Spiel  I, 
T7  f..  87  ff.,  K. trieb  des  Kindes  I, 
jj  ii.y  primitive  K.  I.  84  ff.,  89  ff., 
121  ff.,  Augenblicksk.  I,  98  ff.,  Er- 
innerungsk.  I,  100  ff.,  Zierk.  I, 
100,  104  ff.,  Nachahmungsk.  I, 
107  ff.,  Idealk.  I,  107,  in  ff.,  ge- 
bundene und  freie  K.  I,  223  ff., 
K.objekte  als  Amulette  II,  213  f., 
K.  und  Kultus  III,  7  ff. 

Kuppelgewölbe  I,  251  ff.,  255. 

Kuß  II,   19,  50  ff.,  57. 

Kybelekult  III,  652. 

Kyklopen  II,  284. 

Kynismus  I,  499,  III,  370,  485. 

Lachbewegungen  I,  5 16  f..  Lachein 
I,   154  t 

Lamia  II,   121. 

Lamm  II,  214,  297,  299. 

Landschaft  und  Sage  III,  41,  L.s- 
dämonen  II,  468  ff.,  L.smalerei  I, 
118  f.,  antike  Auffassung  I,  289, 
mittelalterliche  I,  275,  Renais- 
sance I,  276,  279  f.,  297. 

Laren  II,  361. 

Lärminstrumente  I,  431  ff. 

Larven  II,   116,  361. 

Lautwandel  I,   566,  595. 

Leben  und  Bewegung  II,  6  f.,  L. 
nach  dem  Tode  II,  108  f.,  L.  und 
Bcsecltscin  II,  169,  L.sbaum  III, 
186  f.,  214,  L.sgcister  II,  4,  L.s- 
kraft,  Seele  und  Atem  II,  51. 

Leber  als  Opfergabe  II,  13,  L.  und 
Seele  II,  39. 


Legende  II,  78  ff.,  278  ff.,  374  ff., 
III,  29  ff.,  217  ff.,  250  ff.,  302  ff.» 
323  ff.,  L.  und  Sage  III,  45,  47, 
L.  und  Märchen  III,  46  ff.,  L.  und 
Scherzmärchen  III,  313. 

Lehrgedicht  I,  347. 

Leiche,  pietätvolle  Behandlung  II» 
6  ff.,  L.nbräuche  II,  167,  Ausstat- 
tung II,  332,  L.n Verbrennung  II, 
327,  III,  577. 

Leiter  zum  Himmel  III,  222  ff. 

Lemuren  II,  116,  361,  430,  439. 

Lenden,  Seelenkraft  II,  11. 

Leviathan  III,  177. 

Libationcn  II,  356. 

Lichtgeister  II,  377  ff.,  381  f.,  Licht- 
götter II,  383,  III,  178,  280,  465. 

Liebe  und  Christentum  III,  720  ff.» 
L.sbezeigung  II,  5 1  f.,  54,  L.»- 
motiv  III,  383,  L.s Werbung  und 
Gesang  I,  312,  L.szaubcr  II,  i8. 

Lied  I,  300  f.,  307  ff.,  343,  394.  398» 
427,  440,  462,  II,  435,  III,  33, 
Arbeitslied  I,  310,  313  t,  319^-» 
Augenblickslied  I,  309  f.,  314,  322» 
Gemeinschaftslied  I,  310,  Kultlied 
313  ff.,  Volkslied  I,  306,  310, 
319,  321,  Tanzlied  I,  318,  L.  und 
Zaubergesang  I,  458,  L.melodie  I, 
442,  L.ertheorie  des  Epos  I,  363  f.» 
L.crzyklus  I,  371. 

Linearperspektive  I,  268  ff.,  275» 
277  f. 

Liturgie  I,  316,  469,  At7^U  5i7- 

Lobpreisung  III,  657,  659  f.,  665  ff.» 

Logos  III,  538,  logische  Klassifika- 
tion 1, 97,  immanente  Logik  I,  533. 

Lohnmotive  III,  106  ff. 

Lokale  Schutzgeister  II,  468  ff.,  Lo- 
kalgöttcr,  -sagen,  -kultc  siehe  Orts- 
götter usw. 

Luftdämonen  II,  370,  376  ff.,  380  f. 

Luftperspektive  I,  268  f.,  271,  275» 
280  f. 

Lügenmärchen     III,     120,     311  ff.» 

31«  t 
Lunge  und  Seele  II,  39. 
Luperkalien  II,  294  f.,  III,  625. 
Lustration  I,  402,  II,  21,  310,  318  ff.» 

440,  446,  454»   III»    138»  668  ff.» 

679  f.,  684  ff.,  693  f. 


780 


Register. 


Lustrum  III,  532,  548  f. 

Lustspiel,  Charakter-  und  Intrigenl. 
I,  505.  508,  515,  (vgl.  Komödie), 
lustige  Person  I,  465,  486  ff. 

Lyra  I,  438  f.,  451,  Lyrik  I,  303,  319, 
438.  III.  194  f.  (vgl.  Lied). 

Mäander  I,  185,  188. 

Magie  II,  364,  375  f..  379  f.,  HI,  21, 
470,  magische  Berührung  III, 
189!,  m.  Fernwirkung  III,  399, 
m.s  Opfermotiv  III,  673  ff.,  m. 
Symbole  III,  686,  m.r  Zauber  II, 
190  ff.,  408,  434,  m.   Zeremonien 

I,  481,  II,  194  f.,  m.  Zahlen  I, 
447  iU  magisches  Motiv  des  Kult- 
tanzcs  I,  430. 

Malerei  I,  116,  118  ff.,  170,  224  ff., 
248,  259,  297,  M.  und  architekto- 
nische Einheit  I,  260  f.,  269,  M. 
und  Zeichnung  I,  267  f.,  Linear- 
u.  Luftperspektive  I,  268  ff.,  ma- 
lerische Perspektive  I,  273,  M.  und 
Architektur  im  Mittelalter  I,  275  f. 

Mänadcn  I,  421,  III,  650. 

Manen  (Di  manes)  II,  356,  361,  363, 
430,  Manismus  I,  540,  547,  549  f., 

II,  139  ff.,  171,  177,  2371,  248, 
257,  271,  349,  422. 

Männerweihe  I,  411,  II,  57,  59  f., 
253^^-»  2591,  262,  304  f.,  308, 
331,  410,  438,  III,  312  f. 

Mantik  III,  649,  mantisches  Motiv 
des  Kulttanzes  I,  430. 

Märchen  I.  327  ff.,  607  ff.,  II,  150  f., 
205  ff.,  275  ff.,  III,  29  ff.,  57  ff., 
472  ff.,  Volksm.  u.  Kunstm.  I,  73, 
Kinderm.  I,  328,  Wanderung  der 
M.stoffe  I,  242,  Wunderkausahtät 
I»  33<^  ^-9  Ursprungshypothesen  I, 
339  ff.,  Abstammungsm.  I,  354, 
mythologische  Fabelm.  I,  348  ff., 
biologische  M.  I,  352  ff.,  M.dich- 
tung  und  Epos  I,  387  ff.,  M.held 
I,  350  f.,  III,  114  f.,  M.zyklus  I, 
381,  III,  302  f. 

Maren  II,  84,  110,  119,  121,  377  f. 

Märtyrer  III,  486,  490  ff. 

Masken  I,  147  ff.,  167,  412  ff.,  416  ff., 
421  f.,  430,  464»  468,  473»  482  f., 
493  f.,  496  ff.,  501,  503,  512,  516, 
584,   II,   254,    389  f.,   398,   403^.» 


422  ff.,  43Öff.,  440  fl,  III,  55 
401  f.,  M.tanz  1,356. 

Massensuggestion   I,   577. 

Maus  und  Seele  II,  61,  76,  85. 

Mausoleum  I,  234. 

Medizinmann  I,  203,  4CX),  402,  40J 
414,  II,  II,  47,  54,  58,  104  i 
194  f.,  203,  224,  262  f.,  389  ff.,  S9< 
397»  403»  409.  437»  III,  91»  13; 
144,  187  f.,  296  f.,  300,  303,  395  ff 
409,  504,  635  f. 

Melodie  I,  305,  310,  439. 

Mensch  in  Frontalstellung  I,  84,  \ 
und  Tier,  Mischformen  I,  131  ö 
156,  Körperstellung  I,  140  ff.,  G< 
Sichtsausdruck  I,  140,  146  ff.,  stil 
sierende  Umbildung  I,  194  f 
bewegtere  Darstellung  I,  196  f 
M.-  und  Tiergestalt  als  Schmudi 
formen  I,  240  f.,  M.eniresser  j 
Kannibalismus,  M.enopfer  II,  33^ 
336  f.,  442  ff.,  III,  142,  673,  67] 
681,  703,  708  f.,  M.heit,  Elntwici 
lung  I,  532  t,  Urheimat  I,  568. 

Messias  III,  298,  716  f. 

Metapher  I,  546,  55 1  ^..  5^2,  595 
601,  II,  285,  III,  508. 

Metaphysik  I,  11,  531,  III,  746  fl 

Methodisten  I,  401. 

Milchstraße  III,  210  f.,   214. 

Milz  und  Seele  II,  39. 

Mimik  I,  168  f.,  301  f.,  304,  430,  Mi- 
modie  I,  505  f.,  Mimologie  I,  505, 
Mimus  I,  307, 423, 463  ff.,  III,  625, 
mimische  Tänze  I,  305,  397,  401, 
405,  407,  40911,  413  f-  417^-» 
422  f.,  463,  466  ff.,  472  f.,   494  f., 

II,  103,  261  f.,  294  f.,  433,  435, 
445,  religiöser  Ursprung  I,  425  ff. 

Mischgestalten   I,    131  ff.,    156,    II, 

171  U  177- 
Mistel  III,  201  f. 
Mitbewegung  I,  59. 
Mithraslegende  III,  7 14  ff. 
Mittagsfrau  II,  121,  III,  117. 
Mitteilung  I,  98  f.,  M.strieb  I,  284  f. 
Mittelwesen,  göttliches  III,  700. 
Mohammedanismus  s.  Islam. 
Moiren  III,  427,  442. 
Moll  I,  445,  455»  457»  459  ^f. 
Mönchtum  III,  525, 698,  Mönchswitz 

III,  48,  120. 


Register. 


781 


Mond  II,  276,  289,  427,  III,  soff., 
68  f.,  71  f.,  77,  1 10,  208  ff.,  216  ff., 
221,  223,  226,  231  f.,  235,  240,  256, 
261  f.,  272  ff.,  278,  287,  289  f.,  293, 
299,  301,  318  f.,  322,  400,  402, 446. 

Monochord  I,  450  f. 

Monotheismus  I,  540  ff.,  606,  II,  228, 
232  f.,  465,  III,  393  f.,  404  ff., 
641  ff.,  736,  741  f.,  transi torischer 
Henothcismus  I,  541  f. 

Monumentalkünste  I,   118. 

Morahsche  Fabel  I,  3 S8  ff.,  m.  Ten- 
denz III,   183  ff. 

Morimba  I,  433. 

Motiv  I,  249,  M.wandcl  I,  249  f., 
286  f.,  415,  424  f.,  429  f.,  II,  67  f., 
70  f.,  305  f.,  308,  III,  168,  496  ff., 
5iof.,  514^.»  518. 

Mumie  II,  8  f.,  28. 

Mund  und  Seele  II,  28  f.,  M.kuß  und 
Nasengruß  II,  51  f. 

Muramura  III,  29s  f.,  304,  308,  346, 

348,  350.  395. 

Musik  I,  90  f.,  93  f.,  300  ff.,  394  ff., 
424,  III,  249,  M.  und  Drama  I, 
506,  M.  als  Idealkunst  I,  457,  M. 
und  Zahlenmystik  I,  446  ff.,  pri- 
mitive Instrumente  I,  43 1  ff.,  musi- 
sische  Künste  s.  Kunst. 

Mysterienkulte  I,  401,  474,  476,  478, 
495  ff.,  507,  513.  535,  612,  II,  217, 
286,  342,  359,  III,  8,  571,  582,  604, 
610,  651,  655,  677,  693,  698  f.,  705, 
709  ff.,  745. 

Mystik  II,  107,  364,  III,  169,  171, 
470,  580. 

Mythenmärchen  III,  30,  46,  57  ff., 
121  ff.,  136,  143,  146,  152,  221, 
233,  310  ff.,  395  t.  398,  472  ff., 
495»  503,  525.  559»  574.  ^7ly  730- 

Mythologie  I,  139,  169,  202  f.,  205, 
2 1 2,  II,  227  f.,  382,  527  ff.,  Systeme 
III,  I  ff.,  28,  49  ff.,  56,  klassische 
M.  III,  325,  359,  Umwandlung  im 
Epos  I,  387,  393  f.,  M.  und  Zahlen- 
mystik I,  446  ff.,  mythologischer 
Mimus  I,  469  ff.,  497,  511. 

Nachahmung  I,  463,  465,  469  ff., 
482  f.,  soziologischer  Begriff  I, 
575  f.,  nachahmende  Kunst  I, 
107  ff.,  N.  bei  Plato  u.  Aristoteles 


I,  107  f.,  N.smotive  I,  177  ff., 
186  ff.,  213  ff.,  N.  und  Zauber  III, 
40. 

Nachtdämonen  II,  378!,  383. 

Nägel  II,  24  f..  Nageleinschlagen  II, 
193,  223  f. 

Nahearbeit  des  Bildhauers  I,  263  1, 
270,  273. 

Nährfrüchte,  Gewinnung  III,  204  f. 

Nahrung  und  Zauber  III,  153  f.,  N.s- 
bcreitung  III,  237,  N.stierc;  N.s-* 
pflanzen  und  Totem  II,  267. 

Najaden  II,  286,  III,  195. 

Namen,  Totemnamen  II,  252  f., 
264  ff.,  276,  N.  und  Tabu  II,  305, 
religiöse  Beziehung  der  Eigen- 
namen II,  362,  375  f.,  theophore 
N.  II,  470,  N.sgeheimnis  III,  117. 

Narrentracht  I,  492. 

Nasengruß  II,  5 1  ff. 

Naturalistische  Theorie  der  Mjrtho- 
logie  I,  542  ff.,  Naturdämonen  II, 
142  f.,  287,  370  ff.,  393,  III,  405, 
431,   N.    und   Schicksalsdämonen 

II,  118,  Naturgefühl  III,  194, 
Naturgott  II,  290,  III,  4,  25, 
Naturgöttcr  und  Helden  I,  389  f., 
Persönhchkeit  III,  2,  Natur- 
mensch, hervorhebende  Charak- 
teristik  I,  166,  Naturmensch  und 
Kind II,  166,  III,  33,  Naturmjrthu» 
I,  132,  382  f.,  II,  230,  233,  236  ff., 
274  f.,  282,  291  f.,  348  ff.,  354^^.» 
359,  362  ff.,  368  f.,  393,  407  f^ 
418  f.,  422,  428,  431  f.,  439  f.,  445, 

450,  469  U  474»  477»  11^»  I  ^^'> 
58  f.,  435,  Naturmythus  und  Epos 
I,  389  ff.,  und  Naturmärchen  III^ 
42,  und  Himmelsmythologie  III» 
49  ff.,  67  ff.,  Natumachahmung  I» 
14,  Naturordnung  II,  178  ff.,  Na- 
turphilosophie III,  8,  14  f.,  Illr 
322, 435,  Naturstimmung  III,  156^ 
Naturvolk,  Begriff  II,  227,  Unge- 
schichtlichkeit  III,  307,  primitive 
Naturwissenschaft  I,  544* 

Necknamen  und  Totemismus  II,  347. 

Negerbauten  I,  229. 

Neid  der  Götter  II,  396,  405. 

Nemesis  III,  281,  427,  442. 

Nestelknüpf cn  II,  193. 

Neun,  heilige  III,  531,  540  ff. 


782 


Register. 


Neuplatonismus  III,  223,  412,  538, 
699. 

Neuschöpfung  III,  458. 

Nibelungensage  I,  388,  III,  36,  179, 
360  f.,  380  ff. 

Nichts,  Schöpfung  III,  448. 

Nieren  und  Seele  II,  10  ff.,  29,  155  f., 
167,  185  ff.,  207  f.,  212,  398,  402, 
N.  und  Bohnen  II,  12,  III,  199. 

Niesen  II,  53,  55  f. 
•Nirwana  III,  719. 

Nomaden  I,  227,  II,  331,  III,  351, 
621,  633  ff.,  711,  720. 

Nordische  Mythologie  II,   yy,  84, 
III.   16. 

Normalstellung  I,   141  f. 

Normen  III,  20  f.,  24. 

Nornen  III,  570. 

Notfeuer  II,  455,  458,  III,  295. 

Notenschrift  I,  443  f.,  451,  455. 

Novelle  I,  74,  508,  III,  861,  115, 
118  f.,  305,  311»  315  f-»4i7»  novel- 
listische   Ortssagen    III,    344  ff., 

378  ü. 

Nutzen  I,  570,  Nutzbau  I,  238,  Nutz- 
bauten, form  bestimmender  Ein- 
fluß I,  251  f.,  Nutztiere  II,  293, 
Nutztiere  und  Totcmismus  II,  241, 
247,  249  f.,  267,  271,  274,  Nutz- 
tiere und  heilige  Bedeutung  III, 

139^- 
Njnnphen  II,  80,  82. 

Obelisk  I,  234  ff. 

Oboe  I,  439. 

Odyssee  I,  388  ff.,  II,  69,  III,  31,  34. 
161,  188,  305,  375,  382,  387,  390. 

Offenbarung  I,  567. 

Oktachord  I,  451  f.,  457. 

Oktave  I,  445,  448  f.,  451  ff.,  456. 

ölkrüglcin  III,  113,  Ölung  II,  327. 

Olympus  II,  47. 

Oper  I,  307,  506,  Operette  I,  505. 

Opfer  I,  597,  II,  12  f.,  16  f.,  27,  57  ff., 
189  f.,  204,  212,  236  f.,  248,  313  ff., 
321,  323^-.  327»  329  ff-.  336  f., 
356  f.,  365,  442  f.,  446  ff.,  461,  463, 
III,  21,  125,  137  f-,  i4oiU  338, 
391.  577.  651  ff.,  657,  667  ff.,  Ab- 
lösung III,  136,  Altar  I,  235,  Ge- 
bote II,  235,  302,  Kuchen  III, 
702  f.,  Mahl  II,  299,  III,  674  ff., 


723,  Pfahl  III,  193,  Stätte  I,  23^ 
Stein  I,  234  f.,  237,  III,  193,  Tjer, 
Aneignung  göttlicher  Kraft  durcl 
Genuß  III,  651,  701  f.,  Tod  III 
701,  Trank  III,  415. 

Opium  I,  402,  II,  97,   103,  105  f. 

Opportunismus  III,  734. 

Optimismus  I,   518,   538. 

Orakel  III,   118,    189,  247,  667. 

Orchestermusik  I,  434,  436,  438. 

Orenda  III,  399. 

Organisation,  politische  II,  227. 

Organseelen  II,  2,  10  ff.,  29  ff.,  15« 
167,  169  f.,   172,    186. 

Orgel  I,  436,  439,  458. 

Orgiastischer  Kultus  II,  103  f..  Tan 
III,  650,  Zeremonie  III,  651  f. 

Orion  III,  50  f.,  54,  210,  216,  27^ 
291  f. 

Orkan  II,  179. 

Ornamentik  I,  85,  100,  104  ff.,  12: 
129.  131.  157  ö.»  164  f.,  173,  17« 
178  ff.,  227,  239,  245  f..  253  1.  26e 
283  ff.,  287,  289  ff.,  III,  88,  Wac 
derung  der  Formen  I,  242,  Motiv 
wandel  I,  286  f.,  293. 

Orpheus  III,  350,  375,  571,  Orphike 
III,  223,  orphische  Mysterien  II 
217,   III,   712. 

Ortsdämonen  II,  371,  468  ff.,  III 
389,  41 1,  Ortsgötter  III,  371,  Orts 
kulte  III,  16,  392,  Ortssage  III,  21 5 
371,  341  ff.,  37 3>  37^  ff.,  426,  429 

Osirislegende  III,  7 1 3  f . 

Osterhase,  Osterlamm  II,  297,  299, 
Osterkuchen  III,  703. 

Paläste  I,  240,  242,  antike  I,  252,  der 

Renaissance  I,  255. 
Pan   II,    80,    116,   286,    P.sflöte   I, 

435  ^'f  439. 
Pantheismus  II,   127  f. 
Pantheon  I,  251,  III,  324. 
Pantomime  I,  59, 76,  394»  400, 422  f., 

430.  463.  481  ff.,  487.  494,  512  f., 

514,  II,  191,  261,  433»  ni,  48. 

80,   190. 
Papieropfer  II,  356  f. 
Parabase  I,  503. 
Parabel  I,  359,  478.  II»  loo- 
Paradies  I,  534,  III,  52  f.,  124,  178  f., 

186,  192,  315,  416,  448,  4Ö0,  581. 


Register. 


783 


Parallclismus  der  Glieder  I,  324. 
Parallelmärchcn    III,    217,    231  ff., 
254,    Parallelmythen    III,    270  f., 

293- 

Parentalia  II,  212,  360. 

Parodie  I,  493,  III,  165,  477. 

Parsismus  III,   130! 

Parzen  III,  570. 

Passah  II,  299,  III,  708. 

Passionsgeschichte  III,  708  f.,  Pas- 
sionsspiel I,  479  ff.,  489  f.,  512  f., 
III,  4«. 

Patriarchen  III,  351,  patriarchali- 
scher Zustand  III,  635  f. 

Pauke  I,  432  f. 

Paulicianer  III,   130. 

Penaten  II,  361,  430. 

Personennamen  II,  253,  264  ff. 

Personifikation  I,  391,  552,  561  f., 
569,  578  ff.,  583,  587,  600. 

Persönüchkeit,  Steigerung  I,  166  f., 
Geltendmachung  I,  199,  285,  P.  in 
der  Kunstentwicklung  I,  248,  255, 
258  f.,  295,  Einfluß  führender  P.en 
I,  298,  sittliche  P.  im  Drama  I, 
523  f.,  individuelle  P.  in  der  Dich- 
tung I,  602  ff.,  persönliches  Schutz- 
totem II.  255  f.,  P.  und  Gottes- 
begriff II,  462  ff.,  persönlicher 
Charakter  der  Naturgötter  III,  2, 
schöperische  P.  und  Mythus  III,  6, 
geschichthche  P.  und  Sage  III, 
36  f.,  wachsende  Schätzung  III, 
105,  P.  der  Götter  III,  424  ff.,  P. 
und  Dämonen  III,  635. 

Perspektive  I,  21  ff.,  81,  262  ff., 
268  ff.,  275  ff.,  297. 

Pessimismus  I,  518. 

Pfeifen  I,  434  ff. 

Pfeiler  I,  238  ff.,  243,  261. 

Pfeilleitcr  III,  68  f.,  222  ff.,  234,  255, 
262,  278. 

Pferd  und  Scclcnglaube  II,  TJ,  Wert- 
schätzung III,  293,  298. 

Pflanze  und  Seele  II,  80  ff.,  III,  193, 
P.  als  Totem  II,  247,  267,  als 
Zaubcrmittel  III,  185,  Zauberver- 
wandlung III,  187,  190  ff.,  206, 
P.namulette  II,  211  ff.,  409,  Fabel 
III,  198,  Märchen  III,  67.  88, 
Pflanzcnnachahmung  I,  171,  175, 
215  f.,  238,  241  ff.,  II,  156,  Orna- 


mentik I,  106,  164,  186,  189  ff., 
216,  292  f.,  II,  821,  409. 

Pflicht,  religiöse  II,  67,  69,  P.  und 
Rebgion  (Kant)  III,  747,  752,  vgl. 
Gewissen. 

Phallus  I,  417,  420,  430  f.,  493  t, 
496  f.,  II,  186,  198,  208,  210,  405, 
419  f.,  Phallophoren  I,  473  f.,  564, 

II,  424. 

Phantasie  I,  2  ff.,  P.  und  Gedächtnis 

I,  6  ff.,  kombinierende  P.  I,  8  ff., 
anschauliche  P.  I,  10,  aktive  und 
passive  P.  I,  12,  Spontaneität  I, 
6  ff.,  Klangp.  I,  57  f.,  Beziehungen 
zwischen  Raum-  und  2^itp.  I, 
59  ff.,  Entwicklungsgeschichte  I, 
96  f.,  schöpferische  P.  I,  112  f., 
219  f. 

Phonisches  und  tonisches  Prinzip  I, 

456. 
Phorminx  I,  439. 
Pickelhering  I,  488,  491. 
Plagegeist  II,  iio,  114,  Plagemotiv 

III,  464,  466. 

Planeten  III,  216,  P.geister  II,  219. 

Plastik  I,  103,  107  f.,  116  ff.,  170, 
224  ff.,  240,  248,  259  f.,  293,  II, 
214,  Anfänge  I,  121  ff.,  plastische 
und  architektonische  Einheit  I, 
260  f.,  plastisches  Sehen  I,  262  ff., 
plastische  Gruppen  I,  264  ff.,  p. 
Perspektive  I,  262  ff.,  271  ff.,  P. 
und  Giebelflächen  I,  266,  P.  und 
Farbe  I,  271  f. 

Piatonismus  II,  344,  III,  5. 

Plejaden  III,  51,  210,  216,  219,  275, 
278,  290  ff. 

Plektron  I,  439. 

Pneuma  II,  127  f.,  III,  699. 

Poesie  und  Ekstase  I,  381  f.,  poe- 
tische Erzählung  III,  29  (vgL 
Dichtung). 

Polychrome  Kunst  I,  271  f. 

Polydämonismus  II,  475. 

Polygamie  II,  257. 

Polynesier  II,  300  ff . 

Polyphemmärchen  III,  502. 

Polyphone  Musik  I,  456,  45*^« 

Polytheismus  I,  540  f.,  II,  223,  III, 
641,  643,  741  ff.,  758. 

Porträtkunst  I,  118  f.,  153,  274,  280» 

II,  8  f.,  88. 


784 


Reiter. 


Positivismus  I,  540. 

Posse  I,  470  ff.,  487,  490,  492,  505, 

517. 

Präanimismus  I,  542  f.,  II,  51,  I7i,ff. 
III,  614. 

Pragmatismus  III,  733. 

Priester  I,  400,  417  ff.,  427,  473,  517, 
567,  II,  104,  311  ff.,  340,  343,  350, 
394,  403,  418,  422  ff.,  429,  438,  III, 
8,  IG,  205,  297. 

Produktivität  der  Phantasie  I,  8  f., 
13,  16. 

Profilstellung  I,   125,   142  ff.,   163. 

Progressive  und  regressive  Entwick- 
lung I,  534,  537  f. 

Projektion,  umkehrbare  I,  33. 

Prometheus  als  Feuerbringer  III, 
295. 

Propheten  II,  99  ff.,  104  ff.,  III,  118, 
467  ff.,  636!,  640,  711,  prophe- 
tische Bedeutung  des  Seelenvogels 

n,  73. 

Prosa  I,  305  f.,  326,  342,  368,  384. 

Protestantismus  III,  756  ff. 

Prozeß  gegen  Tiere  III,  135  f. 

Prozession  II,  103,  417,  III,  624. 

Psalmen  I,  318,  III,  665  f. 

Pseudoskopische  Bilder  I,  21  ff., 
70  f.,  262. 

Psyche  II,  2  ff.,  7  ff.,  14,  16,  30  ff., 
37  ff.,  127  f.,  131,  172,  210,  269, 
290,  328,  366,  388,  393,  459,  III, 
I,  S6y  169,  182,  558,  578  f.,  experi- 
mentelle Psychologie  I,  5  f.,  18  ff., 
96,  Vermögenspsychologie  I,  6  f., 
IG,  Individual-  und  Völkerpsycho- 
logie I,  506,  deskriptive  Psycho- 
logie I,  14,  spekulative  I,  89,  kon- 
struktive I,  532,  Psychologie  und 
Mythologie  I,  611  ff. 

PulcincU  I,  488,  491. 

Pupille  und  Seele  II,  187. 

Puppenspiel  I,  465  f.,  486  ff. 

Purgatorium  III,   587. 

Purim  III,  706,  708. 

Pyramiden  I,  231  ff.,  236  f.,  249, 
258  f. 

Pythagoreer  I,  450  ff. 

Quell,  Heiligkeit  II,  324  f. 
Quintenzirkel  I,  454. 


Rabenlegende  III,  124  f.,  129,  243  L, 
255  ff.,  276,  305  ff.,  314,  348  ff, 
395  ff.,  478  f. 

Rachedämonen  II,  141,  200,  245, 
Rachemotiv  III,  104  ff.,  144!, 
147,  492,  496. 

Radierung  I,   1 1 8  f . 

Rahmenerzählung  III,  35,  364,  368. 

Rassel  I,  425,  432,  434,  436,  II,  426, 
428,  436. 

Rassentypen  II,   137. 

Rationalismus  I,  538,  546,  554,  566! 
583,  III,  4,  7^^,  rationalistische 
Mythendeutung  I,  551,  553  ff. t 
III,  128,  522,  527,  Kritik  I,  559  fl 

Rätselallegorie  III,  205  f.,  Rätsd« 
märchen  III,  116  ff.,  385,  Rätsel- 
mythen  II,   122. 

Rauchseele  II,  38,  70,  72,  85. 

Räucherung  III,  669,  693. 

Raumphantasie  I,  19  ff.»  51  f. 

Recht  I,  569,  R.snormen  II,  301, 
III,  135,  R.sordnung  III,  350, 
R.ssprache  III,  21,  R.swissen- 
schaft  I,  575. 

Reflex  I,  4,  517. 

Reflexion  I,  483,  499!.,  553  ff.» 
559  f.,  564,  5701,  586,  591,  II,  2, 
4,  6,  102,  124,  163,  175,  179,  186, 
208,  232,  269,  345,  367  f.,  399,  III, 
33,36,  115,  119,  184,  216,315,327, 
353  f.,  467  f.,  470,  754. 

Reformationszeit  I,  255. 

Refrain  I,  309,  324  f. 

Regen  II,  178  ff.,  183  f.,  R.bogen  II, 
425,  427,  III,  77 j  175,  R.dämonen 

II,  426  ff.,  R.mädchen  II,  441, 
453,  458,  R.priesterschaft  II,  440, 
R.Prozessionen  II,  103,  III,  624, 
R.zauber  II,  54,  III,  401  f.,  R.- 
zeremonie  III,  705. 

Regressive  Entwicklung  I,  534,  537, 

III,  41. 

Regulär  xmd  singulär  III,  18  f.,  509. 

Reim  I,  324  f. 

Reineke  Fuchs  III,  319. 

Reinigung  bei  Aristoteles  I,  499, 
R.szeremonien  I,  558,  II,  21,  310, 
318  ff.,  358,  III,  668  ff.,  679  f., 
684  ff.,    Reinlichkeit  und    Kultur 

II,  321  f. 
Reizträume  II,  iio,  112,  116. 


Register. 


785 


Relief kunst  I,  248,  251,  262,  265. 

Rcligionsphilosophic  I,  535,  538  f., 
571,  II,  344,  346,  357,  III,  326, 
religionslose  Völker  II,  136  f.,  232, 
III,  612,  Religiosität  und  Tragödie 

I.  517  f-»  520,  religiöses  Gefühl  und 
Stilwandcl  I,  258,  religiöse  Dich- 
tung I,  457  f.,  religiöser  Mimus  I, 
470  ff.,  475  ff.,  507,  517,  523,  525, 
rehgiöse   Motive   und   Vision    II, 

99«. 
Renaissance  I,  120,  254  f.,  259,  276, 

II,  IG. 

Reproduktion  I,  7  f.,  50,  52. 

Resignation  I,  500. 

Resultanten,  komplexe  Gefühlsresul- 
tanten I,  41. 

Rezitation  I,  368  ff.,  438. 

Rhapsoden  III,  38. 

Rhythmus  I,  46  ff.,  59  f.,  87,  90  f., 
93»  301»  303»  30s  i*  309  ff-»  315» 
320  ff.,  376,  381,  384,  394.  398  ff-» 
404  f.,  416,  421,  423,  425  ff.,  431, 
439  f.,  442  ff.,  517,  II,  97,  103,  112. 

Riesen  II,  383  ff.,  III,  66,  90,  97, 
HO,  172  ff.,  214,  369!,  384,  488. 

Rigveda  III,  637  f.  i 

Ritterturnier  I,  424.  \ 

Rokoko  I,  256. 

Rom,  Gründersagen  III,  46.  ' 

Roman  I,  467,  510.  j 

Romanischer  Stil  I,  252  f.,  259.  | 

Romanük  I,  7,   533  ff.,  538,  552  f.,    1 
555»  563.  567»  in,  4,  15,  318,  522, 

527.  ; 

Romanze  I,  303,  375,  379,  III,  381,    | 
episches   EinzcUied  bei   Steinthal    1 

I,  365,  R.nzyklus  I,  365,  367,  375.    I 

37i^' 
Rundbogen  I,  251  f.,  255.  | 

Runenschrift  II,   196,  217.  ! 

I 

Saat-  und  Erntefeste  I,  41 1  f.,  415  ff.,  1 

483  (vgl.  Vegetation).  [ 

Sage  I,  293,  327  ff.,  335,  355.  378,  , 

380,  383  f.,  385  f.,  476,  480,  497  f., 

500,  544,  556  f.,  567  f.,  607,  61 1  ff., 

II,  78,  85,  121  f.,  279,  288,  295, 
377  f»  381»  384,  3^^>  401,  III,  9, 
1 5  f.,  26,  29  ff.,  57  ff.,  68,  76,  79  f., 
109,  121  f.,  124,  171  f.,  178,  181, 
183,  186,  188,  204,  206  ff.,  217  f., 

Wondt,  Völkerpsychologie  11,  3. 


263  ff.,    276,    279  ff.,    323  ff.,    420. 

507,  528,  534,  608,  730  f.,  S.nheld 
III,  178  f.,  S.nzyklus  III,  39  f.,  50, 
S.  und  Geschichte  III,  ^6,  38  ff., 
47.  343  ff-»  356  ff..  S.  und  Legende 
III,  45,  47,  Wanderung  von  S.n 
und  Mythen  I,  535,  epische  Fixie- 
rung I,  367. 

Saiteninstrumente   I,   433  f.,   437  f-> 
Saitenlänge    und    Schwingungs- 
zahlen I,  450  ff. 

Sakaenfest  III,  704,  706,  708. 

Sakrament  III,  604  f. 

Salbung  II,  12,  327,  III,  693. 

Sanger,  Ausbildung  eines  S.standes 
I,  367  ff.,  376,  381,  Blindheit  I, 

381  f. 

Satan  II,  286  ff.,  400  f.,  III,  124, 
129  ff.,  164,  178  ff.,  578,  742,  744  f. 

Satire  I,  358  f.,  465,  503  ff. 

Satumahen  III,  706  ff . 

Satyr  I,  474,  II,  80,  116,  286,  413, 
419,  430,  III,  124,  S.spiel  I,  466, 
490,  496  f.,  II,  405,  III,  48. 

Säulen  I,  238  ff.,  244  ff.,  S.hallc  I, 
250  f. 

Schächtung,  jüdische  II,  248. 

Schädelkultus  II,  39. 

Schalmei  I,  435,  439. 

Schamane  I,  400,  414,  II,  104  f.,  224, 
391,  III,  6^6,  640. 

Schattenbild  II,  3  ff.,  9,  16,  40  ff., 
Schattenreich  II,  61,  67,  69,  84, 
Schattenseele  II,  44  ff.,  49,  61, 
69  f.,  72,  83  ff.,  106,  120,  123,  125, 
127,  131  f.,  137,  139,  155  f.,  161, 
163,  167  ff.,  185,  187,  189,  191  f., 
366,  372  f.,  III,  562  ff.,  573.  578, 
582,  Schattenspiel  1,465,  487,  495. 

Schatz  III,  109  f.,  115  f.,  178  f-. 
S.hüter  III,  214  f. 

Schauspiel  I,  505,  508. 

Scherz  und  Märchen  I,  331  f.,  355  f.» 
S.  und  Fabel  I,  331  f.,  355  ff-» 
S.dichtung  III,  86,  S.fabel  III. 
152,  184,  514,  S.märchen  III,  48, 
74,  112,  116,  120,  129  ff. 
Schicksal  I,  522,  II,  369,  S.  und 
Dichtung  III,  87  ff..  S.sdämonen 
II,  118.  III,  426.  S.sgötter  I,  548. 
II,  477  f.,  S.Stiere  II,  295  t,  S.s- 
tragödie  I,  518. 

50 


'\r 


SA^mjsr. 


A-..    V.-. 


.  ir',. '--  v:v'..--m- ;  .'. 


/  / 


4f/j  :  ,  2<<.  -.'.'-  ';;-.  iii.  , 
,    i.;  V..-.  .V;    .  *   :i.  «'/..   h    ----•i 
*  •  j  ,  ~  .       ' '      '  -  •       '.        -^    I-»--» 

lll,  2  :  ;  f  .  -  - :. -;  i' >.r *.': . '.-ve -«ii*'; 
IH,  :^;.  *.  -r.-:  '-'-:';!  li.  i':7  f.» 
',  .:.-:  l  :..*^::'...^.::^*:.\  if,  7^, 
\:.-  y....^:.;.fr  JT  2;:.  2^7,  -:-::. 
\  :.::...*<:  i.  :>i:f,  ;y.,  h.r.\ViL» 
n,  /  ',   \  :.*;::./  I,   ;:>  f.,  ^j  .. 

V  r.i a : ;t; .*'  j. 4:3 :. ':   J 1 1 ,    ; ; ; . 

V.Iif/j';rV;f];;.;^    --iri'!    -y;':!':   11,  Cx,   7C, 

»Jim u'-k  I ,  ;  2 .' ,  ;  2  3 .  1-7  ü-t  i ^1 
i'/y  ff..  2'/.  ff.,  4i2.  11,  i/A.,  yji., 
2'/7  f.,  2;'^  f.,  220  f.,  2O:/,   322. 

'v.*j//fih'  i».  'iii'l  /a':',!:  ly;i  Kant  I, 
JLZ'^\  ,  t*:\Uf:  lifi']  :il.?i;irit^':rjd':  S.  I. 
/./.',U,   l,fit/]'./.kiiritf  'i'-r   rri';ri->ch- 

Ij^tiMi  S.  IhI  d':li  '^/rHr'-h'.-n  1,  2.'il, 
fU'/'I' IIJ':    lMit/l':r,kflIi<^    d':r    Nalur- 

.'.tjonli'it.   I,   j>;;. 

v  li'/jifiirj;^  aii.  Njr.lil,  III,  4.;>^, 
S.-.j^- .'  hl'  ht';  Iff,  Yt^'f  S.sriiärchrjii 
III,  i.\f..  S.  ...t;M;  I,  oro,  II,  53,  81, 
lll,  i/'if,  j>^.  j-s^,,  27;  f.,  20/4, 
-Vyi'.,  ',1%  V/'s  1'/.:  i.,  J^2  ff.,  457 
{\vy  Ko-,mo;;riiiif,  ;mi«Ji  ;mtlirr>j)«i- 
>'/iiii'.'.li'-   Mytli'-ri). 

'.«  liM  <.k«ii  I.  14';  11.,  5^^J  f.,  521, 
S.'.bilM'i     II.    /jx,«  ff.,    (;c:sj)(;nstcr 

II.  -r;, '»«;.  .Motive  III,  5^5  f.,  Tm- 
r.ofji'-  I,  t;i;-{  1.,  s--^- 

'.«liiitl  I,  ;<Ki,  S.aimilrtl»;  IJ,  212, 
.'1^  1.,  S./;miI>(|  II,  \<)(},  212,  21O  f., 

III.  1.'^. 

S<  Itiild  I.  s.'2.  S.^l.  IIK  *^^7  IL, 
S.o|it(-i    II.    \\\  t. 

Sj  lni'.'nl    I.    17.;,    iSi  U. 

Srhiil/d.iMioiicii  II.  2.|  {  (f..  J(>4  l'f., 
I',.)  II..  S  Inil/lHMJifM'  II.  480,  111, 
4«M  If  S(  liiit//.iulH-]    II,    {()(),   Hl, 


jr:.  *-:-•— !-n- 


:j.  :  r.  :  . 


p^*^  II«  5  *^-*  -^  ^^-  » ""  rr_  "fi- 
xieren. Blu*  :i=Tr.  ■,  S.r-j-ZÄ  = 
Vogel.  S-r.vcmelliirLi:*-  11,  :  =.. 
III,"^  I  ff..  S.  ui:d  Zi-r-*rili::i«: 
II,  2J;5  :f..  S.  und  G-rnlrr  III 
3>3  ff-,  S.  und  I>i=i:.:;e-  IL  ^5: 
af'*.  5.nwar.deruiis  III.  itc - 
->;C  if..  S.nwTirm  s.  Wunz..  "^  z^^i 
ür  II.   395.  III.   2^:5. 

S'rgensspruch  III-  ty5  f :". 

Sehen,  steroskopisches  I,  jt>-  K:- 
vcrgcnz  I,  26,  Akkomodaii  rn  I 
26,  Fixation  I.  21  ff.,  j6  1:..  :r- 
direktes  S.  I,  27  f..   deutliches  S 

I,  27  f.,  plastisches  S.   I.  262  ii. 
Sehertum    II,    99  f^-.      104  ff.,     III 

299  ff.,  Seherinnen  III,    105  f. 
Seil  vom  Himmel  III,  222^  224,  22c. 

236,  255,  260. 
Selbstbeobachtung  I,  6,  220.  Selbst 

besinnung  II.  lOy,  Scibstopferun! 

II,  342  ff.,  Sclbstpeinigung  I,  4031! 
11.  343  ff.,  Selbstunterscheidun» 
des  Subjekts  I,  588,  Selbstver 
stümmclung  II,  $8,  333. 

Selige,  Inseln  derS.n  II,  ^S,  III,  334 
Shintoismus  II,  353,   355. 
Siamcsen,  Musik  I,  453. 
Siebenmeilcnsticfcl  III,  114,  Sieben- 

zahl  111,  291,  512  f..   531  f.,   535, 

540  £f.,  580  f. 
Silene  I,  474,  II,  286,  413. 


Register. 


787 


Sinnestäuschung  s.  Illusion,  Sinnes- 
wahmehmungen  und  Phantasie  I, 
18  ff. 

Sinnlichkeit  und  Askese  II,  344. 

Sintbrandsagen  III,  433  ff. 

Sintflut  III,  399,  453  ^f-»  505.  527  f- 

Sinvatbrücke  III,  577. 

Sippen-  und  Totemgemeinschaft  II, 
252  ff. 

Sirenen  III,  375. 

Sitte  I,  371,  569,  II,  277,  294,  318, 
404,  450  ff.,  III,  3,  16,  24,  56,  61, 
135»  308,  324,  S.ngeschichte  I,  575, 
Bedeutungswandel  II,  48. 

Situationskomik  I,  5 14  f. 

Skala  I,  445  ff. 

Skalden  II,  383,  III,  44- 

Skarabäus  II,  208  ff . 

Skylla  II,  222,  375. 

Soma  II,  338  ff.,  359,  III,  337f  637. 

Somnambulie  II,  95. 

Sondergötter  II,  465  ff.,  III,  328  ff., 
352  f. 

Sonne  I,  338,  389,  403,  585  f.,  593  ^'> 
599,  601  ff.,  II,  208  f.,  276,  284, 
289ff.,  342,  354f.,  426,  429,  443^^-» 
455  f.,  472,  III,  50  f.,  53  ff.,  68, 
70  f.,  77,  HO,  208  ff.,  216  ff.,  221, 

224  f.,  231  ff.,  252  f.,  255  ff.,272ff., 

J78,  287,  289,  293,  322,  369,  374» 
400,  402,  411  f.,  438,  446,  490. 
504  f.,  563,  576,  653,  660,  676, 
S.nwendfcste  I,  415,  421,  474  f-» 
III,  631,  634,  649,  6S2,  704. 

Sophislik  I,   554. 

Soziologie  I,  572,  574  f. 

Spannung  I,  50,  516,  524  f. 

Sixjiscopfcr  il,  358  f.,  III,  577. 
680  f.,  Speise  Vorschriften  II,  212, 
235.  246  ff.,  253,  259  f.,  262,  264, 

270,  294,  297    f.,  312,  314  ^M 

335  ii'^  343- 

Sixirbcr  und  Sonne  II,  291. 

Sphärenharmonie  III,  544. 

Sphinx  I,  137  f.,  233,  261,  II,  289, 
III,  116  f.,  171,  521  f. 

Spiegel  II,  88,  S.bild  II,  9,  169. 

Spiel  I,  66  ff.,  121,  II,  294  f.,  III, 
<>9  f.,  350,  S.  und  Kunst  I,  87  ff., 
S.lcute  I,  370,  387  f.,  S.trieb  I, 
64,  76,  88,  98,  S.zeug  I,  68  f.,  76, 
«6. 


Spiritismus  III,  99,  spiritus,  spirito, 
spirit  II,   126  f. 

Spitzbogen  I,  253  f. 

Spontaneität  der  Phantasie  1, 8,  loff. 

Spottlegenden  III,  48,  Spottnamen 
II,  264. 

Sprache  I,  3  ff.,  87  ff..  94,  236,  294  f., 
300  f.,  306,  308,  365  f.,  394,  528  ft, 
544»  575»  582,  II,  138,  III,  3,  18, 
56  f.,  75,  326,  510,  Zeitunter- 
schiede der  Sprachlaute  I,  47  f., 
S.  und  Zeichnung  I,  284,  S.  und 
Melodie  I,  439  f.,  S.  und  Mythus 
I,  595  «. 

Sprichwort  I,  324,  358,  III,  118  f., 
184. 

Springer,  Sekte  I,  401. 

Spruchzauber  II,  195  f.,  395  ff.,  406, 

435- 

Spuk  II,  369  ff.,  384  f.,  412  f.,  463, 
467,  III,  160,  172,  180,  340  ff. 

Staat  I,  569. 

Stachelreden  I,  503. 

Stadtgottheiten  III.  353. 

Stadtegründung  III,  46  f.,  350. 

Stammesfeste  II,  257,  260,  262, 
Stammesgliederung  und  Totemis- 
mus  II,  256  f.,  Stammesnamen  II, 
252  f.,  Stammessagen  III,  146, 
303  ^'f  341  ^^'f  346  ff.»  Stammes- 
verfassung II,  272  ff.,  277,  280. 

Ständescheidung  II,  263,  302,  306, 

310»  332. 

Steinvcrwandlungen  III,  68,  94  f., 
106,  108,  134,  159,  342,  Steine  als 
Amulette  II,  212  f.,  218  f..  Stein 
der  Weisen  II,  219. 

Steroskopisches  Sehen  I,  26,  262  f. 

Sterne  II,  184,  289,  III,  50,  54  f., 
67  f.,  122,  208,  210  f.,  213  f.,  216, 
218  f.,  231,  253,  256,  272,  274!., 
278  ff.,  289  ff.,  322,  394  f.,  400  ff., 
411. 

Stier  II,  289,  291,  Sternbild  III,  216. 

Sftilisierung  I,  99  f.,  102,  104»  109» 
122,  125  ff.,  163,  178,  189,  194  ü., 
204  f.,  209,  212  f.,  245  f.,  290  fl., 
Stilwandel  I,  248  ff.,  Ennüdungs- 
und   Erfindungstheorie   I,    256  ff. 

Stilleben  I,  118. 

Stimmung  I,  5 1,  249,  S.  und  Klang  I, 
60,  S.s-  und  Charakterkunst  I,  i  I9f  f . 

SO* 


788 


Register. 


Stoizismus  I,  499  ff.,  II,  127  f.,  III, 
5»  370,  522,  538- 

Storch  II,  296  f. 

Strafe  III,  132,  135,  149  f.,  163  ff., 
166,  168  f.,  181,  342,  462,  464. 

Strickmuster  I,  176!,  181  f.,   186. 

Stufentempel  I,  232,  Stufenpyra- 
mide I,  232. 

Stuhl  I,  239. 

Stupas  des  Buddhismus  I,  234. 

Sturm  III,  jj^  219,  Dämonen  III, 
332.  340. 

Succubus  II,  109. 

Suggestion  I,  572,  574  ff-.  H.  192» 
III.  507. 

Sühne  II,  310,  323  ff.,  330  ff.,  341  ff., 
357,  447  ff.,  461,  III,  141,  167, 
181,  591,  678,  685,  688,  692. 

Sünde  III,  687  ff.,  S.nbock  II,  329, 
407,  HI,  329,  679,  686,  693. 

Supematuralismus  II,  173  f. 

Sykomore  III,  185. 

Symbolik  I,  136,  162  ff.,  205,  211  f., 
551  ff.,  5661,  583,  587,  610,  II, 
17.  50,  62,  76,  190  ff.,  210,  289  ff., 

355»  357»  403  f..  423»  434.  445» 
455  f.,  III,  4,  14  f.,  66,  190,  269  f., 
601  ff.,  623,  649,  677  f.,  680,  683, 
686,  702,  709,  724,  738,  740^-» 
746,  764  f. 

Symmetrie  I,  163  f.,  167,  260!,  266, 
2691,  287,  290. 

Sympathetischer  Zauber  II,   190. 

Symphonie  I,  462. 

Symplegaden  III,   55,  221,  374. 

Szepter  III,   189. 

Tabak  I,  402,  II,  103,  105  f.,  436, 
III,  188,  195,  650,  667. 

Tabu  I,  558,  II,  39  f.,  2361,  300 ff., 
365,  448  ff.,  461  f.,  III,  25,  186, 
402  f.,  607  f.,  670,  672,  684  f. 

Taktgebilde  I,  46  ff . 

Talent  I,   10. 

Tahsman  I,  168,  II,  189,  202  ff.,  III, 
36,  91,   109  ff.,   189,  503. 

Tanz  I,  59,  7y,  90  f.,  93,  148,  300  ff., 
308,  314,  318,  343,  356,  394^^-. 
436,  439  f^-»  512,  564,  II,  97,  103, 
223  f.,  247,  261  f.,  286,  294  f.,  320, 
324,  389,  417,  421,  433^^-.  438, 
442,  445,  III,  66  f.,  70,  80,  2961, 


347,    401  f.,    619,     628,     649  U 

698. 
Taoismus  II,  355. 

Tamhelm  II,  218,  220»  III,  114,  386. 
Tast-  und  Gemeinenip>tindungen  und 

Vision  n,  106,  T.reize  und  Traum 

II,  112,  115  ff. 

Tätowierung  I,  121  f.,  160  ff.,  181, 
199  f.,  203  f.,  212,  285,  287,  II,  19, 
56,  60,  210,  234,  242,  269,  III,  479. 

Taube  und  heiliger  Geist  II,  76. 

Taufe  I,  558,  II,  323,  438,  454,  III, 
693  ff.,  724.  764. 

Tempel  I,  115,  117,  120,  234,  23611, 
242,  245.  250  f.,  II,  307,  III,  639, 
641  f.,  671,  696,  T.schlaf  II,  HO, 
T.  als  Weltbild  und  Schntzstätte 

I.  251. 
Tetrachord  I,  451. 

Teufel  II,   HO,  286  ff.,   400  f.,  459, 

III,  112  f.,  120  f.,  124,  1291t,  164, 
1791,  184,  313,  345,  460 1,  473. 
496,  502  f.,  569  f.,  573. 

Theismus  III,  395,  405. 

Theogonie  I,  334,  341,  350,  383, 
609  ff.,  II,  261,  276,  284.  362,  383, 
III,  7,  15,  253,  276,  323,  339,  402, 
409  f.,  431  ff.,  441.  5Ö9- 

Theophore  Namen  II,  362,  376,  47a 

Theosophie  III,  7,  9,  171,  269,  414, 
543»  559.  571.  700. 

Thyiaden  I,  421. 

Tiefen  Vorstellung  I,  263  f.,    269. 

Tier  in  der  primitiven  Kunst  I,  104, 
121  ff.,  164,  T.  und  Mensch,  Misch- 
formen I,  131  ff.,  156,  T.  in  Profil- 
Stellung  I,  84,  T.  und  Mensch  als 
Schmuckformen  I,  240  f.,  T.ahnen 

II,  251  ff.,  259,  261,  264  f.,  268  ff., 
277  ff..  308,  315.  335»  345.  349» 
351,  III,  63  f.,  66  f.,  134,  143,  152, 
181,  348,  T.bild  als  Amulett  II, 
210  ff.,  T.Charakteristik  I,  356  f., 
T.chöre  I,  148,  414,  T.dämonen 
II,  283  ff.,  363,T.epos  I,  346,  357, 
T.fabel  I,  352  ff.,  III,  181  ff., 
T.götter  II,  283  ff.,  III,  66,  401  f., 
411,  heilige  T.e  I,  165,  186,  417  ff., 
II,  246  ff.,  290  ff.,  III,  1 1 1  f., 
139  f.,  T.kultus  vgl.  Totemismus, 
T.legende  III,  308  ff.,  T.malerei  I, 
118,    T.märchen    II,    278  f.,    III, 


Register. 


73Q 


122  ff.,  T.masken  I,  148  fl,  413  f., 
417  f.,  T.opfer  II,  156,  299  f.,  III, 
419,  T.ornamentik  I,  184  ff.,  195, 
T.pantomime  1, 422  f.,  466, 481  ff., 
495,  512  f.,  T.prozess  III,  135  f., 
T.tanz  I,  148, 414, 496  f.,  II,  261  f., 
286,  434,  III,  66  f.,  80,  131,  165, 
T. vertrag  III,  181,  T. Verwandlung 

II,  78,   120,  245,  279  ff.,  392  ff., 

III,  64  ff.,  144  ff.,  dankbare  T.e 
III,  108,  201,  hilfreiche  T.e  III, 
249  f.,  Seelente  I,  186,  II,  5, 61  ff., 
72  ff.,  268  ff. 

Tihamat  III,   176. 

Tisch  I,  239  f.,  Assoziation  mit  Tier- 
formen I,  2141,  240,  Tischlein- 
deckdich II,  218,  III,  113  f. 

Titanen  I,  498,  II,  284,  383,  III,  214, 
403,  410  f.,  416,  418,  442,  498, 
651. 

Tod  II,  178  f.,  181  f.,  184  f.,  III,  442, 
T.  und  Schlaf  II,  7,  T.  und  Zauber 
II,  192,  195,  Böser  Blick  II,  185  f., 
T.esfurcht  II,  45  f.,  III,  565. 

Tonarten,  Entstehung  I,  454  ^^-t 
Tonika  I,  4S5.  tonisches  und  pho- 
nisches Prinzip  I,  456,  Tonskala 

I,  445  ff.,  Tonsysteme  I,  301. 

Topen  des  Buddhismus  I,  234. 

Topf  III,  115,  Töpferkunst  s.  Kera- 
mik. 

Tor,  Rundform  I,  251,  T.pfeiler  I, 
261. 

Tortur  III,  496. 

Totemismus  I,  133  f.,  344  f<>  540f., 
547,  II,  236  ff.,  251  ff.,  292  ff., 
347  ff.,  III,  132  ff.,  142  ff. 

Totansagen  III,  135  f.,  Totenbräuche 

II,  48,  64  ff.»  92,  157»  164,  III,  635, 
Totenfeste  I,  424,  II,  260  ff.,  III, 
568,  Klage  II,  7,  30,  47,  158,  Kult 

II,  5  ff.,  157  f.,  Totenopfer  II,  7, 
57  ff.,    356  f.,    448  f.,    Totenreich 

III,  560  ff.,  646  ff.,  Totenland  der 
Tiere  III,  141,  Totenschiff  II,  44, 
74,  jj,  III,  264,  Totenvogel  I, 
585  f.,  Totenwurm  II,  42. 

Tragödie  I,  463  ff.,  468  f.,  471  f., 
482,  49S  ff.,  504.  508,  513»  517  ff-» 
611,  III,  660  f. 

Trankopfer  III,  680  f. 

Transfusion  der  Psyche  II,  46  ff. 


Transzendentale   Apperzeption   I, 

580  f. 
Trauer  und  Tanz  I,  395,  400,  427, 

T.  und  Lied  I,  398,  T.zeremonie 

II,  23,  30,  T.feier  II,   57  ff.,  T.- 
bräuche  II,  345. 

Traum  I,  584  ff..  II,  3  ff-.  »5  ff-» 
94  ff.,  167  ff.,  185  ff.,  372  ff.,  III. 
467  ff. 

Triglyphen  I,  247. 

Trinitat  III,  539  f«.  743- 

Tritheismus  III,  539,  543,  743. 

Trojanischer    Krieg   I,    387,    390  f., 

III,  361. 

Trommel  I,  432  ff.,  436  f. 

Trophäen  I,  238. 

Truhenmotiv  III,  215  ff.,  231,  237, 

254  ff.,  277,  279,  281,  345- 
Turm  I,  2361 
Tyche  III,  427,  442. 

Obersinnliche  Welt  III,   601,  603, 

739.  742  f.,  752. 
Ungeheuer  II,  276,  280,  284  f.,  287  f., 

384  i,  387.  389  f-.  in,  52,  65  f., 

89  ff.,  93  f.,    loi,    104,   108,   116, 

142,  171  ff.,  213,  221  f.,  227,  23lf|., 

251  f.,  350,  355  f-.  364.  369  f..  375. 

385.  403,  441.  450  f..  465  f-.  488. 

503  a,  512,  534. 
Unsterblichkeit   I,    548,   II,   9.   7^f 

208  f.,  211,' III,  270,  280,  335  f«. 

557.  568,  719. 
Unterwelt  II,  67,   121,  378,  431  f., 

443,  III,  258  f.,  556,  559  ff«.  634. 
Urchristentum  III,  757. 
Urzustand,  Fiktion  I,  92. 
Utilitarismus  III,  734,  741,  754. 

Vampyr  II,  120,  365,  376. 

Vedantaphilosophie  I,  522. 

Vegetationsdämonen  II,  182,  2S)4, 
370  f.,  410  ff.,  472,  Vegetations- 
feste II,  103,  260,  321,  Vegeta- 
tionsgott II,  289,  III,  705  ff.. 
Kulte  II,  432  ff.,  462,  III,  269, 
599  f.,  608  f.,  619  ff.,  637  ft,  64Sf.. 
649  ff.,  698,  703  ff.,  Vegetatioos- 
märchcn  III,  195  ff.,  V.stänze  I, 

415  ff.,  430  f..  5^f-.  n,  421. 

Venus  (Stern)  III,  210,  216. 


790 


Register. 


Verbergungsmotiv     III,     217     vgl. 

Truhenmotiv. 
Verbrennung  der  Leiche  II,  48,  64, 

66  ff.,  82. 
Verfinsterungen    der    Gestirne    III, 

54  f. 
Vergeltung    III,    loi  fi,    150,    163, 

168,  181  f.,  553,  560,  567  f.,  577  U 

583  ff. 
Verkörperungen    der    Seele    II,    44, 

60  ff.,  III,  86. 
Vernunftrehgion  III,  755. 
Verschhngung  III,  54  f.,  93  f.,   175. 

213,  215  ff.,  227,  230  ff.,  257  ff., 
263,  272,  277,  279,  512. 

Vertrag  mit  dem  Kultobjekt  II,  244, 
mit  dem  Teufel  III,  121,  mit 
Tieren  III,  125,  134  ff»  I39»  ^42, 

153- 

Verwandlung  II,  175,  245,  279  ff., 
295.  370.  III,  35  t,  47»  64  f..  68, 
72  ff.,  78,  80,  91  ff.,  102  f.,  106, 
108,  120,  122,  1271,  132,  137  f-> 
143  ff.,  187,  190  ff.,  197^^-  203, 
206,  310,  342,  345»  584. 

Vierzahl,  Heiligkeit  III,  462  f.,  531, 
541,  546  ff. 

Violine  I,  434. 

Vision  I,  401,  406,  547,  II,  41  ^'f 
85  ff.,  91,  93  ff.,  loi,  III,  121, 
123,  127,  129,  164,  168,  172,  178  f., 
181,  188,  409,  III,  103,  160,  300  f., 
418,  467  f.,  488  ff.,  492  f.,  495.  580, 
582  ff.,  649,  732  f. 

VUeß,  goldenes  III,   188,  373  ff. 

Vogel  und  Gestirne  III,  219,  Goldv. 
III,  Ulf.,  V.ornament  I,  185  f., 
V.schmuck  III,  144,  V.  als  Schutz- 
geist II,  296,  Seelenv.  II,  61  f., 
72  ff.,  91,  131  f.,  137,  169,  210  f., 

214,  246  f.,  269,  288,  s66,  423, 
III,  37,  169,  564,  595,  V.zauber 
III,  143  f. 

Volksbräuche  I,  544,  Volksdichtung 

I,  306,  310,  319,  321,  365,  370^-» 
373»  377,  384  f.»  3^7  i'f  552  f., 
592  f.,  III,  35  f.,  38,  Volksetymo- 
logie I,  530,  III,  126,  Volksmedizin 

II,  20  f. 

Vorreligiöser  Kultus  III,  596  f.,  602, 
612  f.,  632,  661,  691,  704,  706,  747- 
Vorsitthches  Stadium  III,  691. 


Waffen  I,  205  ff.,  "W. tanze  I,  424, 
427. 

Wahnsinn  II,  126,  189,  329,  370  f.. 
391  ff.,  407,  III,  330,  Wahnvor- 
stellungen I,  75  f. 

Waldgeister  II,  80,  82,  109,  206, 
286  f.,  372,  417.  419»  III,  39.  332, 
343- 

Walfisch  III,  231»  234  f.,  242  ff..  250. 

Walhall  III,  568. 

Walküren  II,  77,   III,   384. 

Walzer  I,  407. 

Wanderkomödie  I,  488  f.,  491  f.,  508, 
Wandermärchen  III,  69,  81  ff., 
Wandermotiv  III,  98  f.,  103,  Wan- 
dersage III,  198,  354  £f.,  Wande- 
rung der  Seelen  im  Traume  II,  93, 
245,  Wanderung  zum  Himmel  III, 
559,  561,  mythologische  Wander- 
hypothese I,  242,  535,  562,  566  fi, 
II,  457,  III,  3  f.,  60  ff.,  122,  500  ff., 
516,  527.  552. 

Wandreliefs  und  -gemalde  I,  260  f. 

Wappenschild  I,  207  f.,   213. 

Wasserdämonen  II,  370,  376,  379  ff., 
Wasser  als  Kult-  und  Kultur- 
mittel II,  322,  Wasserreinigung  II, 
319,  321  ff.,  III,  668,  679,  684. 
6861,  693  ff.,  Wasserzauber  II, 
321  ff..  440  f.,  452.  454  ff.,  III, 
138,   164  f.,  704. 

Webekunst  I,  201  f.,  205. 

Weihnachtsspiele  III,    112. 

Wein  II,  103  f.,  III,  650,  680,  WMiba- 
tion  II,  339  f. 

Weissagung  II,  73,  99  It,  III,   124. 

Weltalter  III,  462  f.,  466,  531,  Welt- 
bäum  III,  193,  220,  Weltei  III, 
437,  440,  448,  464,  Wcltfreude  der 
Renaissance  I,  255,  Weltfreude 
und  Religion  I,  258,  Weltschöp- 
fung s.  Kosmogonie,  Weltunter- 
gangssage III,  453  ff.,  Weltunter- 
gang und  -emeuerung  III,  557. 

Werkzeuge  I,  205  ff. 

Werwolf  II,  120,  365,  393  f. 

Wetterdämonen  II,  287,  372,  384  f., 
418,  423  ff.,  429  ff-  435»  III»  215, 
401  f.,  437,  450,  Wetterzauber  II, 
182. 

Wettkampf  III,  119,  Wettlauf  lU, 
99,  Wettmotiv  III,  130  f.,  Wett- 


Register. 


791 


märchen  III,  116,  119,  Wettspiel 

III,  99  f. 
Wichtelmännchen  II,  116. 
Widder  als  Seelenträger  II,  jj. 
Wiederholung  I,  131,  308  I.,  316  f., 

^  323  ff-.  575. 
Wielandsagc  III,  360  f. 
Wille  I,  25,  W.nshandlungen  I,  4, 
Spontaneität  I,  10  ff.,  Kausalität 

II,  183  f.,  W.nsvemeinung  I,  522, 
W.,  Gefühl  und  Christentum  III, 
720. 

Wind  und  Seele  II,  41,  85,  89,  W. 
und  Mythus  III,  jj,  103,  W.dä- 
moncn  II,  372,  J84  f.,  425,  427, 
430,  III.  2,  214  f.,  394,  396,  401  f., 
405  f. 

Wissenschaft,  primitive  W.  und  My- 
thologie I,  552  ff.,  559  ff.,  theore- 
tisches Interesse  I,  560,  W.  und 
Mythologie  II,  180,  exakte  W.  II. 

364. 
Witz  I.  514,  516,  III.   120,  165  f. 
Wohnbau  I,  227,  Schmuck  I,  1 14  ff., 

Wohnhaus  und  Tempel  I,  238. 
Wolken  III,   209,   214  f.,   231,   234, 

W.  und  Seele  II,  85,  89,  W.dämo- 

nen  I,  420  f.,  II,  84,  427  f.,  430, 

III,  I  f.,  332,  340,  394,  396,  401  t, 
405,  437,  623,  W.masken  I,  414, 
418  f..  473,  il,  422  ff..  427,  429. 

437. 
Wortassoziationen  I,  55,  Wortkampf 

I,  502  f..  Wortzauber  II,  195  f., 
19S  f.,  207,  216,  395  ff.,  III,  165. 

Wunder  I,  25.  330  f.,  335,  346,  359, 

II,  108,  17S.  III.  36,  40,  79,  91, 
3(x)  f.,  450  f.,  507,  W.bäume  III, 
186.  192  ff.,  199,  230,  374,  W.fisch 

III,  III,  249  f..  W.held  III.  474. 
W.kult  III,  494,  W.ring  III.  374, 
W.motivc  III,  390  ff. 

Wünschelrute  III,    189. 

Würfelspiel  III,  350. 

Wurm,  Seelenwurm  I,  614,  II,  61  ff., 

73  ff.,   125,    131  f.,   137,   1(39.  366- 
Wüstendämon  II,   385  f..   393,   III, 

340. 

Zahlen,  heilige  I.  446  ff.,  III,  214, 
-91»  53^>ff-»  Z.Verhältnisse  und 
Töne  I,  446  ff.,  Z.rätsel  III.  117. 


Zahn  und  Seele  II,  24,  Z. Verstüm- 
melung II,  20,  56  ff. 

Zarathustra  III,  445  f. 

Zauber  II,  4  f.,  11  f.,  18  ff.,  53«., 
177  ff..  188  ff.,  257  ff.,  326  ff.,  III. 
76  ff.,  184  ff.,  320  ff.,  602  ff.,  Z.ball 
III.  95  ff..  Z.geräte  I,  166,  168, 
II,  85.  III.  113.  121,  Z.glaube 
II,  171  ff..  392«..  432  ff.,  III. 
661  ff.,  Z.  und  Dämonen  II,  365  ff. 
374,  Z.glaube  und  Heilkunde  II. 
402.  410.  Z.kleid  III.  114.  148  f., 
Z.kraut  III.  137  f.,  185  ff.,  Z.kult 

I,  399  f..  564  ff.»  II»  253  f..  257  f.. 
HI,  61 1  ff.,  622  ff.,  Z.üed  I.  312  f., 
315  ff.,  321  ff..  325,  376  f.,  Z.- 
mantel  I.  210  ff..  III.  504,  Z.mär- 
chen  I.  378,  387  f.,  III,  43  f..  64  f.. 
80.  83,  90.  160.  165  ff.,  276,  283, 
476  f.,  495,  Z.medizin  II,  409,  III, 
545.  Z.priester  vgl.  Medizinmann, 

II,  194  f..  222  ff.,  Z.ring  II,  206  f., 

III,  503  f.,  Z.roß  III,  Z7,  384, 
Z.rute  III,  388  f.,  Z.salbe  III,  388, 
Z.schlaf  III,  384  f.,  Z.speise  II, 
194,  Z.spruch  I,  312,  315,  322, 427, 
II,  19s  f.,  1981,  Z.Stab  I,  2 10  f., 

II,  261  f.,  III,  189  f.,  Z.Stein  II, 
261  f.,   Z.tanz   I,   419  ff.,   427  ff., 

III,  48,  Z.trank  II,  194,  Z.ver- 
wandlung  s.  Verwandlung,  Z.- 
waffen  III,  n^  91,  114,  388,  Z.- 
worte  II,  195  f..  198  f.,  207,  216, 
Z.motiv  u.  Opfer  II,  341  f.,  447  f. 

Zehn,  heilige  III,  531  f. 
Zeichnung  I,  78  ff.,  98  f.,  107,  117  f., 

121  ff.,  240,  259,  262,   267,  271, 

273,  284  f. 
2:cit  III,  535  f.,  Z.Sinn  I,  45,  Z.phan- 

tasie  I,  45  ff. 
Zelt  I,  227  ff. 
Zeremonien   I,   497,    597,   612,    II, 

194  f.,   407,   410,  415^.»  433  f^-» 

III,  125,  296  ff.,  301,  304,  346,  350^ 

400,  479  f.,  482,  497. 
Zerstückelung  III,  375  f. 
Ziegenbock  III.   in  ff.,  124. 
Zierkunst  s.  Ornamentik. 
Zither  I,  433. 
Zukunftsreligion  III.  755,  Sehergabe 

in  die  Zukunft  III,   105  f. 


W2 


Register. 


Zurückgeworfene   Gegenstande, 

I    Zauber  III,  92  ü.»  375. 

Zweck  und  Schönheit  bei  Kant  I» 
223  f.,  Z.  der  Menschheitsge- 
schichte I,  532  f.,  Heterogonie  der 
Z.e  I,  296,  II,  80,  III,  656,  Z.losig- 
keit  im  Märchen  III,  370. 

Zweites  Gesicht  II,  93  C,  108. 

Zwerchiell  und  Seele  II,  14,  33  If., 
170. 

Zwerge  II,  116,  377^^»  3^2,  413  ^-^ 
III,  172,  343,  384. 


ZwilUnge  (Sternbild)  III,  216, 
279  ff.,   Zwillingsmärchen   U 
216  f.,  231,  271  £f. 

Zwittergestalten    zwischen    Me 
und  Tier  II,  280  ff.,  291. 

Zwölf,      heilige      III,      531, 

545  f. 
Zyklus  von  Märchen  III,  42,  48 
76,   276,  von  Mythen  III,  6, 
26  f.,  276,  von  Sagen  III,  ; 
50. 


I 


Druck  .von  Breitkopf  k  Härtel  in  Leipzig. 


H 


'^ 


r^i 


3  tlDS  OMnnMS 


STANFOtD  üNtVIRSITY  UtRARlES 

STANFORD  AUXHIAtY  UiRARV 

STANFORD,  CAUFORNIA  94305  6004 

(6501  723  9201 

All  books  Qfm  iub|«cl  lo  r#calK 
DATE  0U£ 


"t'iiii^. 


/1 


^/ 


V    ▼ 


'♦ 


% 


? 


' 


THE 


WEBSTER  COli[ai( 

SOCIAL 
ANTHROPOLOCY 


nTAKSIM'F:-  Kt 


KU) 

LbST 


:n 


r 


ELEMENTS  OF 
FOLK  PSYCHOLOGY 


OTHER  WORKS  BY  PROFESSOR  WUNDT 


ETHICS, 

Translated  from  the  Second  Germ  an  Edition. 
Vol,  r — IimiODucTiox ;  The  Fact*i  of  tke  Moral  Life, 
Tranalated  by  Prof.  J.  GtJLLlVBR  and  Professor  E.  B. 
TlTCHEKER. 

Demj  Svo,  Cloih,  75.  t)d,  {Stcßtfd  Editio». 

VoL   11.— Ethical   SYSTEMS.     TranaJated   by    Ptof,    M. 

Washburm,  Pü.D, 
Demy  Bvö,  Clotli,  6j»  (Sörond  Edittott. 

Vol.  tlt— The  PRtXCtFLEs  OF  IdQltALtTY.    TriuuUUd  by 

Prof.  M.  Washburi^,  Pb.D. 
Dcmy  Svo»  Cloth,  7s,  6d. 

PHYSIOLOGICAL   PSYCHOLOGY. 

Transbted  from  the  FifUi  German  Edition^  1902, 
by  E,  B»  TlTCHEX£R, 
Vol,  I.-^VVith   ro5  Figs.  m  t!i«  text. 
Dcmy  8vo,  Clotb,  i  jj.  [S^i^ffff  SiUUon. 

iNTftODUCTION    TO    PSYCHOLOGY. 

Ttanslated  by  Rudolf  Pintner,  M.D. 

Grown  Svo^  Cloih*  ji,  6fi. 

LECTURES     ON      HUMAN     AKD     ANIMAL 
PSYCHOLOGY, 

Traiislated  by  Frofs,  J,  E*  CRBtGHtON  and  E3» 
T I TCH  EX  ER.    I  Uu  strations. 


Demy  Svo,  Clotli,  los.  6ä. 


iFourtk  Edäiiftu 


LONDON:  GEORGE  ALLEN  a.   UNWIN  LTD, 
NEW  YORK:  THE  MACMILLAN  COMPANY, 


ELEMENTS   OF   FOLK 
PSYCHOLOGY 

OÜTLINES   OF   A    PSYCHOLOGICAL 

HISTORY   OF  THE   DEVELOPMENT 

OF    MANKIND 


BY 


WILHELM     WUNDT 


AUTHORIZED  TRANSLATION 

■Y 

EDWARD   LEROY  SCHAUB,  PhD. 


LONDON:  GEORGE  ALLEN  &  UNWIN  LTD. 
NEW    YORK:  THE    MACMILLAN    COMPANY 


T 


700086 


firsi  fmhiUhtd  ,  y^fy  igit 
MfprinUä.     .     »  April  tg2i 


(Ail  rigkis  rttetvid) 


TRANSLATORS   PREFACE 

The  keen  interest  which  the  present  age  is  manifesting  in 
Problems  connected  with  the  Interpretation  of  human  experi- 
ence  is  no  l^s  a  result  tban  it  is  a  precondition  of  the 
fmitful  labours  of  individual  scholars.  Prominent  among 
these  is  the  distinguished  author  of  the  volume  which  is 
herewith  rendered  accessible  to  English  readers.  The 
impetus  which  Professor  Wundt  has  given  to  the  philo- 
sophical  änd  psychological  studies  of  recent  years  is  a 
matter  of  common  knowledge.  Afany  of  those  who  are 
contributing  richly  to  these  fields  of  thought  received  their 
Stimulus  from  instruction  directly  enjoyed  in  the  laboratory 
and  the  classrooms  of  Leipzig.  But  even  more  than  to 
Wandt,  the  teacher,  is  the  world  indebted  to  Wundt,  the 
investigator  and  the  writer.  The  nimiber  and  comprehen- 
siveness  of  this  author*s  publications,  as  well  as  their  ränge 
of  subjects,  äre  little  short  of  amazing.  To  gauge  the  cxtent 
of  their  influence  would  require  an  examination  of  a  large 
part  of  current  i^ilosophicäl  and  psychological  literature.  No 
small  measure  of  this  influence,  however,  must  be  credited 
to  those  whose  labours  have  made  possible  the  appearance 
of  Wundt 's  writings  in  other  tongues.  Of  the  English 
translations,  we  owe  the  first  to  Professors  Creighton  and 
Titchener.  Succeeding  their  translation  of  the  **  Lectures 
on  Hiunan  and  Animal  Psychology,"  came  the  publication, 
in  English,  of  the  first  volume  of  the  **  Principles  of  Physio- 
logical  Psychology,"  of  the  two  briefer  treatises,  **  Outlines 
of  Psychology  "  and  "  Introduction  to  Psychology/'  and,  in 
the  meantime,  of  the  valuable  work  on  **  Ethics." 


vi  TRANSLATOR*S   PREFACE 

Though  Professor  Wundt  first  won  recognition  through 
his  investigations  in  physiology,  it  was  his  later  and  more 
valuable  contributions  to  physiological  psychology,  as  well 
as  to  logic,  ethics,  epistemology,  and  metaphysics,  that 
gained  for  him  his  place  of  eminence  in  the  world  of 
scholarship.  One  may  hazard  the  prophecy,  however,  that 
the  final  verdict  of  history  will  ascribe  to  his  latest  studies, 
those  in  folk  psychology^  a  sig^ificance  not  inferior  to  that 
which  is  now  generally  conceded  to  the  writings  of  his 
earlier  years.  The  V ölkerpsychologie  is  a  truly  monumental 
work.  The  analysis  and  Interpretation  of  language,  art, 
mythology,  and  religion,  and  the  criticisms  of  rival  theories 
and  points  of  view,  which  occupy  its  five  large  volumes  of 
over  three  thousand  pages^  are  at  once  so  judicial  and  so 
suggestive  that  they  may  not  be  neglected  by  any  serious 
Student  of  the  social  mind.  The  publication  of  the 
Völkerpsychologie  made  necessary  a  number  of  defensive 
and  supplementary  articles.  Two  of  these,  in  a  somewhat 
revised  form^  together  with  an  early  article  on  **  The  Aim 
and  Methods  of  Folk  Psychology,"  and  an  additional  essay 
on  "  Pragmatic  and  Genetic  Psychology  of  Religion,"  were 
published  in  191 1  under  the  title,  Probleme  der  Völkerr 
Psychologie.  Finally,  in  191 2,  there  appeared  the  book 
which  we  are  now  presenting  in  translation,  the  Elemente 
der  Völkerpsychologie.  As  regards  the  difference  in  method 
and  character  between  the  Elemente  and  the  Völker- 
Psychologie^  nothing  need  be  added  to  what  may  be  gleaned 
from  the  author's  Preface  and  Introduction  to  this,  his  latest, 
work.  Here,  too,  Professor  Wundt  indicates  his  conception 
of  the  nature  and  the  problem  of  folk  psychology,  a  fuller 
discussion  of  which  may  be  found  both  in  the  Völker^ 
Psychologie  and  in  the  first  essay  of  the  Probleme. 

He  who  attempts  to  sketch  the  **  Outlines  of  aC 
Psychological  History  of  the  Development  of  Mankind  " 
necessarily    incurs    a    heavy   indebtedness,    as    regards   his 


TRANSLATOR'S   PREFACE  vii 

material^  to  various  more  specialized  sciences.  The  success 
with  which  the  data  have  been  sifted'  in  the  present  instance 
,  and  the  extent  to  which  the  author  has  repaid  the  special 
sciences  in  terms  of  serviceable  principles  of  intexpreta- 
tion^  must^  to  a  certain  extent^  be  left  to  the  detertnination 
of  those  who  are  engaged  in  these  specific  fields.  Human 
beliefs  and  institutions,  however,  as  well  as  atl  products  of 
art  and  modes  of  labour,  of  fGod-getting*,  of  marriage^  of 
warfare,  etc. — in  short,  all  elements  of  human  cukure— even 
though  subject  to  natural  conditions  of  various  sorts^  are 
essentially  mental  processes  or  the  expression  of  psychical 
activities.  Hence  no  theory.  relating  to  these  ph^iomena  is 
acceptable^  or  even  respectable,  that  does  violence  to  well- 
established  psychological  principles.  The  impsychological 
character  of  many  of  the  hypotheses  that  still  abound  in 
ethnological^  sociological^  and  historical  Uterature,  in  itself 
renders  necessary  such  discussions  as  those  comprised  within 
the  present  volume.  One  of  the  very,  valiiable,  even  though 
not  novel,  features  of  thfe  **  Elements,"  therefore,  is  its 
clear  exposure  of  the  untenability,  of  rationalistic  and  other 
similarly  erroneous  types  of  explanation. 

The  dependence  of  folk  psychology,  as  conceived  by  Pro- 
fessor Wundt,  upon  general  psychology — or,  in  this  particidar 
case,  upon  the  author's  system  of  physiological  psychology: — 
will  be  apparent.  It  should  not  be  overlooked,  however,  that 
the  examination  of  the  mental  processes  that  underlie  the 
various  forms  in  which  social  experienoe  comes  to  expression 
involves  a  procedure  which  Supplements,  in  an  important  way, 
the  traditional  psychological  methods.  More  than  this. 
Wundt 's  Völkerpsychologie  is  the  result  of  a  conviction  that 
there  are  certain  mental  phenomena  which  may  not  be  inter- 
preted  satisfactorily  by  any  psychology  which  restricts  itself 
to  the  Standpoint  of  individual  consciousness.  Fimdamental 
to  the  conclusions  of  the  present  volume,  therefore,  is  the 
assumption  of  the  reaUty  of  collective  minds.     For  Pro- 


vfii  TRANSLATOR'S  PREFACE 

fes9or  Wundt,  however,  this  assumption  is  not  in  the  leäst 
of  a  dogmlatic  character.  On  the  contrary,  its  acceptance 
is  neoessitated  by  tbe  failure  of  opposing  theories^  and  its 
validity  is  sustained  by,  the  fact  that  it  renders  intelligible 
a  large  and  important  body  of  facts.  If  this  be  admitted, 
it  foUows  that  folk  p5y,chok>gy,  Supplements  not  merely  the 
methods  of  individual  or  physiological  psycholbgy,  but  also 
its  prindples  and  its  laws.  As  yet,  however^  the  prevailing: 
tendency  of  psychologists,  both  in  England  and  in  America, 
18  to  retain  the  point  of  view  of  individual  consciousness  even 
wben  dealing  with  those  phenomena:  which  Wundt  con- 
siders  to  be  creations  of  the  social  group.  That  this  occurs 
80  frequantly.  withiout  any  apparent  thought  of  the  necessity 
of  justifyingi  the  procedure  is— whether  the  position  itself 
be  right  or  wrong— an  ülustration  of  the  barriers  offered 
by  a  föreign  language. 

For  the  general  leader  who  professes  no  acquaintance 
with  the  nature  or  the  viewpoint  of  psychological  science,  it 
may  not  be  amiss  to  remark  that  the  author  aims,  in  this 
book,  to  present,  not  a  discussion  of  the  philosophical  validity 
of  ideas  or  of  the  ethical  or  religious  value  of  customs  and 
iostitutibns,  but  merely  a  descriptive  account  of  human  de- 
vefepinent.  Tbe  ''  Elements  **  b  an  ättempt  to  answer  the 
question  as  to  what  beliefis  and  practices  actually  pr^evailed 
at  the  various  stages  of  human  development  and  what 
psychological  «zplanation  may  be  given  of  th^n.  Such 
an  investigation  is  qpiite  distinct  from  an  inquiry  as  to 
wheiher  these  beliefs  and  piactices  are  justiiiable.  It  is 
equally  foreign,  moreover,  to  thie  question  as  to  whether 
the  ideas  that  are  entertained  may  be  held  either  to  bring 
US  into  relation  with  trans-subjective  realities  or  to  acquaint 
US  with  a  truth  that  is,  in  any  significant  sense,  etemaL 
ilowever  sacred  or  prolane,  true  or  delusional,  experiences 
may  be  to  the  philosopher,  the  theologian,  or  the  man  of 
practical  «ffain,  to  him  who  is  psychologizing  they  all  alike 


TRANSLATOR'S   PREFACE  ix 

are  mental  phenomena  demanding,  not  evaluation,  but 
Observation,  änalysis,  and  reduction  to  mental  laws.  Wimdt 
explidtly  emirfiasizes  the  fact  that  bis  psycbologicall  accoimt 
neitber  represents  nor  renders  unnecessary  a^  philosophy  of 
bistory  ;  similarly,  it  may  be  added,  the  present  work  is 
neitber  tbe  equivalent  nor  tbe  negation  of  ethics,  juris- 
prudence,  tbeology,  epistemology,  or  metapbysics.  Never- 
tbeless,  wbile  tbe  distinctions  which  we  have  suggested 
sbould  be  strictly  kept  in  mind^  a  just  appreciation  of  tbe 
significance  of  sucb  books  as  the  "  Elements  "  demands 
tbat  we  recognize  tbeir  notable  value  to  all  tbe  various 
pbilosopbical  disciplines.  Works  of  this  sort  succeed  above 
all  otfaers  in  stimulating  and  sustaining  a  keen  empirical 
interest  on  the  part  of  philosophy,  and  they  supply  the 
latter  with  a  fmid  of  carefully  selected  and  psychologically 
interpreted  facts.  Doubtless  it  is  in  connection  with  ethics 
and  tbe  science  of  religion  that  these  Services  are  most 
obvious.  Even  tbe  epistemologist,  however,  will  find  much 
tbat  is  sug%;estive  in  .Wundt's  account  of  the  origin  and 
development  of  language,  the  characteristics  and  content  of 
primitive  thought^  and  tbe  relation  of  mythological  and 
religious  ideas  to  the  affective  and  conative  life.  That  the 
Völkerpsychologie  may  contribute  largely  toward  the  Solution 
of  metapbysical  problems  bas  been  strikingly  demonstrated 
by  Professor  Royce  in  bis  profound  volumes  on  **  The 
Problem  of  Cbristianity." 

Tbe  trials  of  the  translator  have  been  recounted  too 
often  any  longer  to  require  detailed  mention.  President 
G.  Stanley  Hall  bas  suggested  that  the  German  pro- 
clivity  to  the  use  of  long,  involved  sentences,  loaded  with 
qualifying  words  and  phrases,  and  with  Compounds  and 
supplementary  clauses  of  every  description,  may  perhaps 
be  said  to  have  the  merit  of  rendering  language  some- 
wbat  correspondent  with  the  actual  course  of  thought. 
Tbe  significance  of  tbis  Statement  can  be  appreciated  by 


X  TRANSLATOR'S  PREFACE 

HO  one  quite  so  keenly  as  by  a  translator^  for  whöm  the  very 
fact  which  President  Hall  mentions  causes  many  Gernian 
sentences  to  be  objects  of  despair.  In  the  present  instance, 
tfae  endeavour  has  been  to  reproduce  as  faithfuUy  as  possible 
botb  the  meaning  and  the  spirit  of  the  original,  while  yet 
taking  such  liberties  as  seemed  necessary.  either  to  clarify 
certain  passag'es  or  to  avoid  any  serious  ofTence  to  the  English 
langua^e.  In  a  number  of  cases,  no  absolutely  satisfactory 
äquivalent  of  the  German  term  seemed  available.  The 
very  expression  *  folk  psychology/  for  exam^Ie,  may  scarcely 
be  Said  to  commend  itself  in  every  respect.  Its  use  seemed 
unescapable,  however,  in  view  of  the  fact  that  the  author, 
in  his  Introduction,  expressly  rejects  the  terms  Sozialpsy- 
ehologle  and  Qemeinschaftspsychologie  in  favour  of  Völker- 
ßMyehologie.  Bildende  Kunst  has  been  rendered  '  formätive 
art/  not  in  the  belief  that  this  translation  is  wholly  imobjec- 
tionable,  but  because  it  seemed  preferable  to  all  possible 
alternatives,  such  as  '  plastic/  '  shaping/  or,  '  manual '  art. 
Those  Yfbo  are  familiär  with,  or  who  will  take  notice  of, 
the  very  precise  meaning  which  the  present  author  gives 
to  the  terms  Märchen^  Sage,  Legende,  and  Mythus  will 
understand  without  explanation  our  frequent  use  of  the  word 
*  saga  '  and  the  necessity.  of  the  term  '  märchen  ' ,  in  the 
translation.  Wundt  has  always  attached  great  significance 
to  the  distinctions  which  he  has  drawn  between  the  various 
forms  of  the  myth,  and,  m^re  especially,  to  his  contention 
that  the  earliest  and,  in  a  sense,  the  progenitor  of  these 
was  the  märchen.  The  crying  need  of  exact  definition  and 
of  dear  thinking  in  a  field  so  confused  as  that  of  mythology 
led  him,  on  one  occasion,  to  enter  ä  plea  for  a  clear-cut 
and  consistent  terminology  such  as  that  which  he  was 
attempting  to  maintain  {vide  Völkerpsychologie^  Band  V, 
Zweiter  Teil,  Zweite  Auflage,  s.  33).  In  this  instance 
again^  therefore,  it  seemed  best  to  give  to  the  author*s  own 
terms  m  preference  over  words  which,  while  more  familiär 


TRANSLATOR'S   PREFACE 


XI 


to  the  English  reader,  are  less  suited  to  convey  the  precise 
meaning  intended. 

The  most  pleasant  of  the  translator's  duties  consists  in 
acknowledging  the  very.  material  assistance  which  he  has 
received  from  his  wife^  whose  preparation  of  an  enlarged 
index  for  this  English  edition  is  but  the  last  of  many 
Services  which  she  has  rendered  in  connection  with  the 
present  undertaking. 

EDWARD  LEROY  SCHAUB. 

NOSTBWB8TBRN  UNIVBSSITy« 
EVANSTON^  iLUNOia^ 

Octobcr  1915. 


av  PREFACE 

foUows  from  the  vcry  fact  that  our  aim  is  a  synthetic 
survcy.  An  exhaustive  presentation  would  again  involve 
US  in  a  more  or  less  detached  investigation  of  single 
Problems.  A  briefer  exposition,  on  the  other  band,  which 
limits  itself  to  arranging  the  main  facts  along  lines  sug- 
gested  by  the  subject-matter  as  a  whole,  is,  without  doubt, 
better  adapted  both  to  present  a  clear  picture  of  the  develop- 
ment,  and  to  indicate  its  general  amenability  to  law,  the 
presence  of  which  even  the  diversity  of  events  cannot  conceal. 

This  being  my  main  purpose,  I  believed  that  I  might 
at  once  reject  the  thought  of  giving  the  various  facts  a 
proportionate  degree  of  attention.  In  the  case  of  the  better 
known  phenomena,  it  appeared  sufficient  to  sketch  theii; 
place  in  th^  general  development.  That  which  was  fess 
familiär,  however,  or  was  still,  perhaps,  generally  unknown, 
seemed  to  me  to  require  a  more  detailed  discussion.  Hence 
the  föllowing  pages  deal  at  some  length  with  the  forms  of 
original  trihal  Organization  and  of  the  consummation  of 
floarriage,  with  soul,  demon,  and  totem  cults,  and  with  various 
öther  phenomena  of  ja  somewhat  primitive  culture.  On 
the  oiher  hand,  they  describe  in  barest  outline  the  social 
movements  that  reacfa  over  into  historical  times,  such  as 
the  founding  of  States  and  cities,  the  origin  of  legal  Systems, 
and  the  like.  No  inference,  of  course,  should  be  drawn 
from  this  with  regard  to  the  relative  importance  of  the 
phenomena  themselves.  Our  procedure,  in  this  matter,  has 
been  govemed  by  practical  considerations  alone. 

.    The   above   remark  conceming   the    less   familiär  and 

that  which  is  as  yet  unknown,  will  already  have  indicated 

that  folk  psychology  in  general,  and  particu!arly  a  history  of 

relopment  in  terms  of  folk  psychology,  such  as  this  book 

i  to  give,  are  as  yet  föroed  to  rely  largely  on  supposi- 
Hld  hypotheses,  if  they  are  not  to  lose  the  thread  that 
ilte  details.    Questions  similar  to  the  ones  which  we 
Wm  ^|ajM  mentioned  regatding  the  beginnings  of  human 


PREFACE  XV 

Society,  or  others,  which,  though  belonging  to  a  later 
development,  nevertheless  still  fall  within  the  twilight  dawn 
of  history — such,  for  example,  as  those  concerning  the  origin 
of  gods  and  of  religion,  the  development  of  myth,  the  sources 
and  the  transformations  in  meaning  of  the  various  forms  of 
cult,  etc.— are,  of  course,  as  yet  largely  matters  of  dispute. 
In  cases  of  this  sort,  we  are  for  the  most  part  dealing 
not  so  much  with  facts  themselves  as  with  hypotheses 
designed  to  interpret  facts.  And  yet  it  must  not  be  for- 
gotten  that  folk  psychology  rests  on  precisely  the  same 
experiential  basis,  as  regards  these  matters,  as  do  all  other 
empirical  sciences.  Its  position  in  this  respect  is  similar, 
more  particularly,  to  that  of  history,  with  which  it  frequently 
comes  into  touch  in  dealing  with  these  problems  of  origin. 
The  hypotheses  of  folk  psychology  never  refer  to  a 
back'ground  of  things  or  to  origins  that  are  by  nature  in- 
accessible  to  experiential  knowledge  ;  they  are  simply 
assumptions  concerning  ä  munber  of  conjectured  empirical 
facts  that,  for  some  reason  or  other,  elude  positive  detection. 
.When,  for  example,  we  assume  that  the  god-idea  resulted 
from  a  fusion  of  the  hero  ideal  with  the  previously  exist- 
ing  belief  in  demöns,  this  is  an  hypothesis,  since  the  direct 
transition  of  a  demoi>  into  a  god  can  nowhere  be  pointed 
out  with  absolute  certainty.  Nevertheless,  the  conjectured 
process  möves  on  the  factual  plane  from  beginning  to 
end.  Thfe  same  is  true,  not  merely  of  many  of  the 
Problems  of  folk  psychology,  but  in  the  last  analysis  of 
almost  all  questions  relating  to  the  beginning  of  particular 
phenomena.  In  such  cases,  the  result  is  seldom  based  on 
actiially  given  data — these  are  inaccessible  to  direct  Observa- 
tion, leaving  psychological  probability  as  our  only  guide. 
That  is  to  say,  we  are  driven  to  that  hypothesis  which 
is  in  greatest  consonance  with  the  sum  total  of  the 
known  facts  of  individual  and  of  folk  psychology.  It  is 
this  empirical  task,  constituting  a  part  of  psychology  and, 


XVI 


PREFACE 


at  the  samc  tune,  an  application  of  it,  that  chiefly 
differentiates  a  psychologicial  history  of  development,  such 
as  the  following  work  alms  briefly  to  present,  from  a 
philosophy  of  history.  In  my  opinion,  the  basis  of  a 
philosophy  of  history  should  henceforth  be  a  psychological 
history  of  developmentj  though  the  latter  should  not  intrude 
upon  the  particular  problems  of  the  former*  The  con- 
cluding  remarks  of  our  final  chapter  attempt,  in  a  few 
sentences,  to  indicate  this  connection  of  a;  psychological 
history  of  development  with  a '  philosophy  of  historical 
development,  as  it  appears  from  the  point  of  view  of  the 
general  relation  of  psychology  to  philosophical  problems. 


LEtmOf 


W,  WÜNDT. 


•  I 


f    • 


(    . 


CONTENTS 

PAOB 

TIUmLATOR'S  PREFACB         .  .  .  I  .V 

PRSFACB        ;•••••••     xiii 

INTRODUCnON  .......  I 

History  and  taak  of  folk  psychology— Its  relation  to  ethnology— Ana- 
lytic  and  syntbetic  methods  of  exposition^Polk  psychology  as  a 
psychological  history  of  the  development  of  maokind^Division  into 
fonr  maiQ  periods. 


CHAPTER  I 
PRIMITIVE  MAN 

X.    THE  DISCOVERY  OF  PRIMITIVE  ICAN  .  •  .II 

Early  philosophical  hypotheses— Prehistoric  remains— Schwdnfurth's 
disoovery  of  the  Pygmies  of  the  Upper  Congo— The  Negrito«  of  the 
Philippines,  the  inland  tribes  of  Malacca,  the  Veddahs  of  Ceylon. 

2.  THE    CULTURE    OF    PRIMITIVE    MAN    IN    ITS    EXTERNAL    EX-        JJ 

PRESSIONS    ....... 

Dress,  habitatlon,  food,  weapons — Discovery  of  bow  and  arrow— 
Acqnisition  of  fire->Relative  significance  of  the  concept '  primitive.' 

3.  THE  ORIGIN  OF  MARRIAGE  AND  THE  FAMILY    .  -34 

Bachofen's  "  Mother-right "  and  the  h>TX)thesis  of  an  original  pro- 
miscnity— Group-marriage  and  the  Malayan  systcm  of  rclationship — 
Erroneous  interprctation  of  thcsc  phenomena— Polygyny  and  poly- 
andry— The  monogamy  of  primitive  people«. 

4.  PRIMITIVE  SOCIETY  ......        50 

The  primitive  horde— Its  relation  to  the  anlmal  herd— Single  family 
aad  tribc— Lack  of  tribal  organixation. 

«vtt 


xviü  CONTENTS 

PAGB 

5.  THE  BEGINNING8  OF  LANGUAGE  .  .  -53 

Langoages  of  primitive  tribcs  of  to-day— The  gesture-languagc  of  the 
deaf  and  domb,  and  of  certain  peoples  of  nature— The  signs  of  natural 
gestore-langnage— Its  syntax— General  condusions  drawn  from 
gestore-language. 

6.  THE  THINKING  OF  PRIMITIVE  MAN         .     ,         .  .68 

The  Soodan  langnages  as  ezamples  of  relatively  primitive  modes  of 
thinking— The  so-called'roots'as  word»— The  concrete  character  of 
primitive  thoaght— Lack  of  grammatical  categories— Primitive  man's 
thinking  perceptnal. 

7.  EARUBST  BELIBFS  IN  MAGIC  AND  DEMONS  .  -75 

Indefiniteness  of  the  conoept  *  religion '— Polytheistic  and  monothe- 
istic  theories  of  the  origin  of  religion— Conditions  among  the 
Pygmies— Belief  in  magic  and  demons  as  the  content  of  primitive 
thoQgJht— Death  and  sicknes«— The  corporeal  soul-— Dress  and  objects 
of  personal  adoniment  as  instmments  of  magic— The  caosality  of 
maglc    , 

8.  THE  BEGINNINGS  OF  ART  •  •  .  •       94 

The  art  of  dancing  among  primitive  peoples— Its  impbrtance  as  a 
means  of  magic— Its  accompaniment  by  noise-mstruments^-The 
dance-song— The  b^nnings  of  musical  Instruments— The  bull-roarer 
and  the  rattle— Primitive  omamentation— Relation  between  the  Imita- 
tion ol  objects  and  simple  geometrical  drawings  (conventionalization) 
—The  painting  ol  Üie  Bushmen— Its  natore  as  a  memorial  art 

9.  THB  INTBLLECTÜAL  AND   MORAL  CHARACTERISTICS  OF  PRIM- 

ITIVE MAN    •  •  .109 

Fteedom  from  wants— Significance  of  Isolation— Capacity  for  observa- 
tion  and  reflcction— No  inferiority  as  to  original  endowment  demon- 
strabte-Negative  natnre  of  the  moraüty  of  primitive  man— Dcpen- 
denoe  upon  the  cnvironinent 


CHAPTER   II 
THE  TOTEMIC  AOE 


THB  OBNBRAL  CHARACTER  OF  TOTEMI8M 
The  w«d '  totem  '-Ihi  significance  for  cntt^Tribal  «'«^«^f  «^'^  ^"^ 
the  intftetk«  of  chkftainSip-T  ^^  ownership  of  land 

-TlMLiieeQfhoeK»ltiireandof  dcanimai«. 


116 


CONTENTS  xix 

PAGB 

2.  THE  STAGES  OF  TOTEMIC  CULTURE    .      .      .      .122 

Anstralian  cultare — Its  low  level  of  economic  life — Its  complicated 
trifaal  oiganizadon— Perfected  weapons—Malayo-Polynesian  culture— 
^  Tbe  origin  and  migrations  of  the  Malays— Celestial  elements  in  Malayo- 
Polynesian  mythology — The  culture  of  the  American  Indians  and  its 
distinctive  featores— Perfection  of  totemic  tribal  Organization— Decline 
of  totem  cults — ^African  cultures — Increased  importance  of  cattle 
raising — Development  of  despotic  forms  of  rulership— Survivals  of 
totemism  in  the  Asiatic  world. 

3.  TOTEMIC  TRIBAL  ORGANIZATION  ....      I40 

Similarity  in  the  tribal  organizations  of  the  Australians  and  the 
American  Indians — ^Totem  groups  as  cult  assodations — Retrogression 
in  America — ^The  totem  animal  as  a  coat  of  arms — ^The  prindple  of 
dual  division — Systems  consisting  of  two,  four,  and  eight  groups. 

4.  THE  ORIGIN  OF  EXOGAMY  .....      I44 

Unlimited  and  limited  exogamy^Direct  and  indirect  matemal  or 
patemal  desoent — Effects  upon  marriage  between  relatives — Hy- 
potheses  conceraing  the  origin  of  exogamy — Hygienic  theory — 
Marriage  by  capture. 

5.  MODES  OF  GONTRACTING  MARRIAGE  -155 

Marriage  by  peaceful  capture  within  the  same  kinship  group— Ex- 
ogamous  marriage  by  batter— Marriage  by  purchase  and  marriage  by 
contract — Survivals  of  marriage  by  capture. 

6.  THE  CAUSES  OF  TOTEMIC  EXOGAMY  -159 

Relation  of  clan  division  to  totem  groups — Totem  friendships — 
Parental  and  traditional  totem  alliances — The  rise  of  exogamy  with 
direct  and  with  indirect  matemal  or  patemal  descent 

7.  THE  FORMS  OF  POLYGAMY  .  .  .  .      166 

Origin  of  group-marriage — Chief  wife  and  secondary  wives— Poly- 
andry  and  polygyny  and  their  combination— The  prevalence  and 
causes  of  these  forms  of  marriage. 

8.  THE  DEVELOPMENTAL  FORMS  OF  TOTEMISM   •  -173 

Two  principles  of  Classification — ^Tribal  and  individual  totemism~Con- 
ception  and  sex  totemism — ^Animal  and  plant  totemism — Inanimatc» 
totems  (churingas)— Relation  to  anoestor  worship  and  to  fetishism. 

9.  THE  ORIGIN  OF  TOTEMIC  IDEAS  •  .  .      'S/ 

Theories  based  on  names— Spencer  and  Lanf— Frazer's  theory  of 
conception  totemism  as  the  origin  ot  totemim— The  animal  trans- 
formations  of  the  breath  soul— R^sdkns  to  aoal  belief— Soul  animals 
as  totem  animals. 


xt  CONTENTS 

PAOI 

10.  THE  LAW8  OF  TABOO    .  •  «193 

The  conoept  *taboo*  — The  taboo  in  Polynesia— The  taboo  of 
mother-in-Uw  and  father-in-law— Connection  with  convade— The 
sacred  and  the  impure— Ritet  of  purification— Fire,  water,  and  magical 
transference. 

11.  SOUL  BELIEF8  OF  THE  TOTBMIC  AOE  .  .  .204 

The  psyche  as  a  breath  and  shadow  soul— Its  relation  to  the  corporeal 
8oul— Chief  bearers  of  the  corporeal  soul — Modes  of  disposition  of  the 
dead. 

12.  THE  ORIOIN  OF  THE  FBTI8H    .....     220 

Petiahes  in  totem  cnlt— Attainment  of  independence  by  fetishism — 
Petishes  as  the  earliest  forau  of  the  divine  image^Retrogressive 
development  of  cnlt  objects— Petish  cult  as  a  cnlt  of  magic  and  demons 
— Amnlet  and  talisman 

13.  THE  ANIICAL  ANCE8T0R  AND  THE  HUMAN  ANCBSTOR  .     230 

The  Mura-Mnra  legend»  of  the  Anstralians— The  animal  ancestor— 
Transition  to  the  hnman  ancestor— Relation  to  disposal  of  the  corpse 
and  to  cnlts  of  the  dead — Surviving  inflnences  of  totemism  in  ancestor 
cnU. 

14.  THE  TOTEICIC  CULTS     ......     236 

Gnstoms  relating  to  diH>osition  of  the  corpse  and  to  sacrifices  to  the 
dead — Initiation  into  manhood— Vegetation  cnlts^Australian  Intichi- 
nma  festivals— Cnlts  of  the  soll  at  the  stage  of  hoeKnilture— Underlying 
fulor  of  oommonity  of  laboor— Unification  of  cnlt  purposes  and  their 
oonbination  with  incipient  deity  cnlts. 

15.  THE  ART  OF  THE  TOTEMIC  AGE  ....     256 

Titooing— Ceramics— Constmction  of  dwellings— Pole-honses— The 
oantmODlal  danoe— Inttnnnents  of  ooncnssion  and  wind  instruments— 
Cott-aongs  and  wocfc-iong»— The  märchen-myth  and  its  developmental 


CHAPTBR   III 

THE  AQB  OF  HBROES  AND  GODS 

I.    OBHBSAL  CHARACTBR  OF  THE  HEROIC  AGE  .281 

JHUnJirwicn  ol  the  Indifidual  penonaltty— The  hero  an  ideal  hnman 
hth^tttgodankfarihcim  Chimei  in  economic  life  and  insociety 
—TbftriNofttie  Statt. 


CONTENTS  xxi 

PAOI 

a.    TBB  EZTBRNAL  CCLTURB  OF  THE  HEROIC  ACE  •  .     286 

Polk  migration  and  the  founding  ot  States— PIongh-cnlture—Breeding 
of  domestic  animalt^The  wagon— The  taming  of  cattle— The  oz  as  a 
dranght  animal— The  production  of  milk— Relation  of  theae  achieve- 
ments  to  cnlt— Warfare  and  weapons — Rise  of  private  property— » 
Colonization  and  trade. 

3.  THE  DEVELOPMENT  OF  POLITICAL  SOCIETY       .  .  .      302 

The  place  oi  the  State  in  the  general  development  of  society— The 
dnodedmal  and  the  dedmal  83r8tems  in  the  Organization  of  political 
Society—- The  mark  commanity  and  military  Organization. 

4.  FAMILY  ORGANIZATION  WITHIN  POLITICAL  SOCIETY       .  «SU 

The  Joint  family— The  patriarchal  family— Patemal  descent  and 
patemal  dominance— Reappearance  of  the  monogamous  family. 

5.  THE  DIFFERENTIATION   OF  CLASSES         ....      316 

Common  property  and  private  property — The  conquering  race  and  the 
snbjngated  popnlation — Distinction  in  rank  and  property— The  in- 
flaence  ol  State  and  of  legal  System. 

6.  THB  DIFFERENTIATION  OF  VOCATIONS   .  .  •     32I 

The  priesthood  as  combining  class  and  vocation— Military  and  political 
activity— Agricnltore  and  the  Iower  vocations— The  gradual  equaliza- 
tion  of  respect  accorded  to  vocations. 

7.  THE  ORIGIN  OF  CITIES  ......      323 

The  original  development  of  the  dty — Castle  and  temple  as  the  signs 
of  a  dty— The  guardian  deity  of  dty  and  State — Secondary  devdop- 
ments. 

8.  THE  BEGINNINGS  OF  THE  LEGAL  8YSTBM  .  .  327 

Cnstom  and  law— Civil  law  as  the  origmal  province  of  law— Political 
and  rdlgions  factors— The  coondl  of  eiders  and  the  chieftain— The 
arbitrator  and  the  appointed  jndge— The  religious  sanction  of  legal 
practices. 

9.  THB  DEVELOPMENT  OF  PENAL  LAW   ....   338 

Blood  revenge  and  its  replacement— Wergild— Right  of  sanctuary- 
Development  of  imprisonment  out  of  private  custody  of  wrongdoer — 
The  Jus  Ta/firnfs— Increase  in  complexity  of  rewards  and  punish- 
ments. 

IG.     THE  DIFFERENTIATION  OF  LEGAL  FUNCTIONS  .  .      347 

Division  of  the  iudidal  fandfon— Influence  of  sodal  Organization— 
Logical  Classification  of  forms  of  the  State  lacking  in  genetic  signifi- 
cance — Development  of  constitutions  out  of  history  and  custom. 


neu  CONTENTS 

PAOI 

U,    THE  ORIOIN  OF  GODS  .  .  .  -351 

D^eneration  theories  and  devdopmental  theories— Hypothese*  of  an 
original  monotheism  or  polytheism — Theory  based  on  nature-myth- 
ology— Demon  theory  of  Uaener— Characterisücs  distinguishing  the 
god  from  the  deinon  and  the  hero— The  god  at  the  result  of  a  f usion  of 
ideal  hero  and  demon. 


12.  THE  HERO  8AQA  •  .  •  •  -374 

The  hero  of  saga  and  the  hero  of  mi&rchen— The  pnrely  mythical  and 
the  historical  hero  saga— Magic  in  märchen  and  saga— The  religioua 
legend— The  saint  l^end. 

13.  COSIIOOONIC  AND  THBOGONIC  MYTHS  •  .  «384 

The  gods  as  demoniacal  being»— Their  stmggle  with  the  demons  of 
earliest  thnet— Mytht  of  creation— Sagas  of  flood  and  of  universal 
oonflagration— Myths  of  world-destrodion. 


14.     THE  BBLISP  IN  SOULS  AND  IN  A  WORLD  BBYOND     .  .      394 

Seqnence  of  ideas  of  the  beyond— The  spirit-vülage — ^The  Islands  of 
the  blessed— Myths  of  the  nnderworld— Distinction  between  dwelling- 
places  of  sools — Elysiom — ^The  nnderworld  and  the  celestial  regions — 
Pnrgatory— Cnlts  of  the  beyond— The  oonoeption  of  salvation— Trans- 
migration  of  sools. 


15.    THE  ORIOIN  OF  DBITY  CULT8  •  .  .  •414 

Rdation  of  myth  and  cntt— RdigioQS  significance  of  cult— Vegetation 
colts— Union  of  cnlt  pnrpotes    Mystcry  cults. 


16.    THE  FORMS  OF  CULT  PRACTICES  ....     426 

Pkmyer— Oonjimtion  and  the  prayer  of  petition— Prayer  of  thanln- 
ghrlng— Fraise— The  penitentlal  psahn—Sacrifice— Purpose  of  sacrifice 
origiiially  magical— Jewish  peaoe-offering  and  sin-offering— Develop- 
ment of  conception  of  gift— Connection  between  value  and  sacrifice— 
Votive  and  consecratlon  gifts— Sacrifice  of  the  first  fruits— Sanctifica- 
tion  oeremonies — Means  of  Instration  as  means  of  sanctification — 
Water  and  fire — ^Baptism  and  drcumdsion — ^Magical  sanctification— 
Haaian  sacrifice  as  a  means  of  sanctification. 


17.    THE  ART  OF  THE  HEROIC  ACE  -44^ 

Temple  aad  palaoe— The  homan  figure  as  the  subject  of  formative  art 
—Art  as  generlc  and  as  indiTidnaliring- The  appreciation  of  the 
signlfiGaotH-Espression  ol  snbjective  mood  in  landscape  painting— 
The  cpiG— Ita  inlliience  vpoa  the  cnlt-song— The  drama— Music  as  an 
aooessoiy  and  as  an  independent  art 


CONTENTS  xxiü 

CHAPTER   IV 
THE    DEVELOPMENT   TO   HUMANITY 

PAGE 

1.  THE  CONCEPT  *  HUMANITY '  .  .     470 

Herder's  idea  of  humanity  as  the  goal  of  history — The  concepts  *  man- 
Idnd'  and  *  human  nature' — Humanity  as  a  value-concept — The  idea 
of  a  cultural  Community  of  mankind  and  its  developmental  forms. 

2.  WORLD  EMPIRES  ......     478 

The  empires  of  Egypt  and  of  Western  Asia — The  monarch  as  ruler  of 
the  World— The  ruler  as  deity— Apotheosis  of  dcceased  rulers — Under- 
lying  cause  of  formation  of  empires— Disappearance  of  world  empires 
from  history. 

3.  WORLD  CULTURE  ......     484 

The  World  dominion  ol  Alezander— Greek  as  the  universal  language — 
Writing  and  speech  as  factors  ol  culture — ^Travel  as  symptomatic  of 
cultore— Hellenistic  world  colture  and  its  results— The  culture  of  the 
Renaissance— Cosmopolitanism  and  individualism. 

4.  WORLD  RELI6I0NS  ......     494 

Unity  of  the  world  of  gods — Cult  of  i£sculapius  and  cults  of  the 
beyond— Their  transition  into  redemption  cults — Buddhism  and 
Christianity — Development  of  the  idea  of  a  superpersonal  deity — 
The  incamate  god  as  the  representative  of  thls  deity— Three  aspects 
of  the  concept  '  representative.' 

5.  WORLD  HISTORY  ......     509 

Twofold  significance  of  the  concept  'history' — History  as  self- 
consdous  ezperience — ^The  r6le  of  will  in  history— Prehistoric  and 
historic  periods— Influence  of  world  culture  and  world  religions  on 
the  rise  of  the  historical  consdousness— The  phüosophy  of  history— 
Its  relation  to  a  psychological  history  of  the  development  of  mankind. 

INDEX  «•••••••     525 


ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY 


INTRODUCTION 

The  Word  *  Völkerpsychologie '  (folk  psychology)  is  a  new 
Compound  in  our  [the  German]  language.  It  dates  back 
scarcely  farther  than  to  about  the  middle  of  the  nine- 
teenth  Century.  In  the  literature  of  this  period,  however, 
it  appeared  with  two  essentially  different  meanings.  On 
the  one  band,  the  term  *  folk  psychology '  was  applied 
to  investigations  conceming  the  relations  which  the  in- 
tellectual»  moral^  and  other  mental  characteristics  of  peoples 
sustain  to  one  another,  as  well  as  to  studies  conceming 
the  influence  of  these  characteristics  upon  the  spirit  of 
politicSy  art,  and  literature.  The  aim  of  this  work  was 
a  characterization  of  peoples,  and  its  greatest  emphasis 
was  placed  on  those  cultural  peoples  whose  civilization  is 
of  particular  importance  to  us— -the  French,  English, 
Germans,  Americans,  etc.  These  were  the  questions  of 
folk  psychology  tbat  claimed  attention  during  that  period, 
particularly,  to  which  literary  history  has  given  the  name 
"  young  Germany."  The  clever  essays  of  Karl  Hille- 
brand  <m  Zelten^  Völker  and  Menschen  (collected  in 
eight  volumes,  1885  ff.)  are  a  good  recent  example  of 
this  sort  of  investigation.  We  may  say  at  the  outset  that 
the  present  work  foUows  a  radically  different  direction  from 
that  pursued  by  these  first  studies  in  folk  psychology. 

Practically  coincident  with  the  appearance  of  these 
earliest  studies,  however,  was  a  radically  different  use 
of  the  term  'folk  psychology.'  The  mental  sciences 
began  to  realize  the  need  of  a  psychological  basis  ; 
where  a  servicesd>le  psychology  did  not  exist,  they  feit 
it    necessary    to   establisb    an    independent    psycholoR«^«^^ 

2 


2  ELEMENTS  OE  FOLK   PSYCHOLOGYj 

foundation  for  their  work.  It  was  particularly  in  connection 
with  the  Problems  of  philology  and  mythology,  and  at  about 
the  middle  of  the  Century,  that  the  idea  gradually  arose  of 
oombining  into  a  unified  whole  the  various  results  concern- 
ing  the  mental  development  of  man  as  severally  viewed  by 
language,  religion,  and  custom.  A  philosopher  and  a  phil- 
ologist,  Lazarus  and  Steinthal,  may  claim  credit  for  the 
Service  of  having  introduced  the  term  '  folk  psychology.  • 
to  designate  this  new  field  of  kliowledge.  All  phenomena 
with  which  mental  sciences  deal  are,  indeed,  creations  of 
the  social  Community.  Language,  for  example,  is  not  the 
acddental  dlscovery  of  an  individual ;  it  is  the  product 
of  peoples,  and,  generally  speaking,  there  are  as  many 
different  languages  as  there  are  originally  distinct  peoples. 
The  siame  is  true  of  the  beginnings  of  art,  of  mythology, 
and  of  custom.  The  natural  religions,  as  they  were  at 
one  time  called,  such  as  the  religions  of  Greece,  Rbme> 
and  the  Germanic  peoples,  are,  in  truth,  folk  religions  ; 
each  of  themt  is  the  possession  of  a  folk  community,  not, 
of  course,  in  aU  details,  but  in  general  outline.  To  us  this 
iact  has  come  to  appear  somewhat  stränge,  because  in  our 
afe  diese  universal  mental  creations  have  already  long  tran- 
icended  the  limits  of  a  single  people.  Though  this  is  true, 
k  does  not  imply  that  the  folk  comknunity  is  not  really 
tbe  original  source  of  these  mental  creations.  Now,  in 
tbe  works  of  Lazarus  and  Steinthal  and  in  the  Zeitschrift 
fit  yUker Psychologie  und  Sprachwissenschaft  edited  by 
üitaai  and  appearing  in  twenty  volumes  from  1860  aa,  the 
oonception  had  not  as  yet,  it  is  true,  received  the  precise 
definition  that  we  must  give  it  to-day.  N.evertheless,  a 
beginning  was  made,  and  the  new  venture  was  successfuUy 
lannched  along  several  different  lines.  Some  uncertainty 
still  prevailed,  espedally  with  regard  to  the  relation  of  these 
studies  to  philosophy,  and  as  to  the  method  which  psychology 
must  follow  when  thus  carried  over  into  a  new  field.  It 
was  only  giadually,  as  the  psychologica)  point  of  view  gained 
Ifround  in  the  special  fidds  of  research,  that  this  condition 
was  impmved.    To-day»  doubtless,  folk  psychology  may  be 


INTRODUCTIOK  f3 

regarded  as  a  branch  of  psychology  concerning  whose  justi- 
fication  and  problem  there  can  no  longer  be  dispute.  Its 
Problem  relates  to  those  mental  products  which  are  created 
by  a  Community  of  human  life  and  are,  therefore,  inexplic- 
able  in  terms  merely  of  individual  consciousness,  since  they 
presuppose  the  reciprocal  action  of  many.  This  will  be  for 
US  the  criterion  of  that  which  belongs  to  the  consideration  of 
folk  psychology.  A  language  can  never  be  created  by  an  indi- 
vidual. True,  individuals  have  invented  Esperanto  and  other 
artificial  languages.  Unless,  however,  language  had  already 
existed,  these  inventions  would  have  been  impossible.  More- 
over,  none  of  these  languages  has  been  able  to  maintain 
itselfy  and  most  of  them  owe  their  existence  solely  to 
Clements  borrowed  from  natural  languages.  How,  again, 
could  a  religion  have  been  created  by  an  individual?  There 
have,  indeed,  been  religions  whose  founders  were  individual 
men :  for  example,  Christianity,  Buddhism,  and  Islamism. 
But  all  these  religions  rest  on  earlier  foundations  ;  they  are 
elaborations  of  religions  motives  arising  within  particular 
folk  conununities.  Thus,  then,  in  the  analysis  of  the  higher 
mental  processes,  folk  psychology  is  an  indispensable  Supple- 
ment to  the  psychology  of  individual  consciousness.  Indeed, 
in  the  case  of  some  questions  the  latter  already  finds  itself 
obliged  to  fall  back  on  the  principles  of  folk  psychology. 
Nevertheless,  it  must  not  be  forgotten  that  just  as  there  can 
be  no  folk  Community  apart  from  individuals  who  enter  into 
reciprocal  relations  within  it,  so  also  does  folk  psychology, 
in  tum»  presuppose  individual  psychology,  or,  as  it  is  usually 
called,  general  psychology.  The  former,  however,  is  an  im- 
portant  Supplement  to  the  latter,  providing  principles  for  the 
Interpretation  of  the  more  complicated  processes  of  individual 
oonsciousness.  It  is  true  that  the  attempt  has  frequently 
been  made  to  investigate  the  complex  functions  of  thought 
on  the  basis  of  mere  introspection.  These  attempts,  however, 
have  always  been  unsuccessful.  Individual  consciousness  is 
whoUy  incapable  of  giving  us  a  history  of  the  development 
of  human  thought,  for  it  is  conditioned  by  an  earlier  histo~ 
concerning  which  it  cannot  of  itself  give  us  any  knowl 


4  ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

For  this  reason  we  must  also  reject  the  notion  that  child 
psychology  can  solve  these  ultimate  problems  of  psycho- 
genesis.  Among  cultural  peoples,  the  child  is  surrounded  by 
influences  inseparable  from  the  processes  that  arise  spon* 
taneously  within  its  own  consciousness.  Folk  psychology, 
however,  in  its  investigation  of  the  various  stages  of  mental 
development  still  exhibited  by  mankind,  leads  us  along 
the  path  of  a  true  psychogenesis.  It  reveals  well-defined 
primitive  conditions,  with  transitions  leading  through  an 
almost  continuous  series  of  intennediate  steps  to  the  more 
developed  and  higher  civilizations.  Thus,  folk  psychology 
is^  in  an  important  sense  of  the  word,  genetic  psychology. 

In  view  of  the  g^ieral  nature  of  the  task  of  the  science, 
objection  has  sometimes  been  raised  to  its  being  called  folk 
psychology.  For,  the  study  is  concemed»  not  merely  with 
peoples  but  also  with  more  restricted,  as  well  as  with  more 
oomprehensive,  social  groups.  Family,  group,  tribe,  and  local 
Community,  for  example,  are  more  restricted  associations  ; 
on  the  other  band,  it  is  to  the  union  and  reciprocal  activity 
of  a  number  of  peoples  that  the  highest  mental  values  and 
attainments  owe  their  origin,  so  that,  in  this  case,  folk 
psychology  really  becomes  a  psychology  of  mankind.  But 
it  is  seif -evident  that,  if  it  is  not  to  fade  into  indeiiniteness, 
a  term  such  as  *  folk  psychology '  must  be  formulated  with 
reference  to  the  most  important  conception  with  which  it 
has  to  deal.  Moreover,  scarcely  any  of  the  proposed 
emendations  are  practicable.  *  Qemeinschafts Psychologie  ' 
(oonmmnity  psychology)  may  easily  give  rise  to  the  mis* 
conception  -  that  we  are  concemed  primarily  with  such 
communities     as      differ     from     the     folk     Community ; 

*  Sozitttpsychotogie  *  (social  psychology)  at  once  reminds 
US  of  modern  sociology,  which,  even  in  its  psychological 
(diases,  usuaUy  deals  exclusivety  with  questions  of  modern 
cultural  life.  In  an  account  of  the  total  development  of 
mental  life,  however— and  this  is  the  decisive  consideration 
—die  '  folk  *  is  the  most  important  collective  concept  and 
the    one    wtth    which    all    others    are    associated.      The 

*  folk  *  embraces  families,  dasses,  clans,  and  groups.    These 


INTRODUCTION  5 

various  communities  are  not  exciuded  from  the  concept 
•  folk/  but  are  included  within  it.  The  tcrm  *  folk 
psychology '  Singles  out  precisely.  the  folk  as  the  decisive 
factor  underlying  the  fundamental  creations  of  the  Com- 
munity. 

AVhen  this  point  of  view  is  taken,  the  question,  of  course, 
arises  whether  the  problem  thus  assigned  to  folk  psychology 
is  not  already  being  solved  by  ethnology,  the  science  of 
peoples,  or  whether  it  ought  not  to  be  so  solved.  But  it 
nmst  be  borne  in  mind  that  the  greatly  enlargied  scope  of 
modern  ethnology,  together  with  the  increased  number  and 
the  deepened  character  of  its  problems,  necessarily  pre- 
cludes  such  a  psychological  investigation  as  falls  to  the  task 
of  folk  psychology.  I  may  here  be  allowed  to  refer  to 
one  who,  perhaps  more  than  any  other  recent  geographer, 
has  fcalled  attention  to  this  extension  of  ethnological 
Problems— Friedrich  Ratzel.  In  his  treatise  on  anthropog- 
raphy  and  in  a  number  of  scattered  essays  on  the  cultural 
creations  of  peoples,  Ratzel  has  shown  that  ethnology  must 
not  only  account  for  the  characteristics  and  the  habitats  of 
peoples,  but  must  also  investigate  how  peoples  originated 
and  how  they  attained  their  present  physical  and  mental 
Status.  Ethnology  is  the  science  of  the  origin  of  peoples,  of 
their  characteristics,  and  of  their  distribution  over  the  earth. 
In  this  set  of  problems,  psychological  traits  receive  a 
relatively  subordinate  place.  Apparently  insignificant  ärt 
products  and  their  modifications  may  be  of  high  importance 
in  the  determination  of  former  migrations,  fusions,  or  trans- 
ferences.  It  is  in  this  way  that  ethnology  has  been  of  valuable 
Service  to  history,  particularly  in  connection  with  prehistoric 
man.  The  central  problem  of  ethnology  concems  not  only 
the  present  condition  of  peoples,  but  the  way  in  which  they 
originated,  changed,  and  became  diflferentiated.  Folk 
psychology  must  be  based  on  the  results  of  ethnology  ;  its 
own  psychological  interest,  however,  inclines  it  to  the 
problem  of  mental  development.  Though  of  diverse  origins, 
peoples  may  nevertheless  belong  to  the  same  group  as  regards 
the  mental  level  to  which  they  have  attained.    Conve« 


6  ELEMENTS  OE  FOLR  PSYCHOLOGYi 

peoples  who  are  ethnologically  related  may,  psychologically 
speaking,  represent  very  different  stages  of  mental  culture. 
Thecethnologist,  for  example,  regards  the  Magyars  and 
the  Ostiaks  of  Obi  as  peoples  of  like  origin.  ^  Psycho- 
logically,  they  belong  to  different  groups  :  the  one  is  a 
cultural  people,  the  other  is  still  relatively  primitive.  To 
the  folk  psychologist,  faöwever,  '  primitive  '  always  means  the 
psychologically  primitive— not  that  which  thc^  ethnologist 
regards  as  original  from  the  point  of  view.  of  the  genealogy 
of  peoples.  Thus,  folk  psychologyj  draws  upon  ethnology, 
while  the  latter,  in  turn,  must  invoke  the  aid  of  the  former 
in  investigating  mental  characteristics.  The  problems  of 
die  two  sciences,  however,  are  fundamentally  different. 

In  fulfilling  its  task,  folk  psychology  may  pursue  different 
methods.  iThe  course  that  first  suggests  itself  is  to  single 
out  one  important  phenomenon  of  community  life  after 
another,  and  to  trace  its  development  after  the  usual  pattera 
of  general  psychology  in  its  analysis  of  individual  con- 
fidousness.  For  example,  an  attempt  is  made  to  trace  the 
psychological  development  of  language  by  the  aid  of  the  f  acts 
of  linguistic  faistory.  This  psychology.  of  language  is  then 
foUowed  by  a  study  of  the  development  of  art,  from  its  begin- 
nings  among  primitive  races  down  to  its  early  manifestä- 
tions  among  cultural  peoples,  at  whidi  point  its  desctiption  is 
taken  up  by  the  history  of  art.  Myth  and  religion  are  simi- 
larly  investigated  as  regards  the  (development  of  their  charac- 
teristics, their  reciprocal  relations,  etc.  This  is  a  method 
which  considers  in  longitudinal  sections,  as  it  were,  the  total 
oourse  of  the  development  described  by,  folk  psychology., 
For  a  somewfaat  intensive  analysis  this  is  the  most  direct 
uode  of  procedüre.  But  it  has  the  objection  of  severing 
mental  development  into  a  number  of  separate  phases, 
whereas  in  reality,  these  are  in  constant  interrelation.  Indeed, 
tibe  various  mental  expressions,  particularly  in  their  earlier 
stages,  are  so  intertwined  that  they  are  scarcely  separable 
froktt  one  anotber.  Umguage  is  influenced  by  myth,  art 
is  a  factor  in  mytb  di^velopment,  and  custotns  and  usages 
are  everywhsrci  sustainied  by  mythological  conceptions. 


iXTRODUcnox  : 

But  there  is  also  a  secoad  pa-ii  cf  ±.Tz^^rLZizz,  ird 
it  is  this  which  the  presenr  work  a-izpcf.  I:  zzz^^zs — :: 
retain  the  image  uscd  above — in  zikiz^g  zrirsr^zs^  zis-.iid 

of  longitudinal  sections,  that  is,  in  r*^sardnr  :le  zmz.  r--Lr*s 
of  the  develoiHnent  with  which  folk  pr.- ihclirj  -f  r:*- 
cemed  in  their  sequence,  and  eaih  iz  üi-e  ::iä1  ±::tr::-- 
nection  of  its  phoiomena.  Our  nn:  :=^.  -jistz.  —ziLi  b^ 
the  investigation  of  primitive  man.  \Ve  ms:  se^i  a  ^rrch:- 
logical  ezplanation  of  the  thoujht,  o^'.i^i,  sjii  i:r.:r.  cf 
primitive  man  on  the  basis  of  •iie  fa-s  r^pplief  ry 
ethnology.  As  we  proceed  to  more  advAriei  siazer..  c:S- 
culties  may,  of  oourse,  arise  wü  regari  :d  :he  cel-.ir.::i- 
tion  of  the  various  periods  ;  indee-i  ::  'sriL  5-rar:el/  be 
possible  to  avoid  a  certain  arbirrahness,  in^n-ch  as  the 
processes  are  continuous.  The  life  of  ü:e  i::d:-.-:duai  person 
also  docs  not  fall  into  sharply  d:5:is3t  periods.  Ju5t  as 
childhood,  youth,  and  manhood  are  siages  in  a  cor-tinuous 
growth,  so  also  are  the  various  eras  in  the  deveIopn:er.t  of 
peoples.  Yet  there  are  certain  ideas,  cmotions,  and  Springs 
of  action  about  which  the  various  phenomena  group  them- 
selves.  It  is  these  that  we  must  single  out  if  the  content  of 
folk  psychology  is  to  be  classified,  with  any  measure  of  satis- 
faction,  according  to  periods.  Moreover,  it  should  be  par- 
ticularly  noticed  that,  in  starting  our  discussion  with  primitive 
man,  as  we  naturally  mnst,  the  term  '  primitive  '  is  to  be 
taken  relatively,  as  representing  the  lowest  grade  of  culture, 
particularly  of  mental  culture.  There  is  no  specific  ethno- 
logical  characteristic  that  distinguishes  this  primitive  stage 
from  those  that  are  more  advanced  ;  it  is  only  by  reference 
to  a  number  of  psychological  traits,  such  as  are  indicative 
of  the  typically  original,  that  we  may  determine  that  which 
is  primitive.  Bearing  in  mind  this  fact,  we  must  first 
describe  the  external  traits  of  primitive  culture,  and  then 
consider  the  psychological  facto rs  of  primitive  life. 

Of  the  second  period  in  the  development  of  civiliza- 
tion,  we  may  safely  say  that  in  many  respects  it  represents  a 
newly  discovered  world.  Historical  accounts  have  nothin^ 
to  say  concerning  it.     Kecent  ethnology  alone  has  c 


«  ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGYi 

the  i^enomena  here  in  question,  baving  come  upon  them  in 
widely  different  parts  of  the  earth.  This  period  we  will  call 
the  tötende  ag£.  The  very  name  indicates  <hat  we  are 
concemed  with  the  discovery  of  a  submerged  world.  The 
Word  '  totem/  borrowed  from  a  distant  American  tongue, 
ptoves  by  its  very  origin  that  our  own  cultural  languages 
of  Europe  do  not  possess  any  word  even  approximiately, 
adequate  to  designate  the  peculiar  character  of  this  period. 
If  we  would  define  the  concept  of  totemism  as  briefly  as  pos- 
fible»  it  might  perhaps  be  said  to  represent  a  circle  of  ideas 
within  which  the  relation  of  animal  to  man  is  the  reverse 
of  that  which  obtains  in  present-day  culture.  In  the  totemic 
age,  man  does  not  have  dominion  over  the  animal^  but  the 
animal  rules  man.  Its  deeds  and  activities  arouse  wonder, 
fear,  and  adoration.  The  souls  of  the  dead  dwell  within 
tt ;  it  thus  becomes  the  ancestor  of  man.  Its  flesh  is  pro* 
faibited  to  the  members  of  the  group  called  by  its  name,  or, 
conversely,  on  ceremonial  occasions,  the  eating  of  the  totem- 
animal  may  become  a  sanctifying  cult  activity.  No  less 
does  the  totemic  idea  affect  the  Organization  of  society, 
tribal  division,  and  the  forms  of  marriage  and  family.  Yet 
the  elements  that  reach  over  from  the  thought-world  of  this 
period  into  later  times  are  but  scanty  fragments.  Such, 
for  ezample,  are  the  sacred  animals  of  the  Babylonians, 
Egyptians,  and  other  ancient  cultural  peoples,  the  prophetic 
significance  attached  to  the  qualities  or  acts  of  animals^  and 
other  magical  ideas  connected  with  particular  animals. 

Totemic  culture  is  succeeded— through  gradual  transi- 
tioof—by  a  Oürd  period,  which  we  will  call  the  age  of  heraes 
mid  god$.  Initial  Steps  towards  tte  latter  were  ^Iready 
tftken  during  the  preceding  period,  in  the  development  of  a 
nilershq;)  of  individuab  within  the  tribal  Organization.  This 
nilership,  at  first  only  temporary  in  character,  gradually 
becomes  permanent«  The  position  of  the  chieftain,  which 
was  of  only  minor  importance  in  the  totenric  age,  gains 
in  power  when  the  tribal  Community,  under  the  pressure 
of  struggles  with  hottile  tribes,  assumes  a  military  organiza- 
tioa.     Sodet^  dms  d^velope  into  ^^  ^tate.    War,  as  also 


INTRODUCTION  9 

the  guidance  of  the  State  in  times  of  peace,  calls  out  men 
wbo  tower  far  above  the  stature  of  the  old  chieftains,  and 
wbo,  at  the  same  time,  are  sharply  distmg^uished  from  one 
another  through  qualities  that  stamp  them  as  typical  Per- 
sonalities.   In  place  of  the  eldest  of  the  clan  and  the  tribal 
chieftain  of  the  totemic  period^  this  new  age  gives  rise  to 
the  hero.     The  totemic  age  possesses  only  fabulous  narra- 
tives  ;    tbese  are  credited  myths  dealing,  not  infrequently, 
with  anunal  ancestors  who  have  introduced  fire,  taught  the 
preparation  of  food,  etc.     The  hero  who  is  exalted  as  a 
leader  in  war  belongs  to  a  different  world>  a  world  faith- 
fully  mirrorad  in  the  heroic  song  or  epic.     As  regards  their 
Station  in   life,  the  heroes  of  Homer  are  still  essentialia 
tribal  chieftains,  but  the  enlarged  field  of  struggle,  together 
with  the  magnified  characteristics  which  it  develops,  exalt 
the  leader  into  a  hero.     With  the  development  of  poetry, 
the  forms  of  language  also  become  modified  and  enriched. 
The  epic  is  foUowed  by  formative  and  dramatic  art.     All 
this  is  at  the  same  time  closely  bound  up  with  the  origin 
of  the  State,  which  now  displaces  the  more  primitive  tribal 
institutions   of  the   preceding   period.     When   this   occurs, 
different  customs  and  cults  emerge.     With  national  heroes 
and  with  States,  national  religions  come  into  being  ;    and, 
since  these  religions  no  longer  direct  the  attention  mferely 
to   the   imtnediate  environment,    to   the   animal  and  plant 
World,   b\it  focus   it  primarily   upon  the  heavens,   thene   is 
developed  the  idea  of  a  higher  and  more  perfect  world.    As 
the  hero  is  the  ideal  man,  so  the  god  becomes  the  ideal  hero, 
and  the  celestial  »world,  the  ideally  magnified  terrestrial  world, 
This  era  of  heroes  and  gods  is  finally  succeeded  by  a 
fourth  period.     A  national  State  and  a  national  rdigion  do 
not    represent    the    permanent    limits    of    human    striving. 
National  affiliations   broaden    into    humanistic  associations. 
Thus  there  begins  a  development  in  which  we  of  the  presem 
still  participate  ;  it  cannot,  theref ore,  be  referred  to  otherwise 
than  as  an  age  that  is  coming  to  be.    We  may  speak  merely 
of  an  advance  toward  humanity,   not  of  a  development  of 
humanity.    This  advance,  bowever,  begins  immedUtdy 


lo  ELEMENTS  DF.  FOLK   PSYCHOLOGY 

the  fall  of  the  barricrs  that  divide  peoples,  particularly  with 
regard  to  their  religious  views.  For  this  reason,  it  is  par- 
ticularly the  transcendence  of  the  more  restricted  folk  circle 
on  the  part  of  religions  that  constitutes  one  of  the  most 
significant  events  of  mental  history.  The  national  religions 
— or,  as  they  are  generally,  though  misleadingly,  called,  the 
natural  religions— of  the  great  peoples  of  antiquity  begin  to 
pass  beyond  their  original  bounds  and  to  become  religions  of 
humanity.  There  are  three  such  world  neligions— Christianity, 
Islamism,  and  Buddhism— each  of  them  adapted  in  character 
and  history  to  a  particular  part  of  mankind.  This  appears 
most  clearly  in  the  contrast  between  Ch-istianity  and 
Buddhism,  similar  as  they  are  in  their  endeavour  to  be  world 
religions.  The  striving  to  become  a  world  religion,  however, 
is  ako  a  symptomatic  mental  phenomenon,  paralleied  exter- 
nally  by  the  extension  of  national  States  beyond  the  original 
limits  sct  for  them  by  the  tribal  unit.  Corresponding  to 
this  expansion,  vre  find  those  reciprocal  influences  of  cultural 
peoples  in  economic  life,  as  well  as  in  custom,  art,  and  science, 
which  give  to  human  society  its  composite  character,  repre- 
senting  a  combination  of  national  with  universally  human 
Clements.  Hellenism  and  the  Roman  Empire  afford  the  first 
and,  for  Occidental  mental  development,  the  most  important 
manifestations  of  these  phenomena.  How  immense  is  the 
chasm  between  the  secret  barter  of  primitive  man  who  steals 
out  of  the  primeval  forest  by  night  and  lays  down  his  captured 
game  to  exchange  it,  unseen  by  his  neighbours,  for  imple- 
ments  and  objects  of  adomment,  and  the  commerce  of 
an  age  when  fleets  traverse  the  seas,  and  eventually  ships 
coürse  through  the  air,  uniting  the  peoples  of  all  parts  of 
the  world  into  one  great  commercial  Community  I  We  can- 
not  undertafce  to  delineate  all  aspects  of  this  development,  for 
the  latter  includes  the  entire  history  of  mankind.  Our  con- 
cem  is  merely  to  indicate  the  outstanding  psychological 
factors  fundamental  to  the  progression  of  the  later  from  that 
which  was  original,  of  the  more  perfect  from  the  primitive, 
partly  under  the  pressure  of  external  conditions  of  life 
and  partly  as  a  result  of  man's  own  creative  power. 


CHAPTER    I 
PRIMITIVE    MAN 

I.  The  Discovery  of  Primitive  Man. 

iHHO  b  the  primitive  man?  Where  is  He  to  l>e  found? 
fiVhat  are  his  characteristics?  These  are  the  important 
questions  which  here  at  once  confront  us.  But  they  are 
questions  to  which,  strangely  enough,  the  answer  has,  up  to 
very  recent  times,  been  sought,  not  in  the  facts  of  experi- 
ence»  history,  or  ethnology»  but  purely  by  the  path  of  specula- 
tion.  At  the  outset  the  search  was  not,  for  the  most  part, 
based  on  investigations  of  primitive  culture  itself,  but  took 
as  its  starting-point  contemporary  culture  and  present-day 
man.  It  was  primarily  by  means  of  an  abstract  Opposition 
of  culture  to  nature  that  philosophy,  and  even  anthropology, 
oonstructed  natural  man.  The  endeavour  was  not  to  find 
or  to  observe,  but  to  invent  him.  It  was  simply  by  anti- 
thesis  to  cultural  man  that  the  image  of  natural  man  took 
ahape ;  the  latter  is  one  who  lacks  all  the  attainments  of 
culture.  iThis  is  the  negative  criterion  by  means  of  which  the 
philosophy  of  the  Enlightenment,  with  its  conceited  estimate 
of  cultural  achievements,  formed  its  idea  of  primitive  man. 
Primitive  man  is  the  savage  ;  the  savage,  however,  is  essen- 
tially  an  animal  equipped  with  a  few  human  qualities,  with 
languag'e  and  a  fragment  of  reason  just  sufficient  to  enable 
him  to  advance  beyond  his  deplorable  condition.  Man  in 
his  natural  state,  says  Thomas  Hobbes,  is  toward  man  as 
a  wolf .  He  lives  with  his  fellow-beings  as  an  animal  among 
animals,  in  a  struggle  for  survival.  It  is  the  contrast  of 
wiW  nature  with  peacefiil  culture,  of  ordered  State  with  un- 
organized  herd  or  horde,  that  underlies  this  conception. 


12  ELEMENTS  OE  FOLK   PSYCHOLOGY 

But  this  antithesis  between  the  conoepts  of  culture  and 
of  nature,  as  objectively  considered,  is  not  the  only  factor 
here  operative  ;  even  more  influential  is  the  contrast  between 
the  subjective  moods  aroused  by  the  actual  world  and  by 
the  reahn  disclosed  by  imagination  or  reason.  Hence  it  is 
that  the  repelling=  picture  of  primitive  man  is  modified  as 
soon  as  the  mood  changes«  To  an  age  that  is  satiated  with 
culture  and  feels  the  traditional  forms  of  life  to  be  a  burden- 
some  constraint,  the  State  of  nature  becomes  an  ideal  once 
realized  in  a  bygone  world.  In  contrast  to  the  wild  creature 
of  Thomas  Hobbes  and  his  contemporaries,  we  have  the 
natural  man  of  Jean  Jacques  Rousseau.  The  State  of  nature 
is  a  State  of  peace,  where  men,  united  in  love,  lead  a  life 
that  b  unfetter^d  and  free  from  want. 

Alongside  of  these  constructions  of  the  character  of 
natural  man,  however,  there  early  appeared  a  different 
method  of  investigation,  whose  aim  it  was  to  adhere  more 
closely  to  empirical  facts.  Why  should  we  not  regard 
tfaose  of  our  human  institutions  whlch  still  appear  to  be 
a  direct  result  of  natural  conditions  as  having  cxisted  in 
the  earliest  period  of  our  race?  Marriage  and  the  family, 
for  ezample,  are  among  such  permanent  cultural  institu- 
tions^ the  one  as  the  natural  union  of  the  sexes,  the  other 
as  its  necessary  result.  If  marriage  and  family  existed 
irom  the  beginning,  then  all  culture  has  grown  out  of  the 
eztension  of  these  primitive  associations.  The  family  first 
developed  into  the  patriarchal  Joint  family  ;  from  this  the 
vUlage  Community  arose,  and  then,  through  the  union  of 
several  viUage  communities,  the  State.  The  theory  of  a 
iVitural  development  of  Society  from  the  family  was  first 
tdaboAted  by  Aristotle,  but  it  gods  back  in  its  fundamental 
idea.to  legend  and  mytfa.  Peoples  frequently  trace  their 
vdrigin  to  an  original  pair  of  ancestors.  From  a  Single  mar- 
«jage  onioa  is  derived  the  single  tribe,  and  then,  through  a 
furth^r  exteosion  of  this  idea,  the  whole  of  mankind.  The 
iegoid  of  an  original  ancestral  pair,  however,  is  not  to  be 
found  beyond  the  Ihnits  of  the  monogamous  family.  Thus,  it 
is  ^ififuWtjr  a  piojection  of  monogamous  marriage  into  the 


PRIMITIVE    MAN;  13 

past,  into  the  beginnings  of  a  race,  a  tribe,  or  of  mankind. 
Whcrevcr,  ther<eft>re,  monogamous  marriage  is  not  finnly 
establishedf  legend  accounts  for  the  origin  of  men  and 
peoples  in  various  other  ways.  It  thinks  of  them  as  Coming 
forth  from  stones,  from  the  earth,  or  from  caverns  ;  it 
regards  animals  as  their  ancestors,  etc.  Even  the  Greek 
l^end  of  Deukalion  and  Pyrrha  contains  a  survival  of  such 
an  earlier  view,  combined  with  the  legend  of  an  original 
ancestral  pair.  Deukalion  and  Pyrrha  throw  stones  behind 
them,  from  which  there  Springs  a  new  race  of  men. 

The  thought  of  an  original  family,  thus,  represents 
simply  a  projection  of  the  present-day  family  into  an 
inaccessible  past.  Clearly,  therefore,  it  is  to  be  regarded 
as  only  an  hypothesis  or,  rather,  a  fiction.  Without 
tfae  Support  which  it  received  from  the  Biblical  legend,  it 
oould  scarcely  have  maintained  itself  almost  down  to  the 
present,  as  it  did  in  the  patriarchal  theory  of  the  original 
State  of  man  to  which  it  gave  rise.  The  Aristotelian  theory 
of  the  gradual  origin  of  more  comprehensive  organizations, 
terminating  in  the  State,  is  no  less  a  fiction  ;  the  social  com- 
munities  existing  side  by  side  in  the  period  of  Greece  were 
arbitrarily  represented  as  having  emerged  successively  in 
the  course  of  history.  Quite  naturally,  therefore,  this 
philosophical  hypothesis,  in  conmion  with  the  correspond*- 
ing  legend  of  the  original  family,  presupposes  primitive 
man  to  have  possessed  the  same  characteristics  as  the  man 
of  to-day.  Thus,  it  gives  no  answer  at  all  to  the  question 
conceming  the  nature  of  this  primitive  man. 

XVhen,  therefore,  modern  anthropology  made  the  first 
attempt  to  answer  this  question  on  the  basis  of  empirical 
facts,  it  was  but  natural  to  assume  that  the  characteristics 
of  original  man  were  not  to  be  leamed  from  a  study  of 
existing  peoples,  nor,  indeed,  from  history,  but  that  the 
data  for  the  Solution  of  the  problem  were  of  a  prehistoric 
nature,  to  be  found  particularly  in  those  human  remains 
and  those  products  of  man's  activity  that  have  been  preserved 
in  the  strata  of  the  earth's  crust.  What  we  no  longer  find 
on  the  earth,  so  it  was  held,  we  must  seek  ander  the  carti 


14  ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

And  thus,  about  six  decades  ago,  prehistorlc  anthropology 
began  to  gather  materi^I,  and  this  has  gradually  grown 
to  a  considerable  bulk.  Upon  the  completion  of  this 
task,  however,  it  appeared,  as  might,  of  course,  ^have 
been  expected,  that  psychology  could  gain  but  little 
in  this  way.  The  only  sourcei  from  which  it  might 
derive  infonnation  lay  in  the  exhumed  objects  of  art. 
Then»  however,  the  very  disappointing  discovery  was  made 
that,  as  r^gards  implements  of  stone,  drawings  on  the  walls 
of  caves  which  he  inhabited,  and  pictures  cut  into  hörn  or 
bone,  the  artistic  achievements  of  the  man  of  diluvial  times 
did  not  differ  essentially  from  those  of  the  present-day 
tavage.  In  so  far  as  physical  characteristics  are  concemed» 
however,  the  discovtred  remains  of  bones  seemed  to  point 
to  certain  differences.  iWhile  these  differences,  of  course, 
were  incapable  of  establishing  any  direct  psychologicat 
oonclusions,  the  fact  that  the  measurements  of  the  skeletal 
parts  more  closely  resembied  those  of  animals,  and,  in  par- 
ticular,  that  the  measurements  of  the  interior  of  the  sk\ill 
were  smaller  than  those  of  the  savages  of  our  own  time, 
offered  indirect  evidence  of  a  lower  development.  Because 
of  the  close  relation  of  cranial  capacity  to  size  of  brain, 
moreover,  a  lower  degree  of  intelligence  was  also  indi- 
cated.  Nevertheless,  the  remains  that  have  been  brought 
to  Ught  have  not  as  yet  led  to  any  indubitable  conclusions. 
There  have  been  fairly  nimierous  discoveries  pointing  to 
races  that  resemble  the  lower  tribes  among  contemporary 
peoples,  and  but  a  few  cases  in  which  uncertainty  is  possible, 
and  oonceming  which,  therefore,  there  exists  a  conflict  of 
opinions.  A  typical  tnstance  is  the  history  of  one  of  the  first 
discoveries  made  in  Europe  of  the  remains  of  a  prehistoric 
man.  It  was  in  1856^  in  German  territory,  that  there  was 
discovered,  in  a  grotto  or  cave  in  the  Neander  valley,  near 
Dnesseldorf,  a  very  remarkable  sicull,  though  only,  of  course, 
the  bones  of  the  craniüm  and  not  the  facial  bones.  All 
were  at  once  agreed  that  these  were  the  remains  of  ä  very 
primitive  man.  This  was  indicated  particularly  by  charac- 
teristics wUch  are  still  to  be  ^"^»nd,  though  scarcely  in  so 


PRIMITIVE    MAH  13 

pronounced  a  foim,  among  certain  Iower  races  of  men.  Of 
spedal  significance  were  the  strongly  developed,  prominent 
bone-elevations  above  the  eye-sockets.  Some  of  the  inves- 
tigators  believed  that  the  long-sought  *  homo  primigenias* 
had  perhaps  at  last  been  discovered.  It  was  generali/ 
agreed  that  the  form  of  the  skull  resembled  most  closely 
that  of  the  modern  Australian.  In  more  recent  years,  how- 
evcr,  anthropologists  have  developed  somewhat  more  exact 
methods  of  measurement  and  of  the  reconstruction  of  a 
skeleton  from  parts  only  incompletely  given.  \Vhen 
Hermann  Klaatsch,  equipped  with  this  knowledge,  carried 
out  such  a  reconstruction  of  the  Neanderthal  skull,  he  came 
upon  the  surprising  fact  that  its  capacity  was  somewhat 
greater  than  that  of  the  present-day  Australian.  Little  as 
this  teils  US  conceming  the  actual  intelligence  of  these 
primitive  men,  it  nevertheless  clearly  indicates  how  un- 
certain  the  conclusions  of  prehistoric  anthrqpology  still  are. 
A  number  of  other  recent  discoveries  in  Germany,  France, 
and  elsewhere,  have  proved  that  several  prehistoric  races 
of  men  once  lived  in  Europe.  Some  of  these,  no  doubt^ 
date  back  far  beyond  the  last  glacial  period,  and  perhaps 
even  beyond  the  period  preceding  this,  for  we  now  biow 
that  several  glacial  periods  here  succeeded  one  another. 
Nevertheless,  no  important  divergencies  from  still  existent 
races  of  men  have  been  found.  This,  of  course,  does  not 
imply  that  no  differences  exist ;  it  means  merely  that  none 
has  as  yet  been  positively  detected,  and  that  therefore 
the  anatomy  of  prehistoric  man  can  give  us  no  Information 
conceming  the  psychological  aspect  of  the  question  regarding 
the  nature  of  primitive  man. 

Considerably  more  light  is  thrown  on  this  question  when 
we  examine  the  products  of  human  activity,  such  as  imple- 
ments,  weapons,  and  works  of  art.  Traces  of  man,  in  the 
form  of  objects  hanunered  out  of  flint  and  shaped  into 
clubs,  chisels,  knives,  and  daggers,  capable  of  serving  as 
implements  of  daily  use  no  less  than  as  weapons,  are  to  be 
found  as  far  back  as  the  first  diluvian  epoch,  and,  in  their 
cnidest  forms,  perhaps  even  as  early  as  the  tertiary  period 


i6  ELEMENTS  OE  FOLK   PSYCHOLOGY 

The  niore  polished  objects  of  similar  form  belong  to  a 
later  age.     Still  more  remarkable  are  Ae  works  of  ärt*-in 
particular,  the  cave  pictures  of  [»"ehbtoric  animals;  such  a$ 
tfae  cave  bear  and  the  mammoth.     Nevertheless,  none  of 
these  achievements  is  of  such  a  nature  as  to  afford  positive 
evidence  of  a  culture  essentially  different  from,  or  lower 
than,  that  of  the  primitive  man  of  to-day.    Two  outstanding 
facts»  especially,  make  a  comparison  difficult.     On  the  one 
band,  wood  plays  an  important  röle  in  the  life  of  modern 
primitive  man»   being  used  for  the  construction   of   tools, 
weapons,  and,  in  part,  also  of  baskets  and  vessels.     But  the 
Utensils  of  wood  that  may  have  existed  in  prehistoric  times 
could  not  have  withstood  the  destructive  förces  of  decom- 
positbn  and  decay.     All  such  Utensils,  therefore,  that  pre- 
historic man  may  have  possessed  have  been  lost.     Thus, 
for  example,  it  will  be  dÜSicult  ever  to  ascertain  whether  or 
not  he  was  familiär  with  the  bow  and  arrow,  since  the  arrow, 
as  well  as  the  bow,  was  originally  made  of  wood.   Secondly, 
there  is  at  the  present  time  no  primitive  tribe»  however 
much  shut  off  from  its  more  remote  environment,  into  whicb 
barter,  which  is  nowhere  entirely  absent,  may  not  introduce 
aome  objects  representing  a  higher  form  of  civilization,  par- 
ticularly  metals  and  metal  implements.     If,  however,   we 
bear  in  mind  that,  in  the  one  case,  products  have  suffered 
destmction  and  that,  in  the  otfaer,  articies  have  been  intro- 
diiced  from  without,  the  impression  made  by  prehistodc 
Utensils  and  products  of  art— aside  from  certain  doubtful 
remains  dating  back  beyond  the  diluvial  epoch— is  not  essen- 
tially different  from  that  made  by  the  analogous  products 
of  the   Negritos  of   the   Philippines  or  the   inland  tribes 
of  Ceylon.     Though  the  miaterial  of  which  the  implements 
aie  oonstructed  differs,  the  ktaives,  hammers,  and  axes  in 
botfa  inatances  possess  the  usual  form.     Thus,  the  wooden 
kklile  which  the  Veddah  of  Ceylon  still  carves  out  of  bamboo 
if  formad  ptecisely  like  some  of  the  stone  knives  of  the 
diluvial  period.     .We  find  a  similar  correspondence  when 
we  examin«  the  traces  of  dwellings  and  decorations  that 
have  been  pmerved,  as  well  as  certain  remains  that  throw 


PRIMITIVE    MAN.  17, 

üght  upon  customs.  The  oldest  prehistoric  people  of 
Europe  dwelt  in  caves,  just  as  the  primitive  man  of  the 
tropics  does  to-day  in  the  rainy  season.  In  a  rock  cavem 
near  Le  Moustier,  in  France,  there  was  discovered  a  skele- 
ton  wbose  crouching  position  points  to  a  mode  of  burial 
still  prevalent  among  primitive  peoples,  and  one  which  is 
doubtless  always  a  fairly  positive  indication  of  a  belief 
in  demons  such  as  arises  in  connection  with  the  impression 
made  by  death.  The  dead  person  is  bound  in  the  position 
that  will  best  prevent  his  retum.  Thus,  all  these  prehistoric 
remains  suggest  a  culture  similar  to  that  of  primitive  tribes 
of  to-day.  But,  just  because  they  reveal  conditions  not 
essentially  different  from  those  of  the  present,  these  remains 
make  another  important  contribution  to  our  knowledge  of 
primitive  man.  They  indicate  the  great  stability  of  primitive 
culture  in  general,  and  render  it  probable  that,  unless  there 
are  special  conditions  making  for  change,  such  as  migra- 
tions  and  racial  fusions,  the  stability  increases  in  proportion 
to  the  antiquity.  Though  this  may  at  first  glance  seem  sur- 
prising,  it  becomes  intelligible  when  we  consider  that  isola- 
tion  from  his  surroundings  is  an  important  characteristic  of 
primitive  man.  Having  very  little  contact  with  other  peoples, 
he  is  in  no  wise  impelled  to  change  the  modes  of  action 
to  which  his  environment  has  led  him  from  immemorial 
times. 

Thus,  the  correspondence  of  the  prehistoric  with  that 
which  is  to-day  primitive  indicates  a  high  degree  of 
permanence  on  the  part  of  primitive  culture.  But,  even 
apart  from  this  consideration,  it  is  apparent  that  we 
must  really  seek  primitive  man  in  the  inhabited  world  of 
the  present,  since  it  is  here  alone  that  we  can  gain  a  relatively 
accurate  knowledge  of  his  characteristics.  Our  information 
conceming  primitive  man,  therefore,  must  be  derived  from 
ethnology.  ÄVe  must  not  seek  him  ander  the  earth,  but 
on  the  earth.  Just  where,  however,  is  he  to  be  found?  For 
decades  the  natives  of  Australia  were  believed  to  repre- 
scnt  a  perfect  example  of  primitive  culture.  And,  as  a 
matter  of  fact,  their  material  culture  and  some  of  tbr'- 


.18  ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

mythological  ideas  still  seem  to  be  of  a  very  primitive 
cbaracter.  Because  of  the  conjecture  that  it  was  here 
dealing  with  a  relatively  primitive  type  of  man,  modern 
anthropology  has  for  two  decades  applied  itself  with  great 
partiality  to  the  study  of  Australian  tribes.  English  and 
German  investigators  have  given  us  many  work's,  some  of 
tfaem  excellent,  treating  of  the  continent  of  Australia,  which 
appears  ahnost  as  unique  wi,th  respect  to  its  population 
as  in  its  flora  and  its  fauna.  From  these  investigations, 
however,  which  are  reported  particularly  in  the  voIume  by 
Howitt  published  in  1900^  in  the  works  of  Spencer  and 
Gillen,  and,  finaliy,  in  those  of  Strehlow,  a  German  mis- 
sionary,  it  is  apparent  that  the  Australian  culture  is  anything 
hut  primitive :  it  represents,  ratber,  a  stage  of  development 
akes^y  somewhat  advanced.  In  certain  respects,  indeed, 
it  may  contain  very.  primitive  elements,  such  as  are  not  to 
be  found  even  among  tribes  that  are,  on  the  whole,  on 
a  k>wer  leveL  Australian  cukure,  however,  possesses  an 
enormously  complex  social  Organization,  and  this  places  it 
above  that  which  may  be  called  primitive.  In  its  present 
form»  it  presupposes  a  development  of  probably  thousands 
of  years.  Assuredly,  therefore,  the  Australian  should  not 
be  included  in  a  chapter  on  primitive  man.  He  will  rather 
Claim  our  attention  in  thie  next  chapter,  as  a  well-defined 
type  of  the  totemic  age.  Indeed,  he  is  beginning,  in  part, 
to  lose  even  the  characteristics  of  this  age,  mainly,  no  doubt, 
as  a  result  of  racial  fusion,  whose  influence  is  here  also 
in  evidence. 

Although  the  races  of  Australia  are  unquestionably  not 
prixnitive,  as  was  formerly  believed  and  is  still  held  in 
certain  quarters,  there  are  other  parts  of  the  earth  which, 
in  all  probability,  really  harbour  men  who  are  primitive  in 
that  relative  sense  of  the  term  which  alone^  of  course,  we 
aro  jttstified  in  using.  If  one  were  to  connect  the  dis- 
oovery  of  this  primitive  man  with  any  single  name,  the 
honour  would  belong  to  a  German  traveller  and  investi- 
gatOT,  George  Schweinfurth.  He  was  the  first  to  discover 
a  really  primitive  tribe-that  is,  one  which  remained  prac- 


:2C  ELEMENTS  OF.  f OLK   PSYCHOLOGY 

years.  The  Bushmen  of  South  Africa^  of  whoxn  we  have 
long  known,  also  belong  to  this  group/ although  they  have 
not  to  the  same  extent  been  free  from  the  influence  of  sur- 
rounding  peoples«  In  lall  these  cases  iwe  have  to  ^  with  tribes 
which  at  one  time  probably  occupied  wider  territories^  but 
which  have  now  been  crowded  back  into  the  forest  or  wilder- 
ness.  In  addition  to  these  tribes^  furthermore,  there  are 
remnants  of  peoples  in  Hindustan,  in  Celebes^  Sumatra,  the 
Sunda  Islands^  etc  Conceming  these^  however,  we  as  yet  have 
Uttle  knowledge.  In  some  respects,  doubtless,  the  inhabitants 
of  the  Andaman  Islands  should  also  be  here  included, 
although  they  cannot,  on  the  whole,  be  regarded  as  primi- 
tive in  the  'Strict  sense  of  the  word.  This  is  precluded  by 
their  extemal  culture,  and  especially  by  their  fegends,  the 
latter  of  which  point  to  the  ixifluence  of  Asiatic  culture. 

Observations  of  these  relatively  most  primitive  fribes — 
and  this  is  especially  worth  noting— show  them  to  be  remark- 
ably  similar,  If  we  read  a  description  of  the  characteristics, 
luü>itSy  and  customs  of  the  Negritos  of  the  Philippines  and 
then  pass  on  to  the  Malaccans^  to  the  Semangs  and  Senoi^ 
oij  furthefi  to  the  Veddahs  of  Ceylon^  we  constantly  meet 
with  älmost  the  same  phenomena,  there  being  but  slight 
diffexences  depending  on  the  specific  character  of  the  natural 
environment.  We  are  thus  in  possession  of  data  that  are  now 
observable.  The  Statements  and  conclusions  which  these 
enable  us  to  make  are  more  than  nvere  speculations  with 
r^;ard  to  the  past ;  and  they  are  more  than  inferences  drawn 
from  the  silent  f ragments  of  the  bones  and  from  a  few  of  the 
art  products  of  primitive  man.  According  as  the  phenomena 
are  simpler  in  character  and  require  fewer  antecedent  con- 
ditions  for  their  explanation,  may  we  be  confident  that  we  are 
really  dealing  with  primitive  cpnditions.  This  in  itself  implies 
liiat  die  criteruü  of  primitive  ödture  are  essentially  psycho- 
Uigiad  in  nature,  and  that  räcial  characteristics  and  original 
tribal  rdatkmships  are  probably  negligible  so  f ar  as  this  ques- 
tioa  is  concemed.  A  culture  would  be  absolutely  primitive 
U  nö  aateoedent  mental  devdopment  whatsoesver  could  be  pre- 
tapitosed.    Such  an  ab^  *c»icept  can  never  be  realized  in 


PRIMITIVE    MAN  21 

ezperience,  liiere  any  more  than  ekewhere.  We  shall^  there- 
fore,  call  that  man  primitive  in  the  relative  sense  of  the  term 
— our  only  remaining  alternative— whose  culture  approxi- 
mates  most  nearly  to  the  lowest  mental  achievements  con* 
ceivable  within  the  limits  of  universal  human  characteristics. 
The  most  convenient  measure  of  these  achievements,  and  the 
one  lying  nearest  at  hand,  is  that  afforded  by  external 
culture,  as  expressed  in  dress,  habitation,  and  food,  in  self- 
made  implements,  weapons,  and  other  productions  serving 
to  satisfy  the  most  urgent  needs  of  life. 

2.  The  Culture  of  Primitive  Man  in  its  External 

Expressions. 

FoUowing  the  above-mentioned  criteria  as  to  what  may 
be  regarded  as  primitive,  the  question  concerning  the 
external  culture  of  primitive  man  may,  in  general,  be  briefly 
answered.  Of  dress  there  are  only  meagre  beginnings  : 
about  the  loins  a  cord  of  hast,  to  which  twigs  of  trees  are 
attached  to  cover  the  genitals— that  is  generally  all,  unless, 
through  secret  barter  with  neighbouring  peoples,  cotton 
goods,  leather,  and  the  like,  have  been  imported.  As  regards 
personal  decoration,  conditions  are  much  the  same.  On  the 
next  stage  of  development,  the  totemic,  there  is,  as  we 
shall  later  see,  a  desire  for  lavish  decoration,  especially  as 
regards  the  adornment  of  the  body  by  painting  and  tatoo- 
ing.  Little  of  this,  however,  is  to  be  found  among  primitive 
tribes,  and  that  which  exists  has  probably  been  introduced 
from  without.  Some  examples  of  such  decoration  are  the 
scanty  tatooing  in  single  lines,  the  painting  of  the  face  with 
several  red  and  white  dots,  and  the  wooden  plug  bored 
through  the  bridge  of  the  nose.  The  Negritos  'of  the 
Philippines  bore  holes  through  their  Ups  for  the  insertion 
of  a  row  of  blades  of  grass.  Other  decorations  found 
are  necklaces  and  bracelets,  fillets,  combs,  hair  Ornaments 
made  of  twigs  and  flowers,  and  the  like. 

What  is  true  of  his  dress  holds  also  of  the  dwelling 
of    primitive    man.      Everything    indicates    that    the    first 


22         ELEMENTS  OK  FOLK   PSYCHOLOGY 

permanent  dwelling  was  the  cave.  Natural  caves  in 
the  hillsides,  or>  less  frequently,  artificiaUy.  constnicted 
hollows  in  the  sand,  are  the  places  of  refuge  that  primitive 
man  seeb  when  the  rainy  season  of  the  tropics  drives 
him  to  shelter.  Durinjg  the  dry  season,  no  shelter  at  all  is 
necessary  ;  he  makes  his  bed  tmder  a  tree^  or  climbs  the 
tree  to  gain  protection  from  wild  animals.  Only  in  the 
open  cofintry,  mider  the  conipulsion  of  wind  and  rain,  does 
he  construct  a  wind-break  of  branches  and  leaves  after 
the  pattern  supplied  by  nature  in  the  leafy  shelter  of  the 
forest«  bWhen  the  Supports  of  this  screen  are  inclined 
toward  one  another  and  set  up  in  a  circle,  the  result  is  th^e 
original  hut. 

Closely  connected  with  the  real  dwelling  of  primitive 
x&fui,  Uie  cave;  are  two  fiirther  phenomena  that  date  back 
to  earliest  culture.  As  his  constant  companion,  primitive 
man  faas  a  Single  animal,  the  dog,  doubtless  the  earliest 
of  domestic  animals.  Of  all  domestic  animals  this  is  the 
on^  that  has  remained  most  faithful  to  man  down  to  the 
present  time.  The  inhabitant  of  the  modern  city  still  keeps 
a  dog  if  he  owns  any  domestic  animal  at  all,  and  as 
early  as  primitive  times  the  dog  was  man*s  faithful  com- 
panion.  The  odgin  of  this  first  domestic  animal  remains 
obscure.  The  populär  notion  would  seem  to  be  that  man  feit 
the  need  of  such  a  companion,  and  therefore  domesticated 
the  dog.  But  if  one  calls  to  mind  the  dogs  that  run  wild 
in  the  streets  of  Constantinople,  or  the  dog*s  nearest 
telativ^  the  wolf,  one  can  scarcely  believe  that  men 
ever  had  a  strong.  desire  to  make  friends  of  these  animals. 
According  to  another  widely  current  view,  it  was  man*s 
need  of  the  dog  as  a  helper  in  the  chase  that  led  to 
its  domestication.  But  this  also  is  one  of  those  rationalistic 
hypoäieses  based  on  the  presupposition  that  man  always 
acts  in  accordance  with  a  preconceived  plan,  and  thus  knew 
in  advance  that  the  dog  would  prove  a  superior  domestic 
animal,  and  one  espedally  adapted  to  assist  in  the  chase. 
Sinoe  the  dog  possessed  these  characteristics  only  after  its 
domeaticatioiit  tbey  oould  not  have  been  known  imtil  this 


PRIMITIVE    MAN  23 

bad  occurred,  and  the  hypothesis  is  clearly  untenable.    How, 
then«  did  the  dog  and  man  come  together  in  the  earliest 
beginnings  of  society?     The   answer   to    this   question,   I 
believe,  is  to  be  found  in  the  cave^  the  original  place  of 
shelter  from  rain  and  storm«     Not  only  was  the  cave  a 
refüge  for  man,  but  it  was  equally  so   for  animals,  and 
especially  for  the  dog,     Thus  it  brought  its  dwellers  into 
companionship.     Furthermore,  the  kindling  of  the  fire^  once 
man  had  leamed  the  art,  may  have  attracted  the  animal 
to  its  warmth.     After  the  dog  had  thus  become  the  com- 
panion  of  man,  It  accompanied  him  in  his  activities,  including 
that  of  the   chase.      Here,  of  course,   the   nature  of  the 
camivorous  animal  asserted  itself  ;   as  man  hunted,  so  also 
did  the  animal.     The  dog*s  training,  therefore^  did  not  at 
all  consist  in  being  taught  to  chase  the  game.     It  did  this 
of  itself,  as  may  be  observed  in  the  case  of  dogs  that  are 
not  specifically  hunting  dogs.     The  training  consisted  rather 
m  breaking  the  dog  of  the  habit  of  devouring  the  captured 
game.     This  was  accomplished  only  through  a  consciously 
directed  cffort  on  the  part  of  man,  an  effort  to  which  he 
was  driven  by  his  own  needs.      Thus,  it  is   the  cave  that 
accounts  for  the  origin  of  the  first  domestic  animal,  and 
also,  probably,  for  the  first  attempt  at  training  an  animal. 
But  there  is  stiU  another  gain  for  the  beginnings  of  culture 
that  may  probably  be  attributed  to  the  cave  in  its  capacity  of 
a  permanent  habitation.     Among  primitive  peoples,  some  of 
whom  are  alrcady  advanced  beyond  the  level  here  m  ques- 
tion,  it  is  especially  in  caves  that  artistic  productions  may 
be  found.    These  consist  of  crude  drawings  of  animak  and, 
less  frequently,  of  men.     Among  the  Bushmen,  such  cave 
pictuns  are  frequently   preserved   from   destruction  for   a 
considerable  period  of  time.     Natural  man,  roammg  at  will 
through  the  forests,   has  neither   time    not  oppor  unity  to 
ererdse  his  Imagination  except  upon  relatively  sma"  objects 
or  upon  the  adomment  of  his  own  body.     But  the  semi^ 
darkness  of  the  cave  tends,   as   do    few   other  places,   to 
stimulate  the  reproductive    imagination.      Undisturbed   by 
extemal    influences,    and    with    brißhtnesses    and    colour^ 


24         ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGE 

enhanced  by  the  darkness,  tfae  memory  images  of  things 
Seen  in  the  open,  particularly  those  of  the  animals  of 
tfae  primeval  forest,  rise  to  consciousness  and  impel  the 
lonely  and  unoccupied  inhabitant  to  project  them  upon 
tfae  waU.  Such  activity  is  favoured  by  the  fact,  verifiable 
by  personal  introspection,  that  memory  Images  are  much 
more  vivid  in  darktiess  and  semi-darkness  than  in  the  light 
of  day.  Thus,  it  was  in  the  cave,  the  first  dwelling-place 
of  man,  tfaat  the  transition  was  made,  perh|aps  for  the  first 
time,  from  fhe  beginnings  of  a  graphic  art,  serving  thfj 
purposes  of  adomment  or  magic,  to  an  art  unfettered  except 
by  memory.  It  was  an  art  of  memory  in  a  twofold  sense  :  it 
pattemed  its  objects  after  the  memory  of  things  actually 
obsenred,  and  it  sought  to  preserve  to  memory  that  which 
it  created. 

'  From  tfae  consideration  of  dress  and  faabitation  we  tum 
to  that  of  food.  Primitive  man  was  not  bound  to  fixed 
hours  for  fais  meals.  Among  civilized  peoples,  so  dose 
a  connection  faas  grown  up  between  meals  and  definite 
hours  of  tfae  day  tfaat  the  German  word  for  meal, 
Mahlzeit,  reminds  us  of  this  regularity  by  twice  repeat- 
ing  the  word  for  time — for  Mahl  also  means  time.  Primi- 
tive man  kbew  notfaing  of  tfae  sort.  If  he  found  food 
and  was  hungry,  fae  ate  ;  if  fae  found  none,  he  went  hungry. 
Sometimes,  moreover,  in  order  to  provide  for  the  future, 
he  gorged  to  sucfa  an  extent  as  to  injure  fais  faiealth.  As 
ooncems  tfae  food  itself,  tfaere  is  an  old  tfaeory  which  faas 
led  to  misconceptions  conceming  primitive  man.  He  was  a 
hunter,  we  are  told  ;  tfae  cfaase  supplied  faim  with  food  ;  only 
Incidentally  and  occasionally  did  he  enjoy  parts  of  plants 
dr  fruits  that  fae  faad  gatfaered  or  accidentally  discovered« 
If  is  scarcely  correct,  faowever,  to  assume  tfaat  systematic 
hünting  was  practised  by  primitive  man.  Doubtiess  fae  did 
engage  in  this  occupation.  Yet  tfais  fumisfaed  him  with  only 
an  incidental  part  of  bis  food  suppjly— a  part  with  which,  living 
as  he  did  from  hand  to  moutfa,  he  satisfied  only  his  momentary, 
needs«  It  was  with  plant  food,  if  at  all,  tfaat  fae  made  pro- 
viskm  for  te  fotuitt*  ^  hie  found  also  tfae  first  traccs 


PRIMITIVE    MAN  25 

of  a  dhrision  of  labour :  woman  gathered  the  plant  food*- 
roots,  bulbs,  and  berries— while  man  occasionally  found  it 
necessary  to  hunt.  Plant  food  being  capable  of  long^r 
preservation,  it  was  woman  who  first  leamed  to  economize  and 
to  make  provision  for  the  future.  In  part,  indeed,  the  influ- 
ence  of  these  cultural  beginnings  persists  even  to-day.  More- 
over,  just  as  mixed  food,  part  plant  and  part  animal,  is  by 
far  the  most  conmion  to-day,  so  also  was  it  the  original 
diet  of  man.  The  proportion,  however,  varied  more  than 
in  later  times,  according  as  the  external  conditions  of  life 
wcre  propitious  or  otherwise.  Of  this  the  Bushmen  afTord 
a  striking  Illustration.  Fifty  years  ago  they  were  still  by 
preference  huntsmen.  Armed  with  their  bows,  they  dared  to 
hunt  the  elephant  and  the  girafTe.  But  after  the  surround- 
ing  peoples  of  South  Africa— the  Hottentots,  Betschuans, 
and  Herero— came  into  the  possession  of  firearms,  which 
the  Bushman  scomfuUy  rejects,  the  game  was,  in  part, 
exterminated,  and  to-day  the  Bushmen,  crowded  back  into 
rocky  wastes,  derive  but  a  small  part  of  their  living  from 
the  chase.  They  gather  bulbs,  roots,  and  other  parts  of 
plants,  such  as  can  be  rendered  edible  by  boiling  or  roast- 
ing.  Their  animal  food,  moreover,  is  no  longer  wild  game, 
but  consists,  for  the  most  part,  of  small  animals  found 
while  gathering  the  plant  food — frogs,  lizards,  worms,  and 
even  insects.  Hunting,  therefore,  was  never  more  than 
one  of  the  customary  means  of  providing  food  ;  and  primi- 
tive man,  especially,  was  a  gatherer  rather  than  a  hunter. 
The  Word  *  gatherer  *  implies  also  that  he  took  from  nature 
only  what  it  directly  offered,  and  that  he  was  familiär 
neither  with  agriculture  nor  with  the  raising  of  animals. 
In  procuring  his  food,  moreover,  he  was  aided  by  a  know- 
ledge,  often  surprising,  of  the  properties  of  the  objects 
gathered.  This  knowledge,  probably  gained  as  a  result  of 
many  disastrous  experiences  in  his  search  for  food,  enabied 
primitive  man  to  utilize  even  such  roots  and  fruits  as  are 
not  wholesome  in  their  raw  State,  either  because  they  are 
not  edible  until  prepared  by  means  of  fire,  or  because  they 
are  poisonous.      Primitive,  man  leamed  to  overcomc  tl 


26  ELEMENTS  OF.  FOLK  PSYCHOLOGY 

injurious  effects  of  many  of  tbese  plants.  By  reducing 
tbem  to  small  pieces^  washing  them  in  a  Solution  of  lye, 
and  lieating  them^  he  converted  them  into  palatable  food. 
The  bulbs  and  roots  were  secured  from  beneath  the 
sur&ce  of  the  ground  by  means  of  the  most  primitive 
of  all  agricultural  implements  and  the  progenitor  of  all 
succeeding  ones,  the  digging-sUck.  This  is  a  wooden  stick, 
with  a  pointed  end  that  has  been  hardened  by  fire. 

Connected  with  the  removal  of  poison,  by  means  of 
water  and  fire,  from  parts  of  plants  that  are  otherwise 
edible,  is  still  another  primitive  discovery— the  utilization 
of  the  poisoq3  themselves.  Only  when  the  arrow  is  smeared 
with  plant  poisons  does  the  bow  become  a  real  weapon. 
In  itaelf  the  arrow  wound  is  not  sufficient  to  kill  either 
game  or  enemy  ;  the  arrow  must  be  poisoned  if  the  wound 
b  to  cause  death  or  even  temporary  disability.  The  Veddahs 
and  the  Inland  tribes  of  Malacca  therefore  use  the  juice  of 
the  upas-tree  mixed  with  that  of  strychnos-trees.  The  best 
biown  of  these  arrow  poisons,  curare,  used  in  South  America 
and  especially  in  Guiana,  is  likewise  preparejd  from  the 
juice  of  strychnos-trees. 

This  brings  us  to  the  weapons  of  primitive  man.  In 
tfais  connection  it  is  highly  important  to  note  that  all  of  the 
primitive  peoples  mentipned  above  are  familiär  with  the  use 
of  bow  and  arrow,  but  we  must  also  bear  in  minid 
that  this  is  practically  their  only  weapon.  Contrary  to  what 
ardiseological  excavations  would  suggest  conceming  the 
«sarliest  age  of  peoples,  primitive  culture,  in  respect  to  im- 
I^ements  and  weapons,  depended  only  to  a  small  extent 
apoQ  the  working  of  stone.  iWte  might  better  speak  of 
tfais  period  as  an  age  of  wlood.  AVood  is  not  only  decidedly 
Mster  to  manipulate  than  stone,  but  it  is  always  more 
MsUy  obtainable  in  shapes  suitable  for  constructive  pur- 
poses«  Possibly  even  the  arrow-head  was  originally  always 
made  of  wood,  as  it  sometimes  is  even  to-day.  Only  in 
liter  times  was  the  wood  replaced  by  a  sharpened  stonei  or 
1^  irtm  acquired  through  barter. 

It  is  not  difficulf  ^  9W  wood,  in  the  forms  which 


a?  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

upon  itself f  This  asymmetry,  likewise,  was  di3C0vered 
acddentally.  In  this  case,  the  discovery  was  all  the  more 
likely,  for  primitive  weapons  were  never  fashioned  with 
ezactitude.  Tfaat  this  asymmetry  serves  a  useful  pur- 
pose,  therefore,  was  first  revealed  by  experience.  As  a 
result,  however,  primitive  man  began  to  copy  as  faithfully 
as  possible  those  implements  which  most  peffectly  exhibited 
this  characteristic.  Thus,  this  missile  is  not  a  weapon  that 
required  exceptional  inventive  ability,  though,  of  course, 
it  demanded  certain  powers  of  Observation.  The  charac- 
teristics»  accordingly,  that  insured  the  survival  of  the 
boomerang  were  discovered  accidentally  and  then  fixed 
through  an  attentive  regard  to  those  qualities  that  .had 
once  been  found  advantageous.  Now,  can  we  conceive  of 
the  origin  of  bow  and  arrow  in  an  analogous  way?  Surely 
this  weapon  also  was  not  devised  in  all  its  parts  at  a  single 
time.  The  man  of  nature,  pressing  his  way  through  the 
dense  underbrush  of  the  forest  and  experiencing  in  person 
the  hard  blows  of  branches  that  he  has  bent  back,  gains 
a  lively  Impression  of  the  elastic  power  of  bent  wood.  How 
easily  the  attention  is  forced  to  the  Observation  that  this 
effect  increases  when  the  wood  is  bent  out  of  its  natural 
shape,  appears  strikingly  in  the  case  of  a  kind  of  bow 
found  in  Asia  and  the  Asiatic  Islands.  The  bow  is  here 
constructed  out  of  a  piece  of  wood  bent  by  nature,  not  in 
such  a  way,  however,  that  the  natural  curve  of  the  wood 
forms  the  curve  of  the  bow,  but  contrariwise.  Thus  arises 
a  reflexive  bow,  whose  elastic  power  is,  of  course,  con- 
siderably  increased.  In  Order  that  such  a  bow  may  be  bent 
back  more  easily,  some  people  of  a  more  advanced  culture 
construct  it  out  of  several  layers  of  wood,  hörn,  sinew,  or 
the  like.^  Having  first  observed  the  powerful  impulsive  force 
which  a  rod  gains  through  being  bent,  it  was  a  simple 
matter  to  render  this  force  permanently  available  by  bend- 
ing the  rod  back  and  binding  its  ends  together  with 
a  cord  of  hast,  or,  if  bamboo  was  used,  with  Strips 
tom  from  the  bamboo  itself.  Thus  originated  the  common 
form  of  the  bow.     Next,  it  was,  of  course,  easy  to  observe 


IPKIMITIVE    MAN;  ^9 

thtt  the  bowstring  thus  contrived  would  communicate  a 
powerful  impetus  to  a  lighter  piece  of  wood  placed  against 
it.     In  äddition  to  the  bow,  we  then  have  the  arrow^  which 
i8  huried  into  the  distanoe  by  the  comfoined  propelling  power 
of  the  bow  and  its  string.     But  at  this  point  a  new  factor 
appeared^  clearly  indicating  that  several  motives  generally 
co-operated  in  the  case  of  such  so-called  primitive  inventions. 
In  these  inventions  nature  itself  played  no  less  a  part  than 
did  the  inventive  genius  of  the  individual.     The  arrow  but 
rarely  consists  merely  of  a  piece  of  wood  one  of  whose  ends 
is  somehow  pointed  or  provided  with  a  stone  head^  or,  at  a 
later  period»  with  an  iron  head.   As  is  well  known^  the  other 
end  is  feathered,  either  with  genuine  bird  feathers  or^  as 
in  the  case  of  the   pygmies  of   Central   Africa,  with  an 
imitation   of    bird    feathers    made    of    palm-leaves.      The 
feathers  are  usually  supposed  to  have  been  added  to  insure 
the  accurate  flight  of  the  arrow.     And   this  accuracy  is^ 
indeedy    the    resultant    efTect.      As    in    the    case    of    the 
boomerang,   however,  we  must  again   raise  the   question  : 
How    did    man    come    to    foresee    this    effect,    of    whose 
mechanical  conditions  he  had,  of  course,  not  the  slightest 
knowledge?  The  Solution  of  this  problem  probably  lies  in  the 
fact  of  an  association  of  the  discharged  arrow  with  a  flying 
bird  that  pierces  the  air  by  the  movement  of  its  feathers. 
Thus,  in  the  arrow,  man  copied  the  mode  of  movement  of 
the  bird.     He  certainly  did  not  copy  it,  however,  with  the 
thought  that  he  was  causing  movement   in  a  mechanical 
way.     iWe  must  bear  in  mind  that  for  primitive  man  the 
image  of  a  thing  is   in  reality  always   equivalent   to   the 
thing  itself.     Just  as  he  believes  that  his  spirit  resides  in  his 
picture,  with  the  result  that  he  is  frequently  seized  with  fright 
when  a  painter  draws  his  liteness  and  carries  it  away  with 
him,  so  also  does  the  feathered  arrow  become  for  him  a 
bird.     In  his  opinion,  the  qualities  of  the  bird  are  trans- 
ferred by  force  of  magic  to  the  arrow.     In  this  case,  indeed, 
the  magical   motive   is  in  hannony    with   the  mechanical 
effect. 

Nature  directly  supplies  primitive  man  not  only  with  the 


30         ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

patterns  of  his  implements  and  weapons,  but  also  with  those 
of  the  vessels  which  he  uses.  Of  the  primitive  tribes  none 
18  femiliar,  at  the  outset,  with  pottery.  In  its  stead,  suitabte 
natural  objects  are  utilized  for  storing  what  is  gathered.  The 
Negritos  of  the  Philippines,  for  example,  employ  coconut 
Shells.  .  The  inland  tribes  of  the  Malay  Peninsula  use 
bamboo,  whose  varying  thicknesses,  and,  particularly,  whose 
intemodes  enable  it  to  be  converted  into  the  desired  vessels 
by  cutting  the  stem  at  the  upper  end  of  an  intemode  and 
immediately  below  it,  thus  securing  a  vessel  with  a  bottom. 
iVherever  primitive  peoples  cut  vessels  out  of  wood,  as 
occurs  among  the  Veddahs  and  the  Bushmen,  we  may  be 
sure  that  this  represents  a  comparatively  late  acquirement, 
lollowing  upon  a  knowled^e  of  metals  and  the  use  of  stone 
implements«  Primitive  man  possesses  no  vessels  for  cook- 
ing  purposes.  He  prepares  his  food  directly  in  the  fire  or 
in  hot  ashes. 

We  are  now  confronted  by  a  final  and  an  especiaHy 
interesting  question  of  primitive  culture,  that  of  the 
ucqaisHion  of  fire.  This  acquisition  made  a  deep  impres- 
sion  on  the  human  mind,  and  one  whose  effects  long  survived 
in  legend.  The  totemic  age,  as  we  shall  see,  is  replete 
with  legends  of  beneficent  animals  which  brought  fire  to 
man.  In  the  heroic  age,  the  fire-bringing  animal  is  dls- 
placed  by  the  fire-bringing  hero.  We  may  call  to  mind 
•Prometheus,  who  brought  fire  from  hieaven,  and  by  so  doing 
drew  upon  himself  the  vengeance  of  the  gods.  Never- 
theless,  tbe  question  conceming  the  original  production  of 
fire  is  a  very  simple  one.  As  in  the  case  of  very  many 
Utensils  and  tools,  we  must  look  to  natural  conditions  that 
lawsent  themselves  in  the  course  of  experience.  Man  did 
not  imrent  the  art  of  kindling  fire ;  it  would  be  nearer  the 
truth  to  say  that  he  found  it,  inasmuch  as  he  discovered 
it  while  making  his  Utensils.  In  this  connection,  par- 
ticularly,  it  is  highly  important  to  note  that  the  first  age, 
if  we  would  designate  it  by  its  tools,  was  not  an  age  of 
^tone  but  an  age  of  wood.  We  have  alreädy  ref erred  to  the 
wäy  in  Iriiich  baraboo  was  worked  up  mto  vessels  for  the 


PRIMITIVE    MAN,  31 

storing  of  fruits  and  liquids.  With  a  sharp  sliver  of  bamboo, 
a  bamboo-stem  is  sawed  into  pieces  in  order  that  its 
parts  may  be  utilized.  If  this  sawing  occurs  during  dry 
weather,  the  wood  is  pulverized  and  the  heated  sawdust 
finally  beoomes  ig^ited.  As  soon  as  it  begins  to  glow, 
the  worfcer  blows  upon  it  and  the  fire  flames  up.  This 
mode  of  kindling  fire  has  been  calied  that  of  sawing,  and 
is  probably  the  oldest  in  origin.  After  fire  was  thus  acci- 
dentally  produced,  it  became  possible  to  kindle  it  at  will, 
and  this  developed  into  a  skilful  art.  At  a  later  stage, 
however,  there  came  the  further  need  of  drilKng  holes  into 
wood.  This  gave  rise  to  a  second  method  of  kindling 
fire,  that  of  drilling.  A  piece  of  wood  is  bored  through  with 
a  sharpened  stick  of  hard  wood,  and  the  same  results  occur 
as  in  the  case  of  the  sawing.  The  method  of  drilling  is 
the  more  effective  ;  it  produces  fire  more  quickly.  Never- 
theless,  both  methods  are  laborious  and  tedious,  and  we 
cannot  blame  the  savage  for  regarding  as  a  magician  the 
European  who  before  his  very  eyes  lights  a  match  by 
friction.  Because  of  the  difiiculty  in  producing  fire,  its 
preservation  plays  an  important  röle  in  the  life  of  the 
savage.  iWhen  he  changes  his  dwelling-place,  his  first  con- 
sideration,  as  a  rule,  is  to  take  with  him  some  live  fire  so 
that  he  will  not  be  obliged  to  kindle  it  anew. 

In  conclusion,  we  may  Supplement  these  sketches  of 
extemal  culture  by  mention  of  a  feature  that  is  particu- 
larly  characteristic  of  the  relation  of  primitive  man  to 
his  environment.  Primitive  man  lives  in  close  associa- 
tion  with  his  fellow-tribesmen,  but  he  secludes  him- 
self  from  other  tribes  of  the  neighbourhood.  He  is 
led  to  do  so  because  they  threaten  his  means  of  sub- 
sistence  ;  indeed,  he  himself  may  fall  a  prey  to  them,  as 
do  the  Pygmies  of  Central  Africa  to  the  anthropophagic 
customs  of  the  Monbuttus.  And  yet,  primitive  man  early 
feels  the  need  of  such  useful'  articles  as  he  cannot  himself 
produce  but  with  which  he  has,  in  some  accidental  manner, 
become  acquainted.  This  gives  rise  to  what  is  gener?"^ 
calied   'Beeret   barter.'     An  iUuminating   example  of 


32  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

occurs  in  the  records  of  the  Sarasin  cousins  as  relating  to 
the  Veddahs.  The  Veddah  goes  by  night  to  the  house  of 
a  neighbouring  Singhalese  smith  and  there  deposits  what  he 
has  to  offer  in  barter,  such  as  captured  game,  ivory,  etc. 
With  this  he  places  a  representation  of  an  arrow-head,  made 
of  palm-leaves.  The  next  night  he  returns  and  finds  real 
arrows  öf  iron  which  the  smith  has  laid  out  in  exchange 
for  the  proffered  goods.  It  might  be  thought  that  such 
a  System  of  barter  would  imply  an  excessive  measure  of 
confidence.  The  smith,  however,  knows  that,  should  he  take 
away  that  which  was  brought  to  him  without  delivering 
the  arrows,  he  would  himself  be  Struck  by  an  arrow  shot 
from  some  sheltered  ambush.  Thus,  many  things,  especially 
iron,  materials  for  clöthing,  and  articles  of  adornment,  come 
into  the  possession  of  primitive  man  through  secret 
barter,  raising  his  externa!  culture  to  a  somewhat  higher 
level. 

A  retrospective  survey  of  this  culture  brings  to  notice 
especially  the  fact  that  the  concept  *  primitive  '  is  never  valid, 
as  applied  to  man,  except  in  a  relative  sense.  Of  an 
absolutety  primitive  man  we  know  nothing  at  all.  More- 
over,  the  knowledge  of  such  a  being  couki  hardly  render 
explicable  his  further  development,  since  he  would  really 
belong  to  the  anima)  leVel  and  therefore  to  the  prehuman 
stage  of  existence.  Primitive  man  is  relatively  primitive, 
for,  while  he  does  possess  certain  bejinnings  of  culture, 
these  are  in  no  respect  more  than  mere  beginnings,  all  of 
which  are  borrowed  from  nature  and  from  the  direct  means 
of  assistance  which  it  offers.  It  is  precisely  these  elementary 
acquisitions,  however,  that  already  differentiate  primitive  man 
from  the  animal.  He  has  the  beginnings  of  a  dwelling} 
and  of  dress,  even  though  he  does  no  more  in  either  case 
than  merely  to  utilize  the  means  which  nature  offers,  or 
than  partly  to  imititate  and  partly  to  combine  these  means, 
as  he  does  in  the  case  of  the  leafy  wind-break  and  of 
the  weapons  which  doubtless  represent  the  highest  achieve- 
ment  of  this  age— namely,  the  bow  and  arrow.  But  these 
are  all  beginnings  which  already  contain  within  themselves 


PRIMITIVE    MAN  33 

the  possibilities  of  higher  achievements.  The  development 
of  the  hut  out  of  the  wind-break^  of  the  lance  out  of  the 
staff  and  the  arrow,  of  the  woven  basket  out  of  the  coco- 
nut  or  the  gourd,  sevßrally  represent  easy  steps  in  the 
advance  from  nature  to  culture.  Next  there  comes  the  pre- 
paratlon  of  food  by  means  of  fire.  This  is  closely  connected 
with  the  discovery  of  the  art  of  kindling  fire,  which,  in  its 
tum,  was  partly  an  accidental  discovery  connected  with 
the  manufacture  of  primitive  tools  out  of  wood  and  partly 
a  real  invention.  Thus,.  the  manufacture  of  tools,  on  the 
one  hand,  and  the  kindling  of  fire,  which  was  connected 
with  it,  on  the  other,  are  the  two  primary  features  which 
from  early  times  on  distinguished  primitive  man  from 
animals.  Furthermore,  there  is  the  bow  and  arrow,  which 
is  the  first  real  weapon  and  diflfers  markedly  from  all 
other  implements.  Its  construction  also  was  dependent 
upon  the  ^ssistance  of  nature.  The  fact  that  this  was 
the  only  weapon  of  primitive  society  throws  an  im- 
portant  light  on  the  nature  of  the  latter.  The  bow 
and  arrow  continued  to  be  used  for  a  long  time  after- 
wards — indeed,  even  down  to  the  appearance  of  firearms  ; 
it  served  not  only  as  a  weapon  of  warfare  but  also  as  an 
implement  for  hunting.  With  it  alone,  however,  no  organ- 
ized  strife  or  warfare  of  any  sort  is  possible.  While,  there- 
fore,  it  is  true  that  the  archer  appears  on  the  earliest 
monimients  of  cultural  peoples,  it  is  only  as  the  fellow-com- 
batant  of  the  warrior  who  is  armed  with  shield  and  lance. 
With  lance  and  shield  it  is  possible  to  fight  in  closed  ranks. 
The  archer  must  fight  single-handed.  Primitive  man,  there- 
fore,  does  not  cngage  in  tribal  wars  ;  he  is  familiär  only 
with  the  strife  of  individual  with  individual.  In  fact, 
wherever  the  bow  and  arrow  is  used  exclusively,  open  war- 
fare is  impossible.  With  it,  primitive  man  slays  his  enemy 
from  behind  a  sheltering  bush.  It  is  thus  that  the  Veddah  of 
nature  serves  the  cultural  Veddah,  or  the  Singhalese  who 
has  deceived  him  in  secret  barter,  or  even  the  fellow- 
tribesman  who  steals  his  wife.  Just  as  secret  barter  is 
carried  on  In  concealment,  so  also  is  warfare.     This,  how- 

4 


34  ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

ever,  indicates  that  the  bow  and  arrow  was  originally 
intended  for  hunting  and  not  for  warfare.  From  this  con- 
sideration  alone  it  is  evident  that  primitive  Ufa  was  not  ä 
war  of  all  against  all,  as  it  was  described  by  Thomas  Hobbes. 
On  the  contrary,  there  doubtiess  existed  a  State  of  peace, 
interrupted  only  occasionally  by  the  strife  of  individual  with 
individual— a  strife  that  resulted  from  a  conflict  of  interests, 
such  as  occurred  even  during  this  early  period. 

3.  The  Origin  of  Marriage  and  the  Family. 

That  the  origin  of  marriage  and  the  family  really  con-. 
stitutes  a  problem,  long  failed  to  be  recognized.  Because 
of  the  natural  relations  of  the  sexes  it  was  supposed  that 
man  lived  in  a  State  of  marriage  from  the  very  beginmng. 
Furthermore,  the  monogamous  marriage  of  the  present  was 
projected  back  into  an  indefinite  past,  where  it  found  final 
termination  in  the  idea  of  a  primal  pair  of  ancestors.  But, 
cven  apart  from  this  mythological  belief,  there  were  ako 
positive  grounds  for  supposing  an  original  State  of  monog- 
amy.  Do  not  many  animals  live  in  monogamous  union? 
In  addition  to  nest-building  birds,  monogamy  prevails  par- 
ticularly  among  mammals,  and,  of  the  latter,  among  those 
that  have  the  dosest  physical  relationship  to  man.  We 
might  cite  the  gorilta,  the  primate  that  most  resembles 
man,  and  probably  also  the  chimpanzee,  although  in  this 
case  we  lack  positive  proof.  Why,  then,  shouki  not  man 
have  carried  over  monogamous  marriage  from  his  animal 
State  into  his  primitive  culture?  This  theory,  therefore, 
was  regarded  as  almost  setf-eVident  until  after  the  middle 
of  the  last  Century.  But  in  1861,  a  Swiss  Jurist  and 
antiquarian,  J.  Bachofen,  published  a  remarkable'^work 
on  **  Mother-right."  In  this  book  Bachofen  attempted 
to  prove  the  falsity  of  the  doctrine— previously  almost 
uncontested— that  monogamy  was  the  original  form  of 
marriage,  and  to  refute  the  view,  regarded  as  equally  self- 
cvident,  that  within  this  marriage  union  man  held  the 
supremacy— in    brief,     the    patriarchal    theory.      Bachofen 


3«         ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGY 

children  wcrc  universally  bom  out  of  wedlock.  Thus,  prior 
to  the  ascendancy  of  woman^  there  existed  a  State  of  agamy, 
in  which  there  was  no  marriage  but  only  a  promiscuous 
relation  of  the  sexes.  Wie  thtis  have,  as  it  were,  a  picture 
whose  outlines  are  determined  by  contrast  with  the  family 
of  civilized  peoples,  and  which  reminds  us  of  Hobbes'a 
account  of  the  earliest  political  relations,  there  being  in 
both  cases  an  entire  absence  of  order.  But  it  is  pre- 
cisely  in  this  fact,  Bachofen  believes,  that  we  have  a  clue  to 
the  origin  of  gynecocracy  if  only  we  bear  in  mind  the  actual 
characteristics  of  woman.  Wonian*s  nature  is  such  that 
this  universal  promiscuity  of  the  sexes  must  have  become 
repulsive,  first  of  all,  to  her.  Turning  away  all  other  men, 
she  accepted  but  a  single  one.  In  so  doing,  woman  proved 
herseif  the  Champion  of  chastity  and  morals  which  she  has 
since  remained.  To  her,  and  not  to  man,  is  due  the  honour 
of  having  founded  the  monogamous  family.  At  the  out- 
set  she  was  also  its  natural  preserver  and  guardian.  The 
children  were  counted  to  her  kin  ;  her  kin  determined 
descent ;  and,  in  Bachofen's  view,  this  condition,  which 
arose  out  of  causes  of  a  universal  nature,  long  prevailed 
throughout  the  world  generally.  But  why  was  it  not  main- 
tained?  It  was  not  possible,  so  runs  the  answer,  because, 
though  woman  alone  was  psychically  fitted  to  establish  it— 
man  could  never  have  instituted  monogamy-~she  was  not 
eqaally  fitted  to  render  it  permanent.  Woman  is  not  bom 
to  rulc.  In  intelligence,  as  well  as  in  physical  strength? 
&he  is  inferior  to  man.  Altogether,  therefore,  there  are  threc 
periods  of  development :  agamy  or  promiscuity,  foUowed 
by  female  supremacy  or  mother-right,  and,  finally,  by  the 
dominance  of  man,  or  father-right. 

These  hypotheses  of  Bachofen  created  much  dispute  in 
snoceeding  years.  Some  of  the  facts  could  not  be  denied 
from  the  Standpoint  of  the  antiquarian.  Nevertheless,  the 
sapposition  of  the  universalir^«  of  an  early  mother-right 
was  quite  rightly  questioned,  and  its  origin  out  of  the  com- 
pletely  unrestrained  condition  of  the  horde  was  even  more 
▼igorously  contested     And  so  t  of  the  Swiss  Jurist, 


PRIMITIVE    MAN  37. 

which  was  based  essentially  on  philologic-antiquarian  argu- 
ments,  gradiialty  feil  into  the  background,  until,  in  the 
seventies  of  the  nineteenth  Century,  it  suddenly  seemed 
to  find  important  corroboration  and  a  new  basis  from  an 
entirely  different  quarter.  It  was  ethnology  that  supplied 
the  new  facts,  and  these  were  again  derived  from  a  study 
of  Australia,  that  fieM  of  ethnological  Observation  whicb 
was  generalty  regarded  as  more  particularly  exemplifying 
primitive  culture.  Bachofen  believed  to  have  demonstrated 
that  matemal  descent  was  originally  a  universal  custom, 
even  in  the  case  of  those  who  are  now  cultural  peoples. 
Ethnology  revealed  the  fact  that  this  System  of  kinship 
is  still  very  prevalent  in  Australia.  Indeed,  it  is  so  preva- 
lent  that  even  to-day  about  three-fifths  of  the  tribes  trace 
descent  through  the  mother  and  only  two-fifths  through  the 
father.  In  some  of  the  cases  in  which  the  System  of  paternal 
descent  is  now  established;  moreover,  it  is  probable  that 
the  mother  once  determined  the  kinship  of  the  children. 
It  was  on  the  basis  of  these  facts  that,  in  his  volume  on  the 
natives  of  south-eastern  Australia,  Howitt,  the  most  thorough 
investigator  of  the  social  conditions  of  the  Australians,  came 
to  a  conclusion  similar  to  that  previously  reached  by 
Bachofen  on  the  basis  of  his  antiquarian  investigations. 
In  Howitt's  view,  alt  family  relations  were  originally  based 
on  the  System  of  matemal  descent.  This  System,  though 
generally  restricted  to  narrower  bounds  than  in  Australia, 
is  likewise  to  be  found  in  America,  Melanesia,  Polynesia,  and 
in  several  parts  of  the  Old  World,  especially  among  the 
peoples  of  northem  Siberia  and  among  the  Dravidian  tribes 
in  the  southem  part  of  Hindustan.  These  facts  have  more 
and  more  led  present-day  ethnotegists  to  a  view  that  is  in 
essential  agreement  with  Bachofen's  theory.  Again  the 
question  was  raised  how  such  a  System  of  matemal  descent 
was  possible.  The  answer  was  that  it  could  be  possible 
only  if  the  mother,  but  not  the  father,  was  known  to  son 
and  daughter— again  an  analogica)  conclusion  from  con- 
ditions prevailing  in  present-day  society  outside  the  marriage 
tie.     Accordingly,  the  idea  was  again  adopted  that,  ante« 


38  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

ceding  xnarriage,  there  was  an  original  State  of  promiscuity. 
It  was  believed  that  there  was  originally  neither  marriage  nor 
family,  but  merely  a  condition  in  which  there  were  sexual 
relations  of  all  with  all— a  picture  of  the  relations  between 
man  and  woman  suggested  by  the  idea  of  an  original  State 
of  natural  rights  and  of  freedom  from  political  restraints, 
and  forming,  as  it  were,  the  counterpart  of  the  latter. 

But  ethnology  then  discovered  other  phenomena  also  that 
seemed  to  feivour  this  view.  Two  lines  of  argumenta  par- 
ticularly,  have  here  played  an  important  röle,  and  still  retain 
a  measure  of  influence.  The  first  argument  was  again 
derived  from  the  ethnology  of  AustraKa.  This  region 
possesses  a  remarkable  Institution,  describabte  neither  as 
monogamy  nor  as  agamfy,  but  appearing,  at  first  glance, 
to  be  an  intermediate  form  of  association.  This  is  the  so- 
calted  group  marriage ;  several  men  are  imited  in  common 
marri^^^  with  several  women.  Either  a  number  of  brothers 
marry  a  number  of  sisters,  or  a  number  of  men  belonging 
to  one  kinship  group  marry  in  common  women  of  another. 
Group  marriage,  therefore,  may  seem  to  represent  a  sort 
of  trailsitional  stage  between  promiscuity  and  monogamy. 
At  first^  so  we  might  picture  it  to  ourselves,  the  union  of 
all  with  all  became  restricted  to  more  limited  groups,  and 
only  later  to  the  union  of  one  man  with  one  woman. 

But  had  not  a  fiuther  argument  been  added,  perhaps 
neither  female  descent  alone  nor  group  marriage  would 
have  attracted  to  this  theory  so  many  prominent  ethnolo- 
gists^.  tnduding,  besides  Howitt,  the  two  able  investigators 
iA  Attttralia,  Spencer  and  GiHen,  the  leamed  exponent  of 
comparative  ethnology,  J.  G.  Frazer,  and  a  number  of 
Hthers.  This  further  argument  was  presented  with  particular 
tbdroi%hness  by  the  American  ethnologist  Lewes  Morgan, 
in  bis.  history  of  primitive  man,  ''Ancient  Humanity'' 
<!l874t)£  ;  It  is  based  upon  what  Morgan  has  termed  the 
MAalaym  System  of  relationship/  We  are  not,  of  course, 
fawilitfr,>1>riäi  this  as  a  System  of  actual  relationship  ;  it 
WSUkflii^yV^  the  knguages  of  certain  peoples,  as  a  system 
crfi illlTipiijK.ahort,  as  a  nomenckture«-ref erring  in  part  to 


PRIMITIVE    MAN 


39 


relations  of  kinship,  but  chiefly  to  age-relations  within  one 
and  the  same  kinship  group.  The  name  '  Malayan  '  is 
not  entirdy  appropriate  as  applied  to  this  system.  The 
nomenclature  is  found  particuku-ly  on  the  Island  of  Hawaii, 
though  it  also  occurs  in  Micronesian  territory.  Its  essen- 
tial  characteristic  may  be  very .  simply  described.  It 
consists,  or  consisted,  in  the  fact  that  a  native  of  Hawaii,  for 
example,  calls  by  the  name  of  '  father/  not  only  his  actual 
fother  but  also  every  man  of  an  age  such  that  he  could  be 
his  father— that  is,  every  man  in  the  kinship  group  of  the 
ncxt  older  generation.  Similarly,  he  calls  by  the  name 
'xnother^'  not  only  his  own  mother  but  every  woman  who 
might  possibly,  as  regards  age,  be  his  mother.  He  calls 
brother  and  sister  the  men  and  women  of  his  own  genera- 
tion, son  and  daughter  those  of  the  next  younger  generation, 
and  so  on  up  to  grandfather  and  grandmother,  grand- 
son  and  grand-daughter.  The  Hawaiian  native  does  not 
concem  himself  about  more  distant  generations  ;  great- 
grandfather  is  for  him  the  same  as  grandfather,  and  great- 
grandchild  the  same  as  grandchild.  The  terms,  thus,  are 
of  the  simplest  sort.  The  brothers  and  sisters  of  a  man, 
whom  we  designate  in  the  accompanying  diagram  by  M, 
are  placed  atongside  of  him  in  the  same  generation  ;  above, 
as    an   older   generation,    are    fathers    and   mothers  ;    still 


Gr^ndparents 


Mothers 


Sons 


SUtcjro 


Crtmichildren  «Äugliters 


higher,  are  grandfathers  and  grandmothers  ;  below,  are 
sons  and  daughters  and  the  grandsons  and  granddaughters. 
The  same,  of  course,  holds  also  for  women.  Thus,  the 
System  as  a  whole  comprises  five  generations. 

-  Now,  it  was  maintained  that   this  system  could  have 
arisen  only  out  of  a  previous   condition   of  general  prr 
miscuity.     For,   unless   the  actual  father  were  univen 


40  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOG Y 

unknown,  how'could  it  be  possible  that  a  person  would 
call  by  the  name  of  father  every  man  within  the  same 
kinship  group  who  might,  as  regards  age,  be  bis  father?  If, 
however,  we  propose  this  argumenta  we  immediately  strike  a 
weak  point  in  the  hypothesis,  since  all  women  of  the  older 
generation  are  called  mother  just  as  its  men  are  called 
fether.  We  should  certainly  expect  that  the  real  mother 
would  be  khown,  because  the  child  derives  its  nourishinent 
from  her  during  a  period  which  is  especially  long  among 
primitive  peoples,  and  because  it  grows  up  close  to  her. 
And,  furthermore,  the  hypothesis  is  hardly  reconcilable  with 
the  fact  that,  for  the  most  part,  Malayo-Polynesian  languages 
differentiate  relations  by  marriage  even  more  sharply  than 
do.  oar  own.  An  Hawaiian  man^  for  example,  calls  the 
brather  of  his  wife  by  a  different  name  than  does  a  woman 
the  bxother  of  her  husband.  Thus^  in  place  of  our  word 
*  brother-in-law  *  they  have  two  expressions.  In  any  event, 
the  term  *  brother*in-law  *  is  applied  to  an  individual,  and 
therefore  implies  marriage.  To  meet  this  point^  we  would 
be  obliged  to  fall  back  on  the  supposition  that  these  terms 
rqpceaent  later  additions  to  the  original  nomenclature  of 
rdationship.  But  even  then  the  fact  would  remain  that, 
in  their  dizect  reference,  these  terms  are  merely  names  for 
fiffer^oces  in  age.  It  therefore  remains  an  open  question 
whiidier  the  terms  also  designate  relationship  ;  to  the  extent 
of  our  Observation,  this  is  certainly  not  the  case.  The 
native  of  Hawaii,  so  far  as  we  küow  anything  about  him*, 
fckiew.  bis  &ther  and  mother  :  what  he  lacked  was  merely 
c'qiedfib  name  for  them.  KVhenever  he  did  not  call  his 
iatfaer  by  his  given  name,  he  evidently  called  him  by  the 
Mme  name  that  he  applied  to  the  older  men  of  his  immediate 
gMnp^'L  iAnuMg-  European  peoples  also,  the  terms  '  father  * 
aUft'^ttiBtfiftr^  iare  sometimles  used  in  connection  Vnth  men  and 
MInftüMMtnd*  tÜs  relationship.  For  example,  the  Russians, 
purdcolady^  hMt  a  custom  of  addressing  as  '  littte  father  * 
mi^^tKSli'4aBälk  *  persons  who  are  not  in  the  least  related 
ltf^^0Mlfil'"^l!Pk«'^>^^ch  miüces  it  highly  probable  that  in  the 
lystem  of  relationship  we  are  dealing  not 


PRIMITIVE    MAN  41 

with  degrees  of  relationship  but  with  age-periods,  is,  in  the 
last  event,  a  difFerent  phenomenon— one  that  has  hitherto 
been  overlooked  in  connection  with  these  discussions.  In 
tbe  very  regions  whose  languages  employ.  this  nomenclature, 
custom  prescribes  that  the  youths  and  men  live  in  Separation 
from  the  women  and  children  from  their  earliest  years  on. 
This  is  the  institution  of  the  men*s  club  with  its  age- 
groups.  Its  social  röle  is  an  important  one,  crowding 
even  the  family  association  into  the  background.  Under 
such  circumstances,  the  individnal  is  naturally  interested  first 
of  all  in  his  companions  of  the  same  age-group»  for  each 
of  these  usually  occupies  a  separate  apartment  in  the  men*s 
house.  ThuSf  the  so-called  Malayan  System  of  relation- 
ship is  really  not  a  System  of  relationship  at  all,  but  a 
nomenclature  of  age-groups  based  on  social  conditions. 
These  conditions  bring  it  about  that  companions  of  the  same 
sex  are  more  closely  associated  than  are  men  and  women. 
In  the  men's  houses  a  companion  of  the  same  group  is  a 
brother,  one  of  the  next  older  group,  a  father.  Together 
with  these  men  the  individual  goes  to  war  and  to  the 
bunt.  Thus,  these  phenomena  cannot  be  said  to  belong 
to  the  lowest  stage  of  culture.  Nor,  obviously,  does  this 
terminology,  which  has  reference  to  differences  of  age, 
exclude  any  particular  form  of  marriage.  In  this  case  it 
is  a  mistake  to  associate  the  names  '  father/  '  mother/ 
•brother/  etc.,  with  the  concepts  that  we  attach  to  these 
words. 

The  hypothesis  that  the  family^  whether  of  monogamous 
or  of  polygamous  Organization,  was  preceded  by  a  state  of 
unrestricted  sexual  intercourse,  so-callcd  agamy  or  promis- 
cuity,  is,  however,  as  was  rcmarked  above,  ba^ed  not  only  aa 
the  fact  of  maternal  descent  and  of  the  Malayo-PoK-nessaa 
method  of  designating  ages^  bvtt  al»  on  that  of  grzfzp- 
marriage.  In  this  form  of  tnsLTrisLge,  a  number  of  ryg 
marry  in  common  a  number  of  women.  This  25  ciäjw 
preted  as  a  transitional  stage  betwecn  an  unrestricaod 
intercourse  within  the  tribe  and  the  limited  mairi 
of  later  times.    At  first  glaiW^  indeed^  this  a 


43  ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

probable.  In  order^  however,  to  decide  whether  such  a 
transxtion  oould  take  place,  and  how  it  might  occur,  we 
must  first  of  all  consider  the  relation  which  group-marriage 
sustains^  among  the  peoples  who  practise  it^  to  the  other 
iQnns  of  marriage.  It  then  appears  at  once  that  it  is  a 
particular  form  of  polygamy.  True,  it  is  not  identical 
with  the  fönn'  of  polygamy  most  familiär  to  us,  in  which 
one  man  possesses  several  wives.  But  there  is  also  a  second 
loim^  which^  though  less  frequent,  is  of  greatest  importance 
lor  an  üiterpretation  pt  group-marriage.  One  woman  m!ay 
have  several  husbands.  The  two  forms  of  polygamy  may 
coüvaücDtly  be  called  polygyny  and  polyandry,  and  these 
tenns  should  always  be  distinguished  in  any  attempt  at  a 
preciae  account  of  polygamous  marriage.  Polygyny  is  very 
prevalent  cven  in  our  day,  occurring  particularly  in  the 
Mohammedan  world,  but  also  among  the  heathen  peoples 
ol  Africay  and  in  other  regions  as  well.  It  was  likewise 
practised  by  tbe  andent  Israelites,  and  also  by  the  Greeks, 
akfaough  ib»  Indo-Germanic  tribes  for  the  most  part  adhered 
to  monogamy  irom  early  times  on.  Polyandry  is  much  less 
oommont.aiid  isj  indeed,  to  be  found  only  among  relatively 
pranitive  peoples«  It  occnrs  in  Australia  and,  in  the  southem 
part  oi  Hindustao,  amon|r  the  Dravidians,  a  tribe  of  people 
crcmded  tiack  to  tjie  extreme  end  of  the  contlnent  by  peoples 
ivlio  jBdgrated  into  India ;  it  is  found  also  far  in  the  north 
among  the  Esquimos  of  Behring  Strait  and  among  the 
Tdniktcfaii  and  Ghilyaks  pf  Siberia,  and,  finally,  here  and 
tkna  in  the  South  Sea  Islands. 

14  ooir«  we  .wish  to  4mderstan4  the  relation  of  thesie 
Mg|  iofma  •£  polygamy  to  each  other,  we  must  first  of 
ftB  ft*pppt  to  picture  to  ouraelves  the  motives  that  underlie 
.«^  lAfmviBr  the  custom  has  become  fixed  through 
tp  -bring^ .  t»  light  the  motives  that  were  originally 
:  Iii  Jhe.case  of  polygamy;,  the  immediate  motive 
li.:«vld«t^«  the  .aemal  in^Milse  of  man»  which  is  more 
ton9ief|^.Ji|ti|fi«diby  Üfi^  possessipn  of  several  wives  than 
'hf^Aftfi'^fj^ifUa^  Xbis  motive^  however,  does  not 

ia!M|fc$t  ItKtl^lifiile  other  contributing  circumstances 


PRIMITIVE    MAN  43 

are  present.  Two  such  important  factors,  in  particular, 
are  property  rights  and  thc  power  of  authority.  Polyg^-ny 
flourishes  particularly  wherever  the  general  conceptions  of 
property  and  of  authority^  and,  connected  with  the  latter, 
that  of  the  supremacy  of  man  within  the  family,  have 
attained  undue  importance.  Under  the  co-operation  of 
these  motives,  the  wife  becomes  the  absolute  property  of 
the  husband,  and  may,  therefore,  wherever  polygyny  pre- 
vails  among  barbaric  peoples,  be  given  away  or  cxchanged. 
Bound  up  with  this,  moreover,  is  the  fact  that,  wherever 
there  are  considerable  social  differences,  dependent  on  differ- 
ences  in  property  and  rank,  it  is  principally  the  wealtby 
or  the  aristocratic  man  who  possesses  many  wives.  In  the 
realm  of  Islani,  .the  conomon  man  is,  as  a  rule,  content 
with  a  Single  wife,  so  that  monogamy  here  prevails  in 
the  lowest  Stratum  of  society. 

With  polyandry  the  case  is  essentially  othcrwise.  In  it, 
entirely  different  motives  are  operative  ;  it  might,  indeed, 
be  said  that  they  are  the  exact  opposite  of  those  that 
bring  about  polygyny.  It  is  particularly  significant  that 
polyandry  is  found  in  regions  where  there  is  a  scarcity 
of  women.  This  scarcity,  however,  is,  in  turn,  generally 
due  to  an  evil  custom  of  barbaric  culture^  namely,  in- 
fanticide.  In  Polynesia,  where  polyandry  was  very  preva- 
lent,  this  custom  was  at  one  time  fairly  rampant.  Even  to- 
day  infanticide  still  appears  to  be  practiscd  by  some  of  the 
Dravidian  tribes  of  Hindustan.  Similar  conditions  prevail 
among  the  Australians.  In  Polynesia,  however,  and 
probably  in  other  localities  as  well,  it  was  chiefly  the 
female  cliildren  who  were  the  victims  of  infanticide.  The 
natural  result  was  a  decrease  in  women  and  a  striking 
numerical  disproportion  between  the  sexes.  Thus,  Ellis, 
one  of  the  older  English  investigators  of  conditions  in  these 
territories,  estimated  the  relation  of  men  to  women  as  about 
six  to  one.  Under  such  circumstances  the  custom  of 
polyandry  is  intelligible  without  further  explanation.  It 
was  not  possible  for  every  one  to  possess  a  wife  of  his  own, 
and  so  several  men  united  to  win  one  wife  in  common. 


44  ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

We  mlght  ask  why  it  was  chiefly  girls  who  feil  victinis 
to  this  murder.  That  children  in  general  should  be 
sacrificed,  under  the  rough  conditions  of  natura^  is  not  inex- 
plicable.  It  is  due  to  the  struggle  for  the  necessities  of  Ufe 
and  to  the  indolence  that  shrinks  from  the  labour  of  raising 
children.  The  desire  is  to  preserve  the  iives  of  only  a 
limited  number  ;  the  remainder  are  killed  immediately  after 
birth..  In  Polynesia,  the  murder  was  forbidden  if  the  child 
had  lived  but  a  Single  hour.  Occasionally,  magical  motives 
are  operative,  as  in  the  case  of  the  horror  which  the  man  of 
nature  feels  towards  deviations  from  the  normal  and  towards 
tbe  birth  of  twins.  That  male  children  are  more  often  spared 
tfaan  female,  however,  can  scarcely  be  explained  otherwise 
dum  on  the  ground  that  a  particular  value  is  placed  on  men. 
The  man  is  a  companion  in  sport  and  in  the  chase,  and  is 
regarded  as  more  valuable  for  the  further  reason  that  he 
aids  in  tribal  warfare.  This  higher  value  reverts  back  even 
to  tbe  child.  it  is  evidenoed  also  in  the  fact  that,  in  the  case 
of  women^  the  arrival  of  adolescence  is  not  celebrated  with 
the  same  solemn  ceremonies  as  are  held  in  the  case  of  young 
men.  Whereas  great  celebrations  are  held  when  the  youth 
readses  the  age  of  manhood,  little  notice  is  taken,  as  a  rule, 
of  the  maiden's  entrance  into  womanhood.  By  means  of 
tliese  celebrations,  tiie  youths  are  received  into  the  society  of 
men,  and,  together  with  companions  of  their  own  age,  are 
initiated  into  the  traditional  ceremonies.  In  these  ceremonies 
«omen  are  not  allowed  to  participate. 

Thoug^  the  causes  of  polyandry  are  thus  entirely 
different  from  those  of  polygyny,  it  does  not  at  all  follow 
tliat  these  forms  of  marriage  are  mutually  exclusive.  On 
flie  Contrary^  they  may  very  well  exist  side  by  side,  as, 
ÜMieed,  they  actually  do  in  many  places.  But  how,  then,i 
üi  M-tftlled  group-marriajfe  related  to  these  two  forms? 
Ilf  üi.  olmcnisly  nothing  but  a  combination  of  polyandry  and 
P^lym^"  ^^  ^^  whenever  a  gxpup  of  men  marries  a 
group  of  WOtatBi,  these  two  fonns  of  polygamy  are  both 
ift^olveJf.  ''■  Efcry  man  has  several  wives,  and  every  wife 
has  MfWiA  iMiMmdt.     Only,  indeed,  on  the  basis  of  a 


46  ELEMENTS  OF.  FOLK  PSYCHOLOGY 

proved  to  be  a  further  source  of  polygyny.  In  this  case 
also,  tbere  was  generally  one  chief  wife,  wherever  polyandry 
did  not  interfere.  When  the  Mohammedan  of  modern 
times  calls  hb  chief  wife  ^  favourite,*  it  is  merely  anothiefr 
indication  ihat  this  form  of  polygyny  developed  f rom  monog- 
amy,  since,  according  to  the  old  custom,  there  was  but  one 
Chief  wife.  Here,  however,  the  chief  wife  is  no  longer  neces- 
sarily  the  wife  belonging  to  a  man's  own  tribe,  as  was  the 
case  among  the  ancient  Israelites  ;  the  favour  of  the  master 
determines  which  wife  shall  be  given  the  privileged  place. 
Thua^  from  whatever  angle  we  view  group-marriage,  its 
pelygyoy  and  its  polyandry  seem  to  rest  on  monogamy. 
Thb  b  true  also  of  forms  of  group-marriage  other  than 
tfaeae  mentioned  above.  »Where  the  theft  of  women  still 
GOntinues  to  be  a  practioe  more  serious  than  are  the  some- 
what  piayful  survivals  tfaat  occur  in  the  marriage  ceremonies 
of  cultural  peoples^  die  one  who  wishes  to  steal  a  wife 
not  ihfrequently  aecuites  confederates  for  his  undertaking. 
Custom  then  commonly  gives  these  companions  a  certain 
rigfat  to  the  stolen  woman.  This  right,  of  course,  is  for 
the  most  part  temporary^  but  it  may  nevertheless  come  to 
approximate  the  conditions  of  group-marriage  in  case  the 
first  man  assists  his  confederates  in  the  same  way  in  which 
tfa^  have  aided  him.  There  is  still  another  and  a  related 
motive  ihat  may  lead  to  the  same  result.  When  a  woman 
enters  into  marriage  with  a  man  of  a  certain  tribe,  she  at 
oncf  enters  into  veiy  close  relations  with  the  tribe  itself. 
Where  tribal  association  has  gaioed  a  preponderant  import- 
ance,  custom  sometimes  jgrants  fo  all  the  male  members 
of  the  tribe  certain  tiansient  rights  with  respect  to 
the  woman  on  the  occasion'of  her  marriage.  ^^  This  occurs 
particularly  when  the  man  and  woman  belong  to  different 
tribes— that  is,  in  the  case  of  exogamy,  an  Institution  charac- 
teristic  of  the  totemic  age  and  to  be  conside^  later.  For, 
the  lively  consciousness  of  kinship  differences  naturally  tends 
to  strengthen  the  right  of  iqiptopriation  belonging  to  the 
entire  tribe«  A  similar  tfaougfat  i$  reflected  in  the  mediaeval 
/s5  primm  noctis  of  certain  provinces  of  France  and  Scot- 


48  ELEMENTS    OF    FOLK   PSYCHOLOGY 

thc  contrary,  the  phenomena,  both  of  group-marriage,  valued 
as  the  most  important  link  in  the  chain  of  proof,  and  of 
the  simpler  forms  of  polygamy,  everywhere  point  to 
monogamy  as  their  basis.  Furthermore,  these  arguments 
all  rest  on  the  assumption  that  the  peoples  among  whom 
these  various  phenomena  occur,  particularly  the  combina- 
tion  of  polygyny  and  polyandry  in  group-marriage,  occupy 
a  primitive  plane  of  social  Organization.  This  presupposition 
also  has  proven  fallacious,  since  it  has  become  evident 
that  this  Organization,  especially  among  the  Australian  tribes, 
is  an  extremely  complicated  one,  and  points  back  to  a  long 
history  involving  many  changes  of  custom. 

Meanwhile,  primitive  man,  in  so  far  as  we  may  speak 
of  him  in  the  relative  sense  already  indicated,  has  really 
been  discovered.  But  the  Australian  does  not  belong  to 
this  class,  nor,  even  less,  can  many  of  the  peoples  of 
Oceania  be  counted  within  it.  It  includes  only  those  tribes 
which,  having  probably  been  isolated  for  many  centuries 
and  cut  off  from  the  culture  of  the  rest  of  the  world,  have 
remained  on  the  same  primitive  level.  We  have  become 
{amiliar  with  them  in  the  preceding  account  of  the  external 
culture  of  primitive  man.  We  find  them  to  be  forest  peoples 
who  have,  for  the  most  part,  been  crowded  back  into  inac- 
cessible  territory  and  who  have  entered  but  slightly  into 
intercourse  with  the  outside  world,  inasmuch  as  their  needs 
are  limited.  They  generally  call  themselves,  whether  rightly 
er  wrongly  we  need  not  inquire,  the  original  inhabitants 
of  these  regions,  and  they  are  regarded  as  such  by  their 
neighbours.  They  include,  in  addition  to  several  tribes  of 
Hindustan  (as  yet  insufficiently  studied),  particularly  the 
Semangs  and  Senoi  of  the  interior  of  the  Malay  Peninsula, 
the  Veddahs  of  Ceylon,  the  Negritos  of  the  Philippines  and 
Central  Africa,  and,  finally,  to  some  extent,  also  the  Bush- 
men.  This  is  certainly  a  considerable  number  of  peoples, 
some  of  whom  live  at  great  distances  from  the  others. 
In  spite  of  this,  howevcr,  even  their  external  culture  is 
largely  the  same.  Considering  the  primitive  character  of 
their  social  institutions  and  customs,  it  would  seem  safe  to 


PRIMITIVE    MAN.  49 

say  that  without  doubt  they  approach  the  lowest  possible 
level  of  human  culture.  Besides  bow  and  arrow  they  have 
scarcely  a  weapon,  no  vessels  of  clay,  and  practically  only 
such  implements  as  are  presented  directly  by  nature  herseif. 
At  this  stage  there  is  scarcely  anything  to  distinguish  man 
from  the  anunal  except  the  early  discovered  art  of  kindling 
fire,  with  its  influence  on  the  utilization  of  the  food  that  is 
gathered.  Briefly  summarized,  these  are  the  main  traits 
ol  primitive  culture  that  are  ktiown  to  us. 

What«  now,  is  the  Status  of  marriage  and  the  family  at 
this  period?  The  answer  to  this  question  will  come  as  a 
surprise  to  those  who  are  imbued  with  the  widespread 
hypotheses  that  presuppose  the  primitive  State  to  be  that 
of  the  horde.  And  yet,  if  these  hypotheses  be  regarded 
in  the  proper  light,  our  answer  might  almost  be  cxpected. 
Among  the  primitive  tribes  that  we  have  mentioned^  monog- 
amy  is  everywhere  found  to  be  not  only  the  exclusive 
mode  of  marriage^  but  that  which  is  always»  so  to  speak, 
taken  for  granted  ;  and  this  monogamy,  indeed,  takes  the 
form  of  Single  marriage.  It  is  but  rarely  that  related 
families  live  together  more  or  less  permanently«  forming 
the  beginning  of  the  Joint  family.  The  Bushmen  alone  off  er 
something  of  an  ezception  to  this  rule.  Among  them, 
polygyny»  together  with  other  practices^  has  been  intro* 
duced.  This  is  probably  due  to  the  influence  of  neighbour- 
ing  African  peoples,  such  as  the  Hottentots  and  the  Bantus. 
Elsewhere  conditions  are  different.  This  is  true  especially 
of  the  Semangs  and  Senoi^  whose  Isolation  has  remained 
more  complete,  and  of  the  Veddahs  of  nature,  as  the 
Sarasin  cousins  call  them  in  distinction  from  the  Surround- 
ing  Veddahs  of  cultiure.  Among  these  peoples,  monog- 
amy— indeed,  lifelong  monogamy— has  remained  the  pre- 
vailing  form  of  marriage.  Connected  with  it  is  found  the 
original  division  of  labour,  which  is  based  on  sex.  Man  pro- 
vides  the  animal  food  by  himting  ;  woman  gathers  the  vege- 
table  food — fruits,  tubers,  and  seeds— and,  by  the  employment 
of  firc,  if  necessary,  renders  both  it  and  the  game  edible. 
Thi8  basb  of  division  of  labour,  which  appears  natural 

5 


50  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

in  harmony  with  the  endowment  of  the  sexes,  contrasts  with 
the  conditions  of  later  culture  in  that  it  indicates  an  approxi- 
mate  equality  of  the  sexes.  Furthermore,  Rudolf  Martin 
and  the  two  Sarasins,  investigators  of  the  primitive  Asiatic 
tribes  of  Malacca  and  Ceylon,  commend  the  marriage  of 
these  peoples  as  being  a  union  of  husband  and  wife  strictly 
guarded  by  custom.  In  forming  a  moral  estimate  of  these 
conditions,  it  should  not  be  overlooked  that  the  exclusive 
possession  of  the  wife  is  probably  due  to  jealousy  as  much 
as  it  is  to  mutual  faithfulness.  Among  the  Veddahs,  the 
intruder  who  threatens  this  possession  is  Struck  to  earth  by 
a  well-aimed  arrow  shot  from  behind  ambush,  and  custom 
approves  this  act  of  vengeance  as  a  justifiable  measure  on 
the  part  of  the  injured  man.  Therefore,  even  though  a 
French  traveller  and  investigator  may,  to  a  certain  extent, 
have  confused  cause  and  effect  when  he  stated  that  the 
monogamy  of  these  tribes  had  its  origin  in  jealousy,  the 
exercise  of  the  right  of  revenge  may,  nevertheless,  have 
helped  to  strengthen  the  custom.  But,  of  course,  in  view 
of  the  primitive  State  of  culture  that  here  prevails,  this 
custom  of  revenge  is  itself  merely]  an  indication  of  the 
undisputed  supremacy  of  monogamy.  Even  as  the  indi- 
vidual,  and  not  the  clan,  exercises  this  vengeance,  so  also 
does  marriage  continue  to  be  restricted  to  single  marriage. 
Of  the  formation  of  Joint  families,  which  arise  out  of  the 
Union  of  immediate  blood  relations,  we  find  at  most,  as  has 
been  remarked,  only  the  beginning;s. 

'4.  Primitive  Society* 

The  more  extensive  social  g^oups  generally  result 
from  the  fact  that  during  the  rainy  season  families  with- 
draw  into  caves  among  the  hüls.  The  larger  caves  are 
frequently  occupied  in  common  by  a  number  of  families,  par- 
tkularly  by  such  as  are  most  closely  related.  Yet  the  groups 
of  co-dwellers  are  not  so  much  determined  by  considera- 
tions  of  kinship  as  by  the  size  of  the  places  of  refugie  ;  ä 
Single  family  occasionally  occupies  a  small  cave  by  itself. 


PRIMITIVE    MAN  51 

Nevertheless,  this  Community  life  plainly  fumishes  the 
incentive  to  a  gradual  formation  of  wider  social  groups. 
This,  no  doubt,  accounts  for  the  fact  that  during  the  favour- 
able  season  of  the  year  several  families  of  the  Veddahs 
Claim  for  themsehres  a  specific  plot  of  ground,  whose  supply 
of  game,  as  well  as  of  the  products  of  the  soil^  which  the 
women  gather,  belongs  exclusively  to  them.  Thus^  there  is 
a  division  of  the  people  into  districts,  and  these  are  deter- 
mined  geographically  rather  than  ethnologically.  Every 
one  is  entitled  to  obtain  his  food,  whether  game  or  products 
of  the  soil,  from  a  specified  territory.  Custom  strictly 
guards  this  communal  property,  just  as  it  protects  the 
Single  marriage.  The  Veddah,  for  example,  who  encroaches 
upon  the  territory  belonging  to  a  group  other  ihan  his 
own,  is  in  no  less  danger  of  falling  a  victim  to  an  arrow 
shot  from  an  ambush  than  is  the  one  who  trespasses  on 
marriage  ties. 

These  various  institutions  form  the  beginnings  of  social 
Organization,  but  as  yet  they  do  not  represent  developed 
clan  groups  or  estabKshed  Joint  families  of  the  patriarchal 
type-  On  the  contrary,  as  they  arise  through  the  free 
association  of  individuals,  so  also  may  they  be  freely  dis- 
solved.  Each  man  has  exclusive  possession  of  his  wife. 
Without  interference  on  the  part  of  his  clan,  moreover,  he 
exercises  absolute  control  over  his  children,  who  remain 
with  the  individual  family  just  as  in  the  case  of  a  developed 
monogamy.  There  is  no  trace  of  sex-groups,  such  as  are 
later  to  be  found  in  the  case  of  the  men's  houses  and  the 
age*groups.  Only  temporarily,  on  the  occasion  of  common 
undertakings,  such  as  the  hunting  of  large  animals,  which 
requires  a  considerable  measure  of  strength,  or  when  new 
hunting-grounds  are  being  sought,  is  a  leader  appointed 
from  among  the  older  men.  His  leadership,  however,  ceases 
with  the  completion  of  the  undertaking.  There  are  no 
permanent  Chiefs,  any  more  than  there  are  clans  or  triba! 
organizations. 

Thus,  in  summary,  we  might  say :  Whenever  the 
social  Organization   of  primitive  man  has   remained  t 


5»  ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

tfuenced  by  peoples  of  a  higher  culture,  it  consists  in  a 
firmly  estabKshed  monogamy  of  the  form  of  siegte 
iMrrlage--^  mode  of  existence  that  was  probably  carried 
over  from  a  prehuman  stage  resembling  that  of  the  present* 
daiy  anthropoids.  There  are  also  scanty  beginnings  of 
Axnal  groups.  If  we  consider  these  tribes  as  a  whole, 
they  still  continue  to  lead  the  life  of  a  hör  de,  meaning 
by  tfais  an  unorganized,  in  contrast  to  an  organized,  tribe  of 
people.  Indeed,  it  was  through  a  curious  change  of  mean- 
ing that  this  Word  acquired  its  present  significance.  It 
is  supposed  to  have  originated  in  a  Mongolian  idiom, 
Whence  it  found  its  way  first  into  the  Riissian  and  later 
into  other  European  Jangüages.  The  Tartars  called  a 
divtsioDi  of  warriors  a  horda.  First  used  in  this  sense, 
Ite  Word  apparently  did  not  receive  its  present  meaning 
in  Geimany  until  the  beginning  of  the  eighteenth  Century. 
Having  in  mind  the  "Golden  Horde"  of  the  Tartars,  a 
iiorde  was  understood  to  mean  a  particularly  dreaded 
division  bf  warriors.  The  furious  force  of  these  Asiatic 
kordesy  and  the  terror  which  they  spread^  later  caused  the 
l9oncept  to  be  extended  to  all  unorganized^  wild,  and  im- 
rettrained  masses  of  men.  Taking  the  word  in  this  wider 
significance,  we  may  now  say  that  the  horde,  as  a  fairly 
farge  social  group  in  which  only  very  meagre  suggestions  of 
an'  o^rganised  tribal  System  occur,  is  characteristic  of  primi- 
tive times,  no  less  than  are  the  isolated  Single  famity  and  the 
beginnings  of  the  Joint  family.  Thus  defined,  however,  the 
horde  does  not  differ  essentially  from  the  animal  herd,  in 
the  meaning  which  the  latter  concept  would  possess  when 
acpjpdied  lo  hiunan^kind.  And  it  is  not  impossible  that  in  the 
etftenskm  of  the  meaning  of  the  term  '  horde/  this  association 
oilihe'foreign  word  with  the  original  Germania  word  '  herd  * 
pkyed  a  |MUt.  A  hord^  we  might  say,  is  a  human  herd,  but 
it  b  predsely  a  human  herd.  Between  the  members  of 
ft:  horde^  therefore,  diere  edsts  a  relation  that  is  lacking 
in  the  animal  herd,  in  flodä  of  migratory  birds,  for  example, 
oc  in  faetdB  öl  sheep  and  cattle.  This  relation  is  established 
antt  iiifciwd  tfamaeh  m  ^Community  of  language,    Herder, 


54  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

wppose  that,  in  the  period  of  Old  High  German,  much  less 
'in  that  of  the  original  Gennan,  our  anoestors  employed  the 
same  forms  of  thought  with  which  we  of  to-day  are  familiär. 
To  a  lesser  degree,  similar  changes  have  undoubtedly  trän- 
8|inred  witfain  mach  shorter  spaoes  of  time.  «> 

Tbtse  considerations  make  the  question  conceming  the 
langnage  of  primitive  man  of  the  utmost  psychological  im- 
portance.  Linguistic  investigations,  however^  so  far  as 
tfaey,  in  their  early  attempts»  had  been  able  to  survey 
the  field,  had  brought  to  light  a  fact  which  discouraged 
an  efforts  to  discover  an  original  language.  Indeed,  it  was 
inevitable  that  at  first  glance  this  discovered  fact  should  have 
mfpeated  ezceedingly  stränge,  particularly  when  viewed  in 
oomecttcm  with  the  life  of  primitive  man.  It  appeared 
diat,  for  fhe  ikiost  part,  the  original  languages  of  primi- 
tive ttibes  no  kmger  exist.  It  is  true  that  in  the  vocabularies 
of  the  Semangs  and  Senoi  of  Malacca,  of  the  Veddahs  of 
(üeylon,  of  the  Negritos  of  the  Philippines,  and  in  other 
vocabularies  that  have  been  collected;  Single  words  may 
be  found  which  do  not  occiir  in  the  languages  of  the  neigh- 
boming  tribes ;  and  it  is  noteworthy  that  the  bow  and 
arrow  are  the  objects  most  frequently  designated  by  such 
words,  a  proof  of  the  &ct  that  these  are  really  relatively 
primitive  inventions.  On  the  whole,  however,  the  Veddahs 
nptak  the  language  of  the  Singhalese  and  Tamils  ;  thfe 
Semangs  and  Senoi,  as  well  as  the  Negritos  of  the 
Philippines,  that  of  their  neighbours,  the  Malays  ;  similarly, 
among  the  Af rican  tribes,  the  Pygmies  of  Central  Af  rica  have 
^iparently  appropriated  the  language  of  the  Monbuttus  and 
other  negro  races,  and  the  Bushmen  that  of  the  Hottentots. 

How  may  this  remarkable  fact  be  ezplained?  ^  That 
these  tribes  formerly  possessed  languages  of  their  own  can 
acarcely  be  doubted.  For,  as  respects  physical  charac- 
teristiat  ^^  ^^n  absolutely  distinct  races.  Considering 
their  characteristics  as  a  whole,  moreover,  it  is  utterly  im- 
piMsible  that  they  could  have  lacked  language  before  coming 
into  öontact  with  the  peoirfes  who  entered  the  country  at 
a    kter    period.      How,    then»    did    these    people    come 


PRIMITIVE    MAN  55 

apparently  to  lose  their  original  language?  To  this  we  may 
briefly  reply  that  there  here  transpired  what  always  occurs 
when  the  well-khown  principle  of  the  struggle  for  existence 
is  applied  to  the  field  of  mental  phenomena.  The  stronger 
race  crowded  out  the  most  important  mental  creation  of  the 
weaker,  its  language.  The  language  of  the  weaker  race^  which 
was  probabily  very  meagre,  succumbed  to  a  language  that 
was  more  highly  developed.  At  first  glance^  this  explana- 
tion  would  appear  to  contradict  what  we  know  conceming 
the  life  of  these  primitive  tribes.  With  what  anxiety  they 
isolate  themselves  from  their  neighbours  I  A  striking  proof 
of  this  is  offered  by  the  practice  of  secret  barter,  in  which 
primitive  man  sets  out  from  the  forest,  if  possible  by  night, 
and  deposits  his  captured  game  at  a  place  which  custom 
has  set  apart  for  this  purpose,  retuming  the  next  night  to 
take  whatever  the  more  civilized  neighbouring  tribes  have 
left  in  exchange — iron  implements  and  weapons,  miaterial 
for  clothing,  and  especially  articles  of  adomment.  The 
participants  in  this  barter  do  not  see  each  otber,  much  less 
speak  with  each  other.  But  where  such  seclusion  exists, 
how  is  it  possible  for  a  stränge  language  to  penetrate? 
This  Problem  appears  almost  insoluble.  Nevertheless,  a 
Solution  that  appears  at  least  probable  was  suggested  by 
the  investigations  of  Kern,  an  able  Dutch  scholar.  His 
studies  were  based  mainly  on  the  development  of  the  various 
Malayan  idioms.  A  remarkable  exception  to  the  rule  that 
primitive  tribes  have  adopted  the  language  of  their  more 
civilized  neighbours  came  to  light  in  the  case  of  the  Negritos 
of  the  Philippines.  Their  neighbours,  as  well  as  those 
of  the  tribes  of  the  interior  of  Malacca,  l^elong  to  that 
much-migrating  race,  the  Malayans.  If  we  compare 
the  Negrito  word-formations  that  have  been  coUected 
during  the  past  forty  years  with  the  vocabulary  of  the 
neighbouring  Malayans,  it  is  evident  that  all  the  words 
are  entirely  different,  or  at  least  seem  to  be  so  with  few 
exceptions.  When,  however.  Kern  traced  the  probable 
developnMnt  of  these  words,  and  compared  them,  not  with 
the  present-day  usage  of  the  Malays  but  with  older  stagtes 


56  ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

of  iheir  language,  he  foubd  that  the  latter  invariably  con- 
fained  the  Counterparts  of  the  Negrito  words.  Thus,  while 
tfaese  Negritos  have  remained  untouched  by  the  present-day 
Malays,  who  probably  entered  the  country  at  least  several 
Centuries  ago,  they  have  evidently  derived  their  language 
from  a  Malayan  influx  that  occurred  much  earlier  still. 
To  thts  may  be  added  the  demonstrable  fact,  gleaned  from 
aftöther  source,  that  from  very  early  times  the  Malayan 
tribes  undertook  migratiotis  at  widely  separated  intervals. 
IVaversmg  the  seas  in  their  unsteady  boats,  they  at 
Tmrious  times  peopled  such'  islands^  in  particular,  as 
wäre  not  too  remote  from  the  mainland.  Now  the  testimony 
of  language,  to  which  we  have  referred,  demonstrates  thtt 
flicare  trefre  at  least  two  sudh  migrations  to  the  Philippines, 
imd  that  they  occurred  at  widely  dUTerent  times.  The 
original  Malayan  dialect,  which  has  now  become  extinct 
or  ünklDOwn  to  the  modern  Malays,  was  assimilated  by  the 
Negrito  pebples,  who  probably  occupied  this  territory  before 
tlle  arrival  of  any  of  the  Malays.  But  this  leads  to  a 
füitfaer  inference.  If  the  language  was  appropriated  in 
prehistoric  times  and  if  the  conditions  of  the  present  are 
Mch  as  would  make  this  scarcely  possible,  we  must  con- 
chide  that  the  interrelatk>n8  of  the  immig^rants  and  the 
original  inhabitants  were  foimerly  not  the  same  as  those 
diat  now  prevail.  And,  as  a  matter  of  fact,  this  seems 
altogether  probable,  if  we  call  to  mind  the  descriptions 
which  tnodem  travellers  give  of  their  experiences  among 
these  primitive  peoples.  The  traits  of  chäracter  that  par- 
dcolarly  disting^sh  them  are  fear  and  hatred  of  their 
more  civilized  neighbours  ;  corresponding  to  this,  is  the  con- 
fempt  feit  by  the  latter,  because  of  their  higher  culture, 
for  the  more  primitive  peoples.  The  only  thing  that 
restrains  the  Immigrant  people  frc»m  waging  a  war  of 
tetennüi&tion  agamst  the  original  inhabitants  is  the  fear 
öf'the  poisoned  arrow  which  the  Negrito  directs  against  his 
teemjr  trom  behmd  an  ambush.  In  view  of  these  facts  it 
il  not  difficült  to  understand  the  abnost  universal  Isolation 
öf  primitive  maai  at  the  pnssent  tinse.    Oh  the  other  band. 


PRIMITIVE    MAN  57 

travellers  who  have  been  admitted  into  the  lives  of  the 
primitive  tribes  of  Malacca  and  Ceylon  and  have  sought  to 
gain  their  friendship,  imaninx)usly  assure  us  that,  whenever 
a  person  has  once  succeeded  in  coming  close  to  these  people 
and  in  overcoming  their  distrust,  he  flnds  their  outstanding 
characteristics  to  be  good  nature  and  readiness  to  render 
assistance.  We  may,  therefore,  be  justified  in  assuming 
that  the  seclusion  of  primitive  man  was  not  an  original 
condition^  but  that  it  grew  up,  here  and  elsewhere,  as  a 
result  of  the  war  of  extermination  to  which  he  was  exposed 
on  the  part  of  the  races  attempting  to  crowd  him  out  of 
a  large  part  of  his  territory.  Before  this  State  of  affairs 
arose,  barter  also  could  scarcely  havei  possessed  that 
character  of  secrecy  which  only  fear  and  hatred  could  give 
it.  In  all  probability  the  intercourse  which  necessarily 
took  place  in  early  times  between  the  older  inhabitants 
and  the  newer  peoples,  led  to  a  comj)etition  of  languages 
in  which  the  poorer  and  less  developed  language  of  primi- 
tive man  inevitably  succumbed.  Nevertheless,  the  primitive 
language  may  also  have  quietly  exercised  a  reciprocal  influ- 
ence  upon  the  more  advanced  language.  An  Observation 
that  we  cannot  escape,  even  on  far  higher  stages  of  linguistic 
development,  is  the  fact  that,  in  such  a  struggle  between 
a  superior  minority  and  a  less  civilized  majority,  the  former 
determines  the  main  stock  of  words,  and  even,  under  favour- 
able  conditions,  the  grammatical  form,  whereas  the  latter 
exercises  a  decisive  influence  on  pronunciation.  That  a 
similar  process  occurred  in  connection  with  the  displacement 
of  primitive  languages,  the  language  of  the  Bushmen  offers 
proof .  This  is  essentially  a  Hottentot  dialect,  even  though  it 
is  characterized  by  certain  traits  of  primitive  thought.  The 
Hottentots,  '^jvever,  have  derived  their  well-known  clacking 
sounds  from^\e  Bushmen,  who  also  gave  these  sounds  to 
the  language<i  >f  the  Bantu  peoples. 

But  are  fliff  deprived  of  all  knowledge  concerning  the 
most  primitive  granunatical  forms  and  concerning  the  re- 
lated question  of  the  origin  of  language,  by  virtue  of  the 
fact   that   the    languages   of  primitive  peoples   have,   with 


'58  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY. 

the  exception  of  meagre  remnants,  apparently  been  lost? 
There  is  a  consideration  touching  the  question  of  primitive 
forms  of  thought  and  language  that  enables  us,  in  s|pite 
of  the  difficulty  suggested,  to  answer  this  question  in  the 
negative.  The  development  of  language  does  not  at  all 
keep  pace  with  that  of  the  other  forms  of  culture.  Primi- 
tive forms  of  thought  especially,  and  the  corresponding 
expression  which  they  receive  in  language,  may  long  persist 
after  external  culture  is  relatively  advanced.  And  thus, 
among  tribes  that  are  in  general  far  beyond  the  primitive 
stage,  linguistic  forms  may  still  be  found  which  are  exact 
counterparts  of  phenomena  that,  from  a  psychological  point 
of  view,  must  be  regarded  as  primitive.  As  regards  this 
point^  it  is  especially,  the  African  languages  of  the  Soudan 
that  offer  a  typical  field  for  linguistic  study.  If  we  analyse 
the  Syntax  of  such  a  language  and  the  forms  of  thought 
which  the  sentence  structure  allows  us  to  infer,  we  gain  the 
Impression  that  it  is  hardly  possible  to  imagine  a  form  of 
human  thought  whose  essential  characteristics  could  be  more 
primitive.  This  is  clearly  apparent  from  a  consideration 
of  the  Ewe  language  of  the  peoples  of  Togo,  a  German 
colonial  possession.  This  is  a  Soudan  language,  on  whose 
grammar  D.  iWestermann,  a  German  missionary,  has  given 
US  a  valuable  treatise.  While  the  Ewe  language  does  not 
contain  all  the  essential  features  apparently  characteristic 
of  relatively  primitive  thought,  it  does  exemplify  some  of 
them.  iWe  are  led  to  this  conclusion  particularly  when  we 
oompare  it,  together  with  other  Soudan  languages,  with  a 
form  of  language  which,  though  it  arises  under  highly 
advanced  cultural  conditions,  may  nevertheless  be  regarded 
as  primitive,  since  it  is  actually  formed  anew  before  our 
very  eyes.  I  refer  to  gesture-language.  In  this  case,  it 
is  not  Sounds,  but  expressive  movements,  imitative  and 
pantomimic,  that  form  the  means  by  which  .5  an  communi- 
cates  his  thoughts  to  man.  Though  we  may  •tjß^^^  gesture- 
language  as  an  original  form  of  language,  in  so  far  as  we 
can  pbserve  it  at  the  moment  of  its  creation,  we  must 
not,   of  course,  forget  that  the  genesis   of   the   forms   of 


culture  whcse  :aiidin:;:ii   if-rr  r-:--    r::n   ::•  -f  :•:   ;  •  *      "r 
thought. 

that  is   leost   sucecr  t:    "jinnc*^     i    i-rir-f^*   -'^nr   •"•i'.i">  o: 
commTiricanca  enip  c'-«!ii   :-  -^-  •=*?  -vi*:   i.-f   :tf-:::   :-:  '^.m: 
ing.  and  rier»f:r?   :f  =7:ti-t:n   u   v«.l.  zj.z'j^.'-     :>.f  -/.:    *:•? : 
damb.     A   similar  ire:!.":^    :f    iT^rnnir  :i:. :•".   T'^-v.i^h   ^11:1*.^ 
and  gesnr^s  ziaj   i.dc    :e    ir-r^ir  i«i   !.■::•:■: c  :v«^;-*.:*s  x»r   U^w 
culture.       Z5i:e:iall7    -vzxtn     -ii*^-     ::-5  5:     ?:     ::':vn    wuh 
markediv  d:5*r»nt    iiü-^rs.    5c    5m:>.   tixt':*   :!:.ikc'   v.nv*  ot 
gesmres   in    ccnimumca^inr   -v-h    :--f    .i--.?:>:*r       !n\fNn.»:.i 
tions  of  the  spctitan-?!:!!?':-  ir.^— . r  rf--v.-?-!.i"iy.!,ii;o  ot  »Um! 
mutes  date    larg-elv   trcni   th-f    -r?:    r.i':   ot    :ho    ninoimith 
Century.      More    r-^cen:    :r-ii::5    ji.*  e    ?o;*n    iwakIc    oi    tlir 
gestures  of  the  Nonh  An:ir.::i"    Ir.ii.i::  rnlvs.  aiul  mihiI.ii. 
though    less    compIe:e,    cbser.utior.s    havo    l>tvu    irimiinl 
conceming     the    Australiens.       In    thoso    r.isi-.,     Ihiuivm. 
gcstures  sometimes  5er\'e  also  as  a  sort  o(  mm  iri  litn)Mi.i|'i 
This    is    even    more    trae    of    cortain     sij'n«.     ili.ii     nxni 
among  some   of  the   peoples   of   souiliciii    I'jiimjm.    .1..    hn 
example,    among    the     Neaiwlitans.      In     ium-j<Iimii;'     h.. 
question    before    us,    such    cascs    niiiit,    ol    «um  « .    L*     • 
cludedy    since    the    motive    of    roniuirjnii  .iim;',     i«l*  <      1.../ 
herc  bc  entirely  displaced  by  tli.it  ol  I»'|//m;^  il..  o,     «»' 
instead  of  a  language  that   aiiv-.   •:|/'/fji.ii."/w  .'/     n»    ;     .. 
a  means   which   is,   on   tlic    wliol* ,   "/f.  '.'/*/* 
for  purposes  of  mutual  und'-r:»;i/j'1./ipj      .'I  '''  •     ".    - 

casesy  which  belong  to  an  fu*.i*l/  '   "' -  '  ' 

and  examine  the  data  gath'-.r'/i  f.".  ".    /*  -  -   /         -  - 

of  the  earth  and  from  very  dj/^-rv  ".•'      '^ 

find  a  remarkable  agrecmenl.     In  "/•* 

there   are   diflferenccs.      1'hc    id^;i'.   ol    •   • 

in  all  respects  likc  thosc  of  tho  mviI./*'-  * 

of  the  Australian.     Nevertholes*.,  tl*'-  /' 

specific  concreto  objccts  are  frcqn':i»''/    ''• 

of  the  signs  einploycd  by  the  gcsfur*    .v«  /  ". 

mutes  of  Europe  may  be  found  sanof^z     • 


6o  ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY. 

Coald  we  transfer  one  of  these  deaf  and  dumb  persons  to 
tfais  group  of  Indians,  he  would  probably  have  no  difficulty  at 
all  in  commimicating  with  them.  In  more  recent  times  the 
opportunity  of  investigating  spontaneoiis  gesture-Ianguage 
has  not  been  so  great^  because  deaf-mutes  häve  become 
more  and  more  educated  to  the  use  of  verbal  languagje. 
The  prindpal  material  for  the  study  of  the  natural  gesture- 
language  of  deaf-mutes  is,  therefore,  still  to  be  foimd  in  the 
older  observations  of  Schmalz  (1838,  2nd  ed.  1848),  a 
German  teacher  of  people  thus  afflicted,  and  in  the  somewhat 
later  reports  of  an  Englishman  by  the  name  of  Scott  (1870). 
iWhat^  noW)  do  these  observations  teach  us  conceming 
tlie  origin  of  gesture-language^  and  therefore  probably  also 
oonceming  the  factors  imderlying  the  origin  of  language 
in  general?  According  to  the  populär  notion,  a  so-calied 
Impulse  for  communication  or,  perhaps,  certain  intellectual 
prooesses^  voluntary  reflections^  and  actions^  account  for 
the  fact  that  the  contents  of  one's  own  consciousness  come 
to  be  communicated  to  other  individuals.  If,  however,  we 
observe  gesture-language  in  its  origin,  we  obtain  an  entirely 
different  view.  This  mode  of  communication  is  not  the  result 
pf  intellectaal  reflections  or  conscious  purposes^  but  of  emotion 
and  the  involuntary  expressive  movements  that  accompany 
emotion.  Indeed^  it  is  simply  a  natural  development  of 
.those  expressive  movements  of  humian  beings  that  also  occur 
wbitre  the  Intention  of  communicating  is  obviously  absent. 
Ab  18  well  known,  it  is  not  only  emotions  that  are  reflected 
in  one's  movements,  particularly  in  mimetic  movements  of 
llie  face,  but  also  ideas.  tWhenever  ideas  strongly  tinged  with 
'  feeling  enter  into  the  course  of  emotions,  the  direct  mimetic 
ezpressions  of  the  face  are  supplemented  by  movements 
o£  the  armift  and  hands.  The  angry  man  gesticulates  with' 
movements  which  clearly  indicate  the  impulse  to  attack 
that  is  infaerent  in  anger.  Or,  when  we  have  an  ideational 
process  of  an  emotional  nature,  and  ideas  arise  referring  to 
dbJ0Cts  that  are  present  to  us,  we  point  to  the  objects,  even 
dtoaigfa  there  be  no  intention  of  communicating  the  ideas. 
Directions  in  space,  likevme,  as  well  as  past  time  lEuid  futurity, 


68  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

by  the  speaker's  pointing  to  himself  or  to  the  other  person. 
Xhis  suggests  a  similar  movement  tx>  designate  a  '  third 
person'  who  is  not  present.  The  sign  in  this  case  is  a 
backward  movement  of  the  finger.  Whenever  the  objects 
of  conversation  are  present  in  the  field  of  vision,  the  dumb 
person,  as  a  rule,  dispenses  with  every  other  form  of  repre- 
sentation  but  that  of  merely  pointing  to  them. 

Since  the  objects  under  discussion  are,  on  tlie  whole, 
only  rarely  present,  there  is  a  second  and  important 
class  of  gestures,  which,  for  the  sak^  of  brevity,  we  may 
call  graphic.  The  deaf-mute,  as  also  the  Indian  and  the 
Australian,  represents  an  absent  object  by  pictures  outlined 
in  the  air«  What  he  thus  sketches  in  pnly  very  general 
OtttlinM  is  intelligible  to  one  practised  m  gesture-language. 
Moreover,  there  is  a  marked  tendency  for  such  gestures  to 
beoome  pennanent  within  a  particular  social  group.  For 
die  word  '  house,'  the  outlines  of  roof  and  walls  are  drawn  ; 
the  idea  of  waUdng  is  coomxunicated  by  imitating  the  move- 
ments  of  Walking  with  the  index  and  middle  fingers  of  the 
light  hand  upon  the  left  arm,  which  is  held  out  horizon- 
tally  ;  the  idea  of  striking  is  represented  by  causing  the 
hand  to  go  through  the  movements  of  striking.  Not  in- 
f  requently,  however^  several  signs  must  be  combined  to  make 
a  gesture  intelligible.  In  the  German  and  English  deaf 
and  dumb  language,  the  word  '  garden,'  for  example,  is 
expressed  by  first  describing  a  circle  with  the  index  finger 
to  indicate  a  place,  and  by  then  lifting  the  thimib  and 
the  index  finger  to  the  nose  as  the  gesture  for  smelling. 
'  Garden/  thus,  is,  as  it  were,  a  place  where  there  are  flowers 
to  smell.  The  idea  '  teacher  '  cannot,  of  course,  be  directly 
represented  or  pictured  ;  it  is  too  complicated  for  a  language 
of  representation.  The  deaf  and  dumb  person,  therefore, 
is  likely  to  proceed  by  first  making  the  gesture  for  man. 
For  this  purpose,  he  Singles  out  an  incidental  characteristic, 
his  gesture  being  that  of  lifting  his  hat.  Since  women 
^  öot  remove  their  hats  in  greeting,  this  gesture  is  highly 
tjgiiQÜ*  The  distinctive  sign  for  woman  consists  in  laying 
t^  haa4>  upon  the  breast.     Now^  in  order  to  communicate 


PRIMITIVE    MAN  63 

the  idea  of  'tnale  teadher,'  the  hat  is  first  lifted  as  the 
above  gesture  for  man,  and  then  the  index  finger  is  raised. 
This  is  done  either  because  pupils  in  school  raise  the  index 
finger  to  indicate  their  knowledge  of  a  certain  thing  or, 
perhaps,  because  the  teacher  occasionally  raises  his  finger 
when  he  wishes  to  command  attention  or  to  threaten 
punishment. 

Pointing  and  graphic  gestures  thus  represent  the  two 
means  whidi  gesture-language  employs.  (Weithin  the  second 
of  tfaese  classes  of  gestures,  however,  we  may  distinguisK 
a  small  sub-group  that  may  be  calied  significant ;  in  this 
case,  the  object  is  not  represented  by  means  of  a  direct 
picture»  but  by  incidental  characteristics--man,  for  example, 
is  expressed  by  lifting  the  hat.  The  signs  are  all  directly 
perceptible.  The  most  important  characteristic  of  gesture- 
language,  as  well  as  the  most  distinctive  feature  of  an  original 
language,  is  the  fact  that  there  is  no  trace  of  abstract  con- 
cepts,  there  b^ing  merely  perceptual  representations.  And 
]ret  some  of  tbese  representations— and  this  is  a  proof  of  how 
insistently  human  thought,  even  in  its  beginnings,  presses 
on  to  the  formation  of  concepts— have  acquired  a  symbolical 
meaning  by  virtue  of  which  they  become  sensuous  means, 
in  a  certain  sense,  of  expressing  concepts  which  in  them- 
selves  are  not  of  a  perceptual  nature.  iWe  may  here  mention 
only  one  such  gesture,  noteworthy  because  it  occurs  inde- 
pendently  in  the  language  of  the  European  deaf  and  dumb 
and  in  that  of  the  Dakbta  Indians.  '  Truth  '  is  represented 
by  moving  the  index  finger  directly  forward  from  the  lips, 
while  •  fie "  is  indicated  by  a  movement  towards  the  right 
or  left.  The  former  is  thus  held  to  be  a  straight  speech  and 
the  latter  a  crooked  speech,  transcriptions  which  also  occur, 
as  poetical  expressions,  in  spoken  language.  On  the  whole, 
however,  such  symbolical  sig^s  are  rare  if  the  natural 
gesture-language  has  not  been  artificially  reconstructed  ; 
moreover,  they  always  remain  perceptual  in  character. 

'  Corresponding  to  this  feature  is  also  another  charac- 
teristic which  all  natural  gesture-langiiages  will  be  found 
to  possess.     In  vain  we  search  them  for  the  grammatical 


64  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

categories  either  of  our  own  or  of  other  spok^n  languages— 
Qone  may  be  foirnd.  No  distinction  is  made  between  noun, 
«djectivtj  or  verb  ;  none  between  nominative,  dative,  accusa- 
tive,  etc.  Every  representation  retains  its  representative 
cfaaracter^  and  that  to  which  it  refers  may  exemplify  any 
of  the  grammatical  categories  läiown  to  us.  For  example, 
the  gesture  for  Walking  may  denote  either  the  act  of  Walk- 
ing pr  the  oourse  ox  path ;  that  for  striking^  either  the 
irerb  *  to  strike  *.  or  the  noun  '  blow/  Thus,  in  this  respect 
alsOj  gesture-language  is  restricted  to  perceptual  signs  ex- 
pressing  ideas  capable  of  perceptual  representation.  The 
9ame  is  tru^  finally,  of  the  sequence  in  which  the  ideas 
of  the  q>€aker  are  arranged,  or^  briefly^  of  the  syntax  of 
gQsture-language.  In  varipus  ways,  depending  on  fixed 
QM^g^  of  language,  our  syntax«  as  is  well  khown,  pemüts 
99  to  sq>ai:ate  words  that«  as  regards  meaning«  belong 
t^^gether«  or«  conversely«  to  bring  together  words  that  have 
po  immediate  relation.  Gesture-language  obeys  but  onä 
law.  Every  single  sign  must  be  intelligible  either  in  itself 
or  through  the  one  preceding  it.  It  foUows  from  this 
that  if,  for  example^  an  object  and  one  of  its  qualities  are 
both  to  be  designated,  the  quality  must  not  be  expressed 
first,  sinoe«  apart  from  the  objedt«  it  would  be  unmeaning  ; 
its  designation,  therefore«  regularly  occurs  after  that  of 
the  object  to  which  it  belongs.  Whereas«  for  example« 
110  ny  'a  good  man«'  gesture-language  says  'man  good/ 
Similarly«  in  the  case  of  verb  and  object«  the  object  generally 
precedes.  When«  however,  the  action  expressed  by  the 
verb  is  tfaought  of  as  more  closely  related  to  the  subject«  the 
poQverse  order  may  occur  and  thie  verb  may  directly  foUow 
Um  subject.  How«  then«  does  gesture-language  reproduce 
the  sentenoe  *The  angry  teacher  Struck  the  child'?  The 
«g[ns  for  teacher  and  for  striking.  have  already  been  de- 
acribed ;  '  angry '  is  expressed  mimetically  by  wrinkling 
the  forehead ;  '  child '  by  rocking  the  lef  t  f orearm  sup- 
portad  by  the  right.  Thus«  the  above  sentence  is  translated 
JQto  gesture-language  in  tbe  following  manner  :  First«  there 
nre  tl^  two  signs  for  teacher,  lifting  the  hat  and  raising 


PRIMITIVE    WA«  65 

thc  finger ;  then  follows  the  mimetic  gesture  for  anger, 
succeteded  by  a  rocking  of  the  ann  to  signify  child,  and, 
finally,  by  the  motion  of  striking.  If  we  indicate  the  sub- 
ject  of  the  sentcnce  by  S,  the  attribute  by  A,  the  object  by 
O,  and  the  verb  by  V,  the  sequence  in  our  language  is 
ASVO  ;  in  gesture-langiiage  it  is  SAOV,  *  teacher  angry 
chäd  strikes/  or,  in  exceptional  cases,  SAYO.  Gesture- 
lani^age  thus  reverses  the  order  of  sequence  in  the  two: 
pairs  of  words.  A  construction  such  as  *  es  schlug  das  Kind 
der  Lehrer*  (VOS),  always  possible  in  spoken  language 
and  occurring  not  infrequently  (for  example,  in  Latin), 
woüld  be  absolutely  impossible  in  gesture-language. 

If,  then,  gesture-language  affords  us  certain  psycho- 
logical  conclusions  regarding  the  nature  of  a  primitive 
language,  it  is  of  particular  interest,  from  this  point  of 
view,  to  compare  its  characteristics  with  the  corresponding 
traits  of  the  most  primitive  spoken  languages.  As  already 
stated,  the  so-called  Soudan  languages  typify  those  that 
bear  all  the  marks  of  relatively  primitive  thought.  These 
languages  of  Central  Africa  obviously  represent  a  much 
more  primitive  stage  of  development  than  do  those  of  the 
Bantu  peoples  of  the  south  or  even  those  of  the  Hamitic 
peoples  of  the  north.  The  language  of  the  Hottentots  is 
related  to  that  of  these  Hamitic  peoples.  It  is,  in  fact, 
because  of  this  rela,tionship,  and  also  because  of  charac- 
teristics divergent  from  the  negro  type,  that  the  Hottentots 
arc  regarded  as  a  race  that  inmiigtated  from  the  north  and 
underwent  changes  by  mixture  with  native  peoples.  If,  now,^ 
we  compare  one  of  the  Soudan  languages,  the  Ewe,  for 
example,  with  gesture-language,  one  difference  will  at  once 
be  apparent.  The  words  of  this  relatively  primitive  spoken 
language  do  not  possess  the  qualities  of  perceptibility  and 
immediate  intelligibility  that  characterize  each  particular 
gesture-sign.  This  is  readily  explicable  as  a  result  of  pro- 
cesses  of  phonetic  change,  which  are  never  absent,  as  well  as 
of  the  assimilation  of  foreign  Clements  and  of  the  replace- 
roent  of  wotds  by  conceptual  symbols  that  are  accidental 
and  independent  of  the  souad.    These  changes  occur  in  the 


66  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

history  of  every  language.  Every  spoken  language  is  the 
outoome  of  recondite  processes  whose  begiimings  are  no 
longer  traceabte.  And  yet  the  Soudan  languages,  particu- 
larly«  have  preserved  chäracteristics  that  show  much  more 
intimate  connections  between  sound  and  meaning  than  our 
cultural  languages  possess.  The  very  fact  is  notewortfay 
that  certain  gradations  or  even  antitheses  of  thought  are 
r^fularly  expressed  by  gradations  or  antitheses  of  sound 
whose  feeling  tone  phiinly  corresponds  to  the  relation  of 
the  ideas.  While  our  words  *  laige  *  and  *  small/  '  here  * 
and  •  there/  show  no  correspondence  between  the  character 
of  the  sound  and  the  meamng»  the  case  is  entirely  different 
with  the  equivalent  expressions  in  the  Ewe  language.  In 
tfais  language  large  and  smal)  objects  are  designated  by  the 
same  word.  In  the  one  case,  however,  the  word  is  uttered  in 
a  deep  tone^  while  in  the  other  a  high  tone  is  used.  Or,  in 
the  case  of  indicative  signs,  the  deep  tone  signifies  greater 
remoteness,  the  high  tone,  prOxinüty.  Indeed,  in  some 
Sadan  languages  three  degrees  of  remoteness  or  of  size 
are  thus  distingiiished.  'Yonder  in  the  distance '  is  ex- 
pressed by  a  very  deep  tone ;  *  yonder  in  the  middle  dis- 
tance/ by  a  medium  tone  ;  and  *  here/  by  the  highest  tone. 
Occasionally,  difFerences  of  quality  are  similarly  distin- 
guished  by  dtfferences  of  tone,  as,  for  example,  '  sweet  *  by 
a  high  tone,  *  bitter  *  by  a  de^  tone,  *  to  be  acted  upon ' 
"(that  is,  our  passive)  by  a  deep  tone,  and  activity  (or 
our  active)  by  a  high  tone.  This  acoounts  for  a  phenomenon 
prevalent  in  other  languages  remote  from  those  of  the 
Soudan.  In  Semitic  and  Hamide  languages,  the  letter  '  U,' 
particularly,  has  the  force  öf  a  passive  when  occurring  either 
as  a  suflSx  to  the  root  <rf  a  woid  or  in  the  middle 
of  the  word*  itsdf.  For  «xample,  in  the  Hebrew  forms 
of  the  so-called  *  Pual  *  and  •  Pic^*  as  well  as  •  Hophal  •  and 
•  Hiphil,*  the  first  of  each  pair  is  passive,  and  the  second, 
active  in  meanmg-  It  was  frequantly  supposed  that  this 
was  acddental,  or  was  duc  to  linguistic  causes  of  phonetio 
change  other  than  the  abovc.  But  when  we  meet  the  same 
variations  of  sound  and  meaning  in  other  radically  different 


PRIMITIVE    MAN  67 

languages,  we  must  stop  to  ask  ourselves  whether  this  is 
not  the  result  of  a  psychological  relationship  which,  though 
generally  lost  in  the  later  development  of  language,  here 
still  survives  in  occasional  traces.  In  fact,  when  we  recall 
the  way  in  which  we  relate  stories  to  children,  we  at  once 
notice  that  precisely  the  same  phenomenon  recurs  in  child- 
langnage— *a  language,  of  course,  first  created,  as  a  rule, 
by  adults.  This  connection  of  sound  and  meaning  is  clearly 
due  to  the  unconscious  desire  that  the  sound  shall  impart 
to  the  child  not  merely  the  meaning  of  the  idea,  but  also 
its  feeling-tone.  In  describing  giants  and  monsters,  she 
who  relates  fairy-tales  to  the  child  deepens  her  tone  ;  when 
fairies,  clves,  and  dwarfs  appear  in  the  narrative,  she  raises 
her  voice.  If  sorrow  and  pain  enter,  the  tone  is  deepened  ; 
with  joyous  emotions,  high  tones  are  employed.  In  view  of 
these  facts,  we  might  say  that  this  direct  correlation  of  ex- 
pression  and  meaning,  observed  in  that  most  primitive  of  all 
languages,  gesture-language,  has  disappeared  even  from  the 
relatively  primitive  spoken  languages ;  nevertheless^  the 
latter  have  retained  traces  of  it  in  greater  abundance  than 
have  the  cultural  languages.  In  the  cultural  languages  they 
recur,  if  at  all,  only  in  the  onomatopoetic  word-formations 
of  later  origin.  We  may  recall  such  words  as  sausen 
Xsoughing),  brummen  (growling),  knistern  (crackling),  etc. 
The  question  still  remains  how  the  other  characteristics 
of  gesture-language,  particularly  the  absence  of  grammatical 
cat^;ories  and  a  syntax  which  foUows  the  principle  of  imme- 
diate  and  perceptual  intelligibility,  compare  with  the  corre- 
sponding  characteristics  of  the  relatively  primitive  spoken 
languages.  These  characteristics,  indeed,  äre  of  incom- 
parably  greater  importance  than  the  relations  of  sound 
and  meaning.  The  latter  are  more  strongly  exposed  to 
extemal,  transforming  influences.  Word-formations,  how- 
ever,  and  the  position  of  the  words  within  the  sentence, 
mirror  the  forms  of  thought  itself  ;  whenever  the  thought 
undergoes  vital  changes,  the  latter  inevitably  find  ex- 
pression  in  the  grammatical  categories  of  the  language, 
and  in  the  laws  of  syntax  which  it  foUows. 


68  ELEMENTS  OF,  EOLK  PSYCHOLOGE 

6.  The  Thinking  of  Primitive  Man^ 

Fronti  the  point  of  view  just  developed,  the  investiga- 
tion  of  the  grammatical  fortns  of  primitive  language  is 
öf  particular  importance  for  the  psychölogy  of  primitive 
man.  True^  as  has  already  been  remarked^  the  languages 
of  the  most  primitive  tribes  have  not  been  preserved  to 
US  in  their  original  form.  And  yet  it  is  in  this  very  realm 
of  grammatical  fortns,  far  more  even  than  in  that  of  sound 
pictures  and  onomatopoetic  words,  that  the  Soudan  languages 
possess  characteristics  which  mark  them  as  th^  expression 
of  processes  of  thought  thiat  have  remained  on  a  relatively 
primitive  level.  Ulis  is  indicated  primarily  by.  the  fact 
that  these  languages  htck  what  we  would  call  gram!matical 
catflgories.  As  regards  this  point,  iWestermann's  grammar 
of  the  Ewe  language  is  in  entire  agreement  with  the  much 
earlier  results  which  Steinthäl  reached  in  his  investigation 
of  the  Manda  language,  whicb  is  also  of  the  Soudan  region. 
These  languages  consist  of  monosyllabic  words  whicb  follow 
one  anotfaer  in  direct  succession  without  any  intermediate 
inflecfional  etemients  to  modify  their  n^eaning.  Philologists 
usually  call  such  languages  *  root-languages/  because  a 
Bound  complex  that  carries  the  essential  meaning  of  a  word, 
apart  from  all  modifying  elentents,  is  called  by  their  science 
a  verbal  root.  In  the  Latin  word  fero,  fer,  meaning  '  to 
bear/  is  tbe  root  from  which  all  modifications  of  the  verb 
ferre  (to  carry)  are  foiined  by  means  of  suffixal  Clements. 
It,  tfaerefore,  a  language  consists  of  sound  complexes  having 
tlie  nature  of  roots,  it  is  called  a  root-language.  As  a 
matter  of  fact,  however,  the  languages  under  discussion 
oonsist  purely  of  detached,  monosyllabic  words  ;  the  con- 
c^ption  *  root/  which  itself  represents  the  product  of  a 
grammatical  analysis  of  our  flectional  languages,  may  only 
improperly  be  applied  tö  them.  Such  a  language  is  composed 
of  detadied  monosyllabic  words/  eacfa  of  which  h!as  a  mean- 
ing; yet  none  of  which  falls  under  any  particular  grammatical 
categorjr;  One  and  the  same  monosyllabic  word  may  denote 
an  object,  an  act,  or  a  quality,  just  as  in  gesture-Ianguage 


PRIMITIVE    MAN  69 

the  gesture  of  striking  may  denote  the  verb  '  to  strike  * 
and  also  the  neun  '  blow.'  From  this  it  is  evident  to  whät 
extent  the  expressions  '  root  *  and  '  root*language '  carry 
over  into  this  primitive  language  a  grammatical  abstraction 
which  is  entirely  inappropriate  in  case  they  suggest  the  image 
of  a  root.  This  image  originated  among  grammarians  at  a' 
time  when  the  view  was  current  that,  just  as  the  stem  and 
branches  of  a  plant  grow  out  of  its  root^  so  also  in  the 
development  of  a  language  does  a  word  always  arise  out 
of  a  group  of  either  simple  or  composite  sounds  that  etnbody 
the  main  idea.  But  the  oomponent  parts  of  a  language  are 
certainly  not  roots  in  this  sense  ;  every  simple  monosyllabic 
word  Combines  with  others^  and  from  this  combination  there 
result^  in  part,  modifications  in  meaning^  and,  in  part, 
sentences.  Language,  thus,  does  not  develop  by  sprout* 
ing  and  growing,  but  by  agglomeration  and  agglutination. 
Now,  the  Soudan  languages  are  characterized  by  the  fact 
that  they  possess  very.  few  such  fixed  combinations  in 
which  the  individual  oomponent  parts  have  lost  their 
independence.  In  this  respect^  accordingly,  they  resemble 
gesture-language.  The  latter  also  is  unf amiliar  with 
granunatical  categories  in  so  fair  as  these  apply  to  the 
words  tbemselves ;  the  very  same  signs  denote  objects, 
actions,  and  qualities— indeed,  generally  even  that  for 
which  in  our  language  we:  employ  particles.  This  agree* 
ment  with  gesture-language  is  brought  home  to  us  most 
strikingly  if  we  consider  the  words  which  the  primitive 
spoken  languages  employ  for  newly  formed  ideas— such, 
for  instance,  as  refer  to  previously  unknown  objects  of 
culture.  Here  it  appears  that  the  Speaker  always  forms 
the  new  conception  by  combining  into  a  series  those 
ideas  with  which'  he  is  more  familiär.  iWhen  schools  were 
introduced  into  Togo,  for  example,  and  a  word  for  '  slate- 
pencil  •  became  tiecessary,  the  Togo  negroes  called  it  *  stone 
Scratch  something  '—that  is,  a  stone  with  which  we  scratcH 
something.  Similarly  *  kitchen,'  an  arrangement  unknown 
to  these  tribes,  was  ref erred  to  as  '  place  cook  something  \ ; 
*nail/  aa   *iron  head  broad.'    Thei   Single  word   alwayf 


70  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

Stands  for  a  sensibly  peroeptiial  objecto  and  the  new  con- 
oeption  b  fonned,  not,  as  epistemologists  commonly  sup- 
pose,  by  means  of  a  comparison  of  various  objects^  but  by 
arranging  in  sequence  those  perceptual  ideas  whose  com- 
bined  characteristics  constitute  the  conception.  The  same 
is  true  with  r^ard  to  the  expressions  for  such  thought 
relations  as  are  variously  indicated  in  our  language  by 
the  inflections  of  Substantive^  adjective,  and  verb.  The 
Soudan  languages  make  no  imambiguous  distinction  between 
Doun  and  verb.  Much  less  are  the  cases  o'f  the  Substantive^ 
or  the  moods  and  tenses  of  the  verb;^  distinguished  ;  to 
express  these  distinctions,  separate  words  are  always 
used.  Thus,  'the  house  of  the  king*  is  rendered  as 
'hoose  bdong  king.*  The  conception  of  case  is  here 
fepresented  by  an  independent  perception  that  crowds  in 
between  the  two  ideas  which  it  couples  together.  The  other 
cases  are«  as  a  rule,  not  expressed  at  all«  but  are  implied  in 
Ute  connection.  Similarly«  verbs  possess  no  future  tense  to 
denote  future  time.  Here  also  a  separate  word  is  introduced« 
one  that  may  be  rendered  by.  *  come.'  '  I  go  come '  means 
•  I  shall  go  • ;  or,  to  mention  the  preterit,  *  I  go  earlier  * 
means  *  I  went.*  Fast  time,  however,  may  also  be  expressed 
by  the  ümnediate  repetition  of  tbe  wonl,  a  sensfbly  per- 
ceptual sign,  as  it  were,  that  the  action  is  completed.  When 
the  Togo  negro  says  *  I  eat,'  this  means  '  I  am  on  the 
point  of  eating  * ;  wh^  he  says  *  I  eat  eat,'  it  means  '  I 
have  eaten.* 

But  ideas  of  such  acts  and  conditions  as  are  in  themselves 
of  a  perceptual  nature  are  abo  occasionally  expressed  by 
oombiniag  several  etements  which  are  obtained  by  discrimi- 
nating  the  separate  parts  of  a  perceptual  image.  The 
idea  -to  bring,*  for  example,  is  expressed  by  the  Togo 
n^^  as  *  take,  go,  give/  In  bringing  something  to  some 
me,  one  must  first  take  it,  then  go  to  him  and  give  it  to 
Um«  It  therefore  happens  that  the  word  '  go/  in  par- 
ficalar,  Is  frequently  added  even  where  we  find  no  necer- 
fity  for  especially  emphasizing  the  act  of  going.  Thus, 
dw  Tagt  ciegro.  would  verv  orobably  express  the  sentence, 


PRIMITIVE    MAN,  71 

•  The  angry  teacher  strikes  the  child,'  in  tte  foUowing  way  : 

•  Man-school-angry*go-strike-chiId/  This  is  the  succession 
that  directly  presents  itself  to  one  who  thinks  in  pictures, 
and  it  therefore  finds  expression  in  language.  Whenever 
conceptions  require  a  considerable  number  of  images  in 
Order  to  be  made  picturable^  combinations  that  äre  equivalent 
to  entire  sentences  may  result  in  a  similar  manner.  Thus, 
the  Togo  negro  expresses  the  concept  *  west '  by  the  words 

•  8un-sit -place  '—that  is,  the  place  where  the  stin  sits  down. 
He  thinks  of  the  sun  as  a  personal  being  who,  after 
completing  his  joumey,  here  takes  a  seat. 

These  ilhistrations  may  suffice  to  indicate  the  simplicity 
and  at  the  same  time  the  complexity  of  such  a  knguage. 
It  is  simple,  in  that  it  kcks  almost  all  grammatical  dis- 
tinctions  ;  it  is  complicated,  because,  in  its  constant  reKance 
on  sensibly  perceptual  images,  it  analyses  our  concepts  into 
numerous  elements.  This  is  true  not  merely  of  abstract 
concepts,  which  these  languages,  as  a  rule,  do  not  possess, 
but  even  of  concrete  empirical  concepts.  We  need  only 
refer  to  the  verb  *  to  bring,*  reduced  to  the  form  of  three 
verbs,  or  the  concept  *west,'  for  whose  expression  there 
is  required  not  only  the  sun  and  the  location  which  we 
must  give  it  but  also  its  act  of  seating  itself .  In  all  of 
these  traits,  then,  primitive  language  is  absolütely  at  one 
with  gesture-language. 

The  same  is  true  of  the  syntax  of  the  two  kinds  of 
language.     This  also  is  no  more  irregulär  and  accidental 
in  the  Soudan  language  than  it  is  in  gesture-language.     As 
a  rule,  indeed,  it  is  stricter  than  the  syntax  of  our  languages, 
for  in  the  latter  inflection  makes  possible  a  certain  Variation 
in  the  arrangement  of  words  within  a  sentence  according  to 
the   particular    shade   of   meaning    desired.      In   primitive 
language,  the  arrangement  is  much   more  uniform,   being 
govemed  absohitety  and  alone  by  the  same  law  as  prevails 
in  gesture-language— namely,  the  arrangement  of  words  in 
their  perceptual  Order.    Without  exception,  therefore,  object 
precedes  attribute,  and  Substantive,    adjective.     Less   con- 
stant, howevcr,  is  the  relation  of  verb  and  object,  in    tVie 


7»  ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

Ewe  language  ;  the  verb  generally  precedes,  but  the  object 
may  come  first ;  the  verb^  however,  always  follo^vs  the 
subject  whose  action  it  expresses.  This  perceptual 
character  of  primitive  language  appears  most  strikingly 
when  we  translate  any  thought  that  is  at  all  complicated 
from  a  primitive  language  into  our  own,  first  in  its  general 
meaning,  and  then  word  for  word.  Take  an  illustration 
from  the  language  of  the  Bushmen.  The  meaning  would 
be  substantialty  this  :  '  The  Bushman  was  at  first  received 
kindly  by  the  white  man  in  order  that  he  might  be  brought 
to  herd  his  sheep  ;  then  the  white  man  maltreated  the  Bush- 
ttan ;  the  latter  ran  away,  wbereupon  the  white  man  took 
another  Bushman,  who  suifered  the  same  experienoe.*  The 
language  of  the  Bushmen  expresses  this  in  the  foUowing 
way :  *  Bushman-there-go,  here-nm-to-white  man,  white 
ilian*give-tobacco>  Buslunan-go-smöke,  go-fill-tobacco*pouch, 
white  man -give-meat- Bushman,  Bushman -go-eat-meat, 
stand-up-go-home,  go  happily,  go-sit-down,  herd-sheep- 
white  man,  white  man-go-strike  Bushman,  Bushman-cry- 
load*pain,  Bushman-go-run-away-white  man,  white  man-nui- 
after-Bushman,  Bushman-then-another,  this  one-herd-sheep, 
Boshman-alt-gone.'  In  this  complaint  of  the  man  of  nature 
i^j[ainst  his  oppressor,  everything  is  concrete,  perceptual.  He 
does  not  say,  The  Bushman  was  at  first  Idndly  taken  up 
by  the  white  man,  but,  The  white  man  gives  him  tobacco, 
lie  filts  his  pouch  and  smokes  ;  the  white  man  gives  him 
meat,  he  eats  this  and  is  happy,  etc.  He  does  not  say,  The 
white  man  maltreats  the  Bushman,  but.  He  strikes  him^  the 
Bushman  cries  with  pain,  etc.  What  we  express  in  rela- 
tively  abstract  concepts  is  entirely  reduced  by  him  to  separate 
perceptual  Images.  His  thought  always  attaches  to  indi- 
vidual  objects.  Moreover,  just  as  primitive  language  has 
9p  specific  means  for  expressing  a  verb,  so  also  are  change 
and  action  overshadowed  in  primitive  thought  by  the  con- 
wete  Image.  The  thinking  itself,  therefore,  may  be  called 
*  toncr^U.  Primitive  man  sees  th^  hnage  with  its  separate 
parti;  aad,  as  he  sees  it»  so  he  reproduces  it  in  his 
language.     It  is  iör  this  very  reason  that  he  is  unf amiliar 


PRIMITIVE    MAN  73 

witfa  differences  of  grammatical  categories  and  with  abstract 
concepts.  Sequ«nce  is  5till  governed  entirely  by  the  pure 
association  of  ideas,  wbose  order  is  determined  by  perception 
and  by  tfae  reooUection  of  that  which  has  been  experienced. 
The  above  narrative  of  the  Bushman  expresses  no  unitary 
thought,  but  Image  foUows  upon  image  in  the  order  in 
which  these  appear  to  consciousness.  ;Thus,  the  thinking 
of  primitive  man  is  ahnost  exchisively  associative.  Of  the 
more  perfect  form  of  combining  concepts,  the  apperceptive, 
which  unites  the  thoughts  into  a  systematic  whole,  there  are 
as  yet  only  traces,  such  as  occur  in  the  combination  of  the 
separate  memory,  images. 

Many  analogues  to  the  formal  characteristics  of  primitive 
thought  revealed  in  these  linguistic  phenomena  may  be 
met  in  child-Ianguage.  There  is  a  wide  divergence,  how- 
ever,  with  respect  to  the  very  element  which  has  aheady 
disappearedy  with  the  exception  of  slight  traces,  ffom  the 
language  of  primitive  peoples.  I  refer  to  the  close  corre* 
lation  of  sound  and  meaning.  As  regards  this  feature» 
child-Ianguage  is  much  more  sinülar  to  gesture-language 
than  IS  possible  in  the  case  of  forms  of  speech  that  have 
undergone  a  long  historical  development.  For,  child- 
language,  like  gesture-language,  is,  in  a;  certain  sense, 
continuaUy  being  created  anew.  Of  course,  it  is  not  created, 
as  is  sometimes  supposed,  by  the  children  themselves.  It  is 
a  conventionalized  language  of  the  mothers  and  nurses  who 
converse  with  the  child,  supplemented,  in  part,  by  the  child's 
associates  along  the  lines  of  these  traditional  modeis.  The 
sound-complexes  signifying  animals,  *  bow-wow  *  for  the  dog, 
•hott-hott'  for  the  horse,  •tuk-tuk'  for  the  chicken,  etc., 
as  also  '  papa '  and  '  mamma  *  for  f ather  and  mother,  are 
Sounds  that  are  in  some  way  fitted  to  the  meaning  and  at 
the  same  time  resemble  so  far  as  possible  the  babbling 
Sounds  of  the  child.  But  this  entire  process  is  instituted  by 
the  child's  associates,  and  is  at  most  supplemented  by  the 
child  himself  to  the  extent  of  a  few  incidental  elements. 
For  this  reason,  child*kmguage  has  relatively  little  to  teach 
US  conceming  tfae  development  of  speaking  and  thinking; 


74  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

those  psychologists  and  teachers  who  believe  that  it  afTords 
an  important  source  of  information  concerning  the  origin 
of  thought  are  in  error.  Such  information  can  be  gained 
only  from  those  modes  of  expressing  thought  which,  like 
gesture-language^  are  originated  anew  by  the  Speaker  and 
are  not  extemally  derived,  or  from  those  which,  like  the 
spoken  languages  of  primitive  peoples,  have  retained,  in 
their  essential  characteristics,  primitive  modes  of  thinking. 
Even  in  these  cases  it  is  only  the  farms  of  thought  that  are 
thus  discoverable.  The  content,  as  is  implied  by  the  formal 
characteristics  themsehres,  is,  of  course,  also  of  a  sense-per- 
ceptual,  not  of  a  conceptua),  nature.  And  yet  the  particular 
duuracter  or  quality  qi  this  content  is  not  inherent  in  the 
fDrms  of  the  language  as  such.  To  gain  a  knowledge  of 
Hs  nature  w<e  must  examine  the  specific  ideas  themselves 
and  the  associated  feelings  and  emotions. 

Thus,  then,  the  further  question  arises  :  Wherein  con- 
sists  the  content  of  primitive  thought?  Two  sorts  of  ideas 
may  be  distinguished.  The  one  comprises  that  stock  of  ideas 
which  is  suppUed  to  consciousness  by  the  direct  perceptions 
of  daily  life— ideas  such  as  go,  stand,  lie,  rest,  etc.,  together 
widi  animal,  tree  (particularly  in  the  form  of  individual 
ftf>iynft1a  and  trees),  man,  woman,  child,  I,  thou,  you,  and 
many  others.  These  are  objects  of  everyday  perception  that 
are  familiär  to  all,  even  to  the  primitive  mind.  But  there 
b  also  a  second  dass  of  ideas.  These  do  not  repre* 
«ent  things  of  immediate  perception ;  briefly  expressed, 
they  originate  in  feeling,  in  emotional  processes  which 
are  projected  outward  into  the  environment.  This  is  an 
important  and  particularly.  characteristic  group  of  primitive 
idM$.  Includ^  within  it  are  all  references  to  that  which 
is  not  directly,  amenable  to  perception  but,  transcend- 
big  tfaiSy  is  reaUy  su/fersensuoas,  even  though  appearing  in 
^  ionik  ci  sensible  ideas.  Tliis  world  of  imagination, 
pvoj^cted  from  man*8  own  emotional  life  into  extemal 
phenomaia,  is  what  we  mean  by  mythological  thinking. 
2nie  tlifaifs  and  processes  given  to  perception  are  supple- 
by  <»tlHNr  realities  that  are  of  a  non-perceptible 


PRIMITIVE    MAN  75 

nature  and  therefore  belong  to  an  invisible  realm  back  of 
the  visible  worki.  These  are  the  elements,  furthermore» 
which  very  early  find  expression  in  the  ort  of  primitive  man. 


7.  Earliest  Beliefs  in  Magic  and  Demons. 

In  entering  upon  a  consideration  of  the  development  of 
primitive  myths,  we  are  at  once  confronted  by  the  old  ques- 
tion  disputed  by  mythologists,  ethnologists^  and  students  of 
religion,  Where  and  when  did  rehgion  originate?  For  is 
not  religion  always  concerned  with  the  supematural?  Now, 
in  certain  cases,  even  primitive  man  Supplements  the  sensuous 
World  in  which  he  lives  and  whose  impressions  he  has  not 
so  much  as  elaborated  into  abstract  concepts,  with  super- 
sensuous  elements,  though  he  himself,  of  course,  is  unaware 
of  their  supersensuous  character.  The  question,  therefore» 
lies  near  at  hand  :  Is  religion  already  present  at  this  stage, 
or  is  there  at  nK)st  a  potentiality  of  religion,  the  germ  of  its 
future  development?  If  the  latter  should  be  true,  where, 
then,  does  religion  begin?  Now,  our  interest  in  the  history 
of  mytfa-formation  derives  largely  from  the  very  fact  that  the 
Problem  is  intimately  bound  up  with  that  of  the  origin  of 
religion.  Merely  in  itself  the  origin  of  the  myth  might  have 
relatively  little  interest  for  us.  The  question,  however,  as 
to  how  religion  arose  acquires  its  great  importance  through 
its  connection  with  the  two  further  questions  as  to  whether 
or  not  religion  is  a  necessary  constituent  of  human  conscious- 
ncss  and  whether  it  is  an  original  possession  or  is  the  resuH 
of  certain  preconditions  of  mythofogical  thought. 

It  is  interesting  to  follow  this  ancient  dispute,  particu- 
larly  its  course  during  the  last  few  decades.  In  1880, 
Roskoff  wrote  a  book  entitied  *•  The  Religion  of  the  Most 
Primitive  Nature-Peoples."  In  this  work  he  assembled  all 
the  available  facts,  and  came  to  the  conclusion  that  no 
peoples  exist  who  have  not  some  form  of  religion.  About 
tcn  years  ago,  however,  the  two  Sarasins,  students  of  Ceylon 
and  of  the  primitive  Vcddah  tribes,  summed  up  their  con- 
clusions  in  the  proposition :   The  Vcddahs  have  no  rcUgion 


76  ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

If,  howevier,  we  compare  Roskoff 's  f acts  concerning  primi- 
tive peoples  with  those  reported  by  the  Sarasins  concerning 
tlie  belief  of  the  Veddahs  in  demons  and  magic,  it  appears 
tfaat  tlie  facts  mentioned  by  these  investigators  are  essen- 
tially  the  same.  What  the  former  callis  religion,  the  latter 
call  belief  in  magic  ;  but  in  neither  case  is  there  a  Statement 
BS  to  what  is  reaJUy  meant  by  religion.  Now,  we  cannot, 
of  course,  come  to  an  understanding  with  reference  to  the 
presence  or  absence  of  anything  until  we  are  agreed  as  to 
what  the  thing  itself  reaUy  is.  Hence,  the  (]uestion  under 
dispute  is  raised  prematurely  at  the  present  stage  of  our 
disoission  ;  it  can  be  answered  only  after  we  have  examined 
more  of  the  Steps  in  the  development  of  myth  and  of  the 
preoonditions  of  the  religion  of  later  times.  We  shall  there- 
fore  recur  to  this  point  in  our  third  chapter,  after  we  have 
beoome  acquainted  with'  such  religions  as  may  indubitably 
kiy  Claim  to  the  name.  Fostponing  the  question  for  the 
present,  we  will  designate  the  various  phenomena  that  must 
be  discussed  at  this  point  by,  the  specific  names  attaching 
to  them  on  the  basis  of  their  peculiar  characteristics.  In 
this  sense,  there  is  no  doubt  that  we  may  speak  of  ideas 
of  magic  and  of  demons  even  in  the  case  of  primitive 
peoples ;  it  is  generally  conceded  that  such  ideas  are 
universally  «ntertained  at  this  stage  of  culture.  But  the 
fiirther  question  at  once  arises  as  to  the  source  of 
this  belief  in  tnagic  and  in  demons,  and  as  to  the 
mfluences  by  which  it  is  sustained.  Now,  in  respect  to 
tbm  point  two  views  prevail,  even  among  the  ethnologists 
who  have  made  an  intensive  study  of  primitive  peoples.  The 
ooo  view  may  briefly.  be  called  that  of  nature-mythology.: 
H  ttssumes  that  even  £ar  back  under  early  conditions  thä 
irihenomena  of  the  beavens  were  the  objects  that  peculiarly 
fiudaated  the  thought  of  man  and  elevated  it  above 
ils  immediate  sensible  environment.  All  mythology,  there- 
It  supposed  originally  to  have  been  mythology  of 
particularly  of  the  beavens.  Doubtless  this  would 
:  iBvohre  a  religious  ekment,  or,  at  least,  a  religious 
r •  Hie  Moond  view  carries  us  even  farther  in  the 


PRIMITIVE    MAN  yi 

same  direction.     It  holds  that  the  ideas  of  primitive  man, 
80  f ar  as  they  deal  with  the  supersensuous, .  are  simpler 
than  those  of   the  more  highly   developed   peoples.     Just 
for  this  reason,  however»  it  regards  these  ideas  as  more 
perfect   and  as   approaching  more   nearly   the   beliefs    of 
the  higher  religions.     As   a  matter  of  fact,    if  we   com- 
pare,    let   us   say,    the   Semangs    and    the    Senoi,    or   th^ 
Veddahs,  with   the  natives  of  Australia,   we   find   a  very 
great  difference  as   regards   this   point.    Even   the   myth- 
ology    of    the    Australians    is    undoubtedly    much    more 
complex   than   that  of  these  peoples   of  nature^   and  the 
Rüther  we  trace  this  myth  development  the  greater  the 
complenty  becomes.     That  which  is   simple,   however,  is 
supposed  to  be  also  the  higher  and  the  more  exalted,  just 
as  it  is  the  more  primitive.     The  beginning  is  supposed  to 
anticipate  the  end,  as  a  revelation  not  yet  distorted  by 
htmoan  error.     For»  the  highest  form  of  religion  is  not  a 
mythology  inchiding  a  multitude  of  gods,  but  the  belief 
in  one  God— that  is,  monotheism.     It  was  believed,  there- 
fore,  that  thte  very  discovery  of  primitive  man  offered  new 
Support  for  this  view,      This  theory,  however,  is  bound  up 
with  an  important  anthropological  consideration— the  ques- 
tion  conceming  the  place  of  the  so-called  Pygnües  in  the 
history  of  lAunan  development.    It  was  on  the  basis  of  their 
physical  characteristics  that  these  dwarf  peoples  of  Africa 
and  Asia,  of  whom  it  is  only  in  comparatively  recent  times 
that  we  have  gained  any  considerable  knowledge,  were  first 
dedared  by  JuKus  KoUman  to  be  the   childhood  peoples 
of  humanity,  who  everywhere  preceded  thte  raoes  of  larger 
suture.    Such  childhood  characteristics,  indeed,  are  rcvealed 
not  only  in  their  smatl  stature  but  in  othcr  traits  as  well. 
SchweinfurA  observed  that  the  entire  skin  of  thte  Pygmiea 
of  Central  Africa  is  covered  with  fine,   downy  hair,  mucü 
as  is  that  of  the  newly  bom  chiM.     It  is  by  means  of  these 
downy  hairs  that  the  Monbuttu  neglro  of  that  region  dis- 
tinguishes  the  Pygmy  from  a  youth  of  Ws  <wn  tnbe      Thte 
Negrito   is  primitive  also  in   that    his    dermal  gl«ids    are 
abnormally  active,  causing  a   bodily    odour  wmcli    is    f^r 


78  ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

greater  than  that  of  the  negvq,  and  which,  just  as  in  the 
case  of  some  animals,  increases  noticeably  under  the  stress 
of  emotion.  If,  in  addition  to  these  physical  characteristics, 
WC  consider  the  low  cukural  level  of  all  these  dwarf  peoples, 
the  hypothesis  that  the  Pygmies  are  a  primitive  people  does 
not,  indeed,  seem  altogether  stränge.  Starting  with  this 
hypothesis,  therefore,  William  Schmidt,  in  his  werk,  "The 
Place  of  the  Pygmies  in  thfe  Development  of  Mankind " 
(1910),  attempted  to  prove  the  proposition  that  the  Pygmies 
are  the  childhood  peoptes  of  humanity  in  their  mental 
Cttlture  no  less  than  in  their  physical  development.  This 
being  their  nature,  they  are,  of  course,  limited  inteUectually  ; 
morslly,  however,  they  are  in  a  State  of  innocence,  as  is 
demonstrated  among  otfaer  things  by  the  pure  monogamy 
prevaüing  among  them,  as  well  as  by  their  highest  posses- 
sibn,  their  monotheistic  belief. 

Now,  the  supposition  of  moral  innocence  rests  essen- 
tially  on  the  twofold  assumption  of  the  identity  of  primitive 
man  with  the  Pygmy  and  of  the  legitimacy  of  holding  that 
what  has  been  observed  of  one  tribe  of  Pygmies  is  true 
oi  the  primitive  condition  generally.  But  this  identity  of 
primitive  man  with  the  Pygmy  cannot  be  maintained. 
The  most  typical  traits  of  primitive  mental  culture  are 
doubtless  to  be  found  among  the  Veddahs  of  Ceylon. 
Tbc  Veddahs,  however,  are  not  really  Pygmies,  but  are 
of  large  stature.  Morcover,  there  are  primitive  people 
who  are  so  far  from  being  Pygmies  that  they  belong 
ratfaer  to  the  tall  raoes.  We  might  cite  the  extinct 
Tasmanians,  whose  culture  was  probably  a  stage  lower  than 
diat  of  the  modern  Australians.  In  most  respects,  many 
of  the  tribes  of  Central  AustraMa  exhibit  traits  of  primitive 
.eahiafe,  even  though  their  social  Organization  is  of  a  far 
complicatcd  nature,  Finally,  all  the  peoples  whose 
have  been  found  in  the  oldest  dihivial  deposits  of 
Enrop»  belong  to  the  tall  races.  On  the  other  band,  there 
lU^  peo|^  of  smaH  stature,  the  Chinese  and  the  Japanese, 
lÄp  nopt:  be  coUnted  in  the  first  ranks  of  cultured  peoples. 
TlMi^;in|l^^  oukure  certainly  cannot  be  measured  in  terms 


PRIMITIVE    MAN  79 

of  physical  size  but  only  in  terms  of  itself .  Mental  values 
can  never  be  determined  except  by  mental  characteristics. 
It  is  true  that  W.  Schmidt  has  sought  to  support  bis  tbeory 
regarding  tbe  Pygmies  by  reference  to  the  reports  of  £.  H. 
Man,  a  reliable  English  observer.  According  to  these 
reports,  the  Andamanese,  one  of  these  dwarf  peoples, 
possess  some  remarkable  legends  that  are  doubtless  indi- 
cative  of  monotheistic  ideas.  Since  the  Andamans  are  a 
group  of  Islands  in  the  Sea  of  Bengal  and  the  inhabitants 
are  therefore  separated  from  other  peoples  by  an  expanse 
of  sea,  Schmidt  regarded  as  justifiable  the  assumption  that 
these  legends  were  autochthonous  ;  since,  moreover,  the 
legends  centre  about  the  belief  in  a  supreme  god,  he  con- 
tended  that  we  here  finally  had  proof  of  the  theory  of  an 
original  monotheism.  The  main  outlines  of  the  Andamanese 
legends  as  given  by  £.  H.  Man  are  as  follows :  The 
supreme  god,  Puluga^  first  created  man  and  subsequentty 
(though  with  regard  to  this  there  are  various  versions)  he 
created  woman.  She  was  either  created  directly,  as  was 
man,  or  man  himself  created  her  out  of  a  piece  of  wood, 
possibly  a  reminiscence  of  Adam's  rib.  Then  God  gave 
man  laws  forbidding  theft,  murder,  adultery^  etc.,  forbidding 
him,  furthermore,  to  eat  of  the  fruits  of  the  first  rainy 
season.  But  man  did  not  keep  the  Divine  command- 
ments.  The  Lord  therefore  sent  a  universal  flood,  in  which 
perished  alt  living  things  with  the  exception  of  two  men 
and  two  women  who  happened  to  be  in  a  boat.  In  this 
Story,  much  is  naturally  distorted,  confused,  and  adapted  to 
the  medium  into  which  the  legend  is  transplanted.  But  that 
it  points  to  the  Biblical  accounts  of  the  Creation,  Paradise, 
and  the  Flood,  there  cannot,  in  my  opinion,  be  the  slightest 
doubt.  If  it  is  objected  that  the  Andamans  are  altogether 
too  far  separated  from  the  rest  of  the  world  by  the  sea^ 
and  also  that  no  missionaries  have  ever  been  seen  on  these 
islands,  our  answer  would  be  :  Whatever  may  be  the  *  when  * 
and  the  *  how,*  the  fact  that  the  Biblical  tradition  at  some 
time  did  come  to  the  Andamanese  is  proven  by  the  legend 
itself,      This  conclusion  is  just  as  incontestable  as  is  the 


8q         ELEMENTS  OF,  KOLK  PSYCHOLOGY 

inference,  for  example,  that  the  correspondence  of  certain 
South  American  and  Asiatic  myths  is  proof  of  a  trans- 
mission.     Indeed,  the  two  latter  regions  are  separated  by 
an   incomparably  wider  expanse  of  seä   than   that  which 
divides  the  Andamans  froni  Indo-China  and  its  neighbour- 
ing  islands.     It  should  also  be  added  that  the  inhabitants 
of   the   Andatnan   Islands   have   obviously   progressed    far 
beyond  the  condition  in  which  we  find  the  inland  tribes 
of    Malacca,    the    Veddahs    of    Ceylon,    or    the    Negritos 
of    the    Philippines.     They    practise    the   art    of    making 
pottery— an    art    never    found    among    peoples    who    are 
properly  called   primitive ;   they  have   a   social   organiza- 
tion,  with  Chiefs.    These  phenomena  all  characterize  a  fairly 
advanced  culture.    When^  therefore^  we  are  concemed  with 
tfae    beliefs    of    peoptes    who    are    really    primitive,    the 
Andamanese  must  be  left  out  of  consideration.     According 
to  the  available  proofs,  however,   these  people  possess  a 
belief  neither  in  one  god  nor  in  many  gods.     Moreover, 
evcn   far   beyond   the   most   primitive    stage,    no   coherent 
celestial  mythology  may  be  found,  such  as  could  possibly 
be  regarded  as  an  incipient  polytheism.     No  doubt,  there 
are  ideas  conceming  single  heavenly  phenomena,  but  these 
ahrays  betray  an  assodation  with  terrestrial  objects,  par- 
ticularly  with  human  beings  or  animals.    And,  to  all  appear* 
ances^  these  ideas  change  with  great  rapidity.     Nowhere 
have  they  led  to  the  actual  formation  of  mythis.     Among 
tfae  Indians  of  the  Brazilian  forests,  for  eicample,  the  sun 
änd  moon  are  called  leaves  or  feather-balls  ;    by  several 
of  the  Soudan  tribes  they  are  conceived  as  ballä  that  have 
been  tfaiown  to  the  sky  by  human  beings  and  have  stuck 
diere.     Such  ideas  altemate  with  others  in  which  the  sun 
aöd  mooQ  are  regarded  as  brothers  or  as  brother  and 
dsfeear,  or  the  sun  is  said  to  be  chasing  the  moon— images 
tnffiimcfd  particularty  by  the  phenomena  of  the  mocm's 
j^^iBes.    As  a  matter  of  fact,  this  whole  field  of  ideas  reveals 
oaly  iMEt  bdief  that  is  practically  universal,  appearing  among 
peqplei    of    nature    and   recurring    even    among    civilized 
peoplesJ   Because  of  the  rare  occurrenoe  Af  the  phenomenon. 


PRIMITIVE    MANi  8i 

however,  it  has  never  led  to  a  real  mythology.  I  refer  to 
the  belief  that  in  an  ecHpse  of  the  sun,  the  sun  is  swallowed 
by  a  dark  demon.  This  belief,  obviously,  is  very  readily 
suggested  to  the  primitive  Imagination  ;  it  occurs  in  Central 
Africa,  in  Australia,  and  in  America,  and  is  found  even  in 
Indian  mythology.  Taken  by  itself,  however,  the  notion  is 
incapable  of  engendering  a  myth.  It  is  to  be  regarded  merely 
as  an  isolated  case  to  be  ckissed  with  a  more  richly 
developed  set  of  demon-ideas  that  dominate  the  daity  life 
of  primitive  man.  At  this  stage,  these  ideas  are  the  only 
elements  of  an  incipient  mythology  that  are  clearly 
discemible  and  that  at  the  same  time  exercise  an  im- 
portant  influenae  upon  life.  In  so  far  as  the  mythology  of 
primitive  man  gains  a  permanent  foothold  and  influenae,  it 
consists  of  a  belief  in  maglc  and  demons.  There  are,  how* 
ever,  two  motives  which  engender  this  belief  and  give  form 
and  colour  to  the  ideas  and  emotions  springing  from  them. 
These  are  death  and  sickness. 

Death  I  There  are  doubtless  few  impressions  that  have 
so  powerful  an  eflect  upon  the  man  of  naturie  ;  indeed, 
dvilized  man  as  well  is  still  very  greatly  stirred  by  the 
phenomenon  of  death.  Let  his  companion  meet  with  death, 
and  even  the  outward  actions  of  a  primitive  man  are 
significant.  The  moment  a  person  dies,  the  immediate 
impulse  of  primitive  man  is  to  leave  him  lying  where 
he  is  and  to  flee.  The  dead  person  is  abandoned,  and 
the  place  where  he  died  continues  to  be  avoided  for  a  long 
time — if  possible,  until  animals  have  devoured  the  corpse. 
Obviously  the  emotion  of  fear  is  regnant.  Its  immediate 
cause  is  aj^Kirently  the  unusual  and  fear-inspiring  changes 
which  death  makes  in  the  appearance  of  a  man.  The 
Suspension  of  movements,  the  pallor  of  death,  the  sudden 
cessation  of  breathing — these  are  phenomena  sufficient  to 
cause  the  most  extreme  terror.  But  what  is  the  nature 
of  the  ideas  that  associate  themselves  with  this  fearsome 
Impression?  The  flight  from  the  corpse  is  evidence  that 
man's  fears  are  primarily  for  himself.  To  tarry  in  the 
presence  of  a  dead  person  exposes  the  living  man  to  the 

7 


82  ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

danger  of  being  himself  overtak'en  by  death.  The  source 
of  this  danger  is  evidently  identical  with  that  which  has 
brought  Ideath  to  the  recently  deceased  person  himself. 
Primitive  man  cannot  think  of  death  except  as  the  sudden 
departure  from  the  dying  person  of  that  which  originally 
brought  life.  Nevertheless,  there  is  evidently  bound  up 
with  this  conception  the  further  idea  that  powers  of  life 
are  still  resident  in  the  body  ;  the  latter  remains  firmly 
associated  in  the  mind  of  primitive  man  with  the  impres- 
sion  of  life.  Here,  then,  we  have  the  original  source  of 
the  contradictory  idea  of  a  something  that  generates  life  and 
is  therefore  independent  of  the  body,  while  nevertheless 
being  connected  with  it.  So  far  as  we  can  gain  knowledge 
of  the  impression  which  death  makes  on  the  mind  of  primi- 
tive man,  two  disparate  motives  are  indissolubly  united.  He 
regards  life  as  something  that,  in  part,  continues  in  some 
mysterious  manner  to  dwell  within  the  corpse,  and,  in  part, 
hovers  about,  invisible,  in  its  vicinity.  For  this  reason, 
the  dead  person  becomes  to  him  a  demon,  an  invisible  being 
capable  of  seizing  upon  man,  of  overpowering  or  killing 
hün,  or  of  bringing  sickhess  upon  him.  In  addition  to  this 
primitive  idea  of  demons,  we  also  find  the  conception  of 
a  corporeal  soul,  meaning  by  this  the  belief  that  the  body 
is  the  vehicle  of  life,  and  that,  so  long  as  it  has  not  itself 
disappeared,  it  continues  to  harbour  the  life  within  itself. 
The  Gorporeal  soul  is  here  still  regarded  as  a  unit  which 
xnay,  by  separating  itself  from  the  body,  become  a  demon 
and  pass  over  into  another  person.  No  certain  traces  are 
as  yet  to  be  found  of  belief  in  a  breath  or  shadow- 
-'like  soul.  As  will  appear  later,  this  is  a  characteristic 
ieature  of  the  transition  from  primitive  to  totemic  culture. 
When  some  investigators  report  that  the  soul  is  occasionally 
referred  to  by  the  Semangs  of  Malacca  as  a  small  bird  that 
«MTS  into  the  air  at  the  death  of  a  person,  it  is  not  im:- 
jprobaUe  that  we  here  have  to  do  either  with  the  Semangs 
of  cultcirey  who  have  imdergone  marked  changes  under 
Maimpuk  influence,  or  with  the  presence  of  an  isolated  idea 
durt  Mbfiiii  to  a  different  cultural  circle.     For  in  no  other 


PRIMITIVE    MAN  83 

case  are  ideas  similar  to  that  of  the  psycbe  to  be  found 
on  the  level  of  primitive  culture.  On  the  other  band,  the 
burial  customs  of  the  Malays  and  of  the  mixed  races  living 
in  the  immediate  vicinity  of  the  primitive  peoples  of  the 
Malay  Peninsula,  already  exhibit  a  striking  contrast  to  the 
flight  of  primitive  man  from  the  corpse. 

The  next  group  of  ideas,  those  arising  from  the  impres- 
sion  made  by  sickness,  particularly  by  such  sicknesses  as 
attack  man  suddenly,  are  also  restricted  to  thie  conception 
of  a  corporeal  soul.  For,  one  of  the  most  characteristic 
marks  of  this  conception  is  that  magical,  demoniacal  powers 
are  beUeved  to  issue  from  the  body  of  the  dead  person. 
These  powers,  however,  are  not,  as  occurs  in  the  above  case, 
regarded  as  embodied  in  any  visible  thing— such  as  the 
exhalations  of  the  breath  or  an  escaping  animal— that 
separates  itself  from  the  person.  On  the  contrary,  the  demon 
that  leaves  the  corpse  and  attacks  another  person  in  the  form 
of  a  fatal  sickness,  is  invisible.  He  is  purely  the  result  of 
an  association  between  the  fear  aroused  by  the  occurrence 
of  death  and  the  fright  caused  by  an  unexpected  attack  of 
sickness.  The  dead  person,  therefore,  continues  to  remain 
the  seat  of  demoniacal  powers  ;  these  he  can  repeatedly 
direct  against  the  living  persons  who  approach  him.  Primi- 
tive man  believes  that  the  demon  may  assume  any  form 
whatsoever  within  the  body,  and  deceitful  medicine-men 
take  advantage  of  this  in  ostensibly  removing  the  sickness 
in  the  form  of  a  piece  of  wopd  or  of  a  stone.  But  it  is 
precisely  these  ideas  that  are  totally  unrelated  to  that  of 
a  psyche  and  its  embodiments.  Though  the  corpse  is  per- 
haps  the  earliest  object  that  suggests  sickness-demons,  it  is 
in  no  wise  the  only  one.  Indeed,  the  attack  of  sickness 
is  in  itself  sufficient  to  arouse  fear  of  a  demon.  Thus,  the 
Semangs  and  Senoi  distinguish  a  vast  number  of  difTerent 
sickness-demons.  Such  ideas  of  demons,  however,  as  we 
find  among  the  Malays  and  the  Singhalese,  where  demons 
are  regarded  as  counter-agents  to  sickness -magic  and  usually 
take  the  form  of  fantastical  animal  monsters,  never  occur 
except   at   a   later   cultural   stage.      Any    resemblance   of 


PRIMITIVE    MAN  85 

what  IS  expected  of  him  or  if  he  is  suspected  of  evil 
magic,  but  the  magician,  when  pressed  by  need,  also 
becomes  a  deceiver.  The  deception  of  the  medicine-man, 
indeed,  apparently  dates  back  to  the  very  earliest  times. 
Koch-Grünberg  teils  us  that  among  the  Central  Brazilians 
the  medicine-men  expel  disease  by  carrying  about  with  them 
a  piece  of  wood,  which  they  bring  forth,  after  various 
manipulations,  as  the  alleged  seat  of  the  demon.  If  the 
Suggestion  thus  given  is  effective,  the  patient  may,  of  course, 
feel  himself  improved.  At  any  rate,  we  must  not  think 
that  the  mass  of  the  people  is  led  to  lose  belief  in  magic  ; 
in  most  cases,  perhaps,  the  medicine-man  himself  remains  a 
deceived  deceiver. 

Nevertheless,  on  the  primitive  stage,  death  and  sick- 
ness  are  the  main  sources  of  belief  in  magic  and  in  demons. 
From  this  as  a  centre,  the  belief  radiates  far  out  into  all 
departments  of   life.      The  belief   in  magic,   for  example, 
assimies  the  form  of  protective  magic,  of  magical  defence 
against   demoniacal   influences.     In  this   form,   it   probably 
determines  the  original  modes  of  dress,  and,  more  obviously 
änd  permanently  still,  the  adomment  of  the  body.     In  fact, 
in  its  beginnings,  this  adomment  was  re^lly  designed  less 
for  decoration  than  for  purposes  of  magic. 

In  connection  with  the  extemal  culture  of  primitive  man 
we  have  already  noted  his  meagre  dress,  which  frequently 
consisted  merely  of  a  cord  of  hast  about  the  loins,  with 
leaves  suspended  from  it.     What  was  the  origin  of  this 
dress?     In  the  tropical  regions,  where  primitive  man  lives, 
it  was  surely  not  the  result  of  need   for  protection;    nor 
can   we  truthfuUy  ascribe  it   to  nKxiesty,    as   is   generaUy 
done  on  the  ground  that  it  is  the  genital  parts  that  are 
most   frequently   covered.      In   estimating    the  causes,    the 
questions  of  primary  importance  are  rather  those  as  to  where 
the  very  first  traces  of  dress  appear  and  of  what  its  most 
permanent  parts  consist.    The  answer  to  the  latter  question, 
however,  is  to  be  found  not  in  the  apron  but  ^m  *e  '^'^;^^/;d, 
which  is  occasionally  girt  about  the  hips  without  any  further 
attempt  at  dress.     Obviously  this  was  not  a  means  of  pro. 


86  ELEMENTS   OF.  FOLK  PSYCHOLOGY 

tection  against  storm  and  cold  ;  nor  can  modesty  be  said  to 
have  factored  in  the  development  of  this  article,  which  serves 
the  purposes  both  of  dress  and  of  adomment.  But  what 
.was  its  real  meaning?  An  incident  from  the  life  of  the 
iVeddahs  may  perhaps  fumish  the  answer  to  this  ques- 
tion.  When  the  Veddah  enters  into  marriage,  he  binds  a 
cord  about  the  loins  of  his  prospective  wife.  Obviously 
this  is  nothing  eise  than  a  form  of  the  widely  current  '  cord- 
magic/  which  plays  a  not  inconsiderable  rdle  even  in  present- 
day  superstition.  Cord-magic  aims  to  bring  about  certain 
results  by  means  of  a  firmly  fastened  cord.  This  cord 
is  not  a  symbol^  but  is,  as  all  Symbols  originally  were,  a 
means  of  magic.  When  a  cord  is  fastened  about  a  diseased 
part  of  the  body  and  then  transferred  to  a  tree,  it  is 
eonunonly  believed  that  the  sickness  is  magically  trans- 
planted  into  the  tree.  If  the  tree  is  regarded  as  represent- 
ing  an  enemy,  moreover^  this  act,  by  a  further  association, 
is  believed  to  transfer  sickness  or  death  to  the  enemy  through 
the  agency  of  the  tree.  The  cord-magic  of  the  VeddaU 
is  obviously  of  a  simpler  nature  than  this.  By  means  of 
the  cord  which  he  faas  himself  fastened,  the  Veddah 
«ndeavours  to  secure  tbe  faithfulness  of  his  wife.  The 
further  parts  of  primitive  dress  were  devek)pments  of 
the  loin-cord,  and  were  wom  suspended  from  it.  Coin- 
ddentaUy  with  this,  the  original  means  of  adomment 
make  their  appearance.  Necklaces  and  bracelets,  which 
have  remained  favourite  articles  of  feminine  adomment 
«ven  within  cur  present  culture,  and  fillets  about  the 
liead  which,  among  some  of  the  peoples  of  nature,  are 
Bkewise  wom  chiefly  by  the  women,  are  further  develop- 
laents  of  the  loin-cord,  transferred,  as  it  were,  to  other 
^^ft  of  the  body.  And,  as  the  first  clothing  was  attached 
to  the  loin-cord,  so  also  were  the  bracelet  and  fiUet,  and 
particularly  the  necklace,  empteyed  to  carry  other  early, 
means  of  protectlve  magic,  namely,  amulets.  Gradually  the 
latter  also  developed  into  articles  of  adomment,  preferably 
vronij  even  to-day,  about  the  neck. 

The  assumption  that  tbe  present  purpose  of  clothing 


PRIMITIVE    MAN  87 

is  also  the  end  that  it  originally  served  led  naturally 
to  the  theory.  that  when  the  loin-cord  alone  is  wom— 
as  a  mere  indication^  seemingly,  of  the  absence  of  clothing 
— tbis  is  to  be  regarded  not  as  an  original  custom  but 
as  the  remnant  of  an  earlier  dress  now  serving  solely 
as  an  adornment.  But  this  supposition  is  contradicted, 
in  the  first  place,  by  the  fact  that  the  loin-cord  occa- 
sionally  occurs  by  itself  precisely  amidst  the  most  primi- 
tive conditions,  and,  in  the  second  place,  by  the  general 
development  not  only  of  clothing  as  such  but  also  of  certain 
means  of  adoming  the  surface  of  the  body,  particularly 
painting  and  tattooing.  Now,  there  is  a  general  rule  that 
development  proceeds  not  from  the  composite  to  the  simple, 
but,  conversely,  from  the  simple  to  the  complex.  More- 
over,  indications  of  the  influence  of  magical  ideas  are 
generally  the  tnore  marked  according  as  the  stages  on 
which  the  phenomena  occur  are  the  earlier.  The  loin-cord, 
particularly,  is  occasionally  put  to  certain  magical  uses  which 
are  scarcely  intelligible  without  reference  to  the  widely 
prevalent  cord-magic.  If  the  binding  of  a  cord  of  hast 
of  his  own  weaving  about  the  hips  of  his  prospective  wife 
signifies  a  sort  of  marriage  ceremony  for  the  Veddah,  as  it 
undoobtedly  does,  this  must  imply  that  the  cord  is  a  means 
of  magic  that  binds  her  for  life.  Instances  have  been 
found  of  another  remarkable  and  complex  custom  that  sub« 
stantiates  this  '  magical '  interpretation.  A  man  binds  a 
loin-cord  of  his  own  weaving  about  the  woman  and  «be 
does  the  same  to  him— an  exchange  of  magic^worldog 
fetters  which  is  a  striking  anticipation  of  the  exchange  of 
rings  still  customary  with  us  afxm  betrodtal  or  marriage. 
For  the  exchange  of  rings,  to  a  ceitam  exteot^  re}>r^fvt»tf 
in  miniature  the  exchange  of  cords  practised  by  fmmkiv^ 
man,  though  there  is,  of  course,  this  enormoof  ^fi^r^^^Jt 
that,  in  the  primitive  ceremony  the  binding  hat  a  y^r^Ay 
magical  significance,  whereas  the  later  act  is  mer^Jy  tv^ii- 
bolicah  All  these  phenomena  indicate  that  ^^  <itt 
beginnings  of  clothing  involvc  ideas  of  ma|;ic.  J-4r/.*:r.  of 
course,  a  number  of  other  motives  also  eoiier  m,  ^füönal 


PRIMITIVE    MAN;  89 

ciativcly  on  the  older  magical  ideas.  The  violation  of 
custom  b  regarded  as  dangerous,  and  as  a  matter  requiring^ 
wherever  possible,  the  employment  of  protective  magic.  The 
reasons  for  guarding  against  a  violation  of  custom  are  not 
merely  subjective,  but  also  objective,  for  guilt  is  foUowed  by 
punishment.  Thus,  there  is  here  an  intertwining  of  motives. 
The  necklace,  bracelet,  finger-ring,  and  sometimes  the 
head-fillet^  occur  as  specific  means  of  magic^  in  addition 
to,  and  in  Substitution  for,  the  loin-cord.  In  more  restricted 
localities  we  find  also  earrings  and  nose-rings,  the  boring 
through  of  the  Ups,  and  combs  to  which  twigs  and  leaves 
are  attached.  Of  these,  the  necklace  has  maintained  itself 
far  down  into  later  culture,  for  it  is  the  necklace  that  gives 
Support  to  the  amulet.  The  latter  is  supposed  to  afford 
protective  magic  against  all  possible  dangers  ;  the  finger- 
ring,  on  the  other  hand,  is  the  favourite  vehicle  of  an  active 
magic,  changing  things  in  accordance  with  the  wishes  of 
the  owner— that  is  to  say,  it  is  a  talisman.  Similar  in  Its 
powers  to  the  necklace,  furthermore,  is  the  bracelet— found 
even  in  primitive  culture— and  also  the  head-fillet,  which 
encircles  the  forehead  and  the  back  part  of  the  head. 
The  Semangs  and  Senoi  of  the  Malaccan  forests  are 
invested  with  the  head-fiUet  by  the  medicine-man,  who  ex- 
changes  it  for  another  at  particularly  important  tuming- 
points  of  life,  such,  for  example,  as  the  entrance  of  the 
youth  into  manhood,  or  of  the  woman  upon  marriage.  The 
head-fiUets  that  have  been  removed  are  preser/ed  in  the 
house  of  the  medicine-man.  If  the  woman  is  widf^wed,  her 
former  fillet  is  placed  on  her  head.  Tbis  lignifies  the 
amiulment  of  the  magical  union  that  existed  thrcrjghout  the 
period  of  marriage.  Evidently  this  magic  custom  i\  cloveJv 
connected  with  the  strict  observance  of  monogam/.  These 
ceremonial  changes  in  dress  are  accompanied  by  a  sirtiAu 
change  in  name.  On  entering  the  married  State  a  vo-r.r-^ 
changes  her  name,  as  does  also  the  yooth  wLo  passes 
into  manhood.  Moreover,  this  change  is  not  in  t!i*  l-eas  ^ 
mere  symbol,  but  represents  a  magical  act,  Vilax  1« 
change  in  name,   the  individual  himself  h^j-rr^^ 


90  ELEMENTS   OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

person.  The  name  is  so  closely  connected  with  the  person 
that  even  the  speaking  of  it  may  exercise  a  magical  influence 
upon  him. 

But  the  magical  ideas  radiating  from  death  and  skk- 
ness  come  to  be  associated  also  with  other  external  objects 
--objects  not  attached  to  the  individual's  person,  as  are 
dothing  and  adorament.  Examples  of  this  are  implements, 
and,  in  particular,  the  weapon  of  primitive  man,  namely, 
the  bow  and  arrow.  The  magical  significance  has,  of  course, 
Irequently  disappeared  from  the  memory  of  the  natives. 
The  Sarasins  saw  the  Veddahs  execute  dances  about  an 
arrow  that  had  been  set  upright.  On  inquiring  the  reason, 
tkey  were  told  :  '  This  was  done  even  by  our  fathers  and 
grandfathers ;  why  should  we  not  also  do  it? '  A  similar 
answer  could  be  given  in  the  case  of  many,  indeed,  of  most 
of  these  magical  ceremonies.  Those  ceremonies  particularly 
that  are  in  any  way  complicated  are  passed  down  from 
generation  to  generation,  being  scrupulously  guarded  and 
oocasionally  aug^nented  by  additional  magical  Clements.  It 
is  for  this  reason  that,  in  the  presence  of  the  extraordinarily 
complicated  dances  and  magical  ceremonies  of  primitive 
peoples,  we  sometimes  ask  in  amazement :  How  could  such 
a  wealth  of  connected  ideas  possibly  arise  and  become 
expressed  in  action?  To  this  it  might  briefly  be  replied 
that  they  did  not  arise  at  all  as  creations  of  a  single  moment. 
ühe  meaning  of  the  ceremonies  has  for  the  most  part  long 
been  lost  tp  tbe  participants  themselves,  and  was  probably 
unkiDOwn  even  to  their  ancestors.  The  general  reason  for 
die  various  acts  that  are  executed  according  to  ancient 
tnage  is  that  they  serve  a  magical  purpose.  The  performers 
(Irady  believe^that  the  acts  will  secure  that  which  is 
äedted,'  whether  it  be  good  fortune  or  protection  from  evil, 
aMÜ  that  the  greater  the  care  and  exactitude  with  which  the 
Hetf  It  performed,  the  more  certainly  will  the  magical  pur- 
I  attained.  The  conditions  here  are  really  not  essen- 
it  from  those  that  still  prevail  everywhere  in 
^0tä 'WÜ 'etremonies  of  civilized  peoples.  It  is  the  very 
TfiJilPllMp^il^inotiives  are  forgotten  that  leads  to  the  enormous 
i    . 


PRIMITIVE    MAN  91 

complexity  of  the  phenomena.  Even  in  the  case  of  the 
above-mentioned  dance  about  the  arrow,  there  may  have 
entered  a  considerable  number  of  motives  that  were  later 
forgotten.  Of  them  all,  nothing  was  eventually  remembered 
except  that,  to  insure  the  welfare  of  the  individual  and  that 
of  the  group,  the  act  prescribed  by  custom  must  be  per- 
fonned  at  stated  times  or  under  particular  conditions. 

Quite  secondary  to  these  numerou^  irradiations  of  jmagical 
ideas  among  primitive  peoples  are  the  general  notions  con- 
nected with  natural  phenomena.  A  cloud  may,  no  doubt, 
occasionally  be  regarded  as  a  demon.  And,  as  already 
stated,  an  unusual  natural  phenomenon,  such  as  an  edipse 
of  the  sun,  is  likewise  afanost  everywhere  regarded  as  a 
demoniacal  event.  But,  on  the  whole^  celestial  phenomoia 
play  a  passing  and  an  exceedingly  variable  rdle  in  the 
beliefs  of  primitive  man.  Moreover,  while  the  ideas  and 
the  resultant  acts  engendered  by  death  and  sickness  are, 
on  the  whole,  of  a  uniform  character,  the  fragments  of 
celestial  mythology  vary  in  an  irregulär  and  self-contra- 
dictory  manner.  For  this  reason  the  latter  cannot  be 
regarded  as  having  any  important  significanoe  on  the  earliest 
plane  of  culture.  This  flatly  contradicts  a  theory,  still 
prevalent  in  the  scientific  wodd,  to  the  effect  that  all 
mythological  thinking  is  due  to  the  influence  of  celes- 
tial phenomena,  whether  it  be  the  moon  in  its  changing 
phases,  or  the  sun,  the  thunderstorm,  or  the  clouds.  This 
theory  is  certainly  not  valid  as  regards  primitive  man. 
It  can  be  maintained  only  if  we  distinguish— as  has,  indeed, 
sometimes  been  done— between  two  completely  disparate 
realms,  a  *  higher '  mythology,  exemplified  by  the  above,  and 
a  *  lower  *  mythology.  We  shall  return  to  this  point  later. 
We  are  here  concemed  with  the  Standpoint  of  nature- 
mythology  only  in  so  far  as  it  has  exercised  a  decisive 
influence  on  the  interpretation  of  the  earliest  manifestations 
of  the  '  lower '  mythology.  With  respect  to  the  ultimate 
psychological  motives  of  mythology  as  a  whole,  including 
that  of  primitive  man,  the  idea  is  even  to-day  widely  current 
that  mythological  thought  was  from  the  very  beginning  a 


S2  ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

naive  attempt  ät  an  inteipretation  of  the  phenomena  wliich 
man  encounters  in  nature  er  in  his  own  life.  That  is  to 
say^  all  mythology  is  regarded  as  a  sort  of  primitive  science, 
or,  at  any  rate^  as  a  precursor  of  philosophy.  This  innate 
need  for  explanation  is  then  usually  associated  with  an 
alleged  a  priori  principle  of  causality  inherent  in  the  mind. 
The  mythological  view  of  nature,  therefore,  is  supposed  to 
be  nothing  but  an  application— imperfect  as  yet,  to  be  sure — 
of  the  causal  law  to  the  nexus  of  phenomena.  But  if  we 
caD  to  mind  the  condition  of  natural  man  as  revealed  in 
his  actions,  no  trace  can  be  found  of  any  need  for  explana- 
tion such  as  requires  the  initial  employment  of  the  concept 
of  causality.  Indeed,  as  regards  the  phenomena  of  daily  life 
and  those  that  Surround  him  on  all  hands  and  constantly 
recur  in  a  uniform  manner,  primitive  man  experiences  no 
need  at  all  for  explanation.  For  him  everything  is  as  it  is  just 
beeause  it  has  always  been  so.  Just  as  he  dances  about  an 
arrow  because  his  father  and  his  grandfather  practised  this 
custom  in  the  past,  so  also  does  he  hold  that  the  sun 
lises  to-day  because  it  rose  yesterday.  The  regxilarity  with 
whidi  a  phenomenon  recurs  is  for  him  sufficient  testimony 
and  explanation  of  its  existence.  Only  that  which  arouses 
h»  emotion  and  calls  forth  particularly  fear  and  terror  comes 
to  be  an  object  of  magical  and  demoniacal  belief.  The 
primitive  level  of  mythological  thought  differs  from  the 
more  developed  stage  in  also  another  respect.  In  the  former 
case,  the  phenomena  that  are  most  apt  to  arouse  ideas  of 
magic  and  of  demons  are  those  that  concem  man  himself 
and  that  arouse  fear  and  terror.  But  here  again  death  and 
rickness  are  of  greatest  unportance.  True,  a  thunderstorm 
may  occasionally  find  a  place  m  the  nexus  of  magical  ideas, 
6r  an  -eclipse  of  the  sun,  or  some  other  natural  phenomenon 
-HUid  Um  occurs  the  more  readily  according  as  the 
phenomenon  is  the  more  unusual  and  striking.  The  regu- 
Htfy  lecuning  features  of  the  primitive  myth,  however, 
have  tiieir  source  in  the  hnmediate  environment  and  in  the 
£Kts  c(  perMnal  experience,  m  fear  and  terror.  Thus,  it 
h  not  intelUgnce  nor  reflection  as  to  the  origin  and  inter- 


PRIMITIVE    MAN  93 

connection  öl  phenomena  tfaat  gives  rise  to  mythological 
thinking,  but  emotion ;  ideas  are  only  the  material  whicb 
the  latter  elaborates.  The  idea  of  ä  corporeal  soul,  present 
in  the  corpse  yet  also  capable  of  abandoning  it  and  of 
becoming  a  dangerous  diemon,  is  a  creation  of  the  emotion 
of  fear.  Tbe  demons  who  possess  the  sick  man  and  cause 
his  death^  or  who  depart  from  him  in  convalescence,  are 
products  of  emotion.  They  are  supersensible,  as  is  the  soul, 
because  they  are  born  purely  of  emotion.  Nevertheless, 
they  always  tend  to  assume  a  sensible  nature,  being  imaged 
either  as  men,  or  as  extemal  things,  such  as  animals,  plants, 
weapons,  and  implements.  Only  in  the  course  of  later 
development  are  the  demons  themselves  equipped  with 
relatively  permanent  qualities  that  differ  from  the 
characteristics  of  the  vehicles  in  which  they  are  regarded  as 
embodied. 

Thus,  then,  we  utterly  confuse  primitive  thinking  with 
our  own  scientific  Standpoint  when  we  explain  it  by  the 
need  for  the  interpretation  of  phenomena.  Causality,  in 
our  sense  of  the  word,  does  not  exist  for  primitive  man. 
If  we  would  speak  of  causality  at  all  on  his  level  of 
experience,  we  may  say  only.  that  he  is  govemed  by 
the  causality  of  magic.  This,  however,  receives  its  stamp, 
not  from  the  laws  that  regulate  the  connection  of  ideas, 
but  from  the  forces  of  emotion.  The  mythological  causality 
of  emotional  magic  is  no  less  spasmodic  and  irregulär 
than  the  logical  causality  arising  out  of  the  orderly 
sequence  of  perceptions  and  ideas  is  constant.  That 
the  former  preceded  the  latter  is,  nevertheless,  of  great 
importance.  For  the  causality,  of  natural  law,  as  we  know! 
it,  would  hardly  have  been  possible  had  not  magical 
causality  prepared  the  way  for  it.  Yet  the  later  arose  from 
the  earlier  just  at  that  moment  in  which  the  attention  of 
men  ceased  to  be  held  by  the  unusual,  the  startling,  and 
the  fearful,  and  occupied  itself  with  the  orderly,  the  regulär, 
and  commonplace.  For  this  reason  the  very  greatest  advance 
in  the  investigation  of  natural  kws  was  made  by  Galileo, 
when  he  took  as  the  object  of  his  research  that  which  was 


94  ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

the  most  commonplace,  the  falling  of  a  body  to  the  earth. 
Primitive  man  did  not  reflect  about  this  phenomenon  nor, 
until  a  long  time  afterwards,  did  civilized  man.  That  a  body 
should  fall  to  the  earth  when  thrown  upwards  *  is  seif- 
evident '  because  it  is  thus  that  bodies  have  always  acted. 
An  echö  of  thb  primitive  view  remains  even  in  the  older 
physics,  which,  foUowing  Aristotle,  teils  us  that  a  body 
falls  because  the  centre  of  the  earth  is  its  natural  point  of 
rest — that  is,  to  put  it  otherwise,  it  must  behave  as  it  does 
because  it  has  always  done  so. 

8.  Thb  Beginnings  of  Art. 

Though  mythological  thinking,  particularly  on  the  level 
of  belief  in  demons  and  magic,  has  but  slight  connection 
with  later  science,  it  Stands  in  dose  relation  to  the  beginnings 
of  art.  This  relation  appears,  among  other  things,  in  the 
fact  that  the  simplest  forms  of  the  one  are  connected  with 
the  simplest  forms  of  the  other.  This  connection  is  two- 
fold.  Ideas  of  magic  are,  in  a  certain  sense,  projected  into 
the  products  of  art ;  art,  on  the  other  band,  being  the 
means  whereby  mythological  thinking  finds  expression,  reacts 
upon  magical  ideas  and  brings  about  an  enhancement  of 
their  motives.  This  is  particularly  apparent,  in  the  be- 
ginnings of  art,  in  the  fact  that,  as  viewed  by  civilized  man, 
primitive  peoples  have  brought  but  one  art  to  a  high  degree 
of  perfection,  the  art  of  dancing,  For  no  other  form  of 
artistic  expression  is  early  man  better  endowed.  His  body 
is  incomparably  more  supple  than  that  of  civilized  races. 
The  life  of  the  forest,  the  climbing  of  trees,  and  the 
capturing  of  game  qualify  him  for  Performances  that  woutd 
prove  difficult  to  a  modern  art-dancer.  All  who  have 
witnessed  the  dancing  of  men  of  nature  have  marvelled  at 
their  great  skill  and  dexterity,  and  especially  at  their 
nonderful  ability  in  respect  to  postures,  movements,  and 
mimetic  expression.  Originally,  the  dance  was  a  means  for 
Ae  attainment  of  magical  ends,  as  we  may  conjecture  from 
Ae  iwct  that   even  at   a   very'  early   stage    it    developed 


PRIMITIVE    MAN  95 

into  the  cult  dance.  Neverthcless,  from  the  very  beginning 
it  obviously  also  gave  rise  to  pleasure,  and  this  caused  it  to 
be  re-enacted  in  playful  form.  Thus,  even  the  earliest  art 
ministered  not  only  to  extemal  needs  but  also  to  the  subjec- 
tive  life  of  pleasure.  The  direct  source  of  the  latter  is  one*s 
own  movements  and  their  accompanying  sensations.  The 
dance  of  the  group  enhances  both  the  emotion  and  the  ability 
of  the  individual.  This  appears  clearly  in  the  dances 
executed  by  the  inland  tribes  of  Malacca.  These  peoples 
do  not  seem  to  have  any  round  dances.  The  individual 
dancer  remains  at  a  fixed  spot,  though  he  is  able,  ,without 
leaving  his  place,  to  execute  marvellous  contortions  and 
movements  of  the  limbs.  These  movements,  moreover, 
combine  with  those  of  his  companions  to  form  an  harmonious 
whole.  They  are  controUed,  however,  by  still  another 
factor,  the  attempt  to  Imitate  animals.  It  is  true  that,  on 
the  primitive  level  proper,  the  animal  does  not  phy  so 
dominant  a  röle  as  in  later  times.  Nevertheless,  the  Imita- 
tion of  animals  in  the  dance  already  foreshadows  the  totemic 
period.  Some  individuab  are  able,  while  remaining  at  a  fixed 
spot,  to  Imitate  with  striking  life-likeness  the  movements 
of  even  small  animals,  and  this  is  regarded  as  art  of  the 
highest  Order.  Yet  the  animal-mask,  which  is  later  com- 
monly  used  in  cult  and  magic,  is  here  as  yet  entirely 
lacking.  These  very  mimic  and  pantomimic  dances,  how- 
ever, imquestionably  bear  the  traces  of  magic.  When  the 
Veddah  imitates  game-animals  while  executing  his  dance 
about  the  arrow,  the  arrow  is  without  doubt  regarded  as  a 
means  of  magic,  and  we  may  conjecture  that  the  game- 
animals  that  are  Struck  by  an  arrow  are  supposed  actually 
to  succumb  as  a  result  of  this  mimet ic  Performance. 

Among  primitive  peoples,  the  dance  is  not,  as  a  rule, 
accompanied  by  music.  At  most,  means  of  producing 
noise  are  introduced,  their  purpose  being  to  indicate  the 
rhythm.  The  simplest  of  these  noise-instruments  consists 
of  two  wooden  sticks  that  are  beaten  together.  The  drum 
is  also  common  at  a  very  early  time  ;  yet  it  was  probably 
introduced  from  without.     The  real  musical  accompaniment 


96  ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

of  the  dance  is  fumished  by  the  human  voice  in  the  danee^ 
song.  It  would,  of  course,  be  wrong  to  suppose  that  because 
the  dance  originally  served  purposes  öf  magic,  the  dance* 
song  was  a  sort  of  primitive  cult-song.  Of  such  songs  as 
the  latter  no  traces  occur  imtil  later.  The  Contents  of  the 
early  songs  are  derived  from  the  most  commonplace  experi* 
ences  of  life.  The  songs  really  consist  of  detached  frag- 
ments  of  purely  descriptive  or  narrative  prose,  and  have  no 
inner  connection  with  the  motives  of  the  dance.  That  which 
characterizes  them  as  songs  is  the  refrain.  One  might  say 
without  qualification  that  this  poetic  form  of  speech  begins 
with  the  refrain.  The  song  has  grown  up  out  of  ^selected 
natural  sounds.  Anything  that  has  been  done  or  observed 
may  serve  as  content  of  the  song.  After  such  material  has 
once  been  employed,  it  is  continually  repeated.  Thus 
it  becomes  a  folk-song  that  is  sung  particularly  during  the 
dance.  The  melody  is  of  a  very  monotonous  character  ; 
could  it  be  translated  into  our  notes,  we  would  find  that 
in  the  songs  of  the  Veddahs  or  of  the  inland  tribes  of 
Malacca,  the  melody  moves  at  most  within  the  ränge  of  a 
sixth.  Moreover>  there  is  an  absence  of  harmonic  intervals, 
so  that,  not  having  been  phonographically  recorded,  the 
songs  cannot  be  reproduced  in  our  notes  except  with  great 
uncertainty.  Of  their  content,  the  foUowing  illustrations 
may  give  us  some  idea.  One  of  the  songs  of  tl\e  Veddahs 
runs  as  foUows  :— 

The  doves  of  Taravelzibi  say  kntnmng. 
WlMre  the  tabigoya  is  roasted  and  eaten,  there  blew  a  wind, 
Where  the  memmina  is  roasted  and  eaten,  there  blew  a  wind, 
Where  the  deer  is  roasted  and  eaten,  there  blew  a  wind. 

On  a  somewhat  higher  level  Stands  the  foUowing  song 
of  the  Semangs.  It  refers  to  the  ring-tailed  lemur  (macaco), 
a  monkey  species  very  conmion  in  the  forests  of  Malacca  ; 
by.  the  Semangs  it  is  called  '  kra  *^:— 

He  runs  along  the  branches,  the  kra, 
He  carries  the  fruit  with  him,  the  kra, 
He  runs  to  and  fro,  the  kra ; 
Over  the  Uving  bamboo,  the  kra» 
Over  the  detd  bamboo,  the  kra ; 


PRIMITIVE    MAN  97 

He  runs  along  the  brancbes,  the  kra, 
He  leaps  about  and  screams,  the  kra, 
He  permits  glimpses  of  himself,  the  kra, 
He  Shows  his  grinning  teeth,  the  knu 

As  is  clear,  we  have  here  simply  observations,  descrip- 
tions  of  that  which  the  Semang  has  seen  when  watching 
the  lemur  in  the  forest.  This  description,  of  course,  serves 
only  as  the  material  for  the  music  of  speech  ;  that  which 
is  really  musical  is  the  refrain,  which  in  this  case  consists 
simply  of  the  word  kra.  This  music  of  speech  exaks  and 
Supplements  the  dance ;  when  all  parts  of  the  body  are 
in  motion  the  articülatory  organs  also  tend  to  participate. 
It  is  only  the  modern  art-dance  which  has  substituted  an 
instrumental  accompaniment  for  the  voice  and  has  thus 
been  able  to  suppress  the  natural  expression  of  emotions. 
But,  even  in  our  culture,  the  emotions  reoeive  active,  vocal 
expression  in  the  folk-dances  of  our  villages. 

Musical  instruments,  in  the  strict  sense  of  the  word, 
are  almost  unknown  to  primitive  man.  Wliere  somewhat 
complex  forms  occur,  they  appear  to  have  been  imported. 
Such,  for  example,  is  the  bamboo  nose-flute,  occasionaHy 
found  among  the  inland  tribes  of  the  Malay  Peninsula.  The 
nose-flute  is  similar  to  our  flutes,  except  that  it  is  blown  f rom 
above  instead  of  from  the  side,  and  is  not  played  by  means 
of  the  mouth,  but  is  placed  against  one  of  the  nostrils,  so 
that  the  side  of  the  nose  serves  as  the  tone-producing 
membrane.  It  has  from  three  to  five  holes  that  may  be 
covered  with  the  fingers.  This  instrument  is  a  genuine 
product  of  Melanesia,  and  was  doubtless  acquired  from  this 
region  by  the  Malayan  tribes.  Of  earlier  origin,  no  doubt, 
are  stringed  instruments.  These  are  to  be  found  even 
among  primitive  peoples.  The  forms  that  occur  in  Malacca 
have,  in  this  case  also,  obviously  come  from  Oceania.  But, 
on  the  other  hand,  an  instrument  has  been  found  among 
the  Bushmen  and  the  neighbouring  peoples  which  may  be 
regarded  as  the  most  primitive  of  its  kind  and  which 
throws  important  light  on  the  origin  of  musical  instru- 
ments   of    this   sort.     A   bow,    essentially    similar   to    that 

8 


98  ELEMENTS  OF.  FOLK   PSYCHOLOGY 

which  he  employs  in  tbe  cbase^  affords  the  Bushman  a 
simple  stringed  instniment.  The  string  of  the  bow  now 
becomes  the  string  of  a  musical  instniment.  Its  tones, 
however,  cannot  be  heard  distinctiy  by  any  one  except  the 
player  himself.  He  takes  one  end  of  the  bow  between  his 
teeth  and  sets  the  string  into  Vibration  with  his  finger. 
The  resonance  of  the  bones  of  his  head  then  causes  a 
tone,  whose  pitch  he  may  vary  by  holding  the  string  at 
the  middle  or  at  some  other  point,  and  thus  setting  only 
a  part  of  the  string  into  Vibration.  Of  this  tone,  how- 
ever, practically  no  sound  reaches  the  extemal  world.  On 
the  other  hand,  the  tone  produces  a  very  strong  effect  on 
the  player  himself,  being  powerfuUy  transmitted  through  the 
teeth  to  the  firm  parts  of  the  skull  and  reaching  the  auditory 
nerves  through  a  direct  bone-conduction.  Thus,  then,  it  is 
a  remarkable  fact  that  music,  the  most  subjective  of  the  arts, 
begins  with  the  very  stringed  instruments  which  are  the 
most  effective  in  arousing  subjective  moods,  and  with  a 
form  in  which  the  pleasure  secured  by  the  player  from 
his  playing  remains  purely  subjective.  But,  from  this  point 
on,  the  further  development  to  tone-effects  that  are  objective 
and  are  richer  in  gradations  is  reached  by  simple  transitions 
effected  by  association.  The  one  string,  taken  over  from 
the  bow  used  in  the  chase,  is  no  longer  sufficient.  Hence 
the  bridge  appears,  which  consists  of  a  piece  of  wood  whose 
Upper  side  is  fastened  at  the  middle  of  the  bow  and  whose 
lower  side  is  toothed  for  the  reception  of  several  st  rings. 
The  strings  also  are  perfected,  by  being  made  of  threads 
detached  from  the  bamboo  of  which  the  bow  is  con- 
stnicted.  Then  foUows  a  second  important  advance. 
Instead  of  taking  the  end  of  the  bow  in  his  mouth  and  using 
his  own  head  as  a  resonator,  the  player  makes  use  of  a 
hoUöw  gourd  and  thus  renders  the  tone  objectively  audible. 
The  best  and  most  direct  point  of  connection  between  the 
gourd  and  the  bow  proves  to  be  the  end  of  the  stick 
that  carries  the  bridge.  It  is  now  no  longer  the  head  of 
the  player  that  furnishes  the  resonance,  but  the  substituted 
calabash.      In    its    externa!   appearance    the    calabash    re- 


PRIMITIVE    MAN  99 

sembles  tfae  head— indeed,  upon  other  occasions  also,  it  is 
sometimes  regarded  as  a  likeness  of  the  head^  and  eyes, 
mouth,  and  nose  are  cut  into  its  rind.  Thus,  the  association 
of  the  gourd  with  the  head  may  possibly  have  exerted  an 
influence  upon  this  step  in  the  development  of  the  musical 
instrument.  Perhaps  the  inventor  himself  did  not  realize 
until  after  the  artificial  head  came  into  use  that  he  had 
made  a  great  advance  in  the  perfection  of  his  instrument. 
His  music  was  now  audible  to  others  as  well  as  to  himself. 
Another  instnmient  also,  the  buU-roarer,  dates  back  to 
the  beginnings  of  music,  though  its  development,  of  course, 
differed  from  that  of  the  zither.  The  bull-roarer,  indeed, 
is  an  instrument  of  tone  and  noise  that  is  to  be  found  only 
among  relatively  primitive  peoples.  True,  it  döes  not  reach 
its  highest  development  among  those  peoples  who,  from 
a  sociological  point  of  view,  occupy  the  lowest  plane  of 
culture  ;  it  becomes  an  instnmient  of  magic,  as  we  shall 
see,  only  within  the  totemic  culture  of  Austtalia.  Never- 
theless,  there  has  been  discovered,  again  among  the  Bush- 
men,  a  form  of  bull-roarer  of  an  especially  primitive 
character.  Doubtless  that  which  led  primitive  man  to  the 
invention  of  the  zither  was  the  tone  which  he  heard  in 
his  everyday  experience  in  war  or  in  the  hunt  when  jhe 
applied  an  arrow  to  his  bow.  No  doubt,  atso,  it  was  the 
whirring  noise  of  the  arrow,  or  that,  perhaps,  of  the  flying 
bird  which  the  arrow  imitates,  that  led  him  to  reproduce 
this  noise  in  a  similar  manner.  Indeed,  in  South  Africa, 
the  bull-roarer,  though,  of  course,  used  only  as  a  play- 
thing,  occurs  in  a  form  that  at  once  reminds  one  of  a 
flying  bird  or  arrow.  The  feather  of  a  bird  is  fastened 
at  right  angles  to  a  stick  of  wood.  When  the  stick  is 
vigorously  swung  about  in  a  circle,  a  whistling  noise  is 
produced,  accompanied,  particularty  when  swung  with  great 
rapidity,  by  a  high  tone.  This  tone,  however,  is  not  capable 
of  further  perfection,  so  that  no  other  musical  instrument 
developed  from  the  bull-roarer.  The  contrary,  rather,  is 
true.  In  other  forms  of  the  bull-roarer  in  which  the  feathers 
were  displaced  by  a  flat  wooden  board— whose  only  resem- 


loö        ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGE 

blance  to  a  bird  was  a  slight  similarity:  in  form— th^  noise 
was  more  intense  but  the  tone  less  clear.  For  this  reason 
the  buU-roarer  soon  lost  its  place  in  the  ranks  of  musical 
instruments  and  became  purely  an  instrument  of  magic,  in 
which  function  also  it  was  used  only  temporarily.  In  many 
parts  of  the  world,  moreover,  there  is  a  similar  primitive 
implement,  the  rattley  whose  Status  is  the  same  as  that  of 
the  bull-roarer. 

It  was  in  connection  with  ideas  of  magic  and  of  demons 
that  formative  art^  or,  as  it  would  perhaps  be  truer  to  say, 
the  elements  from  which  this  art  proceeded,  was  developed. 
Such  art  was  not  unknown  even  to  the  primitive  peoples  of 
the  pre-totemic  age.  If  anywhere,  it  is  doubtless  among  the 
primitive  tribes  of  Malacca  and  Ceylon  that  we  can,  in  some 
measure  and  with  some  certainty,  trace  formative  art  to  its 
earliest  beginnings  and  to  the  causes  back  of  these.  The 
Bushman  must  here  be  excluded  from'  consideration,  since,  as 
we  shall  see,  he  was  clearly  affected  by  external  influences. 
The  Veddahs,  as  well  as  the  Senoi  and  Semangs,  are  familiär 
with  only  the  simplest  forn">  of  linear  decoration.  Yet  this 
makes  it  evident  that  simple  lines,  such  as  can  be  produced 
by  cutting  or  by  scratching,  form  the  starting-point  of  almost 
all  later  development.  Here  again  it  is  the  bamboo  that  is 
utilized,  its  wood  being  a  material  suitable  for  these  simple 
artistic  attempts.  Its  connection  with  art  is  due  also 
to  the  fact  that  it  is  used  in  tbe  manufacture  of  imple- 
ments  and  weapons^  such  as  the  bow  and  the  digging- 
stick,  and,  later,  the  blow-pipe  and  the  flute.  As  im- 
portant  objects  of  adomment,  we  find  the  combs  of  the 
women,  which,  among  the  Malaccan  tribes,  are  extremely 
rieh  in  linear  deoorations.  At  first,  the  dominant  motive 
is  the  triangle.  *  Just  as^  the  triangle  is  the  ^  simplest 
rectilinear  figure  of  jg^eometry,  so  ^Iso  is  it  the  simplest 
dosed  omamental  pattem.  The  weapons  not  infrequently 
have  a  series  of  triangles  included  within  two  parallel 
ttraight  lines.  This  illustrates  in  its  simplest  form  the 
universal  dDaracteristic  of  primitive  omaments,  namely, 
lUiifoiia'    lepetition.      The    pattem    later    becomes    more 


PRIMITIVE    MAN  :ioi 

complicated  ;  the  tri^h^e^' a}^  crb^sed;  by  lines^  4MStweei> 
which  there  are  Spaces  that  axe  also 'tnanguh^r  rinV^ornii. 
Such  figures  are  then  further  combined  into  double  triangles 
having  a  common  base,  etc.  These  are  foUowed  by  other 
fonns»  in  which  simple  arcs  take  the  place  of  straight 
lines.  For  example,  an  are  is  substituted  for  the  base  of 
each  triangle^  again  with  absolute  uniformity.  Finally,  the 
are,  in  the  form  of  the  segment  of  a  circle,  is  utilized 
independently,  either  in  simple  repetition  or  in  alternation. 
These  simple  designs  then  become  increasingly  complex  by 
the  combination  either  of  the  forms  as  a  whole  or  of  some 
of  their  parts.  This  muhiplication  of  motives  reaches  its 
most  artistic  development  in  the  womfen's  combs  found  amcHig 
the  tribes  of  the  Malay  Peninsula.  The  comb,  in  some 
form  or  other,  is  a  very  common  articie  of  adomment  among 
peoples  of  nature.  But  it  is  just  in  the  form  in  which  it 
occurs  among  the  Senoi  and  Semangs  that  the  comb  gives 
evidence  of  having  originally  been,  at  most,  only  incident- 
ally  an  articie  of  adornment  and  of  having  only  gradually 
come  to  be  exciusively  a  decoration.  In  shape,  it  is  like 
the  women's  combs  of  to-day.  The  teeth  are  pointed  down- 
wards,  and  serve  the  purpose  of  fastening  the  hair.  The 
Upper  part  forms  a  broad  crest.  But  among  these  peoples 
the  crest  is  the  main  part  of  the  comb,  the  function 
of  the  teeth  being  merely  to  hold  it  to  the  head. 
For  the  crest  is  decorated  in  rieh  profusion  with  the 
above-mentioned  omamentations,  and,  if  we  ask  the  Semangs 
and  the  Senoi  what  these  mean,  we  are  told  that  they 
guard  against  diseases.  In  the  Malay  Peninsula,  the 
men  do  not  wear  combs,  evidently  for  the  practical 
reason  that,  because  of  their  life  in  the  forest  and 
their  joumeys  through  the  underbrush,  they  cut  their  hair 
Short.  In  other  regions  which  have  also  evolved  the  comb, 
as  in  Polynesia,  such  conditions  do  not  prevail ;  the  comb, 
therefore,  is  wom  by  both  men  and  women.  In  this,  its 
carliest,  use,  however,  the  comb  as  such  is  clearly  less  an 
object  of  adomment  than  a  means  of  magic.  It  serves 
particularly  as  a  sort  of  amulct,  to  protect  against  sickn« 


I02        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

denioiMU.  For  ^dusr- rt»sw.  JtheXcöi^^  lines    in    their 

:V»rteul^*:QC)a2binati(X^  regarded  as  ref  erring  to  particular 
*  diseases.  The  marks  which  a  Semang  woman  carries  about 
with  her  on  her  comb  are  really  magical  signs  indicating 
the  diseases  from  which  she  wishes  to  be  spared.  The 
head  would  appear  to  be  a  particularly  appropriate  place 
for  wearing  these  magical  signs.  It  is  to  magical  ideas, 
therefore,  that  we  must  probably  look  for  the  origin  of 
this  very  common  means  of  adornment.  In  Malacca,  indeed, 
the  combs  are  carefuUy  preserved  ;  the  drawings  made 
upon  them  render  them»  as  it  were^  sacred  objects.  But 
it  is  impossible  to  leam  directly  from  the  Statements  of 
the  natives  just  how  primitive  articies  of  adornment  came 
•Co  acquire  the  significance  of  Ornaments.  Our  only  clue 
is  the  fact  that  the  decorations  on  the  bows  and  blow-pipes 
are  supposed  to  be  magical  aids  to  a  successfui  hunt ;  for, 
among  the  representations,  there  are  occasionally  those  of 
animals.  This  fact  we  may  bring  into  connection  with 
observations  made  by  Karl  von  den  Steinen  among  the 
Bakairi  of  Central  Brazil.  This  investigator  here  found  re- 
markäble  omamentations  on  wood.  All  of  these  were  of  a 
simple  geometrical  design,  just  as  in  the  case  of  other 
primitive  peoples,  yet  they  were  interpreted  by  the  natives 
not  as  means  of  magic  but  as  representations  of  objects. 
A  consecutive  series  of  triangles  whose  angles  were  some- 
what  rounded  off,  was  interpreted  as  a  snake,  and  a  series 
of  Squares  whose  angles  touched,  as  a  swarm  of  bees. 
But  the  representations  included  also  other  things  besides 
luiinials.  For  iexample,  a  vertical  series  of  triangles  in  which 
the  apexes  pointed  downwards  and  touched  the  bases  of  the 
Pßxt  Iowa:  triangles,  was  regarded  as  a  number  of  women's 
44>rons — the  Upper  part  was  the  girdle,  and,  attached  to 
jÄis»  the  apron.  In  a  word,  primitive  man  is  inclined  to 
fUkiäL  owcrete  objects  of  this  kind  into  his  simple  orna- 
inental  lioes.  That  we  also  can  still  voluntarily  put  ourseives 
Wjto  such  an  attitude,  is  testified  to  by  Karl  von  den  Steinen 
himsdfÄiwhen  he  teils  us  that  he  succeeded  without  par- 
ticttbur  effort  in  discovering  similar  objects  in  certain  simple 


PRIMITIVE    MAN  103 

ornamentations.  We  here  have  a  case  of  the  psychical 
process  of  assimilation.  This  is  characteristic  of  all  con- 
sciousness,  but,  as  might  be  supposed  from  the  fact  that 
primitive  peoples  live  continuously  in  the  open,  it  is  more 
strongly  in  cvidence  among  them  than  among  civilized  races. 
But  the  question  now  arises^  Which  came  first?  Did 
the  Bakairi  really  wish  to  represent  snakes,  bees,  women's 
aprons,  etc.>  and  reduce  these  to  geometrical  schematiza- 
tions?  Or  did  he,  without  such  intention,  first  make 
simple  linear  decorations,  and  later  read  into  them,  through 
imaginative  association,  the  memory  Images  of  objects?  The 
latter  is  doubtless  the  case.  For  it  is  much  easier  first 
to  draw  simple  lines  and  then  to  read  complicated  objects 
into  them  than  it  is,  conversely,  to  reduce  these  pictures  at 
the  outset  to  abstract  geometrical  Schemata.  Indeed,  when 
the  Bakairi  wishes  to  draw  real  objects,  he  proceeds  just 
as  our  children  do  :  he  copies  them  as  well  as  he  can. 
For  example,  the  Bakairi  occasionally  draws  fishes  in  the 
sand  for  the  purpose  of  marking  out  a  path,  or  he  attempts 
to  reproduce  men  and  animals  in  a  way  strikingly  similar 
to  our  children's  drawings.  Evident ly,  therefore,  it  was 
not  inability  to  draw  the  objects  themselves  that  gave  rise 
to  these  primitive  geometrical  decorations.  The  decorat ions 
came  first,  and  the  memory  images  of  the  objects  of  daily 
perception  were  then  read  into  them.  The  answer,  however, 
to  the  question  as  to  why  primitive  man  produces  decorations 
at  all,  is  easily  found  by  calling  to  mind  the  motives  dis- 
cemible  in  such  uniform  and  simple  series  of  figures  as  the 
triangles  and  arcs  which  the  Senoi  and  the  Semangs  cut 
into  bamboo.  Because  of  the  character  of  his  locomotor 
Organs,  primitive  man  repeats  the  movements  of  the  dance 
at  regulär  intervals,  and  this  rhythm  gives  him  pleasure. 
Similarly,  he  derives  pleasure  even  from  the  regularly  re- 
peated  movements  involved  in  making  the  straight  lines  of 
his  drawings,  and  this  pleasure  is  enhanccd  when  he  sees 
the  symmetrica!  figures  that  arise  under  his  band  as  a 
result  of  his  movements.  The  earliest  sesthetic  Stimuli  are 
symmetry  and  rhythm.     Wfi  leam  this  even  from  the  most 


I04        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

primitive  of  all  arts,  the  dance.  Just  as  one's  own  move- 
ments  in  the  dance  are  an  aesthetic  expression  of  symmetry 
and  rhythm,  so  also  are  these  same  characteristics  embodied 
in  the'earliest  productions  of  pictorial  art— in  the  begin- 
ning,  indeed,  they  alone  are  to  be  found.  The  primitive 
song  comes  to  be  a  song  only  as  a  result  of  the  regulär 
repetition  of  a  refrain  that  in  itself  is  unimportant.  As 
soon  as  primitive  man  produces  lines  on  wood^  his 
pleasure  in  rhythmic  repetition  at  once  leads  him  to 
make  these  symmetrical.  It  is  for  this  reason  that 
we  never  find  decorations  that  consist  merely  of  a 
Single  figure— a  single  triangle,  for  instance — but  always 
find  a  considerable  number  of  figures  together,  either 
above  one  another,  or  side  by  side,  or  both  combined,  though 
the  last  arrangement  occurs  only  at  a  somewhat  more 
advanced  stage.  If,  now,  these  decorations  are  more  and 
more  multiplied  by  reason  of  the  increasing  pleasure  in 
their  production,  we  naturally  have  figures  that  actually 
resemble  certain  objects.  This  resemblance  is  strengthened 
particularly  by  the  repetition  of  the  figures.  A  single  square 
with  its  angles  placed  vertically  and  horizontally  would 
scarcely  be  interpreted  as  a  bee,  even  by  a  Bakairi  ;  but 
in  a  series  of  such  Squares  we  ourselves  could  doubtless 
imagine  a  swarm  of  bees.  Thus  there  arise  representations 
resembling  animals,  plants,  and  flowers.  Because  of  their 
symmetrical  form,  the  latter  particularly  are  apt  to  become 
assodated  with  geometrical  designs.  Yet  on  the  whole  the 
animal  possesses  a  greater  attraction.  The  animal  that  forms 
the  object  of  the  hunt  is  carved  ujpon  the  bow  or  the  blow- 
pipe.  '  This  is  a  means  of  magic  that  brings  the  animal 
within  ränge  of  the  weapon.  It  is  magic,  likewise,  that 
affords  the  explanation  of  the  Statement  of  the  Senoi  and  the 
Semangs  that  the  drawings  on  the  combs  of  their  women 
are  a  means  of  protection  against  diseases. "  These  two  sorts 
of  purposes  illustrate  the  two  forms  of  magic  that  are  still 
exemplified  oh  higher  cultural  tevels  by  the  amulet,  on  the 
one  band,  and  the  talisman,  on  the  other— protection  from 
dangw,  and  assistänce  in  one*s  personal  undertakings.    Niow 


PRIMITIVE    MAN  105 

it  is  easy  to  understand  how  especially  the  complicated 
decorations  on  the  combs  of  the  Malaccan  tribes  may, 
through  the  familiär  processes  of  psychical  assimilation>  come 
to  be  regarded  as  living  beings^  in  the  form  either  of 
animals  or  of  plants,  and  how  these  forms  in  tum  may  come 
to  be  interpreted  as  sickness-demons.  For,  these  demons 
are  beings  that  have  never  been  seen  ;  hence  the  terrified 
Imagination  may  all  the  more  readily  give  them  the  most 
fantastic  shapes.  Indeed^  we  still  find  examples  of  this 
in  the  more  elaborate  pictures  of  the  art  of  some  semi- 
cultural  peoples.  Thus  ako  are  explained  many  of  the  masks 
used  among  the  most  diverse  peoples.  It  is  almost  always 
grotesque  animal  or  human  masks  that  are  employed  to  repre- 
sent  fear-demons.  The  freer  the  sway  of  the  imagination^ 
the  easier  it  is  to  see  the  figure  of  a  demon  in  any  decora- 
tion  whatsoever.  The  multiplicity  of  the  omamental  draw- 
ings^  moreover,  meets  the  need  for  distinguishing  a  great 
number  of  such  demons^  so  that  a  woman  of  the  Senoi  or 
the  Semangs  carries  about  on  her  head  the  demoniacal 
representation  of  all  known  diseases.  For,  according  to  an 
andent  law  of  magic,  the  demon  himself  has  a  two-fold 
r61e— 'he  both  causes  the  sicktiess  and  protects  against  it. 
Just  as  a  picture  is  identified  with  its  objecto  so  also  is  the 
drawing  that  represents  or  portrays  the  sickness-demon  re- 
garded as  the  demon  itself.  Whoever  carries  it  about  is 
secure  against  its  attack.  Both  magic  and  coimter-magic 
spring  from  a  common  source.  The  medicine-man  who 
exercises  counter-magic  must  also  be  familiär  with  magic. 
(The  two  are  but  divergent  forms  of  the  same  magical 
potency  that  has  its  birth  in  the  emotions  of  fear  and  terror. 
In  summary  ol  what  we  have  thus  far  leamed  with 
regard  to  the  art  of  drawing  among  primitive  men,  it  may 
be  said  that  this  art  is  throughout  one  of  magic  and  adorn- 
ment.  These  are  the  two  motives  from  which  it  Springs, 
and  which^  apparently,  co-operate  from  the  outset.  The 
mere  drawing  of  lines  in  regulär  and  symmetrical  repeti- 
tion  is  due  to  that  regularity  of  movement  which  also 
finds  expression  in  the  dance,  and^   evita  prior  to  this. 


io6        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOCVT 

in  ordinary  Walking  and  running.  But  the  artist  him- 
self  then  attributes  a  hidden  meaning  to  t'iat  which  he 
has  created.  Astonishment  at  his  creation  fuses  with  his 
pleasure  in  it,  and  his  wonder  at  the  picmre  that  he  has 
produced  makes  of  it,  when  animated  and  retransformed 
by  the  imagination^  a  magical  object.  The  pictures  carried 
about  on  the  person,  or  wrought  on  an  object  of  daily  use, 
assist  in  guarding  against  diseases  and  other  injuries^  or 
they  assure  the  success  of  the  weapon  and  the  implement. 
In  view  of  these  characteristics  of  a  purely  magical 
and  decorative  art,  it  may  perhaps  at  first  glance  cause 
surprise  that  there  should  be  a  people  which,  ahhough 
primitive  in  other  essential  respects,  has  far  transcended 
this  stage  in  artistic  attainment,  and  has,  apparently,  fol- 
lowed  an  entirely  different  direction  in  its  pathway  to  art. 
Such  are  the  Bushmen.  The  primitive  tribes  mentioned 
above  show  no  traces  of  an  art  of  drawing  ;  beyond  sugges- 
tions  of  a  Single  objecto  it  is  absolutely  impossible  to  find 
representations  of  objects  and  their  groupings  such  as  are 
common  in  the  pictures  of  the  Bushmen,  which  portray 
particularly  animals  and,  to  a  less  extent,  men.  This  is 
all  the  more  significant  in  view  of  the  fact  that,  while 
the  Bushmen  also  decorate  their  weapons  and  Utensils 
with  magical  and  ornamental  designs,  these  are  of  far  less 
importance  than  in  the  case  of  the  primitive  tribes  referred 
to  above.  The  painting  of  the  Bushmen,  however,  is  obvi- 
ously  neither  magical  nor  decorative  in  character.  Origin- 
ally  these  pictures  seem  to  have  been  drawn  in  caves  ;  at  any 
rate,  it  is  hcre  that  many  of  them  have  been  found.  We  have 
already  indicated  the  importance  of  this  primitive  dwelling 
fer  the  beginnings  of  a  memorial  art.  When  extemal  im- 
pressions  are  absent^  as  in  the  cave,  the  imagination  is  all 
the  more  impelled  to  preserve  memories  in  self-created 
picciures.  The  simpler  of  these  resemble,  in  their  charac- 
teristics the  drawings  and  paintings  of  present-day  children. 
But  ive  can  plainly  distinguish  the  more  primitive  work 
Crom  äriKt  '%hich  is  more  advanced  ;  the  latter  frequently 
repiodlliDei  ifl^  objeets  with  accuracy,  particularly  animals. 


PRIMITIVE    MAN  1107 

such,  for  example,  as  the  elk  and  also  the  giraffe,  which  is 
a  favourite  object,  probably  because  of  its  long  neck.  Occa- 
sionally,  indeed,  a  quadruped  is  still  represented  in  profile 
with  only  two  legs,  but  most  of  the  pictures  are  certainly 
far  beyond  this  childish  mode  of  drawing.  In  generale 
mineral  pigments  were  used  from  the  very  outset,  par- 
ticularly  red  iron  ore,  blue  vitriol,  etc.  We  also  find 
mixtures  of  pigments,  so  that  almost  all  colours  occur. 
Now  it  might,  of  course,  be  supposed  that  such  a  picture 
of  an  animal  has  the  same  significance  as  attaches  to  the 
drawing  occasionally  executed  on  the  bow  of  a  primitive 
man  for  the  purpose  of  magically  insuring  the  weapon 
of  its  mark.  But  the  very  places  where  these  paintings 
occur,  far  removed  as  they  are  from  chase  and  battle, 
militate  agalnst  such  a  supposition.  An  even  greater  objec- 
tion  is  the  fact  that  the  more  perfect  pictures  represent 
scenes  from  life.  One  of  them,  for  example,  portrays  the 
meeting  of  Bushmen  with  white  men,  as  is  evident  partly 
from  the  colour  and  partly  from  the  difference  in  the  size 
of  the  figures.  Another  well-known  picture  represents  the 
way  in  which  the  Bushmen  steal  cattle  from  a  Bantu  tribe. 
The  Bantus  are  represented  by  large  figures,  the  Bushmen 
by  small  ones  ;  in  a  lively  scene,  the  latter  drive  the  animals 
away,  while  the  far-striding  Bantus  remain  far  in  the  rear. 
The  picture  reveals  the  joy  of  the  primitive  artist  over 
the  successful  escapade.  This  is  not  magical  art,  but  plainly 
exemplifies  the  first  products  of  a  memorial  art.  The  one 
who  painted  these  pictures  desired  first  of  all  to  bring  before 
his  memory  that  which  he  had  experienced,  and  he  doubt- 
less  also  wished  to  preserve  these  scenes  to  the  memory 
of  his  kinsmen.  This  is  memorial  art  in  a  twofold  sense. 
Memory  renews  the  experiences  of  the  past,  and  it  is  for 
memory  that  the  past  is  to  be  retained.  But  this  art  also 
must  still  be  classed  as  primitive,  for  it  has  not  as  yet 
attained  to  tlie  level  of  imitative  art.  It  is  not  an  art 
that  reproduces  an  object  by  a  direct  comparison  of  picture 
with  copy.  This  is  the  sense  in  which  the  present-day 
Portrait   or   landscape   painter   practises   imitation.      £* 


io8        ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

where  the  primitive  era  transcended  a  merely  magical  or 
decorative  art,  it  did  not  advance  beyond  memorial  art.  The 
Bushman  did  not  have  the  objects  themselves  before  him, 
but  created  his  pictures  in  accordance  with  his  memory  of 
them.  Moreovcr,  suited  as  the  cave  is  to  the  development 
of  a  memorial  art,  it  of  itself  makes  imitative  art  impos- 
sible.  But  höw  can  we  account  for  the  fact  that  the  primitive 
tribe  of  Bushmen  attained  to  a  level  of  art  whose  exclusion 
of  magical  motives  ranks  it  as  relatively  advanced,  and  which 
must  be  estimated  all  the  more  highly  because  it  is  not  shared 
by  the  neighbouring  African  tribes?  The  Hottentots,  for 
example,  no  less  than  the  Bechuanas  and  the  Bantus,  are 
inferior  in  artistic  accomplishments  to  the  Bushmen,  although 
the  culture  of  the  latter  is  in  other  respects  far  below  the 
level  of  that  of  the  former.  May  we  say  of  this  memorial  art 
what  seems  probable  as  regards  the  magical  and  decorative 
art  of  the  Inland  tribes  of  Malacca  and  of  Ceylon,  namely, 
that  it  arose  independently  from  the  same  original  motives  as 
the  dance?  The  answer  to  this  question  depends  primarily 
upon  the  antiquity  of  these  art  productions.  Do  they  date 
back  to  an  imtnemorial  past,  as  we  may  suppose  to  be  the 
case  with  the  decorations  of  the  Veddahs  and  the  Malaccan 
tribes?  There  are  two  considerations,  principally,  that  prove 
the  contrary,  namely,  that  they  are  relatively  recent 
creations.  In  the  first  place,  the  paintings  present  the 
pictures  of  animals,  in  particular  of  the  horse  and  the  sheep, 
with  which  the  Bushman  has  been  acquainted  at  farthest 
since  the  latter  part  of  the  eighteenth  Century.  True,  these 
anünals  were  brought  into  Cape  Colony  as  early  as  the 
seventeenth  Century  ;  it  was  clearly  not  until  later,  however, 
that  the  Bushmen  became  familiär  with  them.  A  second  con- 
sideration  is  the  remarkable  circumstance  that  these  primitive 
painters  cmploy  essentially  the  same  tools  as  the  Europeans. 
This  art  has  now,  indeed,  almost  disappeared,  the  race  having 
been  crowded  back  and  depleted.  But  the  remains  show 
that  the  painters  possessed  a  stone  plate  on  which  they 
mixed  their  paints  and  also  a  stone  pounder  with  which  the 
mixing  was  done— that  is,  a  palette  and  a  pestle.     Indeed, 


PRIMITIVE    MAN.  109 

for  applying  the  colours  they  occasionalfy  utilized  a  paint« 
brush  made  of  fine  splinters  of  bone,  though  some^  no 
doubt,  were  content  to  do  this  with  the  fingers. 

These  are  all  signs  which  certainly  suggest  a  not  very 
distant  past.  Moreover,  art  products  cannot  resemble  each 
other  in  so  many  respects  without  having  some  connection 
in  origin.  Added  to  this  is  the  fact  that  the  very  character 
of  such  pictures  as  are  still  in  existence  scarcely  allows 
US  to  regard  them  as  more  than  sixty  to  seventy  years 
old.  From  all  of  this  we  must  conclude  that  this  art  is  not 
primitive  at  all,  but  was  imported,  resembling  in  this  many 
other  things  that  gain  entrance  into  the  life  of  a  primitive 
tribe.  If  the  essential  elements  of  the  Biblical  account  of 
the  Creation  reached  the  Andamanese,  who  in  other  respects 
are  primitive,  why  may  we  not  also  suppose  that  a  wander- 
ing  European  artist  at  one  time  came  to  the  Bushmen,  even 
before  any  other  elements  of  European  culture  had  become 
accessible  to  them?  Nevertheless,  the  fact  that  thb  painting 
exists  indicates  the  presence  of  a  remarkable  tafent.  This 
brings  us  to  our  last  problem  in  the  psychology  of  primitive 
man,  to  the  question  conceming  his  mental  equipment  in 
generale 

a.  ;The  Intellectual  and  Moral  Characieristics  of 
Primitive  Man. 

For  a  general  estimate  of  the  mental  characteristics  of 
a  race  or  a  tribe,  the  Observation  of  a  Single  individual 
er  of  several  individuals  is  not  adequate.  Judgment  can 
be  based  only  on  the  totality  of  the  various  mental 
phases  of  culture— language,  custom,  myth,  and  art.  But, 
if  we  would  also  obtain  a  conception  of  the  mental  capaci- 
ties  of  a  people  or  a  tribe,  we  must  take  into  further  con- 
sideration  the  mental  endowment  of  the  individual.  For, 
in  the  case  of  mental  capacity,  we  must  consider  not  merely 
that  which  has  actually  been  achlieved  but  also  everything 
within  the  possibility  of  attainment.  Here,  again,  the  stand- 
point  diffeis  according  as  we  are  concemed  (to  limit  our- 


tio        ELEMENTS   OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

selves  to  the  two  most  important  and  typical  aspects)  witb 
an  Intellectaal  or  a  moral  estimate.  These  two  aspects, 
the  intellectual,  taken  in  its  widest  sense,  and  the  moral, 
are  not  only  of  supreme  importance,  but,  as  experience 
shows,  tfaey  in  no  wise  run  parallel  courses.  For  an  under* 
Standing  of  mental  development  in  general,  therefore,  and 
of  the  relation  of  these  its  aspects,  the  early  conditions  of 
human  cxiiture  are  particularly  significant. 

If,  now,  we  ccHisider  the  general  cultural  conditions  of 
primitive  man,  and  recall  the  very  meagre  character  of  his 
extemal  cultural  possessions  as  well  as  his  lack  of  any 
Impulse  to  perfect  these,  we  may  readily  be  led  to  suppose 
that  bis  inteltectual  capacities  also  have  remained  on  a 
very  low  ptane  of  development.  How,  some  have  asked^ 
COuld  the  Bushman  have  dispensed  for  decades  with  fire« 
arms— just  as  accessible  to  him  as  to  the  surrounding  tribes 
— unless  he  possessed  a  low  degree  of  intelligence?  Even 
more  true  is  this  of  the  Negritos  of  the  Philippines  or 
the  Veddahs  of  Ceylon.  How,  unless  their  mental  capaci- 
ties were  essentially  more  limited  than  those  of  their 
neighbours,  could  they  have  lived  in  the  midst  of  highly 
cultivated  tribes  and  have  remained  for  decades  on  an  un- 
changed  mental  level?  But  we  need  to  bear  in  mind  two 
oonsiderations  that  are  here  decisive.  The  first  of  these 
is  the  limited  nature  of  the  wants  of  primitive  man,  a 
oondition  fostered,  no  doubt,  by  his  relatively  small  inter- 
course  with  neighbouring  peoples.  Added  to  this  is  the 
fact  that  up  to  very  recent  times— for  here  also  many  changes 
have  arisc^i--the  primitive  man  of  the  tropics  has  found 
plenty  of  game  and  plant  food  in  his  forests,  as  well  as 
an  abuodance  of  material  for  the  clothing  and  adornment 
ta  wluch  he  is  accustomed.  Hence  he  lacks  the  incentive 
ta  atrive  for  anything  beyond  these  simple  means  of  satis- 
tjkag  his  wants.  It  is  agreed,  particularly  by  the  investi- 
gators  wfao  have  studied  those  tribes  of  Malacca  and  Ceylon 
thirt  have  remained  primitive,  that  the  most  outstanding 
chaiactatiitic  of  primitive  man  is  contentment.  He  seeks 
Car  naiMni  furdier,  since  he  either  finds  all  that  he  desires 


PRIMITIVE    MAN  m 

in  his  cnvironment,  or,  by  methods  handed  down  from  thc 
ancient  past,  knows  how  he  may  produce  it  out  of  the  material 
available  to  him.     For  this  reason  the  Semangs  and  Senoi, 
no  less  than  thc  Veddahs,  despise  as  renegades  those  mixed 
tribes  that  have  arisen  through  union,  in  the  one  case,  with 
the  Malays,  and,  in  the  other,  with  the  Singhalese  and  Tamils. 
Alt  the  more  firmly,  therefore,  do  thcy  hold  to  that  which 
was  transmitted  to  them  by  their  fathers.     Together  with 
this  limited  character  of  their  wants,  we  find  a  fixity  of 
conditionsy  due  to  their  long  Isolation.    The  longer  a  set  of 
customs  and  habits  has  prevailed  among  a  people^  the  more 
difficult  it  is  to  overturn.     Prior  to  any  change  we  must,  in 
such  cases,  first  have  mighty  upheavals,  battles,  and  migra- 
tions.     To  what  extent  all  deeper-going  changes  of  culture 
are  due  to  racial  fusions^  migrations,  and  battles  wc  shal) 
presently   scc.      The   tribes   that   have   remained   relativcly 
primitive  to  this  day  have  led  a  peaceful  existence  since  im- 
memorial  times.    Of  course,  the  individual  occasionally  slays 
the  man  who  disturbs  his  marriage  relations  or  trespasses 
upon  his   hunting*grounds.      Otherwise,   however^   so   long 
as   he   is   liot  obliged   to   protect   himself  against   peoples 
that   crowd  in  upon  him,   primitive   man  is   familiär  with 
the    weapon   only   as    an    implement    of    the    chase.     The 
cid  picture  of  a  war  of  all  wixh  all,  as  Thomas  Hobbes 
once    sketched    the    natural    State    of    man,    is    the    very 
reverse  of  what  obtained.     Thc   natural   condition   is   one 
of    peace,    unless    this    is    disturbcd    by    cxtemal    circum- 
stances«  one  of  the  most    important    of  which  is   con'.act 
with    a    higher    cuhure.     The    man    of    nature,    howe-.er, 
suffcrs    less    from    an    advanced     culture    than    h^     ^^r^.^ 
from    the   barbarism    of    semi-culture.      But    wh-srr.r-.  ^r     ^ 
struggle  arises   for  the  possession   of   the   soil  axuj     ^  ^  .^^ 
means  of  subsistence  which  it   furnishes,  ^^'^•cul*  ^  ^  ^^^ 
comc  to  include  more  peoples  than  arc  usualljr  r^^f^  ^  ^ 
belonging  to  it.     The  war  of  cxtenninatioD  zgair^^S^-f^^ 
race  was  carried  on  by  the   pious   New  Eiigü^--^   ^  ^^ 
with    somewhat    different,     though     widi    ica.r-_^.^^  ^5-; ' 
weapons    than    the    Hottentots    and    ^ttfg^    ^^"""""^äw 


.•p 


112        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

against  the  Bushxnen,  or  the  Monbuttus  against  the  Negritos 
of  Central  Africa. 

It  is  characteristic  of  primitive  culture  that  it  has 
failed  to  advance  since  immemorial  times,  and  this  acconnts 
for  the  uniformity  prevalent  in  widefy  separated  regions 
of  the  earth.  This,  however,  does  not  at  all  imply  that« 
within  the  narrow  sphere  that  constitutes  his  worl^  the  in- 
telligence  of  primitive  man  is  inferior  to  that  of  cultura)  man. 
If  we  call  to  mind  the  means  which  the  former  employs 
to  seek  out,  to  overtake^  and  to  entrap  his  game^  we  have 
testimony  both  of  reflection  and,  equally  so,  of  powers  of 
Observation.  In  order  to  capture  the  larger  game,  for 
example,  the  Bushman  digs  large  holes  in  the  ground,  in  the 
middle  ot  which  he  constructs  partitions  which  he  covers  witb 
brush.  An  animal  that  falls  into  such  a  hole  cannot  possibly 
ifork  its  way  out,  since  two  of  its  legs  will  be  on  one 
side  of  the  partitional  division  and  two  on  the  other. 
Smaller  animals  are  captured  by  traps  and  snares  similar 
to  those  familiär  to  us.  The  Negritos  of  the  Philippines, 
furthermore,  employ  a  very  clever  method  for  securing  wild 
honey  from  trees  without  exposing  themselves  to  injury 
from  the  bees.  They  kindle  a  fire  at  the  foot  of  the  tree, 
causing  a  dense  smoke.  Enveloped  by  this,  an  individual 
dimbs  the  tree  and  removes  the  object  of  his  desire,  the 
smoke  renderijig  the  robber  invisible  to  the  scattering 
swarm.  It  is  thus  that  the  Negritos  secure  honey,  their  most 
precious  article  of  food.  How  great,  moreover,  is  the  in- 
ventive  ability  required  by  the  bow  and  arrow,  undoubtedly 
fasfaioned  even  by  primitive  meni  1  We  have  seen,  of  course, 
tibat  these  inventions  were  not  snatched  from  the  blue,  but 
tfaat  they  were  influenced  by  all  sorts  of  empirical  elements 
•lid  probably  also  by  magical  ideas,  as  in  the  case  of  the 
tiMthfTi"g  of  the  arrow.  Nevertheless,  the  assembling  and 
of  these  elements  in  the  production  of  a  weapon 
to  the  conditions  of  primitive  lif e  is  a  marvellous 
jl,  scarcely  inferior,  from  an  intellectual  point  of 
^to  4ift  invention  of  modern  firearms.  Supplementing 
tUv^  VftcÄwe  the  testimony  of  observers  concerning  the 


PRIMITIVE    MAN  113 

general  abifity  of  these  races.  A  missionary  teacher  in 
Malacca»  whose  school  included  Chinese,  Senoi,  and  Malays, 
gave  first  rank  to  the  Chinese  as  regards  capacity,  and 
secx)nd  place  to  the  Senoi,  while  the  Malays  were  graded 
last,  though  they,  as  we  know,  are  held  to  be  a  relatively 
talented  race.  Now,  this  grading,  of  course,  may  have 
been  more  er  less  accidental,  yet  it  allows  us  to  conclude 
that  the  intellectual  endowment  of  primitive  man  is  in  itself 
approximately  equat  to  that  of  civilized  man.  Primitive 
man  merely  exercises  his  ability  in  a  more  restricted  field  ; 
his  horizon  is  essentially  narrower  because  of  his  content- 
ment  imder  these  limitations.  This,  of  course,  does  not 
deny  that  there  may  have  been  a  time,  and,  indeed,  doubt- 
less  was  one,  when  man  occupied  a  Iower  intellectual  plane 
and  approximated  more  nearly  to  the  animal  State  which  pre- 
ceded  that  of  human  beings.  This  ear liest  and  lowest  level 
of  human  development,  however,  is  not  accessible  to  us. 

But  what,  now,  may  be  said  concerning  the  moral 
characteristics  of  primitive  man?  It  is  clear  that  we  must 
here  distinguish  sharply  between  those  tribes  that  have 
hitherto  remained  essentially  unaffected  by  extemal  influ- 
ences  and  those  that  have  for  some  time  past  eked  out  a 
meagre  ezistence  in  their  struggle  with  surrounding 
peoples  of  a  higher  culture.  The  primitive  man  who 
stiU  lives  uninfluenced  by  surroimding  peoples— typical 
examples  are,  in  general,  the  natural  Veddahs  of  Ceylon 
and  the  Inland  tribes  of  the  Malay  Peninsula—presents  an 
entirely  differeiit  picture  from  that  of  the  man  who  seeks  in 
the  face  of  dif&culties  to  protect  himself  against  his  environ- 
ment.  Ijn  the  case  of  the  tribes  of  Ceylon  and  Malacca,  the 
somewhat  civilized  mixed  peoples  constitute  a  sort  of  pro- 
tective  zone,  in  the  former  case  against  the  Singhalese  and 
Tamils,  in  the  latter,  against  the  Malays.  These  mixed 
peoples  are  despised,  and  therefore  they  themselves 
hesitate  to  enter  into  intercourse  with  the  primitive 
tribes.  Thus  they  offer  an  outer  buttress  against  inpressing 
culture.  The  result  is  that  these  primitive  peoples  continuc 
to   live  their  old  life  essentially  undisturbed.       Now, 

9 


CHAPTEK  II 
THE   TOTEMIC   AGE 

I.  The  General  Character  of  Totemism. 

The  ezpiession  *  totemic  age  *  involves  a  widened  application 

et  the  term  *  totem/    This  word  is  taken  from  the  language 

of    die    Ojibways    or,    as    the    English    call    them^    the 

Chippewa   Indians.     To   these   Indians   of   the   Algonquin 

mce,  the  'totem*  signified  first  of  all  a  group.     Persons 

belong  to  the  same  totem  if  they  are  feUow-members  in  a 

group  which  fonxfi  part  of  a  tribe  or  of  a  clan.     The  tend 

*  clan,'  suggested  by  the  ctan  divisions  of  the  Scottish  High« 

landers,  is  the  one  usuatly  employed  by  English  ethnologists 

in  refetring  to  the  smaller  divisions  of  a  tribe.     The  tribe 

obnsists  of  a  number  of  clans,  and  each  clan  may  include 

sevenU  totems.      As  a  rule,  the  totem  groups  bear  animal 

names.     In   North  America,   for   example,    there   was   an 

eagle  totem,  a  wotf  totem,  a  deer  totem,  etc.    In  this  case 

die  animal  names  regularly  refer  to  particular  clans  within 

m  tribe ;    in  other  places,  as,   for  example,  in  Australia,^ 

fhey   designate    separate   groups    within    a    clan.      More- 

over,  die  totem  animal  is   also  usually   regarded  as   the 

aäcestral  animal  of  the  group  in  question.     '  Totem,'  on 

die  öne  band,  is  a  group  name,  and,  on  the  other,  a  name 

iiididktrre  öf  ancestry«     In  the  latter  connection  it  has  also 

a  mythological  significance.     These  various  ideas,  however, 

interplay  in  numerous  ways.     Some  of  the  meanings  may 

recede,   so   that   totems   faave   frequently   become   a   mere 

Domendature  of  tribal  divisions,  white  at  other  times  the 

idea  of  «acestry,  or,  perbaps  abo,  the  cult  significance,  pre- 

tii 


THE   TOTEMIC  AGE  117 

dominates.  The  idea  gained  ground  until^  directly  or 
indirectly,  it  finally  permeated  all  phases  of  culture.  It 
is  in  this  sense  that  the  entire  period  pervaded  by  this 
culture  may  be  called  the  '  totemic  age.' 

Even  in  its  original  significance— as  a  name  for  a  group 
of  members  of  a  tribal  division  or  for  the  division  itselt-- 
the  conccption  of  the  totem  is  connected  with  certain 
characteristic  phenomena  of  this  period,  distinguishing  it 
particularly  from  the  culture  of  primitive  man.  I  refer  to 
tribal  division  and  tribal  Organization.  The  horde,  in  which 
men  are  united  purely  by  Chance  or  at  the  occasional  call  of 
some  undertakingy  only  to  scatter  again  when  this  is  com- 
pleted,  has  disappeared.  Nor  is  it  any  longer  merely  the 
Single  family  that  firmly  binds  individuals  to  one  another  ; 
in  addition  to  it  we  find  the  tribal  division,  which  originates 
in  accordance  with  a  definite  law  of  tribal  Organization  and 
is  subject  to  specific  norms  of  custom.  These  norms,  and 
their  fixed  place  in  the  beliefs  and  feelings  of  the  tribal 
members,  are  connected  with  the  fact  that  originally,  at  all 
events,  the  totem  animal  was  regarded,  for  the  most  part,  as 
having  not  merely  given  its  name  to  a  group  of  tribal 
members  but  as  having  actually  been  its  forefather.  In  so 
far,  animal  ancestors  apparently  preceded  human  ancestors. 
Bound  up  with  this  is  the  further  fact  that  these  animal 
ancestors  possessed  a  cult.  Thus,  ancestor  cult  also  began 
with  the  cult  of  animals,  not  with  that  of  human  ancestors. 
Aside  from  specific  ceremonies  and  ceremonial  festivals, 
this  animal  cult  originally  found  expression  primarily  in  the 
relations  maintained  toward  the  totem  animal.  It  was  not 
merely  a  particulär  animal  that  was  to  a  certain  extent  held 
sacred,  but  every  representative  of  the  species.  The  totem 
members  were  forbidden  to  eat  the  flesh  of  the  totem  animal, 
or  were  allowed  to  do  so  only  under  specific  conditions. 
A  significant  counter-phenomenon,  not  irreconcilable  with 
this,  is  the  fact  that  on  certain  occasions  the  eating  of  the 
totem  flesh  constituted  a  sort  of  ceremony.  This  likewise 
impUes  that  the  totem  animal  was  held  sacred.  When  this 
conception    came    into    the    foreground,    the    totem    ide 


Ii8         ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

became  extended  so  as  to  apply^  particularly  in  its  cult 
motives  and  effects,  to  plants,  and  sometimes  even  to  stones 
and  other  inanimate  objects.  This,  however,  obviously 
occurred  at  a  later  time. 

From  early  times  on,  the  phenomena  of  totemism  have 
been  accompanied  by  certain  forms  of  tribal  Organization, 
Every  tribe  is  first  divided,  as  a  rule,  into  two  halves. 
Through  a  further  division,  a  fairly  large  number  of  clans 
arise,  which,  in  tum,  eventually  split  up  into  subclans  and 
separate  totem  groups.  Each  of  these  groups  originalty 
regarded  some  particular  totem  animal  or  other  totem  object 
as  sacred.  The  most  important  social  aspect  of  this  totemic 
tribal  Organization,  however,  consists  in  the  fact  that  it 
involved  certain  norms  of  custom  regulating  the  intercourse 
of  the  separate  groups  with  one  another.  Of  these  norms» 
those  governing  marriage  relations  were  of  iirst  importance. 
The  tribal  Organization  of  this  period  was  bound  uj)  with 
an  important  institution,  exogamy^  which  originated  in  the 
totemic  age.  In  the  earliest  primitive  period  every  tribal 
member  could  enter  into  marriage  with  any  woman  of  the 
tribe  whom  he  might  choose  ;  according  to  the  Veddahs^ 
even  marriage  between  brother  and  sister  was  originally 
not  prohibited.  Thus,  endogamy  prevailed  within  the  primi- 
tive horde.  This,  of  course,  does  not  mean  that  there  was 
no  marriage  except  within  the  narrow  circle  of  blood 
relationship,  but  merely  that  marriage  was  permitted 
between  dose  relatives,  more  particularly  between  brothers 
and  sisters.  The  exogamy  characteristic  of  totemic  tribal 
Organization  consists  in  the  fact  that  no  marriages  of  any 
Idod  are  allowed  except  between  members  of  diflferent 
tribal  divisions.  A  member  of  one  particular  group  can 
fQter  into  marriage  only  with  one  of  another  group,  not 
with  a  person  belonging  to  his  own  circle.  By  this  means, 
totemic  tribal  Organization  gains  a  powerfui  influence  on 
custom. '  Through  marriage  it  comes  into  relation  with  all 
phenomena  connected  with  marriage,  with  birth  and  death 
and  the  ideas  bound  up  with  them,  with  the  initiation 
ceremome«    in   which    the    youths    are   received   into    the 


THE   TOTEMIC   AGE  119 

association  of  men,  etc.  As  a  result  of  the  magical  signifi- 
cance  acquired  by  the  totem  animal,  special  associations 
are  fonned.  These  become  united  under  the  protection  of 
a  totem  animal  and  give  impetus  to  the  exoteric  cuh 
associations^  which^  in  their  tum^  exercise  a  profound  influ- 
ence  upon  the  conditions  of  life.  Though  it  is  probable 
that  these  associations  had  their  origin  in  the  above- 
mentioned  men's  clubs,  their  organizing  principle  was  the 
totem  animal  and  its  cult. 

Besides  its  influence  on  matters  connected  with  the  rela- 
tions  of  the  sexes,  the  totem  animal  was  the  source  of 
several  other  ideas.  After  the  separate  tribal  group  has 
come  to  fed  itself  united  in  the  cult  of  the  totem  animal, 
a  Single  individual  may  acquire  a  particular  guardian 
animal  of  his  own.  Out  of  the  tribal  totem  there  thus 
develops  the  individual  totem.  Then,  again,  the  different 
sexes,  the  men  and  the  women  of  the  tribe,  acquire  their 
special  totem  animals.  These  irradiations  of  the  totemic 
conception  serve  partly  to  extend  it  and  partly  to  give  it 
an  irregulär  development.  Of  the  further  phenomena  that 
gradually  come  to  the  foreground  during  the  totemic  age, 
one  of  the  most  important  is  the  growing  influence  of 
dominant  individual  personalities.  Such  personalities,  of 
course^  were  not  unknown  even  to  the  primitive  horde, 
on  the  occasion  of  important  undertakings.  But  tribal 
Organization  for  the  first  time  introduces  a  permanent 
leadership  on  the  part  of  Single  individuals  or  of  several  who 
share  the  power.  Thus,  totemism  leads  to  chieftainship  as 
a  regulär  institution— one  that  later,  of  course,  proves  to  be 
among  the  foremost  factors  in  the  dissolution  of  the  age  that 
gave  it  birth.  For  chieftainship  gives  rise  to  political  Organ- 
ization ;  the  latter  culminates  in  the  State,  which,  though 
destroying  the  original  tribal  Organization,  is,  nevertheless, 
itself  one  of  the  last  products  of  totemic  tribal  Institut ions. 
j  With  the  firmer  union  of  tribal  members  there  comes 
also  tribal  warf  are.  So  long  as  primitive  man  remains  com- 
paratively  unaffected  by  other  peoples,  and  particularly  by 
those  öf  a  different  cultural  level,  he  lives,  on  the  whole,  in 


I20        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

a  State  of  peace.  An  individual  may,  of  course,  occasiohally 
raise  his  weapon  against  another  person^  but  there  are  no 
tribal  wars.  These  do  not  appear  until  the  period  of 
totemism,  with  whose  firm  social  Organization  they  are 
closely  connected.  The  tribe  feels  itself  to  be  a  unit,  as 
does  likewise  each  subordinate  clan  and  group.  Hence^ 
related  tribes  may  unite  in  common  undertakings.  More  fre- 
quently,  however,  they  fall  into  dissension,  and  warfare  must 
decide  their  Claims  to  the  possession  of  territory  or  to  a 
disputed  hunting-ground.  This  warfare  finds  contributory 
causes  in  tribal  migrations.  New  peoples,  some  of  them 
perhaps  from  stränge  tribes,  enter  into  a  territory  and  crowd 
out  its  inhabitants.  Thus,  war  and  migration  are  closely 
connected.  Strife  between  tribes  and  peoples-^hat  is,  war- 
fare—^egins  with  culture  in  general,  particularly  with 
the  most  primitive  social  culture,  as  we  may  doubtless 
designate  totemism  in  distinction  from  the  still  more  primi- 
tive life  of  the  horde. 

This  leads  to  a  number  of  further  changes.  Tribal  owner- 
ship  of  the  land  becomes  more  firmly  established,  as  does 
also  the  custom  of  allotting  a  particular  share  to  the  clan. 
Personal  property,  moreover,  comes  to  be  more  and  more  dif- 
ferentiated  from  the  possessions  of  the  group.  Trade,  which 
in  primitive  times  was  almost  entirely  restricted  to  secret 
barter,  becomes  pubUc,  and  is  finally  widened  into  tribal  com- 
merce. When  this  occurs,  great  changes  in  external  culture 
are  inaugurated.  Implements,  weapons,  and  articles  of  dress 
and  of  adomment  are  perfected.  This  stage  having  been 
attained,  the  totemic  age  advances  to  a  utilization  of  the 
seil  in  a  way  that  is  unkhown  to  primitive  man.  The  land 
is  cukivated  by  means  of  agricultural  implements.  Of  these, 
however,  the  hoe  long  continues  to  be  the  only  one  ;  though 
it  supplants  the  digging-stick,  its  use  depends  on  human 
power  alone.  The  care  and  breeding  of  animals  is  also 
uidertaken  ;  the  herdsman's  or,  as  it  is  usually  called,  the 
life  is  inaugurated.  The  breeding  of  useful 
animals,  in  particular,  is  very  closely  connected 
with  tMeoüsm.     The  animal,  which  at  the  beginning  of 


THE   TOTEMIG   AGE  121 

the  period  was  regarded  as  sacred,  acquires  the  Status  of  a 
work  animal.  It  loses  its  dominion  over  mankind  ;  instead, 
it  becomes  a  servant,  and,  as  a  result,  its  cult  significance 
gradually  vanishes.  The  very  moment,  however,  that  marks 
the  passing  of  the  sacred  animal  into  the  useful  animal  also 
signalizes  the  end  of  the  totemic  era  and  the  beginning  of 
the  age  of  heroes  and  gods. 

These  various  traits  are  far  from'  giving  us  a  complete 
picture  of  the  wide  ramifications  of  totemic  ideas  and 
customs.  Enough  has  been  said,  however,  to  indicate  how 
the  totemic  conception  first  widens  and  deepens  its  influ- 
ence,  permeating  the  external  social  Organization  no  less 
than  the  separate  phases  of  society,  and  then  finally  leads 
on  to  its  own  dissolution.  It  is  precisely  this  that  justifies 
US  in  calling  the  entire  period  the  totemic  age.  Yet  the 
boundaries  of  this  period  are  naturally  much  less  clearly 
defined,  or  sharply  demarcated  as  to  beginning  and  end, 
than  are  those  of  the  preceding  primitive  age.  Man  is 
primitive  so  long  as  he  is  essentially  limited  in  his  immediate 
means  of  support  to  that  which  nature  directly  offers  him 
or  to  the  labour  of  his  own  hands.  But  even  in  its  begin- 
nings  the  totemic  age  transcends  these  conditions.  Tribal 
Organization  and  the  connected  phenomena  of  war,  migra* 
tion,  and  the  b^innings  of  open  trade  relations  are  cultural 
factors  which  from  the  outset  represent  an  advance  beyond 
the  primitive  State.  But  the  lower  limit  of  the  age  cannot 
be  definitely  fixed  ;  still  less  can  we  determine  the  point  at 
which  it  terminates.  The  chieftain  of  the  totemic  age  is  the 
forerunner  of  the  ruler  who  appears  in  the  succeeding  period. 
Similarly,  totem  animals  are  even  more  truly  the  precursors 
of  the  later  herd,  and  of  agricultural  animals.  Thus,  it  is 
iiot  at  all  permissible  to  speak  merely  of  a  culture,  as 
one  may  do  in  the  case  of  the  primitive  age.  There  are 
a  number  of  different  cultures— indeed,  several  levels  of 
culture,  which  are  in  part  co-existent  but  in  part  follow 
upon  one  another.  Their  only  similarity  is  the  fact  tliat 
they  all  cxhibit  the  fundamental  characteristics  of  the  totemic 
age.    Consider  the  Veddahs  of  Ceylon,  the  Negritos  of  tb* 


122        ELEMENTS   OF.  FOLK   PSYCHOLOGY 

Philippines,  the  Inland  and  forest-dwelling  tribes  of  Malacca. 
When  we  have  described  the  general  cultural  conditions  of 
one  of  these  tribes,  we  have  given  the  essentlal  features  öf 
all.  This,  however,  is  far  from  true  in  the  case  of  totemisni, 
for  this  includes  xnany  forms  of  culture  and  various  periods 
of  development.  Even  in  speaking  of  levels  of  culture  we 
may  do  so  only  with  the  reservation  that  each  level  in  its 
tum  includes  within  it  a  large  number  of  separate  forms 
of  culture,  of  niunerous  sorts  and  gradations.  Moreover, 
the  extemal  culture,  reflected  in  dress  and  habitation,  in 
personal  decoration,  in  implements  and  weapons,  in  food 
and  its  preparation,  does  not  in  the  least  parallel  the 
social  phenomena  represented  by  tribal  Organization, 
marriage  relations,  and  forms  of  rulership.  Though  the 
general  character  of  the  Polynesian  peoples  permits  (their 
inclusion  within  the  totemic  age,  their  tribal  Organization 
ezhibits  the  characteristics  of  totemic  society  only  imper- 
fectly.  In  other  aspects  of  their  culture,  however,  they 
rank  far  higher  than  the  Australians  or  some  of  the 
Melanesian  tribes  ;  these  possess  a  very  complex  social 
Organization,  but  are,  nevertheless,  only  slightly  superior,  on 
the  whole,  to  primitive  peoples.  Thus,  the  various  phases 
of  totemic  culture  may  develop  in  relative  independence  of 
one  another,  even  though  they  are  in  constant  interaction. 
This  is  true  particularly  in  the  sense  that  the  more  developed 
totemic  customs  and  cults  occur  even  on  low  cultural  levels, 
whereas,  on  the  other  band,  they  more  and  more  disappear 
witfa  the  piogress  of  culture. 


s:  The   Staoes    op   Totehic   Culture. 

We  cannot  undertake  to  describe  the  extraordinarily  rieh 
esctiemal  culture  attained  by  those  groups  of  peoples  who 
t^y,  in  the  main,  be  counted  as  belonging  to  the  domain 
öf  totemism.  This  is  the  task  of  ethnology,  and  is  not 
öf 'dedfthre  importance  for  foDc  psychology.  True,  in  the 
c^ ;'öt  {Mrindtive  man,  the  conditions  of  extemal  culture 
#CTB  tottitaid  in  some  detail.    This  was  necessary  because 


THE   TOTEMIC   AGE  123 

of  the  close  connection  between  these  conditions  and  the 
psychical  factors  fundamental  to  all  further  development. 
The  beginning  of  the  totemic  period  marks  a  great  change. 
New  forces  now  come  into  play^  such  as  are  not  to  be  found 
among  the  universal  motives  that  have  controlled  the  life  of 
man  from  its  very  beginning.  Of  these  forces  there  is  one 
in  particular  that  should  be  mentioned — one  that  is  practi- 
cally  lacking  among  primitive  tribes.  This  consists  in  the 
reciprocal  influences  exercised  upon  one  another  by  peoples 
who  occupy  approximately  the  same  plane  of  culture  but  who 
nevertheless  exhibit  certain  qualitative  difTerences.  Migra- 
tions  are  also  an  important  f actor  in  the  totemic  age^  as  well 
as  is  the  tribal  warfare  with  which  migrations  are  connected. 
If  we  dbregard  these  qualitative  differences  and  attempt 
to  introduce  a  degree  of  order  into  the  profusion  of  the 
totemic  world  solely  on  the  basis  of  general  cultural  charac- 
teristics^  we  may  distinguish  three  great  cultural  stages,  of 
which  the  third,  again,  falls  into  two  markedly  different 
divisions.  We  may  ignore  certain  isolated  remnants  of 
peoples  that  are  scattered  over  ahnost  all  parts  of  the  world 
and  exhibit  very  unlike  stages  of  civilization,  in  order 
to  give  our  exclusive  attention  to  those  forms  of  culture  that 
belong  to  compact  groups.  In  this  event  we  shall  find 
that  the  lowest  stage  is  unquestionably  exemplified  in  the 
Australian  region^  as  well  as  by  some  of  the  Melanesian 
peoples.  Above  this,  we  have  a  second  level  of  culture, 
the  Malayo-Polynesian.  Wide  as  is  the  difference  between 
these  cultures,  they  are  nevertheless  connected  by  numerous 
transitional  Steps,  to  be  found  particularly  in  Melanesian 
and  Micronesian  regions.  The  third  stage  of  totemic  culture 
itself  falls  into  two  essentiaJly  different  divisions,  the 
American,  on  the  one  band,  and  the  African,  on  the  other. 
These  divisions,  of  course,  include  only  the  so-called 
natural  peoples  of  these  countries,  or,  more  accurately  ex- 
pressed, those  tribes  which,  as  regards  the  characteristics 
of  their  social  and  particularly  of  thejr  reügious  development, 
still  belong  to  totemic  culture. 

The  fact  that  Australian  cultari^  in  spite  of  its  highly 


134        ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

oomplex  tribal  Organization,  occupies  the  low^t  plane  of 
all,  itself  indicates  how  great  may  be  the  discrepancy 
between  totemism  in  general  and  the  direct  influenae  which 
it  exerts  upon  tribal  Organization  and  extemal  culture.  This 
explains  why  the  Australian  native  was  regarded,  up  to 
very  reoent  times,  as  the  typical  primitive  man.  As  a  matter 
of  fact,  his  general  culture  differs  but  slightly  from  that 
of  primitive  races.  The  Australian  also  is  a  gatherer  and 
a  bunter,  and  shows  no  trace  of  a  khowledge  of  agriculture 
nor,  much  less,  of  cattle-raising.  Even  his  faithfui  domestic 
animal,  the  dog,  is  rarely  used  for  hunting,  but  is  regarded 
flolely  as  the  companion  of  man.  Among  the  Austialians, 
Cherefore,  the  woman  still  goes  about  with  digging-stick  in 
haiidy  seeking  roots  and  buibs  for  food.  Man's  life  still 
oentres  about  the  chase,  and,  when  one  himting*ground 
beoomes  impoverished,  he  seeks  another.  Likewise,  there 
is  no  systematic  care  for  the  future.  The  food  is  prepared 
directly  in  the  ashes  of  the  fire  or  between  hot  stones— €or 
CQoking  is  not  yet  customary— and  fire  is  produced  by  friction 
or  drilling  just  as  it  is  by  primitive  man.  His  Utensils  also 
are  in  essential  harmony  with  his  general  culture. 

But  there  is  one  im^portant  diflference.  There  has  c<Hne 
a  change  of  weapon.  This  change  points  to  a  great  revolu- 
tion  inaugurated  at  the  beginning  of  the  totemic  age.  Primi- 
tive man  possesses  only  a  long-distance  weapon  ;  for  the 
most  part  he  uses  bow  and  arrow.  With  this  weapon  he 
kills  his  game  ;  with  it  the  indivldual  slays  his  enemy  from 
ambush.  On  the  other  band,  war  between  tribes  or  tribal 
divisions,  in  which  large  numbers  are  opposed,  may  scarcely 
be  Said  to  exist.  This  would  not  be  possible  with  bow  and 
arrow.  Thus,  the  very  fact  that  this  is  the  only  weapon 
indicates  that  relatively  peaceful  conditions  obtained  in 
|»rimitive  culture.  Quite  otherwise  with  the  Australian  i 
V^  in»qpon8  are  markedly  different  from  those  of  primitive 
iDftD.  Bow  and  arrow  are  practically  unknown  to  him  ;  they 
am  fouad  only  among  the  tribes  of  the  extreme  north, 
having  pzobably  entered  from  Melanesia.  The  real  weapons 
ol.tlie  AmmUan  are  the  wooden  missile  and  the  javelin. 


THE   TOTEMIC  AGE  125 

The  wooden  missile,  bent  either  simply  or  in  the  form  of 
a  boomerang,  whose  above-mentioned  asymmetrical  curve 
is  designed  to  cause  its  return  to  the  thrower,  is  a 
long-distance  weapon.  For  the  most  part,  however,  it 
is  employed  only  in  hunting  or  in  play.  The  same 
remains  tnie,  to  some  extent,  also  of  the  javelin.  The 
latter  has  reached  a  perfected  form,  being  hurled,  not 
directly  from  the  band,  but  from  a  grooved  board.  The 
pointed  end  of  the  javelin  extends  out  beyond  this  groove  ; 
at  its  other  end  there  is  a  hoUow  into  which  is  fitted  a  peg, 
usually  consisting  of  a  kangaroo  tooth.  When  the  spear 
is  hurled  from  the  board  this  peg  insures  the  aim  of 
the  öhot,  just  as  does  the  gun-barrel  that  of  the  bullet ; 
the  leverage  increases  the  ränge.  There  are  also  other 
weapons  which  are  designed  for  use  at  close  ränge — the 
long  spear,  the  club,  and,  what  is  most  indicative  of  battle, 
the  shield.  The  latter  cannot  possibly  be  a  hunting  imple- 
ment,  as  might  still  be  the  case  wlth  the  spear  and  tUe 
club,  but  is  a  form  of  weapon  specifically  intended  for  battle. 
The  shield  of  the  Australian  is  long,  and  usually  raised 
toward  the  centre.  It  covers  the  entire  body,  the  enemy 
being  attacked  with  spear  or  club.  Thus,  the  weapons  reflect 
a  condition  of  tribal  warf  are. 

The  second  g^eat  stage  of  culture,  which  we  may  call, 
though  somewhat  inaccurately,  the  Malayo-Polynesian,  offers 
a  radkally  different  picture.  To  a  certain  extent,  the  rela* 
tion  between  tribal  Organization  and  extemal  culture  is  here 
the  reverse  of  that  which  obtains  in  the  Australian  world. 
In  Australia,  we  find  a  primitive  culture  alongside  of  a  highly 
developed  tribal  Organization  ;  in  the  Malayo-Polynesian 
region,  there  is  a  fairly  well  developed  culture,  but  a  tribal 
Organization  which  is  partly  in  a  State  of  dissolution  and 
partly  in  transition  to  further  political  and  social  institu- 
tions,  including  the  Separation  of  classes  and  the  rulership 
of  Chiefs.  Evidently  these  latter  conditions  are  the  result 
of  extensive  racial  fusion,  which  is  incomparably  greater 
in  the  Malayo-Polynesian  region  than  in  Australia.  Tnie, 
we  no  longer  harbour  the  delusion  that  Australia  is  inhabi 


136        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

by  a  uniform  popuIation.  It  also  has  been  subject  to  great 
waves  of  immigration,  particularly  from  New  Guinea^  from 
whence  came  the  Papuans,  one  of  the  races  which  itself 
attained  to  the  Malayo-Polynesian  level  of  culture.  Naturally 
the  Papuan  infliix  affected  chiefly  the  northem  part  of 
Central  Australia.  The  Tasmanian  tribe,  now  extinct^  was 
probably  a  remnant  of  the  original  Australian  popuIation. 
But  migrations  and  racial  fusions  have  caused  even  greater 
changes  among  those  peoples  who^  culturaUy,  must  be 
classed  with  the  Malayo-Polynesians.  Here  likewise  there 
are  many  different  levels,  the  lowest  of  which,  as  found 
among  the  Malayo-Polynesian  mixed  popuIation,  was  yet  but 
slightly  higher,  in  some  respects,  than  Australian  culture, 
whereas  the  culture  of  the  true  Malays  and  Polynesians  has 
already  assumed  a  more  advanced  character.  Ethnology  is 
not  yet  entirely  able  to  untangle  the  complicated  problems 
connected  with  these  racial  fusions.  Much  less,  of  course,  can 
we  tmdertake  to  enter  into  these  controversial  points.  We 
here  call  attention  merely  to  certain  main  stages  exhibited 
by  the  extemal  culture  of  these  peoples,  quite  aside  from 
oonsiderations  of  race  and  of  tribal  migrations.  The 
Negritos  and  the  Papuans  of  various  parts  of  Melanesia 
pos^ess  a  culture  bordering  on  the  primitive— indeed,  they 
may  even  be  characterized  as  primitive,  since  they  possess 
cbaracteristics  of  pretotemic  society.  Of  these  tribes,  the 
Bapuans  of  New  Guinea  and  of  the  islands  of  the  Torres 
Stzaits  dearly  manifest  totemic  cbaracteristics,  while  yet 
pbsaetsing  special  racial  traits  that  are  exceptionally  pro- 
noünced.  They  differ  but  little  from  primitive  man, 
hinrever,  so  far  as  concems  either  their  method  of 
securing  food  or  their  dress,  the  latter  of  which  is 
exceedingly  scanty  and  b  made,  for  the  most  part,  of  plant 
materials.  But  these  peoples,  just  as  do  the  Australians^ 
have  weapons  indicative  of  battles  and  migrations  ;  more- 
Gver,  they  exhibit  also  other  marks  of  a  somewhat  developed 
culture.  The  Papuans  are  the  first  to  change  the  digging- 
stick  10^^  hoe,  a  useful  implemeni  in  tilling  the  soil.  In 
this  firi  i  the  Iioe^  die  point  is  tumed  so  as  to  form 


THE    TOT53CC  AGE  12- 

an  acute  aacle  via.  rxe  ^nfr  n  wcjch  ::  is  ainiciied. 
Hence  die  soiI  »  acc  dZei  s.  ±.e  •^■tr-y  cf  ibe  jater  iK>e* 
culture  proper :  aorhirg  i=cc?  is  dooe  ih>in  to  dmw 
funows  intD  wfüch  ±e  ^eecs  are  scanered.  In  niany 
respectSy  hofvever,  diis  prtziiihe  iziplemenc  represenis  a 
great  advance  orer  xb^  :=ecbod  cf  simply  gatheiing  food 
as  practised  wfaicn  the  digging-sück  alone  was  known. 
It  b  the  man  who  makes  the  fiirrows  with  ihc  hoc» 
since  the  kx»enxng  of  the  ground  requires  his  greatcr 
strength  ;  he  walks  ahead,  and  the  woman  follows  with  the 
seeds,  which  she  scatters  into  the  furrows.  For  the  first 
time,  thus,  we  discem  a  provision  for  the  future»  and  also  a 
common  tilling  of  the  soil.  The  gathering  of  the  fruits 
generally  devolves  upon  the  woman  alone.  But  evcn  an\ong 
the  Papuans  this  first  step  in  the  direction  of  agriculture  in 
found  only  here  and  there.  The  possibility  of  cxicrnal 
influences  therefore  remains. 

Far  superior  to   the  Papuan  race   is   the  Microncsian 
Population,  which,  as  regards  its  racial  traits,  is  intcrmcdiute 
between  the  Melanesians  and  the  Polynesians.     Migration 
and  radal  fusion  here  become  increasingly  important  cuUural 
factors.    In  their  beginnings,  these  factors  already  manlfrnt 
themselves  in  the  wanderings  of  the  Papuan  and  tiryj'wn 
tribes.     One  of  the  most   striking  discovcricH  of  inodmi 
ethnology  is  the  finding  of  distinct  traces  of  Pa|>uan-Ni-Kriiii: 
culture  in  regions,  such  as  the  west  coast  of  Af rica,  wliir  h  arr- 
very  remote  from  the  original  home  of  the  culture  in  qu#rn. 
tion.    The  Papuan  races  likcwise   wandcrcd  far  arronn  th*: 
Indian  Ocean.     Obviously  there   wcrc   Pariuan  rriiKraiionn, 
probably  in  repeated  trains,  irom    Scw  Guini^a  ;a/.ro%-;  \U^, 
Torres  Strait  to  Northern  Australia,  whcrc  th-^y  ^-,-:fll  ♦.,  h;,vn 
influenced  social  institutions  and  cixstotm  a^  w-:II  a-,  rztnrr»;il 
culture.  Above  the  level  of  the  Nefifrito  and  l-^in^^u  |^v,pl^^, 
who,   in  their  numerous   fusions,    ^•^^^'^'^   *''''''    >jv^kx'^ 
strata,  we  finaUy  have  the   Malayo-Polyivt^i^ri    l/'.j,,;^.^^ 
The  Malayo-Polynesians  are  widcly  tpread  //-z^,  u,^   %,vj/>^ 
and  sub-tropical  regions  of    the    ^^'     K-^^i-^^    ,^  .j,gr 
significance  for  the  particular  st»««  «  Mß::un:u  r^^^  ^ 


tt$        ELElfENTS  OF  TGLK  PSYCHOLOGY 

difCOMioiiy  we  have  caOed  die  entirc  cnltaral  period  by  their 
Mme*  Tbe  fragmeots  of  the  Negrito  and  P^iiian  racts, 
wUcfa  are  fcattered  here  and  there  over  limited  sections  of 
the  broad  territory  oovered  by  the  wanderings  of  these 
tribei,  apparently  represent  remnants  of  the  original  inhabi* 
tants.  Af  the  retult  of  long  isolation,  certain  groups  of  these 
peoplet  have  remained  on  a  very  primitive  plane,  as  have, 
for  example»  the  above-described  inland  tribes  of  Malacca» 
or  the  peoples  of  Ceylon  and  of  other  islands  of  the  Indian 
archlpelago.  Others  have  mingled  with  the  Malays,  who 
have  come  in  from  the  mainland  of  India,  and  with  them 
have  formed  the  numerous  levels  and  divisions  of  the 
Malayo^Polynesian  racc.  This  accounts  for  the  fact  that 
thtt  Octanic  group  of  peoples  includes  a  great  many  forma 
of  tulhir«)  which  are  not,  however»  susceptible  of  any  sharp 
dnmarcation.  The  culture  of  the  Negritos  and  the  Papuans» 
tm  the  one  hand,  is  as  primitive  as  is  that  of  the  Australians 
-4iideed|  isolated  fragments  of  perished  races  were  even 
ttmtt  primitive  than  are  the  Australians  ;  on  the  other  hand, 
howevtir>  soine  of  the  Malayo-Polynesian  peoples  are  already 
daddedly  in  advance  of  any  other  people  whose  culture  falls 
iirithin  the  totemic  age. 

The  Chief  ethnological  problem^  relating  to  these  groups 
of  peoples  concems  the  origin  of  the  Malays,  whq,  without 
doubt»  have  given  the  greatest  impetus  to  the  cultural 
devdopment  of  these  mixed  races.  This  problem  is  as 
jyet  untohred,  and  is  perhaps  insolvable.  The  Malay  type, 
however,  paiticularly  on  its  physical  side,  points  to  Eastem 
Asia.  Hie  resemblance  to  the  Mongolians  as  regards 
eyes,  skuU»  and  colour  of  skin  is  unmistakable.  At  the 
time^  hovever,  the  original  Malays  probably  every- 
mized  with  the  native  inhabitants,  remnants  of  whom 
have  sprvived  in  certain  places,  paiticularly  in  the  in- 
accessible  forest  regions  of  the  Malayan  archipelago.  Now, 
tho  llalays  were  obviously,  even  in  very  early  times,  a 
ndgimtory  people.  Their  wanderings,  in  fact,  were  far  more 
than  any  other  folk-migrations  with  which  we 
in  tho  hiftory  of  Occidental  peoples.     Start- 


THE    TOTEMIC   AGE  129 

ing,  as  we  may  suppose,  in  Central  Asia,  that  great  cradle 
of  thc  human  race,  they  spread  to  the  coasts,  particularly 
to  Indo-China,  and  then  to  the  large  islands  of  Sunda, 
Sumatra,  and  Bomeo,  to  Malacca^  and,  farther,  over  the 
entire  region  of  Oceania.  Here,  by  mixture  with  the  native 
popolation,  they  gave  rise  to  a  new  race,  the  Polynesians 
proper.  O  But  the  Polytiesian  portion  of  the  race  ako  pre- 
served  the  migratory  Impulse.  Thus,  the  Malayans  were  the 
first'to  create  a  perfected  form:  of  boat,  and  to  it  the  Poly- 
nesians added  many  new  features.  Thenceforth  the  Malay 
was  not  restricted  to  dangerous  coast  voyages,  as  was  the 
case  with  the  use  of  such  boats  as  those  of  the  Australians  or 
the  Papuans  of  New  Guinea.  It  was  a  boat  of  increased  size, 
equipped  with  sails  and  oars  and  often  artistically  fitted  out^ 
in  which  the  Malay  traversed  the  seas.  With  the  aid  of  these 
boat&— which  were,  at  best,  small  and  inadequate  f or  a  voyage 
on  the  open  sea — and  at  a  time  when  the  compass  was  as  yet 
unheard  of  and  only  the  starry  heavens  could  give  approxi- 
mate  guidance  to  their  course,  the  Malays  and  Polynesians 
traversed  distances  extending  froni  the  Philippines  to  New 
Zealand.  Of  course,  these  expeditions  advanced  only  stage 
by  stage,  from  island  to  island.  This  is  shown  by  the 
legends  of  the  Maoris  of  New  Zealand,  who  were  clearly 
the  first  of  the  Polynesians  to  migrate,  and  who  therefore 
remained  freest  from  mixture  with  stränge  races.  The  sama 
fact  IS  attested  by  the  great  changes  in  dialect  which  the 
Malayan  language  underwent  even  in  the  course  of  the 
migrations  of  the  Malays— <:hanges  which  lead  us  to  infer 
that  to  many  of  the  island  regions  settled  by  these  peoples 
there  were  repeated  waves  of  inmiigration  separated  by 
intervals  of  centuries. 

Connected  with  this  is  a  further  important  factor— one 
which  exercised  a  destructive  influence  upon  the  original 
tötemism,  only  a  few  traces  of  which  have  survived  among 
these  tribes.  '  The  boatman,  alone  on  the  broad  seas,  with 
only  the  starry  firmament  to  direct  his  course,  tums  his 
gaze  involuntarily  to  the  World  of  stars  which  serves  as  his 

guide.     Thus,  particularly  in   Polynesia,  there  sprang  up 

10 


I30        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

a  celestial  mytholog>'.  This,  in  turn,  again  reacted  upon 
the  Interpretation  of  terrestrial  objects.  By  breaking  up 
tribes  and  their  divisions,  furthermore,  the  migrations 
destroyed  the  former  tribal  Organization  and,  through  the 
influence  gained  by  occasional  bold  leaders  on  such  expe- 
ditions,  gave  rise  to  new  forms  of  ruiership.  An  added 
factor  was  the  change  of  environment,  the  effect  of  which 
was  noticeable  even  at  the  beginning  of  totemic  culture  in 
the  influence  which  the  Papuan  migration  exercised  upon  the 
northem  parts  of  Australia— the  parts  most  accessible  to 
it.  The  Oceanic  Islands  ar<e  as  poor  in  animal  life  as  they 
are  rieh  in  plants.  The  totemic  ideas  prevalent  in  these 
regions,  therefore,  came  more  and  more  to  lose  their  original 
basis.  This  accounts  for  the  fact  that  the  entire  domain 
is  characterized  by  two  phenomena  which  are  far  in 
advance  of  anything  analogous  that  may  be  found  on  similar 
culturat  levels  in  other  parts  of  the  earth.  One  of  these — 
namely^  the  development  of  a  celestial  mythology— scarcely 
occurs  anywhere  eise  in  so  elaborate  a  form.  Of  course, 
we  also  find  many  clear  traces  of  the  influence  of 
celestial  phenomena  in  the  mythological  conceptions  of  the 
Babylonians  and  Egyptians^  of  the  Hindoos,  the  Greeks, 
the  Germans,  etc.  But  the  elements  of  celestial  mythology 
have  here  been  so  assimilated  by  terrestrial  legend-material 
and  by  heroic  figures  as  to  be  inseparable  froni  them. 
Thus,  the  celestial  elements  have  in  general  become 
secondary  features  of  mythological  conceptions  whose 
characteristic  stamp  is  derived  from  the  natural  phenomena 
of  man's  inmiediate  environment.  Even  the  celestial  origin 
of  these  elements  has  been  ahnost  entirely  lost  to  the  populär 
oonsciousness  which  comes  to  expression  in  the  legend.  The 
case  is  entirely  different  with  the  celestial  mythology  of  the 
Polynesians,  particularly  as  it  occurs  in  the  legends  of  the 
lÜaoris.  In  thfe  latter,  the  celestial  movcments,  as  directly 
lieroeived«  fumish  a  large  part  of  the  material  for  the  mythical 
tales.  These  deal  with  the  ascent  of  ancestors  into  the 
heavans  or  their  descent  from  heaven,  and  with  the  wander- 
iofs  and  idattinies  of  the  original  ancestors,  who  are  regarded 


THE    TOTEMIC   AGE  131 

as  embodied  in  tbe  sun,  moon,  and  stars  ;  thus,  they  differ 
f rom  tbe  mythologies  of  most  cultural  peoples,  in  that  they  are 
not  simply  deity  legends  that  suggest  celestial  phenomena  in 
only  occasional  details.  Moreover,  no  mention  of  ancestral 
or  totem  animal  occurs  in  Polynesian  mythology.  There  are 
only  occasional  legends,  associated  with  the  mighty  trees 
of  this  island-world,  that  may  perhaps  be  traceable  to 
the  plant  totems  of  Melanesia.  Such  being  the  conditions, 
it  might  secm  that,  in  any  case,  we  are  not  justified  in 
including  the  entire  Malayo-Polynesian  cuhure  within  the 
totemic  age.  Nevertheless,  quite  apart  fr(Hn  the  fact  that 
the  other  phases  of  externa!  culture  are  all  such  as  indicate 
the  totemic  stage  of  development,  the  obviously  primitive 
character  of  the  celestial  legends  themselves—for  they  have 
not  as  yet  developed  true  hero  and  deity  conceptions— marks 
this  culture  as  one  of  transition.  Its  totemic  basis  has 
almost  disappeared  ;  yet  the  earlier  manner  of  securing 
food,  the  modes  of  dress,  the  decoration,  and  the  belief  in 
spirits  and  magic  have  essentially  remained,  even  though 
decoration  and  weapons,  particularly,  have  undergone  a  far 
richer  development.  Thus,  the  extemal  decoration  of  the 
body  reached  its  highest  perfection  in  the  artistic  dot- 
patterns  exempliüed  in  the  tattooing  of  the  Polynesians.  The 
origin  of  this  bodily  adornment  is  here  again  probably  to  be 
traced  to  magical  beliefs.  The  Polynesians  aho  possess 
carved  wooden  idols  and  fantastically  shaped  masks.  To  the 
bow  and  the  lance  they  have  added  the  knife  and  the  sword  ; 
to  the  long  shield,  the  smalt,  round  shield,  which  serves  for 
defence  in  the  more  rapid  movements  of  Single  combat. 
Many  locaKties  also  have  a  peculiar  social  institution,  like« 
wise  bound  up  with  the  development  of  warfare  initiated  by 
migration  and  strife.  This  institution  consists  in  an  exclu- 
sive  Organization  comprising  age-gtoups  and  the  men*s  club. 
The  latter,  in  tum,  are  themselves  symptomatic  of  the  disinte- 
gration  of  the  original  totemic  tribal  divisions.  There  is, 
moreover,  one  further  custom,  taboOy  which  has  grown  up 
under  totemic  influences  and  has  received  its  riebest 
developiAent  with  manifold   transformations  and   ramifir 


131        ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

ÖOQS  within  diis  reiy  transitional  culture  of  Polynesia.  The 
ejLiüest  form  of  taboo,  which  oonsists  in  the  prohibition 
of  eanx)^:  thr  flesh  of  the  totem  animal,  has,  it  is  true, 
disippeared.  But  the  idea  of  taboo  has  been  trans- 
ferred  to  a  great  number  of  other  things^  to  sacred 
pUces.  to  ob;ects  and  names,  to  the  person  and  property 
of  individuals^  particularly  of  Chiefs  and  priests.  The 
tremendous  inüuence  of  these  phenomena,  whose  origin  is 
closely  inteitwined  with  totemism,  clearly  shows  that  this 
cfitire  culmre  belongs  essentially  to  the  totemic  age. 

\'ery  diffcrent  is  the  tlürd  stage  of  totemic  cuhure. 
As  was  remarked  abo\-e,  this  falb  into  two  essentially 
distinct  divisions  of  apparently  very  different  origin. 
Amencan  culture,  on  the  one  band,  represents  a  remark- 
able  otfshoot  of  totemic  beliefs  ;  besides  this  there  is  the 
African  culture,  which»  because  of  peculiar  conditions,  again 
connected  with  racial  fusion,  is^  in  i>art,  far  in  advance  of 
the  totemic  age,  though  in  some  details  it  clearly  represents 
a  unique  de\-elopment  of  it.  To  one  who  wishes  to  gain  a 
coherent  picture  of  totemic  culture,  nothing,  indeed,  is  more 
surprising  than  the  fact  that  foremost  among  the  peoples  who 
may  be  regarded  as  the  representatives  of  this  great  epoch 
are  the  Australians.  Strange  to  say,  the  condition  of  the 
Australians  approximates  to  that  of  primitive  man.  On  the 
otber  band»  the  North  American  Indians,  particularly  those 
of  the  Atlantic  Coast  regions,  may  be  classed  among  semi« 
cttltund  peoples,  and  yet  they  seem,  at  first  glance,  to  have 
made  exactly  the  same  social  application  of  totemic  ideas  as 
have  the  Australians.  The  typical  tribal  Organization  of  the 
Australians  and  that  of  the  Iroquois  tribes  who  formerly 
lived  in  the  present  State  of  New  York,  are,  in  fact,  so  very 
similar  that  a  superficial  view  might  almost  cause  them  to 
appear  identical.  This  is  all  the  more  surprising  since  we 
have  not  the  slightest  ground  for  supposing  any  transference 
of  institutions.  That  which  makes  the  similarity  so  striking 
is  primarily  the  fact  that  the  single  groups  or  clans  are 
designated  by  animal  names,  that  they  entertain  the  con- 
ception  of  an  animal  ancestor,  and  that  the  regulär  tribal 


THE    TOTEMIC   AGE  133 

Organization  is  based  on  the  principle  of  dual  division. 
Nevertheless^  the  more  advanced  culture  of  the  Iroquois  has 
ahready  led  to  certain  changed  conditions.  The  animal 
ancestor  recedes  to  some  extent.  In  its  stead^  tbere  are  asso- 
ciated  with  the  animal  other  conceptions,  such  as  are  con- 
nected with  more  systematically  conducted  hunting.  The 
American  Indian^  in  contrast  to  the  Australian,  no  longer 
regards  the  totem  animal  as  a  wonderful  and  superior  being, 
to  be  hunted  only  with  fear  and  not  to  be  used  for  food  i£ 
this  can  possibly  be  avoided.  He  requires  for  hb  subsistence 
all  the  game  available.  Hence  he  does  not  practise  the 
custom  of  abstaining  from  the  flesh  of  the  totem  animal. 
On  the  other  hand^  he  observes  ceremonies  of  expiation,  such 
as  are  unknown  to  the  Australian.  The  totem  ceremonies  of 
the  latter  are  chiefly  objective  means  of  magic  designed  to 
bring  about  the  increase  of  the  totem  animals.  This  idea 
appears  among  the  Indians  likewise.  Their  totem  ceremony^ 
however^  has  also  an  essentially  subjective  significance  and 
is  concemed  with  the  past  no  less  than  with  the  future. 
Its  object  is  to  obtain  forgiveness  for  the  staying  of  the 
animal,  whether  this  has  preceded  or  is  to  foHow  the  act 
of  expiation.  Connected  with  these  customs  is  a  further 
difference,  which  is  se^ningly  insignificant  but  which  is 
nevertheless  characteristic.  Whereas  the  Australian,  in 
many  regions,  thinks  of  the  totem  animal  as  his  ancestor, 
the  Indian  of  the  prairies  speaks  of  the  buflfaloes  as 
hb  eider  brothers.  Thus,  among  the  Indian  tribes,  man 
and  animal  stül  stand  on  an  equal  footing.  Hence  the 
animal  must  be  conciUated  if  it  is  to  serve  as  food  for 
man.  In  many  of  the  myths  of  the  American  Indians,  a 
man  is  transformed  into  an  animal  or,  conversely,  an  animal 
assumes  the  human  form.  Hand  in  band  with  this  change 
in  cult  ideas  and  customs  appear  the  richer  forms  of  ex- 
ternal  culture.  The  weapons  are  perfected ;  dress 
becomes  more  complete ;  decoration  of  the  body  itself, 
though  it  does  not  disappear,  more  and  more  finds  its 
Substitute  in  the  rieh  embelHshment  of  the  clothing.  Social 
Organization    becomes   stable»    and    advances    beyond    1 


13«        ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOG Y 

munity  of  labour,  which  is  obviously  connected  with  the 
more  stable  tribai  Organization  and  with  the  development 
of  more  comprehensive  cult  associations.  It  is  this  factor 
that  accounts  for  those  great  cult  festivals  that  are  associated 
with  sowing  and  harvest  and  that  extend  far  down  into  the 
higher  civilizations^  as  numerous  rudimentary  customs  still 
testify. 

The  changes  which  we  likewdse  find  in  mythological 
conceptions  also  carry  us  beyond  the  narrow  circle  of 
original  totemism.  Again  there  appear  elements  of  a  nature- 
mythology,  particularly  of  a  celestial  mythologry.  These 
supplant  the  animal  cult^  but  nevertheless  retain  some  con- 
nection  with  the  tot^n  animal ;  the  culture  is  one  in  which 
tbe  totem  animal  never  entiiely  loses  its  earlier  significance. 
Thus,  the  Vegetation  festivals,  especially  those  of  North  and 
Central  America,  exhibit  many  cult  forms  in  which  ideas 
that  belong  to  a  celestial  mythology  combine  with  the  worship 
of  animals  and  of  ancestors.  The  conceptions  of  ancestors 
and  of  gods  thus  play  over  into  one  another,  and  these  god- 
ancestors  are  believed  to  have  their  seat  in  the  clouds  and 
in  the  heavens  above.  However  constantly,  therefore, 
totemic  ideas  may  be  in  evidence  within  the  field  of 
extemal  phenomena,  a  much  superiot  point  of  view  is 
attainedy  by  the  American  races,  as  regards  the  iimer 
life. 

Among  the  Afrtcan  peoples  we  find  the  second  important 
form  of  culture  betonging  to  this  third  stage~a  culture 
which  in  many  respects  diverges  from  the  one  which  we 
have  just  described.  More  clearly  even  than  in  the 
case  of  America  has  the  idea  been  disproven  that  the 
inhabitants  of  the  interior  of  Africa  are  essentially  a  homo- 
geneous  race  that  has  developed  independently  of  external 
influences.  Even  more  than  other  peoples,  the  Africans 
ihow  the  effects  of  great  and  far*reaching  extemal  influ- 
ances.  Hamitic  and  Semitic  tribes  entered  the  country  from 
the  north  at  an  early  time ;  even  from  the  distant  south  of 
Asia»  probably  from  Sumatra  and  its  neighbouring  islands, 
great  waves  of  Immigration,  crossing  Madagascar  in  the 


THE   TOTEMIC   AGE  137 

distant   past,    swept   on   towards    the    west    even    to    the 
Gold  Coasty  introdudng  elements  of  Papuan-Negritic  culture 
into  Africa.     There  were  frequent   fusions  between  these 
tribes  and  the  negro  peoples  proper,  as  well  as  with  the 
Hamites,  the  Semites,  and  also  witfa  those  who  w^ere  prob- 
ably  the  original  inhabitants   of  this  region,  remnants  of 
whom  are  still  to  be  found  in  the  Bushmen.     The  negro 
race,  which,  relatively  speaking,  has  remained  the  purest, 
lives  in  the  Soudan  region  ;    the  Bantus  inhabit  the  south 
of  Africa  ;   the  north  is  occupied  mostly  by  Hamitic  tribes, 
whose  advent  into  this  region  was  foUowed  by  that  of  a 
people    of    related    orig^,    the    Semites.     Corresponding 
to  the  racial  mixtures  that  thus  arose,  there  are  various 
fonns   of   culture.     As   regards    the   Bantus,    it    is    highly 
probable   that   they  are  a  mixed  people,   sprung  from  a 
Union  of  the  Soudan  negroes  with  the  Hamites.     That  the 
Haniites  pressed  on,  in  very  early  times,  into  southem  Africa, 
is  proved  by  the  Hottentot  tribe,  whose  language  exhibits 
Hamitic    characteristics,    and    the    colour    of    whose    skin, 
furthermore,  is  lighter  than  that  of  the  negro  proper  or 
that  of   the  Bantu.     The  language  of  the  Bantus  shows 
traits  resembling  partly  the  negro  idioms  of  the  Soudan 
and    partly    Hamitic-Asiatic    characteristics.     The    dement 
of  culture,  however,  which  is  peculiar  to  the  Hamites  and 
which  was  introduced  by  them  into  the  northem  part  of 
the  continent,  is  the  raising  of  cattle  and  of  shcep.     There 
can  be  scarcely  any  doubt  that  the  African  cattle  originally 
came  from  Asia.     Probably,  however,  cattle  were  brought 
to  Africa  on  the  occasion  of  two  differcnt  Hamitic  migra- 
tions;    this  is  indicated   by  the  fact    that   two  breeds   of 
cattle  are  found  in  Africa.     Moreover,  it  is  clear  ihat,  at 
the  time  of  their  introduction,  cattle  were  not  totem  animals, 
but  had   already  gained  a  position    intennediate   between 
the   totem  and   the  breeding   aninaal-     The   Hottentot,   as 
well    as    the    Bantu,    prizes     his     cattle    as    his     dearest 
possession.      Since,   however,   he   slaughtcrs   them   ouiy   in 
times  of  extreme  necessity,  he  has  progiessed  only  to  tb^ 
point  of  obtaining  a  milk  supply..     Y«*  ^^  ^^^  »^Pr^s^ 


I3S        ELEMENTS   OF  FOLK    PSYCHOLOG Y 

An  im^viunt  adi-ance.  Owing  to  his  efforts,  the  cow  no 
looger  merdy  provides  ihe  calf  with  milk,  as  in  the  natural 
$uie»  but,  long  af ter  the  time  of  suckling  has  passed,  places 
the  milk  at  man*s  disposal.  Everywhere  in  the  interior  of 
Africa  the  cow  is  still  a  conmion  milk  animal.  As  such, 
it  is  a  highly  prized  source  of  nourishment,  but  it  is  not 
used  for  agricultural  purposes.  Thus,  its  position  is  mid- 
way  between  that  of  the  original  totem  animal  of  cult  and 
that  of  the  draught  animal.  For  the  Hottentot,  cattle  are 
objects  of  supreme  value.  As  such,  they  are  accorded 
a  certain  degree  of  reverence.  They  are  not  utilized  as 
beasts  of  bürden  nor  for  slaughter,  but  only  as  a 
source  of  such  means  of  nourishment  as  do  not  cost  their 
lives.  South  Africa,  therefore,  has  remained  on  the  level 
of  hoe-culture.  The  boundary  between  these  southem  dis- 
tricts  in  which  hoe-culture  and  the  nomadic  life  prevail 
and  the  northem  regions  into  which  the  Hamites  and 
Semites  have  introduced  plough-culture  is,  practically  speak- 
ing,  the  desert  of  Sahara.  It  is  only  when  the  animal  is 
used  to  draw  the  plough  that  it  becomes  in  all  respects  a 
useful  animal.  Thenceforth  it  no  longer  merely  gives  its 
milk  for  food,  but  it  performs  the  work  that  is  too  hard  for 
man>  and,  finally,  as  an  animal  of  slaughter,  it  takes  the 
place  of  the  gradually  disappearing  wild  animal  of  the 
chase.  Coincident  with  this  development,  totemic  ideas  and 
customs  disappear.  Though  these  have  still  left  distinct 
traces  in  the  south,  particularly  among  the  Bantus,  it  is,  at 
most,  isolated  survivals  that  remain  among  the  Hamitic 
Population  of  the  north; 

Thus,  the  animal  has  come  to  be  a  breeding  and  a 
work  animal  throughout  the  whole  of  Africa,  though  this  is 
particularly  the  case  wherever  the  cultural  influences  of  the 
Immigrant  peoples  from  the  East  have  been  operative.  The 
relations  of  man  to  man  have  likewise  undergone  a  change  in 
this  locality,  due,  in  part,  to  migrations  and  tribal  wars.  No 
region  so  much  as  Africa  has  become  the  centre  of  despotic 
forms  of  govemment.  It  is  this  factor,  together  with  the 
potent  influence  of  ideas  of  personal  property  associated 


THE    TOTEMIC   AGE  139 

Math  it^  that  has  contributed,  on  the  one  band,  to  the  origin 
of  polygyny,  and,  on  the  other,  to  the  rise  of  slavery.  Long 
before  Africa  became  the  slave  market  of  the  New  World 
it  harboured  an  intertribal  traffic  in  human  beings.  These 
changes  in  culture  imdermined  the  older  cults,  so  that,  with 
the  dissolution  of  the  totemic  tribal  Organization,  the  original 
totem  conceptions  disappeared  from  all  parts  of  this  region. 
All  the  more  marked  was  the  progress  of  animism  and 
fetishism,  of  which  the  former  is  closely  connected,  in  its 
origin,  with  totem  beiief,  white  the  latter  is  a  sort  of 
degenerate  totemism.  In  certain  regions,  furthermore,  as 
among  the  Bantus  and  the  Hamitic  tribes,  another  out- 
growth  of  the  cult  of  the  dead— namely,  ancestor  worship— 
has  gained  great  prominence  alongside  of  etements  of  a 
celestial  mythology. 

To  a  far  greater  extent  than  in  Africa,  totemic  cultu)'e 
has  almost  entirety  disappeared  throughout  the  entire  Asiatic 
World.  Only  in  the  extreme  north  among  the  Tchuktchis, 
the  Yakutes,  and  Ghilyaks,  and  in  the  far  south  among  the 
Dravidian  tribes  of  Hindustan  who  were  pushed  back  by 
the  mflux  of  Hindoos,  have  remnants  of  totemic  institutions 
survived.  In  addition  to  these,  only  scanty  fragments  of 
totemism  proper  may  be  found  in  Asia— the  home  of  the 
great  cultura)  peoples  of  the  Old  World.  Surviving  effects 
of  totemic  culture,  however,  are  everywhere  apparent,  no 
less  in  the  sacred  animals  of  the  Babylonians,  Egyptians, 
Hindoos,  Greeks,  and  the  Germanic  peoples,  than  in  the 
significance  attadied  by  the  Romans  to  the  flight  of  birds 
and  to  the  examination  of  entrails,  and  in  the  Israelitic 
law  which  forbids  the  eating  of  the  flesh  of  certain 
animals. 

In  the  light  of  all  these  facts,  the  conclusion  appears 
highly  probable  that  at  some  time  totemic  culture  every- 
where paved  the  way  for  a  more  advanced  civilization, 
and,  tbus,  that  it  represents  a  transitional  stage  between 
tbe  age  of  primitive  man  and  the  era  of  heroes  and 
godsj 


I4Q        ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGY 

%  ToTEMic  Tribal  Organization.« 

As  has  already  been  stated;  the  beginning  of  the  totemic 
age  is  not  marked  by  any  essential  change  in  ezternal 
culture.  As  rtgaxds  dress^  decoration,  and  the  acquisition 
of  food^  tbe  oonditions  that  we  meet,  particularly  among 
the  natives  of  Central  Australia^  differ  scarcely  at  all  froni 
those  of  the  primitive  races  of  the  pretotemic  age.  It 
is  only  in  the  weapons^  which  are  already  clearly  indicative 
of  tribal  warfare,  that  we  find  an  unmistakable  extemal 
indication  of  deeper-going  differences  in  social  culture.  At 
the  same  timei  howeveri  the  totemic  age  includes  peoples 
whose  general  manner  of  life  we  are  accustomed  to  call  semi- 
cultural.  The  greatest  contrast  occurs  between  the  natives 
of  Australia  and  of  some  of  the  portions  of  Melanesia,  cm 
the  one  band,  and  those  of  North  America^  particularly  of 
the  eastem  part^  on  the  other.  While  the  former  still  live 
the  primitive  life  of  the  gatherer  and  the  hunter,  the  latter 
possess  the  rudiments  of  agriculture,  as  well  as  the  associated 
cult  festivals»  the  beginnings  of  a  celestial  mythology,  and 
richer  forms  of  l^end  and  poetry.  Nevertheless,  as  regards 
the  most  universal  characteristic  of  totemic  culture,  namely, 
the  form  of  tribal  Organization,  the  two  groups  of  peoples 
differ  but  slightly,  although  oonditions  in  Australia  have 
on  the  whole  remained  more  primitive.  This  is  most  clearly 
ahown  by  the  fact  that,  among  the  Australian  natives,  the 
totem  animal  possesses  the  significance  of  a  cult  objecto 
n^iereas  in  America^  and  particularly  among  the  Atlantic 
tiibesi  whose  totemic  practices  have  received  the  most  care- 
fal  study«  the  totem  ammal  has  obviously  come  to  be  a  mere 
ooat  of  arms.  The  difference  might,  perhaps,  be  briefly 
Mated  tfaus :  In  Australia,  the  totem  names  signify  groups 
of  cult  members  within  a  clan ;   in  America,  they  are  the 


*  Ths  torvey  presentad  in  this  and  in  the  foUowing  tection  aims  to  give 
^  a  gD^snl  outline  of  the  relationt  between  totemism  and  tribal  organiia* 
*  perticolarly  on  several  tribes  of  Central  Australia.    For  a  more 
Ol  Üie  cobditions  and  ot  thdr  probable  Interpretation, 
to  a   paper  on  "Totemim  and  Tribal  Organization  in 
~       in  Z914»  in  AnOtr^Qi^  an  international  Journal. 


THE   TOTEMIC   AGE 


141 


designations  of  clans  themselves^  but  these  as  such  possess 
no  cult  significanoe.  In  both  regions,  however,  tribal 
Organization  foUows  the  principle  of  dual  division.  ThQ 
tribe  first  divides  into  two  tribal  halves  (I  and  II)  ;  then 
each  of  these  separates  into  two  clans  (A  and  B,  C  and  D)  ; 
finally,  the  latter  again  break  up  into  subclans,  so  that 
eventually  we  may  have  eight  tribal  divisions.  In  certain 
cases,  the  division  has  not  advanced  beyond  the  dual  form  ; 
the  Upper limit,  on  the  other  band,  seems  to  be  eight  distinct 
groups.  The  Schemata  representing  tribal  Organization  in 
Australia  and  in  America  are  so  similar  that  it  is  easy  to 


Kami  1  a  r  o l 
(Central  Austrat  i ans  I 


mpqs 


nort 


fi  e  n  e  c  a 

ilroquois) 


II 


K 


understand  bow  nHost  authors  have  com<e  to  regard  conditions 
in  the  two  countries  as  essentially  identical.  Yet  the  diver- 
gence  in  the  nomenclature  of  the  tribal  divisions  points  to 
significant  differenoes.  The  fact  is  that  the  clan  names  of 
the  Australians  are  entirely  different  from  the  totem  names. 
The  former  have,  as  a  rule,  become  unintelligible  to  the 
present-day  native^  and,  since  many  of  them  recur  among 
distinct  tribes  who  now  speak  difTerent  dialects,  they  probably 
derive  from  an  older  age.  iWords  such  as  Ipai,  Kumbo, 
Murri,  Kubbi,  etc.,  may  originally,  perhaps,  have  possessed 
a  local  significance.  At  any  rate,  clan  nan^  but  rarely 
consist  of  the  names  of  animals.  On  the  other  band,  such 
words  as  emu,  kkngaroo,  opossum,  eagle-hawk,  and  otb' 


142        ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

are  the  regulär  designations  of  the  clans  composing  the  totem 
groups*  The  case  is  otherwise  among  the  North  American 
Indians*  Here  the  clans  all  have  animal  naxnes.  Nor  can 
we  anywhere  find  alongside  of  the  clans  any  particalar 
totem  groups  which  might  be  regarded  as  cult  alliances.  The 
Schema  shown  on  p.  141  exhibits  these  relations.  The  tribal 
halves  are  designated  by  I  and  II,  the  cbns  by  A,  B>  C^ 
etc.,  and  the  independent  totem  groups  existing  within  tbie 
individual  clans  by  m,  n,  Oy  py  etc. 

Owing  to  the  extemal  similarity  of  the  tribal  organiza- 
tions,  it  has  generally  been  thought  that  the  totem  groups 
of  the  Australians  are  merely  clans  or  subclans,  such  as  are, 
doubtlessi  the  social  groups  of  the  American  Indians,  desig- 
nated by  similar  totem  names.  This  Interpretation^  how- 
ever,  has  unquestionably  led  to  serious  confusion,  particu- 
larly  in  the  description  of  the  tribal  Organization  of  the 
Australians.  A  study  of  the  detaiied  and  very  valuable 
contributions  of  Howitt  and  of  other  early  investigators  of 
the  sociological  conditions  of  Australia^  inevitably  leaves  the 
Impression  that,  particularly  as  regards  the  Interpretation 
of  the  vatrious  group  names,  the  scholars  were  labouring 
under  misconceptions  which  caused  the  relations  to  appear 
more  complex  than  they  really  are.  Such  misconceptions 
were  aU  the  more  possible  because  the  investigators  in 
question  were  entirely  Ignorant  of  the  languages  of  the 
natives,  and  were  therefore  practically  dependent  upon  the 
Statements  of  their  Interpreters.  Under  these  circumstances 
we  ouy  doubtless  be  allowed  a  certain  degree  of  scepticism 
u  to  llie  acceptance  of  these  reports,  especially  when 
Aey  also  invölve  an  Interpretation  of  phenomena ;  and 
üre  may  be  permitted  an  attempt  to  discover  whether  a 
different  conception  of  the  significance  of  the  various 
groop  names  may  not  give  us  a  clearer  picture  of  the 
pbmomemlj»  and  one  that  is  also  more  adequate  when 
die  generml  conditioh  of  the  inhabitants  is  taken  into 
t;  The  conditions  prevalent  among  the  American 
ehr  'in '  general  much  easier  to  imderstand  than 
«fe  lAd#*  c#  llhe  Australians,   particularly  where  the  cid 


THE    TOTEMIC   AGE  143 

tribal  Organization  has  been  preserved  with  relative  purity, 
as  among  the  Iroquois.  In  this  case^  however,  the  totem 
names  have  obviously  become  pure  clan  designations  without 
any  cult  significance.  Now  this  has  not  occurred  among  the 
Australians  ;  for  them,  the  totem  animal  has  rather  the 
Status  of  a  cult  object  common  to  the  members  of  a  group. 
The  fact  that  the  Australians  have  separate  names  for  the 
dans,  as  was  remarked  above,  whereas  the  American 
Indians  have  come  to  designate  clans  by  totem  names, 
provides  all  the  more  justification  for  attributing  essen- 
tially  different  meanings  to  the  two  groups  that  bear 
totem  names.  In  attempting  to  reach  a  more  satisfactory 
Interpretation  of  totemic  tribal  Organization,  therefore,  we 
shall  consider  those  totem  groups  which  are  obviously  in  a 
relatively  carly  stage  of  development— namely,  the  Australian 
groups— simply  as  cult  associations  which  have  found  a  place 
within  the  tribal  divisions  or  clans,  but  whose  original 
significance  is  of  an  absolutely  different  nature.  In  the 
above  Schema,  therefore,  A,  B>  C,  D,  etc.,  represent  tribal 
divisions  or  clans,  m,  n,  o,  p,  etc.,  cult  groups.  The  lattier 
are  lacking  in  the  part  of  the  diagram  which  refers  to  the 
American  Indians,  since  these  have  no  cult  associations  that 
are  independent  of  the  tribal  divisions  ;  indeed^  the  cid 
totem  names  have  lost  their  fonher  cult  significance  and 
have  become  mere  clan  names.  Thus,  the  conception 
here  advanced  differs  f romc  the  usual  one  in  that  it  gives  a 
different  significance  to  the  totem  names  on  the  two  levels  of 
development.  In  the  case  of  the  Australians,  we  regard  them 
as  the  names  of  cult  groups  ;  in  America,  where  the  totem! 
cult  proper  has  receded  or  has  disappeared,  we  regard  them 
as  mere  clan  names.  But  the  extension  of  totem  names 
to  the  entire  clan  Organization  in  the  latter  case  is  not,  as  it 
were,  indicative  of  a  more  developed  totemism',  but  rather  of 
a  totemism  in  the  state  of  decline.  The  totem  animal,  though 
here  also  at  one  time  an  object  of  cult,  is  such  no  longer, 
but  has  become  a  mere  coat  of  arms.  In  support  of 
this  view  of  American  totem  names,  we  might  doubtless 
also  refer  to  the  so-called  totem  poles.    Such  a  pole  oonsists 


THE   TOTEMIC   AGE  i,45 

only  with  a  member  of  another  dan  or  totem  group.  This 
restriction  of  the  marriage  relationship  is  generally  biown 
as  '  exogamy/  a  term  first  introduoed  by  the  Scottish 
ethnologist  and  historian,  McLennan.  In  order  to  dis- 
tinguish  this  custom  from  later  regulations  of  marriagei 
8uch^  for  example,  as  exist  in  present  law,  in  the  prohibition 
of  the  Union  of  relatives  by  biood  or  by  marriage,  we  may 
call  it  more  specifically  '  totemic  exogamy*'  Totemic 
exogamy  clearly  represents  the  earliest  form  of  marriage 
restriction  foimd  in  custom  or  law.  The  phenomoia  bound 
up  with  it  may  be  r^arded  as  having  arisen  either  con- 
temporaneously  with  the  first  division  of  the  tribe  or,  at 
any  rate,  soon  thereafter,  for  some  of  the  Australian  and 
Melanesian  tribes  practise  exogamy  even  though  they  have 
not  advanced  beyond  a  twofold  division  of  the  tribe. 
On  the  other  band,  the  primitive  horde  of  the  pretotemic 
age  remains  imdivided,  and,  of  course,  shows  no  trace  of 
exogamy.  True,  marriages  between  parents  and  children 
seem  to  have  been  avoided  as  early  even  as  in  pretotemic 
times.  But  this  could  hardly  have  been  due  to  the  existence 
of  firmly  established  norms  of  custom.  Such  norms  never 
developed  exoept  under  the  influence  of  totemic  tribal 
Organization,  and  they  are  closely  related  to  its  various 
stages  of  development. 

Taking  as  the  basis  of  consideration  the  above-mentioned 
conditions  in  Australia,  where  an  approximate  regularity 
in  the  successive  stages  of  this  development  is  most  clearly 
in  evidence,  we  may  distinguish  particularly  three  main 
forms  of  exogamy.  The  first  is  the  simplest.  If  we 
designate  the  two  divisions  of  the  tribe  between  which 
exogamic  relations  obtain,  by  A  and  B,  and  the  various 
subgroups  of  A  by  /,  m,  /i,  a,  and  of  B  by  /r,  q,  r,  9, 
we  have,  as  this  simplest  form,  unUmUed  exogamy.  It 
corresponds  to  the  following  Schema  :— 

I.   Unllmiied  Exogamy. 

A  B 

Imno  >9^< 

I ) 

II 


146        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

This  means  :  A  man  beianging  to  Class  A  may  take  in 
marriage  ä  woman  from  any  of  the  subgroups  of  Class  B, 
and  conversely.  Marriage  is  restricted  to  the  extent  that  a 
man  may  not  take  a  wife  from  his  own  claiss  ;  it  is  im- 
restrictedy  however,  in  so  far  as  he  may  select  her  from  any 
of  the  subgroups  of  the  other  class.  This  form  of  exogamy 
does  not  appear  to  occur  except  where  the  divisions  of  the 
tribe  are  not  more  than  two  in  number.  The  marriage  classes, 
A  and  B,  then  repnesent  the  two  divisions  of  the  tribe  ;  the 
subgroups  /,  m,  n,  o,  p,  .  .  .  are  totem  groups— -that  is 
to  say^  according  to  the  view  maintained  above,  cult  groups. 
For  the  most  part,  marriage  relationships  between  the  specific 
cult  groups  meet  with  no  further  restrictions.  A  man  of 
Class  A  may  marry  a  woman  belonging  to  any  of  the  totem 
groups  p,  q^  r,  5,  of  Class  B — it  is  only  union  with  a 
woman  belonging  to  one  of  the  totem  groups  of  Class  A 
that  is  denied  him.  Nevertheless,  as  we  shall  notice  later, 
we  even  here  occasionally  find  more  restricted  relations 
between  particular  totem  groups,  and  it  is  these  exceptions 
that  constitute  the  transitional  steps  to  limited  exogamy. 
Such  transitions  to  the  succeeding  form  of  exogamy  are 
to  be  foundy  for  example,  among  the  Australian  Dieri,  some 
of  whose  totem  groups  intermarry,  only  with  some  one 
particular  group  of  the  other  tribal  division. 

The  second  form  of  exogamy  occurs  when  a  member 
of  Class  A  is  not  allowed  to  take  in  marriage  any  woman 
he  may  choose  from  Class  B,  but  only  one  from  some 
specific  subgroup  of  B.  For  example,  a  man  of  group  n 
is  restricted  to  a  woman  of  group  r. 

IL    Limited  Exogamy   with  Direct  Maie  mal  or  Paternal 

Descent. 

A  B 

Imno  P^i's 


Bbth  forms  of  exogamy,  the  unlimited  and  the  limited, 
observe  the  same  law  with  respect  to  the  group  affiliation  of 
children.  If,  as  universally  occurs  in  Australia,  A  and  B 
are  dans  baving  exogamou^  relations,  and  /,  m,  n,  o^  p,  .  .  . 


THE   TOTEMIC   AGE  1.47 

are  totem  groups  within  these  clans»  then,  if  maternal  descent 
prevailsy  the  diildren  remain  both  in  the  clan  and  in  the 
totem  of  the  mother  ;  in  the  case  of  paternal  descent,  they 
pass  over  to  the  clan  and  to  tbe  totem  of  the  father.  Of 
these  modes  of  reckoning  descent,  the  former  is  dominant, 
and  was  everywhere,  probably,  the  original  custom.  One  indi- 
cation  of  this  is  the  connection  of  patemal  descent  with  other 
phenomena  representing  a  change  of  conditions  due  to  ex- 
terna! influences— the  occurrence  of  the  same  totem  groups, 
for  example,  in  the  two  clans^  A  and  B,  that  enjoy  exogamous 
relations.  The  latter  phenomenon  is  not  to  be  found  under 
the  usual  conditions,  represented  by  diagrams  I  and  II. 
In  the  case  of  unlimited  exogamy  (I),  no  less  than  in  that 
of  limited  exogamy,  we  find  that  if,  for  example,  maternal 
descent  prevails,  and  the  mother  belongs  to  clan  B  and  to 
totem  group  r,  the  children  likewise  belong  to  this  group  r. 
This  condition  is  much  simplified  in  the  case  of  the  American 
Indians.  With  them,  totem  group  and  clan  coincide,  the 
totem  names  having  become  the  names  of  the  clans  th^em- 
selves.  The  particular  totem  groups,  /,  m,  n,  o,  p,  .  .  . 
do  not  exist.  Exogamous  relations  between  clans  A  and  B 
consist  merely  in  tbe  fact  that  a  man  of  the  one  clan  is 
restricted  in  marriage  to  women  of  the  other  clan.  Wherever 
maternal  descent  prevails,  as  it  does,  for  example,  among 
the  Iroquois,  the  children  are  counted  to  the  clan  of  the 
mother  ;  in  the  case  of  patemal  descent,  they  belong  to 
the  clan  of  the  father. 

In  the  Australian  System,  however,  which  distinguishes 
clan  and  totem,  and  therefore,  as  we  may  suppose,  still 
exemplifies,  on  the  whole,  an  unintcrrupted  development,  we 
find  also  a  tfürd  form  of  exogamous  relationship.  This 
last  form  of  exogamy  seems  to  be  the  one  which  i»  most 
common  in  Australia,  wh.ereas,  of  course,  it  has  no  place 
in  the  pure  clan  exogamy  of  the  American  Indians.  The 
System  indicated  in  diagram  II,  in  which  children  l>elong 
directly  to  the  clan  of  the  mother  in  maternal  descent 
and  to  that  of  the  father  in  patemal  descent,  may  be  d- 
nated  as  limited  exogamy  with  direct  maternal  or 


148        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGE 

descent.  There  developed  front  this  a  third  System,  in 
whicfa,  while  th^  children  are  counted  to  the  clan  of 
the  parent  who  determines  descent,  they  nevertheless  become 
members  of  a  different  totem  group.  Thus  arises  a  limited 
exogamy  with  inditect  maternal  or  paternai  descent,  as 
represented  in  diagram  III. 

IIL  UmiUd  Exogamy  wltk  Indirect  Maternal  or  Paternai 

Descißnt. 

A  B 

Imno  pqrs 

I r 

A  man  of  clan  A  and  totem  group,  /  may  marfy  only  a 
woman  of  clan  B  and  totem  group  p  ;  the  children,  however, 
do  not  bielong  to  the  totem  p,  but  to  another  specifically 
defined  totem  group,  7,  of  clan  B. 

The  way  in  which  these  various  forms  of  exogamy 
affect  the  marriage  relations  of  the  children  that  are  born 
from  such  unions  is  fairly  obvious.  Turning  first  to  form  I — 
unlimited  exogamy-— it  is  clear  that,  in  the  case  of  maternal 
descent,  which  here  appears  to  be  the  rule,  none  of  the 
children  of  the  mother  may  marry  except  into  the  clan 
of  the  father;  in  paternai  descent,  conversely,  they  may 
marry  only  into  th^e  clan  of  the  mother.  Marriage  between 
brothers  and  sisters,  thus,  is  made  impossible.  Nor  may 
a  son  marry  his  mother  where  maternal  descent  prevails, 
or  a  daughter  her  father  in  the  case  of  paternai  desoent. 
In  the  former  case,  however,  the  marriage  of  father  and 
^daughter  would  be  permitted,  as  would  that  of  mother  and 
son  in  the  latter.  The  marriage  of  a  son  or  daughter  with 
relatives  of  the  mother  who  belong  to  the  same  clan  is 
not  allowed  in  the  case  of  maternal  descent.  The  son« 
for  tssaxaple,  may  not  marry  a  sister  of  his  mother,  nor  the 
daughter  a  brother  of  the  mother,  etc.  Since  it  is  maternal 
descent  that  is  dominant  in  the  case  of  unlimited  exogamy, 
the  most  important  result  of  the  latter  is  doubtless  its 
prevenlion  of  the  marriage  of  brother  and  sister,  in  addition 
to  thit  of  a*  ton  with  his  nK>ther.     The  system  of  paternai 


152        ELEMENTS   OF.  FOLK   PSYCHOLOGY 

Exogamy  as  such  has  generally  been  approached  from 

a  rationalistic  point  of  view.     It  has  been  regarded  as  an 

Institution  voluntarily  created   to   obviate   the  marriage  of 

relatives,  and  is  supposed  to  have  arisen  contemporaneously 

with    another    Institution    of    like    purpose,    namely,    tribal 

division.    This  view  is  championed,  among  other  scholars,  by 

the  able  American  sociologist,  Lewes  Morgan,  in  his  book 

*' Ancient  Society  "  (1870),  and  even  by  Frazer  in  his  com- 

prehensive  work  '•Totemism  and  Exogamy"  (1910),  which 

includes  in  its  survey  all  parts  of  the  earth.     Frazer  says  ex- 

plicitly  :  *  In  the  distant  past,  several  wise  old  men  must  have 

agreed  to  obviate  the  evils  of  endogamy,  and  with  this  end 

in  view  they  instituted  a  System  that  resulted  in  exogamous 

marriage.*    Thus,  the  determinant  motive  is  here  supposed  to 

ha\-e  been  aversion  to  the  marriage  of  relatives.     According 

to  Morgan*s  h>'pothesis— an  extreme  example  of  rationalistic 

Interpretation— the  aversion  was  due  to  a  gradually  acquired 

knowledge  that  the  marriage  of  relatives  was  injurious  in 

its  effects  upon  otTspring.     The  entire  institution,  thus,  is 

regarded  as  a  eugenic  provision.     We  are  to  suppose  that 

the  members  of  these  tribes  not  only  invented  this  whole 

complicated  system  of  tribal  division,  but  that  they  fore- 

saw  its  results  and  for  this  reason  instituted  exogamous 

Cttstoms.     Were  people  who  possess  no  names  for  numbers 

greftter  than  four  capable  of  such  foresight,  it  would  indeed 

be  an  unparalleied  miracle.     Great  social  transformations, 

of  which  one  of  the  greatest  is  unquestionably  the  transition 

from  the  primitive  horde  to  totemic  tribal  Organization,  are 

never  effected  by  the  ordinances  of  individuals,  but  develop 

of  themselves  through  a  necessity  immanent  in  the  cultural 

conditions.    Their  effects  are  never  foreseen,  but  are  recog- 

nhed  in  their  füll  Import  only  after  they  have  taken  place. 

Moreover^  a8  regards  the  question  of  the  injurious  effects 

resulting  from  the  marriage  of  relatives,  authorities  even  to- 

day  disagree  as  to  where  the  danger  begins  and  how  great 

it   really   is.      That   the    Australians    shouid   have    formed 

definite  convictions  in  prehistoric  times   with  reference  to 

these  matters,  is  absolutely  inconceivable.     At  most,  they 


THE    TOTEMIC   AGE  153 

might  have  feit  a  certain  instinctive  repugnance.  Further- 
more,  if  these  institutions  were  established  with  the  explicit 
purpose  of  avoiding  marriage  between  relatives,  the 
origmators,  though  manifesting  remarkable  sagacity  in  their 
invention,  made  serious  mistakes  in  their  caiculations.  For, 
in  the  first  place,  the  first  two  forms  of  exogamy  only 
partially  prevent  a  union  which  even  endogamous  custom 
avoids,  namely,  that  between  parents  and  children  ;  in  the 
second  place,  the  transition  from  unlimited  to  limited 
exogamy  with  direct  maternal  or  patemal  descent  does  not 
involve  an  increased  restriction  of  marriage  between 
relations,  but,  as  we  have  already  seen,  marks  a  retrogres- 
sion,  in  the  sense  of  a  reapproach  to  endogamy. 

The    above    view,    therefore,    was    for    the    most    part 
abandoned   in   favour   of   other,   apparently   more  natural, 
explanations.     Of   these   we   would  mention,   as   a   second 
theory,   the  biological  hypothesis  of  Andrew  Lang.     This 
author  assumes  that  the  younger  brothers  of  a  Joint  family 
were    driven    out    by    the    strenger    and    older    ones    in 
Order    to    ward    off    any    want    that    might    arise    from 
the    living    together    of    a    large    number    of    brothers 
and   sisters,   and   that   these    younger   brothers   were   thus 
obliged  to  marry  outside  the  group.     Even  this,  however, 
is   not  an  adäquate  theory  of  exogamy,  since  it  does  not 
explain  how  the  custom  has  come  to  apply  also  to  the  older 
members  of  the  family  group.     As  a  final  hypothesis,  we 
may   mention   one    which    may    perhaps    be    described    as 
specifically  sociological.     In  its  fundamental  aspects  it  was 
proposed   by  MacLennan,   the   investigator  who  also  gave 
US  the  Word   'exogamy.'      MacLennan    does    not    regard 
exogamy  as  having  originated  in  times  of  peace,  nor  even  as 
representing  voluntarily  established  norms  of  custom.     He 
derives  it  from  war,  and  in  so  doing  he  appeals  to  the 
testimony  both  of  history  and  of  legend.     As  is  well  known, 
even  the  Iliad,  the  greatest  cpic  of  the  past,  portrays  as 
an  essential  part  of  its  theme  a  marriage  by  capture.     The 
dissension  between  Achilles   and    Agamemnon   arose   from 
the  capturc  of  Briseis,  for  whom  the  two  Icadcr» 


154        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY. 

Achaeans  quarrelled  with  each  other.  According  to 
MacLennan,  the  capture  of  a  woman  from  a  stränge  tribe 
represents  the  earliest  exogamy.  The  rape  of  the  Sabines 
is  another  incident  suggesting  the  same  conclusion.  True, 
this  is  not  an  event  of  actual  history.  Nevertheless,  legend 
reflects  the  customs  and  ideas  of  the  past.  Now,  in  the 
case  under  discussion,  it  is  clear  that  marriage  by  capture 
involves  a  foreign  and  hostile  tribe,  for  this  is  the  relation 
which  the  Sabines  originally  sustained  to  the  Romans.  A 
significant  indication  of  the  connection  between  marriage 
by  capture  and  war  with  hostile  tribes  occurs  also  in 
Deuteronomy  (eh.  xxi.),  where  the  law  commands  the 
Israelites  :  *  If  in  war  you  see  a  beautiful  woman  and  desire 
her  in  marriage^  take  her  with  you.  Let  her  for  several 
weeks  bewail  her  relatives  and  her  home,  and  then  marry 
her.  But  if  you  do  not  wish  to  make  her  your  wife,  then 
let  her  go  free  ;  you  shall  not  seil  her  into  slavery.'  This 
is  a  remarkable  passage  in  that  it  forbids  the  keeping 
and  the  selling  of  female  slaves,  but,  on  the  other  hand^ 
permits  marriage  with  a  woman  of  a  stränge  tribe.  A 
parallel  is  found  in  Judges  (eh.  xxi.)>  where  it  is  related 
that  the  eiders  of  Israel,  being  prevented  by  an  oath  to 
Jahve  from  giving  their  own  daughters  in  marriage  to 
the  children  of  Benjamin^  advised  the  latter  to  fall,  from 
ambush,  upon  a  Canaanitic  tribe  and  to  steal  its  maidens. 

In  spite  of  all  these  proofs,  exogamy  and  the  capture 
of  women  from  stränge  tribes  differ  as  regards  one  feature 
of  paramount  importance.  In  both  legend  and  history  the 
captured  woman  is  universally  of  a  stränge  tribe,  whereas 
totemic  exogamy  never  occurs  except  between  clans  of 
the  same  tribe,  Added  to  this  is  a  further  considera- 
tion.  The  above-mentioned  passage  from  Deuteronomy 
oertainly  presupposes  that  the  Israelite  who  captures  a 
wife  in  warfare  with  a  stränge  tribe  already  possesses 
a  wife  from  among  his  own  tribe.  This  is  his  chief 
wife,  in  addition  to  whom  he  may  take  the  stränge 
woman  as  a  secondary  wife.  We  may  refer  to  Hagar, 
the    slave»  and   to    Sarah,    Abraham*s    rightfui    wife,    who 


THE    TOTEMIC   AGE  135 

belonged  to  Iris  own  tribe.  The  resemblance  between  exog- 
amy  and  the  capture  of  women  in  warfare  is  so  far  from 
being  condusive  that  exogamy  is  permitted  only  between 
dans  of  the  same  tribal  group  ;  hence,  in  cases  where 
there  are  four  or  eight  subgroups,  it  is  not  even  allowed 
between  members  of  the  two  tribal  halves.  Indeed,  the 
essential  characteristic  of  exogamous  tribal  Organization^ 
marriage  between  specific  social  groups,  b  entirely  lacking  in 
the  marriage  by  capture  that  results  from  war.  Moreover, 
the  woman  married  under  exogamous  conditions  is  either 
the  only  wife  or,  if  she  is  the  first,  she  is  the  chief  wife  ; 
in  the  case  of  marriage  by  capture  in  war,  the  captured 
woman  is  the  secondary  wife. 


5.  MoDES  OF  Contracting  Marriage. 

Though  the  theory  that  exogamy  originated  in  the 
capture  of  women  in  warfare  is  clearly  untenable,  it  has 
without  doubt  seized  upon  one  dement  of  truth.  Marriage 
by  capture  may  also  occur  within  one  and  the  same 
tribe,  and  under  relatively  savage  conditions  this  happens 
very  frequently.  Indeed,  it  is  precisely  in  the  case  of  the 
Australians,  to  judge  from  reports,  that  such  marriage  is 
probably  as  old  as  the  institution  of  exogamy  itself,  if  not 
older.  ^arly  accounts,  in  particular,  give  abundant  testi- 
mony  to  this  effect.  That  later  writings  give  less  prominence 
to  the  phenomenon  does  not  imply  its  disappearance.  The 
decreased  emphasis  is  due  rather  to  the  fact  that  in 
more  recent  years  the  attention  of  investigators  has 
been  directed  almost  exclusively  to  the  newly  discovered 
conditions  of  tribal  Organization.  Even  on  a  more  advanced 
and  semi-cultural  stage  we  find  struggles  for  the  posses- 
sion  of  a  wife.  The  struggle,  however,  is  regularly 
carried  on,  not  between  members  of  different  groups,  much 
less  between  entirely  stränge  peoples  of  widely  differing 
language  and  culture,  but  between  members  of  one  and 
tht  same  tribe.  Two  or  more  members  of  a  tribe  fall 
into  a  quarrel  for  the  possession  of  a  woman  who,  thougb 


I5'6        ELEMENTS  OF  FötR  PSYCHOLOGY 

not  belongmg  to  their  own  dan,  is  neirerdieless  a  member  of 
a  neighbouring  dan  of  tfae  same  tribe.  Such  conditions  aire 
doubtless  to  be  traced  back  to  earliest  times.  The  victor  wins 
tfie  woxnan  for  himself .  The  custom  of  marriage  by  captoxe 
has  left  its  traces  even  down  to  tfae  present,  in  practioes 
that  have  for  tbe  most  part  assumed  a  pkyful  character. 
Originally,  however,  these  practioes  were  wtthout  doubt  of 
a  serious  nature,  as  were  all  such  forms  of  play  that 
originated  in  earlier  customs.  Just  as  andent  exogamous 
restrictions  are  stilt  operative  in  the  prohibitions  which  the 
Statutes  of  all  cultural  peoples  place  on  the  marriage  of  rela- 
tives, so  the  influence  of  marriage  by  capture  is  reflected  in 
some  of  the  usages  attending  the  consummation  of  marriage» 
as  well  as  in  various  customs,  such  as  the  purchase  of  wives 
and  its  converse,  the  dowry,  which  succeeded  marriage  by 
capture.  Moreover,  tfaie  fact  that  marriage  by  capture  occa- 
sionally  occurs  even  in  primitive  pretotemic  culture  and 
that  it  is  practised  beyond  that  circle  of  tribal  Organiza- 
tion whose  totemic  character  can  be  positively  proved, 
indicates  that  it  is  presumably  older  than  an  exogamy  regu- 
lated  by  strict  norms  of  custom.  It  is  just  in  Australia, 
that  region  of  the  earth  where,  to  a  certain  extent,  tba 
various  stages  of  devdopment  of  exogamy  still  exist  side 
by  side,  that  we  find  other  cultural  conditions  which 
make  it  practically  impossible  to  hoM  that  marriage  by 
capture  originated  in  warf  are  between  tribes.  Though 
tfae  woman  wfao  is  here  most  likely  to  become  an  object 
of  dissension  between  brothers  or  other  kinsmen  may  not 
belong  to  the  same  ctan  and  the  same  totem  as  tbe  latter, 
afae  18  nevertheless  a  member  of  one  of  the  totems  belong- 
kig  to  one  of  the  most  dosely  related  clans.  A  woman  of 
own  dan  is  too  dose  to  the  men  of  the  group  to  be 
as  a  wife  ;  a  woman  of  a  stränge  tribe,  too  remote. 
ia  Ae  ordinary  course  of  events,  moreover,  there  is  no  oppor- 
imdty  for  meeting  women  of  other  tribes.  The  slave  who  b 
OpCdMl  kl  war  and  carried  away  as  a  concubine  appears 
fxäj  «t  A  far  later  stage  of  culture.  The  original  struggle 
for^dife  gMMirion  of  a  woman,  therefore,  was  not  carried  on 


.THE   TOTEMIC  AGE  137 

wittt  ueinbers  o£  a  stränge  tribe^  as  tbough  it  mt^rt  to  this  that 
the  woman  bdonged.    Doubtless  also  it  was  only  to  a  slight 
degree  a  struggle  with  the  captured  woman  herseif— this 
peibaps  represents  a  later  transference  that  already  paves  the 
way  for  tbe  phenomena  of  mere  mock-struggles.    The  real 
struggle  took  place  between  fellow-tribesmen,  between  men 
of  the  same  dan,  both  of  whom  desired  the  woman.    There 
is  a  possibility,  of  course,  that  the  kinsmen  of  the  woman 
might  oppose  her  capture.     This  aspect  of  the  struggle, 
however,  like  the  Opposition  of  the  woman  herseif,  was  prob- 
ably  unknown  prior  to  the  cultural  stage,  when  the  female 
members  of  the  clan  came  to  be  vahied,  as  they  are  among 
agricultural  and  nomadic  peoples,  because  of  the  Services 
which  they  render  to  the  family.     The  theory  just  outlined, 
moreover,  readily  explains  the  further  development  of  the 
conditions    that    precede    the    consummation    of    marriage, 
whereas  the  theory  that  marriage  by  capture  originated  in 
warfare  is  ia  this   respect   a  complete  failure.     Valuable 
Information  conceming  the  later  stages  in  the  devefopment 
of  the  marriage  by  capture  which  originates  during  a  State 
of  tribal  peace,  is  again  fumished  by  Australian  ethnology. 
Among  these  peoples,  the  original  capture  has  in  many  in- 
stances  passed  over  into  an  exchange  in  which  the  suitor 
oflfers  his  own  sister  to  the  brother  of  the  woman  whom  he 
desires    for    himself.      If    this    proposal    for    exchange    is 
accepted  and  he  has  thereby  won  the  kinsmen  of  the  woman 
to  his   side,   his   fellow-contestants   may  as  well  give  up 
the  struggle.     Thus,  exogamous  marriage  by  capture  here 
gives  way  to  exogamous  marriage  by  barter,  an  arrange- 
ment  in  entire  harmony  with  the  development  of  trade  in 
general,  which  always  begins  with  barter.      At  the  same 
time,  the  form  of  this  barter  is  the  simplest  conceivable  : 
a  woman  is  exchanged  for  a  woman  ;    the  objects  of  ex- 
change   are    the    same    and    there    is    no    necessity    for 
estimating  the  values  in  order  to  equaüze  them. 

There  may  be  some,  however,  who  do  not  possess  sisters 
whom  they  may  offer  in  exchange  to  the  men  of  other 
clans.     What    then   occurs?     In    this    case    also    it    is    ' 


IS8        ELEMENTS  OF  FöLK   PSYCHOLOGY 

Australia  that  we  find  the  beginnings  of  a  new  arraage* 
ment.  In  place  of  offering  hb  sister  in  exchange,  the 
suitor  presents  a  gtfi  to  the  parents  of  the  bride,  at  first 
to  the  mother.  Gift  take9  the  place  of  barter.  Since  there. 
is  no  woman  who  may  be  bartered  in  exchange»  a  present 
is  given  as  her  equivalent.  Thus  we  have  exogamous 
marriage  by  gift,  and,  as  tbe  custom  becomes  more  general  ' 
and  the  gift  is  fized  by  agreement»  this  becomes  exagamoas 
marriage  by  parchase.  The  latter,  however,  probably  occurs 
only  at  a  fetter  stage  of  culture.  The  man  buys  the  woman 
Irom  her  parents.  Sometimes,  as  we  know  from  the  Biblical 
example  of  Jacob  and  from  numerous  ethnological  paraHels, 
he  enters  into  service  in  order  to  secure  her-^e  labours 
for  a  time  in  the  house  of  her  parents.  In  an  age  im« 
familiär  with  money,  one  who  has  possessions  purchases  the 
woman  with  part  of  his  herd  or  of  the  produce  qf  his 
fields.  Whoever  owns  no  such  property,  as,  for  instance, 
the  poor  man  or  the  dependent  son,  purchases  the  woman 
with  his  labour. 

Marriage  by  purchase,  however,  does  not  represent  the 
terminus  of  the  development.  On  the  contrary,  it  prepares 
the  way  for  marriage  by  contractu  an  important  advance  that 
was  already,  to  a  certain  extent,  made  by  the  Greeks,  and 
later  particularly  by  the  Romans.  Not  purchase,  but  a 
oontract  between  him  who  concludes  the  marriage  and  the 
parents  of  the  woman— this  is  an  arrangement  which  still 
finds  acceptance  with  us  to-day.  Now,  the  miarriage  con- 
tract  detenuines  the  conditions  for  both  bride  and  gtoom,  and 
eventoaHy  also  the  marriage  portion  which  the  man  brings 
tb  the  Union,  as  well  as  the  dowry  of  the  wife.  As  soon, 
Ihfyrfnrr^  as  property  considerations  come  to  be  dominant 
.njdiia  tlie  ficJd  of  marriage,  marriage  by  contract  opens 
^Btdt  WBj  for  a  twofotd  marriage  by  purchase.  The  man 
«aty  tdAer  Iniy  the  woman,  as  was  done  in  the  case  of 
die  aarler. marriage  by  purchase,  or  the  woman  may  buy 
Att  man  Witli  the  dowry  that  she  brings.  At  first,  in  the 
6kf%  M  aMnuige  by  capture,  the  struggle  with  fellow- 
chintmM  »Af t.  wA  strangers   was  of  decisive  importance  ; 


THE   TOTEMIC   AGE  1^9 

at  a  latcr  time,  however,  difFerences  in  property,  rank, 
and  occupaticm  came  to  be  the  determining  factors  in  the 
case  of  marriage.  Thus,  if  we  regard  marriage  by  gift  as 
a  nxxle  |of  marriage  by  purchase,  though,  in  part,  more  primi- 
tive, and,  in  part,  more  spontaneous,  our  summary  reveals 
three  main  stages :  marriage  by  capture^  marriage  by 
parchase^  and  marriage  by  coniract,  Between  these  modes 
of  marriage,  of  course,  there  are  transitional  forms,  which' 
enable  us  to  regard  the  course  of  development  as  con- 
stant.  The  fact,  however,  that  the  entire  development 
bears  the  character  of  a  more  or  fess  thorough-going 
exogamy,  is  due  to  the  oldest  of  these  modes  of  marriage 
— a  mode  which,  as  we  may  assume,  was  prevatent  at  the 
b^nning  of  the  totemic  age.  This  is  a  form  of  marriage 
by  capture  in  which  the  woman  belonged,  not  to  a  stränge 
tribe,  but  to  a  neighbouring  clan  of  the  same  tribe,  or 
to  one  with  which  there  were  other  lines  of  intercourse. 
Whcn  capture  disappeared,  the  exogamy  to  which  it  gave 
rise  remained.  The  oM  customs  connected  with  the  former 
passed  over,  though  more  and  more  in  the  form  of  play, 
into  the  now  peaceful  mode  of  marriage  by  purchase  ;  their 
survivals  continued  here  and  there  even  in  the  last  form  of 
marriage,  that  by  contract. 

6.  The  Causes  of  Totemic  Exogamy. 

How  does  this  general  development  of  the  modes  of 
marriage  account  for  those  peculiar  laws  of  exogamy  which 
are  universally  characteristic  of  totemic  culture,  representing 
strict  norms  of  custom  that  forbid  all  marriage  except  that 
between  specific  clans  of  a  tribe,  or  even  only  between 
pairs  of  totem  groups  of  different  clans?  Were  these 
marriage  ordinances,  which  have  evidently  arisen  in  various 
places  independently  of  one  another,  intentionally  in- 
vented?  Or  are  they  the  natural  outcome  of  totemic  tribal 
Organization,  resulting  from  its  inherent  conditions,  just  as 
did  the  laws  of  dual  tribal  division  from  the  natural  growth 
and  partition  of  the  tribfiSi? 


i6o        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY. 

Now,  the  forms  of  totemic  exogamy  unmistakably  con- 
stitute  a  developmental  series.  In  the  simplest  arrange- 
ment»  there  are  no  restrictions  whatever  upon  marriage 
between  members  of  one  clan  and  those  of  another  with 
which  marriage  relations  exist.  Such  exogamy,  however, 
is  relatively  rare  in  Australia,  the  land  in  which  the 
developmental  forms  of  exogamy  are  chiefly  to  be  found. 
It  seems  to  be  limited  to  tribes  that  have  merely  a 
dual  Organization,  in  which  event  the  clan  coincides 
with  one-half  the  tribe.  Even  in  such  cases  we  find 
transitions  to  the  next  form  of  exogamy.  In  this  second 
System,  exogamy  is  restricted  to  particular  totems  of  the 
two  clans  of  one  and  the  same  tribal  division  ;  and,  just 
as  in  the  first  case,  the  children  are,  as  a  rule,  bom  directly 
into  the  totem  group  of  the  mother,  or,  less  commonly,  into 
that  of  the  father.  Following  this  exogamy  with  direct 
maternal  or  paternal  descent  and  undeniably  proceeding 
out  of  it,  we  finally  have,  as  the  third  main  form,  exogamy 
with  indirect  maternal  or  paternal  descent.  In  this  form 
of  exogamy,  as  in  the  preceding  ones,  the  children  belong  to 
the  totem  of  the  mother  or  to  that  of  the  father  so  far  as 
birth  is  concemed  ;  as  respects  their  exogamous  totem  rela- 
tion,  however,  they  pass  over  into  another  totem  of  the 
same  clan.  Thus,  birth-totem  and  marriage -totem  are  here 
distinct,  and  every  member  of  a  group  belöngs  to  two 
totems  that  differ  in  significance.  Now,  in  the  case  of  a 
marriage  by  capture  in  which  the  individuals  belong  to 
different  clans,  the  question  of  the  totem  does  not  enter. 
When,  therefore,  this  mode  of  marriage  remains  undis- 
turbed  by  further  conditions,  we  have  exogamy  of  the 
first  form.  When  a  suitor  seeks  to  win  the  favour  of 
the  clan  by  means  of  a  gift  presented  to  the  parents  or 
the  Irin,  marriage  by  capture  passes  over  directly  and  with- 
out  further  change  into  the  simple  marriage  by  purchase. 
The  two  more  exchisive  forms  of  exogamy,  on  the  other 
band,  are  obviously  connected  with  the  rise  of  totemism  ; 
they  are  the  result  both  of  the  clan  divisions  which  follow 
from  tribal  partition  and  of  the  accompanying  Separation 


THE   TOTEMIC   AGE  löi 

into  totem  groups.  The  question,  therefore,  conceming  the 
development  ol  these  forms  of  exogamy,  dependent  as  they 
are  both  upon  clan  divisions  and  upon  totem  groups,  is 
essentially  bound  up  with  the  question  conceming  the  tem- 
poral relation  of  the  two  important  phenomena  last  men* 
tioned.  An  unambiguous  answer  to  the  latter  question, 
however,  may  be  gathered  precisely  by  a  study  of  Australian 
conditions,  at  least  so  far  as  the  development  in  these 
regions  is  concemed.  I£  we  recall  our  previous  Schema 
(p.  141)1  representing  the  tribal  Organization  of  the 
Kamilaroi^  and  here,  as  there,  designate  the  totemic 
groups  (emu,  kangaroo,  opossum,  etc.)  comprised  within 
the  clan  by  m/io /?...,  it  is  apparent  that  the  totems 
must  be  at  least  as  old  as  the  division  into  the  two  tribal 
halves.  Unless  this  were  the  case,  we  could  not  explain 
the  fact  that,  with  very  minor  exceptions,  precisely  the 
same  totems  exist  in  the  two  tribal  divisions.  The  con- 
dition  might  be  represented  thus  :— 

I  n 

mnofq  opmsn 

It  is  also  evident,  however,  that  the  totems  could  not 
havc  influenced  this  first  division,  otherwise  their  members 
woutd  not  have  separated   and   passed  over  into  the  two 
tribal  divisions,  as  they  did  in  ahnost  every  case.     Remem- 
bering  that  the  totemic  groups  are  also  cult  associations, 
we  might  cxpress  the  matter  thus  :    At  the  time  of  the  first 
tribal  division,  the  cult  groups  were  not  yet  strong  enough 
to  oflFer  resistance  to  the  Separation  of  the  tribal  divisions, 
or  to  determine  the  mode  of  division  ;    thereforc,  members 
of  totem  m,  for  example,  went  here  or  there  according  as 
other  externa!  conditions  determined.     Conditions  were  quite 
different  at  the  time  of  the  second  division,  when  the  tribal 
half  I  separated  into  cians  A  and  B,  and  II  mto  C  and 
D,  according  to  the  Schema  :— 

I  " 


12 


THE   TOTEMIC  AGE3  i«5 

character  and  thus  affecting  the  traditional  Organization  of 
the  tribe.  ^   Such  a  permanent  relation,  however,  is  totem 
aßUation.      This  explains  how  it  happens  that^  even  after 
the  oM  totem  connection  gave  way  to  the  new,  it  neverthe- 
less  continued  to  exercise  a  claim  on  the  totem  membership 
of  the  children  bom  under  the  new  marriage  conditions  ; 
hence  also  the  recognition  of  the  claim  on  the  part  of  custom. 
In  one  respect,   indeed^   such  recognition  was  impossible. 
More  firmly  established  than  any  form  of  exogamy  was  the 
law  that  children  belonged  to  the  mother,  or,  in  the  case 
of  patemal  descent,  to  the  father.     This  law  could  not  be 
violated.    Hence  exogamous  and  parental  tribal  membership 
became  differentiated.     The  latter  ordained  that  children  in 
every  case  belong  to  the  totem  of  the  parent  who  determines 
descent ;    the  tradition  of  the  former  decreed  that  children 
belong,  not  to  the  parental  totem,  but  to  some  other  totem 
of  the  same  clan.     Such  a  condition  of  dual  totem  member- 
ship might,  of  course,  arise  from  a  great  variety  of  con- 
ditions, just  as  may  the  similarly  overlapping  social  relations 
within  our  own  modern  culture— such,  for  example,  as  the 
military  and   the   so-called  civil  Station  of   a  man.     The 
customary   designation   of   the   first  two  forms   of   limited 
exogamy  as  exogamy  with  direct  matemal  descent,  and  of 
the    third   as   exogamy   with   indirect   matemal   descent,   is 
plainly   inappropriate   and    may   easily    give   rise   to   mis- 
understandings.    For  it  may  suggest  that  the  matemal  totem 
disposes  of  its  rights  in  respect  to  marriage  arrangements 
to  another  totem  group,  and  that  eventually  this  even  occurs 
in  accordance  with  a  definite  agreement.    But  this  is  certainly 
not   the   case.     For  matemal   descent   or,   speaking   more 
generally,    the  fact    that    chUdren   belong   to   the   parents, 
obtains  invariably.    It  would  be  preferable,  therefore,  simply 
to  distinguish  the  parental  totem  connection  from  the  tra- 
ditional exogamous  connection,  or  one  system  in  which  the 
exogamous  and  the  parental  connections  comcide,  fro^^  a 
sccond  in  which  they  differ.  ^     ..  .      , 

The  conjecture,  therefore,    ^^  *  traditional  mattiage 
relation,  differing  from  that  based  on  parentage,  ^^^  « 


i66        ELEMENTS   OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

out  of  a  previous  totem  friendship,  is  based  primarily  on 
the  importance  which  totemic  cult  alliances  in  general 
possessed  within  the  totemic  tribal  Organization.  ^  Other 
causes,  of  course,  may  ako  have  co-operated.  Two  further 
points  must  be  noticed.  In  the  first  place,  it  is  not  at  all 
likely  that  the  transition  from  the  parental  exogamous 
relation  to  the  traditional  form  occurred  at  the  same  time 
in  all  the  totem  groups.  This  is  not  only  highly  improb- 
able in  itself,  but  is  also  absolutely  irreconcilable  with  the 
fact,  shown  by  the  example  of  the  Dieri,  that  the  earlier 
transition  from  unlimited  to  limited  exogamy  was  gradual. 
Moreover^  one  must  bear  in  mind  that  the  transition 
from  parental  to  traditional  exogamy,  represented  by 
diagram  III  (p.  148),  not  only  underwent  several  repeated 
transformations,  but  that,  due  to  the  power  which  tradition 
always  exerts,  a  traditional  exogamous  union  of  two  totems, 
after  it  once  arose,  may  have  persisted  throughout  several 
changing  cult  friendships.  An  existing  marriage  relation 
may  not  at  all  have  corresponded  to  the  cult  friendship 
that  immediately  preceded  it  ;  it  may  have  been  based  on 
any  earlier  friendship  whatsoever^hat  had  been  favoured  by 
conditions  and  that  had  received  a  firm  place  in  tradition. 
These  facts  show  that  thte  hypothetical  *  wise  ancestors  '  of 
the  present-day  Australians— sages  who  are  said  to  have 
invented  this  complicated  Organization  in  the  immemorial 
past  for  the  purpose  of  avoiding  endogamy— are  just  as 
superfluous  as  they  are  improbable.  The  phenomena  arose 
in  tfae  course  of  a  long  period  of  time,  out  of  conditions 
immanent  in  the  life  and  in  the  cult  of  these  tribes.  The 
various  forms  of  exogamy  appearing  in  the  course  of  this 
period  were  not  the  causes  but  the  efTects  of  the  phenomena  in 
question. 

7.  The  Forms  of  Polvgamv. 
Unless  external  influences  have  changed  his  mode  of  life, 
primitive  man,  as  wc  have  seen,  is  both  monogamous  and 
endogamous,  the  latter  term  being  used  in  a  relative  sense 
as  denoting  a  condition  in  which  marriages  are  permitted 
between  bloqd  relations  as  well  as  between  non-relations. 


THE    TOTEMIC   AGE  167 

As  a  result  of  the  externa!  conditions  of  life,  however, 
particularly  the  common  habitation  of  the  same  protec- 
tivc  cave  and  the  use  of  adjacent  hunting-grounds, 
unions  within  a  wider  Joint  family  generally  predominate. 
Following  upon  the  rise  of  exogamy,  polygamy  also 
regularly  appears.  These  two  practices  give  to  the  mar- 
riage  and  famil]c  rclations  of  totemic  society  an  essen - 
tially  diflferent  ch^acter  from  that  which  they  possess 
under  primitive  cmditions.  Even  in  the  totemic  era,  indeed, 
polygamy  is  not  universal ;  monogamy  continues  to  survive. 
Monogamy,  however,  ceases  to  be  a  norm  of  custom.  It 
is  everywhere  set  aside,  to  a  greater  or  less  extent,  in  favour 
of  the  two  forms  of  polygamy — polygyny  and  polyandry. 

Now  it  is  apparent  that  precisely  the  same  conditions  that 
underlie  the  development  of  the  various  forms  of  exogamy 
also  generate  polygyny  and  polyandry.  From  the  Standpoint 
of  the  general  human  impulses  determining  the  relations  of 
the  sexes,  both  sorts  of  polygamy  are  manifestly  connected 
very  closely  with  the  origin  of  exogamy.  Here,  again,  the 
fact  that  exogamy  originated  in  marriage  by  capture  from 
within  the  tribe  is  of  decisive  importance.  It  is  precisely 
this  friendly  form  of  the  capture  of  brides,  as  we  may  learn 
from  the  example  of  the  Australians  and  of  others,  that  is 
never  carried  out  by  the  individual  alone,  whether  the  custom 
be  still  seriously  practised  or  exists  only  in  playful  survivals. 
The  companions  of  the  captor  aid  him,  and  he,  in  turn, 
reciprocates  in  similar  undertakings.  Thereby  the  coni- 
panion,  according  to  a  view  that  long  continucd  to  be  held, 
gains  a  Joint  right  to  the  captured  woman.  Hcnce  the 
original  form  of  polygamy  was  probably  not  polygyny-tho 
only  form,  practically,  that  later  occurs— but  polyandry.  At 
first  this  polyandry,  which  originates  in  capture,  was  pnibably 
only  temporary  in  character.  Nevertliclcss  ii  incvitably  lod 
to  a  loosening  of  the  marriage  bond,  the  n?snh  of  which 
might  easily  be  the  introduction  of  polygyny.  I  lie  man  who 
has  gained  a  wife  for  his  permanent  posscssion  sceks  to  in- 
demnify  himself,  so  far  as  possible,  for  the  partial  loss  which 
he  suffers  through  his  companions.     \Urt\  thcn,  two  motives 


i68        ELEMENTS   OK  FOLK   PSYCHOLOGY 

co-operate  to  introduce  tfae  so-calied  *  group-marriage  *— the 
dearth  of  women,  which  may  also  act  as  a  secondary  motive 
in  the  daim  of  the  companions  to  the  captured  wcnnan,  and 
the  impulse  for  sexual  satisfaction^  which  is,  in  turn,  intensi- 
fied  by  the  lack  of  women.  Similarly,  the  right  to  the 
possession  of  a  woman,  even  though  only  temporarily,  also 
has  two  sources.  In  the  first  place,  the  belper  demands 
a  reward  for  his  assistance.  This  reward,  according  to  the 
primitive  views  of  barter  and  exchange,  can  consist  only 
in  a  partial  right  to  the  spoils,  which,  in  this  case,  means 
the  temporary  Joint  possession  of  the  woman.  In  the  second 
plaoe,  however,  the  individual  is  a  member  of  the  clan^  and 
what  he  gains  is  therefore  regarded  as  belonging  also  to 
tfae  others.  Thus  the  right  of  the  dosest  companions  may 
broaden  into  a  right  of  the  clan.  Indeed,  where  strict 
monogamy  does  not  prevent^  phenomena  similar  to  marriage 
by  capture  persist  far  beyond  this  period  into  a  later  civi- 
lixation.  Thus,  in  France  and  Scotland,  down  to  the  seven- 
teenth  oentury,  the  lord  possessed  the  right  of  jus  primm 
mocüs  in  the  case  of  all  his  newly  married  vassals.  In 
place  of  the  clan  of  an  earlier  period  we  here  find  the 
lord ;  to  him  has  been  transmitted  the  right  of  the 
dan.  At  the  time  when  these  phenomena  were  in  their 
early  beginnings,  the  tekttix>rary  relation  might  very  easily 
bave  beocme  perman^it.  It  is  thus  that  group-marriage 
originales— an  Institution  of  an  enduring  character  which 
not  only  sunivw  tbe  early  marriage  by  capture  but  which 
ia  reinforced  and  probably  first  made  permanent  by  its 
mbstitut^  namely,  marriage  by  purchase.  In  diis  instance 
Jlgain^  Aastralian  costom  offers  the  clearest  evidence.  In 
Ike  ao-calied  '  Pirrauru  marriage '  of  Australia,  a  man,  M, 
a  duef  wife,  d,  called  *  Tippamalku.'  Another 
N,  Kkewlse  has  a  diief  wife,  O.  This  wife,  C>,  is, 
li  at  tfae  same  time  a  Moondary  wife,  3S  or  *  Pirrauru  * 
..tfMi'>' Ta  like  manner  tfae  diief  wife,  C^,  may,  in  tum, 
wi£e,  S^  of  N.  Tfais  is  the  simplest  form  of 
Two  men  have  two  wives,  of  whom  one 
il  d»  idiMJlp  of  M  and  tbB  secondary  wife  of  N,  and  the 


THE   TOTEMIC   AGE 


169 


other  is  the  chief  wife  of  N  and  the  secondary  wife  of  M. 
Into  such  a  group  yet  a  third  man,  O,  may  occasionaUy 
enter  with  a  chief  wife,  Ca,  whom  he  gives  to  M;  as  a 
secondary  wife,  S3,  and  eventually  to  N  as  a  secondary 
wife,  S4y  without  himseif  participating  further  in  the 
group.  In  this  wa^  there  may  well  be  innumerable 
different  relations.  But  the  marriage  is  a  *  Pirrauru 
marriage*  whenever  a  man  possesses  not  only  a  chief  wife 
but  also  one  or  more  secondary  wives  who  are  at  the  same 
time  the  wives  of  other  men.      '  Pirrauru  marriage  '  is  a 


form  of  group-marriage,  for  it  involves  an  exchange  of 
women  between  the  men  of  a  group  according  to  the 
reciprocal  relation  of  chief  and  secondary  wives.  The  very 
manner  in  which  *  Pirrauru  marriage '  originates,  however, 
indicates  that  in  all  prohability  its  basis  b  monogamy,  and 
not,  as  is  supposed  by  many  ethnologists  and  sociologists, 

•  promiscuity,*  or  the  total  absence  of  all  marriage.  In 
harmony  with  this  Interpretation  is  the  fact  that  in  numerous 
regions  of  Australia,  especially  in  the  northem  districts, 
it  is  not  group-marriage  but  monogamy  that  prevails.  There 
is  also,  of  course,  a  form  of  group-marriage  that  differs  f rom 

•  Pirrauru  marriage,'  and  is  apparently  simpler.     In  it,  the 
differenoes  between  chief  and  secondary  wives  disappear  ; 
several  men  simply  possess  several  wives  in  common.  Because 
this  form  of  group-marriage  is  the  simpler,  it  is  also  usualTy 
regarded  as  the  earlier.     This  view,  however,  is  not  sus- 
ceptible  of  proof.     The  supposition  rests  simply  and  alone 
upon    the    consideration    that,    if    a    State    of    absolutely 
promiscuous    sexual    intercourse    originally    prevailed,    the 
transition  to  an  undifferentia^ed  group-marriage  without  di^. 
tinction  of  chief  and  secondary  wive»  would  be  the  n^^ 


I70        ELEMENTS  OF  POLK   PSYCHOLOGY 

Stege  of  development.  The  reverse,  however,  would  obtain 
«ere  monogamy  the  original  custom.  For  die  group- 
maniage  with  chief  and  secondary  wives  is,  of  course^  more 
smilar  to  monogamy  than  is  undiflferentiated  group- 
nuurriage.  Moreover,  this  order  of  succession  is  also  in 
greater  oonsonance  with  the  general  laws  underlying  social 
dianges  of  diis  sort.  As  a  matter  of  fact,  it  would  scarcely 
be  possible  to  find  grounds  for  a  transition  from  un- 
diflferentiated group-märriage  to  the  '  Pirrauru  system.*  If 
we  assmae  that  there  was  a  growing  inclination  for  single 
marriage,  it  would  be  difficult  to  understand  why  the  cir- 
cuitoas  path  of  *  Pirrauru  marriage  *  should  have  been 
cbosen.  On  the  otber  hand,  it  is  very  easy  to  see  that  the 
distinction  between  t:hief  and  secondary  wives  might 
gradnalljr  disappear.  Indeed,  this  is  what  has  almost 
universifly  happmied  wherever  pure  polygyny  prevaits. 
Wherever  polygyny  may  be  traced  back  to  its  beginnings, 
it  ahrays  seentA  to  have  its  origin  in  the  combination  of  a 
dnef  wife  witfa  several  secondary  wives.  Later,  however, 
wlien  the  wife  oomes  to  be  regarded  as  property,  we  find 
a  fbnnal  co-ordination  of  the  wives.  Or,  there  may  be  a 
distindkm  that  arises  from  the  accidental  preference  of 
the  httshand»  as  in  the  case  of  the  Sultan*s  favourite  wife, 
though  in  modern  times  such  choice  has  again  been  dis- 
placed  by  a  law  of  more  ancient  tradition.  The  latter 
dhange»  however,  was  the  result  of  the  extemal  influence 
ef  die  culture  of  Western  Europe.  Such  a  retrogressive 
mofenent,  in  the  sense  of  a  reapproach  to  monogamy,  is 
fweign  to  the  motives  immanent  in  the  development  itself . 
Fkudmniore,  •  Pirrauru  marriage  •  is  very  easily  explicable 
fay  leCorence  to  the  same  ccmdition  that  best  explains  the 
of  esogamy,  nanaelyy  the  custom  of  marriage  by 
*MB  pimctised  between  groups  enjoying  a  tribal  or  cult 
>.'  The  captured  wife  is  the  Tippamalku,  or  chief 
^iii^'  ol^tte  captor  ;  to  the  companions  who  assist  the  latter 
a  Krrauni;  or  secondary  wife.  This  latter 
'Mflrst  OBly  tttttponry,  though  it  later  becomes 
ly  As  a 'Itesult,  in  part,  of  a  dearth  of 


172        ELEMENTS  OF  TOLK  PSYCHOLOGY 

one  hand^  marriage  by  capture  gives  way  to  marriage  by 
barter  and  later  to  marriage  by  purchase,  and  where,  on  the 
other  band,  group-marriage  is  on  the  wane.  Custom  may 
then  either  recur  to  monogamy»  or  it  may  advance  to  a 
polygyny  which  is  pure  and  not,  as  in  the  case  of  group- 
marriage,  combined  with  polyandry.  Whether  the  former 
or  the  latter  will  occur,  will  depend,  now  that  marriage 
by  purchase  has  become  predominant,  upon  might  and 
property.  Since  these  are  also  the  factors  which  insure 
man*s  wpremacy  within  the  family,  the  older  forms  of  com- 
bined polyandry  and  polygyny  almost  universally  (with  few 
exceptions>  conditioaed  by  the  dearth  of  women)  give  way, 
nith  the  advance  of  culture,  to  simple  polygyny,  which  is  then 
practised  alongside  of  monogamy.  This  polygyny,  in  tum, 
also  finaUy  recedes  in  favour  of  monogamy.  The  cirde  of 
development,  accordingly,  may  be  represented  by  the  foUow- 
ing  diagram  :— 

Monogamy 

I 
Polyaindry 

Polyandry  with  Polygyny 
(Gronp-marriage) 

JMymy 

If  onogamy. 

A»  an  intermediate  stage  between  monogamy  and  group- 
s&arriage»  pure  polyandry,  it  should  be  remarked,  is  doubt- 
lea»  a  very  transitory  phenomenon.  Nevertheless,  it  has  a 
piiority  over  polygyny  in  so  far  as  it  first  fumishes  the 
niotives  for  the  additional  practice,  and  thus  for  the  very 
origin»  of  the  latter. 

As  a  matter  of  fact,  the  ethnological  distribution  of  the 
^In»  xd  marriage  entirely.  confixms,  as  a  general  rule,  the 
tniih  of  this  diagram.  Even  in  Australia  the  phenomena 
^  I^E^xyuni  and  of  group-marriage  are  confined  particularly 
l|>.jti|K«fK9nt|bern  regions.  In  the  northerly  regions,  where 
iq|l|  ,and  radal  fusion  have  played  a  greater  rAle, 

t|><|ii^.ji  r  and  polygyny  may  be  found.     The  same 


THE   TOTEMIC  ACE  173 

is  tme  of  America  and  of  Africa^  monogamy  decidedly 
predominating  in  the  former  and  polygyny  in  the  iatter. 
The  inHuence  of  marriage  by  purchase  then  constantly 
beoomes  stronger,  with  the  result  that  the  woman  comes  to 
be  regarded  from  the  point  of  view  of  property.  The 
rieh  man  is  able  to  buy  more  wives  than  the  poor  man. 
In  all  polygynous  countries  and  fields  of  culture,  therefore, 
even  in  the  present  domain  of  Islamism,  the  poor  man,  as  a 
mle,  lives  in  monogamy^  the  rieh  man  in  polygyny.  Only 
the  wealthiest  and  most  aristocratic  allow  themselves  a  real 
harem  with  a  considerable  number  of  wives. 

Linked  with  these  influences  is  yet  a  further  change.  Its 
beginnings  are  to  be  found  as  early  as  Australian  culture  ;  in 
America,  it  has  progressed  somewhat  farther  ;  in  the  other 
regions  of  totemism,  it  has  finally  succeeded  in  crowding  out 
the  original  conditions  with  the  exception  of  meagre  remnants 
and  survivab  of  customs.  The  change  to  which  I  refer  is 
the  transition  from  maternal  descent,  which,  in  all  prob- 
ability,  was  originally  universal,  to  paternal  descent. 
Matemal  descent  is  in  direct  harmony  with  the  natural  feel- 
ing  that  the  children  who  are  bom  of  the  mother,  and 
whose  early  care  rests  with  her  alone,  sbould  also  belong  to 
her.  In  this  sense,  mother-right  represents  the  earliest  of  all 
conceptions  of  property.  At  the  same  time  it  precludes  the 
possibility  of  that  marriage  which  was  avoided  even  by  primi- 
tive man,  and  which,  on  higher  cultural  levels,  is  abhorred 
beyond  all  the  other  unions  forbidden  by  the  exogamous 
norms  of  custom — marriage  between  son  and  mother.  The 
decisive  extemal  factor  in  connection  with  matemal  descent, 
however,  is  the  subordinate  position  of  the  family  as  com- 
pared  with  the  association  of  the  age-companions  of  the 
same  sex,  particularly  the  men's  club.  Because  of  its  tribal 
struggles,  whose  increasing  importance  is  extemally  reflected 
in  the  character  of  the  weapon,  it  is  precisely  the  totemic  era 
that  tends  to  loosen  the  natural  family  ties  of  the  preceding 
primitive  age,  and,  as  a  result,  to  allot  the  child  to  the 
mother.  This  tendency  is  clearly  expressed  in  certain  transi- 
tional  phenomena  that  may  occasionally  be  observed  :  »*»-« 


174        ELEMENTS   OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

occur  more  frequently  in  Melanesia  and  America^  however, 
than  in  Australia.     The  child,  in  these  cases,  inherits  the 
totem  of  the  mother  as  well  as  that  of  the  father  ;    or  the 
son,  though  continuing  to  inherit  the  totem  of  the  mother, 
nevertheless  passes  over  into  the  clan  of  the  father.     These 
are  intermediate  phenomena,  preparatory  to  the  general  trän- 
sition  from  maternal  to  paternal  descent.    At  the  same  time, 
the  fact  that  membership  is  inherited  in  the  paternal  clan,  in 
spite  of  the  custom  whereby  the  mother  determines  the  totem, 
directly  suggests  that  the  bond  uniting  the  men  may  become 
a  force  which  counteracts  maternal  descent  and  then  readily 
leads  to  paternal  descent.    This  transition  is  bound  to  occur, 
particularly  mider  the  co-operation  of  other  favouring  condi- 
tions.     Such  conditions,  as  a  matter  of  fact,  are  present ; 
for  social  Organization  gains  an  increasing  influence  upon  the 
whole  of  life*s  relations.     There  are  primarily  three  factors 
that  militate  against  the  original  custom  of  maternal  descent. 
The  first  of  these  consists  in  the  increasing  authority  of  the 
man  over  his  family,  particularly  over  the  son,  who  was 
generally    subject    to    stricter    regulations    than    was    the 
daughter.     This  authority  begins  to  manifest  itself  at  that 
time,  especially,  when  the  man*s  relations  with  his  family 
again  beoxne  doser,  and  the  associations  which  originally 
embraced,  without  exception,  all  the  men  of  the  clan,  are  dis- 
placed  by  family  groups  subject  to  the  control  of  a  family 
eider.     Coincident  with  these  changes  and  with  the  result- 
ing  transition  to  a  patriarchal  order,  there  occurs  also  the 
gradual  dissolution  of  the  general  system  of  totemic  tribal 
Organization.      Now,   the  system  of  maternal  descent  was 
closely  bound  up  with  totemic  tribal  Organization  from  the 
very  beginning.    With  the  disappearance  of  the  latter,  there- 
fore,  the  former  loses  its  power  of  resistance  against  the 
forces  making  for  its  destruction.     Finally,  as  a  third  factor, 
there  is  the  gradually  increasing  prominence  of  personal 
property.     Just  as  the  wife  becomes  the  prop)erty  of  the 
man,  so  also  does  the  chlld.     So  great  was  tliis  emphasis 
of  the  property  conception,  combined  with  the  notion  of 
authority,  that  even  among  the  Romans  the  pater  familias 


THE    TOTEMIC   AGE  175 

had  power  extending  over  the  life  of  his  children.  Beginnings 
of  such  conceptions,  however,  are  to  be  found  even  in  more 
primitive  societies.  Polynesian  custom,  for  example,  per- 
mitted  the  murder  of  new-born  children^  and  free  advantage 
was  taken  of  the  permission.  Only  after  the  child  had 
lived  for  a  short  time  was  infanticide  prohibited.  The 
dedsion,  however,  as  to  whether  or  not  the  child  should  be 
allowed  to  live  rested  primarily  with  the  father. 

8.  The  Developmental  Forms  of  Totemism. 

Our  discussions  thus  far  have  been  restricted  to  those 
aspects  of  totemism  which  are  directly  related  to  tribal 
Organization.  But  however  important  these  phases  may 
be,  particularly  in  so  far  as  they  affect  marriage  regula- 
tions,  they  are,  after  all,  but  an  extemal  indication  of  the 
all-pervading  influenae  of  totemism  upon  life  as  a  whole. 
Moreover,  tribal  totemism  leaves  many  things  unexplained, 
especially  the  origin  of  totemic  belief.  At  any  rate,  the 
fact  that  totem  groups  were  originally  cult  associations  un- 
mistakably  points  to  inner  motives  of  which  the  influence 
of  totemism  upon  tribal  Organization  and  upon  exogamy  is 
but  the  outer  expression.  To  answer  the  question  conceming 
the  nature  of  these  motives,  however,  we  must  first  call 
to  mind  the  various  sorts  of  totemic  ideas.  An  analysis 
of  these  ideas  may  proceed  in  either  of  two  directions. 
It  may  concern  itself  either  with  the  social  unit  that  regards 
itself  as  in  relation  to  the  totem  or  with  the  nature  of  the 
object  that  constitutes  the  totem.  So  far  as  the  social 
unit  is  concerned,  it  may  be  a  particular  group  of  indi- 
viduals— whether  constituting  a  cult  association  independent 
of  the  real  tribal  Organization,  as  in  Australia,  or,  as  in 
America,  representing  one  of  the  tribal  divisions  themselves 
—that  takes  the  name  of  a  particular  animal  or,  less  fre- 
quently,  of  a  plant  for  its  totemic  designation.  The 
individual,  however,  may  also  possess  a  personal  totem. 
Furthermore,  the  totemic  idea  may  be  associated  with  the 
birth  of  an  individual,  conception  being  regarded  as  an  act 


THE    TOTEMIC   ACE  177 

the  forbears  of  the  Aostraliazis  xa  magic  ceremonies.  Man* 
mura  is  the  name  that  occors  especially  in  Southern  Ans- 
tralia  ;  the  term,  Alcheringa.  prevails  in  the  north,  where 
the  age  of  these  mythical  ancestors  is  often  directly  referred 
to  as  the  Alcheringa  age.  At  times,  apparently,  it  is  beliex'ed 
that  these  ancestors  merely  singied  out  as  totems  certain 
already  exbting  animals.  In  other  cases,  however,  aninuils» 
as  well  as  mankind,  are  held  to  have  been  created  by  the 
magic-working  beings  out  of  formless  matter,  doubtless  carth. 
It  is  commonly  believed  that  the  creatures  that  wcre  thus 
created  were  at  first  lifeless,  but  became  animals  and  men 
when  placed  in  the  sun.  These  various  ideas  are  for  the  moät 
part  so  intertangled  in  Australian  legend  that  no  cohcrent 
history  of  creation  is  anywhere  discoverable.  The  legends 
plainly  embody  merely  a  number  of  detached  fanciful  ideas. 

Closely  connected  with  these  original  ancestors  there  is 
a  third  sort  of  totem  or  of  totemic  objects  which  we  may 
briefly  designate  as  inanimate.    The  objects  are  rcgarded  as 
possessing  magical  powers  and  as  having  bccn  bc(|u<*athed 
by   the   original   ancestors,    thus    representing   a   legacy  of 
the  magical  Alcheringa  age.     It  is  particulariy  stonefi  und 
pieces  of   wood  that   are   held  to  bc  the   alxidü  of  llirsn* 
totemic  spirits  and  that  are  represcntcd  by  hr««»'!  ^^  liaviii« 
at   one   time   been   entrusted    to   the   cuf»tody    of   ili*-   Jom-- 
fathers.       These    ideas    abound    particulariy     in    iioriliirM 
Australia,  where  the  magical  objects  ar«  ralk/1  'liiifiiii/.ii» 
(or  tjurungas).     Churingas  play  an   irnporfaiii   rAk  \u  ilu. 
ceremonies  of  the  totem  festivals.     Vor  th«  tun%\  \mf\.  Mm  y 
consist  of  symmetrically  shapcd   »tori'rn,    toiiMwlMf    <;mimI.u 
to  the  boomerang;    yct  other  objrxf^  »Iv/  iwv/  \^  \»,uu»\, 
particulariy  such  as  are  somchow  HttWcmV.  "•  '"'"•      '»»..„ 
churingas  are  also  associated  with  othrr  fM/tini'   i/l/,i^  ,,,., 
ticularly  with  conception  totemism-       '»•^^  ouv,u,\  -f.-  ;♦.,, 
is   supposed  to  continue  his  exist^rice,   a»  «t   '^•t^..   1$,    »j^, 
churinga,  so  that  when   this  comcs    into  c//r,|»/i    y^fU    »>.e 
mother  he  may  pass  over  directly  into  tri^  'J"W 

If,  now,  we  compare  with  each  oth«r  fli^  two  •',/fr-rrrÄ 
forms  of  the  first   class  oi   totooic    ««*>  fM//,/^,/,    u^ä^ 

13 


178         ELEMENTS   OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

and  indmdual  totemism—yf^  at  once  face  the  question, 
Which  is  the  earlier,  the  original  form?  The  ideas  con- 
nected with  the  individual  totem  are  certainly  much  more 
widely  disseminated  than  is  tribal  totemism.  Guardian 
spirits,  particularly  demoniacal,  protective  animals,  may  be 
found  in  many  regions  of  the  earth  where  there  is  little 
or  no  trace  of  the  tribal  totem.  This  is  true  especially  of 
many  regions  of  North  America  and  of  southem  Africa,  and 
likewise  of  numerous  islands  of  Oceania.  In  these  localities 
the  individual  totem  is  sometimes  regarded  as  a  sort  of 
double  of  the  individual  person.  If  the  totem  animal  dies, 
the  man  whose  totem  it  is  must  also  die.  Closely  related  to 
this  conception  are  a  vast  niunber  of  ideas  reaching  far 
down  into  later  mythology,  partioUarly  into  Germanic 
lore— ideas  according  to  which  the  soul  of  a  man  lies 
hidden  in  some  external  object,  perhaps  in  a  plant  or  in 
an  animal^  and,  when  this  vehicle  of  the  soul  is  destroyed, 
the  man,  or  the  god  or  demon  who  has  assumed  human 
form,  must  die. 

In  these  various  modifications,  individual  totemism  is 
doubtless  more  widespread  than  is  tribal  totemism.  Never- 
theless,  this  by  no  means  implies  that  the  latter  developed 
from  the  former.  On  the  contrary,  both  may  possibly  be 
equally  original,  grounded  as  they  are  in  universal  human 
motives  that  run  parallel  and  independent  courses.  For  this 
very  reason,  however,  it  is  also  possible  that  tribal  totemism 
is  the  older  form,  for  on  somewhat  higher  cultural  levels 
it  recedes  in  favour  of  the  belief  in  protective  spirits  of 
individuals.  In  questions  such  as  this  it  is  helpfui  to 
adduce  parallels  from  later  cults  whose  mode  of  origin  is 
more  familiär.  In  the  present  instance,  leaving  out  of 
account  the  animal  ideas,  the  two  forms  of  totemism  are 
closely  analogous  to  the  Roman  Catholic  worship  of  saints. 
The  saints  also  are  regarded  partly  as  guardians  of  com- 
munides  and  partly  as  personal  protectors.  Thus,  on  the 
one  hand,  wc  have  the  patrons  of  cities,  of  monasteries,  of 
vocations,  and  of  classes  ;  on  the  other  hand,  the  individual 
also  may  possess  a  particular  patron  saint.     Wc  know  of  a 


THE   TOTEMIC   ACE  I79 

certainty,  honever,  that  die  patroa  saints  of  indi^-iduads  did 

not  antecede  diose  of  the  Chorch  itself .     It  was  this  most 

inclusive  commnmty  that  first  electcd  the  saints,  whereu|Km 

smaller  groups  and  finally  individnals»  gnided  by  nK>tives  that 

were  frequently  quite  external,  selected  specific  patron  saints 

from  among  the  number  of  ecdesiastical  saints.    When  the 

Church  set  apart  a  certain  day  of  the  year  for  the  partiailar 

worship  of  one  of  its  saints,  this  day  was  calied  by  the  name 

of  the  Saint ;  to  those  individuals  who  were  named  af  ter  him, 

the  day  became  sacred.     Thus,  the  patron  saint  of  the  indi- 

vidual  appeared  later  than  the  more  universal  saint,     This 

Order  of  development,   moreover,   is   in  harmony  with  the 

general  nature  of  custom,  language,  and  myth,  accorcUng 

to  which  the  individual  succeeds  the  universal  ;  only  second« 

arily  may  the  process  occasionally  be  reversed.     Usually, 

however,  it  is  cult  associations  and  their  common  cult  objecti 

that  are  first  in  origin.     Our  contention  is  unaiTected  by  the 

fact  that  individual  cult  objects^  as  well  as  individual  totemii 

may  continue  to  survive  after  tribal  cults  and  tribal  totcmt 

have  disappeared.     For  the  need  of  a  personal  protector  ii 

generally  much  more  permanent  than  are  the  social  con- 

ditions  that  gave  it  birth.     Again  we  may  find  verlficAtlon 

in  the  analogous  development  of  saint  worship.     Nowftdtty« 

the  patron  saints  of  the  vocations,  classc»,  and  ciii«»  lutve 

more  and  more  passed  into  oblivion-     Among  ihe  Roinun 

Catholic  rural  population,  however,  the  Individual  biill  fr«- 

quently  has  his  patron  saint,  and,  even  wlutnt  ihtt  anUa  h^ 

disappeared,  the  celebration  of  the   '  Mtmt-d^y  '  Ufi%  imHu 

retained.    It  is  particularly  in  the  religwu#  realm  i\mi  y^tr. 

sonal  need  gains  a  greater  and  greater  a*cinidari/:y  wi^r  ij,^^. 

munity  need.  Everything  seems  to  indicate  tt*Ät  ^U  a  i  Uai^i^^ 

took  place  even  within  totemism,  e%9^^}^V  ^^^r  ih.t  u,t\u. 

ence  of  the  gradual  dissolution  of  the  original  i//t-ti,,i>  |,,|^^| 

organization-a  change  analogous    to    that   wIiü^   o^^urt^^j] 

in  the  case  of  saint  worship   a»   *    >'«»""  ^'  ^^'^    't-i;,y   ,^ 

mediaeval  guilds.     These  arguments^  of  cour^,  'i^tttt/^x  1^^ 

Claim  to  more  than  probability-       ^^J^  '"*'*   ^**''^   ^ 

the  individual  totem  developed    «a*   ^  ^"*  «roup   tot» 


i8o        ELEMENTS   OE  EOLK   PSYCHOLOGY 

Certain  indications,  however,  suggest  that  the  above  was 
the  course  of  development.  In  Australia,  the  stronghold  of 
original  tribal  totemism^  a  youth  is  frequently  given  a 
personal  totem^  in  addition  to  the  tribal  totem,  upon  the 
occasion  of  bis  initiation  into  manhood.  The  personal  totem 
is  frequently  a  matter  of  secrecy,  being  known  only  to  the 
medicine-men  or  to  the  eiders  of  the  tribe.  The  fact  that. 
this  is  true  indicates  that  such  a  personal  totem  possesses 
no  public  significance  and,  moreover,  that  it  is  probably 
bound  up  with  the  idea  that  the  real  essence  of  a  man  is 
contained  in  his  name,  just  as  it  is  in  his  picture,  so  that 
the  mere  speaking  of  the  name  might  bring  härm  to  the 
person.  It  is  äoubtless  probable,  therefore,  that,  after  groups 
came  to  be  formed  within  the  primitive  horde,  they  were 
at  once  bound  together  by  relations  of  cult.  As  Australian 
conditions  indicate,  the  origin  of  totems  in  the  sense  of  cult 
groups  is  at  least  as  old  as  tribal  Organization,  if  not  otder. 
The  same  cannot  be  said  of  the  much  more  remarkable, 
though  also  rarer,  forms  of  totemism,  conception  and, 
sex  totemism.  The  former  of  these  may  be  regarded  as  a 
modification  of  individual  totemism,  inasmuch  as  it  relates 
to  the  procreation  of  the  individual.  However,  it  also  forms 
a  sort  of  intermediate  stage  between  tribal  and  individual 
totemism.  A  woman  receives  the  totem  of  the  child  on  a 
specific  occasion,  of  which  she  usually  has  knowledge. 
Among  the  Aranda,  the  conception  may  occur  at  any  place 
whatsoever ;  among  the  Warramunga,  the  woman  retires 
to  a  certain  spot,  the  totem  place,  where  the  ancestral  spirits 
dwell.  Either  during  the  day  or,  especially,  during  the 
night  and  in  sleep,  the  spirit  of  the  ancestor  passes  over 
into  her.  '  The  word  *  spirit,*  which  is  employed  by  English 
writers,  is  not,  of  course,  an  accurate  rendering  of  the 
Australian  term,  and  may  easily  lead  to  a  misconception. 
.The  German  missionary  Strehlow  has  probably  done  better 
in  using  the  word  •germ/  The  germ  of  the  child  is 
thought  to  pass  over  into  the  body  of  the  mother  inde- 
pendently  of  any  act  of  the  father,  or,  at  most,  the 
partidpatioa  of  the  latter  is  held  to  be  merely  secondary, 
and  not  essential. 


THE   TOTEMIC   AGE  i8i 

Adherents  of  the  theory  of  original  promiscuity  have 
interpreted  these  ideas  also  as  a  survival  of  unrestrained 
sexual  conditions,  and  thus  as  indicative  of  the  fact  that 
paternity  was  at  one  time  unknown.     A  closer  acquaintance 
with  the  phenomena^  however,  shows  that  this  can  scarcely, 
be    the    case.     Thus,    the    idea   of    the    Warramunga   that 
it    is    the    totem    ancestors    of    a    woman's    husband    and 
not    those    of   any   other    man    that    pass    over    into    her, 
clearly    presupposes    a    State    of    marriage,    as    does    also 
the    further    fact   that   these   same   tribes    reckon    descent 
in  the  line  of  the  father  and  not  in  that  of  the  mother. 
Moreover,    the    passing    of    the    totem    ancestor    into    the 
woman   is   generally   accompanied   by  magical   ceremonies, 
such    as    the    swinging    of    bull-roarers,    or    contact    with 
churingas.   Or,  the  totem  ancestor  may  appear  to  the  woman 
in  sleep  or  in  a  waking  vision.     On  the  Banks  Islands, 
Strange  to  say,  we  find  conception  totemism  without  any 
trace  of  tribal  totemism.     The  manner  of  reception  of  the 
totem  ancestor  also  differs  ;    the  woman  eats  of  the  flesh 
of  her  husband's   totem  animal,   which,  since  there  is  no 
tribal  totemism,  is  in  this  case  a  personal,  protective  totem. 
Thiis,  conception  totemism  represents  something  of  an  ex- 
ception  in  that  the  eating  of  the  totem  is  not  forbidden, 
as  it  generally  is,  but  rather  constitutes  a  sort  of  cult  act, 
as  it  also  does  in  certain  other  cases.     In  Australia,  more- 
over, conception  totemism  is  to  be  found  only  among  several 
of  the  northern  tribes,  to  whom  it  may  at  one  time  have 
come  from  Melanesia.     Because  of  the  primitive  nature  of 
the  ideas  connected  with  conception  totemism,  particularly 
when,  as  among  the  Aranda,  the  husband  is  ignored  and 
it  is  believed  that  conception  is  mediated  only  by  the  totem 
ancestor,  the  northern  tribes  just  referred  to  have  sometimcs 
been  regarded  as  the  most  primitive.  There  are  some  writers, 
on  the  other  hand,  by  whom  the  possibility  of  such  ideas  is 
denied  on  the  ground  that  these  very  tribes  must  be  familiär 
with  the  process  of  procreation  in  the  animal  world.    But  this 
does  not  prove  the  case.    When,  however,  we  leam  that  the 
older  mcn  of  the  tribe  themselves  no  longer  entertain  the  » 


i83        ELEMENTS   OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

in  magical  generation,  particularly  as  the  exclusive  factor, 
iriiereas,  on  the  other  hand^  this  is  still  taught  to  the  young 
mott,  and  cspccially  to  the  children,  we  may  well  call  to 
mind  our  own  childish  notions  about  the  stork  that  brings 
die  babies.  Why  might  something  similar  not  occur  among 
the  Australians,  and  the  belief  possibly  retain  credence 
somewhat  beyond  the  age  of  childhood? 

Sex  totemism,  similarly  to  conception  totemism^  is  also 
of  somewhat  limited  distribution,  and  seems  to  occur  prin- 
cqMdly  in  those  regions  where  tribal  totemism  proper  is 
lacking  or  is  at  least  strongly  recedent.  Among  the  Kurnai 
of  southem  Australia,  for  example,  no  tribal  totemism  has 
been  discovered,  though  sex  totemism  occurs  and  actually 
fonns  the  basis  of  certain  marriage  ceremonies.  Sex  totemism 
probably  has  its  origin  in  the  individual  totem^  especially 
in  the  appearance  of  this  totem  in  dreams.  If^  after  such 
a  totem  has  appeared  to  an  individual  man  or  woman,  it 
b  then  adopted  by  others  of  the  same  sex,  specific  sex  totems 
may  well  come  into  being»  particularly  under  the  influence 
of  the  separate  associations  of  men  and  women.  It  is  also 
significant  that  in  the  case  of  sex  totemism  nocturnal  animals 
predominate.  The  totem  of  the  women  is  usually  the  bat  ; 
that  of  the  men,  the  owL  This  fact  is  indicative  of  a 
dream  origin  and  of  a  genesis  from  the  individual  totem. 
Diumal  birds  may,  of  course,  also  appear  in  dreams. 
Whether  or  not  this  occurs  depends  solely  upon  concomitant 
circumstances.  At  the  stage  of  culture,  however,  when 
man  is  accustomed  to  sleep  in  the  open,  it  is  probable  that 
the  nocturnal  birds  which  circle  about  him  will  also  appear 
in  his  dreams.  A  further  characteristic  phenomenon  of  the 
regions  where  sex  totemism  prevails,  is  the  manner  in  which 
marriage  is  consummated.  In  this  case  also,  the  woman 
eats  of  the  totem  of  th^  man.  This  causes  a  struggle 
between  the  man  and  the  woman,  which  is  really  a  mere 
mock-fight  ending  with  an  offer  of  reconciliation  on  the  part 
of  the  man.  With  this,  the  marriage  is  concluded.  Such 
customa  likewise  point  back  to  individual  totemism  as  their 
original  soarce»  and  probably  also  to  marriage  by  capture. 


THE    TOTEMIC   AGE  183 

The  fact  that  tribal  totemism  everywhere  receded  with  the 
dominance  of  individual  totems^  explains  why  sex  aad  tribal 
totemism  seem  to  be  mutually  exciusive.  Of  the  two  rare 
forms  of  totemism,  accordingly,  it  is  probable  that  concep- 
tion  totemism  was  the  earlier,  and  that  sex  totemism  belongs 
to  a  relatively  late  stage  of  development.  A  further  indica- 
tion  of  the  primitive  nature  of  conception  totemism  is  to 
be  found  in  the  fact  that  the  Aranda  possess  a  tribal 
Organization  in  which  the  grouping  of  totems  to  form  clan 
divisions  follows  a  principle  which  elsewhere  obtains  only  in 
the  case  of  the  two  tribal  halves.  Two  clans,  A  and  B,  that 
enjoy  exogamous  relations  with  each  other,  do  not  have  dif- 
ferent  totem  groups,  as  they  do  among  all  other  tribes  ;  their 
totem  groups  are  largely  the  same,  Among  the  Aranda,  there- 
fore,  a  man  of  one  totem  may,  under  certain  circumstances, 
marry  a  iwoman  of  the  same  totem,  provided  only  she  belongs 
to  the  other  clan.  True,  phenomena  are  not  lacking — such 
particularly  as  those  of  plant  totems,  to  be  mentioned  below, 
and  the  ceremonial  festivals  connected  with  them-r-which 
indicate  that  these  northem  tribes  were  affected  by  Papuan 
inmiigrations  and  by  race-mixture.  But  influences  of  this 
kind  are  the  less  apt  to  lead  to  the  submergence  of  primi- 
tive views  and  customs  according  as  they  are  instrumental, 
particularly  when  they  are  operative  at  an  early  age,  in 
maintaining  conditions  which  might  otherwise  possibly 
disappear  as  a  result  of  further  development. 

TTie  second  mode  of  classifying  the  forms  of  totemism 
is  based  on  the  objects  which  are  used  as  totems  and  leads 
to  an  essentially  different  analysis  of  totem  belief s.  Each 
of  the  forms  which  the  Classification  distinguishes  is,  of 
course,  also  subsumable  under  one  of  the  kinds  of  totemism 
already  discussed.  The  earliest  totem  objects,  as  has  already 
been  mentioned,  are  without  doubt  animals.  In  America,  as 
in  Australia,  there  are  practically  no  totems  except  animals  ; 
in  other  places  also  it  is  the  animal  that  plays  the  principal 
röle  in  totemic  mythology.  In  part,  the  animal  con- 
tinues  to  remain  predominant  even  after  the  age  of  actual 
totemism   has    passed.     Nevertheless,    plant   totemism   has 


i84        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

found  its  way  into  certain  regions.  Here  also  the  facts 
are  most  clearly  traceable  in  Australia,  our  most  important 
source  o£  information  regarding  the  history  of  the  develop- 
ment  of  totemic  ideas.  In  southem  Australia^  there  are  no 
totems  except  animals  ;  towards  the  north^  plant  totems 
gradually  begin  to  make  their  appearance,  until  finally, 
among  the  most  northerly  peoples  of  central  Australia,  such 
totems  have  the  dominance.  Plant  totems,  moreover,  are  also 
found  particularly  in  Melanesia,  from  which  place  they  might 
easily  have  come  to  Australia  across  the  chain  of  islands 
which  extends  from  New  Guinea  to  the  north  coast  of  the 
island-continent.  That  plants  play  an  unusually  large  röle  in 
the  regions  of  Oceania,  in  connection  with  totemism  as  well 
as  otherwise,  is  directly  due  to  external  conditions.  These 
islands  are  poor  in  fauna  ;  true,  they  possess  great  numbers 
of  birds,  but  these  are  of  little  value  to  the  hunter.  On  the 
other  band,  they  have  a  luxuriant  flora.  From  early  times 
on,  therefore,  it  is  chiefly  the  plant  world  that  has  been  the 
centre  of  interest  and  that  has  left  its  stamp  upon  myth  and 
custom.  Clearly,  plant  totemism  had  its  origin  on  these 
islands.  From  them  it  was  introduced  into  Australia,  where 
it  combined  with  animal  totemism.  But  the  regions  into 
which  plant  totemism  was  introduced  underwent  a  great 
change  in  their  totemic  cults.  It  is  probably  only  with  the 
appearance  of  plant  totems  that  those  cult  ceremonies  arose 
which  are  celebrated,  not,  as  the  festivals  of  tribal  totemism 
originally  were,  mainly  at  the  adolescence  of  youths,  bat 
primarily  for  the  sake  of  eflPecting  a  mulüpllcation  of  the 
totems.  Annually,  at  stated  times,  the  members  of  allied 
clans  unite  in  magical  ceremonies  and  cult  dances,  the  well- 
kaiown  *  corroborees,*  as  they  are  called  by  those  who  practise 
them.  The  primary  aim  of  such  cults  is  to  bring  about  by 
magical  means  an  increase  of  the  totem  plants  and  animals. 
Doubtless  we  may  regard  it  as  highly  probable  that  this  cere- 
mony  xepiesents  a  borrowing  on  the  part  of  animal  totemism 
from  plant  totemism.  For  the  hunter,  similarly,  desires  that 
there  be  a  very  great  abundance  of  game  animals.  Yet  it  is 
mainly  plants  that  are  the  object  of  conoem— a  concern  caused 


THE   TOTEMIC   AGE  185 

by  tfae  changes  in  weather,  with  its  incalculable  oscUlations 
between  life-bringing  rain  and  the  withering  glare  of  the 
sun.  These  are  the  motives  that  find  expression  in  the 
festivals  designed  for  the  multiplication  of  the  totems^  the 
'  Intichiuma '  festivals.  The  motives  to  these  ancient  cults 
still  frequently  find  their  counter'parts  in  the  customs  of  the 
cultural  peoples  of  the  present.  When,  in  times  of  a  long 
drought,  processions  pass  over  the  fields  and  supplicate 
Heaven  for  rain,  as  occurs  even  to-day  in  some  regions, 
we  certainly  have  an  analogous  phenomenon.  The  only 
difference  is  that  the  Australian  tribes  invoke  their  totems 
instead  of  Heaven  ;  they  call  upon  the  plants  which  are  to 
increase  and  upon  the  animals  which  are  to  be  available 
for  hunting,  with  the  aim  of  thus  exercising  a  magical 
influence  upon  them. 

In  connection  with  the  Australian  ceremonies  designed 
to  multiply  the  food  plants  and  game  animals,  we  come  upon 
still  a  third  kind  of  totem  objects.  They  differ  from  those 
of  the  two  preceding  classes  in  that  they  are  not  regarded  as 
independent  totems,  but  merely  as  vehicies  of  the  same  sort 
of  mag^cal  power  as  is  possessed  by  animal  and  plant  totems. 
In  distinction  from  the  latter,  we  may  briefly  dall  them 
inanimate  totems.  They  consist  of  stones  and  sticks.  These 
are  utilized  as  magical  objects  in  the  Australian  Intichiuma 
festivals,  and  also,  under  the  above-mentioned  name  of 
•  churingas,'  in  connection  with  conception  totemism.  They 
differ  from  animate  totems  in  that  the  latter  are  in  them- 
selves  endowed  with  magical  properties,  whereas  the 
former  are  always  held  to  derive  these  powers  from 
living  magicians,  from  the  anthropomorphic  or  zoö- 
morphic  ancestors  of  antiquity.  These  magicians  are 
thought  to  have  transmitted  the  objects  to  later  genera- 
tions  for  the  use  of  the  latter  in  the  practice  of  magic. 
Thus,  the  churingas  have  a  peculiar  Status,  intermediate 
between  magical  beings  and  magical  implements.  They  are 
carefuUy  preserved  because— as  is  indicated  by  their  use  in 
connection  with  conception  totemism— they  are  regarded 
as  legacies  left  by,  ancestors  ;   moreover,  they  are  ab 


iS6        ELEMENTS   OF   FOLK    PSYCHOLOGY 


to  harbour  the  demoniacal  power  of  these  ancestors. 
One  of  the  factors  determining  the  selection  of  these  objects 
b  doubtiess  generally  their  shape,  which  is  frequently  of  a 
striking  nature,  such  as  to  arouse  astonishment.  Ejected 
into  the  object  itself,  this  astonishment  becomes  a  wonder- 
working  power.  Later,  the  desire  to  secure  such  magical 
means  of  aid  may  become  a  supplementary  factor  in  the 
selection  of  these  objects,  and,  as  widespread  phenomena 
of  a  similar  nature  show,  may  eventually  suffice  of  itself 
to  constitute  an  object  the  bearer  of  magical  jK)wers.  Thus, 
it  is  these  inanimate  vehicies  of  a  magic  derived  from  totem 
ancestors,  that  form  the  transition  from  the  totem  object 
to  the  so-called  fetish. 

Each  of  the  three  kinds  of  totem  objects  just  described, 
the  plant  totem,  the  animal  totem,  and  the  totemic  fetish, 
may  assert  itself  in  connection  with  the  three  above- 
mentioned  social  forms  of  totemism.  Moreover,  the  three 
kinds  of  objects  may  also,  to  a  certain  extent,  combine 
with  one  another.  For,  though  the  animal  is  very  commonly 
the  only  totem,  plant  totems  never  occur  except  in  con- 
nection with  animal  totems,  even  though  there  are  certain 
conditions  under  which  they  attain  the  dominance.  Finally, 
the  totemic  fetish  is  always  associated  in  totemic  regions 
with  animal  and  plant  totems,  and  is  also  closely  con- 
nected with  the  idea,  even  here  permeating  totemic  belief, 
that  there  were  anthropomorphic  ancestors  who  left  these 
fetishes  as  magic-working  legacies.  Thus,  totemism  passes 
over,  on  the  one  band,  into  ancestor-worship,  and,  on  the 
other,  into  fetishism,  with  which  it  combines,  particularly 
in  the  *  Intichiuma  *  festivals,  to  form  a  composite  cult. 
Tribal  totemism  is  the  source  of  the  individual  totem  ;  the 
latter,  probably  as  a  result  of  animistic  ideas  that  displace 
tribal  totemism,  gives  rise,  as  an  occasional  offshoot, 
toi  the  sex  totem.  This  is  the  conclusion  to  which 
we  are  led  by.  the  fact  that  the  chöice  of  the  sex 
totem  is  influenced  by  the  dream.  The  last  important 
product  of  individual  totemism,  in  combination  with  tribal 
totemism,  is  an  incipient  ancestor  worship,  which  is  accom- 


THE   TOTEMIC  ACE  187 

panied  by  peculiar  forms  of  fetishism*  In  view  of  its 
origin,  we  may  perhaps  refer  to  this  cult  as  '  totemic 
fetishism/  The  following  diagram  illustrates  this  genetic 
relationship  :— 

Trit>al  and  Anlrnal  Tolemism 


Tribai  Toumlim-Animal  and  lodtvidual  Animal 

Plant  Totemi sm  Toiemism 

Ancestor  Worsblp         Sex  Toieiaism 

I 
Totemtc  Ftti^Miiii 


9.  The  Origin  of  Totemic  Ideas. 

We  havc  attempted  to  traoe  the  succession  of  the  various 
forms  of  totemism  by  reference  to  the  characteristics  which 
tbese  forms  reveal.  Closely  connected  with  this  problem  is 
the  question  conceming  the  origin  of  totemic  ideas.  WÜth 
respect  to  this  question,  however,  widely  different  hypotheses 
have  been  proposed.  Of  these,  those  that  foelong  to  an  earlier 
stage  of  our  ethnological  knowledge  conceming  this  subject 
can  here  receive  but  brief  mention.  Herbert  Spencer  held 
that  the  entire  institution  of  totemism  arose  out  of  the  totem* 
names  of  individuals,  such,  for  example,  as  wolf,  deer, 
eagle,  or,  among  the  Australians,  emu,  kangaroo,  etc.  These 
animal  names,  according  to  him,  were  at  first  perhaps  nick- 
names,  such  as  are  occasionally  to  be  found  even  to-day. 
Out  of  the  individual  totem  arose  the  tribal  totem.  The 
name  then  became  identical  with  the  thing  itself— that  is, 
with  the  animal,  which  thus  became  a  protective  and 
ancestral  animal.  Though  rejecting  the  idea  that  the  origin 
of  totemism  is  to  be  found  in  nicknames  and  epithets, 
Andrew  Lang  retained  the  belief  that  the  name  was  primary, 
and  that  the  Substitution  of  the  animal  or  the  plant  for  the 
name  occurred  only  later.  This  theory  is  not  so  stränge  as 
it  might  appear.  As  a  matter  of  fact,  it  is  quite  charac- 
teristic  of  primitive  thought  closely  to  associate  a  name 
and  its  object.  Primitive  man  regards  his  name  as  a  part 
of  himself  ;    this  idea  is  similar  to  that  which  underUes 


i88        ELEMENTS   OF  FOLK    PSYCHOLOGY 

the  terror  that  he  somctimes  manifests  when  a  skbtch  is 
made  of  bixa,  a  terror  due  to  the  belief  that  a  part  of  his 
soul  is  being  carried  away  in  the  picture  of  the  artist.  And 
yet  there  is  prima  facie  little  probability  that  a  phenomenon 
so  widely  prevalent  and  so  highly  ramified  as  totemism  could 
have  its  source  in  a  fact  of  this  kind,  which  is,  after  all,  only 
incidental.  Moreover,  in  one  of  the  chief  centres  of  tribal 
totemism,  in  the  eastem  part  of  North  America,  as,  for 
example,  among  the  Iroquois,  we  find  very  clearly  defined 
personal  names.  These  names,  however,  are  never  identical 
with  those  of  the  totems,  nor  even,  'as  a  ruie,  with  those  of 
animals.  Sometimes  they  are  borrowed  from  the  names 
of  flowers,  although  there  are  no  plant  totems  in  America  ; 
or,  they  are  flattering  appellatives  such  as  we  still  find  in 
higher  civilizations.  Moreover,  there  is  no  indication  that 
they  ever  came  to  be  used  for  the  designation  of  totems. 

The  view  held  by  Howitt  and  by  Spencer  and  Gillen, 
scholars  deserving  of  high  esteem  for  their  knowledge  of 
Australian  totemism,  is  an  essentially  different  one.  In  their 
opinions,  it  is  the  conditions  of  a  hunting  life  that  are  re- 
Hected  in  totemic  belief s.  They  maintain  that  the  animals  of 
the  chase  were  the  first  to  become  totem  animals.  Wherever 
plant  food  gained  great  importance,  plant  totems  were  then 
added.  The  evidence  for  this  view  is  based  mainly  on 
those  Intichiuma  ceremonies  and  festivals  by  means  of  which 
the  Australians  aim  to  secure  a  multiplication  of  the  totems. 
In  these  festivals,  for  example,  grass  seed  is  scattered  broad- 
cast  by  members  of  the  grass  seed  totem,  or  a  huge  lizard 
is  fonned  of  clay  by  the  members  of  the  lizard  totem,  and 
pieces  of  it  are  strewn  about.  These  are  magic  ceremonies 
that,  in  a  certain  sense,  anticipate  the  sowing  and  harvest 
festivals  of  later  times.  The  only  difference  consists  in  the 
fact  that  these  primitive  magic  usages  are  not  directed 
to  the  rain-bringing  clouds  or  to  celestial  deities  in  petition 
for  a  blessing  upon  the  crops,  but  to  the  objects  themselves, 
to  the  animals  and  plants.  Magic  powers  are  ascribed  to. 
tfae  latter ;  by  virtue  of  these  powers  they  are  to  multiply 
themselves.     In  regions  wheve  sowing  and  harvest  do  not 


THE   TOTEMIC  AGB  189 

as  yet  exist,  but  where  man  gains  his  food  solely  by  gathering 
that  which  the  earth  of  itself  brings  forth,  such  festivals  and 
cerenK)nies  are  to  a  oertain  extent  the  natural  precursors  of 
the  later  Vegetation  festivals. ' 

In  view  of  these  facts^  the  hypothesis  of  the  above- 
mentioned  investigators  seems  to  have  much  in  its  favour. 
There  is  a  very  important  consideration^  however^  that  obvi« 
ously  speaks  against  it.  It  is  highly  probable  that  these 
very  ceremonies  for  the  multiplication  of  totem  objects  are 
not  indigenous  to  Australia,  the  chief  centre  of  totemism, 
but  that  they,  along  with  the  plant  totem,  were  introduced 
from  without.  These  plant  totems,  as  was  remarked  above, 
appear  to  have  come  from  the  Melanesian  Islands,  where 
the  animal  totem  plays  a  small  r6Ie,  becaose  the  fauna 
is  meagre  and  man  is  dependent  in  great  measure  upon 
plant  food.  Besides  animal  and  particularly  bird  totems, 
therefore,  which  also  occar  <m  the  Melanesian  Islands, 
we  find  plant  totems  throog^iout  tbe  iHiole  of  northem 
Australia.  These  totems,  as  we  may  soppose,  are  the 
result  of  Papuan  immigrations,  to  which  are  due  also  edier 
objects  of  Melanesian  cnltnre  to  be  foond  in  the  Aostralian 
continent.  In  the  south,  where  there  are  no  totems  c^ber 
than  animals,  Intichioma  ceremonies  reoare  small  emphasis. 
In  entire  bstnaony  with  aar  oofuteatvyas  are  the  amditiof» 
in  Amerka,  where  do  fesdvab  o#  tbis  sort  are  comieaed 
with  the  tocems  tfaemseltes  ;  ^n  ^aaÜ^j^/^^  signtficance  is 
gained  only  later  by  dbe  ^n^  ire?eta?jr>n  festtvah,  and 
these  presuppose  agricnltxire,  WZ^s^i^  ^'^  *^  h^:r,r^nz% 
of  a  celestial  mythology. 

In  more  recent  times,  thcrcfore,  Fraier,  wir/ut  gr-at 
work,  "Totemism  and  Ezogamy/*  h^  aMenA:-^^  ^jt  f^ri^^^ 
collection  of  facts  concemmg  totetnk:  cnhare,  >A^  --ttj*,! 
to  an  essentially  different  theory.  He  traoet  a.:  f^rrrj.  ^f 
totemism  back  to  conception  totcmiöiL  Sisrjt  •?.*  v^^^* 
as  we  have  already  stated,  probably  ^^  ^^  "^  '-^-^^joai 
totemism,  we  are  again  confronted  bf^  ^-^.-^-yJ^. 
view,  much  as  in  the  hypothesis^  ci  am  ttif^  '^^j^ 
Frazer  derives  conception  '  '      ^ 


193        ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

IM  thon  tnmaferred  from  the  one  who  is  killed  to  tUe  dying 
ptrion  in  genaral.  With  Ihe  exhalation  of  his  last  breath, 
tuß  aoal  is  thought  to  depart  from  him.  The  souI  is  there- 
fore  conceived  as  a  moving  form,  particularly  as  an  animal, 
a  bird,  a  rapidly  glidtng  snake,  or  a  lizard. 

In  dealing,  later,  with  the  soul  conceptions  of  the  totemic 
age,  we  will  consider  these  several  motives  in  their  inde- 
pendent  influence  as  well  as  in  their  reciprocal  action  upon 
OBtt  apother.  Hexe  we  can  touch  upon  them  only  in  so  far 
as  they  harbour  the  sources  of  totemism  itself .  But  in  this 
oonnection  two  facts  are  of  dedsive  importance.  In  the 
first  place,  the  original  totem,  and  the  one  which  continues 
to  remain  most  common,  is  the  animal ;  and,  secondly, 
the  earliest  totemt  animals  are  identical  with  soul  animals. 
But  in  addition  to  soul  animals,  other  animals  also  may 
later  readily  come  to  be  regarded  as  totems,  particularly 
such  aa  continually  Claim  man's  attention,  as,  for  example, 
game  animals.  Thus,  the  soul  motives  are  brought  into 
interplay  with  other  influences,  springing  in  part  from  the 
emotions  assodated  with  the  search  for  daily  food,  thougb 
primarüy  with  success  or  failure  in  the  chase.  As  a  result, 
the  soul  motives  obviously  become  less  prominent,  and  the 
totem  animal,  freed  from  this  association,  acquires  its  own 
peeuKar  significance,  which  fluctuates  between  the  ancestral 
kksa  and  tfaat  of  a  protective  demon.  The  concem  for  food, 
which  was  at  first  operative  only  as  a  secondary  motive, 
was  hleightened  in  certain  localities  where  the  natural 
envifomnent  was  poor,  and,  with  the  influx  of  Immigrant 
tribes,  it  assumifri  ever  greater  prominence.  In  this  way, 
pfamt  totems  camte  to  be  added  to  anunal  totems  ;  finally, 
a»  a  resuU  of  certam  velations  of  these  two  totems  to 
hianimate  objects,  there  arose  a  fetishistic  offshoot  of 
lliis  again  brought  totemism  into  close  con- 
with  aneestor  ideas,  and  contributed  also  towards  the 
tfftasitMMi  from  animal  to  human  ancestors. 

Umsb  then,  totemic  idaas  arise  as  a  result  of  the 
ttiöqMiOB  of  primitive  aonl  ideas  into  the  corporeal  soul 
aftd  tte  AMitt^  and  shmtaw^-soMl.     That  the  two  latter  are 


.THE   TOTEMIC  AGE  tgi 

ited,  is  proven  also  by  tUe  history.  of  totemism.  Folk 
b^ef,  even  down  to  the  present,  hokls  that  die  soul  of  the 
äfing  person  Issues  in  his  last  breath  and  that  it  possesses  the 
f«nn  of  an  animal.  The  soul  of  one  who  has  recently  died, 
bvwever^  appears  primarily  in  dreams  and  as  a  phantom 
foim.  Now,  the  totem  animal  has  its  genesis  in  the  Irans- 
formation of  the  breath-soul  into  an  animal.  The  shadow- 
soul  of  the  dream,  moreover,  exercises  an  influenae  on  indi- 
vidual  totemism^  as  it  does  also  on  conception  totemism  and 
on  sex  totemism. 

Thus,  totemism  is  directly  connected  with  the  belief  in 
souls— that  is  to  say,  with  animism.  It  represents  that 
branch  of  animism  which  exercised  a  long-continuing  influ- 
ence  on  the  tribal  Organization  as  well  as  on  the  beliefs 
of  peoples.  But  before  tuming  tp  these  final  aspects  of 
totemism  and  their  further  developments,  it  is  necessary  to 
consider  another  group  of  ideas  which,  in  their  beginnings, 
occupied  an  important  place  within  the  circle  of  totemic 
beliefs.  The  ideas  to  which  I  refer  arc  those  connected 
with  the  custom  of  taboo. 

lo.  The  La  WS  of  Taboo. 
It    is   a   significant    fact    that    *  totem  '    and    *  taboo  ^ 
are    concepts    for   which    our    cultural    languages    possess 
no    adequate   words.     Both    these    terms    are    taken    from 
the  languages  of  so-called  natural  peoples,   "  totem  '  from 
an   idiom   of   the   North   American    Indians,    and    *  taboo  • 
from  the    Polynesian    languages.     The    word    'totem'    is 
as    yet    relatively   uncommon    in    literature,    with    the    ex- 
ception    of    books    on    ethnology    and    folk    psychology  ; 
the   word    'taboo/   on   the   other    band,    is    much   m    use. 
A  thing  is  called  taboo  when  it  may  not  be  touched,  or 
when  it  must  be  avoided  for  some  reason,  whether  because 
of  its  peculiar  sanctity  or  contrariwise  because  its  harmf^i 
influence  renders  it  '  impure/  defiling  every  one  who  comes 
into  contact  with  it.     Thus,  two   opposing  ideas  are   cotti- 
bmed  in  the  conception  of  taboo  :    the  idea  of  the  sacr^d 
as  something  to  be  avoided  because  of  its  sanctity,  an^l  ^  . 

14 


194        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

of  the  impure  or  loathsome,  which  must  be  avoided  because 
of  its  repulsive  or  harmful  nature.  These  ideas  combine 
in  the  conception  of  fear.  Therc  is,  indeed,  one  sort  of 
fear  which  we  call  awe,  and  another  termed  aversion.  Now, 
the  history  of  taboo  ideas  leaves  no  doubt  that  in  this  case 
awe  and  aversion  sprang  from  the  same  source.  That  which 
aroused  aversion  at  a  later  age  was  in  the  totemic  period 
chiefly  an  object  of  awe,  or,  at  any  rate,  of  fear— that  is,  of 
a  feeling  in  which  aversion  and  awe  were  still  un- 
differentiated.  That  which  is  designated  by  the  simplest 
word  [SrÄ^a]  is  also  earliest  in  origin  ;  awe  [Ehrfurcht]] 
and  a\-ersion   [Abscheu]  developed  from  fear  [ScheuJ. 

If,  now,  we  associate  the  term  '  taboo '  in  a  general  way 
with  an  object  that  arouses  fear,  the  earliest  object  of  taboo 
seems  to  have  been  the  totem  animal.  One  of  the  most 
elemental  of  totemic  ideas  and  customs  consists  in  the  fact 
that  the  members  of  a  totem  group  are  prohibited  from  eating 
the  flesh  of  the  totem,  and  sometimes  also  from  hunting  the 
totem  animal.  This  prohibition,  of  course,  can  have  origi- 
nated  only  in  a  general  feeling  of  fear,  as  a  result  of  which 
the  members  of  a  totemic  group  are  restrained  from 
eating  or  killing  the  totem  animal.  In  many  regions, 
where  the  culture,  although  already  totemic,  is,  nevertheless, 
primitive,  the  totem  animal  appears  to  be  the  only  object 
of  taboo.  This  fact  alone  makes  it  probable  that  totemism 
lies  at  the  basis  of  taboo  ideas.  The  protective  animal  of 
the  individual  long  survived  the  tribal  totem  and  some- 
times spread  to  far  wider  regions.  Similarly,  the  taboo, 
though  closely  related  to  tribal  Organization  in  origin,  under- 
went  further  developments  which  continued  after  the  totemic 
ideas  from  which  it  sprang  had  either  entirely  disappeared 
or  had,  at  any  rate,  vanished  with  the  exception  of  meagre 
traces.  This  accounts  for  the  fact  that  it  is  not  in  Australia, 
the  original  home  of  the  totem,  that  we  find  the  chief  centre  of 
taboo  customs,  nor  in  Melanesian  territory,  where  the  totem  is 
stiU  fatirly  common,  nor  in  North  America,  but  in  Polynesia. 

It  is  in  Polynesia,  therefore,  that  we  can  most  clearly 
trace  the  spread  of  taboo  ideas  beyond  their  original  start- 


THE   TOTEMIC  AGE  i95 

ing^point.     The  taboo  of  animals  is  here  only  inddental ; 
man  himself  is  the  primary  object  of  taboo— not  every  indi- 
vidual,  but  the  privileged  ones,  the  superiors,  the  priest,  the 
chieftain.     Closely   related  to  the  fact  that  man  is  thus 
held  taboo,   is  the  development  of   chieftainship  and  the 
gradual    growth    of    class    differences.     The    higher    class 
becomes  taboo  to  the  Iower  class.    This  fear  is  then  carried 
over    from    the    man    himself    to    his    possessions.      The 
property  of  the  nobleman  is  taboo  to  every  other  person. 
The  taboo  has  not  merely  the  force  of  a  police  law,  similar 
to  that  whereby,  in  other  localities,  men  of  superior  rank 
prohibit  entrance  to  their  parks  ;  it  is  a  religious  law,  whose 
transgression  is  eventually  pimished  by  death.     It  is  par» 
ticolarly  the  chief  and  his  property  that  are  objects  of  taboo. 
iWhere  the  taboo  regulations  were  strict,  no  one  was  allowed 
to  venture  close  to  the  chief  or  even  to  speak  his  name. 
Thus,  the  taboo  might   become  an  intolerable  constraint. 
In  Hawaii,   the  chief   was   not  allowed   to   raise  his   own 
food  to  his  mouth,  for  he  was  taboo  and  his  contact  with 
the  food  rendered  this  also   taboo.      Hence  the  Hawaian 
Chief  was  obliged  to  have  a  servant  feed  him.     The  objects 
which  he  touched  became  taboo  to  all  individuals.    In  short, 
he  became  the  very  opposite  of  a  despotic  ruler,  namely,  the 
slavc  of  a  despotic  custom. 

From  the  individual  person,  the  taboo  was  further  ex- 
tended  to  localities,  houses,  and  lands.      A  member  of  the 
aristocratic  class  might  render  taboo  not  only  his  movable 
property  but  also  his  land.      The  temple,  in  particular,  was 
taboo,    and,    together   with    the    priests,    ^IJ^f"^    ^*^^ 
character  longer  than  any  other  object.      The  taooo  con- 
cerned  with  the  eating  of  certain    animals    however,  also 
remained  in  force  for  a  long  time.      Though  these  anunals 
were  at  first  avoided  as  sacred,  tbe  taboo  of  the  sa^red,  m 
this  case,  later  developed  into  that  of  the  unpure^  Thus,  this 
conception  recurs,  in  a  sense,    to    it»    *^f^T  .^  .u  ^*^^ 

fear  that  is  associated  with  the  animals  ^^^«  Jhe  totem 
group  regards  as  sacred,  is  here  «>f'}''^^.  ^^^^  ^*^^  fear 
that  the  eating  of  the  flesh  is  harm^i^-     ^ickucss  or   ev^ 


196        ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY. 

death  is  believed  to  follow  a  transgression  of  such  a  taboo 
r^^ulation.  Even  in  its  original  home,  however,  the  taboo 
assumes  wider  forms.  It  subjects  to  its  influence  the  demon- 
ideas  that  reach  back  even  to  pretotemic  times.  The  corpse 
particularly,  and  the  sick  person  also,  are  held  taboo  because 
of  the  demoniacal  magic  proceeding  from  them.  Like- 
wise  the  priest  and  the  chief  are  taboo,  because  of  their 
sacredness.  Thus,  the  taboo  gains  a  circle  of  influence  that 
widens  according  as  totemic  ideas  proper  recede.  The  taboo 
which  the  upper  classes  placed  upon  their  property  had 
come  to  be  such  a  preponderant  factor  in  Polynesian  custom 
that  the  first  investigators  of  these  regions  believed  the 
taboo  in  general  to  be  chiefly  an  Institution  whereby  the 
rieh  aimed  to  protect  their  property  by  taking  advantage 
of  the  superstition  of  the  masses. 

One  of  the  most  remarkable  extensions  of  the  scope  of 
taboo  is  the  taboo  which  rests  on  relations  by  marriage. 
iThe  history  of  exogamy,  whose  earliest  stages  are  repre- 
sented  by  the  totemic  marriage  laws  of  the  Australians« 
clearly  teaches  that  the  aversion  to  marriage  between  blood 
relations  was  not  the  cause  but  at  most,  to  a  great  extent, 
the  effect  of  exogamous  customs  that  everywhere  reach  back 
into  a  distant  past.  But  there  is  a  second  class  of  marriage 
prohibitions^  and  this  likewise  has  found  a  place  even  in 
present-day  legislation— the  prohibition  of  unions  between 
relations  by  marriage.  Such  prohibitions  are  from  the 
very  beginning  outside  the  pale  of  exogamous  laws. 
Indeed,  it  is  clear  that  all  imions  of  this  sort—such,  for 
ezample,  as  are  forbidden  by  our  present  laws— were  pcr- 
mitted  by  the  totem  and  clan  exogamy  of  the  Australians 
and  that  of  the  American  Indians.  In  tho  oase  of  matemal 
diescent,  the  group  from  which  a  man  nnist  select  his  wife 
inchided  his  mother-in-law  as  well  as  his  wife.  Similarly, 
in  die  case  of  paternal  descent,  the  husband  and  father-in- 
law  were  totem  associates.  There  is  another  set  of  customs, 
however,  which  is  generally  connected  with  even  the  earliest 
fenns  of  exogamy,  and  which  fills  out  in  a  very  remarkable 
way  die  gap  that  appears  in  the  original  totemic  exogamy 


THE   TOTEMIC  AGB  197. 

when  this  is  compared  with  present-day  leglslation.  These 
customs  are  no  other  than  the  laws  of  taboo.  One  of  the 
earliest  and  most  common  of  these  regulations  is  the  iaboa 
of  the  niother'in4aw.  Corresponding  to  it,  not  so  common 
and  yet  obviously  a  parallel  phenomenon  occasionally  con- 
nected with  it,  is  the  taboo  of  the  father-in-taw.  Th^ 
relative  distribution  of  the  two  taboos  is  analogous  to  that 
of  maternal  and  patemal  descent  in  the  primitive  condition 
of  sodety^  for  it  is  maternal  descent  that  is  dominant.  This 
is  not  at  all  meant  to  imply  that  there  is  any  casual  relation 
between  these  phenomena.  Rather  is  it  true,  probably, 
that  they  are  based  upon  similar  motives,  and  that  these 
motives^  just  as  in  the  case  of  marriage  between  relations, 
are  more  potent  in  the  case  of  the  mother  than  in  that  of 
the  father.  In  generale  however,  the  taboo  of  parents-in- 
law  signifies  that  the  husband  must  so  f ar  as  possible  avoid 
meeting  his  mother-in-law,  and  the  wife,  her  father-in-Iaw. 
NoWy  it  is  evident  that  in  so  far  as  this  avoidance  exchides 
the  possibility  of  marriage,  the  custom  is,  in  a  way,  supple- 
mentary  to  exogamy.  Wherever  maternal  descent  prevails^ 
no  one  may  marry  his  mother ;  and,  where  taboo  of  the 
mother-in-law  exists,  no  one  may  marry  his  mOther-in-law. 
The  same  holds  of  father  and  daughter,  and  of  father  and 
daughter-in-law,  in  the  case  of  patemal  descent.  This 
analogy  may  possibly  indicate  the  correct  clue  to  the 
Interpretation  of  the  phenomena.  It  would  certainly  be 
erroneous  to  regard  the  taboo  of  the  mother-in-law  as  a 
regulation  intentionally  formulated  to  prevent  imions  between 
direct  relations  by  marriage.  Yet  there  is  evidence  here 
of  a  natural  association  by  virtue  of  which  the  fear  of 
marriage  with  one's  own  mother,  which,  though  not  caused 
by  the  exogamous  prohibition,  is  nevertheless  greatly 
strengthened  by  it,  is  directly  carried  over  to  the  mother- 
in-law.  Between  a  woman  and  the  husband  of  her  daughter 
there  thus  arises  a  State  of  taboo  such  as  is  impossible 
between  mother  and  son  because,  from  the  time  of  his 
birth  on,  they  are  in  close  and  constant  relation  with  each 
other.     In  consequence  of  the  above-mentioned  associa- 


loS        ELEMENTS  OF.  FOLK   PSYCHOLOGY 

tion,  mother  and  mother-in-law,  or  father  and  father-in- 
law,  form  a  unity  analogous  to  that  which  obtains  between 
man  and  wife.  What  is  true  of  the  husband,  is  also  true 
in  the  case  of  the  wife  ;  similarly,  what  holds  for  the  mother 
of  the  husband  holds  no  less  for  the  mother  of  the  wife. 

Striking  evidence  of  the  effect  of  an  association  of  ideas 
that  is  perfectly  analogous  to  the  one  underlying  the  taboo  of 
the  mother-in-law,  is  offered  by  a  custom  which  k  doubtless 
generally  only  local  in  scope  and  yet  is  found  in  the  most 
diverse  parts  of  the  earth,  thus  showing  plainly  that  it  is 
autochthonous  in  character.     I  refer  to  the  custom  of  so- 
called  father-confinement  or  *  couvade/     This  custom  pre- 
vails  in  various  places,  occurring  even  in  Europe,  where 
it  is  practised  by  the  Basques  of  the  Pyrenees,  a  remark- 
able  fragment  of  a  prc-Indo-Germanic  population  of  Europe. 
Due,   probably,    to   the   heavier   tasks   which   these   people 
impose    upon    women,    it    here    occasionally   occurs    in    an 
exaggerated    form.     Even    after    the    mother    has    already 
begun  to  atiend  to  her  household  duties,  the  father,  lying 
in  the  hod  to  which  he  has  Aoluntarily  retired,  receives  the 
congr.^tula:ions  of  ilie  relatives.     Custom  also  demands  that 
hc  subcot  hini5olf  lo  certain  ascetic  restrictions,  namely,  that 
h^  «wivl  the  caiiiii:  of  certain  kinds  of  food.     The  custom 
<rf  vVuxji.ic  i,*  cloarly  the  rosult  of  an  ideational  association 
Jy^:^-«'^  h;:5l\ind  ,in J  >»  ife— one  that  is  absolutely  analogous 
K^  thji:  he;nt^r;\  the  t\\\^  mothers  of  the  married  couple.   The 
oJijM  o>»t^s  tts  e\:s:o:u>o  lo  both  father  and  mother.     Both, 
t•)«^^^5^.  :v.;:s:  olv\    iho  rc^ul.itions  which  Surround  birth, 
411^^  Aus  :hx-v  a:c  al^^  subjoot  to  the  same  taboo.     Just  as 
^^liii«;^'  V*  \^:\    *V!v.:v.v^nly  a   ial>oo  on  the  mother  and  her 
♦iH»-^N5^  %*>,*.Ui.  M.>  .Uso.  in  the  regions  where  couvade  exists, 
^  ^!)^  UA^.v^t^n^Nl  to  the  husband. 

J^  ^  *\*i*,  k;uM\:u  the  last  vestiges  of  the  taboo  of  the 
llil^^-.^JUw  h4^t'  not  x-et  disappeared,  though  theysurvive 
.^»iy  *  WiNv,:.  4s  k!o  many  other  customs  that  were  once 
>*«\N«iS  ^a.s-^aJ  In  fact,  therc  is  no  other  form  of 
«^%«^ap>il^  Mt^^;h^i  by  blood  or  by  marriage,  that  is  so 
^^«i^  M*  -N^   Satire   oi   daily   life  as   well  as   to   the 


TTHE   tOTEMIC  AGE  199 

witticisms  and  jokes  of  comic  papers  as  is  that  of  the  un- 
fortunate  mother-in-law.  Thus,  the  primitive  taboo  resting 
on  the  mother-in-Iaw  and  also,  even  though  in  lesser  degree, 
on  the  father-in-law^  has  registered  itself  in  habits  that  ate 
relatively  well  known.  Graver  results  of  the  regulations 
of  ancient  custom  are  doubtiess  to  be  found  in  those  pro- 
hibitions  of  union  between  relatives  by  marriage  that  still 
constitute  essential  elements  of  present-day  laws.  This,  of 
course,  does  not  mean  that  these  prohibitions  are  iinjusti- 
fiable  or  that  they  do  not  reflect  natural  feelings.  They  but 
exemplify  the  fact  that  every  law  presupposes  a  develop- 
ment  which,  as  a  nile^  goes  back  to  a  distant  past,  and  that 
the  feelings  which  we  to-day  regard  as  natural  and  original 
had  a  definite  origin  and  assumed  theii;  present  character 
as  the  outcome  of  many  changes. 

Alongside  of  these  later  forms  of  the  taboo^  and 
outlasting  them,  we  have  its  most  primitive  form.  This 
is  the  taboo  which  rests  on  the  eating  of  certain  foods» 
particularly  the  flesh  of  certain  animals»  though  less  fre- 
quently  it  appUes  also  to  occasional  plants.  The  latter, 
however,  probably  represents  a  transference,  just  as  does 
plant  totemism.  A  particulat:  example  of  such  a  taboo  is 
the  avoidance  of  die  bean  by  the  Grecian  sect  of 
Orphians  and  by  the  Pythagoreans  whom  they  influenced. 
The  taboo  of  certain  animals  survived  mudi  longer.  But 
it  was  just  in  this  case  that  there  came  an  important  shift 
of  ideas  which  gave  to  the  taboo  a  meaning  almost  the 
opposite  of  that  which  it  originally  possessed.  Proof  of  such 
a  change  is  offered  by  the  Levitical  Priests'  Code  of  Israel. 
The  refined  casuistry  of  the  priests  prescribed  even  to  details 
what  the  Israelite  might  eat  and  what  was  taboo  for  him. 
For  the  Israeliten  however,  this  taboo  was  not  associated 
with  the  sacred  but  with  the  unclean.  Tl\e  original  taboo 
on  the  eating  of  the  flesh  of  an  animal  related,  in  the  totemic 
period,  to  the  sacred  animal.  This  is  the  taboo  in  its  original 
form.  The  Australian  shrinks  from  eating  the  flesh  of 
his  totem  animal,  not  because  it  is  unclean,  but  because 
he  fears  the  revenge  of  demons  if  he  consumes  the  protec- 


200        ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

tivc  animal  of  his  group.  In  the  Priests'  Code,  the  sacred 
object  has  become  entirely  transmuted  into  an  unclean 
object,  supposed  to  contaminate  all  who  eat  of  it.  It  is  a 
striking  fact,  however,  that  the  animals  which  are  regarded 
as  unclean  are  primarily  the  early  totem  animals— the 
screech-owl,  the  bat,  the  eagle,  the  owl,  etc.  Of  the 
animals  that  live  in  or  near  the  sea,  only  those  may  be  eaten 
that  have  scales,  that  is,  only  fish  proper,  and  not  the 
snake-like  fish.  The  snake  itself  and  the  snake-like  reptiles 
are  taboo,  as  well  as  numerous  birds— all  of  which  were  at 
a  very  early  period  totem  animals.  Heading  the  list  of 
the  animals  that  may  be  eaten,  on  the  other  hand,  are  the 
ox,  the  sheep,  the  goat— -in  short,  the  animals  of  an  agri- 
cultural  and  sheep-raising  culture.  Thus,  as  the  original 
magical  motives  of  taboo  disappear,  their  place  is  taken 
by  the  emotion  of  fear,  which  causes  the  object  arousing 
it  to  appear  as  unclean.  Whoever  touches  such  an  object 
is  polluted  in  a  physical  as  well  as  a  moral  sense,  and 
requires  a  cleansing  purification  according  to  rites  pre- 
scribed  by  cult.  We  cannot  avoid  the  impression,  accord- 
ingly,  that  the  unclean  animals  held  to  be  taboo  by  the 
Priests*  Code,  are  the  same  as  those  which  this  same  i>eople 
regarded  as  sacred  soul  and  totem  animals  at  an  earlier 
stage  of  culture.  Thus,  these  prohibitions  with  reference 
to  food  are  analogous  to  the  impassioned  preaching  against 
false  idolatry— both  refer  back  to  an  earlier  cult.  In  this 
category  belongs  also  the  prohibition  of  consuming  the 
blood  of  animals  in  the  eating  of  their  fiesh.  This  like* 
wise  is  the  survival  of  a  very  common  belief— certainly  preva- 
lent  also  among  the  Israelites  at  one  time— that  with  the 
blood  of  an  animal  one  might  appropriate  its  spirit-power. 
The  priestly  law  transforms  this  motive  into  its  direct  oppo- 
site.  For  the  tcxt  expressly  says  :  '*  In  the  blood  is  the  life  ; 
bat  yc  shall  not  destroy  the  life  together  with  the  flesh." 

Thus,  the  significance  of  the  taboo  shifts  from  the  sacred, 
nrhich  evokes  man's  fear,  to  the  unclean  and  demoniacal,  which 
also  arouse  fear  but  in  the  form  of  aversion.  Closely  related 
to  Um  ohange  is  a  group  of  views  and  customs  resulting 


THE   TOTEMIC   AGE  Boi 

from  this  last  form  of  taboo  and  reaching  down,  as  its 
after-effects,  far  into  the  later  religious  development. 
These  are  the  purificaiion  rites  connected  with  the  ideas  of 
clean  and  unclean.  The  word  lastraiio,  by  which  the 
Romans  designated  these  rites,  is  reaily  more  appropriate 
than  the  German  word  Reinigung,  since  it  suggests  more 
than  merely  the  one  aspect  of  these  usages.  Indeed,  the 
idea  of  purification  is  not  even  primary^  any  more  than  the 
conception  of  the  unclean  is  the  initial  stage  in  the  de- 
velopment of  the  taboo.  On  the  other  hand,  the  idea  that 
a  man  might  be  exposed  to  demoniacal  powers  by  touch- 
ing  an  object  or  by  eating  a  certain  food,  such,  for  example, 
as  the  flesh  of  certain  animals,  is  in  entire  accord  with  such 
primitive  notions  as  are  expressed  in  the  fear  of  the  corpse 
and  of  sickness,  as  well  as  in  other  similar  phenomena* 
The  essential  thing  is  to  escape  the  demon  who  is  harboured 
in  the  particular  object  of  concem.  This  Impulse  is  so  irre- 
sistible  that,  whenever  the  idea  of  taboo  arises,  the  concep- 
tion of  lustration,  of  a  magic  counteraction  to  the  demoniacal 
power,  is  also  evolved.  Thus,  magic  and  coonter-magic,  here, 
as  everywhere,  stand  in  antithesis.  The  means  of  such 
counter-magic  are  not  only  very  similar  througfaout  the  mott 
remote  parts  of  the  earth,  but  extemally  they  remain  the  same 
even  throughout  the  various  stages  of  culture,  There  are 
only  t/iree  means  by  which  an  individual  may  free  himself 
from  the  effects  of  a  violation  of  taboo— irirf«r,  fire,  and 
magical  iransference. 

Of  these  means,  the  one  which  is  the  most  familiär 
to  US  is  water.  Just  as  water  removei  physical  uncIeanncM, 
so  also  does  it  wash  away  soul  or  demoniacal  impcirity— 
not  symbolically,  for  primitive  man  has  no  sjrmbol^  in  c/21 
sense  of  the  word,  but  magically.  As  water  is  ü^  :r/y& 
common  dement,  so  also  is  it  the  most  caamuxL  nui^^ial 
means  of  lustration.  Besides  water,  fii«  •!••  »  ^==->  '-,  ^ ; 
generally  it  is  regarded  as  the  more 

event,  its  use  for  this  purpose  antccedfid  IkK  •€  "•«rftr    ^^^ 
no  less  than  water,  is  supposed  to 
demoniacal  influences  to  whicb  ft 


202        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

It  is  especially  peculiar  to  fire,  however,  that  it  is  held 
not  only  to  free  an  individual  f rom  an  impurity  which  he  has 
already  contracted^  but  also  to  protect  him  from  the  possi- 
bility  of  contamination.  This  preventive  power,  of  course, 
later  came  to  be  ascribed  to  water  also.  Indeed^  all  the 
various  means  of  lustration  may  come  to  be  substituted  for 
one  another,  so  that  each  of  them  may  eventually.  acquire 
properties  that  originally  belonged  exclusively  to  one  of 
the  others.  The  third  form  of  purification,  finally,  con- 
sists  in  a  magical  transference  of  the  impurity  from  man 
to  other  objects  or  to  other  beings,  as,  for  example,  from 
a  man  to  an  animal.  Closely  associated  with  such  a  trans- 
ference are  a  considerable  number  of  other  magic  usages. 
These  have  even  found  their  way  down  into  modern  super- 
stition.  We  need  but  refer  to  the  above-mentioned  cord- 
magic,  by  which  a  sickness,  for  example^  is  transferred 
to  a  tree  by  tying  a  cord  around  it. 

In  the  primitive  cult  ceremonies  of  the  Australians, 
lustration  is  effected  almost  exclusively  by  fire.  In  America 
also  fire  still  plays  an  important  röle,  particularly  in  the 
cult  ceremonies  of  the  Pueblo  peoples.  They  kindle  a 
great  fire,  about  which  they  execute  dances.  In  the  Initia- 
tion ceremonies  of  the  Australians,  the  youths  must  approach 
very  close  to  the  fire  or,  at  times,  leap  over  it.  In  this 
way  they  are  made  proof  against  future  attacks.  Such 
fire-magic  reaches  down  even  into  later  civilizations.  A 
survival  of  this  sort  is  the  St.  John's  fire  still  prevalent 
in  many  regions  of  Europe  and,  in  view  of  its  origin,  still 
frequently  called  *  solstice  fire '  in  southern  Germany.  On 
these  occasions  also,  the  young  men  and  maidens  leap  over 
the  fire  and  expose  themselves  to  the  danger  of  its  flames, 
in  the  belief  that  whatever  they  may  wish  at  the  time  will 
come  to  pass.  Here  again,  as  in  the  Australian  Initiation 
ceremonies,  lustration  by  fire  signifies  a  magic  act  having 
rcference  to  the  future. 

Water  is  a  far  more  common  means  of  lustration  than 
fire.  It  everywhere  gained  the  ascendanc}^  and  at  the  same 
timfi  very  largely  preserved  its  original  significance.    From 


THE   TOTEMIC   AGE  B03 

early  times  on  it  combined  the  power  of  removiag  the  im- 
purities  resulting  from  the  violation  of  a  taboo,  or,  more 
widely  applied,  of  cleansing  from  guilt,  with  the  power  of 
protecting  against  impending  impurity  and  guilt.  Thus, 
even  in  the  beginnings  of  taboo  usages,  the  bath,  or  ablu- 
tion,  was  a  universal  means  of  purification.  Tbe  sprinkling 
with  water,  on  the  other  band,  which  has  held  its  place 
even  in  Christian  cult,  is  a  means  of  purification  directed 
primarily  to  the  füture.  In  the  so-called  Jordan  festivals 
of  the  Greek  Catholic  Church,  ordinary  water  is  changed 
into  Jordan  water  by  the  magic  of  the  priest.  The  believer 
is  oonfident  that  if  he  is  sprinkled  with  this  water  he 
will  conunit  no  sin  in  the  course  of  the  following  year. 

Less  common,  on  the  whole,  is  the  third  form  of  lustra- 
don,  that  by  magical  transference.     Israelitic  legend  affords 
a  strildng  eatample  of  such  lustration  in  the  goat  which, 
laden  witii  the  sins  of  Israel,  is  driven  by  Aaron  into  the 
wildemess.     He  takes  the  goat,  lays  both  bis  hands  on  its 
head,  and  whispers  the  sins  of  Israel  into  its  ear.      The 
goat   is   then  driven  into   the   wildemess,   where   it  is   to 
bury  the  sins  in  a  distant  place.    An  analogous  New  Testa- 
ment Story,  moreover,  is  related  in  St.  Matthew's  Gospel. 
y/jt  arc  here  told  that,  in  Galilee,  a  man  who  was  possessed 
of  many  demons  was  freed  from  them  by  Jesus,  who  com- 
manded  them  to  pass  into  a  herd  of  swine  that  happened 
to  be  near  by.     Since  the  demons  had  previously  begged 
Jesus  not  to  destroy  them,  they  were  banished  into  these 
animals.    The  swine,  however,  plunged  into  an  adjacent  sea, 
and  thus  the  demons  perisbed  with  them. 

Totem,  taboo,  lustration,  and  counter-magic,  accordingly, 
were  originally  closely  related  to  one  another,  though  each 
of  them  proved  capable  of  initiating  new  tendencies  and  of 
undergoing  a  further  independent  development.    The  totem, 
for   example,   gave   risc    to   numcrous    sorts   o£   protective 
demons;  tbe  toboo  was   transferred   to   the  most   diverse 
objccts,   such  as  aroused   feelings    of   fear  and   aversion  ; 
lustration  led  to  the  various   counter   agencies   that  freed 
men's  minds  from  the  idoaf   of    contammation  and  guilt. 


ao4        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

These  institutions^  however^  were  themselves  based  upon 
certain  more  elementary  ideas  whose  iiifluence  was  far  from 
being  exhausted  in  them.  On  the  one  band,  totemic  belief 
grew  out  of  the  belief  in  souls  ;  on  the  other  band,  totemic 
ideas  were  the  precursors  of  further  developments.  The 
activity  of  totem  ancestors  was  associated  with  certain  in- 
animate  objects,  such  as  the  Australian  churingas,  to  which 
magical  powers  were  held  to  have  been  transmitted. 
Inasmuch  as  the  totem  animal  was  also  an  ancestral  animal, 
it  formed  the  transition  to  the  elevation  of  human  ancestors 
into  cult  objectSy  first  on  a  par  with  animal  ancestors  and 
later  exalted  above  them.  Thus,  there  are  three  sets  of 
ideas  which,  in  part,  form  the  bases  of  totemism,  and^  in 
part,  reach  out  beyond  it,  constituting  integral  factors  of 
further  developments  of  the  most  diverse  character.  These 
ideas  may  be  briefly  designated  as  animism,  feiishism,  and 
ancestor  worship.  Animism,  as  here  used,  refers  to  the 
various  forms  of  the  belief  in  souls.  By  fetishism,  on  the 
other  band,  is  universally  meant  the  belief  in  the  demoniacal 
power  of  inanimate  objects.  Ancestor  worship,  finally,  is 
the  worship  in  cult  of  family  or  tribal  ancestors.  The 
original  totemism  passes  over  into  the  higher  ancestor  wor- 
ship, which,  in  turn,  issues  in  hero  cult;  and  fiaally  in  th^ 
jEult  of  the  gods. 

:ii.  Soul  Beliefs  of  the  Totemic  Age. 
Soul  ideas,  as  we  have  already  noted,  constitute  the  basis 
of  totem  belief,  and  may  thus  be  said  to  date  back  into  the 
pretotemic  age,  even  though  it  is  obviously  only  within  the 
totemic  period  that  they  attain  to  their  more  complete 
development.  If  we  include  the  whole  of  the  broad  domain 
of  soul  belief  under  the  term  animism,  the  lattcr,  in  its 
many  diverse  forms,  may  be  said  to  extend  from  the  most 
primitive  to  the  highest  levels  of  culture.  It  is  fitting, 
however,  to  enter  upon  a  connected  account  of  animism  at 
fhi«  point»  because  the  developmient  of  the  main  forms 
of  soul  bdieC  and  of  their  transformations  takes  place 
witfain  tbo  totemic  age.     Moreover,  not  only  is  totemism 


THE   TOTEMIC  AGE  205 

closdy  dependent  f  rom  the  very  begrinning  upon  souI  cono^« 
tions,  but  the  devdopment  of  soul  conceptions  is  to  an  equal 
degree  affected  by  totemism. 

Soul  belief,  thus,  constitutes  an  imperishable  factor  in 
all  mythology  and  religion.  This  accounts  for  the  fact  that 
there  are  some  mythologists  as  well  as  certain  psychologists 
of  religion  who  actuälly  trace  all  mythology  and  religion  to 
animism,  believing  that  soul  ideas  first  gave  rise  to  demon 
and  ancestor  cults,  and  then  to  the  worship  of  the  gods. 
This  view  is  maintained  by  Edward  Tylor,  Herbert  Spencer, 
Julius  Lippert,  and  a  number  of  others.  Undeniable  as  it 
is  that  soul  belief  has  exerted  an  important  influence  upon 
mythological  and  religious  thought,  it  nevertheless  represents 
but  one  factor  among  others.  For  this  very  reason,  how- 
ever,  we  must  consider  separately  its  own  peculiar  conditions, 
since  it  is  thus  alone  that  we  can  gain  an  tmderstanding  of  its 
relation  to  the  other  factors  of  mythological  thought.  The 
fittest  place  for  examining  this  general  interconnection  is  just 
at  this  point,  where  we  are  in  the  very  midst  of  totemic 
ideas,  and  where  we  encounter  the  transformations  of  soul 
ideas  in  a  specially  pronounced  form.  Everything  goes  to 
show  that  the  most  important  change  in  the  history  of  the 
development  of  soul  belief  falls  within  the  totemic  period. 
This  change  consists  in  the  distinction  between  a  soul 
that  is  bound  to  the  body,  and  which;  because  oT  this 
permanent  attachment,  we  will  briefly  call  the  corporeal 
soul,  and  a  soul  which  may  leave  the  body  and  continue 
its  existende  independently  of  it.  Moreover,  according  to 
an  idea  particularly  peculiar  to  the  totemic  age,  this  latteir 
soul  may  become  embodied  in  other  living  beings,  especi- 
ally  in  animals,  but  also  in  plants,  and  even  in  inanimate 
objects.  We  will  call  this  soul  psycho,  the  breath  or 
shadow  soul.  It  is  a  breath  soul  because  it  was  the  exhala- 
tion  of  the  breath,  perhaps,  that  first  suggested  these 
ideas  ;  it  is  a  shadow  soul  since  it  was  the  dream  image,  in 
particular,  that  gave  to  this  soul  the  form  of  a  shadowy, 
vbible  but  intangible,  counterpart  of  man.  As  a  fleeting 
form,  rapidly  appearing  and  again  disappearing,  the  shadow 


2o6        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

soul  b  a  variety  of  breath  soul.  The  two  readily  pass 
over  into  each  other,  and  are  therefore  regarded  as  one 
and  the  same  psyche. 

There  is  ground  for  the  conjecture  that  the  distinction 
between  these  two  main  forms  of  the  soul,  the  corporeäl  and 
the  breath  or  shadow  soul,  is  closely  bound  up  with  the 
changed  culture  df  the  totemic  age.  Prunitive  man  flees 
f rom  the  corpse— indeed,  even  from  those  who  are  sick,  if  he 
Sees  that  death  is  approaching.  The  corpse  is  left  where 
it  lies,  and  even  the  mortally  ill  are  abandoned  in  their 
helpless  condition.  The  living  avoid  the  places  where  death 
has  entered.  All  this  changes  in  an  age  that  has  beconle 
familiär  with  struggle  and  death,  and  particularly  with  the 
sudden  death  which  foUows  upon  the  use  of  weapons. 
This  is  exemplifi^d  even  by  the  natives  of  Australia,  who 
are  armed  with  spear  and  shield.  The  warrior  who  falls 
before  the  deadly  weapon,  whose  blood  flows  forth,  and  who 
expires  in  the  midst  of  his  fellow-combatants,  arouses  an 
entirely  different  Impression  from  the  man  of  the  most 
pruniti\'e  times  who  dies  in  solitude,  and  from  whose  presence 
the  living  flee.  In  addition  to  the  original  ideas  of  a  soul 
that  is  harboured  in  the  body,  and  that  after  death  wanders 
about  the  neighbourhood  as  an  invisible  demon,  we  now  have 
a  further  set  of  ideas.  The  soul  is  believed  to  leave  the  body 
in  the  form  of  the  blood.  But  it  may  tak'e  an  even  morei 
sudden  departure,  being  somc^times  supposed  to  leave  in  the 
last  breath.  In  this  case,  it  is  h^ld  to  be  directly  perceptible 
as  a  small  cloud  or  a  vapour,  or  as  passing  over  into  some 
animal  that  is  swift  of  movement  or  possesses  such  charac- 
teristics  as  arouse  an  uncanny  feeling.  This  ideä  of  a 
breath  soul  readily  leads  to  the  belief  that  the  psyche, 
after  its  Separation  from  the  body,  appears  in  the  dream 
image,  again  temporarily  assuming,  in  shadowy  form,  the 
oatlines  of  its  original  body. 

Now  the  most  remarkäble  feature  of  this  entire  develop- 
ment  ia  the  fact  that  the  idea  of  the  corporeäl  soul  in  no 
wise  disappears,  as  one  might  suppose,  with  the  origin  of 
the  bnath  or  shadow  souL    ön  the  contrary,  both  continue 


THE   TOTEMIC  AGE  207 

to  exist  without  any  mutual  interference.    This  is  noticeable 

particuUrly  in  the  case  of  death  in  war.     The  belief  th^t 

the  90ul  leaves  the  body  with  the  blood  may  here  be  directly 

oombined  idth  the  belief  that  it  departs  with  the  breath, 

though  the  two  ideas  fall  under  entirely  difFerent  categories. 

Even  in  Homer  this  combination  of  ideas  is  still  clearly  in 

evidende.     The  breath  soul  is  said  to  descend  to  Hades^ 

there  to  oontinue  its  unconscious  existence   as  a  dream- 

like  shadow,  while  at  the  same  time  the  corporeal  soül  is 

thought  to  inhere  not  only  in  the  blood  but  also  in  other 

parts  of  the  body.     Certain  particular  organs  of  the  body 

are  held  to  be  vehicles  of  the  Sioul ;    anK>ng  these  are  the 

heart,  the  respiratory  organs,  and  the  diaphragm,  the  latter 

probably  in  connection  with  the  immediately  adjacent  kidneys, 

which  these  primitive  soul  ideas  usually  represent  as  an  im- 

portant  centre  of  soul  powers.    The  believer  in  animism  was 

not  in  the  least  aware  of  any  contradiction  in  holding,  as  he 

did  for  a  long  time,  that  these  two  forms,  the  corporeal  soul 

and  the  breath  soul,  exist  side  by  side.    His  concem  was  not 

with  concepts  that  might  be  scientifically  examined  in  such 

a  way  as  to  effect  a  t<econdliation  of  the  separate  ideas  or 

a    resolution    of    their    contradictions.     Even    the    ancient 

Egyptians,  with  their  high  civilization,  preserved  a  firm  belief 

in  a  corporeal  soul,  and  upon  this  belief  they  based  their 

entire  practice  of  preserving  bodies  by  means  of  embalm- 

ment.     The  reason  for  leaving  the  mouth  of  the  mummy 

open  was  to  enable  the  deceased  person  to  justify  himself 

before  the  judge  of  the  dead.     That  the  mummy  was  very 

carefuUy  enclosed  in  its  buria)  Chamber  and  thus  removed 

from  the  sphere  of  intercourse  of  the  living,  indicates  a  sur- 

vival  of  the  fear  of  demoniacal  power  which  is  characteristic 

of  the  beginnings  of  soul  belief.     The  Egyptians,  however, 

also  developed  the  idea  of  a  purcly  spiritua»  soul.    The  latter 

was  held  to  exist  apart  from  the  body  in  a  realm  of  the 

dead,  from  which  it  was   supposed   occasionally  to  returrx 

to  the  mummy.    It  was  by  this  simple  expedient  of  an  mter. 

course  between  the  various  souls  that  mythological  thought 

here  resolved  the  contradiction    between  unity  and  multx. 


2o8        ELEMENTS   OF,  FOLK   PSYCHOLOGY 

plicity  as  affecting  its  soul  concepts — a  contradiction  which 
even  later  frequently  claimed  the  attention  of  philosophy. 

iWhen^  on  a  more  advanced  cultural  level^  the  structure 
of  the  body  came  to  be  more  closely  observed,  a  strcHig' 
Impetus  was  given  towards  a  progressive  difFerentiation  of 
the  corporeal  soul.  Certain  parts  of  the  body^  in  particular, 
were  singled  out  as  vehicles  of  the  soul.  Those  that  are 
separable  from  the  body^  such,  for  example,  as  certain 
secretions  and  the  products  of  growth,  received  a  sort  of 
intermediate  position  between  the  corporeal  soul  proper  and 
the  breath  soul.  Chief  among  these  was  the  blood.  Among 
some  peoples,  particularly  the  Bantus  of  South  Africa,  the 
saliva  rivals  the  blood  in  importance,  possibly  because  of 
the  readily  suggested  association  with  the  soul  that  departs 
in  the  vapour  of  the  breath.  The  blood  soul^  however, 
is  by  far  the  most  universal  and  most  permanent  of  thcsc 
ideas.  In  its  after-effects  it  blas  survived  even  down  to  the 
present.  For,  when  we  speak  of  a  '  blood  relationship ' 
uniting  those  persons  who  stand  close  to  one  another  through 
ancestry,  the  word  *  blood  *  doubtless  represents  a  sort  of 
reminiscence  of  the  old  idea  of  a  blood  soul.  To  the  dis* 
passionate  eye  of  the  physiologist,  the  blood  is  one  of  the 
most  unstable  elements  of  the  body,  so  that,  so  far  as  the 
blood  is  concemed,  the  father  and  mother  certainly  transmit 
nothing  of  a  permanent  nature  to  their  descendants.  More 
Stahle  parts  of  the  organism  are  much  more  likely  to  be  in- 
herited.  But,  in  spite  of  the  fact  that  blood  is  one  of  the 
most  transitory  of  structures,  it  continues  to  be  regarded  as 
the  vdiicle  of  the  relationship  existing  between  members 
of  a  family,  and  even  between  tribally  related  nations. 
More  striking  expressions  of  the  idea  of  a  blood  soul  are' 
to  be  foimd  on  primitive  levels.  In  concluding  the  so- 
called  blood  brotherhood,  the  exchange  of  blood,  according 
to  prevalent  belief,  mediates  the  establishment  of  an  actual 
blood  relationship.  In  accordance  with  a  custom  which 
probably  sprang  up  indcpendently  in  many  different  parts 
of  ihe  earth^  each  of  the  two  parties  to  the  compact,  upon 
entering  this  brotherhood,  took  a  drop  of  blood  from  a 


THE   TOTEMIC  ACE  209 

small,  self*inflicted  wound  and  transferred  it  to  the  corre- 
sponding  wound  of  the  other.  Sinoe  the  drop  of  exchang^ 
blood  represents  the  blood  in  general— not  merely  sym- 
bolically,  as  it  were,  but  in  real  actuality— the  two  who  have 
entered  into  the  alliance  have  become  nearest  blood  relatives, 
and  thus  brothers. 

The  idea  that  a  soul  exists  in  the  blood,  however,  has 
also  a  converse  aspect.  This  consists  in  the  fear  of  shedding 
bloody  since  the  wounded  person  would  thus  be  robbed 
of  his  souL  The  belief  then  arises  that  one  who  consumes 
the  blood  of  a  sacrificed  person  or  animal  also  gains  his  soul 
powers— an  idea  which  likewise  comes  to  have  reference 
to  other  parts  of  the  body,  particularly  to  the  specific  bearers 
of  the  soul,  euch  as  the  heart  and  the  kidne/s.  Thus,; 
between  fear,  on  the  one  band,  and  this  striving  for  power, 
on  the  other,  a  conflict  of  emotions  may  arise  in  which  the 
victory  leans  now  -to  the  one  and  now  to  the  other  side.  But 
the  striving  to  appropriate  the  soul  whichl  is  contained 
in  the  blood  tends  to  become  dominant,  since  the  struggle 
which  enkindles  the  passion  for  the  annihilation  of  the 
enemy  is  also  probably  the  immediate  cause  for  acting 
in  accordance  with  this  belief  conceming  the  blood.  To 
drink  the  blood  of  the  slain  enemy,  to  consume  his  heart— 
these  are  impulses  in  which  the  passion  to  annihilate  the  foe 
and  the  desire  to  appropriate  his  soul  powers  intensify  each 
other.  These  ideas,  therefore,  also  probably  represent  the 
origin  of  anthropophagy.  Anthropophagy  is  not  at  all  a 
prevalent  custom  among  primitive  tribes,  as  is  generally 
believed.  On  the  contrary,  it  is  just  among  primitive  peoples 
that  it  seems  to  be  entirely  lacking.  It  appears  in  its  primary 
forms,  as  well  as  in  its  modifications,  only  where  weapons  and 
other  phenomena  point  to  intertribal  wars,  and  the  latter 
do  not  occur  until  the  beginning  of  the  totemic  age.  The 
totemic  age,  however,  is  the  period  which  marks  the  develop- 
meat  not  only  of  the  idea  of  the  blood  soul  but  of  other 
soul  ideas  as.  well.  Accordingly,  anthropophagy  is,  or  was 
iintil  recently,  to  be  found,  not  among  the  most  primitive 
peoples  such  as  have  not  attained  to  the  level  of  totemism, 

IS 


2IO        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

but  precisely  within  the  botinds  of  totemic  culture^  and,  in 
part,  in  connection  with  its  cults.  In  these  cults,  man,  as 
well  as  the  animal,  becomes  an  object  of  sacrifice  in  the 
blood  offering.  Human  sacrifice  of  this  sort  continues  to  be 
practised  under  conditions  as  advanoed  as  deity  cult.  In  the 
latter,  anthropophagy  even  finds  aL  temporary  religious 
sanction,  inasmuch  as  the  priest,  particularly,  is  permitted 
to  eat  of  the  flesh  of  the  sacrifice.  Of  course,  the  perpetua* 
tion  and  extension  of  anthropophagy  was  not  due  raerely  to 
magical  motives ;  even  at  a  very  early  period,  the  f ood  impulse 
was  a  contributing  factor.  The  very  fact  of  the  relatively 
late  origin  of  the  custom,  however,  makes  it  highly  im- 
probable that  the  food  impulse  would,  of  itself  and  apart 
f rom  magical  and  cult  motives,  ever  have  led  to  it,  though 
such  an  explanation  has  been  offered,  especially  as  regards 
the  regions  of  Oceania  where  animals  are  scarce. 

In  the  course  of  religious  development,  human  sacrifice 
gave  way  to  animal  sacrifice,  and  cult  anthropophagy  was 
displaced  by  the  eating  of  the  flesh  of  the  sacrificial  animal. 
Inasmuch  as  the  latter  cult  was  not  only  more  common 
than  the  former  but  everywhere  probably  existed  prior 
to  the  rise  of  human  sacrifice,  this  later  period  in* 
volved  a  recurrence  of  earlier  conditions.  Nevertheless, 
there  were  phenomena  which  clearly  indicated  the  in- 
fluence  of  the  fear  of  the  blood,  and  this  militated 
against  the  appropriation  of  the  blood  soul.  Of  extreme 
significance,  for  example,  was  the  injunction  of  the  Israelitic 
Priests'  Code  against  partaking  of  the  blood  of  animals. 
The  original  motive  for  drinking  the  blood  became  a  motive 
for  abstaining  from  it— a  counter-motive,  in  which  the  pro- 
hibition,  as  in  many  other  cases,  may  also  indicate  an 
intcntioMl  abandonment  of  an  earlier  custom.  Among  the 
Israelites,  as  among  many  other  Semitic  tribes,  the  blood 
of  the  animals  was  poured  out  at  the  sacrificial  altar.  That 
which  was  denied  man  was  fitly  given  to  the  gods,  to  whöm 
the  life  of  the  animal  was  offered  in  its  blood. 

In  early  ages,  reaching  down  probably  into  the  beginnings 
of  totemic  culture,  two  organ  comptocs,  in  addition  to  the 


THE   TOTEMIC  AGE  211 

blood,  were  held,  in  an  espedal  d^^ree^  to  be  vehicles  of  die 
corporeal  soul-— the  kidneys  with  their  surrounding  fat,  and 
the  external  sexual  Organs.  The  fact  that,  in  many  lan- 
guageSy  Iddoeys  and  testicles  weie  originally  denoted  by  the 
same  name,  indicates  that  these  two  organs  were  probably 
regarded  as  essentially  related,  ä  view  that  may  possibly  be 
due  to  the  position  of  the  Urethra,  which  apparently  con- 
nects  the  kidneys  with  the  sexual  organs.  The  Bible  also 
offers  remarkable  testimony  in  connection  with  the  history 
of  the  belief  that  soul  powers  are  resident  in  the  kidneys 
and  their  appended  organs.  In  the  earlier  writings  of  the 
Old  Testan^nt,  the  kidneys,  as  well  as  the  heart,  are  fre- 
quently  reCerred  to  as  bearers  of  the  soul.  It  is  said  of 
God  that  he  seancheis  tbe  heart  and  tries  the  reins ;  and 
Job,  afflicted  with  sorrow  and  disease,  complains,  *'  He 
cleaveth  my  reins  asunder  and  doth  not  spare.^'  The  sacri- 
fidal  laws  of  the  Israelites,  therefore,  State  that,  in  addition 
to  the  blood,  the  kidi^ys  with  their  surrounding  fat  ara 
the  bumt  offering  which  is  xnost  acceptable  to  God. 
Rationalistic  interpretation  has  sometimes  held  that  man 
retains  the  choice  parts  of  tte  flesb  of  the  sacrificial  animal 
for  himself  and  devotes  the  less  agreeable  parts  to  the 
gods.  Such  motives  may  have  played  a  röle  whch  sacrificial 
oonceptions  were  on  the  wane.  The  original  condition, 
however,  was  no  doubt  the  reverse.  The  most  valuable 
part  belonged  to  the  gods»  and  this  consisted  of  the  organs 
that  were  pre-eminently  the  vehicles  6i  the  soul.  Though 
man  first  aimed  to  appropriate  the  soul  of  the  sacrifice 
for  himself,  the  devek>ped  religious  cult  of  a  later  period 
made  this  the  privilege  of  the  deity. 

It  was  only  in  early  custom  and  cult,  however,  that  the 
kidneys  played  this  röle.  Indeed,  as  already  indicated,  it 
is  not  iniprobable  that  they  owe  their  importance  to  the 
fact  that  their  position  led  to  the  belief  that  they  are  a 
central  organ  governing  particularly  the  sexual  functions. 
That  this  is  the  case  is  corroborated  by  the  fact  that,  in  the 
further  development  of  these  ideas  of  a  corporeal  soul,  the 
kidneys  more  and  more  became  secondary  to  the  external 


tia        ELEMENTS  OK  FOLK  PSYCHOLOGY 

sexual  Organs»  and  that  the  lattor  long  oontinued  to  retain 
the  dominant  importance.  Thus,  the  phallus  catt,  which 
was  prevalent  in  numerous  Oriental  countries  and  which 
penetrated  from  these  into  the  Greek  and  Roman  worlds, 
may  doubtless  be  regarded  as  the  last,  as  well  as  the  most 
permanent»  expression  of  those  ideas  of  a  central  corpoieal 
soul  that  were  originally  associated  with  the  kidneys  and 
their  surrounding  parts.  At  the  outset,  the  representation  of 
the  phallus  was  held  to  be  not  a  mere  sjrmbo)»  as  it 
were»  but  the  very  vehicle  of  masciüine  power.  As  a 
productive»  creative  potency,  it  was  regarded  as  very 
especially  characteristic  of  the  deity»  and»  just  as  the  attri- 
butes  of  deities  were  supposed  to  be  vested  in  their  images» 
so  also  was  this  divine  power  thought  to  be  communis 
cated  to  the  phallus.  In  addition  to  and  anteceding 
these  ideas  relating  to  gods»  the  phallus  was  held  to  be 
the  perfect  embodiment  of  demons»  particularly  of  field- 
demons»  who  cause  the  ripening  and  growth  of  the  seed. 
The  belief  in  phallus-bearing  demons  of  fertility  probably 
dates  back  to  the  totemic  age.  The  cults»  however,  to 
which  such  ideas  of  the  corporeal  soul  gave  rise»  reached 
their  mature  development  only  in  the  foUowing  period.  It 
was  then  that  deity  belief  was  elaborated,  and  it  was  in 
connection  with  the  latter  that  the  phallus  became  a  uni* 
Versal  magic  symbol  of  creative  power.  .With  the  decline 
of  these  cults»  the  symbol»  according  to  a  law  observable  in 
the  case  of  other  phenomena  also»  was  again  relcgated,  for 
the  most  part»  to  the  more  restricted  field  of  its  origin. 

Vestiges  and  survivals  of  the  primitive  forms  of  the 
corporeal  soul  extend  far  down  into  later  culture.  Never- 
theless»  the  second  main  form  of  souKbelief,  that  of  the 
psyehe,  comes  to  gain  the  prepondering  influence»  at  first 
älongside  of  the  corporeal  soul»  and  then  more  and  more 
displacing  it.  In  this  case»  the  earliest  form  of  the  belief» 
thkt  in  a  breath  soul,  proves  to  be  also  the  most  per- 
manent. The  idea  that  the  soul  leaves  the  dying  person  in 
his  last  bteath»  and  that  the  breath,  therefore,  exercises 
animating  or  magical  effects^  or  that  in  it  the  soul  may 


THE   TOTEMIC  AGB  Ö13 

pass  0?er  from  one  person  to  another,  is  a  veiy  conunoa 
belief.  Probably,  moreover,  it  arose  independently  io  many 
different  localities.  Some  primitive  tribes  have  the  customl 
of  holding  a  child  over  the  bed  of  a  dying  person  in  order 
that  the  sonl  may  pass  over  into  it ;  or,  a  member  of  the 
family  stoops  over  the  expiring  one  to  receive  his  soul. 
iVirgil's  £neid  contains  an  impres$ive  account  relatmg  tbat 
upon  Dido*s  death  her  sister  attempted  to  catch  the  sou^ 
whicb»  as  she  assumed^  roams  about  as  an  aerial  form;  white 
sbe  also  carefuUy  removed  the  blood  from  the  wound  in  order 
that  the  soul  might  not  remain  within  the  body.  Thus^  the 
blood  soul  and  the  breath  soul  are  here  closely  connected. 

In  the  further  destinies  of  the  breath  soul»  a  particu- 
larly  important  incident  is  its  passage  into  some  3wiftly 
moving  animal,  perhaps  a  bird  hovering  in  the  air,  or»  again, 
some  creeping  animal,  such  as  the  lizard  or  the  snake^ 
whose  manner  of  movement  arouses  uncanny  fear.  It  is 
these  animals»  chiefly>  that  are  regarded  as  metamiorphoses: 
of  the  psyche.  Remarkable  evidence  that  the  bird  and 
snake  in  combination  were  regarded  as  vehicles  of  the 
soul  may  be  found  in  the  pictorial  representations  of  the 
natives  of  northwestem  America.  The  escape  of  the  soul 
from  the  body  is  here  portrayied  as  the  departure  of  a  snake 
from  the  mouth  of  a  human  figure  seated  in  a  birdlike 
ship.  This  picture  combines  three  ideas^  which  occur  eise« 
where  also,  either  singly  or  in  combination,  in  connection 
with  the  wandering  of  the  soul.  There  is,  in  thie  first  place» 
the  soul-bird ;  then  the  soul-ship,  readily  suggested  by 
association  with  a  flying  bird»  and  recurring  in  the  ship 
which  ,was  thought  in  ancient  times  to  cross  the  Styx  of 
the  underworld  ;  finally»  the  sout-snake»  representing  the 
soul  in  the  act  of  leaving  the  body.  This  very  common  idea 
of  the  äoul  as  a  snake  and,  by  further  association,  its  con« 
ception  as  a  fish,  may  be  ascribed  not  only  to  the  fear 
aroused  by  the  creeping  snake,  but  also  to  the  circumstances 
attending  the  decomposition  of  the  corpse.  The  worm 
which  creeps  out  of  the  decaying  body  is  directly  perceived 
as  a  snake.     Thus,  corporeal  soul  and  psyche  are  again 


214        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

united  ;  in  this  union  they  mediate  the  idea  of  an  embodied 
soulj  which,  in  a  certain  sense,  of  course^  is  a  psycbe 
retransformed  into  a  corporeal  soul. 

iWitfa  the  appearance  of  these  ideas  of  an  embodied 
souly  totemism  merges  directly  into  soul-belief.  Under 
the  influenae  of  the  remaining  elements  of  totemism,  how- 
ever,  the  soul-ideas  come  to  be  associated  with  more  and 
more  animals.  The  soul  is  no  longer  held  to  be 
embodied  merely  in  the  earliest  soul-animals— bird,  snake, 
and  lizard— but  other  animals  are  added,  such  particularly 
as  those  of  the  chase,  which  have  a  closer  relation  to  the 
life  of  man.  FoUowing  upon  this  change  are  also  the 
further  developments  mentioned  above.  When  interest 
in  the  production  of  vegetable  food  is  added  to  that  of 
the  chase,  the  same  ideas  become  associated  with  plants. 
Their  sprouting  and  growth  continue  to  suggest  soul- 
powers  ;  and,  even  though  the  ancestor  idea  characteristic 
Df  the  animal  totem  cannot  attain  to  prominence  because 
of  the  greater  divergence  of  plants  from  man^  this  very 
Fact  causes  the  phenomena  of  sprouting  and  growth  all 
the  more  to  bring  into  emphasis  the  magical  character  of 
these  vegetable  totems.  Hence  it  is  mainly  the  plant  totem 
that  gives  rise  to  those  ceremonies  and  cult  festivals 
ivhich  are  designed  for  the  magical  increase  of  the  totems. 
With  the  wane  of  the  soul-beliefs  connected  with  animal 
totemism,  it  is  not  only  plants  to  which  demoniacal 
powers  are  ascribed.  Even  inanimate  objects  come  to 
be  associated  with  magical  ideas,  either  because  of  certain 
[)eculiar  characteristics  or  because  of  the  function  which 
they  perform.  It  is  in  this  way  that  the  introduction  of 
tbe  plant  into  the  realm  of  totemic  ideas  mediates  the 
transition  from  the  totem  to  the  fetish.  On  the  other  band, 
IS  the  totem  animal  comes  more  and  more  to  be  an  ancestral 
lüimal,  and  as  the  memory  of  human  forefathers  gains 
gireater  prominence  with  the  rise  of  culture,  the  animal 
ftBcestor  changes  into  the  human  ancestor.  Thus,  fetishism 
imd  ancestor  worship  are  logical  developments  of  totemism. 
Thoilglk  ififf ering  in  tendency,  they  nevertheless  constitute 
developmüital  forms  which  are  not  at  all  mutually  exclu- 


THE   TÖTEMIC  ACE  215 

sive,  but  whicfa  may  become  dosely  related,  just  as  b  the 
case  witfa  the  animal  and  the  plant  totems  from  which  they 
have  proooeded.  i 

Before  tuming  to  these  later  outgrowths  of  totemic 
soul-belief,  however,  we  must  consider  their  infloence  opoa 
the  important  customs  relating  to  the  disposition  of  the  dead. 
These  customs  give  expression  to  the  ideas  of  death  and  of 
the  destiny  of  the  soul  after  death.  Hence  the  changes  that 
occur  at  the  beginning  and  in  the  course  of  the  totemic  age 
as  regards  the  usages  relative  to  the  disposal  of  the  corpse, 
mirror  the  important  transfonnktions  which  the  latter  under- 
goes.  Primitive  man,  as  we  have  seen,  flees  from  the  corpse. 
Dominated  solely  by  his  fear  of  escaping  demons,  he  allows 
the  dead  to  lie  where  they  have  died.  Thus,  no  attempt 
whatsoever  is  made  to  dispose  of  the  dead,  or  at  most  there 
are  but  slight  beginnings  in  this  direction.  It  is  not  the 
dead  who  vacate  the  premises  in  favour  of  the  living,  but 
the  latter  accommodate  themselves  to  the  dead.  Totemic 
culture,  accustomed  to  armed  warfare  and  sudden  death^ 
begins  from  the  outset  gradually  to  lose  its  fear  of  the 
dead,  even  though  not  the  fear  of  death;  and  this  reacts 
upon  the  disposal  of  the  corpse.  Of  course,  the  early 
custom  of  depositing  the  corpse  in  the  open  air  near  the 
place  where  death  has  occurred,  does  not  entirely  disappeär. 
This  locality,  however,  is  no  longer  avoided ;  on  the  con- 
trary,  anxious  expectation  and  Observation  are  now  fixed 
upon  the  corpse.  Just  as  totemic  man  drinks  the  blood 
of  those  who  are  slain  in  battle,  in  order  to  appropriate 
their  power,  so  also  in  the  case  ci  those  who  die  of  disease 
does  he  wish  to  acquire  their  soub  die  moment  they  leave 
the  body.  •  Traces  of  such  a  custom,  indeed,  occur  even 
in  much  later  times,  as  is  shown  in  Virgil's  above-men- 
tioned  account  of  the  death  of  Dido.  Within  the  sphere 
of  totemic  ideas,  however,  where  the  belief  in  a  corporeal 
soul  is  still  incomparably  stronger,  though  already  inter- 
Crossing  with  the  belief  in  animal  transformations  of  the 
psyche,  the  custom  of  depositing  the  dead  in  the  open  indeed 
continues  to  be  practised,  yet  the  disposition  of  the  corpse 


9i6       ELEMENTS  OF  FOIX  PSytaDEDET 

düngte,  becomiög,  la  spöe  irf  m  «tcmaj  ^^mimt»»^  Unna 
the  very  opposite.     The  corpte  is  m>  ion^r  iei:  jc  dk? 
pbr:c  of  dcath,  but  is  Btrctcbed  om  on  a  numiid  af  «ar± 
'1  liit  ii  the  so-called  '  platform  *  method  of  di^iosal,  wiD±. 
AB  is  evident,  forms  a  clear  trazisitiaD  to  iiirri«\  „r  ins- 
ment»    Before  the  mound  of  earth  co\'eT5  the  bodj,  ii  ionas 
a  platform  ui>on  which  the  corpse  is  hüd  out  a  be  Tipvcd 
a  primitive  catafalque,  as  it  were.     Ulis  manner  of  £»- 
posing   of    the   corpse   has    been   regarded   as    a   cosnca 
i'haracteristic  of  the  dominance  of  totemic  ci2}nzr&.      This 
i^  going  entirely  beyond  the  facts,  since  otber  modes  (rf 
diipoaal  are  also  to  be  found  even  in  Oceania  aiui  AostiahaLy 
ihfi  Chief  centres  of  totcmism.    Nevertheless,  the  phenooieDa 
connected   with  exposure   on  a  platform   indicate   that  a 
fusion    with    soul-ideas    has    now    taken    place.     Decom- 
position    follows    relatively   soon  after   death,   particalarly 
in  a  damp,  tropica]  climate.     On  the  one  band,  the  liquid 
products  of  decomposition  that  flow  from  the  corpse  aie 
interprcted  as  a  departure  of  the  souI  analogous  to  that 
which  occurs,  in  the  case  of  death  by  violence,  in  the  loss 
of    blood.     As    the    blood    is    drunk    to    appropriate    the 
soul  of  the  deceased,  so  also  do  the  relatives  now  crowd 
in  to  partake  of  the  liquid  products  of  decomposition— ia 
transference  similar  to  that  which  sometimes  occurs  when 
the  powers  of  the  blood  are  ascribed  to  the  saliva  or  to 
other  secretions.     On  the  other  band,   the  ürst  worm  of 
decomposition  to  lea>'e  the  corpse  is  bald  to  be  the  bearer 
of  the  soul.   Thus>  corporeal  soul  and  psyche  are  here  closely 
Pused.    The  liquid  products  that  leave  the  body  are  in  them- 
lelves  eleoients  of  the  corporeal  soul,  but  in  their  separa* 
ion  from  A^  body  they  resemble  a  psyche  incorporated  in 
A  crtemal  object ;  converscly,  the  worm  of  decomj)osition 
I  an  tmbödimont  of  the   psyche,  which  is  itself  repre* 
as  procw^ins  dirrctly  from  the  corporeal  soul. 
Ulis   JntMpUy  <tf   MHiNfom^s   ap}>ears    also   when   we 
the  otlier  m*v4^  ^  %ii>|Kv*iiV?  of  ihe  ilcad  that  are 
in  regiM«  %^«  «v^^mk^  cuhui«  «m  us  direct  out- 
yMMÜ.      AlM^   ^"W«   \V    vh^    Norih   .\merican 


THE   TOTEMIC  AGE  217 

Indian  tribes,  for  example,  the  corpse  is  burie4  but  a 
small  hole  is  pierced  in  die  mound  of  earth  over  the  grave, 
in  Order  to  allow  the  psyche  an  exit  from  the  body  or 
also  a  retum  to  it.  This  view  of  the  relation  between  body 
and  psyche  passed  down,  in  a  more  developed  form,  even 
into  the  other-world  mythology  of  the  ancient  Egyptians. 
The  mummification  practised  in  Egypt  wais  also  antid- 
pated,  for  the  idea  of  the  connection  of  the  soul  with  the 
bodyearlyled  to  the  exsiccation  of  the  corpse  in  the  open 
air.  According  to  another  usage,  observed  particularly  in 
America,  the  corpse  was  first  buried,  but  then,  shortly  af ter- 
wardsy  exhumed  for  the  purpose  of  preserving  the  skull  or 
other  bones  as  vehicles  of  the  soul.  The  fundamental  idea 
seems  to  have  been  that  the  soul  survives  in  these  more  per- 
manent parts  of  the  body  ;  in  the  case  of  the  skull,  an 
appreciation  of  the  importance  which  the  various  organs  of 
the  head  possess  for  the  living  person  may  also  have  played 
a  röle.  Possibly  these  ideas  likewise  Me  at  the  basis  of  the 
discreditable  head-hunting  practised  by  the  Indians,  even 
though  it  be  true  that  the  skull,  which  is  preserved  and 
utilized  as  a  favourite  adomment  of  the  exterior  of  the  hut, 
and  also  the  representative  of  the  skull,  the  scalp,  have  long 
been  mere  trophies  of  victory,  similar  to  the  antlers  of  the 
stag  and  the  deer  with  which  our  huntsmen  decorate  their 
dwellings.  Of  the  various  forms  of  disposing  of  the  dead  that 
are  peculiar  to  the  totemic  age,  however,  it  is  interment,  the 
very  opposite  of  platform  disposal,  that  finaUy  comes  to  be 
adopted  in  many  places.  The  reason  is  evidently  the  same 
as  that  which  impelled  primitive  man  to  flee  from  the  corpse. 
The  demons  of  the  dead  are  to  be  banished  into  the  earth, 
so  that  the  living  may  pursue  their  daily  activities  imdis- 
turbed.  That  this  is  the  aim  is  shown  by  many  acGom- 
panying  pbenomena — such,  for  example,  as  the  custom  of 
firmly  stamping  down  the  earth  upon  the  grave,  or  of 
weighting  the  burial-mound  with  stones.  Moreover,  the 
custom  of  burying  the  corpse  as  soon  as  possible  after 
death— ordained  even  at  the  time  of  the  Israelitic  law — can 
hardly    have   originated    as   a    hygienic    provision.     It    is 


^i8        ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

grounded  in  the  fear  of  demons.  Whea  the  living  themselves 
no  longer  flee  from  the  dead,  this  fear  all  the  more  necessi- 
tates  the  speedy  removal  of  the  corpse  to  the  secure  pro* 
tection  of  the  earth.  The  fear  of  demons  is  likewise  expressed 
in  the  fact  that  prior  to  burial  the  arms  and  legs  of  the 
corpse  are  bound  to  the  body.  This  obviously  points  to  a 
belief  that  the  binding  constrains  the  demon  of  the  dead, 
which  is  thereby  confined  to  the  graVe  just  as  is  the  fettered 
corpse.  Herein  lies  the  origin  of  the  so-calied  *  crouching 
graves/  which  are  still  to  be  found  among  the  Bushmen^  as 
well  as  among  Australian  and  Melanesian  tribes.  Gradually, 
however,  a  change  took  place  in  that  the  binding  was 
omitted,  though  the  position  was  retained— doubtless  a  sign 
that  fear  of  the  demon  of  the  dead  was  on  the  wane. 

Under  the  influence  of  the  profuse  wealth  of  cid  and 
new  soul-ideas,  therefore,  the  totemic  age  developed  a  great 
number  of  modes  of  disposing  of  the  dead.  Of  these  modes, 
interment  alone  has  survived.  It  is  simpler  than  the  others 
and  may  be  practised  in  connection  with  the  most  diverse 
ideas  of  the  destiny  of  the  soul.  Crematian  was  the  only 
form  of  disposing  of  the  dead  that  was  unknown,  at  least 
in  large  part,  to  the  totemic  age.  And  yet  the  motives 
nnderlying  cremation  belong  to  the  same  circle  of  ideas 
as  those  that  find  expression  in  the  customs  of  taboo  and 
lustration.  It  is  not  impossible,  therefore,  that  cremation 
may  itself  date  back  to  the  totemic  age.  Yet  interment  is 
universally  the  earlier  mode  of  disposal ;  in  most  parts 
of  the  earth,  moreover,  it  has  also  enjoyed  a  greater  per- 
manence.  Only  in  isolated  districts  has  interment  been 
displaced  by  cremation.  Even  in  early  times  it  was  chiefly 
among  Indo-Germanic  peoples  that  cremation  was  prac- 
tised, whereas  the  Semites  everywhere  adhered  to  interment. 
If,  therefore,  cremation  occurred  in  ancient  Babylonia,  as 
it  appears  to  have  done,  it  probably  represents  a  heritage 
from  the  Sumerian  culture  preceding  the  Semitic  Immigra- 
tion. But  even  among  Indo-Germanic  peoples  interment 
was  originally  universal.  In  Greece,  it  existed  as  late  as 
the  period  of  Mycenian  culture.    By  the  time  of  Homer,  on 


THE   TQTEMIC  AGE  219 

the  otfaer  hand»  cremadon  had  already  become  the  prevalent 
mode  of  disposition  of  the  corpse.  Cremation  was  like- 
wise  practised  very  early  by  the  Germans,  the  Iranians»  and 
the  peoples  of  India.  But  it  was  always  oonditioned  by 
one  fact  which,  as  a  rule,  would  seem  to  carry  us 
beyond  the  boundaries  of  the  totemic  era.  It  is  signifi* 
cant  that  prehistoric  remains  show  no  traces  of  crema- 
tion prior  to  the  beginning  of  the  bronze  age— ä  period 
in  which  man  was  capable  of  utilizing  the  high  degrees  of 
heat  necessary  to  melt  metals.  The  tremendous  heat  required 
for  the  melting  of  bronze  might  well  have  suggested  the 
idea  of  also  melting  man,  as  it  were,  in  the  fire.  Never- 
thdess,  external  circumstances  such  as  these  played  but  a 
secondary  r61e.  They  leave  unanswered  the  decisive  ques- 
tion  regarding  the  motives  that  led  to  the  Substitution  of 
cremation  for  interment.  This,  then»  remains  our  unsolved 
Problem,  inasmuch  as  the  economic  motives  at  the  basis  of 
the  present  endeavour  to  reintroduce  cremation  were 
certainly  not  operative  at  the  time  of  its  origin.  With 
reference  to  the  origm  of  cremation,  only  psychological 
probabilities  are  possible  to  us.  These  are  suggested  par- 
äcularly  by  the  ceremonies  which  accompany  cremation  in 
India — the  country  where  this  custom  has  continued  to  pre- 
serve  an  important  cult  significance  down  to  the  very  present. 
Indeedy  even  in  our  own  day  it  has  hardly  been  possible 
to  eradicate  from  India  the  custom  of  buming  the  widow 
of  the  deceased.  In  particular,  two  different  motives  to 
the  custom  suggest  themselves.  In  the  first  place,  as  we 
shall  presently  see,  sacrificial  usages,  and  especially  the 
more  advanced  forms  of  the  sacrifice  to  the  deceased,  are 
closely  connected  with  the  taboo  and  purification  customs. 
Purification  from  a  taboo  violation,  however,  was  attained 
primarily  by  two  means,  water  and  fire.  .  The  latter  of 
these  means  was  employed  even  in  very  primitive  times. 
Now,  the  corpse,  above  all  eise,  was  regarded  as  taboo  ; 
contact  with  it  was  thought  to  bring  contammation  and  to 
demand  the  rites  of  lustration.  The  one  who  touched  a 
corpse  was  likewise  held  to  be  taboo,  and  as  ä  result  he  him- 


Z20        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

seif  migfat  not  be  touched  before  having  undei:goiie  lustra- 
tk».  By  one  of  those  associative  reversals  which  are 
oommon  in  the  field  of  m>^ology^  this  then  reacted  upon 
the  Gorpse  itsdf .  TThe  oorpse  also  must  be  subjected  to  a 
histration  by  which  it  is  purified.  Such  a  purification  froid 
all  earthly  dross  is  mediated,  according  to  the  ideas  of 
India,  by  fire.  When  the  body  is  bumed,  the  soul  becomes 
pure.  *  But  connected  with  this  belief,  as  we  may  conjec- 
ture,  is  still  a  second  idea.  TThe  soul  or  psyche  departs  in 
the  smoke  which  ascends  from  the  body  as  this  is  bumed. 
The  body  remains  below  in  the  ashes,  while  the  soul  soars 
aloft  to  heaven  in  the  smoke.  In  this  way,  the  buming  of  the 
corpse  is  dosely  connected  with  celestial  mythology»  which, 
indeed,  was  likewise  developed  relatively  early  among 
the  Indo-«Germanic  peoples,  with  whom  cremation  had 
its  centre.  The  customs  of  the  Semitic  peoples  were 
different.  They  adopted  the  idea  of  a  celestial  migra- 
tion  of  the  soul  only  at  a  late  period,  probably  under  Indo- 
Aryan  influences  ;  but  even  then  they  continued  to  practise 
the  ancient  custom  of  burial.  Amid  these  differences,  how- 
ever,  there  is  a  certain  similarity.  Per,  the  Semitic  peoples 
beUeved  that  the  celestial  migration  of  the  soul  would  occur 
only  after  its  sojourn  under  the  earth,  following  upon  its 
resurrection,  which,  it  was  thought,  would  take  place  only  at 
the  end  of  time.  It  was  in  this  form,  as  is  well  known,  that 
Christianity  took  over  into  its  resurrection  belief  the  ideas 
developed  by  Judaism,  and,  with  them,  the  custom  of 
interment. 

12.  The  Origin  of  the  Fetish. 

If,  as  is  customary,  we  employ  the  term  *  fetish '  to 
mean  any  natural  object  to  which  demoniacal  powers  are 
ascribed,  or,  as  the  word  itself  (Fr.  fitiche  from  Lat. 
facticius,  artifidally  constructed)  indicates,  an  artificial,  in- 
animate  object  of  similar  powers,  a  wide  gulf  appears  at 
first  glance  to  separate  the  fetish  from  the  psyche.  Never- 
thelest,  the  two  are  very  closely  related,  as  is  indicated  by 
the  totemic  origin  of  certain  primitive  forms  of  fetishes. 


THE   TOTEMIC   AGE  221 

In  the  CttUs  of  totemic  dans,  magic  stones  and  pieces  of 
wood  are  reverenced  and  prescrved,  being  regarded  as 
powerfui  instruments  that  were  originally  fashioned,  accord- 
ing  to  legend,  by  magic  beings  of  a  distant  past.  Into  the 
objects  has  passed  the  magic  power  of  these  ancestors.  By 
tbeir  agency,  the  plants  and  animals  which  man  utUizes  as 
f ood  may  be  increased  ;  through  tbem,  evils  may  be  averted 
and,  in  particular,  diseases  may  be  cured.  The  universal 
cfaaracteristic  of  the  fetish,  however,  over  and  above  this 
special  mode  of  origin,  is  the  fact  that  it  is  supposed  to 
harbour  a  soul-like,  demoniacal  being.  In  fact,  most  of 
the  phenomena  of  so*calIed  fetishism,  and  those  which  are 
still  regarded  as  typical  of  it,  are  to  be  foimd  outside  of 
totemic  cult.  It  is  primarily  African  fetishism,  a  cult  form 
which  is  apparently  independent  of  totemism,  that  has  given 
its  characteristic  stamp  to  the  conception  of  the  fetish*. 
Among  the  Soudan  negroes,  fetishes  generally  consist  of 
artificially  fashioned  wooden  objects,  not  infrequently  bear- 
ing  a  grimacing  likeness  of  a  human  face.  As  regards  the 
possession  of  magical  powers,  however,  they  do  not  differ 
from  the  so*called  churingas  of  the  Australians,  althougfaj 
the  latter  are,  as  a  rule,  natural  objects  that  have  been 
picked  up  accidentally  and  that  differ  from  ordinary  stones 
and  pieces  of  wood  only  in  their  strUdng  form.  It  b  clearly 
the  form,  both  in  the  case  of  the  artificial  as  well  as  of 
the  natural  fetish,  that  has  caused  the  inanimate  object  to 
be  regarded  as  a  demoniacal  vehicle  of  the  soul.  Yet  it  is 
not  a  lifeless  object  as  such  that  constitutes  a  fetish,  but 
the  fact  that  a  demoniacal,  soul-like  being  is  believed  to 
hirk  within  it  as  an  agency  of  magical  activities. 

At  the  time  of  its  origin,  which  was  probably  totemic, 
fetishism  possessed  a  more  restricted  meaning  than  that 
just  given.  Defined  in  this  broader  way,  however,  fetishism 
may  be  said  to  be  disseminated  over  the  entire  earth.  It 
is  a  direct  offshoot  of  the  belief  in  a  oorporeal  soul,  accord- 
ing  to  which  magical  powers  are  resident  in  certain  parts 
of  the  human  body.  In  Australia  and  elsewhere,  the  kidneys, 
particularly,  aje  beld  to  ppssess  magical  powers.    The  same, 


THE   TOTEMIC   AGE  223 

is  the  totem  animal — in  part,  at  leäst— or  the  organ  contain- 
ing  the  corporeal  soul.  The  fetish  is  merely  a  means  for 
furthering  purposes  of  magic.  It  is  especially  the  fetish, 
tfaerefore,  that  represents  the  transition  from  soul-beliefs  to 
pure  magic-beliefs.  For  this  reason  we  may  speak  of  a 
*cult  of  the  fetish*  only  in  so  far  as  extemal  ceremonies 
are  employed  for  the  purpose  of  arousing  the  fetish  to 
magical  activity.  Such  a  fetish  cult  does  not  include  ex« 
pressions  of  reverence  and  thanksgiving,  as  do  the  soul  and 
totem  cults  and  later,  in  a  greater  measure,  the  deity  cult. 
A  fetishism  of  this  sort,  purely  magical  in  purpose,  may, 
be  found  particularly  in  the  Soudan  regions  of  Africa^ 
Fetishistic  magic-cult  here  prevails  in  its  most  diverse  forms« 
having,  to  all  appearances,  practically  displaced  the  original 
soul  and  totem  beliefs,  though  traces  of  the  latter  are 
everywhere  present.  Frequently  it  is  an  individual  who 
calls  upon  his  fetish,  perhaps  to  free  him  from  a  sickness, 
or  to  Protect  him  from  an  epidemic,  or  also  to  aid  him  in 
an  undertaking,  to  influence  distant  objects,  injure  an 
enemy,  etc.  But  an  entire  village  may  also  possess  a  fetish 
in  conunon,  committing  it  to  the  care  of  the  medidne-man. 
When  exigencies  arise,  a  threatening  war  or  a  famine,  such 
a  village  fetish  is  particularly  fßted  in  order  that  he  may 
be  induced  to  avert  the  disaster. 

Among  cult  objects  the  fetish  occupies  a  low  place. 
Nevertheless,  it  is  precisely  because  the  demoniacal  powers 
were  supposed  to  be  harboured  in  an  inanimate  object  that 
the  fetish  prepared  the  way  for  the  numerous  transitions  that 
led  to  the  later  cult-objects  in  the  form  of  divine  images. 
The  fetish,  as  it  were,  was  a  precursor  within  the  totemic 
age  of  the  divine  Image  of  later  times.  For  in  the  case 
of  the  latter  also,  the  deity  was  supposed  to  be  present 
and  immediately  operative  ;  the  image,  therefore,  was  called 
upon  for  assistance  just  as  was  the  god  himself.  Originally, 
all  worship  involved  an  image  that  was  supposed  to  embody 
the  deity.  The  divine  image,  of  course,  differed  in  essen- 
tial  respccts  from  the  fetish,  for  it  incorporated,  as  the 
personal  charatfteristics  of  the  god,  those  traits  that  were 


THE    TOTEMIC   ACE  225 

of  this  Gourse  of  development  has  led  psychologists  of  reli* 
gion  to  oonflicting  views  in  their  interpretations  of  fetishism. 
On  the  one  hand,  the  primitive  nature  of  fetishes,  and  the 
fact    that    the    earliest    divine    Images    resemble    fetishes^ 
have    led    to    the   assertion    that    fetishism    is    the    lowest 
and  earliest  form  of  religion.     On  the  other  hand,  fetish- 
ism has   been  regarded  as   the   result  of  a  degeneration, 
and  as  universally    presupposing   earlier  or  contemporary 
religious  cults  of  a  higher  character.     The  latter  of  these 
views  particularly,  namely,  the  degeneration  theory,  is  still 
maintained  by  many   historians  of  religion,   especially  by 
those  who  believe  that  monotheism  was  the  original  belief 
of  all  mankind.     The  evidence  for  this  theory  is  derived 
mainly  from  cultural  phenomena  of  the  present.    The  image 
of  a  Saint,  as  is  rightly  maintained,  may  still  occasionally 
degenerate  into  a  fetish,  as  occurs  when  it  is  regarded  as  the 
scat  of  magical  powers,  or  when  its  owner  believes  that  he 
possesses  in  it  a  household  idol  capable  of  bringing  him  weal 
or  woe.    It  was  particularly  Max  Müller  who  championed  the 
degeneration  theory.    Even  in  his  last  writings  on  mythology 
he  held  firmly  to  the  view  that  fetishism  is  a  phenomenon 
representing  the  decay  of  religious  cults.     But  if  we  takte 
into    account    the    entire    course    of    development    of    the 
fetish,   this  view  collapses.      Though  substantiated  by  cer- 
tain   events   that    occur   within   higher   religions,    it    leaves 
unconsidered  the  phenomena  that  are  primitive.    The  earliest 
fetishistic  ideas,  as  we  have  seen,  go  far  back  into  the  period 
of   soul  and  demon  beliefs.      Developing  from  the   latter, 
they  were  at  first  closely  bound  up  with  them,  though  they 
later  attained  a  relative  independence,  as  did  so  many  other 
mythological    phenomena.      To    think    of    fetishism    as    a 
degeneration  of  religious  cults  is  inadmissible  for  the  very 
reason  that,  in  so  far  as  such  cults  presuppose  deity  ideas 

they   cannot  a3  yet  be  said    to   exist.      A   ^^"^;^^^^ 

^    1  .  .       .  1   -Kr   hv   that  form  of 

of  this  content,«!  ,s  offercd  P»rticulaxly Jy  ^^^^^^.^^^^   .^ 

fetish  cult.  the  churingal  crrcmony  of  "^e  ^^^^  ^^  ^^ 
which  the  connection  with  related  P""""^„y  falls  entirely 
niost  clearly  traced.     The  churingal  ccremony 

16 


226         THE    ELEMENTS    OF    PSYCHOLOGY 

within  the  development  of  totemism,  and  arises  naturally 
under  certain  conditions  ;  it  is  no  more  the  product  of 
degeneration  than  is  the  appearance  of  plant  totemism  in 
place  of  animal  totemism.  The  basal  step  in  the  devetopment 
of  the  fetish  is  the  incorporation  of  soul-Iik^  demoniacal 
powers  in  inanimate  objects^  whether  these  be  objects  as 
they  are  formed  by  nature  or  whether  they  are  artificially 
constructed.  Such  objects  may  result  from  a  deterioration 
of  religious  art,  but  this  is  by  no  means  the  only  alterna- 
tive. In  their  original  forms,  they  are  allied  to  far  more 
primitive  phenomena,  such  as  iantedate  both  religious  art  and 
even  religion  itself,  in  the  true  sense  of  the  word.  For,  of  the 
many  forms  of  the  fetish,  the  most  primitive  is  obviously 
8ome  natural  object  that  has  been  accidentally  discovered. 
Such  are  the  churingas  of  the  Australians,  and  also  many 
of  the  f etishes  of  the  negroes,  although  others  are  artificially 
fashioned.  The  selection  of  such  a  fetish'  is  determined  in  an 
important  measure  by  the  fact  that  it  possesses  an  unusual 
forni.  The  man  of  nature  expects  to  find  synmietry  in  animals 
and  plants,  but  in  stones  this  appears  as  something  rare. 
Astonishment,  which,  according  to  circumstances,  may  pass 
over  into  either  fear  or  hope,  causes  him  to  believe  some 
80ul4ike  being  to  be  resident  in  the  inanimate  object.  This 
accoimts  for  the  existence  of  such  legends  as  those  that  have 
survived  among  some  of  the  Australian  tribes,  in  which 
fetishes,  or  churingas,  are  represented  as  the  legacy  of  certain 
fantastically  conceived  ancestors.  From  the  natural  to  the 
artificial  fetish  is  but  a  short  step.  When  natural  objects 
are  not  to  be  found,  man  supplies  the  want.  He  constructs 
fetishes,  intentionally  giving  them  a  striking  form  resembling 
that  of  a  man  or  of  some  animal.  Such  fetishes  ane  then 
all  tl»  more  regarded  as  abodes  of  soul-like  beings. 

Hence  we  müst  also  regard  as  untenable  that  theory 
which,  in  contrast  with  the  degeneration  theory,  represents 
fetishism  as  a  primitive  mythology  or  even  as  the  starting- 
.point  of  all  mythology  and  religion.  The  fetish  is  not 
at  all  an  independent  cult-object  characteristic  of  some 
primitive    or   more   advanced    stage    of    development.      It 


THE   TOTEMIC   AGE  227 

always  represents  a  secondary  phenomenon  which,  in  its 
general  significance  as  an  incorporation  of  demoniacal 
powers  of  magic,  may  occur  anywhere.  If,  however^  we 
inquire  as  to  when  fetishistic  ideas  make  their  first  appear- 
ance,  and  where,  therefore,  they  arc  to  bc  found  in  their 
relativcly  primitive  form,  we  will  find  that  they  are  rooted 
in  totemic  ideas.  Hence  it  is  as  a  particular  modification 
of  such  ideas  that  fetishism  must  be  regarded.  In  the 
metamorphosis,  of  course,  some  of  the  essential  traits  of 
the  original  totem  disappear.  The  fetish,  consequently, 
acquires  a  tendency  toward  independence,  toward  becoming, 
apparently,  a  separate  cult-object.  This  is  ilhistrated  by 
the  fetish  cult  of  many  negro  tribes.  To  however  great  an 
extent  such  independent  cults  may  frequently  have  displaced 
the  totemism  from  which  they  sprang,  they  nevertheless 
belong  so  properly  to  the  totemic  world  of  demons  and  magic 
that  fetishism,  in  its  genuine  form,  may  unquestionably  be 
regarded  as  a  product  of  the  totemic  age. 

Further  verification  of  this  contention  may  be  found 
in  the  history  of  certain  incidental  products  of  fetishistic 
ideas,  the  amulet  and  the  talisman.  These  occur  at  all 
stages  of  religious  growth,  but  their  development  falls 
principally  within  the  totemic  period.  The  two  objects 
are  closely  related,  yet  they  diflfer  essentially  both  from 
one  another  and  from  their  parent,  the  fetish.  It  has,  of 
course,  been  denied  that  a  distinction  may  be  drawn  between 
these  various  objects  of  magic  belief.  From  a  practica! 
point  of  view,  this  may  doubtless  sometimes  be  true^  one 
and  the  same  object  being  occasionally  used  now  as  a  fetish 
and  then  again  as  an  amulet  or  a  talisman.  But  it  is 
precisely  their  use  that  distinguishes  these  objects  with  suffi- 
cient  sharpness  from  one  another.  The  amulet  and  talisman 
are  purely  magical  objects,  means  by  which  their  possessor 
may  produce  magical  effects.  The  fetish,  however,  is  a 
magic-working  sub/ect,  an  independent  demoniacal  being, 
which  may  lend  aid  but  may  also  refuse  it,  or,  if  hostilely 
disposed,  may  cause  injury.  The  amulet,  on  the  other  hand, 
always  serves  the  purpose  of  protection.     Not  infrequently 


THE   TOTEMIC  AGE  »9 

Support  the  amulet  proper.  Even  the  Australians  sometimes 
wear  a  piece  of  dried  kidney  suspended  from  a  cord  of 
hast— we  may  recall  that  the  kidney  is  onc  of  the  important 
scats  of  the  corporeal  souL  The  haif;,  toeth,  ajnd  fing«r-nails 
of  the  dead  likewise  serve  as  amulets,  all  of  them  belog; 
parts  of  the  body  which,  because  of  their  growth,  might 
well  give  rise  to  the  idea  that  they,  particülarty,  possessed 
soul-like  and  magical  powers.  The  custom  of  attaching 
hair,  or  a  locket  containing  hair,  to  a  necklace^  has  sur* 
vived  even  down  tp  the  present,  though,  of  course,  with  a 
far-reaching  change  of  meaning.  The  magical  protection  of 
earlier  ages  has  become  a  memorial  of  a  loved  one  who 
has  died.  But  here  likewise  we  may  assume  that  the  change 
was  gradual,  an,d  that  the  present  custom^  therefore^  repre- 
sents  a  survival  of  the  primitive  amulet.  There  are  other 
objects  also  that  apparently  came  to  be  amulets  because 
of  their  connection  with  soul-ideas.  Of  these,  one  of  the 
most  remarkable  is  the  scarab  of  the  ancient  Egyptians, 
which  likewise  continues  to  be  wom  even  to-day.  This 
amulet  is  a  coloured  stone  shaped  like  a  beetLe— 
more  specifically,  the  scarab.  This  beetle/with  its  red  wing- 
coverings,  has  approximately  the  form  of  a  heart  ;  for  this 
reason^  both  it  and  its  representation  were  thought  to  be 
wandering  hearts.  As  an  amulet,  however,  its  original 
significance  was  that  of  a  vehicle  of  the  soul,  designed 
to  Protect  against  external  dangers. 

iWhereas  the  amulet  is  wom  so  as  to  be  visible,  the 
talisman^  on  the  contrary,  is  hidden  so  far  as  possible 
from  the  observing  eye.  It  is  either  placed  wfaere  it  is  in- 
conspicuous,  as  is,  for  example,  the  finger  ring,  or  it  pos- 
sesses  the  appearance  of  a  familiär  object.  The  magical 
sword  gives  no  visible  evidence  of  its  imusual  power  ;  the 
helmet  of  invisibility  resembles  an  ordinary  helmet ;  the 
TischUin-deck-dich  of  the  fairy-tale  is  in  form  not  unlike 
any  other  table.  It  is  with  much  the  same  idea  that 
the  Soudan  negro  who  sets  out  upon  an  undertaking  still 
takes  with  him  some  peculiar  and  accidentally  discovered 
■tDne,  in  the  hope  that  it  will  assist  hun  in  danger.  Tbi» 
also  is  an  example  of  a  talisman,  and  not  of  a  fetish. 


THE    TOTEMIC   AGE  231 

monotheism,  In  so  far  as  this  view  was  rejected^  fetishism 
and  ancestor  worship  wexe  generally  rivals  as  regards  the 
Claim  to  priority  in  the  suocession  of  religious  ideas.  The 
only  exception  occurred  when  these  practices  were  regarded 
as  equally  original,  as  they  were,  essentially,  in  the  theories 
of  Herbert  Spencer,  Julius  Lippert,  and  others.  In  this 
event,  the  original  form  of  the  fetish  was  held  to  be  an 
ancestral  image  which  had  become  an  object  of  cult. 

True,  along  with  the  totemic  ideas  of  animal  ancestots 
we  very  early  find  indefinite  and  not  infrequently  grotesque 
ideas  of  human  ancestors.  In  the  '  Mura-mura  '  legends  of 
Southern  Australia  these  ideas  are  so  interwoven  that  they 
can  scarcely  be  untangled.  These  Mura-mura  are  fanciful 
beings  of  an  earlier  age,  who  are  represented  as  having 
transmitted  magical  imjdements  to  the  generations  of  the 
present  era  and  as  having  instructed  the  ancestors  of  the 
Australians  in  magical  ceremonies.  A  few  of  the  legends 
relate  that  the  Mura-mura  also  created  the  totem  aninlals, 
or  transformed  themselves  into  the  latter.  Here,  then,  we 
already  find  a  mutual  interplay  between  ideas  of  human  and 
conceptions  of  animal  ancestors.  As  yet,  however,  no  dear- 
cut  idea  of  a  haman  ancestor  has  been  formed.  This  never 
occurs — ^a  fact  of  prime  importance  as  concems  its  develop- 
ment — until  the  iotem  ancestor  has  lost  his  significance,  and 
the  original  tribal  totemism  has  therefore  become  of 
subordinate  importance,  even  though  totemism  itself  has  not 
as  yet  completely  disappeared.  Under  such  circiunstances 
the  totem  animal  becomes  the  protective  animal  of  the 
individual ;  the  animal  ancestor  is  displaced  by  the  demon 
which  mysteriously  watches  over  the  individual's  life.  This 
transition  has  already  been  touched  upon  in  connection 
with  the  development  of  totemic  ideas.  Coincident  with  it, 
there  is  an  importa^t  change  with  respect  to  the  character 
of  the  totem  animal.  The  tribal  totem  is  an  animal  species. 
The  Australian,  whose  totem,  let  us  say,  is  the  kangaroo, 
regards  all  kängaroos  which  he  meets  as  sacred  animals  ;  he 
may  not  kill  tbem,  nor,  above  all,  eat  of  their  flesh.  In  the 
above-memioned  de^opment  of  totemism  (which  is  at  the 


THE    TOTEMIC   AGE  233 

nlerely  to  directly  perpetuate  fliis  memöry.  Though 
probably  without  the  conscious  intention  of  the  artists 
who  fashioned  them,  they  also  suggest  something  eise, 
lost  to  the  memory  of  living  men.  In  the  belief 
of  earlier  ages,  this  human  ancestor  was  preceded  by 
an  animal  ancestor  to  whom  the  reverence  which  is 
now  paid  to  the  human  ancestors  wa3  at  one  time 
given.  Thus,  the  animal  ancestor  was  not  only  prior 
to  the  human  ajicestor  from  an  extemal  point  of  view, 
but  gave  rise  to  him  through  a  neoessity  immanent  in  the 
course  of  development  itself . 

The  transition  from  animal  to  human  ancestors,  furtber- 
more,  is  closely  bound  up  with  coincident  transformations 
in  tribal  Organization.  iWherever  a  powerful  chieftainship 
arises,  and  an  individual,  overtowering  personality  obtains 
supremacy  over  a  tribe  or  clan— such  supremacy  as  readily 
tends  to  pass  down  to  his  desqendants— it  is  particularly 
likely  that  a  cult  will  be  developed  in  his  honour,  and,  upon 
his  death,  to  his  memory.  Since  the  memory  of  this  per- 
sonality outlasts  that  of  ordinary  men,  the  individual  himself 
is  beld  to  live  on  after  death,  even  in  regions  where  there  is 
no  belief  in  a  universal  immortality.  Hence,  according  to 
a  belief  prevalent  particularly  among  the  negro  peoples,  the 
ordinary  man  perishes  with  death ;  the  chieftain,  however, 
or  a  feared  medicine-man,  continues  to  live  at  least  until  all 
memory  of  him  has  vanished.  In  some  parts  of  Africa 
and  Oceania,  moreover,  the  cult  of  the  living  chieftains 
not  only  involves  manifestations  of  a  servile  subjection  but, 
more  cfaaracteristically  still,  causes  even  his  name  to  be 
tabooed.  No  one  is  allowed  to  speak  it,  and  wht>ever  bears 
the  same  name  must  lay  it  aside  when  the  chieftain  assumes 
control. 

As  a  result  of  the  change  in  totemic  tribal  Organization 
induced  by  the  growing  significanoe  of  chieftainship,  the 
cult  of  living  ancestors,  as  we  may  conclude  from  these 
phenomena,  takes  precedence  over  that  of  the  just  deceased, 
and  still  more  over  that  of  the  long  departed.  In  com- 
parison   with    the   importance   which    the   man   of   nature 


THE  TOTEMIC  AGE  #35 

solve,  the  clan,  and  then  later  the  family,  pay  thdr  boipage 
to  the  departed  on  the  occasion  of  his  fuaeral,  and  to  earlier 
generations  of  the  dead  on  specific  days  dedicated  to  such 
memories.  This  is  the  course  of  development  in  which  the 
ancestor  festivals  of  the  Chinese  and  Japanese  have  their 
origin,  as  well  as  the  cults  of  the  Roman  dii  manes  ;  it 
has  introduced  Clements,  at  least,  of  ancestor  worship  into 
the  beginnings  of  all  religions,  even  though  this  cult  but 
rarely  attained  the  pre-eminent  importance  which  it 
possessed  among  the  cultural  peoples  of  the  Orient. 

But  whatever  may  have  been  the  character  of  this  earlier 
strain  of  ancestor  worship  in  religious  development^  the 
beginning  of  a  true  ancestor  cult  is  closely  bound  up  with 
the  universalization  due  to  its  having  become  the  cult  of 
the  hearth  and  the  family.  As  it  is  the  human  ancestor 
who  displaces  the  animal  ancestor  in  this  cult^  so  the  transi- 
tion  by  which  the  family  comes  to  be  the  ceritral  factor 
in  social  Organization  is  an  external  indication  of  the 
dissolution  of  totemic  culture  and  the  dawning  of  a 
new  era.  In  view  of  the  predominant  mythological  and 
religious  creations  of  this  period,  it  might  be  called  the 
age  of  heroes  and  gods.  Ancestor  worship  itself  is 
at  the  tuming-point  of  the  transition  to  the  new  era. 
In  origin,  it  belongs  to  totemic  culture :  in  its  later 
development,  it  is  one  of  the  most  significant  indications 
of  the  dissolution  of  totemism,  preparing  the  way  for  a 
new  age  in  which  it  continues  to  hold  an  important  place. 
At  the  same  time,  ancestor  worship,  no  less  than  its  rival, 
fetishism,  constitutes  but  one  factor  among  others  in  the 
development  of  mythological  thought  as  a  whole.  In 
certain  localities,  as  in  the  civilizations  of  eastem  Asia,  it 
may  become  sufficiently  prominent  to  be  one  of  the  prin- 
cipal  elements  of  religious  cuh.  But  even  in  such  cases, 
ancestor  worship  is  never  able  entirely  to  suppress  the 
remaining  forms  of  cult ;  still  less  can  it  be  regarded  as 
having  g^ven  rise  to  the  other  fundamental  phases  of  religious 
development^these  rest  on  essentially  different  motives. 
Moreovor^  in  oonnection  with  the  relation  of  totemism  to 


236        ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGY 

die  ancestor  worship  which  is  rooted  in  the  former  and  at 
die  same  time  displaces  it  in  one  line  of  development,  it 
is  iiiqwrtant  to  notice  diat  in  a  certain  sense  the  two  follow 
oi^x>site  paths.  As  we  have  seen,  the  original  totem— 
that  is,  the  tribal  totem— is  the  animal  species  in  general  ; 
the  last  form  of  totem  is  the  protective  animal^  which  is  an 
individual  animal.  Ancestor  worship,  on  the  other  hand, 
begins  with  the  adoration  of  humanly  conceived  bene- 
factors  and  prominent  tribesmen.  It  ends  with  a  worship 
in  which  the  individual  ancestor  gives  way  to  the  general 
idea  of  ancestor,  in  whom  the  family  sees  only  a  reflection 
of  its  own  unity  and  an  object  in  terms  of  which  reverenoe 
is  paid  to  past  generations.  The  fact  that  ancestor  cult 
centres  about  impersonal  beings  betrays  a  religious  defect. 
Herein  also  is  evidenced  the  continuing  influence  of  the 
totemic  age,  for  it  was  in  this  period  that  ancestor  worship 
had  its  rise.  The  defect  just  mentioned  was  first  over- 
come  with  the  origin  of  god-ideas.  One  of  the  essen- 
tial  characteristics  of  gods  is  precisely  the  fact  that  they 
are  personal  beings  ;  each  of  them  is  a  more  or  less  sharply 
lefined  individuality.  This  of  itself  clearly  indicates  that 
uicestor  worship  is  at  most  a  relatively  unimportaat  factor. 
in  the  origin  of  gods. 

14.  The  Totemic  Cults. 

The  primitive  stage  of  human  development,  discussed  in 
the  preceding  chapter,  possessed  no  real  cults  in  the  strict 
sense  of  the  term.  Occasional  suggestions  or  beginnir  js  of 
cult  acts  were  to  be  found,  in  the  form  of  a  number  of 
magical  customs.  Such,  particularly,  were  the  efforts  to  expel 
sickness  demons ;  also,  the  ceremonial  dances  designed  to 
bring  success  to  Joint  undertakings,  as,  for  example,  the 
above-mentioned  dance  of  the  Veddah  about  an  arrow,  whose 
purpose,  perhaps,  was  to  insure  a  successful  hunt,  if  we 
woidd  judge,  among  other  things,  from  the  fact  that  the 
danoers  imitated  the  movements  of  animals. 

In  oontrast   to  these   meagre   magical  usages,   which. 


THE   TOTEMIC  AGE  \2,37 

for  the  most  part>  served  individual  purposes,  the  totemic 
age  developed  a  great  variety  of  cults.  Just  as  the  totemic 
tribal  Organization  is  an  impressive  phenomenon  when  com- 
pared  with  the  primitive  horde,  so  also  do  wt  marvel  at 
the  rieh  development  of  cults  with  whicfa  we  meet  as  we' 
pass  to  the  totemic  age.  These  cults  are  associated  not 
only  with  the  most  important  events  of  human  life  but 
also  with  natural  phenomena,  though^  of  course,  only  in  so 
far  as  the  latter  affect  the  interests  of  man,  the  weal  or  woe 
that  is  in  störe  for  the  individual  or  for  the  tribal  Community. 
Generally  speaking,  therefore,  these  cults  may  be  divided 
into  two  great  classes.  Though  these  two  classes  of  cults 
are,  of  course,  frequently  merged  and  united— for  the  very 
reason  that  both  spring  from  the  same  emotions  of 
hope,  of  desire,  and  of  fear— they  are  nevertheless  dearly 
distinguishable  by  reference  to  the  immediate  purpose  which 
the  magic  of  the  cult  aims  to  serve.  The  first  of  these 
classes  includes  those  cults  which  relate  to  the  most  signifi- 
cant  events  of  human  life ;  the  second,  those  concemed 
with  the  natural  phenomena  most  important  to  man. 

Himian  life  fumishes  motives  for  cult  acts  in  its  origin 
as  in  its  decline,  in  birth  and  in  death.  Other  motives  are 
to  be  found  in  significant  intervening  events,  such  primarily 
as  the  entrance  of  the  youth  into  manhood,  though  in  the  case 
of  the  maiden,  ceremonies  of  this  sort  are  very  secondary 
or  are  entirely  lacking.  Of  these  most  important  events 
of  life,  that  of  birth  is  practically  removed  from  present 
consideration.  No  ceremony  or  cult  is  connected  with  it. 
Not  infrequently,  however,  the  idea  prevails  that  the  child 
becomes  capable  of  life  only  on  condition  that  its  parents 
endow  it  with  life  a  second  time,  as  it  were,  by  an  express 
act  of  will.  Thus,  many  Polynesian  tribes  allow  parents  to 
put  to  death  a  new-bom  Infant.  Only  after  the  child  has 
lived  several  hours  has  it  gained  a  right  to  existence  and 
does  the  duty  of  rearing  it  devolve  upon  the  parents.  There 
is  a  survival  of  similar  ideas  in  the  older  usages  of  cultural 
peoples,  though  they  have  not  led  to  the  widespread  evils 
of  infanticide  as  they  have  among  many  peoples  öf  nature. 


THE   TOTEMIC   AGE  239 

tended  primarily  for  the  deceased  himself.  They  are 
designed  to  help  him  in  his  further  life,  though  in  i>art 
the  aim  is  still  doubtless  that  of  preventing  his  retum  as  a 
demon.  In  both  cases,  these  usages  are  clearly  connected 
with  the  increased  importance  attached  to  the  psyche,  for 
they  first  appear  with  the  spread  of  ^he  belief  in  a  survival 
after  death  and  in  soul  migration.  These  sacrifices  are 
doubtless  regarded  partly  as  directly  supplying  the  necessary 
means  whereby  the  soul  of  the  dead  may  carry  on  its  further 
existence  and  partly  as  magical  instruments  that  make  it 
possible  for  the  deceased  to  enjoy  a  continuance  of  life. 
Thus,  these  sacrifices  already  involve  ideas  of  a  beyond, 
though,  generally  speaking,  the  latter  did  not  as  yet  receive 
further  development. 

At  this  point,  sacrifice  to  the  dead  undergoes  further 
modiiications,  as  a  consequence  of  which  there  are  also 
changes  in  the  accompanying  cult  acts.  The  sacrifice  of 
food  dedicated  to  the  use  of  the  deceased  and  the  bloody 
sacrifice  designed  to  equip  him  with  magical  power,  are  no 
longer  oflfered  merely  to  the  departed.  As  soon  as  god- 
ideas  begin  to  emerge,  the  sacrifice  is  brought,  in  first 
instance,  to  these  higher  beings,  who  are  implored  to  fumish 
protection  to  the  deceased.  As  this  latter  motive  gains  the 
äscendancy,  the  slaughtered  animals  are  no  longer  placed 
in  the  grave  along  with  the  deceased,  but  their  blood  is 
poured  out  upon  it  ;  of  their  flesh,  moreover,  only  a  part 
is  thrown  upon  the  grave  as  the  portion  of  the  dead,  while 
the  rest  is  consumed  by  the  moumers.  The  feelings  of 
reverence,  thus  expressed,  issue,  in  the  later  development 
of  these  cults  to  the  dead,  in  general  ancestor  worship.  Not 
onvy  the  deceased  himself  and  those  who  have  assembled, 
but  particularly  the  gods  under  whose  protection  the  de- 
ceased is  placed,  receive  a  portion  of  the  sacrifice.  Wben 
this  occurs,  the  offering,  which  had  been  devoted  to  the  de- 
ceased, becomes  sacrifice  proper.  The  offering  was  g^ven 
solely  to  the  one  who  had  died  ;  at  first,  its  purpose  was 
to  keep  him  in  his  grave,  later,  to  afTord  him  aid  in 
hts  further  life.     Real  sacrifice  to  the  dead  involves  three 


THE    TOTEMIC   AGE  241 

tions  are  really  not  Symbols,  as  is  generally  held— or,  at 
any  rate,  this  is  only  a  later  and  retrogressive  form  of  the 
idea— but  they  are  sensuously  embodied  desires  originally 
regarded  as  means  of  magic.  In  this  case  also,  we  may 
detect  the  influenae  of  soul-ideas,  which  lie  at  the  basis 
of  all  beliefs  of  this  sort.  As  the  psyche  of  the  dead  is 
supposed  to  reincamate  itself  in  a  new  organism,  so  likewise 
are  the  object-souls  incorporated  in  these  representative 
miniatures  to  transform  themselves,  by  means  of  the  magical 
power  attaching  to  their  shape,  into  corresponding  real 
objects.  But  in  this  instance  again,  the  further  modifica* 
tions  in  the  sacrifice  to  the  dead  lead  on  into  deity  cult. 
Hence  it  is  not  until  our  next  chapter,  when  we  discuss 
deity  cuhs,  that  we  will  deal  with  the  sacrificial  idea  in  its 
total  development. 

Connected  with  another  life-event  to  which  this  age 
attaches  particular  importance  is  a  further  significant  group 
of  totemic  cults.  This  consists  in  the  celebration  of  the 
adolescence  of  youths  in  the  so-called  Initiation  ceremonies. 
In  a  period  such  as  this,  when  intertribal  strug^les  are  a 
matter  of  increasing  concem,  the  reception  of  a  youth  mto 
the  association  of  men,  into  the  Community  of  the  hunt  and 
of  war,  represents  the  out  Standing  event  of  his  life.  Begin- 
nings  of  such  celebrations  were  transmitted  by  the  primitive 
age  to  the  totemic  era,  but  it  is  only  at  this  later  period  that 
they  are  developed  into  great  cult  festivais.  It  is  these 
festivals,  particularly,  which  everywhere  recur  in  essentiaily 
the  same  form  among  all  the  tribes  of  Australia.  They 
are  great  folk  festivals,  frequently  assembUng  the  clans 
of  friendly  tribes.  Their  celebration  consists  of  dances  and 
songs,  though  primarily  of  ceremonies  centring  about  the 
youths  who  are  reaching  the  age  of  maturity.  For  a  con- 
siderable  period  these  youths  have  been  prepared  for  the 
festival  by  the  older  men.  They  have  been  subjected  to 
a  strict  asceticism  for  weeks  beforehand  ;  meanwhile 
they  have  also  been  trained  in  the  use  of  weapons,  and 
instructed  in  certain  matters  of  which  the  young  are  kept  in 
ignorance.      The   actual   celebration,   which   always   occurs 

17 


THE   TOTEMIC  AGE  243 

nose-greeting  which  might  therefore  better  be  called  the 
nose-kiss.  That  this  exchange  is  mediated  through  the 
nose  may  be  due  to  the  fact  that  among  many  of  these 
tribes  kissing  with  the  lips  is  impossible  because  of 
mouth-rings,  lip-blocks,  and  other  deformations,  doubtless 
originally  intended  as  means  of  magic.  Similar  ideas 
concernmg  the  mouth  and  the  nose,  moreover,  and  their 
relation  to  the  psyche,  are  suggested  even  by  the  Biblical 
history  6i  the  Creation,  according  to  which  God  roii3es 
Adam  to  life  by  breathing  a  soul  into  him  through  his  nose.. 
Through  the  mouth,  man  breathes  out  his  soul ;  through 
the  nose,  he  received  it. 

Though  the  festival  of  initiation  into  manhood  was 
once  associated  with  magical  acts  of  cult,  as  the  abovie 
ceremony  seems  to  show,  the  meaning  of  this  magic  has 
for  the  most  part  been  lost  to  the  memory  of  the  natives.. 
For  this  reason  they  generally  regard  the  ceremonies,  in- 
cluding  that  of  striking  out  the  teeth,  as  a  means  of  fest-« 
ing  the  fortitude  of  the  young  men.  This  was  doubtless 
a  secondary  motive  even  at  a  very  early  time,  and  when  the 
magical  significance  dropped  out,  it  remained  as  the  sole 
purpose.  Nevertheless,  the  character  of  these  alleged  tests 
is  much  too  peculiar  to  be  intelligible  on  the  hypothesis 
that  they  were  originally  intended  merely  to  arouse  fear 
or  pain.  And  so,  in  view  of  the  widely  prevalent  use  of 
fire  as  a  means  of  lustration,  we  may  be  allowed  to 
regard  also  the  fire-test,  which  occupies  a  central  place  in 
these  cult  forms,  as  having  originally  been  a  means  of 
magical  purification. 

The  second  class  of  ceremonial  festivals  and  cults,  as 
above  remarked,  is  associated  with  certain  objective  natural 
phenomena  which  exercise  a  decisive  influence  üpon  human 
life.  The  natural  phenomena  most  likely  to  originate  a 
cult,  because  representing  the  most  important  objects  of 
desire  and  fear,  are  those  connected  with  the  need  for  food, 
with  tlie  growth  of  plants,  and  with  the  increase  of  animals, 
particularly  the  animals  of  the  chase.  For  this  reason 
Vegetation  cults  date  back  to  the  very  beginnings  of  the 


244        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

totemic  period.  Very  probably  they  originated  in  the  desire 
£or  plant  food.  Under  rdatively  primitive  conditions  there 
was  seldom  a  lack  of  game,  though  there  was  probably 
a  scarcity  of  the  vegetables  necessary  to  Supplement  the 
food  derived  from  animals.  For  plants  frequently  suffer 
from  xmfavourable  weather,  whether  it  be  from  the  heat  of 
the  sun  and  from  drought,  as  in  tropical  and  subtropical 
regions,  or  from  deluging  rains,  as  in  the  temperate  zones. 
Out  interpretation  of  Vegetation  cults  is  supported  par- 
ticularly  by  the  conditions  prevailing  in  the  original  home 
of  totemism,  Australia.  These  cults  here  occur  chiefly  in 
the  northem  districts,  into  which  there  were  early  Melanesian 
immigrations  ;  towards  the  south,  they  have  gained  but  a 
relatively  small  foothold.  The  more  northerly  regions,  as 
we  have  seen,  are  the  very  ones  in  which  plant  totems  also 
are  numerous,  whereas  they  are  lacking  in  the  south.  Thie 
cults  of  which  we  have  been  speaking  are  called  Intichiuma 
ceremonies--an  expression  of  Australian  derivation.  These 
ceremonies^  moreover,  involve  the  magical  use  of  churingas, 
the  Atistralian  fetishes. 

The  character  of  these  Vegetation  festivals  is  always  very 
much  the  same.  They  include  dances,  in  which,  in  essential 
distinction  from  those  of  the  initiation  ceremonies,  women 
are  generally  allowed  to  participate  ;  their  central  feature 
consists  of  specific  magical  acts  designed  to  effect  an  increase 
of  the  food  supply.  In  Australia,  these  acts,  in  part,  take 
the  form  of  ceremonies  in  which  pieces  of  artificial  animals 
are  strewn  about.  We  speak  of  them  as  artificial,  of  course, 
only  from  our  own  standpoint  ;  to  the  Australian  the 
material  that  is  scattered  represents  an  actual  living  being. 
Thus,  for  example,  a  heap  of  sand  is  moulded  into  the  form 
of  a  large  lizard,  and,  of  this,  various  parts  are  thrown  into 
the  air  by  those  who  participate  in  the  festival.  The 
animal  germs  thus  scattered  are  supposed  to  effect  an 
increase  in  the  animals  of  the  lizard  totem.  These  vegeta- 
tioii  festivals,  therefore,  are  also  totem  festivals,  and  their 
celd>rmtion  has  the  secondary  significance  of  a  cult  dedi- 
cttedi  to  the  totem,     The  cetebration  connected  with  a  fish 


THE   TOTEMIC   AGE  245 

totem  18  similar  to  the  above,  though  somewhat  nk>re  com- 
plicated.  A  member  of  the  rlan;  whose  arms  or  other  parts 
of  the  body  have  been  bored  through  with  bone  daggers, 
descends  into  the  water  and  allows  his  blood  to  mingle  with 
it.  The  totem  germs  that  are  to  bring  about  an  increase 
in  fish  are  supposed  to  emanate  from  the  blood. 

In  the  case  of  plant  totems,  the  cults  are  of  a  sunpler 
nature.  The  plants  themselves,  or  sometimes  their  seeds, 
which,  moreover,  also  serve  directly  as  food,  are  strewn  to 
the  winds.  The  grass-seed  totem,  for  example»  is  particu- 
larly  common  in  Australia.  The  seeds  of  the  AustraliaA 
grasses  are  gathered  in  large  quantities  and  constitute  an 
important  part  of  the  vegetable  food.  Thrown  into  the 
air,  they  are  supposed  to  bring  about  an  increased  supply  of 
these  grasses.  Externally  regarded,  this  magical  ceremony, 
primitive  as  it  is,  completely  represents  an  act  of  sowing. 
It  would  be  incorrect,  however,  as  yet  to  speak  of  it  as 
such,  in  the  sense  of  the  later  tiller  of  the  soil ;  the  signifi- 
cance  of  the  ceremony  is  purely  magical.  An  age  which 
merely  gathers  wild  seeds  and  fruits  does  not  prepare  the 
soil  in  the  way  that  sowing  presupposes.  Nevertheless, 
the  magical  cult  involves  an  act  which  later  forms  an  im- 
portant part  of  agricultural  tasks.  Indeed,  it  is  not  at 
all  improbable  that  these  magical  ceremonies,  which  in  any 
event  already  involve  the  recognition  that  the  strewing  of 
seed  conditions  the  increase  of  plants,  have  elsewhere  con- 
stituted  a  preparatory  Step  to  the  development  of  agricul- 
ture.  In  general  it  may  be  said  that  the  ceremony  probably 
originated  in  connection  with  plant  totems,  where  the  idea 
of  such  an  increase  is  very  especially  apt  to  suggest  itself  ; 
doubtless  it  was  only  later  connected,  thtough  a  process  of 
external  association,  with  animal  totems.  In  harmony  with 
such  a  view  is  the  fact  that  Intichiuma  festivals  are  chiefly 
prevalent  in  the  regions  of  plant  totemism. 

The  Vegetation  cults  which  prcceded  the  rise  of  agri- 
culture  wcre  finally  superseded  by  true  cults  of  the  soil. 
The  latter  presuppose  the  preparation  of  the  soil  by  the 
efforts   of   man.     This  is   clejar  from   the   fact   that   they 


1246        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

occur  more  regularly,  and  at  definite  seasons  of  the  year ; 
moreover,  thcy  are  of  a  morc  complex  character,  serving 
in  part  a  number  of  other  purposes.  Typical  of  the  transi- 
tion  are  the  Vegetation  festivals  of  the  natives  of  Central 
America.  These  festivals  are  unique  in  that  they  embody 
elements  of  celestial  mythology  ;  thus  they  constitute  im- 
portant  transitional  stages  between  the  demon  cults  of  the 
totemic  era  and  deity  cults.  The  relation  which  the  seeds 
are  supposed  to  bear  to  the  sprouts  of  the  various  g^ains  is 
now  no  longer  merely  of  a  magical  nature.  The  hoe-culture, 
to  which  the  American  Indian  has  attained,  has  taught  him 
the  dependence  of  the  growth  of  plants  upon  the  act  of 
sowing.  But  here  also  there  can  be  no  cult  until  there  is 
Community  labour.  The  original  hoe-culture  carried  on  by 
the  individual  about  his  hut  no  more  tends  to  originate  a 
cult  than  does  the  erection  of  the  hut,  the  weaving  of 
basketSy  or  the  other  tasks  set  by  the  needs  of  daily  life. 
Individuais,  however,  frequently  tili  the  soil  even  prior  to 
the  rise  of  systematic  agriculture,  as  occurs  in  certain  regions 
of  Melanesia,  among  the  prairie  peoples  of  North  America, 
and  elsewhere.  Besides  leading  to  more  advanced  ideas  con- 
ceming  the  processes  of  germination  and  growth,  these 
beginnings  of  agriculture,  which  still  form  part  of  the  house- 
hold  duties  of  individuals,  serve  to  engender  what  proves 
to  be  a  permanent  and  basal  factor  in  all  further  develop- 
ment— namely,  pravision  for  the  fatare.  However  primi- 
rive  may  be  the  hoe-culture  which  the  individual  carries  on 
about  his  hut,  it  is  not  concemed  exclusively  with  the  imme- 
diate  present,  as  is  the  mere  gathering  of  food,  but  it  aims 
to  satisfy  a  future  need.  True,  even  in  this  case,  the 
beginnings  may  be  traced  back  to  the  preceding  age.  Even 
such  ceremonies  as  the  Intichiuma  festivals,  in  which  the 
totems  are  strewn  about  in  order  magically  to  iniluence  their 
growth  and  increase,  are  already  thoroughly  inspired  by  a 
regard  for  the  future.  Perhaps  all  human  action  concemed 
with  the  distant  future  was  at  first  magical  in  aim. 

The  establishment  of  a  cult,  however,  is  due  not  merely 
to  the  foresight  which  provides  for  a   future   harvest   by 


THE   TOTEMIC   AGE  247 

the  tilling  of  the  soil ;    it  is  conditioned  also  by  a  sccond 
factor — ^namely,  Community  labour.     Just  as  entrance  into 
manhood  gives  rise  to  Initiation  cults  only  when  it  becomes 
of  tribal  importance,  precisely  so  is  the  development  of  cults 
of  the  soil  dependent  upon  the  association  of  members  of 
a  tribe  or  a  mark  in  conunon  labour.     Moreover,  initiation 
into  manhood  early  came  to  be  of  comm(m  concem  because 
of  the  Community  life  of  age-associates  and  of  the  need 
for  military  training  created  by  tribal  warfare  ;  the  same  is 
true^  though  at  a  later  stage  and,  of  course,  for  essentially, 
diflferent  reasons,  of  the  tilling  of  the  soil.     The  most  im- 
portant  factor  in  the  latter  case  is  the  fact  that  because  the 
natural  conditions  are  conunon  to  all,  all  are  obliged  to  select 
the  same  time  both  for  the  sowing  and  later  for  the  harvest. 
This  is  of  little  moment  so  long  as  the  population  is  sparse 
and  the  property  of  one  individual  is  separated  from  that 
of  the  others  by  wide  Stretches  of  uncultivated  land.     The 
more  closely  the  memSers  of  the  mark  live  together,  how- 
ever,  the  more  do  they  share  in  conmion  labour.    Whenever 
a  migrating  tribe  takes  possession  of  a  new  territory,  more- 
over,  there  is  a  further  decisive  consideration,  namely,  the 
fact  that  at  the  outset  the  soil  is  common  property.    In  this 
case,  not  merely  the  natural  conditions,  but  also  the  very 
ground  on  which  the  work  of  the  field  is  performed,  is  iden- 
tical  for  all  the  members  of  a  mark.    Added  to  this  objective 
factor  there  more  and  more  comes  to  be  one  of  a  subjective 
nature.     In  conunon  labour,  the  individual  determines  his 
activities  by  reference  to  a  conunon  end  ;  moreover,  he  regu- 
lates  these  activities,  as  to  rhythm,  tempo,  and  the  accomr* 
panying  expressive  moveraents,  so  as  to  confoim  to  the  group 
m  which  he  finds  himself .    Since,  moreover,  the  activity  of 
sowing  and  the  subsequent  growth  of  the  crop  preserve  the 
magical  character  acquired  in  an  earlier  period,  the  work 
itself  comes  to  be  a  cult  activity.     Just  as  initiation  rites 
are    not    merely   a   declaration   of    manhood    but    a    cult, 
designed    magically    to    equip    the     novice    with    manly 
power  and  fortitude,  so  the  tilling  of  the  soil  becomes  a 
cult    act    through    whose    inhercnt     magical    power    tu« 


248        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

prosperity  of  the  crop  is  supposed  to  be  secured.  There  are 
two  factors  which  are  of  prime  importance  for  the  beginning 
of  agricultural  cults,  and  which  give  to  their  further  de- 
i-elopment  its  peculiar  stamp.  In  the  first  place,  the  labour 
whose  Performance  in  common  engenders  the  cults  of  the 
soll  is  always  connected  with  hoe-culture,  the  initial  stage 
of  agriculture.  It  is  only  because  they  work  with  the  hoe 
that  the  members  of  the  mark  come  into  such  close  relations 
that  they  easily  fuse  into  a  cult  Community.  When  the 
plough,  which  is  drawn  by  an  animal,  comes  into  use,  the 
individuals  are  again  separated.  For  the  field  which  is 
tilled  is  larger,  and,  furthermore,  the  activity  of  the 
ploughman  is  confined  to  the  guidance  of  his  animals  and 
implements,  so  that  he  personally  is  no  longer  directly  con- 
cemed  with  the  soil  as  in  the  case  of  hoe-culture.  More- 
over,  since  hoe-culture  demands  a  very  much  greater  ex- 
penditure  of  human  energy,  it  arouses  stronger  emotions. 
The  plough  trains  to  reflection  and  brooding  ;  the  hoe  stirs 
violent  emotions.  Furthermore,  it  is  only  when  hoe-culture 
becomes  common  labour  on  a  common  üeld  that  the  sexes 
are  brought  together.  The  early  hoe-culture  carried  on 
about  the  hut  of  the  individual  generally  devolves  upon  the 
woman  alone,  who  thus  merely  continues  the  duty  of  food- 
getting  which  rested  with  her,  as  the  gatherer  of  food,  under 
still  more  primitive  economic  conditions.  With  the  appear- 
ance  of  more  intensive  hoe-culture  the  labour  is  divided. 
Man  cuts  up  and  loosens  the  soil  with  his  hoe  ;  woman 
follows  after,  strewing  the  seed  between  the  clods.  With  the 
invention  of  the  plough,  agriculture  finally  becomes  the 
exclusive  concem  of  man.  The  furrowing  and  loosening  of 
the  soil  is  now  done  by  means  of  an  implement,  and  man, 
Ereed  from  this  labour,  assumes  the  duty  of  strewing  the  seed. 
This  twofold  Community  of  labour,  that  on  the  part  of 
tfae  holders  of  common  property  and  that  of  the  two  sexes, 
undoubtedly  underlies  the  peculiar  character  which  the  cults 
of  the  soil  continue  to  prescrve  long  after  the  period  of 
(heir  origin.  On  the  one  band,  the  work  of  the  field  itself 
Bssumes  the  character  of  a  cult  act  ;  combined  with  it,  on  the 


THE    TOTEMIC   AGE  249 

other  hand,  there  come  to  be  additional  ceremonies.  That 
which  brings  the  men  and  women  together  and  converts 
the  labour  into  a  cult  act  is  primarily  the  dance.  The 
fertilization  and  growth  of  plants  are  regarded  as  processes 
resembling  the  procreation  of  man.  When  the  cult  members 
give  themselves  up  to  ecstatic  and  orgiastic  dances,  there- 
fore,  they  believe  that  they  are  magically  influencing  the 
sprouting  and  growth  of  the  seeds.  According  to  their 
belief,  sprouting  and  growth  are  due  to  the  demons  of  the 
soil.  These  demons  the  orgiastic  cult  arouses  to  heightened 
activity,  just  as  the  labourers  and  dancers  mutually  excite  one 
anotber  to  increased  eflforts.  In  this  ecstasy  of  the  cult,  man 
feels  himself  one  with  extemal  nature.  His  own  activity  and 
the  processes  of  nature  become  for  him  one  and  the  same 
magical  potency.  In  addition  to  the  terrestrial  demons  of 
growth,  there  are  the  celestial  demons,  who  send  fructifying 
rains  from  ihe  clouds  to  the  soil.  Particularly  in  regions 
such  as  New  Mexico  and  Arizona,  where  a  successful  harvest 
depends  in  large  measure  upon  the  altemation  of  rains 
with  the  withering  heat  of  the  sun,  these  Vegetation  festivab 
are  combined  with  elements  of  celestial  cuks.  The  latter, 
of  course,  are  also  essentially  demon  cults,  yet  they  every- 
where  exhibit  distinct  traces  of  a  transition  into  deity  cuhs. 
Particularly  typical  are  the  cults  of  the  Zuni  and  Hopi, 
described  in  detail  by  various  American  scholars.  The 
direction  of  these  cult  festivals  is  vested  in  a  body  of 
rain-priests,  in  conjunction  with  other  associations  of  priests, 
named  for  the  most  part  after  animals,  and  with  secret 
societies.  In  the  Vegetation  oeremonies  of  the  Hopi,  the 
members  of  the  rain-group,  naked  and  with  faces  masked 
to  represent  clouds,  parade  through  a  neighbouring  village 
and  thence  to  the  festival  place.  In  their  procession  through 
the  village,  the  women  throw  water  over  them  from  the 
Windows  of  the  houses.  This  is  a  magical  oeremony  in- 
tended  to  secure  the  blessings  of  rain  upon  the  crops.  The 
investigations  of  W.  Mannhardt  conceming  the  field  cults 
of  ancient  and  more  recent  times  have  shown  that  survivals 
of  such  conoeptions  are  still  present  in  the  sowing  and 


»so        ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGE 

harvest  usages  of  modern  Europe.  Mannhardt's  collection 
of  customs  deals  particularly  with  East  Prussia  and 
Lithuania.  In  these  localities  it  is  customary  for  the 
maid-servants  to  retum  from  th^  harvest  earlier  than  the 
men,  and  to  drench-  the  latter  with  water  as  they  enter 
the  house.  Though  this  custom  has  become  a  mere 
form  of  play,  it  nevertheless  still  vividly  recalls  the 
very  serious  magical  ceremonies  of  earlier  Vegetation 
cults.  But  over  and  above  this  change  from  the  serious 
to  the  playful,  of  which  there  are  beginnings  even  in 
the  festival  celebrations  of  early  cultural  peoples,  there 
is  still  another  important  difference  between  the  earliest 
Vegetation  cults  and  their  later  recrudescences.  The  former 
are  connected  particularly  with  sowing,  the  latter  primarily 
with  the  harvest.  This  again  reflects  the  difference  between 
hoe-culture  and  plough-culture.  Hoe-culture  unites  the 
members  of  the  mark  in  the  activity  of  sowing,  whereas 
labour  with  the  plough  separates  them  and  imposes  the 
work  exclusively  on  the  men.  Harvesting  the  grain,  on 
the  other  band,  long  continues  to  remain  a  task  in  which 
individuals  work  in  groups,  women  and  men  together. 
Moreover,  as  the  magical  beliefs  associated  with  the  activity 
of  sowing  gradually  disappear,  their  place  is  taken  by  joy 
over  the  assured  harvest.  This  also  factors  towards 
changing  the  time  of  the  main  festival  from  the  beginning 
to  the  end  of  the  season. 

Since  both  earth  and  heaven  must  co-operate  if  the 
sowing  is  to  be  propitious  and  the  harvest  bountiful,  Vegeta- 
tion festivals  are  intermediate  between  demon  cults  and  celes- 
tial  cults.  In  respect  to  origin,  they  belong  to  the  former  ; 
in  the  degree  in  which  more  adequate  conceptions  of  nature 
are  attained,  they  give  rise  to  the  latter.  In  many  cases, 
moreover,  elements  of  ancestor  cult  still  exercise  an  influ- 
ence  towards  bringing  about  this  transition.  The  cloud 
that  bestows  rain  and  blessing  is  regarded  as  dependent 
upon  a  Controlling  will.  Back  of  the  clouds,  therefore, 
according  to  the  ideas  of  the  Zuni  and  other  Pueblo  tribes, 
dwell  the  ancestors.    The  prayer  of  the  priests  to  the  clouds 


THE   TOTEMIC  AGE  ^51 

is  also  a  prayer  to  the  ancestors  for  protection  and  aid. 
The  processiön  of  the  rain-priesthood  through  the  village 
is  a  representation  of  the  ancestors  who  are  hidden  behind 
the  mask  of  clouds,  and  is  supposed  to  exercise  a  magical 
influence.  These  cult  festivals  also  include  invocations  to 
the  sun^  whose  assistance  is  likewise  necessary  to  the 
prosperity  of  the  crop.  Thus,  in  the  ceremonial  customs 
of  the  Navajos,  who  occupy  the  same  territory,  the  yellow 
sand  that  covers  the  festival  place  represents  the  coloured 
expanse  of  the  rainbow,  the  sun,  and  the  moon.  All  the 
heavenly  forces  are  to  co-operate  in  bringing  about  the 
ripening  of  the  harvest.  In  this  wise  it  is  possible  to  trace 
an  advance^  stage  by  stage,  frora  the  cults  of  terrestrial 
demons,  who  dwell  within  the  growing  grain  itself,  to 
celestial  cults.  The  fact  that  the  aid  of  the  beavens  is 
indispensable  draws  the  attention  upwards.  If,  now,  there 
are  other  causes  such  as  give  rise  to  the  idea  of  a  celestial 
migration  of  the  souls  of  departed  ancestors,  the  cloud 
demons  become  merged  with  ancestor  spirits,  and  there  are 
combined  with  them  the  supra-terrestrial  powers  that  are 
conceived  as  inherent  in  the  other  celestial  phenomena. 

It  is  due  to  this  synthesis  of  Vegetation  cults  with 
celestial  cults  that  these  festivals,  which  are  the  most  highly 
developed  of  any  in  the  totemic  age,  continue  to  become 
more  and  more  complex.  They  gradually  incorporate  other 
cults  in  so  far  as  these  are  not  associated  with  specific, 
undeferable  circumstances,  as  are  the  death  cults.  Among 
the  Zuni  and  Navajos,  the  most  important  ceremony  thus 
incorporated  into  these  festivals  is  the  Initiation  of  youths 
into  manhood  and  their  subsequent  reception  into  the  Com- 
munity of  men.  There  are  analogous  ceremonies  for  the 
women.  In  this  complex  of  cult  elements,  the  emphasis 
more  and  more  falls  on  the  celestial  phenomena,  of  which 
the  more  important  force  themselves  upon  the  Observation 
and  therefore  determine  the  time  at  which  these  festivals 
are  hcld.  Instead  of  at  seedtime  and  harvest,  which  vary 
somewhat  with  weather  conditions,  the  two  main  festivab 
are  held  at  fixed  dates  corresponding  to  the  summer  am 


252        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

Winter  solstices.  Thus,  the  cults  become  independent  of 
variable  circumstances.  AU  the  more  are  they  able  to 
assimilate  other  cults.  Among  the  Zuni^  for  example,  there 
is  a  ceremony  which,  though  analogous  to  the  declaration 
of  manhood,  is  not  held  at  the  time  when  th)e  youths  reach 
manhood  or  the  maidens  arrive  at  the  age  of  puberty,  but 
occurs  much  earlier,  and  signifies  reception  into  the  cnlt 
Community.  This  first  consecration,  which  might  be  com- 
pared  to  our  baptism,  does  not  take  place  immediately  after 
birth,  but  when  the  child  is  four  or  five  years  of  age. 
Following  upon  this  consecration,  in  the  course  of  the  same 
festival,  comes  the  celebration  of  the  adulthood  of  fully 
matured  youths  and  maidens,  set  for  the  fourteenth  or 
fifteenth  year  of  life.  In  this  ceremony  the  youths  and 
maidens  are  beaten  with  consecrated  rods.  The  present 
generation,  which  has  no  knowledge  conceming  the  origin  of 
this  practice,  generally  regards  these  blows  as  a  test  of  hardi- 
hood  and  courage.  But  the  fact  that  specially  consecrated 
rods  are  used  by  the  priests  shows  unmistakably  that  their 
original  purpose  was  to  exercise  a  magical  influcnce  upon 
those  who  were  being  initiated.  Indeed,  the  fact  that  many 
adults  crowd  in  to  receive  some  of  the  blows,  in  the  belief 
that  these  possess  a  protective  influence,  proves  that  the 
original  meaning  of  the  ceremony  has  maintained  itself  to 
a  certain  extent  even  down  to  the  present.  In  addition  to 
these  features  of  the  cult-celebration,  which  are  connected 
in  general  with  the  tribal  or  mark  commimity  as  such,  there 
are  other  ceremonies  that  are  designed  for  the  satisfaction 
of  the  wants  of  individuals.  Sick  persons  drag  themselves 
painfully  to  the  festival,  or  are  brought  to  it  by  their 
relatives,  in  search  of  healing.  In  America,  the  desire  for 
magical  healing  has  very  commonly  given  rise  to  so-called 
sweat-lodges,  which  are  located  near  the  festival  places. 
These  lodges  serve  a  twofold  purpose.  The  primary  aim 
of  the  sweat  eure  is  to  cxpcl  sickness  demons.  But  healthy 
persons  also  subject  thcmseWes  to  the  treatment.  In  this 
case  the  sole  purpose  of  tte  fweftting  is  obviously  that  of 
lustration.   Justasw«  «uüly  experi^nce  relief 


THE   TOTEMIC   ACE  253 

from  tfae  flow  of  Perspiration,  so  also  may  the  one  who  has 
passed  through  the  ceremony  of  the  sweat-lodge  feel  himself 
rebom,  as  it  were.  This  would  tend  to  strengthen  the 
naturally  suggested  association  between  this  ceremony  and 
lustration  by  water.  The  ceremony,  therefore,  serves  the 
same  purpose  as  the  other  forms  of  lustration.  The  indi- 
vidual  wishes  either  to  purify  himself  from  a  guilt  which  he 
has  incurred,  or,  if  there  is  no  particular  element  of  guilt,  t.o 
Protect  himself  against  future  impurities.  The  custom  thus 
acquires  the  significance  of  a  sanctification  ceremony,  similar 
to  baptism  or  to  the  bath  of  the  Brahman.  Because  of 
the  combination  of  these  various  cult  motives  and  cult  forms, 
the  cult  association  which  unites  in  the  Performance  of  the 
Vegetation  festivals  comes  to  be  the  representative  of  the 
cult,  as  well  as  of  the  belief,  of  the  tribal  conunimity  in 
general.  This  likewise  prepares  the  way  for  the  transition 
from  totemic  to  deity  cults,  as  is  indicated^  among  other 
things,  by  the  sacrificial  activities  of  these  cult  festivals. 
Sacrifice  itself,  as  has  already  been  mentioned,  probably 
originated  as  sacrifice  to  the  dead.  Its  further  develop- 
ment  occurs  primarily  in  connection  with  the  higher  forms 
of  Vegetation  cults.  The  Zuni  and  Navajos  erect  altars  for 
tjieir  festivals.  These  they  adorn  with  gaily  coloured  cloths 
and  with  the  gorgeous  plumage  of  birds.  On  them  they 
place  the  plants  and  grains  which  the  cult  is  designed  to 
prosper.  This  is  the  typical  form  of  the  vegetable  sacrifice 
as  it  passes  on  from  these  early  practices  into  all  higher  cults. 
The  sacrifice  consists  in  offering  the  particular  plants  and 
grains  whose  increase  is  desired.  At  the  outset,  its  character 
is  exclusively  magical ;  it  is  not  a  gift  to  the  deity.  Just 
as  rain-magic  is  supposed  to  result  from  drenching  the 
rain-association  with  water,  so  this  offering  of  grains  is 
held  to  have  a  magic  effect  upon  the  prosperity  of  the 
same  sorts  of  grains.  There  is  no  indication  or  Suggestion 
that  the  sacrifice  represents  an  offering  to  the  gods.  This 
idea  arises  only  later,  when  the  magical  sacrifice  of  grains, 
as  well  as  that  of  animals,  is  connected  with  a  further  con- 
ception  whose  origin  is  apparently  also  to  be  found  in 


2S4        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

sacrifice  to  the  dead.  The  dead  are  presented  with  gifts, 
which  they  carry  along  into  a  world  beyond.  Similarly, 
the  magical  sacrifice  connected  with  Vegetation  festivals  and 
their  associated  cults  more  and  more  ceases  to  be  regarded 
as  purely  magical  in  nature  and  comes  to  be  an  offering  to 
the  deity  whose  favour  is  thereby  sought. 

Coincident  with  these  changes  in  sacrificial  usages^  the 
cult  Community  which  develops  in  the  course  of  the  tran- 
sitional  stages  of  cult— the  best  representatives  are  the  semi- 
cultural  peoples  of  America— undergoes  a  more  thorough 
Organization.  Separate  associations  are  formed  within  the 
wider  circle  of  cult  membership.  These  severally  assume  the 
various  functions  involved  in  the  cult  ;  as  a  rule,  they  are 
under  the  guidance  of  priests.  Even  apart  from  their  con- 
nection  with  these  cult  festivals,  the  priests  serve  as  magic- 
priests  and  magic-doctors,  and  it  b  they  who  preserve  the 
traditions  of  the  general  cult  ceremonies  as  well  as  of  the 
means  requisite  on  the  part  of  the  individual  for  the  exercise 
of  this  twofold  profession.  This  represents  the  typical  figure 
of  the  medicine-man.  He  is  to  be  found  even  in  primitive 
culture,  but  his  function  more  and  more  changes  from 
that  of  the  ordinary  magician  into  that  of  the  priest.  As 
such,  he  attains  to  a  position  of  authority  that  is  puhlicly 
acknowledged  and  protected.  Associated  with  him  is  a 
restricted  group  of  those  cult  members  who  are  most  familiär 
with  the  secrets  of  the  cult,  and  are  his  immediate  assistants 
in  the  festal  ceremonies.  It  is  these  individuals  that  com- 
pose  the  secret  societies.  These  societies  occur  even  among 
the  tribes  of  the  northem  parts  of  America,  and  have  their 
analogues  particularly  on  the  semi-cultural  level  which 
forms  the  threshold  of  the  totemic  age.  Presumably  they 
derive  from  the  more  primitive  institution  of  men's  clubs, 
within  which  the  male  members  of  a  clan  are  united 
into  age-groups.  Membership  in  secret  societies  also  con- 
tinues  to  be  limited  to  men,  more  especially  to  such  as 
have  reached  a  mature  age.  As  tribal  Organization 
developed,  and  particularly  as  family  bonds  became  firtner, 
age   associations   were  dissolved.     The  association   which 


THE    TOTEMIC   AGE  ^^55 

originally  included  all  inen  gave  way  to  more  restricted 
societies.  Besides  this  numerical  limitation^  there  was 
naturally  also  a  qualitative  restriction.  In  the  first  place, 
those  who  thus  deliberately  segregated  themselves  from  the 
total  body  were  the  privileged  members  of  the  tribal  com- 
munity,  or  at  least  such  as  laid  claim  to  special  prerogatives  ; 
these  associations,  furthermore,  were  formed  for  certain 
more  specialized  purposes  connected  with  the  particular 
needs  of  their  members.  The  first  of  these  considerations 
accounts  for  the  respect,  occasionally  mingied  with  fear  or 
reverence,  which  was  accorded  to  these  societies,  a  respect 
which  was  heightened  by  the  secrecy  in  which  they  shrouded 
themselves.  The  fact  that  certain  customs  and  traditions 
were  surrounded  with  secrecy  caused  every  such  association 
to  be  organized  into  various  ranks,  graded  according  to  the 
extent  with  which  the  individuals  were  familiär  with  the 
secret  doctrines.  This  type  of  Organization  occurs  as  early 
as  the  associations  of  medicine-men  among  the  Africans 
and  the  American  Indians  ;  later,  it  is  to  be  found  in  con* 
nection  with  the  Eleusynian  and  Orphic  mysteries  ;  it  is 
represented  also  by  the  Christian  and  Buddhistic  Orders, 
and  by  their  various  secular  counterparts,  such  as  the 
Rosicrucians  and  the  Freemasons.  Not  infiiequently  these 
societies,  in  contradiction  to  their  seci^cy,  have  special 
emblems  indicative  of  membership  and  of  rank.  Among 
the  American  Indians,  this  purpose  is  generally  served  by 
special  drawings  on  the  body  ;  in  other  places,  by  specific 
tattooingjS  as  well  as  by  the  wearing  of  distinctive  dress. 
The  second  restriction  of  miembership  on  the  part  of  the 
secret  society  is  connected  with  the  limhed  purpose  wlncb 
the  society  serves.  The  men's  club  includes  all  thie  interests 
of  the  clan  or  tribal  Community ;  the  secret  society  is 
held  together  by  a  specific  aim  or  by  a  limited  circle  of 
related  tasks.  Here  also  it  is  universally  true  that  these 
tasks  are  connected  with  culty  and  are  thus  of  a  religious 
nature.  Even  the  Greek  phratries  underwent  a  change 
of  purpose  analogous  to  that  which  occurred  in  the  transi- 
tion  from  the  age-group  to  the  secret  society,  for,  after 


3  56        ELEMENTS   OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

losing   their   earlier   political   significance,    they    contiiiaed 
to  exist  as  cultural  associations. 

The   men's   group  belongs  exclusively   to    the    tötende 
age.      Secret   sodeties,  however,  are  organizations   whid^ 
together  with  the  cults  that  they  maintain,  belong  to  a  stage 
transitional  between  totemic  and  deity  cults.     The  embl^ns 
wom  by  the  cult  members  are  for  the  most  part  totemic  ; 
totemic  also  are  the  cult  usages,  and  likewise,  particukrly 
among  the  American  Indians,   the  name  which  the  group 
adopis.       The   feathers   of   birds   and   the   hides    of   other 
totem  animals— the   same  as  those  which  also   adom  the 
festival   altars — constitute  a   chief  part  of   the   dress.      In 
addition   to   the  general  tribal  festival  in  which  they  co- 
operate^   these  societies  also  nuintain  their  special  cults. 
It  is  particularly  in  these  latter  cults  that  ancient  totemic 
survivals  are  in  evidence.     A  remarkable  example  of  such 
a  totem  group  is  the  snake  society  of  the  Hopi  Indiana 
who  dwell^  as  do  the  Zuni  and  Navajos^  in  the  regions  of 
New   Mexico.      The   totem  animal  of   this   society    is   thie 
rattlesnake.     In  the  snake  festival,  a  procession  is  formed 
in  which  every  member  participates  ;   e^ch  carries  a  rattle- 
snake in  his  mouth,  holding  it  in  his  teeth  directly  back  of 
its  head.     It   is  firmly  believed  that  no  snake  will  kill  a 
member  of  the  society  which  holds  it  sacred.     Of  course,  as 
observers   of   the   festival   have   noticed,    an   ingenious   ex- 
pedient    is   employed   to   avert   the   danger.      Each   snake- 
bearer  is  foUowed  by  an  associate  who  diverts  the  attention 
of  the  snake  by  continually  tickling  its  tail  with  a  small 
stick.     If  a   snake-bearer   is  bitten,   as   rarely  occurs,   his 
companion  always  sucks  out  the  wound,  by  which  act,  as  is 
well  known,  the  snake*bite  is  rendered  relatively  iimocuous. 

15.  The   Art   of   the   Totemic   Age. 

The  most  prominent  of  the  artißtic  activities  of  the 
totemic  age  is  formative  ort.  In  this  field,  the  lowest  stages 
of  totemic  development  show  little  advance  beyond  the 
acfaievements  of  primitive  man.     True,  even  Australia  pos- 


THE   TOTEMIC   AGE  ^57 

sesses  cave  drawings  which  perhaps  have  some  sort  of  cult 
significance.  As  yet,  however,  we  have  not  succeeded  in 
interpreting  these  drawings.  With  this  exoeption,  the  formia- 
tive  nrt  of  the  totemic  period  is  limited  to  carvings  upon 
weapons  or  other  implements— obviously  thought,  just  as  in 
primitive  times,  to  possess  magical  potencies — ^and  to  the 
painting  of  the  face  on  the  occasion  of  ciüt  festivals. 

In  the  regioas  of  Ooeania,  particularly  the  Polynesian 
Islands,  we  find  a  far  richer  development  of  thät  form  of 
(HCtorial  art  which  aims  at  the  adornment  of  tbe  body,  or, 
as  we  ought  rather  to  say  with  reference  to  the  beginnings 
of  this  artistic  practice,  at  the  exercise  on  the  j)art  of  thie 
body  of  a  magical  influence  upon  extemal  things.  Poly- 
nesia  is  the  chief  centre  at  artistic  tattooing.  Throughout 
these  regions  this  practice  has  universally  taken  the  form  of 
prick  tattooing.  By  means  of  separate,  close-lying  prick 
points  filled  with  colour,  various  S3mimetrical  designs  are 
formed.  This  tattooing  is  the  only  art  whose  highest  per- 
fection  is  reached  at  the  beginning  of  culture.  As  soon  as 
clothing  appears,  the  decoration  of  the  body  itself  gives  way 
to  that  of  dress.  On  particular  occasions,  as,  for  example, 
in  connection  with  certain  cult  practices  of  the  American 
Indians,  custom  may  continue  to  demand  entire  nakedness. 
Under  these  circumstances,  there  is  a  sort  of  retrogressive 
development  in  which  the  painting  necessitated  by  the 
festivals  takes  the  place  of  tattooing.  This  occurs  eveni 
among  the  Australians.  Moreover,  even  after  clothing  has 
appeared,  it  long  remains  a  favourite  custom  to  tattoo  cer- 
tain exposed  parts  of  the  skin,  particularly  the  face  and 
the  arms  and  hands.  Even  to-day,  indeed,  the  arms  are 
sometimes  tattooed.  The  fact  that  tattooing  is  now  practised 
almost  exclusively  by  criminals  and  prostitutes,  and,  occa- 
sionally,  by  sailors,  finds  its  explanation  in  a  circumstance 
which  was  also  of  influence  at  the  time  when  tattooing  was  in 
its  first  flower,  namely,  in  the  Interruption  of  occupational 
activity  by  long  periods  of  leisure. 

There  is  an  additional  factor  which  obviously  favours 
the  development  of  the  art  of  tattooing,  particularly  in  the 

18 


258         ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOG V 

territory  of  the  Polynesian  Islands.  I  refcr  to  thc  a»n- 
bination  of  totemism  with  celestial  inyibolog\\  which  ii 
peculiar  to  these  peoples,  and  to  the  consequent  re- 
:edence  of  totemism.  Particularly  illuminative  as  regards 
this  point  is  the  tattooing  of  the  Maoris.  The  mnh- 
3logy  of  this  people  gives  an  important  place  to  the  sun, 
and  their  bodily  decorations  frequently  indude  pictures 
^{  this  celestial  body,  in  the  form  of  spiral  ornamentations. 
Somc  two  years  ago  travelling  investigators  brought  back 
copies  of  the  tattooing  of  other  islanders,  particularly  those 
of  the  Marquesas  group.  These  tattoo-pattems  contain  many 
significant  elements  of  a  celestial  mythology  ;  those  of 
to-day,  however,  in  so  far  as  the  custom  has  not  been  cntirely 
efTaced  by  the  Europeans,  consist  almost  entirely  of  simple 
geometrical  ornamentations.  The  tattooings  of  early  times 
frequently  included  also  representations  of  animals.  Plants 
were  less  common,  as  might  be  expected  from  the  fact 
that  it  was  only  later  that  they  acquired  importance  for 
totemic  cults.  At  the  same  time,  it  is  evident  that  a 
sprt  of  reversal  took  place  as  regards  the  pictorial  repre- 
sentation  of  objects.  This  is  even  more  striking  in  the 
tattooing  of  the  American  Indians,  a  tattooing  restricted 
to  certain  parts  of  the  body.  In  the  preceding  chapter  the 
fact  has  already  been  noted  that,  among  the  primitive  peoples 
oi  the  pretotemic  age,  as,  for  example,  the  Semangs  and 
Senoi  of  Malacca,  the  multiplication  of  simple  parallel  lines, 
triangles,  arcs,  etc.,  gives  rise  to  plant-like  and  animal-like 
Forms.  Doubtless  the  primitive  artist  himself  discovers  such 
Sgures  in  his  drawings  and  then  sometimes  consciously  sets 
Etbout  to  imitate  more  closely  the  actual  forms  of  the  natural 
objects.  At  the  stage  of  development  now  under  discussion, 
we  find,  conversely,  that  animal  forms,  particularly,  are  rc- 
translated  into  geometrical  objects  in  that  they  beconic,  as  we 
v^uld  to-day  express  it,  more  and  more  conventionalized. 
Since  only  the  simplest  outlines  of  the  objects  are  retained, 
It  may  eventually  become  a  matter  of  doubt  whether  these 
really  are  schematic  representations  of  natural  objects,  and 
vrheUier  they  are  not,  even  from  the  very  beginninij,  geo- 


THE    TOTEMIC   AGE  259 

metrical  omamentations.  Nevertheless  the  fact  that  there  are 
continuous  transitions  from  the  developed  animal  form  to 
the  geometrical  Ornament,  as  occurs  particularly  in  America, 
is  incontrovertible  proof  that  such  a  conventionalization 
took  place,  though  in  many  cases,  doubtless,  very  slowly. 
This  process  of  conventionalization,  however,  may  be  more 
clearly*  traced  in  connection  with  a  different  art,  one  that 
is  related  to  tattooing  but  whose  development  is  not 
limited,  as  is  that  of  the  latter,  and  destined  from  the  very 
outset  to  become  obsolete.  I  refer  to  ceramicsy  the  art 
of  decorating  the  vessels  which  were  at  first  intended  for 
the  preservation,  and  later  for  the  preparation,  of  food. 

Even  though  the  art  of  making  pottery  is  not  to  be  found 
in  primitive  culture  proper,  it  nevertheless  dates  back  to 
a  very  early  age.  It  is  not  impossible  that  this  age 
coincides  approximately  with  the  beginning  of  the  totemic 
period.  At  any  rate,  it  was  totemic  cult  which,  from 
earliest  times  on,  furnished  the  motives  for  the  decoration 
or— as  is  here  also  doubtless  generally  true  of  the 
early  beginnings— for  the  magical  protection  of  the  vessels, 
or  for  the  imparting  of  magical  potencies  to  their  contents. 
Doubtless  the  clay  vessel  was  originally  modelled  partly 
after  the  natural  objects  that  were  used  for  storing  food, 
and  partly  after  the  woven  basket.  The  latter,  in  turn,  may, 
in  its  beginnings,  have  been  copied  from  the  bird's  nest. 
When  it  was  discovered,  probably  accidentally,  that  clay  is 
hardened  by  fire,  the  clay  vessel  came  to  be  used  not  merely 
for  the  preservation  of  food  but  also  for  its  preparation  by 
means  of  fire.  Or,  perhaps  it  would  be  truer  to  say  that  the 
attempt  to  accomplish  this  latter  purpose  with  the  un- 
hardened  clay  vessel  led  to  the  art  of  baking  clay.  Now, 
even  before  the  art  of  making  pottery  was  known,  imple- 
ments,  weapons,  women's  combs,  and  even  the  body  itself 
were  marked  with  simple  and  regulär  linear  drawings 
to  which  a  magical  significance  was  attached.  These  geo- 
metrical forms,  which  arose  semi-accidentally,  were,  even 
from  very  early  times,  apperceived  as  the  outlines  of 
animal   or   plant   forms,   and    it   was    under   the    influence 


26o        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

of  these  ideas  that  they  attained  a  further   development 
Precisely    the    same    process    was    repeated    in    thc  cm 
of    ceramics,    only,    as    it    were,    upon    a    broader   scal^ 
challenging    a    richer    play    of    Imagination.      It    is   pre- 
cisely   here,    however,    particularly    in     the     ceramics  of 
the   American   Indians,   that  we   can    trace    the    ascending 
and  the  descending  developments  of  primitive  linear  draw- 
ings,  first  into  completely  developed  animal   designs  with 
meagre  suggestions  of  attempts  at  plant  ornamentation,  and 
then  regressively,  through  a  continued  conventionalization. 
into  purely  geometrical  figures.     At  the  same  time,  it  was 
ceramics,  especially,  that  developed  a  combination  of  these 
two  designs,  the  systematic  arrangement  of  which  marks  thc 
perfection  of  this  art.    Thus  arose  representations  of  natural 
objects  framed  in  by  geometrical  omamentations.     In  thb 
respect  also,  tattooing  furnished  a  preparation,  even  though 
imperfectly,  for  ceramics.     In  inner  significance,  moreover, 
the  iatter  was  a  direct  outgrowth  of  the  former.     By  tattoo- 
ing, man  originally  guarded  his  own  person  with  protective 
magic  ;   in  ceramics,  this  magic  was  brought  into  connection 
with  man's  Utensils,  with  the  food  necessary  for  his  life,  and 
with   its   preparation.      In  ceramics,    therefore^    just    as  in 
tattooing,   the  animals  represented  were  at  first   primiarily 
totem  animals,     Among  them  we  find  particularly  snakes, 
fish,  and  birds,  and,  in  America,  the  alligator.     Especially 
characteristic  of  the  totemic  age  is  the  fact  that  the  decora- 
tions  scarcely  ever  include  the  representation  of  the  human 
figure.    It  is  by  this  mark  that  the  art  products,  even  of  the 
earliest  age  of  Greece,  may  be  distingushed  at  first  glance 
from  those  of  totemic  culture.   In  the  former  case,  the  human 
figure  is  introduced,  either  along  with  that  of  the  animal  or 
even  alone  ;    in  the  latter  case,  only  animal  representations 
occur.     Strange  to  say,  it  is  in  only  one  respect  that  the 
ceramics,  more  particularly  of  the  American  Indians,  copy 
man— ^e  vessel  as  a  whole  represents  a  head  or  a  skulL 
Doubtless  this  is  connected  with  the  obnoxious  custom  of 
head-hunting.     Just  as  the  Indian  adorns  the  roof  of  his 
hut  with  the  heads  of  his  conquered  foes,  so  he  perpetuates 


^  THE    TOTEMIC   AGE  261 

^  the  membry  of  his  feats  of  war  in  his  ceramic  objects.  No 
portrayal  of  activities  in  which  human  beings  participate,  is 
to  be  found  in  the  totemic  age. 

Connected  with  this,  no  doubt,  is  tbe  lack  of  any  real 
seulf^ure,  with  the  exception  of  crude  idols  representing* 
animal  or  human  forms.  These  idols,  on  the  whole,  are  of 
the  nature  of  fetishes,  and  as  such  may,  of  course,  be 
regarded  as  the  precursors  of  the  divine  images  of  a  later 
period.  As  there  is  no  sculpture,  so  also  is  there,  strictly 
speaking,  no  architecture .  In  this  respect^  again,  there  is  a 
Wide  difference  between  this  age  and  the  succeeding  one.  In 
its  higher  forms,  architecture  presupposes  gods  who  are  wor- 
shipped  in  a  temple.  In  the  totemic  period,  however,  there 
are  no  temples.  True>  the  Australian  preserves  his  magic 
wands  and  pieces  of  wood,  the  churingas^  in  caves  or  hutsy 
but  the  latter  differ  in  no  wise  from  other  huts.  In  the 
totemic  age,  therefore,  man  alone  has  a  dwelling-place.  Of 
such  structures  there  are,  in  general,  two  types,  the  conicat 
and  the  spherical.  The  conical  hut  apparently  had  its 
origin  in  the  tent.  The  rounded  or  beehive  hut,  as  it  has 
been  called  in  Africa,  may  originally  have  been  copied 
from  a  natural  cave  built  in  the  sand.  The  two  fosrnsii 
moreover,  are  not  always  mutually  exclusive.  In  winter, 
for  example,  the  Esquimo  of  Behring  Strait  lives  in  a  round 
hut  made  of  snow  ;  in  summer,  he  pitches  a  tent.  In 
Melanesia,  Polynesia^  and  other  regions,  the  erection  of  dwell- 
ing-places  on  the  seashore  or  on  the  shores  of  large  rivers  led 
to  the  pole-hut,  a  modification  which  came  to  resemble  the 
houses  of  later  times.  This  hut,  which  is  generally  occu- 
pied  jointly  by  several  families,  is  erected  on  poles  that  are 
firmly  driven  into  the  ground  and  reach  far  up  into  the  air. 
Such  a  pole-hut,  even  at  this  early  age,  develops  the  typical 
form  of  a  commodious  dwelling.  One  of  the  factors  here 
operative  is  the  institution  of  men's  clubs,  which  is  prevalent 
in  these  regions  :  the  necessity  that  many  individuals  live 
together  leads  to  the  erection  of  buildinjgs  of  considerable 
siie.  In  this  connection,  we  note  a  charactcristic  difference 
between  the  beginnings  of  architectonlc  art  and  that  of  the 


:   .:         ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

fccher  ar:s.  The  latter,  whether  in  the  case  of  tattooing, 
>erjut:io*.  or  ihe  feiishistic  precursors  of  sculpture,  always 
TVgiiiuie  in  mythological  and,  primarily,  in  magical  motives  ; 
he  sole  impetus  to  architecture  is  furnished  by  the 
ain^ediate  needs  of  practica!  life.  Thus,  then,  it  is  not  to 
rirI;$iou$  impuUes  but  to  the  social  conditions  which  require 
±ul:  iiuny  individuals  shall  live  together,  that  we  inust  tracc 
I  iix>re  pertected  technique  of  building  than  that  of  primitive 

Much  ay>re  nearly  parallel  to  the  development  of  the 
c^cifcer  tornx$  of  art  is  that  of  the  musical  arts,  meaning  by  this 
jiU  :!K>5^r  *rt$  which  consist  in  the  direct  activity  of  man  him- 
«it  rhe  musicjd  arts  include  the  dance,  poetry,  and  music, 
Jtö  ««^U  Jk$  (he  vairious  combinations  into  which  these  enter 
wt:h  csac  xnocher.  Since  it  is  the  third  of  these  arts,  music, 
tbjit  :tuni:>s:*  Ji  pairtiotilar  tendency  to  combine  with  and 
:•.*  >uvi^?t:K^:::  rhe  orher  n»x^.  all  three  may  be  comprehended 
urNier  ir?  nan>e.  This  will  also  serve  to  suggest  the  fact 
that.  'us:  Jis  :.V  n^nnaiive  arts  are  closely  related  in  that  they 
j:i\e  o^><v:i\'e  embodiment  to  the  creations  of  the  imagina- 
lion,  20  also  are  the  musical  arts  allied  by  virtue  of  their 
reltance  on  subjecti\"e  expression.  Of  all  these  various 
arts*  the  dance  preserves  the  dosest  connection  with  the 
more  primitive  age.  In  the  cult  dance  of  the  totemic 
period,  however,  the  dance  receives  an  extraordinarily  rieh 
development,  reaching  a  stage  of  perfection  comparable 
to  that  to  which  formative  art  attains  in  the  extemal  adom- 
ment  of  the  body— -that  is,  in  tattooing.  The  dance  and 
tattooing,  indeed,  are  closely  related,  since  nowTiere  eise 
is  the  personal  body  so  directly  the  object  and  the  means 
ö£  artistic  activity.  To  the  dances  of  the  primitive  period, 
however»  the  totemic  dance  adds  one  extemal  feature — 
the  /iiasA— ^hose  origin  is  directly  due  to  totem  belief. 
Even  the  Australians,  of  course,  are  not  familiär  with  the 
mask-dance.  They  sometimes  paint  the  face  or  mark  it 
mih  Single  lines^  and  this  may  be  regarded  as  the  prei- 
curaor  of  the  mask  ;  the  mask  itself,  however,  appears  only 
in  the  later  development  of  totemism,  and  continues  far 


THE   TOTEMIC   AGE«  ^63 

into  the  succeeding  age.  Moreover,  as  regards  its  distribu- 
tion,  there  are  considerable  differences.  It  plays  its  most 
important  röle  in  American  and  Polynesian  regions,  a  less 
prominent  one  in  Airica.  In  America,  the  mask-dance  and 
the  elevation  of  masks  into  cult  objects,  to  which  the  mask- 
dance  occasionally  gives  rise,  extend  from  the  Esquimos  of 
the  north  far  down  to  the  south.  Koch-Grünberg  has  given 
a  clear  picture  of  the  mask-dances  and  the  mask-cult  of  the 
natives  of  the  Brazilian  forests.  Here  the  masks  are  not  a 
secondary  means  of  magic,  as  it  were— much  less  an  occasional 
object  of  adomment.  Every  mask  is  a  sort  of  sacred  object. 
When  the  youth  attains  to  manhood,  he  receives  a  mask, 
which  is  sacred  to  him  throughout  his  entire  life.  After  the 
great  cult  festivals,  which  are  celebrated  with  mask-dances, 
the  masks  are  carefully  preserved.  In  the  mask  there  is 
supposed  to  reside  the  demon  who  is  represented  by  it,  and 
the  fear  of  the  demon  is  transferred  to  the  mask.  The 
dancing  of  this  period  consists  primarily  of  the  animal 
dance,  which  is  a  rhythmic  imitation,  often  wondlerfully 
skilful,  of  the  movements  of  an  animal.  The  mask  also^ 
therefore,  always  represents,  in  a  more  or  less  altered  or 
grotesquely  exaggerated  form,  an  animaFs  head,  or  a  being 
intermediate  between  animal  and  man,  thus  vividly  calling 
to  mind  certain  totemic  legends  whose  heroes  are  sometimes 
animals  and  sometimes  human  beings.  On  the  more 
advanced  stages  of  totemic  culture,  there  are  also  masks 
representing  objects  of  extemal  nature.  Mention  has 
already  been  made  of  the  cloud  masks  used  in  the  Vegeta- 
tion festivals  of  the  Hopi  and  Zuni.  The  rain-priests  of 
these  tribes,  with  these  masks  on  their  heads  and  with 
pictures  of  zigzag  lightning  on  their  garments,  are  the  living 
representatives  of  storm  demons.  Thus,  the  mask  imparts 
to  its  wearer  the  character  of  the  demon  represented  by  it. 
The  cTiaracteristics  of  face-masks,  such  as  enormous  beards 
and  teeth,  huge  eyes,  noses,  etc.,  cause  them,  particularly,  to 
be  the  living  embodiments  of  the  fear  of  demons,  and  thus 
to  be  themselves  regarded  as  demoniacaj  beings.  iWhate^-er 
may  be  their  more  specific  nature,  whether,  for  exampl 


204        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

they  represent  demons  of  sickhess  or  of  fertility^  they  always 
present  thc  same  fear-inspiring  features.  A  certain  diversity 
of  expression  is  much  more  likely  to  come  as  a  result  of  the 
cxternal  character  of  the  dance  in  which  the  masks  are  uscd. 
This  may  give  rise  to  expressions  portraying  surprise  and 
astonishment,  or  the  more  lively  emotions  of  fear,  terror,  or 
exalted  joy.  In  the  latter  case,  we  must  bear  in  mind  that 
representations  of  grinning  laughter  differ  in  but  a  few 
characteristic  marks  from  those  of  violent  weeping. 

Corresponding  to  these  differences  in  the  character  of 
the  masks  that  are  worn,  are  tvvo  main  forms  of  the  dance^ 
particularly  of  the  cult  dance.  The  first  of  these  is  the 
ceremonial  dance,  which  moves  in  slow  and  solemn  rhythm. 
This  is  the  dance  that  generally  inaugurates  the  ^reat  cult 
festivals  of  the  semi-cultural  peoples  of  totemism  or  that 
accompanies  certain  of  the  chief  features  of  the  festival — 
such,  for  example,  as  the  entrance  and  procession  of  the 
cloud-masked  ancestral  spirits  in  the  Vegetation  festivals  of 
New  Mexico.  Contrasting  with  the  ceremonial  dance  are  the 
ecstatic  danceSy  which  for  the  most  part  form  the  climax 
of  the  festival.  Only  the  men  are  allowed  to  take  part 
in  the  ceremonial  dances,  and  the  same  is  generally  tnie 
also  of  the  ecstatic  dances,  The  women,  if  not  altogether 
exdluded  from  the  ceremonies,  are  either  silent  witnesses 
or  accompany  the  dance  with  songs  or  screams.  It  is  only 
in  the  more  extreme  form  of  the  ecstatic-orgiastic  dance 
that  both  sexes  participate.  The  mixed  dances  probably 
arose  in  connection  with  the  Vegetation  festivals,  as  a  result 
of  the  relation  which  was  thought  to  exist  between  the  sexual 
emotions  and  the  creative  forces  of  nature.  It  was  doubt- 
less  because  of  this  late  origin  that  the  Greeks  long  con- 
tinued  to  regard  the  dances  of  the  Dionysian  festivals, 
which  were  borrowed  from  Oriental  cults  and  executed  by 
women  alone  or  by  women  and  men  together,  as  in  part  ä 
degeneration  of  good  custom.  In  thte  dtama,  whose  origin  was 
the  minietic  dance,  the  rdle  of  women  was  taken  by  men. 

Closely  connected  with  the  dance  is  music,  the  pre- 
paratory  stl^e  of  which  is  constituted  by  the  participation 


THE   TOTEMIC   AGE  »65 

of  the  voice  in  the  rhythm  of  the  external  movements  of 
the  body.  These  articulatory  movements,  which  form  a 
part  of  the  mimicking  activity  of  the  face,  Supplement  the 
dynamic  rhythm  of  the  dance  with  the  melodic  rise  and 
fall  of  tones.  The  emotion  which  finds  its  outlet  in  the 
dance  itself,  then  seeks  a  further  enhancement  through 
objective  means.  These  means  also  involve  the  activity 
of  the  bodily  organs  ;  noises  are  produced  by  clapping 
the  hands,  by  stamping  on  the  ground,  or  by  the  rhythmic 
dash  of  sticks.  In  the  latter  case,  the  transition  from 
instnmfients  of  noise  to  those  of  tone  is  easily  made. 
The  earliest  forms  of  tone  instruments  are  of  two  sorts, 
according  as  they  copy  the  production  of  sound  by 
external  means,  on  the  one  hand,  or  by  the  vocal  organs, 
in  the  accompanying  tones,  on  the  other.  Thus,  the 
two  original  forms  of  musical  instruments  are  instruments 
of  concussion  and  wind  Instruments.  In  origin,  these  are 
directly  connected  with  the  dance.  They  are  natural  means 
of  intensification  created  directly  by  the  emotion,  though 
later  modified  by  systematic  invention.  The  later  develop- 
ment  of  musical  art  continues  to  remain  in  close  relation 
to  the  two  main  forms  of  the  dance,  the  solemn  ceremonial 
and  the  ecstatic  dance,  between  which  there  come  to  be 
numerous  transitions.  From  the  most  primitive  to  the 
highest  stages  of  music,  we  continually  find  two  sorts  of 
musical  expression,  the  sustained  and  the  animated.  These 
correspond  to  the  contrasting  feelings  of  rest  and  excite- 
ment,  which  are  experienced  even  by  animals,  and  which 
man  therefore  doubtless  carried  with  him  from  his  natural 
State  into  his  cultural  life.  With  the  progress  of  culture, 
these  feelings  constantly  become  more  richly  difTerentiated. 
The  totemic  age  may  be  said  to  include  only  the 
first  few  advances  beyond  the  simple  emotions  already  ex- 
pressed in  the  dance.  Neverthelcss,  thcre  are  ethnological 
diflferences  that  register  in  a  very  characteristic  way  those 
specific  musical  talents  of  the  various  races  which  are 
obscured  on  higher  levels  of  culture  because  of  th^ 
incrcasing    complexity    of    intcrnadonal    relations.      1 


266        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

Africa  is  apparently  the  chief  centre,  if  not  the  original 
home,  of  instruments  of  concussion  and  of  the  great  variety 
of  stringed  instruments  that  develop  from  them.  America, 
on  the  other  hand,  is  the  region  in  which  wind  instruments, 
in  particular  their  original  form,  the  flute,  have  attained 
their  chief  development.  The  flute  of  the  American  Indians 
is  not,  of  course,  like  our  own  ;  it  is  blown,  not  with  the 
ups,  but  with  the  mouth.  It  therefore  resembles  a  shawm 
or  a  clarinet.  As  regards  production  of  tone,  however, 
it  is  a  flute,  for  the  tone  is  produced  by  the  extension  of 
one  lip  over  the  other  in  a  manner  similar  to  that  of  the 
flute-pipes  of  our  organs.  That  which  distinguishes  the 
sound  of  the  flute  and  of  its  shorter  form,  the  fife,  from 
that  of  stringed  instruments  is  primarily  the  greater  in- 
tensity  and  the  longer  duration  of  the  tone.  Corresponding 
to  the  diflerence  in  musical  instruments  is  that  of  the  noise 
instruments  which  characterize  the  two  regions.  Africa 
possesses  the  drum.  This  it  employs  not  only  for  purposes  of 
accompaniment  in  cult  ceremonies,  but  also  as  a  means  of 
sijfnalling,  since  it  renders  distant  communication  possiblc 
by  use  of  the  so-called  drum-language.  In  America,  we 
find  the  rattle.  Though  this,  of  course,  is  not  entirely  lack- 
ing  in  Africa,  it  nevertheless  occurs  primarily  within  the 
cultural  realm  of  the  North  American  Indians.  Here  it  is 
employed  as  an  instrument  of  noise  and  magic,  similarly  to 
the  bull-roarer  of  the  Australians.  As  between  the  rattle 
and  the  drum,  the  difference  is  again  one  of  the  longer 
duration  of  sound  in  the  case  of  the  American  instrument. 

The  tones  produced  by  these  early  musical  instruments, 
howe^'er,  even  those  of  the  stringed  instruments  and  their 
vocal  accompaniment,  by  no  means,  of  course,  form 
harmonic  music.  On  the  contrary,  harmony  is  an  achieve- 
ment  of  the  succeeding  age  ;  it  is  here  foreshadowed  ui 
only  imperfect  beginnings.  Such  beginnings,  however,  may 
everywhere  be  discerned  in  the  records  that  we  have  of  the 
melodies  of  the  Soudan  negroes  and  the  American  races. 
Nevertheless,  most  of  the  records  that  are  as  yet  available 
are  still  of  d<Kibtful  value.     The  auditor  is  too  prone  to 


THE   TOTEMIC   AGE  267 

fiüd  in  them  his  own   musical  experiences.     For  reliable 
data  we  must  wait  until,  foUowing  the  beginnings  that  have 
already  been  made,  a  greater  mimber  of  such  natural  songs 
will  bave  been  objectively  recorded  by  the  aid  of  the  phono- 
graph.     As  yet  we  can  only  say  that,  if  we  may  judge 
from  their  musical  Instruments,  the  Af ricans  surpass  all  other 
natural  peoples  in  musical  talent.    Their  melodies  ordinarily 
move  within  the  ränge  of  about  an  octave,  whereas  those 
of   the    North    American   Indians    seldom   pass   beyond    a 
sixth,      The   fact   of   this   small   tonal   compass  will   itself 
indicate  that  the  melody  of  all  natural  peoples  tends  to  very 
constant  rhythms  and  intervals.     The  latter,  moreover,  show 
some  similarity  to  those  with  which  we  are  familiär.     The 
Chief  characteristic  of  these  songs,  however,  is  their  tendency 
toward  repetition.  One  and  the  same  motive  frequently  recurs 
with  tiresome  monotony.     The  melodies  thus  reflect  certain 
universal  characteristics  of  primitive  poetry  as  they  appear 
in  the  songs  of  the  Veddahs  and  of  other  pretotemic  tribes. 
Nevertheless,  the  forms  of  poetry  exhibit  an  important 
advance  over  those  of  the  more  primitive  peoples  just  men- 
tioned.    Particularly  in  the  case  of  the  song,  we  find  that  the 
simple  expression  of  the  moods  directly  aroused  by  nature  is 
supplemented  by  a  further  important  feature.     This  feature 
is  closely  bound  up  with  that  more  lively  bodily  and  mental 
activity  of  totemic  culture  which  is  reflected  likewise  in  its 
use  of  implements  and  weapons.    Karl  Bücher  was  the  first 
to  point  out  that  common  labour  gives  rise  to  common  songs, 
whose  rhythm  and  melody  are  determined  by  the  labour. 
The  increasing  diversity  of  the   werk    results  m  a  wider 
ränge  of  content   and  also  in  a    richer    differentiation   of 
forms.     Such  work^songs  are  to  be   found  throughout  the 
entire  totemic  era,  whereas,  of  course,   they  are  lackmg  ^ 
the  preceding  age,  in  which  common . labour  scarcely  exists, 
Contemporaneously  with  the  work-song,  the  c«^^;Sö/ij  niakes 
its  appearance.    The  latter  is  esscntiaUy  conditioned  by  the 
development  of  totemic  ceremonies.      As  »ese  become  mo^e 
numerous,  the  cult-song  likewise  graduaUy  grows  ncher  ^^^^ 
more  manifold,  in  close  reciprocal   rclations  with  the  d^^^^ 


THE   TOTEMIC   AGE 


269 


This  song  is  repeated  again  and  again  without 
change  of  motif— it  is  a  conjuration  in  the  form  of  a  song. 

The  snake  society  of  the  Hopi,  to  which  we  have  already 
referred^  has  a  similar  song^  which  it  sings  with  musical 
accompaniment.     It  runs  as  follows  :— 

Ob,  snake  society  of  the  North,  come  and  labour  for  us, 
Snake  society  of  the  South,  of  the  West,  snake  society  of  the 

Zenith  and  of  the  Nadir, 
Come  hither  and  labour  for  os. 


The  fact  that  the  snake  societies  of  the  Zenith  and 
Nadir  are  invoked  makes  it  clear  that  this  song  is  not,  as 
it  were^  an  appeal  addressed  to  other  societies  of  human 
beings.  There  are,  of  course,  none  such  at  the  Zenith  or 
the  Nadir.  The  song  is  obviously  directed  to  a  demon 
society  conceived  as  similar  to  human  cult  associations.  It 
petitions  for  assistance  in  the  preparation  of  the  field  and 
for  a  successful  harvest. 

The  repetitions  in  such  cases  as  these  are  always  due 

to  the  fact  that  the  songs  are  conjurations.     Not  so  with  the 

work-song.     This  is  generally  the  expression  of  a  greater 

diversity  of  motives,  as  is  shown  by  the  foUowing  lines  taken 

from  a  song  of  the  Maoris  of  New  Zealand.     The  song  is 

one  which  they  sing  while  transporting  trunks  of  trees  to 

the  coast  :— 

Give  more  room, 

Joyotts  folk,  give  room  for  the  totara, 

Joyous  folk, 

Give  me  the  maro. 

•  •  •  •  • 

Slide  on,  slide  on  ! 
Slip  along,  slip  along  1 
Joyous  folk  1  etc. 

'  Totara '  and  '  maro  '  are  the  names  of  trees  that  they 
have  felled.  In  its  rhythm  and  its  repetitions,  the  song 
gives  US  a  direct  portrayal  of  the  work  itself . 

These  song-forms  are  still  entirely  the  product  of 
extemal  motives  and  never  arise  under  the  independent 
and  immediate  influence  of  subjective  moods.    Far  wperior 


I  THE   TOTEMIC  AGE  271 

,.  to  tbe  need$  of  childlike  comprehension.  A  closer  investiga- 
,  tkm  of  the  märchen-myths  of  relatively  primitive  peoples  has 
vendered  this  theory  absolutely  untenable.  True,  retrogres« 
sive  forms  occasionally  occur  in  this  as  well  as  in  most  other 
florts  of  myth  and  of  literary  composition.  Nevertheless, 
there  is  no  longer  any  room  for  doubt  that,  on  the  one  band, 
the  earliest  products  of  narrative  composition  were  all  of  the 
nature  of  the  märchen,  and  that,  on  the  other  band,  most 
primitive  märchen-fictions  were  credited  myths.  An  attempt 
to  arrive  at  the  sources  of  the  most  common  motifs  of  the 
märchen  of  different  peoples  and  ages  will  reveal  the  fact 
tliat  the  majority  of  them  must  imdoubtedly  be  traced  to 
the  totemic  age.  Such  was  the  environment,  certainly,  in 
which  the  earliest  narrative  had  its  setting,  particularly  in 
so  far  as  it  was  believed  to  report  truths  of  history. 

The  early  myth  narrative  was  of  the  general  character 
of  the  märchen  primarily  in  that  it  was  not,  as  a  rulc^ 
restricted  to  a  specific  time  or  place.  This  also  diflferentiates 
the  folk  märchen  of  to-day  from  the  saga.  An  occasional 
exception  is  offered  by  the  anthropogenic  legends  of  peoples 
of  nature,  although  these  also  are  in  other  respects  of  the 
nature  of  the  märchen.  A  second  essential  characteristic 
of  the  märchen  is  the  fact  that  magical  agencies  play  a 
r61e  in  the  determination  of  events.  This  is  true  even  of 
present-day  folk  märchen,  and  is  due  to  the  circumstance 
that  the  primitive  märchen  arose  in  an  age  which  was  still 
entirely  under  the  dominance  of  magical  beliefs.  These 
beliefs,  which  influenced  all  phases  of  the  activity  of  primi- 
tive man,  also  caused  the  magical  märchen  to  be  credited 
either  in  their  entirety  or  at  least  in  great  part.  All  the  nar- 
ratives  of  this  age,  however,  bear  the  characteristics  of  the 
märchen,  as  these  have  just  been  indicated,  or,  at  any  rate, 
it  is  at  most  only  occasionally,  in  the  primitive  legend, 
that  they  approximate  to  the  saga.  It  foUows,  therefore, 
that  the  development  of  the  myth  in  general  begins  with 
the  märchen-myth.  Here  also  the  development  proceeds 
from  below  upwards,  and  not  the  reverse. 

But  cven  though  the  beginnings  of  the  märchen-mytl 


272        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

doubtless  date  back  to  primitive  man,  the  flowcr  of  ik 
development  is  undeniably  to  be  found  in  the  totemic  a|t. 
For  it  is  to  this  age  that  all  those  characteristics  point  ttat 
are  still  to  be  found^  as  survivals  of  the  totemic  period,  i& 
present-day  märchen  and  children's  fairy-tales.  Of  such 
characteristics,  we  might  mention  primarily  the  magkal 
causality  which  the  action  involves — b.  point  to  which  we  hait 
already  referred — and  also  the  röle  assigned  to  the  aniaul, 
which  is  portrayed  either  as  the  helper  and  benefactor  of 
man  or,  at  the  least,  as  like  him  in  nature.  The  latter 
resemblance  appears  particularly  in  the  fact  that  marriages 
are  frequently  represented  as  taking  place  between  man 
and  animals  ;  furthermore,  transformations  of  men  into 
animals  are  said  to  occur,  and  retransformations  of  the 
latter  into  men.  In  these  totemic  märchen  we  very 
seldom  find  man  to  the  exclusion  of  animals  ;  just  as  little, 
moreover,  do  animals  appear  alone.  Both  the  animal 
fable  and  the  märchen  which  deals  exclusively  witfa 
human  beings,  are  products  of  a  later  development  and 
belong  to  a  period  in  which  the  märchen  is  no  longer 
credited.  Even  more  truly,  however,  do  these  primitive 
märchen  lack  the  moral  lessons  which  are  taught  by  the 
stories  of  later  times,  particularly  by  the  fable.  Neverthe- 
less,  those  fable  märchen  which  are  generally  called  *  ex- 
plicative '  because  they  explain  the  traits  of  oertain  animals, 
still  generally  bear  the  marks  of  the  totemic  age,  cven 
though  they  apparently  belong  to  cme  of  its  somewhat  later 
periods.  An  example  of  this  is  the  tale  of  the  American 
Indians  of  the  North-west,  according  to  which  the  crow 
became  black  through  being  burned  by  the  sun  while 
stealing  celestial  fire  ;  or  the  tale  of  the  Bantus,  which 
explains  that  the  rabbit  acquired  the  cleft  in  his  lip  as  the 
result  of  a  blow  once  dealt  him  by  the  man  in  the  moon. 

The  most  primitive  märchen  lacks  all  such  intellec- 
tualistic  motives.  It  recounts  an  event  without  any  dis- 
cemible  purpose  or  without  bringing  the  action  to  any 
natural  conclusion.  The  following  Australian  märchen  may 
serve  as  an  Illustration :    '  Several  women  go  out  into  the 


THE   TOTEMIC   AGE  273 

field  with  their  children  to  gather  grass  seed.     There  they 

meet  a  magpie.     It  offers  to  watch  the  children  while  the 

women  are  gathering  the  seeds.     They  leave  the  children 

with  the  magpie.     When  they  return^  however^  the  children 

have  disappeared.    The  tnagpie  has  hidden  them  in  a  hollow 

tree.     The  women  hear  the  children  crying,   but  do  not 

know  where  they  are^  and  retum  home  without  them.    The 

magpie  has  disappeared.'     Such  a  narrative  is  strikingly 

similar,  in  its  lack  of  aim,  to  the  songs  of  primitive  peoples. 

Markedly  superior  is  the  märchen-fiction  found  among  other 

natural  peoples,  of  totemic  culture.     These  tales  gradualty 

develop  a  closer  connection  between  the  events.  It  is  now  that 

the  märchen  hero  makes  his  appearance,  and  it  is  with  him^ 

particularly,  that  the  events  are  associated.    This  hero  is  not 

of  course^  similar  to  the  one  of  the  later  hero  saga,  who  gains 

distinction  by  his  strength,  clevemess,  and  other  qualities. 

He  is  a  magic-hero,  in  control  of  magical  forces.    The  latter 

are  frequently  represented  as  communicated  to  him  by  an 

animal  which  he  meets,  or  by  an  old  woman  ;  more  rarely,  he 

is  Said  to  receive  them  from  a  male  magician.     A  further 

characteristic  of  the  childhood  period  of  the  märchen-fiction 

is  the  fact  that  the  hero  himself  is  almost  always  a  child.    A 

youth  sets  forth  on  adventure,  meets  with  magical  experiences, 

retums  home,  and  generally  benefits  his  tribe  through  certain 

possessions  that  he  has  acquired  on  his  journey.    Here,  again, 

animals  play  a  supporting  röle.     Rieh  collections  of  such 

märchen  have  been  gathered,  particularly  in  America.    One 

of  the  tales  of  the  Pawnee  tribe  of  prairie  Indians  runs  as 

foUows  :    '  A  young  man  did  not  join  his  companions  in 

their  sports,  but  went  alone  into  the  forest.     One  day  he 

retumed  with  a  buffalo   cow  which  had  become  his  wife 

and  had  borne  him  a  buffalo  calf .   But  the  very  moment  that 

the  wife  and  calf  entered  the  hut  of  the  man  they  were  trans- 

formed  into  human  beings.    Nevertheless,  a  cloud  of  magic 

hung  over  the  man.     If  the  child  were  to  fall  to  the  floor, 

it  would  be  changed  back  into  a  buffalo  calf.     Now,  this 

misfortune  actually  came  to  pass,  and  the  mother  was  also 

again  changed  into  a  buffalo  cow.     Sadly  the  young  m 

19 


274        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

then  went  with  them  into  tbe  forest^  wbere  he  himsdt 
became  a  buflfalo  and  for  a  time  lived  quietly  witfa  tbc 
buffalo  herd.  Suddenly  he  again  retumed  home,  tiaiu- 
formed  into  a  man.  But  he  had  leamed  from  the  buffaloes 
how  one  must  set  about  tp  Iure  them  forth  in  order  to 
hunt  them.  This  secret  he  imparted  to  his  fellow-tribes- 
mcn,  and  since  that  time  the  tribe  has  enjoyed  plenty  d 
buiTalo  meat.'  This  is  a  buflfalo  legend  which  teils  of  a 
sort  of  compact  between  the  tribe  and  the  buffaloes.  That 
the  legend,  moreover,  is  not  a  mere  märchen  in  cur  scnsc 
of  the  term,  has  been  strikingly  shown  by  Dorsey,  to  whom 
we  owe  the  collection  of  Pawnee  tales  from  which  this 
Story  is  taken.  The  tale  is  still  recounted  by  the  Pawnees 
when  they  wish  the  buffalo  to  appear  for  the  hunt.  Thus, 
it  is  a  magical  märchen,  not  only  in  that  it  deals  witfa 
magical  evcnts  but  also  in  that  its  narration  is  suj^sed  to 
exercise  magical  powers.  This  naturally  presupposes  that 
it  is  credited. 

To  trace  the  further  development  of  the  totemic 
märchen-myth  is  to  find  the  gradual  emergence  of  charac- 
teristic  changes.  The  relation  between  man  and  the  animal 
is  slowly  altered.  This  is  most  clearly  apparent  in  con- 
nection  with  the  transformation  of  human  beings  into 
animals.  This  change  is  no  longer  held  to  be  one  in  which 
man,  because  of  the  magical  powers  which  he  acguires,  is 
the  gainer,  and  not  the  loser.  The  transformation  now 
more  and  more  comes  to  be  regarded  as  a  degradation. 
The  man  who  has  changed  into  an  animal  is  portrayed  by 
the  märchen  as  denounced  and  persecuted  by  his  fellow- 
tribesmen.  He  is  compelled  to  withdraw  into  solitude  or 
to  live  exclusively  with  the  animal  herd,  because  he  is  no 
longer  regarded  by  his  fellows  as  an  equal.  Later,  near 
the  end  of  the  totemic  period,  the  change  is  conceived,  not 
as  degradation  but  as  the  result  of  an  evil  magic  from  which 
an  innocent  person  suffers,  and,  eventually,  as  a  punishment 
which  overtakes  a  person  because  of  some  misdeed  or 
other.  Of  these  notions,  that  of  malevolent  magic  again 
apparently  antedates  that  of  punishment.     VVhen  the  latter 


THE   TOTEMIC  AGE  275 

^ 

mppears,  the  relation  which  was  characteristic  of  totemism 
at  its  height  becomes  practically  reversed.  Quite  naturally, 
therefore»  the  idea  that  transformation  into  an  animal  Is  ä 
punishment  arises  long  after  the  close  of  the  totemic  age. 
Indeed,  it  is  to  be  found  far  mto  the  period  of  ideas  of 
requital,  which  are  a  relatively  late  product  of  deity  cult^ 
and  whose  development  is  largely  influenced  by  philosophical 
reflection.  Thus  considered^  the  doctrine  of  metempsychosis 
developed  by  the  Brahmans  of  India  and  by  the  Pythagorean 
sect  of  the  Occident  is  the  last  metamorphosis  of  a  very 
ancient  totemic  animal  tale.  These  changes^  however^  have 
had  practically  no  influence  on  the  development  of  the 
märchen  itself.  This  is  shown  by  th^  fact  that  the  folk 
märcfaen  of  to*day  have  universally  retained  the  idea  that 
the  transformation  of  men  into  animals  is  the  result  of 
malevolent  magic.  The  latter^  indeed,  is  the  form  in  which 
these  survivals  of  a  distant  totemic  past  are  even  to-day  most 
easily  comprehensible  to  the  child  mind. 

Thus,  the  animal  märchen  is  an  important  product  of 
totemic  culture,  directly  embodying  the  views  that  dominate 
the   life   of   this   age.      In    addition    to    such    tales,    how- 
ever,   and,   in   part,   in   combination  with   them,   there   are 
several  other  forms  of  the  märchen-myth,  consisting  chiefly 
of  ideas  conceming  nature  and,  to  some  extent,  of  magical 
ideas  sustained  by  the  human  emotions  of  fear  and  of  hope. 
Two  sorts  of  märchen,  especially,  should  here  be  mentioned, 
celestial  tales  and    iales  of  fortune,   both  of   which   owe 
their  development  to  totemic  culture.    The  celestial  märchen, 
however,  disappears  comparatively  early,  mainly,  no  doubt, 
because    it    is    displaced   or    assimilated    by    the    celestial 
mythology  of  the  post-totemic  age.     The  märchen  of  for- 
tune, on  the  other  band,  remains  as  a  permanent  form  of 
märchen-fiction,  and  all  later  narrative  composition  has  been 
influenced  by  it. 

The  celestial  märchen  affords  a  direct  record  of  the 
Impression  made  by  celestial  phenomena  on  the  conscious- 
ness  of  an  age  whose  ideas  were  as  yet  circumscribed  by 
the  environment,     By  the  cnvironment,  however,  must  ^ 


r'j        ELZMZNTS   OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

7«  äe  TXDdersEood  ±e  endrg  visible  worid — sun,  moon^  and 
sirsw  as  -vell  15  '.iills  azd  T^llevs.  animaU  and  znen.  The 
«nscanc  3aar«av-?r.  was  ilinjs  Iikeaed  to  that  which  was 
3iEir  iz  hiind  izc  in32iec3.:el7  accessio  le.  Animals  and 
aast  wer^  slrccs«^i  :j  L^ibi:  ihe  docds  and  the  heaveniy 
:>]Cie^  rr*Jis<fi7  as  ±ey  io  rie  earth.  and  the  relations 
woici  ±sey  :rer;;  ±er-  hell  ro  sustain  to  one  another  are 
rcenccil  "arr±  rhc:=e  iescrirei  :z  the  aninaal  tale.  iWlien  the 
^ew  3CCC  ArrreiT?.  a  voli  Is  cevoarin^  che  moon  ;  in  an 
^clir^e  cc  rte  sil":.  :J:e  sun  :s  swiilowed  up  by  a  black 
r>:c<cer  azd  -vir^ai.  .n  :he  evezir^.  the  sxin  disappears  behind 
1  iari  :lcc'i,  ::  .iksw.se  is  overjx^ered  by  a  monster^  and 
ihe  r^i  ^x-v  cc  ±e  sun^e-  is  :he  blcod  which  it  sheds.  Three 
tiiecies  Ji  p«rtic:i".ar  ore  iornizan:  in.  the  niost  primitive  celes- 
:^  a.Ie? .  ±e  j^ofosioa  oc  120:1  inro  :he  heavens^  his  descent 
frcci  he^ver.  ir.d  ie  devcurment  ot  the  great  heaveniy 
xxiies.  :z  ru.:::cu*ar  oc  ü:e  snn.  at  $unset.  One  of  the 
ejrlie^K  c^i  :h*i<e  ,-:-:,"ecc:c~5  :>  the  roumey  to  heaven.  This 
25  jisiiCArifc  ?y  the  v-ry  fic:  tha:  the  means  for  this  joumey 
oj:?  xl'wi>-^  i^rv  'i-'i  i:r:fc:-y  froTi  narjre.  er  consist  of  the 
«iM;vct5  i-^i  :r/y".Ät:^*:i??  c:  rritiütive  culture.  There  is 
a  cc~oeccx^r.  c**::r«:t  :::  Au<:nl:a  and  Oceania  that  beings 
iun?  -''^""^^^H^  ro  heJLver.  ry  neans  of  high  trees,  or  have 
altowd  iect^e^^s  ^?  "oe  nised  up  by  the  branch  of  a  tree 
da:  bai  beesi  ber.t  dova  to  the  earth.  .WTiere  the  ,bow 
ar.d  im>w  exis:.  a$  in  Melasesia  and  America,  the  arrow- 
Lkkier  :?  tre-cuer.t'y  emploN-ed  tor  the  celestial  joumey.  A 
hur.ter  shoots  ar.  arrow  inro  the  heavens,  \rfiere  it  remains 
rixed  :  he  then  ser^ds  a  second  arrow  which  catches  into  the 
nocch  of  the  Ars:,  then  a  third,  a  fourth,  etc.,  until  the 
ladder  reaches  to  the  earth.  The  dowmvard  joumey  is  not 
so  ditKcult.  •  This  is  generally  accomplished  by  means  of  a 
basket  or  a  rope  sustained  by  cords  :  it  is  thus  that  the  celes- 
tial inhabitant  is  enabled  to  descend  to  the  earth.  Many 
marchen  relate  that  the  sun  and  the  moon  were  originally 
human  beings  who  joumeyed  to  the  heavens.  Here  they 
are  thought  to  remain,  or  occasionally,  perhaps,  to  retum 
to  the  earth  white  other  human  beings  take  their  place. 


THE   TOTEMIC   AGE  ^^^ 

Besides  the  märchen  telling  of  the  interrelations  of 
human  and  celestial  beings,  there  are  also  a  number 
of  other  sorts.  Of  them  we  may  faere  Single  out^  as  a 
particularly  characteristic  type»  those  which'  deal  with 
dew^urment.  Obviously^  as  has  already  been  noticed^  it 
is  the  setting  of  the  sun  that  very  frequently  constitutes  th^ 
central  theme  of  these  tales.  These  märchen  of  devour- 
ment,  however,  differ  from  those  that  deal  with  celestial 
joumeys  in  that  they  clearly  exemplify  narratives  in  whicb 
only  one  of  the  elements  consists  of  a  celestial  phenomenon  ; 
in  addition  to  it,  there  are  regularly  also  other  elements 
borrowed  from  the  terrestrial  environment.  Indeed^  the 
latter  may  of  itself  originale  märchen,  independently  of  the 
influence  of  celestial  pbenomena.  .We  must  distinguish  at 
the  outset,  therefore,  between  those  märchen  of  devourment 
that  contain  celestial  elements  and  others  in  which  these  ele- 
ments are  apparently  lacking.  A  familiär  example  of  märchen 
of  devourment  is  the  Biblical  legend  of  Jonah.  In  its 
traditional  rendering,  this  is  clearly  of  a  relatively  late  origin, 
though  it  is  probably  based  on  much  older  tales.  Many 
of  the  tales  of  devourment,  which  are  common  to  all  parts 
of  the  earth,  centre  about  a  hero,  whö  is  generally  a 
courageous  youth  seeking  adventure.  The  hero  is  devoured 
by  a  monster  ;  he  kindles  a  fire  in  the  belly  of  the  monster, 
and,  by  buming  up  its  entrails,  rescues  himself.  The  fact 
that  fire  figures  so  prominently  in  these  tales  makes  it 
highly  probable  that  they  took  shape  under  the  influence 
of  observations  of  the  setting  sun.  Other  tales  make  no 
mention  of  fire,  but  relate  that  the  belly  of  the  monster 
is  extremely  hot,  and  that  the  heat  singes  the  hair  of  th^ 
one  who  has  been  swallowed.  In  an  old  illustrated  Bible 
which  was  recently  discovered,  Jonah  is  pictured  as  havinjf 
a  luxuriant  growth  of  hair  at  the  moment  whfen  he  is  being 
swallowed  ;  in  a  second  picture,  when  he  comes  forth  from 
the  belly  of  the  whale,  h^  is  entirely  bald.  But  even  though 
this  reference  to  fire  and  to  heat  indicates  an  influence  on 
the  part  of  the  sunset,  this  type  of  celestial  märchen  is 
none  the  less  entirely  different  from  that  which  deals  with 


::v:zxTS  of  folk  psychology 


cune^r«  7-  'z.'zx  -LZ  i-i  rse  rcnun  to  earth.     In  thc  lattcr, 
Ae  iei.'-c   ::5  .:>*.:  ibe  soeae  of  action  upon   which  mcn 
«ose  ^TTTii^  r^}   Äeir  rolcs.     In  the  marchen  of  devour- 
aiiHr:.    ±^    rfissr-iZ    pbesooxson   imparts    certain    charac- 
?err5C*j.-^   r>  d«  rirnesnia!  action   tbat  is  being   described, 
ic:  Äf  Ifcr^  vwitinu*s  to  presen-e  its  terrestrial  natore. 
TS»   ramiTor  of   tbe  niirchea  or  legend,   therefore,   may 
Se  w^IS    moc^nscious   of  any  reference  to   the    heavens. 
Tbe  ps^AoSogx-jI  prccess  of  assimilation  causes  elements 
cf  iL   rf^^sria!  ph?^:x>r:5enon  lo  be  fased  into  an  action  of 
tbe  ^errrstrii!  envirosment  and  to  communicate  to  the  latter 
orrrain  characteHsiics  without,   however,  thereby  changing 
the  5e:::r.j  of  the  anion.     The  shark  and  the  alligator  arc 
anisials  carable  of  de\»uring  men,  though  this  occurs  less 
freq-^ent!y  in  reality  than  in  story.     Yet  because  thoughts  of 
this  sort  arouse  stroiig  emotion^  tfaey  may  of  themselves 
%-ery  well   come  to   form   themes   of  marchen  of   devour- 
ment.      This  has   frequenily   been   the  case.     It  seems  to 
have  happened,   for  e.xample.   in   the  Jonah  legend.      The 
above-menrioned  picnire  in  which  the  prophet  is  represented 
as  hairless  after  having  been  in  the  belly  of  the  fish,  may 
ver>"  well  have  its  source  in  sonie  other  marchen  of  devour- 
ment.     In  thus  combining  numerous  elements  of  different 
origins,  the  marchen  is  truly  representative  of  m>"th  develop- 
ment.     It  shows  clearly  that  the  main  theme  of  the  myth  is 
usually   taken  froni   man's   terrestrial  environment.      True, 
celestial  elements  may  enier  into  its  composition  and  may 
sometimes   gi%-e    to   the   mythological    conception   its    char- 
acteristic  features.      Even   in  such  cases,  however,  a  con- 
sideration  of  the  tale  as  a  whole  will  show  that  the  celestial 
elements  are  completely  absorbed  by  the  terrestrial  theme  ; 
their  very   existence   may  be   completely  unkhown   to   the 
narrators  of  the  tale.     In  a  similar  maimer,  celestial  ele- 
ments have   probably   been  involved   in   the   formation  of 
other  widely  current  marchen.     Thus,  the  marchen  theme 
underlying    the    legends    of    the    Babylonian    Sargon,    the 
Israelitic  Moses,  and  the  Egyptian  Osiris,  as  well  as  other 
tales  in  which  a  child,  secreted  in  a  ehest,  is  borne  away 


THE   TOTEMIC   AGE  279 

by  the  waves  and  lands  on  a  distant  shore^  is  generally 
regarded  as  having  been  suggested  by  the  temporary  dis- 
appearance  and  reappearance  of  the  sun  in  a  cloudy  sky. 
In  this  case^  however,  the  supposition  is  doubtiess  much 
more  uncertain  than  in  the  case  of  the  märchen  of  devour- 
ment.  The  theme  relating  to  fire  in  the  belly  of  the  monster 
may  be  regarded  as  fairly  unambiguous  evidence  of  the 
influence  of  celestial  phenomena,  precisely  bccause  it  is 
related  only  extemally  and  apparently  accidentally  to  the 
action.  It  should  further  be  said  that  the  märchen  of  the 
fioating  ehest,  at  least  in  its  connection  with  the  personalities 
of  the  saga  and  of  history,  does  not  appear  until  the  post- 
totemic  age.  It  is  probably  an  old  märchen-theme  which 
was  assimilated  by  these  legends  of  origin  because  the 
origin  of  a  hero  or  a  god  was  unktiown  and  demandcd 
explanation.  Once  appropriated,  it  underwent  a  number  of 
changes  in  form. 

ThvLS,  the  celestial  märchen  transcends  the  ideas  charac- 
teristic  of  the  totemic  age.  No  less  do  the  taics  of  fortune 
or  adventare  generally  mark  the  transition  from  t,he 
supremacy  of  the  animal  to  the  dominance  of  man.  These 
tales,  however,  exhibit  but  a  gradual  and  continuous 
development.  In  the  earliest  märchen-myths,  of  which 
several  examples  have  already  been  mentioned,  the  narrative 
describes  an  event  with  entire  objcctivity,  without  any 
apparent  colouring  derived  from  the  emotional  attitude  of 
the  narrator.  Later,  however,  even  the  totemic  animal 
märchen  more  and  more  betrays  a  love  of  the  adventurous 
and  of  shifting  fortunes.  This  changc  varies  with  ihc  dcgrcc 
in  which  man  steps  into  the  centre  of  action,  and  animal s, 
though  not  entirely  disappearing,  receive  a  place,  similarly 
to  monsters  and  other  fantastic  beings,  only  in  so  far 
as  they  aflfect  the  destinies  of  the  hero  of  the  talo.  I'lic 
main  theme  of  the  narrative  thcn  consists  of  the  adveiilurcs 
of  the  hero,  who  is  represented  as  expcrieiicing  nuiiiy  changes 
of  fortune,  always,  however,  with  a  happy  enditig.  But 
even  at  this  stage  of  development  tho  hero  is  a  boy  ;  at  a 
somewhat  later  period,  a  young  girl  sometimes  assumes  the 


28o        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY. 

r61e,  or  a  youth  wins  a  maiden  after  numerous  adventures. 
At  this  point,  the  tale  of  fortune  ceases  to  be  a  tnie  raärchen- 
myth.  Just  as  the  dance  changcs  from  a  cult  ceremony 
into  a  direct  expression  of  lively  emotions  of  pleasure, 
themselves  heightened  by  the  joy  in  the  rhythm  of  the 
bodily  movements,  so  also  does  the  märchen  develop  into 
a  narrative  that  ministers  to  the  mfere  delight  in  fluctua- 
tions  of  life-events  and  in  their  happy  outcome. 

Thus,  the  beginnings  of  the  tale  of  fortune  go  back 
to  early  totemic  culture,  though  its  more  perfect  development 
is  to  be  found  only  among  the  semi-cultural  peoptes  of  the 
totemic  era.  The  hero  of  the  märchen  then  gradually  passes 
over  into  the  hero  of  the  saga  and  of  the  epic.  Instead  of 
the  boy  who  sets  forth  upon  magical  adventures,  we  find  the 
youth  who  has  matured  into  manhood  and  whose  mighty 
deeds  fill  the  world  with  his  fame.  The  preliminary  Steps 
to  this  transition  are  taken  when  the  märchen  hero,  par- 
ticularly  in  the  tale  of  fortune,  acquires  a  more  and  more 
personal  character.  Thus,  even  at  a  very  early  age,  we 
find  that  two  types  of  hero  api>ear  side  by  side — the  strong 
and  the  clever.  These  types,  portrayed  by  the  märchen, 
survive  also  in  the  heroes  of  the  epic.  Moreover,  in  addi- 
tion  to  the  strong  and  the  clever,  the  Achilles  and  the 
Ulysses,  the  märchen  introduces  also  the  malevotent, 
quarrelsome,  and  despicable  hero,  the  Thersites. 


CHAPTEK   III 
THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS 

I.  General  Character  of  the  Heroic  Age 

The  expression  *  the  age  of  heroes  and  gods '  may  meet 
with  objection  no  less  than  may  '  totemic  age.'  The  latter 
has  an  air  of  strangeness^  because  the  conceptions  of  totem 
and  tot^nism,  borrowed  from  modern  ethnology,  have  as 
yet  remained  unfamiliar  to  historians^  and  especially  to  the 
historians  of  civilization.  The  former  expression  may  be 
objected  to  on  the  ground  that  the  conceptions  *  heroes  * 
and  •  gods  *  are  altogether  too  familiär  to  be  extended 
beyond  their  specific  meaning  and  applied  to  an  entire  age. 
The  word  *  hero '  suggests  to  us  perhaps  the  Homeric 
Achilles^  or  Siegfried  of  the  Niebelungen  saga— those  mighty, 
victorious  warriors  of  epic  song  who,  as  we  have  already 
seen,  gradually  evolved  out  of  the  heroes  of  primitive 
märchen.  It  is  self-evident,  however,  that,  when  applied  to  a 
great  and  important  period  of  culture,  the  expression  *  hero  ' 
must  not  be  limited  to  the  narrow  meaning  which  it  possesses 
in  hero-lore.  True,  we  must  not  go  so  far  as  does  Carlyle 
when,  in  his  "  Heroes  and  Hero  Worship/'  he  begins  the 
race  of  heroes  with  Odin  of  the  Northmen  and  ends  it  with 
Shakespeare  and  Goethe,  thus  extending  the  heroic  age  from 
prehistoric  times  down  to  the  present.  Nevertheless,  if 
we  would  do  justice  to  the  significance  of  the  conception 
•  heroic '  as  applied  to  an  important  period  of  human 
development,  we  must  be  permitted  to  include  under  the 
broader  conception  *  heroic  age,'  not  merely  the  heroic 
hero  but  also  the  hero  whö  has  factored  in  the  spiritual 
realm,  as  the  founder  of  cities  or  states,  or  the  creator  of 

s8l 


284        ELEMENTS   OE  FOLK    PSYCHOLOGY 

idominate  the  interest  of  the  age  that  in  comparison  wiA  it 
the  genealogical  feature  is  but  secondary. 

Not  so  with  the  demon-idea.    Though  it  h^  come  d0im 

from  very  remote  times  and  has  assumed  many  forms  as  a 

result  of  varying  cultural  conditions^  the  dexnon  has  always 

remained  a  magic  being,  aronsing  now  hope,  now  fear  and 

terror.      This   was    its   nature  up  to   the   very    time  when 

the  ideal  of  the  hero  arose.     This  new  idea  it  then  appro- 

priated,  just  as  it  did,  in  earlier  times,  the  ideas  of  a  soal 

that   survives    the   deceased,   of   the   totem   animal,   of  tbe 

ancestor,  and  of  other  mythological  figures.    The  very  nature 

of  the  demon  has  always  been  constituted  by  such  incor- 

porated  elements.     From  this  point  of  view,  the  god  also 

is  only  a  new  form  of  demon.     In  its  earlier  forms^  how- 

ever,  as  spirit-demon,  animal-demon,  and,  finally^  even  as 

ancestor-demon,  the  demon  was  an  impersonal  product  of 

the  emotions,  and  possessed  characteristics  which  underwent 

constant  transformations.    ;When  it  became  a  hero,  it  for  the 

first  time  rose  to  the  level  of  a  personal  being.     Through 

the  enhancement  of  the  qualities  of  the  tero  it  was  then 

elevated    into    the    sphere    of    the    superhuman.     Thus    it 

came   to    constitute   a    human    ideal    far   transcending    the 

hero.     This  accounts  for  the  uniqueness  of  the  god-concep- 

tion,  and  for  the  fact  that,  though  the  god  assumes   the 

essential  characteristics  of  the  demon,  the  two  are  neverthe- 

less  more  widely  distinct  than  were  any  of  the  earlier  forms 

of   demon   conceptions    from    those    that    anteceded    them. 

The  rise  of  the  god-idea,  therefore,  ushers  in  a  new  epoch 

of   religious   development.      Just   because    of   the   contrast 

between   personal  god  and  impersonal  demon,  this  epoch 

may  be  designated  as  that  of  the  origin  of  religion,  in  the 

narrower  and  proper  sense  of  the  word.    The  various  forms 

of  pure  demon-belief  are  preparatory  to  religion  ;    religion 

itself  begins  with  the  belief  in  gods.     The  relation  which 

the  beUef  in  demons  sustains  to  the  belief  in  gods  is  another 

evidcnce  that  hero  and  god  must  be  grouped  together,  for 

there  can  be  no  clearly  marked  temporal  differencc  in  the 

origin  of  these  two  ideaU  of  pcrsonality.    Just  as  soon  as 


-  THE    AGE    OF    HEROES    AND    GÖDS       285 

tfae  figure  of  the  human  hero  arises,  it  ässimilates  the  demon- 
ooDoeption^  which  was  already  long  in  existsence  and  which 
oontinually  underwent  changes  as  a  result  of  the  various 
ideas  with  which  it  came  into  contact.     Alongside  of  the 
bcmg  that  arose  from  this  fusion,  however,  there  confinued 
also  the  hero  in  his  purity,  as  well  as  the  demon,  whose 
various  forms  were  at  most  crowded  into  the  background 
by  the  appearance  of  the  gods.    To  however  great  an  extent, 
therefore,  the  age  of  heroes  and  gods  may  introduce  a  com- 
pletely  new  spiritual  movement  that  proves  fundamental  to  all 
future  culture  and  religion,  it  nevertheless  also  includes  all  the 
Clements  of  previous  development.     These  elements,  more- 
over,  are  not  merely  present  in  forms  that  have  been  altered 
and  in  part  completely  changed  by  the  processes  of  assimila- 
tion  ;  side  by  side  with  such  forms,  there  are  always  also  the 
original  elements,  which  may  be  traced  back  to  the  earliest 
beginnings  of  mythological  thought.     The  dominant  factor 
determining  the  character  of  this  new  age,  however,  is  the 
hero.     The    ideal    of    human    personality    which    the    hero 
engenders  in  the  folk  consciousness  conditions  all  further 
development,   and  especially  the   origin   of   the   god.     For 
this  reason  the  *  age  of  heroes  and  gods  *  might  also,  and 
more  briefly,  be  calied  the  heroic  age. 

As  the  direct  incamation  of  the  ideä  of  personality,  it 

is  the  hero  about  whom  the  new  development  of  myth  and 

religion  centres.     Similarly,  the  hero  also  Stands  in  ctosest 

relation  to  the  transformations  that  occur  in  all  other  de- 

partments  of  human  life.     Enormous  changes  m  economic 

conditions  and  in  the  forms  of  life  dependent  upon  them, 

new  social  institutions,  with  their  reactions  upon  custom  and 

law,  transformations  and  creations    in   all  branches  of  an 

-all  give  expression  to  the  ne^  development  upon  which 

ehis  age  has  entered.    Here  also,  just  as  at  the  begmning  of 

the  anteceding  age,  there  are  numerous  reaprocal  relations 

between  these  various  factors.     The  l^^^^^f  ^^e  god  ^^^^^ 

not  be  conceived  apart  from  the  State,  ^^^Jf^unding  ^larks 

the  begimiing  of  this  period.      Cu^^^?',^.  T  "^  J^st  T 

much  rcsults  of  the  new  political  socicty  as  they  are  th 


286        ELEMENTS   OF  FOLK    PSYCHOLOGY 


selves  essential  factors  in  its  creation.  Neither  the  State  nor 
the  worship  of  gods  protected  by  it  could  survive  apart  from 
the  great  changes  in  economic  life  that  took  place  at  the 
beginning  of  this  period,  and  that  were  further  established 
and  perfected  in  the  course  of  time.  Thus^  here  also  eadi 
Clement  reinforces  every  other  ;  all  the  factors  of  life  are  in 
constant  interaction.  At  the  beginning  of  the  totemic  period, 
as  we  have  seen^  it  was  the  new  creations  of  mythological 
thought  that  constituted  the  centre  from  which  radiated  all 
the  other  elements  of  culture.  At  the  beginning  of  the  age 
of  heroes  and  gods  it  is  the  creative  power  of  the  religioas 
consciousness  whose  activities  most  accurately  mirror  the 
various  spiritual  achievements  of  the  period. 

2.  The  Extern al  Culture  of  the  Heroic  Aoe. 

The  heroic  era  is  so  comprehensive  and  comprkes 
so  large  a  part  of  human  history  that  any  attempt  to  arrive 
at  even  the  barest  outlines  of  its  externa!  culture  makes  it 
clear  that  this  culture  is  even  less  unitary  than  is  that 
of  the  preceding  period.  The  differentiation  of  phenomena 
naturally  increases  with  advancing  development.  Even  the 
various  forms  of  totemic  culture  manifest  wide  diflPerences 
in  detail ;  indeed,  wben  taken  as  a  whole,  they  represent  dis* 
tinct  stages.  When  we  come  to  the  heroic  age,  however, 
whose  beginning  is  practically  coincident  with  the  beginnings 
of  history  in  the  usual  sense  of  the  term,  and  which  includes 
within  itself  a  large  part  of  the  succeeding  course  of  events, 
the  multiplicity  and  diversity  of  the  forms  of  culture  are 
incomparably  greater.  Every  nation  has  its  particular 
heroes,  even  though  there  are  also  certain  general  hero-types 
which  everywhere  recur.  Even  more  does  each-  nation  have 
its  gods.  Heroes  and  gods  are  ideals  created  in  the  image 
of  men,  and  therefore  they  always  reflect — if  possible,  in  a 
heightened  degree— the  characteristic  differences  of  peoples. 
Nevertheless,  amid  all  these  diflPerences  of  times  and  peoples, 
there  are  certain  constant  features  that  distinguish  the 
heroic  period  both  from  the  preceding  age  and  from  the 
qra  that  follows.  Most  important  of  all  these  features  is 
the  establishment  of  the  State.      It  was  a  long  step  from 


THE    ACE    OF    HEROES    AND    GODS        287 

tDtemic  tribal  Organization  to  political  institutions.  In  the 
surge  and  press  of  the  folk  migrations  which  occurred  at  the 
begmning  of  the  heroic  period,  traces  of  the  preceding  tribal 
Organization  were  still  everywhere  present.  Tribes  did  not 
change  suddenly  into  States.  Nevertheless,  along  with  the 
emergence  of  the  heroic  age  and  its  concomitant  phenomena^ 
there  was  a  noticcable  tendency  towards  the  formation  of  a 
political  Order.  This  development  pursued  different  courses, 
depending  on  the  character  of  the  nations  or  of  their  heroes 
and  gods.  It  is  primarily  the  resultant  differences  in  political 
Organization  which,  when  considered  in  connection  with  the 
parallel  changes  in  mythological  and  religious  development, 
dearly  show  that  in  this  period,  just  as  in  the  totemic  age,  all 
other  aspects  of  culture  were  closely  dependent  upon  myth- 
ological and  religious  ideas.  *  Totemism '  connotes  not  taierely 
a  complex  of  mythological  beliefs  in  which  a  certain  stage 
of  culture  faad  its  setting,  but  also  a  unique  form  of  tribal 
Organization,  which,  in  spite  of  many  differences  of  detail, 
remained  constant  in  its  general  features.  Similarly,  political 
Society,  in  the  original  form  in  which  it  long  survived,  was 
closely  bound  up  with  the  heroic  age,  even  though  the 
increasing  differences  between  national  cultures  led,  from  the 
very  outset,  to  a  greater  diversity  of  forms  than  were  to  be 
foimd  in  the  case  of  totemism.  In  spite  of  these  differences, 
however,  the  factor  fundamental  to  political  society  remained 
the  same.  The  formation  of  States  was  always  conditioned 
by  individual  riüership.  This  itself  is  indicative  of  the 
character  of  the  age  as  a  whole  :  its  typical  expression  is  to 
be  found  in  the  personalities  of  heroes  and  of  gods.  Again 
it  was  the  migrations  and  wars  of  peoples  that  brought 
about  the  dissolution  of  the  old  tribal  Organization  and  the 
creation  of  political  society.  But  these  migrations  and  wars 
were  on  an  incomparably  broader  scale  and  had  more  in- 
timate  interconnections  than  had  previously  been  the  case. 
This  gave  them  a  correspondingly  greater  significance,  both 
intensively  and  extensively.  As  a  matter  of  comparison, 
we  may  refer  to  the  migrations  of  the  Malayan  race  during 
the  totemic  age.     It  would  be  diflScult  to  conceive  of  more 


288         ELEMENTS   OF.  FOLK   PSYCHOLOGY 

extensive  migrations.  But  they  took  place  gradusiOy,  in 
separate  waves,  and  left  no  traces,  for  the  most  paxt,  beyaod 
changes  in  the  physical  characteristics  and  in  the  langiiages 
of  peoples.  These  migrations,  which  frequently  involved  long 
voyages  across  the  sea,  were  carried  on  by  but  small  numbers 
of  people,  who  set  out  from  restricted  groups.  It  cannot  bc 
doubted  that  these  migrations  exercised  an  influence  on  the 
character  and  the  culture  of  the  resulting  mixed  races.  They 
were  never  able,  however,  compktely  to  transform  the  culture 
as  a  whole.  Even  when  these  tribal  migrations  occurred 
in  oft-repeated  waves,  they  never  resulted  in  more  than  such 
imperfect  beginnings  of  a  political  Organization  as  we  find 
among  the  Polynesians  or,  in  other  parts  of  the  earth,  among 
many  of  the  semi-cultural  peoples  of  America  and  Africa« 

Quite  different  are  the  folk  migraiions  that  occur  at  the 
very  dawn  of  the  history  of  the  great  cultural  peoples. 
The  difference  between  tribal  and  racial  migrations  is  an 
important  one.  When  a  race  migrates,  it  retains  its 
peculiar  characteristics,  its  traditions,  its  heroes,  and  its 
gods,  and  transplants  these  into  the  new  territory.  Tnie, 
these  various  elements  do  not  remain  unchanged.  TTiey 
inevitably  become  fused  with  the  culture  of  the  original 
inhabitants,  and  it  is  from  these  fusions,  when  they  are 
at  all  deep-going,  that  new  peoples  arise.  None  of  the 
great  cultural  nations  that  mark  the  beginning  of  this  age  of 
heroes  and  gods,  from  the  Babylonians  down  to  the  Greeks, 
the  Romans,  and  the  Germans,  is  homogeneous.  Indeed, 
recent  Babylonian  investigations  have  shown  that  the  Semitic 
inunigration  into  Babylon  was  preceded  by  that  of  other 
peoples  who  were  probably  of  different  origin— namely,  the 
Sumerians.  We  know  of  the  latter  only  through  linguistic 
traces  in  Babylonian  inscriptions,  of  which,  however,  the 
religious  parts,  especially,  show  that  the  Sumerians  exer- 
cised a  great  influence  upon  later  civilization.  Similarly, 
the  settlement  of  the  Greeks,  Romans,  and  Germans  in 
the  territory  which  they  eventually  occupied,  followed  upon 
great  earlier  migrations  to  these  r^ons.  The  people  that 
finally  loniied  the  Greek  race  Icft  the  mountain  country  of 


THE  ACE  OF  HEROES  AND  GODS   289 

Thraoe  and  Thessaly  in  prehistoric  times  ;  wandering  to- 
wards  the  sea^  they  fused  with  the  original  inhabitants  of  the 
regions  into  which  they  entered.  In  view  of  thcse  migrations 
of  early  history,  the  theory  of  the  desirability  of  racial  purity, 
which  has  recently  been  so  ardently  championed  in  many 
quarters,  is  scarcely  tenable.  Political  Organization^  on  the 
one  handy  and  mythology  and  religion,  on  the  other,  represent 
important  creations  which  for  the  most  part  sprang  into 
existence  only  in  the  wake  of  migration  and  of  the  resultant 
fusion  of  peoples  of  dilTerent  races. 

Though  political  Organization  has  been  mentioned  as 
the  first  important  feature  distinguishing  the  heroic  age 
from  the  preceding  era,  there  is  a  second  and  not  less 
significant  differentia.  This  relates  to  the  material  con- 
ditions  of  life.  Two  things  are  of  outstanding  importance 
for  the  new  culture.  The  first  of  these  consists  in  what 
we  ordinarily  call  agriculture — that  is,  the  tilling  of  the 
soil  by  the  aid  of  the  plough,  or,  as  it  is  therefore  more 
properly  calied  in  contrast  to  the  earlier  hoe-culture,  plough- 
culture.  In  addition,  there  is  the  breeding  of  domestic 
animals,  particularly  of  food-supplying  cattle,  and,  later, 
of  sheep  and  goats. 

It  is  even  to-day  widely  believed  that,  of  the  various 
modes  of  procuring  food,  hunting  came  first.  The  hunter 
is  thought  to  have  been  seized,  one  fine  day,  with  an  impulse 
to  domesticate  animals  instead  of  hunting  them.  He  tamed 
the  wild  creatures,  and  thus  turned  from  a  hunter  into  a 
nomad.  In  the  course  of  time,  the  nomad  is  then  supposed 
to  have  tired  of  his  wandering  life  and  to  have  settied  down 
in  permanent  habitations.  Instead  of  obtaining  milk  by 
herding  his  cattle,  he  hitched  the  ox  to  the  plough,  after 
having  (with  that  wisdom  and  foresight  which  such  theories 
always  attribute  to  primitive  man)  invented  the  plough. 
This  theory  is  an  impossible  fiction  from  beginning  to  end. 
It  is  just  as  intrinsically  improbable  as  is  the  above-men* 
tioned  hypothesis  that  in  prehistoric  times  the  Australians 
invented  totemic  tribal  Organization  and  exogamy  for  the 
purpose  of  prevcnting  the  marriage  of  relatives.     We  have 

20 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       291 

tractable»  so  that  they  may  be  hitched  to  the  plough  and 
used  for  agricultural  purposes  more  easily  than  is  possible 
in  the  case  of  bulls,  which  are  never  c<nnpletely  manage- 
able.  What,  then,  were  the  motives  which  led  to  the  raising 
of  cattle,  an  occupation  which^  in  many  places  at  least, 
is  carried  on  solely  in  the  interests  of  agriculture?  What 
motives  led  to  the  castration  of  male  cattle,  a  practice 
which  everywhere  obviously  serves  agricultural  purposes? 

The  traditional  mode  of  explanation  would  lead  us  to 
suppose  that  man  foresaw  the  effects  of  castration,  that 
he  knew  beforehand  that  if  the  bull  were  subjected  to  this 
Operation  he  would  become  an  animal  fitted  to  draw  the 
plough.  The  impossibility  of  this  supposition  is  evident. 
Such  an  effect  could  be  learned  only  from  experience,  prior 
to  which,  therefore,  it  could  not  have  been  known.  The 
Problem  relating  to  the  cultivation  of  the  soil  by  means  of  the 
plough,  therefore,  divides  into  two  questions  :  How  may 
we  account  for  the  ox?  How  for  the  plough?  These 
questions  are  closely  related,  and  yet  they  lead  us  back 
to  divergent  explanations.  For  in  all  probability  the  plough 
was  originally  drawn  by  man.  Moreover,  the  plough  was 
not  the  first  implement  to  be  thus  drawn  ;  it  was  ante- 
ceded  by  the  wagon.  Even  cm  the  early  Babylonian  and 
Assyrian  monuments  there  were  figures  of  a  wagon  bear- 
ing  either  an  Image  of  a  god  or  eise  the  king  or  chief 
priest,  both  of  whom  were  probably  regarded  as  uniting 
in  one  pßrson  the  function  of  their  offices  with  that  of 
representative  of  tKe  deity.  Thus,  the  question  as  to  the 
origin  of  the  plough  carries  us  back  directly  to  that  of 
the  origin  of  the  wagon.  Now,  the  earliest  wagon  had 
but  two  wheels  ;  the  four-wheeled  wagon  came  as  a  later 
discovery  or  as  an  improvement.  The  two-wheeled  wagon, 
however,  presupposes  the  wheel.  But  how  did  the  wheel 
come  to  be  recognized  as  a  useful  object  of  locomotion? 
The  first  traces  of  a  wheel  or  of  wheel-like  objects  are  to 
be  found  in  the  latter  part  of  the  stone  age.  A  number 
of  such  objects  have  been  discovered  in  Europe ;  in  their 
centre  is  a  hole,  and  there  are  spokes  that  radiate  to  the 


v,^4        mXMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

H^*«mrf«*ncv.     The  fact  that  thesc  wheels   arc  of  smaS 
x:M  »^.--Jite«  that  they  may  have  been  wom  aboot  tlie  neck 
«  j«M;Vr»      But  even  in  early  culture  the  wbeel  was  also 
w<  ^  ai)  »tiwly  different  use.     Widcly  prevalent  over  tfae 
Afc^t>  ar>,?  pwKably  connected  with  ancient  sun  worsiiip,  ts 
?>i^  Oi;sr*Nni  crf  kindling  a  fire  to  celebrate  the  festival  of  die 
>aÄT«sft^  ^NTstKt^.     In  ancient  Mexico,  tradition  teils  ns,  Ais 
i!^  mjwt  5^jiTttsi  by  tuming  a  notched  disk  of  wood  aboot 
a  s:jfc\Tr  ur.:,:  the  heat  thus  generated  gave   rise  to  fire- 
^V  vfc^r^f  nv'iNx?  of  producing  fire  by  friction  that  is  sdll 
t>  y.v^  ,;**x>rsj^  ivirniti^-c  peoples.     This  fiery  wheel  was  tbcn 
vv -sN?  Ä^>fcn  Ji  h;ll  as  an  image  of  the  sun,  and  later^  whcn 
,V  v\3s^\v(n  KÄvi  V>$t  its  original  magical  significance,  as  a 
x\ni^\:  crf  t5i<^  Äxn  monng  in  the  heavens.      According  to 
^^  ^xr§vvt  <rf  \V.  Mannhardt,  a  remarkably  similar  custom 
^«^^N{  «  r*«  rrusiia  not  so  wry  long  ago.     Perhaps  the 
%^^)if^^  t)at  >fc\%s  ^vm  about  the  neck  as  an  amulet  or  articie 
^  äAv  ;v,*>«*t  hkewis^  had  ssome  connection  with  the  idea  that 
rV  v;v*  ^fcA'i  Ji  oe!<rstul  wheel  rolling  across  the  heavens. 
K*^  ;V  e^i^N  sun  oults  had  once  created  the  rolling  wheel 
^  Äfe>^^jk:Nv\  N\t  the  sun  and  its  movements,  it  was  but  a  short 
^4^^  N^  tHs*  kKm  iMf  securing  regulär,  continuous  movements 
^  %ft^M'^  ^Nt  >fchxch  »iMue  sort  of  work  might  be  performed. 
\m  ^?v>    a*.^^5KatN>n  of  this   idea  is  to  be  found  in  the 
^idic<s>^  \M  sj>t.t^üv^  with  distal!  and  whorl.    This  invention 
n«!^^  sH^t»N^  ^^<^^  ^^  •^^  ;jHKients  to  prehistoric  times.  Doubt- 
^^  ^  sN5^*^^  V\v\<^  to  th<^  beginnings  of  the  heroic  ag-e. 
I'^ss  'i.ijfcK-  ^*kN    jvtKxt  however*  probably  also  used  the 
kJkv^  ^^:  ciAÄÄjxvtuxjt  heavy  artioJes,    This  was  the  original 
^Mi\vis^  s^t  t>^  OftK^wheeled  barrow.     It  ak>ne  enabled  the 
kl«M9^  H.4S  \«iLÜ^uis  and  Eg>-ptians  to  overcome  the  diffi- 
^\m  ySi  tuiH^|x^rtic^  by  human  agencies  the  mighty  blocks 
4i  M^^«^  i^t^xt^l  Kmt  their  temples  and  pyramids.     From 
Ifll  IR  w^ML  not  a  far  advance  to  the  two-wheeied  wagon. 
(^  ^fv>w  wa»  pulled  or  pushed  by  man.     The  wagon,  in 
IfüMIPl  to  the  barrow»  was  apparently  from  the  beginning 
y^  UWmCTritir  n¥Hle  of  transit,  never  used  by  the  common 
YW  two*whee)ed  wagon  was  in  the  first  instance  a 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   »93 

vehicle  of  the  gods.  Later  it  served  as  the  vehicle  of  the 
ruler,  the  terrestrial  counterpart  of  the  deity.  Finally,  the 
nobleman  employed  it  in  war,  in  going  fortb  to  battle.  A 
vivid  portrayal  of  battles  in  which  such  two-wheeled  wagons 
played  a  part  is  presented  in  the  Iliad.  True,  the  wagon  is 
here  also,  as  a  rule,  only  a  means  for  carrying  the  hero  to  the 
scene  of  combat.  The  fighting  itself  is  seldom  done  from  it. 
Upon  its  arrival  at  the  appointed  place,  the  warrior  dismounts, 
to  try  his  strength,  shield  against  shield,  with  his  Opponent. 
The  general  popuLace,  however,  always  goes  on  foot. 

This  sketch  gives  us  the  main  outlines  of  the  history 
of  the  wagon.  But  how  did  the  animal,  first  the  ox  and 
later  the  horse,  come  to  be  hitched  to  the  wagon?  Origin- 
ally,  the  wagon  bearing  the  image  of  the  god  was  very 
probably  drawn  by  men,  as  was  likewise,  in  Imitation  of 
this,  the  chariot  of  the  king.  But  the  breeding  of  animals 
soon  changed  matters.  Oxen  were  used  for  the  purpose  of 
drawing  wagons  much  earlier  than  were  horses.  The  horse 
did  not  appear  until  late  in  the  history  of  civilization.  There 
are  no  Egyptian  pictures  of  horses  that  date  back  farther 
than  the  fifteenth  dynasty,  whereas  those  of  cattle  occur  con- 
siderably  earlier.  In  Oriental  civilization,  furthermore,  the  ass 
antedates  the  horse.  In  harmony  with  ancient  custom,  the  ass 
even  to-day  continues,  in  the  Orient,  to  be  a  favourite  beast 
of  bürden  as  well  as  a  riding  animal.  The  horse  seems 
to  make  its  first  appearance  in  history  along  with  the 
Indo-Germanic  tribes,  who  were  probably  indebted  for  it 
to  the  Turanian  peoples  of  the  Asiatic  steppes.  As  a 
result  of  its  superior  speed,  it  then  superseded  its  rivals 
in  all  the  civilized  countries  of  the  ancient  world.  The 
Assyrian  king  went  forth  to  the  chase  and  the  Homeric  hero 
proceeded  to  battle  in  a  chariot  drawn  by  steeds.  It  was  only 
later  that  the  Greeks  used  the  horse  for  saddle  purposes,  and 
not  merely  to  draw  the  chariot.  When  this  took  place, 
equestrian  combat  came  into  favour  among  the  aristocracy. 

This  development,  however,  was  preceded  not  only  by 
the  taming  of  cattle  but  probably  also  by  the  use  of  the 
ox  for  drawing  the  wagon.    How  the  latter  came  about  may^ 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS        295 

and  in  the  $ingers  of  the  Sistine  Chiapel,  survivals  of  tbese 
unrestrained  cults  of  the  past  still  exist.  Now,  when  the 
group  of  emasculated  priests  paced  beside  the  chariot  of 
the  goddess,  they  might  easily  have  hit  upon  the  idea 
of  hitching  a  castrated  animal  to  the  wagon.  But, 
however  plausible  this  hypothesis  may  appear^  in  that  it 
avoids  the  impossible  assumption  of  an  invention,  it  never- 
theless  leaves  one  question  unanswered.  Even  though  the 
castration  of  the  priest  may  be  understood  as  the  result  of 
the  well-known  effects  of  extreme  religious  excitement,  the 
castration  of  the  bull  is  not  yet  accounted  for.  Are  we  to 
suppose  that  the  priest  merely  aimed  to  render  the  animal 
similar  to  himself?  Neither  ecstasy  nor  reflection  could 
account  for  such  a.purpose.  But  there  is  another  factor 
which  has  always  been  significant  for  cult,  and  which 
attained  to  increased  importance  precisely  in  the  worship 
of  the  deity.  I  refer  to  sacrlfice.  In  its  highest  stages, 
sacrifice  assumes  new  forms^  in  that  man  offers  either  him- 
self or  parts  of  his  own  body,  his  blood,  his  hair,  or  a  finger. 
A  late  survival  of  such  sacrifices  is  to  be  found  in  a  custom 
that  is  still  prevalent  in  CathoHc  countries.  Here  it  fre« 
quently  occurs  that  a  sick  man  lays  a  wax  replica  of  the 
diseased  part  of  his  body  upon  the  altar  of  the  saint.  This 
idea  of  sacrificing  parts  of  one's  own  body  is  also  exemplified 
in  the  self-emasculation  practised  by  the  Russian  sect  of 
Skopzi  even  in  our  own  Christian  age.  Such  sacrifice, 
moreover,  may  receive  a  wider  application,  so  as  to  include, 
among  the  sacrificial  objects,  parts  of  the  animal.  Now  at  one 
time  the  kidneys  with  their  connected  organs  were  regarded 
as  vehicles  of  the  souI,  and,  as  such,  were  sacrificed  to  the 
gods.  The  castration  of  the  bull,  therefore,  may  originally 
well  have  been  regarded  as  the  sacrifice  of  the  most  readily 
accessible  of  the  favourite  vehicles  of  the  soul.  Thus,  it 
may  have  been  in  the  case  of  the  animal  whose  generative 
Organs  had  been  sacrificed  to  the  deity  that  man  first 
observed  the  change  of  characteristics  which  fitted  the  animal 
to  be  hitched  to  the  chariot  of  the  deity,  and  finally,  through 
an  extension  of  its  sphere  of  usefulness,  to  draw  the  plough 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       297 

it  must  be  repeated  in  the  case  of  every  male  cali  ;  the 
inheritance  of  acquired  characteristics  is  here  not  operative. 
The  cow,  just  as  all  female  mammals  in  their  natural  condir 
tion,  produces  very  little  milk  except  during  the  periodof 
suckling,  and  then  only  so  much  as  is  necessary  for  tbs 
Support  of  her  young.  Only  through  efforts  continued 
throughout  generations  and  as  a  result  of  the  inheritance 
of  acquired  characteristics  could  she  be  brought  to  that 
tremendous  over-production  of  her  secretion  of  which  she 
has  become  capable.  In  this  case,  therefore,  there  must 
from  the  very  outset  have  been  a  systematic  striving  toward 
the  desired  goal.  It  is  not  absolutely  essential  to  assume  a 
change  of  motives  such  as  occurred  in  the  taming  of  the  ox  ; 
from  the  very  beginning  there  may  have  been  an  attempt  to 
make  personal  use  of  the  milk  which  Nature  intended  for  the 
calf  •  Nevertheless,  it  is  not  impossible  that  religious  motives 
here  also  played  a  part.  This  is  made  all  the  more  probable 
by  the  fact  that  the  cow^  no  less  than  the  bull  and  the  ox^ 
was  worshipped  by  many  peoples  even  in  the  earlicst  period 
of  deity  cults.  Such  worship  is  particularly  noteworthy, 
inasmuch  as  cattle  were  never  favourite  totem  animals  as 
was,  for  instance,  the  buflfalo  among  the  himting  peoples  of 
the  American  prairies.  Even  though  the  general  idea  of 
aninud  cult  was  carried  over  from  the  totemic  period  to  the 
beginnings  of  the  agrarian  deity  cults^  this  animal  cult  was 
essentially  changed^  and  it  became  associated  with  different 
objects.  The  latter  are  now  no  longer  connected  with  the 
old  totem  beliefs  that  sprang,  in  part,  from  primitive  ani- 
mism  ;  they  are  determined  entirely  by  the  conditions  of  a 
later  ctüture,  one  of  whose  essential  elements  is  the  domesti« 
cation  of  cattle.  The  two  fundamental  constituents  of  this 
later  culture,  agricidture  and  the  milk  industry,  are  not  every* 
where  equally  prized.  Hence  there  is  a  difference  as  regards 
the  relative  importance  of  the  male  and  the  female  mem* 
ber  of  the  species  in  the  cult  worship  that  is  accorded  to 
the  most  valued  domestic  animal  of  the  new  economic  era. 
In  the  Opis-worship  of  the  Egjrptians,  as  well  as  in  the 
Persian  cult  of  Mithra,  the  bull  was  regarded  as  an  incm 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       299 

Here  again,  however,  the  new  social  order  influences 
economic  life,  and  both  together  produce  further  changes 
in  extemal  culture.     Individual  activity  receives  emphasis 
not  alone  in  the  cultivation  of  the  soil  but  also  in  warfar^. 
Primitive  man  was  not  at  all  famiUar  with  war.     He  slew 
his  enemy  from  an  ambush,  attacking  him  but  seldom  in 
open  combat.     In  the  totemic  age,  when  actual  weapons 
of  war  first  made  their  appearance,  tribal  war  was  a  strife 
of  many  against  many.     As  yet  the  individual  combatants 
were    not   sharply   differentiated   from   one   another.     The 
masses  clashed  with  each  other  in  unregulated  strife,  without 
definite  leadership  or  fixed  System.     Only  with  the  dawn 
of  the  politicäl  era  do  we  find  regulated  Single  combat. 
Such   combat   then   becomes   the    decisive    factor    in   war- 
fare.      Consider    the    Homeric   description    of    the    battles 
before    the    walls    of    Troy.      The    battle    is    dedded   by 
Champions   (promachoi).     These  alight  from  their  chariots 
of  war  and  fight,  man  against  man.     The  masses  stand 
in  the  background,  hurling  lances  or  stones.    Their  actions, 
however,  have  little  importance.     They  flee  as  soon  as  their 
Champion  falls.    The  result  of  the  battle  thus  depends  upon 
individuals  and  not  upon  the  masses.   The  weapons  also  con- 
form  to  these  altered  conditions.    In  earlier  times,  practically 
none  but  long-distance  weapons  were  used— the  sling,  the 
hurled  spear,  or  the  bow  and  arrow,  weapons  similar  to  those 
employed  in  the  chase.   Single  combat  necessitated  weapons 
of  close  ränge— the  axe,  held  fast  in  the  band,  the  lance,  used 
as  a  thrusting  weapon,  and  the  sword.     Instead  of  the  long 
shield,  covering  ahnost  the  entirc  body— shields  such  as  evcn 
the  Australians  and  also  the  earliest  Greeks  carried— a  small 
round  shield  was  demanded  by  reason  of  the  use  of  swords 
m  fighting.     Of  the  various  weapons  found  at  the  zenith 
of  the  heroic  age,  therefore,  the  sword  is  the  most  charac- 
teristic.     It  is  also  the  most  typical  creation  of  this  penod. 
It  obviously   originated   through   a   gradual  shortemng   of 
the  lance,  thus  becoming  a  weapon  spccifically  adapted  for 
individual   combat    at    close    ränge.     Thus     the    tendcncv 
toward  the  assertion  of  individual  personality  made  u 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       301 

latter,  in  the  migration  of  a  part  of  the  people  itself  into 
distant  places,  where  the  same  conditions  that  led  to  the 
founding  of  the  mother  State  result  in  daughter  States.  In 
the  totemic  age,  there  were  no  colonies.  Extensive  as  were 
the  Wanderings  of  the  Papuans,  the  Malays,  the  Polynesians, 
and  of  some  of  the  American  and  African  tribes,  these 
peoples  never  established  colonies  ;  moreover,  the  group 
which  settled  in  distant  places  always  lost  its  connection  with 
the  mother  group.  True,  new  living  conditions  were  sought 
and  found,  and,  through  mixture  with  the  native  populations, 
new  races  were  produced.  Nevertheless,  it  was  not  until 
the  political  age  that  those  parts  of  a  particular  people 
which  settled  down  in  foreign  lands  continued  to  retain  a 
consciousness  of  connection  with  the  mother  race. 

Of  the  two  above-mentioned  Clements  of  the  newer  culture, 
commerce  naturally  preceded  colonization.  Of  all  civilized 
peoples,  the  Semitic  race  was  the  first  to  opcn  up  great 
Channels  of  trade.  Phoenician  commerce  dates  back  to  the 
earliest  records  of  history.  Even  the  Mycenian  graves  of 
Greece  contain  gold  jewelry  of  Phoenician  workmanship. 
Spacially,  the  trade  relations  of  the  ancient  Phoenicians  ex- 
tended  over  the  whole  of  the  known  Occident.  It  is  charac- 
teristic  of  the  Semitic  race,  however,  that  they  rarely  under- 
took  actual  colonization.  Trade  and  all  that  is  connected 
with  it,  the  industrial  ardour  necessary  to  supply  the  objects 
of  trade  and  to  exchange  them  for  grain  and  other  natural 
products,  has  always  been  their  chosen  sphere.  The  Indo- 
Germanic  races,  on  the  other  band,  have  naturally  inclined 
to  colonization  from  early  times  on.  In  the  foremost  rank 
were  the  Greeks,  with  their  colonies  in  Thrace,  Asia  Minor, 
Southern  Italy,  and  Sicily.  These  colonial  groups,  more- 
over, always  retained  their  connection  with  the  mother 
people.  Thus,  the  earliest  culture  of  the  Greeks  was  that 
of  the  colonies  in  Asia  Minor.  Later,  the  colonies  of 
Southern  Italy  exercised  ä  strong  reaction  on  the  mother 
country  m  science  and  art.  It  was  not  until  relatively  late 
that  the  highest  cultural  development  of  the  mother  country 
followed  upon  that  of  these  oiitposts  of  Greek  culture. 


P^^^THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       303 
L^  rcate  them  from  one  another,  cven  though  there  are 

,tn  hybrid  forms,  rcpresenting  primarily  a  partial  sur- 
I  1  of  older  tribal  customs  within  the  newly  established 

lUical  Society.     Now,  in  so  far  as  mental  history  always 
nvolves   a  regulär   order  of   development,   one  would,   of 
course,  be  justified  in  maintaining  that  human  society  ako 
necessarily  eventuates  in  the  State—that   is,  in  a  political 
Society.      Indeed,    this   may    perhaps    be    the   meaning   of 
Aristotle's    Statement    that   man   is    a    **  political    animal." 
This    Statement    may   be    interpreted    to    refer    to    a  pre- 
dis  Position    rather    than    to    an    inherited    characteristic. 
Nevertheless,    Aristotle's    view    that    the    State    gradually 
developed  out   of  the   family   and   the  village   conmiunity 
is  in  contradiction  with  the  actual  facts.     To  read  back  a 
tendency    toward     political     development     into     the    very 
beginnings    of    hiunan    society,    moreover,     results    in    a 
failure  to  give  proper  emphasis  to  those  essential  differences 
which  distinguish  the  great  periods  of  this  development— 
differences  which  at  the  crucial  points  assume  the  form  of 
antitheses.    Furthermore,  we  must  not  overlook  the  fact  that 
there  are   peoples   who  have  even  as   yet  not  progressed 
beyond  totemic  tribal  Organization  and  who  will  very  pos- 
sibly  never  advance  to  the  formation  of  a  State,  particularly  in 
case  this  depends  upon  their  own  initiative.     On  the  othcr 
band,  it  is  doubtless  to  be  assumed  that  those  peoples  who 
later  acquired  a  political  Organization  at  one  time  possessed 
a  totemic  tribal  structure.     The  higher  stage  of  political 
Organization,  however,  obviously  differs  fundamentally  from 
that  which  prcceded  it.    The  older  motives  have  bcen  super- 
seded  by  such  as  are  connected  with  the  great  folk  migra- 
tions  and  tribal  fusions,  and  with  the  changes  consequent 
upon  them.    True,  when  the  time  was  ripe,  these  migrations 
and  fusions  of  peoples  came  to  pass  with  the  same  necessity 
as  did  the  original  division  of  the  primitive  horde  mto  two 
haJves.      Nevertheless,    «   new     set    of    conditions    became 
operative.     These,  of  course,    arose  in  a  regulär  course  of 
development  out  of  the  most   primitive  modes  of  life.  and 
yet  they  were  not  directly  dcrived  from  them.    The  crtu^i 


AGE    OF    HEROES    AND    GODS       305 

9f  jf      l  and  America,  but  with  the  aid  of  astronomical 

^  .    True,  the  science  of  the  Babylonians  was  also 

^      .   on   mythological    foundations.      These    mytho- 

J^      atures,  however,  were  combined  with  the  idea  of 

•      .nbracing,    divine    rule    of    law.     The    endeavour 

$      ihis  law  and  order  in  the  starry  sky,  the  greatest 

^      it  sublime  sight  that  the  human  eye  may  behold,  re- 

n  observations  that  were  scientific  and  exact.     Thus, 

on  of  the  two  ideas  led  with  a  sort  of  inner  necessity 

acceptance  of  the  number  twelve  as  a  norm.     The 

ation  of  this  norm  to  human  relations  was  a  direct 

of   the   belief   that   it   was   of  divine  origin.       The 

onian  calendar,  whose  fundamental  principles,  in  spite 

mierous    reforms,   have   retained   their   authority  even 

to  the  present,  was  the  first  to  emphasize  the  prin- 

of  bringing  the  courses  of  the  sun  and  moon  into 

'dered  numerical  relation  for  the  purpose  of  reckoning 

Taking  as  their  point  of  departure  the  position  of 

un  at  the  vernal  equinox,  and  following  the  movements 

e  moon  until  the  sun  retumed  to  the  same  position,  the 

lonians  found  that  twelve  revolutions  of  the  moon  were 

alent  to  one  of  the  sun.     While  this  Observation  is  in 

y,   of   course,    only    approximately    true,    to    the   first 

lomers  it  might  have  appeared  sufiiciently  exact  to  be 

led  as  the  law  of  a  divine  world  order.    Thus,  the  year 

to  be  divided  into  twelve  months  ;  and,  since  the  moon 

.ts  four  phases  in  each  month,  first  quarter,  füll  moon, 

uarter,    and   new   moon— an  Observation  which   long 

es  astronomical  calculation— the  month  was  at  once 

into  four  parts.    Since  the  month  has  approximately 

eight  days,  the  result  was  a  week,  comprising  seven 

This  number,  therefore,  was  not,  as  has  sometimes 

oneously  assumed,  derived  from  the  seven  planets. 

>  it  true,  conversely,  that  the  number  of  the  planets 

h    a    certain    arbitrariness,    first    fixed    at    seven 

number,  as  well  as  twelve,  had  come  to  be  re- 

sacred,  because  of  its  relation  to  the  movements 

i  and  moon.    These  numbers  were  believed  to  be 

21 


IE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       307 

^iely  adopted  plan.  If  possible,  this  is  even  more 
than  in  the  case  of  thc  duodecimal  System.  We 
3w  face  to  face  with  the  wide  difference  that  separates 
ical  Society  from  totemic  tribal  Organization.  In  de- 
iping  on  the  principle  of  dual  division,  the  latter  resembles 
Fnatural  process  which  runs  its  own  course  apart  from  any 
Operation  of  conscious  Intention,  even  though  directly  influ- 
fcnced,  of  course,  by  the  general  conditions  of  human  life. 
ITie  Organization  of  society  according  to  the  number  ten, 
on  the  other  band,  can  be  interpreted  only  as  an  intentional 
act.  Hence  history  not  infrequently  brings  this  form  of 
Organization  into  direct  association  with  the  names  of  indi- 
vidual  lawgivers,  with  Clisthenes  of  Athens  et  Servius  TuUius 
of  Rome.  No  doübt,  a  basis  for  this  new  order  had  been 
prepared  by  the  general  conditions  of  a  society  which  had 
progressed  beyond  the  totemic  stage.  Its  systematic  intro- 
duction,  however,  and  the  series  of  decimal  subdivisions  that 
ensued,  are  only  conceivable  as  a  legislative  act  emanating 
from  a  personal  will.  In  the  formation  of  social  groups,  no 
less  than  in  the  Classification  and  enumeration  of  extemal 
objects  of  nature,  there  may  at  times  have  been  some  vaciUa- 
tion  of  choice  between  the  duodecimal  and  the  decimal 
Systems.  In  its  application  to  human  society,  however,  thc 
decimal  System  finally  prevailed.  Indeed,  the  simple  means 
of  counting  afforded  by  our  ten  fingers  supplanted  the 
System  suggested  by  the  firmament  in  every  field  of 
use,  except  in  connection  with  celestial  phenomena  ihem- 
selves  and  with  the  reckoning  of  time,  which  was  directly 
based  on  the  Observation  of  these  phenomena.  That  the 
victory  of  the  decimal  principle  was  due  merely  to  ihe  prac- 
tical  necessity  of  choosing  the  principle  that  was  simplest  and 
most  convenient,  is  shown  by  the  fact  that  ten  was  never 
a  sacred  number,  as  was  twelve.  It  has  a  purely  terrestrial 
and  human  origin.  In  the  field  of  the  practical  necessities 
of  life,  man  was  victorious  over  the  gods.  Perhaps,  there- 
fore,  the  Organization  of  society  on  the  decimal  principle 
reflects  also  the  triumph  of  the  secular  State  over  theocracy. 
The    decimal    principle    likewise    exercised    a    certain    in 


3o8         ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

fluence  upon  the  division  of  time^  and  it  is  surely  not 
accidental  that  such  influence  coincides  with  epochs  that 
are  strongly  characterized  by  a  secularization  of  human 
interests.  As  early  as  the  sixth  Century  B.c.,  the  great 
poHtical  Organizer  of  Athens,  Clisthenes,  made  an  attempt 
to  divide  the  year  into  ten  months  instead  of  twelve.  The 
attempt  miscarried,  just  as  did  the  analogous  one  on  the 
part  of  the  first  French  RepubHc  to  introduce  a  week  of 
ten  days.  As  a  matter  of  fact,  objective  measurements  of 
time  are  derived  from  the  heavens  and  not  from  man. 
On  the  other  hand,  our  measurement  of  terrestrial  spaces 
and  our  grouping  of  populations  depend  entirely  upon  our- 
selves^  and  therefore  naturally  conform  to  human  charac- 
teristics.  In  these  cases,  it  is  the  decimal  System  that  is 
used.  In  view  of  the  fact  that  the  number  ten  was  de- 
liberately  adopted,  this  number  has  been  thought  to  represent 
an  idea  that  emanated  from  a  single  source.  Since  the 
Organization  effected  by  Clisthenes  and  that  of  Servius 
TuUius  in  Rome  fall  approximately  within  the  same  Century, 
it  has  been  believed  that  in  these  cases,  especially,  we  may 
assume  this  fundamental  idea  of  division  to  have  been 
borrowed.  The  very  extensive  distribution  of  the  decimal 
System,  however,  m^ütates  against  the  probability  of  this 
supposition.  Thus,  the  Book  of  Exodus  no  longer  speaks 
of  the  legendary  twelve  tribes  of  Israel  but  teils  of  only  ten 
tribes.  We  likewise  hear  of  groups  of  one  hundred,  and  of 
more  extensive  gtoups  consisting  of  one  thousand.  These 
divisions  also  recur  among  the  Germanic  peoples,  and  in 
the  far-distant  realm  of  the  Peruvian  Incas.  Among  the 
latter,  however,  there  are  also  distinct  traces  of  a  totemic 
tribal  Organization  that  antedated  the  invasion  of  the  Incas. 
This  was  the  foundation  upon  which  the  Inca  kings  and 
their  officials  finally  reared  an  Organization  consisting  of 
groups  of  ten,  one  hundred,  and  one  thousand— -indeed,  the 
latter  were  even  brought  together  to  form  groups  of  ten 
thousand.  In  certaüi  cases^  such  Systems  may  perhaps  have 
been  introduced  from  without  or  may,  in  part,  have  been 
acquired  dirough  Imitation.     Nevertheless,  the  supposition 


THE    ACE    OF    HEROES    AND    GODS       309 

that  they  all  emanated  from  ä  single  region  is  doubtiess  just 
as  improbable  as  is  the  view  that  the  decimal  system  in 
general  had  but  a  single  origin.  This  new  grouping  of  the 
Population  is  closely  bound  up  with  the  conditions  of  political 
Society.  It  is  dependent  upon  tivo  motives,  which,  though 
not  universally  operative  at  first,  became  so  the  very  moment 
that  political  society  took  its  rise.  The  first  motive  is  of 
a  subjective  nature.  It  consists  in  an  increased  facility  in 
the  use  of  the  decimal  mode  of  counting,  as  a  result  of 
which  larger  groups,  consisting  of  multiples  of  ten,  are 
formed  :  besides  the  single  group  of  ten,  it  must  have 
become  possible  to  conceive  of  groups  of  one  hundred,  one 
thousand,  and,  in  rare  cases,  even  of  one  hundred  thousand. 
The  other  motive  is  objective  in  character.  There  are 
changes  in  the  extemal  conditions  of  life  such  as  to  demand 
more  comprehensive  and  at  the  same  time  more  highly 
organized  divisions  than  prevailed  in  the  natural  tribal 
Organization  of  the  preceding  age.  In  two  distinct  direc- 
tions  does  the  decimal  system  prove  readily  applicable.  One 
is  in  the  distribution  of  landed  property.  With  the  appear- 
ance  of  plough-culture,  land  gradually  came  to  be  largely 
converted  into  personal  property.  It  was  all  the  more 
necessary,  therefore,  for  the  individual  to  unite  with  others 
for  the  sake  of  protection  and  aid.  Thus  arose  the  mark- 
community.  This  naturally  centred  about  that  part  of  the 
territory  which,  because  it  was  not  put  under  the  plough 
but  was  reserved  for  common  use  as  well  as  common 
care,  temporarily  remained  common  property— namely,  the 
pasture  and  woodland.  Thus,  the  mark-community  was 
inevitable  :  it  resulted  from  the  new  method  of  cultivating 
the  soil,  which  brought  with  it  a  combination  of  personal 
property  with  common  ownership.  The  size  of  the  Community 
was,  of  course,  determined  by  the  relation  which  these  two 
forms  of  ownership  sustained  to  each  other,  being  dependent 
upon  the  fact  that  the  amount  of  common  property  had  to 
correspond  with  the  number  of  individual  owners  who  shared 
its  use.  The  right  proportion  of  these  two  sorts  of  property 
could  be  determined  only  by  experience  and  reflection.   Oncc 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       311 

Political  Society  thus  acquires  a  new  basis.  The  con- 
ditions  determining  its  character  are  very  different  from  those 
that  underlie  totemic  tribal  Organization.  Quite  naturally, 
tfaerefore,  the  tribal  System  disappears  with  the  rise  of 
the  State  ;  it  is  at  best  but  fragments  of  it  that  survive 
in  names,  cult-alliances,  or  in  bits  of  custom.  On  the  other 
hand,  the  new  Organization  exercises  an  influenae  upon  all 
the  relations  of  life.  In  part,  it  effects  changes  in  existing 
institutions  ;  in  part,  it  creates  new  institutions^  which  unite 
to  give  the  political  age  its  characteristic  stamp.  We  havc 
spoken  of  the  peaceful  arts  of  agriculture,  which  provide 
for  the  maintenance  of  society,  and  of  the  military  Organiza- 
tion, reared  upon  agriculture  to  assure  safety  and  protec* 
tion  from  without.  There  are  primarily  three  additional 
features  that  characterize  political  society,  especially  at  its 
inception.  The  first  of  these  is  a  reorganUation  of  the 
fatnily.  The  other  two  are  genuinely  new  creations,  if  we 
except  certain  sporadic  beginnings  that  occur  in  the 
transitional  culture.  They  consist,  on  the  one  hand, 
in  the  differentiatlon  of  classes  and  of  occupations— 
both  of  which  arise  in  one  and  the  same  course  of 
development— and,  on  the  other,  in  the  foundation  of 
eitles.  Doubtless  this  order  of  sequence  also  approximatdy 
indicates  the  successive  steps  in  the  establishment  of  the 
new  political  Organization.  The  reorganization  of  the  family 
inaugurates  this  development  ;  it  is  terminated  by  the 
founding  of  cities,  for  eitles  are  the  centres  from  which  the 
management  of  the  State  is  conducted  and  which  mediate 
intercourse  between  the  separate  regions  ;  following  upon 
the  former  and  preceding  the  latter,  is  the  differentiatlon  of 
classes  and  of  occupations— a  result  of  property  conditions 
and  of  military  Organization. 

4.  Family  Organization  within   Political  Society. 

Wherever  primitive  man  has  been  protected  against 
foreign  influences,  as  we  have  seen,  he  apparently  always 
lives  in  monogamy.     This  nK>de  of  marriage  is  continu 


312        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

in  the  totemic  age,  and  is  the  fundamental  mode  from 
which  all  others  are  deviations.  These  deviations  we 
found  to  be  the  two  forms  of  polygamy— polyandry 
and  polygyny.  In  the  presence  of  these  various  marriage 
practices,  firmly  established  family  bonds  are  impos- 
sible.  Striking  evidence  of  the  recedence  of  the  family 
as  compared  with  the  social  bond,  is  offered  by  the  men's 
club,  that  widely  prevalent  Institution  of  the  totemic  age. 
True,  the  individual  member  of  the  men's  club  may  have 
bis  own  wife  who  lives  in  her  particular  hut,  but  there  is  no 
common  life  of  husband  and  wife  such  as  is  essential  for 
a  true  family.  In  certain  cases,  of  course,  marriage  con- 
ditions  approximate  somewhat  more  closely  to  a  true  family 
life,  yet  the  development  is  hindered  by  the  overshadowing 
polygyny,  But  the  beginning  of  the  political  age  marks  the 
rise  of  a  new  form  of  monogamy.  The  enlarged  monoga- 
mous  family,  the  so-called  ancient  or  Joint  family,  makes  its 
appearance.  The  Joint  family,  which  is  characteristic  of  the 
heroic  era,  takes  the  place  of  the  clan.  Though  the  lattcr 
also  survives  for  a  time,  it  more  and  more  loses  its 
importance  and  finally  disappears  altogether.  Now  the 
clan,  as  well  as  the  Joint  family,  is  composed  of  indi- 
^iduals  of  the  same  ancestry— that  is,  of  blood  relations,  in 
the  wider  sense— even  though,  in  exceptional  cases,  it  also 
includes  members  of  other  clans  or  even  tribal  strangers. 
The  recedence  of  the  clan  in  favour  of  the  Joint  family  must 
therefore  be  regarded  as  a  process  in  which  a  limited 
number  of  closer  blood  relatives  separate  from  the  clan 
and  gradually  attain  the  dominant  influence  within  society. 
Such  a  development  presupposes  first  of  all  a  sharper 
demarcation  of  the  individual  family.  Hence  the  Joint  family 
directly  impresses  one  as  being  an  extension  of  the  indi- 
vidual family.  As  a  rule,  for  example,  a  Joint  family  includes 
ihree  generations  \  father,  son,  and  grandchild.  This  series 
of  generations  terminates  with  the  third,  because  the  oldest 
male  member  retains  the  authority  over  the  Joint  family  only 
90  long  as  there  is  no  generation  younger  than  grand- 
children.     Tliough  a  gnreat-grandfather  is  honoured  as  the 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       313 

oldest  member  of  the  family,  the  authority  over  tbe  Joint 
family  passes  down  to  the  son  who  has  beoome  a  grand- 
father.      Moreover,   nature   allows  such  cases   as  this  bat 
rarely.     The  life-span  of  three  generations  is  approximately 
a  Century  ;   and  the   average   life  of  man  is   such  that  it 
happens  but  seldom  that  those  who  are  living  at  any  one 
time  will  outspan  a  Century.    Thus,  the  fact  that  the  ancient 
family  comprised  three  generations  may  be  due  to  the  natural 
limit  of  life,  which  does  not  seem  to  have  changed  cssen- 
tially    since    the    beginnings   of    civilization.      The    family 
Organization  under  discussion,  therefore,  is  characterized,  in 
the  first  place,  by  monogamy  ;   secondly,  by  the  dominance 
of  the  man  within  the  Single  family  ;    and  thirdly,  by  the 
inclusion  of  three  generations  under  the  authority  of  the 
oldest  member  of  the  family.    This  third  characteristic  has 
frequently  caused  the  typical  Joint  family  to  be  called  the 
•  Patriarchat  family.*    Since  it  was  true  even  of  the  clan  that 
the  older  men  exercised  the  decisive  influence,  the  clan  may 
be  regarded  as  preparing  the  way  for  a  patriarchal  order. 
Such  clan  alliances,  for  example,  as  the  Germanic  kinship 
groups,  in  which  the  fact  of  the  blood  relationship  of  the 
members  receives  particularly  strong  emphasis,  form  a  sort 
of  transition  between   the  clan  and  the  Joint  family.     In 
the   Joint  family,   it   is  no  longer  the  older  generation  as 
such    that    is   dominant,    but    the   oldest   individual,      This 
change,  as  a  result  of  which  authority  becomes  vested  in  an 
individual,   is  paralleJed  by  that  which  leads  to  individual 
rulership  within  the  State.     Thus,  totemic  tribal  Organiza- 
tion is  doubly  exposed  to  disintegration,  from  below  and 
from  above.     On  the  one  hand,  the  patriarchal  Joint  family 
undermines  the  leadership  of  the  clan-eldfers.    On  the  other 
hand,   the  clans,   together  with  the  tribes  whose  divisions 
they  form,  are  shom  of  their  power  ;    they  become  fused 
into   one  group  which,   with  the  rise  of  political  society, 
passes  under   the   rulership  of  a  Single  chieftain.      It   is 
particularly  important  to  notice  that,  when  the  Joint  family 
emerges  and   clan  Organization  is  consequently  dissolved, 
one  of  the  most  important  functions  of  the  more  restrictei' 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   315 

Thus,  the  restoration  of  the  monogamous  family  came  as 
a  result  of  political  Organization.     The  general  course  of  de«* 
velopment  was  the  same  everywhere,  though  the  particular 
Steps  varied  greatly.     It  was  especially  in  connection  with 
the   rise   of   the   patriarchal   Joint   family,   which   is    inter- 
mediate    between    the    kinship    group    and    the    individual 
family,    that    obstnicting    influences    sometimes    manifested 
themselves.     In  such  cases,  the  course  of  development  was 
at  once  deflected  directly  towards  the  individual  family.     A 
patriarchal  family  Organization  ol  a  sharply  defined  character 
appeared   very   early   among  many  of   the  Semitic    tribes, 
particularly  among  the  Israelites.     Of  the  Indo-Germanic 
peoples,  it  was  especially  the  Romans  who  long  preserved 
the  patriarchal  System  ;  among  the  Greeks  and  the  Germanic 
peoples,  it  had  already  disappeared  in  early  times  in  favour 
of  the  Single  family.     That  which  preserved  the  Joint  family 
was  probably  the  force  of  tradition,  coupled  with  reverence 
of   age  ;     the    single    family   reflects   a   sense   of    freedom 
on   the   part   of  individuals.      This   brings  out   clearly  the 
essential  difference  between  the  original  monogamy,  which 
was  due  to  natural  instinct  and  the  simple  conditions  of 
primitive  life,  and  the  monogamy  that  was  reinstituted  as  a 
result  of  the  new  tendencies  of  political  society.      In  the 
former   case,    no    progress    was   made    beyond  the   natural 
starting-point,  namely,  the  single  family  ;   in  the  latter  case, 
the  Joint  family  mediated  the  transition  between  the  dissolu- 
tion  of   clans   and   the  establishment  of  political   society. 
Inasmuch  as  the  acts  of  primitive  man  were  largely  deter- 
mined   by  instincts,   the  original  monogamy  is  not  to  be 
interpreted  as  conformity  to  a  norm.     The  reason  for  the 
almost  universal  occurrence  of  monogamous  marriage  is  to 
be  found  in  the  uniformity  of  the  conditions  of  life  and  of  the 
social  Impulses.    The  monogamy  of  the  political  age,  on  the 
other  hand,  is  confronted  by  all  those  conflicting  tendencies 
which  had  previously  given  rise  to  the  various  polygamous 
marriage-unions  of  totemic  society.       One  of  these  xnodes 
of    marriage    especially,    namely,    potygyny,    finds    favour- 
able    conditions    of    development     in    the    new    poxjj 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   317 

factor  in  the  development  of  political  society.  Its  begitmings, 
no  doubt^  go  back  to  the  declining  period  of  totemic  tribal 
institutionSy  but  only  in  the  political  age  does  it  became  an 
important  influence  in  social  Organization.  This  is  due  to 
tivo  conditions^  which  are  themselves  the  direct  result  of  the 
folk  migrations  that  mark  the  beginning  of  the  political 
age.  The  first  of  these  conditions  consists  in  changes 
affecting  property  rights  }  the  other,  in  the  subjection  of 
the  native  populations  by  the  more  energetic  immigrants. 
The  origin  of  property,  as  is  well  known,  is  cven  to-day 
generally  traced,  from  an  abstract  juristic  point  of  view, 
to  the  occupancy  of  an  ownerless  piece  of  land.  This 
theory,  however,  is  too  abstract  to  be  generally  true.  Above 
all,  it  presupposes  the  existence  of  ownerless  land.  But 
this  is  seldom  to  be  found.  Even  when  a  migrating  people 
occupies  new  lands,  it,  as  a  rule,  conquers  a  territory  that 
was  previously  in  the  possession  of  other  tribes.  If,  there- 
fore,  we  have  in  mind  the  sort  of  property  that  was  most 
significant  for  the  development  of  political  cukure,  we  should 
trace  its  origin  to  an  expropriation  of  earlier  awners 
rather  than  to  an  occupation  of  ownerless  land.  Contra* 
dicting  the  abstract  theory,  moreover,  is  the  fact  that  it 
is  not  the  individual  who  becomes  thfe  owner  of  property 
through  such  occupation,  but  the  entire  tribe,  the  people 
that  has  imxnigrated  and  has  dispossessed  the  original  in* 
habitants.  Property,  therefore,  was  originally  common 
property.  True,  even  in  early  times,  it  was  no  longer 
all  of  the  land  that  was  heM  in  common  ownership. 
Nevertheless,  the  conditions  of  ownership  that  have  emerged 
iU"«  the  course  of  the  development  of  political  society 
give  unmistakable  evidence  of  having  orig^inated  in  common 
ownership.  Even  up  to  fairly  recent  times,  woodland 
and  meadow  have  remained,  either  entirely  or  in  part, 
common  property  ;  usually  there  is  also  a  special  temple- 
property  set  apart  for  purposes  of  cult.  Everything  goes 
to  show  that  these  cases  are  to  be  regarded  as  renmants 
of  a  conmion  property  that  was  at  one  time  more  comprehen- 
sive,  and  not  as  the  result  of  joining  pieces  of  property  tha** 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       319 

the  immigrant  tribe.    The  individual,  however,  vies  with  his 
tribal  associates  for  the  possession  of  the  territory,  and  the 
new  agricultural  conditions  connected  with  the  introduction 
of  cattle  and  of  the  plough  favour  division  of  the  land.     In 
addition  to  the  superior  ability  of  an  immigrant  race,  it  is 
its  superior  civilization  that  assures  to  it  the  supremacy  over 
the  native   races.      This   superior  civilization,  however,  in- 
volves   a   strong   tendency   toward   individual  industry,  and 
thus  toward   the  differentiation  of  personal  property  from 
common  property.     The  success  which  the  individual  owner 
enjoys   in  his   labour  develops   in   him  a   consciousness  of 
freedom,   and    this    leads    him    to    compete  with   his   tribal 
associates  both  in  the  acquisition  of  property  and  in  the 
attainment  of  power  over  the  native  population.     Thus,  the 
division  of  common  property  is  succeeded  by  an  inequality 
of  personal  property— an   inequality  which,   from   the  very 
beginning,  shows  an   unconquerable   tendency  to  increase. 
This  tendency  is  fostered  by  the  fact  that  political  Organiza- 
tion makes  it  possible  for  individuals  to  exercise  a  certain 
control    over    common     affairs.       Property    considerations 
become  more  and  more   decisive   as   regards  class  dbtinc- 
tions.     In  addition  to  descent  from  privileged  ancestors,  it 
is   property   that   gives   the    individual   his   social   position. 
An  individual  belonging  to  a  people  that  at  one  time  formed 
a  class  without  rights,  may  rise  to  the  ranks  of  the  privi- 
leged  classes,  or,  if  the  significance  attached  to  birth  con- 
tinues  to  be  maintained,  he,  togethcr  with  those  like  him, 
may  at  any  rate  attain  to  an  indcpendent  influcnce  in  public 
life.     Property,  however,  not  only  affords  increased  rights  ; 
it  also  entails  greater  obligations.      The  wcaJthy  possess  a 
better  military  equipment,  and  are  thcieforc  cnlisted  ij^  ^j^^ 
more  efficient,  but  also  the  more  dangerous,  division^  ^^    , 
army.     They  are  entrusted  with  Icadci^p  m^-ar  as  ^  ^ 
with  authority  in  times  of  peace.      Individual  mitiaiiv^  ^  /! 
itself  feit,  and  this,  coupled   witb   thc^  ^PPortunity    f^ 
exercise  of  such  initiative,  cause»   P^"?^  ^^''^'^Pixwä  » 
appear,   from  an   external    point    ot  mw,  as    a    s^!^  iC 
separate  voluntary  acts  on  the   part  of  "^^''iri^^ ^^^ 


(THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   321 

of  deity  cults  is  his  immediate  successor.  The  law- 
givcr,  or  the  political  hero  in  the  true  sense  of  the  word, 
Stands  at  the  zenith  of  the  age.  The  warrior  initiates, 
whereas  the  legislator  completes  the  Organization  of  Society. 
Then  conimences  the  age  of  citizenship^  which  no  longer 
entertains  a  hero- ideal  as  such  but,  instead^  prizes  civic 
virtues.  On  this  plane  of  culture,  the  general  demands  of 
political  hfe  and  of  cult  are  augmented  by  the  particular 
duties  which  grow  out  of  the  position  which  the  individual 
occupies  within  society.  The  position  itself  is  conditioned 
primarily  by  the  rise  of  differences  of  vocation. 

6.  The  Differentiation  of  Vocations. 

The  above  discussion  will  already  have  indicated  the 
general  significance  of  the  differentiation  of  vocations  in  the 
development  of  political  society.  White  the  origin  of  classes 
is  coincident  with  the  rise  of  the  State^  separate  vocations 
appear  only  at  its  zenith.  At  first  there  were  no  distinctions 
of  vocation.  The  pursuits  of  war  and  politics  were  conunon 
to  all  free  men  ;  and,  while  admitting  of  class  distinctions, 
they  allowed  no  vocational  differences.  The  priesthood 
alone  represented  a  class  which  followed  a  specific  voca- 
tion, while  also  engaging  in  other  occupations,  particularly 
in  politics.  The  ear liest  forms  of  specialized  vocations  were 
foreshadowöd  even  in  the  totemic  age.  In  the  heroic 
period,  they  merely  adapt  themselves  to  the  new  social  order 
resulting  from  the  rise  of  a  ruling  class  and  the  consequent 
class  distinctions.  Under  the  influence  of  deity  cults,  more- 
over,  the  social  position  of  the  priesthood  changes,  as  do 
also  its  vocational  practices.  The  transformations  in  cult 
are  an  important  factor  in  elevating  the  class  and  the  pro- 
fession  concemed  in  its  administration,  securing  for  them 
a  more  or  less  important,  and  in  some  cases  a  dominant, 
influence  upon  political  life.  In  contrast  with  this,  all  forms 
of  human  labour  not  connected  with  poHtics  and  warfare 
are  degraded,  This  results  in  occupational  differences,  which 
are  henceforth  closely  bound  up  with  class  distinctions.   TI 

22 


322         ELEMENTS    OF.    FOLK    PSYCHOLOGV 

depreciation  of  which  we  speak,  however,  is  not  of  sudden 
occurrence,  nor  does  it  appear  everywhere  to  the  same  extent. 
The  conditions  that  give  rise  to  political  society  also  involve 
a  participation  in  the  pursuits  of  politics  and  warfare  od 
the  part  of  the  freeman,  who,  as  an  agriculturist,  breeds  bis 
own  domestic  animals  and  guides  his  plough  over  the  fields. 
Due  to  these  same  conditions^  moreover,  agriculture  main- 
tains  a  respected  position  even  in  later  times^  partly,  no 
doubt,  as  a  result  of  the  fact  that  the  free  farmer  continues 
to  enjoy  the  privilege  of  participating  in  political  and 
military  affairs.  Various  accessory  vocations  come  to  be 
sundered  out  from  the  tasks  of  the  early  agriculturist,  who, 
originally,  himself  manufactured  the  implements  required  for 
his  work  and  was  thus  the  primitive  artisan.  Political 
activity  and  the  equally  esteemed  military  vocation  come 
more  and  more  to  be  given  the  place  of  highest  honour. 
The  occupation  of  the  farmer  and  that  of  the  wealth- 
accumulating  merchant,  however,  are  also  held  in  high 
regardy  doubtless  because  of  the  growing  desire  for 
property.  The  independent  task  of  the  artisan^  as  well  as 
art— the  latter  at  first  scarcely  distinguishable  from  artisan- 
ship— are  either  left  to  the  dependent  population  and  slaves 
or,  after  class  distinctions  are  well  developed,  are  given  ovcr 
to  the  Iower  class  of  Citizens  as  occupations  of  less  esteem. 
But  in  the  case  of  vocational  distinctions,  just  as  in 
that  of  class  diflferentiation,  the  process  of  depreciation  is 
succeeded  by  a  tendency  toward  equalization,  This  is  due 
to  a  general  shift  in  values.  The  rhapsodist  of  Homeric 
timesj  though  welcomed  as  a  guest  by  the  superior  classes, 
was  not  himself  regarded  by  them  as  a  companion  of  equal 
xank.  It  is  only  gradually  that  the  value  placed  on  an  art 
becomes  transferred  to  the  artist  himself.  That  this  occurs 
is  due  in  an  important  measure  to  the  fact  that  the  arts  of 
eutstanding  significance— gymnastics^  poctry,  and  music— are 
not  practised  merely  by  a  specific  profession,  but  are  also 
favourite  occupations  of  the  warrior  or  the  statesman  in  his 
hours  of  leisure.  The  respect  accorded  the  artist  is  gradually 
extended  to  such  other  arts  as  already  constitutc  vocational 


THE    AGE    OE    HEROES    AND    GODS       1323 

labour  ;  as  external  culture  becomes  more  refined^  even  the 
artisan  wins  a  growing  esteem,  through  his  decoration  of 
weaponsy  implements,  and  clothing.  In  the  case  of  the  arts 
that  require  a  particularly  high  degree  of  vocational  traming, 
it  is  significant  to  note  that^  in  spite  of  the  high  estimate 
placed  on  his  producta  the  artist  himself  is  able  to  rise  but 
slowly  above  the  plane  of  the  mere  artisan.  Thus,  the 
measure  of  esteem  accorded  to  the  arts  gradually  diminishes, 
according  as  we  pass  from  those  that  spring  up  spon- 
taneously^  solely  from  inner  impulse,  to  those  that  minister  to 
the  satisfaction  of  needs.  The  immediate  cause  for  this 
gradation  of  values  probably  lies  in  the  fact  that  political 
activity^  which  here  forms  the  mediating  link,  is  itself  of 
the  nature  of  a  free  vocation,  requiring  the  exercise  particu- 
larly of  mental  capacities.  For  this  reason,  however,  the 
regard  in  which  the  various  occupations  are  held  tends  to 
be  equalized  according  as  class  distinctions  disappear.  The 
latter,  however,  occurs  in  proportion  as  all  Citizens  coroe  to 
acquire  equal  Privileges  in  the  exercise  of  political  rights. 
To  the  majority,  indeed,  political  activity  remains  but  a 
secondary  vocation,  being  avershadowed  by  the  main  occu- 
pation,  which  requires  the  greater  amount  of  attention. 
Because  of  its  political  character,  however,  it  is  the  secondary 
vocation  that  primarily  determines  the  social  position  of  the 
individual.  The  fact  that  all  Citizens  come  to  participate  in 
political  activity,  therefore,  even  though  failing  to  equalize  die 
esteem  in  which  the  various  occupations  were  held,  neverthe- 
less  caused  the  disappearance  of  the  distinctions  in  personal 
Status  which  occupational  differences  originally  involved. 

7.  The  Origin  of  Cities. 
The  differentiation  of  classes  and  vocations  is  condi- 
tioned,  in  a  large  measure,  by  a  change  in  the  spacial 
distribution  of  the  population.  This  change  is  a  rcsult 
of  the  rise  of  political  society,  and  comes  to  be  the 
outstanding  external  characteristic  of  the  State  as  »oon 
as  the  latter  begins  to  assume  definite  form.  I  havc  in 
mind    the    foundation    of    cities.      In    the    totcmic    a 


324        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

tbere  were  no  eitles,  but  at  most  fair-sized  groups  o( 
huts  or  houses,  forming  villages.  These  village  Settle- 
ments were  all  equally  independent ;  they  differed  at  most 
as  regards  spacial  extent.  But  the  city,  in  its  original  fono, 
always  exercised  control  over  a  smaller  or  larger  Stretch  of 
territory,  consisting  either  of  separate  farms  or  of  villages 
wlth  the  territory  belonging  to  them.  As  the  seat  of  political 
power,  the  city  was  an  infallible  indication  of  the  existence  of 
the  State.  Hence  it  is  that  those  who  discuss  the  original 
forms  of  political  society  are  not  infrequently  led  to  vegaaA 
State  and  city  as  identical.  Such  an  Identification,  however, 
is  not  at  all  justifiable.  Even  in  their  beginnings  the  Greek 
States  and  the  Roman  State  were  not  mere  city  States  ; 
all  that  may  be  said  is  that  the  political!  power  was 
centred  in  the  city.  This  is  true,  also,  of  the  original  dty 
as  it  existed  in  the  Orient  and  in  the  ancient  civilizations 
of  Mexico  and  Peru.  The  same  characteristic  distinguishes 
the  early  city  from  the  many  later  sorts  of  cities  that  arose 
in  response  to  the  needs  of  intercourse  and  trade.  The 
original  city  was  the  abode  of  the  political  and  nülitary 
leaders  of  the  people  who  occupied  the  new  territory  and 
thus  formed  a  State.  This  appears  most  strikingly  in  the 
case  of  Sparta— the  State  which  preserved  most  fuUy  the 
features  of  an  earlier  form  of  social  Organization.  One  might 
alnK)st  be  inclined  to  say  that  the  men's  club  devetoped  by 
totemic  tribal  Organization  was  here  present  in  the  form 
of  a  city  of  men  established  within  a  political  order.  But 
even  in  Athens  and  in  the  other  Greek  States  the  city  was 
only  the  seat  of  the  political  power,  whereas  the  State 
embraced  the  adjacent  territory  as  well.  The  centre  of 
the  city,  therefore,  was  the  castle.  This  constituted  the 
military  defence  of  the  State,  and  was  the  dwelling  of  the 
king  or,  in  republican  forms  of  government,  of  the  highest 
officials.  Connected  with  the  castle  was  the  temple  of  the 
gnardian  deity  of  the  city.  The  immediate  environment 
of  ihe  temple  was  the  meeting-place  of  those  who  inhabited 
the  territory  protected  by  the  castle  and  its  temple.  Here 
they  assembled,  partly  for  trade  and  partly  for  deliberative 


THE    AGE    OF.    HEROES    AND    GODS       325 

or  populär  gatherings.  The  economic  and  political  inter« 
CDurse  which  centred  about  the  Castle  fostered  the  growtU 
of  a  larger  city,  inasmuch  as  numbers  of  the  rural  in- 
habitants  gradually  settled  down  under  the  dose  protec-> 
tion  of  the  castle.  Directly  connected  with  this  development 
was  the  Separation  from  agriculture  of  the  occupations  of 
art^  handicraft,  trade^  and  eventually  of  political  office. 
Because  of  their  enormous  extent,  the  great  Oriental  realms 
included  a  number  of  city  centres.  Yet  even  here  the 
original  conditions  maintained  them^lves,  inasmuch  as  one 
of  these  eitles  continued  to  be  not  only  the  political  seat 
of  the  State  but  also  the  chief  centre  of  cult.  The  guardian 
deity  of  the  leading  city  was  likewiise  the  guardian  deity  of 
the  State,  and,  as  such,  was  supreme  among  the  gods.  Cult 
was  thus  pattemed  after  the  political  order.  This  influence 
of  the  city  upon  cult  was  reflected  in  temple  construction. 
The  totemic  age  possessed  no  eitles,  and  it  likewise  lacked 
temples.  Temples,  therefore,  are  not  only  indicative  of 
deity  cult,  whose  development  is  bound  up  with  political 
Society,  but  they  also  sig&alize  the  existence  of  eitles. 
The  temple  itself  was  characterized  by  a  very  rieh  archi- 
tecture.  In  Babylonia  it  was  the  mighty  tower,  in  Egypt 
the  pair  of  obelisks  at  the  entrance,  which  proclaimed  to 
the  surrounding  neighbourhood  the  dwelling-place  of  the 
deity  and  the  seat  of  political  power.  The  two  were 
identical,  for  it  was  in  the  name  of  the  guardian  deity  of 
the  city  that  the  State  was  originally  güvemed  and  that 
justice  was  meted  out.  In  Oriental  realms,  the  ruier  was 
the  representative  of  the  deity,  and  the  priests  were  the 
State  officials,  as  well  as  the  devotees  of  science  and  art. 
Tradition,  together  with  numerous  usages  preserved  in 
custom  and  laws,  testify  to  the  same  original  unification 
of  religious  and  political  authority  in  Greece  and  Rome. 
Although  the  State  here  becamfe  secularized  at  a  compara- 
tively  early  time,  and  art  and  science  likewise  freed  thfem- 
selves  from  theocratic  dominance,  the  idea  of  a  guardian 
deity  of  the  city  and  State  was  long  mamtained.  It  was  thifl 
that  invested  the  secularized  legal  tystem  with  a  halo 


326        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 


sanctity.  If  the  course  of  developmcnt  in  Greece  and  Ron« 
diflfered  from  that  of  the  Oriental  realms,  this  may  be  due,  in 
an  important  measure,  to  the  fact  that  they  very  early  broke 
up  into  a  considerable  number  of  independent  city  States. 
Herein,  of  course,  is  expressed  the  character  of  Indo-Ger- 
manic  peoples.  Even  in  very  ancient  times  they  manifested 
a  disposition  to  allow  free  play  to  the  assertion  of  the  indi- 
vidual  Personality  ;  this  diflferentiates  them  from  the  Semitic 
race,  with  its  strong  inclination  to  hold  fast  to  traditional 
norms.  Hence  it  is  that,  while  the  cult  of  the  various 
Greek  cities  remained  practically  the  same,  the  cities  them- 
selves  became  distinct  political  communities.  The  Status 
of  the  Delphic  priesthood,  in  whom  this  unity  of  cult  very 
early  found  its  expression,  was  therefore  naturally  reduced 
to  that  of  ain  advisory  Council.  In  the  individual  States,  the 
dominance  of  political  interests  and  the  stniggle  for  power, 
which  was  heightened  by  the  personal  inter-relationships 
within  the  narrow  circle  of  the  city,  deprived  the  priesthood 
of  all  authority  except  over  cult.  True,  in  the  case  of 
Rome,  the  original  union  of  political  Order  and  reMgious 
cult  was  firmer  and  more  permanent,  due  to  the  fact  that 
one  city  early  gained  the  supremacy  over  the  other  Italian 
cities  and  States.  And  yet,  hand  in  band  with  the  extension 
of  political  dominance,  went  the  adoption  of  cults  that  were 
previously  stränge.  This  led  to  a  number  of  competing 
priest-associations,  none  of  which  could  gain  the  leader- 
ship,  since  all  alike  were  but  servants  of  the  political  power. 
Thus,  in  spite  of  considerable  diversity  as  to  incidental 
Donditions,  city  and  State  were  closely  bound  up  with  each 
Dtfaer  in  the  development  of  political  society.  \Ve  find  no 
dty  apart  from  a  State,  and  it  is  doubtful  whether  there  was 
a  State  without  a  city  as  the  seat  and  centre  of  its  political 
power.  But  this  correlation  obtained  only  during  the  period 
[rf  the  genesis  of  States  and  of  the  attendant  rise  of  the 
ort^mU  city.  Once  States  have  come  into  existence,  many. 
other  conditions  may  lead  to  the  establishment  of  a  com- 
nmniiCy  which,  as  regards  extent  and  relative  political  inde- 
e,  b  of  the  nature  of  a  city.    Such  phenomena  may 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   327 

be  referred  to  as  the  secondary  foundation  of  cities  ;  they 
are  possible  only  on  the  basis  of  a  previously  existing 
political  Society.  An  approximation  to  original  conditions 
occurs  when  a  victorious  State  either  establishes  cities 
in  the  conquered  provinces,  centralizing  in  them  the 
power  over  the  respective  territories,  or  transfonns  cities 
that  already  exist  into  political  centres.  Occurrences 
of  this  sort  were  frequent  during  the  extension  of 
Alexander's  world-dominion  and  at  the  time  of  the  Roman 
Empire.  The  same  fact  may  be  observed  at  a  later 
period,  in  connection  with  the  occupation  of  the  Italian 
cities  by  the  Goths  and  Lombards.  The  German  cities 
founded  during  the  Middle  Ages  differ  still  more  widely 
from  the  original  type.  These  cities  first  arose  as  market 
centres,  and  then  gradually  acquired  political  Privileges. 
Thus,  the  process  of  the  original  foundation  of  cities  was, 
as  it  were,  reversed.  In  the  latter  case,  the  Castle  came 
first  and  the  market  followed  ;  the  mediaeval  city  began  as 
a  market  and  reached  its  completion  with  the  building  of  sc 
Castle.  In  mediaeval  times,  however,  leadership  was  not 
originally  vested  in  the  city  but  in  rulers  who  occupied 
isolated  estates  scattered  here  and  there  throughout  the 
country.  Yet  these  secondary  phenomena  and  their  further 
development  do  not  belong  to  our  present  problem  of  the 
origin  of  political  society. 

'8.  The  Beginnings  of  the  Legal  System. 
The  social  regulations  whicb  we  have  thtis  far  considered 
find  their  consummation  in  the  legal  System.  This  possesses 
no  content  independent  of  the  various  social  institutions,  but 
merely  provides  certain  norms  of  action  with  a  social  sähction. 
As  a  result,  these  norms  are  protected  against  violation  or 
are  desig^ted  as  regulations  which,  whenever  necessary, 
are  defended  against  violators  by  the  use  of  extemal  force. 
Thus,  the  legal  System  does  not  involve  the  outright  creation 
of  a  social  order.  It  consists  primarily  in.tbe  «"^g^'^g  out,  as 
definite  prescriptions,  of  certain  regulationi  \  Aj 

arisen  in  the  course  of  social  life,  and  tflil  il 


C  :THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       rsag 

r  were  themselves  closely  connected.  The  first  of  these 
(  factors  consists  in  the  rise  of  firnüy  established  forms  of 
mlership,  which  are  indicative  also  of  the  transition  lead- 
ing  to  States  ;  the  other  is  the  religious  sanction  which 
was  attached  to  those  regulations  that  were  singled  out 
by  the  law  from  the  broader  field  of  custom.  Both 
factors  indicate  that  the  heroic  age  properly  marks  the 
origin  of  the  legal  system,  even  though  it  be  true  that  all 
such  changes  are  gradual  and  that  occasional  beginnings 
of  the  legal  system,  therefore,  niay  be  found  at  an  earlier 
period,  in  connection  with  the  very  ancient  Institution  of 
Chief tainship.  As  regards  the  external  social  Organization 
and  the  religious  life  of  the  heroic  age^  these  are  charac- 
terized,  respectively,  by  the  development  of  strict  forms  of 
rulership  and  by  the  origin  of  a  deity  cult.  Each  of 
these  social  phenomena  reinforces  the  other.  The  kingdom 
of  the  gods  was  but  the  terrestrial  State  projected  into 
an  ideal  sphere.  No  less  was  the  development  of  the  legal 
System  dependent  upon  the  union  of  the  two  factors.  Neither 
the  external  force  of  the  political  authority  governing  the 
individual  nor  the  inner  constraint  of  religious  duty  sufficed 
in  itself  to  establish  the  tremendous  power  characteristic  of 
the  legal  System  from  early  times  on.  It  is  true  that,  at  a 
later  period,  the  feeling  that  law  represents  a  religious  duty 
gave  way  to  the  moral  law  of  conscience.  The  latter,  how- 
ever,  itself  owes  its  origin  to  the  increasing  influence  of  the 
political  authority  which  is  at  the  basis  of  the  legal  System  ; 
moreover,  as  an  inner  motive  reinforcing  the  externa!  com- 
pulsion  of  the  law,  it  continued  to  preserve  a  similarity  to  the 
religious  source  from  which  it  sprang.  True,  a  significant 
change  occurred.  During  the  early  stages  of  legal  develop- 
ment, the  weight  of  emphasis  feil  on  the  religious  aspect 
of  law,  whereas  it  later  more  and  more  shifted  to  the 
political  side.  At  first,  the  entire  body  of  law  was  re- 
garded  as  having  been  given  directly  by  the  deity,  as  was 
the  case,  for  example,  with  the  Ten  Commandments  of 
Moses  and  with  the  Israelitic  Priests'  Code,  which  ctothfes 
even  the  most  external  modes  of  life  in  the  garb  of  religious 


m  THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       331 

ii^pendently  achieved  culture  that  has  fallen  into  decay»  we 
runeed  not  here  inquire. 

^  That  the  development  of  the  legal  System  is  dependent 
m  upon  the  first  of  thcse  phenomena— that  is^  upon  political 
^  Organization— is  directly  apparent  from  the  fact  that  the 
mi  administration  of  justice  in  general  presupposes  two  sources 
ii  of  authority.  Here  again  the  beginnings  are  to  be  found 
y  in  the  totemic  age.  During  this  period,  the  administration 
.  of  justice  was  vested,  in  the  first  place^  in  a  relatively  re- 
'  stricted  group  of  the  older  and  experienced  men,  such  as 
exercised  authority  over  the  older  members  of  the  horde 
even  in  pretotemic  times.  Judicial  powers  were  assumed,  in 
the  second  place,  by  individual  leaders  in  the  chase  or  in  war. 
The  authority  of  the  latter,  it  is  true,  was  temporary,  fre- 
quently  shifting  with  changing  circumstances  ;  it  was  all  the 
more  efFective,  however,  for  the  very  reason  that  it  was  centred 
in  Single  individuals.  Now,  the  initial  step  in  the  formation 
of  a  legal  systemr-which,  as  already  remarked,  was  at  first 
concerned  merely  with  what  we  would  call  civil  justice— 
was  taken  when  the  quarreis  of  individuals  came  to  be  settled 
in  the  same  way  as  were  matters  of  common  concem  to 
the  clan  or  tribe— namely,  by  the  decisions  of  the  two  long- 
established  authorities,  the  *  Council  of  eiders/  as  they  later 
continued  to  be  called  among  many  civilized  peoples,  and  the 
individual  leader  or  chieftain.  Even  in  relatively  primitive 
timeSy  fellow-tribesmen  or  clansmen  who  disagreed  as  to  the 
ownership  of  an  object  or  perhaps  as  to  whether  or  not  some 
mutual  agreement  had  been  kept,  and  who  preferred  a 
peaceful  decision  to  settlement  by  combat,  were  accustomed 
to  seek  the  decision  of  the  eiders  or  of  a  man  of  com- 
manding  respect.  Thus,  these  initial  stages  of  legal  pro- 
cedure  indicate  that  the  earliest  judge  was  an  arbUrator  ;  he 
was  freely  selected  by  the  disputants,  though  he  constantly 
became  more  firmly  established  in  his  position  as  a  result 
both  of  his  authority  in  the  general  affairs  of  the  tribc  and 
of  tradition.  We  next  find  the  appolnted  judge,  who  owes 
his  Office  to  political  authority,  and  who  decidcs  particular 
controvcrsics,  not  because  he  has  been  asked  to  do  so  by 


332         ELEMENTS   OF    FOLK    PSYCHOLOl 

the  parties  thcmselves  but  '  of  rigrht '  and  as  con 
by  the  State  ;   supported  as  he  is  by  the  political  \ 
decision  has  compelling  force.    As  soon  as  the  Statt 
the   function  of  deciding  the   controversies   of  ini 
the  judge  becomes  an  official.      Indeed,   he  is  om 
first  representatives  of  officialdom.     For,  in  the  earl 
of  political  Organization,  all  matters  other  than  the  i 
of  individuals  are  regulated  by  ancient  customSy  excep 
far  as  war  and  the  preparation  for  war  involve  con 
that  necessarily  place  authority  of  an  entircly  differei 
in  the  hands  of  particular  individuals.     Thus,  togethei 
the  Offices  of  those  who,  though  only  g^radually,  con 
have  Charge  of  the  maintenance  of  the   military  orga 
tion   even   in   times   of   peace,   the  office    of   the   judic 
represents  one  of  the  earliest  of  political  creatioas.     Ii 
we  find  a   parallel  to  the  division  of  power   between 
ruler    and    a    separate    Council    of    experienced    men, 
arrangement  that  represents  a  legacy  from   the  period  « 
tribal    Organization,    but    that    only    now    becomes    firm 
established.     The  indiNddual  judge  and  the  colleg^e  of  judgi 
both  occur  so  early  that  it  is  scarcely  possible  to  say  wheth( 
either  antedated  the  other.     Affecting  the  development  ju 
described   are    two    other   conditions,    capable   of    bringin 
about   a    division    of   judicial    authority   at   an  early   timi 
öne  of  these  conditions  is  the  connection  of  the  state  wit 
deity    cult^    as    a    result    of    which   the    secular    power 
limited    by   the   authority   of  the  priesthood,   whose   chit 
prerogative  comes  to  be  penal  justice.     The  second  factc 
in   the  differentiation   of  judicial   functions  consists   in  tl 
Institution   of   chieftainship^    one   of  the  two   characteristi 
features    of    political    society.      Chieftainship     involves 
tendency    towards    a'    delegation    of    the    supreme   judicij 
authority  to  the  ruler.     This  is  pärticularly  the  case  durin 
the  first  stages  of  political  Organization,  which  still  refle< 
the  fact  that  the  external  political  power  of  the  chieftai 
grew  up  out  of  the  conditions  attcndant  upon  war.     Eve 
though  the  secular  judiciary,  which  originated  in  the  counci 
of  eiders,  or,  in  certaln  cases,  the  judicial  office  of  th 


"™5    THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   .333 

*^**iest,  also  continues  to  be  maintained,  the  rulcr  neverthe- 
^^^  reserves  for  himself  the  authority  over  the  most  im- 
^*%irtant  issues.     Particularly  in  doubtful  cases^  in  which  the 
^Vftdinary    judge    has    no    traditional    norms    to   goiide    his 
s^'^ecisiony  the  '  kuig's  court  *  intervenes  in  order,  if  neces- 
^  ^Ury«  to  secure  a  recognition  of  the  claim  of  reasonableness. 
rjrlliis  is  especially  apt  to  occur  in  connection  with  capital 
3Berimes.     Hence  it  is  that,  even  after  penal  law  has  once 
awbeoome  a  matter  of  general  governmental  control— which, 
^:b3  ä  ruie,  occurs  only  at  a  later  stage  of  legal  development 
&t — the   final   decision   in   criminal   cases   usually.   rests   with 
»K  the    ruler.     Generally,    moreover,    it    is    the    ruJer    alone 
QT  who   has    sufficient   power    to    put   an  end   to  the   blood- 
^i  revenge    demanded    by    kinship    groups.     Owing    to    the 
V   fact   that,    in    his    capacity    of   military  leader,    the    ruler 
t    possesses  power  over  life  and  death  during  war  with  hostile 
tribes^  he  comes  to  exercise  the  same  authority  in  connec- 
tion also  wiHi  the  feuds  of  his  fellow-tribesmen.     Modem 
States  have  retained  a  last  remnant  of  this  power  in  the 
monarch*s  right  to   pardon,   an  erratic  phenomenon  of  a 
culture  that  has  long  since  disappeared. 

Thus,  the  State^  as  such,  possesses  an  extemal  power 
which  finds   its  most   direct   expression— just   as   does   the 
unity  of  the  State— in  the  exercise  of  judicial  authority  on 
the  part  of  the  ruler.     In  the  beginnings  of  legal  develop- 
ment,   however,    law    always    possesses    also    a    religious 
sanciion,     True,    the    above-mentioned    unification    of    the 
Offices  of  priest  and  judge  or  of  the  authority  of  priest  and 
ruler— the  latter  of  which  sometimes  occurs  in  connection  with 
the  former— may  be  the  result  of  particular  cultural  conditions. 
This,  however,  but  indicates  all  the  more  forcibly  how  per- 
manent has  been  the  religious  sanction  of  law.     Such  a 
sanction  is  evidenced  by  the  words  and   symbolisms  that 
accompany  legal  procedure  even  in  the  casc  of  secular  judges 
and  of  the  relations  of  individuals  themselves.     Not  with- 
out  significance,  for  example,  is  the  solemnity  manifested 
in  the  tones  of  those  who  are  party  to  a  harter,  a  contractu 
ör  an  assignment  of  property.     Indeed,   their  word»  are 


^HE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       335 


'hile  speaking  the  appropriate  words^  he  intends  to 
"^^a  magical  effect  upon  the  land^  such  that  disaster 
^le  to  any  one  who  may  seek  to  deprive  him  of  it. 
=7j  offers  his  hand  in  sealing  a  compact  signifies  that 
»^  epared  to  lose  his  f reedom  in  case  he  fails  to  keep  his 
For  this  reason  the  shaking  of  hands  is  sometimes 
nented  by  the  extension  of  a  staff— a  special  use  of 
xgical  wand  which  occurs  particularly  when  the  pledge 
^^^:^  ^linistered  by  a  judge.  In  a  second  stage  of  develop- 
:sr:  the  act   loses   the   Status  of   reality,   but  it  remains 

^  iated  with  religious  fcelings.  At  a  third  stage,  it 
^r*«-*^  ^nes  a  mere  matter  of  form,  though  the  solemnity  with 
?-  _li  it  envelops  the  transaction  adds  to  the  impressiveness 
:::^2--*^®  latter  and  fixes  it  more  firmly  in  memory. 

Combined  with  the  word,  thus,  is  a  gesture  that  faith- 
^y  reflects  its  meaning.     Moreover,  other  individuals  are 
-;^!^^amoned  to  witness  the  legal  transaction,     This  is  done, 
I^  t  so  much  that  these  persons  may  later  be  able  to  give 
».^Jfinitc  testimony,  as  that  they,  too,  shall  hear  the  word  and 
g^^  e  the  gesture,  and  so,  in  a  sense,  enhance  the  reality  of  that 
^iiich  is  transpiring.     Besides  this  oldest  form  of  witness, 
„^^"ho    is   not   to   testify   regarding   that   which   he   has  ex- 
^^Serienced,  as  occurs  in  later  times,  but  who  is  merely  present 
^on  the  occasion  of  the  legal  transaction,  there  is  the  com- 
'purgaior,  who  substantiates  the  oath  of  the  man  involved. 
The  latter  fortifies  his  Statements  by  invoking  the  gods  as 
"    witnesses.      Now,   the   oath  of  the  compurgator   does   not 
relate  to  the  testimony  of  his  companion,  but  merely  to  the 
companion  himself  ;   it  is  a  pledge  to  share  the  punishment 
of  the  latter  in  case  he  swears  falsely.     As  in  battle,  so 
also  in  calling  upon  the  terrible  powers  whose  vengcance 
is  to  fall  upon  the  perjurer,  companion  Stands  protectingly 
by  the  side  of  companion.     Thus,  the  oath  itself  is  a  cere- 
mony  both  of  cult  and  of  magic.     As  a  cult  activity,  the 
oath  was  originally  given  at  the  place  wherc  the  cult  was 
administered— that  is,  in  the  immediate  prescnce  of  the  gods  ; 
the  method  of  procedure  was  to  raise  the  fingers  and  to 
Point  them  directly  to  the  gods,   who    werc   rcgarded  as 


^1   THE  AGE  OE  HEROES  AND.  GODS   337 

^^itroversies  independently  of  a  judge.     It  is  ät  this  point 
the  punitive  action  of  individuals  g^ves  way  to  public 
procedure.       Originally,    crimes    against    life    and 
,^  pperty  were    dealt   with   by   individuals  ;   the  endeavour 
■^^   secure    the    judgment    of   the    gods  by   means    of  the 
,^  ^I   was    doubtless    one    of    the    earliest   steps    by   which 
^e    penal    process    became   a    public    procedure,   and    the 
■^mifihment  itself,  therefore,  became  raised  above  the  plane 
^j^f  inere  rcvenge.     Blood  revenge  involved  an  unexpected 
^  ..kttack  in   the   open  or  from  ambush.     To  renoimce   this 
^^nistom  in  favour  of  the  duel,  therefore,  was  in  harmony  with 
the  character  of  the  heroic  age.     For  this  was  the  period 
in  which  the  ideal  of  manly  honour  was  rapidly  gaining 
^  ^atrength,    and    in    which,    therefore,    it    was    regarded    as 
^^unworthy  under  any  circum^tances   to   take  the  life  of  a 
*  defenceless  man.     The  principle  accepted  as  self-evident 
in  war,  namely,  that  the  person  attacked  have  an  oppor- 
^  tunity  to  defend  himself,  became,  in  a  warlike  age,  a  maxim 
t  applying  also  to  times  of  peace.     Moreover,  even  though 
it  be  true  of  the  ordeal  as  of  the  oath  that,  at  the  outset, 
cult  was  secondary  to  magical  conjuration,  nevertheless,  the 
dominance  of  the  latter  varied  with  the  degree  in  which 
the  State  freed  penal  justice  from  the  passion  for  revenge 
on  the  part  of  individuals.     The  ordeal  thus  came  to  be 
more  than  merely  a  combat  between  the  accuser  and  the 
accused.     The  judge  in  Charge  of  the  combat  acquired  the 
duty  of  determining  guilt  or  innocence,  and,  as  a  result, 
the  ordeal^  assumed  other  forms.     Only  the  one  who  was 
accused  was  now  involved.      The  ordeal  changed  from  a 
magic   combat   into   a  magic   test,  which  came  to   be  re- 
garded as  a  direct  revelation  of  the  decision  of  the  deity. 
This  led   to   the  adoption  of  means  of  proof  other  than 
combat.     It  was  obviously  cult  that  caused  penal  justice  as 
such  to  be  taken  out  of  the  hands  of  private  individuals. 
For  this  reason  it  was  particularly  sacrilege  that  demanded 
a  magical  judgment   independent  of  the  combat  of  indi- 
viduals.    In   cases   of   sacrilege,    the   deity   himself  tested 
the  assertions  of  the  one  who  endeavoured  to  free  himself 

^3 


338        ELEMENTS  OE  FOLK    PSYCHOLOGY 

from  the  charges  of  religious  crime.     The  means  for  defiB-] 
mining  guilt  or  innocenoQ  were  fixe  and  water-^  s 
agencies   that  had  long  been  employed    by   reUgious  oil 
for  purposes  of  lustration.     That  the  tests  by  water  aod hl 
fire    used    in    connection    witfa    the    witchcraft    cases  dl 
mediaeval  times  still  possessed  a'  magical  significance  is » i 
mistakable.     If  the  witch  sank  in  the  water— that  is,  if  ske  | 
was  received  by  the  purifying  element — ^she  was  guiltksi 
If  the  accused  was  not  injured  by  holding-  a  glowing  im 
in  his  band  or  by  Walking  barefooted  over  coals,  this  ab 
was  regarded  as  indicative  of  innocenoe.      Apparently  dx 
underlying  conception  was  that  the  deity  who  gave  to  water 
and  fire  the  power  of  purifying  a  sinner  from  his  guilt  also 
communicated  to  them  the  power  of  freeing  the  innocent  fnii 
an  accusation  and  of  withholding  assistance  from  the  guiltj. 
Hence  it  is  that  while  these  modes  of  divine  judgment  wen 
not,   indeed,  as  common  as  was  purification   by  means  of 
water  and  fire,  they  nevertheless  appeared  again  and  ägain, 
so  far  as  their  fundamental  characteristics  are  concemed. 
They  were  resorted  to  by  the  Germanic  peoples,  and  wcrc 
prevalent  also   in   Graeco-Roman  antiquity,  and   in   India; 
trial  by  water  was  likewise  a  custom  in  Babylonia,  wheie 
it   was    prescribed   by   Hammurabi   as  a  means    by  whidi 
a  suspected  person  might  free  himself.     We  have  noticed 
how,  in  the  case  of  the  ordeal  and  particularly  of  its  earliest 
form,  judicial  combat,  the  legal  controversies  of  individuals 
concerning  rights  relating  to  property,  buying  and  selling 
and   other   agreements,    camc    to    be   considered   from   the 
Standpoint   of   punishment,      This   process   is   characteristic 
of  the  development  of  penal  law  in  general. 

9.  The  Development  of  Penal  Law. 

As  an  institution  protected  by  the  State,  the  administra- 
tion  of  penal  law  everywhere  grew  up  out  of  civil  law. 
The  judgc  who  was  appointed  by  the  State  to  arbitrate 
personal  controversies  developed  mto  a  criminal  judge.  Still 
later  these  two  judicial  officeS  ^«came  distinct.  This  separa- 
tion  began  in  coiinect^^^^'^  ^^  niost  serious  oflei^^^s. 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   339 

sxxdtk  as  seemed  to  demänd  a  separate  tribunal.  The  deter- 
mining  feature,  in  this  instanco,  was,  at  the  outset,  not  any 
l|iialitative  characteristic  of  the  offence  but  its  gravity.  Now, 
'at  the  time  when  deity  cults  were  at  their  zenith,  the  most 
^serious  crimes  were  held  to  be  those  connected  with  religion, 
^namely,  v  temple  sacrilege  and  blasphemy.  Only  at  a 
^relatively  late  period  were  crimes  against  life  and  limb 
•  dassed  along  with  those  affecting  religion  ;  to  these  were 
added,  shortly  afterwards,  violations  of  property  rights.  That 
murder,  though  the  most  frequent  crime  of  early  culture, 
should  not  be  penalized  by  political  authority  until  so  late  a 
perbd,  is  directly  due  to  the  fact  that  it  has  its  origin  in 
the  strife  of  individuals.  In  such  a  strife,  each  man  person- 
ally  assumes  all  consequences,  even  though  these  consist 
in  the  loss  of  his  life.  Even  to  slay  a  man  from  ambush 
is  regarded  as  justifiable  by  primitive  society  if  an  individual 
is  avenging  a  crime  from  which  he  has  sufTered.  As  family 
and  kinship  ties  become  stronger,  the  family  or  kin  par- 
ticipates  as  a  group  in  the  quarreis  of  its  individual  members, 
just  as  it  does  in  war  against  hostile  tribes.  A  murder^ 
whether  or  not  it  be  an  act  of  vengeance^  is  avenged  by  a 
fellow-member  of  the  victim,  either  upon  the  murderer  or 
upon  some  one  of  his  kin,  inasmuch  as  in  this  case  also  the 
group  is  regarded  as  taking  the  part  of  the  individual. 
This  is  the  practice  of  btood-revenge^,  a  practice  which  ante- 
dates  the  heroic  age  but  which  neveitheless  continues  to 
exercise  a  powerful  influence  upon  it.  Blood-revenge 
is  so  closely  bound  up  with  totettiic  tribal  Organization  that 
it  was  probably  never  lacking  wherever  any  such  System 
arose.  Its  Status,  however,  was  purely  that  of  a  custom, 
not  that  of  a  legal  requirement.  It  was  custom  alone, 
and  not  political  authority,  that  compelled  one  kinsman  to 
avenge  the  death  of  another.  It  was  custom  also  that  sought 
to  do  away  with  the  disastrous  results  of  a  continuous  blood- 
feud  by  means  of  an  arrangemenjt  that  came  to  take  the 
place  of  blood-revenge.  This  Substitute  was  the  *  wergild,' 
which  was  paid  as  an  indemnity  by  the  malefactor  to  the 
family  of  the  one  who  had  been  murdered,  and  which  thv 


340        ELEMENTS  OE  FOLK    PSYCHOLOGY 

maintained  precisely  tbe  Same  reüatxxn  to  bld0d*iev&|t ' 
as  did  marriage  by  purdiase  ta  marriagiB  by  captuie.  h 
the  former  case,  however,  the  Substitution  of  a  peaaU 
agreement  for  an  act  of  vioknce  gave  the  political  autfaoritf 
its  first  occasion  to  exercise  its  regulative  power.  TUs 
first  manifestation  of  power  consisted  in  the  fact  that  tte 
political  authority  determined  the  amount  which  nnist  be 
paid  in  Heu  of  the  blood-guilt.  With  the  institution  d 
wergild  the  entire  matter  becomes  one  of  civil  law.  Only 
one  further  step  is  necessary,  and  the  law  of  contract  wi 
indirectly  have  established  the  penal  authority  of  the  State. 
This  Step  is  taken  when  the  State  compels  the  parties  to 
enter  into  an  agreement  on  the  basis  of  the  weigüd. 
The  advance,  however,  was  not  m!ade  at  a  single  bound, 
but  came  only  through  the  influ^ice  of  sl  number 
of  intermediatc  factors.  That  which  first  demanded  a 
legal  detcrmination  of  the  amoimt  of  expiation  money 
was  the  tiedessity  of  estimating  the  personal  value  of  the 
one  who  had  beien  murdered,  according  as  the  individual 
was  free-born  or  dependent,  of  a  high  or  of  a  low  class, 
an  able-bodied  man  or  a  woman.  Such  a  gradation  in 
terms  of  general  social  Status  suggested  the  propriety  of 
allowing  temporary  and  less  serious  injuries  to  life  and 
limb  to  be  compensated  for  on  the  basis  of  their  magnitude. 
But  the  estimation  of  damages  in  such  cases  again  made 
civil  Jurisdiction  Äbsolutely  necessary. 

Closely  interconnected  with  this  complex  of  social  factors, 
and  imposing  a  check  upon  the  impulse  for  vengeance  that 
flames  up  in  blood-revenge,  was  a  religious  influenae— the 
fear  of  contaminating  by  a  deed  of  violence  a  spot  that 
was  sanctified  by  the  presence  of  invisible  gods.  No 
violence  of  any  kind  was  allowed  within  sacred  precincts, 
particularly  in  places  set  apart  for  sacrifice  or  for  other  cult 
ceremonies  ;  least  of  all  was  violence  tolerated  in  the  temple, 
for  the  temple  was  regarded  as  the  dwelling  of  a  deity. 
Such  places,  therefore,  aflforded  protection  to  all  who  fled  to 
thttn  fioni  impcnding  blood-nevcnge  or  otlier  sources  of 
danger,     The  sacre^^Mft  alsa^H^  Binder  the  protection 


THE  AGE  OE  HEROES  ANO  GODS   341 

of  the  Community  ;  any  violation  of  it  brought  down  upon  tfae 
offender  the  vengeance  of  the  entire  group^  for  the  latter 
regarded  such  sacrilege  as  a  source  of  common  danger. 
Thus,  the  protection  of  the  sanctuary  came  to  be  a  legal 
right  even  at  a  time  when  retribution  for  the  crime  itself  was 
left  to  the  vengeance  of  individuals.  The  right  of  protection 
afforded  by  the  temple,  however,  was  sometimes  heid  to  exist 
also  in  the  case  of  the  dwellings  of  persons  of  distinguished 
power  and  esteem,  particularly  the  dwellings  of  the  chief  and 
of  the  priest.  Indeed,  prior  to  the  existence  of  public 
temples,  the  latter  were  doubtless  the  only  places  of  refuge. 
In  this  form,  the  beginnings  of  a  right  of  refug<e  date  back 
even  into  the  totemic  age.  At  that  early  time,  however,  the 
protection  was  apparently  due,  not  so  much  to  directly 
religious  factors,  as  to  the  personal  power  of  the  indi- 
vidual  who  afforded  the  refuge,  or  also,  particularly  in 
Polynesia,  to  the  *  taboo  *  with  whicK  the  upper  classes  were 
privileged  to  guard  their  property.  But,  since  the  taboo  was 
probably  itself  of  religious  origin,  and  since  the  medicine- 
man,  and  occasionally  also  the  chief,  could  utilize  demoniacal 
agencies  as  well  as  his  own  extemal  power,  even  the  very 
earliest  forms  of  refuge  were  of  the  general  nature  of 
religious  protection.  In  some  cases,  the  right  of  refuge 
eventually  became  extended  so  as  to  be  connected  not  only 
with  the  property  set  apart  for  the  chief  or  the  priest  but 
also  with  the  homes  of  inferior  men.  This,  however,  was 
a  relatively  late  phenomenon.  Its  origin  is  traceable  to 
the  cult  of  household  deities,  first  of  the  ancestral  spints 
who  guard  domestic  peace,  and  then  of  the  specific  protectn« 
deities  of  the  hearth  by  whom  the  ancestral  spirits 
supplanted.  As  a  rule,  it  was  noit  the  criminal  but  ds 
ing  stranger  who  sought  the  protection  of  the  hoiue.  -lie 
right  to  hospitality  thus  becamq  also  a  religiously  nncämei. 
right  to  protection.  The  guest  was  no  Icss  secos  a^a^^s- 
the  host  himself  than  against  all  others.  He  ^ipr  ± 
protection  afforded  by  the  house,  therefore,  A»nk  nrnci^' -"* 
be  interpreted  as  a  transference  of  the 
herent  in  sacred  precincts.     The  pr 


342        ELEMENTS  OF   FOLK    PSYCHOLOGY 


:hief  was  doubtless  the  beginning  of  what  in  its  oompkse 
ievelopment  came  to  be  household  right  in  general. 

The  divine  protection  afforded  by  the  sanctuary  obvkMislT 
3ffers  but  a  temporary  refuge  front  the  aven£per.  Tk 
Fugitive  again  encounters  the  dangers  of  blood-revenge  as 
30on  as  he  leaves  the  sacred  precincts,  Nevertheless,  tlie 
time  that  is  thus  made  to  elapse  between  the  act  and  its 
reprisal  tempers  the  passion  of  the  avenger^  and  affords  an 
^pportunity  for  negotiations  in  which  the  hostile  familics 
DT  clans  may  arrange  that  a  ransom  be  paid  in  satisfaction 
oi  the  crime  that  was  committed.  Moreover,  the  chief  or 
the  temple  priest  under  whose  protection  the  fugitive  places 
iiimself,  is  given  a  direct  opportunity  for  mediating  in  tbc 
capacity  of  an  arbitrating  judge,  and  later,  as  the  political 
power  gradually  acquires  greater  strength^  for  taking  the 
measures  of  retribution  into  his  own  hands.  Revenge,  thus, 
is  changed  into  punishment^  and  custom  is  displaced  by  the 
norm  of  law,  which  grows  up  out  of  repeated  decisions  in 
the  adjudication  of  similar  cases. 

Sojourn  in  a  place  of  refuge  resembles  imprison- 
ment  in  that  it  limits  personal  freedom.  One  might, 
therefore,  be  inclined  to  suppose  that,  through  a  further 
development  other  than  that  described  above,  the  sanctuary 
led  to  a  gradual  moderation  of  punishment  by  introducing 
the  practice  of  imprisonment.  Such  a  supposition,  however,  is 
not  borne  out  by  the  facts.  At  the  time  when  the  transition 
from  the  place  of  refuge  into  the  prison  might  have  taken 
place,  the  idea  of  reducing  the  death  penalty  to  the  depriva- 
tionof  freedom  was  still  remote.  The  value  which  the  heroic 
age  placed  on  the  life  of  the  individual  was  not  sufficiently 
high  to  induce  such  a  change,  and  the  enforcement  of  prison 
penalties  would,  under  the  existing  conditions,  have  appeared 
difficult  and  unccrtain.  Hence  imprisonment  was  a»  yct 
entirely  unknown  as  a  form  of  punishment.  Though  the  State 
had  suppressed  blood-revenge,  it  showed  no  less  an  inclination 
than  did  ancicnt  custom  to  requite  not  only  murder  but  even 
milder  crimes  with  death.  Indeed,  in^smuch  as  the  peace- 
ful  mode  of  setdemi  -adually  disappcared, 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   343 

it  might  be  truer  to  say  thät  the  relentlessness  of  the  State 
was  even  greater  than  that  of  blood-revenge.  The  oldest 
penal  codes  were  very  strongly  inclined  to  impose  death 
penalties.  That  the  famous  Draconian  laws  M  Athens 
became  proverbial  in  this  respect  was  due  merely  to  the  fact 
that  other  ancient  legal  codes,  though  not  infrequently  more 
severe,  were  still  unknown.  The  law  of  King  Hammurabi 
punished  by  death  any  one  who  stole  property  belonging  to 
the  court  or  the  temple,  or  even  to  one  of  the  king's 
captains  ;  the  innkeeper  whia  charged  her  guests  extor- 
tionate  prices  was  thrown  injo  the  water,  and  the  temple 
maiden  who  opened  a  wine-shop  was  bumed  to  death. 
iWhoever  acquired  possession  of  stolen  goods,  or  sheltered 
a  runaway  slave,  was  put  to  death],  etc.  For  every  crime 
that  was  judged  to  be  in  any  way  serious,  and  for  whose 
expiation  ä  money  ransom  was  not  adequate,  the  law  knew 
only  the  one  penalty,  death.  The  earliest  law  made  no  use 
of  custody  except  in  connection  with  civil  justice.  The  debtor 
was  confined  in  the  house  of  the  creditor.  This  simply 
enforced  the  pledge  involved  in  the  shaking  of  hands  at  the 
time  when  the  debt  was  contracted— an  act  by  which  the 
debtor  vowed  to  be  responsible  for  his  debt  with  his  own 
person. 

Tbe  confinement  of  the  debtor  was  at  first  a  matter 
that  was  left  to  individuals,  and  its  original  sanction  was 
custom  ;  later,  however,  it  came  under  the  supervision  of  the 
legal  System  of  the  State.  This  suggested  the  adoption  of 
confinement  in  connection  with  other  crimes^  in  which  the 
death  penalty  appeared  too  severe  a  punishment  and  the 
exaction  of  money  one  thät  was  too  Ught,  as  well,  primarily, 
as  too  dependent  upon  the  wealth  of  the  guilty  individual. 
Contributory  to  this  change,  was  a  practice  which,  similarly 
to  confinement,  was  also  originally  an  arrangement  between 
individuals,  and  was  rooted  in  custom.  I  rcfer  to  the  holding 
of  individuals  as  pledges,  to  the  hostage,  who  gave  security 
with  his  own  person  for  the  promise  et  another.  The 
hostage  is  of  the  nature  of  a  forfbit,  guanmteeing  in  advance 
the  fulfilment  of  thie  Obligation.    For  tkis  iwson  the  holdinf 


344         ELEMENTS  OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

of  hostages  came  to  be  practiscd  nor  merelr  m  tbe  csed 
property   contracts   but   in   connecdcxi    vhh   ererv  poBU 
(it)ligation  of  a  private  or  a  public  nature.    This  denktpa^ 
was  fiirthered  by  the  fact  that  bostages  came  to  be  keU 
in     tinics    of    war^    and,    as    a    resu!r,     irere    giren  ib 
lipon    tho    assumption    of    public    duties.      In    both   case^ 
riiHtody     rhangcd     from     a    private     arrang^ement    into  i 
puhlir  coiircrn.     This  change  ma'de  it  possible  for  a  jodge 
tu  iinposc  tlic  pcnalty  of  imprisonment  whenever  tbe  tnss- 
>'.icssi()ii  did  not  appcar  to  Warrant  death.      Imprisozundt 
1*1  a  prnalty  that  admits  of  no  fewer  degrees  than  doesa 
linr.  and   lias  thc  advantage  of  being  independent  of  th 
n  irlrvant  ('ircuinstancc  of  thc  wealth  of  the  one  who  is  coo* 
«h'nuicd.     Moroovcr,  the  restriction  of  arbitrary  deprivatkns 
of  rnM'doni  in  favour  of  custody  on  the  part  of  tfae  political 
power,    inakes    it    possible    to    hold   a   suspect   wfaose  case 
rr(|iiirrs  rxaniination  before  a  judicial  verdict  can  be  given. 
Thiis  arides   the   practice  of  confinement  duringf  investiga- 
tion,    an    incidenlal    form    of    legal    procedure    whicfa    is 
influenred    by,    and    in    turn    reacts   upon,    the    penalty  of 
imprisonment.      Such    confinement    makes    it    possible    to 
executc   the  penalty  of  imprisonment   in  the  case  of  thosc 
whom    investigation   shows   to   be   guilty.      But   this   is  not 
its  only  important  result.     It  also  leads  to  those  barbarous 
methods  which,  particularly  during  the  early  stages  of  this 
development,  are  connected  with  the  infliction  of  the  punish- 
ment    itself    as    well    as    with   the    preceding    inquisitorial 
activities.     The    public    administration    of    justice    is    still 
aflfected  by  the  passion  for  vcngeance  which  comes  down 
from  the  earlier  period  of  blood-revenge.     To  this  coarser 
sense  of  justice  a  merely  quantitative  gradation  of  punish- 
ment    is    not    satisfactory ;    the    punishment    must    rather 
be   made   to   correspond  qualitatively  with  the   crime  that 
has   been   committed.      Hence   the    many   different   modes 
of  prison  punishment— more  numerous  even  than  the  modes 
of  inflicting  the  death  penalty-and  of  the  means  of  torture, 
which  are  often  cor        -^  V  ^hsh  cunning.     These 

means  of  torture  '  '^  *«  inquisitional 


:  THE    ACE    OF    HEROES    AND     r.ojy-         .,|  - 

procedure  ;   thc  cndeavour  to  fort?  «  i '>•?«• '•..'.',  '^j  ;-f?i  Oi^f// 
to  become  more  severe,  and  'J.-i   -.  *j.r.    zks'.^x    ^ym  *h^ 
punishment  itself.     On  the  v.:.',>;^  •-,*  .•  ■-,i^^:     -r- ->:?*'/  '/# 
imprisonment  was  greaily  to  rei^.vr  ".^  C'^.'--   y^-*/  '^''* 
thus  to  contribute  to  more  humar.':  r:^«-.  -.o-i.  ".'   >'-'     '■"-"  * 
Nevertheless,    it   is   impossible   no:    "^   r^v.y-     •:    "-^*    "  ^ 
result   was   preceded    by   aa    increa.-..:.^   '.'-.•.    /        -   '•-    '^•" 
that    the   prisoner   was    u/ider    the   cor.Ty.    '-•        -     v-'' 
authority  for  a  longcr  period  of  tiiiiC  >:'!    •.  ^    '    -      >    '^    - 
of  the  means  of  punishment.     How  sIua;/.':,  hj,\,   v  i, 

say,  how  relatively  humane,  was  blood-rc^r-Z'--   '*     '  ' "^'  *' 
it  was  to  demand  life  for  life,  in  comparison    -.     r.     --*    y^^ 
law  of  the  Middle  Ages,  with  its  methods   o!    J'^-'   '^  '"''''^^ 

fession    by   means   of   the    rack   and    of    variO*-i-    .' 

physical  suffering  and  of  death  penalties  1  *    i  v 

The  same  is  true  of  a  further  change    '^^^^.^^^^^^^^^^ 
the  passing  of  blood-revenge  into  punishment.  \  -  ^ 

likewise  led  to  a  decidcd  restriction   of    tlic    cl  i.pj  .*/  . 

yet  it  also,  no  less  than  the  forcing  of  ^^^^^^^^^"^i^^.     ^j*^. 
upon  penal  justice  the  Stigma  of  systcina-tic    er         .    ^^^^ 
assumption    of    penal    power    on    the    part     ^     r    y.  .jj.^^ 
judiciary,   in  conjunction  with   ihe   possession       ^^^     ^ 
control  over  the  pcrson  and  life  of  the    rn^  ^ T[,  ^.^  - 
the  adoption  of  a  principle  which  long*  ^^^       .,  ,    ^:^^hs^< 
penal  justice.     This  principle  was   drastica    >  ^---  ^^^^ 
the  Priests'  Code  of  the  Israelites,  •*  Eye    »'^^    ]'[^.,^^   '^ 
tooth."     True,  this  /as  talionis  was    airc<*    . 
m  the  custom  of  blood-revengc,  and    y^ 
which    it   here   posscssed,    *  a    life    f o  r 
principle  of  just  retribution,  and  not  -    ifgaig 

by  hate  and  cruelty.     In  the  case  of    ^^^^^  ^  ^  ^    .    "''^ 
over,  the  emotions  of  rcvenge  wcrc  xti^^^ 


3^      <ii53tSi««:    «»'X- 


the    fact    that    considerations    of    P^^J^^^'l^  ^j^   ,  *. 

Requital  was  sought  for  the  loss   ^^^^^'^ 

through  the  death  of  onc  of  its  meixil>*=*^ 

might   be   satisfied  with  a  money    c< 

sionally,  with  the  adoption  either    of 

the  murderer,  or,  indeed,  even  o£  tbe 


346        ELEMENTS  OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

contrast  with  this,  even  the  most  severe  physical  injon 
so  long  as  they  did  not  result  in  death,   were  orij^ 
always  left  to  the  retaliation  of  the  individua).     This  letafr 
tion  was  sought  either  in  direct  combat^  ot,  in  the  herokip 
proper,  in  a  duel  conducted  in  accordance  with  regulaä» 
of  custom.   All  this  is  changed  as  soon  as  the  State  aboli^ 
blood-revenge  and  assumes  Jurisdiction  over  cases  of  muxder. 
In  the  event  of  personal  injuries,  the  judge  determines  die 
sentence,   particularly  if  the  individual  is    unable  for  anj 
reason  to  secure  retaliation— having  been  rendered  helpkss, 
for  example,  through  his  injury,  or  being  prevented  by  tk 
fact    of    class    diflferences.     Under    such    circumstances  h 
is    but    natural    that    the    principle,    *  a    life    for    a  fife/ 
which  has   been  borrowed  from  the  Institution   of  blood- 
revenge    and    has    been    applied    to    the    punishment  far 
murder,    should    be    developed    into    a   Scale    of    physica] 
punishment  representing  the  more  general  principle  •likc 
for  like.'     He  who  has  destroyed  the  eye  of  another,  must 
lose   his   own   eye  ;   whoever   has  disabled   another's  arm, 
must  have  his  arm  cut  off,  etc.     Other  injuries  then  camc 
to  be  similarly  punished,  even  those  of  a  moral  character 
to    which    the    principle  "eye    for   eye,    tooth    for   tooth" 
is    not    directly    applicable.     The    band    which    has    been 
implicated   in   an   act   of   sacrilege,   such   as   the   commis- 
sion  of  perjury,  is  to  be  cut  off  ;    the  tongue  which  has 
slandered,  must  be  torn  out.    Originally,  the  death  penalty 
was  employed  all  too  freely.     Hence  this  Substitution  of  a 
physical  punishment  which  spared  the  life  of  the  offender 
was  doubtless  in  the  direction  of  moderation.     But^  since 
this  Substitution  gave  rise  to  cruelties  that  resulted  in  the 
infliction  of  various  sorts  of  death  penalties,  preceded  and 
accompanied  by  tortures,  its  original  effect  became  reversed, 
just  as  in  the  case  of  imprisonment.     Moreover,  the  two 
forms    of    punishment— imprisonment    and    death— and    the 
degree  to  which  these  were  carried  to  excess  differed  accord- 
ing  to  civilization  and  race.     The  /as  talionis  was  the  older 
principle  of  punishment.     It  is  more  dosely  bound  up  with 
man's  natural  Impulse  for  '      ''tion,  and  therefore  recurs 


'X 

i: 

iii: 
is 

9. 

a 
ü 


r£  THE    AGE    OF.    HEROES    AND,    GODS       347 

eveh  within  humane  dvilizations,  sometimes  merely  in 
BUggestions  but  sometimes  in  occasional  relapses  which  are 
of  a  more  serious  sort  and  are  due  to  the  passion  for  revenge. 
In  fundamental  contrast  with  the  Mosaic  law^  Christianity 
repudiated  the  requital  of  like  with  like.  Perhaps  it  was  the 
fear  of  violating  its  own  principle  that  led  it,  in  its  later 
development,  to  seek  in  the  cruelties  of  severe  prison 
penalties  a  Substitute  for  the  repressed  impulse  to  revenge 
which  comes  to  expression  in  coarser  conceptions  of 
justice.  Nevertheless^  this  Substitution  was  superior  to 
the  inflexible  severity  of  the  jus  talionis  in  that  it 
more  eflfectively  enabled  milder  customs  to  influence  the 
judicial  conscience. 

But  tbere  is  still  another  respect  in  which  the  recedence 
of  the  principle  of  retaliation  gradually  led  to  an  advancc 
beyond  the  legal  conceptions  characteristic  of  the  heroic  age. 
The  command  for  strict  retribution  takes  into  ccxisideration 
merely  the  objective  injury  in  which  a  deed  results  ; 
to  it,  it  is  immaterial  whether  a  person  destroys  another's 
eye  accidentally  or  intentionally.  The  same  injury  that 
he  has  caused  must  befall  him.  Whoever  kilb  a  man 
must,  according  to  the  law  of  Hammurabi,  himself 
suffer  death ;  if  he  kills  2L  woman,  he  is  to  be  punished 
by  the  death  of  his  daughter.  If  a  house  coUapses, 
the  builder  who  constructed  it  must  suffer  death.  For  a 
successful  Operation,  the  physician  receives  a  compensation  ; 
if  the  Operation  falls,  the  hand  that  has  performed  it  is 
cut  off.  The  same  law  determines  both  reward  and  pimish- 
ment.  Moreover,  it  includes  within  its  scope  even  intellectual 
and  moral  transgressions.  The  judge  who  commits  an  error 
is  to  be  dismissed  from  office  in  disgrace  ;  the  Qwner  who 
neglects  his  field  is  to  be  deprived  of  it« 


lo.  The  Differentiation  of  Legal  FüHCnoKs. 

The  direct  Impetus  to  ovcrcoming  the  dcfeds  tka:  -»--r» 
inherent  in  penal  justice  as  a  result  of  it»  hsrinf  cci2'.ra-i--L 
in  the  conflictt  of  individuals«  did  not  camm  free  a  :-* 


E  THE    AGE    ÖF.    HEROES    AND   GODS       349 

^fficialdom,   orgänized  on  fixed  principles  and  possessing 
'wircfully    defincd    public    priviteg«s.     The    people    of  the 
«State,  on  the  other  hand^  are  divided  into  definite  classes 
''m  the  basis  of  the  duties  demanded  of  theiti  as  well  as  of 
>the  rights  connected  with  these  duties.     Thiese  articulations 
iOf  political  Society,   which  determine   the  Organization  of 
the  army,  the  mode  of  taxation,  and  the  right  of  participa- 
tion  in  the  government  of  the  State,  develop,  as  we  have 
already  seen,  out  of  totemic  tribal  Organization,  as  a  result 
of  the  external  conditions  attendant  upon  the  mig^ations 
and  wars  connected  with  the  rise  of  States.     But  they  also 
cxhibit   throughout   the   traces   of    Statutes   expressing  the 
will  and  recording  the  decisions  of  individual  rulers,  though 
even  here,  of  course,  universal  human  motives  are  decisive. 
After  the  political  powers  of  the  State  have  been  divided 
and  have  been  delegated  to  particular  officials  and  official 
Colleges,  and  after  political  rights  have  been  apportioned 
to    the   various   cla:sses   of   society,  the   next   Step  consists 
in    rendering    the    Organization    of    the    State    secure    by 
means    of   a    Constitution    regulating    the    entire    political 
System.     In  the  shaping  of  the  Constitution,  it  cannot  be 
denied   that  individual  legislators  or  legislative  assemblies 
played   ä   significant    röle.     Nevertheless,    it    must   be    re- 
membered  that  it  is  solely  as  respects  the  form  of  State 
Organization  that  the  final  and  most  comprehensive  I^al 
creation  appears  to  be  predominantly  the  result  of^  the^  will 
acts  of  individuals.     The  content  of  the  Constitution  is  m 
every  respect  a  product  of  history  ;   it  is  determincd  bjr  om- 
ditions  which,  in  the  last  analysis,  depend  upon  the  general 
culture    of   a    nation    and    upon    its    relations  with  oihcr 
peoples.     These  conditions,  however,  are  so  compkx  that, 
though  every  form  of  Constitution  and  all  its  modifications 
may  be  regarded  as  absolutely  involved  in  die  causal  ncxus 
of  historical  life,  the  endless  diversity  of  paitimbr  amditioas 
precludes  Constitutions  from  being  dassifiable  according  to 
any  universal  principle.    Constitutions  can  aC  most  be  classa- 
fied  on  the  basis  of  certain  analogies.    Tte  most  influens»^ 
attempt  at  a  genetic  Classification  of  tfcc  various  historir 


r ,,,.?'■,?''"'"«   "'«•  /cul     .  ^^  'Potent  a 


-=      THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   353 

3the  second  view,  on  the  contrary,  assume  an  upward  or 
•"progressive  tendency.  If  demons,  fetishes^  and  the  animal 
r  or  human  ancestors  worshipped  in  cult  antedate  gods^  the 
:  latter  must  have  developed  from  the  former.  Thus,  the 
:  views  concerning  the  origin  of  gods  may  be  classified  as 
z  theories  of  degeneraiion  and  theories  of  development. 

But  the  theories  of  degencration  themselves  fall  into  two 
:  classes.  The  one  upholds  an  original  monotheism,  the  basis 
of  which  is  claimed  to  be  either  an  innate  idea  of  God  or  a 
revelation  made  to  all  mankind.  Obviously  this  assumption 
is  itself  more  nearly  a  belief  than  a  scientific  hypothesis.  As 
a  belief,  it  may  be  accounted  for  in  terms  of  a  certain  religious 
need.  This  explains  how  it  happens  that,  in  spite  of  the 
multiplication  of  contradictory  facts,  the  theory  has  been 
repeatedly  urged  in  comparatively  recent  times.  Only  a 
Short  time  ago,  even  a  distinguished  ethnologist,  Wilhelm 
Schmidt,  attempted  to  prove  that  such  an  original  mono- 
theism was  without  doubt  a  dominant  beHef  among 
the  so-called  Pyg^mies,  who  must,  in  general,  be  classed 
with  primitive  peoples.  The  argument  adduced  in  support 
of  this  view,  however,  unquestionably  lacks  the  critical 
caution  otherwise  characteristic  of  this  invcstigator.  One 
cannot  escape  the  conviction  that,  in  this  casc,  personal 
religious  needs  influenced  the  ethnological  views,  even 
though  one  may  well  doubt  whether  the  degencration  theory 
is  a  theory  that  is  suited  to  satisfy  such  needs.«  The  second 
class  of  theories  adopts  the  view  that  the  basis  of  all  rcligicras 
development  was  not  monotheism  but  primitive  poljrthcism- 
This  polytheism  is  supposed  to  have  originated,  at  a  rery 
carly  age,  in  the  impression  made  by  the  starry  «avcns, 
particularly  by  the  great  heavenly  bodies,  the  siin  and  the 
moon.  ^  Here  for  the  first  time,  it  is  maintaincd,  man  -«-a? 
confronted  by  a  world  far  transcending  his  o«i  rcarn  cf 
sense  perception  ;  because  of  the  multiplicity  crf  die  sacr.v-rs 
that  were  operative,  it  was  not  the  idea  of  ooc  ddrj  bi:  -_ir- 
belief  in  many  deities  that  was  evoked.  In  ^rrfn^i  ■?  '-^r- 
trast  with  the  preceding  view,  this  class  of  tfc^'*"  *"  r^r-"^^^^ 

'  Concerning  this  allcgcd  monotheism  among  ] 
pp.  78  f. 

24 


'^^^«MVl^MBi 


T 


354        ELEMENTS   OF.   FOLK    PSYCHOLOGY 

all  further  development  as  upward.      Monotheism  is  kü 
to  be  a  refined  religious  product  of  earlier  polytheistic  co> 
ceptions.     In  so  far,  the  hypothesis   represents  a  transitkc 
to   developmental  theories  proper.      It    cannot  be  countei 
among  the  latter,  however,  for  it  holds  to   the  origioalrr  ; 
of   the  god-idea,   believing  that   this   conception,  which  b  ^ 
essential    to    all    religion,    was    not    itself    the    product  i 
development,    but    formed    an    original    element   of  maus 
natural  endowment.     Moreover,  the  theory  attaches  a  dis- 
proportionate  significance  to  the  transition  f rom  many  go(b 
to  a  Single  god.     It  is  doubtfui,  to  say  the  least,  wheihc 
the  intrinsic  value  of  the  god-idea  may  be  measured  merdy 
in  terms  of  this  numerical  Standard.     Furthermore,  the  fact 
is  undeniable  that  philosophy  alone  really  exhibits  an  abso- 
lute monotheism.     A  pure  monotheistic  belief  probably  ne\'er 
e.\isted   in   the   religion   of  any  people,   not   even   in  that 
of    the    Israelites,    whose    national    deity,    Jahve,    was  not 
at  all  the  sole  god  in  the  sense  of  a  strict  monotheism. 
When  the  Decalogue  says,  **  Thou  shalt  have  no  other  gods 
before  me,"  this  does  not  deny  the  existence  of  g-ods  other 
than     Jahvc,     but     merely    prohibits     the    Israelites    from 
worshipping  any  other  deity.     These  other  gods,  however, 
are    the    national    gods    of    other   peoples.     Not    only   do 
these    other    tribal    gods    exist    alongside    of    Jahve,    but 
the    patriarchal    sagas    centre    about    individuals    that    re- 
semble   now  demonic  and  now  divine  beings.       The  most 
remarkablc    of    these    figurcs    is    Jacob.     In    the    account 
of   his   Personality   there   seem    to   be   mingled   legends   of 
differing   origin,   dating  from  a   time  probably  far   earlier 
than  the  developed  Jahve  cult.     The  scene  with  his  father- 
in-law,  Laban,  represents  him  as  a  sort  of  crafty  märchen- 
hero.      He  cheats  Laban  through  his  knowledge  of  magic, 
gaining   for   himself   the   choicest   of  the  young  lambs    by 
constructing   the   watcring   troughs   of  half-peeled   rods    of 
wood—* a    striking    example    of    so-called    imitative    magic. 
On  the  other  band,   Jacob   is  portrayed  as  the  hero  who 
rolls    from    the    well's    mouth    the    stone    which    all    the 
servants  of  Laban  could  not  movc.     And  finally,  when  he 


~"  THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       361 

icw,    namely,    that    the    gods    devcloped    out    of    lower 
— jrms    of    mythological    thought.     Here    there    are    two 
--^istinct    interpretations.     The    first    and    the    older  is    the 
— iticesior    iheory.     This    represents    a    particular    form    of 
Lnimism,  for  the  soul  of  the  ancestor  is  thought  to  become 
i  god.     The  worship  of  the  god,  therefore,  is  held  to  havc 
jeen    originally    a    revcrence    paid    to   the   ancestor.     The 
main  evidence  for  this  view  is  found  in  the  ancestor  worship 
which  is  actually  being  practised,  among  many  peoples,  even 
at  the  present  time.     Prior  to  the  Jahve  religion,  such  a 
cult  is  supposed  to  have  prevailed  even  among  the  IsraeUtes. 
Do  not  the  patriarchs  Abraham,  Isaac,  and  Jacob  appear 
as  the  ancestors  of  the  later  tribes  of  Israel?    More  signifi- 
cant   still   are   the  ancestor   cuhs   that   have    prevailed  m 
China  and  Japan  since  very  ancient  times.     It  should  be 
remembered,  however,  that  these  cults,  wherever  they  occur, 
represent  bat  more  or  less  prominent  Clements  of  more  ex- 
tensive mythological  and  religious  conceptions.      Hence  the 
ancestor  theory,  also,  is  an  arbitrary  construction  based  on 
a  presupposition  which  is  in  itself  very  improbable,  name  y, 
that  all  mythology  and  religion  must  evcntually  be  traceable 
to  a  Single  source.     The  contention,   for    exaniple,  ^^^^^.^^ 
Zeus  or  a  Jahve  was  a  human  ancestor  elevated  mto  a    ei  y 
1      .        .  .  1     1  ;»^cr   tUe  conrirma- 

is  a  completely  arbitrary  supposition,  lacKing   ^"'^ 

tion  of  empirical  facts.  ,  ^  . 

T--     11       ,  t        f  i«-^i*    like  the  ancestor 

Fmally,  there  is  another  theory  wnicn,  ^*«^^  bön^s 

hypothesis,    seeks    to   derive   gods,    or    at    l«f  ^^,  .      m^C 
generally   regarded  as  gods,   from   more    ^^^^^^?^  . 
logical    ideas.     This    theory,    which     was     'jX^deS 
Hermann  Usener,  the  most  prominent  ^^^Tf?*!^,^—^        .  , 
of    religion    among    recent     classical     ^     ^TL^^^^^^' 
perhaps  be  referred  to,   in  distinction    from  »      ^    ^--^ 
ancestor    hypothesis,   as   the    dentort    ^*f^  fcnwSfe?^'^^ 
of    gods.     Usener    agrees    with     the     "^  ^^'^  ^"^^    '^ 
assuming    that    the    exalted     celestial       ^^    ^^^^      ^cc 
the    first    of    the    higher    beings     ^^^  ^V  ^7*^  ^:S.   ^ 


worshipped  in  a  cult,  but  that  there  ^"^^^     J"^^     ^ 
porary    gods.     Though   these    xomOf    •^••■^    ^^*^^    i 


Kj      THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   363 

p.fact,  these  *  particular  gods '  are  only  objectified  emotions  of 
jjfear  and  terror.     Spirits,  in  the  sense  of  magical  agents  of 
^•disease  conceived  as  invisible  beings,  or  occasionally  imaged 
j^in    the    form    of    fantastic    though    ever-changing    animal 
^shapes^  are  not  gods,  but  demons.     The  same  holds  true 
:^.of   the   multitude   of   nature    demons   that   infest   field  and 
*  forest  and  the  vicinity  of  streams  and  gorges.     Wherever 
"■  myth  has  given  these  spirits  definite  forms,  they  reveal  no 
^  evidence  of  traits  such  as  would  constitute  them  individual 
personahties.     This,  of  course,  does  not  imply  that  there  are 
no  cases  at  all  in  which  the  indeterminate  traits  ascribed  to 
them  are  so  combined  as  to  result  in  individual  beings.   When 
this  occurs,  however,  we  have  already  transcended  the  stage 
of  so-called  '  particular  gods.'    Such  beings  as  the  Greek 
Pan  or  the  Germanic  Hei  must  already  be  classed  with  gods 
proper,  even  though  they  exhibit  traits  indicative  of  a  demoni- 
acal  past ;  for  the  narrowness  of  character  which  they  mani- 
fest results  from  the  fact  that  they  originated  directly  in  a 
particular  emotion.    Surely,  therefore,  the  decisive  emphasis 
in  the  case  of  deity  ideas  in  general  must  be  plaoed  on  the 
attribute  of  personality.     Gods  are  personal  beings,  whose 
characters  reflect  the  peculiarity  of  the  people  who  have 
created  them.    We  see  in  the  god  Jahve  of  the  Israelites  the 
dear-cut  lines  of  the  stern  god  who  threatens  the  disobedient, 
but  who  also  rewards  the  faithful.  More  impressive  still  is  the 
uniqueness  of  personality  in  those  cases  in  which  a  multiplicity 
of  gods  causes  the  development  of  diverse  and  partly  opposed 
characteristics  in  the  various  gods.     How  individual  are  the 
gods  of  the  Greeks  with  respect  to  one  another.  1    Under  the 
influence  of  poetry  every  god  has  here  become  a  clearly 
dcfined  personality,  whose  individuality  was  fixed  by  forma- 
tive  art.     Thus,   the  error  of  the  demon  theory  or,  as  it 
might  also  be  called,  the  three-stage  theory,  lies  in  the  fact 
that  it  effaces  the  essential  distinctions  between  god  and 
demon,  reUining  as  the  chief  characteristic  of  the  multi- 
tude of  resulting  deity-conceptions  only  the  most  external 
quality,  that  of  permanence.     For  the  *  god  of  a  moment ' 
^  characterized  merely  by  bis  extreme  transitoriness  ;     " 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   365 

-.ife    without    death    and    without    sickness.       There    then 

-ievclops,    though    doubtless   gradually,    the    idea   of   some- 

thing   even   more   pcrfect   than   is   involved  in  this  merely 

Negative  conception  of  immortal  and  painless  existence.    But 

at    this    point    ideas    begin    to   differ,    so   that,   in    reality, 

the    most    universal    characteristics    of   the   gods    are    that 

thcy  know  neither  death  nor  sickness.       There  are  occa- 

^sional  exceptions,   however,   just  as  there  are  with  respect 

:to  the  supra-mundane  place  of  abode.     The  Greek  as  well 

as  the  Germanic  deity  sagas  represent  the  gods  as  possessing 

a  particular  food  and  a  parlicular  drink,  an  idea  connected 

with  that  of  the  anthropomorphic  nature  of  these  gods.    The 

Germanic  gods,  especially,  are  described  as  capable  of  main- 

taining  their  perfect  life  only  by  far  exceeding  the  human 

measure  of  food  and  drink.     This,  however,  is  but  a  sub- 

Ordinate  feature.     More  important  is  the  fact  that  if,  by 

any  unfortimate  circumstance,  food  and  drink  are  lacking, 

the  gods  waste  away  and  meet  the  universal  lot  of  human 

existence — death.    But,  even  apart  from  this  connection,  the 

Germanic  sagas,  or  at  any  rate  the  poetry  inspired  by  them, 

teil  of  a  decline  of  gods  and  of  the  rise  of  a  new  divine 

hierarcfay.     It  is  not  to  be  assumed,  of  course,  that  this 

represents  an  original  element  in  Germanic  mythology.    All 

records  of  Germanic  deity  sagas,  as  we  know,  date  from 

Christian  times.    Even  though  the  ancient  skalds,  as  well  as 

tlioae  historians  who  regarded  the  saga  as  a  bit  of  actual 

history,  may  have  made  every  effort  to  preserve  for  posterity 

tbe  memory  of  this  departed  world,  they  could,  nevertheless, 

hardly  have  avoided  mingling  certain  Christian  ideas  with 

tradition.     In   view   of   the   actual    decline  of   the   former 

gods,  the  thought  of  a  Götterdämmerung,  in  particular,  must 

almost  inevitably  have  forced  itself  upon  them.    At  any  rate, 

inasmuch  as  this  particular  conception  represents  the  gods  as 

subject  to  death,  it  contains  an  element  that  is  bound  up 

with  the  anthropomorphic  nature  of  the  divine  beings,  though 

''^.    of    course,    is    irreconcilable    with    the    immortality 

'V  conceded  to  them.     We  are  thus  brought  to  the 

.|H>rtant  characteristic  of  gods,  which  is  connected 


366        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGV 

with  this  very  fact  of  their  similarity  to  man.  The  god  is 
a  Personality  ;  he  has  a  specific  personal  character,  which 
gives  direction  to  his  will  and  leads  him  to  send  blessings 
or  misfortunes  to  mortals.  These  purely  human  charac- 
teristics^  however,  he  possesses  in  an  exalted  and  complete 
measure.  His  will-acts,  as  well  as  the  emotion  from  which 
they  spring  and  the  insight  by  which  they  are  guided^  are 
superhuman  in  power.  But  this  power  is  not  equivalent  to 
omnipotence.  This  it  cannot  be  by  very  reason  of  the 
multi[Hicity  of  gods,  each  of  whom  has  a  particular  sphere 
of  activity.  Frequently,  moreover,  omnipotence  is  rendered 
impossible  by  the  idea— likewise  carried  over  from  the 
terrestrial  to  the  supermundane  world— of  a  desiinj 
an  impersonal  power  behind  the  wills  of  gods  no  less 
than  those  of  men.  This  is  a  conception  which  deity, 
beliefs  inherit  from  the  earlier  demon  beliefs.  True,  poly- 
theistic  myth  itself  takes  a  step  in  the  direction  of 
transcending  this  limitation  when  it  here  also  transfers  the 
conditions  of  the  human  order  to  the  divine  world,  and 
creates  for  the  latter  a  monarch,  a  supreme  deity  ruiing 
over  gods  and  men.  But  this  very  projection  of  human 
relations  into  the  divine  realm  prevents  the  chief  deity  from 
being  an  unlimited  ruler.  On  the  one  hand,  he  shares 
authority  with  a  deliberative  assembly  consisting  of  the 
remaining  gods  ;  on  the  other  band,  even  behind  him  there 
lurk  those  demoniacal  powers  which,  to  a  certain  extent, 
continued  to  assert  themselves  even  after  they  had  been 
superseded  by  the  gods.  For  here  also  it  holds  true  that 
whatever  lives  in  folk-belief  must  retain  a  foundation  in 
myth.  The  advent  of  gods  nowhere  led  to  the  complete 
banishment  of  demons.  What  occurred  was  that,  due  to 
the  power  of  the  gods,  certain  of  the  demons  likewise 
developed  into  mighty  forces  of  destiny,  though  continuing 
to  remain  impersonal. 

Thus,  the  god  possesses  three  characteristics  :  a  special 
dwelling-place,  immortality,  and  a  superhuman,  though  at 
the  same  time  a  human,  personality.  Leaving  out  of  regard 
the  tribute  exacted  even  of  ^^^  ^fods  by  the  last-mentioned 


-   THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   367 

of  these  characteristics,  human  nature,  we  have  before  us 
the  marks  which  distinguish  tbe  god  both  from  the  demon 
and  from  the  hero.  The  demon,  however  powerful  he  may 
be,  lacks  the  attribute  of  personality ;  the  hero,  as 
thoroughly  human,  shares  the  universal  lot  of  man  as  regards 
dwelling-place,  length  of  life,  and  liability  to  sickness  and 
death.  This  places  the  god  midway  between  the  demon 
and  the  hero,  though,  of  course,  by  combining  the  attributes 
of  both,  he  is  really  exalted  above  them.  The  demon,  in 
the  sense  in  which  the  Greeks  employed  this  term,  is  a 
fundamental  element  in  the  development  of  all  mythologies. 
There  can  be  no  doubt,  moreover,  that  demons  appeared 
far  earlier  than  gods,  if  we  exciude  from  among  the  latter 
those  indefinite  and  transitory  personifications  of  natural 
phenomena  that  have  wrongly  been  classed  with  them*— 
such  personifications  as  those  of  rocks,  hills,  clouds,  stars, 
etc.,  which  were  widely  current  even  among  peoples  of 
nature.  According  to  a  belief  which  has  not  entirely  dis- 
appeared  even  among  cultural  peoples,  the  soul  teaves  the 
corpse  in  the  form  of  a  demon  ;  the  wandering  ghost  is  a 
demon  ;  demons  dwell  in  the  depths,  in  the  neighbourhood 
of  streams,  in  solitary  ravines,  in  forests  and  fields,  upon 
and  beneath  the  earth.  They  are  usually  threatening,  though 
sometimes  beneficent,  powcrs.  In  every  instance,  however, 
they  are  absolutely  impersonal  embodiments  of  the  emotions 
of  fear  and  hope,  and  it  is  these  emotions,  under  the  assimi- 
lative  influences  of  impressions  of  extemal  nature,  that  have 
given  rise  to  them.  Thus,  demons  are  usually  mimdane 
beings,  or,  at  any  rate,  have  their  abode  near  the  surface  of 
the  earth  ;  with  few  exceptions,  the  most  distant  realm  which 
they  occupy  is  that  of  the  clouds,  particularly  the  dark  rain 
and  thunder  clouds.  True,  the  heavenly  bodies  may  mani- 
fest demoniacal  powers,  just  as  may  also  the  gods.  As  a 
rule,  however,  celestial  phenomena  are  far  from  belonging 
to  the  class  of  demons  proper  ;  they  are  too  constant  and  too 
regulär  in  their  changes  and  movements  to  be  thus  included. 
The  activity  of  demons  relates  exclusively  to  the  welfarc  of 
man.  Hence  it  is  but  natural  that  donons  shouki  be  primarily 


368         ELEMENTS   OF    FOLK   PSYCHOLOGY 

man's  co-inhabitants  on  earth.  Usually  invisible,  they  assume 
sensuously  perceptible  forms  only  in  the  darkness  of  night, 
or»  more  especially^  under  the  influenae  of  heightened 
emotions.  Sometimes  they  are  audible  even  when  invisibk. 
Only  in  those  narratives  which  teil  of  demoniacal  beings 
that  are  not  immediately  present  do  demons  acquire  fairly 
definite  forms.  Thus,  even  soul  belief s— which  the  fear  of 
the  uncanny  activity  of  the  departed  soul  transforms  directly 
into  a  sort  of  demon  belief— represent  the  soul  in  the  form 
of  a  bird,  a  snake,  or  of  other  specific  *  soul  animals.*  The 
demons  of  sickness  lurking  within  the  diseased  body  are 
usually  portrayed  as  fantastic  animals,  whose  monstrous 
forms  reflect  the  terrible  distress  and  the  torturing  pains 
of  sickness.  These  animals  hinder  respiration  and  bore 
into  and  lacerate  the  intestines.  Thus,  they  objectify  botb 
the  pain  of  the  sickness  and  the  fear  aroused  in  the  Com- 
munity by  the  behaviour  of  the  sick  person.  No  less,  how- 
ever,  can  the  Impression  of  the  desert,  the  dark  forest,  the 
lonely  ravine,  or  the  terror  of  an  approaching  storm  cause 
demons,  which  are  in  first  instance  invisible,  to  assume 
definite  shapes.  Where  there  is  a  more  highly  developed 
sense  of  nature,  such  as  begins  to  manifest  itself  in  the 
heroic  age,  this  objectification  of  impressions  occurs  not 
only  under  the  influence  of  strong  excitement  but  also  in 
connection  with  the  peaceful  landscape.  Here  it  gives  rise 
to  more  friendly  beings,  in  the  case  of  whom  those  charac- 
teristics,  at  least,  which  made  the  original  demon  an  object 
of  terror,  are  moderated  so  as  to  find  expression  in  niagic  of 
a  playful  sort.  This  is  the  origin  of  satyrs,  sylphs  and  fauns, 
of  gnomes,  giants  and  dwarfs,  elves,  fairies,  etc.,  all  of  whom 
are  debarred  from  personality  by  their  very  multiplicity,  white 
their  generic  character  accurately  reflects  the  mood  which 
led  to  their  creation.  The  individualization  of  certain  of 
these  beings  is,  in  general,  due  to  poetry.  But  even  poetry 
does  not  entirely  succeed  in  freeing  the  demon  from  the 
generic  character  which  once  for  all  represents  its  nature. 
Thus,  it  is  the  contrast  between  genericalness  and  individual 
personality   that   differeotiates   the   demon   from   the   god. 


THE    AGE    OF    HEROES    ANß   GODS       369 

Every  gnome  resembles  every  other,  and  all  nymphs  are 
alike ;  hence  these  beings  are  geaerally  referred  to  in  the 
plural.  Their  multiplicity  is  such  that  they  are  imaged  in 
only  indefinite  torms,  except  in  cases  where  particularly 
strong  emotions  excite  a  more  lively  Imagination.  Indeed, 
they  may  be  present  to  consciousness  solely  as  a  peoüiar 
feeling  associated  with  particular  places  or  occasions, 
such  as  is  the  case  with  the  Lares^  Manes,  and  Penates 
of  the  Romans,  and  with  the  similar  guardian  spirits 
of  the  house  and  the  field  common  among  many  peoples. 
Some  of  these  guardian  spirits  are  not  very.  unlike  the 
ancestors  of  cult.  But  this  only  indicates  that  the 
ancestor  worshipped  in  cult  also  approximates  to  the  demon, 
acquiring  ä  more  personal  character  only  in  occasional 
instances  in  which  memory  has  preserved  with  consider- 
able  faithfulness  the  traits  of  a  particularly  illustrious 
ancestor.  Here,  then,  we  have  the  condition  underlying 
the  origin  of  gods.  Gods  are  universally  the  result  of 
a  Union  of  demoniacal  and  heroic  elements.  The  god  is 
at  once  demon  and  hero  ;  since,  however,  the  demoniacal 
element  in  him  magnifies  his  heroic  attributes  into  the  super- 
human, and  since  the  personal  character  which  he  borrows 
from  the  hero  supersedes  the  indefinite  and  impersonal  nature 
of  the  demon,  he  is  exalted  above  them  both :  the  god 
himself  is  neither  hero  nor  demon,  because  he  combines  in 
himself  the  attributes  of  both,  in  an  ideally  magnified  form. 
The  resemblance  of  demons  to  gods  is  due  primarily  to 
the  magic  power  which  they  exert.  The  demons  of  sick- 
ness  torture  and  destroy  men  ;  the  cloud  demons  bring  rain 
and  blessing  to  the  fields,  or  plot  ruin  when  rain  does  not 
relieve  the  drought  of  the  buming  sun.  By  means  of  magic 
incantations  and  ceremonies,  these  demons  can  be  won  over, 
or,  when  angry,  reconciled.  Their  own  activity,  therefore, 
is  magical,  and,  as  regards  the  effects  that  it  produces, 
superhuman.  In  their  fleeting  and  impersonal  character, 
however,  they  are  subhuman.  Since  the  dominant  emotions 
that  call  them  into  being  are  fear  and  terror,  they  are 
generally  regarded  as  enemies  not  only  of  man  but  even  of 

25 


370        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

the  gods.  The  struggle  between  gods  and  nature-demoDs  is 
a  recurrent  theme  in  the  cosmogonies  of  all  cultura]  peopks. 
This  hostility  between  demons  and  gods  is  connected  wiA 
the  contrast  in  the  feelings  evoked  by  darkness  and  radiaot 
brightness.  Hence  the  mighty  nature-demons  are,  as  a 
rule,  consigned  to  gloomy  abysses,  from  which  they  risc 
to  the  sky  only  occasionally;^  as,  for  example,  in  the  case 
of  thunder-clouds.  The  abode  of  the  gods,  however,  is  in 
the  bright  celestial  realms,  and  they  themselves  aie 
radiant  beings  upon  whose  activity  the  harmonious  order 
of  nature  and  the  happiness  of  mankind  are  dependeat 
In  the  strife  which  the  demons  carry,  on  with  gods, 
they  occasionally  develop  into  counter-gods,  as  occuned 
in  the  case  of  the  Persian  Ahriman  and  the  Jewisb-Christian 
Satan.  Yet  it  is  significant  of  the  almost  insuperable  lade 
of  Personality  characteristic  of  the  demon,  that  even  diese 
cotmter-gods  of  darkness  and  evil  are  wanting  in  wie  trai 
which  is  indispensable  for  a  completely  developed  personality 
— namely,  changes  in  motives  and  the  capacity  to  determine 
at  will  the  nature  of  these  changes.  Herein,  again,  is 
reflected  the  fact  that  the  demon  has  but  a  Single  souroe— 
namely,  fear. 

Very  different  from  the  relation  of  the  god  to  the  demon 
is  his  relation  to  the  hero.  The  hero,  to  a  greater  eztent 
even  than  the  god,  is  the  complete  opposite  of  the  demon. 
For  the  hero  is  an  idealized  man.  He  is  subject  to  all 
human  destinies,  to  sickness  and  death,  to  afflictions  of  the 
soul,  and  to  violent  passions.  Yet  in  all  these  instances  the 
experiences  are  of  a  more  exalted  nature  than  in  the  case  of 
ordinary  human  life.  The  life  as  well  as  the  death  of  the 
hero  are  of  wide  import ;  the  effects  of  his  deeds  extend 
to  distant  lands  and  ages.  But  it  is  just  because  the  hero 
is  the  ideal  man  himself  that  he  possesses  all  the  more 
markedly  the  attribute  which  the  demon  lacks— namely, 
Personality.  This,  of  course,  does  not  prevent  his  character 
from  exhibiting  generic  differences  and  antitheses.  3ut 
herein  also  the  hero  is  only  the  idealized  counterpart  of 
man»  for,  despite  all  its  uniqueness  aijid  individuality,  man's 


THE  AGE  OE  HEROES  AND  GODS   371 

character  usu^Uy  conforms  to  certaia  types.  Thus,  legend 
introduces  the  strong,  all-conquering  hero,  and,  in  contrast 
with  him,  the  hero  who  is  resourceful  and  overcomes  his 
enemies  through  subtle  cnnning.  It  teils  of  the  aged  man, 
superior  in  wisdom  and  experience,  and  also  of  him  who, 
in  the  iinbroken  strength  of  youth  and  with  stormy  passion, 
overthrows  all  opponents.  It  further  portrays  the  hero  who 
plots  evil,  but  who  is  nevertheless  characterized  by  a 
sharply  defined  personality. 

When  we  survey  these  varions  heroic  figures  in  both 
their  generic  and  their  individual  aspects  and  compare 
them  with  the  god-personalities,  we  are  Struck  by,  the 
fact  that  the  god  was  not  created  directly  in  the 
image  of  a  man,  but  rather  in  that  of  the  hero,  man 
idealized.  It  is  the  hero  who  gives  to  the  gods  those 
very  characteristics  which  the  demon  lacks  from  the 
outset.  Of  these,  the  most  important  are  personality,  self- 
consciousness,  and  a  will  controlled  by  diverse  and  fre« 
quently  conflicting  motives.  This  multiplicity  of  motives 
has  a  close  connection  with  the  multiplicity  of  gods.  Poly- 
theism  is  not  an  accidental  feature  which  may  or  may  not 
accompany  the  belief  in  gods  ;  it  is  a  necessary  transitional 
stage  in  the  development  of  the  god-idea.  Folk-beliefj^ 
which  never  frees  itself  entirely  from  mythology,  always 
retains  a  plurality  of  divine  beings.  Hence  true  monotheism 
represents  a  philosophical  development  of  the  god-idea. 
Though  this  development  was  not  without  influence  on  the 
theological  speculation  which  was  dominated  by  traditiooal 
doctrines,  it  was  never  able  to  uproot  the  polytheistic 
tendency  involved  in  the  god-idea  from  the  very  beginning. 
There  are  two  sources  from  which  this  tendency.  Springs. 
Of  these,  one  is  extemal  and,  therefore,  though  of  great 
importance  for  the  beginnings  of  religious  development,  is 
transitory.  It  consists  in  the  influence  cxerted  by  the 
multiplicity  of  natural  phenomena,  through  the  nature  myth, 
upon  the  number  of  gods.  More  important  and  of  nK)re 
permanent  significance  is  the  second  or  internal  motive, 
namely,  the  fact  that  the  psychical  needs  that  come  to  expres« 


372        ELEMENTS   OF.  FOLK  PSYCHOLOGY 


sion  in  the  demand  for  gods  are  numerous.  There  caimot 
be  a  Single  god-ideal  any  more  than  a  single  type  of  heio. 
On  the  contrary,  as  heroes  exhibit  the  diversity  of  human 
effort  on  an  exalted  plane,  so,  in  turn,  does  the  reakn  of 
gods  represent,  on  a  still  higher  level,  the  world  of  heroes. 
This  advance  beyond  the  hero-ideal  becon^s  possible  to 
the  mythological  imagination  only  because  the  very  endea- 
vour  to  exalt  the  hero  above  the  human  itself  brought 
the  hero-idea,  at  the  very  time  of  its  origin,  into  con- 
nection  with  the  demon-idea.  For  the  demon  is  a  super- 
human being,  magic-working  and  unpredictable,  aflfecting 
in  mysterious  ways  the  course  of  nature  and  of  human 
destiny.  But  it  lacks  the  familiär  human  traits  which  make 
the  hero  an  object  not  only  of  fear  but  also  of  admiration 
and  love.  Thus,  the  fusion  of  hero  and  demon  results  in 
the  final  and  the  greatest  of  mythological  creations,  the 
conception  which  represents  the  birth  of  religion  in  the 
proper  and  ultimately  only  true  sense  of  the  word,  I  refer 
to  the  rise  of  gods. 

The  god-idea,  accordingly,  is  the  product  of  two  com- 
ponent  factors.  One  of  these,  the  demoniacal,  has  had  a 
long  history,  extending  back  to  the  beginnings  of  mytho- 
logical thought  ;  the  other,  the  heroic,  begins  to  assert  itself 
the  very  moment  that  the  figure  of  the  hero  appears.  This 
implies  that  god-ideas  are  neither  of  sudden  origin  nor  un- 
changeable,  but  that  they  undergo  a  gradual  development. 
The  direction  of  development  is  determined  by  the  relation 
which  its  two  component  factors  sustain  to  each  other. 
The  earliest  god-ideas  are  predominantly  demoniacal  in 
nature— personal  characteristics  are  few,  while  magical 
fcatures  are  all  the  more  pronoxmced.  Then  the  heroic 
element  comes  to  the  fore,  until  it  finally  acquires  such 
dominance  that  even  the  magical  power  of  the  god  appears 
to  be  a  result  of  his  heroic  might,  rather  than  a  survival 
of  the  demoniacal  nature  which  was  his  from  the  very 
beginning.  In  connection  with  this  change,  it  is  sigtiifi- 
cant  to  note  that,  as  the  god  loses  his  original  demoniacal 
character^  he  comes  to  be  attended  by  subservient  beings 


THE    ACE    OK    HEROES    AND    CODS        373 

who  remain,  in  every  respect,  demons.     On  thc  one  haiifl, 
these  beings  execute  the  divine  commands  ;    on  the  othcr 
hand,  however—as  an  echo,  one  might  say,  of  the  age  of 
demons  which  prccedes  that  of  gods— they  arc  superior  cvcn 
to  the  gods  in  that  they  possess  magical  powers.     These 
beings  must  be  regarded  as  suTviv2ds  of  the  age  of  demons. 
Between  them  and  the  gods  proper  there  are  intenr.cdiatc 
beings,  just  as  there  are  between  heroes  and  god.%  those  of 
the  latter  sort  being  exemplified  particularly  by  such  heroes 
as   have   been   exalted   into   deities.      Inasmuch   as   all   thc 
intermediate  forms  that  arise  in  the  course  of  this  transition 
continue   in   existence  even   up   to   the   culmination   of  the 
development,   the  gods  constantly  become  more  numerous. 
Side  by  side  with  the  gods,  demons  maintain  their  sway. 
At  times,  they  contend  with  the  gods  ;    in  other  instances, 
they  are   subservient   to   them  ;    again,    as    in   thc  carü«t 
periods  of  mythological  thought,  they  are  without  any  kz^/»- 
ledge  whatsoever  of  the  existence  of  gods.     Tr.*  trrrj  alv. 
is   invariably   associated  with   the   god.      \^  '-^^  "^^^    jsfJ-s:^ 
of  the  heroic  age,  therefore,   the  realm   of   gr/Ä  v.^   C:i- 
appears.      Though    the    religious    development    täfic   tzsfut 
have  their  origin  in  deity  beliefs,  they  ncvcnaftcrs  oa^tar-: 
the  original  nucleus  of  these  beliefs— namclj.  -ac  jvä  -.^ä-/.- 
selves— or,  at  any  rate,  they  retain  gods  cacjr  21  i  r.*^'  / 
altered  form. 

That  gods  belong  essentially  to  the  kenic  2^  «--iv-;«.^. 
also   in   the  fact   that   the   divine    reah=i  mnnr^  x    -u--^.. 
the  relations  of  political  society   devekioei  äm-^s?::!*--:: 
the  beginning  of  the  heroic  age.      Tbc  -ptttä  zf  r,-.        -^.^ 
wise  forms  a  divine  State.     It  is  at 
that   the   tribal   gods   of   various 
cnce  of   the   ancient   tribal   organiTanm    t^ 
State.    In  the  supremacy  of  a  singk  pc-  ä^- 
of  rulership,  which  is  basal  to  tbc 
to  the  divine  realm.     This  is  trae 
cxercises  command  over  a  subserr^c  lac  _  tx  . 

subordinate  gods,  or  whether  he  -■■&  «^  :.  .:     .    ^ 

of  independent  gods,  who.  nf^B^^^  -ä   1.-:;^-^    ^  ^ 


374        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

Council,  such  as  is  found  associated  with  the  earthly  rukr,  | 
and^  in  part,  since  the  differcnt  gods  possess  diverse  poweis,  \ 
a  sort  of  celestial  officialdom.  Finally,  the  multiplicity  of  : 
independent  States  is  mirrored  in  the  multiplicity  of  the  ; 
independent  realms  niled  over  by  the  gods.  The  dif- 
ferentiation,  in  this  latter  case,  corresponds  with  the 
main  directions  of  human  interest.  The  development  is 
influencedy  moreover,  by  those  natural  phenomena  that  havc 
long  factored  in  the  capacity  of  assimilative  elements. 
Over  against  the  bright  celestial  gods  are  the  subter- 
ranean  gods  who  dwell  in  the  gloomy  depths.  For  the 
inhabitants  of  the  sea-coast  and  of  islands,  furthermore, 
tliere  is  a  niler  of  the  sea.  The  importance  of  the 
god  of  the  sea^  however,  is  subordinate  to  that  of 
the  ruiers  of  the  celestial  and  the  nether  worMs,  so  that 
those  over  whom  he  holds  sway  never  develop  into  clearly 
defined  personalities,  but  always  retain  more  of  a  demoniacal 
character.  All  the  more  important,  therefore,  are  the  con- 
trasts  between  the  celestial  and  the  nether  worlds,  as  the 
two  realms  which  include  the  real  destiny  of  man.  At 
death,  man  must  enter  the  nether  world  ;  to  rise  from  the 
gloom  of  this  realm  of  the  dead  to  the  heaven  and  immor- 
tality  of  the  celestial  gods  becomes  his  longing.  Thus, 
deity  beliefs  enter  into  reciprocal  relations  with  soul  con- 
ceptions.  The  further  stages  of  this  development  carry 
US  far  beyond  the  heroic  age,  and  reflect  the  influence  of 
a  diversity  of  motives.  The  discussion  of  this  point  will 
occupy  our  attention  in  later  pages. 

12.  The  Hero  Saga. 

If  the  gods  be  described  as  personalities,  each  one  of 
whom  possesses  a  more  or  less  definite  individuality,  it 
19  at  once  evident  that  the  conception  of  an  animated  natural 
phenomenon— the  idea,  for  example,  that  the  setting  sun 
is  a  being  which  a  dark  cloud-demon  is  devouring— can- 
not  in  and  of  itself  as  yet  be  called  a  god-idea.  Just 
as  the  character  of  a  man  may  be  known  only  from  the 
manner  in  which  he  reacts  towards  the  objects  of  his  experi- 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       375 

ence,  so  also  is  tlie  nature  of  a  god  revealed  only  in  bis  life 
and  activity,  and  in  the  motives  that  dctennine  his  conduct. 
Tbe  character  of  the  god  is  expressed,  not  in  any  Single 
mythological  picture,  but  in  the  myth  or  mythological  tale, 
in  which  the  god  figures  as  a  personal  agent.  It  is  significant 
to  note,  however,  that  the  form  of  myth  in  which  god-ideas 
come  to  develojHnent  is  not  the  deity  saga,  in  the  proper 
sense  of  the  term,  but  the  hero  saga,  which  becomes  a  com- 
bined  hero  and  deity  saga  as  soon  as  both  gods  and  heroes 
are  represented  as  participating  in  the  action.  The  deity 
saga  proper,  which  deals  exclusively  with  the  deeds  of  gods 
and  demons,  is,  as  we  shall  see  below,  only  of  secondary  and 
of  later  origin.  It  is  not  to  such  deity  sagas,  therefore,  that 
we  must  turn  if  we  would  kam  the  original  nature  of  gods, 
This  circumstance  in  itself  offers  eztemal  evidence  of  the 
fact  that  gods  did  not  precede  heroes,  but,  conversely,  that 
heroes  preceded  gods.  Or,  at  least,  to  be  more  accurate, 
the  idea  of  the  divine  personality  was  developed  in  con- 
stant  reciprocity  with  that  of  the  hero  personality,  in  such 
wise,  however,  that  with  reference  to  details  the  hero  paved 
the  way  for  the  god,  and  not  conversely. 

But  how  did  the  idea  of  hero  arise?  Was  it  a  free 
and  completely  new  creation  of  this  age,  based  merely  on 
actual  observations  of  individuals  who  were  paragons  of 
human  ability?  Or  did  it  have  precursors  in  the  totemic 
era?  As  a  matter  of  fact,  this  second  question  must  be 
answered  unqualifiedly  in  the  affirmative.  The  hero  was  not 
unknown  in  the  preceding  age.  At  that  time,  however,  he 
was  not  a  hero  in  the  specific  sense  which  the  word  first 
acquired  in  the  heroic  age  ;  on  the  contrary,  he  was  a 
märchen-hero,  if  we  may  use  the  word  *  hero  *  in  connection 
with  the  concepts  of  this  earlier  period.  On  the  threshold 
of  the  heroic  age,  the  märchen-hero  changes  into  the 
hero  proper.  The  former  represents  the  central  theme  of 
the  earlier  form  of  myth  narrative,  the  märchen-myth, 
as  does  the  hero  that  of  the  roore  devdoped  form,  the 
saga.  The  marks  that  distinguith  the  märchen*hero,  as 
he  still  survivcs  in  children*s  Ules,  from  the  hero  of  saf 


376        ELEMENTS  OK  FOLK  PSYCHOLOGY 

are  important  ones  and  are  f  raught  with'  sigluficasce  k 
the  development  of  myth  as  a  whole.  The  maFcfaen*hen 
is  usually  a  c/iUd.  In  the  form  in  which  he  gradoiBf 
approximates  to  the  hero  proper,  he  is  more  espedaUy,  is 
a  nile,  a  boy  who  goes  forth  into  the  world  and  meets  w& 
adventures.  In  these  adventures,  he  is  aided  by  varx» 
powers  of  magic,  which  he  either  himself  possesses  or  whid 
are  imparted  to  him  by  friendly  magical  beingts.  OppoiA 
to  him  are  hostile,  demoniacal  beings,  who  seek  his  destnK- 
tion.  It  is  in  their  overthrow  that  the  actioa  usually  cos- 
sists.  Thus,  fortime  comes  to  this  hero,  in  great  part,  fron 
without,  and  magic  plays  the  decisive  r61e  in  his  destrny; 
his  own  cunning  and  skill  may  be  co-operatingf  factors,  bot 
they  rarely  determine  the  outcome.  Not  so  the  hero  of  die 
sagä.  This  hero  is  not  a  boy,  but  a  man.  The  Imvoiirite 
theme  of  the  saga  is  particularly  the  young  man  in  Ae 
bloom  of  life.  In  his  acts,  moreover,  this  hero  is  dependent, 
for  the  most  part,  upon  himself.  True,  he,  as  weU  a^  the 
märchen-hero,  is  familiär  with  magic  and  miracle,  but  it 
is  primarily  by  his  own  power  that  he  overcomes  the 
hostile  forces  that  oppose  him.  A  suggestive  Illustration 
of  this  is  Hercules,  that  figure  of  Greek  saga  who  is  pre- 
eminently  the  typical  hero  among  the  most  diverse  peoples 
and  in  widely  different  ages.  Hercules  is  an  entirely  self- 
dependent  hero.  He  indeed  performs  mar\'ellous  deeds,  but 
these  are  never  more  than  extreme  instances  of  what  an 
ordinary  man  might  do  were  his  strength  multiplied  a 
hundred  or  a  thousand  fold.  Hercules  is  not  a  magician, 
but  a  being  of  transcendent  power  and  strength.  As  such, 
he  is  able  even  to  carry  the  weight  of  the  sky  on  bis 
Shoulders  ;  as  such,  he  can  overcome  monsters,  such  as 
the  Nemean  lion  and  the  Lernaean  hydra,  or  bring 
Cerberus,  the  most  terrible  of  these  monsters,  from  the 
nether  world.  These  are  deeds  which  surpass  every  measure 
of  human  power,  but  which  nevertheless  still  lie  in  the 
general  plane  of  human  actions.  Thus,  just  as  the  magic- 
working  boy  was  superseded  by  the  man  of  might,  so  also 
does  the  tiue  magical  hero  disappear  from  mytiiolögy.     The 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   377 

saga,  then,  differs  from  the  märchen-myth  in  the  character 
of  its  bero.  The  Hercules  saga  itself,  however,  is  an  Illus- 
tration of  the  fact  that  the  former  may  have  no  connection 
whatsoever  with  historical  events,  any  more  than  has  the 
latter.  Moreover,  the  earliest  sagas,  particularly,  not  infre* 
quently  still  remind  one  of  the  märchen  in  that  they  are 
obviously  a  composite  of  several  narratives.  Of  this  fact 
also,  the  saga  of  Hercules  offers  a  conspicuous  example.  The 
deeds  of  the  hero  appear  to  have  but  an  accidental  connection 
with  one  another.  True,  later  sagas  represent  these  deeds 
as  adventures  which  the  hero  undertook  at  the  command  of 
King  Eurystheus  of  Mycene.  But  even  here  we  obviously 
have  only  a  loose  sort  of  framework  which  was  at  soroe  later 
period  imposed  upon  the  original  tales  in  order  to  bind  the 
cyde  together  as  a  whole.  It  is  not  improbable  that  these 
various  sagas  of  a  hero  who  vanquished  monsters,  rendered 
lands  habitable,  and  performed  other  deeds,  originated  inde* 
pendently  of  one  another,  Not  only  may  their  places  of 
origin  have  been  different,  but  their  narratives  may  have  had 
their  settings  in  different  localities.  Possibly,  therefore,  it 
was  not  until  later  that  the  sagas  were  combined  to  portray 
the  character  of  a  single  individual,  who  thus  became 
exalted  into  the  national  hero.  But,  though  the  hero 
saga  resembles  the  märchen  in  the  fact  that  it  grows 
by  the  agglutination  of  diverse  legendary  materials,  it 
differs  from  it  in  the  possession  of  a  characteristic  which  is 
typical  of  this  stage  of  devetopment.  That  which  binds 
together  the  separate  etements  of  the  hero  saga  is  a  unitary 
thought,  generally  associated  with  great  cultural  changes 
or  with  historical  events. 

There  is  a  further  differenti^C  of  the  saga  as  compared 
with  the  märchen.  Wherever  magic  enters  into  the  saga 
to  affect  the  course  of  events,  the  chief  vehicle  of  magical 
powers  is  not  the  hero  himself— at  most,  he  has  been 
equipped  by  others  with  magical  powers  and  implements. 
Such  demoniacal  powers  as  the  saga  may  introduce  into 
its  narrative  are  usually  vested  in  accessory  persona. 
This    fact    is    closdy   connected    with   the    self-dependent 


378        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

character  of  the  hero-personality^  wfao  may,  it  is  tm 
employ  magic  in  so  £ar  as  he  has  received  such  povcr 
from  external  sources^  but  who  himself  possesses  höbe 
but  human  attributes.  The  saga  of  the  Argonaots»  ioc 
example^  is  so  replete  with  magic  as  not  to  be  surpassei 
in  this  respect  even  by  the  magical  märchen.  Moreover, 
the  various  elements  incorporated  in  the  saga  are  aB 
pure  märchen  motives— the  golden  fleece^  the  taUdng 
ship,  the  closing  cliffs,  as  well  as  the  sorceress  Medea  and 
the  whole  wonderland  of  Colchis.  Those  who  man  die 
Argo,  however,  are  not  magicians,  but  heroes  in  the  strictly 
human  sense  of  the  word.  The  same  fact  Stands  out  eves 
more  strikingly  in  the  case  of  the  saga  of  Odysseus,  at  any 
rate  in  the  form  in  which  the  Homeric  epic  presents  it.  We 
may  here  discern  an  entire  cycle  of  tales,  whose  separate 
elements  are  also  to  be  found  elsewhere,  s<nne  of  them 
in  Wide  distribution.  But  in  the  midst  of  this  märchen- 
world  Stands  the  absolutely  human  hero,  contrasting  with 
whom  the  fabulous  events  of  the  narrative  run  their  course 
as  a  fantastic  show.  The  hero  overcomes  all  obstacles 
that  block  the  course  of  his  journey  by  his  own  nevcr- 
failing  shrewdness  and  resourcefulness.  Herein  again 
the  märchen-myth  gives  evidence  of  being  prepaiatory 
to  the  hero  saga.  At  the  time  when  the  hero  ideal 
arose,  the  old  märchen  ideas  were  as  yet  everywhere 
current.  Together  with  the  belief  in  demons  and  magic, 
they,  alsO;  found  their  way  into  the  heroic  age.  For  a  long 
time  they  continued  to  be  favourite  secondary  themes,  intro- 
duced  in  portraying  the  destiny  of  heroes.  Nevertheless 
märchen  ideas  became  subordinate  to  the  delineation  of 
heroic  figures^  whose  surpassing  strength  was  described,  very 
largely,  in  terms  of  victory  over  demoniacal  powers.  Thus, 
in  the  course  of  the  development,  the  heroic  elements 
gradually  increased  ;  the  märchen  ideas^  on  the  other  band, 
disappearedj  except  when  some  poet  intentionally  selected 
them  for  the  enrichment  of  his  tale,  as  was  obviously  done 
by  the  aufhor  of  the  Odyssey. 

The  disappearance  of  the  elements   derived  from  the 


■  THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       379 

I  märchen-myth,  however,  must  in  part  be  attributed  to 
(1  another  factor.  This  factor,  which  is  closely  bound  up  with 
I  the  entire  culture  of  the  heroic  age,  consists  in  the  increasing 
I  influence  of  historical  recoUectlons.  Particularly  illmnina- 
I  tive,  as  regards  this  point,  are  the  Greek  and  Germanic  sagas. 
The  sagas  of  Hercules  and  the  Argonauts^  which,  from  this 
point  of  viewy  belong  to  a  relatively  early  stage,  are  purely 
mythical  creations.  So  far  as  one  can  see,  no  actual  events 
are  referred  to  by  them.  The  Trojan  saga,  on  the  other 
handy  dearly  exhibits  the  traces  of  historical  recollections  ; 
its  historical  setting,  moreover,  seems  to  cause  the  events 
that  transpire  within  it  to  approximate  more  nearly  to  the 
character  of  real  life.  Even  here,  indeed,  ancient  magical 
motives  still  cast  their  fantastic  shadows  over  the  narrative. 
Occasionally,  however,  the  miracle  appears  in  a  rationalized 
form.  The  magician  of  the  märchen  gives  place  to  the  seer 
who  predicts  the  future*  What  the  miracle  effected  is  now 
accompUshed  by  the  overpowering  might  and  the  baffling 
cunning  of  the  strong  and  wily  hcro.  In  this  change,  .the 
external  accessories  may  sometimes  remain  the  same,  so 
that  it  is  only  the  inner  motives  that  become  different. 
Thus,  it  is  not  impossible  that  the  wooden  horse  whicU 
was  said  to  have  been  invented  by  Odysseus  and  to  have 
brought  into  Troy  the  secreted  warriors  of  the  besieging 
hosts,  was  at  one  time»  in  märchen  or  in  saga,  an  actual 
magical  horse,  or  a  help-bringing  deity  who  had  assimied 
this  form.  In  this  case,  the  poet  may  possibly  be  pre- 
senting  a  rationalistic  reinterpretation  of  an  older  magical 
motive,  with  the  aim  of  exalting  thfe  craftiness  of  his  hero. 
In  the  account  of  Achilles*  youth,  on  the  other  band,  and 
in  the  story  of  Helen  which  the  poet  takes  as  his  starting- 
point,  the  märchen-idea  of  the  saga  obviously  affects  the 
action  itself,  though  it  is  significant  tö  note  tliat  these 
purely  mythical  features  do  not  belong  to  the  plot  so 
much  as  to  its  antecedent  history.  In  so  far  as  the  heroes 
directly  affect  the  course  of  action,  they  are  portrayed 
as  purely  human.  The  same  is  true  of  the  German 
Niebelungen  saga.    Just  as  Achilles,  a  mythical  hero  not 


3Ö0        tLEMEKTS  Of   FOLK    PSVCHÖLÖGY 

all  unlike  the  märchen-hero,  wacs  taken  over  into  theU^I 
torical  saga,  so  also  was  Siegfried.  But  here  again  4e  1 
märchen  motives,  such  as  the  fight  with  the  dragon,  Sm|> 
fried*s  invulnerability  through  bathing'  in  its  blood,tii 
helmet  of  invisibility,  and  others,  belong  to  the  pzst  liMj  \ 
of  the  hero^  and  are  mentioned  only  incidentally  in  4i ' 
narrative  itself .  By  referring  these  specifically  mirdA 
miracles  to  the  past,  the  saga  seems  to  say^  as  it  wexe,  dtt 
its  heroes  were  at  one  time  märchen-heroes. 

In  this  course  of  development  from  the  purely  mytidal 
to  the  historical^  the  saga  may  approach  no  xnore  closdf 
to  historical  reality  than  does  the  purely  mythical  tik. 
But  while  this  may  be  the  case,  it  is  nevertheless  tnxe  thit 
the  saga  more  and  more  approximates  to  that  whicfa  is 
historically  possible.  Moreover,  it  is  not  tfaose  sagv 
which  centre  about  an  historical  hero  that  are  particulirljr 
apt  to  be  free  from  elements  of  the  original  märchen.  Vöy 
often  the  reverse  is  true.  An  original  märchen-hero  may 
become  the  central  figure  of  an  historical  saga^  and,  con- 
versely,  the  account  of  an  historical  personality  may  become 
so  thoroughly  interwoven  with  märchen-likfe  tales  of  all 
sorts  that  history  entirely  disappears.  A  striking  anti- 
thesis  of  this  sort  occurs  in  Germanic  mythology.  Com- 
pare  the  Dietrich  saga  with  the  later  development  of 
the  Niebelangen  saga  in  the  form  rendered  familiär  by 
the  Niebelungenlied.  Siegfried  of  the  Niebelungen  saga 
originates  purely  as  a  märchen-hero  ;  Dietrich  of  Bern 
is  an  historical  personage.  But,  while  the  Niebelungenlied 
incorporates  a  considerable  number  of  historical  Clements— 
though,  of  course,  in  an  unhistorical  combination — the  Diet- 
rich' of  the  saga  retains  little  more  than  the  name  of  the 
actual  king  of  the  Goths.  There  are  two  different  conditions 
that  give  rise  to  sagas.  In  the  first  place,  historical 
events  that  live  in  folk-memory  assimilate  materials  of 
ancmit  märchen  and  sagas,  and  thus  lead  to  a  connected  hero 
iaga.  Secondly,  an  impressive  historical  personality  stimu* 
lates  the  transference  of  older  myths  as  well  as  the  creation 
of  others»  thou^  these,  when  woven  into  a  whole,  resemble 
a  märchen-cyde  rather  than  a  hero  saga  proper. 


THE  AGE  OE  HEROES  AND  GODS   381 

An  important  intennediate  phenomenon  of  the  sort  just 
mentioned,  is  not  infrequently  to  be  found  in  a  specific 
form  of  myth  whose  general  nature  is  that  of  the  hero 
saga,  even  though  it  is  usually  distinguished  from  the  latter 
because  of  the  character  of  its  heroes.  I  refer  to  the  retigious 
Ugend.  Some  of  these  legends,  such  as  the  Buddha,  the 
Mithra,  and  the  Osiris  legends,  border  upon  the  deity  saga. 
Nevertheless,  the  religious  legend,  as  exemplified  also  in  the 
mythological  versions  of  the  life  of  Jesus,  represents  an  off- 
shoot  of  the  hero  saga,  springing  up  at  those  times  when  the 
religious  Impulses  are  dominant.  That  it  is  a  hero  saga  is 
evidenced  particularly  by  the  fact  that  it  recounts  the  life  and 
deeds  of  a  personality  who  is  throughout  exalted  above 
human  stature,  but  who,  nevertheless,  attains  to  divinity  only 
through  his  striving^  his  suffering,  and  his  final  victory.  In 
90  far,  the  religious  hero  very  closely  resembles  the  older 
class  of  heroes.  Nevertheless,  instead  of  the  hero  of  the 
faeroic  period,  pre-eminent  for  his  extemal  qualities,  we 
have  the  religious  hero,  who  is  exalted  by  his  inner  worth 
intx)  a  redeeming  god.  But  it  is  only  because  these  divine 
redeemers  fought  and  conquered  as  men— a  thing  that  would 
be  impossible  to  gods  proper  who  are  exalted  from  the 
beginning  in  supermundane  glory— -that  they  constitute  heroes 
of  saga,  in  spite  of  the  fact  that  they  fought  with  other 
weapons  and  in  other  ways  than  the  heroes  of  the  heroicl 
age.  And,  therefore,  none  of  these  redeemer  personalities» 
whether  they  have  an  historical  background,  as  have  Jesus 
and  Buddha,  or  originate  entirely  in  the  realm  of  the  mytho- 
logical imagination,  as  in  the  case  of  Osiris  and  Mithra, 
belong  to  the  realm  of  the  saga  once  they  are  finaUy  elevated 
into  deities.  Even  Buddha's  retum  in  the  endless  sequence 
of  ages  is  not  to  be  regarded  as  an  exoeption  to  this  rule, 
for  the  hope  of  salvation  here  merely  keeps  projecting  into 
the  future  the  traditional  Buddha  legend.  The  redeeming 
activity  of  the  one  who  is  exalted  into  a  god  is  to  be 
repeated  in  essentially  the  same  maimer  as  the  saga  reports 
it  to  have  occurred  in  the  past. 

Contrasting  with  the  rodcmption  legend  is  ^^ 


!• 


* 


[1: 


f.I  Vi 


tii 


!i 

382        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

legend.  The  former  portrays  the  fortunes  and  final  victoiy 
of  a  god  in  the  making  ;  the  latter  teils  of  the  awakening  d 
a  human  being  to  a  pure  religious  life,  of  bis  temptations  and 
sufferings^  and  his  final  triumph.  Thus,  it  has  a  resemblana 
to  the  redeemer  legend,  and  yet  it  differs  from  it  In  that  its 
hero  remains  human  even  when  he  ascends  into  heaven 
to  receive  the  victor's  crown ;  the  lot  that  thus  befalk 
him  is  identical  with  that  of  all  the  devout,  except  that 
he  is  more  favoured.  This  leads  to  further  düferences. 
The  hero  of  the  redemption  legend  is  conscious  of  his  mis- 
sion  from  the  very  beginning ;  in  the  case  of  the  saint, 
conversion  to  a  new  faith  not  infrequently  forms  the  Start* 
ing-point  of  the  legend.  Common  to  the  two  fonn% 
however,  is  the  fact  that  suffering  precedes  the  final  trium]^ 
The  traits  that  we  have  mentioned  constitute  the  essential 
difference  between  these  forms  of  the  legend  and  the  hero 
saga  proper.  The  latter,  also,  is  not  without  the  element  of 
suffering  ;  the  Greek  saga  has  developed  the  specific  type 
of  a  suffering  hero  in  the  figure  of  Hercules,  as  has  the 
German  saga  in  that  of  Balder.  In  the  case  of  religious 
legends,  however,  the  strife-motives  of  the  saga  are  trans- 
ferred to  the  inner  life  ;  similarly,  the  suffering  of  the  saint, 
and  especially  that  of  the  redeemer,  is  not  merely  physica) 
but  also  mental.  Indeed,  the  original  form  of  the  Buddha 
legend,  which  is  freest  from  mythological  accretions,  is  an 
?  ! :  Illustration  of  the  fact  that  this  suffering  may  be  caused 

exclusively   by    the   evils   of   the   world   to   be   redeemed. 
.;  ri  The  suffering  due  to  a  most  intense  sympathy  is  so  intimate 

a  part  of  the  very  nature  of  the  redeeming  god-man,  that  it 
is  precisely  this  which  constitutes  the  most  essential  differ* 
ence  between  the  religious  legend  and  the  ordinary  hero 
«j;  l|  saga,  whose  interest  is  centred  upon  the  actions  and  motives 

\  U  of  cxtemal  life.     And  yet  the  extemal  martyrdom  of  the 

I,  ij:  redeemer  intensifies  this  difference  in  a  twofold  way.     In 

!;!  I  the  first  place,  it  directly  enhances  the  impression  of  the 

.\  ',  inner  suffering  ;    secondly,  it  gives  heightened  expression 

*  i  both  to  the  evil  which  evokes  the  sympathy  of  the  redeemer, 

I  |i  and  to  the  nobility  of  this  sym^^thv  itself.     In  all  of  these 


1'^ 

Tr  ■ 


« 


M 


^  i 


THE    AGE    OE    HEROES    ANG    GODS       383 

characteristics,  however,  the  redemption  legend  belongs  to  the 
following  era  rather  than  to  hero  saga  and  the  heroic  age. 

^  The  Saint  legend  exhibits  a  number  of  essential  differ- 
ences.  It  is  f requently  only  through  a  miracle  of  conversion, 
due  to  external  powers,  that  the  saint  becomes  holy  ;  more- 
over,  it  is  not,  as  a  rule,  through  miracles  of  his  own  Perform- 
ance that  he  manifests  himself  as  a  saint  in  the  course  of 
his  later  life  and  sufferings.  The  miracles  that  transpire 
come  as  divine  dispensations  from  without,  whether  they 
effect  his  conversion  or  Surround  him,  particularly  at  the 
close  of  his  life's  journey,  with  the  halo  of  sanctity.  Thus, 
to  whatever  extent  the  saint  may  come,  in  later  cult,  to  super- 
sede  the  protective  undergods  and  demons  of  early  times, 
he  nevertheless  remains  hiunan.  It  is  for  this  very  reason, 
however,  that  magic  and  miracte  gain  a  large  place  in  his 
life.  The  latter  is  all  the  more  possible  by  virtue  of  the  fact 
that  the  mythological  Imagination  is  not  bound  by  any  fixed 
tradition,  and  need,  therefore,  set  itself  no  limits  whatsoever 
either  in  the  number  of  saints  or  in  the  nature  of  their 
deeds.  Moreover,  the  legend  is  almost  totally  lacking  in 
those  factual  elements  which  the  hero  saga  acquires,  in  its 
later  development,  as  a  result  of  the  historical  events  that 
are  woven  into  it.  This  is  not  the  case  with  die  legend. 
Here  it  is  at  most  the  name  of  an  historical  personality  that 
is  retained,  while  everything  eise  clearly  bears  the  marks  of 
imagination  and  of  myth  creation.  Hence  the  saint  legend  is 
not  to  be  counted  among  the  factors  that  imderlie  the  develop- 
ment  from  the  purely  mythical  tale  to  the  saga,  whose 
content,  though  not  real,  is  at  any  rate  possible.  On  the 
contrary,  the  tendency  of  the  saint  legend  is  retrogressive, 
namely,  toward  a  return  to  the  märchen  stage  of  myth. 
This  is  all  the  more  true,  not  merely  because  elements  that 
are  generally  characteristic  of  märchen  are  disseminated 
from  legend  to  legend,  but  also  because  the  saint  legend 
appropriates  widely  current  märchen  conceptions.  Märchen 
of  very  diverse  origins  found  their  way  into  the  Christian, 
as  well  as  the  Buddhistic,  legends  ;  moreover,  occasional 
Buddhistic  legends,  with  the  clear  marks  of  an  Oriental 


384        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

origin  upon  them,  were  changed  into  Christian  Itgayk 
ThuSi  the  saint  legend  combines  two  characteristics.  Ai 
compared  with  the  hero  saga,  its  motives  are  internalized ; 
moreover^  it  represents  a  decided  relapse  into  the  pm 
märchen  form  of  myth.  Though  apparently  contradictory, 
these  characteristics  are  really  closely  related^  inasmuch  as 
the  internalization  of  motives  itself  removes  any  barriers  im- 
posed  by  historical  recoUection  upon  the  free  play  of  the 
mythological  imagination. 

13.    COSMOGONIC     AND    THEOGONIC     MYTHS. 

In  view  of  the  relationship  of  heroes  and  g-ods,  not  only 
with  respect  to  origin  but  also  as  regards  the  fact  that 
they  both  embody  personal  ideals,  it  would  appear  but 
natural^  having  treated  of  the  hero  saga,  that  we  inquire  at 
this  time  conceming  the  corresponding  deity  sag^a.  A  search 
for  the  latter,  however,  will  at  once  reveal  a  surprising  fact. 
There  is  no  deity  saga  at  all,  in  the  sense  in  which  we  have 
a  hero  saga  that  has  become  a  favourite  field  of  epic  and 
dramatic  poetry.  The  reason  for  this  lack  is  not  difficuit 
to  see.  There  can  be  no  real  deity  saga  because,  in  so  far 
as  gods  possess  characteristics  which  differentiate  them  from 
men,  and  therefore  also  from  heroes,  they  have  no  history. 
Immortal,  unchangeable,  unassailable  by  death  or  sickness, 
faow  could  experiences  such  as  befall  the  hero  also  be  the 
lot  of  gods?  If  we  examine  the  narratives  that  approach 
somewhat  to  the  deity  saga,  we  will  find  that  they  consist, 
not  of  a  connected  account  of  the  experiences  of  the  gods, 
but  of  isolated  incidents  that  again  centre  about  human 
life,  and  particularly  about  the  beneficent  or  pemicious 
intervention  of  the  gods  in  the  destinies  of  heroes.  We 
may  recall  the  participation  of  the  Greek  gods  in  the  Trojan 
war,  or  the  interest  of  Jahve,  in  Israelitic  saga,  in  the 
fortunes  of  Abraham,  Jacob,  etc.  These  are  isolated  occur- 
rences,  and  not  history  ;  or,  rather,  we  are  given  the  history 
of  heroesi  in  which  the  gods  are  at  times  moved  to  inter«» 
vene.  In  so  fiar,  therefore,  as  there  are  approximations  to 
deity  saga,  these,  in  their  entirety,  are  woven  into  hero  saga  ; 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   '385 

apart  from  the  latter,  thc  former  but  report  particular  actians, 
which  may,  doubtiess,  throw  light  on  the  personal  character 
of  the  gody  but  which  of  themselves  do  not  constitute  a 
connected  history.  Greek  mythology  offers  a  clear  illustra* 
titn  of  this  in  the  so-called  Homeric  hymns.  These  hynins 
mitst  not  be  ascribed  to  Homer  or  merely  to  singers  of 
Homeric  times.  ^  They  are  of  later  composition,  and  are 
designed  for  use  in  cult.  Their  vahie  consists  precisely  in  the 
fact  that  they  portray  the  god  by  reference  to  the  various 
directions  of  his  activity,  thus  throwing  light  partly  on  the 
nature  of  the  god  and  partly,  and  especially,  on  his  bene- 
ficent  ruiership  of  the  himian  world.  It  is  this  last  fact 
that  gives  these  poems  the  character  of  religious  hymns. 

Nevertheless,  there  is  one  class  of  myths  in  which  the 
gods  themselves  actually  appear  to  undergo  experiences.  I 
refer  to  those  sagas  and  poems  which  are  concemed  with  the 
birth  of  the  gods,  and  with  the  origin  of  their  ruiership  over 
the  World  and  over  the  world-order  which  they  have  created, 
namely,  to  the  cosmogonic  and  theogonic  myths.  These 
myths  relate  solely  to  a  worM  of  demons  and  gods,  and  they 
deal,  as  a  rule,  with  an  age  prior  to  the  existence  of  man, 
or  with  one  in  which  the  creation  of  man  is  but  a'  Single 
episode.  Again,  however,  one  might  almost  say  that  thc  ex- 
ception  proves  the  rule.  For  upon  close  examination  it  twU 
be  found  that  the  gods  who  figure  in  these  cosmogonies  are 
not  those  with  whose  traits  the  hero  saga,  and  the  hymno- 
logy  connected  with  it,  have  made  us  familiär.  The  gods 
whom  the  cosmogonic  myths  portray  differ  from  those 
who  Protect  and  direct  human  life.  They  are  not  real 
gods,  even  though  they  bear  this  name,  but  are  powerful 
demons.  Except  in  name,  the  Zeus  of  Hesiodic  theogony 
has  scarcely  anything  in  common  with  the  Zeus  of  the 
Homeric  hierarchy  of  gods.  This  fact  does  not  reflect  any 
peculiarity  of  the  poet,  as  it  were,  but  is  due  to  the  nature 
of  the  subject-matter  itself.  Even  though  thfeogonic  myths 
were  not  elaborated  into  poetle  form  until  a  relatively  latc 
period,  they  are  nevertheless  of  a  primitive  nature. 
Analogues  to  them  had  existed  among  primitive  peoples  I 

36 


"^      THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   '387 

'*'  arose,  whose  outcome  was  a  peaceful  condition  of  things. 

^'  This  is  a  cosmogonic  myth  whose  essential  elements  belongi 

^   to  the  same  circle  of  ideas  as  the  cosmogony  of  the  Greeks. 

^    In  the  latter  also,  Uranus  and  Gsea  are  said  to  have  held  each 

'    other  in  an  embrace,  as  the  result  of  which  there  came  the 

*    race  of  the  Titans.    One  might  regard  this  as  a  case  of  trans- 

'     ference  were  the  idea  not  obviously  a  grotesque  development 

of  a  märchen-motive  found  even  at  a  mbre  primitive  period. 

According  to  the  latter,  heaven  and  earth  were  originally 

in  contact,  and  were  first  separated  by  a  h\iman  being  of 

prehistoric   times— an   idea  undoubtedly   suggested  by  the 

roofing-over  of  the  hut.      The  Babylonian  myth  gives  a 

different    version    of    the    same    conception.      It    ascribes 

the  Separation  of  heaven  and  earth  to  the  powerful  god 

Mardtik;  who  cleaves  in  two  the  original  mother  Thiamat. 

From  one  part,  came  the  sea  ;   from  the  other,  the  celestial 

ocean.     As  in  many  other  nature  myths,  heaven  is  here 

conceived  as  a  great  sea  whieh  forms  the  oontinu^tion,  at 

the  borders  of  the  earth,  of  the  terrestrial  sea.     This  then 

suggiests  the  further  idea  that  the  crescent  moon  is  a  boat 

moving  over  the  celestial  ocean. 

In  all  of  these  myths  the  gods  are  given  the  charac- 
terbtics  of  mighty  demons.  They  appear  as  the  direct 
descendants  of  the  ancient  cloud,  water,  and  weather  demons, 
merely  magnified  into  giant  stature  in  correspondence  with 
their  enormous  theatre  of  action.  Thus,  as  regards  content, 
these  cosmogonic  myths  are  märchen  of  a  very  primitive 
type,  far  inferior  to  the  developed  märchen-myths,  whose 
heroes  have  already  acquired  traits  of  a  more  personal  sort. 
In  form,  however,  cosmogonic  myths  strive  towards  the 
gigantic,  and  thus  lie  far  above  the  level  of  the  märchen- 
myth.  Though  the  complete  lack  of  ethical  traits  renders 
the  gods  of  cosmogonic  myths  inferior  in  sublimity  to  gods 
proper,  they  nevertheless  rival  the  latter  in  powerful  achieve- 
ment.  Indeed,  however  much  cosmogony  may  fail'to  give 
its  gods  the  c^racteristics  requisite  for  true  gods,  it  does 
inevitably  serve  to  enhance  the  divinc  attribute  of  power.  A 
further  similarity  of  cosmagonic  and  theogonic  myths  f 
i 


388        ELEMENTS   OF   FOLK    PSYCHOLOGY 

most  primitive  marchen-myths  appears  in  thc  fact  that  tta 
sccm  directly  to  borrow  certain  elements  from  widel)fr 
seminated  märchen-motives.     I  mention   only  the  story  ol 
Kronos.     Kronos,    according    to     the     myth,    de\-oun  te 
children.     But  his  wife,  Rhea,  withholds  the  last  of  these- 
namely,  Zeus— giving  him  instead  a  stone  wrapped  in  linen; 
hereupon  Kronos  gives  forth,  together   with  the  stone,  a! 
the  children  that  he  had  previously  devoured.      This  is  i 
märchen  of  devourment,  similar  or  derivative  forms  of  whü 
are   common.      For  example,    Sikulume,    a    South  African 
märchen-hero,  delays  pursuing  giants   by   throwing  bchind 
him  a  large  stone  which  he  has  besmeared  with  fat ;  d« 
giants  devour  the  stone  and  thus  lose  trace  of  the  fugitivc. 
But  there  is  also  other  evidence  that  cosmogonic  myths  «t 
of  the  nature  of  märchen,  magnified  into  the  immense  aod 
superhuman.    In  aknost  all  such  myths,  particularly  in  tbe 
more  advanced  forms,  as  found  among  cultural  peoples,  an 
important  place  is  occupied  by  iivo  conceptions.     The  fiist 
of  these  conceptions  is  that  the  creation  of  the  world  was 
preceded  by  chaos.    This  chaos  is  conceived  either  as  a  ter- 
rifying  abyss,   as   in   Germanic  and  particularly   in   Greck 
mytholog>%  or  as  a  world-sea  encompassing  the  earth,  as  in 
the  Babylonian  history  of  creation.     In  both  cases  we  find 
tdeas  of  terrible  demons.    Sometimes  these  demons  are  said 
tx>  romain  on  the  earth,  as  beings  of  a  very  ancient  timc 
ÄntoctHiing  the  creation— examples  are  Night  and  Darkness, 
<loj\^ribotl  in  Greek  mythology  as  the  children  of  Chaos. 
Othcr  ni>^h,<  n^prcsent  the  demons  as  having  been  overcome 
by  th<^  wKMM-ore^ting  god.    Thus  there  is  a  Babylonian  saga 
Hm9  tr5U  \Nf  an  original  being  which  enveloped  the  earth  in 
iW  Ikwit  \xt'  4  .<tuk^.  but  whose  body  was  used  by  the  god  in 
lötmi^  :N^  h<M\^n$.    As  a  second  essential  element  of  cos- 
«M^fiyknii^^  wtr  HikI  acvx^unts  of  InUtles  of  the  gods,  in  which 
iMAÜir^  ^IWK^^^  ^r^"  vanquished  and  a  kingdom  of  order  and 
pMC^  ^  ««uMi'^hcit.    These  demons  are  thought  of  as  power- 
föl  mWWW^Ws    Vt»y  induce  a  live  consciousness  of  the  terrors 
of  chMti  Mt  wfy  by  their  size  and  strength  but  often  also 
by  thctr  jtrotfoqnti  half-animal>  half -human  forms,  by  their 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       389 

many  heads  or  hundreds  of  arms.  Obviously  these  Titans, 
giants»  Cyclopes,  and  other  terrible  beingps  of  cosmogony 
are  the  direct  descendants  of  the  weather  demons  who  ante- 
ceded  the  gods.  Does  not  the  idea  of  a  world-catastrophe 
that  prepares  the  way  for  the  rulership  of  th)e  gods  at  once 
bring  to  mind  the  image  of  a  terrible  thunderstorm?  As 
the  Storni  is  followed  by  the  cahn  of  nature,  so  chaos  is 
succeeded  by  the  peaceful  rulership  of  the  gods.  Inas- 
mucb,  however,  as  the  gods  are  the  conquerors  of  the  storm 
demons,  they  themselves  inevitably  revert  into  demoniacal 
beings.  It  is  only  after  the  victory  has  been  won  that  they. 
are  again  regarded  as  inhabiting  a  divine  world  conceived 
in  analogy  with  the  human  State,  and  that  they  are  vested 
with  control  over  the  order  and  security  of  the  world. 

All  this  goes  to  show  that  cosmogonic  myths,  in  the  poetic 
forms  in  which  cosmogonies  have  oome  down  to  us,  are  rela- 
tively  late  mythological  products.  True,  they  represent  the 
gods  themselves  as  demoniacal  beings.  Nevertheless,  this 
does  not  imply  that  god-ideas  did  not  exist  at  the  time  of  their 
composition  ;  it  indicates  merely  that  the  enormous  diversity 
of  factors  involved  in  the  creation  of  the  world  inevitably. 
caused  the  gods  to  lose  the  attributes  of  personal  beings. 
The  cosmogonies  of  cultural  peoples,  however,  differ  f rom  the 
otherwise  similar  stories  of  those  semi-cultural  peoples  whose 
mythology  consists  exclusively  of  such  oosmogonic  märchen. 
In  the  latter  case,  real  god-ideas  are  lacking.  The  gods  have 
remained  essentially  demons.  In  the  higher  forms  of  this 
semi-culture,  where  political  development  has  had  an  influ- 
ence  on  the  world  of  gods,  as  was  once  the  case  among  the 
peoples  of  Mexico  and  Peru,  divine  beings  ttiay  approximate 
to  real  gods.  In  cosmogonic  myths  themselves,  however,  this 
never  occurs.  Thus,  these  myths  invariably  constitute  a  stage 
intermediate  between  the  mythology  of  demons  and  that 
of  gods  ;  they  may  originale,  however— and  this  is  what 
probably  happens  in  the  majority  of  cases— through  ac 
relapse  of  gods  into  demons.  An  Ullis tration  of  the  latter 
is  the  Hesiodic  cosmogony.  The  weather-myth  which  the 
poet  has  elaborated  obviously  incorporated  ancient  m&rc>»««- 


ibl:c:il  x::z 
ith    n:>-±5 
ere  dorrlzj 
rer  rhe  p 

>uld   :t  5.i2:-5Tir::ri   i    r---!"  z.      .z     :     

lg  of  a  iiii    -^r^r^    z..-    -::    :_  —     _ 
iblical  a:rc:i:ir       Tir     -.:.•:—:_      .      :        .i- 

\-ine  orrr.-zc'zzzzt  ti. „    i    -z:.r-i      :::-.      -..ii 
A    sort    cf     iTEiz:  -     -       ..ri..   -.:  .      r -^i 
riking  antirh^iL;    -.-     rz^n.     i.     iir  .. 

^tains^  in  their   fc-ir-r  ■     nr    z— jr^rvr:.  :.:     _ 
lärchen-myth.     I:   :*tL.;.-i^    :    .    "zz-z-    .    -    .. 
lyths  which,  like  iiri   r---.»:-—   ir-:_.    _~-_-   ■ 
>    have   OTigir.ÄZfi    n.:r-:-fi.^-z:::       »      _•.  _     r_ 
arth,  but  also  :-    i^-t    — r--_^   -  — -.      r^  r.      : 
nother.     Evidc-:-r    zi'l  .^,r  --    :    z^r    ~_    - : . 
lany  of   these   5ari=    -     :    :-    -  -z..    .1    _      -^ 
lany    tropical    re-r.:^     i^      in.  .    :      l 

eluge  sagas    ('S:,'::fz;:..\''-^-       ..-?   •--*----:    : 
onflagration  (Sirtcc^i-*^ : :  j :  •      ^      -l -  ,-        .  •     - 
^as  destroyed,  nc:   17   *   r^..-*  -i.    1-  _: :     : . 
either  word  haa  rhe  z-rtiiz    '  v  i.:     :   iz:  ■     - 

sin),    with    which    pc^f.^r    t-  n :  :  r 

:.      Sint    (old  high' C-r-.:^   :-•     « "  1        - :     • 
ppeared  from  modern   Zrrrr-.i '   ^j^i  zzzi:\s 
intflut,  thus,   is  a  arLve^iz:    s.  i.f   r. ::.:  : 
>cal,   flood.      In  so  far,   ±e   -iri^    ::   ^::    ^-  . . 
onflagration  already  apprc^-ldite  ::   :•.-  :—,     . 
le  destruction  of  the  -R-orld.     X:--.   .;->   •:   , 
[le  flood  has  so  many  elenenrs  Li  c:::::va  ::  \^     . 
tabylonians  that  we  are  compelleJ  :o  a>>;:.-,' 
nd   hence  a  transference,  of  n:a:er:.r..       i".^. 
ingle  man  and  his  household,   the  rak::v.;    w 
he  ship,  its  landing  upon  the  suniinit  v >t   a     s^  " 
iispatching  of  birds  in  quest  of  laiul    ot   jV- 
ome    might    possibly    have    originaio.l     i»n^ '^''''^' 
iflferent   parts  of  the  earth.     The   rc>v-«^*  **   ^ 


R  THE    AGE    OF.    HEROES    AND    GODS       393 

itbr  a  further  step.  The  coimterpart  of  these  cosmological 
■■:»nceptions  is  projected  not  merely  into  a  past  which  marks 
2fthe  beginning  of  the  present  race  of  men^  but  also  into  the 
efuture.  Over  against  the  transitory  world-catastrophe  of 
;:the  universal  flood,  there  looms  the  final  catastrc^he  of  the 
jactual  destruction  of  the  world,  and  over  against  a  pre- 
liminary  judgment  of  the  past^  the  final  judgment,  at  which 
tfais  life  ends  and  that  of  the  yonder  world  begins. 

Thus,  we  come  to  the  myths  of  world  destruction^  as 
they  are   transmitted  in  the  apocalyptic  writings  of  later 
Israelitic   literature  and   in  the  Apocalypse  of  John,  who 
betrays  the  influenae  of  the  earlier  writers.     At  this  point 
we  leave  the  realm  of  myth  proper.     The  latter  is  always 
concemed  with  events  of  the  past  or,  in  extreme  cases,  with 
those  of  the  immediate  present.     No  doubt,  the  desires  of 
men   may    reach   out    indefinitely    into   the   future.     Myth 
narrative,    however,    in    the   narrower   sense  of   the   term, 
takes  no  account  of  that  which  lies  beyond  the  present. 
In  general,  moreover,   its  scene  of  action  is  the  existing 
world,    however    much    this    may    be   embellished    by   the 
imagination.     Myth    reaches    its    remotest     limit    in    cos- 
mogonies.    Even  here,  however,  no  absolute  limit  is  attained, 
for  the  world-creation  is  represented  as  having  been  pre- 
ceded  by  chaos.     The  idea  of  a  creation   out  of  nothing, 
which  dislodges  the  idea  of  an  original  chaos,  arises  i^<^ 
religious  needs  and  is  not  mythological  in  cliaracter.    Snni- 
larly,  the  apocalyptic  myth  of  world-destruction  has 
beyond  the  stage  of  the  myth  proper.      It  is  a  my 
conception,  which,  though  combining  elements  ol  4c 
mogonic  myth  with  fragments  of  märchen  and 
the  main,  the  expression  of  a  religious    need  1 
beyond.      These   myths,    therefore,    are    not 
creations,  as  are  the  cosmogonic   myths,  mt  lam.   ^  -a^n 
They  are  the  product  of  religious  reflcctia».  ait    ^^^   _^ 
they  are  dominated  primarily  by  the  de 
righteous  in  his  hopes  and  to  terrify 
the  history  of  the  cosmogonic  myth 
peculiarly  inverted  form.     With  the 


Ä8    THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   395 

jidjj^herent  cosmogony,  began  to  appropriate  celestial  myths, 
■filtl^«^  of  a  life  after  death  and  of  a  world  beyond  wcre 
tfbiceady  in  existence.     Some  of  these  ideas,  indeed,  date 
to  an  early  period. 
It  is  an  extremely   significant  fact  that,  wherever  we 
:^i:BXi  traoe  their  development  at  all,  these  ideas  of  a  beyond 
^^Uow  the  same  definite  and  orderly  course.     The  direc- 
^^n  of  this  development   is  determined  not   only   by  the 
ggSOsmogonic  myth  but  also  by  the  ideas  regarding  the  soul. 
^g^The  formation  of  ideas  of  a  beyond  is  impossible  without  a 
^^world-^view  transcending  the  limits  of  earthly  existence  ;   the 
Q  Jatter,  however,  results  from  the  necd  of  ascribing  to  the  soul 
^a  continuance  after  death.    This  need,  of  course,  is  not  an 
^,  original  one,  but  is  essentially  conditioned  by  the  age  of  gods. 
^  Among  primitive  peoples,  the  beginnings  of  a  belief  in  a  life 
^  after  death  are  to  be  found  chiefly  in  connection  with  the  fear 
jg  of  the  demon  of  the  dead«  who  may  bring  sickness  and  death 
1^  to  the  living.     But  just  as  the  fear  is  of  sho.rt  duration,  ßo 
^  also  is  the  survival  after  death  limited  to  a  brief  period. 
I    On  a  somewhat  more  advanced  stage,  as  perhaps  among 
the  Soudan  peoples,  most  of  the  Melanesian  tribes,  and  the 
j    forest-dwelling  Indians  of  South  America,  it  is  especially 
.    the  prominent  men,   the   tribal  Chiefs,  who,  just  as  they 
survive  longest  in  memory,  are  also,  supposed  to  enjoy  a 
longer  after-life.      This  conception,   however,  remains  in- 
definite and  of  a  demoniacal  charactcr,  just  as  do.es  that  of 
the  soul.     In  all  of  these  conceptions,  therefore,  the  dis- 
embodied  soul  is  represented  as  remaining  within  this  world. 
It  continues  its  existence  in  the  environment ;  as  .yet  there 
is  no  yonder-world  in  the  strict  s^ense  of  the  word.     It  is 
important,  moreover,   to  distinguish  the  early  ideas  of  a 
beyond  from  the  above-mentioned  celestial  märchen  which 
narrate  how  certain  human  beings  ascended  into  heaven. 
The    latter   are   purely   märchen   of    adventure,    in    which 
sun,   moon,   stars,  and  clouds,  as  well  as   the  terrestrial 
monsters,  dwarfs,  gnomes,  etc.,  are  conceived  of  as  belong- 
ing  to  the  visible  world.     Indeed,  these  celestial  travellers 
are  not  infrequently  represented  as  returning  uphannr^ 


'*» 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   397 

.eas  of  a  beyond,  are  the  myihs  of  the  nether  world. 
iiese  for  the  first  time  teil  of  a  beyond  which  is  by  its  very 
ature  inaccessible  to  human  beings,  or  which  is  visited  by 
nly  a  few  divinely  privileged  hexoes,  such  as  Hercules^ 
»idysseus^  and  ^neas.  As  a  third  and  last  form  of  ideas 
l  a  beyond,  we  may  mention  those  of  a  heaven,  where 
well  the  dead,  in  the  presence  of  the  gods.  As  a  rule, 
owever,  this  heavenly  beyond  does  not  lead  to  the  dis- 
ppearance  of  the  nether  world.  Rather  are  the  two  worlds 
^t  over  against  each  other,  as  the  result  of  the  enhancement 
f  an  antithesis  which  arose  6ven  in  oonnection  with  the 
salms  of  the  nether  world.  The  heaven  becomes  the  abode 
f  the  blessed,  of  the  devout  and  righteous,  the  favoured  of 
le  gods  ;  the  und^ii^orld  continues,  at  the  outset,  to  be  the 
vt  of  the  majority  of  human  beings.  The  growing  desire 
>  participate  in  the  joys  of  blessedness,  then  causes  the 
rivilege  which  was  at  first  enjoyed  only  by  a  minority  to 
ecome  more  universal,  and  the  underworld  is  transformed 
ito  the  abode  of  the  guilty  and  the  condemned.  Finally, 
eaven  becomes  possible  even  for  the  latter,  througb  the 
;ency,  more  particularly,  of  magical  purification  and 
sligious  ecstasy. 

Of  the  various  ideas  of  the  beyond  that  successively 
rise  in  this  development,  those  regarding  the  underworld 
re  the  most  common  and  the  most  permanent.  This  is 
robably  due  in  no  small  measur«  to  the  custom  of 
irying  the  corpse.  Here  the  entrance  into  the  under- 
orld  is,  to  a  certain  extent,  directly  acted  out  before 
le  eyes  of  the  observers,  even  thougfa  the  mythological 
lagination  may  later  create  quite  a  different  picture  of 
le  event.  The  custom  of  burial,  however,  cannot  havc 
ten  the  exclusive  source  of  these  ideas,  nor  perhaps  even 
le  most  important  one.  In  the  Homeric  world,  the 
>rpse  was  not  buried,  but  burned'.  And  yet  it  is  to 
omer  that  we  owe  one  of  the  dearest  of  the  older 
^scriptions  of  the  underworld,  and  it  can  scarcely  be 
mbted  that  the  main  outlines  of  this  picture  were  derived 
am  populär  conceptions.     As  a  matter  of  fact^  there 


THE  ACE  OE  HEROES  AND  GODS   399 

^•r  the  underworld  was  itself  regarded  as  including,  bcsides 
r^ices  of  horror,  brighter  regions,  into  which,  either  through 
*c  direct  favour  of  the  gods  or  in  accordance  with  a 
dgment  pronounced  upon  the  dead,  the  souls  of  the  pure 
.  jd  righteous  are  received.  As  a  result  of  the  division 
^  liich  thus  occurred,  and  of  the  antithesis  in  which  these 
,"  oages  of  the  beyond  came  to  stand,  pain  and  torment  were 
dded  to  the  impressions  of  horror  and  hopelessness  which 
jut  original  conceptions  of  the  underworld  aroused.  The 
l'ontrasts  that  developed,  however,  did  not  prevent  the  under- 
^~rorld  from  being  regarded  as  including  both  the  region  of 
^^'lain  and  that  of  bliss.  This  seems  to  have  been  the  preva- 
f^'cnt  notion  among  Semitic  as  well  as  Indo-Germanic  peoples. 
^^Tbe  Walhalla  of  the  Germans  was  also  originally  thought  to 
^  be  located  in  the  underworld,  and  it  is  possible  that  it  was  not 
^^transferred  to  the  heavens  until  the  advent  of  Christianity. 
"^^For,  indeed,  we  are  not  familiär  with  Germanic  mythology 
^^  except  as  it  took  form  within  the  period  in  which  Christianity 

*  had  already  become  widespread  among  the  German  tribes. 
f '        An  important  change  in  the  ideas  of  the  beyond  now 
^^  took  place.    The  Separation  of  the  abodes  of  spirits  gradually 
"^  led  to  a  distinction  between  the  deities  who  were  regarded 
^  as    the    rulers    of    the    two    regions.      Originally,  so    long 

as  only  the  fear  of  death  found  expression  in  the  un- 
^  varying  gloom  of  the  underworld,  these  deities  were  but 
■    vaguely  defined.      The  conceptions   formed  of  them  seem 

*  to  have  reflected  the  ideas  of  rulership  derived  from  real 
^    life,  just  as  was  true  in  the  case  of  the  supermundane  gods. 

Indeed,  the  origin  of  the  more  definite  conception  that  the 
underworld  is  a  separate  region  mied  by  its  own  gods, 
must  probably  be  traced  to  the  influence  of  the  ideas 
of  celestial  gods.  But  there  is  ä  still  more  primitive 
feature  of  myths  of  the  beyond,  one  that  goes  back 
to  their  very  beginnings,  and  that  long  survives  in  saga 
and  märchcn.  This  is  the  preference  shown  bjr  myths 
of  the  nether  world  for  female  beings,  wheiher  as 
su|>ortiinate  personißcations  of  fear  or  as  deities.  Not  only 
is  the  ideal  of  beauty  and  grace  thought  of  as  a  femalo 


:  H  THE    AGE    OF.    HEROES    AND    GODS       401 

xswith  all  those  feelings  that  caused  tlie  underworld  to  be 
siregarded  as  a  realm  of  shadows  and  of  terrifying  darkaess. 
r  ilt  was  the  combination  of  all  these  factors^  and  not  any  Single 
^sone  of  them— least  of  all,  a  rektively  secondary  one,  such 
rjiÄS   the   sunset— that   created  and   so   long  maintained  the 
9;  potency  of  this  most  permanent  of  all  the  ideas  of  a  beyond. 
2        Mention  should  also  be  made  of  the  influence  exerted, 
r;  even  at  an  early  time,  by  soul-ideas.     At  the  beginning 
;*  of  the  heroic  age,  it  was  almost  universally  believed  that 
^2  after  death  all  human  beings  lead  a  duU,  monotonous  life 
^  under  the  earth,  or,  as   Homer  portrayed  it,  heightening 
j   the  uniformity,   that  all   lapse   into  an   unconscious  exist- 
c    cnce.     Obviously  these  ideas  were  determined,  in  part,  by 
r    the  phenomena  of  sleep  and  dreams.    Just  as  death  seemed  a 
■    protracted  sleep,  so  did  the  dream  come  to  foreshadow  the 
f    life  after  death.    The  characteristics  of  dream  inaages,  there- 
fore,  came  to  be  attributed  to  the  souls  of  the  underworld. 
The  latter,  it  was  thought,  are  visible,  but,  like  shadows, 
thcy  elude  the  band   that  grasps   them  and   move  about 
fleetly  from  place  to  place.     This  shadow-existence  is  a 
fate  that  is  common  to  all.     It  is  only  exceptionally  flagrant 
transgressions  against  the  gods  that  call  forth  punishments 
which  not  merely  overtake  the  guilty  in  this  world  but  may 
also  continue  in  the  next.     Such  figures,  therefore,  as  are 
described  in  connection  with  Odysseus*  joumey  to  Hades— 
Sisyphus,  who  must  unceasingly  roll  uphill  a:  stone  that  is 
consuntly  rolUng  back,  and  Tantalus,  who  languishes  with 
hopeless  desire  for  the  fruits  suspended  above  his  hcad— 
are   not   as    yet    to    be  regarded   as    expressing  ideas   of 
retribution,  even  though  they  may  be  anticipatory  of  them. 
Perhaps,    also,    it    is    not    without    significance   that    these 
accounts  are  probably  later  accretions,  of  which  the  Homeric 
poems    contain    a    considerable    number,    particolarly    the 
Odyssey,  which  is  so  rieh  in  märchen  elements. 

Gradually,  however,  that  which  at  first  oocurs  only  in 
occasional  instances  becomes  more  universal ;  the  distmc- 
tion  in  destinies  comes  to  be  regarded  as  applymg  generaEv. 
The  earlier  and  exceptional  cases  of  cntrancc  itio  ^  ^ 

a7 


^*  THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       403 

iflft^  of   iat  special   region  of  thie  undenirorld,  allotted  to 

jt^ois^  cult-associates  who  have  been  particularly  meritorious 

A  the  Performance  of  religious  duties.     These  will  enter 

mto  Elysium^  a  vale  of  joy  and  splendour  which,  though  a 

n[»art  of  the  ^^derworld,   is  nevertheless  remote  from  the 

'^rtgions  of  sorrow.     Here  the  blessed  will  abide  after  death. 

jThis  Elysiiun  is  no  longer  a  distant  island  intended  as  a 

l^refuge  for  occasional  individuals,  but  belongs  to  the  estab- 

^lished  Order  of  the  underworld  itself .     In  the  sixth  book  of 

'the  iEneid^  Virgil  has  sketched,  with  poetic  embellishments, 

^a  graphic  picture  of  this  abode  of  the  blessed  as  it  was  con- 

'  üeived,  in  his  day,  under  the  confluence  of  ancient  mythical 

traditions   and  new   religious   impulses— a  portrayal  which 

forms  perhaps  the  most  valuable  part  of  the  whole  poem. 

For^  in  it,  the  poet  presents  a  living  jMCture  of  what  was 

believed  and  was  striven  for  by  many  of  bis  contemporaries. 

In  dosest  connection  with-  thb  Separation  of  realms  in 

the  underworld,  is  the  introduction  of  judgeship.    It  devolves 

upon  the  judge  of  the  underworld  to  determine  whether  the 

soul  is  to  be  admitted  to  the  vale  of  joy  or  is  to  be  banished 

into  Orcus.     It  is  significant  that,  in  his  picture  of  the 

underworld,    Virgil    entrusts    this    judgeship    to    the    same 

Rhadamanthus  with  whom  we  are  familiär  from  the  Odyssey 

as  the  ruler  of  the  distant  island  of  the  blessed.     Obviously 

the   poet   himself   recognized   that   these   later   conceptions 

developed  from  the  earlier  idea  that  salvation  comes  as  a 

result  of  divine  favour.     After  the  Separation  of  the  region 

of  the  blessed  from  that  of  the  outcasts,  a  further  division 

is  made  ;   the  two  regions  of  the  underworld  are  partitioned 

into  subregions  according  to  degrees  of  terror  and  torment» 

on  the  one  band,  and  of  joy  and  blessedness,  on  the  other« 

Gradations  of  terror  are  first  instituted,  those  of  blessedness 

following  only  later  and  in  an  incomplete  form.    The  subjec- 

tive  factor,  which  precludes  differences  in  degree  when  joy  is 

at  the  maximum,  is  in  constant  rivalry  with  the  objective 

consideration  that  the  merits  of  the  righteous  may  differ, 

and,  therefore,  also  their  worthiness  to  enjoy  the  presence 

of  the  deity.     In  contrast  with  this,  is  the  much  strongor 


404        ELEMENTS   OF    FOLK    PSYCHOLOGY 

influence  exerted  by  the  factor  of  punishhient.    The  shiar 
existence  of  souls  in  Homer*s  Hades  is  not  regardedasi 
penalty»  but  merely  as  the  inevitable  result  of  depamirefas 
the  circle  of  the  living.     Only  when  the  hope  of  £l;sc 
faas  become  just  as  universal  as  the  fear  of  Hades,  does  it 
latter  become  a  place  of  punishment,  and  the  former  a  icgc 
of  rewards.    Just  as  language  itself  is  very  much  riderx 
words  denoting  forms  of  suffering  than  in  those  for  joy,a 
also  does  the  mythological  imagination  exhibit  much  grox 
fertility  in  the  portrayal  of  the  pains  of  the  underworld  is. 
in  the  glorißcation  of  the  Elysian  fields.     All  the  horrontte 
human  cruelty  can  invent  are  carried  over  from  the  ju^ 
administration  of  this  world  into  that  of  the  beyond.    Gndi- 
tions  in  tTie  magnitude  of  punishments  are  reflected  in  tke 
location  of  the  regions  appointed  for  them.     The  decpeS 
region  of  the  underworld  is  the  most  terrible.     Above  tius, 
is  the  place  where  those  sojoum  who  may  enter  Elyshnn 
at  some  future  time,  after  successfully  completing  a  pcriod 
of  probation. 

The  contrast  which  first  appears  in  tbe  form  of  a  Separa- 
tion of  the  realms  of  torment  and  blessedness,  of  punishment 
and  reward,  is  then  carried  to  a  further  stag^e^  again  bj 
the  aid  of  ideas  of  a  spacial  gradation.  No  longer  are 
all  mortals  compelled  to  enter  the  underworld  ;  this  not 
only  loses  its  terrors  for  the  blessed,  but  the  righteous  and 
beloved  of  the  giods  are  not  required  to  descend  into  it 
at  all.  Their  souls  ascend  to  heaven— a  lot  reserved  in 
olden  times  exclusively  for  heroes  who  were  exalted  into 
gods.  With  this,  the  Separation  becomes  complete  :  the 
souls  of  the  righteous  rise  to  the  bright  reahns  of  heaveiii 
those  of  the  godless  are  cast  into  the  depths.  Among 
both  the  Semitic  and  the  Indo-Germanic  peoples,  the  anti- 
thesis  of  heaven  and  hell  was  established  at  a  relatively 
late  pcriod.  Its  first  clear  devrelopment  is  probably  to  bc 
found  among  the  ancient  Iranians,  in  connection  with  the 
early  cosmogonic  myths.  Here  the  battle  which  the  creation- 
myths  of  other  cultural  peoples  represent  as  bcing  fought 
between   gods   and   demons   is   portrayed  as   the   struggle 


Hg  THE    ACE    OE   HEKOES    ANQ   GODS       405 

^if   iwo  divine  beings.      One  of  thtse  is  thought  to  rule 

^  nrer  tte  regions  of  light  above  the  earth  and  tbe  other 

^^^^^^^  the  subterranean  darkness.    True,  this  contrast  is  also 

,,3rought  out  in  the  battles  described  by  other  peoples  as 

^^oetween    gods    and    demons^    and    this   surely    has    been 

"a    fsActor    leading    to    the    incorporation    of    the    Iranian 

myth  into  the  ideas  of  the  beyond  elsewhere  entertained. 

/the  distinctive  feature  of  Iranian  cosmogony  and  that  which 

tgave  its  dualism  an  unusual  influenae  upon  religion  and  cult 

18  the  fact  that  the  original  cosmic  war  was  restricted  to  a 

Single   hostile   pair  of  gods,   Ormuzd     (Ahuramazda)   and 

^'Ahriman  (Angramainju).     Here  also,  however,  Ahriman  is 

■^  the  leader  of  a  host  of  demons— a  clear  indication  that  the 

^  myth  is  based  on  the  universal  conception  of  a  battle  with 

^  demons.    This  similarity  was  doubtless  all  the  more  favour- 

'  able  to  the  influence  of  the  Iranian  dualism  upon  other 

-^  religions,  inasmuch  as  the  Separation  of  ideas  of  the  beyond 

^   had   obviously   already   quite   generally  taken   place   inde- 

^    pendently  of  such  influence,  having  resulted  from  imiversal 

motives  of  cult.    The  fact,  however,  that  the  battle  was  not 

waged,  as  in  other  mythologies,  between  gods  and  demons, 

but  between  two  divine  personalities,  led  to  a  further  essential 

change.     The  battle  no  longer  takes  place  on  the  earth, 

as  did  that  of  Zeus  and  the  Titans,  but  between  a  god 

of  light,  enthroned  on  high,  and  a  dark  god  of  the  under* 

world.     This    spacial    antithesis    was    probably    connected 

by    the   ancient   Iranians   with   that  of  the  two   ideas   of 

the    soul,    the   corporeal   soul,   fettered  to   earth,  and  the 

Spiritual  soul,   the  psyche,  soaring  on  high.    Herein  may 

possibly   lie    the   explanation    of   a   curious    custom  which 

markedly    distinguished    the    Iranians    from    other    Indo- 

Germanic  peoples.     The  former  neither  buried  nor  bumed 

their  dead,  but  exposed  them  on  high  scaffolds,  as  food 

for    the    birds.     It    ahnost    seems    as   though    the    '  plat- 

form-disposal/   commonly   practised   in   totemic   times  and 

mentioned    above    (p.    216),    had    here    been    taken    over 

into  later  culture  ;    the  only  change  would  appear  to  be 

that,  in  place  of  th«  low  mound  of  earth  upon  which  tf 


«     THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   407 

''^umeys  to  which  dream  association  readily  gives  rise  in 
%e  expectant  and  excited  consciousness  of  the  sleeper. 
Vndeed,  it  is  not  improbable  that  the  narrative  is  based  on 
^ctual  dream  images.  Had  not  the  appearance  of  the  dead 
Sn  dreams  already  led  to  the  belief  in  a  shadow-soul,  whicfa 
IBOW  joumeys  to  this  distant  world?  The  division  of  the 
celestial  realms,  in  these  mythical  works,  fluctuates  between 
the  numbers  three  and  seven— the  two  numbers  held  sacred 
par  exceltence.  In  the  Second  Epistle  to  the  Corinthians^ 
the  Apostle  Paul  teils  of  ä  dream-vision  in  which,  years 
before,  he  was  caught  up  to  the  *  third  heaven  *  of  paradise. 
Under  the  influenae  of  expiatory  rites,  which  wcre 
zealously  practised  even  by  the  ancient  mystery  cults,  these 
two  worlds,  the  subterranean  hell  and  the  celestial  paradise, 
were  supplemented  by  a  third  region.  This  development 
was  also  apparently  of  Iranian  origin.  The  region  was 
held  to  be  a  place  of  purification,  where  the  soul  of  the 
sinner  might  be  prepared,  through  transitory  punishments 
and  primarily  through  lustrations,  for  entrance  into  the 
heavenly  realm.  Purgatorial  lustration,  after  the  pattern  of 
terrestrial  cult  ceremonies,  was  believed  to  be  effected  by 
means  of  Are,  this  being  regarded  as  the  most  potent 
lustrical  agency,  and  as  combining  the  function  of  punish- 
ment  with  that  of  purification.  Dante's  •*  Divine  Comedy  " 
presents  a  faithful  portrayal  of  these  conceptions  as  they 
were  finally  developed  by  the  religious  Imagination  of 
mediaeval  Christianity  out  of  a  mass  of  ideas  which  go  back» 
in  their  beginnings,  to  a  very  ancient  past,  but  which  con- 
tinually  grew  through  immanent  psychological  necessity. 
Dante's  account  of  the  world  beyond  incorporates  a  further 
Clement.  It  teils  of  a  gjuide,  by  whom  those  exceptional  indi- 
viduals  who  are  privileged  to  visit  these  reahns  are  led,  and 
by  whom  the  varidus  souls  are  assigned  to  their  future 
dwelling-places.  The  first  of  the  visitors  to  Hades,  Hercules, 
was  accompanied  by  deities,  by  Athena  and  Hermes.  Later  it 
was  one  of  the  departed  who  served  as  guide.  Thus,  Virgil 
was  conducted  by  bis  father,  and  Dante,  in  tum,  was  led  by 
Virgil,  though  into  the  realras,  of  blessedness,  closed  to  t) 


ri  THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       409 

Store  surely  than  individual  prayers  could  do,  early  led 
■^  cult  alliancesy  whose  object  it  was  to  minister  to  these 
ither-worldly  hopes.  None  of  these  alUances,  however,  was 
ijoncemed  with  obtaining  salvation  for  all ;  on  the  con- 
2rary,  all  of  them  sought  to  limit  this  salvation  to  a  few, 
:n  the  belief  that  by  such  limitation  their  aim  would  be 
rnore  certain  of  realization.  These  cults,  therefore,  were 
shrouded  in  secrecy.  This  had  ä  twofold  purpose.  On 
jtfae  one  band,  it  increäsed  the  assurance  of  the  members 
:in  the  success  of  their  magical  incantations— a'  natural  result 
of  the  fact  that  these  rites  were  unavailable  to  the 
masses ;  on  the  other  band,  it  augmented  the  magical 
power  of  the  incantations,  inasmuch  as,  according;  to  an 
associative  reaction  widely  prevalent  in  the  field  of  magical 
ideas,  the  mysterious  potency  of  magic  led  to  a  belief  in 
the  magical  effect  of  secrecy.  The  influence  of  these  ideas 
had  manifested  itself  in  much  earlier  times,  giving  rise,  on 
the  transitional  stage  between  totemism  and  the  deity.  cults,^ 
to  the  very  numerous  secret  societies  of  cultural  and  semi- 
cultural  peoples.  At  this  period,  these  societies  were  prob- 
ably  always  the  outgtowth  of  the  associations  of  mediciue* 
men,  but  later  they  sometimes  included  larger  circles  of 
tribal  members.  As  is  evident  particularly  in  the  case  of 
the  North  American  Indians,  such  societies  frequently  con- 
stituted  restricted  religious  groups  within  the  clans— groups 
which  appear  to  have  taken  the  place  of  the  earlier  totemic 
associations.  In  harmony  with  this,  and,  perhaps,  undet 
the  influence  of  the  age-groups  in  the  men*s  clubs,  there 
was  originally  a  gradation  of  the  members,  based  on  the 
degree  of  their  sanctification  and  on  the  extent  of  theit 
participation  in  the  mystic  ceremonies.  In  peculiar  contra* 
diction  to  the  secrecy  of  such  associations,  membership  in 
one  of  its  classes  was  betrayed,  during  the  festivals  of  the 
cult  groups,  by  the  most  striking  extemal  sig^  possible, 
such  as  by  the  painting  of  the  bod!y  or  by  other  forma  of 
decoration.  Moreover,  on  the  earlier  stages  of  culture,  the 
interest  of  all  these  secret  societies  was  still  centred  mainly 
on  things  connected  with  this  world,  such  as  prosperity  of 


m        THE  AGB  OF  HEROES  AND  GODS   411 

la^ipulses.     It  is  for  this  very  reason  that  the  future,  which 

^1^  mystic  already  enjoys  in  anticipation»  comes  to  be  ex- 

^^^;asively  the  reward  of  the  devout.     It  b  not  vouchsafed  to 

^Awß  moral  man  who  Stands  outside  the  pale  of  these  religious 

^  j^fsociations,  for  his  activity  centres  about  this  world.     At 

^gy  mnch  earlier  period,  however,  these  ideas  became  com- 

,-gilied  with  ethical  motives  of  retribution.     If,  accordingly^ 

^^.le  two  motives  again  become  entirely  distinct  at  this  decisive 

^-^iiming-point  of  religious  development,  this  only  signifies 

^^hat,  in  themselves,  they  are  of  diflferent  origin,  and  not  that 

_g.rom  early  times  forward  there  were  no  forces  making  for 

^^:heir  union.      These   forces^   however^   were  not  so  much 

^internal  as  extemal  in  character.    They  did  not  spring  from 

^tlie  religious  experiences  themselves,  nor,  least  of  all^  from 

-the   ideas  of  the   beyond.     Their  source   is  to  be  found 

.  ,primarily  in  a  transference  of  the  relations  of  the  earthly 

_J  State  to  the  divine  State,  as  a  residt  of  which  the  ruler  of 

^the  latter  was  exalted  to  the  position  of  lawgiver  in  the 

.  kingdom    of    men    no    less    than    in    that    of    the    gods. 

Proofs    of    this    transference    are    to    be    found    in    the 

.  most  ancient  customs  and  legal  enactments  of  alt  regions. 

•     Either  the  ethical  and  religious  commandments  are,  both 

^    alike,    supposed   to    be   the   very  utterances   of  the  deity, 

as    in    the    case    of    the    Mosaic    decalogue,    or,    as    is 

illustrated  by  the  Babylonian  code  of  Hammurabi,  an  earthly 

niler  expressly  promulgates   his   hw  in  the  name  of  the 

deity,  even  though  this  law  is  essentially  restricted  to  legal 

and  ethical  norms.     Thus  it  came  about  that  every  ethical 

transgression  acquired  also  a  religious  significance.      The 

ethical  norm  was  not,  at  the  outset,  religious  in  sanclion,  as 

is  usually  believed  ;   it  acquired  this  character  only  through 

the  medium  of  the  world-ruling  divine  personality.     Never- 

theless,    the    union    of    the    ethical    and     the     religious 

gradually  caused  the  ideia  of  retribution,  which  originally 

had   no  ethical  significance   whatsoever,  to   force  its  way 

into   the  conceptions   of   the   beyond.     It   was   essentially 

in   this   way  that  ethical  transgressions  came  to  be  also 

religious  offences,  whereas,  on  the  other  band,  the  rewards 


*   THE  AGE  OF  HEROES  ANO  GODS   ^13 

.  ^btles8>  however^  ibe  idea  of  transmigration  is  doimected 
^\  tte  fact  that;  b^inning  whh  the  totemic  age  and 
ending  far  down  into  tbe  period  of  deity  belief s^  tfae 
^'kie  placed  on  animals  underwent  a  change.  For  the 
^3tralian^  the  animal  is  an  object  of  cult,  and  the  totem 
'iimal  is  frequently  also  regarded  as  tfae  incamation  of 
B;  ancestor  or  of  some  magical  being  of  antiquity  ;  the 
Bbaierican  Indian  calls  the  animals  his  eider  brothers  ;  Her- 
iles,  the  hero  of  the  beroic  age^  is  honoured  because, 
aiong  other  things,  he  was  instrumtotal  in  exteitninating 
ild  animals.  This  change^  moreover^  is  reflected  in  animal 
lyths  even  more  than  in  these  general  evaluations.  Indeed^ 
-ansformation  into  animals  is  a  (dominant  characteristic 
f  these  myths.  Tracing  the  conception  of  this  magical 
rocess^  however,  we  find,  step  by  step,  a  progressive 
i^^radation  of  the  animal.  In  Australian  legends^  animal 
ndi  man  are  either  absolute  lequals  or  the  animial  is  thei 
aperior^  being  endowed  with  special  magical  powers.  In 
maerican  märchen-myths  also,  we  still  frequently  find  the 
ame  conception,  älthough  transformation  into  an  animal 
I  here  sometimes  regarded  as  a  disgrace.  Finally,  in  many 
Lfrican  myths,  and,  particularly,  in  those  of  the  cultural 
»eoples  of  the  ancient  world,  such  a  transformation  is  re- 
;arded  either  as  a  serious  injury  resulting  from  evil  magic 
T  as  ä  punishment  for  some  crime.  We  may  well  suppose, 
herefore,  that  the  Brahmans,  who  first  incorporated  this 
dea  into  the  religious  conceptions  of  retribution,  were  influ- 
:nced  by  the  ideas  currcnt  in  populär  belief,  which,  on  thfeir 
»art,  represented  the  last  development  of  earlier  totem  con- 
eptions.  These  ideas  may  also  have  been  reinforced  by  the 
»elief  (not  even  yet  entirely  extinct)  in  souI  animals^  into 
^hich  the  psyche  disappears  at  the  moment  of  death. 
\^ether  the  Brahmans  had  as  yet  comfe  to  the  notion  thiat 
ransformation  into  an  animal  is  a  simpler  and  more  natural 
rsiy  of  conceiving  the  future  of  the  souI  than  ideas  of  a 
upermundane  and  a  subterranean  beyond,  need  not  con* 
em  US.  In  any  event,  it  is  noteworthy  that,  after  scicnce 
lad  closed  the  path  to  beaven  as  well  as  that  to  Hade* 


m      THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   415 

^.ckness  to  it.  These  are  all  mythologica)  ideas,  yet  to 
them  religious  would  obviously  leave  one  with  a  most 

oc  conception  of  religion.  Similarly,  moreover^  not  every 
, .  relating  to  things  beyond  iinmediate  reality  is  a  religious 

*:•    Wiinding  a  cord  about  a  tree,  for  example,  migbt  con- 

ate  part  of  a  magic  cult  which  aims  at  certain  beneficent 
i^pemicious  results  through  the  aid  of  demons  of  sozne 

t.  There  is  no  ground^  however^  for  identifying  these 
It  activities  with  deity  cult.     From  the  very  beginning^ 

oourse^  every  cult  is  magical.  Bat  there  are  important 
fferences  with  respect  to  the  objects  upon  which  the 
igic  is  exercised.  The  same  is  true  with  respect  to 
e  significance  of  the  cult  action  within  the  circle  of 
ssible  magic  actions  and  of  the  derivatives  which 
adually  displace  the  latter.  In  view  of  this,  it  is  un- 
niable  that,  in  deiiy  cult,  the  cult  activity,  in  part^  assumes 
w  forms,  and,  in  part,  and  primarily,  gains  a  new  content. 
ior  to  the  belief  in  gods,  there  were  numerous  demon 
Its,  as  well,  particularly,  as  Single,  fragmentary  cult 
actices  presu{^sing  demoniacal  powers.  Moreover,  these 
mon  cults  and  the  various  activities  to  which  they  gave 
«>  passed  down  into  the  very  heart  of  deity  cult. 
le  question  therefore  arises,  What  marks  shall  deter- 
ine  whether  a  deity  cult  is  religious  in  character? 
lese  marks,  of  course,  may  be  ascertained  only  by  refer- 
ce  to  that  which  the  general  consensus  of  opinion  unites 

calling  religious  from  the  Standpoint  of  the  forms  of 
ligious  belief  prevalent  to-day.     From  this  point  of  view, 

religious  significance  may  be  conceded  to  a  deity  con- 
ption  if,  in  the  first  place,  it  possesses  by  its  very  nature — 
at  is,  objectively— an  ideal  worth,  and,  since  the  ideal 
mscends  reality,  a  supersensuous  character  ;  in  the  Kcond 
ice,  it  must  satisfy  the  subjective  need  of  man  for  an 
12A  purpose  of  life.  To  one  outsidc  of  the  particular 
It  conununity,  the  value  of  this  ideal  may  be  but  slight  5 
the  Community,  however,  at  the  time  when  it  is 
gaged  in  the  cult  practices,  the  ideal  is  of  highest  worth. 
i  the  cmbodiments  of  the  Ideals  just  mentioned,  the  gods  ar- 


Ä    THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       417 

BisTiag^WoTld,  the  Semitic  and  Indo-Germanic  peoples  must 

«iW^garded^  to  say  the  least^  as  the  most  important  repre- 

^p  il^tives  of  religious  Ideals  ;  in  the  New  World^  prior  to  the 

p   T^giig  of  the  EuropeanSy  this  distinction  belongs  to  the  cul* 

peoples  of  the  Andes,  the  Mexicans  and  the  Peruvians. 

^agh  the  religion  of  these  latter  races,  no  less  than  the 

phases  of  their  culture,   was  of  a  cruder  sort  than 

of  the  former  peoples,  it  frequently  throws  a  remark- 

^^^  light  upon  the  initial  stages  of  many  forms  of  cult. 

^'  ^  Gourse,  there  is  never  a  sharp  Separation  of  periods  ; 

£^  ^srmediate  stages  are  always   to   be  found.     The  latter 

f'.^Qlt,    particularly,    from    two    conditions.     On    the    one 

^  ^^d,  a  deity  cult  may   be  inaugurated  by  the  introduc- 

^^"ä  of  elements   of  a   celestial   mythology   into  the  still 

«     ''xninant  magical  cults.    In  this  case^  it  is  important  to  note, 

ity  myth  is  usually  far  in  advance  of  deity  cult.     This 

^      exemplified  in  Polynesia,  where  we  find  a  rieh  theogony 

^ongside  of  cults  that  have  not  advanced  essentially  beyond 

!^^ie  stage  of  totemic  magic  belief s.    On  the  other  hand,  how- 

/er.   a   people   whose   civilization    is   still,   on   the   whole, 

^  ^jtemic,  may  be  influenced  by  the  deity  cults  of  neighbour- 

^^4g  cultural  peoples,  and,  as  a  result,  fusions  of  various  sorts 

nay  occur.    Of  this,  also,  the  New  World  affords  instructive 

sxamples,  namely,  the  Pueblo  peoples  of  New  Mexico  and 

..\rizona,  who  were  influenced  by  Mexican  culture. 

In  the  soul-life  of  the  individual,  action,  together  with 
the  feelings  and  emotions  fundamental  to  it,  have  the 
primacy  over  ideation.  The  same  psychological  fact  univer- 
sally  accounts  for  the  superior  importance  of  deity  cult  over 
,  deity  myth.  It  is  action  that  constantly  influences  ideas^ 
changing  and  strengthening  them,  and  thus  arousing  new 
emotions  which  stimulate  to  further  activitiea.  Thus,  the 
elevation  of  the  gods  into  ideal  beings  must  be  ascribed, 
in  great  part,  to  religious  cult,  for  it  came  about  as  a 
result  of  the  influence  which  the  emotions  associated  with 
cult  exercised  upon  the  ideas  of  the  gods.  Even  less  than 
the  mythological  thought  from  which  it  develops  does 
religious  reflection  consist  simply  of  ideas.     The  mythic»! 

28 


41 8       ELEMENTS    OF   FOLK    PSYCHOLOGY. 

tales  and  legends  into  which  ideas  are  woven  excke 
primarily  the  feelings  and  emotions.  These  it  is  that  cause 
the  exaltation  of  the  religious  consciousness^  giving  rise 
to  action,  which>  in  tum,  enhances  the  emotions.  If  any- 
where,  therefore,  it  is  in  the  psychology  of  religion  that 
intellectualism  is  doomed  to  failtire.  The  intellectualist  is 
imable  to  explain  even  the  fact  of  cult,  to  say  nothing  of 
those  effects  upon  religion  by  virtue  of  which  cuit  becomes 
religion's  creative  force.  While^  therefore,  there  are  cults 
— namely,  those  of  magic  and  dfemons— which,  for  specific 
reasons^  we  may  call  prereligious,  there  is  no  religion  wkb- 
out  some  form  of  cult,  even  though,  in  the  course  of  religious 
development,  the  extemal  phases  of  cult  may  diminish  in 
significance.  In  so  far,  cult  is  to  be  regarded  as  moutding, 
ratber  than  as  permanently  expressmg  religious  emotioiis; 
and  it  is  not  merely  an  effect,  but  also  a  source  of  religious 
ideas.  It  is  in  cult  that  deity  ideas  first  attain  their  füll 
significance.  By  giving  expression  to  his  desires  in  prayer 
and  sacrifice^  man  enjoys  a  foretaste  of  their  satisfacticm, 
and  this,  in  reaction,  enhances  not  only  the  desires  but  also 
the  mythological  conceptions  fundamental  to  them.  It  fa 
precisely  this  relationship  of  myth  to  cult  that  extends  far 
back  into  the  totemic  age  and  that  causes  the  dominant 
magic  cults  of  this  period  to  be  displaced  by  deity  cults 
as  soon  as  gods  have  arisen  through  a  synthesis  of  heroes 
and  demons.  This  accounts  for  the  fact  that,  in  the 
beginning^  of  religion,  the  worship  of  gods  always  con- 
tained  Clements  that  derived  from  the  age  of  demons.  But 
even  the  demon  cults  frequently  exhibit  one  feature,  par- 
ticularly,  that  remains  characteristic  also  of  religion  :  in 
the  cult  the  individual  feels  him'self  one  with  the  object  of 
worship.  This  is  clearly  shown  in  the  case  of  primitive  Vege- 
tation festivals.  Those  who  execute  the  orgiastic  cult  dances 
regard  themselves  as  one  with  the  spirits  of  veg'etatioi^ 
whom  they  wish  to  assist,  by  their  actions,  in  increasing  the 
productive  forces  of  nature.  Such  Vegetation  festivals  have 
already  been  described  in  our  accoimt  of  totemic  cults. 
Inasmu^^   *  present  not  only  the  highest 


THE    ACE    OK    HEROES    AND!   GODS       :4ift 

of  the  totemic  cults  but  even  partake^  in  part^  of  th« 
character  of  deity  cults,  it  was  necessary  to  refpr  to 
tbem  again  at  this  point.  Vegetation  festivals  still  prevail 
in  richly  developed  forms  among  some  of  the  tribes  of 
North  and  Central  America.  It  is  clear  that  they  represent 
primarily  a  transitional  stage,  for,  in  addition  to  totemic 
ideas,  demon  and  ancestor  beliefs  are  everywhere  mingled 
with  elements  of  a  celestial  mythology.  Spdrits  of  ancestors 
are  thought  to  be  seated  behind  the  clouds,  urging  the  rain 
demons  to  activity.  Above  them,  however,  are  celestial 
deities,  whose  abode  is  in  the  heavens,  and  to  whom  is 
attributed  the  supreme  control  over  destiny. 

Even  these  relatively  primitive  Vegetation  cults  mani- 
fest still  another  trait;»  which  later  comes  more  and  more 
to  characterize  all  cult;,  namely,  the  unlan  of  many  cult 
motives.  The  great  Vegetation  festivals  of  Central  America 
attract  not  only  those  in  health  but  also  the  sick.  The  latter 
are  in  search  of  healing.  Hence  there  come  to  be  special 
cults  alongside  of  those  that  serve  more  universal  needs, 
Moreover,  the  initiation  of  youths  into  manhood  is  also  cele- 
brated  during  these  great  festivals.  Finally,  the  individual 
seeks  to  expiate  some  sin  which  he  has  committed  in  the  past. 
Thus,  nimierous  supplementary  and  subsidiary  cults  Cluster 
about  the  great  cult  festivals.  This  was  true  even  of  the  cults 
that  reach  far  back  into  the  age  of  magic  and  demon  beliefs, 
when  gods  still  played  a  secondary  r61e,  and  conditions 
remained  the  same  up  to  the  time  of  the  highest  forms  of 
deity  cult.  Furthermore,  the  incentive,  or  impelling  motive, 
which  originally  brought  cult  members  together  for  these 
comprehensive  festivals  seems  everywhere  to  have  been  the 
same.  The  aim  in  view  was  to  secure  the  prosperity  of  the 
crops,  for,  on  the  threshold  of  this  higher  civilization,  these 
formed  man's  chief  food-supply.  The  prominence  of  this 
motive  in  the  earliest  deity  cults,  moreover,  indicates  that  the 
latter  were  genuine  products  of  the  general  culture  of  this 
period.  The  roving  hunter  and  nomad  were  giving  place 
to  the  settled  tiller  of  the  soil,  who  utilised  the  anomal  for 
the  Services  ^of .  man,  and  thus  engaged  more  systematical*** 


420        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY.  ] 

in  the  breeding  of  domestic  animals^  tfaougrh  also  perfectioi  ^ 
in  addition  to  the  arts  of  peace^  the  ag^encies  of  war.  1k  i 
nx>ti¥es  that  gradually  elevated  Vegetation  cults  to  a  h^  I 
plane  consisted  in  every  case  of  those  that  at  the  outset  foaoi  1 
expression  in  the  subsidiaiy  cults.     The  concem  for  it  ^ 
Spiritual  welfare  of  mankind  finally  supplanted  materiafisde 
purposes.     This    is    clearly   shown   by    the   history  of  Ae 
Greek  mystery  cults.     These,  however,  were  obviousfy  ■• 
fluenced,  particularly  ät  a  later  time,  by  the  similar  cuhs  i  \ 
thie  Egyptians,  as  well  as  by  the  Babylonians  and  othor  i 
peoples  of  westem  Asia.    Among  all  these  peoples^  the  duef  i 
cults  were  Vegetation  cults,  and,  as  such,  they  occurred  t  ^ 
stated   seasons.     In   the   Orient,    particularly,    the  festivab 
were   held  at  the  solstices.    Surviving  remnants  of  seed- 
time    and    harvest    festivals— which   were    solstice   festifdi 
and  were  prevalent   throughout  the  entire  Oriental  wodl 
--allow  US  to  conclude,  even  with'  respect  to  many  regin 
in   which   a   complete   historical   tradition  is   lacking,  Alt 
agricultural  festivals  probably  represent  the   earliest  deitj. 
cults.    Hence  it  is  that  these  remnants  still  contain  so  many 
elements  characteristic  of  demon  beliefs. 

It  is  the  contrast  of  spring,  of  newly  äwakened  Natore 
and  its  sprouting  and  growing  crops,  with  winter  and  its 
dying  Vegetation,  that  first  finds  expression  in  the  daty; 
myths  which  inspire  the  Vegetation  festivals.  The  more 
permanent  sigtiificance  of  these  cults,  however,  is  due  to 
the  fact  that  the  gods  of  Vegetation  gain  an  increasing 
sphere  of  influence.  The  reason  for  this  is  obviously  to 
be  found  in  the  fact  that  subsidiary  motives  come  to  be 
incorporated  into  the  main  cults  of  the  earliest  cultural 
peoples.  Om  factor  is  of  particular  ilmportance.  Thöugh  in- 
conspicuous  in  the  earliest  of  these  cults,  it  becomes  increas- 
ingly  prominent  as  the  cults  become  more  highly  developed. 
I  refer  to  hopes  of  a  beyond.  Of  course,  many  phases  of  the 
cult  remain  hidden  to  us.  Due  to  the  combinations  already 
mentioiied  and  to  the  incorporation,  in  this  case,  of  magical 
and  mystical  elements,  these  cults  acquired  a  secret  nature  in 
propprtiQn  as  thev  concemed  themselves  with  the  riddle  of 


THE  AGE  OF  HEROES  ANB  GÖDS   '421 

tbe  beyond.  The  more  carefully  the  individual  cult  xnember 
guarded  the  secrets  of  the  group,  the  richer  the  blessings  that 
he  might  hope  to  receive.  Nevertheless^  the  general  psycho* 
logical  motives  underlying  this  development  enable  us  to 
Supplement  the  historical  tradition.  In  this  way  it  is  possible 
to  gain  a  fairly  positive  knowledge  of  the  process  by 
which,  with  an  apparently  almost  universal  uniformity,  vege- 
tation  cults  came  to  combine  with  soul  cults.  The  ideas  of 
changing  seasons,  of  stunmer  and  winter,  of  the  budding  and 
the  withering  of  grain,  are  naturally  associated  with  those  of 
life  and  death.  Winter  and  bleak  nature  resemble  death ; 
and,  just  as  lif  eless  nature  is  agtain  resuscitated  in  the  spring, 
so  also  will  the  soul  awaken  to  a  bright  and  joyous  exist- 
ence  in  the  future.  The  connection  is  so  obvious  that  poetry 
and  even  myth  itself  everywhere  refer  to  it.  Hence  also  it 
could  not  have  been  overlooked  by  the  mythologists. 
Generally,  however,  this  has  been  reg^arded  as  an  ingenious 
allegory  by  means  of  which  man  sought  to  gain  a  vivid 
realization  of  the  resurrection  of  the  soul.  In  fact,  such 
allegorical  reinterpretations  occur  in  later  cult  legend  itself. 
Particularly  characteristic  of  this  is  the  legend  of  the 
£leu3inian  mysteries.  Persephone,  the  daughter  of  Demeter, 
goddess  of  the  crops,  is  stolen  by  Pluto,  ruler  of  the 
underworld,  and  the  goddess-mother  wanders  about  on  the 
earth  seeking  her  child.  Resentfully  she  withdraws  from 
the  heavens  and  avoids  the  assemblages  of  the  gods.  During 
this  period  of  mouming,  however,  she  devotes  all  of  her 
care  to  mankind.  She  protects  not  only  the  Vegetation  but 
also  the  germinating  human  life,  the  child.  Thüs  she 
becomes  a  benefactress  upon  earth.  The  gods,  however, 
moum  her  absence,  and  Zeus  makes  a  compact  with  the  lord 
of  the  underworld.  Persephone  is  to  remain  in  the  under- 
world with  her  husband,  Pluto,  during  only  one-haM  of 
the  year  ;  during  the  other  half  she  is  to  rctum  to  her 
mother.  Appeased,  Demeter  herseif  retums  to  the  heavens. 
The  allegorical  significance  of  this  legend  cannot  fail  to  be 
recognized,  nor  the  fact  that  it  was  probably  only  as  a  result 
of  a  poetical  elaboration  of  the  mythologica)  material  that 


422    ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY. 

thb  allegorical  character  was  acquired.     The  saxne  is  trv 
of  all  other  similar  cuh  legends,  from  the  descent  into  bdl 
of  the  Babylonian  Ishtar  down  to  the  legends  of  Dionysos 
and  Osiris,  and  other  vegetadon  legends  of  the  Hellenisüc 
period.     In  the  form  in  which  these  have  come  doim  to 
US,  they  are  all  products  of  priestly  invention,  replete  with 
a  conscious  symbolism  such  as  cannot  be  ascribed  to  d« 
original   mythical  material   upon   which   they  were  based. 
Nevertheless,  it  is  customary  not  only  to  regard  all  of  this 
original   content  as   allegorica}^   but  also  to   surpass  evcD 
the  traditional  legend  itself,  if  possibte,  in  allegorical  la- 
terpretation.      In    the    legend    of    Demeter^    for    ezampk^ 
Demeter  is  supposed  to  be  the  mother  earth,  and  Ferse- 
phone  the  seed  that  is  thrown  into  the  earth  to  grow  19 
and  blossom.     Analogously,  he  who  participates  in  the  cok 
hopes  that,  while  his  soul,  similarly,  is  at  first  buried  in  the 
earth  with  his  body,  it  will  later  asoend  to  heaven  as  did 
Demeter.     Back  of  the  myth,  therefore,  there  is  supposed 
to  be  a  symbolical  allegory,  and  to  this  is  attributed  the 
original  union  of  the  soul  cult  with  the  Vegetation  festivaL 
When,  then,   the  former  lost  its  influence,  the  symbolism 
it  thought  to  have  remained  as  the  chief  content  of  tbe 
mystery.     No  original  cult,  however,  shows  the  least  sign 
of  connection  with  such  subtle  allegories.     On  the  other 
band,  there  are  many  indications  that  the  Vegetation  cults 
developed  into  these  higher  forms  of  soul  cults  in  an  entirely 
different  way.     Soul  cults  of  a  lower  order  had,  of  course, 
long  been  prevalent.    But  these  were  absolutely  distinct  from 
any  Vegetation  myths  that  may  have  existed.    They  pictured 
souls  as  demons,  against  whom  it  was  necessary  to  be  on 
one's  guard,  or,  at  a  later  stage,  as  beings  whom  one  might 
conciliate  and  win  over  as  helpful  spirits.     Now,  the  cults 
of  Demeter  practised  in  Eleusis  had  as  their  aim,  not  only 
an  increased  productiveness  of  the  soil,  but  also  success 
in  the   interests   and   activities   of  this  world.    Since  they 
related  to   '  -ippiness  in  general,   it  was  but  natural  that, 
as    soon   as    the   ideas    of  a    beyond   reached  a   point  of 
devebpment  at  which  the  yonder-world  became  the  focus 


THE    ACE    OF    HEROES    AND    GODS       423 

f  desires  and  hopes»  the  cults  also  should  necessarity  con- 
ern themselves  with  happiness  in  a  life  after  death.  Thus, 
iterest  in  the  beyond  came  to  be  one  of  the  further  cult 
lotives  that  linked  themselves  to  the  dominant  Vegetation 
ults.  The  latter,  however,  held  the  primacy,  as  is  soll 
learly  apparent  by  reference  to  the  Vegetation  festivals  of 
iie  semi-cultural  peoples  of  America.  It  is  only  natural 
[lat  this  should  have  been  the  case.  When  agriculture  was 
1  its  beginnings,  the  most  pressing  need  of  life  was 
[lat  of  daily  bread.  For  the  tiller  of  the  soil»  moreover, 
iie  changes  of  seasons  marked  by  seedtime  and  harvest^ 
epresent  sharply  defined  periods,  suitable  above  all  others 
or  the  festivals  to  which  tribal  associates  assemble  from 
ear  and  far.  The  later  allegories  connected  with  these 
ults  had  nothing  to  do  with  their  transition  into  soul 
ults,  but,  as  their  whole  character  indicates,  were  creations 
f  the  priestly  Imagination.  As  a  result  of  the  reaction  of 
ult  activities  upon  the  emotions,  howev«er,  concem  for  the 
iture  happiness  of  the  soul  finally  came  more  and  more  to 
vershadow  the  desires  connected  with  this  world.  Thus, 
le  cults  of  Demeter  eventually  passed  over,  in  all  essen- 
als,  into  cults  of  the  beyond.  The  same  is  true  of  the 
)ionysos  cults  of  the  Greeks,  of  the  Egyptian  worship 
F  Isis  and  Osiris,  of  the  Persian  Mithra  cult,  and  of  many 
ther  mystery  cults  of  Oriental  origin.  All  of  these  express 
le  same  passion  for  a  future  bliss  that  shall  begin  at  the 
lose  of  earthly  life  and  endure  endlessly. 

The  character  of  these  cults  is  shaped,  in  a  decisive 
teasure,  by  other  influences»  whose  source  is  to  be  found  in 
le  hopes  of  a  beyond.  Even  in  the  vegetaticm  festivals 
E  the  semi-cultural  peoples  of  America,  with  their  elements 
[  totemism  and  ancestor  worship,  an  important  place  is 
ccupied  by  ecstatic  features— by  the  orgiastic  dance»  and 
y  the  ecstasy  that  results  from  sexual  excitemcnt  and  from 
arcotic  poisons,  such  as  tobacco.  Conjurations,  prayer, 
icrifice,  and  other  cult  ceremonies  aid  in  stirring  the 
notions.  Doubtless  it  was  duc  to  these  ecstatic  elemenU 
lat  the  cult  of  Dionysos  gained  sapremacy  over  the  oMer 


424        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

cults  of  Demeter  in  tfae  Greek  mysteries,  and  that  Dkmysos 
himself  was  evcntüally  given  a  place  in  the  Demeter  cuk. 
For  is  he  not  the  god  of  wine,  the  most  potent  of  all  the 
means  for  creating  a  condition  of  bliss  that  elevates  abore 
all  earthly  cares?    In  the  mystery  cults,  however,  the  central 
feature  of  the  cult  activity  was  the  vision  experienced  in 
the  ecstasy.     The  mysterious  equipment  of   the  place,  the 
preliminary  ascetic  practices,  the  liturgic  conjurations  and 
sacrifices,  the  wine,  which  originally  took  the  place  of  the 
blood  sacrifice,  and,  among  the  Hindoos,  the  soma,  wbidi 
was  itself  deified— all  of  these  served  to  transport  conscious- 
ness  to  another  world,  so  that  the  cult  became  increasingly 
concemed  with  the  world  beyond,  and  finally  devoted  itself 
exclusively  to  this  interest.     As  a  result  of   this   changie, 
the  hopes  centring  about  the  beyond  forced  their  way  over- 
poweringly  into  cult,  whereas  the  cult,  in  tum,  reacted  in 
an  important  measure  to  enhance  these  hopes. 

Over  agfainst  the  tendency  toward  unification  inheroit 
in  Vegetation  cults  and  in  the  other-world  cults  which  sprang 
from  them,  the  increasing  diversity  of  needs  and  interests 
now  introduces  influences  toward  a  progressive  differentia- 
tion  of  cults.  Separate  deity  cults  come  to  be  fostered  by 
the  various  social  groups  and  classes,  just  as  had  occurred 
in  the  case  of  the  totem  cults  of  the  preceding  age,  which 
differed  according  as  they  were  practised  by  the  tribe,  the  sex, 
or  the  individual.  The  desire  for  protection  against  dangers 
and  for  security  in  undertakings  gives  rise  to  guardian  gods 
no  less  than  it  did  to  guardian  demons.  Since,  however, 
this  more  general  desire  branches  out  into  a  considerable 
number  of  special  desires,  advancing  culture  results  in 
a  progressive  differentiation  of  cults.  The  foxmdation  of 
cities  and  the  Separation  into  classes  and  occupations  lead 
to  special  cults  for  each  of  these  divisions  of  society.  The 
personal  characteristics  of  the  gods  and  the  purposes  of  the 
cult  come  to  bei  affected,  each  by  the  other.  Each  specific 
cult  chooses  from  among  the  members  of  the  pantheon  that 
god  who  best  suits  its  purpose,  and  it  then  modifies  his 
cfaaracter  according  to  its  needs.     The  characteristics  of  the 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   425 

gods  thus  undergo  a  change  of  significance  analogous  to 
that  of  the  forms  of  speech  and  custom.  This  change, 
however,  is  due  xnainly  to  cult^  and  to  the  fact  that  the 
human  beings  who  practise  the  cult  have  need  of  protec- 
tion and  aid.  The  influence  of  saga  and  poetry  is  only 
secondary,  being,  at  best,  mediated  through  cult. 

In  addition  to  the  increasing  diversity  of  human  interests, 
and  interplaying  with  it  in  various  ways,  are  two  further 
factors  that  tend  toward  the  differentiation  of  cult.  In  the 
first  place,  divine  personahty  as  such  awakens  man  to  the 
necessity  of  establishing  a  cult.  As  a  personal  being  wfao 
transcends  htmian  stature,  the  gtod  calls  for  adoration  by 
his  very  nature,  even  apart  from  the  special  motives  which 
are  involved  in  the  specific  deity  cults  and  which,  in  the 
further  course  of  development,  give  to  the  latter  their  domin- 
ant tone.  Pure  deity  cults,  thus,  are  the  highest  forms  of 
cult,  and  give  best  expression  to  ideal  needs.  Outstand- 
ing examples  of  this  are  the  Jahve  cult  of  the  Israelites, 
and  the  cults  of  Christ  and  Buddha.  The  latter,  in 
particular,  show  the  great  assimilative  power  of  cults  that 
centre  about  an  objective  ideal,  in  contrast  with  those  that 
are  subjective  in  nature,  springing  entirely  fnmi  human 
desires  and  hopes,  and  especially  with  that  most  subjective 
of  all  cults,  the  cult  of  the  beyond.  Moreover,  this 
idealizing  impulse  may  also  create  new  cults,  by  deifying 
heroes  who  were  originally  conceived  as  human.  Besides 
the  ancient  hero  cults,  the  most  prominent  examples  of  such 
cults  are  again  those  of  Christ  and  of  Buddha.  For  there 
can  be  no  doubt  that  Christ  and  Buddha  alike  ezisted  as 
human  beings  and  that  originally  they  were  also  regarded 
as  such.  The  fact  that  their  heroic  characler  consistt 
entirely  in  the  Spiritual  qualities  of  their  personalities  does 
not  preclude  them  from  ccHisideration  in  this  connectioa« 
These  qualities  proved  all  the  more  effective  in  bringing 
about  the  exaltation  of  the  human  into  the  divine.  Tims,  they 
enable  us  to  understand  how  it  was  possible  for  tbe  cult 
of  the  original  deities  to  be  crowded  into  the  bttdcfroond 
by  that  of  those  who  later  ctme  to  be  gods.      TUt  is 


426        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY; 

emphatically  brought  out  in  tbe  Buddha  legends,  many  of 
which  represent  the  ancient  Hindoo  gods  of  the  Veda  as 
the  servants  of  the  divine  Buddha. 

In  addition  to  the  fact  that  divme  personalities  call 
forth  homage  by  their  very  natuxie,  tbe  multiplication  of 
cults  results  also  from  the  fusion  of  the  gods  of  various 
peoples.  This  is  the  most  externa!  factor,  and  yet  it  is  by 
no  means  the  least  potent  one.  It  not  infrequently  happens 
that  cults  gam  their  supreme  importance  only  in  the  terri- 
tory into  which  diey  have  been  transplanted.  Dicmysos^ 
for  example,  was  a  gt>d  introduced  from  elsewhere  into 
Greece.  Through  bis  connection  with  the  mystery  cuhs, 
however,  he  later  came  to  surpass  all  other  Greek 
gods  in  religious  significance.  The  original  cults  of  the 
native  Itälian  deities,  with  their  numerous  elements  carried 
over  from  the  agie  of  demoniacal  and  ancestral  spirits,  were 
but  few  in  number.  Through  the  assimilation  of  Greek 
deitiesy  however,  and  later,  at  the  time  of  the  empire,  of 
Oriental  gods,  differing  widely  in  character,  Rome  acquired 
a  multiplicity  of  cults  to  which  history  doubtless  affords  no 
parallel.  Yet  we  must  not  overlook  the  fact  that  in 
certain  other  cases— such,  for  example,  as  the  Babylonian- 
Assyrian  and  the  Egyptian  cults— the  fusions  may  perhaps 
have  become  more  complete  at  an  early  period,  and  thus 
have  precluded  the  juxtaposition  of  the  many  separate  cults 
that  existed  in  the  Rome  of  the  Empire. 

i6.  The  Forms  of  Cult  Practices. 

This  multiplicity  of  cults,  increasing  with  the  advance 
of  civilization  both  as  regards  the  ends  that  are  desired 
and  the  gods  who  are  worshipped^  is  by  no  means 
paralleled  by  the  number  of  cutt  agencies.  The  only 
possible  exception  might  be  in  the  case  of  the  means 
which  the  cults  of  the  beyond  employed  for  arousing 
ecstasy.  Even  here  the  difference  lies  not  so  much  in  the 
means  themselves  as  in  the  extent  to  which  they  were  used. 
Moreover,  the  secrecy  surrounding  these  cults  is  itself  an  ex- 


THE    ACE    OF.    HEROES    AND    GODS       427 

ternal  indication  of  the  fact  that  they  differed  from  tlie  cult5 
concemed  with  the  things  of  this  world,  for  the  latter 
generally  sought  publicity.  And  yet  there  was  no  form  of  cuk 
in  which  ecstatic  features  were  altogether  lacking' ;  such 
features  are  inherent,  to  a  certain  extent,  in  ciüt  practicei  as 
such  and»  in  so  far»  are  absolutely  universal.  Differences  in 
the  specific  purposes  of  the  cults  and  in  the  deities  to  whom 
the  acts  were  dedicated  did  indeed  cause  certain  variations. 
These»  however»  we  may  here  neglect»  inasmuch  as  they  do 
not  affect  the  essential  nature  of  cult  itself .  JFrom  early  times 
on»  there  were  certain  activities  that  were  universally  charac- 
teristic  of  deity  cults»  and  their  fundamental  purposes  re- 
mained  the  same»  namely»  to  gain  the  favour  of  the  deity 
and  thereby  to  obtain  the  fulfilment  of  personal  wishes. 
As  regards  this  motive,  the  three  cult  agencies— /!vayer» 
sacrißce,  and  sanctification-siTe  absolutely  at  one.  In  this 
Order  of  sequence»  moreover,  these  agencies  represent  ä 
progressive  intensification  of  the  religious  activity  of  cult. 
In  the  records  of  ancient  civilized  peoples  we  meet  with 
a  great  number  of  prayers^  representing  all  the  forms  de« 
veloped  by  this  simplest  and  most  common  of  the  means  of 
cult.  The  most  primitive  form  of  prayer  is  conjuratlon. 
Conjuration  passed  over  from  demon  cult  into  the  beginnings 
of  deity  cult»  and  is  intermediate  between  a  means  of  magic 
and  a  petition.  This  also  indicates  the  directioa*  of  the 
further  development  of  the  prayer.  Conjuration  is  suc- 
ceeded  by  the  prayer  of  petition^  whose  essential  differentia 
consists  in  the  fact  that,  however  eamestly  the  suppliant 
may  strive  for  the  fulfilment  of  his  dcsires»  he  never- 
theless  ultimately  commits  them  to  the  will  of  the  deity. 
The  development  of  the  prayer  of  petition  out  of  conjuration 
becomes  possible  only  because  gods  posscss  a  charac- 
teristic  which  demons  lack*-namely»  personality.  Oncc 
this  personahty  attains  to  its  ideal  subHmity»  the  exer- 
eise  of  magical  power  over  the  deity  ccases  tO  be 
possible,  or  is  so  only  under  the  prcsupposition  that  the 
will  of  the  deity  is  in  itself  favourably  inclined  toward  the 
suppliant.     The   idea  underlyolff  conjuration   ncvcrthekss 


428        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

continues  for  a  time  to  remain  a  supplementary  factor  in 
the  prayer  of  petition  ;  even  where  no  clearly  conscious  tiaa 
of  it  appears,  it  survives  in  the  depth  of  emotion  that  lein- 
forces  the  petition.  That  conjuration  blends  with  petition  is 
particularly  evident  in  the  case  of  one  characteristic,  whoa 
origin  must  be  traced  to  magical  conjuration.  I  refer  to  the 
fact  that  the  words  of  the  peütion  are  repeated  in  the  same 
or  in  a  slightly  changed  form,  and  that,  at  a  later  stage  of 
development,  there  is  a  constant  recurrence  of  the  same 
content,  even  though  this  is  variously  expressed.  This  is  a 
derivative  characteristic  of  the  prayer  of  petition.  Originally, 
it  was  thought  that  repetition  brought  about  an  intensification 
of  the  magical  effect,  particularly  in  the  case  of  word-magic. 
We  are  already  familiär  with  conjurations  of  this  sort  as 
elements  of  totemic  cults.  With  but  few  changes,  they  recnr 
in  the  older  songs  of  the  Avesta  and  Veda,  as  well  as  in  some 
of  the  Biblical  Psalms.  In  these  cases^  however^  the  repe- 
titions  are  somewhat  more  extensive,  for  there  is  a  more 
detailed  Statement  of  that  which  is  desired.  And  yet  the 
Biblical  Psalms,  particularly,  are  an  illustration  of  the  fact 
that,  with  Submission  to  the  will  of  the  deity,  the  petition 
becomes  less  urgent  in  tone.  Even  when  the  petition  is 
repeated  the  expression  more  and  more  assumes  a  some- 
what altered  form.  It  is  probably  this  enhancement  through 
repetition — itself,  in  turn,  due  to  the  dynamic  character  of 
the  emotions  of  desire— that  accounts  for  the  so-called 
•  parallelism  of  members,*  characteristic  cspecially  of 
Hebrew  poetry.  The  view,  once  entertained,  that  this 
is  a  sort  of  Substitute  for  the  rhythm  arising  from 
emjAasis  and  sentence  arrangement  is  doubtless  incorrect, 
for  recent  investigations  demonstrate  the  ingenious  rhythm 
of  Hebrew  poetry.  We  would  not,  of  course,  deny  that  the 
repetition  of  the  thought  in  a  changed  form  intensifies  the 
rhythmic  expression.  The  real  basis  of  the  repetition, 
however,  lies  not  in  this  fact  but  in  the  motive  underlying 
Petition.  This  is  clear,  above  all,  from  the  fact  that  repetition 
is  most  pronounced  particularly  in  thqse  psalms  and  pro* 
phetic  MDgB  which  are  of  thte  nature  of  a  prayer  of  petition 


THE    ACE    OF    HEROES    AND    GODS       429 

and  of  the  praises  closely  connected  with  it.  Later,  repeti- 
tion  was  also  employed  in  other  forms  of  religious  expression. 
In  the  case  of  the  hymn  of  praise,  particularly^  the  tendency 
to  repetition  is  aug^ented^  by  virtue  of  the  enthu^stio 
exaltation  of  the  divine  personality  whom  the  hymn  extols. 
Besides  the  prayer  of  petition  we  find  the  prayer  of 
thanksgivlng.  Petition  and  thanksgiving  are  properly  cor* 
relative,  the  one  expressing  a  wish  to  the  deity  and  the  other 
acknowledging  its  fulfilment.  Not  infrequently»  therefore^ 
they  are  combined,  particularly  in  the  more  advanced  forms 
of  the  prayer  cult^  into  a  single  prayer  of  thanksgiving  and 
Petition.  He  who  prays  retums  thanks  for  the  blessings 
which  he  has  received  and  adds  a  request  for  further  divine 
aid.  This  combination  occurs  very  frequently  in  the  Psalms^ 
but  it  is  to  be  found  also  in  other  hymnodies.  The  extent 
to  which  the  request  for  further  favours  is  subordinated  to 
the  thanksgiving  for  past  aid,  is  a  measure  of  the  humility, 
involved,  and  represents  a  fair  criterion  of  the  maturity  of 
the  religious  feeÜng  underlying  the  prayer.  Nevertheless, 
it  may  also  be  noticed  that  he  who  prays  always  aims 
first  to  gain  the  divine  favour  through  his  thanksgiving, 
in  the  hope  that  the  gods  may  thereby  be  rendered  more 
disposed  to  grant  his  request.  Typical  examples  of  this 
are  to  be  found,  not  only  in  the  Biblical  Psalms,  but  also 
in  the  ancient  Babylonian  texts  which  recent  discoveries 
have  brought  to  light.  That  the  prayer  of  thanksgiving  is 
a  higher  form  of  prayer  than  is  petition,  is  shown  by  the 
very  fact  that  it  occurs  in  deity  cult  alone.  More  clearty 
even  than  petition  does  thanksgiving  presuppose  a  personal 
being,  capable  of  appreciating  the  feeling  of  gratitude.  It 
is  at  most  in  the  fact  that  the  prayer  of  thanksgiving  still 
seeks  to  obligate  the  deity  to  future  favours,  that  demon- 
conjuration  has  left  its  traces  upon  it.  And  yet  deity  cult 
is  characterized  precisely  by  the  fact  that  the  compulsion 
of  magical  conjuration  has  entirely  disappeared  in  favour 
of  the  free  volition  of  the  ddty.  That  prayer  is  regarded 
as  imposing  an  Obligation  upon  the  god  no  less  than  upon 
man,  is  extremely  well  brought  out  in  the  conoeption  that 


430        ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

the  relation  of  the  two  is  that  of  a  contractu  or  of  a  covenatt 
sealed  in  the  cult.  This  idea,  reinforced  by  the  national 
significance  of  the  deity,  is  fundamental  in  the  Jahve  oA 
of  the  Israelites. 

Praise,  ox,  as  it  is  called  in  its  poetle  fonns,  the  Ajm, 
is  an  even  more  pronounced  feature  of  deity  cult  than  is  the 
prayer  of  thanksgiving.  The  hymn  is  not  usually  classified  as 
a  form  of  prayer  because,  when  extemally  regarded,  it  may 
entirely  lack  the  motive  of  petition,  and  it  is  from  the  latter 
that  the  prayer  has  derived  its  name.  In  view,  however,  of 
the  continuity  of  the  development  of  the  cult  forms  whid 
find  expression  in  speech,  we  cannot  escape  including  also  tbe 
song  of  praise.  Indeed,  it  generally  adduces  the  blessings 
conferred  by  the  god  as  an  evidence  of  his  glory  ;  not  infit- 
quently,  moreover,  it  concludes  with.  a  hope  for  the  futuie 
favour  of  the  deity.  Artistically  perfect  examples  of  such 
prayers  are  the  compositions  known  as  the  Homeric  Hynms, 
which,  of  course,  belong  to  a  much  later  age  than  the 
Homeric  epics.  They  are  paeans  in  praise  of  Demeter, 
Apollo,  Dionysos,  and  Hermes,  in  which  the  laudation  of 
the  beneficent  activity  of  these  deities  takes  the  form  of  a 
recital  of  some  incident  in  their  lives,  foUowed  by  a  prospec- 
tive  glance  at  the  favour  which  thfey  may  be  expected  to 
bestow  in  the  future. 

In  these  cases,  thje  song  of  praise  clearly  represents 
a  development  of  the  prayer  of  thanksgiving.  The  final 
and  most  mature  form  of  prayer,  however,  th,e  ßenitenüal 
prayefy  or,  as  it  is  usually  called,  the  penitential  psatnt^ 
may  in  a  certain  sense  be  called  a  subform  of  the  petitional 
prayer.  In  it,  either  external  need  or  the  consciousness  of 
personal  guilt  leads  the  individua)  to  call  upon  the  ^ods 
for  mercy  and  for  forgiveness  of  the  conunitted  sin. 
Typical  examples  are  again  available  in  the  Hebraic 
and  Babylonian  psalms.  These  psalms  contain,  in  the 
first  instance,  prayers  of  cult,  which  were"  offered  on  the 
occasion  of  national  disasters  and  needs,  such  as  crop 
faihire  or  drought,  or,  as  in  the  case  particularly  of  the 
Israelites»  were  repeated  at  stated  times  in  penitence  for  the 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       431 

sins  of  the  Community.  Such  being  the  motives,  tbe  most 
universal  form  of  prayer^  that  of  petition,  may  here  abo 
be  discemed  in  the  badtground.  Not  only  is  the  penitential 
psabn  in  and  for  itself  a  particular  form  of  petition,  ooa- 
taining  as  it  does  a  plea  for  the  forgiveness  of  comnxitteld 
sins,  but  it  is  frequently  combined  with  a  direct  prayer 
for  the  favour  of  the  deity  and  for  renewed  manifestations 
of  grace  through  a  fortimate  turn  of  destiny.  In  spite  of 
this  egoistic  strain^  however,  which,  just  as  in  the  case  of 
the  so|ig  of  praise,  is  seldom  absent,  the  penitential  prayer 
is,  religiously  speaking,  the  highest  form  of  prayer,  and 
may  be  found  only  at  an  advanced  stage  of  deity  cult. 
Above  all  other  forms  of  prayer,  its  emphasis  falls  on  the 
inner  life  ;  where  it  comes  to  expression  in  its  purity^  it 
seeks  not  extemal  goods,  but  only  peace  of  consciencje. 
Moreover,  more  than  anywhere  eise,  we  find  in  it  a  resigna- 
tion  to  the  will  of  the  deity.  This  resignation^  in  tum,  draws 
its  strengtb  from  the  belief  that  human  destiny  is  in  the 
absolute  control  of  the  gods,  everything  experienced  by 
the  individual  or  by  the  cult  Community  being  intetpTeted 
as  ä  divine  punishment  or  reward.  Thus,  the  penitential 
prayer  is  closely  bound  up,  on  the  one  band,  with  the 
idea  of  a  divine  providence  and^  on  the  other,  with 
ideas  of  retribution.  Neither  the  idea  of  providence  nor 
that  of  retribution  is  to  be  found  in  early  deity  cult ;  both 
are  products  of  tbe  subaequent  religious  development. 
Moreover,  the  issue  is  not  changed  by  raising  the  question 
whether  the  retribution  is  regarded  as  occurring  here  or  in 
the  beyond.  As  a  matter  of  fact,  the  retributive  idea  is  far 
from  being  implicated  with  other-world  hope^^.  The  con- 
viction  that  punishm^t  will  overtake  the  guilty  man  even 
in  this  World,  because  of  the  direct  connection  between 
present  fortune  and  misfortime  and  the  worship  of  the 
gods,  is  itself  the  immediate  source  of  the  idea  of  a  divine 
power  ever  Controlling  the  destinies  of  mankind. 

In  addition  to  prayer,  however,  and  usually  bound  up 
with  it,  there  is  a  second  important  form  of  cult  practice, 
namely,  sacrifice.    The  usual  oonception  of  sacrifice  is  alto- 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   433 

offering,  on  the  other  band,  is  more  of  the  nature  of  a 
penalty,  similar  to  that  which  a  judge^  imposes  in  satisfaction 
of  a  crime. 

It  must  be  gn^anted  that  there  is  a  stage  in  the  develop- 
ment  of  sacrificial  cult  in  which  the  gift  motive  is  dominant. 
Nevertheless,  even  here  there  are  concomitant  phenomena 
which  clearly  indicate  that  the  sacrifice  cannot  originally 
have  had  the  significance  of  a  gift.  On  the  contrary, 
there  has  been,  in  part«  a  change  in  meaning  and,  in 
part,  an  arbitrary  reinterpretation  of  phenomena.  The 
Jewish  peace-offering  was  not  a  true  gift.  This  is  evidenccd 
by  the  fact  alone  that  one  of  its  chief  features  was  the 
sacrificial  feast,  which  involved  the  idea  of  the  deity's  par- 
ticipation  in  the  meal.  In  connection  with,  this  idea  of 
communion  with  th,e  deity,  the  offering  of  parts  of  the 
consumed  sacrifice  was  manifestly  only  a  secondary  motive. 
Nor  was  the  renunciation  required  of  the  sacrificer  in  connec- 
tion with  the  Jewish  sin-offering  a  feature  which  had  anything 
in  common  with  a  gift.  It  was  similar  rather  to  punishment. 
Moreover,  all  resemblance  whatsoever  to  a  gift  disappears 
when  we  call  to  mind  the  earliest  forms  of  sacrifice, 
as  well  as  the  objects  that  were  offered.  One  of  the 
oldest  sacrifices,  found  even  within  totemic  culture,  was  that 
offered  to  the  dead.  In  its  broadest  sense,  this  comprehends 
everything  that  was  given  over  to  the  deceased,  or  that  was 
bumed  with  him,  in  case  cremation  was  practised.  Such 
objects  originally  included  some  of  the  belongings  of  the 
deceased,  particularly  bis  weapons  and  personal  decorations. 
After  despotic  forms  of  govemment  arose,  the  death  of  a 
Chief  or  of  a  person  of  influence  demanded  also  the  sacrifice 
of  his  animals,  slaves,  and  wives.  We  are  already  familiär 
with  the  change  of  motives  that  here  occurred.  At  first, 
the  aim  was  to  keep  the  deceased  from  approaching  the 
living  ;  later,  it  was  to  equip  him  with  whatever  might  be  of 
Service  in  his  future  life.  The  sacrifice  then  became  an  offer- 
ing  to  the  demon  of  the  deceased,  designed  to  win  his  aid  f or 
the  living.  FinaUy»  it  was  devoted  to  the  gods,  whose  favour 
mu  sought  both  for  the  deceased  and  for  the  survivors. 


434        ELEMENTS  OF   FOLK  PSYCHOLOGYi 

A  survey  of  the  development  as  a  wfaple  shows  that  the 
gilt  motive  was  at  first  entirely  lacking,  and  that  even  later 
it  was  of  relatively  little  importance.  The  idea  of  magic  was 
predominant.  The  aim  was  to  bring  the  power  of  magic  to 
bear  upon  the  deceased  and  his  demon,  and  finally  upon  the 
gods.  The  demon  was  to  be  kept  at  a  distance,  just  as  in 
the  case  of  burial  and  of  the  binding  of  the  corpse,  and 
the  gods  were  to  be  won  over  to  a  friendly  attitude.  This 
appears  even  more  clearly  when  we  consider  the  objects  diat 
were  sacrificed.  In  this  respect,  there  was  an  important 
change,  first  mediated,  probably^  by  the  cult  of  the 
dead,  and  thence  carried  over  to  sacrifice  in  ^  general. 
The  sacrificer  offered  such  parts  of  his  own  body  as  were 
held  to  be  the  specific  vehicles  of  the  souL  Hcmier  teBs 
US  that  Achilles  deposited  the  two  locks  of  hair,  which  he 
had  once  promised  to  his  native  river  god,  upon  the  dead 
body  of  Patrodus.  The  use  as  a  sacrifice  to  the  dead  of  a 
gift  dedicated  to  a  god,  clearly  indicates  that  the  two  forms 
of  sacrifice  possessed  an  identical  significance.  The  deceased 
takes  with  him  into  the  underworld  part  of  the  person  of  the 
sacrificer.  Similarly,  it  was  believed  that  the  psychical  powers 
of  tbe  deity  are,  on  the  one  band,  strengthened  through  the 
soul  which  he  reoeives  in  sacrifice,  and  are,  fon  the  other  band, 
inclined  toward  the  one  who  brings  the  ofFering.  In  animal 
sacrifice,  the  blood  was  poured  out  beside  the  sacrificial  stone 
for  the  enjoyment  of  the  god.  Of  the  inner  parts  of  the 
bloody  sacrifice,  it  was  again  those  that  were  in  ancient 
times  regarded  as  the  chief  vehicles  of  the  soul,  the  kidneys 
with  the  surrounding  fat,  that  were  particularly  set  aside  for 
the  god.  Closely  connected  with  this  is  the  sacrifice  which, 
through  self-mutilation,  the  priests  and  temple  servants 
offered  in  the  case  of  ecstatic  cults  (pp.  294  f.).  In  all  of 
these  instances  the  ideas  of  magic  and  of  gift  intermingle. 
The  soul-vehicles  which  are  offered  are  also  gifts  to  tha 
deity,  intended  for  his  enjoyment.  In  partaking  of  them^ 
howevei^,  a  magical  influence  is  released  by  means  of  whicbl 
the  will  of  the  deity  is  controlted,  or,  in  the  view  of  a  more 
advanced  age,  is  favourably  inclined  toward  the  sacrificer. 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       435 

The  same  idea  prevails  when  public  sacrifice  demands  a 
human  being,  instead  of  an  animal,  as  a  vicarious  offering 
for   the   sacrificing   Community.      Indeed^   himian   sacrifice 
also  has  its  prototype  in  the  sacrifice  to  the  dead,  though 
the    sacrificisJ    idea    is    in    this    case    kept    in    the    back- 
ground^    inasmuch   as    the   dominant   purpose   is   to   equip 
the  deceased  with  that  which  he  requires  for  his  further 
life.     Human   sacrifice  proper,   therefore,   is   at  most  con« 
nected    with    faint    survivals    of    this    older    pnctice.     In 
contrast   with   the   latter   custom,   the  individual  sacrificed 
to    the   deity   serves   as   a  substUate   for  the   Community. 
In  this  form;  howevef,  human  sacrifice  does  not  antedate 
animai  sacrifice,  as  has  been  beUevejd>   but  foilows  upon 
it.     Still  later,  of  course,  it  was  again  displaced  by  th<e 
iatter,  as  b  graphicaliy  portrayed  in  the  Biblical  legend  of 
Abraham  and  Isaac.     The  priority  of  animai  sacrifice  is 
attested,    first    of    all,    by    its    incomparably    wider    dis- 
tribution.     Human    sacrifice,    and    traditions    indicative   of 
it,  appear  to  be  altogether  restricted  to  the  great  agri- 
cultural  festivals  and  solstice-cults  in  which  the  one  who  is 
sacrificed  serves,  on  the  one  band,  as  a  Substitut^  for  the 
sacrificing  comlnunity  which  offers  itself  to  the  deity  in  bis 
person,  and,  on  the  other  band,  as  the  representative  of  the 
god  himself.      Convincing  proof  of   thi^   is   fumished  by 
the  traditions  regarding  the  seasonal  cults  of  the  ancient 
Mexicans,  as  these  have  been  reported  by  K.  Th.  Preusx. 
Prior   to   the  sacred  festival   at  which  an    individual  was 
ofIere4  in  sacrifice,  he  was  himself  rcverenccd  as  a  god. 
The  twofold  significance  of  the  human  sacrifice  becomes 
perfectly   intelligibte  in  the  light  of  the  above-mentioned 
fusion  of  the  ideas  of  gift  and  of  magic.     Dedicrtion  to 
the  deity  and  union  with  him  merge  so   completely  that 
they  become  a  Single  conception.     Even  the  blood  poured 
out  upon  the  sacrificial  altar  was  not  mercly  an  offering, 
but,  as  a  vehicle  of  the  soul,  was  supposed  to  transfer  to 
the  deity  who  received  it  the  desires  of  the  offerer.     What 
was   true  of  the  btood  was  quite  naturally  pre-cmmently 
true  when  the  object  of  sacrifice  wa»  the  person  himself. 


436        ELEMENTS   OE  FOLK  PSYCHOLOGY 

In  this  case,  all  the  organs  were  offered,  and,  therefore,  the 
entire  soul.  This  is  the  most  extreme  form  of  the  sacrifidal 
idea,  and  occurs  only  in  the  sacrificial  cult  of  fairly  large 
political  and  religious  communities.  As  is  characteristic  of 
legend,  the  '  Abraham  and  Isaac '  story  individualizes  the 
ancient  tradition,  construing  the  latter  as  an  account  of  a  test 
of  obedience  to  the  god— an  interpretation  very  obviously 
to  be  regarded  as  an  invention  of  later  poriestly  wisdom. 
On  the  other  hand^  the  Roman  Satumalia,  the  Persian 
festival  of  Sacaea,  and  other  agricultural  cults  of  the  ancient 
World,  exhibit  traces  of  the  sacrifice  of  a  human  being-  who 
represents  the  deity  himself.  Along  with  these  we  migfat 
probably  mention  also  the  Babylonian  festival  of  Tammos 
and  the  Jewish  feast  af  Purhn.  Finally,  the  Christian  con- 
ception  of  the  sacrificial  death  of  Jesus  combines  the  saaie 
ideas,  though  their  religious  significance  is  transformed  and 
reinforced  by  the  thought  of  redemption,  whidi  has  dis- 
placed  the  older  protective  and  fortime-bringing  magic.  The 
sacrificial  Community  has  here  become  the  whole  of  mankind, 
and  the  one  who  by  his  death  brings  about  a  reconciliation 
with  the  deity  is  himself  the  god.  For  this  reason  dogtxDa 
insists— with  a  logic  that  is  perhaps  unconscious  and  mystical 
in  nature,  yet  all  the  more  compelling— on  the  unity  of 
the  divine  personality  with  that  of  the  redeemier  who  died 
the  sacrificial  death.  This  fusion  of  sacrificial  conceptions 
thus  gave  rise  to  the  wiost  impressive  and  effective  story 
that  the  human  mind  ever  conceived.  < 

Herewith  we  reach  the  culminating  point  in  the  develop- 
ment  of  the  idea  of  ä  gift  offered  to  the  deity,  and  here 
also  the  sacrificial  object  attains  its  highest  worth.  That 
the  sacrificer,  however,  is  little  concerned  with  the  value 
of  the  objects  which  he  brings,  is  obvious  from  the  fact 
that  these  are  frequently  without  any  objective  value  what- 
soever.  Such,  for  example,  are  the  small  pictures  offered  in 
Chinese  ancestor  cult,  and  also  the  miniature  Yepresentations 
of  desired  objects  which  are  placed  on  votive  altars — 
instances  in  which,  of  the  two  ideas  combined  in  sacrifice, 
ükzt  of  the  gift  again  entirely  vanishes;  leaving  as  the  sole 


THE    AGE    OF    HEROES    AND!   GODS       j^z7 

motive  the  more  primitive  idea  of  magic,  which  never  com- 
pletely  disappcars.  A^^erever  sacrifice  is  dominated  by  the 
idea  of  a  gift  offered  to  the  deity,  the  sacrifioer,  in  turn, 
seeks  to  gain  certain  ^ids  in  return  for  the  value  of  hif 
gifts.  The  Scale  of  values  may  be  either  quantitative  ot 
qualitative^  or  both  combined.  Even  in  the  case  of  tbe 
bloody  sacrifice  both  criteria  are,  as  a  rule,  involved.  At 
the  great  festivals  of  Athens  and  otber  Greek  cities,  ono 
hundred  steers  were  sacrificed  to  the  gods^  the  greater  part 
of  the  sacrifice,  of  course,  serving  as  food  for  the  people. 
In  Israel,  the  rieh  man  sacrificed  his  buUock,  the  poor  man, 
his  young  goat.  It  was  the  conception  of  value  that  caused 
especially  the  fruits  of  the  field,  as  well  as  the  products  of 
the  cattle  industry,  milk  and  butter,  to  become  objects  of 
sacrifice.  Later»  sacrificial  ofTerings  wexe  also  made  in  tenns 
of  jewels  and  money.  These  were  brought  to  the  temple 
for  the  decoration  of  the  house  of  the  god  and  for  the 
Support  of  the  cult  oj  the  relief  of  the  poor.  This  develop- 
ment  was  influenced  by  another  change,  connected  with  th!e 
transition  from  the  earlier  bloody  sacrifice  to  the  bloodtess 
sacrifice.  Prior  to  the  influence  of  the  sacrificial  customs,  the 
bloody  sacrifice  involved  the  loss  of  the  sacrificial  animals. 
These  were  either  entirely  bumed  and  thüs  given  to  thte 
gods,  or  their  flesh  was  consumed  by  the  cult  miembers  aC 
tht  sacrificial  feast^  the  god  receiving  only  those  parts  that 
were  prized  zs  the  vehicles  of  the  soul.  Now,  bloodless 
sacrifice  belongs  to  a  higher  stage  both  of  culture  and  of 
cult.  In  generat,  it  presupposes  an  advanced  agricultural 
and  cattle  industry,  as  well  as  the  existence  of  more 
extensive  cult-needs  whose  satisfaction  Ihe  sacrifice  is 
designed  to  secure.  Thus,  the  two  conditions  nmtually 
reinforce  each  other.  The  products  of  ägriculture  cannot 
be  directly  offered  to  the  deity  as  can  the  bumt  offering, 
which  ascends  to  heaven  in  the  smoke.  On  the  other  band, 
the  cult  cannot  dispense  with  certain  means,  and  these  are 
obtained  by  utilizing  in  its  interests  the  economic  fore- 
sight  which  has  been  acquired  by  the  agriculturist  and 
the  cattle-raiser  in  the  courae  of  their  work.     In  place  of 


438        ELEMENTS   OE  FOLK  PSYCHOLOGY 

the  direct  products  of  husbandry,  the  succeeding  age  more 
and  more  Substitutes  costly  jewels  and  money.  Thus, 
the  development  which  began  with  the  bumt  offering 
condudes  with  the  money  offering.  This  later  offering  is 
DO  longer  made  directly  to  the  deity,  or,  at  most,  this  occurs 
in  the  accompanying  prayer  ;  the  offerer  bestows  bis  gifts 
upon  the  temple,  the  priests,  or  the  poor.  By  so  doing  he 
hopes  to  win  the  divine  favour  indirectly,  through  the  merit 
which  such  gifts  possess  or  through  the  cult  activities  which 
are  purchased  by  means  of  them. 

The  earliest  forms  of  sacrifice  are  thus  more  and  more 
displaced  by  cult  agencies  which,  to  a  certain  extent,  them- 
selves  approximate  to  purification  ceremonies.  This  trans- 
formation,  however»  cannot  suf^ress  the  original  sacrificial 
purpose,  which  was  solely  that  of  exercising  a  direct  magical 
influence  upon  the  deity.  We  now  meet  with  phoiomeHa 
in  which  this  purpose  asserts  itself  all  the  more  potentty 
because  of  the  above  development— phenomena  from  which 
the  idea  of  a  gift  possessing  objective  value  is  entir4y 
absent.  We  refer  particularly  to  votive  and  consecra- 
tion  gifts.  These  very  names,  indeed,  are  evidence  of 
the  confusion  which  a  one-sided  emphasis  of  the  g^t-idea 
has  introduced  into  the  interpretation  of  sacrifice.  For 
votive  and  consecration  gifts  generally  consist  of  artificial 
objects  which  are  ordinarily  devoid  of  any  artistic  or  other 
value.  They  are  deposited  on  the  altars  of  the  gods,  or,  in 
the  Catholic  cult,  on  those  of  the  saints^  either  to  mak'e 
known  a  wish,  as  does  the  'gift  of  consecration/  or,  less 
frequently,  to  render  thanks  for  the  fulfilment  of  a  desite^ 
as  in  the  case  of  the  *  votive  offering.'  Although  these 
offerings,  even  in  their  beginnings,  are  inseparable  from 
a  fairly  developed  deity  cult— since  they  presuppose  altars 
upon  which  they  are  placed,  and,  therefore,  temples  con- 
secrated  to  the  gods— it  is  practically  the  amulet  atone  that 
may  be  said  to  rival  them  in  extent  ^f  distribution.  They 
occor  in  ancient  Egypt,  as  well  as  in  Greece  and  Rome. 
They  were  known  also  to  Germanic  antiquity,  from  whence 
they  probably  found  their  way  into  the  Catholic  cults  of  Mary 


THE  AGE  OE  HEROES  AND  GODS   439 

and  the  saints.  The  consecration  gift  corresponds  to  the 
prayer  of  petition,  the  votive  offering  to  the  prayer  of  thanks^r 
giving  ;  these  prayers,  accordingly,  are  spoken  when  the 
object  is  placed  upon  the  altar.  The  gift  of  consecration  is 
the  earlier  and  more  common^  just  as  the  prayer  of  petition 
precedes  that  of  thanksgiving.  The  peculiarity  of  this  adt, 
however^  consists  in  the  fact  that  the  object  ofFered  as  a 
sacrifice  is  an  artificially  fashioned  image,  usually  reduced 
in  size,  of  the  object  in  connection  with  which  aid  is  sought. 
This  obviously  gives  it  a  certain  relationship  with  the  fetish, 
on  the  one  hand,  and  with  the  amulet,  on  the  other.  As  a 
matter  of  fact,  the  so-called  *  consecration  gifts  *  are  not 
in  the  least  real  gifts.  Tbe  sick  man  presents  a  figure  of 
the  diseased  part  of  fais  body^  fashioned  of  clay,  bronze,  or 
wax,  and  the  peasant  who  has  suffered  a  loss  of  cattle 
brings  a  representation  of  the  animaL  In  themselves,  these 
objects  are  valueless  ;  nor  can  they  be  of  service  to  Qie 
deity  to  whom  they  are  brought^  as  was  doubtless  believed 
by  the  sacrificers  to  be  true  in  tbe  case  of  the  animal  that 
was  slaughtered,  as  well  as  of  the  blood,  and  doubtless  also 
of  the  fruits  which  were  offered.  Tbe  significance  of  such 
a  gift  of  consecration  lies  solely  in  its  subjective  value,  just 
as  does  that  of  the  primitive  amulet;,  which  is  likewise  an 
article  without  any  objective  worth.  To  believe,  bowever, 
that  this  value  consists  in  the  fact  that  the  consecration 
gift  symbolizes  the  submissive  reverence  of  the  offerer  would 
be  to  read  back  a  later  stage  of  religious  thought  into  an 
age  to  which  such  Symbols  are  entirely  foreign.  Moreover^ 
the  purposes  of  this  sacrifice  make  such  an  interpretation 
impossible.  The  vast  majority  of  consecration  sacrifioes 
have  another  similarity  to  amulets,  in  addition  to  that  just 
mentioned  ;  diose  who  bring  them  seek  healing  irom  disease. 
Hence,  in  ancient  times,  such  offerings  were  brought  chiefly 
to  the  temple  of  i£sculapius.  Just  as  the  amnlet,  in  its  most 
common  forms,  is  designed  as  a  protection  against  dreaded 
sicknessesy  so  also  does  the  consecratioQ  gift  aim  at  relief 
from  actual  suffering.  The  amulet,  however,  may  be 
traced  far  back  into  the  period  of  demon-cult,  and  its 


440        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

charäcteristic  types,  therefore,  arc  pattemed  on  the  more 
prevalent  expressions  of  demon-belicaf,  such  as  cord  magic. 
The  consecration  gift,  on  the  other  hand,  is  associated  witfa 
deity  cult,  and  takes  the  form  of  sacrifice.  Moreover,  it 
reverts  to  the  most  primitive  kind  of  sacrifice,  to  the 
purely  magical  offering.  The  leg  of  wax  ofFered  by  tbe 
lame  is  simply  a  means  of  magic.  Since  it  possesses  no 
objective  value,  it  is  worthless  as  a  gift,  and,  as  a  means 
of  magic,  it  is  again  of  the  most  primitive  sort.  The 
sacrificial  object  is  regarded  as  having  a  soul,  quite  in  the 
sense  of  early  animism.  Through  its  immanent  psychical 
power  it  is  to  exercise  magical  coercion  over  the  soul  of  the 
god  or  the  saint.  Its  potency  is  precisely  the  same  as  that 
which  the  soul  of  the  sacrificial  animal  or  human  being  is 
supposed  to  possess.  Th^  only  difference  is  that  the 
eztemal  chlaracteristics  of  animistically  conceived  objects 
ordinarily  force  into  the  bäckg^ound  the  idea  that  the 
sacrifice  mägically  becomes  identical  witb  the  deity  who 
receives  it,  whereas  this  conception  comes  out  with  espedal 
cleamess  when  the  offering  consists  of  an  animal  or  of 
a  human  being.  This  is  strikingly  shown  by  the  above- 
mentioned  sacrificial  festivals,  in  which,  prior  to  being 
offered  as  ä  sacrifice,  the  individual  was  himself  reverenced 
as  the  god  to  whom  he  was  to  be  offered.  True,  the  fact 
that  the  human  individual,  as  well  as  the  animal,  possesses 
a  value  for  those  who  bring  the  sacrifice,  also  introduces 
the  idea  of  ä  gif  t ;  added  to  this,  moreover,  in  the  case  of 
human  sacrifice,  is  the  further  thought  that  the  sacrifice  is 
a  Substitution  for  the  sacrificial  Community. 

Thus,  the  idea  of  a  magical  effect  upon  the  deity  is 
combined  with  that  of  a  gift  designed  to  gain  his  favour. 
This  appears  also  in  connecrion  with  the  sacrifice  of  the 
first-frmts  of  the  harvest  or,  with  what  is  only  a  trans- 
ference  from  the  fruits  of  the  field  to  the  animal  used  in 
its  cultivation,  that  of  the  first-bom  of  the  cattle.  From 
the  Standpoint  of  the  gift  theory,  such  an  offering  is  re- 
garded as  a  particularly  valuable  gift.  But  this  greater 
value  is  again  exchisively  of  a  «ubjective  nature.    Objectively 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   :44i. 

speaking,  the  mere  fact  that  it  is  the  first  of  the  fruits  or  the 
first-bom  of  the  cattle  that  is  offered  does  not  give  the  sacri- 
fice  any  additional  value.  Very  probably  the  decisive  factor 
is  the  preference  which  man  gives  the  gods  in  the  enjoyment 
of  the  fruits  of  the  field.  It  certainly  cannot  be  denied  tbät 
this  motive  is  operative,  particularly  in  later  development. 
That  it  was  the  original  notion,  however,  is  improbable. 
Obviously,  this  offering  is  closely  related  to  the  customi; 
common  even  to-day,  of  leaving  the  last  sheaf  in  the  harvest« 
field.  This  custom,  which  W.  Mannhardt  was  able  to  trace 
from  ancient  times  down  to  rural  festivals  that  are  still 
prevalent,  is  also  of  the  nature  of  a  sacrifice.  On  such  occa- 
sions,  an  tgg,  a  piece  of  bread,  or  the  picture  of  a  human 
being  or  of  an  animal,  is  sometinves  tied  to  the  first  or  to 
the  last  sheaf  of  the  harvest  and  left  upon  the  field.  Such 
acts  are  obviously  due  to  the  need  of  attributing  to  the 
gamered  grain  life  and  a  soul,  as  wel!  as  the  ability  to 
influence  by  its  soul  the  Vegetation  demons  of  the  field,  and, 
in  later  times,  the  gbds  who  protect  the  cultivated  soil. 
The  custom  could  scarcely  have  originated  except  for  the 
presence,  from  the  very  outset,  of  the  idea  of  a  psychical 
power  resident  in  the  sprouting  seed.  Later,  the  idea  of 
a  gift  here  also  forced  the  magical  motive  into  the  back« 
ground.  Indeed,  it  may  well  be  that  this  caused  the  sacri- 
ficial  usages  which  originally,  as  it  appears,  marked  the 
end  of  the  harvest,  to  be  put  forward  to  its  beginning. 

It  is  only  ideas  of  magic,  furthermore,  that  can  account 
for  the  practice  of  dlvinatlon.  Connected  with  sacrifice  are 
various  phenomena  that  aie  accidental  in  nature  and  unfore- 
seeable  on  tbe  part  of  the  sacrificer.  These  phenomena  are 
such  as  to  be  sometimes  regarded  as  indications  of  the 
acceptance  or  the  rejection  of  the  sacrifice  on  the  part  of  the 
deity,  while  at  other  times  they  are  interpreted  from  a  dif- 
ferent  point  of  view,  as  general  prophetic  signs.  In  the  case 
of  the  bumt  offering,  for  example,  the  direct  ascent  of  the 
smoke  to  the  heavras  was  regarded  as  a  sign  that  the  deity 
graciously  accepted  tbe  offering.  Similarly,  the  examina- 
tionof  tntrails,  common  among  Oriental  as  well  aa  Occi* 


442        ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGYi 

dental  peoples,  originally,  doubtfess,  had  the  purpose  of 
discovering  whether  the  animal  possessed  a  nature  pleasing 
to  the  gods.  Later,  however,  it  became  one  of  a  large 
class  of  general  prophetic  signs  (prodigia),  such  as  the 
flight  of  birds,  lightning,  clouds,  and  other  incalculable 
phenomena  of  nature  by  which  the  future  was  predicted, 
particularly  in  respect  to  the  success  or  failure  of  enter- 
prises  about  to  be  undertaken.  Because  of  the  g^eneral 
relationship  of  magic  and  divination,  the  sacrificial  cult 
borders  upon  the  oracle.  In  the  orade,  man  wishes  to  read 
ihe  future  ;  in  the  sacrifice,  he  wishes  to  hifluence  it  by  his 
action,  This  of  itself  implies  that  sacrifioe  occupies  the 
higher  plane.  The  belief  in  prophetic  signs  passed  over 
from  demon  cult  to  deity  worship  with  relatively  little  change, 
ezcept  that  it  became  connected  with  particular  gods  or 
priesthoods  and  was  therefore  nx>re  strictly  regülated.  The 
hopes  of  a  beyond,  which  were  involved  in  the  ecstatic  prac- 
tices  of  the  orgiastic  cults,  opened  up  a  tiew  field  to  projÄecy, 
and  supplied  divination  with  additional  methods— the  dream 
and  the  vision.  Though  connected  in  various  ways  with 
sacrificial  cult,  these  phenomena  are  far  from  containing  the 
wealth  of  religious  motives  involved  in  the  fonner.  Nor 
do  they  develop  any  common  cult.  This  is  due  particu- 
larly to  the  fact  that  ecstatic  visions  are  dependent  upon 
a  certain  psychological  predisposition,  a  fact  which  also 
enables  us  to  understand  the  influence  exercised  by  the 
individual  seer  and  prophet  upon  religion  and  cult. 

A  third,  and  the  highest,  form  of  cult  practice  consists 
in  sanctlßcation  ceremonies.  Just  as  sacrifice  is  bound  up 
with  the  various  forms  of  prayer— conjuration,  petition, 
thanksgiving,  and  penitence— so,  in  tum,  is  the  sanctification 
ceremony  closely  connected  with  both  sacrifice  and  prayer. 
On  the  one  band,  it  is  reinforced  by  accompanying  prayers  ; 
oa  the  other,  it  results  directly  from  sacrifice,  particularly 
whenever  the  latter  takes  the  form  of  a  cult  practice  that 
brings  mankind  into  association  with  the  deity.  In  this 
event,  the  ceremony  of  sanctification  represents  an  activity 
supptementary  to  sacrifice.     The  impulse  to  sanctification 


THE    AGE    OF.    HEROES    AND    GODS       443 

gains  the  dominance  over  the  sacrificial  idea  as  soon 
as  the  desires  relating  to  the  personal  worth  of  the 
sacrificer  himself  gain  ascendancy  over  the  extemal  motives 
which  at  first  prevailed.  This  subjective  interest^  of  course, 
appears  only  after  the  religious  Itfe  has  become  relatively 
mature  ;  at  the  outset,  moreover,  it  is  still  everywhere  com- 
bined  with  sacrificial  practices  that  centre  about  extemal 
possessions.  Once  it  has  finally  freed  itself,  and  has  become 
purely  a  sacrifice  designed  to  enhance  personal  worth,  it  be- 
comes  a  means  of  sanctification.  Wben  sacrifice  has  reached 
this  highest  stage,  however,  the  idea  of  a  gif  t  presented  to  the 
deity  by  the  sacrificer  completely  disappears— in  so  far,  there 
n  a  resemblance  to  the  very  earliest  sacrifices,  which  were 
of  a  purely  magical  nature  and  were  in  no  sense  intended  as 
gifts.  If,  therefore,  the  sacrifice  of  self-sanctification  retains 
any  connection  at  all  with  the  conception  of  a  gift,  the 
sacrificer  must  not  only  be  said  to  ofler  himself  to  the 
deity  but  the  ddty  must  likewise  be  regarded  as  giving 
himself  to  the  sacrificer. 

Nevertheless,  the  origins  of  sanctificaticm  ceremonies  and 
of  sacrifice  are  essentially  diverse.  At  the  outset,  moreover» 
these  cult  practices  adopt  different  paths,  meeting  only  at 
the  height  of  their  development.  True,  the  sanctification 
ceremony  is  rooted  in  magic  belief,  just  as  is  sacrifice.  In 
primitive  sacrifice,  however,  the  magic  is  directed  extemally  ; 
in  the  case  of  sanctification,  on  the  other  band,  the  object  of 
the  magic  is  the  human  being  himself  who  performs  the 
cult  action  or  who  permits  it  to  be  performed  upon  himf. 
Even  in  the  earliest  stages  of  these  practices,  there- 
fore,  the  sanctification  ceremony  occupies  the  higher  level ; 
hence,  also,  this  ceremony  is  subsequent  in  origin  to  sacri- 
fice. And  yet  practices  presaging  sanctification  may  be 
found  in  much  more  primitive  cults,  in  the  purification 
ceremonies,  whose  beginnings  may  be  traced  far  back  into 
the  totemic  age.  We  have  already  mentioned  the  fact  that 
water  and  fire  were  used  as  means  of  magical  purification 
even  in  the  perioc}  of  demon-belief  (pp.  201  ff).  So  long 
as  they  retain  thir  significance,  they.  may.  both  be  dasied  m 


444        ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGY; 

agencies  of  counter-magic.  Their  function  is  to  coiinteract 
the  evil  spells  that  result  from  contact  with  a  corpse  or  with 
some  other  object  that  is  regarded  as  taboo.  Purification  by 
fire  faas  the  same  significance.  Because  of  !the  more  elaborate 
preparations  which  it  requires^  however,  such  purification 
tends,  from  the  very  beginning,  to  take  the  form  of  a  public 
cult  celebration.  As  a  result,  it  passes  over  directly  from  the 
field  of  counter-magic  into  that  of  magic  proper— a  reversal 
common  in  the  field  of  magical  usage.  At  this  point,  pari- 
fication  becomes  sanctification.  For,  the  original  puxpose  of 
the  means  which  the  latter  employs  is  always  that  of  afford«» 
ing  protection  against  future  attacks  on  the  part  of  the 
demoniacal  powers  that  threaten  man  from  without^  or, 
in  a  later  and  a  religiously  purified  Interpretation,  against 
personal  transgtessions  resulting  from  man*s  inner .  nature« 
Herewith  the  development  reaches  the  stage  of  the  sanctifi« 
caticHi  oeremony  proper.  The  belief  that  sanctification  is 
necessary  for  the  individual  can  arise  only  in  connection 
with  deity  beliefs,  for  it  is  bound  up  with  ideas  of  retri-» 
bution.  The  latter,  in  tum,  depend  upon  the  feeling  of 
the  personal  guilt  of  the  individual  no  less  than  upon 
the  belief  in  the  existence  of  personal  gods  who  avenge 
the  sins  that  are  committed.  Precisely  the  same  change 
that  takes  place  in  the  development  of  purification  by  fire 
transpires  also  in  the  case  of  water,  the  second  and  more 
common  means  of  lustration.  Here  this  transition  is  most 
clearly  evident  in  connection  with  baptism.  True,  even 
Christian  baptism  still  partly  retains  the  idea  of  lustration. 
For,  though  the  newbom  child  who  is  baptized  is  not  him- 
self  conscious  of  any  wrongdoing,  he  is  nevertheless  tainted, 
according  to  the  doctrine  of  inherited  guilt,  by  the  original 
jBin  from  which  he  must  be  cleansed.  Baptism  thus  incor- 
porates  the  meaning  both  of  purification  and  of  /sanctification. 
The  latter  conoeption,  however,  asserts  its  dominance. 
And  yet  the  Anabaptists,  though  insisting  that  man  is 
unworthy  of  the  sacred  act  unless  he  submits  to  it  of 
his  own  free  will,  have  also  wished  to  preserve,  along  with 
the  idea  of  sanctification,   the   idea  of  purification,  which 


THE  AGB  OF,  HEROES  AND  GODS   445 

is  both  more  original  and^  for  sense  perception,  more  real. 
Moreover,  baptism  also  occurs  with  this  twofold  meaningl 
outside  the  pale  of  Christianity,  not  only  among  the  Hebrews, 
to  whom  the  Christian  religion  is  indebted  for  the  cult^  but 
even  elsewhere,  particularly  among  Semitic  and  African 
peoples.  Sometimes  it  occurs  alongside  of  another  very 
common  custom,  that  of  clrcumcision  ;  sometimes,  as  in 
Christendom,  it  is  found  where  the  latter  is  lacking  ;  in  still 
other  regions,  clrcumcision  is  practised,  whereas  tliere  is  no 
real  baptism  aside  from  the  ordinary  rites  of  lustration.  This 
diversity  itself  testifies  to  the  essential  difference  between  the 
two  cult  practices— for  that  clrcumcision  also  must  be  classed 
as  such  there  cannot  be  any  doubt.  Clrcumcision,  however, 
is  not  a  means  either  of  purification  or  of  sanctification,  but 
is  of  the  nature  of  a  sacrlßce.  Along  with  the  offering  of 
hair  in  the  cult  of  the  dead  and  with  the  pouring  out  of 
blood  in  connection  with  deity  worship,  it  belongs  to  tiiat  form 
of  sacrifice  in  which  the  sacrifidal  object  gains  its  imique  vahie 
by  virtue  of  its  being  the  vehicle  of  the  soul.  Thus,  the  object 
of  sacrifice,  in  the  case  of  clrcumcision,  may  perhaps  be  inter- 
preted  as  a  Substitute  for  such  internal  organs  as  the  kidneys 
or  testicles,  which  are  particularly  prized  as  vehictes  of  the 
soul  but  which  can  either  not  be  oflFered  at  all,  on  the  part 
of  the  living,  or  whose  sacrifice  involves  serious  difficulties. 
Originally,  sanctification  and  lustration  not  only 
employed  the  same  means  but  also  followed  identical 
methods.  The  need  frequently  came  to  be  feit,  how- 
ever,  of  an  external  distinction  between  these  two  cult 
practices.  Ablution  thus  came  to  be  regarded  as  the  proper 
method  of  actual  purification,  whereas  sprinUing  was 
adopted  in  connection  with  sanctification.  This  also 
indicates  the  antithetical  positions  which  the  two  hold  with 
respect  to  magic  and  counter-magic.  Lustration  aims  to 
remove  moral,  or,  in  the  last  analysis,  demoniacal  impurity  ; 
sanctification  fumishes  him  who  seeks  its  blessings  with 
water  possessed  of  magical  powers.  For  this  reason  purifi- 
cation water  feil  into  disuse  with  the  disappearance  of  befief 
in  demoniacal  impurity.    On  the  other  band,  it  was  believe«' 


OF    HEROES    AND    GODS       447, 

in  individuals  who  receive  a  share  of  the 
ion  as  the  worth  of  the  sacrifice  increasesi 
ree  of  sanctification.  The  latter  reaches 
man  sacrifice,  where  the  person  sacrificed 
both  of  the  sacrificial  Community  and  of 
anctification  here  becomes  deification  for 
the  sacrifice.  Following  the  disappear- 
Sce,  this  idea  was  maintained  in  connec- 
animal  that  was  substituted  for  man,  and 
sacrifice  was  entirely  abandoned,  in  con- 
id  which  constituted  the  sacrificial  food. 
cults  of  the  Old  and  of  the  New  World, 
ied  into  the  form,  sometimes  of  a  human 
s  of  an  animal.  In  this  case  again,  the 
hristianity  unites  the  various  elements. 
)le,  the  different  interpretations  that  ihave 
:e  in  the  Christian  world  include  concep- 
[  the  various  stages  of  development. '  The 
the  sacrament  perpetuate  the  memory 
d  human  sacrifice  known  to  religious 
this  case,  the  idea  of  the  unity  of  tfae 
th  the  deity  continues  to  survive  in  the 
g  deity.  In  this  sacrificial  meal,  more- 
elated  sacrificial  cults  survive— the  idea 
>,  borrowed  from  the  Jewish  Passover, 
of  wine,  as  in  the  Dionysian  mysteries, 
sacrificed  god.  To  the  Christian,  more- 
1  sanctification  has  had  three  dbtinct 
tse,  of  course,  have  f requently  been  inter- 
e  been  magical,  mystical,  and  symbolical 
ries  of  stages  through  which  all  sanctifi- 
»ass.  To  tbe  uncritical  mind,  he  who 
>f  the  sacrament  partakes  of  the  actual 
>lk>wing  upon  this  stage  of  miracle  and 
that  the  cult  act  effects  a  mystical 
leemer,  a  union  that  19  not  corporeal 
the  third  stage,  the  cult  action  finaUy* 
>1  of  a   religious  exaltation  of  spirit. 


448        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

This  exaltation  is  regarded  as  possible  in  itself  without  die 
external  manifestation  ;  nevertheless,  it  is  reinforced  by  die 
latter,  in  acoordance  with  the  general  relationship  that  obtaiDs 
between  inner  needs  and  external  actions.  Moreover«  in  eadi 
of  tbese  three  cases,  participation  in  the  common  sacrifidal 
meal  is  evidence  of  membership  in  the  religious  sodety-a 
feature  common  to  all  firmly  organized  religious  assoda- 
tions.  Such  membership  must  be  attested  by  participation 
in  the  cult  celebrations.  Of  the  ceremonies  in  whidi  ex- 
pression  is  given  to  one*s  religious  aflUiations,  the  sacrifidal 
meal  has  been  regarded,  from  early  times  on,  as  the  most 
important.  The  end  of  the  development  thus  retums  to 
its  beginning.  The  meal,  enjoyed  in  common  at  fized  times, 
differentiates  cultural  man  from  the  man  of  nature.  Among 
all  meals  in  which  a  relatively  larg^  Community  miites,  how- 
ever,  the  sacrifidal  feast  is  probably  the  earliest»  just  as 
the  cult  festival  is  the  earliest  festival  celebration. 


17.  The  Art  of  the  Hergic  Age. 

A  survey  of  the  various  phases  of  human  interest  will 
show  that  they  are  all  present  from  the  very  beginning  in 
the  mental  Organization  of  man.  Moreover,  they  are 
throughout  so  interconnected  that  an  advance  in  one  field  of 
interest  will  lead  to  progress  in  general.  Nevertheless,  we 
are  unable  to  escape  the  further  Observation  that,  in  the 
life  of  the  individual,  certain  capacities  develop  earlier  than 
others.  Precisely  the  same  is  true  of  the  life  of  humanity. 
The  phenomena  in  which  the  character  of  ages  and  peoples 
receives  its  chief  expression  differ  in  each  of  the  periods 
through  which  the  development  of  mankind  passes.  The 
secondary  phenomena,  in  each  case,  either  occur  only  in 
tjieir  bcginnings  or,  where  we  are  dealing  with  later  stages  of 
culture»  are  being  perfected  along  lines  already  established. 
In  this  relative  scnse,  we  may  doubtless  say  of  the  three  eras 
following  that  of  |>riinitive  man,  that  totemism  is  the  age  of 
the  satist^tion  of  wants,  the  heroic  age,  that  of  ort,  and  the 
suocoftdiog  pm^  of  tbe  development  to  humanity,  that  of 


THE  ACE  OK  HEKOES  AND  GODS   449. 

Science.  Of  course,  there  were  many  art  productions,  some 
of  them  admirable,  even  in  the  totemic  ag^e— we  need  mention 
only  the  artistic  cult  datices,  or  the  high  perfection  to 
which  the  semi-cultural  peoples  of  the  period  attained  in 
the  decoration  of  the  body  and  of  weapons.  It  must  be 
admitted  also  that  the  heroic  age  already  laid  unperish- 
able  foundations  for  science.  Nevertheless^  the  main 
achievements  of  the  totemic  age  relate  exciusively  to  the 
satisfaction  of  the  externa!  needs  of  life.  The  modes  of 
procuring  and  preparing  food,  and  the  forms  of  clothing, 
adomment,  implements,  and  weapons— all  originated  in  the 
totemic  age,  and,  however  great  may  have  been  the  advances 
made  by  succeeding  eras  along  these  several  lines,  the 
beginnings  had  nevertheless  been  made.  A  manner  of  dresa 
suitable  to  the  climate  had  been  developed.  The  preparation 
of  food  by  means  of  fire,  the  manufacture  of  the  fundamental 
and  permanent  implements  and  weapons— the  hanmier,  the 
axe,  the  saw,  the  chisel,  th^e  knife-nand,  finally,  the 
differentiation  between  weapons  of  close  and  of  long  range^ 
had  all  been  introduced.  Moreover— and  this  is  perhaps  most 
significant  of  all— art  itself  was  govemed  absolutely  by  the 
motive  of  satisfying  needs.  Articles  of  adomment,  tattoo- 
ing,  the  dance,  song,  and  music,  were  first  of  all  means  of 
magic,  and  as  such  they  served  the  most  urgent  needs,  such 
as  man  by  hiaf^elf  was  unable  to  satisfy.  These  needs  were 
protection  against  sickness  and  success  in  the  chase  and  in 
war.  Only  gradually,  through  a  most  remarkable  heterogeny 
of  ends,  were  many  of  these  agencies  of  magic  transformed 
into  pure  means  of  adornment.  Such  transformations,  of 
course,  occurred  also  in  the  heroic  age.  But  by  this  time 
the  necessities  of  life  had  in  part  changed  and,  of  the  new^ 
interests,  those  connected  with  cult  and  with  political 
Organization  gained  an  increasing  importance.  '^Esthetic 
value  came  to  be  more  and  more  appreciated  as  an  inde- 
pendent  feature  of  objects.  As  a  result,  articles  were 
produced  of  a  nature  such  as  to  minister  both  to  the 
needs  of  life  and  to  aesthetic  enjoyment.  But,  again^ 
this    occurs    pre-eminently    within    the    field    of    spiritual 

30 


450        ELEMENTS  OK  FOLK  PSYCHOLOGY 

needs,  particularly  in  connection  with  deity  cult^  on  tbe  ou 
hand,  and  in  the  glorification  of  buman  heroes,  on  the  otbo. 
Tbe  construction  of  the  temple^  the  plastic  reproductioa  ci 
the    human    form    and    its    idealization    into    the^(Uvitt 
image,  and^  finally,  the  forms  of  literature— the  epic,  the 
hymn,  and  the  beginnings  of  the  religious  drama,  with  thdi 
accompanying  music— all  of  these  spring  from  the  spiritd 
needs  of  this  age,  among  which  needs  cult  is  the  foremost. 
.With   these   various   activities,   art   begins    an    independeot 
development^  gaining  a  value  of  its  own^  and  conquering 
fields    that    had    previously    been    untouched    by    acsthett 
tnfhiences.    This  conquest  of  new  fields  by  the  higber  fonns 
of  art  is  indicative  also  of  an  increasing  appredation  of  the 
aesthetic,  and,  along  with  this»  of  a  spiritualizatiön  of  life  as  a 
whole,  such  as  results,  in  a  particular  measure,  from  art,  anl 
only  partly,  and  at  a  much  later  period,  from  sdence.   The 
first  subjects  of  this  art  are  heroes  and  gods— that  is,  those 
figures  which  the  Imagination  creates  at  the  threshold  of  the 
heroic  age,  under  the  influence  of  the  new  conditions  of  life. 
Gradually  art  then  concems  itself  with  the  human  personality 
and   with   the   objects   of   man's  environment.      In   corre- 
spondence  with  a  change  which  transpired  in  the  totemic 
age,  in  which  means  of  magic  were  transformed  into  articies 
of  adornment,  the  objects  of  nature  and  culture  are  now 
more  and  more  stripped  of  their  mythological  significance 
and   elevated   into   pure  objects   of  aesthetic  appreciation. 
Thus,  the  heroic  age  includes  the  two  most  important  epochs 
in  the  entire  history  of  art.     These  are  thje  origin  of  a  tnie 
religious  art,  and  the  attainment  of  an  aesthetic  independence 
which  allows  art  to  extend  its  influence  to  all  departments 
of  human  life.     Religious  art  made  its  appearance  with  the 
beginning  of  the  heroic  age  ;    aesthetic  independence  repre- 
sents  a  later  achievement.     This  explains  why  the  totemic 
tage  seems  to  us  a  vanished  world,  no  less  with  regard  to  its 
art  than  in  other  respects.   It  can  arouse  our  aesthetic  interest 
only  if  we  attribute  the  final  product  of  this  period— namely, 
deooration   freed   from   its   original   magical   significance— 
to  the  motives  that  reaHy,  underlie  artistic  activity.    The 


THE    ACE    OK   HEROES    AND    C0D8       491 

art  with  which   wc  are  still  familiär  and   whonr  inotlve^ 
we  can  all  still  aj^edate,  begins  only  with  thc  hcroic  «koi 
The  tattooing  of  the  mao  of  nature  and  thc  amul#:t  ttl;fnit 
his  neck  are  to  us  adorrunerit^  of  knr  ^Mhnüc  valu#?.     A 
Greek  teinple,  however,  may  even  u>'day  ^t<Ax%^  thc  m^j^nl 
of  worship,  and  the  battles  of  tlic  H^/rricri/,  hcr^/c«  and  the 
tragedy  of  a  Prometheus  overtaken  hy  thc  wrath  of  thc  gorJ» 
may  still  impress  us  as  real.    Howcvcr  rcrn//te  thc  af;c  may 
be  which  these  products  of  art  reprcMrnt,  tfie  gcncral  %pirit 
which  animated  it  has  not  vanished.    Thc  grcatc^t  t Urning' 
point  in  the  spiritual  history  of  man  consi^t»  in  the  »tupcn/l«Ai% 
achievement  which  Inaugurates  the  heroic  agc.    I  rcfcr  to  tlie 
creation  of  the  ideal  man,  the  hero,  and  of  the  god  in  vAumx 
heroic  characteristics  are  magnified  into  the  »uperhuman 
and  demoniacal.    Here  lies  the  begimiing  of  a  real  bittory  of 
art ;   everything  earlier  is  prehistoric,  however  important  it 
may  be  for  a  psychological  understanding  of  art— an  iinport- 
ance  greater  than  is  generally  supposed,  since  it  is  only  these 
earliest  phenomena  that  can  disclose  the  conditiont  undet« 
lying  the  first  manifestations   of  the  artistic   imaginatioo« 
Since  we  may  assume  that  the  facts  of  the  history  of  Mf 
are  generally  familiär,  it  may  here  suffice  to  considcf  fteM 
originating  factors  and  their  relation  to  the  general  ( 
of  the  heroic  age. 

The  first  and  most  striking  characterisde 
era  is  the  development  of  architecture.  Thi»  i»  *  wm  wf, 
not  to  be  found  in  the  preceding  age,  or  at  WUt^^^f  M 
very  meagre  beginnings.  The  gabled  and 
as  well  as  the  tent  and  the  wind-break 
developed,  are  not  artistic  creations^  bot 
the  most  urgent  needs  of  life.  The 
building  for  any  higher  purpose  than  I 
first  of  all  when,  here  and  there,  the  m 
attributed  also  to  the  dead.  For  tl» 
soul  and  ancestor  cults  demanded-  tf 
permanent  structures.  Hence 
Chamber,  built  of  solid  stone.  Iti 
protection  from  without,  were 


45a        ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGY. 

and  constantly  became  more  massive.     This  stimulated  a 
sense  of  the  sublime  and  etemal,  which   reacted   on  the 
construction  of  the  monuments  and  gave  them  a  character 
far    transcending    the   need   that    called  them'    into    being. 
The   development  of  the  gigantic  Egyptian  pyramids  out 
of    the    simple    walled    tomb,    the   mastaba»    teils    us   this 
significant  story  in  pictures  that   impress  the  imagination 
more  vividly  than  words.     But  the  cult  of  the  dead^  which 
this   history   records,   was  itself  intimately  connected  with 
deity  cult,    The  preservation  of  the  mummy  involved  cvery 
possible    protection    of    the    corpse    from    the    destnictive 
agencies  of  time.     This  fact  reveals  a  concem  relating  to 
incalculable  ages,  and  thüs  gives  evidence  of  an  idea  of  ä 
beyond  into  which  the  deceased  is  supposed  to  enter.  Besides 
the  house  of  the  dead;  therefoite,  there  is  the  house  belonging 
to  the  deity,  and  this  is  even  nk)re  directly  and  universal^ 
charäcteristic  of  the  age.     This  edifice,  into  which  man  may 
enter  and  come  into  the  presence  of  the  deity,  stimulates 
the  incomparably  deeper  impulse  to  build  a  structure  worthy 
of    the    deity,    for   whom'    it    is    erected.     Thus,    then,   we 
have  the  tentple,  designed  at  the  outset  for  the  protection 
of  the  sacrificial  altar,  which  had  originally  been  erected 
in  the  open,  upon  consecrated  ground.     Since  it  is  located 
at  the  seat  of  govemment^  at  the  place  where  the  Citizens 
assemble  for  the  conduct  of  political  affairs  and  for  purposes 
of  trade^  the  temple  is  indicative  also  of  the  city  and  of  thie 
State.    Secular  interests  likewise  begin  to  assert  themselves. 
Hence  there  appeärs  a  second  mark  of  the  city,  the  Castle, 
which  is  the  seat  of  the  ruler  and  of  the  governing  power, 
and  is  generally  also  the  final  defence,  when  hostile  attacks 
tiireaten  the  city  and  State.     Closely  connected  with  the 
Castle,  in  all  regions  in  which  the  ruler  lays  claim  to  being 
a  terrestrial  deity—as  he  did,  for  example,  in  the  ancient 
realms  of  the   Orient— is  the  royal  palace.      In  harmony 
with    the    twofold    position   of    the   ruler,    his   dwelHng   is 
«rcfaitecturally    intermediate    between    the    Castle    and    the 
temple.     Thus,  it  is  the  temple,  the  Castle,  and  the  palace, 
^liose  development  not  only  awakens  the  aesthetic  sense  for 


THE    AGE    OE    HEROES    ANß    GODS       453 

architectural  forms,  but  also  gives  im|>etus  to  the  other 
arts,  especially  to  sculpture  and  to  omamentation.  Th^ 
latter  had  previously  found  material  for  its  expression  in  the 
Utensils  of  daily  use.  Enriched  through  its  connection  witli 
architectural  forms,  it  now  recurs  to  the  miniature  work  of 
Utensils  and  implements,  where  it  more  and  more  serves  a 
purely  aesthetic  need.  Of  the  works  of  architecture  belong- 
ing  to  the  early  part  of  this  period,  it  is  the  temple  which 
proves  the  greatest  aesthetic  Stimulus.  This  is  due  not 
only  to  its  more  exalted  purpose,  but  also  to  the  impetus 
derived  from  the  fact  of  the  multiplicity  of  gods.  The 
Castle  represents  the  unity  of  the  State.  Hence  the  State 
contains  but  one  such  structure,  erected,  whenever  possible, 
upon  a  hill  overlooking  the  city.  The  temple,  from 
early  times  on,  is  the  exclusive  possession  of  a  single 
deity.  The  idea  of  harbouring  aeveral  deities  in  a  singfe 
structure  could  arise  only  later^  as  a  result  of  special  cult 
conditions  and  of  the  increasing  size  of  the  sacred  edifices. 
Even  then^  however,  the  need  for  imity  in  the  cult  generally 
caused  each  temple  to  be  dedicated  to  a  specific  deity, 
the  Chief  god  of  the  temple.  Hand  in  hand  witb  this  went 
a  striving  for  richness  and  diversity  in  architecture.  The 
temple,  therefore,  expresses  in  a  pre-eminent  degree  not  only 
the  character  of  the  religious  cult,  but  also  the  n^ntal  indi- 
viduality  of  the  people  to  whom-  the  gods  and  tbeir  cult 
owe  their  origin. 

Closely  connected  with  temple  construction  is  scalptare, 
for,  in  it,  the  unportance  which  the  human  personality 
receives  in  this  age  finds  its  most  direct  expression. 
Sculpture,  moreover,  dearly  exhibits  the  gradual  advance 
from  the  generic  to  the  individual,  from  ä  value  originally; 
placed  on  man  as  such  to  absorption  in  the  porticular 
characteristics  of  the  individual.  The  early,  '  generic  *  figure 
is  generally  a  i:epresentatioh  of  the  divine  personality  who  has 
inspired  the  artist  to  create  an  image  for  the  säcred  shrine. 
Art  does  not  aim  at  the  outset  to  copy  man  himself ;  it 
transfers  his  characteristics  to  the  deity,  and  only  thus, 
and  after  laborious  efforts,  does  it  attain  tts  mattery  over 


454        ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGY 

the  human  form.  True,  the  gods  are  conceived  as 
human  from  the  very  beginning.  So  long,  however,  as 
the  sacrificial  stone  and  the  altar  stand  in  the  open  field,  this 
humanization  leads  but  to  inartistic  images,  similar  to 
fetishes.  While  these  Images  indicate  the  presence  of  the 
gods  at  the  sacred  places,  they  are  not  intended  as  Hkenesses 
of  the  deities  themselves.  In  their  extemal  appearance, 
tlierefore^  the  fetishes  of  early  deity  cult  still  impress  one 
as  survivals  of  the  totemic  age,  even  though  the  gods  are 
no  longer  represented  after  the  fashion  of  denions»  namely, 
as  subhuman,  possessing  animal  or  grotesque  human  fomis. 
The  conditions  obtaining  in  life  generally  were  repeated  m  the 
realm  of  art.  For  the  transference  of  purely  himian  charac- 
teristics  to  the  image  took  place  in  the  case  of  the  hero— or, 
what  amounts  to  the  same  thing  in  the  great  Oriental  dviliza- 
tions  of  antiquity,  in  thät  of  the  ruler^-earlier  than  in  the  caso 
of  the  deity.  The  ruler  is  glorified  by  means  of  drawings 
which  represent  processions  of  the  hunt  and  of  war,  and 
which  are  executed  on  the  walls  of  his  palaces.  Similarly, 
the  religious  impulse  expresses  itself  in  the  erection  of  an 
anthropomorphic  image  of  the  deity.  This  image  is  placed 
either  in  the  temple,  which  is  regarded  as  the  dwelllng-place 
of  the  deity,  or  in  some  commanding  part  of  the  city  ynhicb. 
reverences  the  god  as  its  protector.  Here,  however,  vre  come 
upon  a  noteworthy  proof  of  the  fusion  of  the  hero  with  the 
demon  as  described  above.  From  Babylonian  and  Egyptian 
monuments  we  leam  that  the  ruler  and  his  retinue  were 
already  represented  in  human  form  at  ä  period  when  deity  cult 
still  retained  hybrid  forms  of  men  and  animals,  sometimes  of 
the  nature  of  animal  demons  with  human  faces,  or  again  as 
htmian  figures  with  animal  heads.  Thus,  art  strikingly  con- 
firms  the  view  that  the  gods  arose  from  a  fusion  of  the  hero 
Personality  with  the  demon.  When  these  extemal  charac- 
teristics,  due  to  the  past  history  of  gods  and  their  connection 
with  demon  beliefs,  came  to  be  superseded,  the  divine  image 
ät  firat  reproduced  only  the  typical  feature's  of  man.  In 
additkUi  io  overtowering  size,  external  marlcs,  such  as  dress, 
weapon^  loid  sacred  animals,  were  the  only  evidences  of  deity. 


THE    ACE    OF    HEKOES    AN0   GODS       455 

The  first  step  in  the  transition  from  the  generic  figure  to 
the  gradual  individualization  of  personality  occurs  in  coa* 
nection  with  the  facial  expression.  It  is  surprising  to  note 
the  uniformity  with  which,  in  all  the  civilizations  of  the  Old 
World,  the  images  of  the  gods,  as  well  as  those  of  the  heroes 
and  rulers»  acquire  an  expression  of  kindliness  and  gentle 
ness.  '  This  trait,  however,  is  again  of  a  generic  nature. 
The  stiff,  expressionless  form  has  indeed  disappeared,  but 
the  expression  that  supervenes  is  uniform.  Though  we 
have  referred  to  this  transition  as  universal,  this  is  true  at 
most  as  regards  the  fact  that,  on  the  one  band,  the 
expression  of  complete  indifference  gives  way  to  one 
manifesting  emotion,  and  that,  on  the  other,  this  emotion, 
though  pronounced,  again  exhibits  imiformity.  In  the 
quality  of  this  feeling,  differences  in  the  character  of 
peoples  may  come  to  light,  just  as  they  do  in  mytb 
and  religion,  with  which  sculpture  in  its  first  stages  is 
closely  connected.  In  the  two  great  cultural  regions  of 
the  New  World,  Mexico  and  Peru,  there  is  a  similar  transi* 
tion.  The  cults  of  these  peoples^  however,  emphiasize  thei 
fear-inspiring  character  of  the  gods.  Hence^  in  their  art, 
the  terrifying  grimace  of  the  earliest  divine  images  becomes 
moderated  into  an  expression  of  gloomy,  melancholy  serious* 
ness— a  change  such  as  the  art  of  the  Old  World  approxi- 
mates  only  in  occasional  productions  that  fall  rather  within 
the  province  of  the  demoniacal,  such  as  the  Image  of  the 
Egyptian  sphinx  or  the  gorgon's  head  of  the  Greeks.  Thus, 
the  transition  from  features  that  are  entirely  expressionless 
to  such  as  are  generic,  and  then  to  those  that  characterise 
the  individual  personality,  occurs  in  connection  with  a 
change  in  the  quality  of  the  emotions.  To  illustrate  the 
relative  uniformity  of  this  development  we  might  likewise 
refer  to  the  early  Renaissance.  Here  again  it  was  neces- 
sary  to  seek  a  path  to  the  concrete  wealth  of  personality  that 
had  been  lost.  Art  reached  this  goal  by  way  of  the  patbetic 
expression  of  hiunble  Submission.  As  soon  as  plastic  art 
departs  from  the  typlcal  form,  we  find  not  only  that  a  change 
occurs  in  the  expressions  of  the  face,  but  also  that  the  entirci 


:456       ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGY 

body  bccomes  more  lifelike.  Along  with  this^  tbe  themes  of 
plastic  art  pass  from  the  gods,  nilers,  and  faeroes  to  the  lower 
lerels  of  every-day  life.  Even  here  art  at  first  continues  to  be 
fascinated  by  the  great  and  conspicuous,  though  it  later  gains 
more  and  more  interest  in  the  signißcanf.  This  striving  for 
reality  in  its  wealth  of  individnal  phenomena  is  characteristic 
not  only  of  sculpture,  however,  but  also  of  painting.  Dis- 
regarding  the  bodily  form  in  favour  of  the  portrait,  paint- 
ing first  acquires  new  means  of  characterization  in  colour 
and  shading  ;  then»  passing  from  man  to  his  natural  environ* 
ment^  it  wins  from  nature  the  secrets  of  perspective,  and 
thus  gains  a  far  greater  mastery  over  the  depths  of  space 
than  was  possible  to  sculpture.  Landscape  painting,  more- 
over,  unlocks  for  art  that  rieh  world  of  emotions  and  moods 
ifdiich  man  may  create  from  the  impressions  öf  nature^  and 
nfhich  attain  to  purity  of  expression  in  proportion  as  man 
himself  disappears  from  the  artistic  reproduction  of  his 
environment.  Thus,  the  final  product  of  pictorial  art, 
together  with  such  paintings  as  those  of  still  life  and  the 
interior,  all  of  which  are  psychölogically  related  inasmuch  as 
they  express  moods,  represent  the  most  subjective  stage 
of  art,  for  they  dispense  with  the  subject  himself  whose 
emotions  they  portray.  All  the  more;,  therefore,  are  these 
emotions  read  into  nature^  whose  processes  and  activities 
now  constitute  the  content  of  personal  experience.  Once  it 
attains  to  this  development,  however,  landscape  art  is  already 
far  beyond  the  borders  of  the  heroic  age.  Indeed»  tbe 
Renaissance  itself  advanced  no  farther  than  to  the  threshold 
of  this  most  subjective  form  of  pictorial  art.  This  art 
represents  the  hero— however  broad  ä  conception  of  him  we 
may  form— as  in  all  respects  a  hiunan  individual.  Thus, 
art  again  returns  to  the  being  whose  ideal  enhancement 
originally  gave  rise  to  the  hero. 

The  changes  which  the  forms  of  aesthetic  expression 
undergo  within  the  field  of  formative  art,  are  paralleied^ 
on  the  whole,  by  those  of  the  musical  arts.  By  this 
term,  as  above  remarked^  we  wish  to  designate  all  those  arts 
fv^hich  depeod  firom  the  outset  upon  the  external  factors 


THE  AGE  OF  HEROES  AND  GODS   457; 

of  tone  and  rhythm  ultimately  employed  most  freely  in 
music  (cf.  p.  262).  In  the  preceding  age^  only  one  of 
these  arts,  the  dance,  really,  reached  any  considerable  de* 
velopment.  Of  the  two  elements  of  the  musical  arts, 
rhythm  was  as  yet  predominant.  The  dance  received 
but  little  melodic  support  from  the  voice  ;  noise  instnunents 
had  the  ascendancy  over  musical  instnunents.  The  furtber 
development  of  these  arts  leads  to  continued  progress,  par* 
ticularly  with  respect  to  the  melodic  forms  of  expression. 
These  begin  with  the  language  of  speech^  and  gradually 
pass  on  to  the  pure  clang  formations  produced  solely  by, 
manufactured  instruments.  Corresponding  with  this  extemal 
change  is  an  inner  change  of  motives^  influenced,  of  course,, 
by  the  varying  materials  which  enter  into  the  creations  of 
the  musical  arts.  From  the  very  beginning,  the  character 
of  this  material  is  involved  in  constant  change^  as  Is  also 
language,  which  is  the  basis  of  all  these  arts,  and  whose 
rhythmical-melodic  forms  cannot  be  arrested  at  any  moment 
of  its  living  development.  The  attempt  to  render  permanent 
some  of  the  movements  of  this  flowing  process^  by  means 
of  literary  records  or  definite  Symbols,  is  but  an  inadequate 
Substitute  for  the  enduring  power  with  which  the  mute 
creations  of  sculpture  and  of  architecture  withstand  the 
destructive  influences  of  time.  Just  because  of  this  plasticity 
of  their  working  material^  however,  the  musical  arts  are 
enabled  all  the  more  faithfully  to  portray  the  thoughts  and 
feelings  that  move  the  artist  and  his  age.  Particxilarly 
where  these  thoughts  and  feelings  are  directly  reproduced 
in  language,  the  work,  even  though  Coming  down  from  a 
long-departed  past,  has  an  incomparably  greater  power  to 
transport  us  to  its  world  than  is  ever  possible  to  plastic  art. 
How  much  more  vividly  do  we  not  experience  the  life  of 
the  Homeric  heroes  while  reading  the  Iliad  than  when 
viewing  the  Mycenian  art  of  that  period  I 

Of  all  the  products  of  the  verbaj  arts,  it  is  the  epic 
that  most  faithfully  mirrors  the  character  of  the  heroic  age 
>as  a  wbole.  The  human  hero  liere  Stands  in  the  forefront 
of  action.    His  battles  and  fortunes  and  a  laudatory  des 


458        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

tion  of  bis  qualities  constitute  the  main  themes  of  the  poemL 
In  the  background,  appears  the  world  of  gods.  It  receives 
no  attention  apart  from  its  relation  to  the  action.  Tk 
gods,  it  is  true,  take  a  hand  in  the  destinies  of  the  heroes- 
they  quarrel  about  them,  or,  when  the  need  is  greatest, 
descend  to  the  earth  and,  though  unrecognized,  assist  them 
in  battles.  As  for  the  rest,  however,  their  life  lies  outside 
the  sphere  of  the  epic  narrative  ;  it  appears  to  be  an  even 
and  undisturbed  course  of  existence  into  which  change  enters 
only  in  so  far  as  there  is  a  participation  in  the  affairs  of  the 
terrestrial  world.  Such  is  the  epic  at  the  zenith  of  its  develop- 
ment  and  as  it  receives  expression  in  the  Homeric  poems. 
Though  such  poetry  be  traced  back  to  its  beginnings,  the 
gods  will  not  be  found  to  play  any  greater  r6]e,  as  we  should 
be  led  to  expect  were  the  theory  of  many  mythologists 
true  that  the  hero  saga  developed  out  of  the  deity  saga 
and,  correspondingly,  the  heroic  epic  out  of  the  deity. 
epic.  In  confirmation  of  our  assertion,  we  might  point 
to  the  Russian  and  Servian  romances,  and  also  to  the 
songs  of  the  Kara-Kirghiz  and  to  the  Finnish  Kalewala, 
though  the  Kalewala  has  not  come  down  to  us  in  quite  its 
original  form.  The  Norse  Edda,  which  has  been  at  the 
basis  of  certain  misconceptions  regarding  this  questioi^ 
should  not  here  be  drawn  into  consideration,  though,  were 
it  examined,  it  would  substantiate,  if  anything,  the  opposite 
of  what  is  supposed.  It  dates  from  a  later  period,  which 
no  longer  believed,  as  we  may  assume  that  the  Homeric 
rhapsodists  did,  in  the  gods  and  heroes  of  which  it  sang. 
The  Norse  skalds  dealt,  in  their  songs,  with  a  departed 
world,  whose  memory  they  endeavoured  to  renew ;  they 
drew  their  material  from  märchen-myths  and  from  folk- 
sagas.  If,  now,  we  turn  to  that  poefry  of  the  Slavic  and 
Turkish  tribes  which  is  really  preparatory  to  epic  poetry,  we 
find  certain  radical  differences.  Here  ako,  of  course,  there 
are  imaginary  beings  whö  either  take  a  hand  in  the  battles 
and  destinies  of  the  heroes  or,  through  the  magic  over  which 
the  human  h«x>  as  yet  still  frequently  disposes^  come  to 
identify  themselves  with  heroes.     These  beings,  however. 


THE  ACE  OF  HEROES  AND  GODS   '459 

are  not  gods^  but  demons.  They  possess  no  personal  traits 
whatsoever.  Such  traits  are  lacking  also  to  the  hero  in  Pro- 
portion as  he  makes  use  of  magical  powers  rather  than  of 
an  enhanced  measure  of  human  ability.  Thus,  it  is  the  worlä 
of  demofis,  not  that  of  gods,  which  forms  the  backgtound 
of  the  early  epic.  As  regards  the  hero  himself,  it  is  apparent 
from  his  characteristics  that  he  is  on  the  border-line  between 
the  hero  of  märchen  and  the  epic  hero.  This  development 
of  the  epic  again  mirrors  the  development  of  the  hero  saga 
described  above.  But,  since  epic  poetry,  gives  permanence 
to  the  unstable  characters  of  the  folk-saga,  and  thus,  in  tum, 
reacts  upon  the  saga  itself,  its  development  is  all  the  more 
capable  of  presenting  a  clear  picture  of  that  fusion  of  demon 
with  himian  hero  which  gave  rise  to  the  god.  It  is  by  virtue 
of  his  human  characteristics  that  the  hero  of  the  early 
epic  is  distii\guished  from  the  demons  whbse  world  as  yet 
alwäys  forms  his  scene  of  action.  These  human  charac- 
teristics are  then  more  and  more  transferred  to  the  demons. 
Throughout  all  these  changes  of  environment,  the  hero 
remains  the  central  figure  of  epic  poetry,  and  continues  to 
develop  purely  himian  characteristics.  Hence  it  is  that,  at 
a  later  period,  the  gods  again  completely  disappear  from  the 
actiön,  and  the  destinies  of  human  heroes  come  to  be  the 
exciusive  concem  of  the  epic.  At  this  stage,  it  is  no 
long^r  extemal  factors  that  determine  the  destiny  of  the 
hero,  as  they  did  when  demons  and,  later,  gods  were 
supreme  ;  inner  motives,  whose  source  lies  within  the  hero 
himself,  are  of  paramount  importance.  When  this  occurs, 
however,  epic  poetry  has  already  passed  beyond  the 
boundaries  of  the  heroic  age. 

At  one  time  it  was  held  that  the  Homeric  epic,  so  far 
from  marking  the  climax  of  a  development  in  which  the 
World  of  heroes  was  brought  into  relation  with  that 
of  the  gods,  really  inaugurated  epic  poetry.  During 
this  period,  the  rhytKmic-melodic  form  of  Homer  was 
regarded  as  the  beginning  of  all  narrative.  Indeed, 
at  times  it  has  been  thought  to  represent  the  beginning  of 
language.      Foltowing  the  view  of  Jacob  Grimm» 


46o        ELEMENTS   OF  FOLK   PSYCHOLOGY 

maintained  that  poetry  was  tbe  earliest  form  of  speecfa^  and 
that  prose  came  through  a  process  of  deterioration  analogoos 
to  that  by  which  prehistoric  deity  and  hero  sagas  passed  into 
tfae  märdien.  This  theory^  of  course,  is  just  as  untenable 
for  the  history  of  language  and  poetry  as  it  is  for  that  of 
the  saga.  The  original  narrative  is  the  märchen-msrth  diat 
passes  artlessly  from  mouth  to  mouth.  The  transition  to 
a  form  which  is  at  first  loosely  constnicted  and  then  miore 
strictly  metrical^  is  clearly  bound  up  with  the  transition  from 
the  hero  of  the  märchen  to  the  hero  of  the  saga.  Coind- 
dent  with  this^  gods  also  gradually  gain  a  place  in  epic 
poetry.  This  development  is  accompanied  by  two  important 
external  changes.  The  first  of  these  involves  the  transfor- 
mation  of  the  every-day  prose^  in  which  the  märchen-myth 
had  been  expressed^  into  rhythmic-melodic  forms.  These  are 
reinforced  by  a  simple  musical  accompaniment  that  gives  to 
the  diction  itself  the  character  of  a  recitative  melody.  The 
second  change  consists  in  the  fact  that  separate  narratives 
are  joined  into  ä  series,  the  basis  of  connection  being,  in 
part,  the  heroes  who  participate  in  the  action  and^  in  part, 
the  content  of  the  action  itself.  Thus,  ä  romanoe-cycle  arises^ 
which,  when  supplemented  by  connecting  narratives,  finally 
develops  into  a  great  epic.  As  might  be  supposed^  it  is 
primarily  the  first  and  the  last  stage  of  this  development  that 
are  accessible  to  direct  Observation — the  romances  of  the 
iearly  epic,  preserved  in  folk-poetry,  and  the  perfected  poems, 
such  as  the  Homeric  epics  and  thie  Niebelangenlied.  As 
regards  the  formation  of  these  epics  out  of  their  separate 
Clements,  we  can  do  no  more  than  to  frame  hypotheses 
on  the  basis  of  somewhat  uncertain  inferences  reiating  to 
differcnces  in  style  and  composition.  There  can  be  no 
doubt^  however,  that  the  more  important  step  as  regards 
the  form  of  the  epic^  namely,  the  development  of  rhythmic- 
melodic  expression,  was  directly  bound  up  with  its  very  first 
stage,  namely,  with  the  appearance  of  the  earliest  form  of 
the  hcroic  narrative — a  form  resembling  the  romance. 

But  how  may  we  account  for  this  origin?     Dbes  the 
narrative  of  itself  rise  to  song  because  of  the  more  exalted 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       461 

charäcter  of  its  content?  Or,  is  the  rhythmic-melodic  form 
imposed  upon  it  from  other  previously  existing  types  of 
poetry?  Such  poetry  exists.  The  simple  songs  of  primi- 
tive man  wet  have  already  come  to  know  ;  besides  these, 
there  are  the  cult-song,  whose  conjurations  and  petitions  were 
addressed  to  demons  prior  to  the  advent  of  gods  and  heroes^ 
and,  finally>  the  work-song.  This  at  once  indicates  that  we 
must  postnlate  ä  transference  from  the  lyric  type  of  song, 
taken  in  its  broadest  sense>  to  the  narrative.  Nevertheless, 
the  first  of  the  above-mentioned  factors  must  not  be  dis- 
regarded.  The  heroic  hero,  of  course,  arouses  far  greater 
admiration  and  enthusiasm  than  did  the  märchen-hero. 
Here,  as  in  the  case  of  the  song,  the  intensification  of 
mental  excitement  causes  its  verbal  expression  to  assume 
rhythmic  forms,  precisely  as  the  dominance  of  festive  and 
joyous  emotion  in  the  dance  transforms  the  extemal  move« 
ments  of  the  body  into  rhythknical  pantomime.  Doubtless, 
therefore,  it  was  primarily  from  the  cult-song,  and  under 
the  influence  of  a  related  poetic  ecstasy,  that  a  sustained 
rhythmical  foitn  was  carried  over  to  the  portrayal  of  th!e 
hero  Personality  and  his  deeds.  And  so^  as  is  clearly 
shown  by  the  romance-like  beginnings  of  epic  composition^ 
the  metrical  form  of  the  epic  first  foUows  current  song- 
forms,  and  then  gradually  ädapts  these  to  the  specific  needs 
of  the  narrative.  Now^  the  earliest  characteristic  of  the 
song,  and  that  which  at  a  primitive  stage  constitutes  almost 
its  only  difference  from  ordinary  speech,  is  the  refnain«. 
In  the  epic,  the  rhythm  becomes  smoother.  The  refrain 
disappears  entirely,  or  occurs  at  most  in  the  case  of  regu« 
larly  recurring  connective  phrases  or  of  stereotyped  ex- 
pressions  relating  to  the  attributes  of  the  gods  and  heroes. 
These  aid  the  rhapsodist  in  maintaining  an  uninterrupted^ 
rhythmic  flow  of  Speech»  and  also  continue  to  be  uscd  as 
means  for  intensifying  the  rhythmic  Impression. 

Epic  poetry  thus  develops  out  of  the  earlier  forms  of  lyric 
composition,  through  a  process  by  which  the  exalted  mood  of 
the  song  is  transferred  to  the  portrayal  of  the  hero  person- 
ality.    Finally,  however,  the  epic  itself  reacts  upon  ^ 


462        ELEMENTS  OF.  FOLK  PSYCHOLOGY, 

Here  again  the  cult-song  occupies  the  foreground.  When 
it  reaches  the  stage  of  the  hymn,  its  most  effective  content 
is  found  in  narratives  that  centre  about  divine  deeds  which 
far  transcend  human  capacities,  or  about  the  beneficent 
activity  of  the  deity  toward  man.  The  tendency  to  incor« 
porate  such  narratives  is  particularly  marked  in  the  song 
of  praise  and  thanksgiving,  which  comes  to  occupy  the 
dominant  place  in  religious  cult  for  the  very  reas<m  that 
the  mood  which  it  expresses  is  at  the  basis  of  the  c<»nmon 
cult.  At  this  point,  cult  acquires  a  further  feature,  the 
preconditi(His  of  which,  however,  date  back  to  the  age  of 
demon  cults.  Even  in  the  case  of  demons,  aid  was  sought 
not  merely  by  means  of  conjurations  but  also  by  moans  of 
acüons  that  imitatedi  in  dances  and  solenm  mask  proces« 
sions,  the  activities  of  demons.  In  the  great  Vegetation 
festivals  of  New  Mexico  and  Arizona»  which  are  inter- 
mediate  between  demon  and  deity  cults,  there  were  imita- 
tive magical  rites  connected  with  the  subterranean  demons 
of  the  sprouting  grain,  with  the  rain-giving  cloud  demons 
above  the  earth,  and  also  with  the  bright  celestial  gods  who 
dwell  beyond  the  clouds.  After  having  originated  in  this 
sequence,  these  elements  became  imited  into  a  cult  dance 
whose  combination  of  motives  resulted  in  the  mimetic  play, 
the  imitative  and  pantomimic  representation  of  a  series  of 
actions.  Thus,  the  mime  itself  is  the  original  form  of  the 
drama,  which  now  takes  its  place  beside  the  epic  as  a  new 
form  of  poetry.  iWhat  the  epic  portrays,  the  drama  sets  forth 
in  living  action.  This  accoimts  for  the  fact  that,  even  in  its 
later  independent  development,  drämatic  literature  draws  its 
material  principally  from  th^  epic,  or  from  the  saga  which 
circulates  in  folk-tradition  as  an  epic  narrative.  Moreover, 
as  may  be  noticed  particularly  in  the  history.  of  the  Greek 
drama,  the  transition  was  made  but  slowly  from  the  indi- 
vidual  rhapsodist,  who  sufficed  for  the  rendering  of  the 
epic  song,  to  the  additional  players  necessary  for  setting 
forth  the  narrative  in  action. 

How  essentially  uniform  this  transition  is,  in  spite  of 
widely  divergent  conditiöns,  is  illustrated  by  the  origin  of 


THE    ACE    OE    HEROES    AND    GODS       463 

the  religious  plays  which  grew  out  of  the  Christian  cult.  In 
reading  the  gospel,  the  priest  assigned  certain  passages, 
originally  spoken  by  participants  in  the  particular  event, 
to  sacristans  or  priests  associated  in  the  ceremony,  and  the 
Chorus  of  worshippers  represented  the  people  present  at  the 
event.  In  spite  of,  or,  we  might  better  say>  because  of 
their  more  recent  origin,  these  Easter,  Passion,  and 
Christmas  plays  represent  an  early  stage  of  development. 
In  them,  we  can  still  follow,  step  by  Step,  the  growth  of 
dramatic  art  out  of  church  liturgy,  and  the  resultant 
s^cularization  of  the  religious  play.  Heightened  emotion 
results  in  an  impulse  to  translate  the  inner  experience  into 
action,  and  thus  dramatic  expression  is  given  to  certain 
incidents  of  the  sacred  narrative  that  are  particularly  suited 
for  it.  This  tendency  grows,  and  finally  the  entire  scene 
is  acted  out,  the  congtegational  respdnses  of  the  liturgy 
passing  over  into  the  chorus  of  the  drama.  Common  to  the 
responses  of  the  congregation  and  the  chorus  of  tbe  dramatic 
play,  is  the  fact  of  an  active  participation  in  that  which 
is  transpiring.  Though  this  participation  is  inner  and  sub- 
jective,  in  the  one  case,  and  objective,  in  the  other,  the 
response  of  tbe  ccmgtegatioa  to  the  priest  in  tbe  liturgy 
is  nevertheless  preparatory  to  the  chorus  of  tbe  drama.  It 
is  inevitable,  however,  that  this  diangie  should  gradually 
lead  to  a  break  witb  liturgy.  The  portrayal  of  the  sacred 
action  is  transferred  from  the  churcb  to  the  street ;  the 
clergy  are  supplanted  by  secular  players  from  among  the 
people.  Even  within  the  sacred  walls  foHc-humour  had 
inserted  burlesque  episodes--such,  for  example,  as  the  mimic 
portrayal  of  Peter's  violence  to  the  servant  Malchus,  or  the 
running  of  the  Apostled  to  the  grave  of  Christ.  These  now. 
gained  the  upper  band,  and  finally  formed  independent 
mimetic  comediek.  The  serious  plays,  on  their  part,  also 
drew  material,  even  at  this  time,  from  sources  other  than 
sacred  history.  The  newly  awakened  dramatic  impulse  re- 
ceived  further  Stimulus  from  various  directions.  The  old 
travelling  comedy,  wandering  from  market,  to  market  with 
its  exhibitions,  now  of  gruesomely  serious,  now  pf  *«~Mily 


4.54        ELJEXEXT5  <JF   FOLK   PSYCHOLOGE 


hBOBsaas^  icssau  ^«as  ^  ticoor  in  the  creatioa  of  the  modern 
dtana.  üo  les  thaa  woe  dkc  amusing  Performances  of  the 
acoHnpanymg  rnnpec-äocv.  Added  to  these,  as  a  new 
facmr.  was  die  aiuEt  3i:veL  a  prose  narrative  cultivated  with 
portzailicy  aar:icniiariy  snce  die  Renaissance  ;  there  was  also 
ks  ridrr  sscer.  che  inBkgisarf  marchen,  as  well  as  the 
epic  of  dsrnlrj  in.  uS  pocxxlar  prose  versions,  and,  finally, 
xbakt  which  nior?  cfffi"*T  approximates  to  the  relig^ous 
starnng-pcinr.  ±e  saint  legend— all  of  these  miited  in  giving 
impecus  zo  die  mocem  drama 

New.  die  sjailarirT  of  chis  development  to  that  of 
the  ancienc  draxa  is  so  marked  that«  even  where  detaüs 
are  lackin^,  we  may  regaid  die  nature  of  the  transitions 
as  identkal  so  ^  as  their  generai  featores  aze  concemed. 
Indeed,  we  sfaoald  donbtiess  be  jostified  in  assnming  that 
in  whatever  other  locafioes  a  dramatic  art  was  perfected, 
as,  for  example,  in  India.  the  couise  of  development  was 
essentially  the  same  as  that  whidi  has  been  described. 
True,  the  development  cannot  proceed  to  its  termina- 
tion  apart  from  an  advance  in  cult  and  poetry  such 
as  was  attained  but  rarely.  Its  sources,  however^  are 
always  to  be  found  in  universal  human  characteristics  which 
were  operative  in  the  \-ery  beginnings  of  art  and  cult. 
The  two  factors  upon  which  the  later  drama  depends 
may  be  detected  even  in  the  corroboree  of  the  Aus* 
tralians.  The  corroboree  is  a  cult  dance  whose  central 
feature  is  a  regulated  imitation  of  the  actions  of  totem 
animalSy  accompanied  by  song  and  noisy  music.  This  Imi- 
tation of  animals  also  leads  to  the  insertion  of  humorous 
q>isodes.  Indeed,  even  in  the  corroboree,  these  episodes 
are  frequently  so  niunerous  as  to  crowd  out  completely  the 
cult  purpose— an  early  antidpation  of  the  secularization  which 
everywhere  took  place  in  the  art  that  originated  in  cult.  In 
nnmerous  other  details  as  well,  the  continuity  of  development 
is  apparent.  Suggestions  of  the  animal  dance  occur  in  the 
satyric  plays  of  the  Greeks.  This  same  satyric  drama  took 
orer  the  phallus-bearing  Choral  dancers  from  the  Vegetation 
In   striking  wndence,   as    K.    Th.    Preusi 


THE    AGE    OE    HEROES    ANß   GODS       465 

has    pointed    out,    and    indicative    of   analogous    customs, 
are    the    phalleplioric    representations    found    in    ancient 
Mexican    cult    pictures.       The    puppet-show,    which    was 
perhaps   not   the   least  among  the  factors  leading  to  the 
secularization  of  the  drama,  was  not  only  universally  to  be 
found  during  the  Middle  Ages,  but  üi  India  it  made  its 
appearance   at    an   early   period.     It   occurs  even   among 
peoples  of  nature,  as,  for  example,  among  the  Esquimos. 
Among  these  peoples,  the  doli  and  its  movements  always 
represent  an  imitation  of  man  himself  and  of  his  pantomimes. 
But,  though  the  tendencies  to  dramatic  representation  and,  in 
part,  even  the  beginnings  of  the  drama,  reach  back  to  the 
early  stages  of  art,  the  developed  drama  was  th)e  product 
of  a  later  period,  and   was  dependient   for  its   rise  upon 
almost  all  the  other  verbal  and  mimetic  arts.     The  drama, 
however,  may  always  be  traced  back  to  deity  cult.     The 
religious  hynm  which  extols  the  deeds  of  the  gods  is  a 
direct   incentive    to    the    translation    of   th^ese    deeds    into 
personal  action.     The  motives  for  th^  dramatic  elabora- 
tion   of   liturgy   were   present   particularly  in   those  deity 
cults  which  combined  soul  cults  with  ideas  of  a  beyond, 
and    which    centred    about    the    life,    the    sufferings,    and 
the    final    salvation    of    the    gods,    and    the    transference 
of  these  experiences  to  tte  human  soul.     Thie  development 
of  the  mediaeval  Easter  and  Passion  plays  may  be  traced, 
Step  by  Step,  from  their  origin.       It  is  this  development, 
particularly,  that  throws  clear  Kgfat  upon  early  Greek  and 
Indian  drama,  whose  beginnings  in  the  mystery  cults  are 
rendered  obscure  by  the  secrecy  of  the  cults.     These  latter 
dramas,  in  tum,  clearly  indicate  that  the  original  source  of 
dramatic  representations  is  to  be  found  in  the  very  ancient 
Vegetation  ceremonies,  which,  in  part,  were  transmitted  to 
the  heroic  age  from  a  period  as  early  as  that  of  demon  cults. 
After  the  dramatic  perfoilnance  has  been  transferred  from 
the  temple  to  the  market-place  and  the  drama  has  become 
secularized,    the   furtber   course  of    development   naturally 
differs  both  with  the  conditions  of  the  age  and  with  < 
character  of  the  culture.     Nevertheless,  however,  th« 

3^ 


466        ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGY, 

narrative^  the  mimetic  representation,  and  the  older  forms  of 
the  song  may  faave  coöperated  in  the  development  of  the 
drama,  the  latter,  like  the  epic,  steadily  descends  from  the 
lofty  reakns  of  the  heroes  and  gods,  down  to  the  dwellings 
of  men.  In  the  portrayal  of  human  strivings  and  sufferings, 
moreover,  the  centre  of  interest  shifts  from  the  xnysterious 
course  of  extemal  events  to  the  secrets  of  the  human  soul. 
But  herewith  again  the  drama  transcends  the  boundaries  of 
the  heroic  age.  Its  beginnings  grow  out  of  early  deity  colt. 
In  its  final  stages,  dramatic  art,  with  its  insight  into  human 
life  as  it  is  directly  lived,  becomes  the  vehicle  of  the  idea 
of  humanity  in  the  entire  scope  of  its  meaning,  comprehend- 
ing  both  the  heights  and  the  depths  of  human  life. 

Closely  bound  up  with  the  psychological  motives  imder* 
lying*  the  development  of  the  drama  is  the  last  of  tte 
musical  arts— namely»  music.  We  may  refer  to  it  as  the 
last  of  these  arts  for  the  reason  that  it  attained  to  inde- 
pendence  later  than  any  of  the  oth^rs.  As  a  dependent 
art,  however,  accompanying*  the  dance,  the  song,  or  the 
epic  recital,  it  dates  back  to  the  age  of  primitive  man. 
Musical  art,  also,  received  its  first  noteworthy  Stimulus  from 
cult,  as  an  accompaniment  of  the  cult  dance  and  the  adt 
song.  The  strong  emotions  aroused  by  the  cult  activity 
caused  a  constantly  increasing  emphasis  to.  be  placed  on 
the  musical  part  of  the  ceremony,  leading  particularly  to 
the  development  of  melody.  The  polyphonic  song*  of  the 
many-voiced  chorus  of  the  cult  members,  and  the  music  of 
the  accompanying  instruments  which  gradually  assumed  the 
same  character,  eventually  developed  into  harmonic  modula* 
tion.  This  introduced  musical  effects  of  a  novel  sort,  such 
as  were  not  possible  for  the  accompaniment  of  the  leciting 
rhapsodist  and  were  attained  only  imperfectly  by  the  common 
song.  Thus,  dramatic  and  musical  art  both  sprang  from 
Ihe  same  religious  root,  the  liturgic  ceremonial,  thence  to 
pursue  different  directions  of  develofmient.  Later  they  agam 
united  in  the  case  of  certain  particularly  emotional  parts 
of  the  dramatic  action,  first  of  all  in  the  Choral  song, 
which  is  tims  reminiscent  of  their  coiomon  origia  ia  liturgy. 


THE    AGE    OF    HEROES    AND    GODS       467 

With  this  exception,  however,  the  emancipation  of  dramatic 
and  of  musical  art  from  tbeir  common  cult  origin  was  siic» 
ceeded  by  a  long  period  in  which  they  remained  distinct. 
Hence  it  ia  certainly  not  without  significance  that  the 
Creator  of  the  modern  art*synthesis^  the  music  drama, 
himself  feit  his  achievement  to  be  religious  in  character. 
Whether  or  not  this  may  be  affirmed  as  regards  the 
content  of  the  music  dramä,  it  is  true  so  far  as  the  fact 
of  combining  the  two  arts  is  concemed.  But  it  is  no 
less  noteworthy  that  in  this  case  also  the  Separation  of 
itself  engenders  the  motives  for  the  reunion.  When  tbe 
drama  was  transferred  from  the  temple  to  the  public 
market-place  and  then  descended  from  the  sphere  of  gods 
and  heroes  to  the  reality  of  everyday  life,  it  lost^  first  its 
musical-melodic  fonn;  and  then  its  elevated  rhythm^  thus 
giving  way  to  prose.  The  liturgic  song  that  survived  in 
the  cult,  however,  entered  into  reciprocal  relations  with  the 
secular  forms  of  the  song,  and  a  copious  interchange  of 
melodic  motives  ensued.  With  the  same  justification, 
perhaps,  as  in  the  case  of  the  origin  of  the  dramatic  play 
in  general,  we  may  Interpret  the  older  developments  by 
reference  to  the  interchange  between  sacred  and  secular 
songs  that  took  place  in  Christendom  during  the  Middle 
Ages.  The  endeavour  to  combine  dramatic  with  lyric  and 
musical  epjoyment  gave  rise  to  hybrid  forms  of  art,  to  the 
musical  play  and  the  opera.  This  prepared  the  way  for 
the  further  attempt  to  transcend  these  composite  forms 
of  art  by  creating  a  new  unity  of  drama  and  music.  Thus, 
the  aim  was  to  restore  the  original  synthesis  on  a  higher 
plane,  not  limited  to  particular  Feligious  cults  but  talüng 
into  account  universal  huihan/emotions.  Yet  the  entire 
devek>pment  of  this  later  art,  as  well  as  that  of  its  com- 
ponent  elements,  the  drama  and  the  song*,  again  carries 
US  far  beyond  the  limits  of  the  heroic  a^.  It  extesids 
over  into  a  period  in  which,  on  the  onc  band,  man  supplants 
the  hero  and,  on  the  other,  the  religious  advance  to  a 
superpersonal  god  displaoes  those  deities  who  suffer  fn 
the  defects  which  they  have  inherited  from  thcir  h 


468        ELEMENTS  OF   FOLK  PSYCHOLOGE 

piototypes  and  their  demon  ancestors— namely,  the  personal 
gods. 

Along;  with  the  above-mentioned  developo^ent  of  musical 

art  there  is  also  a  second  chang^,  whicl^  appears  on  die 

surface  to  be  antithetical  to  the  former,  bat  whicb  in  reality 

Supplements  it.     This  changie  oonsists  in  the  Separation  ci 

musical  expression  from  the  various  elements  with  whicb 

it  was  originally  connected,  and  in  its  entrance  upon  a  free 

and   independent   development.      In   the    redtative   of   the 

rhapsodist,  in  the  liturgy  of  the  temple  service,   in  dance 

and  song,  the  rhythmic-melodic  elements  are,  to  a  certain 

extent,    limited    by    the    rhythmic-melodic    possibilities   of 

language.     In  part,  it  is  true,  they  have  freed  themselves 

from  this  limitation— namely,  in  the  instrumental  accooEipani- 

ment— and  yet  they,  £ail  to  attain  to  independence  so  long 

as  they  are  but  means  for  intensifying  the  expression  which 

emotion    receives    in    language    and    mimicry.     From   this 

double  bondage  to  the  rhythmic-melodic  powers  of  human 

expressive    movements    and    to    the    thought    content    of 

language,  musical  art  finaUy  frees  itself .    While  the  musical 

instrument  was  at  first  a  means  designed  to  assisr  man  in 

his   endeavour   to   give  direct  expression  to  his   emotions, 

man's   activity   in   the   case  of  '  absolute  music  *   becomes 

limited    to    the    mastery    of    the    instnmient    itself.     Ulis 

renders  available  a  wealth  of  new  tonal  possibilities,  and  adds 

an  inexhaustible  supply  of  new  mötifs  for  the  expression  of 

feelings  and  emotions.     Musical  art  thus  becomes  purely  a 

language  of  emotions.     Free  from  connection  with  specific 

ideas,   it   in   no   wise   restricts   the  experiences   which   the 

hearer  may  enjoy.     It  aflfects  these  experiences  only  in  so 

far  as  the  musical  production  is  itself  a  portrayal  of  pure 

emotions.     Inasmuch  as  music  is  not  boxmd  by  concepts  or 

ideas,  its  eflfect  upon  the  h^rer  will  be  the  purer  and  the 

more  intense  according  as  fae  is  the  more  receptive  to  the 

particular  emotions  in  question.     In  the  form  of  the  instru* 

mental  composition,  therefore,  müsic  is  the  most  subjective 

of  the  musical  arts,  as  are  landscape-painting  and  its  related 

forms,  though  not  in  so  prwiQunced  a  degree^  of  the  plastic 


iTHE    AGE    ÖE    HEROES    AND    GODS       [469 

arts.  Like  these  ärts,  and  even  more  so,  music  is  the  ex- 
pression  of  purely  subjective  feelings.  Hence,  it,  as  well 
as  they,  far  transcends  the  boundaries  of  the  heroic  aigß, 
whose  fundamental  characteristic  is  attachment  to  the  objec- 
tive  World.  In  the  heroic  age,  the  individual  may  indeed 
transfuse  the  outer  world  with  his  emotions,  but  he  is 
never  able  to  isolate  his  emotions  from  objects.  Conse- 
quently,  though  art  places  its  media  at  his  disposal,  lie 
is  unable  to  utilize  them'  in  giving  expression,  in  its 
independence,  to  thfe  inner  life  of  personality. 


CHAPTEK   IVi 
THE   DEVELOPMENT   TO    HÜMANITY 

I.  The  Concept  'Humanity/ 

The  question,  Do  we  live  in  an  enlightened  a'ge?  was 
answered  by  Kant,  with  reference  to  his  own  time— whidi^ 
as  is  well  known,  laid  claim  to  the  distincticm— -flatly  in  tbe 
negative.  He  added,  however,  that  the  age  was  daubtless 
one  of  increasing  enlightenment.  One  might,  perhaps,  be 
even  more  justified  iii  raising  a  similar  question  witb  refer- 
ence to  the  relation  of  our  own  and  of  preceding  ages  to 
a  universally  human  culture,  and  in  answering  j  We  aic 
on  the  way  to  this  goal,  but  are  still  far  from  having 
actually  reached  it.  Indeed,  in  view  of  human  imperfection, 
it  may  be  doubted  whether  we  will  ever  be  able  to  reach 
it,  unless  the  imperfection  itself  be  included  as  an  element 
in  such  a  culture.  The  ambiguity  of  the  word  'humanity '  is 
such  that  it  may  signify  human  weaknesses  as  well  as  human 
sympathy  and  other  virtues.  It  was  in  the  latter,  the  more 
favourable,  sense  of  the  term  that  Herder,  even  in  his  day, 
attempted,  in  his  "  Ideas,"  to  portray  the  history  of  man- 
kind  as  an  **  education  to  humanity."  This  expression 
suggests  that  history  manifests  only  a  ceaseless  striving 
toward  true  humanity  ;  the  goal  itself  lies  beyond  the  reach 
of  possible  experience. 

Now,  a  survey  of  the  course  of  progtess  described  in 
the  preceding  chapters  may  well  cause  us  to  doubt 
whether  the  presupposition  from  which  Herder  set  out  in 
his  reflections  on  the  philosophy  of  history  is  correct.  The 
assumption    that   factors  ^  preparatory   to    the  development 

470 


THE    DEVELOPMENT   TÖ    HUMANITY       471 

to  faumanity  äre  already  to  be  found  in  the  original  nature 
of  man^indeed>  even  earUer  than  this^  in  the  general  con- 
ditions  of  his  natural  environment— is  not  beyond  question. 
Neither  primitive  nor  totemic  man  shows  the  faintest  traoe 
of  what  we  should^  strictly  speaking^  call  himiknity.  He 
gives  evidence  merely  of  an  attachment  to  the  nearest  asso- 
ciates  of  horde  or  tribe,  such  as  is  foreshadowed  even  among 
animals  of  social  habits.  In  addition^  he  exhibits  but  occa- 
sional  manifestations  of  a  friendly  readiness  to  render  assis- 
tance  when  danger  threatens  at  the  hands  of  strangers. 

It  is  not  until  the  heroic  age  that  we  encounter 
phenomena  such  as  might  properly  be  interpreted  to  indicate 
the  gradual  rise  of  feelings  of  humanity.  But  if  we  take 
into  account  the  entire  character  of  this  age,  we  are  more 
inclined  to  contrast  it,  precisely  when  it  reaches  its  zenith; 
witfa  all  that  we  to-day  understand  by  humanity.  Con- 
sider,  for  example,  the  sharply  demarcated  State  organiza- 
tions  of  the  heroic  era,  its  depreciation  of  stränge  peoples» 
and  its  repudiation  of  universal  human  ties,  brusqudy 
expressed  during  times  of  war  in  its  treatment  of  the 
enemy  and,  during  times  of  peace,  in  slavery.  Tbe 
question  as  to  whether  and  in  how  far  the  beginnings 
of  our  ideas  of  humanity  reach  back  into  the  past  and 
prevail  at  lower  levels  of  culture,  is  confronted  with  a 
serious  difiiculty.  Conceptions  such  as  these  are  obviously 
themselves  products  of  a  long  development  and  have 
been  in  constant  flux.  The  concept  *  humanity  *  suffers 
from  an  ambiguity  which  has  attached  to  it  ever  since  the 
time  of  its  origin,  and  which  has  in  no  wise  diminished 
as  the  Word  has  acquired  broader  meanings.  The  word 
humanitas,  which  in  later  classical  Latm  was  practicaUy 
equivalent  to  our  concept  *  human  nature,*  in  both  its  good 
and  its  bad  connotations,  acquired  an  additional  meaningi 
in  the  language  of  mediseval  scholars.  During  this  period 
of  strong  partiality  for  abstract  word  formations,  the  term 
came  to  be  used  also  for  tbe  coUective  concept  *  mankind/ 
that  is,  the  Ronuui  genus  hominum^2L  concept  independent 
of  value  judgtnents  of  any  sort.     Thus,  the  word  ü"«#4 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       473 

ditions  which  succeed  the  age  of  heroes  and  gods  cannot 
undertake  to  do  more  than  point  to  the  phenomena  that  give 
expression  to  the  new  motives  that  dominate  this  later  period. 
Sharp  demarcations  are  in  this  instance  even  less  possible 
than  in  the  case  of  the  earlier  stages  of  htiman  develoip- 
ment.      The    more    comJ>rehensive    the    ränge    of    human 
strivings  and  activities^  the  more  gradual  are  iht  transi- 
tions  and  the  more  fully  are  the  underlying  motives— pre- 
cisely  because   they  involve  the   universally  human— fore- 
shadowed  in  the  natural  predispositions  and  impulses  of 
man.    Tendencies  to  esteem  nutn  as  man^  and  a  willing^ess 
to  render  him  assistance^  are  not  foreign  even  to  the  primi- 
tive mind.    Even  at  the  beginnings  of  human  culture  there 
are  present^  dimly  conscious,  tbose  tendencies  out  of  which 
the  idea  of  humanity  may  finally  develop.    Moreover^  every 
later  advance  seems  to  lead  in  the  direction  of  this  con- 
ception.     The  transition  from  tribe  into  State,  the  changing 
intercourse  of  peoples^  and  the  spread  over  wide  regions 
of  the  mental  creations  of  a  Single  people,  of  language, 
religion,  and  customs— all  these  phenomena  are  obviously 
Steps  on  the  way  to  the  idea  of  humanity  and  to  its  per- 
manent   incorporation    into    all    departments    of    human 
endeavour.     Neither  in  its  rise  nor  in  its  further  changes, 
moreover,  does  this  new  idea  entail  the  disappearance  of 
previous  conditions  or  of  the  psychical  factors  involved  in 
their  development.     On  the  contrary,  humanitarian  culture 
takes  up  into  itself  the  creations  of  preceding  eras,  and 
allows   them   to   take   firmer   root.    Thus,  the  idea  of  a 
cultural  conmiunity  of  peoples  has  not  weakened,  but,  so 
far  as  we  may  conclude  from  the  past  course  of  histoiy,  has 
strengthened  and  enriched,  the  self-consciousncsf  oC  separate 
peoples  and  the  significance  of  the  individual  State.     Tbc 
dissemination  of  cultural  products  has  not  lanhed  ia  tiear 
decrease.     National    differences    Kave    led    latber    to   "*^ 
increase  of  these  products,   and   haire  th»  «abacmet  "ö* 
value  attaching  to  the  spiritual  diMiMiuivsas:s$  -rf    ^ 
and   of   the   individual    pcrsonality.      Tk*? 
even  more  than  in  the  case  o€  the  eErlic- 


474        ELEMENTS  OK  FOLK   PSYCHOLOGY. 

history,  speak  only  of  relative  values,  needs  scarcely  be 
remarked.  Humanitarian  development  indudes  ä  vast 
number  of  new  conditions,  in  addition  to  those  that  nnderUe 
the  preceding  stages  of  cidture.  Since,  moreover,  the  s}ti- 
thesis  at  which  this  development  aims  is  everywhere  still 
in  the  process  of  becoming^  the  way  itself  is  for  the  timc 
being  the  attainable  goal.  We  ^y  neither  be  said 
to  be  on  the  way  io  humanity^  if  we  ixi^an  by  this 
a  condition  in  which  none  but  humanitarian  interests 
prevail,  nor  does  a  humanitarian  age,  in  the  sense 
of  the  exclusion  of  more  restricted  human  relations,  appear 
at  all  within  the  field  of  vision  disclosed  to  us  as  a  result  of 
past  history.  As  a  legacy  from  the  primitive  cra,  man  has 
permanently  retained  not  only  the  general  needs  of  indi- 
vidual  life  but  also  the  most  restricted  forms  of  {anuly 
and  tribal  Organization.  In  like  manner,  it  will  be  im- 
possible  for  an  a'ge  of  humanity  ever  to  dispense  with  the 
more  limited  articulations  of  State  and  society  that  have 
arisen  in  the  course  of  cultural  development.  Scarcely  any 
general  result  Stands  out  as  more  certain,  in  a  retrospective 
survey  of  our  investigations,  than  the  fact  that,  while  every 
period  discards  äs  worthless  a  vast  number  of  products, 
some  of  which  were  valuable  to  an  earlier  age,  therc 
are  other  products  which  prove  to  be  imperishable.  From 
this  point  of  view,  that  which  precedes  is  not  merely 
preparatory  to  the  further  course  of  developmient  but  is 
itself  the  beginning  of  the  development.  The  imme- 
diäte  beginning,  however,  is  veiled  in  obscurity.  The 
earlier  age  is  ever  unconsciöusly  preparing  the  way  for  onc 
that  is  to  come.  The  clan  of  primitive  tribal  Organization 
faad  no  idea  of  a  Coming  Statef,  nor  had  the  ancient  demon 
worshipper  any  notion  of  a  cult  of  rewarding  and  punishing 
celestial  deities,  yet  State  and  deity  cult  couM  not  have  arisen 
except  for  clan  and  demon-belief.  Similarly,  the  earlier 
modes  of  collective  life  possessed  the  idea  of  humanity  only 
in  the  forttt  of  a  hidden  germ.  Hence  we  may  not  properly 
describe  these  prepaVatory  stages,  which  exhibit  phenomena 
of  a  different  and,  in  part,  an  entirely  dissimilar  sort,  as 


THE    DEVELOPMENT   TQ    HUMANITY       475 

a  development  to  hunDanity.  The  term  applies  rather  to 
an  age  in  which  the  idea  of  humanity,  having  come 
to  clear  consciousness,  exercises  an  influenae  upon  the 
various  phases  of  culture,  and  is  entertained  by  a  suffi- 
ciently  large  portion  of  majikind  to  insure  its  permanent 
eifectiveness.  But  even  witb  this  liniitation  the  development 
may  not  be  regarded  as  one  of  tminterrupted  progress. 
However  widely  disseminated  the  humanitarian  idea  may 
come  to  be,  there  will  remain  localities  and  levels  of  culture 
to  which  it  has  not  penetrated.  But,  inasmuch  as  peoples 
of  very  different  cultural  stages  enter  into  relations  with 
one  another,  the  possibility  is  open  for  such  a  tum  of  events 
as  will  obscure  the  idea  of  the  development  to  humanity 
for  long  periods.  That  such  deviations  from  the  path  of 
progress  have  frequently  occurred  in  the  past  is  certain  ; 
that  they  are  never  to  occur  in  'the  future  is  scarcely  prob- 
able. For  this  reason  one  can  scarcely  hope  to  do  more 
than  to  show  that,  in  spite  of  such  retrogressions,  the 
development  to  humanity  forms  ä  generally  connected  Whole, 
and  that  here  also  psychological  law  b  regnant. 

That  such  law  prevails  is  at  onoe  evident  from  the 
fact  that  of  the  two  conceptions  which  we  have  found  to 
be  involved  in  the  idea  of  humanity,  the  external  and  objec- 
tive  concept  expressed  by  the  collective  term  '  mankind  * 
is  historically  the  earlier ;  the  concept  ref erring  to'  inner 
characteristics,  and  associated  in  the  consciousness  of  the 
individual  with  clearly  defined  value-feelings,  foUows  only 
gradually.  We  might  express  this  relationship  by  the 
phrase,  M&nkind  must  prepare  the  way  for  himian  nature. 
•This  does  not  imply  that  bolated  manifestations  of  the 
latter  might  not  long  precede  the  rise  of  the  idea:  of 
mankind— indeed,  must  necessarily  have  preceded  it,  in 
so  far  as  a  predisposition  is  concemed.  It  means  merely 
that  human  nature  did  not,  as  ä  matter  of  fact,  attain 
to  its  complete  development,  nor  was  4t  able  to  do  so, 
until  after  the  idea  of  the  unity  of  mankind  had  pro- 
gressed  beyond  the  stage  of  vague  Impulses  or  oT 
tion  on  tbe  part  of  but  tf  fewiädividuals  in  advai 


476        ELEMENTS   OF.  FOLK   PSYCHÖLOGYr 

age.    In  oAer  words  :  The  collective  concept  *  manldnd,'  as 
representing,  not  merely  a  generic  term  ci^ated  by  tfae  in- 
tellect,  but  a  real  totality  ultimately  uniting  all  its  memben 
in  a  social  whole,  preceded  the  concept  ^  human  natuie/  as 
connoting  a  recognition  of  universal  human  rights  to  whid 
each  of  the  members  of  the  him^an  race  may  lay  daim,  and 
of  duties  which  he,  in  tum,  owes  to  human  society.    The  case 
could  not  be  otherwise.     Unless  the  idea  of  mankind  were 
already  present  in  some  form,  even  thougb  this  be  at  the 
outset  inadequate,  the  requirement  that  an  individual  give 
expression  to  humanitarian  sentiments  would  be  impossible, 
since   thfere  would  be  no   object  of  the   activity.      If  wt 
consider  the  sequence  of  the  various  phenomena^  invx>Ived 
in    the    development    to    humanity,    we    find    ä    striking 
agrettment  between  history  and  the  results  to  whidr  oar 
analysis    of    the    concept    *  humanity  *    has    led    us.      The 
earliest    of    the    phenom^na    here    in    question    dates    far 
back  to  the  beginnings  of  the  events  known  to  us  throogfa' 
historical   monuments,   and   consists   in   the   rise   of   warld 
empires,     Though  the  term  *  world  empire  *  is   sometimes 
used  to  refer  merely  to  a  great  kingdom  that  results  from 
the  absorption  of  ä  number  of  separate  States,  such  a  use  of 
the  Word  does  not  do  justicö  to  its  meaning.     The  idea  of 
world  empire  really  comfes  into  existence  only  at  the  moment 
when  such  a  kingdom  lays  claim  to  embracing  thte  terrestrial 
part  of  the  univers^  and.  therefore  the  whble  of  mankind, 
however  much  this  claim'  may  represent  a  mere  demand 
which  has  never,  of  course,  äctually  been  realized.     The  very 
fact  of  the  demSind,  however,  itself  involves  the  conscious  idea 
of  a  unity  embracing  the  whole  of  mankind.    Moreover,  the 
endeavour  to  realize  this  ambition  fbUows  with  inner  neoessity 
in  the  case  of  all  political  organizations  that  call  themselves 
world  empires/  particularly  at  the  period  öf  their   zenitU 
and  of  an  increasing  consciousness  of  power.     This  leads 
to  further  important  results,  which,  though  ät  first  doubtless 
not  consciously  sought,  nevertheless  later  increäsingly  become 
the  object  of  voluntary  endeavour.     Though  extemally  re- 
taining    the    tra(}itional    political    Organization»    the   world 


THE   DEVELOPMENT   Tö   HUMANITY       477 

empire  r^uired  an  extension  of  the  institutioos  of  law  and 
of  administration  that  had  thus  far  prevailed  in  the  mon 
limited    State.     A    similar    cbange    gradually    took   place 
in  connection  with  intercourse  and  its  fostering  agencies, 
and   subsequently    in   connection   with   language,   customs, 
and    religious    beliefs.      Thus,    it   wais   the    world   empire 
that  first  prepared  the  way  for  world  culture,  only  meagre 
beginnings  of  which  existed  in  the  period  of  a  more  restricted 
political  life.     The  extension  of  wants  and  of  the  means 
of  their  satisfaction  was  first  evident  in  the  field  of  .commerce 
though  a  similar  tendency  camie  more  and  more  to  prevail 
in  the  various   departments  of  mental  life.      Pre-eminent 
among    these   interests    was   the    one  which   is   the   most 
universal  and  is  based  on  the  most  common  needs,  such  as 
are  experienced  by  all  members  of  human  sodety,  namely, 
religion.    Thus,  as  one  of  the  last  of  the  creations  possess- 
ing  universal  human  significance,  tvorld  religion  makes  its 
appearance.     The  preceding  age  did  not  progress  beyond 
national  religions.    However  much  the  mythological  elements 
of  cult,  in  particular,  may  have  tiavelled  from  one  ,people 
to  another,  these  elements  were  assimilated  by  the  national 
religions.     Inasmuch  as  these  religions  continued,  on  the 
whole,  to  preserve  their  own  identiti^,  the  fact  that  any 
elements    were    of   foreign   origin    very   soon    disappeared 
from  the  folk-consciousness.    Not  until  the  period  which 
we    are    now    discussing   do    we   find    religions   that   lay 
Claim   to   being  universal.    Even   though   this  claim  may 
remain  ä  mere  demand,  just  as  in  the  casc  of  the  world 
empire,  it  is  precisely  as  such  that  every  historical  world 
religion  has  asserted  its  influence.     This  striving  for  uni- 
versality  is  far  keener  in  connection  with  world  religion 
than  it  is  in  the  case  of  world  empire  and  world  cukure. 
In  comparison  with  this  endesavour  to  becomc  universal,  the 
fact  that  no  period  ever  witnessed  nuerely  a  Single  world 
religion  is  relatively  unimportant,  though  not  to  be  over- 
looked  in  considering  the  spiritual  needs  of  mankind.    Dis- 
regarding  subordinate  religions  and  such  as  are  of 
significance   for   culture  as  a   whole^    there  are 


478        ELEMENTS  OF   FOLK  PSYCHOLOGY 

two  great  world  religions,  Christianity  and  Buddhism. 
These  have  asserted  themselves  side  by  side,  and  will 
presumably  continue  further  to  maintain  themselves, 
inasmuch  as  they  correspond  to  sharply  defined  charac- 
teristics  of  universal  world  culture.  FinaHy,  world  culture 
and  the  world  religions  form  the  basis  of  world  histarj^ 
a  third  element  in  the  coUective  consciousness  of  man- 
kind.  If  we  understand  by  *  world  history/  not  the 
political  or  cultural  events  that  simultaneously  run  their 
independent  courses^  but  the  historic  consciousness  of  man- 
Idnd  itself,  combining  the  idea  of  mankind  as  a  unity  with 
that  of  the  development  of  this  unity  in  accordance  witb 
law,  then  world  history,  in  this,  the  only  aiccurate  meaning 
of  the  term,  is  the  last  of  all  the  factprs  involved  in  the 
idea  of  humanity.  Since  the  individual  who  is  developing 
in  the  direction  of  the  ideal  of  humanity  mirrors  all  other 
aspects  of  htunan  nature,  world  history  ultimately  becomes 
for  faim  the  gradual  realization  .of  the  idea  of  humanity. 
Thus,  world  empires,  world  culture,  worM  religions,  and 
world  history  represent  the  four  main  Steps  in  the  develop- 
ment  to  humanity. 

2.  World  Empires. 

Even  in  the  midst  of  the  spiritual  forces  dominating  the 
heroic  age  there  are  phenomena  that  foreshadow  a  develop- 
ment  transcending  the  limits  of  this  period.  Of  these  phleno- 
mena,  none  is  more  prominent  than  the  striving  for  world 
dominion.  The  first  battles  of  early  political  organizations, 
and  the  victories  over  conquered  peoples,  led  to  an  enhanced 
consciousness  of  power  on  the  part  of  the  individual  State. 
This  consciousness  found  expression,  first  in  strife  between 
neighbouring  dominiona,  and  later,  as  soon  as  one  of  these 
had  gained  the  supremacy,  in  the  establishment  of  an  enipire 
includin^  many  separate  States.  Such  an  Impulse  to 
transcend  the  limits  of  the  Single  State  is  so  natural  and 
so  directly  prefigured  in  the  motives  to  individual  action  that 
we  come  upon  it  wherever  any  historically  active  political 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY.      479 

organizations  have  arisen.  In  the  realms  of  western  Asia, 
such  attempts  are  to  be  found  from  the  time  of  the  Su- 
merian  and  Accadian  States  down  to  the  struggle  of 
Babylon  and  Assyria  for  the  ruiership  of  the  world. 
Egypt^  had  ä  succession  of  dynasties  which  at  first 
glance  might  seem  to  simulate  a  unified  history,  but  which 
in  reality  represents  the  transference  of  supreme  power  from 
one  State  or  city  to.  another,  and  along  with  this  the  grow- 
ing  ambition  for  a  single  all-embracing  dominion.  The 
same  phenomenon  appears  in  the  struggle  of  the  Greek  and 
Latin  tribes  for  hegemony^  and  also  in  the  foundation  of 
the  great  Persian  kingdom  of  the  Achasmenidas ;  the  latter 
gave  way  to  the  world  emfüre  of  Alexander,  which,  though! 
of  Short  duratioiv  was  never  again  equalled  in  magnitude ; 
succeeding  it,  came  the  world  empire  of  the  Romans,  the 
last  that  could  properly  lay  claim  to  the  name. 

It  is  in  Egypt,  on  the  one  hand,  and  in  the  succession 
of  West-Asiatic  kingdoms,  on  the  other,  that  the  first  stages 
of  this  development  of  a  world  kingdom  out  of  the 
dominance  of  one  powerful  State  over  a  nimiber  of  vassal 
States  are  clearly  exhibited.  The  struggle  for  supremacy, 
in  which  vassal  might  elevate  himself  to  the  position  of 
ruler  and  lord  be  reduced  to  vassal,,  and  in  which  newly 
immigrant  peoples  often  took  a  decisive  part,  immeasurably 
enhanced  the  striving  to  extend  the  sphere  of  dominion. 
This  development  reached  its  culmination  when  the  supreme 
ruler  of  a  power  that  dominated  a  very  considerable  number 
of  vassal  States  expressly  asserted  the  claim  of  being  ruler 
of  the  world.  The  fact  that  such  a  claim  was  made  wherever 
a  suprraoacy  of  this  sort  came  into  existence  under  conditions 
of  relatively  limited  intercourse,  testifies  to  the  immanent 
necessity  of  the  development.  Wherever  the  domain  of  such 
an  empire  approximated  the  limits  of  the  known  world,  the 
universal  State  was  conceived  as  including^also  the  rest 
of  the  inhabited  earth.  This  conc^ption  came  to  ex* 
pression  in  the  title  which  the  ruler  regularly  assumed. 
He  laid  claim  to  being  the  king  of  kings,  the  overlord 
of  the  world,  the  ruler  of  the  *  iBour  quarters  of  tbo 


48q        ELEMENTS  OE  FOLK   PSYCHOLOGY 

Through  a  reversal  of  that  process  of  transferenoe  by  whid 
the  characteristics  of  the  terrestrial  State  were  carried  over, 
in  deity  cult,  to  the  divine  State^  the  ruier  of  the  terrestrial 
State  now  faimself  became  a  god.     This  accounts  for  the 
surprising  uniformity  with  wfaich  the  idea  of  a  god-monaxd 
arose  wherever  that  of  a  world  monarch'  was  developed. 
In  the  pre-Babylonian  reabns  of  the  Euphrates  and  Tigris 
Valleys,  the  ruler  erected  his  own  image^  as  an  object  of  wor- 
ship,  in  the  temple ;  in  the  land  of  the  Pharaohs,  the  heads  of 
the  sphinxes  placed  in  front  of  the  temples  bore  thie  featuies 
of  the  monarch.    Even  Alexander  the  Great  commanded  that 
the  Egyptian  priests  greet  him  as  a  son  of  the  god  AmoD 
Re  ;  after  acquiring  the  authority  of  the  great  Persian  Idngs, 
he  demanded  from  those  about  him  the  extemal  signs  of 
divine  adoration.  Similarly,  the  Roman  em^rors  of  the  period 
from  Diocletian  down  to  Constantine.    In  spite  of  their  in- 
clination  toward  republican  offices  and  customs^  which  by 
their  very  nature  militated  against  such  cerembonial,  these  em- 
perors  accepted  the  idea  that  the  world  ruler  should  be  wor- 
shipped  in  cult.     As  the  god-idea  gained  increasing  power, 
however,  deity  cult  itself  presented  a  counteractmg  influence 
to  the  fusion  of  the  ideas  of  world  ruler  and  deity.     A  rivalry. 
arose  between  god  and  ruler.     The  king  whose  omnipotence 
led  to  his  deification  repelled  the  ruler  of  heaven^  and  the 
ruler  of  heaven  and  earth,  on  his  part,  refused  to  tolerate  any 
rival  of  earthly  origin.    This  led  toi  a  temporary  compromise 
in  which  the  ruler^  though  not  himself  regarded  as  a  deity» 
was  nevertheless  held  to  be  the  son  of  a  god,  as  well  as 
the  agent  who   executed   the  divine  will.       Or,   after  the 
pattern  of  hero  myths,  and  in  remote  resemblance  to  ancestor 
cult,  the  ruler  was  believed  to  enter  into  the  heaven  of  gods 
upon  his  death,  so  that  it  came  to  be  only  the  deceased  ruler 
who  received  divine  adoration.    The  later  ruiers  of  Babylon, 
for  example,  called  themselves  the  sons  of  Marduk,  who  was 
the  Chief  god  of  Babylonia^  and  the  features  of  this  deity 
were  given    to    the   image   of    Hammurabi.      The   Romas 
emperors,  on  the  other  band,  from  the  time  of  Augustus 
on,   were   accorded  divine    reverence   after  death'.      y/hta 


THE    DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       4»« 

the  king,  rcalizing  the  exalted  charactcr  of  divinc  inajeft^y» 
finally  camc  to  feel  himsclf  entirely  human,  thesc  pracu*^* 
vanisbed.  The  emperor  now  became  cither  ihc  mcrc  t^V^^' 
sentative  of  the  deity  or  one  who  was  divinely  favourcd  abov« 
other  men.  Hence  the  developmcnt  tenninate*  in  a  Corin»»!» 
of  royalty  which  has  even  yet  not  dibapiitarcd-^lh«  loruiula, 
•'  by  the  grace  of  God." 

The   development   which    we  havc    des^riliC^l    \nuV^''^^ 
continuously  from  beginnings  that  werc  aliiwbt  i^iut^»4>^'*'y 
with  those  of  States  until  it  eventuatcd  in  ihc  worl'l  i^^*^' 
XVhat,  we  must  now  ask,  werc  its  motivating  forte»?     VV«: 
cannot  ascribe  it  to  a  craving  for  power  which  ovcrmanlcr% 
the  ruler  of  the  single  State  as  soon  as  he  has  successfuUy  con- 
quered  a  foreign  territory  and  a  forcig n  people.     Doubilcss 
this  factor  was  operative,  yct  it  was  obviously  an  cffect  rathcr 
than  a  cause,  although  an  effect   which,    in   the  reciprocal 
relations  of  impulses,  itself  forthwith   bccamc  a  cause.     13ut 
the  immediatc  and  decisive  factors   that   led  to  the  »dra  vi 
establishing  a  world  State,  are  to  bc    f ound  only  parij>   u. 
the  motives  underlying  the  extension    of    the  smgle  5>i»Vt 
into  a  World  State,  and  in  the  rcsults    connected  wiu.  Im 
attainment  of   this   ambition.      These    motivcs  anö  »«am 
were,   in  the  first  instance,  of  an    cxternal  n*^«      '*^/ 
consisted  in  the  fact  that  the  world   State  cnjoyeC  «Äü^i^c 
means  of  subsistence  and  power    by    reason  Ol  tte   ^^^>^ 
which  it  received  from  subjugated   provinccs  or  i««  ^4-1^. 
States.    Tributes  of  grain  and  cattle,   of  precum  mm  ^.^ 
metals,   and   especially   of  valuable     '^^"^J*^     "-'^ 
placed  at  the  command  of  the  Pharaoh,  or  of  lie  J«*tvv^.,  ^ 
or   Persian   monarch,   for   the    buildtng^ J»  -J»:.^,     ,.,.^ 
temples,  and  his  palaces,  for  niili^ary   "^T^*^  ^-"^  «- 
officialdom  more  directly  subject   to   *V*^*J''*'  *^*    ''••^''- 
born  natives.    Everything  which  the  *>P^^   .    ^*^-  '  •..  inr 
its  maintenance  was  demanded  in  a      ^j^^^Z^^'*^   '■"  J« 
world  empire.     Thus,  it  was  the   ^^*^' It^T  '*    *  t-^^ 

of  subsistence  and  power  that  led  toÄ^^'P*''^'-:-..    ^^m 
Single  State  by  the  world  empire,  J—**  ^'  *«     :ut  ä 
influence,  on  a  smaller  scale,    tba*  #■*        -^^^    os^ 

3^ 


482        ELEMENTS  OE  FOLK   PSYCHOLOGYi 

ascendancy  over  the  earlier  tribal  oiiganization.  In  extending 
its  authority  over  wider  and  wider  territory,  the  world  empiie 
itself  finally  perished  as  a  result  of  the  increasing  difficulty  in 
unifying  its  forces.  It  either  broke  up  into  separate  States 
or  a  similar  process  of  expansion  started  anew  within  the 
same  boundaries^  beginning  now  with  one  of  the  erstwhile 
vassal  States  and  now  with  a  new  tribe  that  migrated  into 
the  territory.  The  first  of  these  changes  is  illustrated  by 
the  Babylonian-Assyrian  empires  ;  the  other,  by,  the  catas- 
trophes  suifered  almost  contemporaneously  by  the  reahn  of 
the  Pharaohs^  through  the  influx  of  the  Hyksos,  and  by 
Babylon,  at  the  hands  of  the  conquering  hordes  of  tbe 
Hittites.  The  same  i^nomena  recur  in  the  partition  ol 
the  empire  of  Alexander  the  Great  and  in  the  downfoll 
of  the  Koman  world  empire.  Unless  world  empires  de- 
generate  into  a  mere  semblance  of  universal  dominion,  as 
did  the  Holy  Roman  Empire  they  obviously  become  the 
more  short-lived  in  proportion  as  history  comes  to  move 
the  more  rapidly.  Hence  the  Napoleonic  attempt  to  revive 
the  old  idea  in  a  new  form  became  a  mere  episode.  The 
Single  State  finally  triumphed  over  the  world  empire,  and 
everything  goes  to  show  that  the  idea  of  an  all-embtacing 
world  empire  is  little  likely  to  recur  unless  the  continuity 
of  history  is  to  be  seriously  interrupted. 

It  thus  appears  that  the  idea  of  establishing  a  world 
empire  is  not  to  be  accounted  for  solely  in  terms  of  a  constant 
striving  to  augment  the  means  of  power.  Such  endeavour 
prevails  now,  no  less  than  formerly,  in  every  State  that  has 
in  any  way  attained  to  an  independent  development  of  its 
power.  At  the  present  time,  however,  none  but  at  most  an 
occasional  Utopian  dreamer  adheres  to  the  idea  of  creating 
an  all-inclusive  world  State.  Even  wfaere  this  occurs  the 
idea  is  completely  antithetical  to  that  of  earlier  times.  The 
ideal  which  is  at  present  proposed  for  the  distant  future 
involves,  not  the  extension  of  any  single  State  into  a  world 
State,  but  rather  the  dissolution  of  existing  States  and  the 
establishment  of  ,a  society  of  universal  peace  among 
nations,    such    as    would    reuder   entirely    superfluous    any 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       483 

instruments  of  power  on  the  part  of  the  State  itself. 
But  we  have  further  evidence  that  the  impiUse  to  in- 
crease  the  means  of  power  could  not  have  been  the 
only,  nor  even  the  decisive,  factor  in  the  development 
of  the  idea  of  a  world  empire.  This  evidence  is  to  be 
found  in  the  fact  that,  whUe  a  world  empire  never  existed 
except  as  an  idea,  the  age  in  which  this  idea  dominated 
histpry  regarded  the  world  empire  as  a  reality.  Hence  there 
must  have  been  other  motives,  of  an  ideal  nature,  to  bridge 
over  the  chasm  between  idea  and  reality  in  such  wise  as  to 
identify  the  former  with  the  latter.  Though  it  is  possible 
to  urge,  in  explanation,  that  the  knowledge  of  the  real 
world  was  at  that  time  limited,  this  does  not  solve  the 
Problem.  Even  though  the  Babylonian  king  might  have 
feit  satisfied  to  call  himself  the  ruter  over  the  four  quarters 
of  the  earth  because  practically  all  countries  of  which  he 
had  knowledge  in  the  four  directions  of  the  wind  paid 
tribute  to  him,  this  of  itself  is  not  adequate  to  account  för 
the  fact  that  he  regarded  the  universality  as  absolute  and 
not  relative.  Over  and  above  the  fact  of  a  limitation  of 
knowledge,  there  was  requisite  particularly  the  idea  of  the 
unity  of  the  world,  and  the  application  of  this  idea  to  the 
reality  given  in  perc^tion.  This  idea  of  unity  is  similar 
to  that  of  the  absolute  unity  of  the  workt-order  whose 
centre  is  the  earth,  an  idea  that  dominated  the  astronomical 
conceptions  of  antiquity.  Both  ideas,  that  of  a  world  empire 
embracing  the  whole  of  manldnd  and  that  of  a  universe 
whose  centre  is  the  earth  and  whose  boundary  is  the  crystal 
sphere  of  the  heaven  of  fixed  stars,  sprang  from  the  same 
mythological  world-view  that  also  found  expression  in  the 
conception  of  a  divine  State  projected  from  earth  mto  heaven. 
To  these  gods,  with  a  supreme  deity  at  their  head,  belonged 
the  rulership  of  the  world.  Whenever  a  change  in  the  city 
that  formed  the  centre  of  the  terrestrial  world  empire  re- 
sulted  in  a  new  supreme  deity,  the  conditions  of  the  earthly 
kingdom  were  all  the  more  fieiithfully  mirrored  in  the  divine 
kingdom,  for  the  other  gods  becamie,  as  it  were,  the  rp" 
of  this  supreme  deity.    This  mythological  picture»  pr 


OS 


THE    DEVELOPMENT   TO    HUMANITY,      '485 


^^«.icnded  under  the  term  world  cidture.     In  so  far  as  the 

**  Äi  of  world  empire  involves  factors  that  lead  to  world 

^fe  «ture,  these  affect  primarily  the  material  aspect  of  the 

a  nfk  of  pecples— world  intercourse,  the  resulting  mukiplica- 

gmsx  of  needs  on  the  part  of  peoples,  and  the  exchange  of 

r^tea^  means  for  the  satisfaction  of  these  needs.    The  spiritual 

^Rcpases  of  culture,  which  outlast  these  external  and  material 

^Qi^taseSy  make  thcir  appearance  more  particularly  at  the  time 

j^ien  the  world  empire  is  approaching  its  end.    Süice,  how- 

3^ /er,  it  is  these  spiritual  phases  that  are  of  predominant 

l^^gnificance^  world  culture  as  a  whole  is  to  be  regarded 

=^T^3  an  after-eflfect  of  world  empire  rather  than  as  a  direct 

^gyesult  toward  which  the  latter  has  contributed.    The  reason 

r    ipr  this  is  not  far  to  seek.     It  lies  in  the  one-sided  striving 

jBg.<or  the  acquisition  of  external  means  of  power,  and  in  the 

^j:on5equent  despotic  pressure  which  the  world  empire,  par- 

^acularly  in  ancient  times,  brought  to  bear  upon  its  separate 

eoginembers.    It  is  also  connected,  however,  with  the  fact  that 

^  the  dissolution  of  world  empires  usually  brings  in  its  wake 

^  migrations  and  a  shifting  of  peoples.    Even  within  the  culture 

^  of  the  ancient  Orient,  the  spread  of  the  elements  of  myth  and 

.]i  saga,  as  well  as  of  the  products  of  art  and  science,  came 

^  especially  with  the  destruction  of  earlier  world  empires  and 

^  the  reconstruction  of  others.     The  empire  of  Alexander  the 

Great    led    to    what    was    perhaps   the    greatest   epoch   of 

world  culture  in  the  history  of  civilization,  yct  the  latter 

was  conditioned,  not  so  much  directly  by  this  empire,  as  by 

its  disintegration  at  the  time  of  the  Diadochi.     Similarly, 

t    the  downfall  of  the  last  world  empire  that  may  properly 

lay  Claim  to  the  name— the  Grseco-Roman  kingdom— like- 

wise  resulted  in  a  great  cultural  movement,  due  in  part  to 

the  shifting  of  peoples  which  took  place  at  this  time,  though 

more  especially  to  the  spread  of  Christianity.    Here,  again, 

the  fact  that  the  world  empire  was  preparatory  to  world 

culture    is    substantiated.      For    the    dying   world    empire 

employed  even  the  last  powers  over  which,  in  its  final  agony, 

it  still  had  control,  to  pave  the  way  for  the  world  religipn 

that  wai  taking  its  rise. 


486        ELEMENTS   OF  FOLK  PSYCHOLOGY 

Nevertheless,  as  a  result  of  the  tremendous  resources 
whicfa,  in  the  beginnings  of  a  higher  civilization,  were 
possessed  by  the  world  empire  alone,  there  was  one  field 
in  which  the  period  of  such  empires  was  directly  creative 
and  in  which  it  set  an  example  to  future  ages.  I  refer  to 
the  techni({ue  of  mass  and  to  the  monumental  art  con- 
nected with  it.  The  streets,  viaducts«  and  magtuficent 
edifires  of  the  period  of  the  Roman  emperors  have  lonjf 
aroused  the  wonder  and  admiration  of  later  generations,  as 
monuments  of  a  power  that  had  unlimited  means  at  its 
command.  The  constructions  of  the  Egyptian,  Babylonian- 
Assyrian,  and  Persian  world  empires  lacked  the  artistic 
execution  which  the  influence  of  Greek  art  made  possible 
to  the  constructions  of  the  Romans.  We  have  now  come 
to  know,  however^  that  the  former  were  not  surpassed  by; 
the  latter  in  the  inunensity  which  resulted  from  the  con- 
sciousness^  on  the  part  of  the  builders^  that  they  had  countless 
human  forces  at  their  disposal.  The  canals  and  roadways  of 
the  Egyptian  and  Babylonian  monarchs,  moreover,  also  give 
clear  evidence  that  the  needs  of  agriculture  and  commerce 
were  provided  for  in  a  way  that  would  have  been  impos- 
sible,  in  these  early  stages  of  world  culture,  except  through 
the  resources  at  the  command  of  a  world  State.  The  exten- 
sion  of  intercourse  resulting  from  world  empire  is  to  bc 
regarded  as-  at  least  a  partial  factor  in  the  transition  to  the 
Institution  of  money.  It  exercised  an  influence  also  toward 
the  development  of  a  system  of  writing,  whose  purpose  it 
was  to  communicate  the  decrees  of  govemment  to  officials 
and  vassals,  and  to  preserve  a  record  of  the  deeds  of  rulers 
and  of  the  laws  enacted  by  them.  In  this  wise,  the  material 
aspects  of  world  culture  exerted  an  influence  upon  the  mental 
aspocts»  whose  direct  expressions  are  speech  and  writing. 

Ai  regarils  the  relation  of  speech  and  writing,  the 
t^i^d  fundamental  elements  of  all  culture,  the  culture  of 
indtviduali  and  world  culture  show  an  important  difference. 
l»  rtif  <2MUure  of  individuals,  of  course,  speech  long  precedes 
^vittlllt^  Vtfbal  expression  being  crystallized  into  writing 
onlv   4&\^X   Ä    vt^liÄtivcly    high    level   of    culture    has   been 


THE    DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       487 

attained.  In  world  culture,  on  the  other  hand,  writing 
paved  the  way  for  verbal  intercourse.  The  reason  for 
this  difference  lies  in  the  fact  that  speech  is  a  natural 
product  of  the  direct  intercourse  of  individuals  who  are 
sharing  a  common  life.  Writing,  however,  is  an  invention  by 
which  individuals  seek  to  disseminate  and  to  preserve  the 
ideas  embodied  in  speech  far  beyond  the  spacial  and  tem- 
poral bounds  that  limit  oral  communication.  Hence,  com- 
mimication  in  writing  is  the  first  step  from  folk  culture  to 
World  culture.  The  simplicity.  of  the  characters  which  it 
employs  enables  it  to  pass  from  one  people  to  another  and 
from  one  generation  to  the  next  even  more  readily  than  does 
the  speech  of  commerce.  For  though  the  latter  is  of  a  more 
universal  character  than  the  many  separate  mother  tongues, 
it  asserts  itself  only  with  difficulty  in  competition  with  them. 
The  history  of  cuneiform  writing  is  especially  instructive  as 
regards  the  point  under  present  discussion.  The  Semitic 
people,  whose  migration  to  Babylonia  succeeded  that  of  the 
Sumerians,,  lost  all  knowledge  of  the  Sumerian  language,  but 
they  preserved  the  written  texts  as  sacred.  In  the  course 
of  folk  migrations,  cuneiform  writing  likewise  penetrated  to 
the  coast  regions  of  Asia  Minor,  although  in  this  instance 
it  was  continually  used  to  express  new  idioms  not  to  be 
found  in  the  land  of  its  origin.  Letters  have  been 
found  representing  a  correspondence  between  certain  Baby- 
lonian  kings  and  Egyptian  Pharaohs,  and  dating  from 
the  fifteenth  Century  before  Christ.  These  letters,  called 
Tel-el-Amama  letters  after  the  place  of  their  discovery, 
are  a  remarkable  testimony  to  the  fact  that  the  demands 
of  commerce  gradually  cause  speecl)  to  follow  m  the  wake 
of  writing,  even  though  the^means  Vhich  the  Babylonian 
employs  to  make  his  cuneiform  writing  intelligible  indicates 
that  his  Egyptian  correspondent  possessed  only  a  slight 
acquaintance  with  the  Babylonian  language. 

.  It  was  not  until  a  much  later  time  that  any  language 
of  intercourse  and  Uterature  became  sufBciently  widespread 
to  be  called  a  world  language,  even  in  that  relative  sense 
which  attaches  to  all  universal  terms  of  tWs  sort.      This 


488        ELEMENTS  OF  FOLK  PSYCHOLOGYj 

occurred  in  the  case  of  the  Greek  längnag«,  under  the  ruk 
of  the  Diadochi.     In  this  instance,  again,  tbe  first  advance 
in  the  direction  of  world  culture  followed,   in  the  maiiii 
upon  world  empire.     For^  though  we  must  admit  that  the 
empire  of  Alexander  was  of  altogeth^r  too  brief  a  dura- 
.tion  for  such  a   purpose,   it   is   nevertheless   true   that  it 
witnessed  only  the   beginnings   of  a   world  dominance  of 
Greek  language  and  culture.   Taking  into  account  thfe  narrow 
limits  of  the  cultural  world  of  that  period  of  history^  there 
has  been  no  age  since  that  of  the  Diadochi  conceming  which 
we  would  be  prepared  to  say  that  it  attained  to  so  wide- 
spread  a  dissemination  of  a  uniform  culture.     The  striving 
beyond  a  national  to  a  world  culture  which  took  ptace  at 
that  time  was^  of  course,  the  fruition  of  far  earlier  tendencies. 
The  fact  that  the  Gredc  colonies  retained  the  language  and 
customs  of  the  mother  country  was  itself  a  pr^>arataiy 
Step.      Following*   the   train    of    colonists   we^e   individual 
travellers,   whose  desire  for  knowledgfe  led  them   beyoiid 
the  regions  where  the  Greek  language  was  known.     Even 
in  that  early  day,  Pythagoräs  and  Xenophanes^  Herodotus 
and  Xenophon,  Democritus  and  Plato  made  extensive  travels 
throughout    the    lands    bordering    on    the    Mediterranean. 
Alexander's  expedition  to  India,   a  count^  which  had  up 
to   that   time   been    regarded    as   a   marvellous    fairyland, 
marked  the  culmination  of  the  joumeys  to  remote  regions 
which  had,  at  the  outset,  been  undertaken  by  individuals. 
Nevertheless,  the  spread  of  the  Impulse  to  wander  remains 
of   primary   significance   for   the    Hellenistic   period.      The 
warrior,  the  tradesman,  and  the  physiciän  share  this  in^Hilse 
with  the  scholar  and  the  artist.    In  the  läge  of  tribal  organiza;« 
tion,  it  was  the  tribe  or  clan  that  travelled  to  distant  places, 
its  object  being  to  escape  the  pressure  of  want  and  the  necd 
threatened  by  the  exhaustion  of  the  hunting-grounds  or  the 
soll ;   in  the  heroic  age,  it  was  the  people  as  a  whole  who 
left  their  homes,  either  because  they  were  crowded  out  by 
enemies  or  because  they  were  eäger  to  assert  their  power  by 
establishing  cities  and  States ;    in  the  age  under  present 
contid$ration,  {t  is  th^  individual  who  is  seized  with  the 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       489 

longing  for  travel,  bis  purpose  being  to  find  elscwhere  more 
favourable  opportunities  for  the  exercise  of  bis  vocation, 
er,  perbaps,  to  see  tbe  world,  and  tbus  to  enlarge  bis 
field  of  experience  and  bis  knowledge.  Tbe  large  and 
rapidly  growing  cities  tbat  spring  up  into  centres  of  tbe 
new  World  culture  attract  tbe  people  of  all  lands/  as  do 
also  tbe  ancient  and  far-famed  seats  of  intellectual 
culture.  In  Alexandria;  Pergamus^  Atbens,  and,  finalljr, 
in  Rome,  tbere  mingle  representatives  of  all  races— of 
tbe  Greek,  Egyptian,  Syrian,  Persian,  and  Italic  peoples. 
Greek  is  tbe  language  of  common  intercourse.  Alexandria, 
bowever,  jgtadually  displaces  Atbens  as  tbe  cbief  seat  of 
science.  Tbe  latter  comes  to  be  fostered,  not  by  Greeks, 
but,  in  large  part,  by  individuals  of  otber  nationalities^ 
particularly  tbose  of  tbe  Oriente 

(Tbis  new  world  culture  possesses  twio  distinctive  cbarac* 
teristics.  Tbe  first  of  tbese  consists  in  a  growing  indif- 
ference  to  tbe  State  as  such.  Tbe  second,  antitbetical 
to  the  former  and  yet  most  dosely  related  to  it,  is  a 
high  appreciation  of  tbe  individual  personality,  connected 
witb  wfaicb  is  a  tendency  on  tbe  part  of  tbe  individual  to 
develop  bis  own  personality  and  to  assett  bis  rights.  Tbat 
whicb  tbe  public  vahies  undergoes  a  diiange.  Tbe  emphasisf 
sbifts,  on  tbe  one  band,  from  tbe  State  to  a  culture  wbich 
is  universally  human,  and  tbiis  independent  of  State  boun* 
daries  ;  it  (»tsses,  on  tbe  otber  band,  from  political  interests, 
in  part,  to  tbe  individual  personality  and,  in  part,  to  universal 
spiritual  development.  Tbus,  world  culture  is  at  once 
cosmopolitan  and  individualistic.  As  respects  both  tbese 
characteristics,  bowever,  tbe  interest  in  bumanity  finds  ex- 
pression  in  a  traiiscendence  of  tbe  limits  of  a  Single  people. 
Here,  again,  preparatory  stages  will  be  found  far  back 
in  Greek  culture.  As  early  as  tbe  time  of  the  Sophists,  indi« 
viduals,  wandering  from  city  to  city  as  travelling  teachers, 
proclaim  the  spirit  of  personal  freedom  and  the  dependence 
of  all  social  institutions  and  ties  upon  the  will  of  the  indi- 
vidual. vWhen  we  come  to  tbe  Epicurean  and  Stoic  schools, 
whicb  reacb  over  into  tbe  period  of  «Irly  world  culture,  ihm 


490        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 

kfea  of  humanlty  in  both  its  aspects  receives  its  classic  ex- 
pression,  though  with  differing  emi^ases»  conditioned  by  the 
ethical  and  reUgious  needs  a&  a  whole.  Similar  conditions 
prevail  in  the  positive  sciences.  In  natural  science»  which 
reached  its  first  classical  development  in  the  Alexandrian 
period^  an  interest  in  universal  natural  laws,  as  discovered  in 
astronomy  and  mechanics,  occurs  side  by  side  with  an  absorp- 
tion  in  descriptive  observations  of  tbe  most  detailed  sort.  His« 
tory  fluctuates  between  attempts  at  an  abstract  schematization 
of  the  epochs  of  political  development^  after  the  pattem  of 
the  Aristotelian  Classification  of  the  forms  of  the  State^  and 
biographical  accounts  of  dominating  personalities  and  their 
deeds.  Similarly,  philology  combines  the  grammatical  dis- 
putes  of  the  Peripatetic  and  Stoic  schools--disputes  as  yet 
unfruitful  in  their  abstract  generalities— with  that  niinute 
pursttit  of  literary  studies  which  has  since  given  the  period 
the  discreditable  name  of  '  Alexandrianism.*  Art  also  mani- 
fests  this  caincidentia  oppositoram.  The  moniunental 
edifices  of  this  epoch  exhibit  a  tendency  toward  the  colossal, 
whereas  sculpture  is  characterized  by  a  painstaking  and 
individualizing  art  of  portraiture  ;  the  drama  portraying 
the  pompous  action  of  ruler  and  State,  appears  alongside 
of  the  play  of  civic  intrigue  and  the  mime. 

As  the  result  both  of  inner  dbsolution  and  of  the  aggres- 
sion  of  new  peoples  who  were  just  entering  upon  their 
political  development,  Hellenistic  world  culture  underwent 
disintegration.  It  first  split  up  into  Greek  and  Roman 
divisions,  in  correspondence  with  the  partition  of  the  Roman 
World  empire  and  that  of  the  Christian  Church  connected 
with  it.  Except  the  fact  of  the  Separation  itself,  nothing 
shows  more  significantly  how  far  both  divisions  were  from 
possessing  a  world  culture  than  does  the  decline  of  that 
indispensable  means  of  common  culture,  language.  The 
iWest  preserved  meagre  remnants  of  the  Latin  civilization, 
the  £ast,  fragments  of  the  Greek  civilization.  In  the  course 
of  tbe  centuries,  the  clergy  of  the  West  developed  a  class 
of  scholars  who  were  out  of  sympathy  with  the  prevailing 
tendencies    toward    national    culture.      In    the    East,    the 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       491 

barbarian  nations,  which  the  Church  barely  succeeded  in 
holding  together,  exercised  a  benumbing  influence  upon 
culture  ;  cultural  activity,  therefore,  sank  into  adull  lethargy. 
The  ancient  world  empires»  whose  last  brilliant  example»  the 
monarchy  of  Alexander,  had  formed  the  transition  to  the  first 
great  world  culture,  gave  place,  at  this  later  time,  to  world 
religion.  As  the  result  of  struggks  which,  though  long,  were 
assured  of  ultimate  success,  world  religion  subjected  the 
political  powers  to  its  authority.  Destined,  in  the  belief 
of  peoples,  to  be  imperishable,  this  religion  outlived  the 
changing  forms  of  the  secular  State,  and  was  the  only 
remaining  vehicie  of  world  culture,  fragmentary  as  this 
may  have  been.  But  the  inner  dissolution  to  whidi  the  last 
of  the  great  world  empires,  that  of  Rome,  succumbed,  over- 
powered  also  the  Church  as  soon  as  the  latter  endeavoured 
to  become  a  new  world  State  and  insisted  on  the  duty  of 
believers  to  render  obedience  to  it.  When  this  occurred, 
the  world  culture  fostered  by  it  necessarily  proved  too  weak 
to  assimilate  the  new  tendencies  which  were  beginning  to 
manifest  themselves.  Conditions  were  ripe  for  the  striving 
to  achieve  a  new  culture.  In  contrast  with  the  ideal  of  the 
Church,  this  culture  was  concemed  with  the  actual  world, 
and  therefore  feit  itself  related  to  the  cultural  idea  of 
antiquity.  Thus  arose  the  culture  of  the^  Renaissance.  In 
it,  we  again  have  a  world  culture  in  the  true  sense  of  the 
word,  even  though  it  was  shared,  at  the  outset,  only  by 
the  ambitious  and  the  educated,  as  had,  indeed,  ako 
essen tially  been  the  case  with  its  prototype. 

The  culture  of  the  Renaissance  formulated  its  ideal  by, 
reference  both  to  the  past  and  to  the  future.  It  sought  to 
revive  the  world  culture  of  the  Grseco-Roman  period,  but 
yet  to  give  to  the  latter  a  content  suited  to  the  spirit  of 
the  new  agc  and  to  the  tasks  awaiting  it.  Hence  the 
Renaissance  was  not  merely  a  rebirth,  as  its  name  might 
suggest,  but  a  new  world  culture.  Though  possessing  many 
traits  in  common  with  the  older  culture  of  Hellenism,  it 
bore,  in  an  even  greater  measure,  its  own  peculiar 
stamp.     The  most  noteworthy  feature  common  to  the  two 


492        ELEMENTS  OK  FOLK  PSYCHOLQGYi 


W49  ibcir  combiaatton  of  ontversalism  and  indii 
fealure  that  is,  pcrhaps,  characteristic  of  wc 
as  such.  Apparentif  boüi  üniversalism  and  mdividij 
become  more  prominent  with  the  course  of  time.  Dot 
the  period  of  thc  Renaissance,  the  ciUtivation— one  mi] 
almost  tay  the  cult^of  the  individual  persouality  pro| 
rcached  the  hig^hest  point  that  it  had  as  yet  atlained*  1 
humaB  monster,  who  violated  mthout  comptmctton  al 
of  propriety  and  custom,  and  the  ascetic  zealot^  who 
üced  hinoself  for  a  visionary  ideali  could  both  alike 
admiration  because  of  the  unlqueness  of  their  chs 
Atong  with  this  emphasis  of  individual  personality, 
flourished  social  Ideals  of  a  rcligious  and  a  politi 
nature.  It  was  under  this  influence  that  the  reformati 
of  the  churcb  began  its  work  and  that  new  polilical  tfaeor 
and  Utopian  accounts  of  a  happy  future  for  the  htiu 
race  made  their  appearance.  In  still  another  rcspect 
the  age  of  the  Renaissance  appear  to  be  a  genuine 
in  an  enlarged  world,  of  the  Hellenistic  period.  Ag3 
individual  is  overpowered  by  the  impulsc  to  travel,  ad 
a  consequence,  the  age  of  great  geographica!  discover 
inaugurated.  The  voyages  of  the  great  discoverei 
Coiumbus,  Vasco  da  Gama,  and  Magellan— were  the 
for  the  most  part,  of  personal  initiative.  And^  though  otl 
motivcs  may  have  lurked  in  the  background,  the  discove« 
themselves  were  chiefly  inspired  by  that  desire  to  wh 
which,  more  than  a  Century  earlierj  had  led  rhe  Venfl 
Marco  Polo  to  t^ravel  alone  in  the  distant  lands  of 
Asia. 

But,  in  certain  essential  particulars^  the  later  peric 
World  culture  possessed  a  character  all  its  own.  The  ba 
of  culture  was  no  longer  a  world  State,  but  a  world  Cbun 
No  longer,  moreover,  was  there  an  indifference  to  the  Sta 
as  had  been  so  generally  the  case  in  Hellenistic  timcs. 
heightened  political  interest  was  everyvvhere  beginning  u^ 
manifest.  That  which  long  continued  to  give  this  peri^ 
unique  stamp  was  the  struggle  between  State  and  Chun 
The  social  impulsei  tended  in  the  direction  of  a  aew  po| 


snoi' 


THE    DEVELOPMENT   TO    HUMANITY      :493 

Order,  and  to  ä  certain  extent,  even  at  this  time,  toward 
a  social  reconstruction.  The  world  culture  of  this  period» 
moreover,  sustained  a  completely  altered  relation  to  lan- 
guage,  that  universal  vehicle  both  of  mental  life  and  of  the 
material  culture  which  grows  up  out  of  the  intercourse  of 
peoples.  It  was  not  a  world  language,  such  as  results 
naturally  from  the  authority  of  a  world  empire,  that  con- 
stituted  the  basis  of  the  new  cultural  unity.  On  the  contrary, 
the  latter  was  dependent  upon  a  multiplicity  of  languages, 
which  gave  expression  to  the  mental  individuality  of  peoples 
just  as  did  the  national  States  to  the  diversity  of  particular 
political  and  social  interests.  The  iniluence  of  more  exten- 
sive educational  activities  made  itself  feit.  The  forms  pf 
commerce  and  of  the  interchange  of  the  mental  products  of 
nations  were  manifold,  yet  education  rendered  the  means 
of  material  and  intellectua)  intercourse  conmion  property  so 
far  as  this  was  possible  and  necessary.  Thus,  world  culture 
itself  acquired  sl  new  foundation.  A  world  language  must 
of  necessity  be  an  active  and  a  living  language,  and,  in  view 
of  the  fact  that  all  social  institutions  are  historically  condi- 
tioned,  it  can  attain  its  supremacy  only  through  the  influence 
of  a  world  empire.  Hence  every  world  culture  whose  basis 
is  a  unity  of  langiiage,  in  the  sense  of  a  world  language,  is 
doomed  to  be  transitory.  Fragments  of  such  a  culture  may 
survive,  but  it  itself  must  perish  along  with  the  language  by 
which  it  is  sustained  and,  more  remotely,  with  the  political 
power  by  which  the  language  is  upheld.  AI)  this  is 
changed  as  soon  as  world  culture  is  established  on  the  basis 
of  a  multiplicity  of  national  tongues  as  well  as  of  national 
States.  ^Then,  for  the  first  time,  may  world  culture  become 
more  than  merely  an  occasional  epoch  of  history  ;  thence* 
forth  it  may  enjoy  a'  permanent  development.  With  this 
in  mind,  one  may  say  that  the  period  of  the  Renaissance  laid 
the  foundation  for  a  new  form  of  world  culture,  whose 
characteristic  feature  is  that  combination  of  humanistic  and 
national  endeavour  which  is  still  prevalent  throughout  the 
civilized  world. 


494        ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGE 
4.  World  Religions. 


One  of  the  most  significant  marks  of  the  heroic  age 
is  the  existence  of  national  religions.     Just  as  each  laa  i\ 
possesses  its  own  heroes,  so  also  does  it  liave  hs  own  gods, 
wbo  are  reverenced  as  its  protectors  in  wars  with  foreigii  , 
peoples.     Tnie,  gods  and  their  cults  may  occasionally  pass 
over  fiom  one  people  to  another.     Wherever  there  is  tt 
assimilation  of  foreign  cults,  however,  all  traces  of  origin  dis- 
appear  ;   the  gods  ^o  are  taken  over  from  other  peoples  aie  ^ 
added  to  the  Company  of  native  gods,  and  enrich  the  national  1. 
pantheon.    So  far  as  these  conditions  are  concemed,  worid  l 
empires    bring    few    changes.     At    most,    they    expressly 
anbordinate  the  gods  of  conqueied  lands  to  the  god  of  tbe 
luling  city,  amd  dius  prqsare  for  the  idea  of  an  allHXun}xe- 
hensive  divine  State  oortesponding  to  the  universal  t^res- 
trial  State.      The  decisive  step  in  the  completion  of  this 
developm^it  is  taken  only  uncter  the  infloence  of  the  world 
culture  that  grows  up  out  of  the  world  «npire.     The  special 
national   deities   that   represent   the   particular   interests  of 
individual  peoples  then  inevitably  recede  in  favour  of  gods 
and  cults  sustained  by  universal  human  needs,  in  which  case 
the  cults  are,  on  the  whok,  identical,  even  though  the  deitifs 
bear  different  names. 

It  is  of  importance  to  note  the  motives  diat  led  to  the  first 
Steps  toward  the  realization  of  a  universal  human  religion. 
They  were  identical  with  the  very  earliest  incentives  to 
rdigion,  such  as  prevailed  among  all  peoples  on  the  very 
threshold  of  the  belief  in  demons  and  gods.  For,  after  the 
disappearance  of  political  interests,  to  which  the  national  gods 
owed  their  supremacy,  it  was  again  two  experienoes  that  occu- 
pied  the  foreground-— sicA/i^ss  and  death.  During  the  period 
of  Hellenistic  world  culture,  the  occupation  of  the  ph)rsician 
was  held  in  especial  esteem.  Connected  with  this  was  the  fact 
that  the  cult  of  iEsculapius,  the  god  of  healing,  grew  from 
small  beginnings  into  a  cult  whose  influence  extended  over 
disunt  lands.  Even  more  marked  was  the  increaae  in  the 
infloence  of  thosi^  cults  that  centred  about  a  world  after 


THE    DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       495 

death  and  the  individual's  preparation  for  it.  The  origin 
of  these  cults  was  connected  both  with  the  needs  of  this 
life  and  with  the  desire  for  endless  joy  in  the  beyond. 
In  view  of  their  identical  development,  how  could  it  have 
escaped  notice  that,  whatever  formal  differences  there  might 
be,  the  Grecian  Demeter,  the  Phrygian  Cybele,  and  the 
Phoenician  Astarte  were  alike  in  nature?  Even  more  than 
was  the  case  with  the  Greek  mysteries^  these  Oriental  cults 
carried  over  into  the  cults  of  the  beyond,  into  which  tliey 
developed,  certain  ecstatic  and  orgiastic  elements  of  ancient 
Vegetation  cults.  All  the  more  readily,  therefore»  were  the 
latter  cults  incorporated  into  the  deity  cults,  inasmuch  as  these 
had  as  their  concem  the  satisfaction  of  human  needs  gener- 
ally .  But  conditions  were  ripe  for  a  still  further  advance.  As 
has  been  suggested,  the  national  and  State  interests  which 
fettered  man  to  the  actual  world  of  his  environment  gave  way 
to  interests  transcending  this  world.  In  proportion  as  this 
occurred,  however,  did  the  life  of  the  present,  deprived  of 
its  former  values,  relinquish  all  cherished  desires  in  favoun 
of  that  heavenly  world  possible  to  all  men  regardless  of 
class,  calling,  or  nationality.  This  change  was  antithetical 
to  the  innate  fear  of  death,  and  yet  was  its  own  final  product. 
All  these  cults  thus  became  redentption  catts.  To  be 
redeemed  from  the  evil  of  the  world— the  desire  of  deeper 
religious  minds— or,  after  the  enjoyment  of  the  good  things 
of  this  life,  to  receive  still  greater  happiness  after  death*-flL 
hope  doubtless  entertained  by  the  majority  then  as  now— such* 
was  the  primary  object  of  the  cults  of  these  supranational 
gods.  National  cults  had  fashioned  the  gods  in  the  image  of 
man,  even  though  cxalting  them  with  all  the  power  of  the 
mythological  Imagination  into  the  superhuman  and  the  un- 
approachable.  At  this  later  period,  all  eflforts  were  directed 
toward  bringing  these  anthropomorphic  gods  nearer  to  man 
as  regards  the  activities  in  which  they  engaged,  and  particu- 
larly  as  regards  the  experiences  which  they  underwent.  No 
figure  in  the  later  Greek  pantheon  better  lent  itself  to  such 
a  purpose  ihan  did  Dionysos.  Like  the  female  deities  re*^ 
senting  Mother  Earth,  this  male  deity  originated  in  the  ai 


496        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 


niQ|i 
rivifl 

o  mi 
ipafl 


field  and  fertility  cnlts.    LaieTi  hüweirer.  be  becaine 
morc  traftsfonned  by  kgend  into  tbe  ideal  of  a  siriv 
stiffering  deiry,  wbo,  afcer  a  horrible  dcath,  arose 
gloiy.     Related  to  Dionv-sos  were  otber  deitJes  who 
became  süpreitie  in  thc  Hcllenistic  age— Mithra^  Anis, 
and  Serapis*    AU  of  these  were  gods  who  had  been 
from    pain  and   angatsfa«    and   were   therefore    ca 
ihcir  syrapathy,  of  rcdceming  man. 

In   iu   bcginnings,   Christianity  also   was  one  of 
rctigions  of  redcmptton,     Ovtr  tive  bandred  years 
iti  rise^  rooreover,  there  had  ajready  appeared  in   l 
East    a    rdigion    in    whjcb    the    $anie    ibought    o 
ihe  forcground*      I    refer  to   Buddhism.      iWith    n 
to  the  Steps  by  which  Buddhism  aitained  its  $up 
otir  only  data  arc  the  controversies  of  the   philo 
scbools  tbat  particiiiaied  in  the  development.     The 
troverstes  make  it  probable  that  tbe  basal  motives  i 
were  similar  to  ihose  that  were  later  operative  in  tlie 
World  of  the  Occidem*     There  were  also  essential 
eoces»    however,    traceable    lo    ihe    fact    that    the 
Brahmanic  Systems  had  a  common  religious  snbstrat 
that  Hindoo  thoughc  had  attaincd  to  a  fairly  ad^  t 

of  philosophical  development.     One  fact   is  dt 

Versal— the  appearance  of  a  redemptive  rcligion  marl 
decadenoe  of  an  old  and  the  rise  of  a  new  pcriod  of 
Beginning  with  the  Helleinsüc  period,  iherefore,  and  a 
iRg  With  increased  strengih  durmg  tbe  Roman  world 
there  was  a  transitton  from>  a  national  to  a  ^mnanistic 
lÄ'orld  religion  was  a  more  decisi^^e  indication  of  thisj 
Ihan  were  any  of  tbe  other  elements  of  world  culrure, 
wti  even  world  empire,  which  prepared  Ihe  way  for 
cuUuie.  The  old  gods  could  no  longer  satisfy  ihe  l 
age,  unless,  at  any  rate,  they  unden%ent  marked  transfon 
tkms,  The  age  required  new  gods,  in  whom  national  tr 
were  secondary,  as  they  were  in  llfe  itself,  and  univei 
human  characleristics  were  s^ipreme.  It  was  particuli 
the  unique  worth  of  the  individual  human  personal 
without  regard  to  binh,  class,  and  occupation,   whi^ 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       497^ 

period  of  transition  from  the  national  to  the  humanistic  ideal 
empbasized.  Hence  the  obstacles  which  the  surrounding  ^workt 
placed  in  the  way  of  personal  endeavour  were  ineiritably 
feit  the  nx>re  deeply  in  proportion  as  the  values  of  the 
narrower  Community  life  disappeared.  A  change  in  mood 
took  place  within  the  consciousness  of  the  age,  as  it  so  often 
does  within  that  of  the  individual,  and  this  change  was  en* 
hanced  by  the  contrast  of  emotions.  The  world  lost  the  values 
which  it  had  thus  far  held,  and  became  a  place  of  evil  and 
suffering.  In  contrast  with  it,  there  loomed  up  a  yonder  world 
in  which  the  desired  ideals  were  beUeved  to  meet  fulfilment. 
This  mood,  of  course,  did  not  continue  permanently.  World 
religion  was  of  inner  necessity  forced  to  adapt  itself  to  the 
earthly  life  in  proportion  as  State  and  society  again  acquired 
a  more  fixed  Organization.  But,  just  as  the  strata  of  the 
earth's  crust  retain  the  effects  of  a  geological  catastropbe 
long  af ter  it  has  passed,  so  spiritual  life  continues  to  exhibit 
the  influence  of  upheavals  that  have  occurred  in  the  transi« 
tions  from  age  to  age,  even  though  the  spiritual  values  tbem« 
selves  have  undergone  many  changes.  In  this  respect,  world 
religion  manifests  a  conserving  power  greater  than  that  of 
any  other  product  of  mental  life. 

There  are  only  two  world  religions,  in  the  strictest  sense 
of  the  term,  Buddhism  and  Christianity.  Confucianism, 
which  might  perhaps  be  included  so  far  as  the  number  of 
its  adherents  is  ooncemed,  is  a  System  of  ethical  teachings 
rather  than  a  religion.  Hence,  when  we  take  into  account 
the  vast  number  of  Chinese  peoples,  Confucianism  will  be 
found  to  embody  a*  great  nimiber  of  different  religiout 
developments,  the  most  important  of  which  are  the  ancient 
ancestor  cult  and  Buddhism,  the  latter  of  which  penetrated 
into  China  from  elsewhere.  The  faith  of  Islam  is  a  com- 
bination  of  Jewish  and  Christian  ideas  with  ancient  Arabian 
and  Turanian  traditions.  As  such,  it  has  brilliantly  fuUilled 
the  mission  of  bringing  a  cultural  religion  to  barbarian  er 
semi-barbarian  peoples,  but  it  cannot  be  credited  with 
being  an  original  religious  creation.  Judaism  finally  formed 
a  supremely  important  element  of  Christianity,  <me  whose 

33 


498        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGV: 


1 

ces 

1 


influence   mmld    appew    to   have    beea    absolutely 
pensable.     lo  ttself»  however«  it  is  not  a  world  reii^ioi]^ 
is   one    of    those    vanquished    cults    which    st  ruf  gl 
supremacy  in   the  pre^^Coastanliiiian  period  of  ibe 
U'orld  empire* 

But  whae^  let  us  ask,  were  the  powerful  farces 
gav«  tbese  two  great  viforld  religiona  thetr  supf 
Surely  it  was  not  merely  their  inner  superiority,  thot 
be  in  Qo  way  dbputed.  Nor  was  it  simply  propitii 
ternal  drciimstaiices,  such,  for  exampkp  as  the  fact 
Constantine  inade  Christianity  the  State  religion.  De 
Jcss  rhere  ^'cre  a  great  number  of  co^peratingr 
foremost  among  them  beiog  tfae  desire  for  a 
humanisttc  religion»  independent  of  nationality  or 
Position  in  lifc*  And  yet  this  abo  could  not  have 
decisive  significance — precisely  such  a  longing  was 
less  characterbtic  of  all  the  religious  tendencies 
transitional  period.  Moreover,  this  leaves  unexpU 
peculiarities  of  each  of  the  two  great  TiiT>rld  religions. 
are  in  complete  accord  as  regards  their  universal^  hi 
tendency,  but  are  just  as  different  in  content  as  i 
Buddhtstic  pagoda  from  a  Gothic  cathedral.  As  a  hk 
of  fact,  these  world  reUgions  are  also  cultural  rel 
Back  of  each  of  them  is  a  rieh  culture,  with  characti 
peculiar  to  itself,  even  though  its  basal  Clements  are 
sally  human.  Hence  it  is  that  thcsc  two  world  religions 
not  merely  expressions  of  a  striving  for  a  imiversally  \ 
religious  and  moral  ideale  in  tlie  sense  in  which  such  a  sfl 
IS  common  to  mankind  as  a  whole  ;  it  should  rather  hm* 
pbastzed  that  they  reflect  the  essentially  differcnt  fonns  w 
this  striving  has  assumed  within  humanity,  Buddhisii 
Its  fundamental  views,  represents  the  highest  expressioi 
which  the  religious  feeling  of  the  Orient  has  attained,  n 
Christianity,  as  a  result  of  the  conditions  which  deteim 
its  spread,  has  become  the  embodiment  of  ibe  refl 
though t  of  Ibe  Occidental  world*  To  appreciate  thts 
WC  must  not  allow  ouj  minds  to  be  diverted  to  the  tan 
profusion  of  beliefs  in  magic  and  demons  which  Bi 


THE   DEVELOPMENT  TO    HUMANITY       49« 

exhibits,    nor   to   the  traditional   and,  in   part,    ambiguous 
sayings  o£  the  great  ascetic  himself .    If  we  would  discover 
the  parallels  between  Buddhism  and  Christianity,  vrt  must 
hold  ourselves  primarily  to  the  ideas  that  have  rcttaxaco. 
potent  within  the  religion  of  Buddha.  True,  the  worlds  whicÜ 
thesc  religions  disclose  to  our  view  differ,  yet  in  neither  cas« 
had  religious  feeling  up  to  that  time  received  so  exalted  a» 
expresston.    In  Buddhism,  as  in  original  Christianity,  human 
life  is  regarded  as  a  suflfering,  and  this  «nderlies  both  the 
irresistible  impulse  to  ascetidsm  and  repentance,  and  the 
hope  for  unclouded  bliss  in  the  future.     The  CWristian  of 
the  primitive  church  looks  forward  to  the  speedy  return  of 
Christ,  and  to  His  inauguration  of  an  eternal,  heavenly  king- 
dom.     In  contrast  with  this,  it  b  as  a  prolonged  migration 
through  animal  bodies,  alternating  wlth  rcbirth  in  human 
form,  that  the  Hindoo  thinker  conceives  that  great  process  of 
purification  by  means  of  which  sense  is  finally  to  be  entirely 
overcome  and  man  is  to  partake  of  an  undimmed  knowledge 
of  the  truth,  and,  with  this,  of  supreme  and  never-ending 
bliss.    This  is  the  true  Nirvana  of  Bxiddha.     Nirvana  does 
not  represent  the  nothingness  of  «ternal  oblivion,  but  an 
eternal  lest  of  the  soul  in  pure  lüaowledge,  a  peace  which 
puts  an  end  to  all  striving,  just    as    does  the  heaven  for 
which  the  Christian  hopes.    The  differcnce  between  Nirvana 
and  the  Christian  heaven  is  merely    that,  in  the  one  case, 
the  emphasis  falls  on  knowledge,  whereas,  in  the  other,  it  is 
placed  on  feeling.     This  distinction,   however,»  not  abso- 
lute. Buddha,  also,  preaches  love  of  onc's  neighbour-indeed, 
sympathy  with  every  suffering  creature  ;   and  the  ChHstian, 
as  well  as  the  Buddhist,   seeka    the    knowledge  of   God. 
Moreover,  ideas  of  purification   are    ncccssarüy  mvolved  j^ 
redemptivc  religions,  and  hence   are  to  be  found  in  Chris- 


tianity  no  less  than  in  the  world  ««Jy*°;  «'  Ü»e  0^1^^. 
though  in  a  diflferent  form.  The  Occidental  Chri^T^" 
swayed  by  his  prompter  emotions,  J'^^®""  «he  njost  vivid 
colours  the  agonies  of  the  damned  and  the  purificati^^^  ., 
the  sinners  in  need  of  redemption.  ^n«  Patient  and  p^' 
seeking  Oriental  «ntertains  the    conoepiion  of  «  p,^ 


5O0        ELEMENTS  OF.  FOLK  PSYCHOLOGY. 

suffcnng  that  leads  gradiuliy,  rhrough  tha  ligtit  of 
kdg^,  from  thc  dcbascment  of  animal  existence  to 
of  redemption. 

A  furthcr  feature  which  differentiates  tbese 
KÜgioas  developmenrs  is  tfacir  relation  to  the  cont 
philosophy  which  affected  them,  Buddbism  gtew 
phibsopby  and  theo  became  a  folk  religion.  In  its 
st  bMame  transformed  from  an  esoteric  into  an 
teaching,  continually  absorbing  older  ekmenrs  of  folk 
It5  ethical  basis  never  entirety  disappeared,  yet  it 
more  and  more  obscured  by  a  molittude  of  miracle-li 
and  magical  ideas.  Christianiry,  on  the  other  band, 
as  a  folk  religion  and,  in  so  far,  as  an  exotertc  leacU 
Bni»  in  enicring  into  the  sttife  of  religions  and  into 
oontrovarsies  of  the  thoufht-systcms  of  the  Helleni! 
Roman  perk>d,  Christianity  passed  under  ihe  control 
phtlosophy.  Predscly  becanse  it  lay  outside  the  re. 
phikisophy,  it  was  subjected  to  the  influence 
various  schoob^  thougli  it  wbs  most  decisively 
by  Platonism  and  Stoicism*  loasmuch  as  philosoph 
had  its  settiDg*  in  a  superstitious  age,  it  was  the  !e 
10  puxify  ChristtaDtty  from  the  belief  in  demons,  mirac 
and  magk  which  the  latter,  as  a  folk  religion,  embodied  fi 
the  vtry  outset.  Nevertlieless,  philosophical  thought 
mented  the  real  meaning  of  religious  Statements  w 
tdealized  interpreiation.  This  gave  birth  to  dogma» 
consisted  of  a  peculiar  combination  of  esoteric  and  e 
Clements,  and  for  this  very  reason  assumed  a  mystical  cl 
ler,  Hence  it  is  that  Buddhlsmj  which  sprang  from 
sophy,  never  possessed  any  real  dogmas  in  the  sense  o 
ing  norms  of  faith,  whereas  Christianity,  which  origina 
a  folk  religion  p  feil  a  prey  in  its  dogmatization  to  a  theqli 
which  prcscribed  the  content  of  belief* 

These  two  world  religions,  which  dominate  the 
centres  of  Spiritual  culture,  da  not,  surely,  OT^*e  their 
macy  over  other  religious  cults  to  the  extemal  conditi 
of  their  origin,  Indeed,  these  conditions  differ  in  the  ^ 
cases.      To    account    for    the    pre-eminence    of    the    i 


i 

e^l 

i 

laÄI 
eok 

I 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       501 

religions  we  must  look  to  the  religious  and  moral 
nucleus  which  they  possess  in  the  sayings  and  teachings 
as  well,  also,  as  in  the  ideal  lives  of  their  founders.  In 
spite  of  all  differences,  there  is  a  similarity  of  charactcr 
between  the  prince  who  wandered  about  as  a  beggar,  preach- 
ing  to  the  peoples  the  salvation  which  pure  knowledge  brings 
to  him  who  renounces  all  extemal  goods  of  life,  and  the  man 
of  the  common  people  who  pronounced  blessings  on  the  poor 
and  the  suffering  because  they  are  prepared  above  others  to 
find  the  way  to  heaven.  Another  remarkable  coincidence  is 
the  fact  that  the  religious  communities  which  they  inspired 
sought  to  deprive  them  of  the  very  characteristic  which  opens 
human  hearts  to  them  ;  they  were  real  persons  who  lived 
and  to  whose  deeds  and  suflfering^  their  contemporaries  bore 
testimony.  What,  as  compared  with  them,  are  the  redeeming 
gods  in  the  pantheon  of  the  various  nations— Dionysos, 
Mithra,  Osiris,  or  even  Serapis,  whose  worship  was  estab- 
lished  by  the  Ptolemies  tmder  the  driving  power  of 
ideas  of  extensive  political  authority?  The  need  of  a  living 
god  whose  existence  was  historically  attested  led  irresistibly 
to  the  elevation  of  the  man  into  a  god.  Thus,  though 
in  an  entirely  different  world-setting  and  with  a  completely 
changed  hero-personality,  the  process  through  which  deities 
were  created  at  the  beginning  of  the  heroic  age  was  re- 
peated.  At  this  later  period,  however,  it  was  not  the 
universal  type  of  idealized  manhood  that  was  regarded 
as  the  incamate  deity,  but  a  single  ideal  personality. 
This  purely  human  deity  was  no  longer  boimd  by 
national  ties ;  he  was  not  a  guardian  of  the  State 
and  ä  helper  in  strife  with  other  peoples,  but  a  god  of 
mankind.  For  every  individual  he  was  both  an  ideai 
and  a  helper,  a  saviour  from  the  imperfections  and  limita- 
tions  of  earthly  life.  With  this  process  of  deification,  the 
religions  whose  central  object  of  cult  was  the  suffering 
individual  who  secures  for  himself  and  for  mankind  redemp* 
tion  from  suffering,  opened  their  doors  also  to  the  gods 
and  demons  of  earlier  ages.  Thus,  there  penetrated  u 
Buddhism  the  Hindoo  pantheon,  together  with  the  be^ 


503        ELEMENTS  OF   FOLK   PSYCHOLOGY 


in  magic  and  ^pirits  whtcb  were  enteriained  bjj 
peoples  converted  co  Buddhism*  Tbe  Christian  Churc 
not  finaily  supersede  thc  earlier  heathen  folk  beliei 
it  had  assimilatcd  the  latter  in  the  concepttons  of  d^ 
and  thc  devil,  in  the  oilt  of  saints»  and  in  the 
of  relics,  tbe  last-meniioned  ol  whicb  also  constil 
tmportant  element  oE  Buddhism. 

In  the  case  of  Chrisiianity,  there  was  $tiU  anoihcF' 
which  prepared  the  soil  tot  thc  new  reJigion,  This 
wai  due  eitber  to  a  direct  transference  or»  as  is  probal 
60  f ar  as  the  tnain  outline  of  the  history  af  the  passi 
are  ooncernedj  to  the  real  similarity  of  this  evcnt  with  i 
legends,  prcvalent  in  all  parts  of  the  eanh,  of  the  death  3 
resurrection  of  a  deity.  Such  legends  everywhere  grew 
oüt  of  Vegetation  cults,  whicli  date  back  to  tbe  beginnings 
agriculture.  The  hopes  centred  about  a  world  beyond  caiü 
the  cults  based  on  these  ideas  to  incorporate  the  sout 
Tbe  latter  then  displaced  the  original  motives  of  veg< 
cults.  In  this  way,  higher  fonms  of  soul  cult 
developed,  as  exemplified  by  the  ancient  mysteriesj 
by  the  related  secret  ciihs  of  oiber  peoples.  The 
$ive  alm  now  came  to  be  tbe  attainment  of  sah 
from  the  earthly  into  a  heavenly  world.  It  was  thc 
thac  this  goal  would  be  the  more  certain  of  attai 
Bicnt  if,  yielding  to  the  old  association  of  the  mystii 
and  secret  with  the  magical  and  miraculotis,  the  ein 
of  initiated  cxilt  companions  were  narrowly  limited. 
how  different  ts  ihe  form  which  this  very  ancient  h 
of  a  god  who  suffers^  dies,  and  rises  again  ass 
in  the  suffering  and  death  of  Christ  I  Jesus  was  aj 
person,  whose  death  on  the  cross  many  had  witnessed^ 
whose  resurrection  his  disciples  had  reported.  Moreoyj 
the  cult  of  this  crucified  Saviour  was  not  envelopeB 
a  veil  of  secrecy.  The  redeeming  god  did  not  wisK 
win  heaven  merely  for  a  few  who  had  gained  the  priv 
through  magical  ceremonies,  Tbe  Christian  heaven  was  _ 
to  all,  to  rieh  and  poor,  though  espÄially  to  the  poor,  w? 
were  to  receive  in  the  beyond  a  rieh  compensation  foi 


I 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       503 

good  things  denied  them  upon  earth.  It  is  but  natural 
that  this  new  cult^  with  its  vastly  deeper  and  more  vital 
significance^  and  with  the  strength  which  it  nevertheless 
continued  to  draw  from  the  old  traditional  legends,  won 
for  itself  the  allegiance  of  the  new  world  with  its  strivings 
for  a  greater  security  in  life  as  in  death.  Even  some 
of  the  Roman  soldiers,  Coming  from  their  Saturnalian 
or  Sacaean  festivals,  may,  perhaps,  have  feit  strangely 
moved  upon  seeing  re-enacted,  as  a  terrible  reality,  that 
which  in  their  country  was  a  playful  custom,  representing  a 
survival  of  a  once  serious  cult  and  ending  in  the  mimic 
death  of  the  camival  king.  It  was  obviously  in  recollection 
of  these  very  prevalent  festivals  that  the  coarser  members 
of  the  crowd  gave  to  him  who  was  crucified  the  name 
*•  King  of  the  Jews."  The  appellation  was  exactly  suited 
to  heighten  the  cont^ast  between  the  joyous  tumult  of  such 
mimic  cults  and  this  murderous  reality. 

The  above  scene  was  prophetic  of  the  entire  subsequent 
development  of  the  new  religion.  That  Christianity  became 
a  world  religion  was  not  due  merely  to  the  depth  and 
sublimity  of  its  spirit— these  were  hidden  under  a  cover  of 
mythological  elements,  from  which  Christianity  was  not  free 
any  more  than  were  other  religions.  Christianity  gained  its 
supremacy,  just  as  did  Buddhism,  in  its  own  way,  through  a 
capacity  to  assimilate  auxiliary  mythological  conceptions  to 
an  extent  scaxcely  equalled  by  any  of  the  previous  religions. 
The  very  fact  that  the  latter  were  national  religions  precluded 
them,  to  a  certain  extent,  from  incorporating  alien  ideas.  It 
was  not  only  mediaeval  Christianity  that  took  over  a  large 
part  of  the  earlier  belief  of  heathen  peoples.  Even  present- 
day  Christianity  might  doubtless  be  called  a  world  religion 
in  this  sense,  among  others,  that,  in  the  various  forms  of 
its  beliefs  and  professions,  it  includes  within  itself,  side  by 
side,  the  most  diverse  stages  of  religious  development,  from 
a  monotheism  free  from  all  mythological  Clements  down  to 
a  motley  coUection  of  polytheistic  beliefs,  including  survivals 
of  primitive  ideas  of  magic  and  demons. 

But  there  is  another  pbenomenon  in  which  the  spin' 


504        ELEMENTS  OF  FOLK   PSYCHOLOGY  j 

i 

Christianity  comes  to  cxpression  evcn  more  significantly  than 
in  its  capacity  to  adapt  itself  to  the  most  diverse  stages  of    \ 
religious  development.     Here^  again,  there  is  a  similarity   ^ 
between  Christianity  and  .the  other  great   world  religicm,  ;• 
Buddhism.     The  belief  of  Hindoo  antiquity  in  a  populos  ; 
heaven  of  god$  was  very  early  displaced^    in   the  priestly 
wisdom  of  India,  by  the  idea  of  "  the  etemal,  unchangeable " 
Brahma.     We  here  have  an  abstract  deity-idea  from  whidi  . 
every  trace  of  personality  has  disappeared.     It  was  under  the  ^ 
influence  of  this  priestly  philosophy  that  Buddha  grew  up^ 
and  his  esoteric  teaching,  therefore,  did  not  indude  a  belief   t 
in  a  personal  deity.     Meanwhile^  the  ancient  gods  had  am- 
tinued  to  maintain  their  place  in  populär  belief,  though  their 
original  character  was  obscured  by  rankly  flourishing  ideas 
of  magic  and  demons.     This  State  of  affairs  was  due  to 
the  fact  that  there  was  no  longer  a  supreme   deity  who 
could  give   to  mythology  a   religious  basis.      In   the  reli- 
gious   movement    which    began    with     Buddha,     however, 
the  latter   himself   came   to   be   a   supreme    deity   of  this 
sort,   the   old   nature   gods   and   magic   demons    becotning 
subservient  to  him.     The  god-idea  had  been  etherealized 
into  the  abstract  idea  of  a  superpersonal  being,  but  its  place 
was  taken  by  the  humian  individual  exalted  into   a  deity. 
Christianity  underwent   the   same   crucial   changes,    though 
in  a  different  manner.     In  the  philosophy  of  the  Greeks, 
the  personal  deity  of  populär  belief  had  been  displaced  by 
a  superpersonal  being.      Plato's  **  idea  of  thfe  good,"  the 
Aristotelian  Nous,  which,  as  pure  form,  holds  sway  beyond 
the  boundaries  of  the  world,  even  the  Stoic  Zeus   as  the 
repräsentative   of  the   teleological   character  of   the   world 
Order,  and,  finally,  the  gods  of  Epicurus,  conceived  as  in- 
definite forms  dwelling  in  nebulous  rejfions  and  unconcemed 
with  the  world— all  manifest  the  same  tendency  either  to 
elevate  the  personal  deities  of  the  heroic  age  into  super- 
personal beings,  or,  as  was  essentially  done  by  Epicurus, 
to  retransform  them  into  subpersonal,  demon-lik'e  beings. 
In  contrast  with  this  tendency,  Jesus,  as  the  representative 
of  a  religious  folk  belief,  holds  fast  to  the  god  of  ancient 


THE   DEVELOPMENT  TO    HUMANITY       505 

tradition,  as  developed  in  the  Jahve  religion  of  the  Israelit  es. 
Indeed,  it  is  in  the  conception  of  Jesus  that  this  god  receives 
his  deepest  and  most  personal  expression,  inasmuch  as  he 
is  conceived  as  a  god  of  love^  to  whom  man  Stands  in 
the  relation  of  son  to  fatber.  This  conception  of  thfe  rela- 
tion  of  God  to  man  Christianity  sought  to  retain.  But  history 
is  not  in  accord  with  this  traditional  view.  Cult  and  dogma 
alike  testify  that  in  this  case  also  the  deity  came  to  be  super- 
personal from  an  early  period  on.  To  cult,  which  is  always 
concemed  with  personal  gods^  Christ  became  the  supremB 
deity  ;  in  the  Catholic  Church,  there  came  to  be  also  a  large 
number  of  secondary  and  subsidiary  gods,  who  sometimes 
even  crowded  the  Christ  into  the  background,  as  is  exempli- 
fied  particularly  by  the  cult  of  the  Vii^in  Mary.  Dogma, 
on  its  part,  cannot  conceal  the  Tact  that  it  originäted  In 
philosophy,  which  is  destructive  of  personal  gods.  For 
dogma  ascribes  attributes  to  the  deity  that  are  irreconcilable 
with  the  concept  of  personality.  ^The  deity  is  represented 
as  etemal,  omnipotent,  all-good,  omnipresent— in  short,  as 
infinite  in  all  attributes  thät  are  held  to  express  liis  nature. 
The  conception  of  the  infinite,  however,  contradicts  that  of 
personality,  for  the  latter  demands  a  character  that  possesses 
sharply  defined  attributes.  However  comprehensive  our 
conception  of  personality  may  be,  limitation  is  necessarily 
implied  ;  the  concept  loses  its  meaning  when  associated  with 
the  limitless  and  the  infinite.  Even  though  dogma  may  con- 
tinue  to  maintain  that  belief  in  a  personal  God  is  funda- 
mental to  Christian  faith,  such  a  belief  is  nevertheless  self- 
contradictory  ;  the  union  of  the  ideas  *  personal '  and  *  god  * 
must  be  understood  as  ä  survival  within  the  era  of  world 
religions,  where  many  such  survivals  occur,  of  the  god- 
idea  developed  by  national  religions. 

The  truth  is  that  the  transformation  of  the  personal  god 
into  a  superpersonal  deity  is  probably  the  most  important 
mark  of  world  religion.  National  religion  displaced  the  sub- 
personal demon  in  favour  of  the  personal  god  ;  in  world 
religion,  the  personal  god  is  exalted  into  a  superpersonal 
deity.      At   thisr   point   tb^e   is  a  very  close  connectk 


5o6        ELEMENTS  OE  FOLK  PSYCHOLOGY 

betwecn  world  religioa  and  world  cukure.  As  the  idu 
that  the  universe  is  bounded  by  a  sphere  of  fized 
Stars  must  give  way  to  the  conception  of  the  infini- 
tude  of  the  universe,  so  also  does  world  culture  transoend 
the  limits  imposed  upon  it  by  the  preparatory  world  cmpiTe, 
whose  own  origin  was  the  State.  World  Culture,  as  we  have 
Seen,  coines  to  signify  a  cultural  unity  of  mankind,  such  as 
indudes  the  national  States.  Similarly,  world  religion  strives 
toward  the  idea  of  a  deity  who  is  superpersonal,  and  who, 
though  only  in  so  far  as  he  is  superpersonal,  transcends  the 
world  of  experience.  The  foimdations  of  this  concluding 
stage  in  the  develofHnent  of  religiioa  had  lon^^  been  laid  bj 
philosophy.  In  religion  itself,  the  culmination  was  actually 
attained  with  the  recedenoe  of  the  deity  in  cult ;  in  theology, 
it  came  with  the  ascription  to  the  deity  of  attributes  of 
absoluteness  and  infinitude,  even  though  the  deity-oonception 
did  not  clearly  emerge  from  a  mystic  incomprehensibility 
rendered  inevitable  by  the  combination  of  contradictoryideas. 
Though  the  transition  from  a  personal  god  to  a  super- 
personal  deity  is  the  decisive  characteristic  that  marks  a 
world  religion^  there  is  closely  connected  with  it  a  secood 
distinctive  feature.  In  Christianity,  indeed,  it  was  the  latter 
that  prepared  the  way  for  the  idea  of  the  non-personal 
character  of  God.  The  fact  to  which  I  refer  is  that,  in  addi- 
tion  to  the  non-personal  deity,  there  is  believed  to  be  a  per- 
sonal god  in  the  form  of  an  exalted  human  individual. 
Cult  continues  to  require  a  personal  being  to  whom  man  may 
come  with  his  needs  and  desires.  And  by  whom  could  his 
trouble  be  bitter  understood  than  by  a  deity  who  himself  lived 
and  suffered  as  a  man?  In  Buddhism,  therefore,  as  well  as  in 
Christianity,  the  god-man  became  the  personal  representative 
of  the  non-personal  deity,  not  as  the  result  of  any  extemal 
transference,  but  in  consequence  of  the  same  inner  need. 
The  god-man  is  a  representative  in  more  than  one  respect. 
Cult  honours  him  as  the  deity  who  dwelt  upon  earth  in  human 
form,  and  who  represents  tli^  godhead  ;  it  tums  to  him  also 
as  the  human  individual  who  represents  numldnd  before 
God.     Back  of  these  two  ideas  of  representativeness  that 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       507. 

dominate  belief  and  cult,  there  is  still  a  furdier,  though  an 
unrecognized,  need  for  a  representative.  The  religious  nature 
requires  that  there  shall  be  a  personal  god  as  the  representa- 
tive of  him  who  has  been  exalted  into  a  non-personal  deity 
and  has  become  inaccessible.  The  infinite  god  posited  by  the 
religious  intellect  is  unable  to  satisfy  the  religious  nature  that 
is  pressed  by  the  cares  and  sufferings  of  finitude.  Herewith 
the  way  is  opened  for  a  development  whose  course  is  deter- 
mined  by  the  changing  relations  into  which  the  two  aspects 
of  the  concept  '  god-man  '  enter  with  one  another.  On  the 
first  stage,  the  divine  aspect  of  the  god-man  overshadows 
the  human  character.  At  this  period,  it  might  appear  as 
though  World  religion  merely  substituted  a  new  god  for  the 
older  gods.  Though  the  superpersonal  deity  receives  recog- 
nition  in  dogma,  and  the  devdopment,  therefore,  marks  an 
important  religious  advance  over  the  age  of  gods,  the  cult  is 
directed  to  the  person  of  the  god-man.  Then  comes  a  second 
stage,  in  which  the  human  aspect  of  the  concept  *  god-man  * 
occupies  the  foreground.  The  god-man  becomes  an  ideal 
human  being  who  succours  man  in  the  afilictions  of  his  soul, 
but  who  does  so  not  so  much  by  his  divine  power  as  by  the 
example  of  himian  perfection  which  he  represents.  At  the 
third  stage,  the  god-man  finally  comes  to  be  regarded  as  in 
every  respect  a  man.  It  is  recognized  that,  through  the 
religious  movement  which  bears  his  name,  he  indeed  pre- 
pared  the  way  for  the  idea  that  the  deity  is  a  non-personal 
source  of  being,  exalted  above  all  that  is  transitory.  Never- 
theless,  the  god-man  is  conceived  as  an  ideal  man  only  in 
the  sense  in  which  one  may  speak  of  any  ideal  as  actual. 
Hence,  the  world  religion  derives  its  name  from  him  not  so 
much  because  of  what  he  himself  was  as  because  of  that 
which  he  created.  From  this  point  of  view,  it  is  eventually 
immaterial  even  whether  or  not  Jesus  or  Buddha  ever  lived. 
The  question  becomes  one  of  historical  fact,  not  one  of  reli-  1 
gious  necessity.  Jesus  and  Buddha  live  on  in  their  religious 
creations.  That  these  creations,  to  say  notl^kig  of  aoy  other 
proofs,  point  back  to  powerful  religious  personalities,  the 
unbiased  will  r^ard  as  certain,  though  fiom  this  third  f 
of  view  the  question  is  of  subordinate  importance. 


So8        ELEMENTS  OF   FOIX    PSYCHOLOCl 

A  World  reiigion  may  lay  claim  to  being  such  noTfl 
wi  account  of  iis  widc  acccprance,    but  also  becausc 
.-     it>*  to  iocorporate  thc  Clements  of  other  religk 
a  «imlar  matmer,  and  morc  i>articularly,  a  world 
ooe  that  indodes  withiii  tiself   Clements    represeni 
stagtt  of  \ts  own  dei^lopnieDt.     Historically  eonside^ 
gious  elements  aie  jmtaposed  in  sucli   a  maniier 
religious  life  of  thc  past  b  mirrored  in  the  presenr. 
tbe  religioQ  can  at  no  time  emancipate  itself  f rom  its  tij 
developineat«     tt  is  just  as  impossible  to  retum  to 
giotts  QOtiotis  of  earlier  times  as  tt  is  to  transforni 
into  thc  contemporaries  of  Charlemagne  or  even  of  F^ 
thc  Grcat.    Thc  past  oever  returas,     Nevertheless,  ic| 
^•crsally  charaeteratic  of  menra!  development,   parc 
mithin  thc  sphcrc  of  reiigion,  that   thc  new  not  only* 
ttfiuc^  to  be  affected  by  thc  old,  but  that  tbe  more  ad|d 
stagcs  of  culture  actually  embody  tnany  elements  fl 
past.     That  thcsc  be  pennt tted  to  exist  side  by  side 
higher  conceptions,  and  that  there  be  no  limiting'  exte 
harrtcrs  in  etther  direction,  is  all  the  more   demanded 
World  reiigion  tnasmuch  as  the  independence  of  State 
Society»  which  its  very  nature  impUes,  presupposes,  if 
aU,  the  freedom  of  personal  bclief. 

Inasmuch  as  tt  possesses  a  unii^ersal  human:  signif 
reiigion  cannot  cscape  thc  change  to  which  ever 
human  is  subject,  This  appears  most  strücingly 
undcniable  facl  that  the  fundamental  idea  of  tbe  nvc 
World  religions,  Buddhisra  and  Christianily,  has  in^ 
cases  changed.  I  refer  to  ihe  idea  of  salvüUan, 
not,  of  course,  mean  to  deny  that  an  individual  nmy 
permanent ty  or  temporarily  retum  to  the  reltgious  idea^ 
thc  pist  uith  a  fervour  which  again  reinstates  in  ] 
impulses  that  have  long  since  disappeared.  Nevertifl 
ihc  prescnt-day  idea  of  salvation  is  no  longer  identicaW 
that  whtch  animated  the  primitive  Christtan  Cburch 
it  looked  forward  to  the  return  of  its  Saviour,  Chris 
is  a  reiigion  of  humanity.  Precisely  for  this  reason, 
erery  age«  took  up  into  itself  tbe  feelings  and  aspirati 


y  ai 


n,  tt 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       509 

representing  the  ideal  spiritiial  forces  of  that  age.  All  that 
was  permanent  in  the  midst  of  this  change  was  really  the 
religious  Impulse  as  such^  the  feeling  that  the  workl  of  sense 
belongs  to  an  ideal  supersensuous  order— a  feeling  for  which 
World  religion  seeks  extemal  corroboration  in  the  devetop- 
ment  of  religion  itself  •  In  distinction  f rom  national  religions^ 
which  sprang  from  an  infinitely  large  number  of  sources, 
a  World  religion  requires  a  personal  foimder.  To  this 
Personality  is  due  also  the  direction  of  the  further  develop- 
ment  of  the  religion.  Thus,  the  final  and  most  important 
characteristic  of  world  religion  is  the  fact  that  it  is  pre- 
eminently  an  historical  religion.  It  is  historical  both  in 
that  it  has  an  historical  origin,  and  in  that  it  is  constantly 
subject  to  the  fluz  of  historical  development. 

5.  World  History. 

The  meaning  attached  to  the  term  '  world  history  * 
clearly  shows  how  firmly  rooted  is  the  anthropocentric  view 
of  the  world  in  connection  with  those  matters  that  are  of 
deepest  concem  to  man.  World  history  is  regarded  as  the 
history  of  mankind— indeed,  in  a  still  narrower  sense,  as, 
in  the  last  analysis,  the  mental  history  of  mankind.  If 
facts  of  any  other  sort  are  taken  into  account,  this 
is  not  because  they  are  an  essential  part  of  the  subject- 
matter,  but  because  they  represent  extemal  conditions 
of  historical  events.  The  justifiability  of  this  point  of 
view  may  scarcely  be  disputed.  If  the  purpose  of  all 
historical  knowledge  is  to  understand  the  present  con- 
dition  of  mankind  in  the  light  of  its  past,  and,  in  so  faf 
as  we  also  attribute  to  this  khowledge  a  practical  value,  to 
indicate  the  probable  course  of  the  future,  then  the  history 
of  mind  is  the  immiediate  source  of  historical  knowledge/'  If 
this  be  true,  it  foUows  that  the  essential  content  of  history 
consists  in  those  events  which  spring  from  the  psychical 
motives  of  human  conduct.  Moreover,  it  is  the  nexus  and 
change  of  motives  underlying  such  conduct  that  lends  to 
events  the  inner  continuity  which  is  universally  demand"^ 
of  history. 


0f  nofi.    For 
off  che  tsatb^  oi  tbe  »br 

€tc*     Nov,    witli    dits 
idea   m  miod^  we  caimoc  fmä  10 
ttel   still    pre^?ail   amcm^ 
at    ooe    time    pf 
tliai,    wfaile  ibejr  ivoiild  not 
its  moTt  restricted  ajod  familiär 
Mfiftiderarioii  tf  the  teiro  were  lafceii 
iog^*      From   tbc   lattcr  point   of  viewj! 
primitive  people  of  nanire  ts  no  less  a 
than  it  thc  political  and  cultural  conditi 
Europc*      But    there    it   neverthelest 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       511 

betweai  the  two  cases.  The  historically  trained  European 
understands,  to  a  fairly  great  extent,  the  exteraal  circum- 
stances  that  have  led  to  präsent  conditions.  He  is  conscious 
not  merely  of  the  present  but  also  of  its  preceding  history, 
and  he  therefore  looks  forward  to  the  future  with  the  expecta- 
tion  of  further  historical  changes.  The  man  of  nature  kbows 
only  the  present.  Of  the  past  be  possesses  merely  frag- 
mentary  elennents,  legendary  in  character,  and  much  altered 
by  the  embellishments  of  a  myth-creating  Imagination  ;  his 
Provision  for  the  future  scarcely  extends  beyond  the  Coming 
day.  Hence,  we  should  scarcely  be  justified  in  imqualißedly 
caUing  peoples  of  nature  *  peoples  without  a  hbtory/  In  the 
broader  sense  of  the  textn,  they  have  a  history,  as  well  as 
faave  the  solar  System,  the  eartb,  the  animal,  and  the  plant. 
But  they  lack  a  history  in  the  narrow^er  sense,  according  to 
which  historical  scienoe  includes  among  '  historical '  peoples 
only  such  as  have  had  sonie  special  significance  in  the  de- 
velopment  of  mental  culture.  That  even  this  Hmitation  is 
variable  and  uncertain  need  scarcely  be  mentioned.  The  past 
sfaows  US  many  instances  in  which  hordes  that  were  previously 
unküown,  and  were  thus,  in  the  ordinary  meaning  of  the 
term,  peoples  without  a  history,  ^suddenly  stepped  into  the 
arena  of  the  cultured  world  and  its  history.  The  colonial 
history  of  the  present,  moreover^  shows  that  the  charac* 
teristics  and  the  past  development  of  races  occupying  regions 
of  the  earth  newiy  opened  to  cultural  peoples,  have  not  been, 
and  are  not,  without  influence  upon  the  oourse  of  history. 
It  should  also  be  remembered  that  between  an  historical 
tradition  compr^hending  the  entire  cultural  world  and 
recoUection  limited  to  the  im^ediate  past,  there  are  a  great 
number  of  intermediate  stages.  These  stages  are  dependent 
primarily  upon  the  forms  of  social  Organization,  though  also 
upon  other  cultural  factors.  Peoples  that  have  failed  to 
advance  beyond  a  tribal  Organization  miay  frequently  have 
traversed  wide  regions  of  the  earth  and  yet  have  preserved 
at  most  certain  legendary  elements  of  thk  history  of  theaa 
migrations,  although  retaining  myths,  cults,  and  customs 
indefinitely.     On  the  other  band,  wfaerevtr  a  national 


512        ELEMENTS  OF.  FOLK   PSYCHOLOGY 

has  arxsen»  there  has  developed  also  a  national  traditic», 
intenxüngled  with  which,  of  course»  there  have  long  coih 
tinued  to  be  mythological  and  I^endary  elements.  Btt 
the  tradition,  eren  in  this  case»  relates  exciusively  to  the 
particular  people  who  entertain  it.  Strängte  races  are 
as  yet  touched  upon  only  in  so  £ar  as  tbey  have  directly  | 
affected  the  interests  of  those  who  preserve  the  tradition. 
Indeed,  such  races  continue  to  have  but  an  Snconspicuous 
place  in  tradition  until  the  establishment  of  world  empiies 
and  of  the  partly  anticipatory  colonial  and  trade  inter* 
relation  of  peoples.  Hence  it  is  not  until  the  rise 
of  World  empires  that  we  find  the  transition  to  world 
history  in  the  sense  in  which  the  tenn  is  most  com« 
monly  employed  to-day.  In  so  far  as  world  history.  in- 
volves  a  transcendence  of  the  history  of  a  Single  people 
but  nevertheless  a  limitatioh  to  the  circle  of  cultmal 
peoples  who  arie  more  or  less  generally  interrelated,  it  is 
a  direct  product  of  world  culture.  Such  a  history  includes 
all  peoples  who  participate  in  world  culture  and  exdudes 
all  those  who  have  no  share  in  it. 

Considered  from  a  psychological  point  of  view,  the 
different  meanings  of  the  concept  *  history, '  in  its  relation 
to  the  various  stages  of  mental  culture,  clearly  show  a 
fluctuation  between  twa  ideas  which,  though  opposite, 
nevertheless  mutually  imply  each  other.  On  the  one 
hand,  there  is  the  purely  objective  conception  of  history. 
History,  in  this  case,  is  regarded  as  a  course  of  events 
of  such  a  nature  that  the  specific  occurrences  may 
be  brought  by  an  extemal  observer  into  an  orderly 
sequence  of  conditions  and  results.  On  the  other  hand, 
history  has  been  conceived  as  a  course  of  events,  which 
not  only  exhibits  an  orderly  sequence  from  an  objective 
point  of  view,  but  which  is  also  subjeciively  experienced 
as  a  nexus  by  the  individuals  concemed.  In  the  one  case, 
history  is  a  reconstruction,  on  the  basis  of  extemal  observa- 
tion,  of  the  inner  connection  of  phenomena  ;  in  the  other,  it 
is  the  conscious  experience  of  the  latter  connection.  Man- 
kind  exemplifies  all  possible  transitional  stages  between  these 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       513 

two  extremes— history  as  merely  objectiveiy  given,  and  as 
experienced  both  objectiveiy.  and  subjectively.  Indeed»  it 
is  even  tnie  to  say  that,  as  a  matter  of  fact,  none  but  such 
transitional  stages  actually  occur.  Even  the  horizon  of 
primitive  man  includes  a  narrow  circle  of  consciously  experi* 
enced  history.  On  the  other  hand,  man  is  ever  far  from 
attaining  to  a  self-conscious  grasp  of  his  own  history  in 
its  entirety.  Thus,  that  which  is  in  a  high  degree  charac« 
teristic  of  world  religion  is  true  also  of  workl  history. 
Wathin  the  conscious  horizon  of  each  individual  very  different 
levels  of  historical  consciousness  are  represented,  even  in 
the  case  of  the  culturaL  peoples  ivho  participate  more  or 
less  actively  in  the  course  of  world  history.  Here,  as  in 
World  religion,  we  find  that  what  was  developed  in  a 
sequence  during  the  course  of  ages  continues  to  remain,  at 
any  rate  roughly  speaking,  in  juxtaposition.  Moreover,  even 
apart  from  this,  we  never  survey  nibre  than  a  segment  of  the 
entire  nexus  of  historical  factors.  One  of  the  most  im- 
portant  taskfs  of  the  historian  consists  in  tracing  the  chlain 
of  events  back  to  motives  which  are,  in  part,  inaccessibl^ 
to  superficial  Observation,  and,  in  part,  indeed,  remain  of  a 
problematical  nature  even  when  we  believe  that,  through 
inference,  we  have  gained  an  approximately  true  conception 
of  them.  Nevertheless,  it  is  not  necessary  that  immediate 
knowledge  be  compkte  m  order  that  there  may  be  a  con- 
sciously experienced  nexus  of  events  such  as  is  demanded 
for  the  content  of  history  proper.  It  b  merely  necessary  that 
some  interconnection  be  actually  experienced  and  that  its 
relations  be  directly  apprehended.  This  knowledge,  more- 
over,  must  possess  siÜKcient  power  to  influence  decisively 
the  actual  course  of  events. 

.  This  narrower  conception  of  history  brings  historical 
events  into  relation  with  the  human  wiU.  The  will  is  really 
a  phase  of  conscious  experience.  It  is  necessary,  however, 
to  Single  it  out  for  special  discussion^  hecause  <rf  the  fact 
that  populär  opinion  either  regards  it  as  the  exchisive  factor 
in  history  or  eise  stresses  it  9Q  one-sidedly  tfiat  the  causal 
viewj  required  in  princii^e  even  for  individual  i 

34 


514        ELEMENTS  ÖE  E.OLK  PSYCHOLOGYj 

ness,  threatens  to  vanish  eatirely  froxn  the  conception  of 
historical  life.  Naturally,  the  wiU  does  not  become  an  i 
influence  definitely  affecting  the  course  of  events  until  indi-  { 
riduals  have  become  consciously  aware  of  the  interconnected-  f 
ness  of  historical  life.  MQienever,  therefore,  an  exaggerated  : 
importance  is  attached  to  the  functlon  of  volition,  the  con-  I 
scious  intervention  of  individual  personalities  in  the  course  \ 
of  events  readily  comes  to  appear  as  the  decisive  feature  ; 
that  distinguishes  the  historical  from  the  prehistorical  stages 
of  human  development.  But  this  is  erroneoiis  in  both  hs 
implications.  Even  the  life  of  primitive  peoples  of  nature 
is  not  entirely  unaffected  by  individual  personalities,  whose 
influence  may  be  more  or  less  permanently  operative  even 
after  thqy  themselves  have  been  forgotten.  On  the  other 
band,  the  will  acts  of  individuals  constitute  but  one 
factor  among  the  many  which  determine  historical  üife. 
Moreover,  inasmuch  as  every  particular  vojjtion  is  condi- 
tioned  by  motives  inherent  in  the  general  Constitution  of 
individual  consciousness,  it  is  subject  to  the  same  psychical 
causality  that  dominates  human  consciousness  in  general. 
The  criterion  for  differentiating  historic  from  prehistoric 
existence,  therefore,  is  not  the  influ«ice  of  a  personal  will 
upon  the  life  of  the  group,  but  rather  the  fact  that  the  con- 
scious  experience  of  historical  continuity  includes  a  recog- 
nition  of  the  efTect  of  individual  personalities  upon  the 
destinies  of  peoples.  The  advance  to  such  an  insight  is 
inaugurated  by  world  empires,  in  which  the  vicissitudes  of 
peoples  first  begin  to  form  a  unified  history ;  it  reaches  its 
completion  in  world  culture,  which  creates  a  common  mental 
faeritage  for  mankind,  and  thus  engenders  the  consciousness 
of  a  universal  Community. 

Of  the  various  Clements  of  world  culture  that  give  impetus 
to  this  development,  the  world  religions  occupy  the  foremost 
place.  In  extent  and  permanence  they  surpass  not  only  the 
world  cmpires  but  also  all  other  forms  of  material  and 
Spiritual  interchange  between  peoples.  However  much  the 
traditions  associated  with  world  religions  may  be  interwoven 
with  mythological  and  legendary  Clements,  they  neverthelcss 


THE    DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       515 

constitute  a  bond  whose  primary  effect  is  to  arouse  amiong 
peoples  who  may  otherwise  be  widely  different  in  culture 
and   history,   the   idea   of  a  universal   human  Community. 
iThe  peoples  of  Eastern  Asia^  for  example,  though  exhiibiting 
marked  political  differences^  were  united  by  Buddhism  into 
a  conununity  of  religious  thought^  in  whicb  they  became 
conscious  that^  in  spite  of  däfferences  of  race  and  of  history^ 
they  possessed  a  similar  religious  and  ethical  temper.     If 
we  compare  the  Brahmanic  doctrines  with  the  sayings  of 
such   teachers  as   Confucius  and   Lao-tsze,  we  are   Struck 
particularly  by  the  similarity  of  ethical  trend  as  well  as 
by  the  divergence  df  this  trend  from  that  of  Occidental 
thought.     In  its  idea  of  a  conununity  of  faith,  Islan^sm 
likewise  brought  the   consciousness  of  unity  to  niunerous 
peoples  of  barbaric  culture— to  a  mort  limited  extent  than 
Buddhism,  it  is  true,  but  for  this  reason  all  the  more  force- 
fuUy.     Of  Christianity,  it  is  even  more  true  that,  from  the 
very  beginning,  it  took  as  its  guiding  principle  the  belief 
that  in  the  eyes  of  God  there  is  no  distinction  either  of 
race  or  of  class  and  occupation.     Hence  it  has  regarded 
missionary  activity  amöng  heathen  peojrfes  as  a  task  whose 
purpose  it  is  finally  to  unite  the  whole  of  mankind  beneath 
the  cross  of  Christ.      Thus,  world  religion  destroyed  the 
barriers  «rected  by  the  preceding  national  religions,  and 
took  as  its  aim  the  unification  of  men  and  races  into  an  all- 
embracing  conununity.    To  the  adherent  of  a  national  reli- 
gion,  the  race  that  believed  in  a  different  god  was  stränge 
and  hostile  ;  both  characteristics^  strangeness  and  hostility, 
were  included  by  the  Greek  in  the  term  *  barbarian.*    The 
Christian  speaks  of  heathen  who  have  not  as  yet  bieheld 
the  light  of  pure  truth,  but  for  him  there  are  no  barbarians. 
The  god  to  whom  the  Ch'ristian  prays  likewise  rules  the 
heathen   world,   and    to   the   heathen,   also,   the  gospel   is 
preached.     True,  we  find  a  recurring  limitation  in  that  it  is 
only  the  Christian  who  is  ä  brother  to  Christians.    Never- 
theless,  it  is  prophesied  of  the  heathen  that  they  will  at 
one  time  be  received  into  the  brotherhdod  of  the  disdples 
of  Christ.     At  the  end  of  time^  there  is  10  be  but  one 


^1        THE   DEVELOPMENT   TO    HURTANITYi      ?5i7, 

constitutions  had  concerned  men  from  the  tiait  of  th« 
I  jfly  Sophists  on.  Particularly  during  the  Hellenistic  period 
^^?d  at  the  time  of  the  Renaissance,  such  inquiries  were 
„  focal  interest^  as  a  resiilt  of  the  jgreat  political  changes 
at  were  then  taking  place.  Yet,  whenever  the  underlying 
..WS  of  such  changes  were  sought,  it  was  the  Single  State 
\at  formed  the  basis  of  investigation  ;  by  comparing  its 
^"jcissitudes  with  those  of  other  States,  the  ättempt  was 
''^lade  to  arrive  at  a  general  law  along  some  such 
^"iiie  as  the  Aristotelian  Classification  of  States  into 
■^nonarchies,  aristocracies,  democracies,  etc.  There  was 
'*iardly  ever  a  Suggestion  that  the  historical  sequence  of 
*zivilizations  and  of  States  was  a  connected  process  intelli- 
^^ible  m  causal  or  teleological  terms.  Religion  alone  was 
*^conceived  as  a  phenomenon  which  was,  on  tlie  one 
"^hand,  independent  of  the  Umits  of  ä  single  people,  and 
■■'yet,  on  the  other,  subject,  in  its  development,  to  law. 
"^^The  idea  that  Christ ianity  was  destined  to  be  ä  world 
^religion,  together  with  the  fact  that  it  had  originated  his- 
^  torically  and  faad  spread  widely,  did  not  admit  of  any  other 
Interpretation.     Within  this  Christian  circle  of  ideas,  more- 

*  ever,    the  historical   development   and   growth   of  religion 

*  were,  quite  naturally,  brought  into  connection  with  the 
'  world  beyond,  in  which  the  development  was  thought  to 
f  await  its  completion.  The  religious  philosophy  of  history 
'  thus  terminated  in  £  prophecy  whose  culmination  was 
^  the  final  triumph  of  Christianity.  The  Age  of  Enlighten- 
^  ment,  after  effecting  a  unification  of  Christianity  with  the 
'  religion  of  reason^  again  made  the  world  of  historical 
'     experience  the  scene  of  triumph.     This  triumph'  was  held 

to  consist  in  the  ultimate  developmeht  of  Christianity  into 
a  religion  of  reason— a  conception  in  which  the  idea  of  the 
destiny  of  Christianity  to  become  a  world  religion  undergoes 
a  philosophical  transformation  which  recurs  even  in  the 
writings  of  Kant. 

Apart  from  this  transfonnation,  whfch'  was  only  partially 
oomplete  even  in  the  Age  of  Enligbtenment,  the  idea  of 
religious  development  that  gttw  up  in  connection  with 


e{Q^r  THE   DEVELOPMENT   TO'   HUMANITY       519 

long  with  the  natural  light,  as  much  or  as  little  of  the 

-.^ipcmatural  thought  of  an  earlier  period  as  he  might  deem 

/ise.     This  auxiliary  concept  was  that  of  education-^3,  ccmi- 

"jeption  that  would  readily  suggest  itself  to  an  age  vitally 

™fntcrested    in    pedagogical    questions.     The    thought    here 

**nvolved  represents  merely  a  special  application  to  this  par- 

■^^icular  instante  of  the  idea  that  the  world  is  govemed  by  a 

"'personal  deity.    Thus  it  cäme  about  that,  from  the  time  of 

'^Lbcke  and  Leibniz  down  to  that  of  Lessing  and  Herder,  the 

''P^favourite  conception  of  history  wais  that  of  an  education  of 

^'mankind.    But  it  is  sigtiificant  that  the  very  work  whose  title 

'-^'incorporates  this  idea,  Lessing's  Education  of  the  Human 

^'Race,  really  ends  by  displacing  it.     True,  as  a  result  of 

^  Biblical  tradition,  the  idea  of  education  is  here  brought  into 

*  cüonnection  with  the  thought  that  the  Jewish  race  is  the 

f'  chosen  people  of  God,     Freed  from  this  connection,  how- 

--  ever,  and  applied  to  mankind  in  general,  the  ideai  of  educa- 

fi   tion,  in  Lessing's  work,  becomes  that  of  self-education,  or, 

M  what  is  the  same  thing,  that  of  a  developmeni  determined  by 

i   the  general  laws  of  mental  life.     Hence  conditions  were 

k    ripe  for  the  further  advance  made  by  Herder,  in  his  Ideas 

t    on  the  Philosophy  of  the  History  of  Mankind.      Though 

\    frequently  lapsing,   in   his  discussions  of  details,   into  the 

transcendent    teleology    of    the    preceding    period,    Herder 

nevertheless  did  away  in  principle  with  the  restriction  of 

the  history  of  mankind   to   religious  'development,  substt- 

tuting  for  the  latter  the  development  to  humanity. 

Thus  was  determined  the  progtamme  which  historical 
science,  at  about  the  same  time,  accepted  as  its  own— the 
Programme  of  ä  universal  history,  whose  task  did  not  consist 
in  presenting  a  loosely  connected  series  of  the  histories  of 
separate  States,  but  in  describing  the  conmion  participation 
of  peoples  and  States  in  the  development  of  a  universal 
culture.  Furthermore,  the  way  was  cleared  for  the  philo- 
sophical  Position  that  history  is  not,  as  was  once  thought,  the 
expression  of  a  predetermined  plan  whose  purpose  is  that  of 
a  divine  education,  but  that  it  is  the  result  of  laws  immanent 
in  historical  life  itself.      Though  variously  expressed  and 


■  THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       521 

f^Ün4  is  striving.  Hence  it  is  that  the  philosophers  of 
■iiis  %ge  are  led  time  and  again  to  divide  the  total  life 
■>f  faumanity  into  periods  inclusive  of  past,  present,  and 
future,  precisely  as  did  the  world-plan  of  Augustine,  whose 
basal  conception  was  the  idea  of  redlemption.  Since  these 
periods  are  not  derived  from  the  progress  of  events^  but 
are  for  the  most  part  imposed  upon  it  in  conformity  to  the 
dictates  of  logic,  the  course  of  history  is  mapped  out  by 
reference  to  logical  categories.  Each  of  the  great  cultural 
peoples  is  portrayed  as  representing  a  specific  idea^  and, 
disregarding  everything  that  mig^t  disturb  their  sequence, 
these  ideas  are  arranged  in  a  logical  series.  Thus,  Hegel 
begins  his  reconstruction  of  history  with  an  account  of  the 
Chinese  as  the  people  who  possessed  the  earliest  civiliza- 
tion.  He  docs  so,  however,  not  because  Chinese  culture 
was  as  a  matter  of  fact  the  earliest,  but  because  it 
has  apparently  been  möre  stable  than  other  cultures, 
as  well  as  more  closely  bound  up  with  rigid  ex- 
terna! forms.  Correspondingly,  al)  succeedmg  stages  of 
history  are  arranged  by  Hegel  according  to  the  prin- 
ciple,  on  the  one  hand,  of  ä  progress  from  bondage  to 
Spiritual  freedom,  and,  on  the  other,  of  a  transition  frmn 
finite  limitation  to  a  striving  for  the  infinite.  This  phil- 
osophy  of  history  should  not  be  criticized  for  its  lack  of 
knowledge  conceming  the  beginnings  of  culture.  Its  funda- 
mental error  lies  in  the  fact  that,  in  tracing  the  development 
of  mankind,  it  is  guided,  not  by,  the  rieh  concrete  actuality 
pf  events  but  by  a  logical  schematlsm  which  is  in  large 
measure  imposed  upon  history,  and  only  to  a  far  less  degree 
abstracted  from  it.  That  which  was  once  a  plan  prescribed 
by  Gk)d  for  mankind  here  at  length  becomes  a  plan 
elaborated  by  philosophers. 

'  kWithout  question,  therefore,  a  philosophy  of  history  must 
faenceforth  adopt  a  different  course.  True,  it  cannot  dis- 
pense  with  principles  that  are  in  ja  certain  sense  extemal 
to  history  itself.  Yet  the  fünction  of  such  a  philosophy 
would  appear  to  consist  ih  oonsidering  historical  life  from 
the  potnt  of  view  of  the  purposes  that  come  to  realiiation 


522        ELEMENTS   OF   FOLK   PSYCHOLOGY; 

within  it,  and  of  the  values  that  are  created  on  the  various 
Icvels  of  historical  cukure.  Such  a  teleology  of  history— 
indeed,  in  the  last  änalysis,  every  teleology— must  be  pre- 
ceded  by  a  causal  investigation,  which  begins,  here  as  every- 
where,  by  entirely  ignoring  purposes  and  values.  Now,  his- 
tory is  really  an  account  of  mental  life.  As  such,  it  gives 
consideration  to  physical  factors  only  in  so  far  as  they 
furnish  the  indispensable  bäsis  of  mind.  Hence  the  direct 
approäch  to  a  philosophy  of  history.  which  aims,  not  to 
acquire  a  knowledge  of  reality  from  a  priori  concepts  but, 
conversely,  to  derive  ideas  from  reality,  is  a  psychidogical 
account  of  the  developntent  of  mankind.  Although  the 
concrete  significance  of  the  pärticular,  as  such,  precludes 
the  historian  from  disregärding  it,  everything  that  is  merely, 
pärticular  should  be  igtiored  by  one  who  is  giving  a  psycho- 
logical  account  of  events.  The  aim,  in  this  latter  case, 
should  be  that  of  discovering  the  determining  motives  of 
historical  life  and  its  changes,  and  of  interpreting  these  by 
reference  to  the  universal  laws  of  mind.  Supplementing 
this  aim  should  be  the  endeävour  to  gain,  so  far  as  possible, 
an  insight  into  the  laws  that  are  immanent  in  history 
itself.  Our  first  three  chapters  Jhave  attempted  to  give  an 
account  of  the  development  of  folk  consciousness  during  the 
periods  that,  for  the  most  part,  preceded  self-conscious  his- 
torical life.  But  neither  this  account  nor  the  bare  outline 
which  our  'final  chapter  gives  of  the  beginnings  of  the 
development  to  humanity  must  pretend  to  be  ä  Substitute 
for,  or  in  any  way  to  represent,  a  philosophy  of  history. 
The  difference  between  an  investigation  such  as  ours  and 
a  philosophy  of  history  is  precisely  the  same  as  that  which 
distinguisbes  a  psychological  description  of  mental  life  in 
general  from  ä  philosophical  Interpretation.  But,  if  any- 
where,  it  is  especially  in  the  field  of  history  that  a  psycho- 
logical analysis,  concemed  primarily  to  understand  life  in 
its  actual  occurrence,  must  precede  questions  regarding  the 
meaning  of  events  änd  the  value  which  individual  historical 
rs  possess  as  respects  both  thömselves  and  thcir 
t  influence.     In  other  words,  we  may  hencefortbt 


THE   DEVELOPMENT   TO    HUMANITY       523 

demand  that  any  philosophy  of  history,  which  seeks  to 
contribute  to  our  understanding  of  the  questions  just 
mentioned,  should  be  based  on  a  psychological  accoimt  of 
the  development  of  mankind. 

The  xmint  that  we  would  emphäsize  is  not  that  the 
philosophy  of  history  has  failed^  in  the  past  centuries^  to  find 
a  satisfactory  Solution  of  its  problem,  and  that  its  failure  was 
inevitable.  To  the  historical  mind  there  is  a  far  more 
important  consideration.  This  consists  in  the  fact  that, 
when  freed  from  its  original  mythologfical  and  teleological 
connectionSy  the  general  conception  of  a  history  of  mankind 
developed  during  these  centuries  has  given  clear  definition  to 
the  idea  of  humanity  in  its  most  universal  form'.  Himianity, 
it  has  been  shown,  includes  within  itself  all  antecedent  social 
phenomena— peoples  and  States,  religion  and  culture.  This 
entire  social  complex  has  been  subsimied  under  the  priaciple 
that  law  is  immanent  in  all  historyt 


i 


INDEX 


Prepared  by  Dr,  Alma  de  Vries  Schaub  on  ihe  basis  of  ihe  German  Index 
compiled  by  Dr,  Hans  Lindau. 


Abraham,  45, 154,  355,  361,  384,  435 ; 
and  Isaac,  435 

Adorament,  21, 86, 100, 105,  iio,  120, 
131,  449  £F. 

Adventure,  Märchen  of,  279  f.,  395 

iEsculapius,  439 

Agamy,  36, 169,  181 

Age,  of  the  development  to  humanity, 
470  £F. ;  of  heroes  and  gods, 
281  £F. ;  of  Personalities,  320 ;  of 
primitive  man,  11  ff.;  the  tote- 
mic,  iiöfiF. 

Age-groups,  41,  51, 131 

Agricultural  ceremonies,  135 

Agricultnre,  126  f.,  14Q,  486 ;  Animals 
in,  120  f.,  124 

Alexandrianism,  490 

Ailegories,  421  £F. 

Amulets,  86,  227  ff.,  292,  439,  451 

Anabaptists,  444 

Ancestor,  Animal,  117,  132  f.,  204, 
230  ff. ;  Demon,  467 ;  Human, 
204,  214,  230  ff. ;  Totem,  186 

Ancestor  cnlts,  205,  230  ff. 

Ancestor  theory,  361  f. 

Ancestor  worship,  117,  186  f.,  204, 
214,  410,  480 

Ancestial  spirits,  419 

Animals,  Breeding  of,  120,  289  ff., 
420 ;  Domestic,  120,  289  ff.,  420  ; 
Sacred,  I2X  ;  Sonl,  83,  190  ff., 
2x4,  368,  412  f. ;  Totem»  X17  ff., 
131  ff.,  X43,  188  ff.|  193,  200,  260, 
412  f. ;  TrantformatiODt  into,  133, 
37a  ff.,  4x2  f. 

Animal  colt,  1x7»  136 


Animal  dance,  464 
Animal  fable,  272 
Animal  mask,  95, 105, 135 
Animal  names,  187  f. 
Animal  sacrifice,  210  f.,  433  f. 
Animal  totem,  117, 138  f.,  186,  214 
Animism,  139,  193,  204  f. 
Anthropology,  Prehistoric,  14  f. 
Anthropophagy,  31,  209  f. 
Arbitrator,  331 
Architecture,  261,  451  ff. 
Art,  94  ff.,  104,  256  ff.,  322,  448  ff., 

490 ;    Pormative,   100  ff.,   256  f. ; 

Imitative,  107  f. ;  Memorial,  23  f., 

107  f. ;   Miniatore,  453 ;  Musical, 

262  ff.,  456  ff. 
Aristotle,  X2  f.,  19,  350,  504,  517 
Asceticism,  198 
Augustine,  516,  521 
Aversion,  194 
Awe,  194 

Backofen,  y.,  34  ff. 

Baptism,  444  f. 

Barter,  168  ;  Secrct,  lo^  ax,  31  ff.,  55, 

X20 ;  Marriage  by,  157 
BejTond,   Belief   in  a,  394  ff.,  412, 

420  f.,  423  ff.,  43X,  495,  502 
Blessedness,  396,  403  f.,  406 
Blood,  Relation  of  sonl  to,  191, 206  ff., 

213  ;  Taboo  of,  200,  210 
Blood-magic,  19X 
Blood-relationship,  208  f. 
Blood-revcnge,  X63, 3x4,  333,  339  ff., 

344«. 
Blowpipe,  xoo  f.,  X04 


sts 


$36 


INDEX 


Bocmamng,  i?  L,  iiSi  i77 

Bow  «nd  arrow,  16^,  t6  ff.,  j$,  49, 1  "2. 

"4 
BrestJi,  ReUtion  of  waul  to,  192  I. 

Buddha,  3S1  ff.,  425  f.,  49a  f.,  504, 

S07 
Boddhlim^  10»  47S,  496  ff.*  515 
BfiU-rowcr,  99  f.,  iBt,  166 
Borial,  316  ff.»  397 
findi  sooti  tji 

Cftpturt»  llanitge  hy,  154  ff.,  t6^, 

%» 
CMlle,  314  f.,  la?*  4P 
Castf^oit.  390  f^  294  f. 
Caltk-tmi$ittg«  tao,  114,  137  f, 
CftHSility»  93  f. 
Cav«,  22  ff^  C06,  toS 
C^lesüäL  cuHs,  251 
Celastial  uurchcti,  275  f« 
Ccicstial  mythology,  76,  80^91,  t$oi., 

134  ff. 1 140, 189, 220^  246, 258,  jssff,, 

419 
C^lostial  pbeuomend,  304  ff* 
Cemmics,  30, 80,  135,  259  L 
Ceremonicä,  lutictiiumn,  1B5 1,  iM  f., 

244    ff.  ;    SäQCtiücaliofi,   442  ff.  ; 

VegcUHon,  135!,,  i8g,  149,  418  ff. 
Chaos,  3BS,  390,  392 
Chief  wife,  45  (.,16a  ff.,  31^ 
Chief taiij,  121,  134, 195,  233 
CWenaimhip,  119^  125,  233,  314,  332 
Chnsitanity,  10»  478,  496  ff*,  515  f. 
Church  atad  State,  491  L 
Chmingw,  177,   181,  185,  190»  204, 

2tt,  224  ff. 
Circumcbioii,  445 
Cities»  Foundation  of»  31  r«  3: 3  f. 
Clan  mmm,  141  ff« 
Classes,  DifferenÜatioo  of,  125^  311, 

316  ff. 
Club,  Men's,  4t,  47,  119*  «5**  «73  'v 

355.  ^l%  409 
Coat  of  armi^  H3^  ^3' 
Colonizatjon,  300  f. 
Common  propcrty,  248,  3*7  ^^ 
^ommunity  Ubour,  136, 247  f * 


ioo,Si 
xe«n 


Conipür_ 
Conceptioo   to 

189  f.,  191,  I 
Conjufaboii,26 
Consdeisce^  jai 
Colisecrikloo  g 
Couatiiutioo^  51 
Conlmct, 
Cord  magii 
Corporeal  ^ 

216,  22  s 
Corroborccj^ 
Cosmogony,  37 
Co^mopolitaci&a 
Couater^gods^ ; 
Cautiter-magic, 
Countijig,  Systi 
Couvade,  [98 
Creadon-mytU^ 
Crematioti,  218 
Crouchiiig  grai 

CultS,     ÄUCCitC 

Cdcsti^l,  25.1 
Dcity,  205. 
DemoR,  249 1 
416 f.;  Mpt 
saiats,  178  f. 
Soul,  421 
Vegetatic 
41a  ff. 
CüJt  sissöci 

I79f-.^SS 
Gült  ceren  __ 

Cult  pracüces; 
CuU  songSj  961 
Custom,  350 

Dance,  90,  95  f 
437  ;  Cereni 
249,  264,  418 
Dance-song,  9j 
Dead,  DisposaL 
23^  fp  397. 
393  ff. 

Deaf  and  di 
Death,  St  f.,  49 
Debt,  343 
Degeneration  I 
Deity  cult.    ~ 


3Wf 
idS 


INDEX 


527 


Dcity  saga,  384  f. 

Demon  battles,  370,  404  f. 

Detnon  cult,  249  ff. 

Demons,  75  ff.,  Si  ff.,  105, 196,  aoi,  203, 
217!.,  221  f.,  224,  236,  263  f.,  284!., 
351  ff.,  361  ff.,  387  ff.,  418  ff. ;  and 
the  epic,  458  f. ;  and  heroes,  283  ff., 
369, 372  f.,  454 ;  Vegctaüon,  441 

Destiny,  366 

Development,  Theory  of ,  353  ff. 

Devourment,  Märchen  of ,  276  ff. 

Differentiation  of  classes,  125,  311, 
316  ff. ;  of  vocations,  311, 321  ff. 

Digging-stick,  26,  100,  120,  124,  126  f. 

Dionysian  mysteries,  447 

Discoveries,  Geographica!,  492 

Divination,  441  £• 

Divine  State,  329, 373,  388,  411,  416, 

494 
Dog,  22  f.,  124,  290 
Domestic  animals,  Breediogof,  120  f., 

289  ff. 
Drama,  9,  462  ff.,  490 
Dreams,  189  f.,  193,  205  f.,  401, 407 
Dress,  21 ;  Origjin  of,  85  ff.,  xao,  126, 

131.  m»  449 
Duel,  336 

DwelUog,  21  ff.,  106 
Dwarf  pcoples,  19^  77  f.,  115, 353 

Eclipse  of  the  sun,  81 

Ecstasy,  249,  397, 4^3  ^,  434 

Education  and  history,  519 

Elysium,  403  f. 

Emotion,  81, 92  f.,  105,  114,  264,  268, 

356,  367  ff.,   423,   466,  468f.;  as 

related  to  magic,  93 
Eadogamy,  1x8, 149, 151, 166 
Enlightenmeiitt  11, 470, 517 
Epic,  9,  280, 450^457  ff. 
Ethnology,  5  f.,  122 
Eunochs,  294 
Evil  magic,  274 
Exogamy,  46, 118, 144  ff.,  163  ff.,  183, 

196,  289  £• 

Family,  X2  f.,  34  ff.,  235, 31 1  ff. ;  Joint, 
153,  312 ff.;  The  origioal,  12; 
Single,  313,  315 

Fathor-right,  56, 3x4 


Fear,  81, 92,  X94,  200,  224,  370,  400 
Fetish,  x86f.,  214,  220 ff.,  352  f.,  439, 

454 
Fetishism,  139,  186  f.,  204,  352 
Fire,  30  f.,  X24  ;  Acquisition  of,  30  ff ; 
Kindling  of,  49,  292  ;   Lustration 
by,   20x£.,   218  ff.,   243,  338,  407, 
443  f.,  446 ;  Solstice,  202 ;  Trial  by, 

243»  338 

First-fruits,  Sacrifice  of,  440  f. 

Flood,  Universal,  39X  ff. 

Plood  saga,  391  ff. 

Flute,  97,  266 

Folk  psychology,  History  of,  x  ff. ; 
If  ethods  of,  6  f . ;  Problem  of ,  3  f. ; 
relatiön  to  ethxK^ogy,  5  f. ;  relation 
to  general  psychology,  3  ;  relation 
to  philosophy  of  hbtory,  522  f. 

Food,  of  primitive  man,  24ff. ;  Pro- 
hifaitionson,  199  f. 

Forest-dweUers,  19^  X22, 395 

Formative  art,  99  ff.,  256  f. 

Fortitude,  242  f.,  247 

Foundation  of  ctties,  3xx,  323  ff. 

Frazer,  J.  G.,  38,  X52,  X89  f. 

Fusion,  Radal,  xxi,  288  f. 

Gathering  of  food,  24  f.,  X24,  X40,  X44 

Genetic  psychology,  4 

Gestüte  langoage»  $8  ff.,  69 

Gestures,  Graphic,  62 f.;  Pointing, 
6x  f. ;  Significant,  63 

Gift,  432  ff. ;  Consecration,  438f. ; 
Ifarriage  by,  X58,  x^f.;  Votive, 
438f. 

Gift  theory  of  sacrifice,  240, 432  ff. 

GilUn,  Messrs.  Spencer  and,  li,  38,  x88 

Gods,  Abode  of,  364,  366;  Age  ol 
heroes  and,  8  f.,  I2X,  235  f.,  28x  ff. ; 
Battles  of ,  370, 388  f.,  404  f. ;  Belief 
in,  285f.;  Characteristics of , 282 ff ., 
362  ff. ;  Cult  of,  20s,  325,  4x4  ff., 
424  ff . ;  Dedine  of ,  36s ;  and  demoDS, 
366f.,  369,  459;  Devetopment  of, 
362  ff. ;  Images  of,  223  f.,  247, 450, 
453 f.;  Judgment  of,  337;  of  the 
moment,  362  ff. ;  Qr^gln  of ,  350  ff., 
364 ff.,  369;  Particular, 362 ff. ;  Per- 
fection  of,  364 f.;  Personality  of, 
S36,  366ff.;  of  tha  prewit,  234; 


528 


INDEX 


.  of,  218,  374  f.,  3Ä4f. ;  Super^ 

personal,  390, 467, 504  U. 
God-man,  5o6f. 

Greek  language  and  culturc,  ^  ff, 
Grimm,  Jacob,  459 
Graves,  Crouching,  di& 
Gfotip-marriagCi  38,  41  f.,  44  f.,  48^ 

168  ff.,  316 
Guardian  animal,  190,  233 
Guardian  ddty,  315,  50t 
Guardian  sptnts,  178,  369 
Guide^  407  f. 
Guüt,  «03,  2$i,  430 
Gynocracy,  35  f. 

Hades,  398, 401, 404 

Hammurabi,  Code  of,  330,  338,  343, 

347i  4 
Harvest,  Sacnfioes  in  coBaectkm  with, 

440  f. 
Heart  and  soul,  907 
Heaven,  395,  404 
Hctvens,  Mytliology  of  the,  76,  80, 

91  f.,  130  f.,  134  f.,    140,  189,  2ao, 

246,  258,  355  f.,  419;  Piienomena 

of  thc,  304  ff. 

H€£€h  520  L 

Hclios,358f. 

Hercules,  376  f.,  382,  407 

Herd,  52,  121 

Härder,  53,  470^  472,  519 

Hermes,  407  f. 

Hero,  9,  281  ff. ;  Cult  of  the,  204; 

and  demon,  283  ff.,  369, 372  f.,  454 ; 

and  god,  282  ff.,  364,  369  ff.,  454 
Hero  saga,  228,  356,  374  ff. 
Heroic  age,  281  ff. 
Heroic  song,  9 
UilUbrand,  Karl,  i 
Historical  consdonsness,  478 
Historical  rcLigion,  509 
History,  510  ff, ;  and  saga,  377  ff. 
HohbeSf  Thomas,  li  f.,  34,  36,  ixx 
Hoc^   30^  136  f.,  134 
Hoe^cuiture,  134,  138,  246,  248,  250, 

289 
Horde,  52,  120,  145,  x8o,  237,  302, 

HorM,293 
lfaMpitalil]r,34i 


Hostage,  343 

Howitt,  A.  W.,  t8,  37  f.,  142»  t88 
Human  naturc,  471  f,,  475 
Hunwnity,  9,  470  ff. ;  Ideal  crf^  410 
Honting,  24!.,  140^  144;  Use  of  dO£ 

iOj  22  f. 
Hut,  Cornea],  a6i,  451;  Poie^  a6i; 

Spkericalf  261 
Hynms,  385,  393,  430,  461,  465 

Ideals,  Religious,  4x0 

Ideas,  of  a  beyond,  393  ff „  420,  413 1 

431»  49S  *   Coocrclc,  73  ;    Mjllio- 

logical,  74 
Idols,  131 

Images,  Divine,  223  f.,  447,  450^  453  f. 
Imiuüon  of  animalSy  95 
lounortality,  Belief   in,  333,  39421, 

412,  430  f.,  423  ff.,  431,  495, 502 
Imprisonment,  342  £F. 
Indixridual  rulcrshipf  ^87^  3x3 
Individuaüsm,  489,  493 
Infanticide,  43  f.,  175,  237 
Inünitude,  505  f. 
Inarumecits,    of    concossioa,    265; 

Musical,    97  ff.,    265!^    457,   468; 

Stringed,  97  f.,  266 ;  Wind,  265  f. 
Initiation  ceremonies,  202,  241  ff.,  247 
InteUigence  of  primitive  man,  109  ff. 
Intichiuma  ceremonies,  185  f.,  x88f., 

244  ff. 
Islamism,  xp,  316, 497 

Javelin,  1241. 

Joint  famil/i  153,  312  ff. 

Jordan  festival,  203, 446 

Judaism,  497 

Judge,  331  ff„  347;  Appointed,  331; 

in  the  under World,  403 
Judgment  of  the  gods,  337 
Judidal  functiotjs,  Division  ol,  348  f. 
Justice,  Administration  of,  331  ff. 
Jus  prima  nocUs,  46,  x68 
JmstaHonm,^S^* 

Kant,  470, 517 

Kern,  H^  55 

Kidneysy  as  vehides  of  tbe  sonl,  209, 

2xxf.,22x,434f.i445 
Kii8,24A 


INPEX 


.529 


KUaischf  Hermann,  15 
Knlfe,  131, 44Q 
Koüman,  yuUus,  77 

LabouTi  Community,  156,  147 f.; 
Degradation  of,  331  f. ;  Division  of, 
49f*f  300 ;  Equalization  of,  3221. 

Landscape  painüng,  456 

Lang,  Andrew,  153, 187 

Languagc,  S3fiF.,  137  ;  Gesturei  58  ff., 

69 
Lawgivers,  307  f. 
Lazarus  and  Siänihal,  Messrs^  2 
Legal  System,  3270, 
Legends,  381  ff.,  421  f. ;  Mura-miirat 

231  ;  of  redemption,  382 f.;  Reli- 

gious,  38z ;  of  saintSi  381  ff.,  464 
Lessing,  4x4,  519 
Lie,63,  X14 

Lippert,  JuUus,  205, 231 
Liturgy,463,465ff. 
Loin  cord,  85  ff. 
Lustration,  20xff.,  2x9  f.,  252  f.,  338, 

407,  412,  443  ff. 

Magic,  Belief  in,  75  ff.,  8x,  84  ff.,  92, 
94  f  1  105»  37Ö  f.,  434  ff-  J  Cord,  86  f., 
202,  415,  440 ;  Evil,  274 ;  Imita- 
tive, 354 ;  Protective,  85,  449 

Magicstaff,  335f. 

Magic  test,  337  f. 

Magical  offering,  440 

Magical  transference,  201  ff. 

Magician,  84f.,330,378 

Man^  E.  H,,  79 

Mankind  and  human  oature,  471  f.i 

475 
Mannhardi,  W.,  249,  292, 44X 
Märchen,  270  ff. ;  of  adventure,  279  f., 

395;     Celestial,    275  f.,     395;   of 

devourment,  277  ff. 
Märcben-cycle,  380 
Märchen-hcro,  356, 375  ff.,  387,  459 
Märchen-myth,  270  ff.,   387  ff.,    413, 

458  f. 
Mark  Community,  309  f. 
Market,  327,  463 
Marriage,  12,  34  ff.,  89;  by  barter, 

157;   of  brother  and  sister,  zz8, 

X48ff. ;  by   capture,    153  ff«,   163, 


i67f. ;  by  contract,  158 f.;  by 
gift,  158  f. ;  Group,  38,  41  f.,  44  f., 
48, 168 ff.,  3x6;  Modesol  contractu 
ing,  155  ff.,  172  f. ;  Pirraum,  168  ff. ; 
by  purchase,  158  f. ;  Single,  51 

Mask,9S,  105, 135,  262ff. 

Matemal  descent»  35  ff.»  47,  146  ff., 

165,  173  ^,  196^-1  3x4 
Maternal  mle,  35,  3x4 
Martin,  Rudolf,  50 
McLennan,  J.  F„  145,  153 
Meal-times  of  primitive  man,  24 
Medicine-men,  83  f.,  89,  X05,  x8o,  223, 

233»  254  ^-.330, 341. 409 
Memorial  art,  24, 107 
Men's  dub,  41,  47,  119,  131,  173  f., 

^SSU  3»«»  409 

Metempsychosis,  412  ff. 

Migrations,  xii,  287f.  ,*  Folk,  Z26ff., 
164,  288f.;  Tribal,  120,  138,  X91, 
488 

Military  Organization,  310 

Milk  industry,  137  f.,  289,  296  f. 

Mimic  pUy,  459, 462, 490 

Monogamy,  34,  36, 43,  46  ff.,  89,  114, 
167, 169  ff.,  311  ff. 

Monotheism,  77,  225,  231, 353  ff. 

Monumental  edifices,  452, 490 

Morality,  Primitive,  xi4f. 

Morgan,  Lewes,  38, 152 

Mother-right,  34  ff.,  3x4 

Müller,  Max,  225 

Mummy,  207 

Mura-mura  legends,  176  f.,  231 

Mttrder,339f.,  346 

Music,  95  ff.,  264«.,  449,  456  f.,  4^ 
465 ff.;  Absolute,  468 

Musical  Instruments,  97  ff.,  265  f.,  457, 
468 

Mysterycults,  420  ff.,  502 

Myth,  75  f.,  375  f.,  384  ff..  413«.; 
Celestial,  76,  80,  91,  130  f.,  134  ff., 
140,  189,  220,  246,  258,  355  ff.,  419  ; 
Cosmogonic,  385  ff.,  404  ;  and  cult, 
414  ff. ;  Märchen-,  270  ff.,  387  ff., 
413,  458 f.;  Theogonic,  384 ff.;  of 
the  underworld,  397ff.;  of  worid 
destruction,  391  f. 

Mythical  hero,  379 

Mythology,  Nattff^  j6 

35 


T3Ö 


INDEX! 


Narrative,  270  ff. 
Nature,  Man  of,  iiff. 
Natore-demons,  370 
Natnre-mythology,  76 
Neaoderthal  skull,  14  f. 
Nirvaiia,499 
Nomads,  120«  138, 4x9 
Novel,  Short,  464 

Nombers,  Sacred,  305,  407;  Social 
Organization  and,  3040. 

Oath,33Sf. 
Offering,  432  ff, 
Oracle,  442 
Ordeal,  336  f. 
Orders,  255 

Organization,  Military,  310 ;  PoUtical, 
302  ff. ;   Tribal,  x  17  ff.,  132,  140  ff., 

Omamentation,  100  ff. 

Other-world  ideas,  394  ff.,  410,  420  ff., 

431,  495»  502 
Painting,  106  ff.,  456,  468 
Palace,  Royal,  452,  454,  481 
Pasha,  Etnin,  1 14 
Passion  plays,  463,  465 
Particular  gods,  362  f. 
Paternal  descent,  37,   146  ff.,  173  f., 

196  f.,  314 
Paternalrule,  35,  314 
Patriarchal  family,  313 
Patriarchal  period,  35  f. 
Penal  law,  338  ff. 
Penitential  psalm,  430  £• 
Personalities,  Age  of,  320 
Personality,  489,  505 
Phallus  cult,  212 
Philology,  2,  53,  490 
Philosophy,  354,  496,  504,  518;   of 

history,  5 19  ff. 
Pirrauru  marriage,  168  ff. 
Plant  totem,  134,  176,  184, 188  ff.,  192, 

199,  214,  245 
Platform  disposal  of  the  dead,  216, 

405 
Plough,  134,  138,  248,  289  ff.,  298 
Poison,  Arrow,  26 ;  Plant,  25  f. 
Poetry,  267ff.,  4S7 
Pole-houses,  261 
PoUtical  Organization,  302  ff. 


Polyaodry,  42  ff.,  167, 967, 171  f.,  312 
Pülygamy,  41  f.,  47, 166  ff.,  31  j 
Polygyny,  42  ff.,  139^  167, 170  ff.,  312, 

315^. 

Polytheism,  80, 355, 357,  371 

Pottcry,30,8o,  i3S,259f. 

Praise,  Hymns  of,  430 

Prayer,  427 ff. ;  Penitential,  430 f.; 
of  Petition,  427  f  ^  439 ;  of  thanks- 
giving,  429f.,  439 

Prehistory,  13  f.,  451 

Preusi,  K.  Tk.,  242,  435, 4^ 

Priesthood,  321, 330, 332 

Priests'  Code,  200,  210,  329,  345^  432 

Primitive  man,  Discovery  of,  11  ff. 

Property,  47,  114,  120,  138,  173  f., 
I95f. ;  Commoii,  248,  317  ff, ;  Pri- 
vate, 298,  300,  317«. 

Prophetic  signs,  442 

Promiscoity,  36,  38, 169»  181 

Prohibition  of  certain  foods,  199  f. 

Protection,  Right  to,  340  ff. 

Protective  magic,  85 

Psyche,  205  f.,  212  ff.,  217,  220,  241, 

40s 
Punishment,  338,  342,  404, 406  f.,  431; 

and  sacrifice,  433 
Poppet  show,  464  f. 
Purgatory,  407  f.,  412 
Porification,  201  f.,  2 19  f.,  499  ;  Rit<9 

of,  201,  443  f.    Cf.  Lnstration. 
Pygmies,  19, 77  ff.,  115,  353 

Rain*magic,  253,  268 

Rain  priests,  249,  263,  268 

RatÜe,  100,  266 

Ratzcl^  Friedrich,  $ 

Realm  of  the  dead,  396  f.,  400 

Reconciliation,  432 

Redemption,  410, 447, 495  f. ;  Legends 

of,  381 ;  Religions  of,  496 
Reformation,  492 
Refrain,  96!,  104 

Relationship,  M alayan  System  of ,  38  ff. 
Religion,  Origin  of,  75  ff.,  282  ff. 
Religious  Ideals,  410 
Renaissance,  455  f.,  491  f.,  517 
Retribution,  Idea  of,  401,  408,  411, 

413 
RevelaÜon,  518 


INDEX 


531 


Rhytbm,  103  f.,  3681. 
Rights,  Equality  of,  320 
Rings,  Exchange  of ,  87 
Root  languages,  68  f. 
Roskqff,  G.  G.,  75 
Rousseau,  J.  f.,  12 
Rulership,  Individual,  287,  313 

Sacredness,  195  f.,  199 

Sacrificc,  253  f.,  295  f.,  427,  431  ff. ; 
Animal,  210  f.,  433  f. ;  to  tbe  dead, 
238  ff.,  253  f.,  433  £•;  Human,  210, 
433  ff.,  440,  447;  of  reconciliation, 

432 
Saaificial  animal,  2 10  f. 
Sacrificial  feast,  4461. 
Saga,   Dcity,  384 f.;    Flood,  391«.; 

Hcro,  228,  356,  374  ff. 
Saints,  Legends  of,  381  ff.,  464  ;  Wor- 

ship  of,  178  f. 
Sancüfication,  427;  Ceremonies  of, 

442 
Sanctuary,  341  f. 
Sarasin,  F.  and  P.,  19,  49,  75,  90 
Satisfaction  of  wants,  448  f. 
Satjrric  play,  464 
Scapegoat,  203 
Scarab,  229 
Schmalz,  £.,  60 

Schmidt,  Wilhelm,  78  f.«  114,  353 
SchulUe,  Leonard,  88 
Schweinfurih,  Georg,  18  f.,  77 
Science,  449^  489  f. 
Scott,  W.  R.,  60 
Sculpturc,  a6i,  453  ff^  49© 
Secret  barter,  10,  21, 31  ff.,  55i  120 
Secret  societies,  254  ff. 
Secondary  wives,  45, 168  ff.,  316 
Self-education,  519 
Self-mutilation,  294  f.,  434 
Sex  totemism,  119,  176,  182  f.,  186  f., 

190,193 
Sexual  Organs  and  the  soul,  211, 434, 

445 
Shadow  soul,  192  f.,  205  f. 
Shamans,  84 
Shame,  Feeling  of,  88 
Shield,  125, 131 
Sickness,  81,  83  ff.,  90,  494;  Demons 

of,  82  f.,  105,  236 


Stnofferlng,  432f. 

Single  marriage,  51 

Skull,  217 ;  Neanderthal,  141. 

Slave,  XS4,  iS^ 

Slavery,  X39 

Smoke,  220 

Snake  society,  256,  269 

Social  psychology,  4 

Society,  Primitive,  soff. 

Soil,  Cults  of  tbe,  245  ff. 

Solstice  festivals,  420 

Solstice  fire,  202 

Song,  95  ff.,  104,  267  ff.,  449,  458, 
460  ff. ;  of  praise,  430 ;  Work,  268  f., 
46X 

Soul,  Breath,  192  f.,  205  ff.,  212  f., 
242 f.;  Corporeal,  82,  191  f.,  205 ff., 
211  ff. ;  216,  221  f.,  406;  Ideas  of 
the,  190  ff.,  394  ff. ;  and  kidneys, 
209»  211  f. ;  Shadow,  192  f.,  205  f. ; 
Vehiclesof  the,  207  ff.,  211  f.,  221, 

434^-.  445 

Soul  animals,  83,  190  ff.,  214,  368, 
412  f. 

Soul  belief,  204  ff. 

Soul  cults,  421  f.,  502 

Souls,  Exchange  of,  242 ;  Trans- 
migration of,  412  ff. 

Sound  and  meaning,  65  ff. 

Spear,  125 

Speech,  496  f. 

Spencer  and  Gillen,  Messrs.,  18,  38, 188 

Spencer,  Herbert^  187,  205,  231 

Spirit  viUages,  396 

Sprinkling,  203, 445  f. 

State,  8  f.,  119, 285  f.,  287,  303, 472  ff.  ; 
Chorch  and,  491  f.;  EKvine,  329, 
373.  388,  4".  41Ö.  494;  Forms  of 
the,  349,  517 

Steinen,  Karl  von  den,  X02 

Stänthal,  H.,  2, 68 

Stipulation,  334 

Stringed  Instruments,  97  f.,  266 

Stuhlmann,  Franz,  114 

Substitute,  435 

Sun,  Edipse  of  the,  81 

Sweat-lo^^es,  252 

Sword,  131, 299 

Symbolism,  334. 422, 447 

Symmetry,  xo3f. 


53« 


INDEX 


Taboo,  131  f.,  193  ff.,  ao3,  0x9,  341 ; 

on  foods,  i99f. ;  on  relationt  by 

mamage,  196  ff. 
Talisman,  89, 104,  327  ff. 
Tattooing,  21,  87, 131, 135,255, 257«., 

4SI 

Teleology,  522 

Tcmple,  19s,  324f.,  450,  452 f.,  465, 
467,481 

Theft,  1x4 ;  of  women,  46 

Thcogony,  3840.,  417 

Thinking,  Primitive,  68  ff. 

Tippamalku,  168  ff. 

Torturc,  344 

Totem,  8,  116  ff.,  203  f.,  412  f.  ;  In- 
animate,  177,  185  ff. 

Totem  animal,  1x7  ff.,  13X  ff.,  143, 
x88  ff.,  X93, 200, 260,  412  f. 

Totem  frieodships,  162  ff. 

Totem  poles,  143  f.,  232  ff. 

Totemism,  116  ff.;  Animal,  1x7  ff., 
13X  ff.,  138  f.,  X7S  ff.,  193,  2x4,  245, 
412  f.;  Conception,  176,  180  ff., 
X89  f.,  X9X,  193  ;  Individual,  X19, 
X75,  178  ff.,  187,  X89  f. ;  Plant,  X34, 
176,  X84,  x88  ff.,  X92,  X99,  2x4,  245; 
Sex,  X19, 176,  x8o,  x82f.,  x86f.,  190, 
193  ;  Tribal,  X77  ff.,  X87 

Trade,  X2i,  300  f.,  452 

Transference,  Magical,  20X  ff. 

Transformation  into  animals,  133, 
272  ff.,  4x2  f. 

Transmigration  of  souls,  412  ff. 

Tribal  division,  xi7f.,  X4X,  X43,  X59ff. 

Tribal  migrations,  120,  X38,  X91,  488 

Tribal  Organization,  1x7  ff.,  132,  X4off. 

Tribal  wariare,  1x9  f.,  X23,  125 
Tylor,  Edward,  205 

Undcrworld,  397  ff.,  402  ff. 
Unity  of  the  world,  483 


Universalism,  49s 
üscner,  Hcmumn^  36t  f. 

Vegetation  ceremooies,  135  f.,  189^ 

249.  4>8  ff. 
Vegetation  cults,  135,  243  ff.,  250  f., 

294.  418  ff« 
Vegetation  demons,  441. 
Vessels,  30^  49 
Vico,  G.,  516 
Vision,  407, 442 
Vocations,   Differentiatioo    ol,  311, 

32Xff. 

Votive  offering,  438 

Wagon,  292  ff. 

Want^   Fteedom  Iran,    xio^    114; 

Satisfaction  of,  448  f. 
Warfare,  33,  xix,  209 ;  of  tiie  gods, 

370,  388  f.,  404  f. 
Water,  Lastration  by,  201  ff.,  219  f., 

252  f.,  338.  443  ff- ;  Trial  by,  338 
Weapons,  26  ff.,  120,  124  f.,  131, 133, 

299 
Week,  305 
Wcrgild,  X63,  339 
Westermann,  D.,  58,  68 
Wheel,  291  f. 
Wife,   Chief,   45  f.,     168   ff.,    3x6; 

Secondary,  45,  168  ff.,  3x6 
Wind  Instruments,  265  f. 
Witchcraft,  338 
Work-songs,  268  f.,  461 
World,  Unity  of  tiic,  483 
World  culture,  477,  484  ff.,  51a 
World  destruction,  Myths  of ,  391  f. 
World  empires,  476,  478  ff.,  484  ff., 

493.  5" 
Worid  history,  474  f.,  478,  509  ff. 
World  language,  487,  493 
World  religions,  10, 477, 491, 494  ff. 
Writing,  486  f. 


PHfiM  in  Qfitii  BrUain  hy 

uNwiN  sKomitt,  umnx)^  tbs  oatsHAH  ntnt,  woxnio  amd  lonpor 


LIBRARr    OF   PHILOSOPHY 

Modern   Philosophy 

by  guido  de  ruggiero 

TtAKSLATED  BY  A.  HOWARD  HANNAY,  B.A.,  and 

R.  G.  COLLINGWOOD,  M.A.,  F.S.A. 

FcUow   tnd    Lecturer   of   Pembroke    Colkfe»  Oxford 

Demy  %vü.  i6/.  ir#/. 

A  comprehenaive  treatment  of  the  whole  development  of  philotophv  in 

the  last  half-century,  by  one  ol  the  mort  brilliant  members  of  the  modern 

Italian  school.    The  author  is  not  only  a  man  of  great  learning  bnt  an 

extremely  acute  and  original  critic,  and  the  viewt  which  he  ezprettes  on 

the   favourite  philosophers  of   the  present  day  wiÜ  aroose  oniversal 

interest.    Alike  as  htstory,  as  critidsm  and  as  constructive  thooght  the 

book  is  a  remarkable  achievement« 

History  of  Psychology 

Volumes  II  and  III 
Dtmy%p:       Bv  G.  S.  BRETT,  M.A.  \6t.ttehnit. 

Elements    of    Constructive 

Philncnnhv  BrJ.S.MACKENZIE,LiTT.D. 
r  IlllUbUpil y    .(Ctmb.) ,  Hon.  LL.D.  (Glasg.) 

BmeritM  Profcttor  of  Logic  tnd  Philosophy  in  UniTcrtity  College,  Cardiff ; 
formerly  Fellow  of  Trinity  College,  Cambridge 

Vemy  %pp,  Secünd  Imfressm  i6i.net. 

'*The  book  is  snffident.  In  its  paget  ii  all  that  the  edacated  man 
needs  to  know  or  it  likely  to  care  to  know.  The  arrangemtnt  is 
methodical ;  the  ttyle  is  crisp  and  oondnsive."— Ai;^/!ofy  Tim^s. 

Introduction  to  Mathematical 
Philosophy  "  "^^P^S  ''"^^'''- 

Dmy  8w.  SecüMii  Edittw  12/.  64/.  w/. 

"  Mr.  Rassel!  has  endeavonred  to  gite,  in  non-ledinfcal  langnage,  an 
account  of  his  critidsm  as  it  affects  arithmetic  and  logic  He  has  tieen 
remarkably  successful." — Athenäum, 

The  Analysis  of  Mind 

Bv  BERTRAND  RUSSELL,  F.R.S. 
Demy  Sc«.  i6/.  ntt. 


The  Rational  Good :  A  Study 
in  the  Logic  of  Practice 

By  L.  T.  HOBHOUSE,  D.Lrrr.,  LL.D. 

Martin  White  Protetor  of  Sodolofy  ia  Üw  Univenhy  of  Loadoo 

D$mj  89«.  8/.  6d.  Mit. 

This  volttine  it  the  fint  of  a  series  of  three  ooonected  works  on  first 
prindples  in  Socioloffy.  It  deals  with  the  basis  and  the  end  of  human 
action  in  general,  and  endeavoors  to  establish  the  prindples  of  a  rational 
Bthics.  The  application  of  these  prindples  to  the  leading  qoeslions  of 
Sodal  Philosophy  will  be  discosaed  in  a  second  work,  which  will  seek  to 
define  the  trne  aim  of  sodal  institutions.  The  thifd  porüon  will  oompare 
the  ideal  with  the  actual,  examining  the  natore  and  oonditions  of  sodal 
development,  and  also  of  misdevelopment,  arrest,  and  decay. 

The  whole  work  is  an  attempt  to  bring  the  Philosophie  and  scientific 
methods  of  Sodology  into  definite  relaüon.  Though  the  three  portions 
are  doael^  oonnected,  each  work  Stands  lyy  itself,  the  argument  elaborated 
in  one  l>eing,  where  necessary»  summarized  in  another. 

The   New  Psychology :  and 
its   Relation  to  Life 

By  A.  G.  TANSLEY 
Dmj  8m.  Tbird  Imfnsston  lOf.  Sd.  net, 

"  It  is  dtfficult  to  do  anything  but  advise  all  who  take  eren  a  slight 
interest  in  the  mind  of  man,  in  politics,  sodology»  edncation,  religion, 
or  art,  to  buy  the  book  and  read  every  word  of  it  .  .  .  between  this  book 
and  all  previous  ezpositions  of  the  Preudian  doctrine  there  is  a  world  of 
difference. ...  the  book  is  inspired  by  a  strict  and  noble  optimism.** — Nation. 

Psychology  and   the 
's  Work 


Day 


DemySpff.      By   EDGAR   JAMES   SWIFT         tos.  6d.  Met 
*'  11  toudies  life  at  many  points  and  aboonda  with  interestlng  matter." 
--Times. 


The  Psychological  Problems 
of  Industry   frank ""watts 

Dfmy  Spü,  its.  6d.  tut. 

An  increasing  number  of  persona — works  managers,  politidans,  trade 
unionists,  welfare  workers  and  students — has  become  deeply  interested 
in  industrial  psydiology.  In  this  book  the  author  has  attempted  to  bring 
together  and  develop  much  that  may  legitimately  be  discossed  ander  that 
heading.  No  one  will  deny  the  dtfficulty  of  treating  this  sobiect  in  a 
dispassionate  manner,  but  every  endeavour  has  k>een  made  to  deal  with 
the  more  vexed  questions  in  as  impartial  a  wfidt  as  is  homaoly  poatibÄe. 


Suggestion  &  Autosuggestion 

A    Psychological  and   Pedagogical   Study  based 

upon  Investigations  madc  by  thc  New  Nancy  School 

By  Professor  CHARLES  BAUDOUIN 

Translatid  by  EDEN   and   CEDAR  PAUL 

Dimj  8c«.  I  $/.  Mit. 

"  A  masterly  ezposition  ol  mental  attitudes."— ATa^iki/  OuHook, 
'*The  book  may  well  mark  an  epoch.    It  is  on  tore  groond,  and  lays  a 

firni  foundation  which  may  be  built  upon,  but  will  never  be  tcrapptd. 

The  book  it  a  text-book,  and  any  ttudent  who  taket  elementary  pidnt 

can  leam  the  lesson." — CkaUenge, 

Pure  Thought 
and  the  Riddle  of  the  Universe 

DimySpp.  By   FRANCIS  SEDLXk  i8/.«#a 

Consistenily  with  the  standpoint  oi  Abeolnte  Idealism,  the  natttre  ol 
the  Universe  admits  of  ä  priori  detennination.  In  order  to  vindicate 
this,  the  Hegelian  attitnde,  the  author  attempta  originally  to  restate  the 
whole  theme  of  Hegelian  Philosophy.  That  Hegel's  own  verskm  leavet 
room  for  slight  deviations  and  many-sided  ampUncations,  oomet  to  notice 
at  once  under  the  head  of  Qnality,  bot  more  particolarly  ander  that  of 
Quantity  and  most  conspicuously  ander  that  oi  Measare.  Apatt  from 
the  immediate  connection  of  this  section  with  phvtical  and  chemical 
change,  the  author  finds  in  it  a  key  to  a  dialectically  constrnctivt  treat- 
ment  of  the  ty»tem  of  Mathematics. 

The  Mneme 

By  Profissor  RICHARD  SEMON 
Dimy%p$.  TaAirtLATBD  by  LOUIS  SIMON  i8/.b#/. 

The  mnemic  theory  of  tho  lato  Professor  Richard  Semoo  attempts 
to  account  for  the  chain  of  tho  varioos  physiological  processes  withoot  tho 
aid  of  any  vitalistic  prindple.  It  traoes  the  identi^  of  the  laws  ander- 
lying  all  kinds  of  organic  roprodaction.  Im  thoy  instinct,  individoal 
memorv,  ontogeny,  or  tho  rhythm  of  Ufo  processes.  It  also  throws 
a  new  ught  on  the  problem  of  tho  inboritanoo  of  acqairod  characters. 

Repressed  Emotions 

Cr.  8r».       By  ISADOR  H^  CORIAT»  M.D.    7/.  &/.  rnt. 
A  now  volaine^  cimtalniatf  w^adk  otlffiMi  flsaterial,  by  ono  of  the 
Pioneers  ol  ssyidKHHtfhr  Tbo  concepoons   of  tho 

reprcssion  of  iwiaaa  OW"  'iam  tUnking  havo  been 

greaUy  widcnod  ta  fl^  TbOBO  oonoeptions  are 

applied  to  tho  H—Mig  i  ponoaality,  iitorataro 


Psyche's  Lamp 

A  Revaluation  of  Psychological   Principles  as 

Foundation  of  all  Thought 

By    ROBERT    BRIFFAULT 

Allthor  of  **  The  Mtkiaf  of  Homuutf** 
7)imy  Sv9.  12/.  6V.  «r/. 

The  author  discosses  the  fundamental  problems  of  psychology,  the 
oonception  of  life,  feeling,  Imowledge,  free-wiU,  the  unconscioas,  te 
from  a  new  and  independent  «tandpoint«  and  advances  aevend  new 
theories.  The  last  chapter  challenget  cnrrent  views  of  individuaUty  and 
offen  a  new  oonception. 

The  Psychology  of  Day 

Dreams  by  dr.  j.  varendonck 

WiTH  AN  iNTRODucnow  BY  PROFESSOR  SIGMUND  FREUD 
IDmy  Sv$.  Jh$Mi  x8/.  «r/. 

This  book  is  a  contribution  to  the  study  of  the  mechanism  of  thinking, 
which  it  reduces  to  a  manifestation  of  universal  energy.  It  diows  in 
broad  lines  along  which  paths  the  evolution  of  the  animal  mind  Into 
human  intelligence  has  taken  place,  how  thinking  has  become  a 
mental  process  that  has  freed  itaelf  from  the  outer  world  for  its  ex- 
citations  and  from  the  System  of  motility  for  its  reactionSi  thanks  to 
the  development  of  memory. 

Abnormal   Psychology  and 
Education 

Cr.^vü.  By  frank  WATTS,  M.A.        7/.  6^.«//. 

A  new  and  re-written  edition  of  the  author*s  work 
originally  cntitled  "Echo  Personalities.** 

*'  This  excellent  book  contains  much  that  is  valuable  for  those  engaged 
in  training  the  young." — Inquircr, 

"  Of  deep  interest  to  others  than  teachers/*— i4(^yfi7iim. 

"  This  is  a  very  clear  and  admirable  study  .  .  •  his  handling  of  the 
Problem  of  repression  in  education  seems  to  us  excellent.  We  hop« 
this  book  may  find  its  way  into  the  studies  of  our  teachers." — ChaUengc 

Psycho-Analysis 

An  Outline  of  the  Freudian  Theory 

By  BARBARA  LOW,  B.A.,  Ex-Training  College  Lccturcr 

WrrH  AN  Introductio»  bt 

ERNEST  JONES,  M.D.,  M.R.C.P.  (Lond.) 

Cr.  Svo,  Fourth  Edition  6/.  mt, 

"  An  admirable  Utile  outline  of  the  theory  and  application  of  psycho- 

analysis  .  .  .  as  a  primer  in  the  first  elements  of  the  subject,  it  oould 

hardly  bc  improvcd  upon.'* — Wcstminstcr  Gazette, 

LONDON:  GEORGE  ALLEN   AND  UNWIN  LTD. 
RUSKIN    HOUSE,    40    MUSEUM    STREET,    W.Cl 


OlD  303  555 


STANFORD  UNIVERSITY  IIBRARIES 

STANFORD  AUXILIARY  IIBRARY 

STANFORD,  CAllFORNtA  94305-6004 

(415)  723-9201 

All  books  may  be  recolled  oFter  7  do/s 

^        DATE  DUE 


F/S    JUH3!6b9^ 
m'yi  2002